THE J. PAUL GETTY MUSEUM LIBRARY
MITTIIEILUNGEN
ÜKS KAISEKLICH UEUTSCHKN
AROHAEOLOGISCIIEN LNSTITUTS
1{0I^]MTSCIIE ABTIIEILUNG
Band XIII.
BULLETTINO
DELL' IMPERIALE
ISTITÜTO AßCIIEOLOGICO GERMANICO
SRZIONE ROMA NA
Vol. XIII.
ROM
[. o p: S C H E R & C."
(BRETSCHNEIDER & REGENBERG)
1898
AüSGKAI]UNGr]N VON POMPEJI
INSULA VI 15.
(Taf. I. II)
Seitdem in diesen Miltheiliiugen XT 1896 S. 3 11". über das
das Südende der Insula VI 15 einnolimcnde Haus der Vettier be-
richtet wurde, ist diese ganze Insnla bis an die Stadtmauer aus-
gegraben worden. Es sind meist kleinere Wohnungen, nur ein grosses
Haus. Das Erdbeben des Jahres 63 hatte hier viel Schaden ange-
richtet und umfassende Restauratiousarbeiten zur Folge gehabt:
wir haben, um die ermüdende Aufzählung zu vermeiden, in unserem
Plan (Taf. 1. II) die damals entstandenen Mauern durch eine beson-
dere Schraflirung — senkrecht auf die Mauerlinie — bezeichnet.
Diese Restaurationsbauten erstrecken sich nur auf den südlichen Teil
der Insula (n. 1-5, III); weiter nördlich waren die Zerstörungen ge-
ringer und man hat sich in den beschädigten Häusern eingerichtet
so gut es ging. Alle diese jüngsten Mauern, mit einer einzigen
Ausnahme (/ in N. 6) haben keinerlei Malerei erhalten, die
meisten nicht einmal rohen Stuck, so dass also, mit jener ganz
unbedeutenden Ausnahme, alle Malereien, auch die letzten Stils,
der Zeit vor 63 angehören. — In unserem Plan sind ferner zuge-
mauerte Thüren durch sich kreuzende Linien bezeichnet. Wir be-
ginnen die Beschreibung von Süden.
N. 2. Not. d. sc. 1897 S. 19 ff.
Kleines einfaches Haus. Links des langen Flurs (fauces) a die
Küche / und eine Kammer m, rechts, vom Inneren des Hauses
cfetrennt, die kleine FuUonica N. 3.
Beistehende Reconstruction im Längenschnitt kann in fast allen
Punkten als sicher gelten. Gegeben ist die Dachschräge über a c
l m. Die Fullouica n. 3 dagegen hatte eine Terrasse, die zum
Trocknen der Stoffe sehr notwendig war: in der SW.ecke ist in
der Höhe von 5,20 ein Rest derselben erhalten. Gegeben ist fer-
ner die Höhe der Hausthür, der Einmündung der Fauces ins
4 A. MAL'
Atrium h, des Einganges zum Tablinum c. Die Höhe des Tabli-
iiums selbst lässt sich aus der Wanddecoration ziemlicii sicher
auf .". 111. bt-rechuen: der obere Wandteil konnte nicht niedriger
und doch auch nicht viel höher sein, als er angeuumnien ist.
Dagegen war /' ursprünglich höher; zwar der die Wand oben
abschliessende vorspringende Gurt, aus der Zeit des ersten Stiles
erhalten, reicht auch hier bis 5 m., aber da über ihm keine Bal-
keulöcher sind, so ist anzunehmen, dass das Zimmer überwölbt
war. Später einmal wurden Deckbalken in das Niveau eben diese?
Gurtes gelegt, und hier blieben sie bis zuletzt, obgleich die Stuck-
decke noch beträchtlich niedriger lag. Weiter ist der r. Pilaster
des kleinen Portikus i in ganzer oder fast ganzer Höhe erhalten,
deutlich ebenda die Höhe der Terrasse, auf die die vollkommen er-
haltene gemauerte Treppe hinaufführte. Obere Räume über e f
waren nicht vorhanden, denn sonst würde man sicher von ihnen
aus die Terrasse über i zugänglich gemacht und die Treppe in k,
die ein späterer Zusatz ist, gespart haben. Auch an sich ist eine
solche Ueberragung des Atriums durch die hinteren Räume nicht
wahrscheinlich, Regel vielmehr, dass ihr Dach mit dem des Atriums
in einem gemeinsamen First zusammentrifft.
Dass hingegen obere Räume rechts vom Atrium, über fj h
waren, sowohl vor als nach 63, ist ganz sicher, obgleich hier sonst
keineswegs alles klar ist. Erhallen sind einerseits die Balkenlöcher
der Zwischendecke und die in unserem Durchschnitt sichtbare Thür,
andererseits auf dem weissen Stuck, der die Stelle eines in früherer
Zeit in der rechten Vorderecke des Atriums angebrachten, Schrankes
bezeichnet, die Spuren einer zu dieser oder vielmehr zu einer ähnli-
chen Thür hinaufführenden Treppe. Doch kann beides nicht gleich-
AUSGRABUNGEN VON l'üMPKJI INS. VI 15 5
zeitig sein ; denn unter oder bei der Thür sind absolut keine Bal-
kenlöcher für einen Treppenabsatz, auf den die Treppe hätte münden
können. Wir unterscheiden also hier drei Perioden. 1. Anlage des
Schrankes, dessen Fussboden in Mosaik eine Schildkröte (?) zeigt,
schwarz auf weissem Grunde mit schwarzem Rande. 2. Beseitigung
des Schrankes und Anlage der Treppe. 3. Einsturz im Jahre 03
mit Ausnahme der Vorderecke; Wiederaufbau, aber noch ohne die
Treppe. Dass die Vorderecke mit den Spuren des Schrankes und
der Treppe ein Rest älterer Zeit ist, ergiebt sich aus dem Gesagten
mit Notwendigkeit; einige sehr geringe Verschiedenheiten in der
Bauweise würden an sich keinen genügenden Anhalt für diese
Annahme bieten.
lieber den Räumen 1. vom Eingang (/ m c) waren keine
oberen Räume; dagegen befand sich ein solcher, nur durch eine
Leiter zugänglich, über dem kleinen und niedrigen Winkel d.
Von Wanddecorationen ist wenig erhalten. Aus der Zeit des
ersten Stils stammt in f der vorspringende Gurt, der damals den
obersten Abschluss der Wand bildete, aus der Zeit des zweiten
die eine Marmorbekleidung nachahmende Decoration des Tablinums
e. Dieser ging eine Verengerung des Einganges des sich einst in
fast ganzer Breite auf das Atrium öffnenden Tablinums voraus;
aus derselben Zeit stammen, nach dem ganz gleichen Mauerwerk
zu schliessen, die Wandstücke neben dem hinteren Ausgang des
Tablinums, auf denen aber nur die Malerei dritten Stils erhalten
ist, in dem auch die Seitenwände des Tablinums, oberhalb eines
in der Höhe von 3,04 sich erstreckenden kleinen Gesimses, ergänzt
sind. Im dritten Stil waren ferner die Wände des Gartens k ge-
malt; erhalten ist nur die 1. Wand; die Rückwand ist jünger, auf
der r. ist die Malerei durch die Treppe verdeckt. Die Wand ist
in drei Felder geteilt, von denen die beiden Seitenfelder die be-
kannte Gartenmalerei (vgl. Ant. Denkm. d. Inst. I, 11), das
mittlere phantastische Architekturen enthält, in deren Mitte eine
nicht näher kenntliche Statue steht. Im oberen, wenig erhaltenen
Wandteil breiteten sich die Architekturen über die ganze Wand
aus. Mit der Malerei des Gartens geht zusammen der weisse Stuck
der beiden Pilaster und der Säule des kleinen Portikus /, dessen
Wände dagegen auch damals keine Malerei erhielten; ihr roher
Stuck ist dem der Pilaster gleichzeitig oder älter.
1^ A. MAI
Im dritten Stil ist fiM-uer c cremalt, doch ist die Malerei nur
auf der 1. und Kückwand erhalten : die r. und Eingangswand sind
nach <•:> aiitgebaut uud uubeiiialt. Das Zimmer ist ein Triclinium.
höch circa 4/20 bis an den Ansatz der, da über dem oberen Ge-
sims keine Balkenlöcher vorhanden sind, sicher anzunehmenden
Verschalung. Eudlich auch das Cubiculum h, wo der innere, für
das Bett bestimmte Teil sein eigenes Tonnengewölbe hatte, der
vordere höher und flach gedeckt war. In beiden Räumen ist die
Decoration sehr dürftig, arm an ornamentalen Details und diese
so grob ausgeführt, dass man vermuten könnte, es sei eine Imita-
tion aus der Zeit des letzten Stils. Aber der Charakter des Stils
ist doch im "Wesentlichen so gut festgehalten, dass hieran nicht
zu denken ist. An bildlichen Darstellungen sind nur in c zwei
F^inzelfiguron zu verzeichnen.
1, in dem gelben Mittelfelde der 1. Wand, h. 0,33: Artemis,
bekleidet mit einem violett und blau schillernden Chiton, der auf
der r. Schulter geöffnet und hoch über den Gürtel heraufgezogen
ist, so dass die Füsse frei werden, bekränzt (näheres hier und im
Gesicht nicht kenntlich), tanzt nach r. vorn, indem sie den Kopf
zurück (nach 1.) wendet. Sie stützt sich in diesem Augenblick auf
die Zehen des vorgesetzten r. Fusses; der 1. berührt nur mit der
Spitze den Boden. Ein Reh liegt mit den Hinterbeinen auf ihrer
1. Schulter, mit den vorgestreckten Vorderbeinen auf ihrer in die
Höhe der Schulter erhobenen 1. Hand und wendet den Kopf gegen
ilir Gesicht. In der mit zierlicher, zum Tanz passender Bewegung
gesenkten und zurück (nach 1.) gestreckten r. Hand hält sie eine'
Situla. Die Tanzbewegung zeigt sich auch im Gewände, an dem
der über den Gurt herabfallende Teil und wiederum der Saum
unten lebhaft in die Höhe schnellt.
2, in der Mitte des oberen Teiles der Rückwand, auf schwar-
zem Grunde, h. 0,35: Apollo, nackt ausser einem auf der r. Schul-
ter ruhenden, bis auf die Füsse herabfallenden hellfarbigen Ge-
wände, steht da, halb nach 1., auf dem r. Fuss, den 1. zurücksetzend,
im Begriff die Kithara umzuhängen, indem er sie auf dem r. Un-
terarm in die Höhe hebt und mit der hoch erhobenen L. eines
der Hörner fasst. Zeichnung und Bewegungsmotiv sind schon, wei-
tere Einzelheiten nicht kenntlich, namentlich vom Kopf nur der
ümriss erhalten.
AUSGRABUNGEN TON POMPE.Il INS VI 15 7
Vermutlich ist auch f einmal im dritten Stil gemalt gewesen
und stammt daher das weisse Stuckgesims mit Keliefornamenten
am oberen Rand der Wände. Im übrigen sind die ganzen AVände
nach 63 mit grobem Stuck überzogen worden.
Die Fussböden sind von der dürftigsten Art. Mosaik kommt
ausser dem schon erwähnten Schrank im Atrium nicht vor. Im
Atrium eine graue Masse aus gestampfter Lava imd Ziogelbrocken
in Kalk mit wenigen sehr einfachen Ornamenten aus weissen Stein-
chen, in e l Siguinum; in / eine grobe Stuckmasse mit unregel-
mässigen Marmorstücken ; k war ursprünglich ein Garten und hatte
nur vorn und links eine mit dem Fussböden Yon i zusammenhän-
gende Rinne aus Signinum; später erhielt es einen Fussböden,
ähnlich dem des Atriums, mit eingelegten unregelmässigen Mar-
morstücken. In der Mitte sprang ein Springbrunnen in einem
viereckigen marmorbekleideten Bassin, aus dem eine unterirdische
Rinne in die an der 1. Wand entlang laufende Abzugsrinne des
Regenwassers führt. Die Bleiröhren der Leitung sind im Plan mit
punktirter Linie angedeutet.
Mitth. XI (1896) S. 4 ist das Signaculum P • CR/SI -FA/SI
aufgeführt als in den oberen Schichten des Hauses der Vettier
gefunden. Ich finde aber im Ausgrabungsjournal (13 März 1895,
Not. d. sc. 1895 S. 109) die Fundnotiz: nello Strato superiore delle
terre a nord della casa in corso di scavo, d. h. nördlich vom
Hause der Vettier, also in den oberen Räumen des eben bespro-
chenen Hauses, welches also immerhin das Haus des P. Crusius
Faustus sein mag.
Im Zimmer h wurde ein im Ausgrabungsjournal [Not. d. sc.
1895 S. 439) als bakchisch bezeichneter Hermenkopf aus gelbem
Marmor gefunden. Es ist aber ein Porträtkopf, hoch 0,18, ein Mann
mit starkem Vollbart, kurzem krausen Haar, steilem Profil und
gebogener Nase. Um die Haare ein Eichenkranz, von dem Bänder
auf die Schultern fallen, mit zwei Eicheln über jeder Schläfe. Die
Büste ist gepanzert; sonst könnte man an Zeus denken.
Im Atrium, in g und in k wurden im Ganzen sechs Am-
phoren oder Fragmente von Amphoren mit Inschriften gefunden
(22 Juni, 9 Oct., 5 Dec. 1895; Notme degli scavi 1895 S. 251,
439; 1896 S. 49). Eine derselben ist schon Mitth. 1896 S. 97, 6
^ A. MAU
mitgeteilt woideif. Unter den übrigen ist eine (Form X) mit der
Inschrift :
A AMOKPI
TOY
und ein kleines, nur 0,12 hohes cy linder förmiges Gefiiss mit der
Inschrift: '/^OTICE • Sk/n;i
In dem Zimmer f fand niaa ein rundes, sich nach unten veren-
gerndes Thougefäss, innen mit Bronze gefüttert, aussen von Eisen-
rini^en eingefasst, mit deren einem die Düte des starken Holzgrilfes
verbunden war ; ziemlich unten im Gefäss ein Ausguss. Man hält
es für einen Schmelztiegel. Durchm. 0,19. In h fand sich eine
kleine Marmorbasis (lang 0,16::^) und zwei in archaischer Weise
dicht an einander stehende Marmorfüsse, lang 0,10. Ferner zwei
Spinnwirtel und eine Haarnadel (lang 0,105) mit einer Hand am
oberen Ende, ein kleiner viereckiger Bronzespiegel und ein Glas-
tläschchen {Not. d. sc. 1897 S. 426).
Zwei Wandinschriften dieses Hauses sind schon Mitth. XI,
1896 S. 76 und S. 95 n. 9 mitgeteilt worden. Auf dem rechten
Pilaster des Tablinums ist eingekratzt:
1. N • RVI'VS
Gemeint ist wohl der in den Wahlprogrammen dieser Strasse öfter
vorkommende N. Pupius Rufus (s. unten). — Auf der einzigen
Säule des Gartenportikus steht:
2. SALVTATII
N. 8 {Not. d. sc. 1897 S. 20 f).
Gehört dem Grundriss nach zu N. 2, steht aber mit dem
Inneren des Hauses in keiner Verbindung. Es scheint eine ganz
kleine FuUonica zu sein. In dem Hauptraume n befinden sich:
ö, in der 1. hinteren Ecke, in einer 0,80 hohen, mit Signinum
bekleideten Aufmauerung, eine Cisternenölfnung, von 0,55 Durchm.
Daneben
b, ein viereckiges Bassin, zwischen a, der Südmauer und zwei
niedrigen Mauern, von denen sich die nördliche um 0,55, die
östliche um <J,7<,) über den Fussboden erhebt. An der Südwand,
AUSGRABUNGEN VON HOMI'E.II INS- VI 15 9
zwischen a und h, führte eine Röhre, wohl ans Blei, senkrecht
herab; sie teilt sich in der Aiifmauoriing a und führte von der
diese Räume bedeckenden Terrasse das Regenwasser in a oder b,
jenachdem man eine der beiden Oetfnungen verstopfte; h hat ausser-
dem unten am Boden eine Abtlu^süffnung (Thonröhre) nach Norden.
6-, zwischen a und drei 0,75 hohen Mauern vier der kleinen
Plätze, die sich in allen Fulloniken finden und deren Bestimmuno-
aus dem bekannten Bilde der grossen FuUonica erhellt : man wusch
in ihnen die Stoffe indem man sie in hier aufgestellten Becken
ausstampfte. Nicht hinlänglich erklärt ist der kleine Hohlraum
unter dem beckenartig vertieften Boden dieser kleineu Plätze, der
sich hier wie in anderen Fällen findet und erst sichtbar wird, wenn
der Boden selbst eingestürzt ist.
d, vor diesen Plätzen : eine mit kleinen viereckisren Ziecfeln
gepflasterte Fläche, eingefasst von einer ganz niedrigen Mauer und
geneigt nach SO, wo ein Abfluss nicht kenntlich, aber anzuneh-
men ist.
e, drei aus der Südwand vorspringende kleine Mauern, hoch
c. 1,25, zwischen denen Regale angebracht waren.
In / ist ein Sockel aus Ziegelstuck, hoch mit dem ihn abschlies-
senden breiten Gurt 1,50, nur teilweise erhalten. Er ist älter als
die eben aufgezählten Einbauten.
lieber den noch nicht vollständig ausgegrabenen Kammern
-p q waren obere Räume, deren Fussboden bei 2,75 lag. Eine Treppe
führte an der W.wand von 1. nach r. hinauf, war aber in der
letzten Zeit, nach Anlage der FuUonicaeinrichtungen, nicht mehr
vorhanden. — o hat die Form eines Triclinium ; an den Wänden
ein 1,85 hoher Ziegelstucksockel, darüber roher Stuck. In den
Sockel, am oberen Rande, sind auf der W. und N.wand drei
identische Exemplare einer Terracottaplatte eingelegt, h. 0,30,
br. 0,295, auf denen in mit Stuck überzogenem und rot bemaltem
Relief je eine Victoria auf einer Biga, n. 1., dargestellt ist. Die
Pferde sind rötlich, das Gewand auf der N.wand r. bläulich,
sonst grün. Die Platten, bestimmt als fortlaufender Streifen an
einander gesetzt zu werden, haben oben ein kleines Gesims, un-
ten einen gezackten Rand. Von einem Gemälde auf der Nordwand.
h. 0,50, br. 0,45 sind nur schwache Spuren kenntlich: r. etwas
wie eine viereckige Basis oder Altar, darüber und dahinter, wie es
10 A. MAI'
scheint. Häiinie. 1. zwei mit weisser, bis an die Kniee reichender
Timiea bekleidete Gestalten.
Der Inhaber der FuUonica hiess Mustius; zwei AVahliiro-
jjramnie auf der Strassen wand der Fullonica haben seinen Namen
erhalten.
1, rechts vom Eingang (/Vo/. d. sc. 1897, 109, 8):
D\/D
I1-V1R1DDIGNVM-RPC>'
, MVSTIVSFVLLOFACIT
IVl ETDEALBATSCRWICVS
S?/^£RELIQ:SODALIB-NON///
Hinter den letzten Resten der letzten Zeile ist der Stuck
abgefallen. Die Ergänzung des Schlusses ist unsicher: non\js~\? zu
scr{ibU) iiiäcKS vgl. das Gladiatorenprogramm Not. d. sc. 1880,
p. 299 : scr. Aemilius Celer sing, ad luna.
2, gleich links vom Eingang [Not. d. sc. 1897, 199, 6):
IIVIR-I- DOT ■ ÄPPVLElA
, CVMMVSTIO-VICINO- V acit
lYi ETNARCISSVSVOS ROGA^
Kin anderes Duumviratsprogramm des M. Piipius (Rufus) stand
nicht weit von hier in derselben Strasse auf der Westseite der
In>iila YI 14 {CIL IV 302); einem weiteren, augensclieinlich
relativ alten, werden wir weiterhin begegnen. Ein Aedilitätspro-
gramm. auch ohne Cognomen, CIL. IV 142. Ferner kommt er in
einem nicht datirten Triptychon des Jucundus vor (De Petra 100,
CIL IV Suppl. CIX). Seine Candidatur fällt wohl sicher vor 63.
Ob Mustius noch in der letzten Zeit hier sein Gewerbe betrieb,
bleibt zweifelhaft. Irgend welche darauf deutende Funde sind nicht
gemacht worden. Man fand eine muschelförmige bronzene Kuchen-
form, ein kleineres Bronzegefäss, einen bronzenen Gefässhenkel. ein
cylinderlVjrmiges, 0,085 hohes, innen mit Weidengeflecht gefüttertes
Bronzegefäss, in den Not. d. sc. als Form zur Bereitung der Ricotta
bezeichnet. Es mag immerhin bemerkt werden, dass dies Milchpro-
duct noch jetzt bei Neapel in solchen kleinen cylinderförmigen Korb-
behältern hergestellt wird, während bei Rom grössere Formen üblich
sind. Ferner drei Gewichte, eines aus " Travertin " (1590 gr.).
zwei der bekannten elliptischen aus IJlei (1020 und G90 gr.), zwei
AUSGRAHUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 11
Kupfermünzen, zwei Flaschen und zwei Salbenfläschchen aus Glas,
feine Sacknadel, eine Pincette, eine Sonde und einen schlangen-
örmigeu Fingerring aus Bronze. An der Thür fand sich, gut
erhalten, das grosse eiserne Schloss.
In 0 fand sich eine aretiuische Schale mit der Marke FELICIO,
zwei kleine Thongefässe, eine grün glasirte Thonlampe, eine elfen-
beinerne Spindel und ein Bronzeeimer auf drei würfelförmigen
Bleifüssen.
N. 4. 5.
Regelmässiges Haus mit Atrium, Garten und Porticus vor und
rechts von demselben. Für beistehende Restauration im Läugen-
schnitt sind gegeben die Höhen der Hausthür, der p]inmündung des
Flurs ins Atrium, der Thüren am Atrium (nicht der Alae), des
h-i-) — I — I — ^
hinteren Ausganges des Tablinums, der Säulen des Porticus. Das
Gebälk dieser letzteren ist nicht erhalten, doch ergiebt sich seine
Höhe aus dem seinem oberen Rande entsprechenden epistylartigen
Streifen auf der Rückwand. Die Höhe des Tablinums konnte aus
der Wanddecoration, die seines vorderen Einganges aus der Breite
der Fckpilaster (0,45 gegen das Atrium, 0,56 gegen das Tabliuum :
ersteres massgebend) so ziemlich berechnet werden. Für die Höhe
des Atriums sind zwei Drittel der Breite angenommen.
Das Haus bestand wesentlich so schon zur Zeit des ersten
Stiles : Decorationen desselben sind in c g und k (der obere Wand-
teil) erhalten. Vor oder in der Zeit des zweiten Stils wurden die
beiden Thüren zwischen h k und dem Atrium vermauert. Male-
reien zweiten Stils sind erhalten in li s (oberer Teil) iv ; geringe
Reste auch in /^, einem Cubiculum, in dem der Platz des Bettes
und der übrige Raum jeder sein eigenes Tonnengewölbe hatten.
l'J \. MAI"
Der dritte Stil ist sehr schwacli vertreten: nur das kleine Cnbi-
ciilum w zeigt eine ihm wenigstens verwandte Form auf weissem
Grunde, einfach und ohne Interesse. Auch von Malereien letzten
Stils ist wenig erhalten : Reste eines schwarzen Sockels in den
Fauces a ; sehr einfache Decorationen in der r. Ala / und im Por-
ticus s; einfach auch / auf gelbem, die unteren Waudteile in /:
auf weissem Grunde; ein dürftiger Rest des oberen Wandteils im
Tablinum /: eine gut erhaltene aber ganz rohe Decoration auf
weissem Grunde in «.
Alle Malereien, auch die letzten Stils, stammen aus der Zeit
vor Cüi: die nach dem Erdbeben aufgebauten Mauern (im Plane
angedeutet) blieben ganz ohne Stuck. Das Haus war zur Zeit der
Versehüttung bewohnt, aber unfertig; in e liegt ein Haufe zer-
stossener Ziegel um Signinum zu machen.
Im Einzelnen ist noch Folgendes zu bemerken. Der linke
Pfosten des Strasseneinganges ist nach 63 wieder aufgebaut; aber
der ihn bekrönende Tutfwürfel, so wie auch das Zahnschnittgesims
aus Tutf über dem hölzernen Thürsturz stammen aus der Zeit des
ersten Stils und sind bei dem Wiederaufbau an ihre alte Stelle
gelegt worden. Die Thür liegt 1,30 von der Strasse und lässt vor
sich ein kleines Vestibulum frei. Ihr Sturz lag bei 3,30.
d und p waren in einer früheren Zeit Läden; neben einem
jeden derselben war noch eine direct von der Strasse zugängliche
Treppe zu Oberzimmern, die aber in p in der letzten Zeit nicht
vorhanden war; die Treppenthür ist hier vermauert. In d ist der
Sachverhalt nicht klar, weil die Mauern nicht so hoch erhalten
sind. Im Innern des Hauses waren die Räume des Erdgeschosses
viel höher {o zur Zeit des ersten Stils nicht unter 4,40) und ein
Oberstock nicht vorhanden.
In p fand man zwei Thonlampen, sieben gläserne Halsband-
perlen, ein kleines Thongefäss, drei Fragmente der Elfenbeinver-
zier.mgen eines Bettes {Not. d. sc. 1896 S. 204).
O.fenbar stand in der NO.ecke des Atriums ein Schrank, der
die zahlreichen, hier gefundenen Gegenstände enthielt {Not. d. sc.
1806 S. 228, 18 und 23 Mai). Vor allem zwei Signacula:
1. TITINIÄ.
S A T V R In[
2. L-SEVNSX^ON(Z. Scpimi Sumphoni)
AUSGRABUNGEN VON POiMPEJI INS. VI 15 13
Ausserdem verschiedenes Bronzegerät ; darunter eine Patera, deren
Griff in einen Widderkopf ausläuft, eine Striegel, ein OelHäschchen,
eine Kuchenlbrm; ferner Glasgerät: Flaschen, Schüsseln, ein Trink-
glas u. a. ; auch einige Thongefässe. Endlich ein elliptisches Stück
Glasfluss (Durchm. 0,04 und 0,033) mit Relief in Weiss: ein
nackter Jüngling, mit Helm und rundem Schild, gleitet dem
Zuschauer zugewandt, vom Pferde, indem er mit der R. den Züo-d
hält. Das Pferd steht, Vorderfüsse und Hiuterfüsse fest neben
einander gesetzt. Sogliano Not. 1897 S. 22 vergleicht mit Recht
die Dioscuren von Locri, welche freilich im vollen Laufe abspringen.
Am Atrium waren e f m n o Cubicula. Zwei Triclinien k k
lagen neben dem Tablinum. In k hat die 1. Wand an der Innen-
ecke die gewöhnliche Einhöhlung für das kurze Ende des Lectus
medius.
Zahlreiche Gegenstände wurden in n o gefunden {Not. 18Ü(J
S. 229). Auch hier ein Signaculum:
C • STLACCl
EPITYNCHSf
Ferner zwei vespasianische Dupondien und verschiedenes Bronze-
gerät: zwei Kochtöpfe, zwei Kuchenformen, eine Pfanne, eine kleine
Schüssel, eine kleine Amphora, eine Lampe, die oben in einen Gänse-
kopf endet und mit einer Kette versehen ist, an der der Stöpsel und
der Haken zum Aufhängen angebracht sind. Weiter, auch aus Bron-
ze, ein Schreibstift und ein kleiner viereckiger, mit einem weissen
Metall überzogener Spiegel (0,149 X 0,122). Wenig Thongerät:
eine aretinische Schüssel (Durchm. 0,182), mit Gritf innen am
Boden, und 3 kleine Gefässe. Vier Glasflaschen (h. 0,108 — 0,18),
ein Salbeutiäschcheu, ein kleines Glasgefäss und zwei kleine Scha-
len, davon eine aus farbigem Glas. Aus Knochen: eine Spindel,
ein Lötfei, eine kleine Striegel, und drei Streifen die als « stecche «
(Falzbeine) bezeichnet werden. Ein elfenbeinerner Würfel, ein
schlangenförmiger silberner Ring, ein Bleigewicht. Es ist wahrschein-
lich, dass auch diese Gegenstände in Schränken aufbewahrt waren.
Am Atrium liegt ferner noch das kleine Sacellum c aus der
Zeit des ersten Stils. Die Rückwand des kleinen Raumes enthält
eine fast die ganze Breite einnehmende Nische, eingefasst von zwei
Pilastern mit Epistyl, Fries (dessen Farbe verloren) und Zalm-
11 ^- •^«•^'
sdniittgesims. Später— es kann zur Zeit des zweiten, aber auch des
letzten Stils gewesen sein — wurden in der Rückwand der Nische drei
kleine gewölbte Nischen angebracht, die zur Rechten etwas grösser
als die anderen, und vor denselben
zwei gemauerte und mit gelb mar-
morirtem Stuck bekleidete Altäre.
Waren vielleicht zwei Nischen
mit gemeinsamem Altar für die
Laren, die dritte für den Genius?
Oder zwei für* Laren und Ge-
' " " " ^ nius, die dritte für die Penaten?
Kiidlich noch eine dache Nische über dem Gesims, gewrdbt aber nach
rechts bis zur Höhe des Gewölbeansatzes rechtwinklig erweitert.
Man fand in diesem kleinen Räume eine kleine aretinische Schale
(l)urchm. 0,097). ein Schabeisen und vier Kupfermünzen, davon zwei
Neros, eine Vespasians. eine unkenntlich {Not. 1895 S. 439).
Die Gartenportiken befanden sich zur Zeit der Verschüttung
in ganz unfertigem Zustande. Mancherlei Veränderungen haben hier
stattgefunden, alle, wie es scheint, nach 63; es ist mir aber nicht
gelungen über die Geschichte derselben ganz ins Klare zu kommen.
Xuf eine Säule, gleich rechts für den aus dem Tablinum kom-
menden, ist relativ alt und mit Stuck (unten rot, oben weiss)
bekleidet; die anderen sind alle nach 63 aufgebaut und waren
stets ohne Stuck. Ebenso die die Säulen verbindende, nur dem
Tablinum gegenül)er fehlende niedrige (0,4o) Brüstung, welche an
die neuen Säulen hinan gemauert und auch ohne Stuck ist. Aus
der Zeit nach 63 stammt auch die Regenrinne ; sie ist mit rotem
Stuck bekleidet und man möchte sie für älter halten; doch ist
ihr Stuck an die eben erwähnte Brüstung hinangestrichen, also
jünger als dieselbe. Ferner setzt sie die Erweiterung des Gartens
nach Norden voraus, die ihrerseits mit Wahrscheinlichkeit der Zeit
nach 63 zugeschrieben werden kann. Es ist nämlich evident, dass
der Vorderportikus .s' noch als sein Fussboden — terrassirt aus
weissen Steinchen — gemacht und er im vierten Stil ausgemalt
wunie. sich nördlich nicht über /j hinaus erstreckte. Auch der
weisse Stuck auf den Wänden des engeren, nördlichen Teiles setzt
die Trennung voraus, und es ist auch ganz klar, dass hier damals
der Fussboden in gleicher Höhe mit dem jetzt um 0,50 höheren
AUSGRAHUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15
15
SÄ.
des rechten (Nord-)Portikus t lag. Weiter ist ganz sicher, dass
eben dieser Nordportikus tVüher mit dem Nachbarhaiise N. 6 ver-
bunden war, in dem noch jetzt, wie unser Plan zeigt und gleich
Aveiter zu bemerken sein wird, der östliche Abschluss seiner ältereu
Säulenreihe liegt: die Trennungsmauer gehört zu den jungen, nie
bemalten. Also damals gehörte auch der nördliche Teil von s zu
N. 6. Auf die Abtrennung und Vereinigung mit unserem Hause
folgte keine Malerei, keine Fussbodenarbeit; wir dürfen sie also
wohl sicher nach 63 ansetzen. Die Traufrinne aber erstreckt sich
vor dem ganzen, verlängerten Portikus, ohne irgend welche, auf
nachträgliche Veränderung deutende Ungleichmässigkeit ; sie muss
also für noch jünger gelten. Und doch sind noch auf ihre Anlage
bedeutende Veränderungen auf der Nordseite, t, gefolgt.
Der Fussboden von t liegt, wie schon gesagt, um 0,50 höher
als der von 5; eine Futtermauer stützt ihn gegen den Garten u.
Die Ecksäule ist denen von s
an Höhe gleich, dagegen sind
die in l die Stelle der Säulen
vertretenden Mauerstücke oder
Pfeiler mit angelehnten Halb-
säulen um 0,40 höher ; die
Lösung konnte nur eine unor-
c ' . « s - . n ganische sein, indem das Ge-
bälk von t in das von 8 ober-
halb des Capitells eingriff. lieber t lag zunächst kein Dach, son-
dern ein Zwischenboden und über diesem wahrscheinlich obere
Zimmer, in gleicher Höhe mit denen über lo x y z «, und die
Ungleichmässigkeit der Portiken wird sich Avohl eben daraus erklä-
ren, dass für die Höhe von t die Höhenlage des aus älterer Zeit
stammenden Oberstockes über w x y z a massgebend war, während
man für s nicht von dem früher bestandenen im Sinne einer für
den Geschmack dieser Zeit übermässigen Höhe abweichen wollte.
Unsere Figur zeigt die Nordseite des Gartens, wie sie nach 63 auf-
gebaut war, oder vielleicht zum Teil erst aufgebaut werden sollte.
In y führte eine Treppe (N nach S) in den Oberstock.
Es sind aber in t reichliche Spuren aus älterer Zeit vorhanden,
in der sich vor lo y z ein schmälerer Portikus erstreckte, der
mehrfache Veränderungen erfuhr.
16 A. MAi;
1. Die älteste Spur ist ein Rest einer Backsteiuhalbsäiile,
Diirchin. U,44, an der Westwand, 1,35 vom Anfaugsstück des
jetzigen Portikus, und von da aus, parallel der jetzigen Pfeiler-
rcihe, eine Fuudamentspur, keine sicheren Säulenspuren.
2. Jün<'er ist an derselben AVand, 2.85 vom Anfangsstück des
jetzigen Portikus, eine Backsteinhalbsäule, Durchm. 0,30. Von ihr
aus ein Fundament; auf diesem zwei Säulen und eine Halbsäule
an der Ostwaud. Diese letztere ist 2,32 hoch und mit einem sich
nach oben capitelhirtig verbreiternden Stein abgeschlossen. Diese
Säulenreihe stammt aus einer Zeit wo dieser Nordportikus sich
weiter als jetzt nach Osten erstreckte — das Endstück, ein Pfeiler
mit angelehnter Säule, mit dicker Stuckhülle, steht im Garten des
Nachbarhauses N. <3 — sollte aber, wie die Halbsäule an der ganz
jungen Ostwand beweist, auch bei der Neugestaltung Verwendung
tinden, die keine andere sein konnte, als dass sie, seltsam genug,
als innerer Portikus unter dem grösseren stehen bleiben sollte. Die
Säulen waren durch eine 0,30 hohe Brüstung verbunden, die im
ersten Tntercolumnium von Osten fehlte. Der Portikus war damals
nur 1,46 breit, bis an den Stylobat.
3. Auf demselben, nur 0,28 breiten Stuckstylobaten ist, 1,05
von der Ostwand, die Spur einer Backsteinsäule von 0,22 Durchm.
erhalten: ein Rest einer älteren, durch die eben besprochene
ersetzten Säulenreihe.
4. Endlich können wir noch feststellen, dass in noch älterer
Zeit an der Stelle von t gesclilossene Räume, Zimmer, vorhanden
waren. Wir entnehmen dies aus einer Reihe von Balkenlöchern in
der Westwand, die einen oberen Fussboden in der Höhe von 3,10
bezeugen. Da die Balken in der Längenrichtung des jetzigen Por-
tikus lagen, sich aber doch nicht über dessen ganze Länge er-
strecken konnten, so setzen sie offenbar nordsüdliche Querwände,
in die sie eingritfen, voraus.
Das höhere Alter von 1 gegenüber 2 und 3 kann nicht wohl
in Frage gestellt werden, da 2 bis zuletzt bestand und, wie bemerkt,
auch weiter bestehen sollte, 1 aber offenbar beseitigt war bis auf die
nicht leicht zu beseitigende Halbsäule der Westwand. Sehr merk-
würdig ist dem gegenüber, dass, wie Not. 1897 S. 28 berichtet
wird, otfenbar auf Grund einer Nachgrabung, die Regenrinne der
Vorderseite (.s) sich unter der Erde über die Ecke hinaus bis an
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 17
das Fundameut von 1 fortsetzt. Es könnte danach scheinen, als
habe noch als nach der nördlichen Erweiterung von s die Regen-
rinne gelegt wurde, bei 1 die Säulenreihe des Nordportikus gestan-
den, was doch unmöglich ist, da selbst noch 2 (oder doch 3) vor
die Abtrennung vom Hause N. G fällt. Eine sichere Lösung dieser
scheinbaren Widersprüche weiss ich nicht zu linden, zumal ich der
Erforschung der Rinne nicht beigewohnt habe. Vielleicht aber war
der Hergang folgender. Als (nach 63?) der Besitzer unseres Hauses
den westlichen Teil des Nachbarhauses erwarb, stand an der Süd-
seite desselben der kleine Portikus 2 und vor demselben, in gleichem
Niveau, ein die Reste von 1 enthaltender kleiner Garten. Der erste
Plan war, s bis zu 2 zu verlängern und den kleinen Garten auf
das Niveau von u zu erniedrigen ; diese Absicht bestand noch, als
die Traufrinne gemacht wurde. Ob man mit dieser nur bis 1
gelangte, ob vielleicht weitere Nachforschungen auch noch Spuren
bis 2 ergeben würden, gleichviel, diese Absicht wurde aufgegeben
und man entschied sich statt dessen zur Anlage des jetzigen breiten
Portikus t mit oberen Räumen, deren Fussboden, wie Not. a. 0.
berichtet wird, constatirt werden konnte.
Viel einfacher und leichter zu verfolgen sind die Umgestal-
tungen links (S) vom Garten. Hier war vor 63 das Zimmer v
grösser, so dass seine Nordwand da lag, wo jetzt die beiden Säulen
der linken Reihe stehen. Die vordere Säulenreihe endete damals
mit einer an eben diese Nordwand angelehnten Halbsäule; das
Zimmer war von Osten, nicht, wie jetzt, von Norden zugänglich:
das erhellt aus dem innerhalb und ausserhalb des Zimmers er-
haltenen Mosaikfussboden mit dem Schwellenornament. Dass das
Zimmer auch nach W um mindestens 0,36 grösser war, er-
giebt sich aus dem auf dieser Seite fehlenden, aus zwei schmalen
und einem breiten schwarzen Streifen bestehenden Rande des im
übrigen weissen Mosaikfussbodens. Unser Längenschnitt des gan-
zen Hauses zeigt diese Seite des Gartens wie sie vor 63 aussehen
mochte.
Wir wenden uns jetzt zur Betrachtung des Gartens. Schon
erwähnt wurde die die Säulen der Vorderseite verbindende 0,40
hohe Brüstung. Eine eben so hohe Brüstung auf der anderen, dem
Garten zugewandten Seite der Traufrinne war, mit schwarzem Stuck
bekleidet, schon vor 63 vorhanden. Es ist aber evident, dass das
2
18 A. MAU
dem nördlichen engeren Teil des Portikus entsprechende Stück
jünger, nach U3 gebaut ist und bis zuletzt ohne Stuck war.
In der ^Mitte des Gartens stehen drei grüne achteckige Säulen
(h. 2,45) und Keste einer vierten. Ohne Zweifel trugen sie, wie
noch in manchen Häusern Pompejis (Overbeck' S. 805. 323. 375.
Mitth, IX, 1894, S. 51) eine Weinlaube, unter der man im Som-
mer zu speisen pflegte; ihr Fussboden, Signinum mit sehr einfachen
Linieuornamenten aus weissen Steinchen, ist grösstenteils zerstört.
Nicht ganz in der Mitte, sondern mehr nach vorn, liegt in den
Boden eingelassen eine weisse runde Marmorplatte (Durchm. 0,80)
mit erhöhtem Rande und einem Loche in der Mitte, aus dem ein
Wasserstrahl aufsteigen sollte; die Bleiröhre ist unterhalb des
Loches sichtbar. An der Platte haftende Reste des Fussbodens
beweisen, dass dieser hier eine Vertiefung hatte. Es war wohl dies,
wenn hier das Triclinium stand, der Platz des Tisches ; es kommt
ja auch vor, dass aus dem Tischfusse eines gemauerten Gartentri-
cliniums ein Wasserstrahl aufstieg, der natürlich, wenn hier ge-
gessen werden sollte, durch einen Hahn abgedreht wurde (Mitth.
X, 1895, S. 147).
Zu beiden Seiten des Durchganges aus dem Portikus in den
Garten stehen, die Brüstung abschliessend, zwei gemauerte Basen,
von denen, wie die Reste der Leitungsröhren noch jetzt erkennen
lassen, je eine Brunnenfigur einen Wasserstrahl in die Traufrinne
fallen liess. Und zwar stand auf der Basis links ein kleiner Löwe
(1. 0,17), rechts ein Hase (1. 0,11), beide aus Bronze; in der
Nähe fand sich noch eine Bronzeschlange (0,225), die auch als
Wasserspeier gedient hatte {Not. 1897 S, 27).
Die Laube sollte wohl nach 63 nicht hergestellt werden. Denn
man baute eben damals an die Rückwand des Gartens eine Aedi-
cula, die in sie hinein vortritt. Mit dem Gebälk freilich kam diese
bei ihrer geringen Höhe nicht in Conflict, würde aber den Platz
zur Aufstellung des Tricliniums allzusehr verengt haben. In der
Acdioula — noch ohne Stuck — steht ein cannellirtes Puteal aus
weissem Marmor, zugedeckt mit einer grauen Marmorplatte, auf
der eine Marmorstatuette stand. Diese, von geringer Arbeit, zeigt
eine weibliche Figur, wir können sie wohl eine Nymphe nennen
[Not. S. 23), bekleidet mit eng anliegendem gegürteten Chiton und
einem Mantel, der, von der r. Hand i'iber dem Schenkel des auf-
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 19
gestützten 1. Beines gehalten, auf diesem und auf dem 1. Unterarm
aufliegt und weiter hinter den Kücken geht. Zur linken ein Baum-
stamm, auf dem ein Schlauch liegt, dessen Hals die 1. (mit Armband)
hält. Der Unterarm ruht auf dem für einen Wasserstrahl durch-
bohrten Schlauch. Vor dem Puteal steht am Boden ein kleiner
runder tragbarer Tuflfaltar, mit Stuck überzogen und ziemlich reich
und bunt ornamentirt. Ferner fand man hier, auf einer viereckigen
Ziegelplatte stehend, einen der in Pompeji nicht seltenen kleinen
Thonaltäre für Rauchopfer in Gefässform (Mitth. VIII, 1893, S. 27),
hoch 0,11, mit Feuerspuren auf der Oberfläche. Wenn diese, freilich
ganz provisorische Ausstattung der Aedicula einen Kultus bezeugt,
so ist es doch sehr wohl möglich, dass, wie Not. S. 23 vermutet wird,
hier eine der bekannten Mosaikbrunnennischen beabsichtigt war.
In der Nähe der Aedicula fand sich eine Anzahl Figuren teils
aus gewöhnlichem Thon teils aus der in Pompeji nicht seltenen
aegyptischen glasirten Porzellanwaare (Von Rohden Terrae, v. Pomp.
p. 29. Dressol Ann. d. Inst. 1882 p. 5). Sie sollten wohl zwischen
den Pflanzen des Gartens stehen, wie die Thierfiguren aus dem
gleichen aegyptischen Porzellan in der Casa delle nozze d'argento
(Mitth. VIII, 1893, S. 48); es scheint aber dass sie nicht an
ihren Bestimmungsorten standen, sondern bei und z. T. in der
Aedicula zusammengehäuft waren. Die Figuren sind Not. p. 23 ff.
genau und ausführlich beschrieben und z. T. abgebildet. Es sind
folgende :
1. Thonstatuette einer alten Frau, abgeb. a. 0. S. 24. Sie
sitzt auf einem Stuhl mit Lehne, bekleidet mit Chiton und Mantel,
so aber dass die Brust frei bleibt. In der 1. hält sie den unteren
Teil einer Amphora; diese ist ihr zerbrochen und der obere Teil
mit dem Deckel liegt am Boden neben ihrem 1. Fuss. Der Schmerz
über diesen Unfall drückt sich sehr drastisch im Gesicht aus;
klagend greift sie mit der r. Hand in die über das Ohr auf Schulter
und Brust unordentlich herabhängenden Haare. Sehr naturalistisch
ist die Behandlung des alten Gesichtes, des offenen Mundes mit
wenigen Zähnen, der hängenden Brüste und der mageren Schenkel.
Am Rücken ein Griff; darüber das Brennloch. Höhe 0,4.
2. Thonfigur eines Elephanten, abgeb. a. 0. S. 25. Auf dem
mit einer Decke belegten Rücken trägt er einen viereckigen Turm.
An den Seitenflächen desselben ist durch eingeritzte Linien Qua-
20 A. MAI-
derbau angedeutet; ebenda in der Mitte je ein runder Schild und
über diesem ein kleines Fenster; oben an jeder Ecke eine Zinne.
Befestigt ist der Turm durch drei Ketten, welche von sechs
Ringen aus unter dem Hals, unter dem Bauch und unter den Hin-
terschenkelu durchlaufen. Vor dem Turm sitzt der Führer, ein
Neger; er hält in der L. ein krummes Messer und füttert mit der
U. den Elephanten. der, um das ihm gereichte in Empfang zu
nehmen, den Rüssel emporbiegt.
Die folgenden Figuren sind aus glasirter aegyptischer Thonwaare.
o. Die Gruppe von Kimon und Pero (Heibig Waiidgem. 1376.
Sogliano 590). Die gleiche Gruppe aus gleichem Material ist schon
einmal im Museum zu Neapel vorhanden. Hoch 0,365.
4. Gefäss in Form eines Sileu der auf einem Schlauch ruht
und dessen Hals mit dem 1. Arm umfasst; der r. Arm, auf dem
Schenkel aufgestützt, dient als Gritf. Die Figm- ist sehr unschön.
H. 0,146, 1. 0,247.
5. Gefäss in Form eines Hahnes. Auf dem Rücken Hals zum
Eingiessen; ein von dort zum Schwanz reichender Streifen diente
als Grirt'. Als Ausguss ist der Schnabel mit zwei Löchern durch-
bolirt. H. 0,29, 1. 0,3.
6. 7. Zwei Gefässe in Form einer sitzenden Ente. Hals und
Griff wie 5. L. 0,207 und 0,199.
8. Gefäss in Form einer Gans. Hals und Griff wie oben. Auf
dem Rücken eine Schlange, deren Kopf rechts am Halse der Gans
liegt, und eine Eidechse. L. 0,325.
Rechts vom Durchgange aus dem Portikus steht im Garten
ein runder Marmortisch mit cannellirtem Fuss, im Portikus, wohl
nicht an seinem Platz, ein cannoUirter Fuss für ein Marmorbecken,
durchbohrt für ein Wasserrohr. Im Garten fand sich noch eine mar-
morne Silenmaske, epheubekränzt, von edlen Formen, h. 0,26 ; da
der Mund durchbohrt ist, sollte sie wohl als Wasserspeier dienen.
Ferner ein bärtiger Kopf aus « Travertin » , hinten flach um irgendwo
angesetzt zu werden; über der Stirn eine Reihe Locken, darüber
eine Binde; lange Haare fallen auf die Schultern; es ist wohl
ein bärtiger Bacchus. Rolie Arbeit; h. 0,134. Ein kleiner Bronze-
leuchter (h. 0,29), ein bronzenes Tintenfass und andere Kleinigkeiten.
Ferner in t ein caunellirter Bronzekandelaber (h. 1,28) mit Epheu-
kranz auf dem Fuss [Not. 1896 S. 167. 168).
AUSGUAßUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 21
Nördlich von dem rechten Gartenportikus liegen zunächst vier
kleine Zimmer lo x s a zu beiden Seiten des Corridors // ; hinter
ihnen ein zweiter, zum Posticum N. I führender Corridor und
jenseits desselben Wirtschaftsräume.
io X s a waren nur c. 2,40 hoch, liäume gleicher Höhe lagen
früher einmal, wie an der W.wand kenntlich, an der Stelle des
Portikus t. lieber allen diesen Räumen lagen obere Räume, zugäng-
lich durch eine Treppe (N nach S) an der W.wand von y. Von
den unteren Zimmern waren lo x (letzteres früher durch eine Thür
mit dem Triclinium des Hauses N. 7 verbunden) kleine Cubicula,
iO im zweiten Stil mit vorwiegend rotem Grunde, x in einer dem
dritten Stil verwandten Form auf weissem Grunde gemalt ; «, sehr
dürftig im letzten Stil auf weissem Grunde gemalt, war ein sehr
kleines Triclinium ; ein solches sollte wohl nach (33 auch z werden :
früher waren hier zwei kleine Kammern (die Zwischenwand im Grund-
riss angedeutet). In « finden sich folgende figürliche Darstellungen.
1, in der Mitte der Rückwand, h. 0,36, br. 0,26, gemalt als
Tafelbild mit Holzrahmen und Thüren : Narciss bekränzt, sitzt en
face, die Beine 1., sich auf die 1. Hand stützend; die r., auf dem
mit einem roten Tuch bedeckten Schenkel ruhend, hält zwei an die
r. Schulter gelehnte Jagdspiesse. Unten das Spiegelbild; im Hin-
tergrund Bäume.
2. 3, auf den Seitenfeldern der Rückwand. Schwebegruppen
von Amor und Psyche, gering in der Ausführung, reizvoll und neu
in Composition und Bewegung.
2, links, h. 0,32. Er schwebt nach r. vorn ; sie ist von hinten
herangekommen und umschlingt ihn, den r. Arm unter seinen r.
Arm, den 1. um seinen Hals legend. Er wendet den Kopf zurück
und küsst sie, indem er den r. Arm von unten um ihr Gesicht
legt, dasselbe gewissermassen einrahmend.
3, rechts, h. 0,30. Sie schweben neben einander nach 1. vorn ;
er hält in der L. das Rliyton, aus dem ein roter Strahl auf die
von ihr in der R. gehaltene flache gelbe Schale fällt.
4, in der Mitte der r. Wand, h; 0,41. Schwebende Figur mit
grossen grünen Flügeln, langem violetten Chiton mit bläulichem
Rand und grünem shawlartig flatternden Gewände. Sie schwebt
nach 1. vorn, auf der R. eine flache gelbe Schale mit Zweigen, in
der gesenkten L. eine kleine goldene Weinkanne.
22 A. MAI
ö. Eingaugswaud. r. vom Eingang, h. c. 0,30. Knabe oder
jiingi'r Mann en face, in gegürteter, weisser, von der r. Schulter
lierabdeiteuder Tiinica mit den bekannten zwei schmalen roten,
von den Schultern abwärts gehenden Streifen, hält in der L. einen
Kantharos, in der gesenkten R. ein Simpulum.
Mau fand in diesem Zimmer zwei Brouzerosetten mit autlie-
gendem beweglichen Ringe, eine dritte auf der eine tragische Maske
mit einem Stift befestigt ist (Durclim. 0,111), zwei Brouzechar-
niere : also vielleicht Reste eines Schrankes. Ferner einen IJronze-
kessel und eine Patera deren Griff in einen Widderkopf ausläuft
\,Not. 1896 S. 227).
Aus dem Oberstock dieses Teils des Hauses stammt wahr-
scheinlich ein eigentümliches Thongerät, wie es in Pompeji schon
öfter gefunden worden ist : ein Halbcvlinder, mit der Hohlseite
nach oben auf zwei Füssen stehend, an einem Ende geschlossen
und hier mit einer Büste verziert; 1. 0,21, br. 0,163. Not. 1896
S. 227. Mehrere ähnliche Exemplare enthält das kleine Museum
in Pompeji. Die Form ist die einer Schöpfkelle, doch ist das Gerät
wegen seines Gewichtes für diesen Gebrauch einigermassen unbe-
quem. Aus denselben Oberräumen stammen wohl auch einige
Gogeuötände, die in den oberen Schichten beim Posticum II gefun-
den wurden {Not. 1896 S. 204): eine Amphora mit Inschrift, einige
Glasgefässe, ein Bronzekandelaber, drei Bronzecharniere.
Von den Räumen nördlich des aus dem Posticum II zugäng-
lichen Corridors ß ist C die Küche, mit grossem Heerd, y der
Abtritt. Von der Thür des Posticum fanden sich 11 gedrechselte
Bronzeornamente, Durchm. an der Basis 0,005, vorspringend 0,05
{Not. 1896 S. 167). Innerhalb des Posticum fand sich eine Am-
phora mit Inschrift, 40 Bronzerosetten und eine 0,105 hohe Bronze-
glocke (a. 0, S. 104, 167), doch wohl zum Läuten um Eiulass zu
begehren (vgl. unten S. 30. 47. 58); eine weitere Amphora mit
Inschrift in t {Not. 1897 S. 108). Diese (Form XIV) scheint Honig
enthalten zu haben; ich lese die leider undeutliche Inschrift:
MELLA
. . .ATA
.SEX IVLI
SE;iTINI
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 23
Aus der Nähe des Posticum stammen wohl auch die unter dem
24 April 189G {Not. S. 204) verzeichneten Funde: ein Bron-
zekandelaber, ein Trinkglas und ein gläsernes Salbenfläschchen.
Von den mancherlei Wandkritzeleien dieses Hauses {Not. 1897
S. 23 ff.) mögen hier folgende erwähnt werden.
1. Auf dem r. Eingangspilaster des Tablinums steht, diesem
zugewandt, in dem roten Stuck des Sockels:
M- PVPIVS • RVNVS
Das N ist schlecht geschrieben, kann aber, wie es da steht, nicht
anders gelesen werden. Gemeint ist aber sicher der uns schon oben
(S. 10) in zwei Wahlprogrammeu begegnete und an dieser Strasse
noch weiter vorkommende M. Pupius Rufus.
2 {Not. a. 0. n. 44), auf der Vorderwand des nördlichen, enge-
ren Teiles von 5, in weissem Stuck:
K MGSSIVS
3 (a. 0. n. 49) BSIIVRLY/ d. i. Benjllits.
3 (a. 0. 42) auf der Mittelsäule von s in rotem Stuck :
P NVMISIVS HYLA .
War etwa M, Pupius Rufus der Herr dieses Hauses? Seit
Fiorelli pHegt man ja den Hausherrn aus den Siguacula zu er-
schliessen ; indess deren drei in einem Hause gefunden müssen gegen
dies Kriterium misstrauisch machen. Pupius Rufus aber ist uns
schon bekannt aus den beiden Duumviratsprogrammen oben S. 10.
Ein drittes steht gleich r. von der Thür N. 5:
MPVPIVM
RVFVM-D-I-D-D-R-P-
Ein viertes etwas Aveiterhin zwischen N. 7 und 8 :
M-PVPIVM-RVFV
Und nicht nur als Candidat, auch als Empfehlender kommt
er eben hier vor, gleich r. von der Thür dieses Hauses:
AEDV-PDRPOVFPVPIVSRVFVSFACIT
IDEMPi^oßAT
2( A. MAI'
Sein einziges schon früher bekanntes Diiumviratsprogramm stand,
wie schon S. 10. bemerkt, in derselben Strasse; sein einziges Aedi-
litätsprogranim {CIL IV 142) freilich etwas weiter westlich an
der Westseite der Insula VI 3. Der Fall erinnert sehr an Ti. Clau-
dius Verus, dessen Name in eine der Säulen der Casa del Cente-
nario eingekratzt ist {Not. 1880 S. 148), während ringsum seine
W'ahlprogramme standen.
N. ü {Not. 1897 S. 30 ff.).
Haus mit viersäuligem Atrium b, in das die stark anstei-
genden Fauces führen; die Thür liegt gleich au der Strasse. Sie
war beschlagen mit eisernen Nägeln mit Bronzeköpfen, deren an
verschiedenen Tagen im Ganzen 74 gefunden wurden ; auch Keste
»-r-^
des Schlosses fanden sich, und alle vier Angeln, die oberen und
die unteren {Not. 1896 S. 229, 29 Mai). Das kleine Impluvium
ist mit Signinum bekleidet, in das weisse Steinchen unregelmässig
eingelegt sind. In demselben steht ein viereckiger thönerner Pfeiler,
h. 0,60, im Quadrat 0,22, mit Basis und Kapitell, oben offen : er
sollte wohl, mit einer Platte gedeckt, als tragbarer Altar dienen.
Am hinteren Rande des Impluvium steht ein Tisch aus « Tra-
vertin " , an dessen beiden Füssen der Vorderrand als Löwentatze
gebildet ist, die aber statt der gewöhnlichen Flügel in ein Pflan-
zenmotiv ausläuft ; die Arbeit ist gering. Zwischen den Tischfüssen
stehen zwei kleine cylinderförmige Altäre, der eine aus « Tra-
vertiu", li. 0,31, der andere aus Alabaster, h. 0,17. Aus dem
Imi>luvium lloss das Wasser unterirdisch auf die Strasse; kein
Abfluss in eine Cisterne: eine mit einem Lavadeckel geschlossene
Cisterne am Fusse des Maucrpfeilers zwischen dem Tablinum
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 '25
und g muss wohl von den hinteren Teilen des Hauses aus gespeist
worden sein.
Auf das Atrium öiTnen sich neben dem Eingang zwei Kam-
mern: c wohl eine Vorratskammer oder Sklavenzimmer, d ein
Cubiculum, an dessen Rückwand der Platz des Bettes kenntlich
ist. Es ist einfach im letzten Stil auf weissem Grunde ausgemalt;
in der Mitte der Felder folgende kleine Darstellungen:
1, 1. Wand 1.: niedriges dreifüssiges Gefäss, h. 0,06, br. 0,28.
2, 1. Wand r.: Metallamphora an die der öfter die Palme
vertretende Schachtelhalm gelehnt ist; h. 0,1(3, br. 0,06.
3, Kückwand 1. : Vogel nach r. vor Früchten ; h. 0,065, br. 0,16.
4, Rückwand r. : Hahn nach 1. vor zwei Früchten; h. 0,11,
br. 0,17.
5, r. Wand 1.: metallener Kantharos, an dem ein Reif lehnt;
h. 0,10, br. 0,23.
0, r. Wand r. : Kelchartiges Gefäss mit Deckel und hohem, oben
umgebogenen Griff, an dim der Schachtelhalm lehnt; h. 0,13, br. 0,23.
Das Tablinum f war einst auch nach hinten offen ; die Oeff-
nung war nach 63 geschlossen worden. Dies Mauerwerk war noch
ohne Malerei ; auf den Seitenwänden sind Reste einer einfachen und
dürftigen Decoration letzten Stils auf gelbem und schwarzem
Grunde erhalten. Daneben das geräumige Cubiculum e, mit weissen
Wänden, erhellt durch ein in der Lünette angebrachtes, sich nach
aussen verengendes Fenster auf das Zimmer h, welches einst, nach N
weit geöffnet, mehr geeignet war, Licht abzugeben, als in der
letzten Zeit, wo die weite Oeffnung vermauert und nur eine Thür
gelassen war. R. neben dem Tablinum führt der Gang g in die
hinteren Teile, zunächst in den Lichthof U auf den sich h öffnet,
einst eine Exedra, später ein geschlossenes Zimmer, mit einfacher
Decoration: Teilung durch schwarze, rote und grüne Linien auf
weissem Grunde. Daneben führt eine Treppe zu einem Räume
über h. Aus h gelangt man in einen kleinen gewölbten Raum
unter der Treppe, der als Lararium diente; in der Nordwand ist
die 0,64 breite und hohe gewölbte Nische angebracht. Die Wände
sind weiss ; gleich über der Nische die Spuren von etwa 25 kleinen
Nägeln. Aus i führt nach r. (N) der Gang /j, aus dem man r. in
das Speisezimmer /, in früherer Zeit auch 1. in das Zimmer x
des Hauses N. 5 gelangte (oben S. 21).
26 A. MAI
Es ist gauz klai-, dass k und l ursprünglich zusammen ein
Grosses Zimmer waren. Dieses hatte in der Mitte der Nordwand
ein Fenster (2,70 vom Boden, br. 1,15, Höhe nicht erhalten) aufm;
doch war dies Fenster nicht von Anfang an. sondern ist spätere
Zutat. In der 1. Wand, in der ganzen Länge des jetzigen /, tindet
^ich die oft beobachtete Eiuhöhlung für die Schmalseite des Lectus
medius und die Langseite des imus, mit einer Erweiterung nach
oben am Fussende des letzteren: Beweis, dass hier das Fulcrum
war (Gott. Nachr. 1896 S. 76). Das Zimmer hatte eine feine und
sorgfältig ausgeführte Wanddecoration letzten Stils auf schwarzem
(Jrunde; im Anschluss an dieselbe, aber mit viel geringerer Sorg-
falt, ist auch die Trennungswand beuialt. Folgende drei Bilder
sind mehr oder weniger erhalten.
7 auf der Nordwand von /, in der Mitte des ungeteilten
Zimmers, h. 0,60, br. 0,55, abgeb. Not. d. sc. 1897 S. 63. Auf
einem steinernen Sitze sitzt ein Jüngling n. 1. ; der 1. Unterarm
liegt auf dem Fels, an den eben hier ein langer Jagdspiess mit
der Spitze nach unten angelehnt ist; auf dem Sitz, an seinen 1.
Schenkel gelehnt, das kurze Schwert, unten am Boden, an den
Sitz gelehnt, etwas weissliches, wie ein Köcher. Der Jüngling ist
nackt ausser einem zinnoberroten Gewände mit blaugrauem Rande,
welches dem 1. Unterarm als Unterlage dient und auf den Schenkeln
liegt, und Sandalen mit reichem Riemenw^erk. Der r. Arm ist
nicht sichtbar. Sein Kopf, mit kurzem, krausen, dunkeln Haar ist
nach 1. Artemis zugewandt, die an seiner r. Seite sitzt, bekleidet
mit hell violettem Chiton, grünem Mantel und hohen, weisslichen,
reich verzierten Stiefeln. Sie sitzt nach 1., hat aber den Oberkörper
zurück, nach r., gewandt, so dass ihr Kopf im Profil erscheint.
Sie fasst mit Daumen und Zeigefinger sein Kinn ; beide blicken
sich zärtlich in die Augen. Artemis hat im Haar ein grünes,
goldgesticktes Diadem; über ihrer r. Schulter ist der Köcher
sichtbar. Neben ihr steht Eros; er stützt den Kopf auf die r.
Hand, indem er den Ellenbogen auf den Schenkel der Göttin setzt,
auf dem auch der 1. Unterarm ruht, dessen Hand den Bogen der
Artemis hält; auf dem Kopfe hat er die Zackenkrone. Ein anderer
Eros steht auf der Lehne des Steinsitzes, stützt sich auf die 1.
Schulter des Jünglings und blickt ihm neugierig von hinten ins
Gesicht. Im Hintergrunde ein Felsenthor, durch das man auf
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 27
entfernte Bäume sieht. Vielleicht ist die Vorstellung die, dass die
Scene in einer Höhle vor sich geht; in der Beleuchtung freilich
ist diese Vorstellung nicht durchgeführt.
Ich lasse unentschieden, ob es sich hier um einen sonst unbe-
kannten Artemismythos handelt, etwa denselben, auf den sich die
Bilder Heibig 253-255, Sogliano 119 beziehen, oder ob Selene
und Endymion gemeint sind, etwa im Anschluss an Darstellungen
von Aphrodite und Adonis.
8, Mitte der Ostwand, Fragment: der 1. Teil mit der unteren
Ecke, h. so weit erh. 0,56, br. so weit erh. 0,36. Links steht nach
r. Artemis, in gelbem, kurzem Chiton mit violettem Eande und
grüner Chlamys. Diese, lang und aus feinem Stoff, ist auf der r.
Schulter geheftelt; dann ist der auf die Brust fallende Teil eng
zusammen genommen und, den oberen Saum des Chiton bedeckend,
über die 1. Schulter zurückgeworfen, der auf den Rücken fallende
Teil aber unter dem r. Arm durch, die Brust frei lassend, eben-
falls über die 1. Schulter geworfen. So ist Hals und Unterleib
bedeckt, Brust und r. Arm frei. Sie trägt Zackenkrone, Sandalen,
auf dem Rücken, über der r. Schulter sichtbar, Köcher und Bogen,
an der r. Hand ein Armband. Auf dem r. Bein stehend legt sie
den 1. Unterschenkel über den r., nur mit der Pussspitze den Boden
berührend. Der r. Arm ist, leicht gekrümmt, au den r. Schenkel
gelegt; mit der 1. Hand stützt sie sich, in der Höhe der Schulter,
auf einen auf den Boden gestellten Speer. Sie blickt mit, wie es
scheint, ernsthaftem und etwas trübem Ausdruck auf die r. über
zwei Stufen auf einem Thron sitzende, mit rotem Gewand und
Sandalen bekleidete männliche Gestalt. Von dieser, die, wie es
scheint, halb nach 1. gewandt war, sind nur die Füsse erhalten,
der 1. auf der ersten, der r. auf der zweiten Stufe. Es war wohl
Zeus. Vgl. Sogliano 647.
9, Mitte der Westwand von k ; nur der untere Teil erhalten ;
h. so weit erh. 0,23, br. 0,55. L. die braunen Füsse einer mit lan-
gem rot-grün schillernden Gewände bekleideten sitzenden Figur, in
Sandalen mit reichem Riemenwerk, auf einem Tiger- oder Pan-
therfell. R. daneben liegt eine Keule, wie es scheint, mit dem
oberen, dünneren Ende auf den schweren vergoldeten Thron gestützt.
R., über zwei Stufen, der untere Teil einer weiblichen, wie es
Og A. MAI-
scheint auch sitzenden Gestalt ; unter dem violetten Gewände kommt
ein gelber Schuh zum Vorschein. — Herakles und Omphale?
Der Gang k führt weiter in den kleinen, Küche und Abtritt
enthaltenden Hof m. Die Nordhälfte von m war nämlich' bedeckt
von einem nach S. geneigten Dach, dessen unterer lland in der
Höhe von 2,20 von einem viereckigen Pfeiler gestützt war. Unter
diesem war in der NO. ecke der Abtritt, weiter 1. der Heerd, vom
Abtiitt getrennt durch eine 1,40 hohe Mauer, die dann, 1. umbie-
gend, au dem Pfeiler endigt (s. den Plan).
Aus der Küche gelangt man weiter in den Stall ii. An die
Nordwand ist, nur das westliche Ende (1,30) frei lassend, die
Krippe angemauert, in der gewöhnlichen Form: eine 0,40 breite
Aufmauerung (die Höhe ist noch nicht kenntlich) an deren Vor-
derkante ein Brett, dessen Spur an der Ostwand deutlich ist, schräg
aufstand.
Die Fussböden sind überall von der geringsten Qualität: Stuck-
masse, in die mit unregelmässigen Marmorstücken allerlei rohe
Muster eincrelecft sind. Der von / ist noch nicht sichtbar, ist aber
ohne Zweifel dem von k gleich : Signinum mit unregelmässigen
Marmorstücken.
Die oberen Teile des Hauses können mit ziemlicher Sicherheit
so, wie unser Längenschiiitt zeigt, reconstruirt werden. Gegeben ist
die Höhe (3,15) der mit Antepagmenta verkleideten Hausthür, die
der Räume vor dem Atrium und des Fussbodens der über ihnen
liegenden ; dieser ist bei 3,35 in d deutlich kennbar. Deutlich
sind ferner die Balkenlöcher des oberen Umganges über dem Atrium,
dessen Fussböden etwa bei 3,80 liegen mochte, so dass man in
die Räume über a c d über zwei Stufen hinabstieg. Der obere
Teil des Atriums, mit den vier in das Impluvium blickenden Fen-
stern, ist nach Analogie des besser erhaltenen Hauses N. 8 ange-
nommen worden. Hinter dem Atrium ist e hoch 2,50 bis zum Ansatz
der Verschalung, mit dieser etwa 3,40, der obere Fussböden konnte
bei 3,70 sein, eher etwas höher. Zu dem Raum über h ist die
Treppe ganz erhalten. Oben auf dem Absatz ist eine Stufe in der
Diagonale ; sie beweist, dass man erst noch über eine weitere Stufe
in das Zimmer stieg; denn hätte es sich von der obersten der NS.-
stiifen nur noch um eine weitere Stufe gehandelt, so hätte man
doch diese in die Thür gelegt und die unbequeme Diagonalstufe
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 29
vermiöden. Auf diese Weise erhalten wir für den oberen Fussboden
über h 3,70. — Im Tablinuin reichen die grossen Felder der Wand-
decoration bis 2,30; sie sind 1,70 hoch. Nehmen wir an dass der
obere Wandteil 2/3 derselben betrag (dies ist das gewöhnlichste
Verhältniss), so kom.nen wir auf 3,50. Der obere Fussbodon konnte
also etwas hoher als 3,70 liegen. Es lagen also alle diese oberen
Käume ziemlich, wir dürfen wohl annehmen ganz im Niveau des
Umganges über dem Atrium. In Betretf der Dächer ergiebt sicli
aus den Höhenverhältnissen als das einfachste und natürlichste,
dass die Räume vor und hinter dem Atrium auf dieses geneigt
waren. Für die hinteren Teile ist zu beachten, dass der kleine Hof
i keine Regenrinne hat; er hat ein dürftiges Paviment aus einer
Stuckmasse mit einem einfachen, aus Mosaiksteinchen und Mar-
morstücken gebildeten Muster. Also hierher fiel wohl kein Wasser :
das Dach über h und der Treppe war vielleicht auf den Garten
des Hauses N. 5 geneigt, vielleicht auch gegen das Atrium, wenn
diese Räume höher waren als die über e f (j. Das Dach von k l
war ohne Zweifel nach m geneigt.
Man gelangte in die oberen Räume über eine Treppe, die
aus der r. Vorderecke des Atriums anfangs in den Raum über d
führte. Später wurde diese Oetfnung vermauert und die Treppe an
der rechten Wand des Atriums nach W in den oberen Umgang
über dem Atrium geführt.
Es fehlt auch hier nicht an Wandkritzeleien {Not. S. 31).
Links vom Zugang zur Treppe bei / lesen wir:
1.
AMPLIaTA
2.
VIINVS
8.
XANTHVS
4, auf der r. Wand der Treppe: INCITAT VS
LIBE LXXXX
5, auf der Eingangswand des kleinen Raumes unter der Treppe:
Cornelia • hele/?«
amatvr ab-rvfo
Ob M. Pupius Rutus gemeint ist, und es sich hier um ein Lie-
besverhältniss zwischen zwei Nachbarn handelt?
30 A. MAU
Mancherlei Gegenstände wurden auch in diesem Hause gefun-
den, in besonders grosser Zahl im Atrium und in und vor der
Hausthür: es scheint, dass die Bewohner sie hier zusammenge-
tragen hatten um sie auf der Flucht mitzunehmen. Und wenn wir
unter den vor der Thür gefundenen Dingen {Not. 1896 S. 229,
29(1) auch Reste von Pferdesclimuck finden — eine Fibula mit
Anhängseln, drei Bronzebeschläge von Scheuklappen, mit je einem
Pegasus in Relief verziert, dazu noch andere Bronzereste, die auch
wohl Pferdeschmuck sein können — so läge ja, zumal das Haus
auch einen Stall enthält, der Gedanke nahe, es sei ein Wagen zur
Flucht bereit gewesen aber nicht zur Abfahrt gekommen. Aber
freilich hätten dann doch Reste des Wagens selbst und die Knochen
der Zugtiere gefunden werden müssen. Man fand ausserdem noch
vor und in dem Eingange einen kleinen Thonurceus mit der häu-
figen Inschrift:
LIQJ/AMEN
OPTIMVM
und in senkrechter Richtung: CON//ARIS
Der erste Buchstabe dieser letzteren Inschrift kann allenfalls auch
P sein. — Zwei bronzene Kochtöpfe, deren einer auf dem Griff
eine schlecht lesbare Marke trägt. Ich las:
PEROBE////AC.f
Sogliano las: TI- R OB//// ///////// . Eine sogen. Lagoena, auch aus
Bronze; eine bronzene, 0,211 hohe Glocke (zum Läuten an der
Thür? vgl. oben S. 22); zwei eiserne Dreifüsse.
Die im Atrium gefundenen Gegenstände {Not. 1896 S. 297)
lagen z. T. im Impluvium. Man fand hier drei Deckplatten von
Schlössern und noch ein kleines Schloss, zwei Charniere und eine
Rosette an der ein Ring hängt, alles von Bronze : doch wohl Reste
von einem oder mehreren geschlossenen Kasten. Ferner einen bron-
zenen Kochtopf, ein Trinkglas, einen Teller und eine Schüssel auch
aus Glas, eine Lampe aus aretinischer Thonwaare, zwei silberne
Armbänder, ein kleines cylinderförmiges Silbergefäss mit Deckel
(h. 0,023, Durchm. 0,085), einen Carneol in den ein Füllhorn
geschnitten ist. Endlich eine Amphora mit der nicht neuen Inschrift
MAPKOY.
AUSGRABUNGEN VON I'<^MPRJI INS. VI 15 31
Im Atrium fand sich ausserdem ein zweites kleines cylinder-
förmiges Silbergefäss (h. 0,08, Durchm. 0,028), hübsch verziert
mit an Bukranien hängenden Guirlanden und einer Kosette auf
dem Deckel. Ferner zwei Signacula:
1. N-lERElsf
N-ARDI auf dem Schilde ein Gefäss.
2. CA-aESI
\ALENtS A. Caesi Valentis ; ?Mi diQm. Schilde ein
Gefäss. — Eine bronzene Sacknadel, ein Carneol mit Darstellung
eines langbärtigen Silen in bis auf die Knie reichendem Gewände,
gestützt mit der R. auf einen dicken Stock. Das Gesicht, aus dunk-
lerer Schicht, macht den Eindruck einer Maske, an die er die
1. Hand legt. Endlich ein ürceus, der Garum enthalten hatte —
von der Inschrift war nur G(ari) F(los) lesbar — und drei Amphoren
mit Inschriften. Zwei derselben sind unverständlich; die dritte
(Form VIII):
TI H
KACGA
rührt wohl von einem Ti. Claudius Seleucus her.
Weiter einwärts (in e oder /'?) fand man eine Bronzepatera,
ein Bronzecharnier und sieben Glasgefässe verschiedener Form ; in
/ ferner {Not. 1896 S. 372) zwei elliptische Bleigewichte, eine
Amphora und den Hals einer zweiten. Die Inschrift der Amphora
ist unverständlich; auf dem Halse steht:
VI
In vsvs
P B E
In der Küche m fand sich ein bronzener Kochtopf, ein Schlo.ss und
das Schild eines zweiten, eine Fibula (a. 0. S. 297).
Es scheint, dass auch in den oberen Räumen Funde gemacht
wurden. Wenigstens wird berichtet, dass nördlich vom Atrium N. 5
in den oberen Schichten gefunden wurde: eine Amphora (Form X)
mit der Inschrift:
C H ME
eine aretinische Schüssel mit der Marke GERMNIOF (^CIL X
8055, 20); eine grün glasirte zweitlammige Lampe, verziert mit
32
A. MAU
zwei Pferdeküpfeu uml einem (weiblichen?) Kopf; eine einfache
zweitiammigo Thonlampe ; ein runder knöcherner Löffel (^ocA^e«/');
eine Brouzetihiila und eine Kupfermünze {Not. 1896 S. 50, 227).
Aus den oberen Räumen der rückwärtigen Teile des Hauses
werden wohl die Gegenstände stammen, die nach Not. 1896 S. 204
(28 April) östlich der rückwärtigen Teile des Hauses N. 5 gefunden
wurden: allerlei Bronzestücke, die als Beschlag, Griffe und Füsse
in^end einem Möbel angehört zu haben scheinen; eine mit einem
Pegasus in Relief verzierte Brouzeplatte (0,055 X 0,059) mit
Löchern ringsum um auf Pferdegeschirr (Scheuklappe) aufgenäht
zu werden; eine Lampe aus aretinischer Thonw^aare.
N. 7. 8. {Not. d. sc. 1897 S. 34 ff.).
Kleines Haus: tuscanisches Atrium mit Räumen vorn und
hinten, aus dem mau 1. in einen vor einem kleinen Garten lie-
genden Portikus gelangt, auf den sich von der Strassenseito zwei
Räume öffnen. Beschädigungen im Jahre 63 und darauf gefolgte
Ausbesserungen sind nur in k (unten S. 37) zu constatiren ; im
übrisren ist das Haus mit seinen Malereien, letzten Stils aber aus
der Zeit vor 63, gut erhalten.
Durch die zweiflügelige Thür gleich an der Strasse gelangen
wir in die leicht ansteigenden Fauces b. Die Ecken zwischen diesen
f N
und dem Atrium d sind gegen die Fauces als Pilaster gebildet;
vermutlich einst auch gegen das Atrium, doch sind hier die Pila-
ster beseitigt worden, spätestens bei der letzten Umgestaltung zur
Zeit des letzten Stils. Unmittelbar vor diesen Pilastern ist in jeder
Fauceswand ein Loch ganz unten am Boden. Wir erkennen hier die
Spur eines in etwas anderer Weise öfter vorkommenden Thürver-
schlusses: in diese Löcher wurde ein Querbalken gelegt; ein an-
AUSGRABUNGKN VON POMPK.II INS. VI 15 . 83
•ierer, längerer Balken wurde mit einem Ende gegen diesen Quer-
balken, mit dem anderen schräg gegen die Hausthür gestemmt.
Am Fuss des r. Pilasters sind ausserdem noch ein Schiefer- und
ein Marmorstein in den Fussboden eingelassen. Auch hier ist der
Zweck klar: der Querbalken konnte nicht tief in beide Löcher
eingreifen, da es dann unmöglich gewesen wäre, ihn in beide hinein-
'/uschieben; für den Fall nun dass sein r. Ende aus dem hier
weniger tiefen Loch herausglitt, dienten ihm diese Steine als Wi-
derlager.
Das Atrium d ist mehr breit als tief, die Dachbalken lagen
daher nicht quer, sondern in der Längenrichtung des Hauses. Dies
ergiebt sich aus der Form des Impluviuras, welches von der Orien-
tirung des Atriums etwas abweicht; denn da man auf der Vorder-
seite zur Einbindung der Balken die Seitenmauern der Fauces
benutzen wollte, diese aber nicht genau in der Mitte der Vorder-
seite, sondern etwas mehr links liegen, so mussten die Balken,
um die Mitte der Kückseite zu erreichen, etwas schräg gelegt
werden. Die Höhe der Dachbalken ist nicht kenntlich, wie ja
fast nie. Deutlich dagegen ist kenntlich die ziemlich geringe Höhe
von a b c: die starken Deckbalken liegen 3,80, der obere Fuss-
boden c. 4,40 über dem des Atriums.
Im Cubiculum c sind Reste der Wanddecoration ersten Stils
erhalten : das gewöhnliche Zahnschnittgesims in Zweidrittelhöhe der
Wand, welches wohl damals hier wie so oft die Decoration der
Art abschloss, dass oberhalb desselben nm* roher Stuckbewurf war,
und das die ganze Wand oben abschliessende einfache Gesims.
Eine Hache Verschalung deckte das Zimmer ; in der roten Lünette
ein später etwas erweitertes Schlitzfenster. Unterhalb des Zahn-
schnittgesimses erhielten die Wände später eine Decoration vierten
Stils auf weissem Grunde mit schwarzem Sockel, noch später, wohl
nach 63, die r. Wand rohen Stuckbewurf.
In a waren drei Räume über einander: unter dem Boden des
Oberzimmers war noch ein Zwischenboden, dessen Balken quer
lagen, in der Höhe von 2,0. Zu den oberen Räumen führte 1. eine
Treppe, vier Stufen aus Stein, das übrige aus Holz. Die oberen
Räume über a h c waren zwei: einer über a b mit drei Schlitz-
fenstern; in dem anderen, über c, sind keine Fenster kenntlich.
Hinter dem Atrium liegt 1. das ziemlich quadratische gewölbte
3
34 A. MAU
Zimmer e mit Fenster auf den Garten, ein kleines Speisezimmer.
Hinter diesem das kleine Schlafzimmer f, auch mit Fenster auf
den Garten ; die Bettnische, im N, hat eine Verschalung mit der
Axe von N nach S, das übrige ist flach gedeckt. Ueber Verscha-
limg und Decke aber ist das Tonnengewölbe erhalten, das in
Fortsetzung von e das Ganze bedeckt. Und zwar sind die Verscha-
lung' der Bettnische und die flache Decke späterer Zusatz; man
sieht deutlich, wie einst das Zimmer bis an die höhere Wölbung
reichte, mit einem Fenster in der Südostecke gleich über dem
Ansatz derselben.
R. neben e f ist g die Küche. Gleich r. der Abtritt über
einer Senkgrube, dann der Heerd und über ihm in der AVand die
kleine Larennische. Zwischen Abtritt und Heerd ist in der Wand
eine senkrechte Thonröhrenleitung angebracht (Durchm. 0,11 im
Lichten) : vermutlich floss hier das Wasser des Daches der Küche
zusammen und wurde von hier auf die Strasse geleitet (s. unten
S. 35). Hinter der Küche noch ein kleiner Raum mit Zwischen-
boden bei 2,0.
Ueber e f waren entsprechende Oberzimmer : erhalten sind
die Fussböden, Teile der Südwand und der Zwischenwand mit der
Verbindungsthür. Ueber der Küche g schwerlich ; denn da sie keine
Aussenwand hat, war es wohl unvermeidlich, ihr eine Deckenötfnung
zu geben. Diese konnte am passendsten über dem Abtritt sein,
der durch ein eigenes kleines Dach geschützt war. Dann war das
Dach gegen diese Oeffnung geneigt und das Regenwasser konnte
an ihrem Rande entlang an ihre NW.ecke geleitet werden und
hier in die erwähnte Leitung fliessen.
Da a c e f g h noch nicht ganz ausgegraben sind, so bleibt
unsicher, wie die oberen Räume über e f zugänglich waren. Aus-
geschlossen ist eine aus den Räumen über a h c hinüberführende
Gallerie, von der die bis über die betreffende Höhe erhalteneu
Atriumswände Spuren zeigen müssten. Das wahrscheinlichste ist
wohl eine Treppe an der Südwand von g.
Atrium und Fauces haben einen Fussböden aus schwarzer
Stuckmasse mit Reihen weisser Steinchen. An der Rückseite des
Atriums, gleich rechts von e, ist eine Cisternenöffnuug mit Lava-
deckel, ohne Puteal. Ohne Zweifel erhielt diese Cisterne in früherer
Zeit das Wasser des Impluviums; in der letzten Zeit aber nicht
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15
35
nielir; es lloss nur aus dei* r. Vordereckc auf die Strasse. Diese
unterirdische Leitung mündet ein in eine andere, an der Lücke
im Fussboden kenntliche, die aus der Kücho wohl das durch die
erwähnte Thonröhrenleitung herabfliessende Wasser auf die Strasse
führte.
Die Wunde der Fauces haben über einem ganz niedrigen
schwarzen Sockel je zwei schwarze Felder. lieber diesen ist der
weisse Grund durch schwarze Linien in liegende Rechtecke geteilt
und in jedes derselben mit roten Linien ein kleineres Rechteck
eingeschrieben: eine Erinnerung an die im ersten und zweiten Stil
nachgeahmten Quadern mit Saumschlag. Am Atrium über schwar-
zem Sockel grosse rote Felder mit je einem Vogel in der Mitte;
der obere Teil wie in den Fauces. Eine einfache Decoration letzten
Stils auf weissem Grunde hat c, in der Mitte der Felder kleine
Malereien : ein Hund der ein Reh (?) verfolgt, ein anderer, der ein
ähnliches Thier von vorn anbellt; in der Lünette Hippokampos
und Delphine. Aehnlich auch /"; in der Mitte der Felder dreimal
ein fliegender Schwan, der ein langes Band im Schnabel, an den
Füssen und über den Flügeln trägt, viermal ein Hirsch in der oft
wiederholten halbsitzenden Stellung, mit langem Band um den
Leib, zweimal, an der Fensterwand, ein nicht näher zu definirender
gelber Vogel, der auch ein Band an den Füssen und im Schna-
bel trägt.
Durch eine Thür 1. am Atrium kommen wir in den Garten-
portikus l. Er ist, mit seinen Ziegelsäulen, ziemlich jungen Ursprun-
ges. Es waren ursprüng-
lich drei Säulen und zwei
Halbsäulen, dann, nach
Erbauung des kleinen
Zimmers m, zwei Säulen
und zwei Halbsäulen ,
gelb mit rotem Sockel.
Nur das zunächst an
^ ' i ^• H m lieofende Tntercolum-
nium ist durch eine
Brüstung creschlossen. Der Portikus ist im letzten Stil auf weissem
Grunde gemalt ; der horizontale Abschluss der Schmalwände beweist,
dass er flach gedeckt war und eine Terrasse trug, die zugänglich
war aus den Zimmern über i /c, zu denen von der Strasse in h
eine besondere Treppe N. 7 führte: es war also dies eine beson-
ders vermietete kleine Wohnung.
Das kleine, weit geöffnete Zimmer m können wir als Sommer-
oubiculum bezeichnen; es ist hoch 2,20. Eigentümlich war seine
Decke gebildet: eine flache Verschalung, mit der Axe vom Eingang
auf die Rückwand, die aber nicht auf den Seitenwänden aufsetzte,
sondern etwas einwärts, so dass jederseits ein Streifen horizontaler
Decke blieb. Ausserdem aber lief über dem Eingang, sich gegen
das Innere senkend, ein halbes Tonnengewölbe, etwa 0,30 breit
und ziemlich ebenso hoch, in welches die Hauptverschalung nach
Art eines Kreuzgewölbes einmündete. Ein kleines Fenster ötfnet
sich auf den Garten «, ein noch kleineres, schräg nach S durch
die Wand gebrochen, auf den engen Raum zwischen /c und m, in
dem wohl ein Diener schlief.
/c ist ein ziemlich geräumiges Speisezimmer, hoch 3,75 bis
zum Ansatz der flachen Verschalung, deren Axe vom Eingang auf
die Rückwand liegt. Von der Malerei in k und m soll weiter un-
ten die Rede sein. Dagegen ist i ein vernachlässigter Raum, ohne
andere Wanddecoration als durch schwarze Linien gebildete Recht-
ecke ohne Sockel gleich am Boden, h. 1,70. Von i nur durch eine
dünne Fachwerkmauer getrennt führte in h eine Treppe direct von
der Strasse in Räume über / k l m.
Im Garten n ist in der r. Vorderecke das Thonputeal einer
Cisterne, die das Regenwasser von i k l m erhielt. An der Rück-
wand die zierliche Larenaedicula : auf hohem Unterbau, der eine
gewölbte Nische enthält, stehen vier Säulchen, die beiden äusser-
sten gelb, die inneren rot, mit weiterem mittleren Intercolumnium.
üeber diesem ist das Gebälk — gelb über buntem Eierstab —
unterbrochen und auf den Enden der beiden seitlichen Stücken ein
Bogen aufgesetzt, der in das durch ein violett- weisses Wellenor-
nament und ein kleines fast ganz zerstörtes Gesims abgeschlossene
blaue Tympanon hineinreicht.
Mitten im Garten steht ein Marmortiseh, h. 1,04 (abgeb.
Not. 1897 S. 342). Der Fuss ist gebildet als Löwentatze, die
oben in einen Pflauzenkelch endigt, aus dem der Oberkörper eines
nur mit einem um die Lenden gebundenen Gewände bekleideten
Silen hervorragt, der in seinen Armen das in Windeln gehüllte
AISGRABUNGKN VON POMPEJI INS. VI 15 *^7
Bacchuskind trügt und zärtlich auf dasselbe herabschaut; das Kind
hat ein Diadem um das Haar, eine Haarflechte auf dem Scheitel.
Die Platte, 1,07 X 0,575, ruht auf einem viereckigen, hinter dem
Silen aus dem Kelch aufragenden Pfeiler.
Dass über i k Oberzimmer waren, ist zu schliessen aus der
Treppe N. 7 : eine kleine Wolmung von mindestens zwei Zim-
mern. Ueber / Avar schwerlich nur eine unbedeckte Terrasse;
denn so würde die 0,8 breite .Traufrinne kaum zu erklären sein:
man würde doch die Brüstung gegen den Garten durchbohrt und
so an einem Punkte das Wasser der Cisterne zugeführt haben. Zwei-
felhaft bleibt, ob nur die Terrasse durch ein auf Säulen oder Pfei-
lern ruhendes Dach geschützt, oder ob hier obere Zimmer waren.
Beides ist möglich, ersteres in unserer Reconstruction angenommen.
Die Wandmalerei in k l m, vierten Stils auf weissem Grun-
de, ist gleichartig und zusammengehörig. Dass sie älter ist als
63 n. Chr., ergiebt sich aus der Südwand von k, die, ohne Zweifel
durch das Erdbeben beschädigt, nachher nur rohen Stuckbewurf
erhalten hat. Es sind die gewöhnlichen Motive dieses Stils : phan-
tastische Architekturen in Gelb, Ornamentstreifen, Candelaber, Guir-
landen, Tiere und Vögel, alles etwas schwer und unbeholfen, wie
nicht selten auf älteren Wänden dieses Stils. An figürlichen Dar-
stellungen ist folgendes zu bemerken.
1-3 in k.
1, Mitte der 1. Wand, h. 0,54, br. 0,55 (abgeb. Not. 1897
S. 36) Perseus, Andromeda das Medusenhaupt zeigend. Sie sitzen
an einem Bache. L, Perseus, nackt, mit grünen Flügeln an Kopf
und Füssen; er sitzt, auf den 1. Ellenbogen gestützt, mit den
Füssen l. ; der r. ist beträchtlich höher auf einen Stein gesetzt,
an dem 1. unten die Harpe lehnt; die Stellung ist einigermassen
unschön. Mit der r. erhebt er das Medusenhaupt über seinen Kopf,
so dass das Spiegelbild im Wasser erscheint, ß. Andromeda, voll-
ständig bekleidet mit langem gelben Chiton und shawlartigem
grünen Gewände, das von l. nach r. quer über die Brust herab-
geht, mit Diadem in dem kurzen krausen blonden Haar; sie
sitzt mit den Füssen nach r. und legt die l. Hand auf den 1.
Schenkel, die r. auf die 1. Schulter des Perseus ; ihr Blick ist nach
l. gerichtet, nicht auf das Spiegelbild. Hintergrund Felsen und
Bäume. Ausführunof sehr gerinij. Colorit blass und wirkungslos.
'^ A. MAI
•2. Mitte der Rückwaiul. li. 0,54, br. 0,55. Paris und Helena.
L. Paris, nackt bis auf die auf der r. Schulter geheftelto rote
Chlamys. llv steht auf dem 1. Fuss, der r. Unterschenkel ist
kreuzweis über den 1. gelegt, so dass der Fuss nur mit der Spitze
den Boden berührt, der r. Ellbogen auf eine Basis gestützt, auf
der ein Zipfel der Chlamys liegt. Der Kopf, mit kurzem krausen
blonden Haar ist etwas gesenkt; er blickt, wie naclideuklich oder
verlec^en, nach r., nicht auf Helena, die r. steht an einer I^asis
wie die auf die sich Paris stützt. Sie steht auf dem r. Fusse, halb
nach 1.; das 1. Bein ist gehoben, so dass der Fuss nur mit der
Spitze den Boden berührt, um zwischen den Schenkeln das Gewand
— rot mit bläulichem Kande — zu halten, das sie vom Oberkör-
per entfernt hat und mit beiden Händen über Kopf und 1. Schul-
ter hält, so dass es ihrem nackten Körper als Hintergrund dient.
Sie trägt ein Halsband und im Haar ein goldenes Diadem, blickt
nach vorn, nicht auf Paris. Zwischen beiden Eros. Er steht auf
dem 1. Fuss, den r. Unterschenkel über den 1. gekreuzt, nackt bis
auf die auf den Rücken und über den auf die Hüfte gestützten 1.
Unterarm fallende grüne Chlamys. Er hält in der R. den auf den
Boden gestützten Bogen und einen Pfeil, und blickt hinauf zu He-
lena. In der Mitte des Hintergrundes eine Säule, von der nach jeder
Seite bis zum Rande des Bildes ein weisser Vorhang gespannt
ist. Ausführung gering; Farbe verdorben und schwärzlich. Die
Beziehung auf Paris und Helena ergiebt sich aus Sogliano 569,
wo Paris durch das Kostüm gekennzeichnet ist.
3, auf den Seitenfeldern, Eroten, hoch c 0,25. L. Wand 1.:
trägt auf der R. einen Teller mit Laub, auf der 1. Schulter das
kegelförmige Cultusobject. L. Wand r. : trägt auf dem Nacken, es
niit der L. haltend, ein Füllhorn, in der vorgestreckten R. Zweige.
R;ickwand 1. : bläst die Syrini und trägt in der R. ein Pedum.
Rückwand r. : trägt auf der r. Schulter eine grosse Keule, die er
auch mit der 1. Hand stützt.
4, über 1, eines der bekannten kleinen mit wenig Strichen
hingeworfenen Landschaftsbilder, h 0,18, br. 0,51. Ein Fluss, 1.
eine z. T. bedeckte Brücke, jenseits Portiken und andere Gebäude.
Auf dem Flusse zwei Barken mit Ruderern, auf der Brücke zwei
Männer, von denen einer, nahe dem jenseitigen Ufer, mit einer
Stange lebhafte Bewegungen macht, wie es scheint mit Bezug auf
ArSGUABUNGKN VON I'OMPEJl INS. VI 15 , ?>!'
die Barken, um sie entweder ara Landen zu hindern oder ihaen
dabei zu helfen. Das Ganze scheint eine Nachtlaudschaft zu sein,
mit nur teilweiser heller Beleuchtung durch ein vorn, ausserhalb
des Bildes befindliches Feuer.
5-8 in m. Die ganzen Wunde sind hier eingenommen von einer
phantastischen Architektur auf weissem Grunde, die nur in der
Mitte ein Feld freilässt; dieses enthält auf der r. und Rückwand
je eine Figur. Ausführung gering, Farben blass.
5, Mitte der Rückwand, h. 0,97. Bacchus steht halb nach L.,
nackt ausser der roten Chlamys, die, auf der 1. Schulter ruhend
auf den Rücken und von da über den gehobenen 1. Unterarm fällt.
Die erhobene 1. Hand hält den auf dem Boden stehenden Thyr-
sus, die gesenkte R. giesst Wein aus dem Kantharos, ohne Zweifel
dem Panther, der aber verblichen ist. Ein Kranz aus Wein- oder
Epheublättern umgiebt das lang und kraus auf die Schultern fal-
lende blonde Haar.
6, Mitte der r. Wand, h. 0,96. Aphrodite, fast von vorn, nur
wenig nach 1., stehend, nackt, mit goldenen Ringen an Armen und
Fussgelenken, einem mit einem dunkeln Stein gezierten Ring um
jeden Oberarm, zwei Halsbändern — das eine aus durch eine
Kette verbundenen runden Gegenständen (Bullen?) bestehend, das
andere mit Bommeln — , der bekannten auf der Brust gekreuzten
Kette und einem Diadem. Beide Hände sind erhoben und halten
in ganz gleicher Bewegung je die Hälfte des glatt vom Hinterkopf
fallenden rötlichen Haares.
7. Das Mittelfeld der 1. Wand ist von einem kleinen Fenster
durchbrochen, daher hier keine Figur, sondern ein kleines Bild,
h. 0,18, br. 0,31, schlecht erhalten: zwei Amoren an einem geöff-
neten Schmuckkasten. Beide sind nackt und bekränzt; der zur 1.
trägt die auf der Brust gekreuzte Kette, bei dem zur r. ist dies
nicht kenntlich. Ersterer bückt sich nach r. und fasst mit der R.
eine noch im Kasten befindliche goldene Patera ; der andere steht
aufrecht nach 1. und hält in der L. einen Spiegel, violett mit
blauem Rande und Griff: es scheint, dass er sich darin spiegelt,
doch ist dies bei der schlechten Erhaltung nicht klar.
8. Endlich auf der Rückwand r. und 1. je eines jener kleinen
Landschaftsbilder, h. 0,11, br. 0,30; 1. eine Brücke mit hinüber
Im a. MAI-
^Teilenden Pei-sonen : r. ein Sacellnm mit Adoranton. r. davon eine
Brücke und auf dem Fluss eine Barke.
Von Funden in diesem Hause ist wenig zu berichten, da bis
jetzt nur Atrium, Portikus und Garten vollständig ausgegraben sind.
Im Atrium fanden sich {Not. 189(5 S. 538) drei Bronzegefässe
(Kochtopf, Kuchenform, Eimer), neun GlasHaschen und noch ein
(Jlasgefäss, ein kleines Bleigefäss und ein Thongefäss (Form IX,
aber nur ein Henkel) mit der Inschrift:
FAECVLAAMINEA-MVSAE
AB -VARIA PÖTITA
Im Portikus / (a. 0. S. 475, 533) ein Eimer, zwei Pfannen, ein
Deckel, zwei in Masken auslaufende Gefässhenkel, alles dies aus
Bronze; eine Amphora (Form ähnlich wie XII) mit der Inschrift
am Hals :
weiter unten :
M •
unter dem einen Henkel
M
TI- KAA
AINeiKOY
FABI • EVPORI
CNIDIVM
ex.
So nach Sogliano's Abschrift. Als ich das Gefäss sah, war der obere
Teil der griechischen und der grösste Teil der lateinischen Inschrift,
so wie die am Henkel imlesbar geworden. Doch schien mir in der
griechischen der erste Buchstabe Z. 3 A zu sein. Im Garten n
(a. 0. S. 534) eine Bronzepatera, deren Gritf in einen Hundskopf
endet, und noch ein Bronzegefäss, und eine Amphora (Form XII)
mit Inschrift:
AnOÄÄWNIOY
auf der anderen Seite, mit roter Farbe:
Ad • S • FE
Endlich ein Spiegelgrilf aus Bronze {Not. 1897 S. 199).
Im «liM- nicht ganz ausgegrabenen Küche g wurden doch zwei
BronzL'kessel gefunden, davon einer mit Deckel {Not. 189G S. 534).
AIJSr.RABnNGEN VON POMPK.H INS. VI U, 41
Es scheint, dass auch Funde in den Oberräumen berichtet
werden. Es heisst, dass nördlich von N. 6 in den oberen Schichten
folgende Dinge gefunden wurden. Aus Bronze: Zwei Pateren, deren
Stiel in einen Widderkopf endet ; ein kleines cylindrisches Gefäss ;
eine Scheuklappe für ein Pferd; ein kleiner runder Spiegel; ein
kleines Instrument, bestehend aus einer Stange, die an einem
Ende eine Kugel, am anderen ein Nadelöhr hat; ein Charnier;
eine kleine Figur der Fortuna mit einem Ring um sie als Amulet
zu tragen. Aus Thon der Boden eines aretinischen Gefässes mit
der Marke L • R • PIS ; eine schwarz glasirte Lampe mit Darstellung
von drei sitzenden Gottheiten. Endlich drei Flaschen und zwei
Salbenfläschchen aus Glas {IVoL 1896 S. 372, 17. 25 Aug.).
Von Wandkritzeleien erwähnen wir folgende:
1, Rückseite des Atriums, zwischen e und g:
IIIIA VIISTALIS
so Sogliano ISJot. 1897 S. 828, von mir nicht gesehen, wohl zu
Grunde gegangen.
2, auf der nördlichen Halbsäule von /: CVRI W
3, ebenda auf der 2. Säule von N. : TIBVR
4-12, an der Strasse, auf der Aussenwand dieses Hauses :
4, SPIINDVSA SFIIRATO- ?LV{rlmam sal.)
5, unter 4. TITVS
6, r. von 4. ERASTVS CWN{num lüigit)
7, unter 6: MARTIALI
8, r. von 7. MAR
9, weiter r. CLEMENS
10, unter 9. VOBIS
11, links der Thür N. 8. S NIIRONIS
12, unter 11. CARMI NI VGL . Cf. CIL IV 1598.
1635. 1982.
N. 9 {Not. d. sc. 1897 S. 38 f.).
Die Fauces b führen zwischen zwei Cubicula a und c in das
viersäulige Atrium d. Auf dessen Rückseite das grosse Triclinium f:
neben diesem zwei Räume. Von diesen enthält g links ein von
dem übrigen Raum durch eine niedrige Mauer abgetrenntes Bassin,
dessen Boden gegen die r. Vorderecke geneigt ist, wo das Wasser
in die Cisterne abfliesst. Offenbar war dies Bassin eine Art Implu-
42
A. MAT
viiim uuil dieser Teil des Kauiiies unbedeckt, ii. in g führte eine
Treppe in einen Kaiiin über A. dessen Fussboden in der Höhe
Von 2,30 hl'', aber nicht ganz h bedeckte, sondern 1. einen 0,85
i'yi' 1* r r l"
breiten Streifen freiliess. Hier ist in der 1. Hinterecke der sehr
kleine Heerd : es scheint also dass über diesem eine Oetfnnng für
den Uauch war. In g und h steht je ein primitiver Kochapparat,
bestehend aus je zwei Amphoren, denen Hals und Schulterstück
abceschlasen ist; die untere enthielt das Feuer und hat im Bauch
ein viereckiges Loch, um diesem Zug zu geben, die andere ist als
Kochgeschirr darüber gestellt. Dergleichen Apparate sind in Pom-
peji nicht selten. — Endlich war r. vom Atrium noch der exedra-
oder tal)linumartige Raum e.
Das Haus hatte voUstäniigen Oberstock, dessen Centrum ein
oberer Raum über dem Atrium war, der, wie unser Grundriss
zeigt, durch eine Treppe an der 1. Wand erstiegen wurde; sein
Fussboden lag bei c. 4,20. Er war bedeckt. Auf den vier Säulen
(erhalten nur der Ziegelkern, der keinerlei Kapitell andeutet), lag
ein Holzarchitrav ; auf diesem ist eine Mauer aufgeführt, in der
an jeder Seite eine breite, fensterartige Oetfnung augebracht ist.
Diese Mauer ist an der höchsten Stelle bis 1,85 über der unteren
Fläche des Architravs, nirgends aber bis zum Sturz der Feuster-
ötfnungen erhalten ; doch führt die Form dieser Oeffnungen, die
ganz gleichartige Beschaffenheit der Brüstung unter und der Mauer
neben ihnen, zweifellos darauf, dass es eben Fensterölfnungen,
nicht Oeffnungen zwischen Pfeilern sind, dass also über ilinen nicht
unmittelbar die das Dach tragenden Balken lagen, sondern erst
nocli die Mauer sich fortsetzte. Da der obere Raum doch mehr
als mannslioch sein musste, so ist in unserer Restauration eine
AUSGRABUNGEN VON POMI'EJI INS. VI 15 4B
Höhe von reichlich 2,10 über dem Architrav, etwa 1,80 über
dem Fussboden angenommen ; es ist aber leicht möglich, dass
sie grosser war.
Auf diesen oberen Umgang führte noch eine zweite Treppe an
der Südwand des Ladens N. 10. Da es nicht wahrscheinlich ist,
dass beide Treppen gleichzeitig bestanden, so ist wohl anzunehmen,
dass, als diese letztere gemuclit wurde, mau die im Atrium besei-
tigte und der Oberstock nun separat vermietet werden sollte.
Ueber a h c war nur ein einziger Oberraum, zugänglich aus
der Nordostecke des Atriums ; die Wände, mit Ziegelstuck bekleidet,
sind nirgends bis zur Fensterhöhe erhalten. In gleicher Höhe lag
eine Balkendecke auch über /*; es ist also wahrscheinlich, dass
auch hier ein Oberzimmer war. Endlich in gleicher Höhe auch
über h\ auch hier wird ein Oberzimmer anzunehmen sein, zu-
gänglich aus dem über f. Von hier geht in der Westwand schräg
abwärts nach N eine Thonröhrenleitung (Durchm. 0,12, zu eng für
einen Abtritt) in die Senkgrube des Abtritts in h. Von diesen
Räumen, über /' A, ist nichts erhalten.
Der Raum über e hing mit dem übrigen nicht zusammen :
sein Fussboden lag niedriger, bei etwa 3,80, in gleicher Höhe mit
dem des Raumes über dem Laden N. 10 und ohne Zweifel mit
diesem zusammenhängend. Der Raum über N. 10 war zugänglich
durch die schon erwähnte Treppe, die aus N. 10 in den oberen
Umgang des Atriums führte.
Die Hausthür lag gleich an der Strasse. Gleich hinter ihr in
den Wänden von h die Löcher im die zera^ und zwar, wie ge-
wöhnlich, in verschiedener Höhe, r. 1,30, 1. 1,40 vom Boden: die
%era bestand eben aus zwei Balken, die in der Mitte irgendwie
verbunden wurden. Die Fauces haben einen Fussboden aus einer
Sfcuckmasse mit uiiregelmässigen Marmorstücken; an den Wänden
roher Stuck. In der r. Wand, 1,37 vom Boden, eine flache gewölbte
Nische, h. 0,50, br. 0,45, doch wohl das Larenheiligtum, für wel-
ches freilich dies ein sehr ungewöhnlicher Platz ist; vgl. jedocli
die bei Marquardt Privatl.- S. 240, 5 citirte Stelle des Hieronymus
{'poü fores domonim). Im Atrium ist der Fussboden ähnlich aber
ohne Marmorstücke; die Wände haben einen 1,50 hohen schwarzen
Sockel, der sich auch in e und auf die Eckpilaster gegen die Fauces
I t K. MAU
orstreckt. Das Impluviiim ist <,'aiiz budeckt mit feinerem roten
Stuck, in den uiirogelmässige Marmorstücke eingelegt sind. Das
Kesrenwasser tioss nur auf die Strasse ab ; die Cisterne, deren can-
mdlirtos Travertinputeal an der Rückwand, zwiscbeu /" und g steht,
war also in der letzten Zeit ausser Gebrauch und man bediente
sich nur der in 7. Auf dem Puteal im Atrium liegt ein Traver-
tinstein von 0,84 im Quadrat, hoch 0,10, dessen Oberfläche mit
Ausnahme eines 0,04 breiten Randes vertieft und rauh bearbeitet
ist, wie um etwas aufzustellen ; es diente also wohl als Basis für
eine Figur oder dgl.
Das einzige Zimmer mit etwas besserer Malerei ist f: vierten
Stiles auf weissem Grunde, aber wohl, nach der schlechten Erhal-
tung, älter als 63. Doch ist auch hier die Malerei gering und
ohne Interesse, auch ohne figürliche Darstellungen: nur in der
Mitte der Felder je ein Vogel, ein Tier, ein Paar Delphine. Das
Zimmer erhielt Licht durch zwei Fenster auf das Atrium neben und
ein kleineres über der Thür. Es ist noch nicht ganz ausgegraben.
Von Funden ist auch hier wenig zu berichten. Im Atrium
{Not. 1896 S. 475. 535) fanden sich einige wenige Bronzegefässe,
ein kleines Bleigefäss, ein kleines aretinisches Thongefäss und der
Fuss eines zweiten mit der Marke F E L I C 1 0 , endlich drei Ampho-
ren und der Hals einer dritten mit Inschriften. Die Inschrift des
Halses (Form VII) lautet:
CoDLI JWE
EX GEL
M- VALERI- ABINNER ICI
Dazu schräg abwärts: ab tf?/;jHRATE
Amphoren des M. Valerius Abinnericus sind schon früher mehrfach
gefunden worden.
In e fand man (a. 0. S. 475) « un'erma con testa muliebre
e falle nel basso, lu, 0,123 »; ich bedaure diese kleine Herme
nicht gesehen zu haben ; aus Bronze ausserdem eine Sonde und
eine 0,05 hohe Glocke ; ferner zwei Bleigewichte, eine Spindel und
noch ein cylindrisches Stück aus Knochen. In / fand man einige
Glasgefässe, ein bronzenes Vorhängeschloss, eine Sonde, eine Ro-
sette, die Deckplatte eines Schlosses, alles dies aus Bronze. Endlich
ALSGRABUNGEN VON POMPKJI INS. VI 15 45
an einem nicht näher bezeichneten Orte noch eine Amphora mit
der Inschrift:
CF
LI
FELIX
Au Waudkritzeleien fehlt es auch hier nicht. Wir lassen unver-
ständliches bei Seite und erwähnen folgende (vgl. Not. 1897 S. 38 f.).
1, in den Fauces r. von der Nische:
OVIS CLVIS AMAT VALIATIII
2, ebenda 1. von der Nische: CORVSTICVS.
8, ebenda, weiter einwärts : I V K I V L I A S
PR.IMAE-XXX
4, Vorderwand des Atriums, r. vom Eingang:
Q_yiS Q_yiS AMAT
Es folgt noch weiteres, was aber nicht sicher lesbar ist.
5, ßückwand des Atriums, zwischen / und g mit Kohle :
CONTICVERH Verg. Aea. II, 1.
(3, ebenda OCVS VACAT
so Sogliano a. 0. ; von mir nicht gefunden ; wohl zu Grunde gegangen.
7, Vorderwand des Atriums 1. vom Eingang:
ROMANVS SIICVNDVS
N. 11. 12 {Not. d. sc. 1897 S. 269 f.).
Kleine Wohnung mit Laden. Auch weiter nordwärts folgen
mehrere Läden, während wir bisher, mit Ausnahme der Fullouica
N. 3 die Strassenwände nur durch die Zugänge der Atrien unter-
brochen fanden. Es erklärt sich dies daraus, dass wir uns hier
dem Thore nähern. Die östlich anliegende Insula VI 10 endet
nördlich fast in eine Spitze, so dass das Nordende dieser Strasse
dem der Strada Stabiana ganz nahe kommt.
Der Laden a ist noch nicht ganz ausgegraben. Die Wände
haben als Decoration nur einen Sockel aus Ziegelstuck. Das Hin-
terzimmer b ist zugleich Küche: in der 1. Vorderecke der Heerd,
daneben der Abtritt, dann ein durch eine Brüstung gebildetes Bas-
sin, vielleicht ein einer Dachöllnung entsprechendes Irapluvium.
46 A. MAI
Ueber diesem, etwas schmäler, an der l.Waiid ein Streifen roten
Stucks, sonst roher Bewurf. An der Eingangswand das Larenbild,
1,65 im Quadrat. Oben die Laren, bekränzt, mit Rhyton und Patera.
zwischen ihnen der Genius mit Idealzügen, in der Praetexta. Dar-
unter Schinken, Schweinskopf, Würste, Rippen und rechts unten
noch etwas undeutliches. In der r. Hinterecke von b eine Menge
Amphoren, noch nicht ausgegraben.
Durch eine schmale Thür ist b mit dem Atrium f verbunden.
Die Fauces d, deren Höhe nicht kenntlich, haben an den Ecken
gegen das Atrium, in der Höhe von 1,80, je einen 0,04 hohen
Einschnitt, der durchaus den Eindruck macht, als habe hier eine
Querstange oder Latte gelegen, an der etwa ein Vorhang befestigt
sein konnte, um, wenn die Hausthür offen stand, den Blick in das
Atrium zu verhindern. Wunderlich ist dabei die geringe Höhe;
doch stösst auch jede andere Erklärung dieser Einschnitte auf
Schwierigkeiten; vgl Mitth. IX, 1894, S. 39.
Die Wände des Atriums haben nur rohen Stuck ; aus einer
rohen Stuckmasse besteht auch der Fussboden ; doch ist das Im-
pluvium mit Signinum gepflastert, ebenso ein Streifen um dassel-
be, wo ausserdem reihenweise weisse Steinchen eingelegt sind. Hin-
ter dem Impluvium steht in der Mitte ein kleiner Travertintisch
auf pfeilerartigem Fuss; am Vorderrande der Platte (0,90 X 0,44)
Löwenköpfe, wie Wasserspeier. Ferner sind hinter dem Impluvium
zwei Cisteruen. Das Puteal der zur r. besteht aus einem grossen
Dolium ohne Boden, mit Deckel, der gleich nach der Ausgrabung
in Staub zerfiel, aber doch die Cisterne geschützt hat, so dass sie
leer gefunden wurde. Die Cisterne 1. hat kein Puteal, nur eine
runde Oetfnung in einer viereckigen Travertiuplatte (0,57 im Qua-
drat, h. 0,14). Im Impluvium fand sich die Steinkugel, um nach
Bedarf den Abfluss in die Cisternen oder auf die Strasse zu ver-
stopfen ; ferner im Atrium ein kleiner cyliuderförmiger Travertin-
altar, h. 0,31. An der 1. Wand drei Vorrichtungen um je einen
Kessel über Feuer zu setzen.
Die Räume um das Atrium sind sämmtlich noch nicht ganz
ausgegraben. Von denselben sind c und e Cubicula; e ist im dritten
Stil gemalt, auf weissem Grunde (nur der Sockel ist schwarz), nicht
schlecht, ohne figürliches. In c ist der hellbraune Sockel durch
einen dunkleren Streif abgeschlossen ; darüber weisser Grund, durch
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 47
rote und schwarze Linien in stehende und weiter oben in liegende
Reclitecke geteilt : ein aus dem zweiten Stil stammendes, hier aber
wohl zur Zeit des dritten Stiles ausgeführtes Schema. In e führte
eine Treppe zu oberen Räumen über c d e, deren Fussboden etwa
8,40 über dem des Atriums lag. Hinter dem Atrium liegt nur das
grosse Triclinium g, hoch etwa 3,15 bis zum Ansatz der minde-
stens 1,30 hohen Verschalung; Wanddecoration wie in c. Obere
Räume sind hier, da kein Aufgang vorhanden, nicht anzunehmen.
Endlich liegt noch 1. am Atrium der kleine wandsclirankar-
tige Raum Ä, nur etwa 2,40 hoch ; die AVände sind weiss mit
hohem Ziegelstucksockel.
In der Küche b fanden sich zwei Amphoren mit Inschrift
{Not. 1897 S 270).
1 (Form XII) VOmVElanum^
//TV ED VEST«//? vgl. S. 41.
AB-CASTRICIOT
2 (Form ähnlich wie VIII)
E LXVIIEXII
P • P • LV
P A • T
Ebendaher stammen wohl auch die a. 0. S. 157 (21 und
24 April) als östlich von N. III gefunden bezeichneten Gegenstände :
zwei Salbenfläschchen, der Boden eines aretinischen Gefässes, drei
Thonlampen mit einer und drei mit zwei Flammen, eine Kupfer-
münze. Im Atrium {Not. 1897 S. 199) fand man eine Thonlainpe
mit zwölf Flammen, einen Bronzelöffel und eine bronzene Glocke.
An der Strasse, 1. von N. 11, ist mit Kohle auf die Wand
geschrieben :
1. SvrriiTinaS
SvrriinTinaS
2. rechts von N. 114, mit Kreide:
TRIBVNVS
In der I.Wand von e ist eingekratzt:
3. ASCIRICILIS SVM
Die Lesung ist sicher.
4b A. MAI
4. auf der i'. \\ aml von y : FVSCVS
Das Iblgeiulo llaus N. lo sah ich zwar grössteuteils, aber
noch nicht voUstäudig ausgegraben; es wird daher besser sein,
dieses und die NO.ecke der Insuhi einem späteren Bericht vor-
zubehalten. Ein interessantes Factum aber verdient gleich hier
erwähnt zu werden. Es ist nämlicli vollkommen deutlich, dass in
den Stuck der AVände des Atriums Holztafeln, doch ohne Zweifel
Uemälde. eingelassen waren. Von den Tafeln selbst ist nichts er-
halten, der Abdruck aber ist mit vollkommener Schärfe kenntlich.
An der Rückwand war die Tafel h. 0,095, br. oben 0,67, unten
0.71, dick am Rande 0,02. Der etwa 0,05 breite Rand sprang ein
wenig, etwa 0.002, vor die übrige Rückfläche vor; in der Mitte
war dann noch horizontal eine 0,38 lange, 0,028 breite Leiste
aufgelegt, die r. in ein schmaleres Ende auslief. An der 1. Wand
war die Tafel h. 1. 0,55, r. 0,52, br. oben 0,05, unten 0,635,
dick 0,01 ; der Rand war so gebildet, dass die innere Hälfte des-
selben etwas hinter die äussere zurücktrat. Die Rückseite war in
drei Teile geteilt durch zwei vertical aufgelegte 0,023 breite, etwa
(1,003 dicke Leisten. Eine kleinere Tafel war eingelassen in die
Rückwand des tablinumartigen Raumes r. vom Atrium: h. 0,39,
br. oben 0,32. unten 0,312, dick 0,015 am Rande, der um 0,05
gegen die Mittelfläche vorsprang. Vier Horizontalleisten, die ober-
ste und unterste nahe den Rändern, 0,015 breit, etwa 0,002 hoch,
waren auf die Rückseite aufgelegt. Ueber früher beobachtete ähn-
liche Spuren s. Donner von Richter bei Heibig Wandgem. S. CXXVI.
Die dort erhobenen Bedenken gegen die Annahme, dass auf diese
Ilolztafeln Bilder gemalt waren, kommen in gleicher Weise auch
hier zur Geltung. Es ist aber doch kaum möglich für alle diese,
genau die den Bildern zukommende Stelle einnehmenden Holzta-
feln eine andere Bestimmung zu erdenken. Aus der geringen Dicke
dieser Tafeln werden wir schliessen dürfen, dass die Bilder nicht
besonders wertvoll waren.
Zahlreiche AVahlprogramme sind auf die Ostwand der bisher
besprochenen Häuser gemalt. Da dieselben in den Not. publicirt
sind und ihre Publication im Supplement zu CIL IV nahe bevor-
steht, so unterlasse ich es, die auf bekannte Candidaturen bezüg-
lichen hier zu wiederholen und teile nur die mit. die wegen
besonderer Zusätze ein Interesse haben.
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 49
Gleich rechts von der Thiir des Hauses der Vettier lesen wir:
1. SABINVM
RESTITVTVS ROG
Der Candidat ist Cn. Helvius Sabinus, der empfehlende ohne Zwei-
fel A. Vettius Eestitutus (Mitth. 1896 S. 8). Es ist zweifelhaft
ob Vor- und Geschlechtsuamen verloschen sind oder nicht geschrie-
ben waren.
Es mag bei dieser Gelegenheit erwähnt werden, dass eine auf
den anderen Vettier bezügliche Inschrift schon vor Jahren gefunden
wurde: Not. 1876 S. 103 n. 0. Sie lautet nach meiner Abschrift :
VETTI COI//////yA AVGVSTCvI//
d. i. Velti Conviva Augustal{is),
2. Auch noch an dem Hause der Vettier, auf dem älteren,
vor 63 gemachten Teil des Sockels steht in nachlässiger, von der
der Wahlprogramme gänzlich abweichender Schrift:
IVDICIS-AVG-FELIC-PVTEOLOS-ANTIVM-TEGEANO-
POMPEIOS-HAE-SVNT-VERAE COLONI/;^ // ae
Die Acclamation der iudicia AugiislL auch Äugustl Augustae,
kommt noch öfter vor: s. CIL IV 1074 mit Anm. und Add., dazu
1612 und Not. 1879 S. 22: iudicis Augusti p. p. et Poppaeae
Aug. felicüer; nach letzterer Inschrift und IV 670-671'' bezieht
sie sich auf Nero. Hier begegnet zum ersten mal eine Andeutung
des Gegenstandes dieser iudicia. Worin nun freilich die iudicia
bestanden, und in wie fern auf Grund derselben die genannten vier
Städte mehr als andere verdienten, Colonien zu heissen, das wird
auch aus unserer Inschrift nicht recht klar. Dieselbe ist. ausführlich
besprochen von Sogliano in den Rendiconti der Lincei 1897, vol. VI,
p. 389 ff. Er erkennt (mit Kosini Diss. isag. p. 84) in Tegeano
und in der respublica Tegiaaensium CIL X 3704 den auf der
tabula Peutingeriana ad Teglaaum geschriebenen, dem heutigen
Palma, zwischen Nola und Nocera, entsprechenden Ort und nimmt
an dass, wie Piiteoli und Antium, von denen es bekannt ist (Tac.
Ann. XIV 27. Suet. Nero 9. CIL X 5369, 6672, IV 2152), so
auch Pompeji und Tegeanum das Cognomentura als Colonia Nero-
nensis erlangt hatten, und dass das « Urteil » Nero's eben die
50 A- >i-^''
Veileihiiii^ desselben war. ^Möglich, dass es sich so verhält; ich
weiss nichts besseres vorzuschlagen ; aber freilich ist iudicia nicht
eben die treffendste Bezeichnuug eines solchen Aktes; vgl. CIL
IV 1074 add.
3, unten dem Ende von 2:
APPVLEIVM- n • VIR.c/
V^'l. \ot. 1876 S. 04 n. 2, auf der Südseite derselben Insula.
Appuleia oben 8. 10.
4, r. von der Thür N. 5:
FRVCTVS • CVM • RAECIO GVTTAQj_AGENTES GRATIAS
In Gultaq. ist der untere Strich des Q nicht recht deutlich.
5. lieber und unter 4 sind in kleinerer Schrift folgende Gla-
diatorenacclamationen geschrieben
a.
VA R I • VA
d.
FAB
b.
HERACLA TR ■ U
e.
MINVCI • MVR • V.
c.
FABI • TR W
f-
MIN VC-, MVR
In f ist uci mitr mit roter Farbe übergestrichen. Zu c mag im-
merhin daran erinnert werden, dass im Haus VIII 5. 6, 37 im
Tympanou des Larentempelchens Gladiatoren walTen gemalt sind,
was die Vermutung nahe legt, dass hier ein ausgedienter Gladiator
wohnte, und dass neben der Thür eben dieses Hauses zwei Pro-
i{ramme stehen, in denen zwei Candidaten von den Fabl empfohlen
werden. Bull. List. 1884 S. 16. S. 110 n. 1. 2.
Wir wenden uns jetzt der Westseite der Insula zu, indem
wir die noch nicht numerirten Häusern mit römischen Ziifern
bezeichnen.
X. III {Not. d. sc. 1897 S. 39. 155. 272).
Haus ohne Atrium. Von der Strasse tritt man gleich, ohne
Fauces, in ein geräumiges Peristyl a, an dem die Küche c und
eine Anzahl Zimmer liegen. Es liegt nahe zu vermuten, dass es
einst zu einem Atrium gehörte, aber nachweisen lässt sich dies
nicht. Nach seiner Bauart stammt das Haus etwa aus der Zeit
des zweiten Stiles. Zu den alten Teilen gehört die ganze Südwand
von a ausser einer kleinen Ausbesserung in der SAV.ecke; dage-
gen sind die übrigen Wände von e d e wohl aus der Zeit nach 63,
AUSGRABUNGEN VON l'OMPE.H INS. VI 15 51
ganz ohne Stuck bis anf das Larenbild in c. Auch sonst ist das
Haus sehr arm an Malerei; nur in a ist auf der r. Wand eine
einfache Decoration teilweise erhalten : schwarzer Sockel, h. 0,50,
dann schwarze Felder wechselnd mit schmalen roten, h. 1,50,
dann weisse Fläche ; der Sockel ist von den Hauptfeldern, diese
von einander und von der weissen Fläclie getrennt durch einen
grünen, zwischen zwei weissen Linien eingeschlossenen Streifen ;
eher vierter als dritter Stil. Diese Decoration reicht nach hinten
bis dahin, wo die Wand zwischen /' und g an die Südwand von a
stösst, und es sieht aus, als habe sie nie weiter gereicht, während
die grobe Unterlage, die älter ist, sich weiter erstreckt. Sie iht
zwischen h und i z. T. durcli jüngeren groben Stuck ersetzt, in den
zwei aus einer Wand geschnittene Bildchen (h. 0,32, br. 0,40,
abgeb. Not. 1897 S. 154 f.), wohl dritten Stils, eingelassen sind.
Man hat sie erst mit Eisen befestigt, dann den Stuck herumge-
putzt. Sie befanden sich einst in einer roten Wand, in die der
Stuck, auf den sie gemalt werden sollten, besonders eingeputzt war.
Beide gehören dem « hellenistischen Genre « an.
1. Zwei Frauen. Die eine, r., sitzt nach 1., den 1. Fuss etwas
vorgestreckt, den r. zurückgezogen und auf einen Schemel gesetzt,
so dass Knie und Schenkel sichtbar werden. Der 1. Arm ist senk-
recht aufgestützt, der r. ruht auf dem r. Schenkel, von dem die
Hand schlaff herabhängt. Sie trägt einen hellen Chiton und um den
Unterkörper ein gelbes Gewand mit ganz hellblauem Rande. Um
das Haar zwei gelbe Schnüre (oder eine Binde mit gelben Rän-
dern?); grüne Schuhe. Sie blickt nachdenklich vor sich hin. Ihr
gegenüber, 1., steht n. r. die andere: sie hat den r. Fuss auf einen
hohen Schemel gestellt, den r. Unterarm auf den r. Schenkel ge-
legt, und hält mit beiden Händen eine Schriftrolle, aus der sie,
nach der Richtung der Augen und dem Ausdruck des Gesichts, der
anderen vorzulesen scheint, obgleich sie die Rolle sehr weit vom
Gesicht entfernt hält. Sie trägt einen hellen Chiton und grünen
Mantel mit violettem Rande, der auf den Schultern ruht und hin-
ter dem Rücken herabfallend über die Schenkel genommen ist;
grünliche Schuhe; um das Haar ein Epheukranz; die Form der
Blätter ist deutlich; es sind die Blätter, die der Epheu bildet,
wenn er sich von der Wand oder dem Baume ablöst. Im Hinter-
grunde zwischen beiden eine Säule.
52 A. MAI'
2. r. von 1. Zwei Fraiieu. Die eine. r.. sitzt uach 1. auf einem
Sitz oliue Lehne, hinter dem ein Kalathos steht, ganz eingehüllt
in ein zinnoberrotes Obergewand mit hellblauem Rande; gelbe
Schuhe. Ohrringe. Sie hält den 1. Arm im Gewände, so dass nur
die o-ecren die Brust erhobene Hand zum Vorschein kommt: den
r. streckt sie gegen die ihr gegenüber stehende, mit dem Gewän-
de, so dass hier die Brust vom Obergewand entl)löbst Avird. indem
sie zwischen Daumen und Zeigefinger einen kleinen unkenntlichen
Gegenstand hält. Die andere steht auf dem r. Fuss, indem sie
den 1. Unterschenkel über den r. kreuzt und nur mit der Fuss-
spitze den Boden berührt. Sie stützt sich, etwas vorüber gelehnt,
mit dem 1. Unterarm auf eine Basis; der r. Arm ist etAvas vor-
gestreckt, so dass die Hani etwas über der 1. ist, mit der Innen-
fläche nach unten. Ob sie etwas in der r.. oder in beiden Händen
hält, ist bei der schlechten Erhaltung nicht deutlich. Bekleidet ist
sie mit einem sehr feinen, durchsichtigen Chiton, der von der r.
Schulter herabgeglitten ist, und einem weissen ObergeTvand mit
hellblauem Kande, das, mit beiden Enden auf dem 1. Unterarm
ruhend, um den Unterkörper genommen ist ; helle Schuhe, Ohrrin-
ge. Armband am r. Handgelenk (links nicht deutlich). Sie blickt
aufmerksam die sitzende an.
Die Säulen des Peristyls. h. 2,43. Durchm. 0,42, sind aus
Ziegeln, mit dorischen Tuffkapitellen, verbunden durch eine 0,50
hohe Brüstung, die nur h gegenüber einen Durchgang hat. Das
Kesfenwasser floss aus der mit rotem Stuck bekleideten Traufrinue
in die Cisterne, deren merkwürdig weites gemauertes Puteal zwi-
schen der letzten und vorletzten Säule r. die Brüstung unterbricht.
Ferner ist gleich südlich vom Durchgang der Kand der Rinne ge-
gen den Garten durchbohrt, zur Bewässerung desselben. Zu bemer-
ken ist noch, dass an der ganzen Vorderwand eine 0,25 breite.
0,35 hohe Stufe läuft, auf der (s. Plan) zwei Halbsäulen stehen,
h. über der Stufe 3,09 und 8,13, also bedeutend höher als die
Säulen. Sie entsprechen diesen auch nicht, stehen nicht sj'mmetrisch
zum Eingang und zu den Ecken, stammen also wohl aus einer
Zeit wo diese Bäume eine andere Gestalt hatten und entsprachen
anders disponirten Säulen.
In der hinteren Säulenhalle steht ein kannellirter Marmorfuss
fiir einen Tisch oder ein Brunnenbecken ; in der oberen Fläche
das Steinmetzzeichen b (h. 0,05).
AUSGRABUNGKN VON POMPEJI INS. VI 15 53
Die Küche c hat in der Mitte der r. Wand den Heerd, in
der r. hinteren Ecke den Abtritt, zwischen der rechten Vorderecke
und dem Heerd das Larentempelchen. Dieses (abgeb. Not. 1897
S. 105) steht auf einer 0,25 hohen, oben 1,12 breiten und 0,18
tiefen, in der Höhe von 1,30 aus der Wand vorspringenden Console.
Unmittelbar über dieser eine gerundete aber flach gedeckte Nische
und vor ihr die kleine Aedicula: zwei dorische Säulen auf Basen,
Epistyl, hohes Giebelfeld mit sternartigem rot-weissen Ornament.
Aedicula und Console sind teils aus Ziegeln, teils aus Tuff, das
ganze rot gemalt. In der Nische sind auf blauem Grund der Genius
und die Laren gemalt. Letztere bekränzt, in der gewöhnlichen
Tracht und Stellung mit Khyton und Situla; in der Mitte der
Genius, bekränzt, in weisser Tunica mit den gewöhnlichen beiden
roten Streifen und über den Kopf gezogener Praetexta ; die Schuhe
sind nicht näher kenntlich. Er hat jugendliche Züge, ziemlich volle
Formen ; in der 1. hat er das vergoldete Füllhorn und libirt mit
der r. aus goldener Patera auf den gelben cylindrischen Altar. Er
hat eine ffewisse Aehnlichkeit mit dem Genius im Hause der Vettier
(Mitth. 1896 S. 29); es ist nicht unmöglich, in beiden Nero zu
erkennen. Unterhalb der Aedicula sind auf die Eingangswand, auf
die r. Wand und auf den Heerd zwei grosse gelbe Schlangen gemalt,
r. männlich, 1. weiblich, die sich auf den zwischen ihnen gemalten
gelben cylindrischen Altar zuringeln, auf dem ein Pinienzapfen,
zwei Eier und Kräuter sichtbar sind. Unter dieser Malerei ist an
der Eingangswand r. bis an die Ecke und weiter an der r. Wand
bis an den Heerd eine niedrige Bank angebracht, auch sie rot ge-
malt, mit Pflanzen auf ihrer senkrechten Fläche und auf der Wand
über ihr.
Im übrigen sind die Wände der Küche ohne Stuck; an der
r. Wand war, gegen den Eingang gerichtet, eine Treppe (zwei stei-
nerne Stufen, dann Holz) zu einem Raum über e, dessen Fuss-
boden bei 2,55 lag und der sich wahrscheinlich auch über (/ er-
streckte. Schwerlich über / g ; denn bei der Grösse dieser Räume
ist es nicht glaublich, dass sie so niedrig gewesen sein sollten.
Auch sonst finden sich keine Spuren eines Oberstockes.
Ueber die übrigen, alle nur mit rohem Stuck beworfenen und
in gänzlich unfertigem und provisorischem Zustande befindlichen
Räume ist wenig zu sagen. Wir können /' g h i als Triclinien,
54 A. MAL
e t m n 0 sAi Cubicula bezeichnen; d mochte eine Vorratskam-
mer sein, und ähnlichen Zwecken konnte auch /: dienen.
An der r. Wand von a stand, zwischen c und e, ein Sehrank,
der eine beträchtliche Zahl von Gegenständen enthielt. Sie sind
aufcrezählt A'ot. 1896 S. 473 f., 1 Oct. Bemerkenswert ist die
Crosse Anzahl von Glas^efässen. 8 grössere und 5 kleinere Fla-
o
sehen. 0 SalbenÜäschchen, 22 Gelasse verschiedener Form : dagegen
aus Thon nur zwei Kochtöpfe und eine Lampe ; aus Bronze zwei
muschelförmige Kuchenformeu und ein kleines Gefäss; ferner unter
allerlei kleinen Bronzegegenständen, 2 Strigeln und 2 Fibeln. Ein
Messer mit Elfenbeingriti". Aus Knochen eine Tessera mit der Ziffer
Villi, zwei Haarnadeln und andere Kleinigkeiten. Die kleine Figur
eines Schauspielers (h. 0,047) aus Bernstein. Ein Carneol mit eiuenf
weiblichen Kopf; ein Achat mit einem Löwen ; ein Kleiderschloss
aus Silber, ein goldener Ohrring. Endlich aus Glasfluss ein nur
0,065 X 0,038 grosses viereckiges Tischchen mit vier Füssen und
ein anderes in Form eines Epheublattes (1. 0,07) mit drei Füssen.
In der NO.ecke des Peristyls fand man {NoL 1897 S. 156)
einen Brönzekessel, eine kleine Wage ans Bronze mit zwei Ge-
wichten von 73 und 33 gr., einen eisernen Dreifuss. In m ein
Skelett. In h ein Sisrnaculum:
o
M • S T L A{cci ?)
A V C T (/)
auf dem Schild, wie es scheint, eine Amphora ; ferner eine Thon-
lampe mit einem Greif und den Boden eines aretinischen Gefässes
mit der Marke FORTV. In e {Not. 1896 S. 535) einen Kochtopf und
eine Lampe aus Bronze, letztere mit Griff in Form eines Hahnen-
kopfes; drei aretinische Lampen, darunter eine mit drei sitzenden
Gottheiten; eine andere mit einem Löwen ; zwei aretinische Scha-
len mit der Marke 4> I A K ; eine kleiue gelbe Glasschale; eine
Amphora auf der mit Kohl.' LXXI gesehrieben ist.
N. IV {mt. d. sc. 1897 S. 272).
Kleine Wohnung. Von der Strasse treten wir in den Gang b,,
dann in den etwas breiteren, hinten sich wieder verengenden
Raum e, den wir als Atrium bezeichnen können. Er hat aber
nicht, wie sonst, das Impluvium in der Mitte, sondern seitwärts,
d. Es ist durch eine O.OiJ hohe Mauer von e getrennt; in seiner
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 55
NW.ecke eine auf den Kopf gestellte Amphoi-a. Die noch nicht
ganz ausgegrabene Küche ^, mit Heerd und vermutlicli Abtritt in
der SW.ecke, mit kleinem Fenster auf die Strasse, enthält auch
eine Treppe zu oberen Räumen. L. zwei grosse Räume, wir kön-
nen sie Speisezimmer nennen, a und g, jeder mit einem massig
grossen Fenster auf d, a ausserdem mit einem kleinen Fenster
auf die Strasse. Alle diese Räume haben keine andere Decoration
als einen 1,55 hohen Sockel aus Ziegelstuck.
Obere Räume waren über c, f und dem dazwischen liegenden
Zimmer des Nebenhauses. Ferner deutlich über a und he, beide
mit grossem Fenster auf die Strasse. In e sind die Balkeulöcher
des Zwischenbodens deutlich gegenüber d\ es scheint aber, dass
sich der Oberstock nicht über den innersten, engeren Teil von e
erstreckte: die Balkenlöcher enden östlich mit einem grösseren
Loch gegenüber der Ecke von g. Ging hier vielleicht, von W nach
0, eine Treppe auf eine Terrasse? Dagegen ist über g keine Spur von
Oberstock ; es scheint höher gewesen zu sein als die übrigen Räume.
Es scheint dass der Oberstock eine ganze kleine Wohnung
enthielt, üeber c war wohl die Küche: in der SW.ecke erkennen
wir deutlich den Abtritt; neben demselben nördlich fehlt auf einem
1,10 langen, 0,80 hohen Stück der sonst vorhandene grobe weisse
Stuck der Wand : vermutlich war dies der Platz des Heerdes. Der
Fussboden des Oberstockes lag etwa 3,60 über dem unteren.
Nach der Strasse hatte das Haus, etwas oberhalb des oberen
Fussbodens, ein Schutzdach ; doch erstreckte sich dies nur auf den
südlichen Teil bis etwas nördlich der Thür.
In g fand man einige Glas- und Thougefässe, unter letzteren
einen Teller mit vier Eiern und einigen Eierschalen; ferner zwei
geschnittene Steine, einen Carneol mit einer anbetenden Figur mit
Thyrsus vor einem Altar, neben dem ein Baum steht, und einen
weissen Stein mit Darstellung eines Angelnden ; in a einen kleinen
Goldring, in f ein Skelett, sieben kleine Thongefässe und ein
Gewicht aus Sandstein (21. 25. 26. Juni 1897).
Von Wandinschriften notiren wir folgende:
1, in e, 1. Wand, mit Kohle:
CONSTAS
PRISCVS
IIS hAS X
A. MAU
•2. iii i\ r. AVand, mit rotem Stein : j LIVS • CONSTAS
3, in /*, r. Wand, ebenso: CONS
4, in t\ V. Wand. Giiffelinschrift : SIICVNDVS.
X. V [Xuf. iL sc. 1897 S. 273).
Noch kleinere Wohnung als die vorige. Die Strasseuwand hat
nach aussen einen Sockel aus Ziegelstuck und es sind Bänke neben
der Thür angebracht. Durch die Hausthür, gleich an der Strasse,
treten wir in den engen Gang c/, der in der Hnhe von 2,25 einen
Zwischenboden hatte. Dieser reichte aber nicht ganz an den Ein-
gang hinan, sondern blieb so weit von ihm entfernt, dass die 2,85
hohe Thttr nach innen aufschlagen konnte. Es war ein seltsamer,
spelunkenartiger Eingang. Auf diesen Zwischenboden führte keine
Treppe, man musste ihn mit einer Leiter ersteigen. Gleich 1. die
Küche b mit Heerd und Abtritt. Weiter gradeaus können wir d
Atrium nennen ; es wird fast ganz eingenommen von einem grossen
Impluvium, so dass ringsum nur ein schmaler Streif bleibt, der
Avohl nicht von dem gewöhnlichen Atriumsdach, sondern von den
vorspringenden Dächern der umliegenden Räume bedeckt war. Im
Impluvium eine Cisternenöffnung: ein Lavastein mit wulstartigem
Rande aus Signinum, ohne Puteal. Auf d öffnet sich vorn das Cubi-
culum (?, hinten das Speisezimmer e ; alle diese Räume haben ausser
einem hohen Ziegelstucksockel keine Decoration.
Obere Räume sind deutlich kennbar über b c e; ihr Fnssbo-
den lag bei 3,40; sie waren hoch nicht unter 2,50; ihre Wände
waren mit Ziegelstuck verputzt. Auch über a musste ein oberer
Raum sein, von dem aus eine Gallerie an der Südseite von d in
den sonst unzugänglichen Raum über e führen musste. Die Treppe
an der Nordseite von d führte über c; die vier untersten Stufen
sind gemauert, das übrige war aus Holz. In die I.Wand von a
ist eingekratzt:
> CELERIS
X. VI {.YoL d. sc. 1897 S. 273).
Das nordwestliche Eckhaus der Insula, grösser als die vorigen,
aber sehr unregelmässig gestaltet und in schlechtem Zustände, nach
63 notdürftig durch Ausbesserung einiger Ecken hergerichtet.
Durch die nur wenig ansteigenden Fauces /j (mit einem durch
eine Rinne unter dem Trottoir auf die Strasse tührenden Ausguss
AUSGRABUNGEN VON POMPEJI INS. VI 15 57
in der r. Vorderecke) betreten wir das unregelmässige, viel melir
breite als langa Atrium g mit dem von einer etwa 0,45 hohen
Mauer eingeschlossenen Impluvium ; ans der Vorderecke dieses
letzteren floss das Wasser auf die Strasse, zu Anfang der r. Seite
in die Cisterne. Diese hat zwei Thonputeale : ein grösseres, welches
die Ostseite der Ummauerung des Impluviums unterbricht, ein
kleineres an der r. Ecke zwischen Fauces und Atrium. Dies letztere
Puteal ist auf den Boden befestigt durch einen schräg hinan gestri-
cheneu Wulst aus Mörtel, in den eingekratzt ist:
SI QJ/ISCIS N All
Der Fussboden des Atriums besteht aus einer groben Stuckmasse.
Das Dach desselben erstreckte sich wohl sicher in gleicher Nei-
gung über die vorn und hinten anliegenden Räume.
Das Atrium war zugleich Küche; der Heerd steht 1. an der
Vorderwand. Ferner fanden sich hier, beim Heerd, zwei gut erhal-
tene Handmühlen aus Vesuvlava und zwei kleinere metae aus gelb-
lichem Ve.Tucanstein.
Die Räume um das Atrium haben keinen rechten Charakter.
Wir mögen / / m als Schlafkammern, h (wo ein Haufe Kalk liegt)
als Vorratskammer (s. unten die Funde), i als kleines Triclinium
oder grosses Cubiculum, a d als Triclinien bezeiclinen; m war
früher einmal mit einer breiten Thür auf das rückwärts anliegende
Atrium geöffnet. Ueberall nur roher Stuck; im Atrium an der
Südwand und am Südende der Ostwand Reste eines schwarzen
Sockels aus früherer Zeit; in a ein hoher Ziegelstucksockel. Der
Gang b führt in zwei unregelmässige Räume c und c\ beide mit
Fenster nach N. In c ein grosses, in den Boden eingelassenes Do-
lium, in c ein grosser Abtritt.
Endlich e, mit eigener Strassenthür, war das Treppenhaus zu
den oberen Räumen, die also separat vermietet wurden. Es waren
zuerst zwei Steinstufen von W. nach 0. dann Holztreppe nach S.
zu einem Raum über /, dessen Fussboden in der Höhe von nur
2,80 lag. Von da führte eine Holzrampe nach N. und wieder nach
0. zu einem Treppenabsatz über dem Nordwinkel des Atriums, von
dem man einerseits in Räume über a b c, andererseits in solche
über d und weiter über h i m gelangte. Mit einem Räume über
l war die Verbindung so hergestellt, dass der südliche Teil des
58 A. MAU
Atriums in der Hohe von 8,15 (dieselbe Höhe ist auch über m
kenntlich) einen Zwischenboden hatte, dessen Balken mit ihrem
Südeude in der AVand ruhten, mit ihrem Nordende auf einem
Balken der von der SW.ecke von / zur XO.ecke von L gespannt war.
Im Einlange fand man das eiserne Thürschloss und am Fusse
des r. Pfostens eine bronzene Glocke (h. 0,10(3); es ist wohl kaum
zu bezweifeln (vgl. oben S. 22), dass mau an ihr läutete um
Einlass zu verlangen; ferner fanden sich gleich beim Eingang
eiui<^e Bronzegefässe, ein Candelaber, zwei Glassflaschen, acht in
ein Stück Zeug gewickelte Silbermünzeu. Im Atrium ein Bronze-
eimer. Reste eines Schlosses und ein Griff von einem Kasten oder
dgl. ; ferner « in der Küche « , d. h. wohl am Xordeude des
Atriums, beim Heerd, ein aretinisches Gefäss und der Boden
eines zweiten, sieben Glasgefässe verschiedener Art; aus Bronze
eine kleine Zange, ein Spiegelgriff, Fragmente von Ketten mit
einem Stöpsel, wohl von einer Lampe, eine Sonde, eine zweiflam-
mige Thonlampe ; das Relief derselben zeigt eine die 1. Hand auf
einen Schild stützende Victoria mit Palme und Steuerruder. Not.
1897 S. 323. Endlich in h aus Bronze 2 Kochtöpfe, ein Krug,
eine Zange und Reste eines Schlosses, aus Eisen ein Dreifuss und
ein Schlüssel. Aus Thon vier Lauipen, darunter eine mit einer
Sphini, eine kleine Amphora und noch ein kleines Gefäss mit
Deckel.
Auf der Rückwand des Atriums war mit Kohle geschrieben :
1. VESONIVS
L VC RIO
Z. 2 so von Sogliano wohl richtig abgeschrieben; ich sah L und C
nicht deutlich. In die Xordwand ist eingekratzt:
2. IIROS
IIVRVS
lu /' fand man ein Fragment roten Stuckes (3. Stils) mit der ein-
crr'kratzten Inschrift :
3. PLATOR (so deutlich; es fehlt nichts).
Auch an der Aussenseite dieser Häuser, nach der Strasse zu,
fehlt es nicht an eingekratzten Inschriften [Not. 1897 S. 106).
AUSGRABUKGEN VON POMPEJI INS. VI 15 59
4, 1. von N. YI:
I'LACCVS
I I , ^ B T V S
In Z. 2 schien mir sicher B, nicht R zu stehen.
5, 1. von N. V, mit Kohle: ATIMIITVS
So Sogliano Not. 1897 S. 106 n. 4; ich sah nur unsichere Reste.
6, zwischen N. Y und YI : RVSSEVS
7, r. von N. Y: SlIVIIRI
8, zwischen II und III. in dem Mörtel einer nicht verputzten
Mauer :
N O M E S V /v
9, südlich von 8, ebenso: NICIDI
10, nahe der SW.ecke. auf dem Hause der Yettier:
IVCVNDVS^' xxxxxxx
A A A I
11, 1. von 10:
ANICIITVS AMV
ALIIXANDIIR
Nach Z. 2 noch unleserliche Reste.
An Wahlprogrammen ist nur eines zu bemerken, 1. von N. III :
LRVSTICELVM • nviR • Id {üc)
darunter, auch mit roter Farbe, aber nicht sicher dazu gehörig:
I VC VN DYS,
A. Mau.
IKOXOGRAPHISCHE STUDIEN (')
XI. Homeros.
tf Seinem Stil nach gilt das Bildniss allgemein und mit Recht
für eine Erfindung der Alexandrinischen Zeit " , schreibt Bernoulli
am Schlüsse seiner Besprechung des bekanntesten Horaertypus (-),
und doch wage ich es darauf aufmerksam zu machen, dass diese
und jene unserer Repliken noch erkennen lässt, wie ein älteres
Vorbild die Grundlage war, wovon hie und da noch ein Zug erhalten
ist. Leider stehen mir nur von drei Exemplaren Abgüsse zur Ver-
fügung, bei Bernoulli n'^ 1 Neapel. 11 Louvre und 13 British
Museum. Die Büste in Sanssouci, u" 17 ist mir nur in Photogra-
phien zugänglich, woraus sich aber zur Genüge erkennen lässt,
dass dieses Eiemplar aus römischer Kaiserzeit datiren muss und
von altgriechischer Behandlung und Auffasung wenig mehr ver-
spüren lässt.
Auch das Exemplar in Neapel kommt für diese Frage nicht
in Betracht. Denn dieses scheint, nach dem Abgüsse zu urtheilen,
einen ganz unverdienten Ruhm zu geniessen, schwach und unbe-
deutend in der Ausführung zu sein. Auch scheint der Künstler
eine keineswegs glückliche Aenderung der Haltung des Kopfes vor-
genommen zu haben.
Es bleiben die Büsten von Paris und London. Beide haben
an Stellen, die nicht ins Auge fallen, oben auf dem Kopf und
hinten im Nacken, Spuren einer streng stilisirten Anordnung des
Haares aufbewahrt, die in grellstem Widerspruch zu der lockeren
(') S. Rom. Mitth. X 1895 S. 179. Athen Mittli. XXII 1897 S. 415.
(2) Jahrbuch d. I. XI. (1896) S. 1G3.
J. SIX, IKONuGKAI'HISCHE STUDIEN Gl
Bohandliing des Haares stehen, zu der Haartracht als solcher aber
vortrefflich passen. Beide Partien werden hier (s. Fig. 1 und 2)
abgebildet nach Skizzen, die leider, meinem Verlangen entgegen,
die unsymmetrische Behandlung stärker als die svinmetrische Anord-
FlG. 1.
Fig. 2.
nung zum Ausdruck bringen, die indess genügen, um die Stellen
kenntlich zu machen und meine Meinung anzudeuten. Hat man
einmal auf diese Spuren geachtet, so fällt es nicht schwer die ganze
Anlage von Haar und Bart sich im Geiste zurückzuübersetzen in
allerstrengste Technik eines alterthümlichen Bronzekopfes.
Wahrscheinlich ist es aber kaum, dass man der Haartracht
einer alten Homerstatue frei gefolgt wäre und sich um den Typus
des Antlitzes nicht gekümmert hätte. Dass aber sehr charakte-
ristische Greisentj'pen schon früh existirten ist nicht zu bezweifeln.
Allerdings besitzen wir bis jetzt in plastischer Darstellung nur die
Bildwerke der Olympischen Giebel, die nicht auf so hohe Jahre
weisen, darunter die Greisinnen nur in liepiiken. Aber wie diese
und der « sinnende Greis " genau bekannten Typen der Vasenmaler
entsprechen, so sind auch die übrigen Typen rothfiguriger Vasen
in abstracto in jenen Zeiten plastisch ausgeführt denkbar.
Uunter ihnen nun herrscht die grösste Verschiedenheit. Der
trockne, dürre Geras der Charmidesamphora {Joiiraal of Hellenic
Studies 1883 PI. XXX), der abgemagerte gekrümmte Greis der
Duris(?)schale [Colleclion T. Branteghem Taf. 22) der dicke glotzäu-
gige Tithouus der Oionoklesvase (Luynes, Vases grecs PI. XXXVIII)
Fig. 3, der altersschwache leidende Geras, der Autogeras möchte
man sagen, einer Amphora des Louvre (Philologus L, N. F. IV
J. SIX
Tal". 1) bilden die Extreme der Gruppe die Hartwig zusammenge-
stellt hat (').
Fig. 3.
Es gibt aber darunter auch edlere Typen, die es nicht lohnt
alle hier zu wiederholen, da nur einer eine wirkliche Analogie zu
dem Homer den wir kennen
bildet, ich meine der Vater
des Eurystheus auf der He-
raklesschale des Euphro-
nios im Britischen Museum
(Fig- 4).
Selbstverständlich kann
auch dieser Kopf nicht als
directe Vorlage gelten, steht
aber dem des Homer so
nahe, wie es bei verschiede-
nem Gegenstand nur denk-
bar ist.
Fig. 4.
(1) Meisterschalen S. 4-38. N" 2.
IKONOGRAPHISCIIE STUOIKN 63
Allerdings nur in der Anlage, im Bau und Umriss, denn die
Mittel der Ausführung sind ganz verschieden, da Euphronios nur
über Linien verfügt, und die Künstler der Homerköpfe mit Flä-
chen operiren. Darin wird, wie uns die Olympischen Giebel lehren,
auch das vorauszusetzende Prototyp, dem Euphronios ganz nahe
gestanden haben, und die Umarbeitung, in hellenistischer Zeit,
muss sehr eingreifend gewesen sein, trotzdem also Bau und Anlage
und Umriss des Kopfes bewahrt blieben.
Die Zeit des ältesten Homerbildnisses, von dem wir Kunde
haben, das Dionysios von Argos für Smikythos arbeitete, zwischen
Ol. 78 und 80 (468-60) anzusetzen, scheint nicht übel zu dieser
Voraussetzung zu stimmen.
Aber genug der Phantasie! Ich will nicht weiter ausführen
wie dieser Homertypus in die Kunstformen der kimonischen Zeit
zurückübersetzt aussehen würde, wie die Flächen, in Linien auf-
zulösen, Furchen und Runzeln bilden, die Seitenlocken sich wie
Hobelspäne ringeln sollen. Jeder der die Fähigkeit dazu besitzt wird
linden wie leicht dieser Kopf sich dazu hergibt, andere würde ich
doch nur durch eine plastische Wiederherstellung, nicht durch
Worte überzeugen können.
Ich will auch nicht verschweigen dass sich mir eine Schwie-
rigkeit ergibt. Die meisten Exemplare sind kahlköpfig mit einer
einzigen Haarlocke am Diadem, und das passt zu dem Typus der
Perserzeit, das Londoner Exemplar aber hat volles Haar bis zum
Diadem, und dieses grade in einer Weise stilisirt die an archaische
Vorbilder erinnert. Eine einleuchtende Lösung dieser Frage habe
ich bis jetzt nicht gefunden.
Andererseits aber möchte ich fragen, ob die Haartracht an
sich, abgesehen von der Behandlung, nicht schon allein an ältere
Vorbilder hätte erinnern sollen, in hellenistischer Zeit dagegen
ganz vereinzelt dasteht.
Im Anschluss an diese Ansführungen erlaube man mir eine
Mittheilung und eine Bemerkung.
Unter den Antiken in ßembrandts Besitz befand sich, ob im
Abguss oder im Original erhellt nicht, eine Marmorbüste, die ver-
schollen zu sein scheint, die ich jedenfalls nicht nachzuweisen ver-
mag. Wie dieser Kopf dem Maler zum Vorbild gedient hat, habe
fi4 J. six
ich an auJerem Orte besproclieu (') und wiederhole es hier nicht.
Nur die thatsächlichen Angaben sind hier am Platze. Im Jahre
1052 sciieiut dieser Homertypus Kembrandt noch unbekannt gewesen
zu sein. In dem Homer, der seine Gedichte vorträgt, einer Hand-
zeichnuuo- in dem Album Paudora des Jan Six, aus diesem Jahre,
kommt er nocli nicht vor. Im Jahre 1653 malt er ihn ab unter der
Hand eines unbekannten Dichters, in welchem ich ein Phantasie-
porträt Torquato Tasso's vermuthe. Im Jahre 1650 wird er in sei-
nem Inventar vermerkt; 1663 dient er zur Vorlage für einen Homer
der seine Verse dictirt, jetzt im Besitze des Herrn Dr. A. Bredius,
und von ihm dem Mauritshuis im Haag geliehen. Das zuerst
genannte Gemälde gehört Herrn liudolph Kann in Paris, der mich
in liebenswüdigster Weise in Stand gesetzt hat eine Abbildung zu
geben, die zur Erkennung des Originals genügen dürfte (Fig. 5).
Der Kopf ist vom Capitolin-Pariser Tj^pus. Die Büste scheint
mir antik. Ich kenne wenigstens diese Büstenform, mit der runden
Hachen Scheibe als Untersatz, nur an Antiken, wie die kleinen
Bronzen der Bibliothek des Philodem (-), oder besser der Marmor-
büste eines späten ApoUodoros aus Stockholm (•*). Vielleicht ist ein
Leser dieser Zeitschrift in der Lage das Original nachzuweisen.
Noch ein "Wort über die Blindheit Homers in der bildenden
Kunst. Es ist eben so unrichtig jeden blinden Porträtkopf, und wäre
er ohne Zweifel ein Dichter, für Homer in Anspruch zu nehmen, als
daran zu zweifeln dass der s. g. Epimenides ein Blinder sei. Allge-
meine Erwäorungen crenügen hier kaum. Ich weise also darauf hin,
erstens dass z. B. Stesichoros, als Dichter der Palinodie leicht als
Blinder dargestellt sein könnte ('); zweitens dass wir z. B. im
s. g. Diogenes aus dem Capitol (^), (Brunn und Arndt, Gr. u. B.
(1) Oua-Hulland XV. 1807. S. 4 ff.
(2) Cöniparetti u. de Petra, la Villa Ercolanese Tal. XII. 4. 7-9.
(3j Durch Verniittelung Herrn Dr. P. Arndts bezogene Photographien
n'' 66.
('•) Auch an Tlian^vris kann man erhmern, dessen Beschreibung bei Pau-
sanias nach der Nekyia (X. .30. 8) öis(fbunutvcu td liipsig, xcd Kcnewov e,-
tcn(ey a/>]u(( iari, xc.'i r, x6u)j noXh] /usy ini Ttjg xecf((h]q, no'/,h] dh avr«) fV
joTi ysyeloig an ilieses Bild gcmalint. Aber trotzdemdass er von Polygnot und
Theon gemalt wurde, möchte ich nicht ohne weitere Gründe ein Marmra--
bildniss von ihm voraussetzen.
("•) Heibig, Führer I. n" 466.
IKONOGRAHHISCHE STUDIEN 65
Porträts, n" 325. 326) ein sehr charakteristisches Bild eines Blinden
besitzen, in dem doch schwerlich jemand Homer wird erkennen wol-
len ('); drittens dass die Augen des s. g. Epimenides nicht in na-
FiG. 5.
türlicher Weise, wie im Schlaf geschlossen sind, ganz vom oberen
Augenlide verdeckt, sondern krankhaft, mit viel zu hoch liegendem
(') Prof. Dr. C. B. Si^ruyt macht mich aufmerksam auf Antipater von
Kyreiie, dessen Blindheit von Cicero (Tuscul. V 38) und Diogenes Laertius
(II 86) bezeugt ist. Obgleich der Typus des Kopfes zur Zeit wohl stimmen
würde, fehlen uns leider die Mittel zu einer näheren Begründung vollständig,
und scheint es mir mindestens zweifelhaft, ob wir bei diesem Sokratikor eine
barba comans wie bei Diogenes voraussetzen dürfen.
06 J- six
Spalt. Es ist dies übrigens die älteste Darstellungsform der Blind-
heit, wie wir sie z. B. an den Phineusdarstellungen der Vasenmaler
finden. AVenn auch im Lu'ben heute die seltenere Form, so ist sie
doch nicht ohne Beispiel. Will man ein Beispiel aus der Kunst,
so nenne ich ein sehr modernes, Jan Veth's tretfliches Bildniss
Prof. A. D. Loman's. abgebildet im illustrirten Katalog der Ber-
liner Ausstellung von 1897 n" 1488. S. 51.
Stellt man aber jetzt die Frage, ob wir gezwungen wären
anzunehmen dass, wie die Yasenmaler, so auch Dionysios von Argos
diese Form der Blindheit hätte zum Ausdruck bringen müssen, so
glaube ich das verneinen zu dürfen, Es mögen ihm feine Beobach-
tungen zur Augenform und Augeuumgebung eines Blinden noch
gefehlt haben, das Lichtsuchen der Augen hat er durch die Stelle
der Pup llen schon theilweise zum Ausdruck bringen können, und
die Wahl des farbigen Steines den er dabei verwendete hat ihm
gewiss erlaubt kenntlich zu machen, dass im Auge das Licht gebro-
chen, die Pupille blind sei.
XII. Seleukos.
Eine Anzeige von verkäuflichen Gipsabgüssen der Gräflich
Erbachschen Sammlung von der Hand des Herrn Dr. Eduard Anthes
lenkte meine Aufmerksamkeit auf einen Marmorkopf jener Samm-
lunff, früher als Drusus gedeutet und imter diesem Namen von
Mongez publicirt ('). Anthes bezeichnete diesen Kopf als Ptole-
mäerbildniss und hat damit die richtige Deutung als hellenistisches
Porträt nur etwas zu concret formulirt.
Herr Dr. Anthes hatte nicht nur die Liebenswürdigkeit mir
die beabsichtigte Behandlung des Kopfes zu überlassen, sondern
mir auch die Erlaubnis zur Publication von Seiten des Grafen
Erbach zu erwirken, photographische Aufnahmen zu besorgen und
auf meine Nachfrage hin das Original zu untersuchen.
Sobald ich nämlich darauf aufmerksam geworden war, dass
in diesem Kopf ein hellenistisches Werk vorläge, wurde ich sofort
durch die verhältnissmässig seltene Helmform an das Porträt des
Seleukos Nikator erinnert, welches seine eigenen Münzen zeigen.
(») /conorjraphie Romaine II. S. 90. Taf. XXI. 9 mul 10.
IKONOGBAPHISCHE STUDIEN 67
Es ist ein attischer Helm mit Stirnband und IJackenlaschen, aber
aus zottigem Fell, und zwar aus Kuhhaut, Avio die Hürner und
Ohren erweisen (') Dieser Helmtypus ist in archaischer Zeit nicht
ganz selten, findet sich aber soviel ich weiss später nur bei Seleukos
Nikator. Als Veranlassung dazu galt die Bändigung eines wild
gewordenen Stieres, wobei er das Leben Alexanders, der das Thier
opfern sollte, rettete (-). Es sind aber die Hörner in Babel wie
anch sonst im Orient das Abzeichen der Götter, die ihren Hang
durch Verdopplung nnd Verdreifachung anzeigen, und was für den
Griechen bloss die Erinnerung an eine Heldenthat war, zeigte dem
Orientalen die Göttlichkeit des Gehörnten. Zunächst aber galt es
nun festzustellen, ob die jetzt fehlenden Stierhörner auch Spuren
ihres ehemaligen Daseins hinterlassen hätten. In der That wurde
meine Vermuthung voll bestätigt von Herrn Dr. Anthes, indem er
mir schrieb: « Etwa zwei cm. über den Ohren sind bestossene Flä-
chen wahrzunehmen ; über dem linken Ohr ist diese elliptische
Fläche sogar etwas vertieft, was allerdings zu der Annahme berech-
tigt, dass an diesen Stellen irgend eine Abarbeitung statt gefunden
haben mag. Löcher zum Einsetzen etwa von Bronzehörnern fehlen an
den Seiten des Kopfes. Es lässt sich übrigens sogar auf unsrer Tafel
die überarbeitete Bruchstelle des linken Hornes leicht erkennen.
Es bleiben freilich gewisse Unterschiede zwischen dem Helm
der Münzbilder und des Marmors übrig. Am Marmor >- findet
sich ein kreisrundes Loch von 15 mm. Durchmesser auf dem
Scheitel " {^). Es scheint dort also ein Helmbusch eingelassen ge-
wesen zu sein, den die Münzen nicht zeigen. Dem Marmor fehlen,
wie die Ohren, so die Backenlaschen der Münzen. Die Münzen
können aber leicht den Helmbusch als unwesentlich für die Cha-
rakteristik fortgelassen haben; an attischen Helmen sind, in der
Plastik, die Backenlaschen überaus selten dargestellt worden, und
die Ohren kann der Künstler aus künstlerischen Rücksichten fort-
gelassen haben, da doch die Hörner zur Charakteristik und Sjm-
bolik genügten.
(1) Babelon irrt sich, wenn er in dem Helm ein rantherfell erkennen
will : die Tatzen um den Hals hängen mit dem Helme nicht zusammen.
(^) Appianus Syriaca 56; Suidas v. 2VAe(;xo?.
(3) Mittheilung von Herrn Dr. Anthes.
G8 J- six
Eiue mehr oder weniger fremdartig berührende Behaüdlung
des Helmrandes, mit den vorquellenden Haaren, hatte mich zwar
auf die Vermuthuug geführt dass hier vielleicht doch einmal Backen-
laschen da gewesen wären, aber die Untersuchung des Originals
bestätigt keine eingehende Ueberarbeitung der betreffenden Stellen.
Wesentlich ist diese Abweichung auch nicht.
Viel schlimmer steht es mit der Erkenutniss der Züge. Ja so
sehr weichen diese von dem Herculanischen Broncekopf, den Wol-
ters, nach den Münzen die Seleukos als Greis zeigen, richtig er-
kannt hat ('), dass ich von vornherein darauf verzichte jemand von
der Richtigkeit meiner Benennung überzeugen zu wollen, der nicht
schon an anderen Beispielen gelernt hat, wie unerwartet gross der
Unterschied sein kann zwischen zwei Bildnissen derselben Person
aus verschiedenen Zeiten und von verschiedener Hand. Beispiels-
weise möchte ich die Bildnisse Napoleons (-) anführen, oder aber
des John Kuskiu (•^), wo die Sache, weniger von Nebenursachen
beeinflusst, vorliegt.
Der Kopf übrigens steht in dieser Beziehung nicht schlechter
da als die Münzbilder mit dem Helm, die auch, wegen ihrer
Unähnlichkeit mit den späteren, von Imhoof nicht in seine grie-
chischen Porträtköpfe aufgenommen sind (^). Diese aber werden
trotzdem an den veschiedensten Seiten als Porträt des Seleukos
Nikator anerkannt {■').
AVas speciell die späteren Porträts, Bronzekopf und Münzen
kennzeichnet, ist die Furche die quer duch die Backe geht und
die den früheren Bildern fehlt. Ein Lebensalter, welchem das Ent-
stehen dieser Furche eigen, die bei Kindern nicht vorkommt, weiss
ich nicht anzugeben, habe aber, seit meine Aufmerksamkeit auf
diese Erscheinung gerichtet war, folgende Bemerkung gemacht.
Ein etwa sechzigjähriger Herr, meiner Bekanntschaft, hat in einem
(') In diesen Mitth. IV. (1880) S. 32 ff.
n Gazette des Beaux Arts 1894 I. S. 07-118, Magazine of Art XI
(1888) S. 81 und 17G.
(3) Magazine of Art XIV. (1891) S. 73 und 121.
(*) S. 5 wo er diesen Typus als Alexander bezeichnet.
(^) Gardner Br. Mus. Cat. the kings of Syria S. 4. T. I. 11; Head.
Guide S. 57. T. 28. 14; Historia Nummorum S. 638. Babelon; Rois de Syrie
XV, I. M.
IKONOGRAPHISCHE STUDIEN 60
stark durchfurchten Gesicht diese Furche iu so auffälliger Stärke,
dass ich ihn mir nicht ohne dieselbe vorstellen kann, und dass
kein Porträt ohne sie ähnlich sein würde. Ich war aber in der
Lage zu beobachten, dass trotzdem, bei völliger Ruhe des Antli-
tzes die Furche noch schwindet. Als ich diese Beobachtung machte,
sass neben ihm, mir gegenüber sein etwa fünfundzwanzigjähriger
Sohn; mit jugendlich glattem Gesicht, das kein Künstler von
Hautfalten durchquert wiedergeben würde, und worin trotzdem
beim Sprechen deutlich die nämliche Furche schon wahrnehmbar
war, die den Vater charakterisirt und auch bei ihm sich festlegen
wird, sobald die Haut dürr und trocken sein wird.
Wo wir also von einem Vergleich zwischen dem Erbachscheu
Marmor und der herculanensischen Bronze vor der Hand absehen
müssen, wäre es desto mehr erwünscht eine sprechende Aehnlich-
keit zwischen den Münzen mit dem Stierhelm und dem Mar-
mor anstellen zu können. Aber auch daran sind wir behindert,
indem einerseits die Münzen das Gesicht so Aveit von dem Ba-
ckenlaschen bedeckt zeigen, andererseits dem Marmorkopfe die an-
tike Nase fehlt ('). Der Streifen des Antlitzes nun der zum Ver-
gleich übrig bleibt ist sehr schmal. Darin liegt noch das Auge,
das im flachen Relief der Münze anders aufgefasst zu werden
pflegt als wie es eine photographische Profilaufnahme des Kopfes
zeigt, wenn man damit rechnet, aber trotzdem nicht unähnlich
ist, wie es gerade so auch mit dem Munde mehr oder weniger
der Fall ist. So bleiben die Gesichtsecke, die Stirne, die schar-
fen, an Nase und Mund die Backe begrenzenden Züge und das
sehr charakteristische schwere Kinn, was alles Avirklich identisch
ist. Leider sind von dem jugendlich gehaltenen Kopf in Vorder-
ansicht der Bronzemünzen (Babelon, Rois de Syrie II 17), der
besonders geeignet zur Vergleichung wäre, keine genügend erhal-
tenen Exemplare publicirt. Das beste mir bekannte Exemplar ist
Brlt. Mus. Cat. Kings of Stjria jü. XXVIII 1.
Viel ist das allerdings nicht, aber doch wohl genügend, indem
nichts der Gleichstellung widerspricht, die vom Helme so drin-
(') Modern ist weiter nach Dr. E. Anthes gütigster Mitteilung die Brust.
Gestückt ist am Stirnrande über dem linken Auge und an der rechten Wange.
Die ergänzten Theile sind von andersfarbigem Marmor. Der Kopf ist polirt.
70 J. six
«'end empfohleQ sind. Dass auch der Stil des Marmorkopfes zu
jener Epoche vortrettlich passt, davon bin ich ausgegangen und
gehe darauf unten noch näher ein.
Indess, zugegeben dass sich zwei Porträts einer Person so
unähnlich sein können, dass man nicht unmittelbar die Zugehörig-
keit erkennt, so steht doch zu erwarten, dass bei allen Unter-
schieden, die auf Verschiedenheit des dargestellten Lebensalters
des Dargestellten und besonders der künstlerischen Anlage und
Schulung des darstellenden Bildhauers zurückgehen, gewisse Züge
übricr bleiben werden, die sich wieder erkennen lassen.
Sehr werthvoll wäre es dabei ein Bindeglied zwischen beiden
Lebensstufeu aufzutreiben, welches den Uebergang vom Jüngling
zum Greise darstellte. Ich meine ein solches zu finden in einem
Münztypus, auf welchen mich mein Vater aufmerksam gemacht hat.
Vor kurzem hat Imhoof (') der Münzstatte Babylon einen
seltenen doppelten Goldstater zugewiesen, welchen er dem Seleu-
kos vor der Annahme des Diadems zuschreibt. Die Vorderseite
zeigt den Kopf mit dem Elephantenfell, den Ptolemaeos Soter zu-
erst prägen Hess, und der als Idealporträt Alexanders gilt. Hier
aber ist der Kopf nichts weniger als ein Idealporträt sondern bie-
tet eben das verlaugte Bindeglied zwischen den Jugendbildnissen
des Seleukos und demjenigen seines Greisenalters {^). Die Aehn-
lichkeit mit dem letzteren ist, besonders im Profil, schon unver-
kennlar, und trotzdem ist die Haut noch nicht runzelig, sind die
Backen noch nicht durchfurcht. Seleukos nach der einen Angabe
357,6 nach der anderen 353 geboren, war, als er das Diadem
anleckte. 30(3 etwa fünfzig oder mindestens siebenuudvierzig Jahre
alt, und er ist erst 280, jedenfalls dreiundsiebzig, vielleicht sie-
benuudsiebzig Jahre alt, gestorben ; aber so hoch in Jahren zeigt
uns ihn auch die Neapeler Bronze nicht. Ich denke wir hätten
dort ein Bild aus den sechziger Jahren des Königs. Aus seinen
dreissiger Jahren könnte der Marmor sein.
Wesentlicher aber noch als der Altersunterschied ist der Ge-
gensatz im Stil der beiden Köpfe. Man kann sicli diesen in einem
(1) Die ]\rünzstätte Babylon, Xum. Zoitsclirift XXVII. 1895. T. II. 1 ;
P. Gardner, J'ypes of Greek coins PL XIV. 3.
(«) J. P. Six, le Satrape Mazaios, Num. Chron. 1884. S. 133. Der
Wider8i)ruch Babelon's, Rois de Syrie S. XIV ist unbegründet.
IKONOGRAPHISCHE STL'r)IK^
Menschenalter kaum grösser denken. Der Marmor legt noch grosses
Gewicht auf Bau und Proportionen des Kopfes, giebt den verschie-
denen Gesichtstheilen, wie Mund und Augen, eine schulmässige
Form, die streng festgehalten wird, und worin das Individuelle
des Porträts sich nur ganz bescheiden einmischt. Nur eine Ansicht
dieses Kopfes hat, Avie ich am Abguss wahrnahm, etwas sehr Cha-
rakteristisches. Die Vorderansicht, meine ich, von etwas niedrige-
FiG. 6.
rem Standpunkte aus gesehen als unsere Aufnahme wiedergibt,
welche eine mehr quadratische Form des Antlitzes zeigt, ein *. En-
lengesicht « das sich ähnlich in der Bronze wiederfindet. Fig. 6.
Die Bronze aber geht von ganz anderer Anpassung aus. Das
Aeussere der Erscheinung ist ihr alles, und manches, u. a. die
kleine Augenbildung mag an Lysipp erinnern, wie Wolters bemerkt
hat; ja, man könnte fast geneigt sein zu vermuthen, dass dieses
Werk in der Wiedergabe des Scheines noch über das was wir von
Lysipp kennen hinaus geht.
72 ■!• six
Ist es üocb möglich unter solchen Umständen einen Vergleich
anzustellen, so möchte ich verweisen auf das Hochliegen der Au-
gen, das ja, der verschiedenen Kunstrichtung zufolge, grundverschie-
den ausgedrückt ist; auf das scharfen Umbiegen der Stirne über
den äusseren Augeiiecken ; auf die Profillinie ; auf die feine Mund-
spalte, so verschieden auch sonst wieder der Mund aufgefasst ist ;
auf die Kinnform und die Züge die von Mund und Nase aus die
Backen begrenzen. Kurz, die Aehulichkeit, die bei einem Porträt
doch schliesslich alles ist, lässt sich, wie gesagt, zwischen beiden
Werken in einer Ansicht mindestens erkennen und kann mit dem
Leben für beide gleich gross gewesen sein.
Sehr lehrreich ist ein Vergleich der beiden Alexanderporträts,
die sich dem Stile nach zu unseren beiden Seleukosköpfen ge-
sellen. In der Herme des Louvre hat doch Kopp (') eine Kopie
nach Lysipp erwiesen; und der Münchener Alexander zeigt eine
so grosse Uebereiustimmung in technischen Einzelheiten mit dem
Erbachscheu Kopfe, dass ich kaum zwei andere Griechische Por-
träts kenne, die mit mehr Recht auf dieselbe Schule, wenn nicht
auf dieselbe Hand zurückzuführen wären. Leider lässt sich wieder
uiisere Abbildung weniger gut vergleichen als der Abguss, aber
auch sie gestattet noch sich Rechenschaft zu geben von der fast
identischen Bildung der grossen Augen und der eigenthümlichen,
dreieckigen Form an den Mundwinkeln. Die nach dem Abguss
vorhandene Uebereiustimmung der Lippeubildung lässt unsere Tafel
kaum erkennen. Wenn man aber auch im Abguss die grossartigen
Züge der Alexanderstatue nicht wiederfindet, so möchte ich dies
weder dem Künstler, noch dem Copisten, sondern einzig der Per-
sönlichkeit Alexanders zuschreiben.
Das wird man hotfentlich zugeben, dass zwischen den beiden
Alexander- und den beiden Seleukosbildnissen sich ein ähnliches
Verhältniss erkennen lässt in Bezug auf ihren Stil, indem beide
ein ähnlicher Gegensatz von Idealismus und Naturalismus kenn-
zeichnet, wenn es erlaubt ist diese etwas abgegriffenen Formeln
hier der Kürze Avegen zu verwenden.
Ist es nun erlaubt in dem Bronzekopf aus Herculanum ein
spätes Werk des Lysipp (-), oder aber mindestens seines Schülers
(') 52.'"' Berliner Winckelmanns-rrogramm.
{*) Löwy. Inschr. Gr. I5iMhauer n" 487.
lIvONOGRAPHISCHE STI'DIEN 73
Anstodem (') zu erkennen, die beide — doch vielleicht nicht ge-
meinschaftlich?— ein Porträt des Königs Seleukos bildeten, so
liegt es nahe, bei einem Porträt des Seleukos ohne Königsbinde,
an die Arbeit des Bryaxis zu erinnern, von der Plinius kurz berichtet
mit den Worten (-): Seleucum fecit.
Eine Veranlassung zu diesem AVerk mag die That der Stier-
bändigung gewesen sein, von der, wie berichtet wird, Seleukos die
Hörner entlehnte, wie auch Krateros seine Rettung Alexanders auf
der Löwenjagd durch Leochares und Lysipp im Bilde verewigen Hess.
Um definitiv zu entscheiden, ob wir das Recht haben hier
ein Werk des Brj^axis zu erkennen, mttsste eine weitergehende
üntersuchnng geführt werden als ich jetzt anzustellen in der Lage
bin. In die Vorstellung die ich mir vom Werk dieses Meisters
gemacht habe passt diese Arbeit vorzüglich, leider bin ich aber
bis jetzt nicht im Stande diese zu begründen.
Eins aber möchte ich bemerken. So bestechend auch in man-
cher Beziehung Koepp' s Vermuthung scheinen mag, dass der Mün-
chener Alexander ein Werk des Leochares sei (3), so scheint mir
doch diese Ansicht wiederlegt durch die Bemerkung von Hauser (^),
dass diese Statue sich nicht eignet zu einem Werke aus Gold
und Elfenbein, wie dasjenige des Leochares war, und zur Basis
in Olympia nicht passt. Wir haben zwar keine Kunde von einem
Alexanderporträt des Bryaxis, aber wäre es darum ausgeschlossen,
dass auch er ihn gebildet hätte, so gut wie Euphranor, Chaireas,
Leochares, Lysipp und Euthykrates?
Man erlaube mir eine Phantasie auszusprechen : Es hätte,
wie Krateros, so Seleukos, als er noch Satrap von Babylon war,
seiner Rettung des grossen Königs an viel besuchtem Ort bildlichen
Ausdruck verleihen wollen. Die Gruppe zeigte, links, bei einem
Altar, Alexander, wie uns ihn die Münchener Statue erhalten hat,
einen Fuss auf die Stufen des Altars setzend, ein Opfermesser in
der Linken, bereit zum Opfer, links wohlmöglich einen Opferdie-
ner mit zerrissenem Seil, um den Vorgang zu verdeutlichen und
der Gruppe symmetrischen Abschluss zu verleihen, und dazwischen
(1) Plin N. H. XXXIV. 86 Auch für die Ae?opstatue werden beide genannt.
(2) N. H. XXXIV. 78.
(3) Köepp a. a. 0. S. 18.
(■*) Arndt, Griech. u. Eöm. Porträts, Inhalt der 19*-'" Lieferung.
74 J- six
Seleukos der den Stier bei den Hörnern gefasst hat, im Schema
eines stierbündigenden Herakles. Dass er dabei schon den Stierhelm
getragen hätte, wäre dem Geiste des Alterthums nicht zuwider.
Andererseits bietet sich auch folgende Combinatiou. Eine ein-
zige kleine Silbermünze zu Berlin (') zeigt den König zu Pferde,
einen Helm mit Stierhörnern auf dem Haupte, in statuarischer Ruhe.
Da Tansanias YI 11. 1 von einer Reiterstatue des Seleukos in
Olympia berichtet, könnte diese, im Typus der Münze, als Vorlage
des Marmors zu denken sein.
Aber srenuff des Unerreichbaren. Es bleibt auch sonst hier
noch genug zu forschen. Soviel aber hoffe ich klar und annehmlich
gemacht zu haben dass, wenn wir in der Herculaner Bronze die
durchfurchten gealterten Züge des klugen Herrschers besitzen, uns
daneben der Erbachsche Marmor das Bild aufbewahrt hat des hel-
denmüthisfen Hetairen, der sich mit einer Handvoll Reiterei ein
"Weltreich wiedergewinnen sollte.
'O^
XIII. Persans König von Makedonien.
Das Museum zu Neapel besitzt ein Königsporträt aus weissem
]\Iarmor, das als « Ptolemäos V » im Museo Fgisiano, Inventar
1U87, aufgestellt ist, abgebildet Brunn und Arndt, Griechische und
Römische Porträts n° 347. 348. Der Name ist ganz willkürlich,
über die Herkunft scheint man nichts zu wissen, konnte ich wenig-
stens nichts erfahren.
Das Wefk hat sehr gelitten. Hals, Nase, der grössere Theil
des linken Ohres und die Hälfte der Stirnhaare sammt dem ganzen
Hinterkopf sind modern. Das Uebrige ist weder eine hervorragende
Arbeit, noch scheint es ganz frei von üeberarbeitung. Der Kopf
ist also ikonographisch nicht besonders wichtig, lohnt aber doch
den Versuch der Identification.
Dass es ein Königsbildniss ist geht aus dem Königsdiadem
zur Genüge hervor.
Die Zeit lässt sich durch die Barttracht bestimmen, denn
der König trägt ausser einem dünnen Schnurl)art, den Bart an den
Backen ganz kurz geschoren, ja die Unterlippe bis zum Kinn sogar
(1) Iinhoof, Die Münzstätte Babylon, Num. Zeitschr. 1895. Taf. II. 1-.
IKONOGKAPHISCHE STIDIEN < •)
glatt rasirt. Die Zeit dieser Tracht haben wir iü dem Aufsatz V
über Flamininus (') fixirt. und hier ist nichts im Stile was dem
widerspräche.
Einen von den Königen die uns dort zur Datirung dienten
meine ich in diesem Kopf wieder zu finden und zwar den letzten
König von Makedonien, Perseus.
Ich habe dies schon 1888 zu Neapel gemeint, als ich nur die
beiden in Imhoofs Porträtköpfen abgebildeten Münzen zum Ver-
gleich heranziehen konnte, aber ich fürchte, dass ein Verweis auf
diese Bildnisse nur wenige von der Kichtigkeit meiner Ansicht
überzeugen würde. Es sind das auch kaum die getreuesten Bildnisse
des Königs. Es lag ihm, über dessen Geburt allerhand Gerüchte
im Umlauf waren, sehr daran seinem Vater ähnlich zu sehen, und
diesem Verlangen ist Zopyros, der ihm den schönen Stempel, bei
Imhoof Taf. IL 13. schnitt, sehr weit entgegengekommen, wie ein
Vergleich mit den darüber stehenden Münzen des Philippos V,
Taf. II 10, zeigt.
Aehnlicher war gewiss das Didrachmon (Taf. II 11. im Text 12);
aber dort ist der mürrische Zug des Gesichts wieder besonders
stark betont. Die verschiedenen Stempel gehen überhaupt sehr
stark auseinander. Unter denen die ich sah steht in Bezug auf
die Aehnlichkeit mit dem Marmorkopf obenan das Tetradrachmon
der Sammlung von Prof. Dr. Otto Sevffer in Stuttgart, hinterlassen
und im October 1891 in München versteigert, von dem eine vorzüg-
liche Abbildung im Catalog, Taf. III n'^ 591 vorkommt. Daneben
lässt sich das Exemplar der Sammlung Allier de Hauteroche, PL
V 11, citiren, obgleich auch dort die Stirn wieder mehr zusam-
mengezogen ist. Auch die Exemplare die Hill abl)ildet, Numismatic
Chronicle 1896. PL IV. 1 und 3, eignen sich zum Vergleich (-).
Nehmen wir also den Seyffertschen Typus, so ergiebt sich, abge-
sehen von der modernen Nase, eine schlagende Uebereinstimmung
mit dem Neapeler Kopfe, im Ausdruck wie in Blick und Haltung,
im Bau wie in den Einzelheiten des Kopfes. Die Anschwellung an
der Stirne, das tiefliegende kleine Auge, die ausserordentlich kurze
Oberlippe mit dem kleinen Schnurrbart, der über die Mundecke.
(1) In diesen Mittheilungen IX. 1894. S. 113.
(2) Ich verdanke diese Nachweise meinem Vater.
70 J. six
ja im Marmor vor der Mimdecke ganz dünn herunter hängt, das
kleine Kinn und sogar die unschöne Ohrmuschel des rechten anti-
ken Ohres sind die am deutlichsten zu erkennenden Theile. Haar
und Bart stimmen wie gesagt in Tracht und Wuchs überein, nur
ist die AViedergabe der Münze am Bart, deutlicher. Dieser Stem-
pelschneider hat sich nicht gewagt an eine so leise Andeutung, wie
wir z. B. am Bart des Mithradat V (Imhoof Porträtküpfe Taf. V 2)
tinden. Darin steht dann, aber auch nur darin, das oben angeführte
Didrachmou (Imhoof Taf. II 11. (12) dem Marmor viel näher.
Der König, im J. 212 geboren, war, als er 178 die Regie-
rung antrat, vierunddreissig Jahr alt. Er hat zehn Jahre geherrscht,
und es lallen deshalb die Münzen, wie der Marmor, zwischen
sein vierunddreissigstes und vierundvierzigstes Lebensjahr. Obgleich
die Tracht des Bartes dazu beiträgt das Antlitz jugendlich er-
scheinen zu lassen, will es mich doch bedünken, dass man die
Entstehungszeit des Marmorkopfes wie des Münztypus am besten
in die erste Regierung^zeit des Königs setzen würde. Dazu stimmt
die literarische Nachricht die wir über das Rasiren zu jener Zeit
besitzen. Der Bericht bei Plinius (') ist nichts nutz, da er in seiner
Kürze die Thatsachen fälscht. Ausführlicher aber theilt Gellius III 4
mit, der jüngere Africanus zuerst habe, als er angeklagt war, keine
Trauer angelegt, sich also auch täglich rasirt; er, Gellius, habe
sich ob dieser Nachsicht gewundert, habe aber erfahren, wozu
die Bildnisse stimmten, dass zu jener Zeit die Männer mittler
Lebzeit (Vierziger) sich rasirt hätten, nicht aber die Greise. Wir
diu-fen hinzufügen ebensowenig wie die jüngeren.
Als ich vor drei oder vier Jahren diesen Aufsatz nieder-
schrieb und die Herausgabe verzögerte, bis die Arndtschen Tafeln
lierausgekommen sein würden, hatte F. Hill seine zu Newton's
Beobachtung stimmende Benennung eines späteren Heroentypus
des Perseus von Makedonien noch nicht veröSentlicht. Trotz der
verschiedenen, kaum zu erwartenden Repliken, scheint mir dieser
Vorschlag nicht zu verwerfen, wenn man ins Auge fasst, dass
olfenbar ein Heros, wohl Perseus, mit den Zügen des Kronprinzen
dargestellt ist.
Damit ist das hier erkannte Bild des Königs nicht im Wi-
derspruch. Es kann daneben bestehen, wie ganz verschiedene Bild-
(') Hist. Xat. VlI. 59.
IKOKOGRAPHISCHE STLDIEN 77
nisse Alexanders an einem Monumente vorkommen ('), wie wir
verschiedene Typen von Seleukos gefunden haben, wie die Bild-
nisse Mithradats als Herakles (-) und Helios (■^) neben einander
bestehen können, wie, und das ist hier das Wichtigste, auch die
Münzen des Perseus zwei streng geschiedene Haupttypen aufwei-
sen, deren jeder seinerseits zur Begründung der Erkennung dienen
muss. Denn Hill hätte gewiss besser das Didrachmon das Imhoof
a. a. 0. I. 11 11 gibt, neben dem heroischen Perseuskopfe, zur
Begründung seiner Ansicht verwendet als die beiden Tetradrachmen
die er abbildet.
Anders steht es mit Studniezka's Vermuthung ('), die Bron-
zestatue mit der Lanze vom Museo delle Tenne (Brunn und Arndt
Gr. u. Rom. Porträts 358-360) solle auch Perseus darstellen.
Zwar kenne ich seine Gründe noch nicht, glaube aber die Berech-
tigung zu haben zu widersprechen. Und nicht nur weil nur eine
gewisse üebereinstimmung im Ausdruck, keine Aehnlichkeit mit
den Münzen zu bestehen scheint, auch nicht weil das Diadem fehlt,
aber weil das Porträt aus jüngerer Zeit sein muss. Die Geschichte
der Mode der männlichen Haartracht ist noch zu schreiben, obgleich
es nicht am Stoff dazu fehlt, ebenso wenig wie an einschlägigen
Einzelbemerkungen. Die scheinbare Unordnung der Haare jener
Zeiten, ist eine sorgfältig gepflegte, an der das Brenneisen nicht
fremd war. Ein solcher calamistratus fährt nicht mit der ganzen
Hand durch das Haar sondern kratzt vorsichtig mit dem einen
Finger, digito scalpiint um cajmt {^). Sogar von einem Manne
so schlicht wie Pompeius konnte Clodius fragen : Tiq hl daxrvhp
xiärcd Tijv x£(fc(Xr!v ; mit der Gewissheit Anklang zu finden bei
seinen Zuhöreren. Es lassen sich in dieser Mode für bestimmte
Zeiten Neuerungen nachweisen. So sind die hinten, vom Nacken
her wellenförmig, nach vorne gestrichene Locken, wie sie auch
jene Statue zeigt in hellenistischer Königszeit unbekannt und eng
begrenzt in der Julisch-Claudischen Zeit. August und Agrippa
sind die ersten, Nero der letzte der sie trägt. Somit scheint aber
(1) Am s. g. Alexander-Sarkophag von Sidon.
(2) Jahrbuch d. I. 1894. T. 8.
(3) In diesen Mitth. X. 1896. S. 179.
(*) Bei Hill a. a. 0.
(^) Juvenal 9. 133.
78 J. SIX. IKONOGRAI'HISCHK STIDIKN
die Übrige Lockenordnung ä^r Bronze älter als Tiber zu sein, bei
dem. wie bei seinen Nachfolgern, das Haar schon mehr grade auf
die Stirn herunter hängt. Auch passt es kaum mehr zur späteren
Augusteischen Zeit. Als nächste Analogie nenne ich die Büste des
Pompeius ('). Es findet dagegen die Scheidung der vorderen Lo-
cken, an den Schläfen, auch wieder bei Agrippa einen Vergleich.
Alles scheint mir auf jene Epoche zu weisen. Der Stil des Werkes
passt, meine ich, für die Zeit welche die Bildnisse des Pompeius
und Agrippa und den August von Primaporta entstehen sah, und
die torvitas der Züge steht dem Ernste Agrippas näher als dem
Dünkel des Perseus.
Nach der Seitenansicht möchte ich annehmen dass im Haar
ein Kranz lag.
Das leicht behaarte Kinn kann auf einen ungeschorenen Jün-
gling — August z. B. war ja 24 Jahre alt, bevor er sich zum
ersten Male rasiren liess (-) — wie auf Trauer Aveisen.
Wem aber unter den jungen Römern nach Pompeius und vor
Agrippa eine als Sieger bekrönte statua Achülea gesetzt werden
konnte, die ihn darstellte wie er sich, ein zweiter Alexander, auf
die Lanze stützt, den Arm in den Rücken gelegt wie ein ausruhen-
der Herakles, das vermag ich nicht zu erratheu.
Auch die Buchstaben des einpunctirten Monogramms MAR
geben keinen Halt. Für mkKcellus passt weder die Stellung noch
die Zeit, auch ist sein Bild von Mau (3) mit grösster Wahrschein-
lichkeit in eine Statue des Pompeianischen Macellum (*) wieder-
gefunden. MAR/^^s aber ist leider viel zu früh.
Im September 1897
J. Six.
(!) In diesen Mittheilungen 1. (18^6) Taf. IL
(2) Dio. XLVIII.
(3) Statua di MarceUo nipote dl Äugusto.
(<) Abgebildet Bernoulli, Rom. Ikonographie II. Taf. VIII.
NEUE BEITIUGE ZU DEN MEISTERSIGNATUREN
UND LIEBLINGSINSCHRIFTEN
(Taf. IV).
In den Archäolog. epigr. Mittheilungen aus Oesterreich-Uu-
garn 1895 S. 13-23 habe ich einige Notizen über neue Meister-
signaturen und Lieblingsinschriften auf griechischen Vasen gegebeD.
Ich setze hier dieselben fort und beschränke mich auch hier meist
auf das Notwendige.
'O^
Florenz.
1) Museo archeologico. Ungewöhnlich grosse schwarz-
figurige Schale, 1892 in's Museum gelangt. Ungenau von Heibig
Bull. 1879 S. 24Ö (darnach Klein, Liebl. S. 27) beschrieben. Innen
riesiges Gorgoneion. Aussen zwischen Augen:
A) L. steht Herakles nach r. in der R. die Keule schulternd.
Ihm gegenüber Athena nach 1. mit Schild (Zeichen : AVagenkasten)
und Lanze. Hinter ihr nach 1. Hermes, der in der L. das Kerv-
keion hält und mit der R. gesticulirt. Schwarzgemalt die Inschrift
H^t>ÄSnOhKÄU04.
B) Theilweise zerstört. Satyr schreitet von 1. nach r., vor
ihm steht Dionysos mit Kantharos in der R. nach r. sich um-
blickend; ihm voraus geht Hermes nach r. (Oberleib fehlt).
Zwischen den Henkeln je ein Krieger und, zum Theile von
den Henkelansätzen überdeckt, r. und 1. von jenem je ein Bogen-
schütze in asiatischer Tracht.
Am Boden des Fusses ist die von Heibig 1. c. p. 247 mit-
getheilte etruskische Inschrift eingeritzt.
2) Ebda. Von der im Innern weissgrundigen, aussen rot-
figurigen Schale mit dem Lieblingsnamen U]VANAf^[Oh hat
Milani in den Rendiconli dei Lincei classe di seiende mor. stör, e
80 L- POLLAK
filol. S. T Vol. II. 1893. p. 1007 ss. eine vorläufige Mittheiluug
gemacht. Die Zahl der weissgnindigen Schalen hat durch dieses
hervorraeeude Monumeut eine wichtige Erweiterung erfahren. Zuletzt
hat Pottier in den Mon. Piot II 1895 p. 42 s. die betreffenden
Schalen aufgezählt. Ich gebe hier eine kleine Ergänzung zu dieser
durch ihre Beziehungen zur grossen monumentalen Malerei wichti-
f^en Denkmälerclasse. Zu den 25 von Pottier angeführten Vasen (')
kommen nun hinzu:
a) die Athamas-Xepheleschale der Sammlung Tyszkiewiez,
von deren Echtheit auch ich mich bei wiederholter Autopsie über-
zeugte. Collect. Tißzkieioicz pl XII u. wiederholt p. 29.
h) die Florentiner, eben besprochen. Innen : thronende Aphro-
dite. Aussen: rotfig. Palaestrascenen.
c) das Fragment einer grossen Schale der Berliner Vasen-
sammlung kurz erwähnt im Jahrbuche der kgl. preussischen Kunst-
sammlun^^en 1897 S. LV. In einer schlechten Bause mir vorlie-
gend. Ein hervorragend schönes, einer guten Publication würdiges
Bruchstück. Aus dem östlichen Etrurien. 8 cm. hoch, 6 cm. breit.
Erhalten ist im Innern mit gelblich braunem Contur gemalt ein
nach r. mit mächtigen ausgespannten Flügeln schwebender Eros.
Vom nach r. im Profil gerichteten Gesichte ist nur der untere
Theil von unter der Nase an gerettet. Die Haare sind krobylos-
artig (') hinten zusammengefasst. Der Oberkörper ist archaisch
(!) Vgl. die Berliner Peithinosscliale Hartwig Meistersclialen Tf. 25.
steif en face gesehen. Etwas unterhalb des Nabels bricht das
Bild ab. Der r. nach 1. gerade ausgestreckte Arm ist bis zum
Ansätze des Handgelenkes erhalten, während der I., wie aus dem
Ansätze der 1. Schulter hervorgeht, nach aufwärts gerichtet war.
Vom 1. Flügel ist nur ein kleines Stück über der 1. Schulter erhalten.
Höchst merkwürdig und besonders für diese frühe Zeit ganz sin-
gulär ist die Art der Abschattirung des Flügels, wohl das älteste
bisher bekannte Beispiel (-). Von dem oberen Rande des Flügels
(») N" 21 der .\ufzilhlung Piots (Klein Euphron. « S. 249) ist, was
P. unbekannt blieb, von Pthusopulos in einer Einzelschrift publicirt worden
n. zw. in ^AO^avc.alov l'ovaoTiovXov iTjiaToXcd chr/cao'/.oyixal nso'i tixovog Ai'ti-
yivrfi. Athen 1885.
(2) Vgl. Winter im 55. Berliner Winkelmannsprogramme S. 7. Pottier
in Mon. Piot II p. 46.
MEISTERSIGNATLREN UND LIEBLINGSINSCHRIFTEN 81
an wird das hiezu benutzte Braim auf den schnppenähnlichen Federn
immer schwächer, immer mehr ' sfumato '. Die grossen Schwung-
federn hingegen sind mit dem kräftigen Braun vollständig ausgefüllt.
Die Musculatur ist mit feinen gelblichen Linien gemalt. Am Hin-
terhalse sitzen unter dem Haare kleine gelbliche Punkte auf, und
mit ebensolchen Punkten sind die Brustwarzen im Kreise umsäumt.
Eine autfallende Aehnlichkeit in der Gesammthaltunor bietet
das von Dragendorff im Jahrbuche 1897 Taf. 2 publicirte bemalte
Marmorschild in Athen, auf dem Nike im Gegensinne zum Eros
nach links schwebt. In Analogie mit der von Dragendorlf mit Kecht
als libirend gedachten Nike wird man hier an einen Eros, der die
Spende ausgiesst, denken dürfen. Doch ist das Marmorbild entschie-
den jünger als die Scherbe, die dem Anfange des strengen Stiles
sehr nahe steht.
Das rottigurige Aussenbild war wahrscheinlich palaestri sehen
Inhaltes. Man sieht auf doppeltem concentrischen thongrundigen
Streifen 1. die nach 1. schreitenden nackten Beine einer erwachsenen
Person, über denen 1. ein Gewandrest wie von einem kurzen Chiton
(oder Diskos?) sichtbar wird, während das r. von einem Stabende
überschnitten wird. R. davon ein Paar kleinerer Beine, anscheinend
die eines Knabens, das r. en face, das 1. im Profil nach r. Beim
r. Reste eines herabfallenden Gewandes, das vermutlich in den
Händen gehalten war.
Da gerade der entscheidendste Theil nämlich das Obergesicht
fehlt, so bleibt die Frage nach dem Autor offen. Sicher aber ist,
dass wir es hier mit dem Erzeugnisse eines der hervorras^endsten
zu thun habc^n.
d) ein Fragment einer einst grossen Schale. Im römischen
Kunsthandel. Vom Innenbilde sieht man nur einen r. Oberschenkel(?)
und den unten gesäumten Theil eines kurzen gefältelten Chitons,
mit dem die zugehörige Gestalt bekleidet war. Die Falten sind
mit zartem Gelb, der Saum mit brauner Farbe gemalt. Vom rot-
figurigen Aussenbilde ist nur ein 1. von einer Beinschiene geschütztes
Bein eines nach r. schreitenden Kriegers in kurzem Chiton erhalten.
Von dem Schilde und der Lanze, die er trug, sind nur noch spär-
liche Reste der unteren Theile zu sehen.
3) Pyxis des Nikosthenes. Unter dem neuen Zuwachse
bewahrt das museo archeol. eine treffliche signirte Pyxis des
)3;2 L. 1>0LI.AK
Xikosthenes, gewiss eines der besten Prodiicte, welche wir bisher
aus der so rührigen Werkstätte dieses Vasenmalers kennen. Hier
tblo'e nur eine kurze Beschreibung dieser inhaltlich wie stilistisch
höchst interessanten Vase, deren Piiblication nicht lange auf sich
warten \a.s<eü kann.
Auf der Manteltläche der Pyxis, oben und nuten von je drei
Firnissstreifen begrenzt, Herakles unter den Göttern sitzend. Von 1.
nach r. : Zeus nach r. thronend (Blitz in der K., Scepter in der L.)
ihm oregenüber ebenfalls thronend Hera (grosse Blüthe in der R.,
Scepter in der L.). lieber Zeus die mit schwarzem Firnisse gemalte
Inschrift /VlKOhOE/VESEPOlEHE/V. Es folgen zuerst Hermes
(rothe Flügelschuhe, in der K. Kerykeion) dann eine Göttin (grosse
Blüthe und Ranken in der R., Oelzweig in der L. Aphrodite?) beide
nach r. sitzend. Hierauf ebenfalls nach r. sitzend Apollon (Bogen
und Pfeile in der L.) und ihm gegenüber stehend Artemis (2 Pfeile
in der R.) Dann nach r., schreitend eine weibliche Flügelfigur
(Iris?), vor der nach r. eine Göttin mit über das Hinterhaupt gezo-
genem, von der L. gehaltenem Himation sitzt (Hestia?) Zu ihr
wendet sein Haupt der nach r. sitzende Dionysos (in der L. mächti-
ger Rebstock) und vor ihm in derselben Richtung sitzen die behelmte
Athene (in der R. Lanze, auf ihrem Schoosse eine Eule) und endlich
zu ihr zurückblickend Herakles mit Himation um den Unterleil)
(in der R. die Keule).
Auf dem zum grössteu Theile erhaltenen Deckel sind in minia-
turartig feiner Ausführung Kampfscenen zwischen Reitern und
Fussgängern dargestellt.
Die Details sind ungemein reich u. besonders an die Gewän-
der hat Xikosthenes viel Fleiss gewendet. Sehr viel Gebrauch ist
von Weiss und Rotbraun gemacht worden. Ausserordentlich häufig
ist die Innenzeichnung gravirt.
Perugia.
4) Im Museum befindet sich als n*' 12 eine unbekannte
Lvkosschale. Vgl. Klein Liebl. S. 50. Nur Innenbild. Im einfachen
Maeander: Jüngling en face stehend, nach 1. blickend hält in der
R. eine Strigilis vor sich hin; links von ihm ein Stuhl und darauf
(.'in Himation.
^4^>^ UVKOh
MEISTERSIGNATUREN IND LIEBLINGSINSCHRIFTEN 83
Keine Ritzlinie am Haare. Die von mir nur durch die Glas-
scheibe in der Vitrine gesehene Schale scheint überschmiert zu sein.
Rom.
5) Sammlung Tyszkiewicz. Hier befindet sich die
von E. C. Bosanquet im Journal of hellenic siudies 1896 p. 165
sub n° 7 kurz erwähnte weissgrundige, als in Paris bei Rollin et
Feuardent bezeichnete Lekythos.
Links sitzt nach r. eine Frau in Chiton und schwarzem Hi-
mation und hält beide Hände offen vor sich hin, um ein ziemlich
grosses Kästchen entgegenzunehmen, das ihr ein auf sie zuschreiten-
des Mädchen bringt. Zwischen beiden die aToixi]66v geschriebene
Inschrift:
AI(J)IAOZ
K A /\ O Z O
M H A A N O P
6) Die von mir in diesen Mittheilungen 1897 S. 105 ff.
ausführlicher publicirte boiotische Feldflasche des Phithadas.
(In derselben Sammlung befindet sich die folgende Vase, die
streng genommen nicht hieher gehört, da sich weder ihr Meister
genannt hat noch eine Liebliugsinschrift sie ziert. Aber bei dem
Interesse, das eine jede griechische Dialectinschrift beanspruchen
darf, wird man die Beschreibung gerechtfertigt finden, umsomehr
da das Gefäss in relativ frühe Zeit hinaufreicht, aus der eine jede
Bereicherung willkommen ist.
Korinthischer Skyphos etwa der Form Berlin 98, 9.5 cm. hocli,
der Durchmesser der Mündung 13 cm. Ungemein feiner sehr leich-
ter, lichtgelber Thon, die Henkel aussen schwarz ; ebenso das Innere
des Skyphos gefirnisst. Am Fusse Strahlenornament. Die Bilder
sind von mehreren dünnen braunrothen gelben und schwarzen Strei-
fen oben wie unten eingerahmt.
A) L. jugendlicher Reiter (langes in den Nacken fallendes
Haar, Zügel und Lanze in den Händen) auf ruhig nach r. schrei-
tendem Pferde, hinter dem ein Vogel nach r. oben fliegt. Vor dem
Pferde schreitet ein nackter Jüngling (Lanze in der L.) nach r. Ver-
tical von oben nach unten laufend die Inschrift gemalt A I . . . O M .
V.J L. POM.AK
Ihm voraus, sich umblickend, geht eiu bärtiger Mann nach r.
( Lanze in der R.) ^ Y P Y M A f O M , auf ihn zu schreitet nach 1.
eiu bärtiger nackter Manu (Lanze in der ß.) PP* OM AfO/^, hinter
dem ein Jüngling in gleicher Haltung wie der 1. nach r. reitet.
B) In der Mitte ein Jüngling mit Lanze auf einem nach
r. schreitendem Pferde, li. u. 1. in der Kichtung nach ihm je eiu
Hahn, über dem ein Lotos herabhängt. Hinter dem Pferde 1. ein
nach r. oben fliegender Vogel.
Füllsterne spärlich gestreut. Viel Innenzeichnung geritzt, auf
den Gesichtern Braunroth, mehr oder weniger erhalten.
Dem Vasenmaler schwebten bei den Namen Evgvixaxo; und
Uotaaxoz epische Reminiscenzen vor (^). Beim nicht ganz erhal-
tenen Ji . .. (K sind, da etwa 4-5 Buchstaben fehlen, verschiedene
F]rgänzungen möglich.)
Museo artistico industriale. Unter seinen Sammlungen
tigurirt auch eine den Meisten unbekannt gebliebene kleine, von mir
in Scheden aufgenommene Vasensammlung, die mehrere sehr gute
Vasen aufweist z. B. die strengrotngurige einst bei Castellani be-
findliche Schale (zuletzt pubL von Benndorf, Heroon von Gjölbaschi
Trysa S. 112). Hier sei eine schöne polychrome aus Griechenland
stammende Lekythos mit gütiger Erlaubnis der Direction in zwei
Ansichten auf Taf. IV publicirt.
7) Lekythos 36.5 cm. hoch. Auf der Schulter Kymation
und Ranken mit Palmetten.
Bildofrund gelblich. Das Bild ist oben von einem durch Kreuz-
platten unterbrochenem Maeauder und unten von einem einfachen
Firuisstreifen begrenzt.
Frau (Haare in Knoten hinten zusammengebunden, schmales
lilafarbenes dreifaches Haarband, dor. Chiton, der roth war) 1.
nach r. stehend hält mit der R. einen braunen Korb, von dem
eine dunkellilafarbige und eine weisse braungesäumte Taenie herab-
hängen. Ihr gegenüber steht auf sie blickend eine zweite Frau en
face (Jon. Chiton und schwarzes über die L Schulter und Unterleib
geworfenes Himation — Falten blasslilafarben — in dem der 1. Arm
steckt). Jenseits von ihr kommt r. ein niedriger Stuhl (Fuss weiss,
{^) Vgl. Willisch, Altkoriiithischc Thonindustric S. 165
MEISTERSIGNATUREN I'ND LIEBLINGSINSCHRIFTEN 85
Sitz braun) zum Vorschein. Zwischen den Frauen am Boden unten
ein Staar nach r. und oben mit braunem Firnisse aioixt/Ur gemalt
AI OIAOZ
KAAOZ
M^AANOPO
R. und 1. von den Frauen hängt im Felde je eine Oino-
choe, r. ausserdem eine rothgehöhte braungesäumte Haube.
Vgl. über diese Gruppe der weissgrundigen Lekythen R. C.
Bosanquet im Jouni. of hell. st. 1896 p. 164 ss.
Im Kunsthandel konnte ich vor 2 Jahren die von Milani
im Museo Italiano IIL p. 270, dem Klein Lieblingsinschr. S. 19
folgte, ganz flüchtig erwähnte Amphora mit dem Lieblingsnamen
Timotheos genau prüfen und photographiren ;
8) Dieselbe schwarzfigurige ist 42 cm., mit dem erhaltenen
zugehörigen Deckel 51 cm. hoch und fast intact.
Am Halse zieht sich ein Band von gegenständigen Palmetten
und Lotos hin.
Die Bilder sind oben von einem Stabornamente, unten von
einem doppelten Firnisstreifen begrenzt. Am Fusse zu unterst
Strahlen, dann folgen nach oben Lotos und einfacher Maeander.
Unter den Henkeln Ranken und Palmetten.
A) Hierbei abgebildet, steht Herakles (Löwenfell über dem
Kopfe, rothbärtig, km-zer Chiton, Köchei- an der Seite, Keule in
der R.) nach r. Vor ihm nach r. Hermes (rother Bart, Spitzhut,
Flügelschuhe, Himation, in der R. das .lange Kerjkeion). Er be-
schwichtigt vorgebeugt mit der L. den doppelköpfigen Kerberos,
der nach 1. die Füsse des Gottes beschnüffelt. Der Höllenhund
hat ein rothes Halsband, die Rückenhaare sind in altjonischer
V/eise in krumme Zotteln gelegt, die abwechselnd weiss und
schwarz sind, der Schwanz endigt in einen Schlangenkopf mit
offenem Rachen. Jenseits des Höllenhundes schreitet nach r. sich
umblickend der als Greis mit weissem Haare gebildete Hades (lan-
ger Chiton, Himat.), in der L. ein langes Scepter ; r. von ihm
nach 1. Persephone (weisses Fleisch, langer Chit. u. Him.), beide
Hände in lebhaftem Staunen erhoben. Ueber dem Bilde mit schwar-
zem Firnisse TIM09E04 KÄUO'i.
Diese Darstellung des Herakles-Kerberosabenteuers weicht
besonders in einem wesentlichen Punkte von den bisher bekannten
Bildern ab. Herakles verhält sich hier ganz passiv, und an seine
Stelle ist Hermes getreten, der den Kerberos zu beschwichtigen sucht.
Auf der Amphora im Museo Gregoriano (B) II tav. 52, 2a redet
Herakles selbst dem Hunde zu. und so tliut er es auch auf zwei
Amphoren (Zeichnung im Berliner Apparat, siehe Furtwängler in
Koschers Leiic. I Sp. 2205). Augenscheinlich traut sich auf un-
.serem Amphorenbilde Herakles an das Unthier nicht heran, und
der hilfsbereite Gott legt sich in's Mittel. Dadurch hat das Bild
einen humoristischen Anstrich bekommen.
B) Theseus (jugendlich, Krolnlos, rothes Haarband, kurzer
Chiton. Schwert an der Seite) nach r, hin hat den nach 1. in"s
Knie sinkenden Minotaur. dessen Kopf eher pferdeähnlich gerathen
ist, an beiden Handgelenken gepackt und zwingt ihn zu Boden.
Die Hände des Miuotauros sind geballt, als wenn sie etwas (Steine-')
hielten. R. u. 1., der Gruppe zugewendet, je eine langbekleidete
(Chit. Hirn.), wohl männliche Gestalt.
MEISTERSIGNATUREN UND LIEBLINGSINSCHRIFTEN 87
Neapel.
9) S a 111 m 1 u n g A. von B o u r g u i g n o n. Fragmentirte Basis
eines ßhytons in Form eines Vierfüsslers. Die mit glänzendstem
schwarzem Firnisse gedeckte Basis war oblong und ist jetzt etwa
in der Diagonalrichtung gebrochen. 11 cm. grösste Länge, 8,5 cm.
breit, 3,7 cm. hoch. Aus S. Maria di Capua vetere.
Von der Gestalt, welche den Vasenkelch trug, sind nur zwei
ungespaltene Vorderhufe erhalten geblieben, was auf ein Pferd
oder Esel-Maulthier oder auch Kentaur hindeutet, unter den Gefässen
dieser Gattung neue Formen. Auf der Langseite ist r. eingeritzt,
nur zum Theile erhalten
SO T
bP...
also eine Signatur des Sotades, der ausser dem Kantharos Klein
M. S.- S. 187 besonders durch die prächtigen einst Brante-
ghem'schen, jetzt Londoner Gefässe D 5, 6, 8, 9, 10 bekannt ist.
Gerade derselben Provenienz ist das schönste aller Gefässe dieser
Gattung die sitzende Sphinx in London E 788 publ. Journ. of
hell. St. VllI pl. 72-73.
10) Ebda. Nolanische Amphora 32 cm. h. Auf nicht unter-
brochenem Maeander:
A) Jüngling (Himation, welches die r. Schulter freilässt,
r. Haarband) bläst nach r. schieitend aus vollen Backen die Dop-
pelflöte. Im Felde sein schief gestellter Krückstock und die Sybene.
Inschrift kirschroth KAUC)>.
B) Flaumbärtiger Jüngling (Himation, welches die 1. Schulter
freilässt, rothes Haarband) geht nach r. mit dem Krückstock in
der R. Ihm voraus schreitet ein grosser Hund (rothes Halsband).
Inschrift kirschroth
KAUlAh
KAUO///
also KaX{X)ic(c xalöz. Es ist das nach dem fast immer offen ge-
schriebenen Alpha wohl KedXiag II. Siehe Klein, Liebl. S. 76 n° 3, 4.
11) Seit kurzem befindet sich in dieser Sammlung auch
gg L. FOI.LAK
die von Klein Liebl. S. 84 n"" 2 als verschollen erwähnte und
daselbst un.irenau beschriebene nolanische Amphora mit dem Lieb-
lincrsnamon Kleinias. 33,5 cm. hoch. Auf nicht imterbrochenem
Maeander :
A) Eos (gonestelter Jon. Chiton mit weit herabhängendem
Ueberfalle. rothes breites Haarband) verfolgt nach r. die Hand
ausstreckend den nach r. tliehenden, zurückblickenden Kephalos
(kleine über Rücken und beide Arme geworfene Chlamys, rothes
Haarband, Petasos im Nacken, 2 Speere in der 11.). Zwischen
ihnen oben KAENIAZ, unten KAAilZ.
B) Bekränzter Mauteljüngling nach 1. streckt die R. aus.
Innenzeichnuug reichlich mit verdünntem Firnisse.
12) Kunsthandel. Fragment eines bauchigen Gefässes
(nol. Amphora?) Erhalten ist der Obertheil eines bärtigen Mannes
nach r. in gefälteltem Chiton uud Himat. über der 1. Schulter, die
Haare (Binde) fallen breit auf den Rücken herab. Nase und Stirn
fehlen. Erhalten ist noch der r. Oberarm. L. blassbraun gemalt
. ..ON KAUO^
was vielleicht der Rest vom Lieblingsnamen Hippon ist, siehe
Klein L. S. 72.
Wien.
13. Hofmuseum. Ein Becher aus der Werkstatt des Ni-
kosthenes, den ich auf Grund einer mir von Herrn Professor Rob.
von Schneider gütigst zugesandten Mittheilung beschreibe. Aus
vielen Fragmenten zusammengesetzt, ergab sich die nicht häufige
Form eines henkellosen Bechers auf kräftigem Fasse, ungefähr
entsprechend der Form 47 bei Stephani, Vasensammlung der Ere-
mitage. Doch fehlt hier der Deckel, der auf einem vorspringenden
Wulste aufsass.
Ueber dem Fusse erhebt sich ein Strahlenornament. Die ringsum
laufende Darstellung ist oben diu'ch den Wulst, unten durch einen
breiten Firnisstreifen begrenzt.
Die Mitten der Bilder nimmt je ein Bema ein. das eine ein-
stufig, das andere zweistufig.
MEISTERSIGNATI REN UND LIEBLINGSINSCHRIFTEN 80
Auf dem ersteren, welches die weissaufgemalte Inschrift
VIKOhOENEh KAUOh trägt, steht 1. ein Flötenbläser (jugend-
lich Avie alle anderen Figuren, wo nicht ausdrücklich das Gegen-
theil bemerkt ist, Himat. Haarbinde) nach r. und ihm gegenüber
ein Sänger (Chit. Hirn.), r. und 1. vom liema sitzt dieseui zuge-
wendet je ein Lyraspieler (Chit. Himat.) auf einem Klappstuhle.
Hinter dem 1. sitzenden steht zuhörend ein Jüngling (Chit. Hirn.)
in etwas vorgebeugter Haltung nach r., während hinter dem anderen
Lyraspieler ein bärtiger Alter (Him. um die Hüftt-n) nach r. mit
der L. einen Jüngling beim Stirnhaare ergreift und ihn mit einem
in der R. gehaltenen Gegenstande, vielleicht einer Sandale prügelt.
Der nach 1. umblickende Knabe streckt die Arme nach vorne zu
einem Flötenbläser (Him.) hin, der nach 1. schreitet. Auf dem
zweistufigen Bema, das die ebenfalls weissgemalte Inschrift KALOS
zeigt, steht 1. ein Lyraspieler (Him.) nach r. und ihm zugewandt
ein Jüngling (Chit. Him.), beide aus Raummangel etwas klein
gerathen. R. schreitet auf das Bema ein bärtiger Mann (Him.) zu,
1. vom Bema entfernt sich von demselben ein bekränzter Flöten-
bläser (Him.). Er ist fragmentirt, wie eine Gestalt vor ihm, die
vielleicht ein Tänzer war. Es ist ziemlich viel Innenzeichnunsf
geritzt und Rothbraun für Deckung verwendet.
Nikosthenes hat hier nur mit seinem Namen signirt und in
der Weise anderer Vasenmaler (vgl. Klein M. S. - S. 13) das
Verbum weggelassen, dafür aber zweimal ein xa?.6g hingeschrieben.
Der Stil dieses Gefässes steht etwa auf der Stufe der Oiforder
Amphora Klein M. S. - S. 59 n" 22 = P. Gardner, Catalogiie of
the greek vases of Ashmolean Museum n° 215 pl. IV.
Rom.
Ludwig Pollak.
DI UN RITROVAMENTO DI OGGETTI PREZIOSI
• SüLL'ESQUILINO NEL 1545
II codice Barberiniano XVI 28 contiene il Diarium Aageli
Massarelli de S. Severino post et ante discessum ex urbe ad Con-
cilium Tridenti celebraadum a die 23 Februar. 13 iJ usque ad
diem primam Februarii a. 1546 ' (non autografo ma in copia del
sec. XYII). A f. 12, sotto la data 2'J Marl. Dom. Palm, [sie],
lo scrivente raenziona Tarrivo (a Trento) di una lettera del cardi-
uale Farnese, conteneate istruzioni per i legati ; ed aggiimge a
f. 12^': cum s. litteris ex urbe nuntiatum est Jocalia illa Romae
iiiventa, quae hie annotare non abs re visum est. Siccome di
qiiesto ciirioso ritrovamento, per qiianto sappia io, non si e serbata
altra memoria, mi pare utile di pubblicare qui l'elenco gentilmente
comuuicatomi dal sig. dott. Merkle, lasciando a coloro che piii spe-
cialmente si occiipano delle pietre antiche, il ricercare, se qualche-
diino dei pezzi annoverati si possa identificare con oggetti esistenti,
forse uella raccolta giä Farnesiana ora Napoletana. Qiianto al luogo
del ritrovamento, la cliiesetta oggi non piü esistente di s. Biagio
(detta de montibus o de ascesa) viene aunoverata nel catalogo To-
rinese delle chiese di Roma, ed in quello del Sigiiorili insieme con
quelle di s. Pantaleo (moderi)amente detta la Madonna del Bnon
Consiglio) e di s. Quirico e Julitta ; il Martinelli {Roma ex ethnica
Sacra p. 348) la descrive situata desceademlo de Exquilino prope
S. Petrum in carcere versus Templum Pacis. Una lapide interes-
sante, riferibile alla riedificazioue della chiesetta nel 1201, sta
ancora murata nella sagrestia della Madonna del Buon Consiglio,
e fu pubblicata dall' Armellini {Chiese di Roma, ed. 2, p. 148).
La chiesa fii distrutta poco dopo il 1587 ; l'orto annesso si dovrä
credere situato non lungi dal quadrivio di Via del Cardello e Via
di S. Pietro in Vincoli. Siamo quindi prossimi alla prefettura ur-
bana e al Tempio della Tellure, ed in vicinanza immediata con le
parietinae 7iobilis aedißcii donde nel 1706 tornö alla luce l'epi-
grafe CIL. VI, 913 dedicata a Nerone Cesare.
CH. HUELSEN, DI UN RITBOVAMENTO DI OGGKTTI PREZIOSI, EOG. 91
Nota delle cose irovale nell'horto di San Biagio
presso S. Pletro in Vincola a Roma alli 6 di Aprile [sie] iJ /J.
Una Faustina di Calcidonio.
Una Testa di Calcidonio.
Una Dea della natura con la sua base di Agata.
ün"altra Dea simile minore pur d' agata.
5 Un' aquila con una palla a pie d' agata.
Una mascara di diasporo in o pezi.
Un Vasetto d' agata come un bichiere.
Un Caguölino di Calcidonio che rode un osso.
Una testa di Calcidonio.
10 Una figura di Calcidonio come un termine.
Un vaso d' agata piccolino.
3 vasi di agata rotti in pezzi.
Un bichiere di matre di perle.
Un pezzo di Calcidonio tondo non lavorato.
ij Un pezzo di Corallo bianco.
Un mercurio di Agata.
Un porcellino di pietra dolce.
(f. 13') Un elefante piccolo di ambra.
Un leone di ambra negra.
20 Un Cupido di ambra gialla.
Un Cupido che dorme del medesimo.
Una palla di ambra gialla.
Doi pomi di Cristallo grandi.
Un pomo simile minore.
25 Due come borchie di mula del medesimo.
Una figura di cristallo con la base.
Una clava di Hercole di Cristallo.
Una Bertuccia di Calcidonio,
Un dito di Cristallo.
w Un ramo di arbore di cristallo con una foglia.
Una base di Cristallo.
Una cicada da Cristallo.
• Un vasetto di Cristallo.
92 <:H. HIE[.SEN, DI IN BITROVAMENTO DI OGGETTI PREZIOSI, ECC.
Un copercliio di Cristallo.
3'> Un bicbiero di Cristallo.
Una Taia di cristallo.
Una figuriua di cristallo.
Un Cocchiaro di Cristallo.
Sei come nocciole di Cristallo.
■11' Un catino piccolo di Cristallo.
Un'anello grande di Cristallo con una vittoria intagliata.
Una palla di pietra fina.
Un tigre di Calcidonio.
clf. 3^) Una figura d' ambra negra con la base.
4:' Una medaglia che ha dentro certe figure.
*gLilV ^^L^^. x^.* ^^^^.s. „>^. vv. .,J5V
Un giove grande con il busto d'agata.
Un Giove minore di agata.
Un Giove piii piccolo di Calcidonia.
Un altro Giove di agata.
50 Una Venere di Calcidonio.
Una Dea della natura di Calcidonio.
Una altra Dea simile di Calcidonio.
Una testa di Alex(andr)'' di Calcidonio.
Una testa piccola di Calcidonio.
55 Una testa di Apollo incavata di Cristallo et il rivescio ha
forma di Testudine.
Una mascara di Calcidonio grande.
Undeci mascare piccole come da putti di Calcedonio.
Un Cocchiaro di Calcidonio.
Un Giove di Lapislazoli con '1 busto.
60 Un vasetto da profumi d' argento.
Un Cocchiaro di Cristallo.
Un Vasetto di agata.
Una testa di Socrate di Calcedonio.
Una testa di un poeta di Calcidonio.
G5 Uq marte di Calcidonio.
Un Domitiano d'agata bellissimo.
Un Domitiano d' agata mediocre.
Un Sileno di agata.
Un Traiano di agata.
Ch. Huelsen.
DER FAUSTKAEMPFER DES THERMENMüSEUMS
Von dieser hervorragendeu Bronze hat jüngst C. Wunderer im
Philologiis LVII (X, F. XI) S. 1 tf. eine neue, zur Prüfung an-
regende Erklärung gegeben. Ein solches Werk auf einen bestimmten,
zei-tlich annähernd festzulegenden Vorfall zurückführen zu können
würde in der That höchst erfreulich sein, aber der vorliegende Ver-
such ist schwerlich als geglückt anzusehen.
Der mit den schweren Schlagriemen bewehrte, und mit fri-
schen Spuren eines eben bestandenen Kampfes im Gesichte da-
sitzende Faustkämpfer soll nach dieser neuen Erklärung der welt-
berühmte Kleitomachos von Theben sein, welcher um das Jahr 200
Y. Ch. — Wunderer will sogar noch etwas w^eiter heruntergehen —
einen Strauss von einer gewissen nationalen Bedeutimg mit dem
Aegypter Aristonikos siegreich auskämpfte. Wie uns Polybios
XXVII 9 bei Gelegenheit erzählt, hatte Ptolemaios, IV Philopator
nach Hultsch, nach Wunderer sein Nachfolger Epiphanes (') seinen
Aristonikos gesandt um dem Kleitomachos die Palme zu entreissen,
und die Menge war nach dem ersten Gange dem Aegypter günstig
gewesen. In einer Ruhepause wandte sich dann Kleitomachos an
die Menge und machte ihr wegen ihrer Partheinahme für den Frem-
den Vorstellungen. Ob sie denn nicht wüssten, dass er seine Pflicht
thäte und für die Ehre der Hellenen kämpfte, sein Gegner aber
für die des Königs Ptolemaios ; und ob sie lieber wollten dass ein
Aegypter den Hellenen den Olympischen Kranz entrisse, oder dass
ein Boioter aus Theben als Sieger ausgerufen würde. Mit solchen
Vorstellungen hätte er die Menge vollständig umgestimmt, io dass
Aristonikos mehr noch ihr als dem Kleitomachos erlegen wäre. Die
Bronze des Thermenmuseums nun soll den Kleitomachos darstellen.
(1) Jener nach Hultsch, weil Kleitomachos nacli Paus. VI 15, 3 in den
Olympiaden 141 und 142 in Olympia gesiegt liatte ; und da^Pausanias die
Ruhmestitel des Kleitomachos angeben will : t« Je ol ig J'ii^ay 7]y roLdds y.x't..,
so ist man berechtigt anzunehmen, dass die von ihm angeführten Siege, drei
nvd^o?, fV 'lad^fxiö am selben Tage im Kingen, Faustkampf und Pankration,
endlich in den zwei genannten Olympiaden, nicht die Vorstufen sondern die
Höhe seiner Leistungen sind. Wunderer scheint nicht genügend zu beachten,
dass Kleitomachos in verschiedenen Kampfarten zugleich auftrat.
Mj E l'ETERSEN
wie er ausruliL'iid zur Menge rede: und es sei wohl möglich, meint
"NV. dass dies eben die von Pausauias erwähnte olympische Statue
sei,' welche Hermokrates, der Vater des Athleten geweiht hatte.
Das TQctvua xufoior, welches Aristonikos seinem Gegner im
ersten Gange beigebracht hatte, würde eine genaue Untersuchung des
Originals tinden lassen, meint Wunderer, vielleicht am Halse. Es
wäi-e billig gewesen sich dieses Punktes vorher zu vergewissern,
was ja. sol'ern der Verfasser nicht selbst dazu in der Lage war,
mit einer Anfrage hierher gethan gewesen wäre. Also sei es jetzt ■
versichert, dass am Halse keinerlei Verletzung vom Künstler ange-
deutet ist. überhaupt keine andere als die Quetschungen der linken
Wange, der Nase, vielleicht auch sonst, aber keine wie es scheint
von ernster Bedeutung.
Dass ein Sieger nicht als solcher, sondern in einem voraus-
gehenden Zeitpunkt, namentlich in einem für den Verlauf des Kam-
pfes nicht gleichgiltigen. wie es jene Ruhepause für Kleitomachos
war. dargestellt worden, das wäre ja begreitlich. Aber ist es denn
denkbar. °dass Kleitomachos in so lässig gleichgiltiger Weise sit-
zend seinen Appell an das Nationalgefühl der Zuschauer gemacht,
eine Ansprache an die Menge gehalten hätte, mit welcher er sie
zu seinen Gunsten stimmen wollte ? Das Ethos jener von Polybios
berichteten Ansprache und das Ethos des Faustkämpfers im Ther-
menmuseum ist ein grundverschiedenes. Stumpfsinnig sitzt der bru-
tale Kraftmensch da, nach schwerer Arbeit ruhend, indem er beide
Unterarme auf die Oberschenkel aufstützt, von keiner Rücksicht
auf Anstand und Würde gehalten oder getragen. Mit einer Bewe-
gung und Miene, in welcher mehr Gleichgiltigkeit als Freude,
höchstens eine gewisse stumpfe Neugier sich äussert, w^endet er den
Kopf, gewiss nach den Zuschauern hin. Höchstens ein Laut, un-
möglich eine Rede, gar um die Hörer sich geneigt zu macheu, wäre
mit solcher Haltung vereinbar. ' Dass der Mund zum Sprechen ge-
öffnet erscheint ' ist für W. ausser Zweifel. AVarum ? Der Mund-
spalt ist nicht weiter als bei andern Köpfen, die wohl lebhaft athmen,
aber sicher nicht sprechen. Dass der ]\[anu nicht durch die ge-
quetschte Nase athmen kann, hat Beiger (Jahrbuch 1887 S. 192)
richtig bemerkt, und nicht weiter als zum Athmen nöthig, wird man
den Mund geöffnet finden, wenn man auch noch die Zähne hinzu-
denkt. Denn dass man nicht von Anfang an so wie heute in die
leere Mundhöhle hineinsah versteht sich von selbst. Waren dem
Mann auch, wie durchaus wahrscheinlich etliche — nicht alle, was
Hülsen in diesen Mitth. 1889 S. 178, 2 mit Recht betont — Zähne
eingeschlagen, so konnte das eben nur durch Zahnlücken, nicht
durch gänzliche Zahnlosigkeit anschaulich werden. Auch der vor-
geschobene Unterkiefer, nach Hülsen a. a. 0. scgno dl ferocita
reraraente selvaggia, schliesst den Gedanken Wunderers aus. Dem
Boxer ähnelt sehr der Herakles einiger Bronzemünzen von Phaistos
ÜER FAUSTKAEMPFEB DES THERMENMISEUMS 95
im Britischen Museum Greek coins Crele Taf. XV 7 und 9. Ge-
genüber dem zu späten, keineswegs so allgemein angenommeneu
Zeitansatz weise ich nur hin auf einen unscheinbaren aber eigen-
thümlichen Zug, die Bildung des Schnurrbarts, mit seinen kleinen
emporgestricheneu Haarbüschelchen. Dazu bietet der Ludovisische
Gallier eine überraschende Analogie, ja auch die Brauen sind trotz
der grösseren Fülle bei der Ludovisischeu, dennoch an beiden Figu-
ren ähnlich.
Es scheint nicht, dass die Bronze nach ihrer Auffindung anderer
Ergänzung als des Felssitzes bedurft habe, zumal es Photographien
giebt, Avelche den Boxer noch in der Ausgrabung so wie er jetzt ist
zeigen. Um so gewisser sind antike Ergänzungen, worunter nicht
die von Hülsen a, a. 0. bemerkten Gussfehlercorrektureu zu ver-
stehen sind ; und auch die abgeschlissenen Zehen beweisen dass
die Statue schon im Alterthum, leicht erreichbar, ihre Schicksale
gehabt hat.
Jedem aufmerksamen Betrachter muss auffallen dass der 1. Arm
wie Fleisch auf Fleisch auf dem Bein ruht, der r. dagegen wie
todter Stoff, ohne Nachgeben des einen und des andern. Bei ge-
nauerer Betrachtung erkennt man die sicherste Spur einer Ausbes-
serung an einem, vielleicht zweien, mehrere Mm. im Durchmesser
habenden Nietköpfen hier aussen auf dem Oberschenkel. Von der-
selben Art einen aussen am 1. Glutaeus, einen zweiten weiterhin,
etwa an der Mitte des 1. Oberschenkels, einen dritten nahe bei
dem Flicken an dessen Unterseite. Es scheint, dass diese Theile
zusammengedrückt und dann wieder aufgetrieben worden und in-
nen durch gegencfenietete Stücke Halt bekommen hätten, was durcli
den offenen Sitz zu erkennen sein müsste.
Wichtiger ist etwas anderes. Zweifellos ist das Wirbelstück
des Hinterkopfes, etwa 10 cm. im Durchmesser, eine spätere Zu-
that von schlechter Arbeit, roh und nothdürftig dem übrigen Haar
angepasst. Natürlich war das echte Stück verloren gegangen, was
nur begreiflich, wenn es auch ursprünglich besonders gearbeitet war.
Das hatte aber gewiss den Zweck, den man anderswo durch sepa-
rate Ausführung des Kopfes erreichen mochte, nämlich Augen und
Zähne, die aus andrem Stoff gearljeitet waren, von innen einzufügen.
E. Petersen.
SITZUNGEN
7. Jammr: ]\I.vr über das Grabmal dos Eurysaces. — Petersen
über ein Hochrelief des vatikanischen Museums.
21. Januar: Petersen über den Torso vom Belvedere. — K. Her-
zog über den Ganswürger bei Herondas. — Maf über das
,;enaculinn.
4. Februar: ]\Ions. Wim'KRT über diu Consulartraoht im 4. und
folo^e. .Tahrhunderten. — Petersen über eine historische
Erklärung des P'austkämpfers im Thermenmuseum. Dazu
HuEi.sEN. — Petersen über Caile Vipenna und Cacu auf
etruskischen Denkmälern.
18. Februar: Mons. Wilpert über das Pallium des Trachtgeset-
zes vom J. 382. — Cantarelli über das Elogium der Äla-
tidia {Clf.. XIV 8579). — Petersen über die Wandge-
mälde der tomba Franyois in Yulci.
4. März : ausgefallen wegen der Festa dello Statuta.
18. März : Körte über einen Theil der Wandgemälde der grotta
dei tori in Corneto. Dazu Karo, Loewy, Petersen. —
Hltelsen Inschrift vom Pompeiustheator [CIL. VI 55*; s.
Mittheiluugen später). — Pollak über eine archaische Vase
mit der Lösung Hektors. — Petersen über die griechische
Büste von Elche nach P. Paris' Herausgabe.
1. April: Savignoni Boiotische Vasen. Dazu Petersen. — Peter-
sen über die grösste antike Statue in Rom. Dazu Huelsen.
15. April: Petersen über die vatikanische Pigna. Dazu Huel-
sen. — Mau über Weichardt, Pompeji vor der Zerstörung. —
Savignoni legt im Namen des comm. Barnabei die im
Auftrage des Ministeriums angefertigte Copie des Philoso-
phenmosaiks von Torre Annuuziata vor mit Grundlinien eines
eisjenen Erklärungsversuches. Dazu v. Wilamowitz-Moel-
LENDORFF.
22. April: Paliliensitzung: Petersen über die capitoliuische AVöl-
tin. — Huelsen über Sergius IwanolV und seine Rekon-
struktion der Caracallathermen.
ORPHISCHES
rX DER UXTEKITALISCHEX VASEXMALEREI.
In dem 18. Hallischen Winckelmannsprogramm p. 36 f. hat
Roheit auf's Neue einen in Neapel betindlichen Krater aus Ruvo
(Heydeniann. Vaseusamml. Xr. 3256) mit Bildern der Marathon-
Schlacht und des Kore-Raubes besprochen und die beiden haupt-
sächlichen Darstellungen nach Mon, d. I. II T. 30-31 mit Hiu-
weglassung der modernen Ergänzungen abgebildet. Die Deutung
der Hauptseite mit dem Schlacht-Bilde ist gesichert ('), während
(•) Dargestellt i^t' keine Amazonenschlacht, sondern ein Kampf zwischen
Persern rind Griechen, oben ia der Mitte Hellas von Nike bekrönt and Aihena
Iq den Kampf heribfahrend (zwischen beiden eine Lücke 1, an beiden Seiten
ie eine Gruppe zuschauender Götter: links Poseidon, Aphrodite, Eros, Pan,
rechts Zeus, Artemis und Apollou. Robert rechnet Athena zu der linken
Gruppe und sieht in dieser " die charakteristischen Götter der athenischen
Akropolis, sowohl die auf dem Plateau wohnenden alten Herrscher der Stadt,
als die an den Abhängen später angesiedelten n. Er überträgt dann die ein-
zelnen, auf dem Vasenbild dargestellten Gottheiten auf seine Reconstruction
des Bildes der Marathonschlacht in der Poikile. Nun ist aber die Athena auf
ihrem Wagen deutlich von der linken Grujipe gesondert: sie ist in Action,
die andern sind müssige Zuschauer und entsprechen deutlich, räumlich und
inhaltlich: der ebenfalls müssigen Gruppe rechts. Aphrodite. Eros und Pan —
einige Male tritt noch Peitho hinzu — ist eine sehr häufige, augenscheinlich
ganz formelhaft gewordene Zusammenstellung auf den späten Vasenbilderu.
und fast in allen Fällen ist ein Bezug auf den athenischen Cult von vorn-
herein ausgeschlossen, sodass wir mit Sicherheit behaupten können, dass dieser
Cult nicht den Anlass zu jener Zusammenstellung gegeben hat, und dass wir
dies deshalb auch auf unserem Vasenbild nicht voraussetzen dürfen. Ich habe
in meiner Dissertation (Personificierung des Lebens in der Natur; p. .Sl ff)
versucht, den wahren Grund zu der stereotypen Vereinigung jener Gottheiten
in ihrem gemeinsamen Verhältnis zur 'elementaren Natur und in der ihnen
gleichraässig zugeschriebenen, zauberhaften Macht über die Sinne der Menschen
7
98 "V^- AMEIANG
in der anderen, wenigstens in der des Mittehtreifens, noch so viele
Absonderlichkeiten übrig bleiben, dass sich auch Robert selbst das
Problematische seiner Erklärung der einzelnen Figuren nicht hat
verhehlen können.
Das Bild ist in drei horizontale Streifen geteilt; in dem
untersten war, nach den Resten zu urteilen, die Entführung der
Köre dargestellt; links sind erhalten Hekate, Hermes und zum
Teil zwei Pferde des Gespannes, rechts zwei Gespielinnen der
Geraubten und Kopf und Hände einer Dritten. Zwischen dieser
dritten und dem "Wagen ist noch Raum für zwei Figuren.
In der obersten Reihe sind links Hera. Zeus und Ganymed
zu erkennen. Dann folgt das Viergespann des Helios, das Demeter
eben im Begriff ist zu besteigen; darauf ein stehender Jüngling
mit Chlanis, Kranz und Blume, dann Poseidon, endlich Eos oder
Selene. Die Deutung des Jünglings auf Phosphoros ist unsicher.
Dieser wird sonst auf den unteritalischen Vasen als schwebender
Knabe mit Fackeln dargestellt; hier kann man nicht einmal mit
«larzulcgen. Ebendort habe ich eine grosse Reihe von einschlägigen Denkmä-
lern behandelt. Wenn ich auch, wie natürlich, nicht mehr alle dort gegebenen
Deutungen im Einzelnen verteidigen möchte, so halte ich doch an meiner
Orundauffassung fest, und ich darf behaujiten. dass die Monumente mir Recht
geben. Ueber das Bild der attischen Lek3'thos mit dem Ringkampf von Peleus
und Thetis, das Robert ebenfalls citiert (Overbeck, Call. her. Bildw. T. VIII 1),
vergleiche meine Dissertation p. 33. Dort sehen wir links Peitho, Aphrodite,
Eros und Pan, ihnen gegenüber Athena und Poseidon, erstore in deutlichem
Bezug zu Peleus, letzteren zu Thetis. Auf unserer Vase tritt Poseidon zu
Aphrodite mit Eros und Pan und bildet mit ihnen eine Gruppe elementarer
(lottheiten im Gegensatz zu der andern Seite, zu Zeus mit Apoll und Artemis.
Wir finden diese gegensätzliche Entsprechung beider Kn ise von Göttern auch
sonst; vgl. meine Diss. p. 37 u. .39; auch auf dem zweiten Hauptbild unserer
Vase (siehe oben) ist Poseidon als Vertreter seines Elementes zwischen die
Gottheiten der Gestirne gesetzt. Mögen die cultlichen Zusammenhänge für
die Auswahl zuschauender Götter an monumentalen Werken entscheidend
gewesen sein — sicher nachgewiesen ist auch das nicht — . so ergiebt sich
d'.ch bei den decorativen Werken der Kleinkunst, wie den Zeichnungen unserer
Vasen, sobald man sie in grösseren Reihen betrachtet und ihre Darstellungen
nur aus dem bei ihnen Gegebenen und ständig Wiederholten beurteilt, dass
für die Auswahl der zuschauenden Götter auf ihnen zunächst allein poetische
Heziehungen massgebend waren nnd da-s sich weiterhin eine gewisse Tradition
bildete, die am Ende zu gedankenloser Wiederholung der altgewohnten For-
meln führte.
ORPHISCHES IN DER UNTERITALISCHEN VASENMALEREI 99
Bestimmtheit sagen, dass er dem Wagen voranschreitet; er scheint
vielmehr mit Poseidon zusammenzugehören. Einen anderen Namen
weiss ich ihm allerdings auch nicht zu geben. Poseidon ist öfters
so, wie hier, zwischen die Gottheiten der Gestirne gestellt; er ist
der Gott des Elementes, aus dem sie auftauchen und in dessen
Fluten sie verschwinden. Hier entspricht er ausserdem noch dem
Zeus als Bruder des Hades.
Die Gruppe des Helios mit Demeter setzt diese Reihe mit
der untersten in Beziehung, denn zweifellos ist hier der Moment
dargestellt, in dem die suchende Mutter den Sonnengott nach dem
Verbleib ihres Kindes fragt: soviel ich weiss, das einzige sichere Bei-
spiel dafür, dass zwei zeitlich auseinander liegende Momente einer
Sage räumlich in demselben Bilde vereint dargestellt werden (').
In dem mittleren Streifen sind deutlich charakterisirt: links
die stehende Iris, rechts die sitzende Aphrodite mit Eros. Zwischen
ihnen eilt eine jugendliche Seh aar von sechs Figuren nach rechts;
zwei davon sind zu Pferde. Die beiden äussersten links sind gerüstet
mit Panzer, Helm, Schild und Lanze. Schild, Lanze und Helm
(') Nicht absolut sicher ist das Gleiche der Fall auf dem Vasenbild,
das das Schicksal des Adonis darstellt; Heydemann a. a. 0. SA. 702, Bullett.
uapolet. N. S. VII t. 9 und Baumeister, Denkmäler p. 16. Unmöglich richtig
ist die Deutung, die in der Frau rechts tiben Persephone, in dem Knaben
links Adonis und in der Frau hinter ihm Demeter erkennen will.
Zu bedenken ist vor allen Dingen, dass dieser obere Teil des Bildes
besonders beschädi<:ft und restauriert ist. Der Knabe links war augenscheinlich
ursprünglich ein Erot, wie der besser erhaltene rechts im Arm der Aphrodite.
Der scheinbare Hut ist ein Rest der Flügel ; das Band ist dort wie hier vorhan-
den. Die Frau rechts oben ist nach ihrer Stellung im Bilde eine Nebenperson,
wie der ihr entsprechende Hermes. Der angebliche Zweig ist fast ganz modern,
und der Kasten, auf den sie sich lehnt, ist ein übliches, gänzlich neben-
sächliches Utensil auf dieser Art von Bildern. Neben Aphrodite wird hier Peitho
am ersten zu vermuten sein.
Die angebliche Demeter ist augenscheinlich Persephone (so schon von
Heydemann benannt); ihr Attribut wird ursprünglich die Kreuzfackel gewesen
sein. Mit dem Wegfall des kleinen Adonis hört auch die sichere Beziehung
auf den Streit der beiden Göttinnen auf. Natürlicher scheint es, Aphrodite
in Klagen über das Ereignis zu denken, das wir unten dargestellt sehen.
Nichts nötigt uns, sie in der Figur am Kopfende des Bettes abermals zu
«erkennen; ebensowenig Persephone in der Gestalt rechts davon. Diese wäre
indess bei einer Klagescene um Adonis, wie wir sie annehmen, wohl am Platze,
und ihre Ruhe dabei sehr verständlich.
100 W. AMELl NG
hatte auch die zweite Figur von rechts, von der nur der Kopf
erhalten ist. der sich von denen der andern in keiner Weise unter-
scheidet. Der erste Reiter links und die nächste Figur, von der
der Kopf und der rechte Arm erhalten sind, zeichnen sich durch
orientalische Kopfbedeckungen aus; die fragmentierte trug aus-
serdem ein orientalisches gemustertes Aermelgewand, und in ihrer
Hand erkennt man ein Schallbecken.
Dass diese bunte Gesellschaft mit der Hauptdarstellung zusam-
mengehört, dass sie auf das Geschrei der Geraubten zu Hülfe eilt,
ist klar. Robert deutet die beiden Reiter als Dioskuren, nimmt
aber selbst an der orientalischen Kopfbedeckung des einen Anstoss.
Er benennt die rechte fragmentierte Figur Athena ; wir sahen, dass
der Kopf sich in nichts von denen der anderen Figuren unterscheidet,
also ebensogut, wie diese, einem Jüngling augehört haben kann.
Das linke Fragment soll von einer Artemis stammen ; das orienta-
lische Kostüm wäre nicht so befremdlich, wie Robert glaubt (').
Aber das Schallbecken? Die beiden Vollbewatfneten werden Apoll
und Ares genannt, aber für die Darstellung des ApoUon als Hopliten
weiss Robert selbst nur archaische Beispiele anzuführen.
Vor allen Dingen aber widerstreitet es der Sage durchaus,
dass mit Athena und Artemis zugleich auch noch andere Gottheiten
auf das Geschrei zu Hülfe eilen. Athena und Artemis sind Gespie-
linnen der Köre, aber vor den aadeni Göttern ist ihr Aufenthalt
verborsren und keiner von ihnen ausser Helios weiss nach der That
der fragenden Demeter Kunde zu geben.
Die Schaar is^ einheitlich und muss einheitlich erklärt werden.
Es sind zarte Jünglinge, gewaifnet, teilweise orientalisierend geklei-
det; die Schallbecken setzen sie in nahe Beziehung zu der orgia-
stischen Umgebung der grossen Mutter. Es giebt nur eine Benennung,
die den angegebenen Zügen entspricht: es sind Korybanlen oder
Kurelen. Die vollständigste Zusammenstellung der Monumente, die
uns diese Wesen darstellen, findet sich jetzt in dem betreffenden
Artikel von Immisch in Roscher's mythologischem Lexicon. Ihre
Erscheinung entspricht überall der Darstellung auf unserer Vase.
(') Vgl. einige Beispiele in meinem demnächst bei Panly-Wissowa,
Iteal-Encj'clopädie erscheinenden Artikel Xf<p*()wroV/«rwV; ausserdem P. Hart-
wig, Hendis.
ORPHISCHES IN DER tJNTERITAMSCHKN VASENMALEREI 101
Nun aber kommt hinzu, dass die Korybanten und Kureten in
der That in einer bestimmten Version der Sage vom Raube der
Köre eine Rolle spielen : sie sind die Wächter der von der Mutter
Verborgenen fern am Strande des Okeanos. So wurde erzählt in
der Kögr^g aQTiayt) des Orpheus (die ausführlichste Behandlung und
Reconstruction bei Förster, Raub und Rückkehr der Persephone
p. 39 ff.) Dieser orphischen Dichtung ist der Vasenmaler hier ohne
Zweifel gefolgt, allerdings auch nur in diesem einen Zuge; denn,
wenn wir oben Demeter mit Helios im Gespräche sehen, so deutet
dies augenscheinlich vielmehr auf die Darstellung des homerischen
Hymnus, nach dem Demeter von Helios die Person des Räubers
erfährt. In der orphischen Dichtung geschah dies erst durch die
Augenzeugen in Eleusis. Der Schilderung des Hymnos widerspricht
andererseits, dass unten Hekate dem Wagen des Entführers voran-
leuchtet, während sie dort zur Zeit des Raubes in ihrer Höhle
weilt, den Schrei der Köre vernimmt, aber den Räuber nicht sieht.
Zwischen dem Wagen des Hades und der fragmentierten Nym-
phe waren wahrscheinlich Athena und Artemis dargestellt. Dass
Aphrodite nicht bei ihnen ist, sondern oben thront als leitende
Gottheit, widerspricht wiederum der orphischen Dichtung, denn
dort kommen Aphrodite, Artemis und Athena und locken Köre
vom Webstuhl auf die Wiese hinaus, um Blumen zu pflücken
Aphrodite müsste also unter den Gespielinnen der Geraubten dar-
gestellt sein, wie auf den entsprechenden römischen Sarkophagen.
Es zeigt sich demnach auch hier wieder, dass der Künstler
nicht eine bestimmte Dichtung sklavisch illustriert hat, sondern
frei die einzelnen Elemente seiner Darstellung aus den verschie-
densten Quellen schöpft. Sicher aber ist die eine dieser Quellen
eine orphische Dichtung gewesen. Diese Thatsache ist um so bemer-
kenswerter, als unlängst von zwei Seiten eine andere Reihe unter-
italischer Vasenbilder ebenfalls mit einer Dichtung des orphischen
Kreises in Zusammenhang gebracht worden ist. Dieterich (De
hymnis Oi-phicis capita V p. 40 f u. Nekyia p. 128) und Kuhnert
(Jahrb. d. J. 1893 p. 104 f.) haben beide in der Hauptmasse der
Darstellungen des Orpheus in der Unterwelt auf den unteritalischen
Pracht-Amphoren eine Illustrierung der Elg "Aiöov xazcißaaig des
Orpheus zu erkennen geglaubt; Orpheus sei auf diesen Bildern
nicht der liebende Gatte, der seine Eurydike wieder erbitte, son-
102 W AMEMNG
dorn der Beschützer der in seine Mysterien eingeweiliteu Seelen,
der die eben Ankommenden der Gimst der Unterweltsgötter em-
pfehle. Als Grundlagen ihrer Ansicht dient der Nachweis, dass zur
Zeit der Entstehung der Vasen die orphische Religion in Unteritalien
eine ausserordentliche Verbreitung gefunden hatte, und die Beob-
achtung, dass auf den in Frage kommenden Gemälden die Figur
der Eurvdike fehlt. Widerspruch hat Milchliöfer im Philologus
(1894 p, 385 tf, u. 1895 p. 751 f.) erhoben; in derselben Zeit-
schrift (1895 p. 198 If.) hat dem gegenüber Kuhnert seine Auf-
fassung nochmals detaillierter entwickelt.
Die Behauptung, dass Eurvdike auf den betreffenden Bildern,
d. h. den grossen Unterwelts-Darstellungen fehle, bedarf einer Modi-
ticierunor, denn auf der Vase, von der die bekannten Karlsruher
Fragmente stammen und die eine Darstellung der Unterwelt ganz
nach Art der Münchener Vase enthielt, war aller Wahrschein-
lichkeit nach Euiydike in der That über Orpheus sitzend dargestellt
(siehe zuletzt Arch. Anz. 1891 p. 92); wenigstens müssen wir
mit dieser Möglichkeit rechnen. Da die genannten Fragmente nun
eine bessere, sorgfältigere Zeichnung aufweisen, als die übrigen,
vollständiger erhaltenen Vasen, so scheint es nahe zu liegen, was
diese Fragmente geben, für das Ursprüngliche zu halten. Hiergegen
muss man indess einwenden, dass es für die an der Haupthandlung
innigst beteiligte Figur kaum einen unpassenderen Platz in der
ganzen Composition gab, als hier zu Häupten ihres Gatten, und
jedenfalls keine unpassendere Stellung, als die, in der wir sie sehen,
in sich versunken, mit dem Kücken nach dem Centrum gewendet.
Nun ist zudem auch sonst schon bemerkt worden, dass die Figur
in den Hauptzügen ganz mit der der Megara auf den anderen
Vasen übereinstimme. Diese aber gehört zum typischen Bestände
der Bilder. Darum liegt es näher, die Sache so aufzufassen, dass
der Maler der Karlsruher Fragmente sich die in seiner Vorlage
uraprünglich nicht vorhanden.3 Eurydike aus der Figur der Megara
nicht gerade glücklich zurecht gemacht habe. Wir werden einen
analogen Fall noch an einem anderen Beispiele constatieren können.
Wenn man also zugeben muss, dass Eurydike aller Wahr-
scheinlichkeit nach auf einem der in Frage kommenden Bilder
dargestellt war, so hat sich doch ergeben, dass sie dem ursprüng-
lichen Figurenbestand dieser Bilder wahrscheinlich fremd Avar.
ORPHISCHES IN DER IINTKRITALISCHEN VASENMAI.KREt 103
Es ist also dem Argument Dieterich's und Kiihnert's damit nichts
an Kraft entzogen.
In dieser Hinsicht ist auch das Vasenbild, das die Sage von
Orpheus und Eurydike unverkennbar darstellt, noch wichtiger, als
bisher erkannt worden ist (abgeb. Wiener Vorlegeblätter Serie E,
T. III 2). Auf ihm ist nicht nur die Rückführung der Eurydike,
sondern auch — in Verbindung mit der Bezwingung des Kerberos
durch Herakles — die Befreiung des Theseus aus dem Hades
dargestellt. Theseus ist ganz ohne Zweifel der Jüngling, der dem
Hermes voraneilt ; in der oberen Reihe rechts sehen wir Dike mit
dem allein zurückbleibenden Peirithoos (so schon erkannt von
Heydemann a. a. 0. SA. 709, Petersen in der Arch. Zeitung 1877
p. 121 und Winkler, Darst. d. Unterwelt auf unterit. Vasen p. 32;
Kuhnert, Jahrb. p. 109 glaubte, den Jüngling nicht bestimmt deu-
ten zu können).
Betrachten wir zur Vergleichung die anderen Bilder, so sehen
wir dort Theseus wohl im Gegensatz zu Peirithoos vom Sitze gelöst,
aber nichts deutet auf seine Rückführung; dort ist die Sagenversion
befolgt, nach der Theseus freiwillig bei dem Freunde zurückbleibt
(vgl. Winkler a. a. 0. p. 40). Der Maler des Bildes T. III 2 hat
hier absichtlich geändert, wie auch in dem oberen Streifen ; in
beiden Fällen hat er durch seine Aenderung das Thema der Befrei-
ung eines Wesens aus den Banden des Todes betont im Gegensatz
zu den Malern der andern Bilder, die davon nicht das Geringste
angedeutet haben.
Dass er aber seine Darstellung mit Hülfe der anderen zu
Stande gebracht hat, dass diese also die ursprünglichere Fassung
wiedergeben, beweist die vollkommene üebereinstimmung des The-
seus mit dem Hermes der Bilder W. V., T. III 1 und IL Das
Mädchen rechts neben der Hekate des unteren Streitens ist hier
ohne Attribut; sie ist ohne Zweifel eine Danaide, eine Erinnerung
an den Chor derselben auf den anderen Vasen. Die wirklich schöne
Gruppe des Orpheus und der Eurydike werden wir dem unselb-
ständigen Verfertiger des Bildes nicht zutrauen mögen ; sie kann
aus einer entsprechenden Darstellung stammen.
Das Bild W. V. T. IV hat Kuhnert in seinem zweiten Aufsatz
nicht weiter benutzt. Der Jüngling, den er im Jahrbuch (p. 106)
für einen Mvsten erklärt, ist ohne Zweifel Apollon neben Artemis
104 \V. AMELUNG
(besnoders als Apollon abgeb. bei Overbeck, Kimstmythol. T. XXll
2). Winkler (p. 65 ff.) hatte die ganze Darstellung schon mit Recht
auf die Anodos der Köre bezogen. Nach ihm wären die zuschauenden
Gottheiten als Liebes- und Hochzeitsgötter anwesend. Ich habe
in meiner Dissertation (Personiticierung des Lebens i. d. Natur
]). 51 f.) die Vase ebenfalls besprochen und bin dort durch die
Hetrachtung eines grösseren Kreises entsprechender Bilder dazu
gelangt, in ihnen vielmelir Natur- und Frühlingsgötter zu sehen,
welche durch ihre Anwesenheit ihre Teilnahme an dem Hauptvor-
L'ange beweisen, der das Neuerstehen des Blühens und Gedeihen;^
auf Erden bedeutet. Die Gottheiten sind natürlich nicht mit in
der Unterwelt zu denken ; das Local ist durchaus ideal behandelt.
In demselben Sinne ist auch die Anwesenheit der Aphrodite
auf dem Londoner Bild (Winkler p. 69, Tafel) zu verstehen. Auch
hier ist die Göttin scheinbar mit in der Unterwelt; ebenso auf
dem Bilde W. V., T. V 2, wo wir sie in der Figur rechts zu
erkennen haben. Die Figur links ist am Wahrscheinlichsten eine
Danaide; sie vertritt den ganzen Chor ihrer Schwestern, wie die
entsprechende Gestalt auf dem Bilde W. V., T. III 2. Für die
Persephone ist sie zu einfach in Kleidung und Haltung ; diese aber
kann wiederum in der Figur rechts nicht erkannt werden wegen
des Sonnenschirmes. Sie fehlt auf diesem Bilde, das übrigens in
der Composition ganz merkwürdig mit dem bei Winkler publi-
cierten übereinstimmt.
In naher Beziehung zu den erwähnten Bildern der Anodos
steht das Bild W. V., T. VI 2. In der unteren Reihe ist der üb-
liche Chor der Danaiden. In der Mitte der oberen Reihe thront
Hades; über ihm hängt sein Hut und Schwert, wie auf dem bei
Winckler publicierten Bilde. Links von ihm steht Köre, auf die
erloschene Kreuzfackel gelehnt. Weiter links sitzt Aphrodite, durch
Kleidung, Ball und den darüber hängenden Fächer und Gürtel
genügend gekennzeichnet. Rechts von Hades steht Hekate und
wieder rechts von ihr sitzt eine Erinys. Uebergangen ist bisher
die Jünglingsgestalt links mit leichtem Mantel, gelehnt auf einen
Stab, das Haupt mit Lorbeer bekränzt; über ihm hängt eine Leyer.
Er hat Gesicht und Hände im Gespräch erhoben; Aphrodite neigt
sich horchend zu ihm. Die natürlichste Deutung, gesichert durch
Lorbeer und Leyer — auch die anderen hängenden Gegenstände
ORl'HISCHES IN DER l'NTEKITALISCHKN VASENMALEREI lOö
sind für die darunter befindlichen Figuren bezeichnend — , scheint
mir die auf Apollon. Er ist mit Aphrodite hier den Unterwelts-
gottheiten zugesellt, mit ihnen zusammengestellt zu einer Art sacra
coiiüersazione, oder er vertritt hier einmal Hermes, und es wäre
wieder auf die Anodos angespielt. So sehen wir ihn auch auf dem
Bilde W. V., T. VI 5 neben dem Palast der Unterweltsgötter.
Das Local ist, um es noch einmal zu betonen, in all diesen Fällen
ideal behandelt.
Kuhnert (p. 104) nimmt den Jüngling als Mysten und sagt,
er erhebe beide Hände als Bittender. Wir kommen damit zu dem
Kernpunkt der Kuhnert'schen Deutung. Die Gebärde des Bittens
oder Betens ist uns genügend bekannt aus Denkmälern, die nicht
im Einzelnen angeführt zu werden brauchen. Sie besteht in einer
Erhebung der rechten Hand oder beider Hände etwa in Schulter-
höhe, wobei die Handfläche ein wenig nach aussen gewendet wird.
In allen Fällen ist die Bewegung anders, als die Gebärde des
Jünglings auf der Vase, anders auch als die Gebärde des entspre-
chenden Jünglings mit dem Aehrenkranze auf W. V., T. III 1,
der ebenfalls ein Myste sein soll. Bei beiden Jünglingen aber wäre
vor allen Dingen das lässige Auflehnen auf den Stab in dem Mo-
ment, in dem sie den gewaltigen Herrschern der Unterwelt eine
Bitte vortragen, deren Gewährung oder Versagung über eine Ewig-
keit entscheidet, ganz unverständlich. Beide sind durch ihre Haltung
deutlich charakterisiert als müssige Zuschauer; der eine ist in
einem Gespräch begriffen ; der andere erhebt sinnend und staunend
die Hand, iu's Hören versunken, nicht anders als die Dana'ide,
die in seinem Kücken steht. Was soll ferner bei diesem « Mysten »
die Bekränzung mit Aehren? Das scheint doch vielmehr darauf
zu deuten, dass wir hier einen chthonischen Heros, etwa Tripto-
lemos, zu erkennen haben ('), woran schon Winnefeld (Beschr. d.
Vasens. in Karlsr. p. 101) gedacht hat. Jedenfalls aber stellt keiner
von diesen beiden Jünglingen einen Bittenden dar.
So bleibt uns von den orphischen Mysten nur die Familie
hinter Orpheus auf W. V., T. I übrig. Trotz dem sie dicht hinter
Orpheus steht, ist sie mit diesem in keinen engeren Zusammenhang
(1) In diesem Falle könnte die Figur dein Original nicht angehört haben,
da auf diesem augenscheinlich die drei Todtenrichter, unter diesen Tripto-
lemos als bärtiger Mann, vorhanden waren. Vgl. Kuhnert, Jahrb. p. 108.
l(lG W. A.MELING
*'ebraclit. Der Mann, spielend beschäftigt, sich einen Kiauz auf's
Haupt zu setzen, blickt um nach seiner Frau, die ihm den Blick
zui-ückgiebt, indem sie sich lässig mit übereinander gestellten
Füssen an ihn lehnt und mit der Linken das Himation über die
Schulter zieht. Das Söhnchen ist wieder ganz für sich mit seinem
Spielzeug beschäftigt.
Dass der Kranz des Mannes von Myrthen ist, wird niemand
beweisen können, und es ist deshalb gleichgültig, ob Myrthenkränze
in den orphischen Mysterien eine Rolle gespielt haben oder nicht.
Kuhnert sagt, der Blick der Frau hafte an Persephone; aus dem
Bilde selbst ist das nicht abzunehmen. Natürlicher und einfacher
wird ihr Blick mit dem ihres Mannes in Verbindung gebracht.
Jedenfalls aber verbietet auch hier die nachlässige Haltung jeden
Gedanken an Flehende vor der Gottheit. Eine Deutung auf eine
Familie der Heroen weit vermag auch ich nicht zu geben. Sicher
ist, dass uns die Gruppe im Gegensatz zu den Erscheinungen der
Büsser ein Bild reinen, ungestörten Friedens giebt. Mögen es Mysten
sein; die Gruppe würde uns dann ein Beispiel des seligen Lebens
der Geweihten nach dem Tode darstellen. Aber auf keinen Fall
sind es Ankömmlinge, die erst jetzt die Gewährung der Seligkeit
aus dem Munde der Persephone erhalten sollen.
Dürfen wir also die von Kuhnert als Mysten gedeuteten Figu-
ren nicht in directen Zusammenhang mit Orpheus bringen, so fragt
es sich, wass denn seine Erscheinung und sein Gesang und Spiel
hier bedeuten soll. Es scheint mir nur eine Erklärung möglich:
Orpheus ist begriffen auf seiner elg "Aidov xarcißaaig, die das ihm
zugeschriebene Gedicht geschildert hat; er ist im Hades, « dass
er den Menschen ein Bote werde der Dinge da drunten und sie
dadurch für seine Lehre gewinne und zu dem offt'wg ^f]v bekehre "
(Dieterich, Nekyia p. 128) ('). Als Parallele zu diesem kühnen
Wagnis des Sängers dient die Hadesfahrt des Herakles, bei der es
galt, den Kerberos heraufzuholen; nicht ohne Absicht scheint
hierbei der Hinweis auf die Erlösung des Theseus ganz unter-
(') Trotzdem küniito die Familie auf dem Müiichener Bild Mysten
darstellen. Die f^anze Zusammeiif^ruppierun«; auf diesen Bildern ist symbolisch.
Auch Mef^ara und die Herakliden sind erst nach der Heraufliolung des Kerbe-
ros gestorben.
ORPHISCHES IN DER L'NTERITALISCHEN VASENMALEREI 107
drückt, um den Gedanken an die Erlösung der Eurydike gar
nicht aufkommen zu lassen.
Wenn wir also auch die Einzel-Erkläningen Kuhnerf s abwei-
sen mnssten, so bleibt doch Dieterich's ursprüngliche, in seiner
Dissertation ausgesprochene Ansicht bestehen, der Zusammenhang
mit dem orphischen Mysterienglauben, die Abhängigkeit von einem
orphischen Gedichte. Dieses Resultat findet nun durch das Ergebnis
unserer Untersuchung über die Darstellung des Kore-Kaubes eine
neue Stütze, denn auch dort geht die Darstellung in der Hauptsache
auf eine orphische Dichtung zurück.
W. Amelung.
DAS PATlUMOxNIUM UND DIE RATIO THESAUROKUM.
Wenn Augustiis in den res yestae von seinen Gescheuken au
das Volk und seinen Ausgaben für den Staat spricht, redet er stets
von seinev pecu/iia privata^ seinam patrmoniiun (s, die Zusammen-
stellung bei Kniep Socielas puhlicanorum Jena 1896 p. 161), die
er streng von den öitentlichen Geldern, zu denen die maaibiae
gehören, scheidet. In seinem hreviarium totius imperii, dieser
Rechenschaftsablegung an den Senat und das Volk, sagt er: bre-
marium totius imperii ... quantum pecuniae in aerario et fiscis etc.
Was er hier unter ßsci versteht, ist nicht ganz klar. Ursprünglich
bedeutet « ßscus » einen " Korb », in den Gelder, und besonders
Gelder, die nur für kürzere Zeit aufbewahrt werden sollten ein-
gepackt wurden (s. Cic. Verr. act. pr. 22. 24. Tac. Ann, I. 87. Suet.
Claud. 18. Seneca Ejrist. XX 2 (119). 5). Hieraus entwickelte sich
die Bedeutung « Kasse " und zwar, wie es scheint, hauptsächlich
Provinzialkasse (s, Cic. Verr. II 3. 197). Provinzialkassen sind
auch die ßsci bei Augustus und zwar aus folgenden Gründen. Au-
gustus giebt den Bestand der ölfentlichen Gelder au, erstens der
Gelder, die unter der Verwaltung des Senats standen, zweitens
derer die zu seiner eigenen Disposition standen. Die letzteren aber
sind ausschliesslich Gelder, die ihm aus den Provinzen zukamen:
die Abgaben der Kaiserlichen Provinzen und vielleicht die asia-
tische Kopfsteuer, die in den ßscus Asiaticus floss. Von seinem
eigenen Vermögen, seinem Patrimonium, konnte er hier nicht reden;
von dem, was ihm persönlich gehörte, brauchte er keine Rechen-
schaft abzulegen ('). Das lässt darauf schliessen, dass unter Au-
Cj Auch das aerarium militare kann unter ßsci nicht gemeint sein,
da 08 zu der Zeit des Augustus eher mit dem aerarium als mit den ßsci
identificiert werden konnte.
M. ROSTOWZBW, DAS PATRIMONIUM UND DIE RATIO THKSAURORUM 109
gustus die Verwaltung des Privatvermögens streng von dem der
ötfentlichen Gelder geschieden war. Später und zwar nach der Reform
des Claudius, der die öltentlichen wie auch die Privateinkünfte
unter der hohen Leitung seines a ralionibus vereinigt hat, sehen
wir den Namen fiscus ebenso für die Verwaltung und Kasse des
Patrimoniums (Seneca de bencf. VII. 6. 3. Tac. Ann. IV. 20. Hist.
1. 46, cf. I. 58. Suet. Nero 32. Spart. IIad7\ 7. 7. fiscus priva-
tiis), wie für die Gesammtheit der kaiserlichen Kassen zum Unter-
schied von aerarüim gebraucht. Diese Thatsache muss wohl so
erklärt werden: zuerst wurde die Gesammtheit der ötfentlichen und
Provinzialkassen nach der Analogie der letzteren fisci und zusammen
fassend fiscus genannt; da aber die öffentlichen Gelder ebenso wie
die privaten als dem Kaiser gehörend angesehen worden sind (s. Se-
neca de benef. VII. 6. 3. Caesar omnia habet ülp. Dig. 43. 8.
2. 4. Mommsen Staatsr. IV\ p. 998) und andererseits das Patri-
monium je später desto mehr zum Krongute wurde, ist diese Be-
zeichnung auch für die Patrimonialkasse und Verwaltung gebraucht
worden.
Trotz der einheitlichen Oberleitung und des einheitlichen Na-
mens blieben jedoch die beiden Verwaltungen streng geschieden.
Die öffentlichen Gelder blieben dem Staate, die Privat- oder Kron-
einkünfte wurden für den Kaiser persönlich und seinen Hofhalt
verwandt ; s. Hirschfeld, Untersuchungen p. 42. Die Einkünfte des
kaiserlichen Patrimonium bildeten zuerst und hauptsächlich die
Revenuen aus den Kaiserlichen Domänen, die stets durch Eib-
schaften und Confiscationen vermehrt wurden, dann die Erbschaften,
die dem Kaiser von seinen Freunden, auch von seinen Sklaven und
Freigelassenen zufielen; s. Hirschfeld p. 56 Anm. 1. Diese letzteren
bildeten zwei gesonderte rationes : die erstere, die ratio heredita-
tium, hatte ihre besondere Kasse {fiscus hereditatium C. IX 2565),
die zweite wurde mit der 5% Abgabe von der Freilassung ver-
bunden und floss in den fiscus libertatis et peculiorum (')• Eine
besondere Kasse für.die Domänenrevenuen kennen wir nicht, wie wir
(1) S. Hirschfeld Untersuch, p. 71, der aber fälschlich die Entstehung
der Kasse erst der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts zuschreibt: wir
liaben Beamte des ßscus wahrscheinlich seit Claudius bezeugt; s. C. VI, 8450 a :
Ti. Claudius Aug. [lib:\ Primianus tabularius cf. C. VI 8450 T. Ael. Augg.
üb. Saturnin{us) procurator.
110 M. ROSTOW7.EW
auch von Hadrian bis Septimius Severus keinen Generalverwalter
des Patrimoniums haben ('). Wir kennen aber eine ganze Reihe
von kaiserlichen Kassen- und Kanzleibeamten, die nicht durch den
Xamen einer besonderen ratio gekennzeichnet sind.
(') Die Inschriften der l'atrimonialprocuratoren die wir besitzen sind
sehr verschiedentlich aufzufassen. Zuerst müssen wir bedenken, dass nicht jeder
procurator patrimonii zur CentralverwaltunE: gehört. Dies zeigt der Fall des
Aquilius Felix. In C. X 6657; cf. VI 1582 i wird er, nachdem er im J. 193
\).Ch procurator operum publicorum, und später ;)roc«m^or herfditatium pa-
trimonii privati gewesen ist, — procurator patrimoni bis. Ein berliner Papyrus
zeigt uns denselben Aquilius als procurator kaiserlichen Besitzthümer in Ae-
gypten im J. 201 p. Ch. (LTBM. 156). Also ist wenigstens eine der Fatrimo-
uialprociiraturen, wahrscheinlich aber die beiden, Provinzialprocuratiiren (an-
ders r. Meyer Hermes 1897 p. 293 Anm., dessen Ausführungen mich nicht
überzeugt haben. Hier kann ich aber seine Hypothese nicht eingehender be-
sprechen). Ebenso können wir nicht mit Hirschfeld den Orontes C.X 1740 als
Vorsteher des Patrimoniums auffassen. Er ist vielmehr Patrimonialprucurator in
Süditalien gewesen. Wirkliche Vorsteher der Patrimonialverwaltung sind fol-
gende: vergl. Hirschfeld Untersuchungen p. 41 Anm. 3 und p. 43 Anm. 1: Ti.
Claudius Marcellinus [proc. A]ug. a patrimonio C. XI 8501. Sex. Caesius
Sex. f. Propertianus proc. imp. ( Vitellii) a patrim{onio) et heredit{atibus)
et libellis C. XI 5028. C. Domitius Lenmus proc. patrimoni et hered{itatium)
G. VI 8499. 8500. Cn. Octavius Titinius Capito . . proc. ab epistulis et a pa-
trimonio {Domitiani) C VI 798. Plin. ep. I. 17; 5. 8; 8. 12 Dessau, Prosopogr.
JI, p. 429 n. 41 T. Statilius Optatus proc. Aug. hereditatium proc. Aug. ad
Patrimonium Not. d. Sc. 1893 p. 197 C. VI 31863. Die Stellung dieser Vor-
hadrianischeii Procuratoren ist eine sehr hohe; sie vereinigen in einer Hand
das Patrimonium und die hereditates und werden den a libellis und ab epistulis
gleichgestellt. Es ist kein Zweifel, dass sie das ganze Patrimonium unter sich
hatten. Anders wird es nach Hadrian. Die procuratores patrimonii — durch-
wegs Ritter — stehen unter den Procuratoren der XX hereditatium, zu Rom.
S. Dessau 1454. 1389 C. XIV 2922. Die Procuratur hat seit Hadrian .■sicher an
Wichtigkeit verloren. Das ist wahrscheinlich mit den bekannten Patrimonial-
reformen Hadrians in Zusammenhang zu bringen. Wahrscheinlich hat er die
procuratores patrimonii in Rom auf Italien beschränkt, wie die Urkunde des
Saltus Burunitanus und der Saepinatische Fall C. IX 2438; Mommsen Hermes
15 p. 398 zeigen. Noch mehr fällt das Amt seit der Einführung der ratio pri-
imta unter Septimius Severus. Das zeigt die Carriere jdes M. Aur. Prosenes
C. VI 8498 (gestorben a. 217 p. Gh.).
In dieser ganzen Zeit sind uns keine Kassenbeamten bekannt. Wir kennen
nur tabularii G. VI 8507. 8507, C. XI 3085, einen proximus tabularii G. VI
8508, mehrere commentarienses G. XI 3860. G. VI 8502. 8503; cf. G. VI 8509.
dann Beamte der statio G. VI 8505. 3962. 8504, aber keine arcarii und
dispensatores.
DAS PATRIMONIUM UND DIE RATIO THESAUKORUM 111
Es sind dispensatores und arcarii einerseits, tabularii ande-
rerseits. Merkwürdigerweise fehlen die commentarienses^ die sonst
einen nothwendigen Bestandteil jeder ratio bilden ; vielleicht aber
sind als solche die zwei Sklaven a commeiitariis, C. VI 8624.
8625 zu erklären. Die Serie der oben genannten Beamten ist sehr
reichhaltig, viel reichhaltiger, als die der Beamten anderer ratioaes.
Sie beginnt unter Tiberius {lahularii C. VI 9061. 9066); aus der
Zeit des Claudius C. VI 64. 8822. 8843. 8839. 3964. 4236 {dispen-
satores) 8719 (arcarius), 9068 (?), des Nero C. VI 9060 {tabu-
larius), Titus C. VI 8819 (dispensaior), Domitianus C. VI 8831,
der Flavier C. VI 9059 {tabularius) C. VI 8835 (dispensator),
des Traianus C. VI 8821. 8826. 8844 (dispensatores) C. VI 9069 .
9074 {tabulariiX Hadrian (?) C. VI 9045. 9056 {tabularii),
M. Aurelius und L. Verus C. VI 8841 {dispensator) cf. C. VI 9057.
9071. Der letzte chronologisch bestimmbare C. VI 9075 scheint
der Zeit des Septimius Severus anzugehören. Ausser diesen noch
eine Reihe von chronologisch unbestimmbaren : tabularii C. VI
9058. 9063. 9067. 9070. 9072. 9073. 9076, und dispensatores
C. VI 300. 4440. 8820. 8825. 8828. 8829. 8830. 8832. 8836.
8837. 8838. 8842. 8845 Eph. ep. IV 755 Doni 17, 17. Mur. 885, 5
arcarii C. VI 8718.
Ebensolche dispensatores und tabularii finden wir auch aus-
serhalb Roms in Italien, wo sie augenscheinlich zur Verwaltung der
kaiserlichen Besitzthümer gehören, C, XIV 49. 200. 202. 204. 205.
304 (Ostia); 2259. 2261 (Ager Albanus); 2426 inter Bovillas et
Castrimoenium cf. 2431 Eatyches ... disp. vill{ae) Mamurranae
ebenda (Zeit der Claudier) ; 2861 {Neronis Aug. Hb. tabularius)
2856 Praeneste (M. Aurel und Commodus); 3567 (Tibur) 3698
(ebenda); 3920 (Monticelli). In allen diesen Gegenden sind uns
kaiserliche Villen bezeugt (s. Friedländer Sitteng. IV' p. 108-116.
Hirschfeld Untersuch, p. 24 Anm. 3). Es ist also sicher, dass diese
einzelnen Rechnungs- und Kassenbeamten zur ratio jeder ein-
zelnen Villa gehörten und dass jede kaiserliche Villa ihr eigenes
Budget und eigene Kasse hatte.
Eine ganze ratio ist uns ausdrücklich für die Tiburtiner Villen
bezeugt: wir haben zwei tabularii villae Tiburtis {7. XIV 3635.
3637, einen commentariensis C. XIV 3636 und zwei dispensatores
C. XIV 3567. 3693, die aber, was sehr bezeichnend ist, dispensatores
112 M. RCSTOWZEW
schlechtwecj (jenauiit werden. Im Norden sind solche Beamte in
Volsinii C. XI 27U6 Ceiitum Cellae C. XI 3549. Loriiim C. XI
8788, Careiae C. XI 8762; im Süden ein tab{H)larius yraetori An-
tiaüiii C. X 6667 und dispeasatores in Puteoli C. X 1780. 1731.
8179, cf. 1742 {tabuiarius) bekannt.
Sehr characteristisch ist C. X 6093 (Caieta): Laeonae \ ver-
a{ae) disp{e/isaton) qui \ vixit anii. LXVI \ et est conversatus \
summa solLlciludlne \ in diem qiioad vixit \ circa tutelam 'prae\tori,
Amazonicus \ Augg. Hb. p)'ocurat{or) {^).
Anders ist es in der Transpadana, wo die kaiserlichen Bureaus
sicher nicht zur Villenverwaltung, sondern zu der der saltus gehörten ;
so in Ferrara C. V 2885. 2386 cf. 2383, in Genua C. V 7752
Pola C. V p. 8 cf. Hirschfeld p. 43, Abrega C. V p. 89. Auf die
Kaiserresidenzen in den Provinzen kommen wir noch weiter unten
zu sprechen ; die dortigen tabularia und Kassen beziehen sich sicher
alle auf die kaiserliche Finanz- und Patrimonialverwaltung.
So sind wir zu dem Resultate gelangt, dass die in Italien, beson-
ders in der Nähe von Rom bezeugten kaiserlichen Kanzlei- und Kas-
senbeamten sich sämmtlich auf die Verwaltung der kaiserlichen
Residenzen und Villegiaturen beziehen und danach einen Teil der
Verwaltung des kaiserlichen Hofhaltes bilden. Denselben Schluss
müssen wir auch für die aus Rom bekannten dispensatores und
tabalarii gelten lassen, und er wird durch die zwei folgenden
Inschriften bestätigt s. Not. d. Scavi 1897 p. 457 (Museum der
Diocletiansthermen, Provenienz unbekannt) :
D. M. I Corneliae \ Procillae \ Quillt iiia Procula \ et Silva-
nus Caes. n. \ verna dispiensator) \ parentes posuerunt \ vixit a. I
m. X d. IT;
ebenda, Provenienz unbekannt:
IJ. M. S. I Sitvaai Caes. n. ser{vi) \ vern{ae) disp{ensat oris)
scaeaicorum \ vix{it) ann. XXXIIII \ posuerunt \ Quintilia Pro-
cula I coniunx eius et \ Felix Aug. Hb. \ frater.
Einmal also wird Silvanus dispeasalor schlechtweg, das andere
Mal dispensalor scaenicorum genannt, und man ist gezwungen,
diese beiden Titel für identisch zu halten, da derjenige in der
(') Der Name Amazonicus und das Au(/g. weist auf die Zeit M. Anrels
und des Commi)dus; s. Lamprid. Commod. 11 und 12; Dio. 72.20.2; 15. 3.
DAS PATRIMONIUM UND DIE RATIO THESAURORUM 113
ersteren Inschrift augeuschuinlich bloss abgekürzt ist. Die i^alio
scaemconm cf. C. VI 10088. 10089. 10090 gehört aber zum kai-
serlichen Hofhalte, bildet eine seiner Abteiliiugeu.
Solche raiiones sind uns mehrfach bezeugt: so die wichtige
ratio summi choragü C. VI 8950. 10085 cf. Hirschfeld p. 182 sqq.;
Mommsen Staatsrecht IP p. 1070. 2. AVeinberger Dis. epigr. II
p. 219. Zu diesen zwei hat wohl die ratio mimcrum sehr nahe
gestanden s. G. VI 8498. 10162 cf. Hirschfeld p. 178 n. 2; Mommsen
Staatsrecht ir^ p. 951 n. 4.
ratio voluptaria C. VI 8564, deren einen Teil die ratio
aedißciorum voli^f\tariorum C. VI 8605 Hirschfeld p. 185 n. 1
bildete ; zu derselben gehörte wahrscheinlich auch die ratio acr\_oa-
matiC\m C. VI 9029 (');
ratio vestiaria C. VI 8547 ; ein Theil derselben vielleicht
ratio ornameritorum C. VI 8950 cf. 8951;
ratio chartaria, die sich wohl von der aegyptischen Ab-
gabe an Papier, einem Theile des anaholicum (s. Rom. Mitth. 1896
p. 319 sqq. vita Aureliani 45. 1), nährte ;
ratio vinorum 6". VI 8498. Die kaiserlichen "Weine wurden
nicht bloss am Hofe verbraucht, sondern auch in kaiserlichen Läden
verkauft, die an negotiantes verpachtet wurden, s. C. VI 8826. Der
dispeiisator dieser Inschrift ist wohl der dispensator der Central-
casse der ratio vinorum.
Kassen- und Kanzleibeamte, die eine besondere ratio voraus-
setzen, sind auch für den kaiserlichen Stall überliefert der in
verschiedene Theile zerfiel; s. C. VI 8803 disp{ensator) a iumentis
Ü. VI 8805, arcarius a iiwencis (des Kaisers Trajan).
Ebenso, wie die villae, hatten auch die kaiserlichen Paläste
in Rom eigene Kassen und Kanzleien s. z. B. den contraseriptor
domus Äugiustanae) C. VI 8641 cf. den disp{ensator) hortormn
Atticianorum C. VI 8667.
(0 Procur]ator rationis acriiiiiim. Hir=chfeld ergänzt ls]acr{i) [patri]-
m{onii), was mit der Uebcrlieferung viel weniger stimmt und saclilich ohne
Analogie ist (über die Abkürzung r. s. p. auf Ziegelstempeln aus Diocletia-
nischer Zeit, die auch r{ationis) s{acri) p{atrimoni) erklärt wurden, s. Mommsen
C. XV p. 387). Ueber die Rolle der acroamata am Kaiserhofe s. Marquardt-Mau
Privatleben p. 151 n. 8; Daremberg et Saglio Dict. s. v. ; Pauly-Wissowa
Realenc. s. v. (Mau).
8
1 14 M. ROSTOWZEW
AVii- sind, glaube ich. berechtigt, auch für andere Teile des
kaiserlichen Haushaltes solche ratioiies vorauszusetzen, selbst wenn
uns nur die Sklaven, die zu der familia d. h. dem tliätigen Dienste
gehörten (') bekannt sind.
Zu diesen verschiedenen Kassen und Bureaus geli(3rten also
unsere Beamten, die einfach dispeasatores, tabului ii heissen, und
das bezeugt uns, dass die ganze Administration als Einheit, die
verschiedenen rationes als Teil einer grossen ratio angesehen
wurden.
Aus den angeführten Beispielen, die natürlich nicht vollständig
sind, ersieht man genug, wie mannigfaltig und reich gegliedert der
kaiserliche Hofhält gewesen ist.
Es ist aber unmöglich vorauszusetzen, dass es dieser Riesen-
administration an einem Verwalter, uüd hauptsächlich Finanzver-
walter fehlte. Es muss eine besondere centrale ratio existiert haben,
die die vielen verschiedenen Abteilungskasseu und Bureaus unter
sich hatte. Ich stimme unbedingt Hirschfeld bei, wenn er sagt
(p. 195. 196): « Sehr befremden muss es bei dem Ungeheuern
Umfang dieser Verwaltung und ihrer Bedeutung nicht eine eigene
ratio, die ja fast überall selbst bei den unbedeutendsten Unter-
abteilungen der kaiserlichen Verwaltung nachweisbar ist, für diesen
Zweck erwähnt zu finden zu der Annahme, dass durch
eine zufällige Lücke der Ueberlieferung diese Beamten uns unbe-
kannt geblieben seien, wird man sich bei der ausserordentlichen
Masse von Inschriften, die von der Existenz selbst der niedrigsten
Beamten des Kaiserhauses Kunde geben, gewiss nicht verstehen
können -.
(1) Diese Sklaven gehören zu der statio der Abtlieilung s. über statio
Henzen. Annali delV Imt. 1843 p. 341. Seiner Meinung aber, dass statio das
Local bezeichnet, kann ich nicht vollständig beistimmen. Zur statio gehören
meist die beim Dienst selbst beschäftigten Beamten, zur ratio die Rcchnungs-
(Kanzlei-)Beamten; s. z. B. ratio aquarum C. VI 8487. 8488; statio C VI
8489; marmora: C. VI 8484.8485 (ratio); C. VI 410 (statio); annona CM
0626 (statio-mensores machinarii); Patrimonium C VI 8502. 8504-8 (ratio)
C. VI 8505 (statio-tabellarius); voluptaria C VI 8564 (ratio), G. VI 8619
(statio); caslrensis: ratio oft bezeugt, 0. VI 8523 (statio). Es kommen aber
auch Verwechselungen vor; s. Henzen 1. c. C. VI 2.52. Vgl. darüber auch Kar-
Iowa Rom. Bechtsg. I p. 543.
DAS PATRIMONIUM UND DIE RATIO THESAURORUM 115
Seiner eigenen Annahme aber, dass die Oberverwaltung die
ratio castrensis gewesen ist, können wir nicht vollständig beistim-
men, da die Einwände, die gegen diese Hypothese von Mommsen
geltend gemacht worden sind, uns vollständig berechtigt scheinen
(s. Hermes 25 p. 242; Staatsr. ir> p. 807 n. 2; /i^Ä. ep. V p. 117).
Wir müssen die ratio eastreiisis auf die Verwaltung nur eines
Theiles des kaiserlichen Hofhaltes beziehen, des Theiles, der dem
Kaiser in seiner Eigenschaft als oberstem Truppencommaudanten
zustand.
Ich füge den Gründen Mommsens noch folgende zu. In den
kleinen unteren Kammern des Tiberiuspalastes gegen den Tempel
der Magna Mater zu befinden sich etliche Graffiti, die wohl noch
der ersten Kaiserzeit angehören (s. Rosa Amiali dell' Istituto 1865
p. 365). Sie wurden von Correra Graffiti di Roma, Ball. com. 1894
p. 95 sqq. leider in ungenügender Weise publiciert. Ich gebe hier
die wichtigsten teilweise nach meiner eigenen Copie. Correra 226 :
Secimdvs caslrensibus sal{utem), Correra 227 : Secundus hie et
ubique va{leat). daneben Palme. Correra 228 : hie et ii\_b']iq{u)e vale
castresis, darunter eas{treiises oder e/isis) cf. Correra n° 232. 237
alles Erwähnungen der eastrenses. Dabei aber: Correra 229 Tullius
Romamis miles und 238 mi{les) coh{orlis) XII. Schon Rosa hat
auf Grund dieser Graffiti vermuthet, -wir hätten in diesen Kammern
Wohnungen von Soldaten vor uns. Es werden wohl sicher die Räume
sein, wo die auf Wache stehende cohors urbaaa oder 'praetona sich
teilweise aufhielt {die Inschrift 238 gehört sicher einem Soldaten
der coh. XII urbami und bezeugt, dass auch die urbanae — nicht
nur irraetoriae — Wachedienst im Palaste hielten ; s. Marquardt
Staatsv. II p. 476). Für uns sind interessant die durch diese
Graffiti bezeugten engen Beziehungen zwischen den caslrenses und
Soldaten. Es scheint, dass Secundus auch ein Soldat gewesen ist,
und es ist wahrscheinlich, dass die Mehrzahl der Inschriften von
Soldaten geschrieben worden sind. Die Anrufungen der eastrenses
durch die Soldaten bezeugen also, dass beide in engeren Beziehun-
gen zu einander standen, und dass die Soldaten wahrscheinlich ihre
Rationen und vielleicht selbst den Sold aus dem fisciis eastreasis
bekamen.
Der ßscus eastreiisis ist demnach die Abteilung der kaiserlichen.
Privatkasse, die für die Spesen dieses Teiles des Hofes zu sorgen hatte.
116 M. ROSTOWZEW
Zur ratio castreasis in die^er ihrer Eigenschaft gehören auch die
Verwaltung und die Spesen der kaiserlichen Residenzen in den grös-
seren Provinzial- und Lagerstädten: so tinden wir eine Abteilung
in Lyon ('), eine andere in Carthago C. VIII 12609 cf. 12(34u
Mommsen Eph. e/'/ijr. \ i^. 117. eine dritte in Lambaesis 6*. VIII
2702, 2825 (cf. Hippo regius C. VIH 5284 wahrscheinlich auch zu
Carthago gehörend), eine in Alexandrien.
(') Lyon, wie Hirschfekl und Momniseu nielirfacli liervori,'cliijben haben,
hatte eine exceptionelle Stelluiii; unter den rrunischen Municipien gehabt, die
nur mit der Stellung von Alexandrien und Carthago verglichen wei'den darf:
s. Seneca ep.9l. 10; Mommsen Eph. epigr. V p. 119. 120 0. Hirschfeld die Ver-
waltung der Rheingrenze in Commeatationes Mommt. p. 411 ; Sitzungsberichte
der Wiener Acadeniie 1884 (t. 107, p. 240; cf. Sitzungsberichte der Berliner
Akademie 1891 p. 860. Sie ist aber auch als kaiserliche Residenz angesehen
worden, was man aus dem Vorkommen von Plombagen mit den Aufschriften
riatio) c{astrensis) und Anaholicum schliessen kann (s. meine Etüde sur les
flombs antiques, Rev. num. 1897 p. 26 des Separatabdruckes). Dazu kommt
noch die Inschrift CTGr.o888 AJ.Jv{)[ijhoy] If^aaiwi' c<ntlJ>.\ti'd^£Qov KQrjaxsvT«
[e]n[t]rpo7To>' A[^o\vy^ovvov rnX'/.iccg xcd f;r[/]rpo;ro»' ^Qvyiag y.cu inirqoTiov
xceaTQTJaiv. Mit Hirschfeld ( Verwaltung der Rheingrenze ]>. 44 1 n. 32) diese
Procuratur als kaiserliche Verwaltung der Stadteinkünfte aufzufassen ver-
bietet die Analogie von Alexandrien (s. unten), der von Hirschfeld selbst ci-
tirte Text Tacitus hist. I. (35, wo kaiserliche Ansprüche an die Stadtein-
künfte und folglich auch die kaiserliche Verwaltung nur als vorübergehend
angesehen werden, endlich der Verlauf der Carriere des Crescens : sie bewegt
sich in lauter Patrimoiial- und Hofämtern. Viel eher ist die Procuratur als
Verwaltung der kaiserlichen Residenz in Lyon und der kaiserlichen Besitzun-
gen daselbst anzusehen, wozu die Bezeichnung des Amtes, die ganze Carriere
und besonders das Vorrücken zum procurator castrensis vorzüglich passen.
Ebenso haben wir in Alexandrien eine kaiserliche Residenz und kaiserlichen
vielleiclit auf das Territorium der ganzen Stadt ausgedehnten Besitz (s. Strabo
XVn. 8 p. 793. Amm. Marceil. 22. 11. 6; Ruggiero Diz. ep. I p. 282). Die-
sen verwaltete s'cher ein besonderer Procurator, der procurator Alexandriae
C. II 4136 C. XIV 2932 oder p. AI. ad rat{iones) patr{imonii} C. XIV 2504
hiess. Die Verwaltung der kaiserlichen (früher königlichen) Gebäude hat der pro-
curator Neaspoleos et mausolei Alexandriae; s. C VIII 895'4 ; Allmer et Dis-
sard Musee de Lyon I p. 134; Dessau 1454; Berliner Papyrus UBM. 8. col. II
v. 26. Dieser erscheint in der letzten Urkunde als Verfolger eines vavx}.r]Qog
für Schulden an den fiscus. Vielleicht ist dieser vHvxXrjQog Grosspächter von
unbenutzten Teilen der ßaai'/.eia (diese Erklärung führt, allerdings als die
weniger wahrscheinliche auch Viereck Hermes 1892 p. 527 Anm. 2 an, uns
scheint sie die weit wahrscheinlichere). Besonders lehrreich ist der Vergleich
der Carrieren C. XIV 2932 (Alexandria) und ClGr. 3883 (Lyon); hier wie
da reina Hoflialtscarriere.
DAS PATRIMONIUM UND DIE RATIO THESAl'RORUM 117
Danach bliebe immer noch ein Vorsteher für die Verwaltung
des anderen Theiles des kaiserlichen Hofhaltes zu suchen. Ein sol-
cher, wenigstens für das gesamrate Rechnungsamt, scheint der iwocu-
rator thesauror/cm, der auch einmal procurator ßsconim genannt
wird, zu sein. Diese Procuratur ist uns durch folgende Inschriften
bezeugt: die längst bekannte C. VI 8998 M. Aurelio Aug. lib. Pro-
seneti a cubiciUo Aag. \ proc. thesauroram \ iwoc. patrimoni proc. \
miimrum proc. vimrum \ ordinato a cUvo Commodo in castrense
etc. (a. 217). Auf Grund dieser Inschrift und der zwei Inschriften
der Unterbeamten C. VI 325 und 9080 hat Hirschfeld p. 198 n. (cf.
Friedländer I p. 196 147 und Liebenam Laufbahn der Procuratoren
p. 83 und Anni. 3) diesen Procurator für den Vorsteher der kaiser-
lichen Schatzkammer erklärt, indem er die Texte von Lampr. Alex.
Sev. 40 und Cod. hist. VI, 14 anführt, wo das Wort Ihesauri in
dieser Bedeutung gebraucht wird. Dagegen spricht aber mehreres : er-
stens die ziemlich hohe Stellung der Procuratur, dann zwei andere
von demselben Amte sprechende Inschriften. Die erste ist im J. 1888
in Mentana gefunden s. Not. d. Scavi 1888 p. 288 und Eph. ep.
VII n. 1263 und lautet: Ulpiae Eahodiae \ coniucjl optimae \ T.
FLavius Aug. lib. \ üeiphicus] tabularius a ratio(nibus)][p']roc{U'
rator) ration{um) thesauroriim, hereditaiium, fisci Ale-xaiidriai {^).
Mit dieser stimmt fast vollständig überein die andere schon länijst
bekannte, aber unbeachtet gebliebene C. VI 8515, die leider frag-
mentiert ist. Erhalten ist nach der Copie von Lanciani :
MARTIALIS/
TAßVLARIV
PROCFISCORVA
T FISCICASTR
~^\PC • H
\l L I BE
('j Wir nehmen die Erklärung von Dessau an ; Mommsen hat vorge-
schlagen [Eph. ep. Index) die Erklärung: proc. rationum, thesaurorum, he-
reditatium fisci Alexandrini, w^as sicher unmöglich ist. Erstens kennen wir
ewen procurator rationum nicht, zweiteus vfiire procurator hereditaiium find
Alexandrini bei der bekannten Rolle des ßscus (s. Rnggiero Di un procuratore
del fisco Alessandrino (Bull. d. Inst, di dir. R. I fasc. IV) etwas sehr auffallen-
des ; dagegen vgl. a rationibus hereditaiium, Reu. Arch. 1895 II n. 123 (Cagnal).
118 M. ROSTOWZEW
Completieren niiiss mau diese Inschrift nach der Analogie der
zwei vorher augeführten, besonders der des Delphiciis. Danach er-
gänze ich. nur teilweise von Henzen abweichend : Martialis A\_u(j.
Hb'] I tabalaria\_s a rat[ioiiibm)'] \ jrroc. ßscorum \_Aug. 7i. (?) j
\^ey ßsci castrX,ensis~\ \ [;>^]o^. h\_eredit{atmm)'] \ et (?) fisc]i li-
be[^rta(is. In der dritten Zeile ist Aug. Ti. nicht ganz sicher, aber
der Raum muss ausgefüllt werden : in Z. 6 hätte ich statt « <?/ "
li proc. '• vorgezogen; dazu aber scheint der Raum zu fehlen. Es
kann nach der Analogie der Carriere und der Stellung gegenüber
anderen Procuratoren kaum zweifelhaft erscheinen, dass die ßsci
mit den lliesauri identisch sind ; die Vereinigung der fisci mit dem
fiscns castrensis (') zeugt davon, dass diese fisci oder thesauri
wirklich als Kassen und nicht als Deposita von allerlei Kostbar-
keiten angesehen werden müssen. Weiter ist es wichtig, dass der
Verlauf der Carriere der aufgeführten drei Procuratoren sich aus-
schliesslich in städtischen Finanzämtern bewegt, zweimal mit dem
Tabulariat a rationibus beginnend, und dass die Aemter hauptsäch-
lich solche des kaiserlichen Hofhaltes oder Patrimonialämter sind
cf. C. VI 8450, wo ein tabularias a rationibus nachher procu-
rator fisci libertatis et pecidiorum wird.
Es ist danach sehr wahrscheinlich, dass die ratio thesaurorum
eine viel wichtigere Rolle gespielt hat, als die ihr von Hirsch feld
zugeschriebene. Es war die Centralverwaltung der verschiedenen
Rechnungsämter, die bei verschiedenen Zweigen des kaiserlichen
Hofhaltes vorhanden waren ; sie selbst wurde wahrscheinlich di-
rect dem Amt a rationibus unterstellt. Mit dieser p)rocuratio
fiscorum ist wohl die procuratio aerarii, die Hirschfeld anführt
(p. 19o n. 1) identisch; s. vita Diadum. c. 4 vom späteren Kaiser
Macrinus : paier eius purpuras tunc forte procurator aerarii
insyexit cf. Boecking Not. dign. 2 p. 338. Die älteste zeitlich
bestimmbare von den angeführten Inschriften ist die des T. Flavius
Delphicus, die in die Zeit der Flavier gehurt. Vielleicht noch älter
ist C. VI 8515; in ihr erscheinen noch alle Kassen, die zum
Hofhalt gehören, unter einer Leitung. Es ist also wenigstens mög-
lich, dass die ratio fiscomm zusammen mit der ratio castrensis
{') Cf. den Anfang der Currit-re des Aur. Prosenea {ordinatus a divo
Commodo in kastrense).
DAS PATRIMONIUM UND DIE RATIO THESAURORUM 110
entstanden ist, und dass alle Kassen ursprünglich unter einer Lei-
tung standen. Die imtio caslreasis entstand aber wahrscheinlich
unter Claudius. Hier also wie anderswo müssen wir die Orduuncf
dem Pallas zuschreiben. Wem früher die Leitung der ControU- und
Kassengeschäfte unterstand, wissen wir nicht ; man kann aber ver-
muthen dass es der kaiserliche a raiioaibus gewesen ist, dessen
Thiitigkeit vor Claudius sich wahrscheinlich auf die Verwaltung
des Patrimonium und der Hofkassen beschränkte.
Eine wohl von dem prociirator thesaarorum unabhängige
^■'atio war die ratio peculiaris des Kaisers, die in dieser Form
nur einmal erwähnt wird, C. VI 8691 : Hechi Aug. l. p-'o{cura-
toris) a loricata e.:c ratione i'tecidiari ; danach gehören zu dieser
ratio alle Procuratoren a loricata und wohl auch ad Castorem
s. C. VI 8688. 8689. 8690. 8692. Was diese ratio 2)emliaris
gewesen ist, scheint die Nachricht zu ergeben, die wir bei Sueton.
Galba 12 finden und die folgendermassen lautet: choraulae de-
narios qiänque donavit prolatas manu sua e peculiarihus loculis
suis{^). Es wäre also die Privatschatulle des Kaisers, die Gelder,
die immer zu seiner Disposition standen, und die am Forum Julium
bei der statua loricata des Julius Caesar und in den unteren
Käumen des Castortempels aufbewahrt wurden (').
Wir sind also zu folgenden Resultaten gelangt. Der kai-
serliche Hofhalt zerfiel in zwei grosse Teile ; die ratio castreiisis
oder militärische und provinziale Abteilung mit einem besonderen
(i) Die servi peciiliares Suet. Caes. 76 C. VI 8868. C. XIV 21-31 {li-
hertus) 3639 und öfters sind vielleicht die Sklaven, die dem Kaiser schon als
Kinde angehört haben.
(2) Vgl. Hirschfeld Unters, p. 3 n. 4. Die Kassen und Vcrwaltungs-
bureaus der öffentlichen Abgaben und vielleicht auch des Hoflialtes be-
fanden sich auf dem Forum Traianura; s. Ulp. Fragm. Vat. 134: Arcari
Caesariani qui in foro habent stationes eco sacris constitutionibus multifa-
riam emissis habent immunitatem ; cf. Spartianus vita Iladr. 7 ; Dio 69. 8 ;
G. VI 967 Eckhel VI p. 478. Wo sie vor der Erbauung desselben sich be-
funden haben, wissen wir nicht. — Die Erklärung, die Mommsen, teilweise
Borghesi folgend, von der ratio peculiuris und der loricata giebt (S. C. VI
zu den citierten Inschriften), ist wenig wahrscheinlicli. Man könnte auch es;
ratione peculiari zu libertus beziehen, und den Hechus für eine früheren ser-
vm peculiaris halten. Wie dem auch sei, eine ratio peculiaris ist damit sicher
bezeugt, und sie kann nichts anderes als das Schatullengut das Kaisers ver-
waltet haben.
120 M. ROSTOWZEW
flscus und die vielen anderen rationes des städtischen und ita-
lischen Höfhaltes, die jede ihre »eigene Kasse und eigenes Bu-
reau hatten. Diese letzteren wurden in Betreif der Rechnungs-
führung von Seiten eines Controlbureau geleitet, das ratio flscorurii
oder thesaurorara hiess und einem besonderen Procurator unter-
stand. In dieser zweiten Abteilung haben wir keinen allgemeinen
Chef, wie den procurator castrensis in der ersteren ; der procu-
rator thesaarorum entspricht dem jrrocurator ßscl castrensis in
der ratio castrensis. Wir haben in dieser zweiten Abteilung nur
verschiedene Procuratoren, die teilweise als Procuratoren einer
gewissen ratio ausdrücklich gekennzeichnet sind (z. B. proc. vi-
norum, proc. munerum, proc. sumrni choragii etc.) oder bei den
kleineren rationes wahrscheinlich /jrod?«<r«/or^5 schlechtweg heissen.
Jede ratio hat, wie gesagt ihre Casse, ihr commentarium und ihr
tabularium, das sind die Rechnungsämter. Andererseits haben wir
die zahlreiche famiiia, die den actuelleu Dienst hat : Stallknechte,
Kammerdiener, u. s. w. Dieselben haben wohl mit der ratio the-
saurorum nichts zu thun; sie hängen von den Procuratoren ab,
die dem Kaiser direct unterstehen ('). Es ist sehr wahrscheinlich,
dass die verschiedenen Abteilungen sich wieder mannigfaltig grup-
pierten, und dass endlich nur eine ganz beschränkte Anzahl von
Procuratoren übrig blieb, die verschiedene grössere Zweige verwal-
teten, und die im Range dem procurator castrensis ( ') nicht nach-
standen ;s. Z.Beispiel ^qw. procurator summi choragii CHI 848.
Glänzende Carriejen kommen hier nicht vor und die procuratores
thesaurorum stehen eher höher im Range, als niedriger wie die
procuratores castrenses (•^).
Wir können in den Rahmen dieses Aufsatzes nicht auf weitere
Ausführungen eingehen. Uns bleibt nur noch übrig, die Art der Ver-
teilung der Gelder zwischen verschiedenen rationes und die weitere
(') Ob in jedem Zweige zwei Pröcnratorcn zu nnfersclieideii sind: einer
der familia oder statio, der andere der i;echnun<rslührung oder ratio, ist
mit Sicherheit nicht zu entscheiden, ist aber sehr wenig wahrscheinlich.
(2) Auch proc. stat{ionis) castr{ensis) genannt s. Ä\ d. Sc. 1888, p. 569.
(3) Als glänzende Carriere wird von de Sanctis Diz. Ep. II, p. 146, die
des Aurelins Crescens angeführt (CIGr. 3888); das beruht aber nur auf der
falschen Auffassung der l'rokuratur Luf/uduni, die mit der von Gallia Lug-
dnnensis verwechselt wird. Die Reihenf-dge der Aemter in der Inschrift ist
sicher aufsteigend.
DAS PATKIMOML'M UND DIE RATIO THESAL'RORUM 121
Geschichte der ra//o thesauroritm zu erörtern. Für erstere haben
wir leider fast gar keine Anhaltspunkte. Möglich ist es, dass iu
ähnlicher Weise wie wir es für die ralio charlaria vermuthet
haben, verschiedene Einkünfte des Patrimoniums an die einzelnen
Kassen vertheilt wurden und unisjekehrt Gelder für verschiedene
Bedürfnisse flüssig gemacht wurden. So wurde wahrscheinlich der
Bedarf des Hofes an Wohlgerüchen durh die uQMinanx)] ton' xvQioiv
KaiüciOMv gedeckt die wir aus einem Thonstempel des Berliner An-
tiquariums kennen (n" 8913; für den Hinweis auf dies wichtige
Monument bin ich Hrn. J. Smirnow zu Danke verpflichtet, zwei
Abdrücke davon und genauere Notizen über Provenienz u. s. w.
verdanke ich der Güte Prof. Winnefelds). Der Stempel (Dm. 85 mm.
stammt aus Kairo) hat auf der Vorderseite eine ringsumlaufende
Inschrift APa;MATIKHCTuL;NKYPIu;NKAICAPOüN , in der Mitte
folgende Darstellungen zu einem Ruudbilde gruppiert, das eine Per-
lenschnur umläuft: oben links Büste des Serapis nach rechts; ihm
gegenüber Büste der Isis nach links ; in der Mitte volle Figur des
Harpokrates nach links, mit dem Finger der rechten Hand am Munde
und dem Füllhorn in der Linken ; unten Nil gelagert nach links,
mit dem Füllhorn in der linken Hand und wahrscheinlich Aehren
in der Rechten (Diam. des Bildes 25 mm.). Auf der Rückseite «ist
der Abdrück eines Bastgeflechts deutlich •> (Winnefeld). Also ge-
hören unsere Stempel sicher zu Ballen die mit uQüiiiaTa gefüllt
nach Alexandrien kamen und weiter nach Rom gingen. Was heisst
aber aQoji^iarixrjg? Mann kann dazu nur x^%«? oder wj-i^c supplie-
]22 M- ROSTOWZEW
leii. Aber eine «(>w/<«r<x>; x«?« kennen wir nicht, sondern nur eine
doMfiuioqÖQog (s. Paiily-Wissowa Ivealenc. II. 1 , 1210 ff. Tomasehek) ;
den Genetiv mit »^ Abtraben der uQouuaixt] ywQcc « zu erklären
verbietet uns erstens der ISIangel an Nachrichten, dass diese x^^Q"
jemals eine Abgabe an die Römer bezahlt habe, zweitens die Un-
crewuhnlichkeit des Ausdrucks. Viel wahrscheinlicher ist an wr/)
zu denken; das Substantivuiu wird oft fortgelassen und nur das
Adjectiv bleibt, wie z. B. ix^vix)] oder ix^i't]QC( (s. Tnscr. of lirit.
Mhs. n" 5U3 und Lumbroso Econ. polit. p. 306, 307) eÄaixrj {Rev.
Laws of Ptol. Pliiladeiph. Wortindex) u. s. w. Was ist aber diese
aooiuaTixi] (ori]? An verpachtete Abgaben ist, wie gesagt, wohl
kaum zu denken, eher an ein Geschäft zwischen dem kaiserliclien
Hofe und den ägyptische Kaufleuten. ]\Ian verpachtete an diese die
Beschaffung der nötigen aoMt^iara — indischer, arabischer und
africanischer Producte. Unser Thonsiegel diente dazu, die Waaren
als kaiserliches Eigeuthum und damit als zollfrei zu bezeichnen
(über die Zölle s. Plin. n. h. 12. 14 § (35).
Die Hauptaufgabe der ratio thesaiirorum war also die Auf-
stellung des Budgets, die Verteilung der Summen au die verschie-
denen ratioiies und endlich die Controlle über die assignierten
Gelder. Wir haben schon oben gesehen, dass diese Ordnung bis zu
der Zeit der Severe zu verfolgen ist. Unter Septimius Severus scheint
eine gründliche P.eform eingetreten zu sein. Das hängt mit der
Gründung der i^atio yrivaia zusammen, die das Krongut zu ver-
walten hatte, wie ich mit Kariowa und Kniep (') meine. Dies Kron-
gut, aus dem natürlich die Ausgaben für den Hofhalt bestritten
wurden, stand unter der Gesammtleitung des prociirator rei lyri-
vatae : C X 6569 ; Die 78. 30 s. auch vita Macrini 2 ; später ma-
gister summae privatae genannt ; s. C. VIII 822 cf. 12345; Bull
du comite historifpie 1893. p. 209 und Ball, ibidem p. 214; Cagnat
Jtev. arch. 1894, n. 53 (-). Zum Bureau des ersteren gehörte der
adiutor tabularii C. VI 8510, des zweiten der prd[jc{imus)'] com-
m{eatarii) oder comm{eiitariensium) summ{ae) frivatae ; C. VI
29682 (='). Es ist höchst wahrscheinlich, dass der magister summae
(M Kariowa Rom. Rechts«; I, ]i. Wo. Kniep Societas publ., p. 185.
f-) S. Hirsclifc'ld Vgsch. p. 14, n. 3. Mommsen, Xuove memorie del-
Vhtituto, p. 320.
(3) Cf. Hülsen R. M. 1891, p. 339. Mommsen ergänzt agens pro com-
DAS PATRIMONIUM UND DIE RATIO THESAURORUM 12;'.
privatae auch eine centrale Hofkasse unter sich hatte, obwohl uns
Kassenbeamte dieser m^^'o nicht ül)orliefert sind('). Damit stimmt
auch, dass die thesauri zu kaiserlichen Schatzkammern herabsfe-
sanken sind, in denen Kostbarkeiten verschiedener Art aufbewahrt
wurden; s. vila Alex. Sev. c. 40, Cod. lusl. XI, VllI (VII) 14;
cf. C. Tk. VIII 5 c. 48 § 1; Hirschfeld p. 198 n. 1, Friedländer
I, p. 19(5. Dur prae'posüas der Vita ist sicher nicht mit unseren
Procuratoren zu identificiern. Wir haben also folgende Entwickelung:
zuerst tliesseu die Patrimonialeinkünfte in die verschiedenen Kassen
der Hofhaltung imd in die kaiserliche Privatschatulle und werden
wahrscheinlich durch den a ralioiiibus verwaltet. Unter Claudius
bekommt der a rationibus eine viel grössere Bedeutung: seiner
Verwaltung werden nicht nur die Patrimonialkassen sondern auch
die ötfentlichen Kassen und Abgaben unterstellt. Der Hofhaushalt
Avird systematisiert, indem er in mehrere Teile geteilt wird. Jeder
Teil hat seine Kasse und sein Bureau. Die Kassenverwaltunsf steht
unter einer speciellen ratio, die ratio ßscorum et ßsci castreasis
heisst. Später gewinnt die ratio castrensis immer mehr und mehr
an Bedeutung, und ihr fisciis wird gesondert verwaltet. Die anderen
bleiben alle unter der Leitung des procurator thesaurorum. Diese
procuratio thesaurorum verliert mit der Gründung der ratio pri-
vata besser nach ihrer Keformierung, die sich im Titel magister
8nmmae privatae wiederspiegelt, jede Bedeutung und wird zu der
Vertvaltung der kaiserlichen Schatzkammer.
Rom, 29 Nov. 1897.
M. ROSTOWZEW.
m{entariis) summ{arum) privatae gegen die Ueberlieferung. Die erste Charge
ist wohl adiut{or)\ a cens{ibus). Die nochmalige Ifevision des Textes in Cassel,
die Prof. Hülsen veranlasst hat, ergab dass der vierte Buchstabe nacli pro
sicher ein x ist.
{}) Hirschfeld führt einen dispensator Grut. 597, 5 an; aber die Inschrift
stammt aus Genua C. V 1752 und wir haben wahrscheinlich vor nns einen
Beamten der regio 'P'/.ccfiiyiag, Jt\ut'/d«i, AtyxQiug C.I.Gr. G771 vor uns. Cf.
auch C. IX 1682 advocatus fisci summe (sie) rei.
UEBEK DIE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI.
(Tafel V)
Im November vorigen Jahres gelang es mir durch S3'stemati-
sches Nachsuchen zu den vier bisher bekannten oskischen In-
schriften, deren militärischen Character Nissen in seinen Pompe-
janischen Studien S. 498 ff. erwiesen hat, auf dem Pfeiler 19 der
Ins. V/VI de; 8'^" Region unter einer Stuckschicht eine 5'« aufzu-
finden, welche einerseits mir die erwünschte Bestätigung meiner
im grossen und ganzen der Nissenschen gleichen Auffassung der
Inschriften gab, und andererseits abgesehen vom Sprachlichen duich
eine topographische Neuigkeit Interesse zu erwecken geeignet ist.
Unsere Tafel V giebt unter N. 1 ein Facsimile der neuen
Inschrift nach einer von mir selbst angefertigten Durchzeichnung,
da'es nicht möglich war eine zur zinkographischen Vervielfältigung
geeignete photographische Platte von der nach Norden gerichteten,
schlecht erhaltenen Inschrift herzustellen. Es ist aber versucht mit
möglichster Genauigkeit alles zu geben, was erhalten ist und so
wiederzugeben, wie es erhalten ist, nur ist natürlich der Ab-
druck deutlicher als das Original. Diese Bemerkung ist nicht unwe-
sentlich gegenüber dem Umstände, dass in der ofticiellen Publica-
tibn der Inschrift in den Not. d. scavi vom November 1897 So-
gliano sowohl in dem auf gleiche Weise hergestellten Facsimile als
auch in der Transcription zweimal amal statt ampt giebt und weder
von dem Schlüsse der dritten Zeile noch von den Resten einer 4'^"
und 5*^" Zeile, deren einstige Existenz übrigens noch durch andere In-
dicien bewiesen wird, etwas bemerkt hat. Was a7npi anbetrifft, so hat
erstens Herr Prof. Mau mit mir zusammen am Tage der Auflindung
der Inschrift diese Lesung festgestellt, und dann haben in der letzten
Januarwoche die Herren Holwerda, Vater und Sohn, auf meine
Bitte die betre1"enden Stellen nochmals untersucht und mir mit-
H. DEGERINÜ, UKBER DIE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJ[ 125
geteilt, dass jeder Zu'eitel an der Richtigkeit der Lesung ampl
ausgeschlossen sei. Auf das Uebrige werden wir später einzugehen
haben.
Die erste umfassende und nach meiner Ansicht in der Allge-
meinaiiltassmig durchaus richtige Behandlung unserer Inschriften
hat Nissen a. a 0. gegeben, der mit Recht darauf aufmerksam ge-
macht hat, dass man zu einem vollen Verständnisse derselben nur
gelangen könne, weim man ihre topographischen Beziehungen rich-
tig erkannt hal)e, und wenn man auch hinsichlich der AVortinter-
pretation und hinsichtlich der topographischen Beziehung der ein-
zelnen Inschriften zu den pompejanischen Strassenzügen nicht un-
wesentlich von Nissen wird abweichen müssen, so ist doch festzu-
halten, dass er zuerst das Wesentlichste ^ die Relation derselben
zu Forum und Enceinte « gefunden und daraus unter Berufung auf
andere inschriftliche und schriftstellerische Zeugnisse des Altertums
ihren militärischen Character erAvieseo hat. Dieser Nissenschen Be-
handlung gegenüber ist der Conway'sche Versuch ('), die Inschrif-
ten als Bekanntmachungen von Droschken- oder Sänftenhalteplät-
zen zu erklären, durchaus als Rückschritt anzusehen, und wir
wiü-den kaum nötig haben darauf näher einzugehen, wenn nicht C,
wie ich durch Prof. Pauli erfahre, auch heute noch au seiner An-
sicht festhält und auch die neue Inschrift in diesem Sinne zu erklä-
ren beabsichtigt. C's Anpassung stützt sich im Wesentlichen nur auf
eine recht problematische Deutung von eituns = lat. *etones, das zu
deutsch Wegfahrer, Wegfüiirer oder Droschken. Sänften (^), bezeich-
nen soll. Wir können hier aber von der etvmologischen Streitfrage
ganz absehen, da sich aus sachlichen Gründen die Unhaltbarkeit die-
ser Hypothese schon zur Genüge erweisen lässt. Dass Conway eksuk
amviammd {^) mit « in dieser Richtung ^ übersetzt, freilich ohne
(1) Conway: Oskiscli eituns Indoi?. Forscli. .3, 85, f. The Italic Dialects.
B. I S. 70. B. II S. 616.
(2) In den Italic Dialects wird nur diese letztere Deutung aufreclit
erhalten.
(3) Amviannud statt amvianud ist auch in 61 (die Nummern sind die der
Conway'schen Sammlung The Italic Dialects Cambridge 1897) zu lesen. An
der Stelle des zweiten n ist der Stein etwas abgesplittert, aber es sind doch
noch einige Farbenreste des Buchstabens übrig geblieben, die im Verein mit
den Raumverhältnissen' die Ergänzung desselben über jeden Zweifel erheben.
126 »• DEGERING
den Beweis der Möglichkeit dieser üebersetzung auch mir zu ver-
suchen, um der Schwierigkeit überhoben zu sein, die verschieden-
artige topographische Beziehung der Inschriften, wie sie die Nis-
seusche üebersetzung f.'iciis, platea verlangt, erklären zu müs-
sen, mag noch angehen, denn bei geschättlichen Anzeigen, die im
Grunde genommen für Einheimische bestimmt waren, die genau
wussten, wo der XI. und XII. Turm Avaren, kann man vielleicht
eine solche Unbestimmtheit des Ausdrucks entschuldigen, wenn-
schon es immerhin sonderbar ist " in dieser Richtung - bald als
nach rechts bald als nach links verstehen zu müssen.
o a
Aber erstens die Wahl der Plätze ! Bekanntlich Avar das Fahren
von Personen in den italischen Städten (') wenigstens bis in die
Kaiserzeit überhaupt nicht oder nur im beschränkten Umfange d. h.
im Cult oder als Ehrenauszeichnung gestattet. Wir haben gar keinen
Grund anzunehmen, dass Pompeji hierin eine Ausnahme machte;
vielmehr lässt sich manches für die Annahme Sprechendes bei-
brinsren dass es auch hier nicht anders Avar. Die hohen Trittsteine,
welche über den Fahrdamm hinweg den Fussgängerverkehr von
einem Trottoir zum anderen vermittelten, dienten sicherlich auch
dazu, das Fahren zu erschweren und vor allem das Schnellfahren,
das doch für den Personenverkehr die Hauptbediugung ist, unmög-
lich zu machen, sodass man also aus dem Vorhandensein dieser
Trittsteine schliessen kann, dass auch in den Strassen Pompeji's
nur Lastfuhrwerk gestattet war. Ebendasselbe geht auch aus dem
Die oben stehende Figur giebt die Stelle nach meiner Durclizeiclinung. Von den
zwei schwarzen gemalten Flecken, die Conway (B. I S. 70) gesehen haben will,
habe ich nichts entdecken können und zeigen auch meine sehr scharfen Photo-
graphien nicht die geringste Spur. Demnach kann C. dieselben wohl nur auf
der Zvetaieff 'sehen Tafel XIV, 8, aber nicht auf dem Original gesehen haben.
Von Planta, der sich für diese Inschrift auf Autopsie beruft, sagt über diese
Stelle Nichts.
(') Vergl. Marquardt, Privatleben der Römer, 2. «Aufl. S. 728 ff.
UEBER DIE MII.ITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI 127
schlechten Zustande der Pflasterung in den meisten und hauptsäch-
lichsten Strassen hervor, der eine Droschkenfahrt durch Pompeji
selbst im langsamsten Tempo nicht gerade' als eine Annelimlich-
keit erscheinen lässt. Unter solchen Umständen ist es denn aucli
ganz selbstverständlich, dass die cisiarii ihre Halteplätze nur aus-
serhalb der Stadt haben konnten, da sie ja nur den Personenver-
kehr ausserhalb der Städte zwischen benachbarten Orten zu ver-
mitteln hatten. Irgend welche andere Gründe für diese Massregel
liegen doch nicht vor; und besonders ist die Ansicht ungerechtfer-
tigt, dass diese Droschkenhalteplätze aus wer weiss was für Grün-
den abseits und gewissermassen versteckt gelegen hätten, wie das
C. auf Grund der Capuaner Inschrift C. I. L. X 4(360 anzunehmen
scheint. Die in der bekannten Pompejanischen Inschrift C. I. L.
X 1064 erwähnte pompejanische Station lag vielmehr direkt an der
Hauptstrasse nach Stabiae. denn es wird eine Teilstrecke dersel-
ben durch diese Station begrenzt, und ebenso war es auch in Capua,
wo der Clivus, d. h. eine bergan steigende Strasse, vom Thorbogen
bis zur Droschkenhaltestelle der Porta Stellatina gepflastert wurde.
Weshalb sollen dann aber die Sänfteuhalteplätze, denn selbstver-
ständlich könnte es sich innerhalb des Stadtbezirkes nur um solche
handeln, an so verborgen und versteckt liegenden, von jeglichem
Verkehr abgeschlossenen Plätzen liegen, wie sie durch unsere In-
schriften bezeichnet werden, während sie doch zur Bequemlichkeit
und zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind ? Für eine solche
Annahme fehlt es an jei^licher Begründung.
Man könnte abei" auch die Frage nach dem Urheber dieser
Inschriften aufwerfen. Da sind wohl nur zwei Möglichkeiten vor-
handen; entweder wir haben obrigkeitliche Erlasse vor uns oder
Privatkundgebungen d. h. Keclamen der Unternehmer. Diese letztere
Annahme hat schon Nissen, Pomp. St. S. 493 genügend zurück-
gewiesen, durch den Nachweis, dass eine Reclame in diesem
Sinne das Altertum noch nicht gekannt habe. Demnach bleibt
nur die Möglichkeit offen, dass die Inschriften ofticielle Platzan-
weisungen seitens der Behörden waren. Dann ist aber unverständ-
lich, weshalb sie in so bedeutender Ferne von den angewiesenen
Plätzen stehen, auf denen selbst man sie vielmehr zu finden erwar-
ten müsste. Ferner ist damit auch nicht recht das Bezugnehmen
auf bestimmte Personen (nach C. die Eigentümer) in Einklang zu
128 "■ UKCERING
bringen, die doch in der bleibenden Institution das Wechselnde und
Unwesentliche sind. Oder man müsstc gar meinen, dass der Stadt-
rat von Pompeji, etwa zur Entschädigung für die Ablegenheit der
angewiesenen Halteplätze, die doch augenfällig ist, mit jenen In-
schriften selbst die Reclame für die Sänftenvermieter übernommen
habe. Dazu kommt noch, dass wir für solche kleinen Landstädte
wie Pompeji, überhaupt schwerlich die Institution der Mietsänften,
die nur für die Hauptstadt bezeugt wird, voraussetzen dürfen : am
allerwenigsten aber ist eine ganze Reihe von Concurrenzunter-
nehmungen dieser Art glaubhaft.
Prüfen wir nun die Nissensche Au.'fassung! Die Inschrift 62
steht auf dem westlichen Eckpfeiler der c a s a d e 1 f a u n o und zwar
auf der der Nolanerstrasse zugewendeten Fläche. Dieselbe ist also
offenbar für Passanten dieser Strasse bestimmt, wobei es vor-
läufig ganz gleichgiltig ist, ob wir uns dieselben von Osten oder
Westen herkommend zu denken haben. In derselben Beziehung zur
Nolanerstrasse resp. ihrer Fortsetzung, der Thermenstrasse, steht
die Inschrift 61, welche jedoch nicht auf einem Eckpfeiler, son-
dern auf dem zweiten Pfeiler der Ostecke der casa di Pansa
sich findet. Mit 61 völlig identisch ist 60. Auch diese steht nicht
auf einem Eckpfeiler sondern auf dem zweiten Pfeiler der Südwest-
ecke der casa di Salin st io und wird von der strada con-
solare ausgelesen. Die Inschrift 63 liest man wieder auf einem
Eckpfeiler an der Südostecke der Reg. 8 Ins. VI und zwar vom
vicolo dei soprastanti aus. Die neue Inschrift endlich be-
findet sich in der Abbondanzastrasse auf dem zweiten Pfeiler der
Nordwestecke der casa del medico neben dem die Inseln V
und VI nur halb trennenden vicoletto.
Mag man nun aber, wie später bewiesen werden soll, eititns
mit euiito resp. eant oder nach Nissen-Bücheler mit Her (est)
übersetzen, so geben alle Inschriften völlig übereinstimmend die
Beziehung auf den einzuschlagenden Weg durch eksuk aravian-
nud an. Daraus ist aber mit Notwendigkeit die Folgerung zu
ziehen, dass man diesem Ausdrucke überall dieselbe Geltung und
eine topographisch absolut gleichwerthige Bedeutung zuschreiben
muss. Dieser meiner Ansicht nach unabweisbaren Forderung wird
aber die Nissen-Bücheler' sehe Deutung von amvianmlm = vicus
jdatea aiufodog durchaus nicht gerecht. Nimmt man nämlich diese
UEBER DIE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI 129
Deutuag ^ auf dieser Strasse » an, so steht man vor zwei Mög-
lichkeiten ; entweder, und das ist wohl das Nächstliegende, es sind
mit ekmk amviannud die Strassen gemeint, auf denen man die In-
schriften liest, oder aber die Nebengassen, neben denen sie ange-
schrieben sind ; doch ist consequenter Weise in allen Fällen gleich-
massig nur das Eine oder das Andere möglich. Wie sollten die In-
schriften sonst ihren Zweck, den in Pompeji versammelten und mit
den örtlichen Verhältnissen nicht vertrauten Bundestruppen den Weg
2U zeigen, erfüllen können, wenn man sie auf verschiedene Wege
beziehen konnte? Im ersteren Falle Avürden nur 60 und 63 zu den
Localitäten führen, welche sie angeben, im anderen Falle aber müss-
ten auch 63 auf den vicolo delle terme, und da sich 61 trotz
desAbstandes von der p]cke auf den vicolo della fuUonica
beziehen soll, consequenter Weise auch 60 auf den vicoletto di
Mercurio und die neue Inschrift auf die neben ihr liegende Sack-
gasse bezogen werden. Man kommt also, wie man sieht, mit der Nis-
sen'schen Deutung von amvianmim auf jeden Fall in's Gedränge.
Diese Schwierigkeit hat Nissen selbst ganz übersehen, da er die
Inschriften je nach Bedarf auf die eine oder auf die andere Weise
zu den Strassen in Beziehung setzt, die eben zu den bezeichneten
Zielen oder wenigstens in diese Richtung führen. Dagegen hat er
aber eine andere Schwierigkeit wohl beachtet, wie nämlich die
Wahl des zweiten Pfeilers für die Inschrift 62 zu erklären sei,
obwohl dieselbe sich auf die Tuchwalkergasse beziehe. Er versucht
diese Wahl aus Zweckmässigkeitsgründen zu erklären, aber seine
Beweisführung in diesem Punkte ist durchaus unzutreffend, wie ich
mich an Ort und Stelle überzeugt habe. Wenn nämlich auch zu-
zugeben ist, dass der vicolo delle terme in römischer Zeit
verengt und verbaut ist an einigen Stellen, so hat diese Veren-
gerung im wesentlichen aber nur auf der den Thermen gegenüber-
liegenden Seite stattgefunden, während die Thermenseite davon viel
weniger berührt sein kann, da nach Mau, Pomp. Beitr. S. 222 die
Westwand des Frauenapodyteriums ein aus oskischer Zeit stam-
mendes Mauerstück enthält. Keinesfalls ist deshalb hier die nach-
trägliche Occupation, die sich nur auf die kurze etwas vorsprin-
gende Eckwand erstrecken kann, so gross, dass die Inschrift je
mitten vor der Strasse gestanden haben könnte, derart dass sie
schon vom Forum aus zu sehen gewesen wäre. Dazu kommt noch,
9
130 H. DEGERING
dass der vico della fiillonica garnicht einmal dahin führt,
wohin die Inschrift ihrem AVorthint nach leiten will, nämlich zur
Mauerstrecke zwischen dem Herculanertlior {veru, sari'nu) (•) und
dem ri'*"' Turme, sondern auf die Strecke zwischen dem 12^*"
und 11'^" Turme mündet. Infolgedessen ist Nissen auch genötigt,
den Worten der Inschriften 60, 61, 62 eine erweiterte Deutung
zu geben, die mit der kurzen, praecisen Fassung derselben un-
vereinbar erscheint. AVarum, so fragt mau ausserdem, gab es zu der
Mauerstrecke des Aadiriis zwei verschiedene Wege? Auch hier-
auf erhalten wir von Nissen keine Antwort.
Alle diese Schwierigkeiten lassen sich jedoch meiner Ansicht
nach lösen, wenn man amvianmlm als raargo, Biu-gersteig (-) er-
(1) In der dritten Zeile von 60 nnd 61 mit Conway sarnnu zu lesen halte
ich für unmöglich. Die Inschriften 60 u. 62 sind jetzt in so schlechtem Zu-
stande, dass man fast nichts mehr lesen kann ; wir sind also für 60 auf Fio-
relli aneewiesen, der sarinu giebt. In 61 jedoch hat von Planta das Ver-
hältnis richtig erkannt, über das u ist nachträglich i übergeschrieben, ob i
oder i das kann mau nicht entscheiden, da vom a bis zum i gerade die Mitte der
Buchstaben verletzt ist. Was Conway für die zweite Hasta des n ansieht, halte
ich für einen Strich, der den hinter dem übergeschriebenen i stehenden Rest
des M als ungiltig bezeichnen soll. Ein Buchstabe durch einen Strich getilgt
ist auch in der Inschrift 67. Das vermeintliche h in perkhen ist wohl nur
ein vom Maler irrtümlich zugesetztes und wieder gestrichenes r. S. Zvetaieif
Syll. Inscr. Ose. Taf. XVI 4. Man vergleiche das ganz anders geformte h von
apkinim in derselben Inschrift.
(2) Die Bedeutung margo lässt sich für amvianmlm am leichtesten
gewinnen, wenn man der ursprünglichen Nissen-Büchelerschen Erklärung fol-
gen dürfte, die diese zu gunsten der erweiterten Deutung u\u(fo(fo? aufgegeben
haben, dass nämlich * am-via-no, das zu beiden Seiten des Fahrweges Liegende
bedeute, wo om als Praeposition * aml/i, amb, am griech tqiql gefasst ist, die
wir auch in lat. ambidens, ambitus umbr. amboltu osk. amnud (?) und anderen
Worten finden. Vergl. von Planta Gramm. II, 455. Der zweite Teil des Com-
positums vtano wäre dann von * via abzuleiten, wie Abellano von * Abclla
und anderes. Diese Erklärung ist aber vielleicht nicht mehr aufrecht zu erhal-
ten, seitdem in mindestens zwei Fällen nn festgestellt ist, denn Consonanten-
verdoppelung kann man nach den Ausführungen von Planta's (• {ramm. I S. 537 f.)
über Consonantenverdoppelung hier nicht annehmen, besonders auch deshalb
nicht, weil das Suffix no, das allein im Oskischen fast hundertmal belegt ist,
nicht in einem einzigen Falle mit nn vorkommt. Also muss das nn etymologisch
bereclitigt sein, und dann bleibt wohl kaum etwas Anderes übrig als * vianno
auf * viando zurückzuführen, wobei ich wohl nur daran zu erinneren brauche,
dass auch von einem lat. viare gerade viandum belegt ist. Ist also -vlannäm
UKBER DIE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI 131
klärt und zugleich erkennt, dass die Inschriften durch die Sich-
tung der Schrift die Wegrichtung angeben. Wir brauchen dann nur
noch, was ja auch Nissen p. 505 tf. durch Hinweis auf die Vor-
schriften der Taktiker sehr plausibel gemacht hat, anzunehmen,
dass einzelne d. h. wohl alle militärisch nicht benutzten v i c i im
Belagerungszustande verbarricadiert waren, und Alles ist im besten
Einklänge. Wie wir uns den Zustand der Stadt im Falle einer Be-
lagerung, wie die Sullanische, zu denken haben, davon geben uns
die von Nissen a. a. 0. S. 505 ff. herangezogenen Stellen aus Philo
und Aeneas eine ganz gute Vorstellung und ich brauche zu dem von
Nissen dazu Bemerkten kaum etwas hinzuzufügen. Nur auf eins
möchte ich noch hinweisen, dass man offenbar nicht nur die Ne-
bengassen an beiden Enden sperrte sondern auch die Hauptstrassen
durch Verhaue und Gräben unpassierbar machte und auch hier nur
die durch unsere Inschriften bezeichneten schmalen Fiissteige offen
liess, soweit sie für den Wacht- und Verteidigungsdienst unum-
gänglich nötig waren.
So führt denn die Inschrift 61 auf dem Fussteige der Ther-
menstrasse (verlängerte Nolanerstrasse) entlang, am verschlossenen
vicolo di Modesto vorüber auf die s t r a d a c o n s o 1 a r e ; hier
abermals an einem verschlossenen vicolo (di Mercurio) vorbei
zu der Inschrift 60, die von der vielleicht von hier ab nicht mehr
verbarricadierten Hauptstrasse ab durch den vicolo di Nar-
cisso direkt auf die bezeichnete Mauerstrecke leitet. N° 62 zeigt
durch den vico del fauno direkt zu dem angegebenen Mauer-
abschnitte. Sie ist wohl nur deshalb nicht im vicolo selbst ange-
schrieben, weil die Enge dieser Strasse sonst leicht zu einem üe-
bersehen derselben hätte Veranlassung geben können. Ein Irrtum
in der Beziehung war von selbst ausgeschlossen, denn der mit am-
viannüm benannte Fussteig biegt ja an der Ecke um, direkt auf die
bezeichnete Mauerstrecke zu. Die neue Inschrift führt auf dem Fuss-
wege der sechsten Insel der VIII Region um die Ecke der casa
"vlandüm « das zu Befahrende » so könnte *amviandüm-amvianniim " das nicht
zu Befahrende » d. h. der schmale Fussweg sein. Der Bildung nach zu verglei-
chen wäre lat. infandum. So fällt dann auch die Schwierigkeit fort, dass ge-
genüber dem lat. amhivium im Osk. die nämliche Praeposition in der ver-
kürzten Form am vor derselben Lautgruppe auftritt.
132 H. DEGERING
di Francesco I umbiegend zum Forum trianguläre, das als der
in der Inschrift bezeichnete Platz unten noch näher nachgewiesen
werden wird. N" 63 endlich weist ohne Zweifel den v i c o d e i so-
prastanti entlang. Auf die in derselben genannte Mauerstrecke
werden wir aber ebenfalls erst weiter unten näher einzugehen
haben.
Nissen nimmt an, dass der gemeinsame Mittelpunkt der In-
schriften das Forum sei, und ich denke ein Blick auf den Plan
von Pompeji genügt, um diese Annahme als zutreffend zu erken-
nen. "Wenn wir die Kichtimgslinien der neuen Inschrift und der
Inschriften 60, 61 und 63 rückwärts verlängern, so kommen wir
auf das Forum resp. die Forumsstrasse. Anders liegt die Sache
bei 62 ; aber auch diese weisst offenbar auf die Forumsstrasse zu-
rück. Um nämlich die Coincideuz von Schrift- und Wegrichtuug in-
nehalten zu können, musste die Inschrift natürlich wegen der Links-
läutigkeit der Schrift auf die rechte Ecke vom vico del fauno
d. h. also auf die vom Forum entferntere gerückt werden. Während
nun aber die Inschriften 60, 61 und die neue von der Ecke ab-
rücken auf einen zweiten Pfeiler offenbar, um die Beziehungsmög-
lichkeit auf die nächstgelegeuen Nebengassen auszuschliessen, tritt
diese auf den Eckpfeiler d. h. so nahe als möglich dem vom Fo-
rum Kommenden entgegen. Abgesehen aber davon, dass durch die
Wahl des zweiten Pfeilers für jene drei Inschriften die falsche Be-
ziehung vermieden werden sollte, sind auch sie dem vom Forum
Kommenden soweit als möglich entgegengerückt. Das zeigt sich z B.
sehr deutlich bei 60, denn sie steht schon ein beträchtliches Stück
vor der eigentlichen Strassenspaltung. Wir würden deshalb auch
die fehlende Inschrift für die Mannschaften der Mauerstrecke zwi-
schen dem 12'*-'° u. 11*^° Turm, deren Weg durch den vico della
f u 1 1 0 n i c a führen musste, ebenso auf dem zweiten Pfeiler der Süd-
ostecke der Thermen und Merkurstrasse zu suchen haben und finden,
wenn hier nicht ganz junges Ziegelmauerwerk die Stelle älterer
Bauten einnähme. 62 würde also, falls sie für Leute bestimmt
gewesen wäre, die statt vom Forum vom Nolanerthor herkamen, wie
jene drei anderen auf der rechten Hausseite stehen müssen, zu der
die in dieser Richtung Ankommenden zuerst gelangten, d. h. also
auf dem zweiten Pfeiler der Südostecke der casa del fauno.
UEBER DIE MILITAERISCHEN WEGWiISER IN POMDEJI 133
Vom Forum als dem gemeinsamen Sammel- und Allarmplatze
ans, wo vielleicht eine umfangreichere Inschrift für alle die erste
Direktive gab, zogen die Verteidiger der Nordgrenze durch die Fo-
rumstrasse zur Nolanerstrasse, wo sie sich zunächst in zwei Gruppen
teilten, von denen die eine nach Westen, die andere nach Osten
abschwenkte. Von den nach Osten Ziehenden fanden die für den
Mauerabschnitt zwischen dem 10^'^'' und ll*»^" Turm bestimmten
Mannschaften ihre Leitinschrift an der Ecke des vico del fauno;
die anderen Abteilungen vermutlich an der Ostecke der zum Hause
der Vettier führenden Strasse, an der Ostecke der casa della re-
gina Margherita u. s. w. an entsprechenden anderen Ecken der
Nordseite der Nolanerstrasse. Nirgends sind hier aber Inschriften
aufzufinden gewesen, da überall nur jüngeres Mauerwerk auftritt
oder die alten Tuffpfeiler nicht mehr unversehrt aufrecht stehen.
Von den nach Westen Ziehenden leitete eine Abteilung die von uns
oben supponierte Inschrift zum 11^®" und 12^''" Turm, eine andere
61 und 60 zum 12''"' Turm und dem Herculanerthor.
Für die Westlinie haben wir nur für einen Abschnitt der Ver-
teidigungslinie die Inschrift 63amvicolo dei soprastanti.
Ob wir noch weitere Inschriften etwa an der Südostecke des Apol-
lotempels oder der Basilika ursprünglich vorauszusetzen haben, oder
ob die in der Inschrift bezeichnete Strecke nm* die einzige einem
eventuellen Angriffe ausgesetzte Stelle der Westlinie war, das lässt
sich jetzt nicht entscheiden, da man die ursprüngliche Gestaltung
derselben zur Zeit zu wenig zu beurteilen vermag. Jedenfalls ist
das Fehlen der Inschriften in keinerlei Weise als Kriterium zu
verwenden, denn die Basilikaecke ist nicht so hoch erhalten, der
Eckpfeiler des Apollotempels umgebaut ('). Ebenso ist es vorder-
hand unmöglich die Strecke genauer zu bestimmen, welche in der
Inschrift 63 angegeben ist. Nur soviel scheint mir sicher, dass wir
dieselbe von dem vico dei soprastanti aus rechts und über
den ersten zur strada consolare abzweigenden v i c o 1 o hinaus
zu suchen haben würden.
Für die Südlinie würde zunächst die Nordostecke der Curien
in betracht kommen, wenn nicht auch diese ganz junge Ziegelbauten
wären ; sodann aber die Südseite der Abbondanzastrasse, und hier
(1) Vergl. Mau, Pomp. Beitr. S. 103.
134 H. DEGERI.NG
fand sich m einer Stellung, die genau derjenigen der Inschrift au
der casa di Pansa entspricht, die nach den hier auseinanderge-
setzten Grundsätzen gesuchte und gefunde Inschrift. Für den jen-
seits der Stabiauerstrasse liegenden Teil der Südlinie bis zum Am-
phitheater, sowie für die ganze Ostlinie sind weitere Inschriften
durch die Ausgrabungen zu erwarten.
Wie ffesaoft war die neue Inschrift unter einer Stuckschicht (')
verborgen, aber diese war möglicherweise nur eben zu dem Zwecke
darüber selesrt die Inschrift zu verdecken, denn es schien mir als
ob der Stuck sich nie über den ganzen Pfeiler erstreckt habe,
sondern nur soweit, als eben die Inschrift reichte. Mit Bestimmt-
heit kann ich dies jedoch nicht behaupten. Dass die Inschriften,
deren Zeitansatz, wie ihn Nissen aufgestellt und begründet hat, mir
vollkommen richtig erscheint (-), bald nach Einrichtung der Sul-
lanischen Colonie auf diese Weise dem Auge des Publikums ent-
zogen wurden, würde sehr gut zu ihrem Charakter passen, denn sie
mussten sehr geeignet sein auf beiden Seiten, bei Alt- und Neu-
bürorern böse Erinnerungen zu wecken. Dazu stimmt auch die Nis-
sensche Deutung (Pomp. Stud. S. 509) der unter 63 stehenden la-
teinischen Inschrift c . cacos, als Soldatenwitz über den Sexem-
brius (3). Uebrigens müssen die Inschriften z. t. aber doch geraume
Zeit sichtbar gewesen sein oder vielleicht von Zeit zu Zeit durch
(1) Wenn Soglianq a. a. 0. sag^t, dass die Inschrift war ricopcrta da um
Strato di terra rimastovi aderente, so ist das ein Irrtum, der entschuldbar
ist, da er bei der Bloslegung der Inschrift nicht selbst zugegen war. Selbst-
verständlich war die bedeckende Schicht nicht feiner Marmorstuck, sondern
eine Art Kalkmörtel.
(2) Was Conway, Indog. Forsch. III .S. 85 dagegen anführt, hat schon
von Planta, Gramm. II S. 609 genügend zurückgewiesen.
(3) In der zweiten Zeile von 63 ist anter triibu zu lesen resp. zu er-
gänzen und zwar mit der Ligatur von nt, die auch in N, 60 u. 61 vorkommt
und den Raumverhältnissen nach auch für 62 vorauszusetzen ist. Der Quer-
strich über der letzten Hasta des n ist noch ganz deutlich zu sehen und auch
der untere Teil des folgenden e erhalten. Dass übu mit Zvetaieff zu trübu
zu ergänzen ist, bestätigt die neue Inschrift. Taf. V N. 3 giebt eine Recon-
structi'in der Stelle, in welcher Erhaltenes und Ergänztes von einander un-
terschieden ist. Zeile 4 ist das von Planta vermutete spuri/'eis sicher, wie man
aus dem Facsimile Taf. V Fig. 2 ersehen kann. Zeile 5 ist zweifellos Sehs
imbriis zu lesen. Was von den letzten Buchstaben noch zu erkennen ist, giebt
das Facsimile Taf. V Fig. 4 wieder, und darnach erscheint jede andere Er-
UEBER DrE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI
135
Abfallen der verdeckenden Stiickscliicht wieder sichtbar geworden
sein, denn die pompejanische Schuljugend scheint nach einigen der-
selben Schreibübungen angestellt zu liaben. So sind auf demselben
Pfeiler, auf dem die neue Inschrift steht, unten gerade über dem
Sockel mancherlei Kritzeleien, die in ihrem wirren Durcheinander
und namentlich dadurch, dass zuletzt einer der Schreibkünstler
manche der Buchstaben zu kleinen Bäumen ausgestaltet und da-
durch unleserlich gemacht hat, sehr schwer zu entziffern sind.
Ich glaube aber puf (in der Mitte dicht über dem Sockel) eüuns
lind eksuk (etwas höher und rechts) und annud (ganz links) er-
kannt zu haben. Ebenso ist wohl der bekannte Grafifito 79 auch
nur ein Bruchstük einer solchen Schreibü-
bung, welche Worte der unweit stehenden
Inschrift 62 reproducierte. Weshalb Conway
denselben als « noiv not visible » bezeichnet,
weiss ich nicht, da ich ihn im November
1897, also nach Conway, noch sehr gut habe
sehen können. Auch der Dipinto N. 73 ifi
den Conway als « now lost •» bezeichnet, ist
noch recht deutlich zu lesen. Etwas ver-
ständlicher ist es schon, wenn weder Con-
way, noch Sogliano, noch Zvetaieff den Di-
pinto skiru (Conway It. Dial. pag. 75
Not. VII) haben auffinden können, den Cors-
sen nach Schöne's Abschrift publiciert hat
{Ephem. epigr. II p. 175). Hätten sie aber
den dort angegebenen Pfeiler 37 der Platea
Mercurii, nach der neuen Zählung Reg. VI
^ ins. 8 N. 21 genau angesehen, so hätten sie
den Grafiilo finden müssen, den Schöne of-
fenbar gemeint hat, aber nicht ganz richtig
gelesen hat. Ich gebe beistehend ein Facsimile nach meiner Durch-
zeichnung. Die Originalgrösse der Buchstaben beträgt 35-40 mm.
Auch hier ist die Hasta des k in einen respectabeleu Baum ver-
wandelt.
^
gänzung, besonders aber imhrtr ausgeschlossen. In der Erklärung des Na-
mens wird man wohl Conway's Ansicht gelten lassen können. Vergl. Conway
lial. Dial II S. 055.
136 H. DEGERING
AVir haben nun zu untersuchen, in wie fern es gerechtfertigt
ist als den in dieser Inschrift genannten Ort das Forum triangu-
läre zu bezeichnen. Die Inschrift nennt das Ziel, zu dem sie lei-
ten will, mit den "Worten ampl . tribud . tov . ampt Menerv{as
sakarakldd). Dieses Ziel ist also offenbar in einer Weise ange-
geben, die mit der aus den übrigen Inschriften bekannten nicht
gleich ist. Sollte auch hier, wie in den anderen Inschriften (auch 63),
die Strecke durch Angabe ihrer Grenzen bezeichnet werden, so wäre
CTar kein Grund dafür erfindlich, weshalb man von der dort ge-
brauchten Ausdrucksweise abgewichen sein sollte. Es müssen also
demnach wohl hier absonderliche Verhältnisse vorliegen, die diese
Abweichung erklären. Zunächst kann es nun wohl kaum einem Zwei-
fel unterliegen, dass ülv. nur eine Abkürzung ist für lüvtikad, denn
wenn auch die anderen vier Inschriften ausser in den Namen sonst
nur am Zeilenende abkürzen, so war doch gerade diese Abkürzung
von tüvLik8 und seinen Casus in Pompeji geläufig, wie N. 44, 45
und 47 beweisen, und kann deshalb auch hier nicht auffällig sein.
Ebenso sicher ist es aber auch, dass ampt eine Praeposition sein
muss, welche die hier erwartete örtliche Beziehung ausdrückt. Sehen
wir also vorläufig von der genaueren Bestimmung der Bedeutung
dieser Praeposition ab, so ergiebt sich doch, dass der Ort, zu dem
die Inschrift leiten will, mit trlhud tdüt{ikad) bezeichnet wird.
Dass der nun folgende Zusatz, den ich ampt Menerv{as sakaraklüd)
ergänze, einen zweiten Grenzpunkt bezeichnen könnte, haben wir
schon vorhin abgewiesen. Einen zweiten auf demselben Wege zu er-
reichenden Punkt kann derselbe ebenfalls nicht angeben, sonst müsste
man iaim zwischen den beiden Ortangabeu erwarten. Demnach muss
also dieser Zusatz die genannte Oertlichkeit von einer anderen un-
terscheiden, für welche dieselbe Bezeichnung tribud tiivtikad mög-
lich wäre.
Das Wort triibd und die Ableitungen tribarakavitm und tri-
harakkliif kennen wir bereits mehrfach aus der Inschrift 42 und
dem Ciiqm^ Abellanus und man erklärt es hier als Haus, resp.
die abcreleiteten Formen als bauen und Baulichkeit, Gebäu-
de, wobei man meistens von dem zu derselben Wurzel gehörigen
lat. irahs der Balken ausgeht. Hiergegen macht aber von Planta
Gramm. II S. 1 Anm. 2 geltend, dass alle verwandten Wörter (umbr.
trebeitj tremau der häufige Ortsname Trebula und anderes B' 283,
ÜEBER DIE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI 137
430 Erwähnte) auf die Bedeutung weilen deuten. Dieser Ein-
wand ist soAveit begründet als er die Bedeutungsentwicklung angeht,
dagegen darf man wohl an der Zugehörigkeit von irabs zu dersel-
ben Wurzel nicht zweifeln. Diese Wurzel *treb tritt in folgenden
vier Ablautsstufen der E.-Keihe auf.
], Dehnstufe *treb osk. trübü
IL Dehustufe
trob lith.
trüba (?)
III. Hochstufe
Ireb osk.
TrebüSj Tqaßig
umbr.
iremm, trebeit
lat.
Trebia, Trebula
gall.
atreba
kymr.
treb
IV. Tiefstufe
trb lat.
trabs (?)
goth.
J)awy
Hierzu Avürde man und zwar zur III. Stufe treb gern auch lat.
trlbus, alt *trebus {trebibos Inschr. Ephemeris epigr. II p. 208,
n° 299), heranziehen, aber wegen umbr. trifo, altumbr. trefo ist
diese Zusammenstellung nicht gut möglich, es sei denn dass umbr.
trefo als Lehnwort aus dem Lateinischen angesehen werden könnte.
Die Ableitung von trlbm von *tri -f- bhu ist sehr unwahrschein-
lich (^) schon wegen irtbuere, das nicht « in 3 Teile teilen " son-
dern « als Eigentum zuteilen « zur Grundbedeutung hat. Wenn man
aber auch von dem lat. tribu8 und Zugehörigem absieht, so scheint
es doch, als ob auch für die übrigen Worte weder « bauen » noch
« weilen « die Grundbedeutung sei. Namentlich lässt sich dies für
die oskischen und umbrischen Vertretungen der Wurzel zeigen. Zu-
nächst umbr. tremnu - *trebno ! Dass derjenige, welcher VI a 2
und 16 die Auspicien anstellt, in einem aus Balken gezimmertem
Hause sitzt, ist sehr wenig wahrscheinlich, wohl aber kann er auf
einem ausgesonderten, von hölzernen Schranken umzäunten
Platze (daher lat. tabeniaculum) seine Beobachtungen machen. VI a
8 verfale pufe arsfertur trebeit ocrer peihaner erse stahmito eso
tuderato est wird übersetzt : Templum ubi adfertor versatur
arcis piandae, id staiivum sie finitum est. Verfale = verbale
(') Auch Stolz, Histor. Gramm, d lat. Sprache I S. 270 u. 456 scheint
ähnlich zu urteilen.
u
138 H. DEGERING
= fanum, templum ist aber schon nicht sehr glaubhaft, da kaum
anzunehmen ist dass die Umbrer allein neben *fesno von * f^s lat.
fanictn = fäsno auch noch ein Synonym von *uerdh gebildet haben.
Verfale nimmt man deshalb auch wohl besser als verfale{f) d. h.
Acc. Plur. von *verfa.li aus ver-u-ali. Derselbe üebergang von
zu f scheint vorzuliegen in umbr. furfant lat. ferveo, ferner viel-
leicht in Saßiiim aus * Sauinim vergl. griech ^awitm. Es würde
dann mit dem oskischen veru, (') und dem umbrischen verof zur
Wurzel *var (z. B. in lat. *aj)-iierio) zu stellen sein und mit
t ümschliessendes, Grenzen, Schranken " zu übersetzen sein. Pufe
würde dann hier wie an den übiigen Stellen als Acc. Plur. sich
auffassen lassen und trebeit sich auf die Thätigkeit des Adfertor
bei der Festsetzung dieser Grenzen des Auguraltemplums beziehen,
also etwa mit aussondern, ziehen oder ähnlichen Ausdrücken zu
übersetzen sein.
Aehnlich liegt die Sache auch im Oskischen. Es steht anschei-
nend nicht einmal ganz fest, ob sich die Inschrift 42 auf die so-
crenannte Curia Isiaca bezieht oder nicht. Dürften wir das aber
annehmen, so würde schon für dieses Gebäude der Begriff des >■ Hau-
ses " als Wohnhaus sehr schlecht passen, und Nissen hat das auch
wohl gemerkt und deshalb aus der Zusammenstellung mit lat. trabs
den Begriff' des Peristylhauses abzuleiten versucht, den er dann in
geschickter Weise auch für die Inschrift 63 so zu verwenden sucht,
dass er sogar die beiden Häuser als Standquartier seines Imiwra-
tors nachweisen zu können glaubte. Nachdem nun aber sowohl
anter als Sehsimbriis festgestellt ist, und damit auch diese In-
schrift durchaus auf das Niveau der anderen gerückt ist, dürfen
wir nicht mehr nach besondern Häusern suchen, sondern die In-
schrift nennt einfach zwei beliebige Grundstücke, welche als Grenzen
der von der Mannschaft des Sehsimbriis zu besetzenden Strecke der
Verteidigungslinie bestimmt werden. Ob auf diesen Grundstücken
Häuser standen oder nicht, ob sie ganz bebaut waren oder teil-
weise, ob prächtig oder dürftig, das ist für den Zweck der Inschrift
crleichcriltig : es handelt sich nur darum, die Grenzen des zugewie-
senen Bezirkes zu bestimmen, und das geschieht, wie in 60, 61, 62
(!) Osk. veru ist wohl mit Planta, Ind. Forsch. IV 264 als Acc. Plur.
zu erklären.
UEBER DIE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI 139
durch Thor und Türme, hier durch zwei Besitztitel von Anliegern,
eben weil dieser Mauerstrecke die Türme fehlten.
Auch für den Cippus Abellauus erscheint der Begriff « des
Grundstückes % des ausgesonderten, abgegrenzten Gebietes zur
Uebersetzung von *lrübu geeigneter als der des Gebäudes oder
namentlich des Wohnhauses. Es handelt sich bei den hier infrage
kommenden Bestimmungen dieses Gesetzes oder Vertrages wohl nur
um das Einhegen von Spielplätzen in der Nähe des Herculeshei-
ligtums auf gemeinschaftlichem Gebiete, nicht aber um grössere,
feste Bauten. Das Gesetz bestimmt, dass solche eincfefriedigften
Plätze ('), welche eine jede der beiden Gemeinden beschliessen und
anlegen dürfe {senateis suveis tanginild Iriharakavum likilud),
doch von beiden Gemeinden gemeinsam benutzt werden und Gemein-
gut bleiben sollten. Für grössere Bauten ist diese Bestimmung un-
verständlich, denn sicherlich würde keine der beiden Gemeinden
sich zu der üebernahme solcher Lasten besonders gedrängt haben.
Für unsere neue Inschrift aber müssten wir mit der Uebersetzung
"i Haus » für Irihu auf jede weitere Deutung und sachliche Erklä-
rung verzichten, denn es ist schlechterdings in der Nähe derselben
und in der Richtung auf das foro triangolare zu kein « Volks-
haus » zu finden, auf das die einschränkende Bezeichnung am-pl
Menerv{as sakaraklod) passen könnte. Wie oben gesagt, ist es aber
nicht sicher, ob die Inschrift 42 auf die Curia Isiaca (Palaestra)
zu beziehen ist, da die später eingefügte Trennungsmauer zwischen
dem Isistempel und der Palaestra, in die sie, man weiss nicht ein-
mal ob als Inschrift oder als Baustein, verbaut war, keinesfalls ihr
ursprünglicher Platz sein konnte. Sie wird aber jedenfalls auf eine
Localität in der Nähe zu beziehen sein, und dann liegt es nahe 62
sowohl als auch die neue Inschrift auf ein und dasselbe Local zu
beziehen, nämlich auf das Forum trianguläre. In 42 ist dann mit
ekak triihum nur der ^ Platz » « Marktplatz « schlechthin be-
zeichnet, da der Ort, wo die Inschrift ursprünglich angebracht
war, sicherlich jeden Zweifel an der Beziehung ausschloss. In der
neuen Inschrift dagegen, die eine unmittelbare örtliche Beziehung
(1) Trlbarakkiuf und trlbarakavum von *trlb und arcere ; wie man
sieht kömmt auf diese Weise auch der zweite Teil des Compositums zu seiner
Geltungr.
140 H. DEGERING
nicht besass, ist, um jeden Irrtum auszuschliessen, eine detaillirtere
Bezeiohuiing gewählt. Zunächst ist idv{tikad) hinzufügt um das
.. Gnmdstück " dadurch bestimmter als ein öffentliches als deu
« Marktplatz -^ zu bezeichnen, und durch den zweiten Zusatz am2)l
Menerv{as sakaraklod) wird dieser Platz von anderen z. B. dem
Forum civile unterschieden.
Ampt haben Avir oben als Praeposition angesprochen ohne vor-
läufig auf Ableitung und Bedeutung näher einzugehen; wir wollen
das nun hier nachholen. Was zunächst die Ableitung anbetrifft, so
verhält sich wohl amjJt zum griech. di^nfi lat. *ambi (in amhi-
vitnn), vc'ie lat. post zu uuibr. ;9ms; wie umbr. oak.pert zu griech.
7rfQi\ lat, umbr. per; wie lat. a/itej osk. ant zu griech. clia. Dem
Einwurfe, den mir Bücheler brieflich macht, dass osk. arnf (statt
amb-amp) feststeht, amfrel = *amfr -\- et, kann man vorderhand
damit begegnen, dass es noch eine ganze Reihe von AVorten giebt
im Oskischen sowohl wie im Umbrischen, wo p für /' steht, und
wenn auch einerseits noch nicht genügend erklärt so doch anderer-
seits auch nicht bestritten oder durch Conjectur beseitigt werden
kann ('). Als Bedeutung ergiebt sich dann für ampt «um " « um-
herum «.
Die Ergänzung von Mener und dem, was dahinter an Farben-
resten in der dritten Zeile erhalten ist, zu Menervas oder Menerhas,
ist wohl kaum zweifelhaft. Die vierte und fünfte Zeile lassen sich
aber ebenfalls mit Ausnahme des Namens des Streckencommandan-
ten mit ziemlicher Sicherheit ergänzen. So scheint puf durch die
S. 135 erwähnten Graffiti am Fusse des Pfeilers gesichert und damit
natürlich auch faamat und ein Name. Das von mir eingesetzte m-
karakldd ist einmal dem Sinne nach, wenn auch nicht erforderlich,
so doch ganz passend, und andererseits wird dadurch der vorhandene
Kaum genau ausgefüllt. Durch Einsetzen von entsprechenden Buch-
staben kann man sich überzeugen, dass der unter dem e von Mener
erhaltene Querstrich mit dem oberen Teile des d von sakaraklüd
zusammenfallen würde ; ein Punkt und puf füllt dann die Zeile
(') Auch im Lateinischen ist vielleicht *amp erhalten, falls, was ich vor-
läufig nicht nachprüfen kann, Thewrewk im Festus amptermini nach hand-
schriftlicher Lesart giebt. Vergl. Planta, Gramm. I 4G4 f. [Die drei von mir
verglichenen besten Hschr., der Guelferbytanus Monacensis und Trecensis, ha-
ben in der That amptermini. Ch. H.]
UEBKR DIE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI 141
ungefähr in der Ausdehnung der ersten Zeile. Faamat -]- Name
bilden auch in 61 und 62 die letzte Zeile.
Die Bezeichnung des Forum trianguläre als das um das Mi-
uervaheiligtum gelegene belehrt uns also, dass der griechische
Tempel der Minervatempel ist, denn da dieses als Hauptheiligtum
des Platzes durch Lage und Ausdehnung zu erkennen ist, so ist
jede Beziehung auf eine der anderen kleinen, sacralen Baulichkeiten,
die ja auch z. T. erst späterer Zeit angehören, ausgeschlossen.
Während wir nun aber im Bisherigen uns im ganzen durchaus
an Nissen' s -Auffassung anschliessen konnten und seine Ansicht
mit gewissen Modificationen ausführlicher zu beweisen und zu be-
stätigen versucht haben, werden wir ihm in der Interpretation der
einzelnen Worte so gut wie nirgends folgen können. Amviannud
und triibud haben wir bereits erörtert ; es bleibt uns nur noch
übrig auch auf eltuns, puf und faamat näher einzugehen.
Dass das Wort eituns zu dem lat. ire in Beziehung steht
darf wohl als sicherer Ausgangspunkt betrachtet werden, und die
Meinungen sind wohl nur darüber geteilt, ob eituns Verbalform
oder Nominalform ist.
Nissen erklärt nach Büchelers Vorgange eüuns als *itunus
= üer. Einmal aber ist die Ableitung dieser Form durchaus nicht
klar, denn dem lat. itiaer gegenüber lässt sich das u nicht erklä-
ren, und eituns als '*'eituniis von '*'eUu lat. üus abzuleiten ver-
bietet die dem Suffix no innewohnende Bedeutung.
Andererseits haben wir aber auch noch eine dem eituns genau
gleichgebildete Form in deivatuns, welche von *deivauin gerade so
gebildet ist, wie eituns von *eium. Diese beiden Formen stützen
und schützen sich gegenseitig und es ist nicht gut möglich sie in
verschiedener Weise zu erklären resp. gar die eine durch Annahme
eines Schreibfehlers in der Inschrift zu bezeitigeu.
Die T. B. hat von Zeile 9 an: factud jjous tovto deivatuns
tanginom deicans siom dat eizaisc idic tangineis deicum, pod va-
laemon tovticom tadait ezum. In diesem Satze ist ein Acc. c. inf.
enthalten — siom dat eisasc idic tangineis deicum — der nur von
deivatuns abhängig sein kann. Es sind dann aber nur zwei Mög-
lichkeiten vorhanden ; entweder deivatuns als Participium zu fassen,
das dem deicans syntactisch untergeordnet ist, oder aber darin eine
Form des verb. fin. zu sehen, die demselben syntactisch gleich-
142 H. DEGERING
wertig d. h. also gleichfalls eine Conjunctivform des Praesens ist.
Im ersteren Falle müssten wir aber doch wohl eher Correspon-
sion des attributivischen Participiums zu seinem Substantiv lovto
d. h. also deivato erwarten, als man glauben kann, dass dieses
Participium grammatisch nach dem xctTu avveoiv mit tovto ver-
bundenem deicaas sich richten solle. Dazu kommt noch, dass diese
an sich schon unwahrscheinliche Deutung aber auch noch die An-
nähme zu hilfe ziehen muss, dass deivatims für deivatus verschrie-
ben sei, denn Brugmann's (Indog. Forsch. V 96 Anm. 1) Parallele
delvatuiis-humuiis hat nicht die geringste Wahrscheinlichkeit, da
das Suffix ö-O/iis besonders dort, wo es neben -us vorkommt, dem
Worte eine Bedeutungssteigerung verleiht, an die man bei deiva-
tuns doch nicht denken kann. Auch stände diese Form als eine
Weiterbildung von einem Participialstamm gänzlich isoliert.
Dagegen kann man deivatims ohne jeglichen grammatischen
Anstoss als Conj. Praesentis ansehen, so dass die lateinische üe-
bersetzung der Stelle folgendermassen lauten würde: ut populus
jurent, sententiam dicaat, se de Ulis rebus id senlenüae dicere,
quod Optimum publicum ceaseal esse. Das Asyndeton von jurent
imd dicant ist doch nicht gerade autfällig. In gleicher Weise kann
man aber auch eituns als 8. Plur. Conj. Praes. resp. Imper.
auffassen = ' eaiiV resp. eunto. Lautlich dürfte die Form wohl
so zu erklären sein, wie es zuerst von Bugge (K. Z. XXIII 389 tf.)
ausgesprochen wurde, dass nämlich eüuas eine Analogiebildung sei,
die sich an *eilud anschliesse, wie deicans an deicad, pmtiaas an
putiad. Hierzu kann man dann auch deivatum stellen. Die oski-
sche Sprachgruppe hat offenbar von a Stämmen und vielleicht auch
von unthematischen vocalischen Stämmen (wie z. B. *^/) keinen
Conj. Praes. gebildet resp. denselben verloren, den wir im Umbri-
schen durch aseriaia, portaia. etaians belegen können. Die For-
men deioaid und tadait, welche in der Tabula Bantina syntactisch
als Conjunctive auftreten, sind ihrer Bildung nach Optativformen,
welche ersatzweise die Funktionen des Conjunctivs übernommen
haben. Ob auch im Plural dieselbe Vertretung stattfand, ist vor-
derhand nicht auszumachen, da man ex silentio natürlich nicht
schliessen kann, dass sie nicht möglich gewesen sei. Aber selbst
wenn dieselbe in Gebrauch war, so ist damit nicht ausgeschlossen,
dass die Osker neben diesen Optativformen auch noch andere Er-
UEBER DIE MlI.rr.VERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI 143
satzformen schufen und benutzten. Auch für die dritte Plur. des Im-
perativs fehlen (abgesehen von eiluns) Belege aus dem oskischen
Sprachgebiete. Da aber in der Bildung dieser Formen die latei-
nische und die umbrische Sprache differieren :
lat. habet habeto
habent habento
umbr. habetu
habeiiUUj
und die Bildungsweise der umbrischen Formen wohl mit Be-
stimmtheit der Periode der Einzeldialekte zugewiesen werden kann,
so steht meiner Ansicht nach der Annahme Nichts entgegen, dass
die oskische Sprache einen von beiden abweichenden dritten Weg
einschlug und in der von Bugge erkannten Weise von actiul, dei-
vatud, eitud, actum, deüvatims, eiluns bildete. Da sich aber die
Bedeutungssphäre des Imperativ's und Conjunctiv's sehr eng be-
rühren, so ist es auch nicht zu verwundern, wenn in der ä Classe
diese Formen für die fehlenden Conjunctivformen mit verwendet
wurden, zumal sie auch in ihrer Bildung mit secundärem Suffix ns
an den Conjunctiv sich anschliessen.
Wir kommen nun zu dem Worte imf. Haben wir eltims, als
eant, eunto erklärt, so können wir selbstverständlich nicht die üb-
liche Deutung von 7^2^/" = lat. ubi beibehalten, denn eüims ver-
langt ein Subject, und dieses kann nicht durcli einen Satz gegeben
werden, der mit ubi beginnt. Die Deutung puf -- ubi hängt zu-
sammen und ist veranlasst durch die Aufrecht-Corssensche (') Er-
klärung von faamat — habitat, während es doch bei weitem näher
liegt, die geforderte Bedeutung des Commandierens von fama abzu-
leiten, wie von Planta, Gramm. II, S. 610 thut. Faamat ^^ habi-
tat könnte doch nur den dauernden Aufenthalt, nicht aber die
Führung des Commandos bezeichnen, wie ja thatsächlich auch ha-
bitat so gebraucht wird. Vergl. Bücheler Rh. M. N. F. LIII, S. 207.
Dann musste man natürlich zu fämat = habitat puf als ubi erklä-
ren, und da dieser Erklärung lautliche Schwierigkeiten nicht entge-
genstehen, so konnte man sich um so leichter dabei beruhigen.
Wenn wir aber fämat von fama ableiten, so verlangt dieses Wort
(1) Aufrecht-KirchhofiF, Umbr. Sprd. I, 76. Corssen,*K. Z. 22, 290 ff.
141 H. DEGERING
als transitives Verbum ein Object und wir müssen deshalb jmf als
Acc. PL als quos interpretieren. Dadurch gewinnen wir dann aber
zugleich das oben geforderte Subject zu eituas. die Addresse der
Inschriften, Nr. 60 würde also z. B. in lat. Uebersetzung folgen-
dermassen lauten :
Hoc margiiie eunto iiiler turrim dmdeeimam et portam Sa-
lariam, quos alloquitur (') Mr. Ädirius V. f.
Gegen diese Deutung von ji^f als Acc. Pluralis qms wird
man vermutlich wie gegen die Büchelersche Deutung von ecuf
(Rh. M. XXXV S. 495 ff.) geltend zu machen suchen, dass die
oskische Sprachgruppe im Gegensatz zu der umbrischen den Acc.
Flur, auf ss bilde, wie feihuss, e/cass etc. beweisen, aber diesen
Gründen kann solange eine zwingende Kraft nicht zugemessen wer-
den, als man auf der anderen Seite im neuumbrischen einen ein-
maligen Acc. Plur. auf ns in abrons zugeben muss, denn alle
Versuche dieses Wort anders denn als Acc. PI. erklären zu wollen,
würden an der direkten sachlichen und wörtlichen Parallelität von
Icr. Taf. VII a 43 und Ib S'S einerseits und der sachlichen Identität
von VII a 3 und VII a 43 andererseits scheitern. Auch der Brug-
mannsche Versuch (von Planta, Gramm. I 510) abrons auf den
Stamm *apröd zurückzuführen, ist abgesehen davon, dass wir dann
nach Analogie von manf abronf erwarten müssten, auch deshalb
nicht annehmbar, weil die völlige Identität von *apröii und *«;jro
nicht sicher, ja nicht einmal wahrscheinlich ist. Entweder wird
man deshalb Wall trotz Bücheler's (Umbrica S. 126) Ausführun-
o-en über die Stellung der Zahlworte abriinu in ab'ru unu auf-
lösen müssen, oder aber abrurrn bezeichnet hier einen besonde-
ren, wohl einen « Masteber " . Derselbe Unterschied wird auch im
Lateinischen ursprünglich zwischen imvus und imvo^ capus und
capo, aquila und aquilo bestanden haben. In den ersten beiden
Fällen haben die das Exemplar als ein ausgezeichnetes seiner Gat-
tung erklärenden Formen die alten verdrängt ; im letzten Falle hat
sich ein metaphorischer Gebrauch entwickelt — aquilo der grosse
schwarze Himmelsadler — die dunkle AVetterwolke.
Müssen wir aber umbr. abrons neben apruf und abi^of als
gleichberechtigt anerkennen, so ergiebt sich daraus ebenso wie
(') Quos alloquitur für quibus imperat.
UEBEU DIE MILITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI 145
aus dem Umstände, dass z. B. die sec. PJudung ns der 8. Pers.
Plur. nicht zu /" geworden ist, mit Wahrscheinlichkeit, dass der
Unterschied zwisclien diesen ns, ss und f wolil mehr ein ortho-
graphischer war, als ein wirklich in der Pronunciation zum Aus-
druck kommender. Daim liegt aber gar kein Grund vor oskische
Acc. Plur. zumal von Pronominalstämmen, wie puf und ecuf als
unmöglich zu bezeichnen. Wenn Danielson (Altit. Stud. TU S. 152)
und Pauli (Altit. Stud. V S. 47) gegen Rüchelers pedes paucos
hos incubat die lat. Formeln hie jacet, hie situs est und das fali-
skische he ciqml, falisk.-lat. heic eiibat in's Feld führen, so tiber-
sehen sie oder würdigen zu wenig, dass dort nicht eubat sondern
incubat steht und auch ohne Zweifel poütische Form vorliegt. Ich
kann natürlich an dieser Stelle nicht das ganze Capitel über
US -— f ausführlicher behandeln, aber ich will nur noch hinzufü-
gen, dass man sogar Danielson den Hauptstützpunkt entziehen und
ihm, während er im oskischen ns^= f leugnet, dagegen das um-
brische j^iiß als Localadverb streitig machen kann. Denn einer-
seits ist da, wo zweifellos die umbrische Form für ubi in direk-
ter Corresponsion zu ife erwartet wird (VI b 39, 40), pue ge-
braucht, und andererseits entspricht dem pufe-quos ein pafe-quas
(VII a 52), ferner lassen die betreffenden Stellen (I b 33, VI a 8,
VI b 50, VII a 43), an denen jjufe vorkommt, recht Avohl eine Deu-
tung mit pufe — quos zu. VI « 8 haben wir schon oben S. 137 f.
erörtert; dass I Z» 33 und VII a 43 2nife apruf resp. abrons mit
quos apros übersetzt werden kann, darauf genügt es wohl hinge-
Aviesen zu haben. VI b 50 : jjone esonome {pir) ferar, pufe pir
entelust, ere feriu poe perca arsmatiam habiest, übersetze ich :
Cum in sanctuarium feratur, in quos ignem imposuerit. eorum
is ferto (intro) qui virgam imperatoriam habebit. Hier mag
pufe = pufe -f- e sein. Pir kann mit *puro nicht ganz identisch
sein, denn während pir Neutrum ist, ist *puro Masc. oder Fem.
Ersteres ist wohl das Feuerungsmaterial, letzteres dagegen das Feuer
selbst (oder der Brandaltar'?). Es ist der Sache nach selbstverständ-
lich, dass das Feuerungsmaterial im Opferzuge mehrere Personen
trugen ('); am Heiligtum angekommen durfte es aber nur der
hineintragen, welcher die perca arsmatia führte.
(^) Man vergl. z. B. die Darstellung eines solchen Festzuges auf der
Bologneser Sit'ila abgeb. bei Zannoni, Scavi della Certosa, Tav. XXXV,
6 u. 7.
10
1-1»' H. DEGKRING, LEBER DIE M II.ITAERISCHEN WEGWEISER IN POMPEJI
Büchelers Abhandlung im Rh. Mus. LIII S. 205 f., die er-
schiea als diese Arbeit bereits abgeschlossen war, ist nur in ein-
zelnen Punkten, die sich noch nachträglich einschieben Hessen,
berücksichtigt. Es ist das wohl um so mehr entschuldbar, als ß.
auch hier durchaus auf dem schon früher vertretenen und in der
vorstehenden Abhandlung eingehend besprochenen Standpunkte ver-
harrt, während das Neue, was er zu bieten scheint, auf der falschen
und unvollständigen Lesung Sogliano's beruht.
Göttingen, April.
H. Degering.
L A 0 K 0 0 N
(Tafel VI)
Von der - tragischen Idylle ", wie Goethe mit richtigem Gefühle
und bezeichnenden Worten die Laokoongruppe im vaticanischen
Belvedere nannte, hatten wir bis jetzt keine antiken Nachbildungen
in Marmor. Denn sowohl der Aremberg' sehe Kopf ('), wie der des
Marchese Litta (^) in Villa Leinate bei Mailand und die Köpfe im
Palazzo Spada (•') und der aus dem Besitze Campana's nach Pe-
tersburg gelangte ( ') sind wie die jüngst in Keggio di Calabria (^) zu
Tage gekommene Gruppe mit Kecht für moderne Arbeiten erklärt
worden, und der von Förster im Jahrbuche 1891 Taf. 3. S. 189
pnblicirte Kopf in Bologna wird, wie der Herausgeber richtig aus-
führte, eher einem Giganten angehört haben. Somit hätten wir bis
jetzt keine Replik des Laokoonkopfes in dem Material des Origi-
nales, und desto glücklicher bin ich über den Zufall, der mich ein
kleines Köpfchen in Ilom sehen liess, das sich mir beim ersten
Anblicke als nicht anzuzweifelnde antike Nachbildung des Lao-
koonkopfes ergab und auch gewiss bei jedem Betrachter denselben
Eindruck hervorrufen wird.
Das mit dem Hals 63 mm hohe Köpfchen wurde vor vier bis
fünf Jahren in einer Vigna gegenüber S. Agnese vor Porta Pia ge-
funden und befand sich seither im römischen Kunsthandel. Die
Tafel VI bringt zwei nach Photographien hergestellte Ansichten C').
Das Material ist feinkörniger, stark transparenter, wohl griechischer
i\Iarmor mit einem Stiche in's Graue. Der Kopf ist mit dem Halse
(') J/on. dcAV Ist. II tav. 41 A \-';A. Förster in Verliandlungen der 40.
Versammlung deutscher Philologen in Görlitz S. 298 if.
(2) Storia delle arti del disegno di Winkelmann t. II p. 188.
(3) Beschreibung der Stadt Rom III, 3 S. 445.
{*) Arch. Zeitung 1803, Taf. 178. 2.
(•^) Köm. Mitth 1895 S. 284 ff.
{'') Ein guter Abguss ist durch den Gipsgiesser Gherardi (via Sistina 56)
hergestellt worden und kann von ihm zum Preise von 4 Lire bezogen werden.
148 !-• POl.LAK
erhalten. Von dem überaus üppigen Haupthaare, das in breiten
Massen herabwallt, ist etwas unter dem Scheitel hinten ein Stück
ausgebrochen, von den Haarlocken an der Stirue ist seitlich an der
rechten und ebenso an der linken Schläfe je eine Lockenpartie be-
stossen. Die Unterstirne, über die zwei horizontale Falten sich hin-
ziehen, tritt mächtig hervor. In dem in Schmerze weit aufgerissenen
Auge ist der Stern durch einen Üreiviertelkreis, die Pupille durch
eine runde Vertiefung wiedergegeben. Von der Nase fohlt etwa die
Hälfte. Ein starker, sich theilender Schnurrbart bedeckt die Ober-
lippe, der Mund selbst ist halbgeöffnet, ein dichter Bart umwallt
das Gesicht. Der muskulöse Hals muss mit einer ätzenden Flüs-
sif'keit vereinigt worden sein, denn er hat die Epidermis einge-
büsst. An seiner linken Seite ist unterhalb der Haarenden ein etwa
3 mm. dickes 2 cm. langes, 11 cm. hohes Stück abgesplittert. Eine
kleine Abschürfung an der rechten Wange ist kaum bemerkbar.
Während die Fleischtheile mit einer bei so kleinen Dimensionen
ungewöhnlichen, geradezu an Elfenbeintechnik gemahnenden Fein-
heit und Sorgfalt ausgeführt sind, sind die Haare in breiten Par-
tien angelegt, die durch mit dem Bohrer gearbeitete Gänge sich
von einander loslösen ; die einzelnen Haare sind in den Strähnen
nur in geringem Maasse angedeutet. Es haften noch hie und da
im Gesichte und an tieferliegenden Stellen Reste von Ptlanzen-
wurzeln, wie sie sich im Erdi-eiche anzusetzen pflegen.
Die ganze Arbeit und besonders die Art, in der die Augen-
sterne und Pupillen wiedergegeben sind, führt auf die zweite Hälfte
des zweiten nachchristlichen Jahrhundertes.
Aus der auffallenden Kleinheit einiger der uns erhaltenen In-
schriften der drei Meister des Laokoon hatte Heibig (') den Schluss
gezogen, dass es im Alterthume kleine als ' objets d'etagere ' ge-
brauchte Copien grosser Kunstwerke dieser Schule gegeben habe
und dass dabei die Inschriften mitübertragen wurden. Kekule {}) hin-
gegen hatte aus der genannten Thatsache auf ' von Haus aus kleine
AVerke ' dieser Meister geschlossen. Unser Exemplar scheint mir
der ersteren Ansicht Recht zu geben. Die ganze kleine Gruppe wird
nach dem Maasstabe des Köpfchens schwerlich über 28 cm. hoch
(i) Bull 1867, p. 144.
(*) Zur Deutung und Zeitbestimmung des Laokoon S. 27.
LAOKOON 149
gewesen sein. Eine andere nun verschollene kleine von Michelan-
gelo vielgepriesene Replik des Laokoou sah der römische Antiquar
Ulisse Aldroandi um die Mitte des IG. Jhdts im Hause des M.Mario
Macaroni a Macello di Corvi, die er als " piccolissimo torso di Lao-
cooiite co)i Uli poco del serpe dieiro ' beschrieb (').
Natürlicherweise raussten bei einer so enormen Reduction ab-
gesehen von der freieren Haltung des Köpfchens, das sich nicht so
stark zur Seite biegt, viele grosse Züge des Originals verloren gehen
oder wenigstens zurücktreten. Vor Allem konnte der Meister der
kleinen Replik — wir dürfen ihn in Hinsicht auf die vortreffliche
Ausführung des Nackten so nennen — die am Originale so unver-
gleichlich wirkende, von Brunn (-) mit treffenden Worten hervorge-
hobene Auflösung der Haare in kleine Partien nicht durchführen.
Durch die mehr summarische Behandlung der üppigen Haare in
der Copie hat sich ein an's Barbarische streifender Zug beigesellt,
der dem Originale mangelt. Hingegen scheint mir. dass durch die
plastische Angabe der Augensterne und die dadurch bedingte Be-
stimmtheit des Blickes der Ausdruck des Leidens eine 'grosse Stei-
gerung erfahren hat, und unser Köpfchen hierin über das Original
noch hinausgeht.
Wenn nun also auch mehrere Jahrhunderte zwischen dem
Originale und der Copie liegen, so dürfen wir ims doch freuen, eine
antike Replik wieder unser nennen zu können, denn sie ist eine
Replik von demjenigen Kunstwerke, welches bis auf die Ver-
drängung durch die Parthenonsculpturen durch so lange Zeit der
Welt als Antike xar i^ox^v galt, und von der grossartigen Con-
ception, dem übergewaltigen Ausdrucke des Leidens, welcher die
grössten Künstler mitriss, die feinsten Federn in Bewegung setzte,
weht noch ein gross Theil in dem kleinen Köpfchen (•^).
Rom, Ende Juni 1898. Ludwig Pollak.
0 Delle Statue anticke in Mauro, le antichitä dellu cittä di Roma,
p. 267.
(2) Gesch. d. <jr. Künstler I S. 487.
(3) [Ich darf hinzufügen, dass die Echtheit des Kopfes aucli mir über
allem Zweifel ist, die Feinheit der Ausführung bemerkenswerth. Dann auch
die Zeit scheint mir vom Verf. richtig bestimmt, vornehmlich auf grund des
Augensterns, den ich allerdings etwas anders sehe, so wie er in Antonini-
scher Zeit gemacht wurde. Den Ausdruck des Pathos finde ich nicht gestei-
gert sondern gemässigt. P.J
FUXDE UND FORSCHUNG.
Indem ich nach einer Pause meiue Berichterstattuug \viedfr
aufnehme, und es nunmehr nicht allein das ganze Jahr 1897
sondern auch noch einen Theil des vorhergehenden zu überblicken
gilt, darf vielleicht auch noch etwas weiter ausgeholt werden.
Im nördlichen Italien haben die Arbeiten der letzten Decennien
ein immer mehr sich zusammenschliessendes und belebendes Bild
ältester Culturentwickelung geschatfen ('), und damit sind aus
der litterarischen Ueberlieferung die Namen und Wanderungen der
Völker als die Träger dieser Cultur von dem einen mehr, von dem
andern weniger kühn, aber auch inhaltlich abweichend in Ver-
bindung gesetzt worden.
Erst später ist am entgegengesetzten Ende Italiens, auf Sici-
lien die Erforschung der Anfänge ernstlich in Angriff genonnuen.
Was Cavallari und v. Andrian. Salinas und Mauceri begonnen
hatten tritt weit zurück hinter dem was P. Orsi seit fast einem
Decennium in seiner auf den Osten der Insel begrenzten — neuer-
dings etwas erweiterten Provinz geleistet hat. Ja wenn man die
(') Für die Laiidschaft'.-n nördlich vom Apennin liegt jetzt in Mnnte-
lius, la civilisation primitive ca Italie I ein l'rachtwerk vor, mit reichster
Litteraturangabe und, nur za eleganten, Abbildungen, Derselbe Gelehrte hat
im Journal of the anthropolof/ical Institute, febr. 1897, S. 261 den ]\[uth
gehabt, eine preclassical chronolo(jy in Greece and Italy zu entwerfen, ohne
andern Anhalt als den Formenwecli>el des Ceräths. Indem M. ung. bei 2<'>0()
V. C. beginnt, gewinnt er nach c. zwölf Jahrhunderten etwas festeren Boden.
Wenn hier nun aber aus den vagen allgemeinen Berechnungen sich ergiebt,
dass die Gräber Regul i n i- G alassi in Caere, del Duce in Vetulonia.
Bernardini in Palestrina um zwei Jahrhunderte älter sein sollen als die
tomba d'Iside in Vulci, so kann die Itechnung nicht riclitig sein. Die
Methode ' auf des Ganze ' die Chronologie zu gründen, statt vom Einzelnen
auszugehen, dürfte etwas zu praehistorisch sein.
E. PETKRSEN, FUNDE UND FORSCHUNG 151
Arbeit des Einzelnen in die Wagschale wirft, so ist kaum einer
im Lande, der ihm gleichkommt in methodischer Durchforschung
des Bodens, in gewissenhafter Beobachtung und Verzeichnung, in
musealer Ordnung und fleissiger Bearbeitung des gewonnenen Mate-
rials, unter steter Berücksichtigung des im übrigen Italien und
auch im Osten des Mittelmeergebiets gefundenen. Was von Orsi's
Thatkraft und Umsicht vor allem noch zu erhotten wäre, das ist
die Auffindung und Ausbeutung der ältesten Nekropole einer der
ionischen Städte Siciliens, von Katane, von Naxos oder Leontinoi,
nachdem er von dem Stande des Kunsthandwerks in den ältesten
Zeiten der dorischen Syrakus und Megara uns so reichliclie Anschau-
ung verschafft hat. Orsi hat aber auch die vorauÜiegenden Jahr-
hunderte ins Auge gefasst und die Culturzustände der Insel vor
fester Ansiedelung der Hellenen mit gleichem Eifer und Erfolg
erforscht und aufgehellt.
Die ethnographischen Fragen, die hier freilich nicht so viel
Bedeutung haben wie im Norden Italiens, keineswegs aus den Au-
gen lassend, aber vorsichtig hintanhaltend, oder vielmehr dm-ch
Leugnung der Verschiedenheit von Sikanern und Sikelern beseiti-
gend, hat Orsi durch Vergleichung des Materials selbst drei Pe-
rioden der Sikelercultur geschieden, und ihnen voraufliegend eine
vorsikelische. Indem er nun endlich jüngst in Licodia,
lang gesucht, eine Nekropole, gefunden hat, wo das Sikelerthum
ganz von eingesessener Hellenencultur durchdrungen ist, und sich
daneben noch {Mon. aat. d. Lincei VII 201) die citlä greca a
Terravecchia stellt, in Wahrheit eine cittä siciUa grecüzata dapoi
(col. 273), so kann mit dieser vierten Periode die Sikeler-
forschung als zu einem gewissen Abschluss gelangt angesehen wer-
den ; mag immerhin manches Material wie das von Pantalica noch
unverarbeitet sein, und eben noch von neuen Funden Andeutung
laut werden. Darin liegt die Kechtfertigung dass hier jetzt eine
Uebersicht über die Resultate dieser Forschung gegeben wird, von
denen ich früher nur kurz Notiz genommen habe(')- Das Material
in Palermo, Girgenti und namentlich in Syrakus, wo ich das libe-
ralste Entgegenkommen von Orsi's Seite kaum zu rühmen brauche,
(') Mittheill. 1892, 174; 1895, 76; 189(j, 2G0.
]5'2 t. l'KTKRSEN
habe ich wiederholt, zuletzt im Sommer 1897 durchgesehen ('). Die
NotUie d. scavi eitlere ich X, aber berücksichtige die dort ge-
gebenen Berichte nicht, wenn die ausführlichere Nachricht an-
derswo eeo^eben ist; namentlich im BaUeltino dl paleliiologia ilu-
liaiia. hier als B. citiert, und in den Moiiumeiiti antichi dei
Liiicei, hier als L. angeführt, die letzteren nach Bänden, die erste-
ren nach den Jahren unseres Jahrhunderts.
Vorsikelisch sind nach Orsi die Funde von Stentinello
St B. DO, 177, nicht eine Nekropole sondern Reste einer Siede-
lung auf niedriger, vom Meer umspülter und verkleinerter Fläche,
unweit nördlich von Syrakusai, nur Abfall, scarico aus zwei Fels-
spalten hervorgezogen : Stein-und Knochengeräth und namentlich
Thonscherben, auch Knochen der verzehrten Thiere.
Aehnliches, dagegen nichts specifisch Sikelisches (der I. bis
III. Periode) fand sich in tieferen Schichten der c. 10 Kilom. davon
entfernten Area von Megara Hyblaea {B. 95, 50). Neuestens
{N. 98, 35) sind in einigen Grotten bei Pachino an der SWspitze
der Insel Reste derselben Cultur, und zwar der Behausungen gefun-
den, und bei Ragusa in Montetabuto und Monteracello Höhlen,
aus welchen die Urbewohner das Material ihrer Steinmesser ge-
wonnen haben sollen.
Orsi's I. Periode stellt sich dar in den Nekropolen: Bernar-
dina bei Melilli 31 B. 91, 53, noch etwas weiter nördlich als
Stentinello, von Priolo nicht weit davon B. 95. 150, von Castel-
luccio C (Cava della Signora) zwischen Ragusa und Noto am
Tellaro B. 92, 1, und ebenda auch in einer Ablagerung des Abfalls
B. 93, 30, und in mehreren Nekropolen, z. T. schon zu II. zu
rechnen, der Provinz Girgenti G zuletzt aufgezählt. B. 97, 5.
Der II. Periode gehören die Gräber von Cozzo delPan-
tano Cp. L. 11 1 und Plemmyrion PI B. 91, 115, jenes im
Süden, dieses im S Westen des grossen Hafens von Syrakus gelegen,
ferner ein Grab von Milocca oder Matrensa Mi, zwischen dem
Hafen und dem Kyanesumpfe, B. 89, 197, auch die wenigen Grä-
(') Summarischen Bericht, je nacli derzeitigem Stande, haben erstattet
Tropea. Rivista di storia antica I S. 86; G. Perrot in der Revue des deux
mondes 1897; Schoetensack, .\ns dem klassischen Süden S. 39 und Zeitschr.
f. Ethnol-.irie 1897 S. 16.
FUNDE UND FORSCHUNG 153
bei- des P ödere Reale am Nordrand von Syrakusai R, IL 89,
212, bei Scala greca S. nicht weit davon, sowie die zahlreicheren
auf der flachen Halbinsel Magnisi, einst Thapsos Th, L. VI 80
und links und rechts der Mündung des Cassibile N. 97, 277.
Auch von der ausgedehnten Nekropole von Pantalica Pa, einer
Hochfläche im oberen Gebiet des Anapos, zwischen diesem und
seinem gleich tief eingerissenen Nebenfluss Calcinara, gehört der
nördliche und nordwestliche Theil der II, der
III. Periode dagegen ebenda zwei andre Theile derselben
Nekropole: bei Filiporto und La Cavetta; ferner die Gräber von
Tremenzano Tr D. 92. 84, gegenüber von Castelluccio über
dem rechten Rand jenes tiefen Thaies der Cava d. Signora, endlich
die von Finocchito Fi, 5. 94, 23 und 97, 157, 10 KU. südlich
von Noto und zum Theil die Nekropole von Noto vecchioN,
s. N. 97, 69. Nicht blos Ta sondern auch C reicht durch mehrere
Perioden, letzteres, allerdings nur mit einzelnen Gräbern, sogar
bis ins 8. Jhdt. v. C, und häufiger noch ist Wiederbenützung
der Gräber in späteren Zeiten, von der fortdauernden Benützung
durch dasselbe Geschlecht abgesehen.
Dass alle genannten Orte, ausgenommen Girgenti, so nahe
beisammen liegen, alle innerhalb eines von den Ausstrahlungen des
Monte Lauro gegen das Mare ionio gebildeten Dreiecks, das beruht
natürlich nur darauf, dass das von den Spitzen des Dreiecks unge-
fähr gleich weit entfernte Syrakus Orsi's Hauptquartier ist. Wo
ausser in Girgenti auch sonst weiter westlich auf der Insel Zeugen
jener drei Perioden aufgetreten sind, wird seines Orts zu sagen
sein, und nachdem Orsi in seinem Bereich das Seinige gethan hat,
wird es ihm oder andern obliegen, den Resten jener Zeiten auch
in den andern Theilen der Insel weiter nachzugehen.
Wenn die Gräber der Sikeler meist in die Ränder von Tafel-
flächen eingehöhlt sind, sei es niederer am Meere gelegener, wie
Thapsos, Plemmyrion, Cozzo del Pantano, sei es von weiter zurück
über der Ebene liegenden, wie Melilli, sei es endlich von mehrere
tausend Fuss hoch zwischen tiefeingegrabenen Flussbetten natur-
fest gelegenen Hochflächen, wie Castelluccio, Tremenzano, Finoc-
chito, Pantalica, so drängt sich von selbst der *Gedanke auf, dass
die dort von niederen, hier von hohen, schrotfen, oft unersteiglichen
Rändern umgebenen Flächen die Wohnstätten derjenigen Avaren,
154 K. l'ETEKSKN
welche unterhalb derselben begraben wurden. Aber Spuren ihrer
AVohnunireu hat Orsi auf diesen Flächen vergebens gesucht. Ihren
Abfall an Knochen und Geräth hat er in Stentinello und Castel-
luccio gefunden, auch in der Grotta Torruggi bei Pachino N. 98,
:'.5 niri^ends aber die gesuchten Hütteubüden. Wie früher in Pau-
talica ß. 89. 1G5, natürliche von Menschenhand wohnlicher ge-
machte Grotten, hat 0. in der prächtigen Grotta di Gala Farina
bei Pachino neuerdings Feuerstellen, focolarl der 1. und II.
Periode ausgegraben mit Resten von Thon und Flintstein. Ja an
der sandigen Küste bei Girgenti, zwischen zwei Sommers tro-
ckenen Bächen, 3 Kil. vom Meere glaubt G. E. Rizzo, Mitarbeiter
Orsi's bei Melilli, an den Wänden eines Grabens au dunkleren
Stellen des Erdreichs nunmehr den Durchschnitt eines Hüttoiibo-
dens erkannt zu haben, der wenn kreisrund, nach den angegebenen
Maassen auf 3 m. Durchmesser zu berechnen wäre. Neugier weckt
die B. 97, 199 gemachte Mittheilung Orsi's von einem 1895 (s.
N. 95, 268) (') aufgefundenen ixdazzo di Panlalica, welcher, wie
0. sagt, era la reüO.eiua del iwiiicii^e di Paatalica, ed a provarne
Valla anlichitä, se noii bastasse La foggia della cosiruzione —
vorher nennt er sie in i}arle megalitica — sarebbero decisive le
traccie di una fonderia e la jiresensa di numerosi cocci del
2° periodo in esso segnalati. Also etwa nach Art der inykenischen
Paläste?
Was von Befestigungen sich fand ist von ungewissem Alter,
so das Castell, von welchem Castelluccio benannt ist, mittelalter-
lich, aber mit älterem Kern, come io credo, sagt Orsi B. 92, 4,
vgl. 93, 31 die piccola ed inesjmgnabile acroj)oli (verdruckt
necropoli)\ so der quer durch den Isthmos, welcher den Rücken
von Pantalica mit dem Hinterland verbindet, ins Gestein gehauene
Graben, doch wohl ein griechisches AVerk, zugehörig zu der Mauer
dahinter, welche nach Orsi ein Werk des ersten Dionysios ist, wie
Pantalica mit Fazello für das bei Diodor genannte Herbessos gehal-
ten wird. In Finocchito hat Orsi Ö. 97, 179 Taf. Vlll eine
wirkliche Befestigung des Bergrückens gegen Süden gefunden, Stein-
(») .\lso nicht dasselbe Bauwerk wie das schon B. 89, 164, 1 erwähnte
di etä incerta, obgleich ein zweites auftlillig ist, wo, wie neuerdings versichert
wird, weit und breit ausser dem palazzo nichts ist.
FUNDK UND FORSCHUiNG 155
Packungen hinter mehreren Linien von Steinmauern, in Abständen,
wie von mehrfacher Verstärkung. Ostwestlich quert dieser Stein-
wall den Isthmos, mit einer grossen centralen halbkreisförmigen
Bastion von c. 25 m. Durchmesser und einer kleineren am Westende,
wogegen das Ostende nicht erhalten ist. Eine den Rücken entlang
laufende Strasse lässt ein Thor neben der Mittelbastion voraussetzen.
Die Ungewöhnlichkeit solcher Befestigung in solcher Gegend, die
Aehnlichkeit der runden Bastionen mit den Befestiguu^en vom
Euryalus und von Selinuiit ('), die Unausgeglichenheit zwischen
Anlage und Ausführung lassen Orsi vermuthen, dass dieser Bau
von Sikelern herrühre, die von ihren Feinden den Griechen gelernt.
Trotz des späteren Datums der genannten griechischen Befesti-
gungen schreibt Orsi diese sikelische der ersten Hälfte des 7. Jrhdts
zu, weil die Nekropole von Finocchito mit jenem Zeitpunkt schlösse.
Griechischen Einliu.ss findet Orsi auch in den Grundmauern
einiger Häuser von Castelluccio, die er iV. 91, ;)48 beschreibt,
ebenso in späteren Gräbern a fossa bei Tremenzano ebda S. 353,
in Ragusa S. 353 und in Licodia N. 97, 327.
So sind denn bis jetzt die Gräber das Wesentlichste Avas uns
die Sikelercultur vergegenwärtigt. Die bis zu sieben übereinander
liegenden Oeffnungen dieser Grabhöhlen, a ßnestra genannt von
V. Andrian nach der Form der Oeffnungen über und nebeneinander,
a forno von den Italienern nach der backofenähnlichen Form der
Kammer, hatten schon manches Reisenden Auge auf sich gezo-
gen (^), und viel früher die Lust etwas zu erbeuten. Unter den
vielen hunderten — in Finocchito allein 266 — von Gräbern, die
Orsi wie Keiner vor ihm durchsucht oder aufgeräumt hat, hatte er
das Glück auch eine Anzahl intakter zu finden, besonders zahlreich
in Cozzo d. Pantano. Die grössten Nekropolen, die von Pantalica
und Cassibile enthalten an die Tausend Gräber jede, in Gruppen
vertheilt wie auch anderswo.
Die Art des Zugangs zu den von Menschenhand hergestellten
Grotten, und nur um diese handelt es sich, hängt zunächst von der
Bodengestalt ab. Konnte man nicht, wie häufig in PL, horizontal in
(1) Vfjl. Mittlieil. 1892 S. 185 ff. und N. 189-i S. 202 ff.
(2) Vgl. Holin Gesch. v. Sicilien I 101 und 379; F. S. Cavullari im
Archivio storico siciliano 187G S 276.
156
K. PETERSEN
den Abhaui; hiiieiiigiaben, da grub man (Fig. I 4. 5) einen senk-
rechten Schacht po::elfo, von dessen Boden aus man horizontal
vordrang ('). AVas hier der Schacht, war Abhängen gegenüber ein
Dromos, oder Kanal, der um so kürzer war, je rascher das Terrain
anstieg: und bei der Niedrigkeit der Grotten war die nöthige Höhe
des Hanges bald erreicht. Nur bei so sanfter Steigung wie z. B. in
Thapsos sind die Zugänge länger. Bei steilen Abhängen fehlt er
ganz; nur ein gerundeter oder eckiger Anschnitt des Hanges ist
Fig. I.
gemacht, um die n(5thige Höhe und Festigkeit des weichen Kalk-
steins oder Kalktutfs zu erreichen. So entstand ein Vorraum, pacli-
fjlio7ie, wie Fig. I 3 u. 6, der vor dem Eingang in die Kammer in
der That erforderlich war für die sich Aviederholendeu Manipula-
tionen mit den Thürverschlttssen. Daher pflegt auch der Kanal, wo
er vorhanden ist, vor der Grabkammer sich zu erweitern zu einer
aiiticella, Fig. 1 1-4, nicht zu verwechseln mit den nicht so häu-
figen Fällen, wo hinter einer ersten CeUa noch eine zweite folgt,
als nachträgliche Erweiterung der Anlage, wie z. B. M. 31, Th. 6,
C. 10. Es verst.-ht sich von selbst, dass Zugang wie Vorraum meist
ganz oder grössteutheils unbedeckt sind, daher häufig mit Abfluss-
rinne für das Kegenwasser versehen. Nur wenn vom possetto aus,
(») So iiucli bui Jon (jrilbern von Capaci nörillicli vnn Palermo A"". 87,
357 Taf. X.
FUNDE UND FORSCHING 157
wohl auch zwecks freierer Bewegung vor der Thür noch eine Vor-
kammer aiiticella voraufgeht, ist diese unterirdisch, wie Fig. I 4.
Zweck des Ganzen ist die wohlverwahrte Grabhöhle, deren
ursprüngliche Form und weitere p]ntwickelung bedingt ist einerseits
durch die beabsichtigte Art der Beisetzung, andrerseits durch die
jenen Zeiten zur Verfügung stehenden ^Mittel und Kräfte, vor allem
ihr Werkzeug. Von den engen Schranken, welche dieses steckte,
zeugt sclion die geringe Grösse der frühesten Grotten mit unre-
gelmässig rundlichem Grundriss, der von 1 M. oder wenig darüber
— die kleinsten in Priolo — später zum dreifachen Durchmesser
ansteigt. Rundlich wölbt sich auch die Decke, daher der Name
form, von etwa 0.70 m. Scheitelhöhe anhebend, mit Thürötfnungen
die oft unter 0.50 breit und nicht viel darüber hoch sind, und
die nur dadurch etwas bequemer zum Einsteigen des Bestattenden
sind, dass sie möglichst hoch liegen, mit hoher, das AVasser abweh-
render Schwelle. Erweiterung des Gelasses hat man, wie gesagt,
mitunter durch Anlage einer zweiten Grotte hinter der ersten er-
reicht, und auch wo von gemeinsamem Vorraum aus sich eine
zweite Grotte abzweigt, wie R. 4, mag man dasselbe Geschlecht
als Inhaber denken. Einfacher als eine zweite Kammer war noch
die Aushöhlung einer seitlichen Nische, eines loculiis vom Inneren
der Grotte aus. Solche sind in der I. Periode selten, wie C. 17
und, zu den späteren dieser Nekropole gehörig, 33 und 34 ; häufiger
werden sie in der IL in R., Cp., (Fig. I 3) Tli, eine, zwei, auch
drei, vier in einer Grotte, bis in Fl. (Fig. I 4) gar an sechs grössere
und noch einige kleinere daneben den ganzen Umkreis füllen,
ungerechnet die ganz kleinen Nischen links oder rechts vom Ein-
gang, wohl für Einstellung einer Lampe bestimmt. Streben nach
Regelmässigkeit zeigt sich mehr und mehr in Vertheilung der
Nischen, oder ohne Nischen in Ausarbeitung der Kammer zum
Rechteck mit flacher Decke.
Von Verzierung ist im Inneren höchstens die Einrahmung der
Nischen zu erwähnen, wie Cp. 29. Mehr Sorgfalt ist auf den
Verschluss verwandt. Zunächst der Sicherheit dient die Verram-
melung, nicht nur mit Platten sondern mit Steinpackungen oder
gar Mauern, und für Anschluss solcher Vermauerung, nicht blos
für Einfalzung der Thürplatte, waren die stufenartig sich veren-
genden Thürrahmen bestimmt. Oefters fand sich mehrfach hinter-
158
E. PETERSEN
einander Steinpackuug und Plattenschluss. Bemerkenswerth sind
mehrere Gräber von C., wo die Thüren noch am Platz waren, B. 92
Tat". VI ab, 2, 8 (Fig. I 2). Bei 22 war es eine dicht schliessende, genau
zutreschnittene Platte, an welcher vorn in der Mitte bei der Abar-
beitung ein starker Zapfen stehen gelassen war, offenbar zum Heben
und Bewegen der Platte, deshalb über der unteren Hälfte, und
senkrecht stärker als quer. Eine zweite niedrigere Platte war aussen
dagegengestemmt, zwecks festeren Standes unten dicker als oben,
hier mit einem Ausschnitt, um jenem Zapfen Raum zu geben.
Zwei Vorsprünge wie Brüste unter dem Ausschnitt dienten wohl
auch als Handhaben.
C.J*.
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/ [---JhI
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FlG II
Den Verschluss von 28 bildete nur eine Platte wie die mit
einem Zapfen in 22, den von 32 wieder zwei Platten, beide ohne
Zapfen. Daher konnte man durch den sehr regulären Ausschnitt
der vorderen durchfassen zum Abziehen. Die dahinter stehende
hatte statt eines Zapfens ein Relief, das als ungeschicktere Nachah-
mung eines Ornaments erscheint, welches in 31 auf der ersten,
in 34 auf der zweiten Platte sich findet (Fig. II) je auf der Rück-
seite. Das Ornament besteht aus zwei Doppelspiralen, die aus dem
oberen und unteren Ende eines Stamms sich entwickeln. Sehr augen-
fällig zeigt sich bei Vergleichung aller drei Reliefs der Versuch
ein fremdartiges, von aussen überkommenes Ornament, offenbar
mykenischen Ursprungs nachzubilden, ein Versuch, der in 34 am
besten gelungen ist. In 31 ist aus dem Umriss des Mittelgrundes
ein besonderer Theil des Ornaments geworden, der unten wie Beine,
FU.VDE UND FORSCHUNG 159
oben schon weniger wie Arme aussieht, so dass eine gewisse Aehn-
lichkoit mit den Männchen der Arnoaldi-Veli-Ornamentik gewiss
nur zufällig ist. p]ine weitiire Entstellung bedeutet das B. 92, 78
abgebildete Ornament von '.VI. Diese Verzierungen müssen einen
Zweck und Sinn gehabt haben, zumal sie sich verstecken ; für
Handhaben zu wenig vorspringend, werden sie wohl apotropaeisch
sein; wie Orsi auch einmal. Th. 31 einen phallosförmigen Stein
vor die Thür gestellt gefunden hat.
Die ziemlich scharfe Ausarbeitung der abgestuften Thür-
rahmen, Avie man sie z. B. in den photographischen Abbildungen
schon aus Melilli ß. 91 S. 59, dann aus Thapsos L. VI 99
und 109, Cozzo d. P. L. II, 27 sieht, noch mehr aber die ver-
zierten Steinplatten von Castelluccio verrathen nicht unerhebliche
Fähigkeit den Stein zu bearbeiten. Orsi {D. 92, 12) hat sich durch
eigene Versuche überzeugt, dass für solche Arbeit, noch mehr
freilich für die sorgfältig geschnittenen Thürplatten (') der III.
Periode metallene Werkzeuge nöthig waren. Aber auch die blosse
Aushöhlung der ältesten Grotten schon erforderte, wie mit Salinas
.V. 80, 358, auch Orsi D. 89, 216 denkt, besseres Werkzeug
als das steinerne, welches man zu den Todten ins Grab legte.
Man wird also, schon nach älterem Herkoramen, den Todten mit
dem Steingeräth ausgestattet haben, um das kostbarere metallene
dem Gebrauche der Lebenden vorzubehalten. Immerhin zeigt die
Kleinheit der älteren Grotten und die Häufung der Leichen in
ihnen, im Gegensatz zu den späteren geräumigeren, und nur mit
wenigen, ja einzelnen Todten belegten, wie sehr die Leichtigkeit
der Herstellung solcher Grotten durch verbessertos Werkzeug, durch
vermehrte und besser geschulte Arbeitskraft mit der Zeit ge-
Avachsen ist.
Erstaunlich ist die Zahl der in den ältesten, allerdings nicht
^o^
grade kleinsten Grotten Beigesetzten. In C. 9 hat Orsi auf c. 5
D m. Grundfläche mindestens 28 Skelette constatiert; andre Grotten
von ungefähr gleicher Grösse haben 23, 26, und die jüngsten da-
(') Orsi nimmt B. 92, 77 an, dass ein Theil der Arbeit an diesen Thür-
platten doch mit einem in dem Grabe 33 «gefundenen Basaltkeil aussfeführt
sei. Doch war dessen Zweck wohl ein andrer. An dem Grabe von Lentini N. 87,
303 nämlich fand Cavallari die Grabthür mit solchen cunei verkeilt.
160 E. PETKRSEN
selb>t 17. 13, 6 Todte. Die höchste Zahl aber erreicht Cp. 16,
das, abgesehen von 4 Skeletten im pad/glione und 4 in der a/iü'-
cella, noch CO in einer Cella barg, die kaum halb so gross wie
jene vorerwähnten war: und auch Tli. und PI. erreichen noch
Zahlen von 49 und 22 Todten in einer Grotte. Am entschiedensteu
ist der Kückgang der Zahl in P. D. 97, 188, wo von 87 Gräbern
i^\ nur je ein Skelett enthielten. Aus dieser Anhäufung der Ske-
lette zieht Orsi B. 92, 80; L. II 19; VI 31, 142, den Schluss,
den andere anderswo aus ähnlichen Thatsachen gezogen haben, dass
nicht die Leichen sondern die entüeischten Skelette beigesetzt
worden seien. Das ist kaum ein ausreichender Grund für solche
Annahme ('). Denn da die Todten ja doch nacheinander beigesetzt
wurden, gleichzeitig mehrere aus einer Familie nur ausnahmsweise,
so werden ja stets die früher Beigesetzten auch ohne scaraimeiito
schon mehr oder weniger zu Skeletten geworden sein, wenn man
einen frischen Todten hinzulegte, und nur je eine oder zwei letzte
^^erden etwas mehr Kaum eingenommen haben ; die damaligen
Menschen waren gewiss hager. Ein wirklicher Beweis des scarni-
meato wäre ja die künstliche Färbung {^) der Skelette, wovon
Orsi aber trotz genauer Prüfung, weder in 31. noch in 0. und PI.
Spuren gefunden hat {^) ; mit der Form der Beisetzung wäre jene
auf den ersten Blick so abschreckende Sitte sonst wohl zu vereinigen.
Es sind genug Gräber intakt gefunden (*), um von der Art
der Beisetzung eine Vorstellung zu gewinnen. Auf dem Boden der
Gräber, näher der Mitte oder rings an der Wand, wurden die
Todten hingesetzt ("') mit den Füssen gegen die Mitte, eine langsam
sich mehrende Versammlung der Angehörigen einer Familie oder
eines Geschlechts, wo nicht Fremde eindrangen. Also wesentlich
(') Orsi hebt mehrfacli z. B. B. 94, 58 die Abnahme der Zahl und das
Aufhören des scarnimento als zwei gesondert beobachtete Thatsachen hervor,
niclit ganz sachgemäss.
(2) Diese ist in Italien in einem Grabe von Sgurgola, welche der Stein-
zeit gehörte, beobachtet, aber auch an zweien von sechzehn (!) Steinpfeilspitzen
//. 80, 33. Virchow Z. f. Ethnol. 1897 Verhandl. S. 337 (vgl. 1898 Verh. S. 70)
hält sowohl beabsichtigte als zufällige Färbung in Sgurgola für denkbar.
(3) Z. B. B. 91, 75; 92, 86/.
{*) Z. B. C. M. 12; C. 31, 33; Tll. 2, C, 7, 15, 17, 32, 38, 53, 64;
Cp. 9. 16, 23, 33, 34.
(5) Vgl. NS. 87, 303; M. 12, 32; Cp. 23.
FUNDE UND FORSCHUNG 161
dasselbe was uns später in FJiurichtung und Malereien etruskischer
und unteritaliöcher Grabkaramern entgegentritt ('), und woraus
schliesslich die Darstellungen der Symposien und Tänze von Ske-
letten hervorgebn, wie sie uns neuerdings durch wirkliches und imi-
tiertes Silbergeschirr anschaulich geworden sind. Auch die Todten
der Sikeler lagern wie zum Mahl, mit Schmuck und Kleidung
angethan, und um dieser Gesellschaft einen bis zur Wiederötfnunff
des Grabes und zu fernereu Beisetzungen möglichst unveränderten
Charakter zu verleihen, könnte man ja das scarnimeiito und die
Kothfärbung der Schädel vorgenommen haben. Nur fehlen annoch
sichere Beweise.
Die Mahlzeit — und wozu anders als zu Mahlzeit und Schlaf
werden jene Mensciien daheim verweilt haben ? — der Todten be-
zeugt uns das um sie aufgestellte viele Ess- und Trinkgeschirr:
die hochfüssigen Kelche, deren ein grosser in der Mitte zu stehen
pflegt, kleinere auch wohl bei jedem einzelnen, wie z. B. Th. 31
und 08, Cp. 84. und grössere Massen andrer Gefässe ringsum.
Von anderem Geräth wurden die Steinwerkzeuge schon erwähnt.
Sehr merkwürdig ist, was schon v. Andrian beobachtete, Orsi in
vielen Fällen sichergestellt hat, dass bei und speciell auf dem
Schädel des Todten noch ein Steinmesser lag, auch wohl zwei oder
drei, besonders in den ältesten, doch auch noch in einem der
entwickelteren, wie C. 9, desgleichen 22, 28, 81 ff., Cp. 18, 16,
80, 35; 10 bis, bei einem von sieben Todten, 28 bei einem von fünf.
War das scarnimeato thatsächlich, und Patroni (s. unten) fin-
det in solcher Zufügung des Steinmessers, das eben zu jenem Akt
gedient habe, einen Bewies dafür, so könnte man auf den Gedan-
ken kommen, dass wie beim tiaaiahanöc, das blutige Messer am
Haupte des Opfers abgewischt wurde, so hier die zum scarnimento
benützten Messer an den Kopf des Entfleischten gelegt seien. Sonst
möchte man vermuthen dass, wie Schreiber ihre Feder hinterm
Ohr, oder, besser, die Bauernweiber in den Castelli und sonst ihr
Strickzeug in den Haaren, so die alten Sikeler, in Ermangelung
von Hosentaschen die Messer die ja durchschnittlich kaum 10 cm.
lang sind im Haar getragen hätten, was selbst bei eineui fanciullo
(C 9) sich denken Hesse.
(') Vgl. das Grab in via Cristallini R. Mittlieil. 1895 S. 187.
11
]Ct2 £• PETEKSEN
Die Todten also in der Grotte gleich wie Lebende gelagert,
das erweckt nothwendig den Gedanken, dass die Grotte selbst von
Anfang an ein Abbild der Behausung der Lebenden sein sollte.
Kimd und gewölbt, ruft sie die italische Hütte in Erinnerung, und
mancher weitere Zug, der im Laufe der Zeit die ursprünglich ein-
fachste Form des fonio bereichert, fügt sich wohl in den Rahmen
dieser Idee ('), oder entstammt vielmehr demselben, mit der Zeit
ja gleichfalls zum Hause vervollkommneten Vorbild. So eine an der
Wand umlaufende Stufe, zum Anlehnen mehr als zum Sitzen, Fig. I 3;
so auch mitunter ein besonderer Lagerplatz, ein leltuccio in C
1 und 6 mit etwas erhöhtem Hände, die Vorläufer der später
immer häutiger Averdenden Nischen, jene wie diese nicht ohne
Aehnlichkeit mit den an der Wand italischer Hütten eingehängten
Lagerstellen; auch sie nur zum Krummliegen gross genug und
durch Erhöhung am Kopfende, das capeuale, ihre Bestimmung
anzeigend, mögen sie auch leer von Skeletten, oder von später
hineinofelesften besetzt gefunden sein, wie häutig in Plemmyrion.
Auch die gelegentlich mit anderen Beigaben gefundenen Zwerg-
nachbildungen von Möbeln in Thon wie Th. 53, ferner in den
Tutf gehauene Sitze draussen vor der Thür Th. 3, selbst der Riegel
an der Thür in Tremenzano B. 92, 85 und die öfter im Vorraum
gefundenen Skelette, wie C 22, 28, 32; Cp. 23, 29; Fiii. B.
97, 47, sind lauter Uebertragungen von der AVohnung der Lebenden.
Ob beim Uebergang vom runden zum rechteckigen Grundriss der
Grotte die Umwandlung der Hütte ins Haus maassgebend gewesen
sei. oder vielmehr nur /"os.sö-Gräber, da hier das Liegen der Todten
mit dem Kopf auf stehen gelassener Erhöhung gebräuchlich wird,
kann man zweifeln; aber die stattliche Ausgestaltung der Grab-
vorbauten, wie Th. 28, mit ihren zwei, allem Anschein nach
ursprünglich freistehenden Stützen zwischen Seitenwänden, also in
aalis, die Orsi an homerische Paläste erinnert, sie ist gewiss eine
Uebertracruncr vom Hause.
Um nun über die Grabausstattung zunächst möglichst nur zu
berichten, so ist die • Vorsikelische' Periode als neolithisch be-
(') Von Orsi öfter ausgesprochen, mit Zweifeln B. 91, 138; ohne Bedenken
z. B. L. VI 115, 131. Er wendet auch oft vom Hause entlehnte Bezeichnungen
für die Theile des Grabes an, wie Tholos, Thalamos, Prothyron u. s. w.
FUNDE UND FORSCHUNG
163
zeichnet, weil nur Steingeräth wie Basaltäxte und Messer von Flint
zahlreich aber sehr gleichförmig sich gefunden, nichts von Erz, frei-
lich nicht als Grabbeigaben, sondern als Abfall, so dass auf völ-
lige Unbekanntschaft durchaus nicht geschlossen werden kann. Ja
wie die SteiuvvatFen neolithischer Zeit durch Form und Politur so
häufig sich als Nachbildungen von metallenen darstellen, gleich wie
Thonware ja in weitestem Umfang als Surrogat für Metallgefässe
gedient hat, so macht auch das giösste Messer von Stcntinello ganz
den Eindruck solcher Nachahmung.
Das Thongeschirr ist zum Theil schlechte (gre^^o), zum Theil
gute Ware, letztere von überraschender Vollkommenheit. Leider las-
sen die Scherben keine Gefässform sicher erkennen, nur etwa grosse
bauchige, kleine gedrückte Gefässe; und die von 4 bis 80 mm. ge-
hende Wandungsdicke lässt auf sehr verschiedene Grösse (und Fein-
heit) schliessen. Henkel sind vorhanden, eng, ja nur Durchbohrun-
gen zum Durciiziehn von Schnüren, doch auch schon weiter. Der
reine, nur mit Kalksteinstaub gemengte Thon ist compakt, bei grös-
seren Gefässen geglättet, sogar fast glänzend, wie gefirnisst, bei
offenem Feuer gebrannt; doch hart, in dicken Stücken roth, sonst
rothgrau oder schwärzlich.
iltlc^gtt^ g
Fig. III.
Mit Fleiss ist auch die Musterung (Proben Fig. 111) ausgführt :
mit dem Gritfei eingegraben, mit kleinen Stempeln, gekerbten Stäb-
chen oder Rädern eingedrückt, ohne Bemalung, aber mit weisser Fül-
lung in den Vertiefungen. Die Musterung ist zunächst so zu sagen
positiv, indem die eingezeichneten Linien selbst die Schemata bilden,
gerade, auch mit kürzten Querstrichen dicht besetzt, gebrochene
(Zickzack), schräg sich kreuzende (Gitterung), Rhomben gereiht,
auch mit den stumpfen Winkeln ineinandergreifend. Dicht und
161
E. PETEKSEN
massenhaft nebeneinandergesetzt, bilden diese Elemente die Füllung
grösserer Schemata : Wolfszähne, Khomben. die ineinander gelegt
nach aussen immer mehr gerundete Seiten bekommen. In solcher
Ausbreitung werden diese Elemente zuletzt grundfüllend und bilden
gewissermassen negativ das Muster, indem die glatt gelassenen Flä-
chentheile, sie das eigentliche Schema, dunkel von dem weiss dm-ch-
gezeichneten Grunde sich abheben. Patroni (s.S. 170, 1)S. 188 betont
die Aehnlichkeit — dass mit absoliimeat du meme genre zu viel ge-
sagt ist, wird sich bald zeigen — einiger Scherben die v. Andriau
Taf. V aus Gr. Seggia. La Scorosa und Villafrati abbildet, von
denen die des letzten Ortes, des einzigen weiter ab von Stentinello
gelegenen, übrigens von Orsi selbst B. 99, 197, 9 angeführt werden.
Andres kommt weiterhin zur Sprache.
I. Periode der Sikelercultur. Noch sind Steinmesser zahlreich,
Basaltäxte wie früher seltener. Kleiner simpler Schmucksachen ist
w«-»"»virT -TT »
Fig. IV.
nur o-rad genug, um ein ungefähres Bild von der Ausstattung der
Todten zu gewinnen : durchbohrte Kieselchen, zum Anhängen als
Amulete, was noch sicherer ist bei kleinen durchbohrten Aexten ;
Perlen, der geringen Zahl wegen, wie so viele fmamoli, eher Na-
delköpfe, aus Stein, Alabaster, Harz, Kupfer; aus Kupfer auch
Ringe. Spiralen, Perlen, ein Gürtelhaken, ein Stückchen Blech. Dolche
oder Messer, eine Axt, diese wie jene sehr klein. Sind diese Dinge
schon mit Wahrscheinlichkeit als Import zu bezeichnen, so ist dies
ausser allem Zweifel bei gewissen Gegenständen von Knochen von
ganz besonderer Art. Nachdem deren vier mehr oder weniger voll-
ständige aus uncontrolierten Grabungen ins Museum von Syrakus
gelangt waren {B. 92, 4 ff.), hatte Orsi das Glück auch noch zwei,
davon eines Fig. IV, in C. 18 zu finden ('). Der autfällige Um-
(i) Wenn auch diese unvollständig waren, und alles Sucli«n nach den
FUNDE UND FORSCHUNG 165
stand dass Orsi diese so ganz eigenthümlichen und unter sich so
sehr ühereinstinimenden Gegenstände nur in Castelluccio gefunden
oder von da erworben, wird ein wenig alteriert dadurch dass einer
Avenigstens auch in der Grotta Lazaro, 2 '/a Stunden SO von Mo-
dica sich gefunden hat (').
Schon die sehr feine Schnitz- und Gravierarbeit weist auf
die Fremde und feineres Werkzeug hin, als wir bei jenen Sikelern
voraussetzen dürfen, und in Ilios (Fig. 988) fand Orsi in der That ein
übereinstimmendes Exemplar aus der dritten, der verbrannten Stadt
Schliemanns. Die Länge geht bei diesem vollständigen bis 115 mm.
Das besterhaltene von Castelluccio, jetzt noch 140 mm. lang, mochte
einst 150 messen. Orsi denkt, es seien Griffe von Messern oder
Dolchen gewesen. Dem widerspricht aufs bestimmteste die Form
wie die, mittels jener Löchlein nicht anders als zarte Befestigung.
Dagegen deckt das grösste (allerdings um ein Drittel grössere) Stück
von C mit seinem Umriss fast genau den silbernen Dolch aus der-
selben dritten Stadt von Ilios Fig. 901 (vgl. die kupfernen ebda
Fig. 811 f.). Jene Knocheiiblätter. vergleichbar Fächerdecken, wer-
den also auf der Aussenseite aufgenietete Verkleidungen von höl-
zernen Dolchscheiden gewesen sein, und mehr als einen Vergleichs-
punkt bietet noch eine Dolchscheide aus einem frühen Grabe von
Falerii N. 87, 810 (/. Taf. VI 1. Auch hier ist das Elfenbein, wenn
nicht Knochen, netzförmig gemustert wie bei den sicilischen, Avenn
auch nicht durch Gravierung sondern, künstlicher, durch Intarsia;
und auf der Vorderseite waren, allerdings in grösseren Abständen,
auch runde Scheiben oder Augen aus Ambra oder anderem farbig
fehlenden Theilen vergeblich war, so sind die Getrenstiliide wohl vor der Bei-
setzung schon schadhaft, also vielleicht lange in Gebrauch gewesen.
(') In der Beschreibung, die Maugini von seinen, die Nachforschungen
von Andrians ergänzenden Ausgrabungen gegeben, und die Pigorini B. 82, 23
wiedergiebt, findet sich folgendes : tin nr/getto di osso ron sette circoli rile-
vati, che semhra essere stato usato cotne ornamento, stantechp vi sono due
fori alle singole estremitä. Das ist ein wesentliches Kennzeichen. Auch an
dem besterhaltenen Exemplar von Castilluccio, B. 92, 23, notiert Orsi un foro
cilindrico che trapassa la testa dcl pezzo, tav.IV 1, und das vollständige im
Text erwähnte von Troja hat am breiteren Ende zwei, am schmalen Ende ein
Loch ; war jenes von Grotta Lazaro also vollständig, so halte es eine geringere
Zahl von Augen, aber deren Zahl ist auch sonst ungleich.
166 E- l'ETEHSKN
abstecheuiien Sto!f eiuo^elegt. Farbspiiien trug aucli das trojanische.
Im Grabe C. 13 lag das Stück unter dem Schädel, wie öfters die
Fliotmesser, auch das noch ein Bewies seiner einstigen Bestimmung.
Messer und Scheide haben der Zeit nicht widerstanden. Von dem
gleichfalls eigenartigen Ornament ist später noch zu sprechen.
Fir.. V.
In positivster Weise sind also hier Beziehungen der ersten
Periode mit dem, wie wir jetzt sagen müssen, vormykenischen Troja
uachf^ewiesen. Kein Zweifel, dass Seefahrer diese Dolche oder Messer
mit verzierten Scheiden nach Sicilien brachten, vermuthlich die-
selben, die sie auch den Troe.u lieferten. Sie werden dann wohl
auch andre Dinge nach der Insel gebracht haben, wie jene kleinen
Schmucksachen und jedenfalls auch Gefässe, sei es von Thon, sei
es von Metall; denn wiederum mit troischer Thonware zeigt, wie
Orsi nicht entgangen, das theils in den Gräbern theils in jenem
Abfall gefundene Thongeschirr mehrfache Uebereinstimmung in den
Formen, namentlich ein zweihenkeliger Becher (s. Fig. V 1-8).
FUNDE UND FORSCHUNG 167
Die vielen Scherben ans dem Abfall, vou dem weit die grösste
Masse an Ort und Stelle geblieben ist. sicher Produkte einheimi-
scher Industrie, sind an sich und für den Vergleich mit andern
Funden von hoher Bedeutung. Auch hier zwei Sorten ; das Unter-
scheidende ist die Bemalung. Bei beiden ist der Thon mit Lava-
gruss gemengt, grauer bei der ersten, heller bei der zweiten Art,
mit einem dünnen Ueberzug reinen Thons abgeglättet. Ohne Scheibe
gemacht, sind die Gefässe auch schlecht gebrannt. Die ungemalte
Ware, weit geringer an Zahl, kleine halbkugelige Tassen und Schüs-
seln, ist nur manchmal mit Finger- oder Nageleindrücken grob ge-
zeichnet: einiges auch mit eingestochenen Punkten gemustert. Die
bemalte zerfällt in zwei Abtheiluugen. Erstens nämlich ist sie nur-
im Ganzen gelblich oder röthlich getönt: z. T. grosse Gefässe, bis
über 1 ra. hoch, für Wasser oder andern Vorrath, mit Wandungs-
stärke bis zu 25 mm. Die Henkel sind, wo nicht einfaclie Durch-
bohrungen für Schnüre, ringförmig, häutiger senkrecht als quer ge-
stellt. Wichtiger ist die zweite Abtheilung, welche auf dem hellen
weissgelb oder röthlich gefärbtem Grund Ornamente trägt, welche
mit spitzem oder breitem Pinsel in mineralischem Schwarz auf-
getragen sind : namentlich erstens grosse tonnenförraige Vorrathsge-
fässe wie Fig. V 13 zweitens, so zu sagen Tafelgeschirr für jene
sepulcralen Symposien, schlanke Kelche auf röhrenförmigem, nach
unten sich weitendem Fuss, dreihenklig oder ohne Henkel, wie Fig. V
8, 9, 12 ; endlich drei Becherformen, 1. der troische (Fig. V 1),
2. derselbe verkürzt, d. h. ohne besondere Mündung (Fig. V 4),
'S. ein fussloser, nach oben sich weitender Cjlinder mit hohem in
der Mitte quergetheiltem Henkel (Fig. V 7). Diese Gefässe sind
nun mit reichem geometrischem Linienspiel verziert, die Kelche,
zu denen ungefähr die Hälfte aller Fragmente gehört, nicht blos
aussen sondern auch innen : senkrecht oder quer, einfach oder mehr-
fach nebeneinandergezogen, grad oder gebrochen, sich überschnei-
dend an den Enden oder sich kreuzend in rechtem oder spitzem
Winkel ; die so entstehenden Felder klein oder gross, getheilt, oder
wechselnd gefüllt und ungefüllt, gefüllt mit Kreuzschraffierung oder
ganz, schachbrettartig, mit wirksamem Gegensatz der gefüllten und
der ungefüllten Felder, kurz eine nicht grosse Zahl von Elementen,
mannigfach und nicht ungefällig zusammengesetzt.
168 K. PETERSEN
Orsi hat in B. 93, 47 und, bereichert und berichti<jt, 97, 4
mit Nachweis der Publicationen die Orte zusammengestellt, wo so
bemalte Gefässe gefunden siüd, in den Provinzen Syrakns, Girgenti,
Palermo ('), also vom Osten Süden und Norden der Insel. Hinzu kom-
men aus der Provinz Trapaui Gefässe und Scherben von Par-
tanna in der Universität von Palermo, deren Kenutniss ich An-
tonio Saunas verdanke, sowie die Möglichkeit sie zu besichtigen
der Gefälligkeit seines Sohnes. Ungewisser Herkunft sind einige
Stücke im Museo civico in Catania.
II. Periode. Immer giebts noch Flintmesser, und selbst in
Th. 10 noch eine Basaltaxt. auch ebda 29 eine kleine als Amulet
■getragene. Die kleinen Schmucksachen sind nicht viel anders, von
Bronze — Eisen ist ganz selten — Spiralen, Hinge, jetzt auch Arm-
spiralen und kleine münzähnliche Scheiben ; von Glas oder glasierter
Masse Perlen (besonders Th. 61), und wieder werden sie Phoeni-
kern zugeschrieben, nicht um ihrer selbst willen sondern wegen
der frühen Zeit, svelcher diese Periode noch zugeschrieben wird.
Neu sind decidiert raykenische Vasen, des dritten Stils, dazu Messer
und Schwerter gleichen Ursprungs, auch Fibeln. Den grössten Baum«
nimmt wieder die einheimische Thonware ein. Ein par rohe idoletti
kommen kaum in Betracht. Die Technik der Teigmischung, Arbeit
ohne Scheibe, Glättung, Brennen bei offenem Feuer, das ist noch
dasselbe, aber die Formen sind nicht sowohl neu als vielfach ver-
ändert: Stützhenkel verschwinden, und statt gerundeter Uebergänge
von einem Gefässtheil zum andern werden eckige beliebt; das Au-
genfälligste aber ist das Verschwinden der gemalten Ornamente,
an deren Stelle vielmehr mit dem Griffel in den weichen Thon ein-
gezeichnete treten, meist noch geometrische. Doch zeigen sich auch
schon Nachbildungen von Vögeln, Vierfüssern und Menschen. Ueber
Formen iiiid Ornamente ist weiter unten zu sprechen.
III. Periode. Noch ist Bronze das vorherrschende Metall,
für Fingerringe, Armbänder, für Anhängsel und Halsketten aus
Doppelringen, auch für Fibeln, deren schon etliche von Prisen vor-
kommen, eine auch von Silber (-). Etwas ganz Neues sind vier Ra-
(') Diese an zweiter Stelle fehlend, weil Villafrati und Melilli liier aus-
geschieden sind, jedoch mit Unrecht.
(2) Die Fibeln der Sikeler hat Patroni B. 06 nach ihrem Vorkommen
in den drei Perioden gemustert: in I. keine, in II. Bopenfibeln, einfache und
KUNDE UND FORSCHUNG 169
siemiesser, ia vier Gräbern von Finocchito, wie Orsi D. 97, 195
hervorhebt, ein vergleichendes Studium auch der in Pantalica ge-
fundenen verheissend ('). In der Keramik markiert sich die dritte Pe-
riode durch Aufhören des mykenischen Imports, statt dessen früh-
Violinbofifeiifibeln; tlazu dann Schlano-enfibeln ; die letztL-ren in III. fortdauernd,
nnd neben ihnen solche mit Querstäbclien, auch Kalnifibclii aufkunimond.
(1) Orsi ergänzt, wie in nebensteliender Figur oben links zu sehen, da^
Blatt des Messers ziemlich breit, ähnlich den sonsther aus Unteritalien be-
kannten, bei Pigorini B. 94 T. 1, 8 und 10 aus Suessula,
einem von Torre di Mordillo N. 88 Taf. XV 8 und einem
von (Jastelmezzano N. 97, 186, wozu ich drei im Museum
von Capua füge, davon zwei in Fig. V a unten in gleichem
Maasstab skizziert sind. Ein viertes aus Campanien im
Berliner Antiquiirium ist einer einfachen Drachenfibel an-
gehängt. Dasselbe gleicht durch den aus Blech ausge-
schnittenen (iritf und eine Löcherreihe in der Mitte dem
von F. Vielleicht endete also auch dieses nicht wie Orsi
ergänzt, sondern mit zwei Spitzen, oder Hörnern, einer Form
die deutlicher als die andern auf das Rasirmesser der Ter-
remare hinweist. Wer die Oultur Süditaliens, soweit sie
der Gründung Cumaes und andrer Griechenstädte vorauf-
liegt, lediglich für von Norden durch die einwandernden
Italiker mitgebracht hält, dem ist natürlich in Campanien
eine Form des Rasirmessers unbequem, die älter ist als
die weiter nördlich z. B. in Corneto gefundene des rasoio
lunato. So erklärt sich, dass Pigorini jene Rasirmesser von
Suessula u. s. w. nur als symbolische, d. h. nur im Grab-
ritus noch fortexistierende ansehen will, wogegen Orsi
mit Recht Einspruch thut. Denn, wie käme es, dass solche
, symbolische ' Messer in den zahlreichen Gräbern von Corneto sich nicht ge-
funden haben ? Die sicilischen, ob breit, ob schmal im Blatt, wie sechs von
Pantalica, die ich in Syrakus gesehen — eines oben rechts in Fig. V ß — , durch
den kleinen Ausschnitt am Kopfende ihre Verwandtschaft mit den camjiani-
schen bekundend, weisen uns nach dem Osten, wo ich das Terramare-Rasier-
messer, nur mit anderer Griifform, unter den Typen der Bilderschrift zu er-
kennen glaubte [B. 97 S. 84). Wenn Pigorini ebda S. 86 ablehnt, Abbilder
zu benützen und nur die Dinge selbst gelten lässt, so steht ihm das natürlich
frei, nicht aber, diese Methode für strenger auszugeben ; höchstens für be-
schränkter als diejenige, welche neben den Dingen selbst, auch deren Ab-
bilder beachtet, selbstverständlich nicht diese gleich jenen bewerthend. Dem
Rasiermesser der I erremare und anscheinend also des aegeischen Culturkrei-
ses tritt das unteritalisch-sikelische als Abart zur Seite.
Fig. V a.
170 E. PETEKSKN
griechische geometrische Vasen aufkommen, mit wenig neuen Formen,
wie der Askos und die aus älteren, noch daneben fortlebenden For-
men sich entwickelnden Hvdrien und Amphoren, c. 45 cm. hoch,
aus unwissenschaftlichen Grabungen längst bekannt, in Lentini
und Note vecchio N. 1897 (39: in Gräbern der IH. Periode ge-
funden. Das gewöhnlichste sind Schüsseln oder Kummen, scodelloni.
Dieselben Formen werden von dem heimischen Handwerk uach-
treahmt, das nun auch den Gebrauch der Drehscheibe lernt. Die
Decoration, theils mit dem Gritfel. theils mit dem Pinsel gemacht,
ist in deutlichen Verfall, durch die übermächtige Concurrenz der
hellenischen Arbeit.
IV. Periode. In der vierten Periode (Licodia) entsteht
neben dem Kammergrab der dritten und dem Schacht mit Loculus
auch eine Verbindung der Langgrube mit Loculus. Das Thonge-
schirr weist — neben Griechischem, jetzt Spätkorinthischem — noch
dieselben Amphoren. Hydrieii und Kummen auf, mit dürftiger geo-
metrischer Verzierung. —
Nachdem soweit im Wesentlichen nach Orsi berichtet ist, hat
nun die Kritik zu folgen, die am besten an die Kritik anknüpft,
welche G. Patroni, der als Assistent am Museum in Syrakus Ge-
legenheit hatte die Sikelercultur eingehend zu studieren, an Orsi
geübt hat ('). Es sind die Funde hervorgehoben, nach welchen die
I. Periode (nach der vorsikelischeu) mit Troja, und zwar dem vor-
mykenischen Troja auf eine Zeitstufe gestellt ist, die II. mit My-
kene, die dritte als die frühellenische, die IV. als voll griechische
bezeichnet ist. Darin weicht auch Patroni von Orsi nicht ab, ob-
gleich er im Rückwärtsdatieren mit den Jahrhunderten etwas frei-
gebiger umgeht. Wenn aber Orsi einen scharfen Einschnitt zwischen
dem Vorsikelischen und dem Sikelischen gemacht hatte, jede Con-
tinuität der Entwickelung zwischen jenem und diesem leugnend, so
macht Patroni diesen Schnitt zwischen I. und IL Periode, und
hatte 0. mit dem traditionellen Unterschied zwischen Sikanern und
Sikelern zu operieren vorsichtig abgelehnt, so findet P. völlige üe-
bereinstimmung zwischen der schriftlichen Ueberlieferung und den
Fuudtliatsachen : Vorsikelische und I. Periode sollen den Sikanern
(') Zuerst in seiner Guida del R. Museo archeologico di Siracusa 1896
S. 11 ff., dann in der Anthropologie 1897 VIII S. 129 und 294.
l'l'NDK UM) KOHSCHUNG 171
gehören, IL und folgende den Sikelern, welche aus Italien zuwan-
dernd die vor ihnen dagewesenen Sikaner aus dem Osten und Norden
der Insel verdrängt haben sollen. Wenn die Beweisführunir so sicher
wäre wie der Meisterton, in welchem sie vorgetragen wird, dann
wäre sie unanfechtbar. Prüfen wir die neun Sätze, in denen P. sie
zusammenfasst.
1. Uli rite funeraire noiweau, heisst es S. 313, tritt mit der
IL Periode ein, und damit ist das für ethnographische Scheidung
schwerwiegendste Argument richtig vorangestellt. Aber vorher S. 294
lautet es anders le rite funeraire est apjniremment peu modiße. In
der That, wenn die Nischen an der Kammer, in welchen der Todte
mehr gelegen als gesessen hätte (obgleich sie öfters w^enig über
einen Meter lang sind), wenn diese das Neue sein sollen, dann kann
von neuem Ritus durchaus nicht die Rede sein. Denn nicht genug,
dass vereinzelt schon in Per. I, Avie M. 31 und C. 17, die kei-
neswegs als besonders jung in jenen Nekropolen sich darstellen,
Nischen vorkommen, zu denen ja auch in andern Gräbern die anti-
celta oder eine zweite Cella hinter der ersten (s. S. 156) eine Art
von Uebergang bilden : das erste Grab von Girgenti, in specifisch
sikanischem Gebiet, von dem wir Genaueres hören, ist eine Kam-
mer mit zwei Nischen ('). Und vor allem, wäe verträgt sich mit
P.'s Aufstellung die Thatsache, dass in den Nekropolen der IL Pe-
riode die Nischen erst allmählich Aufnahme finden (-) und dass auch
da noch wo sie regelmässiger werden, die Hockenden in der Cella
neben den in die Nischen Gebetteten bleiben? Waren etwa diese
Sikeler, jene Sikaner ? Ein wirklich neuer Ritus Aväre ja die Bei-
setzung von Leichen statt vordem von Skeletten, und wirklich hat
Patroni das scaraimento als sikanischen Ritus acceptiert. Aber die
Umstände, aus denen man dieses gefolgert hat, dauern in der IL Pe-
riode noch lange fort (•^). Was sich P. denkt S. 148 qu'on avait
(') Dass diese Nisclien in eii:ein nicht exakten Bericht iiilbkreisfönnig
genannt werden, kann P.'s Einwurf S. 313, 1 nicht begründen: man sehe die
Nischenform Cp. 23, B. 89 VII AB.
(^) In Th , wo die meisten mykenischen Vasen gefunden sind, entbehrt die
grössere Zahl der Gräber noch der Nischen, so z. B. 10, 22, 23, 28 (die letzten
beiden mit kunstvollerem Vorbau), 29, 41, 51, 53, auch Cp. 32, alle diese mit
Vasen der II. Periode ausgestattet.
(3) Vgl, oben S. 160.
172 E- PETERSEN
partiellemenl abandonne la scarißcation et qu'on ensevelissaä
aussi les cadavres, aon pas seidemedt les sijneletles, das wäre nur
denkbar, wenn Sikeler und Sikaner nicht blos nebeneinander gelebt
hätten, sondern auch zusammen begraben wären, mithin eine Con-
tiuuität bestanden hätte, die P. eben leugnet (vgl. 4).
2. La popalatloii de l'äge du brotue a iin caractere guer-
rier qai maaqne ä celle de l'äge eaeolUluque. Das Thatsächliche
ist der mählich zunehmende Import von Metalhvaften. neben denen
die steinernen noch hinge die gewöhnlicheren bleiben. Ein ethno-
graphischer Schluss ist daraus nicht zu ziehen : Neger mit Feuer-
waffen bleiben Neger, wie sie mit Bogen und Pfeilen waren.
8. Die Keramik ist tout ä fait differenle ; die Polychromie
cesse tout ä cowp. Mit den Töpfen hätten es also die Sikeler ern-
ster genommen als mit dem Bestattungsritus. Aber Orsi hat mit
vollem Recht wiederholt die Verwandtschaft der I. Keramik mit
der II. betont, wovon unten noch zu sprechen ist.
4. Von II. zu 111. sei allmählicher Uebergang, Gräber beider
Perioden fänden sich an demselben Ort, beweisend la persistance
de la meine popiUation, sur place, nicht so von I. zu IL Offenbar
kein neues Argument, sondern nur zu besserer Erkenntniss, wie P.
sich die Ablösung der Sikaner durch die Sikeler denkt, aber in
direktem Widerspruch mit Satz 1 und den dazu in Erinnerung ge-
brachten Thatsachen.
5. In Gegenden welche die Tradition den Sikanern nach ihrer
Verdrängung aus dem Norden und Osten zuschreibe, also im Süden
und Westen tinde sich en geaeral nur was der I. Periode entspreche.
Im Teste voraussehend, was in der Anmerkung durch Funde bei
Girgenti, Caldare (/?. 97, 8 ff. und oben zu 1 und S. 152) bereits sich
erfüllt hat, dass nämlich in eigentlich sikanischem Gebiet sich Dinge
finden würden, die der II. Periode entsprächen, erklärt P. solches
diH-ch Ausgleichung zwischen Sikanern und Sikelern. Wenn solche
Austjleichuncr schon in mvkenischer Zeit begann, dann wird man
freilich gegen die angebliche Localtradition, über Urzustände bei
Sikelern und Sikanern. (s. 9), bei Schriftstellern, die ein halbes Jahr-
tausend später gelebt, wie Philistos, oder gar ein ganzes, wie Dio-
nysios und Diodor, doppelt mistrauisch. Aber was bedeutet denn
jenes eil geaeral angesichts der wenigen gut beobachteten That-
sachen im Süden und Westen der Insel? Dass es aber, auch ab-
FUNDE fND FORSCH U^G 173
gesehen von den Funden bei Girgenti, nicht einmal bei jenem
Wenigen zutrifft, wird unten zu sagen sein.
6. Dagegen soll nun das noch so wenig erforschte Unteritalien,
von wo man die Sikeler gekommen glaubt, viele Analogien bien
des anaiogies zum Sikelischen bieten, nämlich erstens sechs Töpfe
in Reggio, ohne genaue Beobachtung gefunden ('), von denen jedoch 1
( — 3) nach der Henkelbildung eher in Castelluccio, 4 (5) in Gir-
genti {D. 97, 1) also Per. I. Analogie finden, der sechste aus einem
Brandgrabe stammt; zweitens das von P. in Matera ent-
deckte aber noch nicht publicierte Grab a form (sans doiUe ü y
a d'autres), dessen Nische nach dem zu 1. Bemerkten nicht ver-
fängt, und das für Sikeler nicht mehr beweist, als die forni von
Pianosa B. 8, Taf. I für Sikaner.
7. Die Behauptung, dass Vasen wie die von Castelluccio sich
auf dem italischen Continent absolut nicht finden, wird weiterhin zu
beleuchten sein. Jedenfalls hat dies Argument wenig Gewicht,
solange auch Vasen wie in Periode II. in Italien nicht besser als
in Punkt «3 nachgewiesen werden. Auch kehrt sich das Argument
ja gegen die, welche die Castelluccio- Vasen von Italien gekommen
denken, was vorläufig niemand thut.
8. Anfänge einer Steinarchitektur, fehlend in I., vorhanden in
IL, müssten durch Vorbilder hervorgerufen sein, meint P., die nir-
gends näher lägen als in Unteritalieu, von wo die Tradition die
Sikeler, von den Pelasgern verdrängt, nach Sicilien ziehen lasse. Die-
sen Pelasgern hätten die Sikeler also vorher noch rasch das Bauen
abgesehen. Aber Avas P. von ' Pelasgerbauten ' in ünteritalien ver-
rathen hat, weist nirgends die entfernteste Aehnlichkeit mit den
Vorbauten von Tli. 23 und 28 auf. Dass diese architektonischen
Anfänge mit mykenischen Vasen zusammen sich finden und ihre
Vorläufer in mykenisch verzierten Thüren haben, zeigt deutlich ge-
nug woher die Anregung kam. Sie indirekt über Italien kommen
zu lassen statt direkt über See, auf welchem Wege sie bereits in
der I. Periode Sicilien erreichte, das ist wieder wahrscheinlich
noch durch irgend etwas bewiesen. Im Gegeutheil kennen wir einst-
weilen und grade durch Orsi's Entdeckungen solche Anregungen auf
der Insel früher als auf dem Festland.
(>) Orsi B. 90, 47 ff.
174 K. l'ETERSEN
9. DeD Schlusssteiu von P.s Beweisführiiug bildet die Behaup-
tung, dass zwischen der Chronologie der Funde und derjenigen der
Schriftsteller völlige Uebereinstimniung herrsche : die ersten myke-
nischeu Einflüsse, nach P. von den Sikelern vom Festland mitge-
bracht mit Beginn der II. Periode, tielen nach mykenischer Chro-
nologie um 1800 V. C, die Einwanderung der Sikeler nach den
Schriftstellern 80 J. vor dem troischen Kriege, also nahezu gleich-
zeitig, darin les ecrivains sicelioles^ qui orU sa?is doule leim comjde
des traditio.is locales (vgl. zu 5), en les coniparant aux dates de
la lofiographie grecque, s'accordent tous, d. h. Philistos (Hella-
iiikos gehört ja nicht dazu) bei Dionys. ant. I 22, während Thu-
kydides 6, 2 sie um ein par Jahrhunderte zu spät ansetze. Um so ar-
gumentieren zu können muss man allerdings mehr Glauben als
Kritik besitzen, muss entgegen der neueren historischen Schule,
gegen welche P. Front macht, jedes Zeugniss für sich statt im
ganzen Zusammenhang antiker Ueberlieferung bewerthen, muss dann
auch in handschriftlicher Kritik wieder wie früher jede Handbchrift
für sich gelten lassen. Solche Umkehr macht sich in Italien mehr-
fach bemerklich, wenn nicht inauguriert, so doch wesentlich bestärkt
durch den Verfasser des dicken Buchs über gli Hethei-Pelasgi ('),
und allerdings müsste die Kritik erst todt gemacht werden, bevor
gewisse Bestrebungen, von denen noch die Rede sein wird. Kaum
gewinnen können.
Kurz die These resultiert so wenig aus den Beweisen, dass
vielmehr diese für jene aufgeboten scheinen : der Nachweis ethno-
logischer Verschiedenheit zur Erklärung der Aenderungen von der
T. zur II. Periode und die Zuweisung jener an die Sikaner, dieser
an die Sikeler als zwei stammverschiedene Völker, dieser Nachweis
ist in keinem Punkte erbracht. Aber unzulässig ist nun auch die
scharfe Scheidung die Orsi selbst zwischen dem Vorsikelischen und
den drei sikelischen Perioden machen will, wobei die vorsikelische
Keramik wahrscheinlich nur deshalb nicht mit dem sonst von selbst
sich bietenden Namen der Sikaner belegt ist, weil eben auch in
specitisch sikanischem Gebiet sich die charakteristischen Zeugen der
(') Sollte nicht eben dieser der ami orientaliste sein, welcher P. die
Ableitung des Namens der Sikaner und Sikeler aus dem Aeg3'ptischen, durch
Si = Sohn, also ' Sohn des Kan ' und ' Sohn des Kel ' verrathen hat (S. 309)?
FUNDE U^ü FORSCHUNG 175
I. sikelischen Periode gefunden haben, eben die Thatsache die dann
P. bewog, den Scheidiingfjstrich nach I. zu verlegen. Gegen jene
Scheidung Orsis hat P. gegründete Einwendungen gemacht S. 185>
lind 145 tf. Orsi und P. haben beide Recht, jener die Continuität
von I. zu II. behauptend, dieser von Vorsikelischem zu I. Folglicli
haben beide Unrecht mit iiirem Feinschnitt jener vor, dieser nach
I. Die Periodisierung hat ihr Gutes zur Markierung der Phasen
der Entwickelung, aber zum Entgelt hat sie die Erfassung der
Continuität beeinträchtigt. Denn indem der Blick zu einseitig auf
das Gemeinsame des unter eine Periode Subsummierten gerichtet
war, wurden die vorhandenen Unterschiede und die auch innerhalb
einer und derselben Periode vorhandene pjntwickelung und die in
ihr sich vollziehende Veränderung übersehen.
Die Continuität der Entwickelung liegt in den Grabhöhlen
von I. an vor, in der Keramik schon von der vorsikelischen Periode
an, zunächst in der gemeinen {gresso) Ware, die schon so früh
neben der besseren hergeht, deutlicher noch in der verzierten : die
eingedrückte oder eingeritzte a stecco oder a punla und a stampo
Ornamentik von Stentinello und andern Orten kann nicht getrennt
werden von der mit denselben Schematen arbeitenden Gritfeldeco-
ration der Tl. Periode; dass sie dann absterbend von dieser noch
in die dritte hineinreicht ist Aveniger bestritten. Trotz der verschie-
denen Technik hängt die Ornamentik von Stentinello aber, wie
Patroni mit Recht betont hat. nach der andern Seite auch mit
der gemalten von Castelluccio u. s. w. zusammen. Beide sind eine
Zeitlang jedenfalls nebeneinander hergegangen, wenn auch local ge-
trennt, doch nicht ohne sich zu beeinflussen.
Bei der Charakteristik der Stentinelloornamentik ist neben
der Verschiedenheit der Elemente auch die verschiedene Art die-
selben zusammenzusetzen hervorgehoben, und es scheint eine so zu
sagen organische Entwickelung von der ersten Stufe, wo diese Ele-
mente lediglich durch sich selbst zu wirken bestimmt sind, zunächst
je ein Element in geringerer oder grösserer Häufung sich wieder-
holt, zur zweiten zu führen, wo Gruppen verschiedener Elemente
nebeneinander gestellt sind, aber noch ohne dass für jede Gruppe
ein besonderer Raum abgetheilt und umgrenzt wäre. Dies stellt sich
erst allmählich heraus auf der dritten Stufe, wo das, was oben
negatives Ornament genannt wurde, auf dem klaren Gegensatz der
17ß
K. PETERSEN
durchzeichueten und der glatt gelassenen Flächen beruht, und mehr
luid mehr durch bestimmte Linien die einen von den andern abge-
grenzt werden (s. Fig. III, wo 1-5 die erste, 6, 7 die zweite, 8-11
die dritte Stufe veranschaulichen).
Vergleicht man nun die von v. Andrian auf Taf. V abgebil-
deten winzigen Bruchstücke von Villafrati, Gr. La S egg ia
und Scorosa, so muss hier einem jeden einleuchten dass die drei
Stücke 5, 11 und 16, von Gr. Seggia auch G und 15 ('), von denen
Fk;. vi.
noch wieder zu sprechen ist, auf der zweiten Stufe stehn, desglei-
chen 17 von Scorosa, während 14, allem Anschein nach wie Stent.
VII 10 zu vervollständigen, schon zur dritten zählt. Noch klarer
ist der Fortschritt an 7, 8 (Fig. VI 4), 10, 12 mit ihrer scharfen
Kaumtheilung und Um- und Abgrenzung der verschieden behan-
delten Flächentheile, während die Zahl der füllenden Elemente
offenbar geringer geworden ist: nur grade Linien, verschieden com-
biniert, alles mit dem Gritfei gerissen, nichts mit Stempel gedrückt.
Ehe noch auf andre etwas anders gezeichnete Gefässe von Vil-
lafrati ein Blick geworfen wird, ist auf die Gefässe imd Sclierben
der stazione della Moarda bei Monreale Palermo hinzuweisen,
die Salinas N. 84 Taf. II abgebildet hat (^) (4, 3, 5 hier Fig. VI 1-3),
theils unverzierte, theils mit dem Gritfei verzierte, keines mit Vil-
lafrati übereinstimmender als Mo. 5 mit Vir. V 8 (hier Fig. VI 4),
(') Durch Versehen ist dies in dyr Uebersicht S. 91 beiden Fundorten
zugetheilt worden.
(*J Nach Orsi B. 90, 196 ceramiche simili wie die von Stentinello.
KUNDE UND FORSCHUNG 177
und mit Stentinello als Mo. 1 mit St. VIII 10. 2. Das einzige Element
ist die grade Linie, die erstens zur Zeichnung der Hauptschemata
dient, das sind insgesammt nur Streifen, wagrecht das Gefäss um-
kreisend, oder senkrecht also radial, jene wie Breiten-, diese wie Län-
gengrade, oder endlich schräg, im Zickzack. Zweitens dienen kurze
Striche zur Ausfüllung der mit den glatten, oder, da die Oberfläche
wenig geglättet ist, ungemusterten contrastierenden Streifen, die aus-
gefüllt werden mit einfacher schräger Strichlage oder mit Kreuzstrich,
wobei auch noch dieser mit jener wechselt, und glatte und gefüllte
Streifen nicht blos neben sondern auch übereinander wechseln, wie
Fig. VI 1. Das ergiebt zwar in den wenigen Proben noch kein
Schachbrettmuster, aber Moarda 4 und mehr noch Villafrati V 12
nänern sich demselben, das letztere auch darin noch einen weiteren
Fortschritt darstellend, dass nicht glatte und gefüllte sondern ver-
schieden gefüllte Felder wechseln. Das Wesentlichste ist aber, wofür
jetzt auf den über 20 cm. hohen Henkeltopf II 1 mit seinem Ae-
quator, mit radialen Streifen darunter, dem reichen Zickzackmuster
darüber verwiesen werden mag, das Wesentlichste ist die Gliederung
des ganzen Gefässkörpers, die Unterordnung der Füllung unter das
Gesammtschema. Jenes, früher die Hauptsache, ist jetzt gleichgül-
tiger und demzufolge gleichförmiger, dieses früher kaum vorhan-
den, ist jetzt die Hauptsache. Mit demselben Rechte mit welchem
Orsi die gemalte Ornamentik Castelluccio, d. i. der L Periode, aus
der Korbflechterei herleitet, kann man es hier thun ; täusche ich
mich aber nicht, so zeigt eben die allmähliche Herausbildung dieser
Organisierung des Ornaments, und namentlich die vorausliegendeu
Stufen, dass sie nicht von der Flechterei herkommt, sondern einem
beim Mustern selbst sich herausstellenden Bedürfniss entsprang.
Bei den Stücken von Moarda stehn im Museum von Palermo,
so dass man nicht umhin kann, die Beischriften mit darauf zu
beziehen, aber in dem Bericht von Salinas nicht erwähnt, zwei so
weit ich sehe nach ihrer Form in diesem Kreise vereinzelt da-
stehende Gegenstände, deren Ornamentik und Technik sich der be-
sprochenem Gruppe anreiht. Es sind zw^ei schwarigraue abgestumpfte
Pyramiden c. 14 cm. hoch, die untere Seitenlänge 10, die obere
8 cm. (s. Fig. VI 10) die Seiten nicht ganz gleich gemustert. Hier ist
noch grösserer ßeichthum von Elementen, und zwar z. Th. einge-
drückten, aber das Erste war auch hier die Gliederung des Ganzen
12
178
E. PETERSEN
durch Grirtelzeichuuiig. Glatte Streifen au den Kanten und noch
zwei in ^'leiehen Abständen dazwischen liegende (') theilen eine
Pyramidenseite in drei stehende Felder, von denen das mittlere
Rhomben, glatt (-), nm- mit kleinem eingedrücktem Auge im Gen-
tium, die seitlichen glatte Zickzackstreifen enthalten, um welche der
Grund mit schnurartigem Eindrücken gefüllt ist. Hier ist also au-
genscheinlich noch etwas von dem Keichthum der Elemente erhalten,
wie er in den meisten Stücken von Stentinello vorliegt, aber der
klaren Kaumtheilung untergeordnet, wie sie am ähnlichsten an
Moarda 2 und o uns entgegentritt.
Fig. VII.
Durch Vereinfachung des Ornaments und seine Sonderung und
dem Gefässkörper angepasste Anordnung stellen sich auf die diitte
Stufe auch die übrigen Gefässe von Villafrati, Andr. IV 7, 5, 14
(hier Fig. VII 6, 8, 7) und ein kleines dem letzten nahestehen-
des. Zunächst der henkellose Becker, den Pigorini Ji. 82 Taf. II
(Fig. VII 6) mit ähnlich geformten und ähnlich verzierten neoliti-
scher Zeit aus Frankreich, Portugal, England, Dänemark, Boehmen
zusammengestellt hat. An dem sicilischen wechseln horizontale glatte
und von fast gleicher Breite gefüllte Streifen, gefüllt nicht mit
Punkten, wie Pigorini S. 30 nach Andrians Abbildung annehmen
(') Diese letzteren fehlen an andrer Seite, und sind ersetzt durch zwei
andre Zickzackbänder, alle mit den Spitzen sich berührend ; zwischen den
mittleren Rhomben.
(«) Vielleicht aber habe ich meine Skizze misverstanden, und sind die
Rhomben ganz von kleineren eingeschachtelten Rhomben gefüllt, ganz wie in
Stentinello Fig. III 1.
KUNDE UND KORSOHUNG 17'J
musste, sondern, wenn ich recht gesehen, mit schrägliegenden Schnur-
eindrücken wie hei den Pyramiden. Solche vielleicht nicht einge-
schnittene Strichelung füllt auch die drei Zickzackbänder der c.
{) cm. hohen Henkeltasse Andr. IV 5 (Fig. VII 8) als breite Hen-
kelzone, wie den Hals ein Band mit Kreuzstrich. Das kugelige
nur 6 cm. hohe Gel'äss (Fig. VII 7) mit senkrechten Köhrenhenkeln
hat zwischen diesen als genaue Henkelzone ein Band von vier Pa-
rallellinien, das an den Henkeln mit Stichen endet, und auch oben
wie unten von je einer Punktreihe gesäumt wird. Bei demselben
steht im Museum von Palermo, also wohl gleicher Herkunft, ein
andres Gefäss, c. 10 cm. hoch, an dessen Kugelform sich, ein wenig
eingezogen, ein niedriger Fuss und Hals ansetzt. Der eine hier do-
rizontale Röhrenhenkel liegt oben an der Schulter ; das Hauptor-
namentband liegt aber wie beim vorigen, wieder oben und unten
von Punkten gesäumt, aber die drei Linien laufen nicht grade son-
dern in kleinem Zickzack. Ein ähnliches Band, etwas einfacher ura-
giebt den Fuss, ein noch einfacheres den Hals. Diese Zeichnung ist
noch grossentheils mit Weiss gefüllt.
Der Zusammenhang nun dieser älteren Graffitokeramik mit der
späteren der II. und III. Periode zeigt sich ganz allgemein schon
darin, dass der Fortgang, von reicherem füllendem zu einfacherem
spaisamem Ornament, von regellos vertheiltem zu wohlgeordne-
tem, in II. sich fortsetzt oder schon am Ende angelangt ist ('), sich
fortsetzt auch noch in III, wo Orsi mit Recht von Verfall spricht.
Und zwar hängt diese Entwickeluug offenbar zusammen mit der
allmählich zunehmenden Grösse der Gefässe und mit der Färbung
des Grundes, der mithin selbst schon wirken sollte, wovon nachher.
In den Formen der Gefässe lässt sich der Ansihlus von II an
die ' Vorperiode ' am wenigsten beweisen, weil aus letzterer zu
wenig ganze Gefässe erhalten sind (^). Was aber erhalten findet
fast ohne Ausnahme sein vollendeteres Gegenstück in II. In der
Verzierung ist dagegen um so klarer, dass sowohl die Anordnung,
(^) Selten sind so mit Ornament u. zwar sorglos hingeworfenem überzo-
gene (Jefässe wie Th. IV 17 und anch S. 10.3, 127; V 1, 8, 20, mit denen
man z. B. IV 14, V 22 vergleichen mnss.
(2) Vgl. Moarda No. 84 II 1 und Fig. VII 8 mit Th. S. 136, Plemmy-
rion ß. 91, XI '21 ; Moarda II 10 mit Pa. B. 89 IV 4 b, Th. V 8; Mo. II 8
und 9 mit Th. V 2, B. 89 VII 2; Fig. VII 7 mit Cp. 10 und Th. S. 123.
180 K. PKTF.RSEN
die Theiluug des Gofässes durch einen ' Aequator ' in obere und
untere Sphäre, der (Tegensatz des radial (Längengrade, senkrecht
wenigstens auch bei den unten sich weitenden Rohrenfüssen), und
des zonenartig angelegten Ornaments, als auch die verzierenden Ele-
mente selbst kaum etwas Neues bringen. Neu sind die seltenen,
offenbar eben auftauchenden Bilder von Vögeln und Vierfüssern,
ein Dreiblatt, vereinzelt Wellenlinien und häutiger die feüoni,
Gürtel von doppellinigen, wie Gewinde hängenden Kreissegmenten.
Es fehlt aller Stempeldruck : der Gritlel ist das ausschliesslich ver-
wandte Instrument. Er zeichnet mit Vorliebe gradlinig, ein- oder
mehrstrichig. immer noch Zickzack, Fischgräten, Wolfszähne; selten
füllt er in der alten fieissigen Weise die Doppellinien mit Striche-
lung, macht die einfache durch schräg nach beiden Seiten dagegen
gestellte Strichlein (vgl. Fig. V 10 mit lll 7) zum Zweig. Oefter
noch füllt er den Zwischenraum zweier Linien mit Punkten, wie
schon Stentinello Fig. III 8, einfach gereihten oder zwei- und mehr-
fachen, nicht zu regelmässig. Insbesondere vergleiche man mit den
punktgesäumten Linien der beiden Gefässe von Villafrati S. 179
(Fig. VII 7 das eine) die eigenthtunliche Ornamentik des grossen
Henkels Tli. S. 132 (davon ein Theil Fig. VII 3, und zu den an
den Linienenden eingestochenen Punkten Fig. VII 2 und IX 11).
Der nachgewiesene Zusammenhang der II. und III. Keramik
mit der ' vorsikelischen ' zeigt sich nun darin noch deutlicher, dass
die I., bemalte, nicht allein, wie Orsi zugegeben, mit der IL, son-
dern auch mit der vorsikelischen verwandt ist, also als Bindeglied
zwischen beide tritt. Schon rein äusserlich berührt sie sich mit
der vorsikelischen, indem v. Andrian in Gerace, einer ' neolithi-
schen ' Fundstätte, Scherben sowohl mit eingegrabenen (' vorsi-
kel. ') als auch mit gemalten (I.) Ornamenten bezeugt, und auch aus
Villafrati ('). trotz der Versicherung: alle Gefässe trügen einge-
grabene Ornamente, auf Taf. IV 10 (danach Fig. V 5) einen einst
zweihenkligen Becher mit schwachen Besten aufgemalter Ornamente
i}) Im Nordwesten der Insel darf hier auch C apaci N. 80, 356 genannt
werden, mit Gefässen auf Taf. XI, von denen 6, formverwandt dem S. 179 be-
schriebenen von Villafrati, ein rohes Graffit trägt, 3 Spuren von einfachst in
Malurnament. Vgl. auch B. 89, 218 über Noto. Auch aus Partaiina, Lentiiii,
'l'reinenzano, Pantalica, Cozzo del Pantano habe ich Stücke beider Techniken
als nebeneinander liegend gesehen notiert.
KUNDE i;nij korschung ]81
verööentlicht hat. Dei' Becher ist aber augenscheinlich derselben
trojanischen Form (s. oben S. 166 f.), die namentlich in Castelliiccio
und Melilli, am häufigsten in Grotten von Colle tabuto (B. 95 VI)
bei ßagusa gefunden ist. Die verschiedeneu f]remplare dieser Gat-
tung weichen von einander ab, ohne die gemeinschaftliche Grund-
form verkennen zu lassen. Am ähnlichsten dieser, wenigstens dem
troischcn Becher, ist das schlankere von C. in Fig. VI, wonebeii
VIII 3. das entgegengesetzte Extrem grösster Breite zeigt. Eine
andre Differenz tritt in der grösseren oder geringeren Entwickelung
des kelchartigen Mundstücks hervor, wie namentlich die B. 95 VI
zusammengestellten zeigen ; nirgends aber ist dieser Theil so gross
wie an dem Becher von Villafrati, nirgends so klein wie in einem
zweiten von C. Dann aber fällt dieser Theil auch ganz weg, zu-
meist bei einhenkligen Exemplaren, die als unzweifelhafte Spielart
jenes Typus, in M. (Fig. V 8) und mehreren jener von Colle tabuto
vorliegen. Orsi hat B. 98 VI mehrere unvollständige Becher abge-
bildet, von denen 15 (Fig. V 4) und 26 das Mundstück niemals ge-
habt, 20 dagegen es verloren hat, ebenso Avie B. 92 I 1 (Fig. VIII 4) (').
Irre ich nicht, so liegt auch diese verkürzte Form des einhenk-
ligen (-) Bechers schon in Villafrati (Andrian IV 5 = Fig. VII 8),
vor, womit zu vergleichen N. 80 XI 4 aus Capaci. Auch der hen-
kellose Becher von Villafrati (Andrian IV 7 — Fig. VII 6) ist sehr
ähnlich einem von Melilli B. 91 V 19, mit einem Henkel, beide
augenscheinlich stammverwandt dem zweihenkligen mvkenischen
Goldbecher und dem viel späteren thönernen von Bologna bei
Heibig Homer. Epos S. 260 ff. (=<).
Mehr Formen als mit der Vorperiode hat die I. mit der II.
(II I.) gemein, so die einhenkelige kugelige Flasche mit weitem röh-
renförmigem Hals ('), so die mehr oder minder flache Schüssel oder
(1) Auch B. 93 VI 14 und 21 werden wohl solche Becher gewesen sein,
sowie von Colle tabuto B. 95 VI 8 sicher einhenkelig ist, und 6, 11 waren;
sicher ursprünglich ohne Mundstück keiner, möglicherweise G, 11. Ungewöhn-
lieh ist der obere Henkelansatz bei 12.
(2) Des zweihenkligen aus Melilli B. 91 V 21, VI 20 ; vgl. den einhenk-
ligen ohne Mundstück daselbst 19, von Cp. II 15, kaum vcrschie en.
(3) Die henkellose fast rein cylindrische Urform lebt noch in der II. Pe-
riode : Th. S. 98 und noch primitiver 117, Fi. 94 V 10.
.{*) I. von Naro, Oirgenti im Museum, von ebenda, Andrian IV 4 = Fig.
VII 1 init kurzeTn Hals und gedrückterer Form, schlanker in Per. II.
]<}2 l"- PKTERSEN
Kumme, die dann auf niedrigen Fiiss gestellt, selten ist in I., häutiger
in IL; auf höherem Fuss dann eines der charakteristischsten üefässe
in 1. bildet und, weiter entwickelt, in 11. bleibt, Kelch und Fuss
(s.S. 161). anfangs von gradlinigem Umriss, dann mit schwacher
Krümmung, beim Kelch nach aussen oder innen, beim Fuss, zu
festerem Stande, nach aussen. Der Uebergang vom Kelch zum Fuss
ist anfangs minder hart und eckig, die Form beider Theile noch
fast gleich; allmählich wird der Kelch flacher und weiter, der Fuss
enger schlanker, jeder seiner besonderu Bestimmung entsprechen-
der ('). Auch in dieser schlanken Form noch behält das bacino.
die eigenthümlichen drei Henkel oder richtiger wohl Stützen, welche
unten ungefähr in halber Höhe des Fusses, oben in halber Höhe des
Kelches ansetzen, offenbar weniger zum Fassen des Gefässes als zu
festerer Verbindung beider Theile dienen sollten. Denn zutreffeiid
hat Orsi auf die nvOiuifrc des Homerischen Bechers und Helbigs
Illustration desselben durch in Etrurien gefundene Becher aus Me-
tallblech hingewiesen (-). Die aus so viel späterer Zeit stammenden
und doch in ihren Formen so viel primitiver aussehenden Blech-
becher leiten sich offenbar eben^o wenig von den sikelischen thö-
nernen her, wie diese von jenen, sondern beide von einem oder meh-
reren gemeinsamen Urtvpen. Die Stützenhenkel, welche schon in I.
zu verschwinden anfangen, sind doch, die Verwandtschaft bezeugend,
an solchen der 11. Periode noch mitunter vorhanden {'). Dieser ei-
(') Vgl. besonders aus der Gegend vuu üirgenti Andrian V 1 ; und B. 97
I 4, und 5 den Gürtel eines ähnlichen Gefässes, auch 95 IV 3, anders IV 1
und mehr noch Ann. 1880 AB 1. Ebenda 3 würde man zunächst vielmehr für
einen Fuss zu halten geneigt sein, aber die Innenansicht 4 zeigt, dass es in
der That ein tiefer Kelch ist. S. Fig. VIII G. auch 1. Ganze Kelche oder nur
Füsse aus der I. Periode s. Fig. V 8,9, 12 X 15-, aus der II. Periode Fig. VII 9
X 16, 20. Vgl. Ilios Fig. 1185 aus der 'vierten' Stadt.
(2) B. 93, 42, J7; zuletzt B. 97 S. 5, 6. Vgl. meint- Bemerkungen Mittheil.
1897 S. 24 und 26.
(3) So an dem auch in der ' Klciisydrafurai ' sehr alterthümlichcn Tha.
S. 107, fehlend hingegen an dem gleichfalls noch alterthümlichen Exemplar
Th. S. 116; vo. banden auch Cp. II 10, Th. S. 136 und IV 7, an welchem
die äusserst roh gezeichnete menschliche Figur, unter welcher Orsi S. 102 ein
Schiffsvordertheil, ich einen hochbeinigen Vogel sehe, an die Stützenfiguren der
in voriger Anmerkung verglichenen Blechbecher gemahnt. Der sehr zusammenge-
schrumpfte Kelch dieser Beispiele legt nahe, sie nur als Untersätze zu denken ;
KUNtE UND KORSCHUNG 183
genthümlich ist dann die weitere Ausbildung des immer flacher ge-
wordenen Kelches, der eben deswegen nun einen eingezogenen Rand
erhält — ein Beweis dass die Kelche für Flüssigkeit, Wasser, Milch
oder was immer, bestimmt waren. An den eingezoijenen Rand fust
sich dann öfters, abermals scharf absetzend, eine wieder nach aussen
sich weitende schmale Lippe. Diese neue Form des hochfüssigen
Kelches ist aber nur eine Wiederholung einer uralten schon in der
Vorperiode vereinzelt, häutig in I. nachweisbaren Henkelschale; dass
aber auch die ältere Form des Kelches mit einfach geschwungenem
Umriss in II. noch vorkommt, zeigt das Fragment Cp. I 4.
Bevor der Zusammenhang von II. mit I. auch in der eigen-
thümlichen Henkelbildung der Kelche zweiter Periode nachgewiesen
wird, ist dafür zunächst die noch deutlicher als die Formen re-
dende Ornamentik geltend zu machen. Auch die mit brauner oder
schwärzlicher Farbe auf den helleren Grund gemalten Ornamente
der I. Periode sind nämlich mit nichten überall gleicher Art; viel-
mehr hat auch diese Decoration ihre Entwickelungsgeschichte.
Ein Blick auf die Becher von Celle tabuto B. 95 VI lässt
z. B. 3 mit seinem gezeichneten Ornament von 10 und 13 mit
ihren theilweise mit breitem Pinsel gemalten sofort unterscheiden,
und 6, 8, 11 mehr jenem, 4, 12, 13 mehr diesen sich nähernd erken-
nen. Denselben Unterschied weisen die zu jenem ersteren sich stel-
lenden vier Gefässe von Girgenti bei Andrian IV 1-4 auf, wenn mau
ihnen gegenüber V 1, 2, 9, 13 von Gr. Lazaro stellt. Kein Zweifel
ferner, dass auch alle B. 97 I abgebildeten Gefässe von Monte
Aperto und Monserrato bei Girgenti wesentlich der ersten Art sind,
desgleichen die von Monte Toro derselben Gegend B. 95 IV, ebenso
die Vasen von Partanna im geologischen Kabinet der Universität Pa-
lermo. Diese Art hat also ihren Sitz, wie es scheint, vorwiegend im
Westen der Insel, und die von Mauceri Ann. 1880 T. AB, CD
veröffentlichten aus der Gegend zwischen Licata und Campobello
könnten den Uebergang zu der in Gr. Lazaro, CoUe tabuto und
Castelluccio, also im Osten vorwiegenden zu bilden scheinen. Aber
auch in Castelluccio fehlt die erste Art nicht, die sofort durch ihren
doch andre, wie Th. V 16 und S. 130, wo aus dem kleinen Kelch noch ein
zweiter auf drei Stützen aufsteigt, lassen hier wenigstens beide nur zwei ver-
schiedenen Theile des Mahles enthaltend verstehen.
]g4 E. HfcTEUSEN
viel helleren, weil nur wenig von dunkler Farbe gedeckten, Grundtou
abstechen, wie z. B. U. 98 VI IT), 20, 21, 2(3, 88, sämmtlich wie
es scheint Becher der unverkürzten troischen oder der verkürzten
Form: so auch einige Kelchfüsse wie 19, 25, auch noch mit brei-
terer Musterung wie VI 34, 42 (Fig. VIII 7. 2).
Diese Musterung besteht noch grösstentheils in Geraden, hori-
zontalen oder senkrechten, drei oder vier nebeneinander, Zickzack,
Wolfszahn, Rhomben, in der Breite oder Länge gereiht; dasselbe
Element wird z. T. massenhaft wiederholt. Darin, und in der tleis-
sigen Durchfülirung der gleichmässig oder gruppenweis. zu zweien,
dreien, vier und mehr sich kreuzenden Linien ist etwas von der Art
der Stentinelloornaraentik, so verschieden diese sonst Avirken muss,
soweit sie mit Stempeltechnik arbeitet, die ebenso sehr lose und
gesonderte Elemente mit sich bringt, wie Griffel und Pinsel zu-
sammenhängende ('). Und auch die Elemente selbst sind ja fast
dieselben. Und dennoch, oder vielleicht mit wegen der verschiedenen
Technik, steht auch die eben geschilderte, zweifellos frühere Art
der Malornamentik nicht auf der ersten oder zweiten, sondern auf
der dritten der oben S. 175 charakterisierten Stufen: der Gefäss-
körper ist auch hier schon, je nach seiner Form mehr horizontal
oder mehr vertikal getheilt, das weitere Ornament dieser Theilung un-
tergeordnet und eingefügt. Ja es ist m. E. völlig klar, dass die Grif-
felornamentik der Stücke von Moarda N. 84 II 2 und 3 nicht bloss
auf derselben Entwickeluugsstufe steht wie die gemalte von Monte
Sara bei Girgenti B. 95 IV, sondern an diesen, namentlich 1 (-)
und 8 (Fig. V 12, 13) und Innen 3 mit jenen 2 und 3 (Fig. VI 2)
so gut wie identisch ist, und die Divergenz der vertikalen Linien-
gruppen über und unter dem mittleren Gürtel lässt mich, ohne
dass ich die Originale gesehen hätte, kaum zweifeln, dass auch die
Gefässform identisch war, nämlich der aus zwei Kegelstumpfen
zusammengesetzte Kelch (^).
{•) Vereinzelte Elemente sind in der «reniHlteii Keramik selten, es sind
hauptsächlich die kleinen Khomben mit halben Rhomben an zwei oder vier
Ecken, die aber alsbald sich reilien. und ein andres, Kreuzhaken mehr als
Hakenkreuz zu benennendes. S. Fig. VIII 6 u. 10 flf.
(2) Mit 1 B nahezu übereinstimmende (jra/fiti habe ich mir in Syrakns
auf Scherben von Tremenzano (III) notiert.
(a) Bei N. 2 ist die Vertikalengruppe links offenbar etwas in Verkürzung
gezeichnet ; sonst ist allerdings die lüindung nicht bemerklich gemacht.
FUNDK UND KOKSCHUNG 185
Die zweite Art dieser Gefässnialerei, wie sie namentlich auf
den Scherben von C. sich darstellt, daraus Proben Fig. VIII, mit
ihrer Vorliebe für mehr und mehr gedeckten Grund, sei es durch
dichte Kreuzstrichschraffierung, sei es durch breite, jranz ge-
schwärzte, Streifen und Schemata, mit ihrer complicierten Felder-
theilung, mit ihrer nicht blos durch die in zwei Richtungen ge-
krümmten Flächen des nach aussen sich umbiegenden Kelcliran-
des, gekrümmt scheinenden sondern z. Th. auch wirklich krumm-
linigen Ornamenten (vgl. Fig. VIII 25) und Schlangenlinien neben
eckigem Zickzack, mit ihren rhombischen Schachbrettmustern und
mancherlei neuen Elementen, namentlich einer ganzen Reihe von
Hakenmotiven, diese reichste Blüthe sikelischor Ornamentfreude
will ich nicht eingehender beschreiben. Nur ein Hauptmotiv will
ich hervorheben, weil es in den Gefässen der ersten Art höchstens
in unentwickelter Form vorkommt, während es in der zweiten in
der verschiedensten Weise ausgestaltet wird; das sind Doppellinien,
die sich in rechten oder schiefen Winkeln schneidend, eine Anzahl
von gleichen symmetrisch und gegensätzlich liegenden Feldern er-
lg(J E. PETERSEN
«:rebeu, die nun durch entsprechende Ausfüllung bez. Grundfarbe
noch wirksameren Gegensatz und ein bestimmtes Musteruugsprincip
bilden. Eine der einfachsten Formen giebt Fig. VIII 5.
Der ersten Art gegenüber weist also die zweite nicht nur neue
Schemata auf, sondern zugleich ganz allgemein das Streben die hel-
lere Grundfarbe mehr und mehr zu decken, also etwas ähnliches
wie wir später an der schwarziigurigen Vasenmalerei beobachten.
Sollte es da nicht angezeigt sein, die über den ganzen Körper dunkel
cefärbten Gefässe, ohne irgend welche Zeichnung, als die letzte Phase
dieser Entwickelung anzusehen und als den Uebergaug zu der wie-
derauflebenden Griffelornamentik? Natürlich hätte man aber diese
verschiedenen Techniken oder Stilarten nicht schlechtweg einander
ablösend zu denken sondern theilweise nebeneinander hergehend, und
speciell die Griffeldecoration als nie ganz abgekommen. Sind doch
auch in C. noch Stücke mit eingestochenen Mustern gefunden wie
B. 93 V 14, 46 und namentlich ganz der 3. Stufe Stentinello entspre-
chend 45, und ausserdem solche mit eingekerbtem, endlich V 4,
6, 17, 23, 24, 33, 34, 43 dazu B. 92. III 9 mit Ornament in Re-
lief, wie es ebenfalls in der II. Periode auftritt (s. Fig. X).
Ercriebt sich aus dem allem, dass die I. Periode nicht nur im
Grossen und Ganzen durchaus richtig von Orsi zwischen die vor-
sikelische und II. angesetzt ist, sondern dass sie auch mit jener
und namentlich mit dieser in unlöslicher Verbindung steht, so wird
dieses nun durch einige besondere Beobachtungen bestätigt.
Für die Phvsiognomie der Gefässe ist kaum etwas andres be-
deutsamer als die Henkel, und eben die Gefässhenkel der I. (') und
der folgenden Perioden, die mit Bemalung, die mit dem Griffel
verzierten und endlich diejenigen mit Pteliefbildung zeigen so au-
genfällige Verwandschaft, dass hierdurch allein sowohl Orsi's wie
Patronis Souderung widerlegt wird.
Man vergleiche z. B. die trapezförmigen Henkel mit und ohne
Malerei C Fig. IX 3, 4 mit Th. Fig. IX 11 (welcher des Orna-
ments wegen oben S. 180 mit Gefässen von Villafrati verglichen
wurde) und 12, wo der Henkel noch am Gefäss haftet: die kei-
{') Das \venii,'e was von solchen der VorperioJe erhalten ist, kann weder
für noch pegen die Verwandtschaft mit den folgenden Perioden beweisen; nur
einige Henkel von Moarda stehen solchen von I. und II. nahe.
KUNÜK UND FORSCHUNG
187
neswegs gewöhnliche Henkelform ist identisch, das Ornament sehr
ähnlich. Jene wie dieser steht in Beziehung zu andern Henkeln,
beider Perioden, I. und II. Um nämlich diesen trapezförmigen,
n
ns?ö-
9V^.a
mgyy/it
Fig. IX.
frei vom Getäss abspringenden Henkel vor dem Abbrechen zu
schützen, gab man ihm rückwärts eine Stütze, was am deutlichsten
bei Fig. IX 14 (Girgenti). Auch schon in den wenigen in Fig. IX
13, 15, 17 vorgestellten Beispielen erkennt man, wie die Form-
entwickelung einerseits zu dem cannelierten Henkel IX 1, 2, 10
führt, wo beide Theile des Henkels in eins zusammengehn, wie in
etwas andrer Weise bei IX 5, andrerseits zu den ins Ungemessene
wachsenden platten Augenhenkeln mit den spitzen Hörnen IX 20
und 9, dessen Graffitoornament die Verwandtschaft mit IX 1 1 und 12
nicht verleugnet, mit denen er auch durch Zwischenglieder wie
IX 18 verbunden wird ('). Daneben melden sich nun noch andere
Formen zur Verwandtschaft wie IX 6-8 und 19 und, scheinbar von
anderem Ausgangspunkt herkommend, IX 16, 17. Von diesen allen
zählen ja nur 1-6, 14 (15), nach den Fundorten, zur I. Periode,
alle übrigen zur II. ; und zwar stellte die Mehrheit dieser übrigen
unverkennbar die späteren Stadien der Entwickelung dar.
Dies ist indessen keineswegs alles was uns der Vergleich der
Henkelformen lehrt. Es sind noch andere Formen da, welche den
von Patroni geleugneten Zusammenhang von I. und II. noch weiter
(') Ob die Achnlichkcit die.ser gehörnten Augeiihenkel mit jener S. 158
erwähnten Verschlussplatte von C. 22 zufällig ist ?
188
E. HETKRSKN
sicherstellen mitl zugleich zeigen, dass nicht bloss in der I., son-
dern auch noch in der II. Periode überraschende üebereinstimmuug
mit Troischem vorhanden ist. üa ist zunächst ein nach aussen in
Droieckstorra abgeschnittener Ansatz, kein eigentlicher Henkel, am
wenigsten, wo das Dreieck, wie bei ('. Fig. XI — ob danach 2 zu
erklären ist, lasse ich dahingestellt sein — , ohne Höhlung zum
Hineinfassen mit den Fingern ist. Doch auch Letzteres zeigt sich
-^m >S^--^-^
schon C. Fig. X 8. entwickelter dann in Caldare (Girgenti) B. 07
Taf. II, schon aus Per. II., in Tli. Fig. X 3 und besonders Pa.
Fig. X 18 und IS'*, eine Form, die Ürsi mit einem Hundeohr ver-
gleicht und danach benennt ('). Sollte — wo anderweitige Verbin-
dungstaden mit Troja aufgedeckt sind, die Aehnlichkeit mit troi-
schen Gefässen, wie Fig. X lu und 14, zufällig sein? Die Relief-
windungen, in welche die hohen Ohren bei dem zuletzt angeführten
troischen Exemplar auslaufen sind diesem Ohrhenkel mit einem an-
dern bogenförmigen gemein : Ilios, Fig. X 11. nur eines von vielen
Beispielen. Auch dieser Bogeuhenkel ist an sikelischen Gefässen
(') Eine Abart ist die viereckige Jb'orm Th. Kij,'. X 12.
FUNDE UNI) KOKSCHUNr. 189
von Mi. Fig. X 7 Cp. X 19, also der II. Periode üblich, und zwar
solchen die öfters ausser diesen Reliefschnörkeln, die bald kürzer
X 4 (vgl. auch ()), bald länger sind, wie X 5, auch ganz fehlen
wie X 22, keinerlei Verzierung haben. Dieselben Schnörkel svo-
lazsl kommen aber auch schon in der J. Periode vor, an dem un-
bemalten Gefäss von C. Fig. X 21, wonach auch das Fragment 23
zu verstehen sein wird, und ein spätes Nachleben haben sie noch
in den von den Henkelansätzen gleichsam herabhängenden Bändern
der sikelisch-griechischen Amphoren und Hydrien X 17, 18 und 18".
Es sind endlich eine Anzahl besonderer Ornamentformeu nam-
haft zu machen, welche der I. oder gar schon der Vorpeiiode mit
der II. gemein sind. Solcher Art ist die Kreuzung gewellter Linien
einer auf der zweiten Stufe (Vorperiode) stehenden Scherbe von
Grotta Seggia und ebenso auf einem Becherboden von C, dieser in
Fig- V 7", jener daneben, beide, so viel ich sehe, alleinstehend ;
solcher Art die in Fig. VI 8, 9 und 11 zum Vergleich nebeneinan-
dergestellten Gewächse, naturalistischer als die Fig. V 10 und 11
zusammengestellten Henkelornamente der I. und II. Periode. Schon
Patroni hat die Aehnlichkeit jeuer gemalten Gewächse von Cp. und
der eingedrückten von Gr. Seggia bemerkt. Ausser dem eben ange-
führten darf auf das ganz gleiche Ornament an Henkeln von Th.
und Ca. Fig. V H'^ und 21 hingewiesen werden. Ebenso überein-
stimmend wie ungewöhnlich ist ferner das Ornament, welches
Fig. VI 6 nach einem geraalten Kelchfuss der I. Periode wieder-
gegeben ist und das danebengestoUte von einer Gritfelverzierten
Kanne der II. Hier erinnert es an die S. 180 erwähnten fesloai.
Auch diese, häuHg in II., fehlen nicht in I., wie der ' troische '
Becher von M. Fig V 3 zeigt. Ein eigenthümlicher thönerner Ge-
genstand, der von der I. bis zur III. Periode (') sich tindet, ist
ein Hörn auf runder platter Basis, kaum geeignet als Deckel zu
dienen, wie allerdings ein ähnlicher Deckel in Ilios Fig. 296 ab-
gebildet wird. Orsi hält dies corno wohl nur wegen sonst bekannter
Bedeutung des Hornes für symbolisch und apotropaeisch, kaum mit
Recht. Vielleicht diente es zum Zerreiben und zur Speisebereitung,
wie ganz ähnliche Gegenstände, die in Oberitalien gefunden sind
und noch bei Etruskern in Gebrauch waren. An letzter Stelle mag
(1) Vgl. Orsi, B. 97, 117.
190 E. PETERSEN
noch auf die Uebereiüstimmuiig der sonderbaren gemalten Ornament-
tigur von einem Kelchfragmeut C. Fig. VIII 25 hingewiesen wer-
den, womit aus der II. Periode zu vergleiehen ist das eingegrabene
Henkelornament von Thapsos S. 132, hier Fig. VII 3, und noch
übereinstimmender von ebenda S. 108, in Fig. V 7^ wiedergegeben.
Auch des Ornament des Bechers von C. Fig. V 7 gehört dazu,
selbst wenn es so aussieht, wie icli es 7^ skizziert habe.
Sowohl die Form dieses Bechers wie sein Ornament, welches
beides mykenischen Bechern sehr nahestelit, sowohl goldenen als
auch thönernen, wie Myk. Vas. II 11 IX 56 X 63, besonders auf
Jalysos gefundenen, scheint mir nun aber zu beweisen, dass es etwas
einseitig ist, wenn man die I. Periode mit Orsi ausschliesslich der
vormykenisch-troischen Cultur gleichstellt, und die mykenischen
Einflüsse erst mit der zweiten einsetzen lässt. Freilich sind eigent-
lich mykenische Vasen nur in Nekropolen der II. Periode gefunden.
Ist aber nicht schon das befremdlich, dass diejenige Verzierungs-
weise, welche bei der* vormykenischen troischen Keramik die herr-
schende oder allein übliche ist, nämlich die eingegrabene oder ein-
gedrückte, in Sicilien nach Orsi nur in der Vorperiode und in der IL,
nicht aber grade in der ' troischen ' angewandt sein soll, und ebenso
die, wie die mykenische, gemalte Decoration grade der I. d. h. der
troischen ausschliesslich eigen, dagegen der li. d. b. der sikelisch-
mykenischen fremd sein soll? Auch dieser Widerspruch löst sich,
sobald man, wie oben ausgeführt ist, die II. Periode nicht bloss
mit der I., sondern auch mit der ' Vorsikelischen ' in Zusammen-
hang denkt, diese als die Erbin jener, und jene schon durch troische
oder kyprische Einflüsse bestimmt ; die neue malende Verzierungs-
weise dann aus mykenischem Kreise schon in der I. Periode wirk-
sam werdend. Allerdings könnte es scheinen, dass grade ein, wie
schon S. 167 hervorgehoben wurde, Hauptmotiv dermalenden AVeise,
die sich kreuzenden Doppellinien, dazu auch Augen oder Sterne
und Zweiglein und die ganze Kreuzstrichfüllung durch jene knöcher-
nen Dolchscheiden hervorgerufen Avären, wenn man z. B. Fig. IV
vergleicht mit VIII 5 und besonders 22. Aber es finden sich ja
doch auch unter mykenischen Scherben zwar vereinzelte Stücke
wie M. V. XXIV 182 f., deren principielle Uebereinstimmung mit
denjenigen von Castelluccio nur um so auffälliger ist. Und dazu
kommen doch noch eine Anzahl mykenischer Züge im Bereich von
FUNDE I'ND FORSCHUNG 191
Orsis erster Periode, wenn nicht noch früher. Eine mykeniscbe
Scherbe M. V. XIX lü5 (vgl. auch XXVII) scheint das Vorbild
der Gewächse auf jenen S. 180 verglichenen Scherben von Grotta
Seggia und Cp. ; und auch Versuche eine Ranke Jiachzubilden
liegen in Malornamenten von Naro vor, die ich Fig. VIII 15-18
wiederzugeben versucht habe. Auch das fast herzblattähnliche Or-
nament VIII 8 und 21 dünkt mich von mykenischem etwa wie
M. V. XXXII 310 abzustammen: die Hakenmotive Fig. VIII 9,
11, 23, 25, 27 und namentlich V 7 in M. V. 19 an einer Amphora
von Jalysos vorgebildet. Nicht eckiger Haken, sondern mehr Dop-
pelspirale, aufwärts Fig. VIII 3, abwärts hängend an der von Mau-
ceri Ann. 1880 AB verötfentlichten Tasse, dass ist nichts andres als
die hängende Doppelspirale an dem ' mykenischen ' Thürverschluss
Fig. II rechts. Endlich zwei mykenische idoletti. aus Villafrati im
Museum in Palermo, eines Fig. VIII 12 skizziert, sind Orsi's For-
scherauge nicht entgangen (').
Es ist im Grunde nur eine geringe Moditicierung, die ich mit
Orsis Aufstellungen vornehmen zu müssen geglaubt habe, und viel-
leicht hätte er selbst sich dieser Betrachtungsweise nicht versagt,
wenn er nicht, sei es durch Opposition gegen den überhaupt etwas
unbillig beurtheilten v. Andrian, sei es durch die Macht der prae-
historischen Schlagworte ' neolitisch ' und ' aeneolitisch ' zu allzu-
strikten Scheidungen sich hätte drängen lassen. Im B. 89, 53 äus-
serte er z. B., die gemalten Vasen der Gegend von Girgenti hätten
nichts mit der etä neolüica zu thun ; S. 54 praecisiert er dies so,
dass gemalte Vasen nicht mit Flintmessern gefunden sein könnten.
Zum Uncrlück machte er dann zunächst den Fund von Stentinello,
dessen a puata oder a stampo verzierte Keramik nun, weil nur mit
Steingeräth gefunden als neolithisch von jener gemalten völlig ab-
gesondert wurde. Und doch war in den bald nachher gemachten
Funden von Castelluccio die Herrschaft des Steingeräths fast noch
ebenso ausschliesslich. Salinas hatte eben ganz Recht, als er N. 1884
S. 258 aussprach, dass in Sicilien das Steingeräth noch sehr spät
vorherrschend gewesen sei.
E. Petersen.
(') S. L. VI 146. Der Kopf scheint abgebrochen; kleine Löcher am Fuss
links und rechts dienten vielleicht es standfest zu machen. Grössere Löcher,
in der Skizze angedeutet, gehn in den Armstümpfen von unten schräg hinauf.
SCAVI DI ORVIETO.
Xel ripristinaniento che vieiie esetruendo questo Municipiu al selciatu
della storica Piazza del Popolo, cd alla scala esterna di accesso al maestoso
Palazzo del Podestä (e quindi del Capitano) dell'epoca 1200 di puro stile Or-
vietano, a poca profonditä dal suolo, venne in luce un tratto di antico muro
luntro m. 2.86 X 0,75 di spessore, orientato fnel senso lonc^itudinale) a Nord-
Est, formato a filari di parallelepipedi di tufo ben lavorati e connessi fra di
loro in modo mirabile senza cemeuto, al modo etrusco dall'epoca florida. Per
ragioni tecniche di lavoro, disgraziatamente non fu possibile il proseguimento
dello scavo.
Presso il niedcsiino pern furono raccolti alenni framnienti di grandi an-
fure di terra cotta ordinaria, e di bucchero apparteiienti a vasetti e tazze, e
poco lungi da questi un frammento fittile di decorazione parietale dipinto a
scacchiera a color rosso e biancastro.
Nello scavo invece per la fondazione della scala di accesso a detto pa-
lazzo che si erge li presso si rinvennero altri framnienti fittili dello stesso
Stile etrusco molto progredito per la greca influenza forse della Campania.
A me sembra pertanto tenendo presenti tali scoperte di avanzi di mura
e di framnienti fittili decorativi del timpano che non possa cader dubbio
deir esistenza in quella localitä di un tempio o santuario del II o III secolo
avanti Cristo. Citero solo la lastra ove e attaccata una mano a rilievo (forse
ad un terzo del vero) che stringo un bastone, l'altra lastra con palniette rile-
vate a colori, e due fraramenti di fregio dipinti. Tale mia opinione viene av-
valorata dagli altri esenipi esistenti in cittä di siffatti monumenti come il tempio
scoperto a S. Giovanni, a Belvedere, e sotto il palazzo Misciattelli.
Anche un pozzo di epoca etrusca, che ha per orificio il bordo di un
grande ziro di terracotta, venne all' aperto presso il palazzo Bracci con tracce
di muro dello stile delle tombe della necropoli. Mi si assicura poi che altri
pozzi della stessa epoca furono scoperti alcuni anni fa nell' eseguire alcune
riparazioni al detto palazzo che fronteggia quello del Popolo nella piazza
omonima.
Orvieto, 25 giugno 1898.
RlCCARDO M.\NCIM.
ALLA UICERCA DELLA VIA (JAHCILIA
(Tiiv. VII)
Nelle Not i sie degli scavi del marzo 189G fii pubblicata una
monografia del eh. sig. dott. Cristiano Hülsen dal titolo L' hcrizioiie
della via Caecilia, cella quäle 1' autore prese ad esaminare iiua
lapide molto importante, che tornö in luce non lungi dagli avanzi
della vetusta Porta Collina, quando nel 1872-73 facevansi in Roma
gli scavi per le fondamenta del Ministero delle Finanze (').
Dall'accurato esame di quella iscrizione eliminati gli errori
di fatto e di giiidizio che fin allora l' avevano fatta inesattamente
leggere ed interpretare, il eh. Hülsen dedusse: 1) 1' esistenza in antico
di una via Caeeilia, eosi intitolata dal nome di L. Ceeilio Me-
tello Diademato, console nel 117/637, ehe probabilmente la face
costruire; 2) che questa via non fu altro che una diramazione della
Salaria, destinata a stabilire una comunicazione piü diretta fra la
capitale ed il Mare Supentm.
E valendosi di alcune indieazioni particolari della epigrafe,
speeialmente che la via al XXXV miglio traversava un fiume ; che
prima del miglio 98 valicava 1' Appennino cioe la catena Orientale ;
e che tra il detto miglio ed il CXX distaccavasi iina via laterale
per Interamnia (Teramo), il dott. Hülsen riusei a ricostruir mental-
mente il tracciato di detta strada, supponendo che la via Caecilia,
dopo aver valicato al miglio XXXV il fiume Farfa, fosse passata
per le valli del Torano e del Salto fino a Cliternia (Capradosso),
e traversata quindi la regione degli Equi avesse raggiunta la Sala-
ria ad Amiternum (S. Vittorino).
Avendo io stesso anteriormente accennato ad una via antica
Cliternia-Fisternae (-) di comunicazione tra gli Equi, i Sabini di
(1) et Ephemeris epigraphica II p. 199-205; C. Inscr. Lat. VI, 3824;
Notizie degli scavi 1890 p. 87-99.
(2) Cf. Persichetti, Viaygio archeologico sulla via Salaria (Roma 1893)
p. 139.
18
[U4 N- PERSI'HETTI
Amiteruö ed i Vestioi, che iudubbiameiite dovette esistere e che
aii{omentai dalla presenza del vetusto poiite Xascoso in quel di
Civitatomassa (Foriili), poute che indica uoa via diversa dalla Sa-
laria, mi sono invo<^liato a fare delle ricerche in proposito. Se
(jueste ricerche. fatte con pazienza ed amore, non ostante il liingo
e faticoso cammino a traverso una regione eccessivamente ed aspra-
inente moutuosa, non mi hauno dato iin risultato abbondante ed
esauriente da rimuovere ogui dubbio, tuttavia non sarä iuutile ch' io
porti a conoscenza del pubblico tale risultato che, messo in rela-
zione a future e forse piü fortunate scoperte, potrebbe giovare a
spandere raaggior luce sopra sittatta questione.
Ma prima di esporre il frutto di queste mie indagini, stimo
uecessario riferire 1' epigrafe che ad esse ha dato occasione ; e la
riporto secondo la lezione offertaci dal dottissimo Hülsen, con le
correzioni e siipplemeuti da lui proposti. Con gentile permesso del
ch. comm. Barnabei possiamo aggiungere il facsimile fotografico
della lapide.
Opera loc{ata) \ [v]ia Caecilia de {sestertium \ milibus numum).
[Ad] w.il{iarium) XXXV pontem in flu{v)io ; [fiecuni\a adtributa est,
populo const[at) \ {0) [sestertium .. .'] Pamphilo mancupi et ope{ris) ; | [cur^a-
tore) via]r{um) T. Vibio T[e]muudino q{uaeslore) urbiano). \
[Via gla]rea sternenda afmil{iario) | [LXXVIII et per A\p[e']nninum
maunienlßa . . \ per m{iUia) p(assuum)] XX, pecunia adtributa [est ; ' (10)
populo c']onst^at) sestertium n{umum centum quinquaginta milibus), L. Ru-
filio L. L. l.\[. . . .'\sti mancupi; cur{atore viar{um) T. Vib{io) [q(uae-
store). I
[ Via af] miliiario) LXX[XX VjIIl ad mil{iarium) CX[ . . | sternenda
et ä]la Interamnium vo[rsus | ad mil{iarium) C]XX, pecunia adtri[huta \
(15) est, popullo constat (sestertiis sexcentis (?) [milibus numum | . . .] T.
Sepunio T. f. 0[....\... mancupi, cur{atore via\r{um) T. Vibio [T\em[uu-
dino q{uaestore) urb[ano). \
\arcus dela[psus | pecunia adtributa est: populo const[at) se-
stertiis(?) ] mancupi [... \ (20) . . .cur{atore viar{um) T. Vibio'] q{uae-
itore) urb{ano).
I. Dalla valle del Farfa alla valle del Torano.
La prima opera che 1' iscrizione siirriferita ci dice data in ap-
palto fu la costruzione d'un ponte sul fiiime al 35° miglio, onde
la prima indagine che questo studio m' imponeva di fare era ap-
punto quella di rintracciare possibilmeute tale ponte: poiche assi-
AI lA k;ikuc\ 1)i:i.i,.\ via iAIOII.IA
lOö
196 N- PERSI'-HETTI
curandoci d' esserci mes?! sulla biiona via. ci avrebbe dato lena a
proseguire il viaggio.
Ed iiivcro, presse al confine che oggi divide la Sabina, asse-
guaudone parte alla provincia di Koma e parte a qiiella di Pe-
rugia, souvi diie colli, sopra iino dei qiiali siede il villaggio di
Ginestra e sull' altro si distende il paese di Monteleone. Tra qiiesti
due colli scorre, piuttosto abbondante d' acqua, il Rio della Ve-
nella, al quäle si iinisce altro corso d' acqua detto fosso delle Mole,
che passa sotto Monteleone. Poco dopo la confluenza, il Venella,
cosi ingrossato, s' imbatte nell' odierna via rotabile Rieti-Correse,
la quäle via lo cavalca con uu ponte oggi detto ponte Buido a
del Buido o del Boida, e per lo passato detto ponte Vuito ('). Le
grandiose dimensioni di questo ponte dimostrano 1' impeto del Ve-
nella cui si e dovuto opporre forte resistenza. Appena due chilo-
metri dopo il ponte Buido, il Venella, s' incontra con le sorgenti
del Farfa sotto Frasso Sabino, onde il Venella medesimo si puö'
quasi considerare come una delle piü remote scaturigini del Farfa
istesso.
Intanto si ha che, a soll 20 metri circa dall' attuale ponte
Buido, a destra di chi va da Correse a Rieti, su di un prato del
sig. Lorenzo Carosi ed accosto ad una sua casetta destinata a fran-
toio, veggonsi gli avanzi della testata Orientale d' altro vecchio
ponte disfatto ; dico vecchio perche, a prima vista, nuUa presenta
di antico, ma, acceduto sul posto e fatti tagliare gli spini che ne
rivestivano e nascondevano la spalla meridionale rasente il torrente,
a fior di terra e qualche metro appena sopra il pelo dell' acqua,
ho avuto la lieta fortuna di trovare tre fila di blocchi caratteristici
ed inoppugnabili d' epoca romana.
II blocco piü grande e lungo m. 0,90 X 0,48 di altezza.
AI solito, sono messi in opera a secco, senza malta, e su di essi
vedesi innestata la posteriore vecchia muratura di restauro a calce,
di cui restano pochi ruderi tanto del muro meridionale che di quello
settentrionale di sostegno della testata medesima. Quei blocchi a-
dunque sono i soll ma ben importanti testimoni rimastici dell' an-
(1) Cf. Carta corografica della Sabina antica e moderna di Lodovico Pros-
seda. Roma 1827. ~ yian-teWi, Antichitä dei SicoliUv. 177. —Cf. CLL. IX
n. 4933.
AI.I.A KlCERCA I)KI.L\ VIA CAECII.IA 197
tico ponte ; ma forse, se si scavasse dalla banda opposta e si sco-
vrissero le foudamonta dell' anzidetto muro settentrionale di quel
diruto ponte, disotto al prato, nou sarebbo dillicile che si rinve-
nissero altri avanzi del ponte antichissirao. Ma bastaiio i succen-
nati massi ad assicurare che colä con un ponte passava uua via
romana. Misuratavi la lai-ghezza del piano stradale, escluse le cre-
pidini, ho trovato che era appeua di tre metri.
Considerate poi le rispettabili dimensioni del ponte uuovo,
esse ei permettono argomentare che quello autico, benche piü pros-
simo alla costa, nou pote^a essere im semplice ponticello, ma do-
veva essere anch' esso un vero e proprio robiisto ponte ; per conse-
guenza, sia per questo, sia perche valicava imo degl' imponenti af-
tliienti del Farfa, si piiö paciticamente ritenere che sia stato qiiesto
appunto il a pons iii ßuvio y< indicato dalla lapide ceciliana.
Ma 11 ponte Buido era al XXXV miglio da Roma ?
Parmi che si possa attermare e ritenere senza esitazione, im-
perocche noi sappiamo, con tatta certezza, che 11 milliario XXXI
della Salaria (') recante l'iscrizione :
IMP • CAESAR. • dIvI F •
AVGVSTVS • COS • X\
TRIB ■ POTEST • VIII • EX S • C a.U C. 738 9
XXXI
fu rinyenuto presso la chiesa della Madonna della Quercia in ter-
ritorio di Ponticelli (frazione del comime di Scandriglia. provincia
di Perugia). Calcolando quindi la distanza che corre dalla Madonna
della Quercia al ponte Buido passando perö per Osteria Nuova o
li Massacci ov' era la maiisio Vicus novus, si ha che la linea stra-
dale era della lunghezza di circa Km. 6, 500, corrispondenti a
circa romane miglia quattro (-); ende 11 ridetto ponte si avrebbe
appunto al miglio XXXY.
(1) Cf. CLL. IX. n. 5943. — Qae.sto milliario appartieno alla serie, di
cui fanno parte la colonna LXVIIII da me rinvenuta suUa stessa Salaria al
Masso delV Orso presso Sigillo sul Velino (v. Persichetti op. cit. p. GI-65) e
la colonna XCVIIII rinvenuta pure sulla via niedesima presso Trisungo sul
Tronto (v. CLL. IX n. 5950).
(2) E noto che il miglio romano era lungo 5 mila piedi o mille passi,
m. 1491,50; il passo di 5 piedi m. 1,4815; il piede m. 0,2963.
]y8 N I'ERSICHKTTI
Dopo ponte Biiido di presente dod avanzano vestigi dell' an-
tica via. Pero tauto suUa cavta topografica del Prosseda (') qiianto
5:11 qiiella del Kiepert (-) vedesi marcato il passaggio della Salaria
in questo piiiito ed indicato il prosieguo di essa verso Poggio
S. Lorenzo. parte dei vesti.i essendone allora tuttavia esistenti. f]
SU quelle carte nessuu segiio vi e di altra strada autica, che di-
ramasse dalla Salaria e fosse la Caecilia, che noi audiamo rintrac-
oiando. Ma questa via dovette esserci. come ci dimostrano altri
fatti che narrerö in seguito, e per conseguenza e da credersi che
diiamava dalla Salaria dopo passato il detto ponte. E sono di questo
avviso poiche se la diramazione fosse avvenuta prima, la Salaria
istessa avrebbe dovuto valicare il Farfa cou altro ponte diverso
dal Buido, del quäle non v' e traccia, mentre che, supponendosi la
biforcazione posteriore al passaggio del Venella, bastava il ponte
niedesirao all" una ed all' altra via.
E qui non sarä inutile ricordare ciö che 1' Holstenius ci narra
di avere osservato in questi luoghi allorche li percorse: « AUa ho-
steria della Nerula, egli dice, a capo della scala sta murato un
pezzo d' una antica iscrizione .... Poi nel piano del Massicci (Oste-
ria nuova dei Massacci) passata la terza hosteria vien da man
dritta la Salaria antica et entra nella moderna, e poco innanzi che
eutra si vedono accanto di essa vestigi grandi di fabbrica antica.
Poi poco dopo che entra nella moderna si vedono vestigi gran-
dissimi di case, sepolture ed altre fabriche et anche un lapis mi-
liarius, ma perö talmente logherato, che non apparisce vestigio
alcuno di lettere. Questo e XXXI V ab Roma e XIV a Reale Ro-
mam versus. Di lä al monte di S. Lorenzo (Poggio s. Lorenzo)
m. 2 « (3).
Volendo interpretare quel che intende dirci 1' Holstenius, met-
tendolo in raft'ronto a cio che oggi presentano quelle localitä, se
mal non mi appongo, parmi ch' egli voglia descriverci ciö che vide
passata la terza osteria dopo quella di Nerola (che esiste tuttora).
E se le osterie allora erano dove sono le attuali. la prima sarebbe
(1) V. Carta coros^rafica ilella Satina, soin-a oifafa.
(2) V. Ki.'pert, Tabula toj)Oijr. Italiae recj. IV, C. I. L. IX.
(3) Holstenius, /a'weran'i spettanti agli anni 1G41, 1643, 1049; co(\.\cg
manoscritto conservato nella hiblioteca di Drosda, segnato F 193, fol. IG.
V. C. f L. IX n. 594.5.
AM.A RICERCA DEM.A VIA CAECILIA 100
stata quella oggi detta Osteria iiiiova o li j\Iassacci (dove fu Vicus
novus), la seconda l'osteria di Fiacchini; la terza quella del ponte
Buido. Credendo adunque ch' egli volesse accennare alla localita
depo ponte Buido (tanto piü che dice che di lä a Poggio S. Lo-
renzo coirono 2 miglia). si avrebbe che allora vi si vedevano due
strade, a man dntta la Salaria antica, ed a sinistra la nioderna.
Ora, se non eno, potrebbe essere che la strada chiamata dall' Hol-
stenius Salaria antica fosse la Caecilia, e quella che chiama mo-
derna fosse la Salaria propriameiite detta, poiche la rotabile at-
tuale non esisteva ai tempi dell' Holstenius. Notisi inoltre che in
quei pressi non mancano i vestigi grandi di fabbrica antica accen-
natici da lui. Infatti a circa 400 m. dal ponte Buido ed a levante
del medesimo, nella contrada detta Casalinacci o Kipe Santo lanni,
in un terreno appartenente anche al sunnominato sig. Lorenzo Ca-
rosi, si osserva nn grandioso avanzo di stupendo editicio antichis-
sinio, di forma rettangolare, i cui muraglioni perimetrali erano com-
posti di tutti massi di pietra. Ne avanzano due lati, il meridio-
nale e 1' Orientale. Della prima di tali facciate resta nn breve tratto,
lungo appena m. 11, essendo stato il resto demolito per servirsi
di quei massi nella costruzione del nuovo ponte Buido, come mi
e stato uarrato, e su qnalcuno rimastovi in opera, con vivo dolore,
ho osservato le tracce della mina con la quäle e stato spezzato.
Dalla facciata medesima escono due pilastri di varia sporgenza;
il primo di 5 lila di blocchi, sporge cm. 63 ; il secondo, di 3 fila,
ha lo sporto di cm. 55. La facciata Orientale poi, nascosta in gran
parte da alberi e da plante selvatiche, e lunga m. 34,50 ; ha
7 pilastri, ognuno composto di 15 fila di blocchi. L' interno dell'e-
dificio poi, come il lato settentrionale, sono rincalzati dal terreno.
posto a coltivazione. Ed in gennaio di quest' anno, avendo il colono
Sante Mari nelV area interna di detto edificio, scavato uu fosso
j>er filare di viti, rinvenne 14 tombe di umati, rivolti a mezzo-
giorno. Alcune di esse avevano le pareti a muratura ; altre erano
coperte da semplici tegoloui. Le suppellettili, non curandole, le di-
sperse. Mi disse inoltre che le tombe vi continuano, in seguito allo
scavo da lui fatto, e che anche per lo passato ne aveva rinvenuta
qualcuna.
E ad avvalorare l'opinione che' F Holstenius di questa loca-
lita intendesse parlare, giova ricordare il bei sepolcro che verso il
200 N. I'KRSICHETTI
1825 ritornÄ in luce un miglio circa depo 1' Osteria nuova e prima
del poDte Buido, che il Giiattani vide e descrisse (') e che oggi
conservasi in Genzano neUa villa del diica Cesarini. I quali fatti
sempre piü dimostrano 1' importanza di qiiesti liioghi in antico, ove
non una ma due vie avrebbero avuto il loro corso.
Checche ne sia, e qiiantuuque della Caecilia, come della Sa-
laria, passato ponte Buido oggi non veggausi piü tracce. e perö da
credersi che mentre questa via procedeva a sin. dirigendosi verso
Poggio S. Lorenzo (-), qiiella invece sviluppavasi a dr. rasentando
il coUe SU cui sorge Monteleone {Trebula Miituesca).
Di Vi. andava sotto 1' attuale villaggio di Oliveto, ove esiste
un ponticello, chiamato ponte di Ripe-strette, sito in voc. ßoscia
di s. Praissede; quindi proseguiva, trovandosi altro ponticello, detto
ponte Passo guasto, nella maccliia dei sigg. Filippi, alla localitä
detta macehia Scoari, percorrendo quasi il tracciato di una odierna
strada mulattiera che conduce al quadrivio dell' ex conventino di
S. Mai'ia Xova presso Rocca Sinibalda, d' onde andava alla chiesa
dei Ss. Agapito e Giustino. attualmente campo santo di quel paese.
Ed il sig. avv. Francesco Gualdi di colä mi assicurö che, nella
costruzione del camposanto vi si scoprirono dei grandi raassi di
pietre lavorate a scalpello che indubbiameute erano serviti ad una
via romana, massi che furono spezzati ed adoperati nella muratura
del detto camposanto. Piü oltre poi, e non molto lungi da quel
cemeterio, circa 200 m. prima di giungere al paese, a destra della
strada rotabile trovasi uno stradello detto strada della Costa di
Pereto, sassoso e pantanoso, pel quäle si scende al ponte Mercatello
sul Torano. Percorrendo tale stradello, in mezzo al medesimo, al
voc. Castagneto presso i terreni di Antei Pietro e Cenciotti Angelo,
trovasi una colonna sotterrata, simile al cippo milliario della Sa-
laria che, finita la salita dell' Ornaro, tra Rieti e Correse, elevasi
presso r Osteria della colonnetta, ('*), e di cui non mi e riuscito
decifrare 1' iscrizione antica, restaudovene qualche lettera soltanto
ed avendola deturpata con caratteri moderni.
(') V. Guattaui, Monumenti Sabini (Koma 18o0) III p. t»4.
(2) Cf. Prosseda, Carta cor.jgrafica sopra citata; Kiepert Tab. topogr.
Italiae reg. IV; Westphal, Die römische Kampagne (Berlin 1820) p. 128 e sg.
{^) V. Westphal, Die römische Kampagne p. 129.
AI.I.A KICERCA DELIA VIA CAECII.IA 201
Qiiesto cippo adiinqiie giace colü sotterrato nel piano dello
stradello ; e di centim. 70 di diametro, e ne sporgono sopra suolo
appena ceutim. 15. Fattolo in parte scavare, si e visto che il rocchio
cilindrico contiuuava, diinostrandolo colonna. L' iscrizione non ho
potuto riuvenirla, poiche, come ho saputo, la colonna medesima era
stata ridotta a vasca per ahbeveratoio d'animali e trovavasi sul fondo
del predetto Antei, da dov^e la guardia campestre comunale la fece
togliere e mettere con altri sassi in mezzo a quello stradello. Che
la via perö passasse per Castagneto dove oggi e interrata quella
colonna, non oso affermarlo, anzi lo credo difficile poiche di lä al
ponte la discesa e breve e ripida. Piuttosto e da credersi, che la
colonna vi sia stata trasportata per farne tale vasca.
Di lä, com' ho detto, si sceude al ponte sul Torano, ponte chia-
mato Mercatello. Non e antico, ne moderno, essendo stato fatto e
rifatto in diverse epoche ; grandioso ed a tre arcate, ha solidi pi-
lastri, fronteggiati da piü solidi speroni contro la corrente del fiume
che ivi e piuttosto rapido e voluminoso.
Guardato il ponte Mercatello da tutti i lati non ofTre nulla
che ricordi l'etä romana; se non che, passando all' altra sponda, a
destra del fiume, ed andando ad osservare attentamente sotto al
terzo arco, si ha la grata sorpresa di vedere, dove finisce il limo
di deposito con cui il fiume ha rivestito il pilastro che sostiene
quell' ultimo arco, che il pilastro istesso, allo spigolo nord-ovest,
e costruzione romana, di cui restano (almeuo visibili) soltanto otto
fila di blocchi che formano il vertice del pilastro e la base della
curvatura dell' armilla. II masso piü grande di quelle venerando
reliquie e ben lungo m. 1,42 X 0,54 di altezza. Xe e giä da cre-
dersi che quei massi, vero lavoro di romano scalpello, possauo es-
sere stati colä trasportati pel restauro del ponte, poiche vi si os-
serva bene ch' essi sono combacianti tra loro, senza essere cementati,
e non altrimenti del come erano soliti gli antichi di mettere in
opera quei blocchi a sostegno e difesa delle loro costruzioni stra-
dali ; ed altrettanto bene vi si distinguono le diverse murature dei
posteriori restauri a calce, addossati a quell' avanzo della prima
costruzione. Laonde non e affatto a dubitarsi che lä dove oggi sul
Torano, presso Rocca Sinibalda, esiste il ponte Mercatello, ha esi-
stito pure un ponte e quindi una strada romana.
202 N- PERSICHETTl
II. ÜiiUa valle del Torauo alla valle del Salto.
Giuiiti che siamo al ponte Merca teile e per conseguenza
uel baciüo del Torano, ecco a noi di froute innalzarsi imponente
e maestosa la catena dell'Appennino centrale. Essa, escliisa Ja se-
giiente vallata serpeggiata dal Salto, continiia, per larga plaga litta
di alte ed aspre nioutagne, fino alla loiitaua valle bagnata dal-
r Ateruo.
üna regione tale non poteva non preseutare delle gravi dif-
ficoltä tanto allo sviliippo della viabilitä. quanto alla resisteuza
e conservazione, per lunghi secoli, delle opere d' arte che vi aveva
rase necessarie ; nessuna meraviglia deve per ciö fare che ne siano
quasi interamente scoraparse le tracce. Ma che una via antica si
fosse arditamente arrampicata per quei monti uon v' ha dubbio
poiche Ig dimostra 1' esistenza del ponte M e r c a t e 1 1 o, che altri-
menti non avrebbe avuto obbiettivo, non essendovi attatto prossimo
alcun iraportante centro abitato.
Passato ponte Mercatello, 1' odierna viuzza incomincia a salire
in Costa per poi biforcarsi ed andare, a sinistra, a Longone Sabine,
ed a dr., a Stipes; ma, sia che si vada all' uno sia all' altro passe,
nuUa s' incontra che ricordi la niano degli antichi.
Da Longone perö si va, a destra a Poggio Vittiano, ed a sini-
stra all'ex-convento di S. Salvatore maggiore, e. tanto dall" una
che dair altra banda, riappaiono le vestigia delle opere romane.
Evvi una strada chiamata Sferracavallo, appoggiata ai
monti detti delle Valli o Coste Marinesche, che conduce a Poggio
Vittiano ed a Rocca Vittiana. Per piii di un ora di cammino la
detta via preseiita reliquie di strada romana con i relativi massi :
e questa via da Rocca Vittiana avrebbe potuto scendere al Salto
per dirigersi verso Capradosso, ma altre vestigia non mi c riu-
scito scoprirne.
Da Longone poi verso S. Salvatore neanche ho potuto rintrac-
ciare avanzi stradali, mentre erami stato assicurato dal sig. prof.
Gaetauo Gagliardi di S. Marie, docente in Aquila, che, anni sono,
quando egli era alunno del Seminario di Rieti, e questo si portö
a villeggiare a S. Salvatore, aveva veduto in quei pressi stupende
vestigia di via romana. con relativi massi che ne constituivano le
ALLA. RICERCA DELLA VIA CAECILIA 20o
crepidiiii, e, benche io uon sia riuscito a rinveairle, niilladimeiio
non posso nou prestare fede al racconto di quell' intelligente ed
egregio insegnante.
Ed io stesso ho por(^ aYiito occasione di riconoscere le orme
dei Romani a S. Salvatore. Presso il muro di cinta dell' orto del
convento, ad ovest, un rigagnolo d' acqua, da pochi giorni prima
che io mi recassi colä, aveva fatto smottare parte del terreno vicino,
per cui eravi tornata in luce una fornace di embrici romani dei
quali e colli, e dappertutto in qnei terreni e nella mnratura dello
stesso convento ed anuessa chiesa, veggonsi inniimerevoli fram-
menti. Siil largo piazzale poi ad occidente dell' importante edificio,
oltre a vari fraramenti architettonici, ho visto nn rocchio di colonna
di gi-anito rosso, alto m. 0,80 X 0,47 di diametro, ed altro di gra-
nito nero, alto ra. 0,60 ><( 0,50, tutti di etä romana; e la presenza
di essi in quella localitä dimostra pure che una via rotabile do-
veva esservi stata, poiche altrimenti gli antichi non avrebbero
potuto portarveli. E nella pianeggiante contrada vicina a S. Salva-
tore, ehiamata Schiareta, seppi da un bifolco che non di rado si
rinvengono anticaglie, le quali, non curate, vanno disperse.
Tracce per altro o notizie di avanzi di via antica non trovai
ne andando da S. Salvatore ai vicini villaggi di Prato lanni e Con-
cerviano, ue verso Vaccareccia. NuUadimeno se una strada antica
passö nei pressi di S. Salvatore, questa si puö presumere che per
Vaccareccia e per le localitä dette Vianello, Antignano e Cese
Cappelle scendesse al Salto, ove a cento metri circa dall' Osteria
del Salto in territorio di Ofteio, evvi un pilastro di ponte disfatto,
detto ponte Ladrone, che cavalca il Salto e da cui, pel fosso di
Offeio, si poteva salire a Cliternia (Capradosso), ma di tale strada,
ripeto, non vi sono traccie. Vero e che alla contrada Cese Cap-
pelle vedesi, per centinaia di metri di lunghezza, un'alta rupe a
picco che ha tutto 1' aspetto di una rupe intercisa per passaggio
di strada, ma se si considera che di simili alte e perpendicolari
rupi molte se ne osservano suUa campagna, a destra ed a sin.,
lungo la via che dall' Osteria del Salto va a Rieti, e da credersi
che pur quella di Cese Cappelle sia opera della natura e non
della mano dell'uomo; e Io dico per voler esser cauto nei miei
giudizi in materia in cui le cose debbono essere seriamente con-
statate e non fantasticamente immaginate, ma ciö non esclude la
204 N- l'ERSICHETTl
possibilitä che a qiiella rupe in antico fosse stata appoggiata una
via che discendesse al ponte Ladrone.
Neppure antico posso aftermafe che sia stato il detto ponte,
poiche il miserabile rudere che ne e rimasto visibile non lo dimo-
stra tale. Xon pertanto potrebbe pur essere che sotterra le sue
fondamenta couservassero traccie di antica costruzione, come i
ponti Buido e Mercatello, ma bisognerebbe ricercarle con uno scavo
ed a qualche profonditä, imperocche il liume Salto, a differenza
del Farfa e del Torano, porta seco abbondanti materie alhivio-
nali, specie in caso di piene, che man mano ne alzano il livello,
pel che le fondamenta di questo ponte trovansi cosi rincalzate.
Inline e a notarsi che anche nei pressi del ponte Ladrone
non sono mancate scoperte di antichitä. Nella contrada Riacciola,
mi narrö il maestro elementare di Concerviano, non ha guari, fu
rinvenuta una toraba con urna cineraria, con armi di bronzo ed
una padellina di metallo contenente delle ceneri. Seppi pure da
un tal Daniele Paoletti. anche di Concerviano, che a sin. del Salto,
presso ponte Ladrone, lä dove dicesi Ponte vecchio, tino a pochi
anni fa, eravi un masso avanzo di antico ponte, forse qualche
antico concio di quello stesso ponte, ma non avendolo io veduto
perche non piü esistentevi, non azzardo un sicuro giudizio sull' an-
tichitä del ponte medesimo; non pertanto e una testimonianza da
tenersi a calcolo.
E cosi siamo discesi fino alla valle del Salto.
IIL Dalla valle del Salto alla valle deH'Aterno.
Continuando ad esporre semplicemente i fatti archeologici e
topogralici, e riserbandomi in fine l'esame ed il giudizio su di
essi, dirö che, passato il Salto e volendo salire a Capradosso (Cli-
ternia) neanche si ha la fortuna d' incontrarvi vestigia di vetusta
via, la quäle per altro dalla contrada Macchiole pel fosso di
Capradosso, sotto il villaggio di S. Martino, avrebbe potuto acce-
dervi, tanto piü che i Romani nella costruzione delle loro strade
non badavano troppo alle pendenze, ed anzi il sistema delle forti
pendenze era adottato quando in massima si era pretisso di rispar-
miare tempo e spesa. Nella cennata localitä detta Macchiole,
AI.I.A RICERCA DELI.A VIA CAECIMA 205
certo Nicola Floridi trovö, anni sono, una lapide iscritta che vende,
forse per matoriale di fabbrica.
E sebbene da quella localitä in avanti non avessi rinvenuto
ulteriori avanzi di via antica, ho avnto il piacere di constatarne
altre preziose reliquie nel territorio di Capradosso; e sono lieto di
aver fatto ia tempo, poiche alti'imenti anche di esse potevasi per-
dere e la traccia e la memoria.
Invero, non lungi da qiiesto paese, nel vocabolo Coerano,
sopra terreno di Angelo Calonzi, ho riconosciuto iin concio di strada
romana, limgo m. 1 X 0,97. Piii innanzi, a levante dell'abitato e
circa ad un chiloraetro di distanza da esso, nella contrada Mo-
relle, in nn fosso che divido diie terreni, uno di Rattaele Caprioli
e l'altro di Angelo Terzi, nel 1895, furono rinvenuti quattro
blocchi lunghi circa 3 metri, apparteuenti alle sostruzioni di
antica via, che, a difenderla da' danni che qiiello stesso fosso in
allora poteva anche farle, si trovarono congiunti da grosse grappe
di ferro. Altri conci rai si e assiciirato che esistono ancora na-
scosti sotterra, essendo spesso urtati e scoperti dair aratro. Circa
100 m. piü innanzi, allorche costruivasi 1' attiiale strada rotabile,
ne furono trovati anche degli altri, che dall' impresa che la costruiva
furono spezzati ed adoperati in quella sua costruzione. La via
quindi, andando verso Petrella Salto, proseguiva passando in pros-
simitä della diruta chiesa di S. Andrea nello stesso territorio di
Capradosso. A valle poi della chiesa di S. Giovanni presso Staf-
foli, prima di giungere a Petrella, se ne sono trovati altri blocchi
per una lunghezza di circa 20 metri, che in gran parte, furono
disfatti ed adoperati pure dalla succennata impresa. Inoltre, sempre
fra Capradosso e Petrella, altre vestigia ne esistono nel casale di
Cianetti. Quindi se ne riperdono atfatto le tracce.
E qui mi si permetta una breve digressione che per altro
credo opportuna.
Feiice Martelli, volendo indicare quali erano le vie antiche
che percorrevano questa regioue, se ne sbrigö con poche ed ine-
satte notizie. Infatti cosi scrisse di questa via di cui tra Capradosso
e Petrella abbiamo trovato gli avanzi.
tt L'antica via Latina (voleva forse dire Litina) che partiva
<* da Rieti, passava per Cicoli nella valle Nersia. non Nerfia come
« la chiama Antinori. Cominciava dalla cittä di Cliternia oggi
206 N. PERSICHETTl
tt Capradoiso, e tiraado sopi^a il tiiiine Salto, detto nel siio primo
- corsö Imelle, portava a Peti-ella di Cicoli, a Varia o Pot'gio-Viauo,
fc a Sima o Torre di Taglia, o Borgo CoUefegato. Qiii divisa, a
- destra conducova alla cittä, di Nerse, ed a sinistra alle cittä di
Corbione e Tora ... " (M-
Ora. a prescindere che non saprei coDcepire iina via che
t cominciava da Cliternia - mentre « partiva da Rieti », perche
se da Rieti partiva anche di lä cominciava, non posso poi ammet-
tere che iina via antica cominciasse o finisse a Cliternia, che non
era certameute Roma. Sarebbe fare im oltraggio alla sapienza pra-
tica dei Romani il credere che avessero fatto il lusso e la stol-
tezza di costruire una strada fino a tanta altezza soltanto per
portarla a finire a Cliternia, come in im cul di sacco. Bisogna
invece credere che se a Cliternia eravi ima strada, questa vi poteva
essere solamente di passaggio, poiche Dientro essa immetteva i
Romani nella regione degli Eqiii, serviva poi agli imi e agli altri
anche per altri importanti scopi e sbocchi.
Ma io non mi occuperö di vedere se la via che passava nei
territori degli odierni villaggi di Capradosso e Petrella avesse in
antico proseguito e per dove nella regione degli stessi Equi e
qiiindi dei Marsi, poiche ciö non entra neH'ambito di questo mio
lavoro, ma mi limiterö solo a cercare se prosegiiiva verso il Mare
S u p e r u m .
E segiiendo questo obbiettivo ecco che cosa ho trovato.
Mentre di questa antica via che (salvo alcune interruzioni)
ci ha accompagnati fin qui, e scomparsa ogni traccia dopo Petrella
come nei seguenti territori di Fiamignano e Torre di Taglio, pure
sopra la montagna Frasso o Fratta, che dai venti di tramon-
tana difende i villaggi di Torre di Taglio e S. Elpidio, per fortuna
e rimasta tuttora esistente una testimonianza topografica della piü
grande importanza. E il varco che questa stessa strada si apriva
suU'Appennino per uscire dagli Equi ed andare ai Sabini ed
ai Vestiui.
Infatti sulla succennata montagna di Torre di Taglio, lä dove
essa piega da mezzogiorno ad occidente, evvi un varco aperto con
taglio fatto a scalpello in roccia viva. A destra di chi vi entra
{') V. Martelli, Antichitä dei Sicoli (Aquila 1830) I p. 201.
AI.LA niCERCA DEI.I.A VIA CAECILIA 207
limane la rupe luternautesi nel monte ; a sinistra restano gli avanzi
della roccia tagliata che, danueggiati dal tempo, sembrano pilastri o
pliiiti, sopra uno dei quali di preseute sta impiantata ima croce.
Questo varco ha la solita poca larghezza delle piii ardite vie
romane, e cioe di in. 3,50.
Dopo il varco, il taglio della rupe continua per iina luughezza
di circa m. 80, sviliippando la via, in parte serpeggiaute sulla
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falda occidentale di qiiel monte, e discostandola da im burroue che
lascia a siuistra, e chiamasi Fosso Casalecchi. E poiche la concre-
zione calcarea di quella limga serie di rocce non e dura e com-
patta come quella delle alte rupi che s' incontrano sulla Salaria
luiigo la valle di Sigillo, presso Antrodoco, ma, e pietra geliva
e venata, ha maggiormente risentita e sofferta 1' opera deleteria
lenta ma continua dei secoli, e si e quindi in gran parte scre-
polata e sgretolata. auche per la caduta dei massi dall' alto dei
monte, qualcuno dei quali vedesi giacente sull'attuale piano stra-
20S N. I'ERStCHETTI
dale. Coäicche chi volesse ritrovarvi qiiello stesso grandioso spet-
tacolo delle anzicennate rupi intercise della Salaria, a prima vista,
noD osservandolo, dubiterebbe forteraente che qiiel taglio fosse antico
e fatto dalla mano dell' iioiiio. Ma se si osservano attentamente
gl' incolumi avanzi di quelle rocce, vi si rinveugono indubbie vesti-
gia del lavoro umano, vedendo che anche l'aggere stradale era stato
in alcuni punti spianato a scalpello sulla istessa roccia, di maniera
che il lastricato della via non era costituito da lastre sovrapposte
al piano stradale, ma era formato dal taglio orizzontale della stessa
nipe, come il taglio verticale vi faceva le veci ed il servizio di
muro di sostegno del monte. Ed in alcuni punti si osserva pure
il solco impresso sulla pietra dal lungo passaggio delle ruote,
fatto che anche si riscontra altrove, in avanzi di altre antiche
strade lastricate.
Questo varco chiamasi comunemente Portella, quasi fosse pic-
cola porta di comunicazione oggi tra il Cicolano e l'Aquilano, ed
in antico tra gli Equi ed i Sabini. Ed infatti, giuuti colä vi si
gode un incantevole panoraraa; quasi attacciati ad una loggia, si
ammira il pittoresco paesaggio che offre il Cicolano, circondato da
alti monti, frastagliato da colli boscosi, valli e vallette, dissemi-
nato di gran nuraero di villaggi.
E si noti che la strada oggi mulattiera che passa per Por-
tella, come seppi dal sig. Antonio Ciaprini, ex segretario comu-
nale di Fiamignano, dalle genti del luogo si suole chiamare via
Salara, e da loro dicesi pure che per quella via si portava il
sale nel Cicolano. ,
Questa secolare tradizione ha non piccolo valore in proposito
poiche rafforza 1' ipotesi che un tempo la strada istessa andasse ad
innestarsi alla Salaria propriamente detta, per fare in queste con-
trade lo stesso suo servigio commerciale e strategico.
Vero e che chi giunge a Portella e di lä s'affaccia sul Cicolano
e ne vede i paesi cosi al basso ed in lontananza, e preso da sgo-
mento a pensare che li in fondo debba discendere, molto piü se
considera di dovervi scendere con la ruota. Ma se si fa il seguente
semplice ed esatto calcolo, alla base di dati sicurissimi quali sono
quelli che ci otfrono le carte topografiche dello Stato Maggiore,
ossia del R. Istituto geografico militare italiano, si libera tosto
d'ogni dubbio e s'assicura della possibilitä dell' impresa.
ALLA RICKRCA ÜELLA VIA CAECILIA 209
Di vero trovasi Portella alla ben alta quota di m. 1151 sul
livello del marc. II piinto estremo della linea da raggiungersi in
qiiolla plaga, e cioe Capradosso (dovo nel Cicolano abbiaiuo vediito
le prime vestigia doUa via che veniva ab Urbe), trovasi alla quota
di m. 650; cosicclie il dislivello da vincersi tra Capradosso e Por-
tella e di m. 501. La distauza poi tra Capradosso, ossia Cliternia,
e Portella in linea retta e di km. 17; ma essendo aifatto impos-
sibile percorrerla a volo d'uccello, e cioe con rettitilo, dobbiamo
considerarla sviluppata a seconda della configurazioiie ed accidon-
talitä del terreuo, e, press'a poco, come si svolge l'attuale strada
rotabile Capradosso-Torre di Taglio, o secondo la mulattiera che
dal paese di Torre di Taglio, frazione del comune di Pescorocchiano,
sale ad Alzano, e da Alzano a Portella.
Ora si ha che da Capradosso ad Alzano, secondo la linea
sviluppata con la rotabile e la mulattiera, corre una distanza di
km. 25, e da Alzano a Portella di km. 3,500; in tutto km. 28,500.
Ma poiche e innegabile che le vie antiche erano piü forzate e
meno rispettose della comoditä dei viandanti di quello che lo sono
le moderne, e quindi se avevano maggiore pendenza erano dall'altra
di esse piü brevi ; e poiche la differenza di livello fra quel punto
dove verisimilmente si sarebbe attraversato il cosidetto Rio Torto
e Portella poteva essere ripartita in una comoda linea svolgentesi
lungo i tianchi del monte Fratta, si puö per conseguenza ritenere
che in media la via da Capradosso a Portella avesse la lunghezza
di km. 20.
Dividendo adunque l'altezza o dislivello di m. 501 per la lun-
ghezza stradale di km. 20, si ha che la via avrebbe appena avuta
la pendenza del 2,50 per ^o, pendenza comodissima.
Ecco dunque dimostrato che il varco di Portella puö ben es-
sere stato fatto dagli antichi in servizio della via di cui ci occu-
piamo, pel valico di quella parte dell'Appennino.
E giacche ho avuto occasione di nominare la contrada Alzano
in territorio di Torre di Taglio, non sarä un fuor d' opera notare
che colä vi sono degli avanzi stupendi di costruzione italica, che
sventuratamente si stanno scomponendo, e, se non vi si darä riparo,
finiranno per scomparire, mentre meriterebbero la piü gelosa cou-
servazione.
14
210 N. l'KRSICHETTI
Con mezz'ora di cammino, sempre in salita, dal paese di Torre
di Taglio si va ad Alzuno, localitä che resta a mezza falda del monte
dietrostante al paese e che cliiamasi Coste di Monte Fratta. Ivi
si trovano tre ordiui di niiu'aglioue poligonale, scendenti a gra-
doni. 11 primo che s' incontra, andando dal basso in alto, e com-
posto di nove fila di massi poligoni, che raggiungono la totale al-
tezza di m. 4,65, liiugo m. 49, ma nel mezzo ve n'e iin tratto cadiito.
II secondo e meno liiiigo e meiio alto, poiche misiira m. 38 X 2,80.
Vi e im masso, il piü grande, doUa limghezza di m. 2,10, ed il piii
alto e di m. 0,87. II terzo muraglione poi e quasi tutto disfatto; ne
avanzano solo pochi blocchi composti in due fila, gli altri sono di-
roccati e dispersi per la costa. Fra il primo ed il secondo muraglione
vi e la distanza di m. 11 ; tra il secondo ed il terzo di m. 3,50.
E nello spianato piii largo, in quelle cioe che intercede tra il
primo e secondo muro, vi e sotterra una cella circolare meravi-
gliosa che colä sogliouo chiamare Grotta del Cavaliere. La parete
e composta di cinque fila di blocchi di vai'ia grandezza, collocati
a punta contro 1' interno della terra. Di sopra e chiusa da due soll
colossali massi, lungo ognuno m. 3 e spesso cm. 55. In mezzo a
questi due massi vi e un foro da cui penetrava la luce, largo
m. 0,60 X 0,45 di spessore. Tale cella ha il diametro di m. 3,40 ;
il pavimento e interrato, onde non se ne puö constatare la pro-
fonditä (').
Continuando intanto il cammino, passato il taglio di Portella,
e dirigendomi verso l'Aquilano, debbo confessare con dolore, che per
quante domande ed indagini abbia fatto per quelle quasi deserte
ed inospitali contrade, nuUa ho saputo ne rinvenuto che vi accen-
nasse al prosieguo dell' antica via. Bene spesso ho osservato pel
suolo numerosi frammenti anepigrafi di laterizi, ed in ispecie di
tegoloni dell'epoca romana; ho pure saputo che nella localitä chia-
mata Prata di S. Lorenzo, un tal Vito Rosati di Granara, non ha
guari, rimise in luce un antico sepolcreto di umati, che, al piano,
erauo coperti di tegoloni, e, nell' interno dulla costa, di sola terra
e breccia ; ma oltre a ciö niente altro mi e riuscito di sapere o
di vedere.
(') Cf. Keppel Cravcn, Excursions in the Ahruzzi (London 1838) vol. I
p. 240-241.
Af.I,A RICF.RCA DKI.LA VIA CAECILIA 211
Niilladimeno o cosa certa che a traverso quelle localitä si e
sempro coüservata iina irifoi-ine strada, parte larga e coinoda, parte
ridotta a sentiero, per la quäle dal paese degli Equi od Aequiculani,
ora detto Cicolano, valicando l'Appennino, si e comunicato con le
vicine popolazioni. E la sfcessa contigurazioae topografica dei luoghi
abbastanza pianeggianti uon rcndeva al certo difficile il passaggio
ad Ulla strada rotabile che, per le contrade il Campo, Prata di
S. Lorenzo, Moscaturo, Celle comune, Puzzelle, Casale di Calabresi,
Casette di S. Nicola, Campo di Castiglione e le Porcarecce, pas-
sasse sotto al pittoresco colle sormontato da diruto castello che,
come pan di zucchero, si eleva in mezzo alle pcndici di due op-
poste montagne, e che chiamasi Castiglione, e da quell' altipiano,
come l'attuale strada rotabile che vi transita, scendesse poi nella
valle bagnata dallAterno.
Infatti la discesa poteva aver luogo lä dove la cennata strada
provinciale rotabile Aquila-Fiamignano valica, presse Castiglione,
la montagna di Rocca S. Stefano, e serpeggiandone la falda Orien-
tale, la via poteva dirigersi, non giä verso Tornimparte, ma verso
Vigliano (Fisternae) ; tramite possibile a percorrersi, benche lungo.
Ve ne e perö un altro pur tra Vigliano e Castiglione, e di
molto piü breve, quelle cioe che per la contrada Acquafredda per-
corre l'attuale mulattiera, passando presse la localitä, detta Le Ci-
sterne, dove vuolsi che sorgesse l'antica Fisternae.
Ma questo tramite sembrami che per la sua molto maggiore
brevitä sia stato possibilmente preferito dai Romani.
E benche sia vero che un grande dislivello esista tra il valico
dell'Appennino alla contrada Fönte della Forchetta (q. di ra. 1350
s. m.) e la localitä Le Cisterne (q. di m. 880) pure questo disli-
vello di m. 470 era superabile con uno sviluppo stradale di circa
km. 7, lungo la contrada Acquafredda, che avrebbe avuto una pen-
denza fra il 6 e 7 %•
Ne e da far meraviglia che oggi colä, come in tanti altri luoghi
montani, pei quali siamo passati per queste ricerche, non si trovi
vestigio alcuno dell'antica via.
Una strada costruita in terreni conglomerati, brecciosi e fra-
nabili, con rocce disgregabili, per l'azione delle acque che produ-
cono gli smottamenti della parte a monte che hanno rincalzato il
taglio stradale, e, per lunghi secoli, abbandonata, senza che alcuua
212 N. PERSICHETTI
manuteiizione resistesse all'opera deleteria degli agenti atmosferici,
doveva scomparire per necessitü. Avvenuta la ricoutigurazione della
collina priinitiva, ritornati i bosclii a rivestire la campagna, e spa-
rita ogui traccia di strada, rimaueudo visibili i soll tagli in roccia
Viva, come quello di Portella.
lufatti iion altriraenti si e verificato sulla Salaria. Mentre nella
valle di Sigillo (') ne restano ancora a sfidaro i secoli colossali rupi
intercise, lungo il bosco della Meta, tra Collicelli e Torrita e invece
scomparso ogni vestigio di quella via benche tauto solidamente
costnüta.
Ma che perö la Caecilia fosse discesa a Fisternae e di lä fosse
andata ad Amiternum uon e da porsi in dubbio, percbe ce ne oifre
una prova inoppugnabile il ponte detto Nascoso, in quel di Civi-
tatomassa, tra Fisternae e l'antica Foruli, il quäle, come altra volta
ho dimostrato (-) attesta, nella sua ubicazione e con la sua situa-
zione, che serviva appunto ad una strada che discendeva da Fi-
sternae e, diversa dalla Salaria, andava pure ad Amiternum, strada
che ben poteva essere la Caecilia.
Per non lasciare poi uulla intentato, per quauto le mie deboli
forze potevanmi permettere, a fine di riuscire alla scoperta della
veritä; sostenuto dalla forte convinzione della esistenza un tempo
di una via che sboccava in queste contrade per andare a passare
sul detto vetusto ponte Nascoso, ho voluto altresi indagare se da
Cliternia a Fisternae in antico la via avesse avuto altro tramite
diverso dai succennati. E cosi ho pure percorso un altro alpestre
tracciato, ma con risultato assolutamente negativo. Non pertanto e
utile farue menzione poiche maggiormente ci convince che il tra-
mite piü possibile era il Portella-Castiglione.
Adunque oltre alla summenzionata via mulattiera per Acqua-
fredda havvene un'altra che da Vigliano conduce pure al Cicolano.
Quella e piii lunga e mena a Portella per poi scendere a Torre
di Taglio e S. Elpidio, questa e piü breve e conduce a Fiarai-
gnano e Petreila Salto, dove abbiamo lasciato gli avanzi dell'an-
tica strada.
Per battere questo sentiero mulattiero bisogna andare verso
(•) V. Persichetti, Vioggio archeologico fulla Via Salaria p. 56 e sg.
(2) V. Persichetti, op. cit. p. 139.
ALLA RICERCA DEI.LA VIA CAECILIA 213
occidonte del villaggio di Vigliano, alla contrada Coloiinella dove,
per la gola della Brecciara, s'iucomincia Tascensione della mon-
tagna chiamata la Crespiola, e, passata la valletta detta pure
Crespiola, per la salita degli Aselli, si arriva al varco chiamato
Forchetta degli Aselli, varco piü elevato di quelle di Acqua fredda
0 Fönte della Forchetta, poiclie e a m. 1450 sul livello del rnare.
Di lä bisogna discendere altrettanto per quanto si e salito per
poter raggiungere il sottostante altipiano di Uascino, allietato dalla
bella vista di un frastagliato lago, presso cui sopra un colle veg-
gonsi i ruderi del medioevale castello e villaggio. Da questo alti-
piano si va ad un altro detto piano dell'Aquilente da cui si sale
alla contrada s. Angelo, ove esiste un bell'avanzo di edificio italico
poligonale chiamato tempio dell'Aquilente ; quindi si valica nuova-
raente l'Appennino per discendere poi, depo circa km. 3,500, al
villaggio di Fiamignano.
Lungo tutto questo cammino non esistono vestigi di via an-
tica ; anzi mi son convinto che certamente non ve n' era stata al-
cuna, poiche per ricongiungere gli Equi ai Sabini, Piceni e Ve-
stini sarebbe stato sempre preferibile il tracciato di Portella, come
quelle che era meno elevato e piü comodo, obbligando dalla valle
del Salto ad un unica ascensione dell'Appennino, mentre l'altro per
Fiamignano e Rascino obbligava per due volte a salii-e e discendere
i monti per calare a Fisternae.
Esclusa adunque quest' altra ipotesi, rimane come piü proba-
bile ed accettevole quella su menzionata del varco di Portella e
della discesa per Acquafredda, di dove si andava a passare sul
ridetto ponte Nascoso.
Non tornerö a descrivere questo ponte, avendolo giä ampia-
mente fatto dandone pm-e 1' immagine ('), ma ricorderö soltanto
che, fin da quaudo riutracciai e studiai il tramite della Salaria
venni a scoprire che tanto il ponte Nascoso quanto la vetusta via
che vi transitava proseguendo verso Amiternum avevano una lar-
ghezza minore della Salaria (-), larghezza minore che abbiamo
pure riscontrata al ponte Buido sotto Ginestra in Sabina ed a Por-
tella ; per il che si puö ritenere che fosse tutta una via quella che
(1) V. Persichetti, op. cit. p. 128-129.
(«) V. Persichetti, op cit. p. 139.
214 N. PERSICHKTTI
passava pei detti tre punti, via che, senza troppo ardiraento, si po-
trebbe ideütiticare con la Caecilia.
IV. Dalla valle deH'Ateruo alla valle del Vomauo.
AUorclie rintracciai gli avanzi della via Salaria e ne studiai
il corso sul ramo principale dalla mansio di Reate a quella ad
Martis e sul ramo secondario da Interocrium ad Amiterniim, arre-
stai le mie ricerche fino all'arrivo a questa cittä, riserbandomi pro-
segiiirle in seguito (^), Ma ora che lo studio del tramite della via
Caecilia m' imponeva robbligo di rintracciare il valico deH'Appen-
nino accennato dairanzitrascritta iscrizione (v. cap. I) e che certa-
meute riferivasi airAppennino orieutale tra la valle deH'Aterno e
quella del Vomano, ho proseguito le mie ricerche al di lä di Ami-
teruum, Le medesime costitiiiscono quindi, se uon un complemento,
una contiimazione di certo delle indagini tanto sulla Caecilia quanto
sulla Salaria, le quali vie da Amiternum in poi non piü si distin-
guevano in due diversi tracciati, ma si riunivano in un solo, nel
piü antico, in quello della Caecilia. Laonde questo capitolo puö
considerarsi come di seguito al mio precedente lavoro sul corso
della Salaria.
Premesso ciö, dirö che quest'antica via, giunta ad Amiternum,
nella contrada Ära di Saturno (^), proseguiva per le localitä chia-
mate S. Antonino, Valle di S. leli, Fosso dei Frati, dove da un
tal Carmine Cappione di S. Vittorino, vecchio ottantenne, si ricor-
dano esistenti i ruderi di un ponticello, e le Cone, ove certo Ber-
nardino Salvati di S. Lorenzo. anni sono, rinvenne dei grandi conci
che adoperö in costruzione di fabbrica.
Dalle Cone se ne perdono le tracce, ma essa forse andava,
quasi rettilinea, a passare presse i villaggi di S. Lorenzo e Colle-
musino, da dove, per le contrade Madonna della Neve, Cocuruzzola
e Scalette, rasentando la falda Orientale del monte Pago, con una
salita molto erta ma molto breve, andava al varco tra i monti Pago
e Pietrito o Pacina, nella localitä chiamata Taverna della Croce.
{}) Cf. Persichetti, op. cit. p. 142.
(«) Cf. Persichetti, op. cit. p. 138.
ALLA RICERCA DKLLA VIA CAECILIA 215
Dal varco, per le Capannello, continuava leggermento a saliro
lino allo spartiacque (m. 1300) nella contrada detta Ponte di Ca-
vallucci. Da li incominciava la discesa verso la valle del Vomano.
II tramite adunque che percorrcYa la via autica per raggiun-
gere lo spartiacque era di molto piü breve di quello della moderna
rotabile, e, svolgondosi esso sopra ripide coste in iina plaga franosa
e senza veriina manutenzione, per V iucessante opera deleteria dei
secoli, n'e scomparsa ogni traccia.
Poteva pure da Collemusino o dal Fosso dei Frati salire ra-
sentando la lacinia dell'opposto monte Pietrito, lungo la falda detta
Pacina, per dove tuttodi ascende una rotabile in forte pendenza,
sine al Ponte della Pacina, ove s' innesta all'odierna via Nazionale
Aquila-Teramo. E sia che la via vetusta fosse salita per l'uno o
l'altro tracciato, essa avrebbe sempre avuto un corso molto meno
lungo della cennata via Nazionale.
AI di lä del varco continua a mancarne ogni vestigio, perlunghi
chilometri di caramino, e ciö per la stessa ragione, poiche, la via
antica come la moderna, sviluppavasi lungo le falde di coste molto
ripide e traversate da frequenti burroni. Nonpertanto il tracciato
della strada antica, nella localitü detta Lama, e da supporsi non
molto dissimile da quello dell' odierna fino alla localitä che chia-
masi Croce a via, dove, anziehe passare a sinistra suUa lacinia
Orientale del colle Faeto, come la strada nuova, passava invece
a destra, rasentando la falda occidentale del monte la Pionega, che
e propagine del piü alto monte chiamato S. Franco. Quindi, dalla
contrada Croce a via, la Caecilia riprendeva il suo corso piü diretto
e piü breve dell'attuale rotabile, e, sotto le coste di Macchia unica,
scendeva pel fosso di Acquasanta ed andava a passare per la lo-
calitä ove sorse il medievale villaggio di Porcinaro, or non piü
esistente, e dove oggi, con i ruderi di esso, sono risorti vari ca-
sali, come quello di Cococcia e di altri.
Toccato Porcinaro, la via scendeva quasi sempre rettiliuea fino
alla sottoposta valle. E questa una ridente pianura, verdeggiante
di praterie, circondata da colline, che si distende dalla localitü ap-
pellata Spitillo üno al Fosso delle Calcare. Nel thaliveg di questo
gran prato, di proprietä del comune di Pizzoli, detto Prato popo-
lare, si ha la grata sorpresa di veder riapparire le vestigia della
vetusta via.
216 N. PERSICHETTI
Infatti per una liinghezza di ben 292 m. si veggono, a tior
di terra, diie tila rettilinee e parallele di enormi massi di traver-
tino, distanti tra loro m. 2,60. Quei blocchi, sporgenti dalla crosta
erbosa del prato appena 10 o 15 centimetri, essendo nel resto ri-
masti sepolti dalla terra discesavi dalle prossime colline, dette Costc
delle Befauie. incomiuciano ad apparire dove la strada tiniva la
discesa da Porcinaro e faceva la sua curva per proseguire poi in
rettitilo lungo la pianura. Essi sono alquanto rozzi, lavorati nei
piinti di giunzione, non cementati e di varie dimensioni. I piü
ffraudi ragfcriunorono la limghezza di m. 1.50 X 0,60 o 70 di lar-
ghezza. Tiitta la strada poi, comprese le crepidini, era larga m. 3,80.
Dato adimque il tracciato della strada, la disposizioue dei
blocchi bene allineati, la loro grandezza, il modo cora'erano con-
giunti, si riconosce, a prima vista, che si e dinanzi a non dubbi
ed eloquenti testimoni di im'opera romana. La natura stessa della
pietra ci dice pure ch'essi vi sono stati trasportati, poiche la pietra
locale e tutta arenaria nerastra, tanto che quella strada dai pastori
che abitano quelle localitä si suole chiamare la Strada delle pietre
blanche che menava a Teramo. La larghezza poi e la struttura della
via ci portano a credere ch' essa appartiene ad un'opoca anteriore
a quella della Salaria. Invero tutte le vestigia ch'ebbi la fortuna
di rinvenire di codesta celebre via tanto prima che dopo Antrodoco,
andando verso S. Vittorino, hanno dimostrato che le pietre usate
per essa erano scalpellate in tutte le facce e rettangolari ; laddove
le vestigia della via nella valle di Porcinaro ci mostrano una co-
struzione intermedia tra la preistorica ciclopica {opus aniiquum
i/icertum) e quella a filari rettangolari {opus quadratum isodomum),
ch'e appunto la medesima costruzione del ponte Nascoso. Inoltre la
Salaria aveva una piü larga carreggiata, di m. 4,50, mentre invece
la larghezza di questa via e minore, corrispondente a quella del
varco di Portella. Vero e che il ponte Nascoso (forse per farlo piü
resistente) e alquanto piü largo, o cioe di m. 5, con m. 3,75 di
carreggiata, ma nuUadimeno, come notai altra volta ('), anche la
strada che passava pel detto ponte, tra CoUettara e Cese, era piü
stretta della vicina Salaria. Adunque gli avanzi stradali della valle
di Porcinaro, del ponte Nascoso e di Portella dovevano apparte-
(>) Cf. Persichetti, op. cit. p. 139.
ALLA RICERCA DELI.A VIA CAECILIA 217
nere ad iina medosima via, o ,questa non poteva essere che la
Caecilia.
Andando oltre, dopo qualche cliilometro di cammino, si riveg-
gono i resti di tale strada, seinpre a destra dclla niiova rotabile
che va a Teramo, ed a non molta distanza da essa, sopra un prato
di proprietä del marchese CappoUi, in contrada S. Giovanni. I blocchi,
di varia liinghezza, riappariscono appoggiati alla costa, essende ca-
diiti dal lato ove la campagna e in pendio, e se ne veggono alcuni,
di tratto in tratto, per una liinghezza stradale anche maggiore di
quoll a rimasta nel succennato Prato popolare. Dopo qiieste ultimo
vestigia, se ne riperdono le tracce, ne piü se ne rincontrano, Poco
dopo si giunge alla sottostante valle bagnata dal Voraano, che,
prima di arrivare alla localitä detta Ortolano, giä scorre con ab-
bondante volume di acqua.
Ma la lunghezza di ima tale strada, che in antico fosse pas-
sata pei luoghi da me superiormente accennati, corrispondeva alle
distanze ab Urbe aifermate nella iscrizione de via Caecilia, che
ha dato occasione a queste ricerche?
Lo vedremo nel seguente capitolo.
V. Lunghezza della via e conclusione.
Tra le poche notizie che 1' insigne frammento epigrafico sur-
riferito ci ha, per fortuua, conservate, ve ne sono due assai impor-
tanti per l'esatta nozioue del tramite che percorreva la via Caecilia,
e cioe che la medesima al XXXV miglio valicava im finme con iin
ponte, e che prima del miglio XCVIII scavalcava TAppennino.
Ora, noi abbiamo trovato che il ponte sul liume era il Biiido,
sul Venella o Farfa, esistente appunto sul miglio XXXV ; ma il
miglio XCVIII trovavasi effettivamente al di la del valico della
catena appenninica ?
Se mal non m'appongo, parmi che anche questo possiamo af-
fermare.
Infatti quäle era la lunghezza della via, ed a quäle miglio,
press'a poco, avveniva il detto valico?
Per rispondere a tali domande prenderemo per base i dati di
fatto che ci olfrono le tavole topografiche del nostro Istituto Geo-
grafico Militare- alla scala di 1 : 50,000 ; e per calcolare la proba-
218 N. PERSICHETTl
bile hiughezza della via medesima stabiliremo come capisaldi del
tracciato i punti certi uei quali ne abbianio trovati indisciitibili
avanzi, e, come punti estremi, il detto ponte Buido da una parte,
ed Amiternum daU'altra.
Ora se tali punti certi, e cioe ponte Buido -ponte Mercatello-
ponte Ladrone -Cliternia-Petrella Salto -Portella -ponte Nascoso-
Amiternum, si uniscono in linea retta, si ha una distanza di km. 63,
pari a r. m. 42 dal Buido ad Amiternum.
Ma poiche era impossibile transitare per una regione cosi mon-
tuosa con una strada rotabile plana e con tutti rettifili, ed essendo
invece un'assoluta necessitä ch'essa si fosse sviluppata con inevitabili
curve e rampe, per riuscire piü agevole, ne consegue che ia Caecilia,
seguendo la configurazione raontana dei luoghi percorsi, dovette avere
ima lunghezza maggiore di uua percorrenza in linea retta.
Calcolando quindi la lunghezza della via con le sue sinuositä ;
tenendo conto dell'altezza dei valichi da superare, come pure del
sistema di forzare le pendenze che i Romani eran soliti di adottare
per abbreviare il cammino, e prendendo le misure sulle cennate
esatte carte dello Stato Maggiore, ne risulta che la probabile di-
stanza dal ponte Buido sul Venella al ponte Mercatello sul Torano
era di km. 10 — dal Mercatello a S. Salvatore Maggiore km. 8 —
da S. Salvatore, per Vaccareccia, al ponte Ladrone sul Salto km, 6 —
da questo a Capradosso km. .3 — da Capradosso a Portella km, 20 —
da Portella alla Fönte della Forchetta km, 9 — dalla detta fönte
alle Cisterne, presso Vigliano, km. 7 — da questo luogo al ponte
Nascoso km. 3 — e da detto ponte ad Amiternum bii. 9. In tutto
una lunghezza stradale di km. 75, uguali a r, m. 50, E se da
Roma al Buido correva una distanza di miglia 35, e dal Buido ad
Amiternum di miglia 50, ne consegue che questa cittä, per la via
Caecilia, al rainimo distava da Roma miglia 85.
E non a caso ho detto per la via Caecilia, poiche per la Sa-
laria, che in prossimitä del Buido divergeva per andar^ a Reate ed-
Interocrium, era ben altra la distanza ab Urbe allo stesso Ami-
ternum.
E noto che per la Salaria si giungeva a questa citta dopo per-
corse m. 81 ('), e cioe m. 4 di meno che per quell' altra via; e
(>) Cf. Mommsen, C. I. L. IX. p. 585.
ALLA RICERCA DEIXA TIA CAECILIA 219
noa poteva essere altrimenti dappoiche la Salaria percorreva una
campagna quasi tutta pianeggiante, tanto liingo la valle bagnata
dal toi-rente Ariana prima di Kieti, quanto dopo, nella valle del
Veliuo, e non incontrava che im solo valico da superare quello di
Sella di Corno, presso Fisternao, mentre la Caecilia percorreva un
terreno montuoso, frastagliato, con diverse altezze da vincere.
Nou pertanto la via Caecilia, benclie piü lunga, ebbe anch' essa
la sua importante ragione di essere, iraperocche offriva alla capi-
tale il vantaggio commerciale e strategico di im' arteria che la per-
tava direttamente nel ciiore della regione degli Aeqiii od Aequicu-
lani, e nel tempo istesso metteva questi nella condizione di potere
commercialmente comunicare con gli Amiternini, Vestini e Piceni,
ed accedere anclie piü sollecitamente che con la Valeria al Mare
Superum e ad Salinas.
Inoltre e da credersi che la via Caecilia sia stata piü antica
del ramo della Salaria Interocrium-Araiternum, poiche gli avanzi
tuttora esistenti della Salaria tra Antrodoco e S. Vittorino eviden-
temeute dimostrano (come ho accennato nel precedente capitolo III)
una costruzione meno antica del ponte Nascoso, appartenente alla
Caecilia; cosa che feci notare fin da quando rintracciai il percorso
della Salaria ('),
Kitenendo adunque per vero che Amiternum fosse presso il
mifflio 85 della via Caecilia, sarebbe anche vero che il iii. 98 si
trovava al di lä del valico dell' Appennino, imperocche da Amiter-
num allo spartiacquo corrono circa km. 8, corrispondenti a circa
5 m. r., onde, con una salita piü forzata di quella dell' odierna
rotabile, vi st giungeva col m. 9U.
Per conseguenza, il m. 98 si sarebbe dovuto incontrare nei
pressi della localitä detta Casa del Peccato; e se colä ancora un
po' rimaneva alla via per iiscire dalle gole del Vomano, nuUadi-
meno essa aveva diggiä passata quasi tutta la piü accentuata gio-
gaia dell'Appennino.
Vero e che se il miglio 98 cadeva in prossimitä della Casa
del Peccato, a Poggio ümbricchio non si sarebbe potuto trovare
11 milliario CIIIl, poiche dalla detta casa a questo paese corre una
distanza maggiore di sole sei miglia. Ma e da uotarsi, da una parte,
(1) Cf. Persichctti, Op. cit. p. 140.
220 N. HERSICHETTI. ALLA KICEROA ÜELLA VIA CAECILIA
ch' e incerto sc il cennato inilliario sia stato effettivamento collo-
cato presso Poggio Umbricchio, o se vi sia stato trasportato ; dal-
i' altra e pure incerto se esso si riferisca alla misurazione del tra-
mite della Caecilia. od a quello della Salaria, ma e piiittosto da
credersi che appartenesse alla Salaria che fu, di certo, da Intero-
criiim ad Amiterniim costruita posteriormente. E se qiiesta col
m. 81 giungeva presso tale cittä, precisamente col CIIIl perveniva
a Poggio Umbricchio, essendoci tra Amiteruiira e questo villaggio
circa 23 m. r. di distanza; mentre, per la via Caecilia, avrebbe
dovuto incontrarsi presso al siio 108° m. E che il milliario CIIII
si riferisca appiinto alla nuova misurazione della via, dopo la costni-
zione del nuovo summenzionato ramo, c' induce a crederlo anche
il fatto che essendo stato ivi coUocato sotto gl' imperatori Valente,
Valentiniano e Graziano, fu posto siilla via in un'epoca assai poste-
riore alla costruzione della Caecilia. Laonde la esistenza del detto
milliario a Poggio Umbricchio non osta alla probabile esattezza
delle nostre argomentazioni in ordino al percorso ed alla lunghezza
di tale antichissima via.
Da questi fatti e relative considerazioni adnnque emerge :
1.° che la strada antica della quäle abbiamo rinvenuti sicuri
avanzi al ponte Mercatello presso Rocca Sinibalda, a Capradosso,
Petrella-Salto, Portella, ponte Nascoso e valle di Porcinaro, ben
poteva essere la via Caecilia, con grande acume supposta dal ch. Hül-
sen, imperocche essa, con tale percorrenza, a ridosso di Amiternum,
valicava 1' Appennino Orientale appunto presso al suo 98° miglio,
come afferma la summenzionata iscrizione riguardante la detta via;
2°. La Caecilia da Roma ad Amiternum aveva una percor-
renza piü lunga della Salaria.
Ma, dopo Amiternum, forse riguadagnava la perduta brevitä
poiche raggiungeva il Mare Hadriaticum a Castrum novum o ad
Salinas piü soUecitamente che non il ramo principale della Salaria
che spingevasi fino ad Asculum e Castrum Trueiitinum. Comun-
que fosse perö, la Caecilia era sempre una via di molta importanza
strategica e commerciale, e quindi ebbe ragiouo di essere.
E mentre cosi e risultata, se non m' inganno, abbastanza di-
mostrata la sua esistenza ed il suo percorso, rimane ad augurarsi
che altre pruove ancora ne tornino in luce, e che le indagini ne
siano proseguite piü oltre, sino al mare.
NiccoLÖ Persichetti.
LlBr]LLO DET COLONI
D'ÜN DiaTANIO IMPElUALß TN ASIA.
Pare che la Fortuna vo^i^lia favorire in modo speciale lo studio
di quella matei-ia che negli ultinii tempi e stata trattata con tanto
zelo: dico il demanio degli imperatori Romani. E appena, si
puö dire, incominciata la discussione sopra la « lex Manciana »
conservataci nell' iscrizione importantissima d' Henchir-Mettich in
Tunisia, giä diventata soggetto di tre ampi lavori ('): ed ecco tor-
nare in luce un nuovo testo epigraftco di argomento affine. Esso
perö non proviene dall' Africa, la terra oltremodo feconda d' iscri-
zioni romane e particolarmeute classica per tali documenti, ma
dall'Asia Minore.
E un' iscrizione assai lunga trovata dall' archeologo inglese
J. G. C. Anderson in un suo viaggio per la Frigia. Fu pubblicata
nel suo rapporto intitolato : " A summer iii Phnjgia » nel Journal of
Ilellerüc Sludies, vol. XVII, 1897, pag. 396-424, dove 1' iscrizione,
della quäle ci occuperemo, si trova a pag. 418. Essa proviene dal
paese turco Yapuldjan situato nella valle superiore del tiunic Por-
suk-Su, r antico Tembrogios ossia Tembris nel N.-E. della Frigia.
Quella vallata formava un grande demanio imperiale come e stato
esposto dal chiarissimo interprete della topogratia dell'Asia antica,
il professore Ramsay nel suo libro - The historical Geograph?/ of
Asia Minor " (London 1890) pag. 177.
II Ramsay e stato il primo a trattare dei demani degli im-
peratori romani nell' Asia c ne fu proprio lo scopritore. A quella
(>j Toutain, LHnscripfion (Vllenchir Mettich (liUmoires prdsenles n
fAcademie des Inscr. et Belles-Leltres 1892).
Schulten, Die lex Manciana, eine afrikanische Domänenordung {Abhand-
lungen d. Ges. d. Wissenschaften in Göttingen, 1897).
Cuq, Le colonat partiaire (pubblicata noi M^moires sopracitati).
222 A. SCHULTEN
materia tanto importante qiianto uuüva ha dedicate le pagg. 173-
179 deiropera citata ed ha ripreso lo studio di quellt latitbndi
iniperiali nel suo nuovo libro non meno eccellente « The Cities and
Bishoprics of Phrygia » del quäle finora e stato pubblicato il primo
voliime diviso in due parti (Oxford 1895 e 1897). Completando gli
appunti dati nella « Iliüorical Geographij » sopra i demani impe-
riali in Asia, egli qui tratta particolarniente di quell' esteso podere
0 meglio di quei tre poderi che si trovavano nella valle del fiume
Lysis nel Sud-Ovest della Frigia (v. la carta topografica nel prin-
cipio della prima parte di « Cities and Bishoprics »).
I. II demanio d'Ormelos. 11 fiume Lj^sis traversa quel
demanio e sbocca nel lago Ascania. Ciö che il demanio della valle
del Medjerda e per la nostra conoscenza di latifondi africani, quello
della valle del Lysis e per gli asiatici. Con esimia dottrina e splen-
dide combinazioni il eh. Ramsay e arrivato a dare una storia di
quel terreno appartenente alla famiglia imperiale ( Cilies and Bish.,
pag. 280-295). Ne aveva giä segnato i dati principali forniti dalle
iscrizioni nella « Geographij ", pag. 173 e seg.
E necessario di dare uno sguardo a quello che sappiamo in-
torno ai demani asiatici prima di entrare nella discussione della
nuova iscrizione. In molti punti ho potuto seguire il eh. Ramsay,
perö in non pochi sono arrivato ad opinioni diverse dalle sue.
Cominciamo da quel gruppo di tre « sallus « al Sud del lago
Ascania di cui 1' uno aveva il suo centro o capoluogo a Tafeni,
l'altro a Killana, il terzo a Hassan-Pasha, tutti e tre luoghi situati
nella valle del Lysis. Quanto alla storia di quella regione il Ramsay
crede che sia stata anticamente demanio dei re di Pergamon (pa-
gina 285) e poi passata ai Romani coli' ereditä pergamena, dedu-
cendolo da quanto segne: Hierocles {avvexdi]i.ioQ) evidentemente du,
a quei demani il nome : Xoiqioiivhudixu (= XoDQia MvXiudixd
V. l'edizione del Burckhardt pag. 25) cioe li attribuisce alla Milyas.
Ora sappiamo da Polibio XXII, 27, 10, che la Milyas diventö
proprietä pergamena sotto Eumene nel 190 a. Gr., ed appunto quella
parte demaniale della Milyas e la piü vicina a Pergamon.
Plinio, trattando dalla provincia Galatia indica come confine
di quella provincia il « tractm Cyllanicus " {N. IL V. S. 147) il
quäle secondo il Ramsay non puö essere altro che il demanio del
Lysis, posto al confine galatico. E vero che tractus furono chiamate
LIRELLO DEI COLONI d'uN DEMANIO IMTERIALE IN ASIA 22!'.
le circoiiscrizioiii deraaniali contenenti ciascuna parecchi saltus
(v. il 111 io libro " die römischen Grimdherrschafteii " p. G2 seg.),
iiia e pure certissimo che in Plinio iractus non ha quel valorc
tecnico; egli dice tractiis per signilicare una regione qualiinquc
(v. N. IL IV, § 61 ; V, § 126 --= conventm).
Ci'edendo che il iraclus Cyllammis sia iiiio di quei traclus
demaniali come li troviamo nell'Africa il Ramsay stabilisce che i
tre fiKf^wraC (= conductores) nominati assieme con iin inCxQonoQ
(= prociirator) abbiano corrisposto a tre saltus, dei quali la so-
praintendenza come proc. traclus avrebbe avuto 1' inuQonoq.
Qiieir opinione e non meno falsa che 1' interpretazione della
parola traclus in Plinio: il primo errore ha tirato il Ramsay al
secondo.
Ecco quel documento impoitantissimo per la conoscenza del-
r amministrazione demaniale in Asia (v. Cities p. 290) :
« AyaOrj Tity^rj vTtho üanr^Qiag avTMV (cioe rm' fiv-
(trwv) xai Tov örji^iov \)QiAi]Xt'on' xal (fcorrjQictg 'Arriag <t>ctv(JTsCvr]g
xal TißeqCov Klavöiov: im iiriTQOTCov KQitoßovXov, im nquy-
l^iarsvTwv Aßaffxdvrov xal 'Av^irov xal MaQXfrXXicorog, inl jui-
ffOoiTcöv . . . iov \ißaaxdvrov xal MrjViSog .... xal Nuxccdoii
6ig
II fondamento della tesi del Ramsay, che dai tre coiiductores
si possano dedurre tre saltus, consiste nell' opinione finora general-
mente ammessa che un saltus abbia avuto sempre un comluclor
solo. Perö questa tesi non e ancora stata dimostrata; e anzi pos-
sibile di dimostrare la contraria, che un saltus cioe abbia avuto
qualche volta parecchi affittaiuoli.
I coloni infatti del saltus Durunitanus parlano d' un comluclor
solo (Allius Maximus), ma nella nuova iscrizione d' Henchir Mettich
{lex Manciana) il regolamento si riferisce a conductores. E vero
che nella fräse « domini aut conductores vilicive eorum » il plu-
rale puö riguardare i diversi conductores che si succedono, ma puö
darsi anche che significbi una societas conductorum quäle la tro-
viamo nella lex metalli Vipascensis {conductor socius actorve eius).
E dunque certo, che un demanio puö essere afiittato anche a piü
d' un conductor, ciö che dipendeva senza dubbio dall' estensione
ossia dal valore dell'oggetto. Se perö dalla triade dei conductores
neir iscrizione sopra citata non si ricava con certezza una triade
224 A. SCHULTEN
di saltus, manca d'altra parte perö anche la prova che si riferisca
ad uü demanio solo. Vediamo ciö che si puö dedurre dalla detini-
zione del p^^ocurator {inuQonog).
Se quel -procuraior fosse yrocarator traclus, come rammette
il Ramsay, i tre conductoi^es corrisponderebbero a tre saltus, ma
se e jrrocurator saltus, i tre {.ua^onal costituiscono iina societä e
corrispondono ad un saltus solo. E difatti si puö dimostrare che si
tratta d'un jrrocurator saltus, non d'un proc. tractus. II procura-
tore si chiama KQiv6ßov?.oc ; la mancanza del nome e cognome
rende certa la sua condizione di liberto, mentre i p)''ocu?'atores
tractus sono sempre persone dell' ordine equestre (v. Momrasen,
Hermes XV p. 398) ; ciö che e completamente in accordo colla
loro alta ed importante funzione. I due altri p7''ocuratores del de-
manio Miliadico pur avendo i « t?'ia nomina « , possono essere pro-
curatores saltus, i quali qualche volta sono di condizione libera.
Inoltre e poco probabile che un procurator tractus sia nominato
SU di un documento perfettamente locale, come lo e 1' iscrizione di
cui trattiamo. Ammetteudo clie Critobulo sia proc. tractus non si
spiegherebbe in nessuna maniera 1' assenza del ]')roc. saltus. In-
somraa tutto nell' iscrizione riguarda soltanto il demanio d' Ormelos,
e Critobulo non puö essere altro che il procuratore di detto de-
manio. lu conseguenza i tre conductores appartengono non a tre
ma ad un demanio solo. E perciö erronea la conclusione del eh. Ram-
say che da quel testo sia da dedurre l'esistenza di tre demani. Ve-
diamo ora le altre cose notevoli dell' iscrizione.
Annia Eaustina e una discendente della casa dell' imperatore
Annio Vero; onde il Ramsay ha dimostrato che per un secolo il
demanio appartenne a quella famiglia imperiale (v. Cities p. 287-292
e specialmente lo stemma dei proprietär! p. 292).
L' iscrizione ci rivela tutta la gerarchia del personale del de-
manio d' Ormelos. Abbiamo anzitutto il procurator (smtQouog) il
qualo con titolo pleno si deve chiamare « proc. saltus » .
Abbiamo inoltre tre nquyiiaTsvTaC e tre niüSutrcd. Che cosa
sono i nqayfxuTsvTai? E vero che traducendo verbalmente si arri-
verebbe a sostituire al greco TrQccyinaTevTr^c il latino iiegotiator,
traduziooe che ha incontrato l'approvazione del eh. prof. 0. Hirsch-
feld {Sitzungsberichte der Akademie 1891 p. 874). Perö dove mai
si sarebbero trovati nei saltus cotali « negoiiatores » ? Pare invece
LIBELLO OKr COLOM o'l'N UIOIAMO I.Ml'K.lU AI.K IN ASIA 225
che ai TToayucaevica' corrispoudauo piuttosto i ben noti actores,
cioe i servi mandatari dei condiiclores, ossia dei domini (v. Grund-
herrscliüfleii p. 82), i quali non soddisfanno soltanto pienamente al-
l'etimologia, ma anclie all'analogia. I nQuymci^vcui sono servi come
lo sono gli aclores. Tali sono pure i iieriotiatores, conie lo prova
il liiogo dei digesto citato dal Uamsay : L. 65 Dig. 32 : leyalis
servis exceplia negolialoribiis . . eos exceplos videri qai praepo-
positi esseai negotii gerendi causa veluli qui ad emcndum locaa-
durn eoiiducemlitm praejtosili esseat. Essi souo dunque conipleta-
mente uguali, quanto alle fuuzioni, agli aclores; senonche siii fondi
non si trovano mal. Con tiitto ci5 senza altre testimonianze, biso-
gua confessarlo, si potrebbe forse difendere 1' identitä di TToayuct-
revTai e negotialores ; ma per fortuna si ha nel digesto iiu luogo
decisivo : nella Z. 41 .^4 7). 40, 5 si trova un passo allegato pur
dal Eamsay {IJeograpky, Addenda p. 438), nel quäle e comunicata
una cautio scritta in greco che contiene le parole seguenti: ^ 2ci-
yor xai Jäiucv toiK nQccY^ictTevvdg fxov - ; quel noayiiuisvväg e
tradotto dal giurisconsulto, poche righe dopo, per -actores-". II
eh. prof. Pelham lia trovato una glossa {Gloss. ed. Götz IT 14)
aclor-TTQayiuiTsvTTqc (v. The iraperial domaiiis p. 17). Questi tre
fatti, l'esistenza cioe degli aclores siille terre imperiali, quei passi
dei digesto e la grlossa mi sembrano rendere preferibile 1" identitä
dei jToccyfiaxevTid cogli aclores a quella coi iiegotiatores, appog-
giata soltanto sull'esistenza di negotialores con ufficio identico a
quello degli aclores.
II personale governativo dei sallas, per dir cosi, cousiste dun-
que nel procarator, nei condmlores e negli actores. Accedono i
Trc(Qct(fvÄaxhta fcd ÖQ<)(fvXtixi-g {Cilies ^. 281, Geogr. p. 174) per-
sone incaricate coUa sorvegliauza della pubblica sicurezza dei de-
manio. I naoacfiOucxuai, SOUO un istituto pergameno perche occor-
rono neir iscrizione pergameua presso Fräukel {Lischriflen von Per-
gamon N. 249). E questa una nuova prova a favore della tesi dei
Ramsay sopra citata, che il demanio miliadico sia stato anticamente
proprietä pergamena. Pare che invece dooqi'O.axeg sia traduzione dei
latino custodes finium e perciö quell' ufficio sia da ritenere come
un istituto proprio romano.
Passiamo alle persone sottoposte dei demanio : ai coloai. Essi
sono chiamati nelle iscrizioni ()'/;/<oc (J/^/joc '0^iu;Atwr) (inyj.nz (v.
15
'220 A. SCHULTEN
Cities p. 283), parole che corrispondono evidentemente al latino
populus ossia plebs, come i coloni sono eliiamati in parecchi docii-
menti dai saliiis africani (v. Grumlherrschaften p. 103). Sono go-
vernati i coloni da iin Tjooüyoiv il quäle assieme col procuralor e
coi conduclores sta scritto qualche volta al principio del titolo come
i.Tohviioc ( « fTTi nooäyovToc. » v. Cities p. 281). Basta questo fatto
per diraostrare che non ha iiieute a che fare col magi^ter dei co-
loni africani. magistrato non governativo, cioe dato dal dominus
sallus, ma eletto dal corpo cioe dal comiiue dei coloni. Perciö a
ragione il Ramsay 1' identifica col praepos/lus. magistrato gover-
nativo deir epoca hassa, dato ai comuni nirali invece dell" antico
mafjister (ossia meglio dei mogistri) e che caratterizza lo sviluppo
della centralizzazione amministrativa del basso impero, come i cit-
ratores dati non soltaoto alle cittä, ma anche — e forse prima —
ai vici e convealiis, non perö dal governo centrale ma da quello
del municipio. al quäle erano attribuiti questi villaggi (v. i miei
scritti: sopra i comuni rurali nel Philologus LIII p. 646. e sopra
i n coiiveaiiis civiiim romamnim - , Berlino 1892, p. 112). E af-
fatto nuovo che anche ai mltiis fossero dati cotali praepoüti. Quanto
vedo, le iscrizioni, nelle quali troviamo questi TjqoüyoYi^z apparten-
gono al principio del III secolo {Cities p. 289, 292). Come \\prae-
positus, nei vici e pagi apparisce pure il jrraefectus, e chi vorrä
tradurre rjQoäyon' con piraefectus lo poträ lare tranquillamente.
Credo che il predecessore del noot'cyon' sia stato nei demani asia-
tici il xo)iiaoyoc, il quäle corrisponde pienamente ai magistri; ed
infatti nel demanio Oi-Ut Ko'jin] si trova un tale xouiaoyoc {Geo-
graph)/ p. 178).
Abbiamo trattato abbastanza dell'amministrazione dei ^ ywQia
MikvudixH r> ; resta a ricercare il nome col quäle parvero appellati
i demani asiatici, comequelü africani furono detti sallus, praedium,
fiüidus. Non mancano documeuti. Nell'i^^crizione citata, Cities p. 302,
e nominato uii • iii(jHo)ti]i twv ttsq} "AÄuffror i6:to)v -. Törrog e
appellato un podere demaniale pure in una iscrizione appartenente
al demanio di Lagbe {Cities p. 272 : . . ko xard io.toi innßo)\^Tf-j).
Assieme con jönoc occorre yo)oiov in un altro titolo dello stesso
luogo {Cities p. 273): . . r<o [x]ac\_u to.tJoj' iiioHoni] {rj^v ywgiov.
Xonim- si trova pure nella nuova iscrizione (Iin. 12). E impossi-
bile di dire se yooiov nejjli altri titoli voglia dire - demanio « ov-
/.IBKLLO DEI COI-ONI I)'UN DKMAMO I.MPKÜ I A I.K IN ASIA '221
vero « paese " ; e fatto caratteristico per la poca chiarezza Jella
terminologia giuridica o amniinistrativa in greco, la eonfiisione del
centro di un circondario col circoiidario, nientre iu latiuo nessuno
mai avrebbe detto un paese (vicu.s) paf/iis, e viceversa ud terri-
torio rurale (pagus) vicus. Questa confu«ioue (v. gli esempi in
Cities p. 132) non e senza consegiienze per la nostra conoscenza
deir amministrazione dei saltiis asiatici. Vediamo per6 se anche
senza l'aiuto della terminologia si pos^a arrivare a liconoscere il
vero. Esiste un' iscrizione la quäle definisce il confine tra il terri-
torio della cittü Sagalassos e la - xoun] TvußQiuvaaaüz Mtowioc
KkuvdCov hiädccooc ->/?. Tfo/i. " [Cities I 322). In quel documento
invece del demanio, come si attenderebbe, e nominato un paese del
demanio. La ragione perö si trova subito ammettendo che il de-
manio abbia avuto, come centro e sede amniinistrativa, una xw,«/;.
Ora comprendianio che cosa voglia dire « niatioyxi]g rm- th-qI "A/.a-
(TTov lÖTToiv r>: c uominato cosi il conductor del demanio, del quäle
il Caput fu la xw,«/; "Alaaxoi. Osserviamo lo stesso pure nei mltm
lell'Africa : i saltus di regola portano il nome d'un vicus compreso
entro i loro liniiti, p. e. sallus Burunitanus (v. Grundherrzchafleii
p. 130). percbe in cotesto paese si trovava la mema cioe il bareau
lel demanio. Ho dimostrato come pian piano il saltus sia stato
riguardato come territorio del suo vicus, ossia del paese principale
trai paesi situati dentro il saltus (v. Grunclh. p. 21 (') ). Cosi p. e.
si fini col chiamare il demanio d'un Aurelio n vicus Aureli ^ (Co-
smogr. Raveanas p. 151 Finder). Ora non ci raeraviglieremo piü
trovando una terminazione tra una cittä ed una xwiu; Kaiauooc :
il saltus fu riguardato come territorium viel Caesaris. Questo pro-
cesso di centralizzazione, cioe l' identificarsi del territorio col centro
del territorio, e conseguenza del carattere municipale dell' impero
Romano. Come i pagi delle provincie galliche diventavano territori
lei loro centri {Parisü = Paris) cosi i demani si trasformavano
in territoria vici. E notissimo che gran parte dei comuni fran-
cesi portano il nome di un podere romano : Savigny e fundus Sa-
bimanus, Fleurac e fuiidiis Floriacus (v. Fustel de Cou langes, la-
stitutions pol. de la France 111 p. 1 segg.).
(1) V. anche le belle osservazioni che su quella trasformaziuiie del vi:as
Caesaris in cittä fa il Pelham (1. c. p. 24).
22^ A. SCHI- I.TEN
Nella uuova iscrizione i coloni si chiamano. rivolgendosi al-
r imperatore, ' yomiov vnt'ifQor \ la qiiale fräse si devrä tiadiure
ricus vesfer, sieche il vicus i mi coinuiie, ed iiivece di vicani si
puö benissirao dire vicus, come 1' insieme dei municipales si dice
civiias, rimnicipinm : invece la tradiizione ^ saltus v.'Ster - sarebbe
del tiitto sbagliata, il vocabolo saltus non essendo punto vocabolo
per cosi dire « miinicipale " . Concliidiamo duDque che il sallus come
territorio in greco si dice xowCov (cfr. Hierokles : xuiouc Mi?.vadixu),
mentre come comune dei coloni .^i dice xw/n; ossia younnr (nel senso
personale della paroia). Nel primo senso yogUc corrisponde al latino
praedium ('/Moia Mi).. =^prae(lia MiL), nel secondo al latino vicus.
Con tutto (iiiesto non conosciamo ancora il nome particolare
dei tre sallas della Miliade. Ci pare che il ör^fxoq 'ÜQur^/.toiv (cioe
i coloni '()Qtn//.eTg) comparato col ^^ i^iiaOontjC tmv ttsqI "A'/.uaror
rorrior ' permetta a congetturare che quel sa//MS si sia chiamato:
. i(> TTfo) "Ooui]).or yojQicc - (ossia t or tt. 'O. ro/rot").
Accertata l'esistenza d'iin saltus col centro in "0^/j/^/oc, ve-
diamo se conosciamo ancora altri saltus nella valle del Lysis.
Dal aiadon)]; to)v tt&qI "A'/.uarov tö.tooi- {Cities p. 307) e dai
<i (d er "AÄciaroi TTccQccffvhixncd •> (eod. loc.) dobbiamo dedurre
l'esistenza d'un altro demanio col centro in Alastos. Questa cittä si
trova a c. 20 kilometri a Nord-Est di Oruntos (v. la carta al prin-
cipio del I Aolume di Cities and Bisho'prics e la disciissione p. 321).
Dal fatto che nella Notitia episcoporum delFanno 458 e piü
tardi proprio lä dove si aspetterebbe nella lista il nome di Olbasa
e dei demani in questione, si trova il nome di una cittä ^^ Ha-
driana " , il ßamsay ( Cities p. 284) con ogni probabilitä conclude
che quei demani nel V secolo siano stati chiamati « Hadriana -■ ,
il che vuol dire ^ praedia Hadriana " . Ho parlato di tali nomi
•omposti di un aggettivo e del vocabolo praedia nelle Grandherr-
sclmften p. 129. Con ragione il Ramsay combina quel nome de-
inaniale coUa lex Hadriana in vigore sui saltus della valle del
Hac^radas. Ecco un nuovo documento della grande riorganizzazione
dei demani inaugiirata da Adriano !
Avendo trattato abbastanza del demanio nella vallata del Lysis
cüi due centri Ormelos e Alastos, Vediarao ora i documeuti rigiiar-
danti altri saltus asiatici.
II. Cibyra. Nou abbiamo bisogno di camminare molto, giac-
<:h(j un demanio imperiale si trova presso Cibyra, come l'attestano
c
LIßELLO DEI roi.OM d'I'N DKMAMO IMl'KKI.U.K IN ASIA 22'.»
due iscrizioui {Cilles p. 272, 273 (')), nelle qiiali e nominato nel-
l'una iin ^ xaxd rorroy i(i(rOoni']g y> , neWaXtra im ' xcctu rörroy [ii-
aQünr^c. rov yjoQi'ov n .
I due testi epifjrafici contengono la niinaccia d' una « mulia
sepidcralis^ che si dovrebbe dividere tra 1) il tisco (if-ookaior
Tctiuov), 2) la cittä di Cibyra e 8) il detto inaOun)]c. Ne segne che
il deraanio si trovava vicino a Cibyra e che la sede amministra-
tiva fu proprio in qiiella cittä, giacche rörrov non si puö riferire
ad altro sito che alla cittä nominata nella stessa epigrafe. Se Lagbe
fosse stata la sede centrale del demauio, rammenda sarebbe stata
data, invece che al tisco. al comune di Cibyra ed al iiicftiont]^,
piuttosto al fisco, a Lagbe ed al niatium^q. Non ha ragione il Kamsay
{Cilies p. .272) qnando stabilisce che il ^tfQMtarov Tui^iiaToi' r, sia
Va7ra del comune di Lagbe; che sia il fisco lo diraostra 1" Tespres-
sione teQühaToi' ranismv, 2° la proporzione delle somme da pagare :
dr^vÜQicc ß(f' al hg. raiimoi', acf' al comune di Cibyra e <;' al co/i-
clucior. Se Lagbe, come con ragione sostiene il Ramsay, e stata
attribuita a Cibyra, non ha potuto ricevere una parte piü grande
di quell a spettante a Cibyra.
II fatto che le iscrizioni citate sono state trovate a Lagbe
— assai lontano cioe da Cibyra — non coutraddice alla mia inter-
pretazione e ne segne soltanto che Lagbe fece parte del territorio
dell'ammenda di Cibyra.
III. Phylakaion. In Hierocles sotto la rubrica . ^.icigyüc
K«Qiag " si trovano le parole : « x^^C''^^ 7raTQif.i6ria r, (689, 8 ed.
Burckhardt) ; segne KißvQa, Koxn^acdixca. E una splendida ipotesi
del Ramsay {Cilies p. 256 not. 1) di emendare xoxn^ncdixca in
x[«/] xrr^i^uc [(Pt'];.<x«r[or], il quale apparterrebbe al precedente
XcoQia jiaTQiiioridlhu']. Avremmo dunque presse di Cibyra - xf'>o«'«
7T«r^t,uort«[/<ft] {= fuiidi patrimoniales) xai xi)]itcc (Pv/.ixceiov - .
II uome di questo demanio si deve derivare da ^i'/«x/;, dimodoche
indicherebbe un posto di difesa ossia un castellum. 11 Ramsay con-
fronta l'iscrizione dei « iv rf] TrfoV'FQi^cci: vTraoyUi (j v/.axiiui^.
(p. 256). II demanio (^vlaxcdor e nominato pure dal Cosmogra-
phus Ravennas (come Filactioa p. 106 Pinder e Parthey) e da
Tolomeo (V 2. § 26) Phylakaion fu situato tra Cibyra, Eriza e
Themisonion, cioe vicino al demanio cibyratico.
(>) V. pure Geofjraphy p. 176.
2:>,0 A- SCHULTEN
IV. Tymbrianassos. Cinque miglia inglesi al Siid-Ovest del
lat'O Ascania fii trovata iina pietra che detemiiua il confine tra il
vlcus Caesaris Tymbrianassos e la cittä di Sagalassos. E pubbli-
cata neiropera Cifies]). 330 e dice: « . .tu ittr ty df'Siri eirai ^ay«-
hcaatior tu dt er uqiGtsqü y.omi^c Tviißquiruaaov Nt'oono^ Kluv-
diov KuiGuQoc Isßaaiov FtQnuvixov •> . Ne dediice il Ranisay che
la ref^ione ad Est del lago sia stata territorio di Sagalassos. mentre
la parte occidentale apparteneva al demaiiio imperiale. Conosciamo
criä altri simili « iermini territoriales " posti siil coutiue d' una
cittä e d'im demaiiio (v. Gruiidherrschaften p. 41, 137) e di uii
altro cippo terminale appartenente al demanio della valle del Tem-
brogios tratterö piü sotto. Ho acceunato di sopra al fatto notevole,
che in Asia invece del saltm, cioe del territorio demaniale, sia no-
min ato in tali casi piuttosto il paese principale del saltiis.
Crede il Ramsay che quella xöj.u?; Tymbrianassos sia stata non a
Deuer dove fu trovata la pietra, ma a Eyinesh dove fiirono trovati molti
piü dociiraenti, che vi accennano ad im centro importante (p. 322).
Or tutta la regionc a Sud del lago di Ascania tin a Lagbe
e stato dimostrato demanio imperiale. In Hierocles (681, 0) si trova
in quelle parti ^^ xr»}/<« Mu'^i fiiaroviroXeiDg « e la cittä Mu^ifiia-
rov/Tohc. Ne conchide il Ramsay (p. 328) che Tymbrianassos abbia
cambiato sotto Massimiano il siio nome in quello di Maximianopolis
come il demanio d' Ormelos ricevette il nome di Iladriana (v. sopra).
E probabile che quel demanio di Tymbrianassos abbia continato
con quello di Ormelos.
V. Bindaion (v. Geogrujjhn p. 172 e 177, ^^7/^5 p. 32(3).
L' esistenza di quel demanio conosciamo pure da uii cippo termi-
nale, non scritto in greco. raa in latino, siccome proveniente da
una terminazione unilaterale, cioe non fatta per cooperazione d'un
comune greco e 1' imperatore, ma eseguita per iniziativa dell'am-
ministrazione demaniale. Porta la stessa iscrizione di quel termiue
africano ricordato di sopra. cioe ßnis Caesaris n{ostri). Era collo-
cato a Baradis poche miglia distante dalla punta Nord del lago.
Nelle Notitiae episcoponim quel demanio e chiamato i^to Biiduiov "
{y.tifxa). Forse quel nome fu cambiato piü tardi in Eudoxiopoli>
(V. Cities p. 326), che sarebbe un nuovo esempio d'un nome im-
periale dato ad un demanio imperiale. Appartiene forse a quel de-
manio il TTQoüyun' {= praepositus) d' una iscrizione trovata in quelle
parti e citata dal Ramsay {Geogr. p. 177). Considerand*». che come
LIBEM.O DEl COLON! l/lN ÜK.MAMO I MI'KXl AI.K IN ASIA 231
a Sud cosi pure a Nord del la^^o di Ascauia e stata constatata la
proprietä deinauialo, e permesso di credere clic il detto lago sia
stato il centro d'un immeuso complesso di sallns. quäle troviamo
iu Africa nella valle del Bagradas.
VI. Dipotanioii (a Sud <li Pliiloinelium nel Sud-Est ddüa
Frigia (v. Geograph// p. 178). Ci rivela il nonie di quel podere la
Ä^ot. episcoporum e uu oQoipvXui (saKuarius) noininato in un do-
cumento trovato a Kara-Agla presso l'antica Hadnanopolis (a Nord
di Philomeliiim).
VII. Esisteva pure un demanio tra Prymnessos e Dociniium
{Geogniphy p. 178) ) col nome xli^qoc (= fmdl) ossia Augustopolis.
composto da uu xXi]qoc 6Qsir)']g ed uu xh]Qog TroAtnx/;^ (Hierocles
677,3), ciö che equivarrebbe a fimdiis saltuensis e fundus urbanus,
come vuole il Kamsay {Geogr. p. 178). Si conosce forse di quel dema-
nio un tu(r8(,nt]i ed il xmhuqyjk da un' iscrizione in onore del comune
di Nacolea (v. l'iscrizioue Journal of Hell. Sind. VIII p. 409). Au-
gustopolis fu ohiamata prima Oeia xohu] = vicus Caesar is (v. il
luogo citato in Geogr. p. 178).
VIII. Ci resta ora di parlare del demanio nella valle del Tem-
brogios al quäle appartiene la nuova iscrizione. Abbiamo di quel
saltus i seguenti documenti:
1) C. I. L. III, 7002 : e un' iscrizione latina proveniente da
Apia: « Dionysio Aug. disp{easatori) Aelius Throphimus amieo ".
2) C. I. L. III, 7004 della stessa regione: « . . \^p\er Apirmm
Paulimni, i)rocur{alore) Seple?7tb?ie) Aug{usli) lib{erlo) ^ . E evi-
dente che quella i.scrizione si deve riferire ad una terminazione
fatta sotto il procuralor Aug. Hb. Seplember. September fu pro-
cura lor saltus. Secondo il Ramsay [Cities p. 615) quel titolo defi-
nisce il limite Nord del saltus. La provenienza dell' epigrafe di
2iQCiTMy auATuloyoc (= saltuarius) da Gumulu ci fornisce il
mezzo per definire il limite sud del demanio (v. Ramsay, Cities
p. 615). Un terzo punto e tissato dalla nuova epigrafe di Yapuldjan
posto tra AltynTash e la citlä Soa. Quauto al nome di quel ter-
ritorio Hierocles (p. 668, 7) nota tra Apia. Praipenissos e Kotiaion
un distretto - EvöoxCai » mentre Constantinus Porphyrogennetus
l'appella Tembrion (v. Ramsay, Geogr. p. 178).
Faccio seguire ora la nuova iscrizione come e stata copiata
dair editore inglese, perö colle mie proprie restituzioni. Quelle pro-
poste dair editore valgono assai poco. Le lottere poste tra [ . • •]
2:12 A. SCHII TEN
souo distnitte suUa lapide ; sono notate cosi pure le restituziöui
alla tiue delle linee. [ l • • • I ] signitica che lettere sono State emen-
date da me; quelle della lapide si trovano neWa/iuotado ci^itica.
Le correzioni nel testo latino souo stampate in lettere corsive. Let-
tere di lettura incerta soüo notate col punto di sotto («).
'Ay ccdi] T V x't •
1. Imp. Caes. M. llul. P]hi][ippus Aug.l et[M. Jul. .Philippujs n[o]hi[l]issunus Caes.
M. Xa[relio Eglecto
2. per\ l»iilyimiiii a///,'/ivgenervm : « Proco[wJsul E . ('< perspecta fide eorum quae ^scri-
his, ne
o. qui[_[(/JJ iniuriose geratur, ad sollicitudinem suam revocabit n. X.E .
t. (§ 1) AvroxQuxoQi KcüaaQi M. lot'/uto <Pi'/.i7T7iw evatßfi^ eiTv/E(^ at,i. y.[cd M. ^lovXim
5. 4>t^i7T7TO} eniq:cei'saT(cro) KuiauQC difjaig ntcQic AvQifAiov Ey'/.ixi[ov vnso lov xoi-
• >. vov Tiiii' 'Aoayovtjuwy TXanoiy.üii' xccl yfiooywv iiiji' r'usTSQWf, [r;()f(T,Jft«? yerousri^g öun-
7. (cyrj d);iiov y.oifu^v T]joiliTSC(rioi' 2'o»;<'wr xait' xead 4'Qvyiai' röntoy, öid 7" . (M[a'tor V
Ji&riiov
8. axQdxiwTov -—^ (§ 2) TIcivxMi' iv xoTg {jrrxfiQiioxäTnig { uwi> yainni^c, fi^a£ßsa[xc(Trfi xrä (}'Ai-
!•. Tiöxaxoi rioj' noirroxs ßaaiksujy, rjoEuou xcd yaXrvdv xiif ^iov (iiccy\ouiv(x}i' no-
10. j'?;o(«c xcd dictafiauoh' 7ii[n](ivuey(i)i' ^nvoi 7]/Lt£^g (]'/.'/.6xoici x[w^y f:\vxv/taxc'(XMy
11. xo.iowi' Tjda/oyxsg xt^y^e xi]y lxtTei[((y v^utlv nooaäyousr ij(i[yyini rcv öixclor xtji ih-
12. rjaetüg iy xovxoig y~-^ (§ 3) Xioolny i'uärsQo'y iaufy lsowx(ex\^oy xcd
13. uog o'/.öx'/.)/^>og rn xc.Tcccpevyovxeg xcd yeiioiufyot xijg i\usxeQc<g [ßovjhsiccg (yc^fsig, cilcc-
14. asiöuex'tcc (}s nc.qcl x6 c'iXoyoy xal 7i<CQcmpciaa6[i£6ci r;/' sxeiytoy o[iic Ijxiaxcc clöixitv xov 7iA;;-
lö. fftor ocfi^d. (§ 4) Msaöysioi ydn xvy/dyoyxfg xcd ulxs tjccqc} axqccxc(\(i/ov u^xe nccgd . . .
nwnoxt xi naftoyxfg yvy ncia-
16. /o"f»' cl'/J.öxQtc. xwy itAsxsQctjy fJc<xc((}tü)Xccrcoy xccigojy [: nis^ovai yccQ ijuäg oi nefJCf&si'Tsg fic
17. x6 Annicivwv y.?u^uc( 7xc'.occ?uitrxc(yorT£g rccg kscocfcjoovg o[cJoi'g, rraoatii di crxQcc-
18. Tiüjxcci xcd cfvyc'ccrxcti xüiy nQovyöyxcüt' x[«r]f? i^f nö'/.iv [KcciaccQicuoi xe i-
19. ^uexenoi eTtsiaflo^/nusyoi. xcacih^Tic'cpovxeg xdg 'Af[iocf6oovg ocfovg .... ccrro rcjjv
20. egycav rjucig clcfiaxcivxsg xcd xovg ccooxijnccg ßoc}r [xo?.fi(öyxfg xd ^t] ocpsi-
21. Ao',«£r« ceiToi^g ■nc.qunnctaaovaiv xcd avyßcdvei o[r xci xxyoyxc. rj^ctg ix x-
22. ovxov cic^ix^LcsHca dutaaio^iyovg nsgl wv «n' c<\(>/ijg )][^h' lyQccips xo Zoy,
23. asßccaxk, MtytQog onöxs xrjv tnco/ny difT7it\g i^ovaicty cixe cTAka ixtXfvacig KctTacig ysivöue-
24. yog xcd ünoig TifQi xovxwv exstyißtj aov tj hf\icc ccvxiyqcccft] r; xn?g vnofiyijjuctcFiy
25. ivxExccyuiyi] : u Quae libello conplexi esti[s ut examinet praesidi mandavi
26. qui da[|ÄJJit operajn ne d| ni]tiu-<«>s querellfü locus sit».
27. (§ 5) Eniicfi] ovy oiö'ey ücpeXo[g »/[uc/V ex xcivD^g f/|c ccyiiyQctcfijg iyeysxo, av/jße-
28. ßtjxey <Ji tjudg xccxcc x>]v ccyncuxlccy xd iit] ocftil^'/.ouei'cc nciCHfncjüacstaUcti tlg xt]y xoSui^y e-
29. 7i(yßc(iy6\f^xMy Kyojy xcd aiiinccxoi'yxcoy r,udg [naQc'i x6 ölxcciuy, insiäi]
•30. Ö' V7i6 xüjy KcacTctQiccydjy ov xfl xv](6yxc( tJ"/ [«(j]f (f a[ W«( rjucig cjvyäßi] coaxs xorg xcconnvc
31. 71171 Qc'c]axta'^cn xcd xc< /oip/« SQj]nc)ia\H\c(i xcd . . . ccy
52 c xcd ov TiciQtl x\(i)y £i'|J'oi' xc(xoixovyx[(x)y uövoy ctAhc xcd
i3 (fvyc(utyc( . . . xavxi . . et
•4 (piccole lettere iion legfribili)
o
MBEI.I.O DEI COLON! d'I'N DKMANIO IMPEniAI.E IN K^W 238
Annotatio critica.
2. PE/E per: em. — ante CENERVMduaclitterae evanidae, quaeanLi sive potiiis
V legendae siiit dnbitat editor. — post proconsvle quod scriptum est
Signum litterae G similc nescio quid sit; secunda littera c esse videlur (i).
o. QVIA. quid: em. — In fiiie lineae X/E scriptum est.
4. KSAPi. xai semper per siglam K scribitur etiani si noii particula sei sil-
laba est.
5. etkaetI^oy^ antea videtur scriptum fuisso, deinde emendatum inserta lit-
tera K supra lineam, ita nt in lapide sit EfKAE*^/.
7. K0IN0m0 7/TEANnN, quod pro KOINOYTOTEAWnN {xoirov TortUKÖr) falso
oxaratum esse Ramsay apud Aiidersonium rccte ut videtur coniecit.
15. MITE : sie pro mhte vel potius mhte.
24. EKEINI0H pro EKINH0H.
25. LiBELLO admodum certe rostitui potest si non legi.
26. ante Q_yi da[/;^it spatium vacat. — daqit. da[^/>]it : em. — diiiitiv
IS . D[iu]tiu<;i>s : em.
La parte destra e la parte inferiore della lapide sono rotte;
ma mentre non si puö sapere quante linee manchino alla parte infe-
riore, la parte mancante a destra si puö calcolare aggiuugendo alla
raeta destra dell' iscrizione tante lettere quante risultano dalla diffe-
renza tra il numero delle lettere nella parte sinistra conipleta e quello
delle lettere conservate uella parte destra dimodocbe se a destra
stauno p. e. 30 e a sinistra 20 lettere, si devono aggiungere circa 10.
Precede al documeuto stesso la ben conosciuta formula inau-
gurativa AFAGH TYXH (= bona Forlima). Scguono tre linee in
latino: contengono un rescritto dei due imperatori Pliilippus ad un
certo M. Aurelius Eclectus, il cui nome si puö restituire coll'ainto
della linea 5 {Str^aig Traget AvotfACov ''EyXixT{oi^. Questo Aurelio
(i) [Nel principio del v. 3 credo si debba leggere PER didymvm mili-
CEN ERVM, vale a dirc per Didymum mili{t]e{m ßrum{entarium). Che lo
scalpellino frigio, il quäle non ba riprodotto senza crrori nemmeno il tosto
greco, nella parte latina abbia messo una C per un' F, una T per un' m. ed
una E invece di F, mi pare ammissibile. Poi era scritto: proconsvle . v . C,
cioe Proconsule v{ir) c(larissmus). — Merita di essere notato, che i nonii dei
due imperatori sono senza dubbio cancellati apposta, sebbene l'editore non lo
dica. Ch. H.]
•j:!4 A SCHLI.TEN
ha fatto la supplica in nuine ilei vicaui e perciö il rescritto im-
l»eriale e diretto a liii anziehe ai vicani stessi. Abbiamo per for-
tuua im altro documento che nou soltanlo e della stessa epoca. ma
che tratta di im argomento perfettamente simile: e la grande iscri-
zione di Scaptoparene (v. Zeitschrift der Savinnijstiftuwj f.
Jlechtsfjesch. XII p. 246). E iina buona coinbiuazioue quella di poter
paragonare tra loro qiiesti diie dociiinenti aualoghi nella forma e
nella sostauza. Dorremo dare piii sotto altre prove di tale coinci-
denza, ci basta per ora di paragonare gli indirizzi delle epistole im-
periali contenute nelle diie iscrizioui. Xeiresemplare d! Scaptoparene
r imperatore scrive » vicanis p^r Pijrrum militem compossesso-
rem^, cioe ai vicani, non alla persona che aveva portato quel li-
bello all' imperatore. Nella nuova iscrizione i due imperatori si ri-
Yolgouo soltanto al mandatario dei vicani perche egli ha redatto la
supplica {dtr^aig rraqu Avq)])uov 'Ey?.txrov). Mi spiego questa diffe-
renza coli' ipotesi che M. Aurelius Eclectiis sia stato il praepositii^
(== rrQoüyon) dei vicani ; se egli fosse stato semplice delegato, ne
avesse scritto la supplica, gli imperatori non si sarebbero rivolti a lui
iuvece ai vicani, mentre come praepoütiis, come magistrato go-
vernativo esso aveva 1' obbligo di corrispondere nell' Interesse dei
vicani a lui soggetti e a lui si doveva indirizzare la risposta im-
periale. Gli imperatori indirizzavano i loro rescritti sempie ai su-
periori di quelle persone che erano 1' oggetto della supplica e dei
rescritto ed a qiielli stessi solamente nel caso che non avessero su-
periori ossia magistrati. Cosi in atfari municipali il rescritto si di-
rige ai magistrati municipali i quali da parte loro avevano fatto
la ftupplica in rappresentanza dei comune (v. gli esempi di tali re-
scritti nel Bruns, Foiites^' p. 240 seg.). Se perö un certo numero
di persone che non formavano un comune cioe un ^ corpus " , redi-
gevano il libello, 1' imperatore rescriveva loro rivolgeudosi a quella
persona che gli aveva dato il libello. Cosi il rescritto in favore dei
coloni saltus Durunitani porta 1' indirizzo : - Lario LiicuUo (il quäle
e ' a ralionibus ') et nomine aliontm » (cioe colonoram) sieche quei
coloni non avevano magistrato ordinario. Sulla stessa maniera e re-
datta la corrispondenza tra gli Scaptopareni e 1' imperatore Gordiano,
Autori dei libello sono i vicani stessi, che incaricano della transmis-
sione della lettera il convicanus e cornpossessor Pirro. Invece i
nofetri vicani dei demanio Tembrion sono rappresentati da Aurelio
LIüKI.I.Ü DKI COI.OM d'i'N UEMANIO [.MPKRIA 1,1-: IN ASI.V 235
Kclecto il quäle per qiiesto deve essere considerato come loro capo
e fnuzioiiario governativo {7too(<y('u).
L' argomento del rescritto imperiale al priiicipio dolla nostra
iscrizione e chiaro: gli iinperatori avvertono Aurelio Eclecto che
hanno iucaricato della iiicliiesta del caso il proconsole della pro-
vincia Asia. Mcno ciliare sono le parole stesse di quel rescritto.
Vj evidente che le parole « ad soUicitudinem mam revocc^ji^U «
si riferiscouo al procoiisul nominato nella linea precedente. Esiste
pure im rescritto dell' imperatore Alessandro Severo deiranno 224
(L. 1 C. 8, 52) nel quäle si ritrova la stessa formula : *» . . ne quid
contra longam consuetiidinem ßat^ ad soUicitudinem suam
revocabit praeses provinciae ». E certo per quell'analogia che
' iniiiriose geratiir ' dipende da un ae che bisogna restituire nella
lacuna della linea 2.
Si vede pure che Q.VIA deve essere corretto in QVID, Resta
ad emendare la prima parte del rescritto. Per$pecta fide eoram
quae \_allegas~\ ha senso condizionale (= si fides eoriim . . per-
specta en( ; v. altri esempi di tale clausola in Brissonius, de for-
muiis p. 294 p. e. « si allegatiombus Ulis fidem adesse pe?'spe-
icerit » in L. 3 C. 10, 51). Qiiesta fräse si riferisce al proconsole
il quäle nel caso nomiuativo (. . revocabit) deve essere stato nomi-
nato prima. Bisogna perciö emendare PRO///NSVLE . . C in PRO-
CONSVL e lasciare da parte le lettere oscure che seguono. Si puö
quindi restituire con ogni certezza la fräse : « proconsul jjerspecta
ßde eorum quae \_allegas, iie~] qui\_d~\ iniuriose geratur ad sol-
liciludiiiem suam revocabit » ,
La seconda difficoltä sono le parole che precedono, dove e certo
l'accusativo Didijmum JH generum. Mi pare certo che PE/c- si
deve correggere PER per avere una preposizione che regga 1' accu-
sativo e tutto va benissimo supponendo che gli imperatori abbiano
fatto pervenire la loro risposta per Didymum che evidentemente e
il militaro nominato come ambasciatore di Eclecto suUa linea 7/8.
Cosi scrive Gordiano « vicaais 'per Pyrruni militem « .
E da notare come il rescritto sia stato posto non alla tine del
libello dei coloni, come sarebbe statu regolare, raa al principin. Da
questo fatto molto singolare non si deve concludere che sia stato cosi
anche nel documento originale; e piuttosto probabile che i coloni
abbiano voluto dare un posto di preferenza aU'epistola degli impe-
23Ö A. SCHLLTKN
ratori che stava quäle « suhscriptio " alla tine del loro libello come
in tiitti i docuuienti simili.
Alla tine del rescritto dietro di REVOCAVIT .si vedono ancora
diie lettere XÄ- cioe X«f, le quali non saprei spiegare. Potrebbe
darsi che sia iina nota di cancelleria.
II rescritto e stato fatto tra 244-240/247 dopo Cristo per-
che il giovaue Filippo uell" anno 246/247 ricevette il titolo Au-
gustus che qui non porta ancora (v. Schiller Rom. Kaiserzeil I
p. 802).
(§ 1) Segne il libello di Aurelio Eclecto. Esso couiincia col-
r indirizzo e col uome del mittente. Bisogna constatare tino a che
parola si estende qweWsi jrraescriplio. Si potrebbe credere che « rwr
i\ufTto(i)i- rf appartenga al libello e che la praescripiio finisca con
yfü)oyö)r: nia ciö e impossibile perche evidentemente il segno d' in-
terpunzione nella linea 8, dopo il quäle inoltre si ha uno spazio
libero, chiude la formula introduttiva. Bisogna coufessare che invece
di yeü)oyo)v rwi' i'iieTt'ooir si aspetterebbe nella formula d' indirizzo
< yeMoycoy rov Kaiffaoog ^, perche Aurelio Eclecto parla del suo co-
mune come di terza persona. Non si puö constatare che questo difetto
di sintassi, che del resto si spiega facilmente. Jid . . . aiquiionov
si deve riferire al portatore della lettera di M. Aurelio Eclecto, che
troviamo pure nominato come portatore della risposta imperiale nel
rescritto precedente {..per Didymum . . geaerum . .). Era un mi-
litare come Pirro, il mandatario di Scaptoparene. Le lettere TOY
devono spettare al nome di questo militare (T. Ov» . . .); non pos-
sono essere l'articolo. II militare si chiamö dunque T. Ov . . . Ji-
ÖVI.10C. I genitivi dei nomi nelle lin. 6 e 7 non dipendono dalla
preposizione ttuocc come Avor^Xiov ExXixi<n\ perche la lettera e
fatta da Aurelio solo, non dagli abitauti del comune : altrimenti
gli imperatori avrebbero risposto non « Aurelio Eclecto " ma « vi-
caiiis -^ . Bisogna perciö supplire un'altra preposizione la quäle deve
essere: imto. facendo Aurelio 1" Interesse dei suoi sottoposti. i vi-
cani 0 coloni. Le lettere NOY del principio della linea 6 fanno
parte della parola xoirov, come lo dimostra il fatto che la stessa
parola ricorre nella lin. 7. Abbiamo dunque un ^ xoirdf 'Aqctyovi]-
vo)v naooixMv x«i ytowyMV tö)v viut^qo^v n (cioe xmv (TeßciffiMv), il
che in latino corrisponderebbe a « conventus (sive res 2)ublica) Ara-
(jaemrum idquilinornm et coloanrnm Cacsari^i. n Tön' infrt-
MliKl.I.n DKl COl.ONt U'lN UKMAMO IMPKUIAI.K IN ASIA 237
ooof «, a quauto si vede, deve riferirsi non soltanto a yto)Qy(äy, nia
aoche a nctooUuir. Uesta a spiegare quel comune di liiquiliai e
coloni Caesaris. Bisogna iiicominciare dai vocaboli greci ttcxqoixoi
e ysMoyoi. JIüooixo; e lo stesso che xüioixoi e corrisponde uella
iscrizione perfettameiite al latino iiicoln, che signitica lo stato di
quelle persone le quali i;ono cittadini (c/ues) del tenitoriu ove si
trovano (v. la mia interpretazioiie del latino coiisislere in - de coii-
Deiitibiis civ. Rom. " p. lUü). Trovansi i xcci{:TaQ-)(Hxovixii ac-
canto ai cittadini, conie gli lacolae coi cices ; non fa bisogno di
citare esempi di questo fatto abbastanza noto. Perö qiii i xüioixoi
non sono punto incolae d' iina cittä, ma iiiquiliiü d' iin demanio.
Troviamo gli inquiliiü accanto ai coloni pure nelle fonti giuiidi-
che : L. un. Cod. Theod. 5, 10 {si quis colomis originalis sive
i/iqiäUnus); L. im. Cod. 11, 53 {colonos imjuilinosque) ; L. 11
Cod. 3, 38 {servorum vel colonoriim adscripticiae condicionis oel
inquilims ; L. 12 eod. tit. {servos vel tributarios vel inquiliiios apud
dominos voliimus remanere); L. 13 eod. tit.: « defmimus ut i.Uer
inquilinos coloiiosve, quomm qiianlum ad originem peiHinet iudi-
candam indiscreta eademque paeiie videlur esse condicio, licet
Sit discrimeii in nomine . . . " . Quesfultima citazione dimostra chia-
ramente che coloni ed inquilini furono quasi {yaene) identici sol-
tanto - quauto 2i\Yorigo " cioe alla glebae OAlscriplio. Ed iutatti
tutti i luoghi succitati si riferiscono alla glebae adscriptio, dimo-
doche poco se ne puo dedurre per la ditferenza tra coloni ed in-
quilini.
Vediaiuo pure gli altri luoghi delle fonti intorno agli inqui-
lini : L. 112, D. XXX : « si quis inquilinos sine praediis, qiä-
bus adhaerent legaverit, iniUile est legatum % L. 11, C 3, 26:
K . . ut, sive agat domorum nostrarum colonus aut inqiälinus aut
servus . . . non alibi quam tut culminis {praepositi sacri cubiculi)
ac viri spectabilis comitis domorum petatur examen -. L. 6,
C. 11, ^^'. « cum, qui curiae vel collegio vel burgis ceterisque
corporibus per triginta annos sine interpellatione servierit res
dominica vel intentio privata non inquietabit si colonatus vel in-
quilinatus ciuaestionem movere temptaverit " .
fi stato osservato giä dal Savigny che coli' aiuto delle fonti
giuridiche non si riesce a definire la difterenza che certamecte esi-
steva tra coloni ed inquilini. 11 Savigny credette pure che quella
238 A. SCHLLTKN
differenza sia stata purameute uomiDale senza accorgersi che pro-
prio qiiel luogo che parla duna identitä particolare delle diie
classi (L. lo. C. 11, 48, y. sopra) ne rivela chiaramente la diffe-
renza generale. Forse le iscrizioni. alle quali dobbiamo giä tante
rivelazioni in materia agraria rischiareranno un giorno pure questo
punto oscuro. E peccato che nella lex Manciana, nella quäle pure
si parla dl iiiquiliai. (J^.^ 17 e li> della mia edizioue) proprio questa
parte sia perlettamente iniutelligibile.
Quanto all' etimologia del vocabolo iaquiliiius sappiamo bene
che signihca il tittaiulo d'una casa mentre il colonus ha in affitto
un fondo. Quella differenza e abbastanza chiaramente espressa in
L. 25 § 1 D, loc. cond. (19, 2) : ... coloao frui et inquilino habilare
liceat ". Appartiene perciö 1' inquilino ad un praedium iirbanum,
il colono al p?'aedlum ruslicum. Pare che per questo lo His nel suo
bei libro {Die Domänen der röm. Kaiser^eit p. 89) abbia esprcsso
r opinione — senza perö riferirsi al luogo sopra citato — che gli
inquilini siano stati artigiani, laddove i coloni furono contadini.
Questa distinzione corrisponde benissimo al senso primitivo della
parola perche gli artigiani abitano nella casa del fondo senza
aver a che fare coli' agricoltura ; ma non mi pare che sia ugual-
mente in accordo col senso che quel vocabolo ha uelle fonti giu-
ridiche della bassa epoca, nelle quali gli inquilini paiono essere
contadini come i coloni. Sembra che il Weber {Rom. Agra?^geschichte
p. 257, nota in fine) sia dello stesso avviso.
L' identitä del greco ttüqoixoq col latino inquilians e uotis-
sima; lo stesso vale per yi-oiQ/öc e colonus. Come qui coloni ed
inquilini, troviamo nell' interessante rescritto dell' imperatore Giu-
stino {Bull. Corr. Hell. 1898 p. 501) coloni vel adscripticii, i
quali nella parte greca dell'epistola imperiale son detti yeo)Qyo) x«)
ivcin6yqa(joi.
E nuovo r ethnicon dei coloni : ^Aouyoin^voi. Le lettere NOY
che precedono il genitivo « ^Aociyovr^voiv naQoCxMv x«\ yf-oioyoly »
pare che si devono restituire in [xoi]rov. In questo caso gli 'Aga-
yovr^roi dovrebbero essere gli abitatori d'un distretto con parecchi
paesi colonici che avrebbero formato il y. xoi rov tojv A. xuioixwv
xui yf-üiQyöiv yi . Tali xoivä ossia federazioni di diversi comuni si
trovano spesso in Asia. Cito soltanto il xoivvv tov ^Ygycüton' rrf-
<)i()v {Cities p. 142) che si trova assieme con tre di]n(n in un' iscri-
I.IBEI.LO DKI lOI.ONI I)'i:N DEMANIO IMI'KRIA I.K IN ASIA 23!»
lione. Pure il axonör jov'Y. rrtiiinv^ consisteva in parecchi villag^ri
{xo)fiat) (v. Ciiies p. 129). Qiieyto distretto Araguene, del quäle gli
abitanti forniavano un xoirov deve essere il sallns con diversi vici.
K caratteristico per l'Asia minore che i coloni formano m\
■Aoirov, mcntre in Africa i coloni si dicono roloni (plebs) i^altus,
dirterenza che dimostra quanto sia stata sviluppata neU'Asia la vita
municipale. Ho accennato giä prima ad altre prove di questo fe-
nomeno d'im demanio organizzato come territorio municipale {dt'ifioc
"ÖQixii'kto)}' = coloni Onnelenses).
AI principio della lin. 7 si vedono le lettere ANH, segne il ge-
nitivo Si]f(ov xoirov \_Tj}Tearö)v ^o>;rwr. L'editore ha restituito con
ragione [ßc(n~\c'cvi]. Non c'e dubbio che le spese che pagava il öfiiioc
xoirvg Torearoiv 2ioi^ro)v sono quelle deH'anibasciata di Eclecto :
bisogua quindi supplire tra vfUTtoojr e rf«7T-[ör/;], qualche cosa
come rrgeüßnag y^voiurv^q. Tale supplemento richiesto dalla parola
dcmurri e confermata dalla fräse : (^id T. Or . . aiquiionov. 11
fatto che le spese d'un'ambasciata sono a carico di un coraune vi-
cino e cosi nuovo come interessante. Ci sembra che i poveri coloai,
i quali qui come nel libello burunitano si dipingono siccome gente
rozza {uyQoixCccv lin. 28) e sotterente, non erano capaci di soste-
nere da loro le grandi spese d'una tale missione. Che le ambasciate
di questo genere costassero somme enormi e notissimo: la nq^aßHu
iu nelle cittä dell'Asia sotto 1' impero Romano un munus e l'og-
getto speciale della muniticenza dei cittadini ricchi (v. Meuadier,
de rebus Ephesiorum p. 96).
II nome del primo comune si deve correggere in \_T^oi sa} Öw ed
«ssere riferito alla cittä (ossia xo5,(u;) Tottoiu che si trova in quelle
parti (v. Ramsay, Geograph// p. 145, 240; Cities p. 249, 688"),
laddove il comune dei Mo'^saioi — a cui pm-e si potrebbe pensare —
e troppo distante (v. Cities p. 631 seq.). La correzione quindi e assai
felice. Sta scritto sulla lapide KOINOMO///TEANaN, che facil-
mente si restituisce in KOINOYTOTEANaN (ossia . . TOTTEA-
NHN se nella rasura davanti il T si trovava ancora un altro T):
invece di YT il lapidario aveva scritto M. Kouov non e sostantivo
dipendente da (F?;//ot' (come J/;/(oc lov xoirov tmv T.), ma agget-
tivo : il 6i]i^ioq fu un t^y««c xoiiög, una avnnoXiisUc, se vogliamo
usare il nome tecnico. Questa unione e espressa anche nella mau-
canza della copula tra Ton-cnoir e ^oricoy.
240 A. SCHILTKN
Dei Tni ii)i(c[i^)ii)i — ijuiniuali in uu' iscrizioue (') -- come
l»iu-e dei ^ui^ioi {-) sappiamo soltanto il uoine ed il sito. E im
malauuö che le splendide carte aggiuute a Cities and B/shoprics
nou si estendano rtno alla regioiie dei fiume Tembrogios e quelle
della (ieog''o:))Juj dei Ramsay (v. p. 178) nou bastino per i dettagli
topogiatiei di quel demanio. Tottoia e Soa sono cbianiati ot xatd
(pQvyiui lon^oi: es^i appartengono alla Phiygia salutaris (v. Geo-
ijrcq)hii p. 151).
(§ 2) Segue all" iudirizzo {Avioxqüiooi . . ^t')]aic ttuou. . \jxQto-
fitiac y€roii6vr^g] diu...) la fomiola d" iutroduzione (8-12). Corri-
sponde perfettamente a quelhi dei libello degli Scaptopareni, la
quäle pure cnutiene il motivo della dii^aic. Park Eclectus in nome
dei coloni ed iiiquiiini, onde e usata la prima persona plurale
[rtuU). Dice cosi : « raentre tutti nei tempi fortnnati dei vostro
impero vivono tranquillamente, essende tinito ogni disordine, sol-
tauto uoi softriamo il contrario di quella felicitä : perciö indiriz-
ziamo a voi la nostra supplica niotivandola colle seguenti ragioui « .
La formola d' iutroduzione degli Scaptopareni e redatta cosi : *• hai
rescritto spesso, che nei tempi felici ed eterni dei tuo regno i paesi
devono essere abitati ed aumentati, non disturbati, perche tale stato
uon soltanto e favorevole alla salute degli uomini ma anche pro-
tittevole al tuo tesoro — motivo pienamente convincente e di certo
piü eflficace che quell' ideale che precede ! — Per questo motivo la
nostra supplica e completamente giustificata, e ti preghiamo di non
riliutare la tua approvazioue alla seguente domanda '•. Segue Vespo-
sizione dei fatti : i^ oixoviii-r x(<i x^xr/^ueOu . . . s. Nella stessa ma-
niera i nostri -npplicauti dopo 1" iutroduzione generale espongono il
loro stato ed i disordini che lo disturbano incominciando come gli
Scaptopareni, presentandosi cioe all' imperatore : « ywoiov v^tisgöv
i^ansr . . . -. Vediamo che 1' introduzioue dei due libelli e comple-
tamente uguale perche stereotipa e comuue alle suppliche di tale
genere. I supplicanti prima di venire ai fatti attuali accentuano il
contrasto tra il comune beuessere dell'epoca ed il loro stato deplo-
revole.
(') Journal of Hell. Studws [Cities and Dishoprics) 8, 513: "Opo/ Toi-
inrjvüiv.
{}) Geograjihy p. 144 nota : Usfrelo) (cioe Jd) :iot]rior. Soa fu uii paese
Santo [legd y.töut^) aiipartenentc al V.svg BttrsTo? o Btvrtvc.
I,[BELI.O DKl COLON! l/fN l)E.M.\MO IMPERIALE IN ASIA 211
Sembra che la letteu E alla liiie delhi linea (EXE) sia certa ;
bisogna quindi restituiro im vocal)olo coininciando con ^'xe , . , che
regge iin genitivo {[^(hyißeuK). Non c'e altro che ax^'yyvog, ammesso
anche dalleditore. n'Extyyvoi dti-atwq ir lovion; n corrisponde be-
nissimo a qiiel che aspettiamo alla tine del paragrafo. « '£"1' lov-
joig n mostra che hanno finita la fräse d' iiitrodu'zioue diccndo « ed
ecco i fatti per dimostrare 11 foudaineiito della iiostra siipplica".
'Extl^yyvoc'] fiiai avendo 11 senso dl « garantire qualche cosa, ri-
spondere di qualche cosa " cliiede im oggetto uel genitivo, come
p. e. rov dixcd'ov \ f';{i'[yyt'o< ej'öf/<3»;cr£wc n, come scrisse l'editore,
io non saprei capii-e. La fräse, secondo la mia restituzione, offre
una perfetta analogia all' « tiroiiog ixeciu ^ dei vicani di Scaptopa-
rene. Gli Scaptopareni dicono: ^^ t'vroiior heaCuv .. TrQoaxoni^oi^ier »,
gli Aragiieni: « Usteiar nQooäyoner ixb[yyvoi lov dixuiov ii]g ös~\ri-
G6(j)g £f rovToig « .
(§ 3) Segne la terza parte del documento (Iin. 12-15): l'espo-
sizione generale, alla quäle segne quella dei dettagli. Pure questa
parte si ritrova nel libello degli Scaptopareni, dove si hanno le
parole ohoviier — iJQiccio. Dicono i coloni Aragueni : ^ siamo adetti
al tuo demanio {xo)Qioi) e costretti a ricorrere al tuo soccorso perche
molestati ed oltraggiati contra ogni diritto da parte di quelli che
invece di oltraggiarci ci dovrebbero aiutare " . Nel libello di Scapto-
parene quella parte generale della lagnanza e formulato cosi : « Abi-
tando nel vico su nominato in posizione molto favorevole, prima
abbiamo potuto vivere senza guai e contratempi, ora perö dauneg-
giati da questa gente siamo ridotti a miseria " . II senso generale
della fräse che introduce le lagnanze speciali e completameute
uguale se pure in quella degli Aragueni si e accennato alla fortuna
d'una völta, ciö che nelle parole leggibili e conservate del nuovo
libello non si trova. Non v'ha nessun dubbio che l'aggettivo 6X6-
xX)]oog {= integer) appartenga a questa parte della fräse : hanno
detto i coloni : « Siamo vostro paese e finora siamo rimasti 6X6-
xhjQoi . . » . Con tutto ciö perö non si arriva a trovare il vocabolo
(appartenente a oXoxhiQog) del quäle soltanto 1' ultima sillaba -iiog
e conservata. 2siafi6g proposto dall' editore e infondato. Che cosa
vuol dire oaiaiiog 6X6xXr^Qog'? Pare che leditore non abbia saputo
che cosa voglia dire 6X6xXi]Qog. Siccome 6X6xXi^Qog si riferisce alh»
State di coloni che qui si dicono ol xai (ci^evyov jeg le parole >- . . ,'"»»
IG
24*2 A. SCHULTEN
oXöx'/.TQoc 1 devono essere im uominativo appartenente al predicato
foiur : ^ ^looiov fffat'v \^. . x(d . r\inoc 6).6xh]Qoc '\ ecco la frase,
per la quäle ci manca im sostantivo che convenga pure all'agget-
tivo oXöxh^Qoc. Malgrado tutte le eure, io non sono riuscito a sco-
prirlo. Basta perö che il seiiso della fräse sia stabilito per o/.6xh]Q0Cy
il quäle ci mostra che i coloui hanno detto qualclie cosa di simile
a ciö che hanno detto gli Scaptopareni col loro « uöyhjai xcci uöiü-
Gfiatoi -, . . . reröneroi xig viititQuc . . ho creduto dover supplire
aggiungendo [ßor^Osiag fid^ng']. La restituzione della linea 14 e
facile. In riguardo del precedente « 7r«o« td ciÄoyor - ho scritto
u ijxKTicc udixely » ; /r»; cidixiTv sarebbe troppo tiacco. Invece di
oi^i'/.H la siutassi chiederebbe piuttosto « «r wg^/f i, ma il lin-
guaggio dei poveri coloni e lontauo dall' essere elegante.
(§ 4) Con « iitaöyeiot ydg . . . r, comincia il racconto dei det-
tagli che formano 1' oggetto della lagnanza. Dicono gli Aragueni :
n fieffoytioi Tvyyr^icvovteg {=oviec) . . \_Tiüo~\'/^()Hir lU.XöiQiccn x. r.X.
Per intendere la fräse bisogna decidere se fitGÖyeioi Tvy/^üvovieg
sia detto in senso concessivo ovvero causale, cioe se i coloni dicona
che sono stati maltrattati perche ossia beiichc posti nel luffoytiro.
Se la fräse « ß^aoyeiot xvyyiürovTtq n significa xcdnsQ-ivyxdrovTec^
bisogna restituire p. e. la fräse cosi : « fif-ooyfrwi rvyyürovTtc xcd
."KJ^^ .T«o« GTOuTc'cl^Qyrov /n^'ff 7TC(o' dXXov Tirog TKjyrrors ri na-
tiorreg vvv nda^xofxtv (D.XötQiu . . . » . Se perö il iieaöyaioi riy^ce-
roiTsg vuol dire a e7rei6i] luGÖyeioi ^{'/^«»'oj'rf c " , si potrebbe re-
stituire come segne : « M^aöyi-ioi yuq TvyydrorTeg xai tirje nagcc
aiQC(xc<.\_oy()v . . . ßoi^f)oiiixtvoi~\ nüGyoiur ...■». Per veder quäle delle
due restituzioni sia preferibile bisogna stabilire che cosa voglia dire
{.ifcoyeiog. Mhüayt^ioi (ossia ntcöyccioi) sono quelli che abitauo nel
centro, nell' interno d' uu territorio, che nel nostro caso e la pro-
yincia dell'Asia. Ma il vocabolo ha un senso non puramente geo-
gratlco. Poiche i coloni si lagnano dessere stati inqtiietati da gente
che scostandosi dalle strade maestre s'erano introdotti nel demanio,
inaöynog m\ pare che signitichi - lontani dalla strada •' e si debba
spiegare cosi, che i coloni abbiano voluto dire che nonostante quella
posizione nascosta sono stati molestati da parte di truppe in marcia
sulla strada maestra. Mi-aöynog ha dunque qui un senso traslato
e significa « lontano dalle strade -^ . laddove il senso primitivo e
« lontano dai limiti-. Stabilito questo, diventa chiaro che /acd-
LIBELI-0 DEI COI.ONI u't.'N DEMAMO I.MI'EKIAI.E IN ASIA 243
yeioi TVYxcei'oiifc e detto in senso concessivo, cioe « nono-.tante la
nostra posizione lontnna dalle strade^. Ne risulta pure il supple-
mento della fine della liuea 15. I coloni devono aver detto che in
qiiella posizione pinttosto nascosta non erano stati mai molestati.
Siccome in STRATA. pare che Tnltiina A sia certa, l'editoie avrä
scritto con ragione (rioaic(\^()yoi>'], dinindoche tutta la fräse si debba
ricostruire cosi: ^ benche per la nostra posizione remota dalle strade
di comunicazione non siamo stati raai infestati da un comandante
di truppe . . . ora siamo ridotti in istato perfettamente contrario alla
felicitä del vostro regno ". K probabile che qui la fräse sia termi-
nata e che adesso cominci finalmente il racconto dei dettagli, dopo
tutti quei preludi intorno alle stato delle cose quäle avrebbe do-
vuto essere e quäle era di fatto. Soggetto alla fräse che segue sono
u Ol tö 'AKTtiavcor xAr^tt«, . . . " . Siccome si tratta di gente lixuTa-
XifiTtuvovzec rag Xewcfogovc ö^ßoi'g^ « e evidente che si deve sup-
plire non xaTomovrvfc ovvero altro vocabolo per significare un sog-
giorno o domicilio, ma un A'ocabolo esprimente un movimento conoe
« \oi TtffKfSävTeg f/cj xo ^A. xXTnct « , perche quelle persone si allon-
tanavano dalle strade attraversando il demanio. Inoltre non saprei
spiegarmi che cosa della gente abitante nel xA^m 'Anniavmr abbia
potuto avere a fare sulla strada che traversava il demanio di Ara-
guene. JE dunque chiaro che i coloni si lagnano di persone che, in
cammino sulla strada pubblica ed obbligate a rimanere nei limiti
della strada, si siano sviati per le campagne vicine alla strada, dove
non avevano nessun diritto d' itus^ actus. Perciö ho scritto : [0/
7T€fi(fdsvTfg elg^ ro A. xlTiicc. To lArrTtiaiiöv xXTna e il territorio
della cittä ^Annia ovvero Aniu (v. Cities p. 597 not. 3). Pare che
ne esistano monete (AmtcrJn'). Apia era situata sulla strada Filadel-
fia-Cotiaeum tra l'ultima stazione e Acmonia (v. Cities p. 588 not.).
Poiche il demanio d'Araguene si trovava a Sud di Appia (v. Jour-
nal of Hell. Studies 1897 p. 421) la gente che andando a Apia
molestava gli Aragueni veniva dal Sud. K).Tt^ia = territorio, sezione,
appartiene alla bassa epoca della lingua greca (v. Ducange, Gloss.
ad scriptores mediae et inßmae graecitatis s. v.). Pare che il
termine, CIL, III, 7004 (v. sopra), si sia trovato sul confine tra
Appia ed il demanio.
Resta a defiinire a che classe appartenevauo quei prepotenti
che malmenavano i coloni. Poiche nella prossima linea sono nomi-
•_>J4 A. SCliri.TEX
uati [ö-/o«J//(öiY« potrebbe parere che quel vocabolo si riferisca
alle parole precedenti; perö quesfe poco probabile, dovendo allora
il soggetto aioancöica essere posto al principio della fräse («0/
(TrouTuÖTcd Ol m-acfOiVTi-g tic t6 'A. zA'/j«, naQaXniTT((rorifc...y<,
Kvvero ' o'i TTtiK^Oiriitc i-ig tö A. xXTfiu criQaiuoica . . . y>). Pare
(juiudi che si tratti di un'altra categoria di persone, e che i « aiga-
inöicci xfci dvvicaiaiT apparteugano ad ima niiova fräse e foriiiiuo
im'altm classe di ingiurianti. Perciö ho scritto: nQoakii dt... Oltre
ai militari ed ai övräoiai pare che siano stati noniinati altri indi-
vidui. Sieche iu tutta quella parte dell' iscrizione si tratta di per-
sone che venendo da fuori molestano gli Aragueui. . . m'ifQoi si
dovrä restituire nou in [^rßiitt^Qot ma in l^v^fitK-Qoi.
Poiche i KaiactQiuvoC sono menzionati nella linea 30 come
autori di danni, ho creduto di dover supplirli pure nella linea 18
scriveudo : \_Kiaauqiaiol v^it'r^Qoi. I Kaiaagiavoi = Caesariaiii
sono gli impiegati del iisco ben noti dallo fouti giiiridiche come
prepotenti di prima categoria in dauno dei collatores (v. Gotho-
fredo a Cod. Tkeod. X, 7 <i de Caesarianis " , e Ducange, Glosmrio).
Ne parla giä Arriano {Epictet. III, 24, 117 Schenk!) chiamandoli
« TVQavvof » . Abbiamo dimqiie tre generi di persone colpevoli di
prepotenze contro i coloni : militari, d'vvdffiai, Kataitgiavoi. I mi-
litari devono essere stati in marcia per qualche attare, e strada
facendo aver eseguito nel demauio di Tembrion quegli atti ingiii-
riosi contro i coloni. Dovremmo meglio conoscere la storia interna
della provincia d'Asia in quell'epoca per sapere perche quelle truppe
siano state mandate.
Di prepotenze militari contro la plebe rustica parlano spesso
le fonti giuridiche, p. e. L. 5 C. 11, Gl (•), L. 11 C. 12, 35 (').
L. 18 § 5 eod. tit., Nov. 130 {ttsqX naoödov aroancoioh'). Perö
la migliore analogia ci fornisce, come per tutta 1' iscrizione, cosi
pure per questo punto il libello di Scaptoparene col suo racconto
intorno ai militari che « «/A«xor Trf/jgötrrfc " sbandati {xmaXiii-
(') « Prata provinciulium nostrorum et praecipue rei privatae nostrae
pemiciosum est militum molestia fatif/ariv.
(2) u Tribani vel milites nullum evag andi per possessio7ies hn-
hennt facuUatem-n. Eoacjari corrisponde perfettainente al u xcrtcXtuTiayeir nlg
/if)oi'C ».
LIBEl.I.O UEI COI.ONI d'iN DEMAMO IMI'K.KIAI.E IN ASIA. 24.J
nurovTsg T«g löCccg u6oi'c) forzano i coloui a prestare loro quartiere
e vitto.
La seconda categoria sono i « Swcicfica röiv TrcotyoyToyv xai«
rr]v nöhvy. Pure per questo vocabolo si trova la spiegazione nelle
fonti giuridiche dell'epoca bassa ; sono detti övvuaica ovvero <h-
vaxoi i membri della classe doniinaute : i grandi proprietär!, i ma-
gistrati ecc. (v. Zachariae v. Lingenthal, Gesch. d. grieclmch-rö-
mischen Rechts p. 265). L'aggiunta « rwr n^ov^örron' xcnd /*>'
Ttöhr r, distingue quei Srrüa^ai quali grandi personaggi munici-
pali dalle altre categorie. La cittä alla quäle appartenevano questi
^i'vaaiat puö essere Appia; perö non si capisce come i « signori «
di Appia abbiano potuto essere in viaggio verso Appia, come se-
guirebbe dalla restituzione proposta. Si vede che non si arriva a
risultati perfettamente soddisfacenti.
I coloni di Tembrion si lamentano'd' essere stati distiu-bati nei
loro lavori rustici {köv i-'oyo)v ?;u«c affiaTdvxfc). Fnrono pure for-
zati dalle persone sunnominate gli «>or^?^c; pare che si tratti di
servizi chiesti a questa gente da parte degli invasori. Saranno da
intendere oj)era et jiorja, i quali servizi formano pure l'oggetto di
lagnanza nel libello dei coloni Burunitani, perche chieste dai con-
cluctores sallus Biirunüanl oltre il uumero stabilito uello sta-
tuto del demanio. La colpa della terza classe dei prepotenti: dei
KcaaaQtavui deve essere stata quella di aver cospirato coi militari
e dwctüTai in danno dei coloni invece di difenderli coutro quelle
prepotenze. « nuQaTTQäaaoitfg [/ « ,«>; «^f/]/o,'«f )« «vroTc « si rife-
risce ai servizi e lavori chiesti contro ogni diritto.
E affatto lo stesso TraQanQäGaeiv l'oggetto del libello degli
Scaptopareni i quali dicono : >^ . . oi arotcmöiai dUccxov tti-^itto-
^uvoi xcciahii:ucrovr^g rag hh'ac d^oic ttqoc »;/t«c Traoaynoi'-
Tca xm.. xartTiHyovGiv nuQt'xHV avioTc rck 'it-viug x(a nc tm-
CTqöi-lci y .
Segue al racconto dei coutratempi sofferti la costatazione che
tutto questo malanno si sia fatto contro i diritti dei coloni garan-
titi dair imperatore Filippo quando tu ^'-rfa>x'>c. cioe p-aefeclu^s
praetorio (lin. 22 seg.). Si riferiscono specialmente ad un rescritto
e lo lanno seguire verbalmente. Quel rescritto risponde ad un libello
dei coloni contenente lagnanze simili a quelle che formano loggetta
del nuovo libello.
■24»; A. SCIIILTEN
Cosi i coloni Scaptopareni pure ricorrono a decreti dati in loro
favore dai goveruatori della proviucia della Moesia, corrispondenti
alle norme stabilite dall' imperatore ('). L' imperatore M. Julius
Philippus fu nominato irraefectus praetorio da Gordiano III dopo
la morte di Timisiteo nell'anno 244 (v. Clinton, Fasti Romani I
p. 260). Intorno alla giurisdizione ^^\ irraefecti praetorio (« f/r^c-
yoi » V. Mommsen, Staatsrecht \l\ p. 860) posso riferirmi a quelle
che ha esposto il eh. Mommsen {Staatsrecht ir\ p. 1120 seg). Per
la formula - öitTreir r>;j' enao/ov \j'iovaiCir~\ ^ si puö paragonare la
fräse analoga öioixtTv T7]y €. e^oraiai' che si trova in im' iscrizione
pubblicata nel ßtdl. de Corresp. hell. 1887 p. 351. 'Eittiayiiüi] cor-
risponde al latino referre ia, fräse tecnica per sigaiücare 1' iscrizione
dei rescritti imperial! nei commeiitarii {vTruixi-jitctTu), v. Mommsen,
Staatsrecht IP, p. 907, e Brissonius, de formtdis p. 291. Bizarro
e il verbo xivtTv uella fräse « otkoc rrtq] tovtwv ixivrßr^ aov i]
\_uvTiYQC((fi]'\ - io neu trovo altro esempio di quell'uso, o meglio
abuso, di xirtTr. Nella linea 26 1' editore corregge D////TIVIS in
d.\ji(}ti[_/iys ; rai pare perö che sarä meglio scrivere ö?[m]//M[L«J]5.
Neil" ultima parte del loro libello (liu. 27 seg.) i coloni dicono
che, nouostante questi rescritti favorevoli essendo stati maltrattati
dalle persone sopra nominate e specialmente dai Kaiaaoiavof, si
rivolgODO di nuovo all' imperatore. Come gli Scaptopareni parlano
della loro idiomkc (. . r/;c idtoniccc j},«wi' xceTctcfoovovvr&g p. 247)
ed i Burunitani si chiamano ^ homines rustici ^ (lin. 19) e * ru-
stiel tut vernulae » (lin. 28), cosi i nostri supplicanti dicono di aver
sofferto tutto questo perche i prepotenti sfruttavano la loro dyooixia
(= rusticitas). Si rede che fino al piü piccolo dettaglio lo stile
di tali suppliche era schematico.
Descrivono poi lo stato deplorevole nel quäle sono ridotti per
quelle prepotenze : . . . (rxtaOca si deve restituire in \jTi7TQ('c']axf-(jbc(i,
il quäle vocabolo si riferisce alle vendite eseguite dai haiaa^iavoi
in danno della proprietä dei coloni. E probabile che l'oggetto di
quelle vendite sia stato la raccolta dei coloni. Come i loro fratelli di
Scaptoparene i nostri coloni deplorano che i loro paesi siano rimasti
abbandonati dagli abitauti in conseguenza defjli atti di violenza.
Cj " . . ä'eri'/oMf// toig r,ytu6ai xrjg BQÜxrjg, o'ixiveg dxo'/.oi'Öcjg rntg f-.eUttg
ft'io'/.u7g {==^ secundum sacra maacJata) ty.tXevam' ((o^'/.TJiovg tjjjtig eip(un.
I.IIIKLLO DEI fOLONI I) ('N DEMAMO IMPKHIAI.K IN ASIA 247
II resto del libello, dalla linea 82, e completainente illeggibile,
ma cli certo vi fu scritto : « per qiiesto ci rivolgiamo di iiuovo a
te, Cesare, implorando il tuo aiiito cootro i iiostri iiemici ed op-
pressori » .
Giunto alla tiue del imovo documento riguardante i coloni dei
saltiis, Uli resta a dire che esso e ima nuova prova della miseria
nella quäle si trovava la plebe agricola del basso inipero e che tra
tanti altri motivi fu uria causa assai importaute della debäcle. Si
avvicina questo libello dei coloni Aragueni il piü vicino possibile
a quelle dei vicani Scaptopareui e airepistola dell' imperatore Giu-
stino II che difende i coloni ed adscripticii delle possessioni ap-
parteueiiti alToratorio di S. Giovanni. I priucipali colpevoli sono in
tutti e tre i documenti i militari che passando per il territorio dei
üupplicanti si permettevano ogni genere di prepotenze e che, come
risulta dal nuovo documento, erano aiutati nel loro comportamento
illegale dai funzionari stessi dell' imperatore {u. KaiaaQiavoi y).
Questo e il punto pel quäle la nuova iscrizione si avvicina a quella
dei coloni Burunitani, perche anche in Africa le prepotenze in
danno dei coloni imperiali, fatte dai conducloreSj trovavano l'ap-
poggio dei funzionari imperiali, dei iwocuratores saltus.
A. Schulten.
MONTE CAVALLO.
(Tafel \IIIj
In den Jahiimnclerten des aiisgelieuden Mittelalters gab es in
Rom zwei Stätten, au denen grössere Mengen antiker Bildwerke,
nachdem sie die Verheerungen und Verschüttungen barbarischer
Zeiten glücklich überdauert, eine Unterkunft gefunden hatten. Der
Palast und die Kirche des Laterans beherbergten unter ihrem
Schutz eine Anzahl eherner Werke. Auf den von de Rossi heraus-
gegebenen alten Stadtplänen fehlt nicht leicht der sagenumwobene
gran vUlano (') ; in dem ältesten, dem der Zustand des dreizehn-
ten Jahrhunderts zu Grunde liegt, sind auch der Kolossalkopf und
die Hand (-) hinzugefügt. Die ehrwürdige Wölfin, noch ohne die
Zwillinge, war allmählich aus dem Inneren des Palastes, wo sie als
Symbol der Gerichtsstätte gedient hatte, aussen an den Thurm über-
gesiedelt, von wo sie auf den weiten Platz herabschaute {^). Irgendwo
im Innern werden der Marzo della sjiina {^) und der Camillus, die
sog. zinfjara (^), geborgen gewesen sein. Endlich vervollständigten
(1) Stevenson, Annoli 1877 S. 373 ff. De Rossi, Bull, comun. 188C S. 348 ff.
Löhr, Eranos Vindoh. S. 56 ff.
(«) De Rossi, Plante di Roma Taf. 1. Stevenson a. a. 0. S. 381 f. Ueber
die palla Sansonis s. Maes, Cracas 1891.
(3) Infessura ed. Tommasini Taf. 3. Stevenson a. a. 0. S. 375 ff. Der
Platz, den die Wölfin im J. 1471 zunächst über dem Eingang des Conserva-
torenpalastes erhielt (Mitth. 1891 S. llj, erinnert an jene Aufstellung am La-
teransthurm.
(*) Die richtige Erklärung des Namens Marzo gibt Aldenhoven, die Na-
tion, XIII, 189.5-C, S. 173; in vielen Reliefs mit Monatsbildern aus dem Mit-
telalter wird der März so dargestellt, weil nel marzo 0(jni villan va scarzo.
(s) Vgl. Mittheil. 1891 S. 14 f. A. Fulvius, Antiquaria f. E IV erkennt
richtig den Knaben : pubertate pari iuvenes, alterque togatus Stansque pero-
ranti similis, suhlatus ad auras ; Altera forma sedens (der Dornauszieher).
A. MICHAELIS, MONTE CAVAI.I.o 249
ein paai- marmorne Löwen, die tViilier auf niedrigen Säulen neben
der Ueiterstatue, später vor der Tliür der Kirche lagen ("), diese
werthvolle Antikensammluug. Bekanntlich kamen die Erzwerke
sämmtlich 1471 durch Schenkung Sixtus IV auf das Capitol, wo
sie den Kern des ältesten städtischen Museums bildeten (").
Die zweite Sammlung von Antiken nahm den westlichen Vor-
sprung des quirinalischen Hügels ein, der gegen den Campus
und den Vicus longus steil abfällt. Sie umfasste ausschliesslich Mar-
morwerke, zum Theil von ungewöhnlicher Grösse. Den Mittelpunkt
dieser Monumeuteugruppe bildeten die kolossalen liossebändi-
ger auf ihrem plumpen Unterbau mit den Inschriften opus Fidiae
und opus Praxitelis. Ihre Grösse, ihre stattliche Erscheinung, ihre
im ganzen vortreffliche Erhaltung (hatte doch das eine Pferd sogar
sein rechtes Vorderbein vollständig bewahrt) mussten sie als ein
wahres Wunder erscheinen lassen und sie zu den populärsten Denk-
mälern des mittelalterlichen liom machen. Die alten Stadtpläne
übergehen sie nicht leicht. Schon der dem Einsiedler Itinerar zu
Grunde liegende Plan aus der Zeit Karls des Grossen wies die
cavalii marmorei reclits von der Strasse von der Porta Numentana
zum Forum auf(^); die späteren Pläne bilden sie ab, einmal mit
der Beischrift moute et cavalii marmorei {^). Auch die Mirabilien
knüpften ihre Sage von den weisen Jünglingen Praxitelus und Fidia
und deren symbolische Deutung an die caballi marmorei. Aber in
der üeberschrift dieses Abschnittes (^■^) erscheint die Singular form :
iliiare [actus est caballus marmoreus. Dies entspricht dem stehen-
den volkstümlichen Gebrauch des späteren Mittelalters, der die ganze
Doppelgruppe als caballus zusammenfasste. Daher der Name Monte
Cavallo, der den alten Namen des Quirinals so vollständig verdrängte,
dass Flavio Biondo den Quirinal für den Esquilin erklären konnte.
Dahei- die CO dt rata caballi oder 7^egio equi marmorei {^^); daher
(6) Heemskerck I, 71 (Ges. Studien für A. Springer; Tafel zu S. 228 f.T.
Springer]. Lanciani, Ruins S. 345). Aldrovandi S. 313 f.
(') Michaelis, Mitth. 1801 S. 12 if.
(8) Jordan, Topogr. II, 649. S. Lancianis Recnstruction des Stadtplanes
in den 3fon. ant. dei Lincei I zu S. 551.
(9) De Rossi, Plante Taf. 2, 2.
(10) Kap. 14. Jordan II, 619.
(11) Adinolfi, Roma neWetä di mezzo II, 2533. 3252. Armellini, Chiese
dl Roma-^ S. 286. Gregorovius, Gesch. d. Stadt Rom IIP, 524«.
250 A. MICHAELIS
der Beiname eines der Crescentier, die im zehnten Jahrhundert
eine so grosse Rolle in der Stadtgeschichte spielten, und so man-
cher anderen hier angesessenen Bürger a caballo marmoreo (•-);
daher die Namen der benachbarten, theihveise sehr alten Kirchen
— S. Andrea und S. Agata oberhalb C-^), S. Saturnino neben ('^),
S. Salvatore und S. Stefano unterhalb der Gruppe ('"') — regelmässig
de caballo, de caballo marmoreo, de equo marmoreo, nur Vereinzelt
einmal de caballis oder de caballis [equis) marmoreis. Auch in Si-
gnorilis Inschriftensammlung ist vom locus caballi, lovium ca-
balll (""') die Kede. Ganz vereinzelt kommt daneben im elften Jahr-
hundert der Ausdruck locus qui dicitur opus Praxilelis vor, doch
rührt er von einem litterarisch gebildeten Nichtrömer her('"); sonst
treten die Künstlernamen erst in der Zeit der Renaissance wieder
auf ('^). z. B. auf dem Stadtbilde Alessandro Strozzis vom Jahre 1474,
(>2) Ueber Crescenzo a cah. marm. s. Adinolfi II, 258. Reumont, Gesch.
d. Stadt Rom II, 1, 293. Gregorovius IIP, 373 ff., wo andere Männer dieses
Beinamens aus dem 11.-13. Jh. angeführt -werden (S. 375')
(•3) Armellinii S. 184 (S. Andrea a klonte Cavallo noch heute an der Via
del Quirinale und 2 S. 201 (wo aber nacli Hülsen S. Ay. de caballo mit S. Aj.
de Subura vermengt wird).
(}*) Sub ymaginibus caballi marmorei. Armellini^ S. 286 f. Adinolfi II, 259.
Lanciani, Bull, comun. 1894 S. 104^. Fabricius, Roma, 1551, S. 31 spricht
von den Kolossen prope aedera S. Saturnini. Hiernach möchte man an die kleine
Kapelle denken, die Bufalinis Plan (s. unten Fig. 1) an der via de Corneliis
aufweist. Der Cardinal Olivieri Carafa (Anm. 91) restaurierte sie.
(15) Armellinii S. 182 (Adinolfi II, 253. Lanciani a. a. 0. S. 102 f.) und 2
S. 264.
(16) De Rossi, Prime raccolte S. 45. C. I. L. VI, 1148.
(!'') Benzo, Biscliof von Alba, ad Heinricum IV, in den Mon. German.,
SS. XI, 621 : posuerunt se in insidiis ad locum q. d. 0. P.
(18) Petrarca, epp. famil. VI, 2 an Gio. Colonna: hoc Praxitelis Phidiae-
ijue extans in lapide tot iam saeculis de ingcnio et arte certamen. .\uch
Fazio degli überti im Dittamondo II. 31 (um 1300) spielt auf die Inschriften
an : vedi i cavai di marmo, e vedi i due Che gV intaf/liaro, appunto rome leggi
(vgl. Jordan II, 391). Er sieht also darin nicht mehr, wie die Mirabilien, die
Namen der Dargesi eilten, sondern die der Künstler; anders allerdings nach
der Lesurt des zweiten Verses in einer Turiner Hau'Ischrift bei A. Graf, Roma
nella memoria del medio eco I, 1-12: Nudi, che 'ndivinar come tu leggi.
1375 schrieb Giov. Dondi die Inschriften ab (s. u. Anm. 87), und 1467 sang
ein namenloser Dichter über den Quirinal : inspiciens circum thermas post
tcrga rdiqui, Quarum reliquiae praecipitare parant. Quadrupedes Phidiae
MONTE CAVALLO
251
das deutlich die Spiireu voo Biondos Forschung aufweist ('^). Von
Biondo rührt auch die lange Zeit geltende Identificierung der Gruppe
mit dem equus (oder den equi) Tiridatis rec/is Armeniorum her,
den die alten Regionenverzeichnissc nennen, aber in der siebenten
Region, während der Qnirinal zur sechsten gehörte (-").
Den Standort der Kolossalgruppe gibt Bufalinis Plan (Fig. 1)
, » • • o
. • • • ° „
aaa
Fig. 1. Aus Bufalinis Stadtplan {1551).
laceros comitisque videbam : Amborum tantum scripta retusta manent (E.
Müntz in den MÜanges de Rossi, 1892; S. 140). Aehnlich auch noch der Pro-
spettivo milanese [Atti dei Lincei 1875-7G, II, iir, 3) Str. 11: ove de serpen-
tino, marmo e ckreta, Di porfido, alabastro et altre gemme, Di man di Phidia
(e) Praxitele leta [12] Sonci doi gran colos'' (etwa cavaV ?) ambedo insieme,
Con doi a piedi che lor freu tenea, Che son perfecti e de graiidez" extreme.
(19) De Bossi, Piante Taf. 4. Zu den Benennungen {palazzo di Cornelio,
turre Mecenatica) vgl. Biondo, Roma instaur. I, 97. 100. Biondos Buch ward
1446 vollendet, s. Voigt, Wiederbelebung d. class. Alterth. W, 5043.
(2'^) Jordan II, 551 ; die bessere Ueberlieferung, im Curiosum, gibt den
252 A. MICHAELIS
an (-'). Durch die sog. via CoraeUoriini, die eiiiigerraassen dem
imteren Tlieil der heutigen Via del Quirinale entspricht und, wie
Nachgrabungen gezeigt haben, einem
antiken Strassenzuge folgt (--), wurde
sie von den Constantinsthermen ge-
trennt. Vor den Rossen kennen die
Mirabilien die Statue einer sitzenden
s c h 1 a n g e n u m w u n d e n e n Frau
mit einer .Schale oder einem Becken
iconca) davor (-3). Die späteren Be-
schreibungen erwähnen sie nicht mehr,
daher sie früh verschwunden zu sein
scheint, ähnlich wie der kleine gefan-
gene Barbar unter dem gehobenen Huf
des ehernen Marcaurel (-'*). Sonst
möchte man an die überlebensgrosse
giustiuianische Hygieia (-'^) denken
mit ihrer riesigen Schlange und der
Schale in der Linken, deren starke Ergänzungen sich durch eine jahr-
hundertelange Aufstellung an einem sehr exponierten Platze leicht
erklären würden. Sie erscheint als besonders geeignet mittelalterliche
Gemüther zu fesseln und zu allegorischen Deutungen zu reizen.
In noch näherer Verbindung mit den Rosselenkern und ihrer
Basis standen vier Statuen Constantins und seines gleich-
namigen Sohnes, die das Dach einer vermuthlich an die grosse
Basis angelehnten Halle trugen. Das lovlum caballi erwähnt schon
Singular. Der Zusatz aenei erscheint erst im sog. P. Victor {Urlichs, Cod.
topofjr. S. 37).
(21) Bufalinis Plan ward am 26. Mai 1551 herausgegeben'; Bufalini starb
1552. S. Bertolotti in Goris Arrh. stör. d. prov. di Roma IV, 157 und in
seinem Artisti veneti in Roma S. 40 f.
(") Vgl. Lanciani, Forma U. R. Bl. 16.
(*3) Mirab. Kap. 14: ante cabaUos femina serpentibus circumdata sedet
habens concar/i ante se ; sie wird auf die Kirche gedeutet.
(2*) Löhr im Eranos Vindob. S. 56 ff.
(25) Matz-Duhn n. 854. Gall. Giustin. I, 8 = Clarac 474, 890. Wenn
Lanciani, Ruins S. 432 die mirabilianische Statue in der einst cesischen thro-
nenden Roma des Conservatorenpalastes (Clarac 770 E, 1903 A) wiederfinden
will, so ist dies verfehlt, da die Roma nicht von Schlanjren umwunden ist.
MONTE CAVALLO 253
Signorili zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts {-'•), die porlicus
eqiäs Ulis contlgua etwas später IJiondo (-"); ausführlicher berichtet
1452 der Nürnberger Nikolaus Multel, dass auf den Häuptern der
vier Statuen das ganze Gezimmer und Dach ruhe, darin man zu
Gericht gesessen habe (-^). Ist mit letzteren Worten der Zweck der
Halle richtig bezeichnet, so würde auch hier, wie bei der latera-
nischen Wölfin, dem lateranischeu Marcaurel, der capitolinischen
Löwengruppe (-"), ein antikes Bildwerk in engster Verbindung mit
der mittelalterlichen Rechtsprechung auftreten, und dieser Umstand,
vielleicht auch dass es eben Constantinsbilder waren, könnte mit
zum Schutze der Statuen beigetragen haben. Nach der Mitte des
Quattrocento wird übrigens die Loggia nicht mehr erwähnt ; sie
wird abgerissen worden und hierbei eine der vier Statuen verloren
gegangen sein. Denn im folgenden Jahrhundert treten nur noch
drei Constantine auf, und zwar waren sie damals auf den Ecken
der grossen Basis aufgestellt {^^). Diese drei Statuen wurden sodann
(2ß) C. L L. VI, 1148 flf. mit Mommsens Verbesserung lovio (Loggia)
Stadt clivio, loco und ähnlicher Entstellungen. Wenn nur die zweite Hand in
der Veronenser Handschrift des Felicianus die vierte Statue (Constcoitinus
Aufi) in Exqiciliis in porticu kennt, so hätte Henzen daran doch nicht zwei-
feln sollen, da auch Biondo und Muffel die gleiche Zahl nennen. Da aber die
übrigen Handschriften, die auf Signorili zurückgehen, nur von drei Statuen
sprechen, muss die vierte wohl eine etwas verschiedene Aufstellung oder Ver-
wendung gehabt haben.
(2'') Roma instaur. II, 19: e.vtant in porticu... statuae quatuor marmo-
reae pedestres, quarvm basibus Co7istantini nomen inscriptum est.
(28) iMuflfels Beschr. d. St. Korn, ed. Vogt, 1876, S. 60 f. : darumb [um
die Rosselenker] sten vier seulen die sind von merbelstein gehaicen als men-
schen (vgl. mit diesem Ausdruck Kaibel, Inscr. gr. lialiae n. 1234 in qiiodam
marmore instructo in humanam formam vom belvederischen Torso) und send
abtgotter gehest u. s. w. Vgl. Mittli, 1888 S. 271, wo ich diese Statuen verkannt
und fälschlich die duo senum (die Constantine sind unbärtig) marmorea si-
mulacra tectum logiae sustinentia im Palazzo Colonna (Fulvius, Antiquit.
f. 69^) damit zusammengestellt habe. Vernmthlicli sind hiermit die Barbaren-
tatuen gemeint, die Paul III aus dem Hofe des Palazzo Colonna in den Palast
Farnese überführte (Vacca, Jl/em. n. 44. Cavalieri I. II, 30 f. Vaccarius) ; jetzt
in Neapel n. 6116. 6122 (Clarac 854 B, 2161 F. G).
(2») Vgl. Mitth. 1891, S. 8 f.
(3ftj Fulvius, Antiquaria Urbis, 1513, f. G IN'': nee longe (von S. Satur-
nino) in vertice montis Tres Constantini statuae de marmore surgunt, Stant
uhi marmorei geminique in monte cabaJli. Derselbe, Antiquitates Urbis, 1527,
254 A. MICHAELIS
unter Paul III, zwischen 1536 und 1544, auf das Capitol geschafft,
wo zwei von ihnen seit 1653 das Geländer neben der Oordonata
schmüokeu. während die dritte im Jahre 1737 in die Vorhalle der
Laterankirclie hiuübergebracht wurde (^'). Dass die Statuen aus den
benachbarten Coustantinsthermen stammten, ist höchst wahrschein-
lich, wenn auch aus so früher Zeit begreitl icherweise eine Fund-
notiz nicht existiert ("^-).
Weit melir Aufsehen als die Constantine, die Poggio nicht
einmal der Erwähnung wertli hielt, machten von je her, schon um
ihrer kolossalen Grösse willen, zwei liegende Flussgötter,
die nicht weit von den Caballi am Boden lagen (^3), links von der
via Corneliorum wenn man zum Platz hinaufstieg i}^), wie es scheint
bei dem uischenreichen Gemäuer, das Bufalinis Plan (Fig. 1) dort
aufweist und das man mit zu dem palaiium Constantini rechnete
f. XXni**'" nach Erwähnung der Rosse : extant ibi tres Constantini Imp. sta-
tuae pedestres, adhuc Staates cum titulis, militari habitu, pari forma et sta-
iura. Genauer Marliani in der ersten Ausgabe von 1534, S. 119'': statuas pe-
destres, militari habitu... nunc in angulis basis equorum Phidiae et Praxitelis
stantes. Danach Fichard in seiner Italia (1536) im Frankf. Archiv III, 1815,
S. 41 : impositi sunt (equi) in basi alta, lata et quadrata, vuk/ari muro
excitata, in cuius reliquis angulis pedestres statuae, habitu militari... vi-
dentur. Vgl. auch Vacca, Mem. (1594) n. 10: sopra il medesimo posaynento
vi erano due Constantini di marmo u. s. w. Vgl. Taf. VIII.
(31) Ueber die Schicksale der Statuen seit ihrer Versetzung aufs Capitol
vgl. Mitth. 1891, S. 31. 49. Bernoulli, röm. Ikonogi-. II, 3, 216 ff. Abbildun-
gen der drei Statuen bei Agincourt, ff ist. de Vart, sculpture Taf. 3, 2-4; der
lateranischen {Constantinus Aug., CLL. 1148) bei Brunn-Arndt, Portr. 82.
Bernoulli, Taf. 50, der beiden capitolinischen z. B. bei Cavalieri, I. II, 78.
Visconti-Mongez, Iconogr. rom. IV, 62, 1-3. CLarac, 980, 2527 {Constantinus
Aug., C. /. L. 1149) und bei Clarac 2526 [Constantinus Caes., C. L L. 1150).
(32) Erst Oaniucci, Antich. di Roma, 1565, S. 121^' lässt sie in den Ther-
men gefunden sein, Nibby, Roma nel 1838 II, 808 gar erst beim Fundament-
graben für den Pal, Rospigliosi im 17. Jh.
(33) Mirab. 27: ibi iuxta sunt caballi marmorei. Biondo I, 99: proximo
ac pene contiguo loco sunt lapidei caballi. Gio, Rucellai (1450; Arch. d. soc.
rom. di storia patria IV, 1881, S. 577): appresso. Albertini (1509) f. e>0^ :
apud equos Tyridatis. Fulvio, Antiquaria, 1513, f. G IV'': haud procul.
(3<) Biondo I, 98 : visuntur ea in Corneliorum via ad sinistram statuae
ingentes duae colosseae senum seminudorum. Die Reihenfolge ist: Thermen,
Flussgötter, Caballi, Mesa (Frontispizio di Nerone) und Giardino Colonna.
MONTE CAVAI.I.O 255
oder als domus Conieliorum bezeichnete (■''). Das grosse Mantuaner
Stadtbild, dessen Verlage um 1490 entstanden ist, zeigt die eine
Statue (den Nil) vom Kücken gesehen zu Füssen der grossen Ba-
sis ('"'). Die beiden Statuen führten im Mittelalter die Namen
Saturnus und Bacchus (Anm. H.")), ersteren wohl sicher wegen der
benachbarlen Kirche des H. Saturninus, ob letzteren nach der im-
merhin etwas entfernten Kirche der HH. Sergins und Bacchus
in der Subura (•'')? Aber schon gegen Ende des fünfzehnten Jahr-
hunderts erkannte man in ihnen Flussgötter. Das Skizzeiibuch im
Escorial (von Giuliano da Sangallo '?) bringt zwei Abbildungen des
Nil, die eine als marfarlo di chavagli, " Marforio von Monte Ca-
vallo », bezeichnet; um seine Kolossalität kenntlich zu machen, ist
ein Mensch auf dem Haupte des Gottes sitzend gezeichnet: es
muthet an wie ein Bild aus Gulliver (■^'). Der gleichzeitige Pro-
spettivo milanese widmet einige seiner mühsamen und schwer
verständlichen Keime den gra)i dei dlcati cd ßiime (^-'j. Für die
ps) Mirab. 27 : ihi in palatio {Constantini) fuit templum Saturni et
Bacchi, ubi nunc iacent simulacra eorum . ibi iuxta u. s. w. (Anm. 33). Vgl.
Jordan IT, 526 f. Bei Bufaliiii und im Stadtplan bei Marliani, 1541, S. 1:!
scheint dieser Rest als domua Cornelioruin oder de Comeliis gemeint zu sein.
Uebrigens kennt schon Fulvius, Antiquit. f. XXIII**'' diese Benennung nur aus
der Tradition : quidam tradimt, d. h. Biondo I, 97 ; aus letzterem schöpft
wohl auch Albertini f. 82^
(36) De Rossi, Plante Taf. 10; die Statue liegtauf dem nackten B^deii.
S. die Nachbildungen dieser Stadtansicht im Text zu Ant. Denkm. II, S. 7.
Zur Zeitbestimmung s. E. Müntz, Rev. crit. 1880, II, 215. Vgl. Hülsen, Bull,
comim. 1892 S. 45 ff.
(") S. Saturnino: Anm. 14. SS. Sergio und Baeco in CaUinico, jetzt Ma-
donna del Pascolo bei S. INlaria dei Monti : Armellini^ S. 206.
(38) Escorial. f. 28'' und 46^ vgl. Justi bei .Müntz, Antiquit. de Ja ville
de Rome S. 157 ff. Nähere Nachrichten über das Skizzenbuch verdanke ich
Prof. J. Ficker. Obige Blätter werden in der fünften Serie von Arndt-Ame-
lungs «Einzelverkauf») erscheinen, -t Wegen Sangallo vgl. Hülsen, Mitth.
1891 S. 145.
(39) Prospettivo (Anm. 18) Str. 117: Monte Cavallo ancor nollo agio
scosso, Che vi son doi gran dei dlcati al fiume, Di tal bontä che dlre apena
et posso. [118] Nudl ambendui in terra cosolumi (?), in cocodrillo, sopra
un cornocopia, Sotto al cuhito so cargato gume (?), [119] Che par viva
natura et S pur copla, ProstraV in terra sta che par che scivoll, Ch'un tal
trovarne cl sarebbe inopia. (Mit dem cocodrillo muss entweder die Sphinx
oder der Tiger, mit dem cargato gume das andere der beiden Thiere gemeint
256 A. MICHA Kl. IS
KinzeUleutuii^ wm-den Neptun {^% Acheloiis und Ister (") bemüht,
bis Andrea Fulvio 1527, nachdem die Statuen mittlerweile auf
den Capitolsplatz versetzt worden waren, die richtigen Namen Nil
und Tigris aussprach (^-). Dort, w^o sie zunächst den Eingang zum
Conserratorenpalast bewachten, ward ihre Herkunft vom Monte
Cavallo bald vergessen, so dass Marliani dies 1544 nur als seine
Vermutlumg vorbrachte (^^). Auch noch andere Namen, aus Roms
Nachbarschaft entnommen, Auio und Nar, wurden vorgeschlagen (•^■'),
aber erst nachdem beide Statuen kurz vor 1550 ihren Ehrenplatz
neben j\Iichelangelos Doppeltreppe zum Senatorenpalast eingenom-
men hatten, ward der Tigris durch Umarbeitung des Tigers zu ei-
ner Wölfin und durch Hinzufügung der Zwillinge in einen Tiberis
verwandelt und so, gleich dem echteren Genossen im Belvedere,
dem Nil gegenübergestellt (->■>). Ob die Flussgötter ebenso wie die
Constantinsstatuen aus den Thermen herrührten, ist ungewiss. Wäre
der kolossale Tempel im Giardino Colonna, zu dessen Resten auch
das sogenannte Frontispizio di Nerone gehörte, der Sonnentempel
Aurelians, wie ja seit dem sechzehnten Jahrhundert vielfach ange-
sfin ) Etwa frleiolizeiti,<; ist das bewundernde Zeugnis eines (toskanischen ?)
Künstlers, der vorübcr.o-ehend Ilom besuchte, im sog. Skizzenbuch Kaphaels in
Holkham (Passavaut-Lacroix, Raphael dfUrbin II, 521): Anchora si trova due
/igure grandissime di marmo che, quanto piü le guardi, piü ti paion vive.
E v'i una die c IJ braccia. Sono ad iaciere. Sono intere. Secondo la testa
xono chos), Valtra c un pocho minore, ma pichola cosa.
(40) Albertini f. GO''.
(4') Fulvius, Antiquaria f. GIV^': liaud procul ingentes immani mole
recumbunt Marrnorei geminique senes Achelous et Ister, In quormn manibus
pleno stat copia cornu.
(42) Fulvius, Antiquitates f. XXI'', seltsamerweise ohne den früheren Auf-
stellungsort zu erwähnen.
{^^) Marliani hatte in seiner ersten Ausgabe (1534) S. SO' nach Fulvio
die Statuen auf dem Capitol beschrieben, S. 120'' sie nach Biondo als einst
auf dem Quirinal befindlich erwähnt. Ebenso in der neuen Bearbeitung (1544)
S. 26 und 88, wo er aber an letzterer Stelle hinzufügt: Ilas autem colosseas
■statuas eas esse, quae hodie in Capitolio cernunlur, crediderim. Marliani war
kein geborener Römer, sondern stammte aus Robbio in der Loraellina, zwischen
Vercelli und Mortara (Bertolotti, Artisti subalpini in Roma S. 51 ff.).
{**) Bei Marliani. 1544, S. 26. Fabricius S. 141. Mauro S. 11. Dagegen
• rklärcn sich Faunus S. 31'' und Aldrovandi S. 260.
(15) Mitth. ISra S. 20. Für den Tiger zeugen auch Fabricius S. 14 l und
<!amucci S. 1"/.
MONTE CAVAl.I.O
257
nommen wird (■"'), so würden Tigris und Nil die Frenzen des von
dem Kaiser eroberten Reiches der Zenobia bezeichnen k«jnnen ; es
wird ja aber sicher bezeugt dass dieser Tempel im Campus lag (^").
Merkwürdig ist es immerhin dass auch diese grossen Statuen, wie
die Rosselenker, obschon sie anscheinend unmittelbar auf dem Roden
lagen, so wenig bescliädigt das i\Iittelalter überdauert haben.
In dem « Hause der Cornelier » befand sicii im sechzehnten
Jaluhundert noch ein antikes Marmorwerk geringeren Umfangs, ein
Sarkophag mit den Darstellungen der Leda und desGanyme-
des (■''*). Er ist nach der Mitte jenes Jahrhunderts verschwunden, ist
aber dadurch bemerkenswerth, dass wahrscheinlich Michelangelo aus
der Composition der Leda den Keim sowohl zu seiner Statue der
Nacht in der mediceischen Grabkapelle, wie auch zu seinem Tempe-
ragemälde der Leda entnommen hat {^'■^). Zwei andere Reliefs von
Monte Cavallo {in chavatjli) copierte der Zeichner des Escorialensis,
einen Triton mit einer Nymphe und einem Eros, und Putten mit
Guirlanden P). Ein spätes Wei^hrelief « a monte cavcdli ' ist
im Pighiauus wiedergegeben, drei unten bekleidete Nymphen,
Muscheln vor dem Schoss haltend, zwischen dem phrygisch beklei-
deten Attis mit Scepter und Mercur mit Caduceus und Beutel (>■');
(46) Diese Aniifihme findet sich zuerst, aber noch in sehr allgemeiner
Form, bei Fulvius, Antiquit. f. XXII**^': in hoc ambhu fuisse olira creditur
templum Solls ab Aureliano Imp. conditum. Sie wird zuletzt vertreten von
Lanciani, Ball, comun. 1894 S. 297 ff. 1895 S. 94 ff Ruins S. 430 ff.
(47) Becker, röm. Alterth. I, 587 ff Urlichs. :\IHth. 1888 S. 98. Richter
in I. Müllers Handbuch d. klass. AW. III, 873 f. Hülsen, rhein. Mus. 1894
S. 393 ff Bull, comun. 1895 S. 39 ff
(18) Eobert, ant. Sark.-Eeliefs II Taf. 2, 3. Die Ortsangabe in domo Cor-
neliorum findet sich im Pighianus f. 301 (von Jahn n. 156 übersehen); im
Coburgensis fehlt die Zeichnung. Robert S. 7 vermuthet dass die anscheinende
Sarkophagplatte ein Pasticcio aus antiken Stücken sei, was allerdings kaum
vor Lorenzettos Thätigkeit im Palazzo della Valle in den zwanziger Jahren
des 16. Jhs. (Vasari IV, 579. Jahrb. 1891 S. 225) denkbar sein würde, und
auch dann kaum erklärlich, da die domus Corneliorum eine Ruine, kein be-
wohntes Haus war.
(■49) Vgl. meine Ausführung im Strassburger Festgruss an A. Springer,
1885, S. 40 ff.
(50) Escorial. [Anm. 38] f. 23'-. So nach Ficker, ungenau bei Müntz, wo
auch die Beischrift fehlt. Waren es ebenfalls Sarkoi-hagreliefs ?
(51) Pigh. f. 260, n. 65 Jahn. Die Zeichnung ist offenbar stark " verschö-
nert« und, wenn das Relief wirklich mit dem auf f. 11 identisch ist, recht
17
•258 A. MK-HAEI.IS
vielleicht ^ehöde eiust ein ähnliches Relief dazu, das drei ebenso
•gebildete Nymphen zwischen Hercules und Silvau zeigte und von
den Soderini bei Herrichtung des Mausoleums des Augustus ver-
wendet ward {^-).
Ferner Avard c^egen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts auf
Monte Cavallo in einer angeblichen Kapelle des Hercules eine
Statue des ausruhenden Heros, iin Motiv der faruesischen Statue,
entdeckt (•■■*). Sie gelangte später in den berühmten Statuengarten
des Cardinais Carpi auf dem Quirinal (•-') und befindet sich viel-
leicht noch heute im Herakleszimmer der Villa Borghese (■'^). Jene
- Kapelle des Hercules -^ ist mir sonst nicht bekannt, doch könnte
sie möglicherweise in Verbindung stehen mit dem belvederi-
schen Torso, den die älteste Abbildung in monte cavallo sich
befinden lässt {^^). Schon zu Ciriacos Zeit (1432-34) stand diese
siiigulanssima figiira, qiiae dicilitr Hercules, in domo domiiio-
rum quoruddam de Columna siqrra sanctwn Aposlolum ('•"). Li
ungenau (Attis ohne Mantel und Hosen, Kopflialtung der Nymphen, Flügel am
Kopf und am Caduceus Mercurs).
(52) Pigh. f. 11, n. 64 Jahn mit der Inschrift ex voto Aur. Crescens
Aur. Eros (C. L L. VI, 834). Smetius sah das Relief im Mausoleum des Au-
gustus, Doni in Villa Borghese ; es scheint jetzt so wenig dort wie im Lou-
vre zu sein. Es bildet oifenbar das Gegenstück zu dem in Anra. 51 an zweiter
Stelle genannten ; ist dies mit dem dort an erster Stelle genannten identisch,
so stammten ohne Zweifel beide a monte cavalli.
(53) Escorial. f. 26" mit der Unterschrift del chardinale di Siena, tro-
rato imonte chavallo nela chapella d' erchole. Ob der Cardinal Francesco
l'iccolomini (gest. 1503 als Papst Pius III) eine Vigna auf dem Quirinal be-
sass oder ob die Gruppe in seinem Palast bei S. Andrea della Valle, wo be-
kanntlich die berühmte Gruppe der Grazien stand, aufbewahrt ward, weiss ich
nicht zu sagen. Die Zeichnung wird in der fünften Serie von Arndt-Amelungs
"Einzelverkauf" veröffentlicht werden.
(54) Vgl. das Cambridger Skizzenbuch (Jahrb. 1892 S. 95) Bl. 8. 9 und
Aldrovandi S. 296. Die Zeichnung Heemskercks I, 26'', a gehört nicht hierher.
Die Villa Carpi gibt Bufalini an der Stelle der heutigen Villa Barberini an.
(55) Clarac 791, 1982; weder in der Beschr. d. St. Eom noch bei Nibby,
Monum. ant. d. Villa Borghese, erwähnt.
(56) Angeblich von Gio. Antonio von Brescia (im Gegensinne) ; veröffent-
licht und etwa der Zeit 1510-20 zugewiesen von P. Kriatellur in Gnolis Arch.
Mor. deWnrte 1891 S. 477.
(51) Hülsen, rhein. Mu.s. XLIX, 1894 S. 423.
MONTE CAVALI.O 250
domo Columaeaslam sahen aucli die späteren Epigiaphiker den
Torso (•'^), und da der ältere Palast Coloniia auch als aedes d. Co-
bimneiisium siib monte lUiac Caballo bezeichnet wird (''^), besagt
jene Aufschrift des Stiches vielleicht nichts anderes. Doch mag der
Torso ja auch in einem höheren Theil des mit grossen Treppenan-
lagen am Monte Cavallo emporsteigenden Giardino Colonna gestan-
den haben; dass er grade dort oben gefunden sei, lässt sich wenig-
stens nicht mit Sicherheit behaupten (^"'). Wäre dies der Fall, so
wurde der Torso zu den vornehmsten Zierden des Monte Cavallo
gehört haben. Wie der Stich beweist, war er damals noch bedeu-
tend besser erhalten, beide Beine vollständig; dann verlor er den
linken (''') und endlich den rechten Unterschenkel, vielleicht in den
Wirren der zwanziger Jahre, in welche die Colonna so arg ver-
wickelt waren ("-).
Endlich erwähnt Fichard auf Monte Cavallo einen Obelis-
ken mit Hieroglyphen ("■*). Man würde ihn gern zu dem quiri-
nalischen Serapistempel (Anm. 111) in Beziehung setzen, doch liegt
gewiss nur eine Verwechselung mit dem Obelisken aus den sal-
lustischen Gärten vor, der heute über der spanischen Treppe steht.
Kehren wir nunmehr zu den Kolossen der Rossebän-
diger zurück. Als deren älteste Gesammtansicht gilt bisher ein
Stich in Lafrerys Speculum Romanae magaißcentiae vom Jahre
1546 {Aat. Lafj^eri Seqiiani formis) {^% jetzt am zugänglichsten
(58) Kaibel Inscr. Gr. Italiae 1234, vgl. Jalirb. 1800 S. 20.
(59) Fulvius, Antiquit. f. LXIX\
(60) So wurden die berühmten Erzstatuen des sitzenden Faustkämpfers
und des hellenistischen Herschers (Ant. Denkm. I, 4 f.) 1884 in unmittelbarer
Nähe des Giardino Colonna, aber am Fasse des Quirinalsabhanges gefunden.
(61) Im Bilde Bernardino Licinios in der Gallerie Borghese n. 115, s. Yon-
turi bei Kristeller | Anm. 56] S. 479. Sauer, Torso S. 91, Anm. 8.
(62) Vgl. Jahrb. a. a. 0. [Anm. 58].
(63) Fichard [Anm. 30] S. 41 : Quirinalem esse, qui nunc Caballo, con-
lendit Marlianus contra Blondi opinionem. In eo iacet obeliscus Aegyptiacis
litteris mscriptus, Liinae ut ferunt dicatus. Dieselben Worte gebraucht Mar-
liani in seiner ersten Ausgabe (1534, S. 119'), dem von Fichard benutzten
Handbuche, von dem sallustischen Obelisken, bekanntlich einer späten rohen
Nachahmung ; ebenso Boissard I 96. Der jetzige Obelisk von Monte Cavallo
stammt vom Mausoleum Augusts.
(64) Neu aufgestochen Romae I.jSJ Claudd Ducheti fonnis (vgl. Anm. 77^
200 A. MliHAELIS
in dem Facsimile bei Lanciaui, Ruids and e.ccaratioiis of aacient
Rorne, 1897, S. 433. Der Stich, im Gegensinne ausgeführt, ist irre-
führend und hat in der That Irrthum hervorgerufen. Durch einen
<Tlücklichen Fund meines früheren Zuhörers, Herrn Dr. G. von Terey,
letzt an der Gallerie in Budapest angestellt, bin ich in den Stand
gesetzt eine ältere Ansicht der Gruppe vorzulegen. Er entdeckte in
der Kupferstichsammlung zu Dresden C^) eine Federzeichnung, mit
dem falschen Namen Fra Bartolommeos bezeichnet, und erkannte
darin, ohne allen Zweifel richtig, die Hand Märten van Heems-
kercks, die ihm aus dessen Skizzenbuche wohlbekannt war. Es ist
ein versprengtes Blatt aus seinen römischen Skizzen {^''^'), dessen Pho-
tographie ich der Güte Herrn Dr. P. Herrmanns in Dresden ver-
danke (Taf. Vni). Die Zeichnung hat zunächst den grossen Vorzug
iede Möglichkeit einer Vertauschung von links und rechts, wie sie
beim Stich und Holzschnitt so leicht sich ergibt, auszuschliessen,
sie lehrt aber auch sonst noch mancherlei.
Die Form und Art des ganzen mittelalterlichen Unter b aus
der Doppelgruppe tritt uns hier zuerst ganz deutlich entgegen.
Otfenbar handelt es sich um zwei gesonderte Basen, eine für jeden
Lenker mit seinem Pferde, aus grossen antiken Blöcken errichtet,
mit einem antiken Kymation am oberen Bande. In der That spricht
Flaminio Vacca, der bei dem Abbruch der Gruppe im Jahre 1589 be-
theiligt war (^"), in seinem Berichte zweimal von den posamenti (^^).
Zwischen diese Basen war ein Haus hineingeklemmt, dessen rohes
Mauerwerk {^'>^), wie ein Stich bei Lafrery ("") zeigt (Fig. 2), die
8. die ausfülirliche Behandlung der Fratje durch v. Dulin bei ]\Iatz-Duhn, Ant.
Bildwerke in Rom I, 260 ff.
(6ä) Sammlung König Friedrich Augusts, n. 100183, Länge 30, Höhe 22 Cm.,
was für Heemskerck ein ungewöhnlich grosses Format ist.
(66) Vgl. Jahrb. 1891 S. 127. Einzelzeichnungen nach den Rossen s. in
Heemskercks Skizzenbuch I, 16\ 38^ 43^'. 04'", wo überall in meiner Beschrei-
bung die Namen des l'hidias und des Praxiteles zu vertauschen sind (ebenso
Cambr. Bl. 86).
(6"') Duhn S. 264. Bertolotti, Artist i subalpini a Roma S. 106. Schreiber,
Sachs. Berichte 1881 S. 54«.
(68) .]femorie n. 10.
(69) Vulgari muro excitata, Fichard [Anm. 80]. Die venezianischen Ge-
sandten von 1523 sprechen von una certa macchina d'un pezzo di grossissimo
rnuro (Alböri, V Italia nel sec. XVI, III, 108).
("<*) Ant. Lafrerij Sequani formis R. MDL. Die Photographie nach dem
MONTE CA VA 1,1 O
261
ganze Rückseite verhüllte; nach Heeniskorck hatte es einst mit sei-
nem oberen Stockwerk auch die freien Kckoii hinter den Statuen ein-
genommen. Ausserdem lässt Heemskercks Zeichnung an der rechten
Nebenseite einen niedrigen Anbau erkennen, vielleicht einen liest je-
ner alten Loggia, an dessen Ecke eine der Constantinsstatuen ("')
vorspringt. Die Rückansicht zeigt hiervon keine Spur mehr. Es ist
klar, dass die Loggia mit den vier Constantinon bereits abgebro-
FiG. 2. Rückseite der Gruppe nach Lafrenj.
eben war und die drei übriggebliebenen Constantine ihre späteren
Plätze iii reliqids angidis der grossen Basis eingenommen hatten
(Anm. 80) ; auch den Ausdruck reliqms erklärt unsere Zeichnung,
indem sie zeigt dass die linke vordere Ecke von dem einen Rosse-
Berliner Exemi)lar hat mir Winter freundlich vermittelt; eine von V. Arndt
nach dem Münchner Exemplar aufgenommene Copie eignete sich wegen des
migeschickten Bindens jenes Exemplars niclit zur "Wiedergabe. Eine etAvas
abweichende Ansicht der Rückseite, ganz in der Art von Cavalieris Stichen,
findet sich in den Insigniores statuarum U. R. icones, die bei de Eubeis er-
schienen (Anm. 81, Tafeln unbeziffert).
Ci) Anm. ol ; es scheint der Constantinus Aug. vom Capitolsgeländcr
zu sein.
■2C2 A. MICHAELIS
bündiger selbst besetzt war. Die Zeugnisse für diese Anordnung rei-
chen von 1513 (Fulvio) bis 1536 (Ficbard), also bis in die Zeit von
Heemskercks römischem Aufenthalt ('-). 1544 sah Marliani die Sta-
tuen auf dem Capitol (Anm. 31); in der Zwischenzeit wird mit den
Statuen auch jener von Heemskerck gezeichnete Anbau fortgeräumt
und der Zustand hergestellt worden sein, den Fig. 3 anschaulich
macht.
Ein weiterer Gewinn der Zeichnung liegt in der Sicherheit,
dass die Inschriften niemals, wie neuerdings behauptet wird ("^),
ihren Platz vertauscht haben, sondern dass der Rosselenker links,
dem der Mantel von der gehobenen linken Schulter herabhängt und
dessen Pferd vorne ganz untermauert war, stets als opus Fidiae
bezeichnet war, der zur Rechten, dessen Mantel seinen gesenkten
linken Arm bedeckt und dessen Pferd fast vollständig erhalten war,
als opus Praxitelis galt. Dieser nach Heemskercks Zeichnung ganz
unbestreitbare Sachverhalt findet volle Bestätigung in einem Stich
aus dem Verlage von Antonio Salamanca (Fig. 3) ("^), der in allem
wesentlichen mit Heemskerck übereinstimmt, nur dass der mittel-
alterliche Anbau und der Oberbau (bis auf ein Stück hinter dem
opus Praxitelis) bereits fehlt; an der Basis des opus Fidiae ^^\^i
man zu bemerken, dass das K3'mation auch rechts um die Ecke
lief. Salamanca, ein geborener Römer, war der erste bedeutende
Kunstverleger in Rom; ihn allein erwähnt als solchen Georg Fa-
bricius, der 1542 Rom besuchte (''^). Seine datierten auf Rom be-
züglichen Stiche erstrecken sich, so weit ich sehe, von 1536 bis in
die sechziger Jahre ("'•). Ihm trat später, anscheinend in den vier-
('i) 1532-36 s. Jalirb. 1891 S. 129 ff.
('3) V. Duhn a. a 0. [Anm. 64]. Löwy, Inschr. gviech. Bildhauer n. 491.
Furtwängler, Meisterwerke S. 128 if.
C*) Eine Photographie des seltenen Blattes, aus dem Exemplar des Spe-
culum im Britischen Museum, verdanke ich der freundlichen Voriniltelung des
Herrn Freeraan O'Donnghue in London. Die Angaben v. Duhns (S. 203), der
den Stich nicht gesehen zu haben scheint, sind irrig.
(~5J Gandellini u. de Angelis, Notizie degli intagliatori JIY, 66 f. Nagler,
Neues allg. Künstlor-Lexicou XIV, 203 f. Seubert, Allg. Künstlerlcxicon III^,
195. - Fabricius, Roma, 1551, S. 9. 18.
("•5) 1536-15G5 oder 1568 nach den Exemplaren des Speculum auf der
Münchner Staatsbibliothek und bei Quaritch, Catalogue 135 [1893] n. 1530.
Letzteres Exemplar, mit 374 Blättern, ist von unübertroffener Reichhaltigkeit,
MONTK CAVA 1. 1.0 20o
ziger Jahven, Antoine LatVery aus Salins im Franche-Comt.' zur Seite,
der dann mit seineu Erben und Nachfolgern — seinem Neffen Claude
Buchet, dessen Erben, darunter Jacques Gueiard. ferner Petrus de
Fig. 3. Gruppe von vorn nach Salamanca.
Nobilibus (") den Kunsthandel bis gegen das Ende des Jahrhun-
derts beherschte (• ^). Lafrery schloss sich in seinen älteren Blättern
obwohl auch hier nicht wenige Blätter fehlen. Der Verlag Salaraancas scheint
theilweise auf Lafrery ühergegansfen zu sein.
(-') Die datierten Stiche Ant. Lafrerii Sequani formis (oder ähnlich,
sich selbst bezeichnet er nur sehr selten als' Stecher) reichen von 1544-1575.
Nach der Biocjr. univers. XXII, 512 starb Lafrery (so) 1577. Es folgt Clau-
dius Ducket Sequanus, Ant. Lafr. nepos, verMgbar von 1578 bis 1585, sei-
nem Todesjahr; seine Blätter sind grossentheils nur neue Auflagen oder Auf-
stiche älteier Blätter, daher auch wohl frühere Daten (z. B. 1565) vorkommen.
Duchet hatte mehrere Erben, eredes Cl. Duchetii (1586-1592), Jac. Gherar-
dtis, Cl. Ducheti heres (1590). Manche Blätter aus Lafrerys Verlag giengen
in den Besitz eines (Römers?) Petrus de Nobilibus (z. B. 1585) über, der auch
den Verlag eines Paulus Gratianas (1582-1583) erwarb. Als Händler mit Du-
chetschen Sticlien erscheint 1602 ein loa. Orlandus.
C«) Neben ihm finden wir z. B. Michele Tramezzino aus Venedig (1552-
1558): Nie. Beatricius (Bfelrizet) Lothariinjus aus Lun^ville (1559-60), dessen
2G4 A. milhaelis
vielfach an Salamanca an ("")• Hierzu gehört auch der Stich der
Kolosse von Monte Cavallo von 1546. denn es ist ohne Aveiteres
klar, dass wir es hier mit einem Nachstich nach Salamanca zu
thun haben, der sogar den Stichfehler ABEL für ABEI (ab/) im
Epigramm aus seiner Vorlage übernimmt. Da Lafrerys Stecher
ohne Spiegel gearbeitet hat, kam die Gruppe im Gegensinne heraus,
die Inschriften aber gab er, um die Nachlässigkeit zu verdecken,
in (für den Abdruck) rechtsläutiger Schrift, und zwar jede unter
der wirklich dazu gehörigen Gruppe. Daher rückte jetzt, seiner
Gruppe folgend, Praxiteles Name nach links, der des Phidias nach
rechts. So gewöhnte man sich nach dem Stich an die Namenfolge
Praiiteles-Phidias, statt der richtigen Phidias-Praxiteles.
Damit war für die folgenden Stecher das Signal zu weiterer
Verwirrung gegeben {^^). Cavalieri (vor 1570) (^'), der beide Gruppen
Blätter z. Th. in Duchets ^'erlag übergiengen ; P. Paulus Palumbus Nova-
riensis (1560-1578) ; Marias Kartarius Novariensis (s. u. Anm. 95) ; in der
Zeit Sistus V vor allen Nicolaus van Aelst aus Brüssel (besonders 1589, auch
noch später).
C'^) Mir sind neun Blätter dieser Art bekannt. Lafrerys Daten reichen
dabei von 1544 bis 1553, gehören also seiner Frühzeit an; ein Blatt von 1550
[porticus templi lulii columnae tres) beruht auf einem Stiche Salamancas
von 1540.
(80) Hieronymus Kocks Praecipua aliquot Rom. antir/uitatis ruinarum
monumenta, 1551, enthalten, wie Hülsen mir mittheilt, die Rosse nicht; der
Stich Pittonis (im Gegensinne) bei Scamozzi, D'scorsi sopra V antichitä di
Roma, 1582, Taf. 36 zeigt die Namen richtig gestellt, sonst aber eine solche
Ungenauigkeit und Willkür, dass er garnicht zu brauchen ist.
(8') Die beiden Tafeln finden sich schon als Taf. 40. 41 in der ersten
Ausgabe von nur 52 Blättern {Antiq. statudrum U. R. über primus), die der
aus Val Lagherina bei Trient gebürtige Stecher Joannes Baptista de Cavalle-
riis in Rom bei Francesco Palombo aus Novara (vgl. .\nm. 78) erscheinen
liess und dem Bischof von Augsburg Otto Truchsess von Waldburg als Car-
dinal von Albano (1562-1570) widmete. Sie bildet die Vorlage zu dem Nach-
stich, der Venetiis noviter impress. 1570 erschien (so auf der Münchner Bi-
bliothek, in riöttingen eine Venezianer Ausgabe von 1576). In den folgenden,
dem Cardinal von Trient Loduvico Madrucci (gest. 1600), der 1567-1578 in
Rom lebte, gewidmeten Ausgaben des primus et secunrlus liber (zuerst unda-
tiert, dann 1585) erscheinen die Tafeln als 89. 90, dann weiter in den späteren
Auflagen und Erweiterungen des Buches, die bei der Firma de Rossi (de Ru-
bels) im Laufe des 17. Jhs. (z. B. 1615. 1668) erschienen. Auch die hier ge-
gebenen Rückansichten (.\nm. 70) leiden an der gleichen Namensvei wirrung.
MONTE CAV \LI.O 205
einzeln und ohne die Basis stach, stellte die richtige Ansicht wieder
her, gab aber in der Unterschrirt seiner Tafeln dem Lenker zur
Linken mit dem aufgeniauerten Pferde den Namen des Praxiteles,
dem andern zur Rechten den des Phidias, indem er beidemal die
kürzlich (1558) von Onofrio Panvinio (^-) aufgebrachte Benennung
1^ Bucephalus und Alexander der Grosse » hinzusetzte. Lorenzo
della Vaccaria (1584) (^:') copierte lediglich Cavalieri; endlich voll-
endete Girolamo Franzini (L589) in seinem oft wiederholten Holz-
schnitt die Verwirrung, indem er eine richtige Ansieht der cranzen
Gruppe, aber mit vertauschten Inschriften (Praxiteles links, rechts
Phidias) gab (^'). Die Veröffentlichung dieses Holzschnittes fällt in
dasselbe Jahr, wo Sixtus V die Kolosse unter Domenico Fontanas
Leitung abnehmen, ergänzen und auf dem erweiterten Quirinals-
platze, der neu hergerichteten Strasse zur Porta Pia gegenüber, auf
neuen Basen wieder aufstellen liess. Auch die Inschriften wurden
erneuert, aber in ihrer alten Zugehörigkeit belassen, wie denn auch
nicht der leiseste Grund zur Vertauschung ersichtlich ist {^'^). Ein
(82) Reip. Rom. comment., 1558, S. 142.
(83) Antiq. stotuarum U R. icones, R. ex typis Law^entii Vaccarii,
1584. Selten sind alle (unbezifferten) 75 Blätter vorhanden. Spätere Abzücre
haben den Zusatz parte terza, indem die 1575 bei Lorenzo della Vaccheria
(so) erschienenen Vestigi deWantichitä di Roma von Eticnne du Perac aus
Paris in ihren späteren Abdrücken als parte prima, die im Jubiläumsjahre
1600 bei Andrea della Vaccaria (so) erschienenen Ornamenti di fahriche antichi
e moderni delVAhna Cittä di Roma als parte seconda bezeichnet wurden.
Eine pars secunda der Icones erschien 1621 in Eom ex typis Gottifredi de
Scaichis ; sie enthält wesentlich die gleichen Blätter wie der erste Band, mit
einigen Blättern aus Cavalieri vermischt.
(8*) Icones stat. antiq. U. R , 1589, Bl. f 1 equi montis Quirinalis, wie-
derholt z. B. in den Antiquitates Romanae urbis studio Hier. Franzini (so),
1596, in der Roma ant. e mod., 1663, S. 602, in der Roma sacra, ant. e mod ,
1687, R. mod. S. 61. Uebrigens war der Holzschnitt schon 1588 von Girol.
Francini (so) in seinen Neudrucken des Marliani von 1534, S. 96''', und des
Fulvio, S. 62'", verwendet worden.
(85) Die neue Herrichtung kostete 2334 Scudi (Bertolotti, Art. lombardi
a Roma I, 75. Cerasoli bull, comun. 1896, 187). Abbildungen der neuen Aufstel-
lung mit den langen Inschriften, von Nik. van Aelst (Stich von Tenipesta) im
Speculum, ferner in den Ornamenti [Anm. 83], danach btM de T\ubeis (Anm. 81]:
die einzelnen Gruppen oft. z. B. bei Perrier (1038) Taf. 22 ff., der auch schon
neben der Deutung auf Alexander die neue, 1634 von Urban VIII eingeführte,
1638 von Donati begründete Erklärung als Dioskuren anführt. Ein Stich Gio.
266 ■\- .MI<^"HAE1.1S
erheiterndes Nachspiel zu der ganzen Yenvirning in den Abbildun-
gen liefert, wie so oft, Saudrart. der im Jahre 1080, also fast hun-
dert Jahre nach Sixtus Umstellung und Ergänzung, die er doch aus
seinem römischen Aufenthalt kennen musste, harmlos die Phidias-
gruppe noch mit dem untermauerten Pferd (als besonders gut erhal-
ten!) nach Salamancas Stich wiederholt, dieser Copie sein « Saa-
drart delineavit ■' hinzufügt und das von Salamanca hinzugesetzte
Epigi-amm für die Inschrift auf der Basis selbst ausgibt ('^''') !
Diese Darlegung, die zur Beseitigung von Irrthümern erfor-
derlich war, ist vielleicht nicht ohne Interesse für die Beurtheilung
der Kupferstiche des Cinquecento, wo die Stecher vielfach frühere
Stiche schlecht copierten, statt die leicht zugänglichen Monumente
selbst zu Grunde zu legen. Es bleiben noch zwei Gründe übrig,
die für die Annahme einer stattgehabten Vertauschung der Kimst-
lerinschriften geltend gemacht worden sind. Zunächst soll aus dem
Zeugnisse des Paduaner Arztes und Naturforschers Giovanni
Dondi, der 1375 Rom besuchte und dort Inschriften copierte, her-
vorgehen, dass damals Phidias Name unter der rechten, der des
Praxiteles unter der linken Gruppe gestanden habe. Da sein Zeugnis
aber so aussieht (^") : siib marmoreis ymaginibus homimrn et equo-
riim magnorum Staat litterae Imiusmodi :
sub dextris sunt haec : sub sinistris sunt haec :
OPVS FIDIAE OPVS PRAXITELIS
Guerras, dem Cardinal Alessandro Peretti, Grossneffen des Papstes, gewidmet (im
Speculum, mir von P. Arndt in Photographie mitgetheill), zeigt die beiden Grup-
pen auf gesonderten Basen mit einer als Brunnen hergerichteten päpstlichen
Tiara dazwischen, das Ganze vor einer architektonisch verzierten Rückwand,
deren Attika die Hauptinschrift Sixtus V pont. max. signa Alexandri — an.
MDLXXXIX pord. IUI trägt, während die andern beiden Inschriften Phi-
dias — expressit und Praxiteles — perfecit (s. den Text bei v. Duhn S. 264)
an ihrer Stelle auf den Basen stehen. Das Ganze macht den Eindruck eines
wirklichen Entwurfes, etwa als Gegenstück zum Mosesbrunnen der Acqua Fe-
iice als gr.jssartige Wanddekoration gedacht. — Die neue Aufstellung im Zu-
sammenhang der Neuordnung des ganzen Platzes, nach völligem Abbruch der
Thermen, zeigt das unter Paul V aufgenommene Stadtbild lAnm. 93); die ein-
zelnen Gruppen, mit besonderer Berücksichtigung der Pferde, s. bei Furl-
wängler u. Urlichs, Denkni. griech. u. röm. Sculptur, Hand-Ausgabe, S. 20 f.
(8«) Sculpturae veteris admiranda, 1680, Tafel f, von Rieh. CoUin ge-
stochen. Vgl. über Sandrarts Unzuverlässigkeit Jahrb. 1890, S. 60.
(87) C. I. L. VI. 1, S. XXVIII, n.
MONTE CAVAl.LO 267
SO ist klar, dass üondi reclits und links nicht vom Standpunkt des
Beschauers, sondern aus dem Sinne der Statuen verstanden hat ;
die Anordnung der Inschriften bestätigt vollkommen Heemskercks
und Salamaucas Abbildungen. Die gleiche Reihenfolge der Namen.
Phidias voran, geben Poggio (der überall eigenes Studium der In-
schriften verräth), Strozzis Stadtplan von 1474, der Prospettivo (aller-
dings im Verse), xVlbertini, die venezianischen Gesandten von 152c},
Marliani, Fabricius, Panvinio, Gamucci. Pittoni, Roissard {^^). Dage-
gen nennen Praxiteles an erster Stelle die Mirabilien und Petrarca,
auffallender Weise Signorili (opus pra.vitelis \ opus ßdiae), dann
Biondo mit Marliani und Fichard, Fulvio, Fauno, Aldrovandi, Mau-
ro (^9). ]\jan sieht, wie wenig bei blosser Anführung der Namen auf
deren Stellung zu geben ist ; immerhin steht eine Anzahl zuver-
lässiger Zeugen auf Seiten der richtigen Ueberlieferung.
Die Voranstellung des Praxiteles soll endlich eine Stütze an
dem mittelalterlichen Namen der Gegend Opus Pra.xitelis [kmw. 17)
und au der Stellung der Beischriften auf B u fa 1 i n i s Plan (Fig. 1)
finden; danach müsse die am nördlichen Ende befindliche In-
schrift des Praxiteles zur Linken, dem Vorübergehenden zunächst
in die Augen fallend, angebracht gewesen sein. Diesem Schluss
liegt die stillschweigende Annahme zu Grunde, dass die Kolossal-
gruppe ihre Front gegen Nordwesten gerichtet und den Constantins-
thermen die Rückseite zugewandt habe. Dafür lassen sich allerdings
die älteren Stadtbilder, namentlich das von 1474. anführen ('^").
Dennoch ist jene Annahme irrig. Die Zeichnung Heemskercks zeigt
noch deutlicher als der Stich Salamaucas, dass der Standpunkt für
den Zeichner von vorne sehr beengt war, während die Ansicht der
Rückseite (Fig. 2) aus grösserer Entfernung gezeichnet werden
konnte. Ein Blick aufBufalinis Plan (Fig. 1) gibt die Erklärung.
(88) Poggio bei Urlichs, Cod. lopogr. S. 211. Redischer .Stadtplan bei de
Rossi Taf. 4. Albei-tini f. Gl'. Prospettivo [Aiiin. 18] Str. 11. Venez. (Jesandte
[Anin. 69] S. 108. Marliani, 1-534, S. 119^ Fabricius S. 31. Panvinio S. 146.
Gamucci, Äntich. d. cittä di R., 1565, S. 121. Pittoni [Anni. 80]. Boissard 1. 'M.
Alle diese Zeugnisse hat v. Dulin übergangen.
(89) Petrarca, epp. (am. G, '2. Fichard [Anm. 30] S. 41. Mauro S. 70. Die
übrigen Zeugnisse s. bei v. Duhn S. 263.
(90) Anm. 9 und 19. Vgl. das geraalte Statdbild in Siena von 1411, /?m//.
comun. 1881 Taf. 3. 4.
268 •^- Ml< IIAKLIS
sobald man sich die Gruppe nach Südosten, gegen die Thermen
gerichtet denkt. Dabei ergibt sieh die Ecke im Hiutergrimd auf
Heemskercks Zeichnung als ein Theil der berühmten Vigna des
Cardinais von Ferrara, Ippolito d'Este, die einst vom Cardinal Oli-
vieri Carafa angelegt worden war und später in den Quirinalspalast
mit seinem Garten aufgegangen ist(^"); die Ecke scheint damals
noch nicht mit einem so grossen Gebäude besetzt gewesen zu sein
wie anderthalb Jahrzehnte später, zu Bulalinis Zeit. Rechts neben
dieser Vigna zweigt sich die alla semita ab, die, der heutigen Via
del Quirinale und Via Venti Settembre entsprechend, zur damali-
gen Porta S. Agnese, heute Porta Pia, führte. Das leicht augedeu-
tete Haus ganz zur Rechten endlich wird zur Vigna des Bischofs
von Terni, Sebastiano de' Valenti (gest. 1558), gehört haben, deren
Stelle im achtzehnten Jahrhundert der Palast der Consulta einnahm.
So erklärt sich jede Einzelheit der Zeichnung, während bei der
entgegengesetzten Annahme über die Richtung der Kolossalgruppe
nichts passen und das Fehlen der gewaltigen Reste der Constan-
tinsthermen im Hintergrunde unerklärlich sein würde.
Dass die Dioskureu wirklich den Thermen zugekehrt waren,
lässt sich aber auch noch directer beweisen. Im Gegensatz zu den
älteren skizzenhaften und schematischen Stadtbildern zeigt dor Man-
tuaner Prospect {^-), dass auf einer Linie, die von der Stadtmauer
links von der Porta Salara aus über S. Susanna und den Palazzo
di Venezia nach Ponte Sisto verläuft, ungefähr von der alta semita
aus, die Rosse von hinten sichtbar waren mit einiger Wendung nach
links gegen die (nicht dargestellten) Constantinsthermen und gegen
(91) Fulvius, Antiquaria f . H I : I/aud lonfje (vmi den Fluss.s^öttern) mons
Clatrae et Apollinis eminet altm {vgl. Bnfalini), Tecta Dicarcheae staut in
quo picta Caraphae Gentis, Oliveri patris fastigin sacri, Qui monteni exco-
luit totum et pomaria fecit, vgl. desselben Antiquitates f. XXIir*'' (Oliv. Ca-
rafa, Cardinal seit 1404, starb 1511). Fichard S. 41: in ipso monte... ingressus
sum amplissimos quosdam hortos et amoenissimos ; erant, si rede memini,
Farnesiorum (Verwechselung mit Ferrara; denn sicherlich ist nicht von der
Casa Ferreri bei den Constantinsthermen [Lanciani, Bull, comun. 1895 S. 103 f.]
mit einem blossen hortulus die Itede). Ausführlich preist Boissard I, 94 die
an Bäumen überaus reichen, an Antiken hinter der Vigna Carpi [Anm. 54]
zurückstehenden Gärten des Cardinais von Ferrara (gest. 1572), des Schöpfers
der Villa d'Este in Tivoli.
(92) Anm. S6.
MONTE (AVAl.I.O 2G9
die Torre delle milizie. Rechts davon erhebt sich der Hü<,'el mit
der Mesa im Giardino Colonna, neben den Constantiusthermen ein
beliebter Punkt um das ganze Marsfeld und seine Umgebung zu
überblicken, eine Art von linkstiberinischem Montorio ('•'•'). Nocli
deutlicher als auf dem Mantuaner Prospect erscheint die Stellung
der Kolosse den Thermen gegenüber auf der anteinuae urbis imafji)
Ligorios, die Boissard ohne Angabe seiner Quelle seinem Werk
einverleibt hat (^^). Endlich verdanke ich es der Liebenswürdigkeit
des Herrn Dr. Vincenzo Federici in Rom, einen Ausschnitt aus dem
ausführlichen und offenbar sehr genauen Stadtbilde Mario Kar-
taris aus Viterbo vom Jahre 1576, das er so glücklich gewesen ist
in der Biblioteca Angelica zu entdecken (9^), im Massstabe von 5 : 10
mittheilen zu können (Fig. 4). In dem Vierteljahrhundert, das seit
der Herausgabe von Bnfalinis Plan verflossen war, ist der grösste
Theil der höchst baufälligen (^'^) Constantiusthermen, von deren Höhe
noch um 1560 Antonis van de WA^ngaerde sein grosses Panorama
(®3) Der Hügel ist besonders deutlich auf dem Mantuaner Prospect, dem
Panorama Wj'ngaerdes [Anm. 07] und dem grossen Holzschnitt (von Gio.
Maggi?) aus der Zeit Pauls V {Ball, comun. 1885 Taf. 14 f). Fulvius, An-
tiquaria f. G IV^ dichtet: Exiguiis spatio collis consiirc/it ad auras, Cuius
in extremo sublimis margine turris Praeminet ad Zephiros, semesa et dis-
color, alti.s Rupibus assurgens et moenibus addit.a inagnis (es folgt eine Hul-
digung an die Colonna). Fichard S. 41: ia montis supercilio surgit dimidiatc
turris, Mesa (d. h. mensa impcratoris, s. Jordan II, 527 f.) vulgo appellata
Biondo I, 100 : eo ex monte prospectus est in depressam urbis partem, wobei
er den damaligen Besitzer Cardinal Prospero Colonna (gest. 1463) und dessen
Herrichtuiig des Giardino Colonna preist. Eine Ansicht der ^lesa von Westen
mit den Gewölben am Bergabhang bei du Perac, Vestigi Taf. 31. Lanciani.
Ruins S. 431.
(5*) Boissard II zu Bogen J, 1. Dass Ligorio zu Grunde liege (mir un-
zugänglich), bemerkt Hülsen. Die Vogelschau ist von Westen genommen ; ebenso
im Speculum ein Plan voir Franc. Paciotto, 1557 (gestochen von Nie. B^atrizet)
ond du Peracs perfecta urbis ant. imago. 1573 (1582), mir ebenfalls beide
nicht zugänglich.
{^^) Arch. d. SOG. rom. di sLuria patria XX, 1897, S. 485 ff. Von dem-
selben Stecher rührt die vortreffliche, mehrfach nachgestochene .\nsiclit des
vaticanischen Palastes von 1574 her, der icli im Jahrbuch 1800 S. 46 die .■An-
sicht des Belvedere entlehnt habe (vgl. ebenda S. 45 Anm. 176).
(96) Schon Giovanni Riicellai [Anm. 33] spricht 1450 von den terme di
Cornelio il forte cascate; der Anonymus von 1467 [Anm. 18] singt: quarum
reliquiae praecipitare parant ; zuletzt du Perac, 1575 [Anm. 08]: molto ruinate.
270 A. MICIIAKMS
Korns gezeichnet liatte ('"), abgetragen worden, und ihren höher ge-
legenen Theil nimmt ein grosses Gebäude mit zwei Höfen ein. Mau
könnte etwa an die 1575 von du Perac erwähnten case et gra-
narij denken (''\). die im folgenden Jahrhundert den Bauten des
Palastes Borghese-Altemps-Bentivoglio-Mazarino-Rospigliosi Platz
machten, doch ist anscheinend vielmehr dasselbe Gebäude gemeint,
Fig. 4. Ausschnitt aus Kartaris Stadtbild {1576).
<las auf Giovanni Maggis (?) unter Paul V geschnittenem Stadtbilde
(Anm. 93) die Stelle der späteren Consulta einnimmt ; es wird
nach l.'>53 an die Stelle der Villa des Bischofs von Terni (S. 268)
getreten sein. Deutlich sprengen die gewaltigen Rosse auf die>
(^') Bull, comun. 1895 Taf. 5 ff. mit dem gelehrten Comraentar R. Laii-
• ianis. \g\. Fabriciii.-;, Roma S. 169: magnae rui/iae, aedi/icia quaedamqua-
drata, quaedam rotunda, altissimis fornicibus extant ; quorum unum p>-r
i'entum fere gradus ascendimus.
(»8) Du Perac, Vestigi Taf. 32 (vgl. Lanciani a. a. 0. S. 103). Er spricht
von der Süd\vest»eite als der abgebrochenen.
MONTE lAVALI.O 271
grosse Gebäude zu. lui übrigen zeigt Kartaris Stich den Platz
noch in seiner alten uuregoliiiüssigen Gestalt ; die Neuregelung
ward erst vierzelin Jahre später durch Sixtus V vorgenommen, wo
dann auch die Kolossalgruppe ihren luittelalterlichen Platz ver-
lassen musste.
Somit ist die Stellung der Namen in Hufalinis Plan gerecht-
fertigt; ob die vereinzelte Pezeichuung des locus <iui dicitar Opus
Praxitelis wirklich auf leichterer Zugänglichkeit dieser Inschrift
beruht habe, mag dahingestellt bleiben. Der Nachweis der niemals
veränderten Namenszutheilung ist aber der Aulla>sung Furtwäng-
lers C^^) nicht günstig, der bekanntlich die Inschriften als voUgil-
tige Zeugnisse betrachtet und auf Phidias und seinen etwas
jüngeren Zeitgenossen, den älteren Praxiteles (>""), deutet. Furt-
wängler schildert den Unterschied der beiden Gruppen folgender-
massen (S. 183 f.): « Das AVerk des Praxiteles ist stürmischer und
feuriger in der Bewegung. Besonders deutlich tritt dieser Unter-
schied in den Köpfen hervor. In dem Kopfe des Praxiteles liegt
ein leidenschaftlicheres, freieres, enthusiastischeres "Wesen ; weshalb
man ihm auch den Vorzug zu geben ptlegt " . Da die von Furtwängler
als praxitelisch betrachtete Gruppe in Wahrheit das ojnis Fidiae
ist, so müsste man natürlich ol)ige Charakteristik auf Phidias im
Gegensatz zu Praxiteles übertragen — wenn man sicii nicht etwa
der Worte Aldrovandis ('^i) erinnert: « si maraviglicmo alcuni,
come siano questi simulacri cos) simili et equali, esseado stati
da diversi maestri fatti " (was man auch umkehren kann) und
(^9) Meisterwerke S. 128 ff., v.tjl. Furtwängler u. Urlichs Denkni. griecli.
u. röm. Sculptur, Handausgabe S. 25 ff. Zugestimmt hat z. B. G. Körte, Berl.
philol. Wochenschr. 1894 S. 1030, sich dagegen erklärt Reisch, Zeitschr. f. bild.
Kunst, N. F. VII, 1896, S. 154. Die Kleinheit und das Pathos der Köpfe der
Dioskuren, sowie die Formen der l'ferdeköpfe scheinen mir doutlicli gegen die
frühe Entstehung der Originale zu spreclien.
(looj Dessen Existenz halte ich allerdings seit Benndorfs erstem Nachweis
(Gott. gel. Anz. 1871 S. 610 ff.), der durch Köhlers Bemerkungen (Ath. :\Iittli.
1884, S. 78 ff.) schwerlich ersclinltert wird, für gesichert, seine Thätigkeij
aber im einzelnen für sehr schwer bestimmbar, wie denn ja auch Werke ver-
schiedenster Zeit und Kichtung auf ilm abgeladen werden. Brunns und Ussings
völlig ablehnende Kritik (Münclm. Sitzungsber. 1880, S. 435 ff. Danske Vidensk.
Selsk. Skr., VI. Beihe, IV, 297 ff.) scheint mir das Kind mit dem Bade aus-
zuschütten.
(>o>) S. 311.
AD. MICHAELIS
beide Gruppen als demselben Künstlergeist entsprungen ansieht ("**).
Die Inschriften können ja auf alter echter Tradition beruhen und
von dem früheren Standorte der Gruppen auf ihre späteren Basen
übertragen worden sein, ebenso wohl aber ist es denkbar — und
das ist ja auch die gewöhnliche Ansicht — dass sie nur die Erinne-
rung an die beiden berühmtesten Bildhauer Griechenlands, Phidias
und (dann natiu-lich den jüngeren) Praxiteles, mit den gewaltigen
Gruppen verbinden sollten; grade so wie dies auch in später Zeit
mit der Parthenos und der sogenannten Promachos geschehen ist ("^^).
Letzterer Ansicht werden jene Basen entgegengehalten, die mit
den Inschriften ojmn Poli/cläij Praxitelis^ Brijaxidis, Timarchi,
Tisicraiis Ytivseheu in Rom zum Vorschein gekommen sind ("^"'). Da
die Paläographie nach dem Urtheile de Rossis und Henzens ('^^)
diese Inschriften in das zweite oder dritte Jahrhundert verweist
und ihr Schriftcharakter von dem der Inschriften an den Kolossen,
soweit deren Abbildungen ein sicheres ürtheil erlauben, völlig ver-
schieden ist, so kann von einer unmittelbaren Zusammengehörig-
keit der ganzen Inschriftengruppe nicht die Rede sein, sondern die
Analogie zeigt nur, dass diese Art von Künstlerbezeichnung, der
griechischen mit f^oyor nachgebildet und vielleicht pergamenischem
Brauch entlehnt ("^''), in der späteren Kaiserzeit, wo lateinische In-
schriften an die Stelle der griechischen traten, die übliche war.
Denn dass die Inschriften der Kolosse frühestens aus der Mitte
des vierten Jahrhunderts stammen, geht aus Mommsens Beobach-
(i"2j M. Wagner, Kunstblatt 1824, S. 373 f.: "Daher ich der festen Ue-
berzeugung bin... dass derselbe Künstler, welcher das Modell zu dem einen
verfertigt, nothwendig auch das Modell zu dem andern gemacht haben muss " .
Aehnlich urtheilt auch der Bildhauer Fogelbcrg, Annali 1842, S. 199.
(i"3) So der Scholiast zu Aristeides III, S. 320 Dind., dem Furtwängler
(Meisterw. S. 52 fF.) mehr Gewicht beilegt als den Zeugnissen Ovids ea: Ponto
4, 1, 31 und Pausanias 1, 28, 2.
(lö*) Löwy, Inschr. n. 489-493. C. I. L. VI, 10039-43. Die Inschriften erin-
nern in der Mannigfaltigkeit der Künstler an kunstgeschichtliche Liebhabe-
reien, wie wir sie von Pergamon her kennen (Fränkel, Inschr. v. Perganion I,
5. 42).
('05) De Rossi, BvXl. munic. 1874, S. 181. Henzen, C I. L. VI, 2 S. 1306.
(»06) Löwy S. XIII, vgl. n. 154 und 506. Kaibel, Inscr. Gr. Italiae, 1254.
Verwandter Art sind llQuxXijg EvcpQayoQog, Fayviif'j&t^s -Isio/cIqovs ^Adrjvcäov,
Kv,ioi>.evs llQd^irtXovs (Kaibel 1240. 1253. 1259).
MÜNTK CAVALLO llo
tungC"') Über den — sclion den venezianischen Gesandten von 1523
autfiilligen ('"'^) — (iebiaiich von F statt PH im Namen des Phi-
dias hervor. Frühestens; natürlicli können sie auch noch später fallen.
In späte Zeit aber verweist die plumpe Gestalt der Basen und ihre
Znsammensetzung aus sehr verschiedenartigen Blöcken, vor allenj
der überaus schwächliche obere Abschluss mit dem winzigen Eier-
stab ohne vorspringendes Gesims darüber. Dass noch die constan-
tinische Zeit eine ganz andere architektonische Kmptinduug hatte,
zeigt beispielsweise der Constaiitinsbogen ; es dürfte überhaupt
schwer sein im antiken Rom eine ähnliche Gefühllosigkeit im Ar-
chitektonischen nachzuweisen. Nun hat bekanntlich Flaminio Vacca
beim Abbruch der Basen die Bemerkung gemacht, dass die dabei
verwendeten Blöcke auch auf der Innenseite bearbeitet waren und
dass ihre Gliederungen denen am sog. Frontispizio di Nerone und
an anderen dort gefundenen Architekturstücken entsprachen ("'■'). Es
scheint danach, dass dies Gebäude bereits der Zerstörung verfallen
war, als die Kolosse auf ihre neuen Basen versetzt wurden. Auch
dies weist auf späte Zeit. Je später wir aber mit der Errichtung
kommen, desto mehr wird man annehmen dürfen, dass weniger
Sinn für speciellere kunsthistorische Interessen und den längst ver-
schollenen älteren Praxiteles als etwa eine Erinnnerung an die be-
rühmtesten Künstlernamen im Spiele war.
Allgemein bringt man die Kolosse in Zusammenhang mit den
Constantinsthermen. AVenn diese überhaupt, ebenso wie die thermae
Alexandrinne {^^'*), ein ergänzendes nemus mit Kunstwerken besas-
sen (was bei der im ganzen Bau sichtbaren Beschränkung des Raumes
nicht als sicher gelten kann), so konnte das allerdings nur jen-
seits der Strasse, gegen den Rand des Berges hin, gelegen sein, das
(•<'■') Hermes XIV, 72 ff. Insbesondere bewahren die stadtri'^mischen In-
schriften Constantins noch durchweg die ältere Schreibung mit ph.
(io8j Vgl. Anm. W : sotto imo dei quali sono lettere maiuscole antiquis-
sime che dicono : opus Fidiae; e sotto Valtro: opus Praxitelis ; e il
Fidiae i scritto senza aspirato, che doveva essere scritto Phidiae.
(lOS) Mem. n. 10: quando Sisto disfece detti posamenti, io osservai che
quelle pietre verso il muro erano lavorate, et vestigie di Nerone, perchP
m'accorsi alla modinatura esser le medesime che si vef/r/ono oggi nel fron-
tispicio, et in altre pietre che per li tempi adietro mi ricordo cavai'si in
quel luogo.
{•»o) Vita Älexandri 25.
18
■_>7 1 V. Mh IIAKLIS, MOMK (WAI.LO
heisst also auf der weiten Terrasse jenes grossen Tempels, dessen
Uebei-bleibsel das Frontispizio di Nerone war, mag das nun, wie
Hülsen annimtC"), Caracallas Serapistempel oder was sonst für ein
Tempel gewesen sein. Da aber, wie wir eben sahen, die Aufstel-
lung der Kolosse auf ihren Basen die Zerst(3rung dieses Tempels
voraussetzt, so kann die von Lanciani ("-) gegebene Anordnung, wo-
nach die Kolosse in unmittelbare Beziehung zu der Front des Tem-
pels gesetzt werden, nicht richtig sein. Vielmehr möchte man, da die
Inschriften die Basen in nachconstantinische Zeit verweisen, an die
im Jahre 443, unmittelbar nach einem grossen Erdbeben ("»). durch
den Stadtpräfecten Quadratianus erfolgte Restauration der Coastanli-
iiianae thermae longa iiiciiria et abolendae civilis vel potius fera-
lis cladis vastalione vehementer adfliciae denken, die das Gebäude
iiipristinam faciem spleiuloremque reslitail ("^); dabei mag auch
für die durch den Abbruch oder Verfall des Tempels entstellte
Umgebung Sorge getragen worden sein.
Meine Ausführung beschränkt sich auf die Schicksale der Ko-
losse während ihrer Aufstellung auf ihrem mittelalterlichen Posten
bis zum Jahre 1589. Dass sie vor ihrer Verbringung auf die qui-
riualische Höhe schon eine andere Verwendung gefunden hatten,
ist allgemein zugestanden. Darüber wird gelegentlich Petersen seine
Ansicht darlegen.
Strassburg.
Ad. Michaelis.
(11 ij X. rhein. Museum XLIX, 1894, S. 394 ff. Die frühe Zerstörung
würde gut zu dieser Anahme passen.
(!'■-) Forma U. R. Bl. 16. Ihm war darin Fea, Prodromo di nuove osserv.
a. 7 f., vorangegantjen wegen angeblicher Uebereinstimmung der Gruppen mit
dem Tempel in Material, Kolossalität und Kunstcharaktor, woraus er auf die
epoca di Traiano, e d'Adriano, e dopo schloss. S. dagegen M. Wagner, Kunstbl.
1834, S. 387 f. Jordan II, 529.
(ii3j Paulus Diaconus, hist. Rom. XIII, 16 zum J. 442: sub Ins fere
diebus tarn terribili Roma terrae motu concussa est, ut plurimae eins ae-
des aedificiaque corruerint. Fasti Vindobon. poster. in Mommsens Chronica
min. I S. 301 zum J. 443 : terrae motus factus est Romae et ceciderunt sto-
tuae et portica nova. Beide Stellen sind mir von Dr. H. Bloch nachgewiesen.
Vgl. Reumont, Gesch. d. Stadt Rom I, 761 f. K. E. v. Hoff, Gesch, d. Ver-
änderungen der Erdoberfläche IV, 1840, S. 185.
(»!*) C. I. L. VI. 17Ö0.
UKMEKKUNGKX
VON EINER
CHRISTLICH-ARCHAEOLOGISCHEX STUDIMNREISE
NACH MALTA Ux\D NOUDAFUIKA.
(Tf. IX. X)
Die nachfolgenden Zeilen haben im wesentlichen den Zweck,
den christlichen Archäologen kurz zusammenfassend über die wich-
tigsten für ihn in Betracht kommenden Denkmäler zu orientieren,
die ihm in den von mir im vorigen Sommer besuch ton Gebieten von
Malta und Nordafrika begegnen. Einen entsprechenden Abschnitt
über Sicilien habe ich einstweilen zurückgelegt, da ec nach Er-
scheinen von Führers « Forschungen zur Sicilia Sotterranea " erheb-
lich hätte umgestaltet werden müssen. Im Vergleiche zu der Menge
des namentlich in NordatVika Erhaltenen ist bis jetzt niclit viel
aus diesen für die christliche Archäologie so wichtigen Gebieten pu-
bliziert, und auch dies vielfach in lokalen, den deutschen Forschern
schwer zugänglichen Zeitschriften, so dass die literarischen Ver-
weisungen ebenso erwünscht wie unumgänglich sein werden.
I. Malta.
So bekannt der Name Melite's in der christlichen Kirche seit
der Gründungszeit durch den an der Nordküste der Insel wahr-
scheinlich im Herbste des Jahres 60 erfolgten Schiffbruch und den
dadurch veranlassten dreimonatlichen Aufenthalt des Apostels Pau-
lus geworden ist, so wenig ist uns über die Einführung des Chris-
tentums und die Schicksale der dortigen Gemeinden während der
ersten Jahrhunderte überliefert, und das Ueberlieferte besteht fast
nur in legendenhaften Notizen ('). Die einzige Quelle, die uns we-
(1) Das für die Inselgruppe einstweilen in Betracht kommende Material
ist jetzt zusammengestellt (zu ergänzen ist Gatt. Said, La (jrotta di S. Paol»,
■\lalta I860; mir nicht zugänglich) und mit einigen AVorten kritisch beleuchtet
von Albert Mayr. Zur (ieschichte der älteren christlichen Kirche von Malta
:«o
G. SriHI.KALTH
nigsteiis über die Existenz und die Ausgestaltung, wohl auch über
das religiöse Leben und dergl. einigen näheren Aufschluss geben
könnte, nämlich die in ziemlicher Anzahl vorhandenen Katakom-
ben, ist bisher, man kann sagen, durchaus vernachlässigt, und selbst
die kurze Uebersicht der christlichen Nekropolen, die der bisherige
Fig. 1.
Direktor der Bibliothek und des Museums, Caruana ('), in seinem
Report Oll the Phoenician and Roman Aatiquities in the group
of Islands of Malta (Malta 1882) S. 106 ff., gegeben hat, scheint
vielfach nur, ohne nachgeprüft zu sein, auf den Angaben der äl-
teren Literatur zu beruhen. So ist z. B. seine Beschreibung der
Historisches Jahrbuch dar Görresgesellschaft, Bd. XVII. Jahrj^f. 1896 S. 475 f.
Doch kann ich zu Maj-r's Anm. 7 S. 476 hier bemerken, dass die von V. Schultze
^'egebene Deutung des betr. Bildes in einer der Sakrament.skapel!en von S. Cal-
listo in Rom (Wilpert, Die Malereien der Sakramentskapellen des hl. Call., 1897,
Fig. 12) als Schiffbruch Pauli unrichtig ist; es ist vielmehr eine Jonasscene;
vgl. Stuhlfauth, Die Engel, S. 154 Anm. 1 ; Mitius, Jonas, S. 14 ff.
(') Sein Nachfolger ist Monsignore A. Mifsud, dem ich für sein äusserst
liebenswürdiges Entgegenkommen in ludiem Maassc verpflichtet bin.
BE.MERKUNGKN VON EINER CIIRISTI,(CH-AHCH. STUDIENREISE 277
als Basilica und Baptisteriiini bezeichneten Räume der Katakombe
von S. Paolo mit dem wirklichen Thatbestande vollkonmien un-
vereinbar. Unter diesen Umständen wird die beistehende an Ort
und Stelle genommene Planskizze jenes Teiles des bedeutendsten und
geräumigsten maltesischen Coemeteriums nicht ohne Interesse sein.
Die Katakombe von der jetzt benutzten Eiugangstreppe aus
durchschreitend, tritt man bei U in unsere beiden Räume ein. Den
antiken Eingang bildete eine ziemlich breite Treppe /. deren untere
drei Stufen antik sind. Die Treppe / und ihre Fortsetzung t, führt
in den (Basilica genannten) Saal A, an den sich rechts ein zweiter
(sog. Baptisterium) B anschliesst. Der Boden von A liegt ca. 0,80 m.
tiefer als der von B, zu dem man wiederum über drei Stufen (/j)
aus A hinaufsteigen kann. Auf der Ecke von (z und f^ stehen vier
kräftige, aus einem natürliclien Pilaster gehauene kannelierte Säulen,
bestimmt, das A und B gemeinsame Gewölbe zu stützen ; sie be-
decken eine GrundÜäche, die auf der Seite von B und gegenüber
1,45 m., auf den beiden anderen Seiten 1,85 m. misst. Die Höhe
dieser Säulen ist 2,45 m., die Decke von B ist noch etwa 35 cm.
höher. Am Ende von A ist an der Rückwand eine Lünette (n) so
tief ein^-egraben, dass sie zwei hintereinandorliegende Gräber über-
deckt; davor liegt, ebenfalls der Länge nach der Richtung der Wand
folgend, ein drittes Grab, und zwar hat die vordere Wand, (vom Bo-
den des Raumes A aus) eine Höhe von 1,60 m., die beiden anderen
Gräber nach rückwärts unter der Arkosolwölbuug liegen noch 25 cm.
höher; es ist wohl denkbar, dass man die Oberflächen dieser Gräber
in späterer Zeit als Altar verwendet hat. c-c^ sind oblonge Boden-
ausschnitte von je 0,10 m. Tiefe; <?i ist 1,60 m. breit und 2,48 m.
lang (*). An der linken Wand ist eine flache und nur ganz leicht
gerundete Bogenuische ; von einem in sie gemalten Fresco sind nur
noch ganz geringe Spuren zu sehen. Die grösste Breite von A ist
a; = 4,35 m., die Länge der Bodenfläche = 8,20 m. ; y = 3,25 m.
53 und Si sind Säulenbaseu; s, und $2 je zwei in den Fels gehauene
Säulchen ; ^ zwei Stufen, darüber eine dritte, die in den Gang hin-
ter B führt.
Der Saal B, wie schon gesagt mit einem gegen A um ca.
80 cm. höher liegenden Boden, einer grössten Breite von 4,80 m.,
(») Die Bestimmung dieser Vertiefungen ist mir unklar.
27S fi. STIHI.FAITH
hat zwei iu der Breite wie in der Tiefe ungleiche Apsiden; die
Entfernung zwischen den zwei vorderen Querlinien k = 5,32 m., die
Tiefe der breiteren Apsis o = 3,15 ni. ; die gegenüberliegende Apsis
ist hinten offen auf den von t^ herkommenden, bei dem Pfeil mit-
tels einer vierstufigen Treppe aus B liinausführenden Gang, an
dessen Aussenwaud Gräber angebracht sind. Besonderes Interesse
erregen die beiden ganz gleichförmigen, von den Apsiden umschlos-
senen und ganz an ihrer Vorderseite liegenden cylinderfürmigeii
Erhöhungen ; beide haben 60 cm. Höhe ; die oben von einem Rah-
men eingefasste Kreisfläche hat im Durchmesser 1 m. ; an ihrer
Vorderseite (nach innen zu) haben l)eide einen kleinen Segment-
ausschnitt; man denkt dabei in erster Linie an zwei natürliche Al-
täre, an deren Vorderseite der Priester functionierte : selbstver-
ständlich wie diese ganze Anlage als Kirche eine Einrichtung
erst relativ später Zeit ('). Bemerkt sei noch, dass t^, tg, t-, und ^
wie ^8 mehrstufige in die Gänge der Katakombe hinauft'ührende
Treppen andeuten.
Dass namentlich in der Periode des ausgehenden christlichen
Altertums und während des Mittelalters auch die übrigen Katakom-
ben {-) der Gegenstand gottesdienstlicher Uebung wie frommer
Verehrung waren, bezeugt der Umstand, dass erstens auch sie, we-
(1) Diese Apsiden und in denselben die Cylinder mit dem flachen Becken
finden sich auch sonst unter der Erde Malta's, z. B. in der Katakombe der
hl. Agatha.
(*) Vgl. auch Mayr a. a. 0. S. 479 ; hier sind auch die Namen der haupt-
sächlichsten von der älteren Literatur genannten Coemeterien wiederholt :
S. Paolo, S. Agatha, S. Venera, S. Cataldo, S. Maria della Grotta, S. Maria
tal Virtü, Abbatia. Manche sind gewiss verfallen oder zerstört ; über anderen
ist wohl eine Kirche gebaut. Näheres über die Lage und die Beschaffenheit
dieser Nekropolen festzustellen ist nur bei längerem Aufenthalte möglich. Es
ist begründetste Aussicht, dass wir in Bälde einiges Genauere über die Mal-
teser altchristlichen Grabstätten erfahren auf Grund der L'ntersuchungen,
welche im letzten Jahre mein Freund Alb. Mayr auf der Inselgruppe angestellt
hat. Bisher existierte in weiteren Kreisen nur von einer einzigen, der Katakombe
der Abbatia, eine Art l'laii : Fr. Franc. Abela, Della descrittione di Malta,
Malta 1647, S. 48, übernommen in Fra Giovanfranc. Abela, .Valta illustrata,
ovvero Descrizione di 3falta..., corretta, accresciuta, e continouata dal conte
Giovannantonio Ciantar, 2 Bde., Malta 1772. 1780, Bd. I Tav. VIH, dazu
S. 186 ff. Vor kurzem teilte mir Mayr mit, dass über eine Katakombe ein nur
schwer zu erhaltender Report Caruanas mitsamt Photographieen erschienen sei.
BEMERKUNGEN VON EINKK .HRISTI.tCH-AHril. STIDIENKEISE ^T'.t
nigsteus nach den älteren Feststellungen, meist einen solchen ge-
räumigen Vorsaal hatten bzw. noch haben, und dass zweitens gerade
in dieseui allerlei Fresken « in griechischem Stil ^ sich gefunden
haben (Heilige, Bischöfe und dgl.). die zweitellos dem Mittelalter
angehören. So ist bereits bemerkt, dass aucii in der Basilika der
Katakombe S. Paul an der breiten und Üachen Nische an der linken
Wand von A sich Bildspuren erhalten haben; die ausserordentliche
Feuchtigkeit, die in den Katakoml)en herrscht, wird freilich aucli
sie bald beseitigt haben. Weit deutlicher ist aber noch wenigstens
ein kleines Freskobild in der Katakombe selbst erhalten ('). Es ist
mit ganz dicken Pinselstrichen in roter Farbe an der Seite eines
Eckpfeilers aufgetragen; die Konturen sind meist von grüner Farbe
begleitet. Was die Frau mit dem Namen Eutychpine (?) thut, ist
niclit näher zu erkennen. Dass auch sonst in der PauUkatakoml)e die
Dekoration nicht fehlte, erkennt man noch an allerdings wiederum
nur ganz schwachen roten Farbspuren, die sich über einem Arko-
solgrab finden.
Was die Grabformen betrifft, so wechseln im allgemeinen
Loculi mit Arcosolien; eine oft begegnende Eigentümlichkeit ist
die, dass unten am Boden das Loculusgrab sich befindet, während
darüber in halber Höhe der Wand die dazugehörige Bogennische
ausgehaueu ist; es entsteht dadurch eine Art Tisch, während dar-
unter das Grab ausgeschnitten ist.
Das Areal, das die Paulskatakombe bedeckt, ist nicht sehr
ausgedehnt; die Gänge sind infolge der durch die eminente Feuch-
tigkeit noch verstärkten Weichheit des Gesteins eng und verwin-
kelt. Gegenwärtig ist nur ein Teil dieser Katakombe zugänglich :
wie viel etwa noch verborgen liegt, lässt sich ohne genauere Un-
tersuchung nicht sagen. Beachtung nach dieser Seite verdient vor
allem, dass an einem Ende ein Thor vermauert ist ; an der be-
treffenden Stelle ist ein Ruudbogenportal, hinter dem möglicher-
weise der Gang weiter führt (-).
Die übrigen Katakomben Maltas sind bis jetzt fast nur dem
Namen nach bekannt; sie liegen auf Malta selbst im Umkreise der
(1) Je eine Kopie hat das Museum der Bibliutliek zu Valetta und dit-
Sakristei der Kirche S. l'aolo in Cittä Vecchia.
(») « Seconda la leggenda « befinden sich hinter dem Thor weitere Orab-
kammerii, wäliroiM d^r llaupti^MUf; bis nach Valetta führe !
280 G. STrill-FAlTH
alten Hauptstadt. Ihre wissenschaftliche Ausheiitung und Bearbei-
tung ist noch immer eine der driujTendsten und fjewiss auch loh-
'O
nenden Aufgaben der christlichen Archäologie.
Was man an altchristlichL-n Gegenständen bisher gefunden hat
— es ist nur recht wenig — bewahrt in der Hauptsache das Museum
der Bibliothek in Valetta ('). Zunächst seien liier genannt zwei
Menastläschchen ('-). Beide sind sehr roh gearbeitet aber in ihren
Reliefs verschieden. Das erste hat auf der Vorder- wie auf der
Rückseite ganz die gleiche Darstellung, die sich im wesentlichen
deckt mit derjenigen von Fig. 95 in V. Schnitze's Archäologie
(S. 301) oder der Darstellung auf der Vorderseite des ersten Me-
nasfläschchens, das verötfentlicht wurde (De Rossi, Bidletiino 1869,
S. 20) : also der Heilige zwischen den beiden Kamelen und zwei
kleinen Kreuzen; doch ist auf dem Malteser Exemplar der Kopf
des Menas nach links gerichtet. Das zweite Exemplar zeigt in dem
Diskus der Vorderseite wiederum den Heiligen in Orantenstellung
zwischen den zwei Kamelen, doch ohne die Kreuze; ferner ganz
en face, mit einem breiten Kopf und dem Nimbus, welcher ihm
auf dem ersten Krüglein fehlt. Die Rückseite zeigt genau wiede-
rum dasselbe, was die Rückseite der genannten, von de Rossi
publizierten Ampulle zeigt: innerhalb eines schematischen Kran-
zes die Inschrift: svXoyiu tov dyiov M/;»-« -|- und darunter drei
dicke Punkte. Ausser diesen Menasfläschchen notiere ich 18 alt-
christliche Lampen, von denen zwei nur in kleinen Fragmenten
erhalten sind: Fisch (zweimal), Kreuz (zweimal), Monogramm
(') Es existieren auch kleinere Privatsanimlungeii ;iuf der Insel; ferner
sagt Caruana, Report, S. 107: It is alleged, that in the tomh bearing the
monogram of Christ surmounted by a croivn held by tivo A^igels, in the Church
of this Cemetery (S. Paul), there was found the small ehest containing bo-
nes, now preserved in the treasury of the Cathedral Church. Manclierlei mag
ganz verschollen sein ; die von Abeln zusammen mit anderen altchristlichen
Klfingegenständen, a. a. 0. S. 40 f . Ahela-Ciantar a. a. 0. Tav. IV-VI, pu-
blizierte Lampe mit dem Opfer Ahrahams ist im Museum zu Valetta unbekannt.
{«) üeber diese Menaskrüglein vgl. Etienne Michon, La colleclion d'am-
poules ä eulogies du Musee du Louvre, Melanges G. ß. de Rossi {Supple-
ment aux Melanges d'archM. et dliiat. publies par VEcole franc. de Rome,
t. XII), Paris u. Rom 1892, 8. 183 ff.: S. 184 ff. Dazu auch Melanges d'ar-
ch^ol. et d'hist. 1895 S. 334 (Gsell, Chronique archM. africaine) und Eö-
mische Quartalschrift 1896 S. 244 ff. (De Waal, Menaskrüglein).
BEMERICU.NGEN V(iS KINKK t IIIU.S 1 I.Iill-AKi.H. STIUIENREISK 281
Christi (t zweimal; -nr ^'inmi^l)' PfenJ, Taube (zweimal), das eiue
Mal in sehr schöner Darstellung auf einem Oelzwei;,'e sitzend),
Hirsch, Palme, Vase, Stern konstituieriMi in der Hauptsache ihren
bildnerischen Schmuck ('). Was sonst noch an epigraiihischem
Material l)ekannt ist, hat Mayr (a. a. 0. S. 48») f.) zusammenge-
stellt (-). — In dem auf den (irundmauern eines antiken (Jebäudes
errichteten kleinen Museum in La Notabile habe ich Altchristliche.>>
nicht gefunden. — Schliesslich sei bemerkt, dass auch auf Gozo
die Existenz von Coemeterien nachgewiesen ist.
II. Nord-Afrika
( Tunis und Karthago ).
Die Keste altchristlicher Monumente in üuteritalien, Sizilien
und Malta, an sich schon gering an Zahl und meist auch an Be-
deutung, erscheinen erst recht spärlich gegenüber der ausserordent-
lichen Fülle dessen, was unter der ebenso eifrigen als glücklichen
Forscherthätigkeit französischer Archäologen namentlich seit der
durch den Vertrag vom Bardo am 12. Mai 1881 erfolgten Occu-
pation, also seit nicht zwanzig Jahren in Nordafrika zu Tage ge-
kommen ist.
Wenn irgendwo, so reden dort die alten Steine in ihrem
geradezu erstaunlichen Keichtum aufs deutlichste von einer dereins-
tigen weitverbreiteten Kunst- und Kulturblüte, deren sich das
(1) Caruana, Report, spricht vuii den christlichen Lampen ganz oberfläch-
lich, auf Grund von Abela-Ciantars J/alta illustrata 8. 120 f. I>azu gibt er
eine Tafel mit einer rhotogra])hie, welche elf Lampen vereinigt und die Un-
terschrift trägt; Old terra-cotta, par/an and Christian, lamps found in Mal'a.
Die hier abgebildeten Lampen scheinen zwar ihrer Form nach alle altchrist-
lich zu sein, aber leider sind es nur weniger bedeutende Stücke, die repro-
duziert sind, ausserdem ist die Photographie undeutlich ; nur eine Lampe hebt
sich besonders heraus : sie zeigt in ihrem Diskus die Büste eines behelmten
Kriegers im Profil nach rechts.
{■i) Die von Caruana, Report S. 153 n. XXIX publizierte Bronzeplatte
mit der angeblich altchristlichen Grabschrift: d. n>. \ Fuficaü calene \ curttus
diadu\idomeno coiucilercriä valer \ henemerenti (darunter Taube mit Oel-
zvreig) ist eine plumpe moderne Fälschung nach dem stadtrömischen Stein
C. I. L. VI 186 U (Original in S. Maria in Trastevere). Aehnliche Fabrikate
sind schon früher in Malta aufgetaucht: s. C I. L- X. 1094*, 1095*.
2S2 G. Sil HI.KAITII
gauze Land als Provinz Roms /u erfreuen hatte. Denn specitisch
römische (Provinzial-) Kultur der Kaiserzeit ist es, deren unver-
kennbares Gepräge neben den älteren punischen Denkmälern und
Xekropolen die Hauptmasse der kleinen Avie der grossen Funde
allenthalben an der Stirne trägt.
So arm, im Verhältnis zu den in Xordafrika vorhandenen. Tu-
nis-Karthairo selbst an eigentlichen Ruinen ist, so bedeutsam und
die anderen — Algier. Constantine, Cherchel, Oran etc. (') — an
Schätzen überragend sind die beiden hier eingerichteten zwar sehr
jungen, aber ungemein rasch sich entwickelnden archäologischen
Museen: das Mus ee Alaoui des Bardo (eine halbe Stunde von
Tunis entfernt) und das Musee de St. Louis auf der Höhe des
alten Karthago. Die grosse Menge altchristlicher Denkmäler,
die in denselben bewahrt sind, setzt sich im wesentlichen zusam-
men aus drei Gruppen, von denen dio dritte bis vor Kurzem auch
ihrer p]xistenz nach in weiteren Kreisen noch fast gänzlich unbe-
kannt war, nämlich 1) Inschriften, 2) Lampen und 3) Mosaiken (-).
Die christlichen Mosaiken, von denen zuerst kurz die Rede
sei, bilden nebst den klassischen den Hauptschmuck des Bardo-
Museums. Der Eindruck ist geradezu verblütfend, wenn man in
den herrlichen Festsaal des alten Harems, in dessen stattlichen Räu-
men das l^Iuseum untergebracht ist, eintretend ringsum die langen
und hohen Wände von den prächtigsten und fast ausschliesslich
(über 50 Nummern) altchristlichen Mosaiken bedeckt sieht, w^äh-
rend der ganze Fussboden bis auf einen Umgang gefüllt ist mit
dem nach Form Avie Umfang — ca. 137 qm. — grossartigen Mo-
saik aus Susa, dem ehemaligen Hadrumetum, darstellend den von
Sirenen, Nereiden und Tritonen umgebenen Neptun auf einem von
(') \g\. Mus^es et collections avcheolof/iques de VAlg&rie: erschienen
.sind 1) Mus^e d' Alger, von (». Doublet, Paris 1890. 2) Muspc de Constantine,
von G. Doublet et P. (jauckler, P.iris 1892. 3) Musöe d'Oran, von R. de la
Blanchere, Paris 1893. 4) Mus^e de Cherchel, von P. Gauckler, Paris 1895.
5) Mus^e de LamhHe, von R. Caf(nat, Paris 1895.
('j Jetzt ist ein au-fführlicher Kataloj? erschienen : Du Coudray la Blan-
chere (t) et P. (jauckler, Catalogue des tnusres et collections archöologiques
de VAUjörie et de la Tunisie. Musee dWlaoui. 2 Bde. 'i'o.xt- u. Tafelband),
l'aris 1897. Im einzelnen diesen Katalog zu zitieren ist mir nicht mehr mög-
lich, «iauckler bereitet überdies einen gr ssen Mosaiken-Katalog vor.
HKMKKKUNGEN VON F/NtU CKHISTI.iril-AR« 11. STl'lJlEMtEISE 28o
vier Seepfeiden gezof^^onen Wagen ('). Die an den Wämlen l)..-lind-
lichen christlichen ]\Iosaiken, teilweise in da> I. .Thdt. zurück-
reichend, liherkleideten urspriinglicli Sarkoiihage. die man in den
Xekropolen zn Sfaks (Taparura), Lemta (Leptis minor) und Tha-
braca (Tabarca) (-) ausgegraben hat. Die Sitte, den Sarkopliag mit
Mosaiken zu schmücken, war in Afrika durchaus nichts Ungewöhn-
liches (3). Es ist gelungen, einen dieser Mosaiksärge (aus dem alten
Tabarca) ganz in das Musee Alaoui zu schaffen, und dieser ist nun,
einstmals die Reste des im Knabenalter verstorbenen Dardanius ber-
gend und jetzt ein Stück grössten archäologischen Interesses, an der
Rückwand der Salle des fctes ausgestellt ('). Während die Rück-
seite und die linke Schmalseite angelehnt waren, sind die drei übri-
H) FarbL'iidruck in den von dem verstorbenen ersten Direktor des Mu-
seums, R. de la Blanchere. herausgefrebenen CoUections du Mush: Alaoui,
r« s^rie (mehr gilt es nicht!), Paris 1890, PI. I. dazu von dem Herausge-
ber S. 17 if.; in dem 'J'ext sind noch andere (profane) Mosaiken abgebildet. —
Die Introduction dieses Werkes, ebenfalls von de la Blanchere, berichtet über
die Geschichte und die Gestalt des :\ruseums. Dasselbe geschieht im Kingang
des Anm. 2 gen. Kataloges. Sehr gute Dienste leistete in Ermangelung dieses
grossen Kataloges der von de la Blanchere's Nachfolger, P. Gauckler, directeur
lies Services des antiquita, veröffentlichte Guide du visitew au Musee du
Bardo, Tunis \mQ {Ejctrait de la Revue Tunisienne, orpane de l' Institut de
Carthaqe), ebenfalls mit einem Plan des Museums. Ich möchte nicht ver.-^äumen.
auch Herrn Direktor Gauckler und zugleich Herrn P. Delattre für das mir
bewiesene Wohlwollen den gebührenden Dank auszusprechen.
(2j Zu den alten nordafrikanischen Städten vgl. im allgemeinen J. Tou-
tain, Les citis romaines de la Tunisie, Essai sur Vhistoire de la colonisa-
tion romaine dans VÄfrique du nord {Bibliolh?que des Cooles franc- d'AthPne^
et de Rome, fasc. 72), Paris 1896.
(3) Auf weitere Beispiele verweist Gsell in den MeUnnjes d'airh''otocfie
1894 S 397 ff. Dazu vgl. auch Bulletin trimcstriel des antiquiti's africaines,
T IV 1885, PI. III. IV. T. VI, 1887, PI. VI. Archives des missions seien-
tifiques et l'ittöraires, 1887 S. 19 (fig. 21). Besonders vgl. noch Biblioth?que
d'archeologie africaine jmhli^e sous les auspices du mln>.^th-e de Vmstruction
publique et des heaux arts, fasc. I: R. du Coudray la Blanchere, Tombes rn
mosaique de Thabraca. Douzc stHes votives du Mus^e du Bardo, Paris 189<.
Bemerken möchte ich hier, dass ausser diesen Mosaik- und ausser Marinor-
särgen das christliche Afrika, Karthago nicht ausgeschlossen, auch 1 h-n- oder
Krugsärge kannte. Vgl. Alexis Schwarze. Untersuchungen über die äussere
EntWickelung der afrikanischen Kirche mit besonderer Verwertung der archa.d.
Funde, Göttingen 1892, S. 54 ff. ■ ^ ,,- „ im vir
(4) Vgl. de la Blanchere, Coli, du mush^ Alaoui, S. 11. ff. u. 1 1. Ml.
284 r.. sTi Hi.KAi'm
gen, freien Seiten mit Mosaiken überkleidet ; die rechte Schmalseite
ist mit einem dekorativen Muster gefüllt ; die Vorderseite ist von
hübschen, aus einer Vase herauswachsenden Rosenranken bedeckt,
in deren Windungen rechts und links eine Taube steht ; auf der
Oberliäche ist der Verstorbene selbst und zwar als Orant zwischen
zwei hohen Kerzen über Rosenrankeu stehend dargestellt; über sei-
nem Kopfe und zu beiden Seiten desselben liest man die Inschrift:
DARD-fANIVS
INNO CES
IN PA CE
Aehniiches zeigen auch die anderen Mosaiken. « Elles jmrtent
uiie e'pitcq^he, g^neralement accomimgnee cVattnbuts, de monogram-
mes, de figures symboliques chretieanes. Les plus curieuses repre-
senteiit des j^ß'^sonnages ea pied: le Christ nimbe, avec deux fideles
agenouilles devant lui, oii simpleme?it le portrait du defunt dans
l'attitude de Vorant^ debout^ entre deux cierges tels qiion les vend
eiicore aujourd'hui, ä Tunis,, au souk des parfimis ; liommes en
dalmaiiqu.e ä bandes ornee de broderies, avec l'orarium passe au-
loiir du cow, ferames en timique ä manches^ avec echarpe fraiigöe;
eafanis enrobe blanche, couleur de l'innocence : innocens in pace.
C'est une veritable galerie de portraits authentiques, qui fail
deßler sous nos yeux toute la societe (natürlich nur die vornehme,
da nur diese sich den Luxus solcher Mosaiksärge gestatten konnte)
chretienne d'Afrique, au /P et V'' siecles de notre ere » (Gauckler,
Guide p. 12). Hingewiesen sei noch auf die Mosaikinschriften aus
einer römischen Svnagoge, deren Reste 1883 bei Hammam-Lif aus-
gegraben sind {CIL. VIII S. 12457): 1) Sancta sinagoga Naron
pro salutem suarn ancilla tua Juliana p{uella) de suo propium
teselavit. Dabei das Bild des siebenavmigen Leuchters. 2) Genannt
ist hier ein Rusticus arcosinagogus. Wahrscheinlich aus dem
4. Jhdt.
An Lampen besitzt das Museum des Bardo, neben einer statt-
lichen Kollektion profaner mit allen möglichen Darstellungen, teil-
weise vorzüglicher Ausführung und interessantester Art, im ganzen
etwa 170 Stück christlicher. Die Hauptmasse derselben (86 Num-
mern), zugleich die bedeutendsten wegen der guten Erhaltung und
der Reliefs, sind an der Eingangswand der Salle des fctes in
liKMKHKlNfiKN VON KINKIl CHRISTI- CH-AUCII. STIDIENRKISE 285
einem GLispulte vereinigt. Sie stammen meist aus Karthago; nur
wenige unter ihnen sind stärker fragmentiert; ihrem lU-liefsclimiK-k
nach schliessen sie sich mit den durch Delattre bekannt trewor-
denen und unten noch näher /u erwähnenden eng zusammen.
Einzelne zeigen lediglich eine nichtssagende Arabeske, eine Reihe trägt
auf der Oberfläche eine Muschel oder eine Rosette (sternartig in mannigfacher
Form). Zwei (Nr. 817. 318) sind durch den siebenarmigen Leuchter als jüdisch
gekennzeichnet. Nicht selten füllen den Diskus Vögel : Hahn, Taube (Nr. 405:
zwei Taubell gegen einander gekehrt aufwärts fliegend), Pfau, l'hünix (332),
Pelikan (333), Adler (345), Sirene (344) oder Tiere: ein springender Löwe
(4 Malj, Lamm (besonders schön Nr. 381, wo das Tier ein mit dem Stiel
nach oben gerichtetes Blatt vor sich hat, vgl. die verwandte Darstelluuir auf
unserer Tafel Nr. 13), Pferd (Nr. 388. 404). Hase (391), Hirsch (379), ja-
gender Hirsch oder Hund in rohester Form (392), ferner der Fisch (4 yin\).
der Delphin, letztei'er auf Nr. 14 ganz roh und als solcher nur aus den Ana-
logiecn zu erkennen, die sich aber nicht allein in Karthago selbst, sondern
z. B. auch in Syrakus finden. LTeberhaupt sei bei dieser Gelegenheit auf die
vielfach wiederkehrenden überraschenden Verwandtschaftsverhältnisse hinge-
wiesen, welche zwischen dem Reliefschniuck der nordafrikanischen, der sizi-
lischen, speziell syrakusanischen und der wenigen Lampen, die in der Gegend
von Reggio gefunden sind, zu Tage liegen: sie bezeugen den engeren Zusam-
raenschluss dieser ]Mitteliiieergrui>pe aufs bestimmteste. Nordafrika und speziell
Karthago hatte dabei zweifelsohne die führende Rolle. Auf den Lampen der be-
sagten Gruppe im Bardo begegnet weiter häufig das Monogram aus X und P
(4 Mal), X und I (1 Mal), das monogrammatische Kreuz mit dem Haken des P
auf der rechten (8 Mal) oder auf der linken Seite (3 Mal), sodann das Kreuz in
reicherer Form: im Mittelpunkte ein kleineres Kreuz oder ein Lamm, s^nst mit
die Balken überspinneiiden Hanken (9 Mal); einmal ist es aus ganz einfachen
Linien gebildet, oder endlich ist es aus einer Gruppierung von herzförmigen
Blättern geformt. Zwei Exemplare zeigen in ihrem Diskus zwei von einem fla-
chen Rundbogen überspannte Säulen (Ciborium); das erste Exemplar lässt von
irgend welcher Darstellung unter demselben nichts mehr erkennen, das andere
dagegen eine schwache vertikale, von dem Scheitel des Bogens bis herunter rei-
chende Linie; in ihrer Mitte hat sie eine punktartige Verdickung, von welcher
Querarme auszugehen scheinen. Die Palme findet sich auf Nr. 366. Nr. 368 ent-
hält, wenn auch stark abgcschliff"eii, die Darstellung Daniels in gegürteter
Tunika als Orant zwischen den zwei Löwen, oben schwebt links der beflü-
gelte Engel, gegenüber Habakuk, dem Daniel ein Brot daiTeichend (vgl. Taf. X
Nr. (!) (1). Nr. 384 zeigt die beiden israelitischen Kundschafter mit der gros-
(') Die Besichtigung der Originale lässt keinen Zweifel darüber, dass
die Schwebefigur links oben der in Tunika und Pallium gekleidete, beflügelte
Engel ist, der den gegenüber dargestellten Habakuk zu Daniel gebracht (vgl.
28G G. STtHLFALTH
sen Weintraube aus dem gelobten Lande, Nr. 336 drei Jünglinge in der
Tracbt der drei Hebräer im Feuerofen (ohne Kopfbedeckung), nach links
schreitend, duch nach rechts zurücksehend und gegenseitig mit den Armen
sich umfassend : wahrscheinlich die geretteten drei Hebräer (vgl. Taf. X
Nr. 14) Cj. Auf Nr. 873 steht Christus (nimbiert und vollbekleidet) mit dem
Kreuz, das er mit dem rechten Arm umfasst, über einer um den Kreuzesstamm
.sich windenden Schlange; links daneben kniet eine Christus zugewendete
männliche Figur mit dem rechten Knie am Boden, während sie das linke auf-
gestellt hat; sie scheint nackt und unbärtig und hält Chri.sto irgend einen Ge-
genstand hin. Diese Gruppe, nicht wie gewöhnlich aufrecht, sondern quer in den
1 >iskus gestellt, ist mir in ihrer genaueren Bedeutung unklar. Dasselbe ist der
Fall bei einer anderen Lampe (344); hier hält ein bärtiger Mann, nach links
gewendet, in der Rechten einen hohen Stab, dessen oberes Ende sich stark
verbreitert; die Linke ist gesenkt und hält, wie es scheint, einen an sich nicht
näher zu bestimmenden Gegenstand; das Gewand des Mannes ist kurz, eng
anliegend und reich verziert; er trägt eine Kopfbedeckung, die einigermassen
an die Löwenmütze des Hercules erinnert ; möglichenfalls ist es Herkules
selbst mit der szepterartigen Keule in der einen und dem Löweufell in der
anderen Hand. Eine Scene aus dein Amphitheater gibt Nr. 821 : ein Löwe
springt nach links über eine unter ihm liegende Figur hinweg, die gegen den
Leib des Löwen unmittelbar hinter dessen A'orderbeinen eine Lanze empor-
stösst; eine zweite Figur steht dicht vor dem Löwen und streckt gleichfalls
eine Lanze vor gegen den Hals des Löwen. Stark abgeschliifen sind zwei
weitere Lampen, von denen die eine (367) zwei Figuren erkennen lässt, die
ein Gefäss oder einen Korb zwischen sich zu haben scheinen, in das bzw. den
sie etwas hineingiessen oder -schütten, während auf der anderen (372) eine.
hiemit Stuhlfauth, die Engel, S. 174 Anm. 1); die gleiche Komposition be-
gegnet, so weit mir bis jetzt bekannt ist, 9 Mal, davon sicher 7 Mal in Nord-
afrika ; 5 Exemplare sind im Musöe de St. Louis (vgl. Delattre, Reoue de
Vart chräien, 1892 S. 135 Nr. 676 If.), 2 im Museum des Bardo, 1 jetzt im
Museum in Lausanne, letzteres von Le Blaut, Revue de Vart chr^t., 1875, T. XIX
S. 91 f. und M&moires de la SocieU des antiquaires de France, 1874, T. Bö
S. 71 (beide Artikel sind identisch!) besprochen und publiziert (vgl. Stuhlfauth
a. a. 0. S. 173), 1 von Le Blant ebda, namhaft gemacht; die Heimat dieser
beiden letzten E.xemplare ist wohl auch Nordafrika; andere karthagische Exeni-
l)lare sind abgeb. bei Kraus, Real-Encyklopädie II S. 278 Fig. 118 und auf un-
.serer Taf. X Nr. 6.
(') Der Feuerofen selbst ist nicht dargestellt; man könnte auch an die
drei Magier auf der Reise nach Bethlehem denken, doch ist diese Deutung wo-
gen des Fehlens des Sternes wie der ihr widersprechenden Haltung der Figuren,
die jedenfalls nach oben sehen müssten, wenig passend, ganz ausgeschlossen
aber die von Delattre neben der von mir befürworteten auch noch vorgeschla-
gene {Reoue de Vart chrH. 1892 S. 133 zu Nr. Q,C)(j) auf die drei Himmli-
schen, die dem Abraham erschienen (zu diesen vgl. Stuhlfauth, ebda. S. 111 ff).
BEMERKl NGKN VON KI.NKK CIlKlSTMiH-AIlCIl. .STLIJIENRKISK 287
wie es scheiiil. mir mit kiiizcr Tunika Ijekleidcte jnj,'('iidli(;lie Fi','ur die Anne
erhebt und nach links blickt. VoUkomineii deutlich ist dafref,'eii Nr. 399, wo
eine en face stehende Fi<riir in kurzer Tunika mit den beiden .Vrnnn vorder
ürust einen Has^^en tr[l<,'t (vfjl. Tat'. X Nr. 19).
Er<jilnzt und \veiter;reführt wird diese Serie von Lampen durch eine
zweite Kullektiüu in dem j,'leiclien Saale an der linken Lan^'wand. Duch sind
hier bloss etwa 5 unversehrt geblieben oder unwesentlich verletzt, die übri-
gen (ca. 55) nur in grösseren oder kleineren Bruchstiickeii «rhaten. Häufig
(ungefähr 7 Mal) findet sich auf dem Diskus wieder das Kreuz und in dessen
Schnittpunkt ein Lamm odt-r ein kleines Kreuz, auf den IJalken Kankenwerk
oder gelegentlich eine kleine runde Scheibe mit dem Lamm ; wiederholt treffen
wir das Monogramm aus X V, 1 Mal das Kreuzraonogramm mit dem Haken
des P auf der rechten und 4 Mal mt ihm auf der linken Seite des Verti-
kalbalkens, ferner 1 },U\ die Rosette, 1 Mal einen sechsstrahligen Stern, (die
Strahlen mit Palmzwuigen ausgefüllt; im Scheitel der inneren Winkel, um
die Lampenöffnung gruppiert, kleine Kreise), 3 3[al eine Palme, 2 Mal eine
Vase, sodann den PMsch, den Hund, das Lamm und die Taube. p:in Frag-
ment zeigt Daniel in gegürteter Tunika als Orant zwischen den beiden Löwen;
auf einer anderen Lampe erscheinen wiederum die drei Jünglinge wie auf der
zuvor besprochenen Lampe (Nr. 836). Auf Fragmenten, einem grösseren und
einem kleineren — letzteres schöner und deutlicher — sieht man den Ober-
körper Christi (wie Taf. IX Nr. 8). Daran schliesst sich eine fragmentierte
Lampe, die noch die zwei in der Höhe schwebenden Engel mit zu Christus,
von dessen Figur nur ein Teil des Kopfes noch erhalten ist, vorgestreckten
Armen zeigt; die beiden Engel tragen Tunika und Pallium. Im Zusammen-
hang damit sei bemerkt, dass mir Herr Dir. (iauckler ein weiteres, zwar eben-
falls fragmentiertes, aber in der Darstellung ziemlich unversehrtes Exemplar
dieser Gattung vorlegte, das in vortrefflicher Zeichnung den über den Höllen-
tiereu triumphierenden und von den Engeln verehrten Christus aufweist.
Höchst interessant ist eine kleine Sammlung, die in der Solle ä man-
(jer ausgestellt ist und die uns nach Udna (Uthina) in eine christliche Töpfer-
werkstätte des 5. Jhdts. führt. « On y voit (sagt Gauckler, Guide p. 22} ö
cot6 de formes, de polissoira, de moules de lampe en pldfre et de cachets
ä estampille en terre cuite, diverses figures, des lampes, des vases, et sur-
fout une s^rie tr?s-complHe de fonds de plats ä fiijures symboliques chre-
tleniies ». Wir finden hier also vor allem eine grosse Anzahl Fragmente von
Thonschalen, von denen in der Regel nur der Boden und zwar nudir oder
weniger intakt erhalten ist; gerade dieser aber ist der interessanteste Teil des
Ganzen, denn die Mitte der Innenseite des Bodens trägt ausnahmslos irgend
ein Emblem. Dasselbe ist nur in d<-n seltensten Fällen rein dekorativer oder
neutraler Natur: konzentrische Kreise, Sjiirale, irgend eine Arabeske oder auch
Stern. Statt dessen finden wir meist bestimmte Zeichen ; häufig ein Auge allein
oder mehrere zusammen. Mehrmals begegnet eine Palmefte oder ein Palm-
zweig, öfter die Taube (allein oder in Gesellschaft;, wiederholt ein Lamm,
gelegentlich (1 Mal sicher) der Hahn, einige Male der (springende) Hase.
Oefter erscheint sodann das Kreuzmonogramm, zuwi.-ilen mit c. «i. am hau-
288 G. STIHLF.U TH
figsten aber ist das Kreuz und zwar in verschiedener Gestalt, doch fast aus-
nahmslos hat es die lateinische Form, zuweilen auch die des griechischen
Hakenkreuzes, wenn hier nicht lediglich ein schlechtes ]\Iodell zu Orund liegt.
od'T es ist der lange senkrechte Balken durch den kurzen <^uerbalken in zwei
gleiche Hälften geteilt. Ein grosser Thonteller hat innen auf dem Boden zwei
konzentrische Kreise und um dieselben vier keilförmige Palmzweige in XfTin
angeordnet Vor allem ist bemerkenswert, dass ein Mal die nimbierte, en face
thronende ^ladonna mit dem Kinde auf dem Schosse dargestellt ist; die Zeich-
nung ist flüchtig und auch schon etwas abgeschliffen, gleichwohl kann man
die Figuren noch wohl erkennen. Unter den übrigen Gegenständen dieses
Glaspults (1) verdient noch besondere Erwähnung zunächst ein kleines dünnes
Thonplattenfragment welches in einem Kreise zwei griechische Kreuze und
zwischen ihnen ein Blatt zeigt, ferner eine kleine weibliche Thniibüste, die,
innen hohl, oben eine Oeffnung und rechts und links einen kleinen Henkel
hat, und deren unterer Teil weggebrochen ist ; endlich eine Lampenform für
die obere Seite einer Lampe, und eine zweite, die aber nur zur Hälfte erhalten
und ohne jegliches bestimmtere Kennzeichen ist. Hieran reihen sich nun die
eigentlichen Lampen; sie zeigen 1. ein Lamm; 2. einen Mann (Bauer) in
kurzer Tunika, ein Tier (wohl Hase, s. o.) vor der Brust tragend ; 3. das Kreuz-
monogramm ; 4. dasselbe mit dem Haken des P auf der linken Seite und ver-
zierten Balken (auf der Kreuzungsfläche und am unteren Ende des Stammes
ein kleines Lamm') ; 5. Monogramm Christi a ; 6. Tier (Hirsch ?) ; 7. männ-
liches Brustbild (unbärtig, en face); 8. geometrische Figur (ein Quadrat um-
schliesst-zwei andere, die auf der Spitze stehen) ; 9. Palme [^) ; 10. Daniel in
gegürteter Tunika zwischen den Löwen betend, links oben schwebt der beflü-
gelte, deutlich in Tunika und Pallium gekleidete Engel nach rechts, auf der
anderen Seite steht in der Höhe der kleine Habakuk. ein rundes Brot darbietend
(s. 0.); 11. lateinisches Kreuz ; 12. sehr hübsch gearbeitet, das Monogramm A
in der oberen Hälfte einer so gestalteten Figur ^-p\^ (in der unteren die Lam-
penöffnung) ; 13. oben ohne Darstellung, dagegen ist die Rückseite mit einem
sechsstrahligen Stern in zwei konzentrischen Kreisen versehen. Dazu kommen
fünf Lamjjen klassischer Form mit jirofanen Darstellungen (Sphinx mit ausge-
spannten Flügeln auf einer ]\Iauer in die Ferne schauend ; Diana auf einem
Hirsch nach rechts sprengend etc.), weiter 3 Lampen mit zwei Brennern (aber
nicht nebeneinander, sondern gegenüber): zwei unter ihnen sind ohne Merk-
zeichen, die dritte zeigt oben zwei sich schneidende Dreiecke mit unregelmäs-
sigen Linien, um dieselben Strichelung, auf der Rückseite ein X innerhalb
eines Kreises. Natürlich ist auch sonst sehr häufig der Boden mit irgend ei-
nem Zeichen versehen (Buchstaben, Zahl, Monogramm, Kreuz, konzentrischen
Kreisen, Palmzweig etc. etc ), doch würde die Einzelaufführung derselben zu
(^) IJ. a. sind hier 4 Münzen, eine ganze Anzahl von meist zerbrochenen
Elfenbeinnadeln, ovalen Tlionfirmen mit mancherlei Einjiressungen wie In-
schriften (1 Mal im Negativ) uder Mustern u. s. w.
(2) Vgl. Delaüre, Revue de Vart chräien 1891, S. 50, n. 312-325.
HKMERKLNGEN VO\ EINER .IIRISTI.ICH-ARCH. STI I.IK.NREISE 28!»
weit führen. Cliristlicl.e Tlionlaiapen betreffc.l bldl.t nur „och darauf hinzu-
weisen, dass in einem an-lor-n filaspulfe d.r Salle n man.,er nebe« IT. klein.,,
l^aterae nochmals 18, in Duar-ech-Cholt befundene aufbewahrt sind: all.. .,hn..
DarstellunfT, doch mehrere von der Form eines Fisch.-s.
Einer in der ultchristlichen Kunst sonst ni. W. nur noch in
Frankruich (') nachgewiesenen Verwen-Iiuifr der Terracutta dienten
zwei in der Ä///^ ,/^i^ /^Vc'.s ausgestellte Keihen von Terracotta-
platten von durchschnittlich 24 cm. Höhe und gleicher Breite
und 2-3 mm. Dicke, die, versehen mit Reliefs von höchster Hoheit
zur Verkleidung der Wände christlicher Basiliken benutzt waren!
Die erste Serie (17 Platten) stammt in der Hauptsache aus verschie-
denen christlichen Basiliken in Karthago, Kassrin (dem alten Cil-
hum) und Bu-Ficha. Merkwürdig ist, dass sie nicht allein Gegen-
stände aus der hl. Geschichte veranschaulichen, sondern auch heidni-
sche StoTe nicht verschmähen. Denn auf einer der Tafeln sehen wir
einen Siegesbaum zwischen zwei Victorien und auf einer anderen
Pegasus bei den Musen. Andere zeigen ein Tier: Löwe, Hirsch, Stier.
An specifisch christlichen Vorstellungen findet sich Jonas, auf dem
Tiere ruhend (vgl. Mitius a. a. 0. S. 69); auf einer anderen Tafel zwei
Mal nebeneinander die en face thronende Madonna mit dem Kinde
auf dem Schosse, oben ist zuerst links von dem Kopfe der :Maria,
dann rechts je eine Inschrift, die in beiden Fällen aus Zahlzeichen
sich zusammenzusetzen scheint ([XIX XVJ), obwohl es an sicli
näher liegt, zunächst an eine Erklärung der Darstellung selbst zu
denken wie bei der folgenden Platte. Diese veran.scha°ilicht das
Opfer Abrahams, darüber steht die von rechts nach links laufende,
mit + beginnende Inschrift: Äbmm et Isac (-). Besonders interes-
sant ist die aus Kassrin stammende Platte mit einer Rosette und
der Inschrift: -j- S{a,i)et{a) Maria ajuba ms -|-.
Die zweite Serie dieser Terracottareliefplatten, von völlig glei-
cher Beschaffenheit wie die eben kurz beschriebene, kommt aus
den Ruinen einer Basilika in Hadscheb-el-Aiun. Wir begegnen hier
zunächst wieder dem Opfer Abrahams in derselben Komposition
(1) Vgl. de la Blanchere, Revue arch^ol 1881, I, S. 302, 317, 320.
(2) Vgl. S. 302 Fig. 3, wo (ausser einer Platte mit dem auf dem Tiere
ruhenden Jonas [?]) ein ganz verwandtes Täfelchen des Museums St. Louis
reproduziert ist; es zeigt ebenfalls die Opferung Isaaks in einer mit der des
Musde Alaoui identischen Wiedergabe.
19
21(0 ■ G. Sil III lAlTH
uud Roheit der Ausfühning wie dort ; ferner sehen wir 2) das
Wunder der Brot- und Fischvermehriing: Christus, bärtig, eu face,
hält die Hände über die Speisen, die von links (das Brot) und
rechts (zwei Fische) von zwei Aposteln herangebracht werden ; die
drei Figuren sind in Tunika und Pallium gekleidet, unten stehen
-zwei Körbe : das Bild ist, wie auf allen Platten, zwischen zwei
Säulen gestellt; 8) Adam, rechts (vom Beschauer), links Eva, er-
kennbar lediglich an dem langen Haar; zwischen beiden der Baum,
um dessen Stamm sich die Schlange windet; 4) Cliristus und die
Samariterin : rechts sieht Christus in Tunika und Pallium, doch
ohne Nimbus und, wie es scheint, unbärtig (der Kopf ist, wie der
der Samariterin, ganz roh angegeben und überdies stark abgeschlif-
fen), in der Linken hinter sich ein hohes Kreuz haltend, die Rechte
vorstreckend zu der Frau gegenüber, die, ihm zugewendet, gleich-
falls die Rechte sprechend erhebt ; zAvischen beiden Personen steht
ein säulenartiger, hohl zu denkender Cylinder, eingeschlossen von
zwei schlanken, oben in kuize Aeste sich rerzweigenden Stämmen
oder Bäumen; über dem Brunnen schwebt der Eimer, den die Frau
mit der Linken an einer Kette oder einem Strick festhält ; 5) Schlüs-
selübergabe : Christus, bärtig, nimbiert, in Chiton und Mantel, das
Kreuz vor die Brust haltend, überreicht, nach links gewendet, einer
ebenfalls nimbierten unbärtigen (I) Figur, welche beide Hände vor-
streckt (Petrus), einen Gegenstand (die Schlüssel); 6) Daniel in
der Löwengrube: der Prophet, en face, hält in den ausgebreiteten
und etwas erhobenen Händen je einen Kranz ; über ihm steht SCS
= sanctus, unter ihm AANIEL. Die übrigen Tafeln enthalten Tiere
oder Rosetten, die das Viereck füllen. Die Platten 1. 3. 4. 5 sind
zerbrochen und zusammengesetzt, auch einiges daran ergänzt. Eine
beträchtliche Anzahl grösserer oder kleinerer Fragmente solcher
Thonplatten ist in dem gleichen Räume des Museums untergebracht.
Diese Reliefs, die sich durch weitere des Mvsee de St. Louis
in Karthago ergänzen (s. u.), zeigen die volle Verwilderung der ein-
heimischen Produktion auf diesem Gebiete im 5. uud 6. Jhdt. : darin
besteht die erste Bedeutung unserer Platten ; sie sind aber wertvoll
wegen des Inhaltes ihrer Darstellungen für die Kenntnis des Bil-
dercyklus jener Zeit in Nordafrika (vgl. F. X. Kraus, Gesch. der
Christi. Kunst I, 398, wo weitere Literatur) : die Aufnahme von
Tieren und neutralen Formen wie Rosetten und die Wiederholung
HEMERKr.NOKN VON KINKK ( IIUISTI.K'II-'aUCII. s riDlKNRKISE 2'.'1
derselben Motive (Abrah;ini.s Oplor, Joua.s) sclieiul IVi.'ilich uiicli die
ausserordeutlich hohe btotllicho Armut oder doch das Unverinügeii
in der Schatfiing neuer Formen deutlich zw bckiindeu (').
So relativ reich nach den voransteheiiden Mitteilliingen im-
merhin das Museum des Bardo an altchristlicheu Terracotten ist, so
arm ist es an Denkmiileru, die als solche für die altchristliche Kpi-
graphik in Betracht kommen. Der hierher gehörenden Grabsteine
mit Inschriften sind im ganzen nur etwa 25, denen sicli das eine
und andere Fragment mit einem blossen christlichen Emblem
(Kreuz und Kreuzmonogramm) anreiht. Unter den Grabschriften
sind nicht mehr als zwei griechische; von der ersten ist nur N0A
{== svd-äöf) erhalten; die zweite, EN IRENE (lateiuisclie Bucii-
staben !) mit vorangehender Taube, aus Kl-Kef (Sicca Veneria),
ist publiziert und besprochen von De la Blanchere, Colleclions dv
Mus^e Älaoiii I. S. 55 f. Unter den übrigen, welche durchweg in
lateinischer Spraclie abgefasst sind, ist erwähnenswert der schön
geschriebene, in Maktar gefundene Stein des Priesters Jobianus
und ein anderer aus der Moschee von Testur (Tischilla) mit den
Namen der drei Heiligen Maxima, Donatilla und Secunda (-).
Sprachlicii bemerkenswert wegen der Zahl cinquanta = qiiinqua-
ginta erscheint folgende Inschrift:
CANPESIS DOMITI
VS DVLCIS ANIM
A IN FACE VICSIT
ANNIS f CINQVANTA
(') Die meisten dieser Terracottareliefplatteii sind, teilweise soarar mehr-
fach, bereits publiziert ; ich gebe hier die Literatur in chronologischer Urd-
nung: Höron de Villefosse, Bulletin de la Sociale des antiquaires de France,
1884, S. 170 ff. Sal. Reinach, Bulletin archt^ol. du Comite des travnux histo-
riques et scientißques, 188.5, PI. VIII, dazu S. oll. De Ros.si, Bullettino di
archeol. crist., 1884-85, Tav. III 2, dazu .S. 5:} f. M. i;. de la Blanchere, Car-
reaux de terre cuite ä ßrjures d^couverls en Afriiue, Revue archSol. XI, 1888 I.
PI. XI-XIII, dazu S. 303 ff.) (hier ist auch einige sonstige älterj Literatur
verzeichnet). E. Le Blant, Sur quelques carreaux de terre cuite nouvellement
decouoerts en Tunisie, Revue archSol. XXII, 1803 II, S. 273 ff.. Le Blant und
Gauckler, Acad^mie des inscriptions et belles-lettres, 1893, S. 219 ft'. (Jauckler,
Bulletin de la SociÜ^ des antiquaires de France, 1894, S. 68 ff. Kraus, CJe-
schichte der christl. Kunst I, 398. Endlich La Blanchere et Gauckler, Cata-
logiie, S. 208 ff.
(2) Vgl. Edni. Le Blaut in den Colleclions du Must'e Alaoui I, S. 97 S.-.
Le Blant datiert die Inschrift in das 5. Jhdt.
292 * G. STLHLFAUTH
Zwei in das liturgische Gebiet übergreifende Inschriften, das eine
Mal ein roher fragmentierter Stein aus El-Kef mit den Worten
a //?ALO LIBERA NOS, das andere Mal das Fragment des Bec-
kens eines christlichen Springbrunnens mit den Worten GLORIA
IN EXcelsis Deo aus der Gegend von Zaghuan, sind bereits durch
die Publikationen Duchesne's und De la Blanchere's (in den Col-
lectioiis du Musee Alaoni 1. S. 45 ff., dazu PI. III. und S. 54 f.)
bekannt geworden. Kbenda (S. 49 f.) ist von Diichesne auch ein
ehedem wahrscheinlich als Altarplatte dienender Stein christlichen
Charakters aus der Xähe von El Bordsch de Gha:dimo veröffent-
licht und von De la Blanchere (S. 51ff.) ein interessantes, offenbar
ganz flüchtig aus Marmorsteinen älterer Bauwerke zusammenge-
setztes Taufbassin von ]\Ieninx (El-Kantara) auf der Insel Dscherba
mit der Form eines annähernd griechischen Kreuzes.
Für die Epigraphik, noch weit mehr aber für die Religions-
geschichte und zwar speziell auch für die christliche ist endlich
eine letzte an dieser Stelle zu nennende Monumentenklasse von
hervorragender Wichtigkeit, nämlich die sogen, tabellae {labidae)
deflxiomun oder execratiomim, deren das Bardo-Museum aus der
römischen Nekropole zu Hadrumetum (Susa) ca. 16 ganz oder zum
grossen Teile erhaltene nebst einigen ganz kleinen Fragmenten
besitzt (ausgegi^aben 1891 und 1892). Erst in jüngster Zeit ist die-
sen für die tiefere Erforschung der religiösen Kräfte, Anschauungen
und Aeusserungen in der Zeit des Synkretismus so Avichtigen Denk-
mälern grössere Aufmerksamkeit zugewandt worden, es steht zu
hoffen, dass gerade aus Nordafrika das Material durch neue Funde
wesentlich bereichert werden wird ; ein gut Teil der tabellae deß-
xionuTiV, die das Museum in St. Louis zu Karthago bewahrt, ist
durch P. Delattre in dem nahen Amphitheater erst neuestens (April
1897) entdeckt. Das Museum in St. Louis umfasst infolge des-
sen allein ca. 60 Stück. Viele unter ihnen sind noch vollkommen zu-
sammengerollt, nur wenige, ebenso wie von denen des Musee Alaoui,
veröffentlicht (').
Im allgemeinen ist zu bemerken, dass auch die übrigen Besitz-
tümer-punische, römisch-profane wie christliche — des Museums
(») Vgl. C. I. L. VIII S. Nr. 12504 ff. und vor allem jetzt Kic. Wuensch,
Defixionum tabellae atticae {C. /. Att., Appendix), Berol. 1897, S. XV ff.
XXV ff.
BKMEKKUNGEN VON KINKR CHlUSTr.ICH.-ARCH STl'lMENREISK 203
voQ St. Louis bis auf \veiii<(e unbedeutende, etwa gesclienkweise
hingekommene Gegenstände in Karthago selbst zu Tage gefördert
sind. Die bedeutendste Fundstätte filr die altchristlichen Monu-
mente war jene grossartige Basilika, welche \on Delattre auf dt-r
von den Arabern als Damus-el-Karita (aus dem lateinisciien domux
caritatis) bezeichneten Grundiläche ausserhalb der Mauern des
alten Karthago am AVege zwischen St. Louis und dem herrlicii gele-
genen arabischen Dorfe Sidi-Hu-Said i. J. 1878 entdeckt und bis zum
Jahre 1887 in den Grundmauern vollständig blossgelegt wurde (').
Es ist eine der grössten unter den zahlreichen bis jetzt bekannten
Basiliken Nordafrikas (vgl. Kraus a. a. 0. I S. 337 ff.). Die Ba-
silika, ohne das weite halbkreisförmige Atrium und dessen Anbau
im Nordwesten und ohne die gegenüber im Südosten sich anschlies-
sende Taufbasilika, hat eine Breite von 45 m. und eine Län^^e von
65 m. (2). Einzigartig ist sie insofern, als sie nicht weniger denn
9 Schiffe zählt, mit einem Mittel- bzw. Hauptschilf von 12.80 m.
von Axe zu Axe der Säulen. Die Schiffe sind getrennt durch acht
Keihen von je zwölf Pfeilern, neben denen man die zugehörigen
Säulen und Kapitelle grossenteils gefunden hat (Delattre, La basi-
lique p. 6). Der Altar, der selbst nicht mehr vorhanden ist — viel-
leicht war er aus Holz — . stand in der Mitte des Ganzen unter
einem noch nachweisbaren Ciborium. Doch ist wohl zu beachten, dass
die jetzige Anlage schon nach dem Grundrissplan offenbar keine ein-
heitliche ist, dass vielmehr die gegenwärtige grosse Kirche eine
kleine ältere Basilika in sich aufgenommen hat, die zu der Längs-
richtung jener senkrecht stand. Im Innern unter der Basilika sind
(1) \'gl. A.-L. Delattre, La basilique de Damous-el-Karita ä Carthaije,
Constantine 1892, mit Grundriss. Dieser ist wiederholt in dem im Erscheinen
begriflfenen grossen Atlas archeologique de la Tunisie, 3. Lieferung, La Marsa,
Text S. 6 Fig. 8. Nach Delattre's Plan (auch im Cosmos, 1891, T. X.XI S. 463)
ist auch unsere Fig. 2 hergestellt. Ueber die früheren Ausgrabungen in der
Basilika vgl. auch de Kossi, Bullettino 1884-85 S. 44 ff. Schwarze, a. a. 0.
S. 38 ff., aber auch S. 34 ff. (über die nach den erhaltenen Nachrichten in
Karthago ursprünglich vorhandenen kirchlichen Gebäude : Basiliken, Kapellen,
Klöster u. dgl.).
(*) Uebertroffen ist sie nur, so weit mir bekannt, von einer Basilika, die
in Khamissa (= Thubursicum Numidarum) nachgewiesen ist mit einer Läntjen-
ausdehnung von 70 m., vgl. Annuaire de la SociH^ de Constantine, 186G,
S. 123.
402
G STLHLFALTH
Cimetiere aciuel
23
a
CO
BEMERKUNGEN VON EINKK CIIRISILKH-AKCII. Sil DlEMtEISE 295
mehrere Reservoirs festgestellt. ^ A pari celai niii est coatigu ä un
des qüatre gros inliers du centre et qiii etait im caveaii fanir'aire
'paraissant avoir Ü6 construit specialemenl dans ce biit, les autres
sont des citeraes romaiiies anterleitres ä iHevation de la basiliqiie.
Mies ont eU comervees el peul-elre meme lUüis^es. Dans l'une
d'elles, oii a recueilU plusieurs coufftns de pelits citbes de verre
emaille et dore, provenant de riches mosa/ques delriüles - (De-
lattre S. 8). Ferner sind Gräber nachfjowiesen unmittelbar hinter
dem Trichorum, welches in das weite halbkreisförmige Atrium
mündet. Jeuer Raum, der an seiner Decke bunten Mosaikenschmuck
trug, scheint in jeder seiner drei gleichförmigen Apsiden ein Grab
umschlossen zu haben; in de.- mittleren ist der Platz für den Sar-
kophag noch kenntlich.
Dem Atrium gegenüber schliesst sich an die iJasilika die
Taufbasilika mit 35,75 m. Länge und 24,55 m. Breite. Ueber die
mancherlei kleineren Anbauten, welche der Grundriss zeigt, werden
weitere Ausgrabungen gewiss noch neue Aufschlüsse bringen.
In dieser Basilika, deren Ruinenfeld einen geradezu grandiosen
Eindruck macht, hat man nun ausser einigen Mosaiken, Säuleu
(deren die Basilika über lOo hatte) und Kapitellen etc. zunächst
eine Menge von Inschriften und Inschriftenfragmenten gefunden,
die, ausnahmslos nach St. Louis gebracht, zusammen mit anderen
in Karthago ausgegrabenen fast alle an den langen Mauern des vor
dem Museum liegenden Gartens eingemauert oder angelehnt sind.
Viele dieser Inschriften sind profaner Herkunft ; ausschliesslich
christliche Inschriften in grosser Zahl, teilweise auch mit Reliefs,
finden sich an der AVand unter der Halle eines zweiten Gartens
hinter dem Museum (')• F.s sind fast durchweg Grabplatten oder
auch Sarkophagreste, meist aus einem harten einheimischen gelb-
liehen Kalkstein (zweierlei Gattung, Delattre, La basilique p. 10),
selten aus Marmor. Sehr häutig findet sich auf ihnen das Monogramm
(1) Der Kürze halber sei vor allein auf C I. L. VIIl verwiesen; ducli
sini hier die f^anz unbedeutenden Fragmente nicht aufgenommen. Daneben vgl.
A.-L. Delattre, L'^pigrapUe chrüienne ä Carthage, Paris 1801 {Extrait du
Compte-rendu du Conrp'?s scientifique international des catholiques (mir nicht
zugänglich), dazu Revue de Vart chrHien, 1892, S. 221'. f. Eine gründliche
Untersuchung über die christlichen Inschriften Karthago's wäre ebenso er-
wünscht wie lohnend.
206 G. .«TIHIKAITII
Christi, dabei eine Vase, die Taube, zwei Mal auch ein Getreidemaas.-«
u. s. w. : auf den Sarkophagfragmenten begegnet am liäutigsten der
gute Hirte ; daneben die wunderbare Brotvermehrung, Petrus mit
dem Hahn. Eva nach dem Sündenfall und sonst einiges. Besondere
Erw3hnung verdient noch das Mittelstück einer Sarkophagfront, das
in treltlicher Ausführung das "von einem Kranze umrahmte Mono-
gramm Christi mit « und w zeigt.
Die in der Basilika zu Tage gekommenen Inschriftenplatten
wurden allem Anscheine nach von benachbarten Gräbern geholt,
um als Baumaterial, speziell zur Bedeckung des Fussbodens zu
dienen. Ein analoger Fall ist bei einer anderen afrikanischen Ba-
silika, einem Bau in Hidra, dem alten Ammedera, nachgewiesen
(vgl. Kraus, a. a. 0. S. 274, wo auch weitere Literatur). Schon
hieraus dürfte sich übrigens auch schliesseu lassen, dass die kar-
tliagische Basilika, so wenig wie die eben erwähnte in Hidra (').
nicht in der frühesten Zeit errichtet sein kann ; in der That spriclit
alles dafür, dass, wie die Basilika in Hidra, so die in Karthago
in ihrer gegenwärtigen Gestalt, von einzelnen nebensächlichen
nachträglichen Aenderungen abgesehen, ein Bauwerk aus der Zeit
Justinians ist.
In der Basilika von Damus-el-Karita lagen nun auch zwei
•e"
leider stark fragmentierte Platten aus weissem Marmor begraben,
die in der Vollendung ihrer Reliefs nicht allein die Zierde des
Delattre'schen Museums, sondern wohl das ausgezeichnetste Pro-
dukt altchristlicher Plastik überhaupt bilden. Das eine der beiden
Fragmente, erst allein gefunden, wurde von Delattre in - Les
missio/is catholiques " i. J. 1883 S. 378. und dann von de ßossi
in seinem Bullettino 1884-85 Tav. I. II, nach einer Photogra-
phie, irrtümlicherweise, wie wir sehen werden, als Sarkophagfrag-
ment, publiziert (-). Die beste Abbildung, in Heliogravüre, hat dann
Heron de Villefosse gegeben in dem Bulletin archeol. du Comite
des Iravaux historiques et sciciUißqites, 1886, PI. XII (■^). Nun
(') In Hidra sind ausser dieser noch 4 andere Basiliken festgestellt.
(2) Dieser Angabe de Rossi's folgte ich in meiner Studie über die Engel
S. 122 ff. Ueberhaupt bitte ich, die dort sich findenden Ausführungen nach
den hier gegebenen, so weit es nötig ist, richtig zu stellen.
(3) Vgl. dazu H. de Villefosse ebda. S. 220 ff., Fouilles du cimetiere
chrdtien et (Je la basiUque de Damous-Karita, ä Carthage. Villefosse gibt
»EMKKKU.NOEN VON KI^^•.K CIIKISTI,ir||-.U{c II. S 1 1 DIKNREISE 297
aber hat sich uiclit mii- noch ein weiteres Stück dieser Platte hiüzu-
gefimdoii, sondern wenige Tage vor AVeihnachteii 1889 ist fast an der-
selben Stelle noch eine zweite, ebenfalls, wenn auch nicht ganz
so stark fragmentierte Keliefplatte von genau gleicher Form, Grösse
und Ausführung ausgegraben worden (vgl. Delattre, Aiinuaire de
la SocieU de Constantine XXVI, 1890-91, S. 190). Jede der beiden
Platten ist in ein oberes und ein unteres Feld geteilt und von einem
in feinster Arbeit ausgeführten Eichenblätterrahmen eingefasst. Die
einzelnen Felder sind 0.75 m. breit und 0,5 m. hoch. Was die erste
Platte im oberen Felde zeigt, ergiebt sich im wesentlichen bereits aus
den bisherigen Reproduktionen. Wichtig aber ist, dass hinter der Ma-
donna nicht bloss ein, sondern zwei Männer stehen, beide in Tunika
und Pallium gekleidet, beide den rechten Arm vorwärts in die H«ihe
streckend, doch beide leider ohne Kopf. Der Sitz der Madonna ist
ohne Lehne. Links von dem vollständig weggebrochenen, in seiner
Haltung leicht nach links gewendeten Engel sind im Original noch
einige Füsse vorhanden. In dem unteren Felde sieht man links
oben einen Baum, davor den Rumpf einer nach rechts sich beu-
genden weiblichen (?) Figur, weiter rechts einen zweiten Baum; über
den Gegenstand dieser Darstellung lässt sich einstweilen kaum
etwas Bestimmtes sagen (Flucht nach Aegypten?). Dagegen war
oben nichts anderes als die Huldigung der Magier veranschaulicht;
wer die beiden Männer hinter der Madonna sein sollen, ist mit
Sicherheit ebenfalls nicht auszumachen : kaum Hirten, an die man
denken könnte, da die den betr. Männern gegebene Tracht für sie
nicht recht möglich ist.
Die zweite Platte zeigt links einen Berg mit einem Lamm
und einer Ziege; von links hinter dem Berge eilt, das linke Bein
weit vorsetzend und den Oberkörper weit vorbeugend, wie von oben
der Engel herbei; sein rechter Flügel ist abgebrochen; der jetzt
fehlende Kopf war besonders aufgesetzt, wie man an dem mitten
in die Horizontaltiäche des Halses gebohrten Dübelloch ersehen
kann ; der Engel hatte einen Stab, wenigstens vermag ich nichts
hier, abgesehen von einigen einleitenden und abschliessenden Sätzen, nur eine
Uebersetzung desjenigen Teiles der Ausführungen de Rossi's über das Relief,
die sich auf die Deutung des Dargestellten beziehen : auch er deutet es als
Teil einer Magieranbetung. Zur Deutung vgl. auch Bulletin archcol. du Co-
mite etc. 1885, S. 190 (Caron).
2'J^ G. Sil lll.l AI TU
anderes in dem Stücke zu erkennen, das sich über dem vorgesetzten
linken Knie abwärts erhalten hat. A^or ihm nach rechts stehen
hinter einander drei Hirten, die voll Staunen und Verwunderung
den rechten Arm erheben ('). Den Hintergrund bei den Hirten bele-
ben zwei Bäume (Hirten - auf dem Felde •'): Olive und Palme. —
Von der Darstellung des unteren Feldes dieser zweiten Platte hat
sich nichts erhalten.
Die Gegenstände der lieliefs sind also der Kindheitsgeschichte
Jesu entnommen (-). Ob die erhaltenen Scenen sich mit anderen
zu einem srrösseren Cvklus zusammenschlössen oder ob die beiden
jetzt bekannten Platten mit ihren vier Feldern die einzigen ihrer
Art in der Basilika waren, lässt sich weder bejahen noch verneinen :
doch bleibt Hort'imng, dass noch andere Stücke ihres Gleichen uns
geschenkt werden. Genaue Mitteilungen über die Fundumstände {•^)
wären ebenso wünschenswert, wie eine würdige Publikation dieser
höchst vollendeten Werke.
Die Meisterschaft der Technik schien zunächst eine so späte
Datieruncf unserer Monumente, wie ich sie in meiner Studie über die
Engel angenommen hatte (6. Jhdt), einfach unmöglich zu machen.
Allein bald wird man sich, zumal inmitten der afrikanischen Deuk-
mälerwelt selbst, einer anderen Thatsache bewusst. Unsere Platten
fallen nämlich vollständig aus dem Kreise dessen heraus, was in
Karthago sonst an Kunstdenkmälern und speziell an Reliefs existiert:
sie lassen sich mit den übrigen dort erhaltenen plastischen Monu-
menten, die, durchaus Produkte punisch-römischer Provinzialkunst,
weit unter ihnen stehen, unmöglich zusammen in eine Klasse ord-
■'o'
f) Der Vurderste, zu stark frairiaeiitieit, liisst die Arinbcweffiinc: zwar
nicht mehr orkeniien, docli wird sie von derjenigen seiner beiden Genossen
kaum verschieden gewesen sein.
(2) Aehnlich wie auf der ein(;n Tafel der grossen elferbeinernen Evan-
geliendeckel in Mailand u. s w., vgl. Stuhlfauth, Die altchristl. Elfenbeinpla-
stik. Freiburg i. B. 1890, S. 66 AT. u. sonst.
(^J von denen die Entscheidung über die ur.siirüngliche Verwendung der
Heliefs wesentlich abhängt. Man kann kaum annehmen, dass sie mit sechs an-
deren gleichen Platten das in der Mitte des Atriums liegende achteckige Nym-
jihaeum umschlossen ; denn dieses war mit einem tiitter umzäunt, wie sich
aus den Löchern erkennen lässt, welche man in der das Wasserbecken um-
>chliessenden achteckigen Basis gefunden hat, und in welche die Stäbe des
(Jitters eingelassen waren.
HEMERKINGKN VON KIS-KR ( HKlSTIh H-A Ik II. STIDIENKEISE 2'J9
nen; sie iitiiien einen anderen, um es kui/, v.w sagen, walirliafl
griechischen Geist. In der That. erst wenn man sich an die von
Strzygowski publizierten prächtigen Reliefs der beiden halben Säu-
lentrommeln des Tschinili-Kiosk in Konstantinopel (') erinnert,
wird man sich über die Frage, welche Bewandtnis es mit der Zeit
der karthagischen Platten habe, klarer werden ; denn allein mit
ihnen iind mit der (elfenbeinernen) Erzengel-Tafel des britischen
Museums in London (vgl. meine Studie: Die Engel, Titelbild imd
S. 179 ff.), die so lange Zeit die einzige und einzigartige Reprä-
sentantin der byzantinischen Plastik der Blütezeit gewesen ist, sind
sie stilistisch zusammenzufassen: sie können nur stammen aus dem
gleichen Kunstkreise und der gleichen Zeit, d. h. aus Byzanz und
aus der Zeit Justinians. Der Annahme dieses' Resultates scheinen
fürs erste äussere Schwierigkeiten im Wege zu stehen ; aber man
braucht sich nur zu erinnern, dass Karthago, unter den Vaudalen
gänzlich heruntergekommen, i. J, 533 den einziehenden Belisar
jubelnd aufnahm, dass Belisar die verfallenen Festungswerke wie-
der aufbaute und die Stadt zu Ehren seines Herrn Justiniana
nannte und dass diese der Mittelpunkt wurde k einer nahezu an-
derthalb Jahrhunderte dem Ostreiche gehorchenden Diözese -.
(H. Geizer in Krumbachers Gesch. der byzant. Literatur- S. 932).
Zur Zeit dieser Neuaufrichtung Karthago's unter Justinian wurde
m. E. die gewaltige Basilika Damus-el-Karita über der älteren
kleineren Anlage gebaut, und eben damals kamen in dieselbe aus
der Hand eines byzantinischen Meisters (-) auch jene herrlichen
Reliefptatten.
(i) Byzantinische Zeitschrift 1892, Taf. I. II. Vj;l. .Uusee imperial Otto-
man. Caialogue des sculptures f/recques. romaines, bxjzantines et franques.
Constantinoiile 1803, Nr. 189. 190.
(2) An sicli wäre es nicht unmöglicli, das ein byzantinischer Bildhauer
die beiden Reliefs in Karthaoro selbst gearbeitet habe ; doch liegt zu dieser
Annahme kein bestimmterer (irund vor, da die Reliefs recht wohl aus Byzanz
fertig herübergebracht sein können ; auf keinen Fall aber ändert sich etwas
an dem Nachweis, dass sie in Byzanz ihre Heimat haben. Die karthagischen
Platten sind nun auch insofern wichtig, als sie für die Datierung der ver-
wandten Denkmäler einen festen äusseren Anhalt geben ; denn sind sie aus
Byzanz, dann können sie nur zur Zeit Justinians und zwar nach 533 nach
Karthago gekommen sein ; sie sind gewiss auch erst in dieser Zeit (gegen
oder um die Mitte des 6. Jhdts.) gemeisselt.
:;00 G. PTtHLKAlTII
Die Schönheit mi<l dii- Bedeutung der beiden noch so wenig be-
kannten Marmortafelu wird es gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn
wir etwas länger bei ihnen verweilten. Um so kürzer wird sich über
das berichten lassen, was noch an weiteren altchristlichen Monumen-
ten in Karthago sich vortindet. An erster Stelle sind zu nennen die
in einer Zahl von rund lUOO Stück vorhandenen altchristlichen
Lampen ('). Paterae (Fragmente) u. dgl. Sie sind durch Delattre's
Katalog, {' Lampes chretieaiies de Carlhage " in der Reime de
l'art chretien 1890-1893), in welchem auch die Haupttypen der
Darstellungen auf den Disken nach Zeichnungen reproduziert sind, be-
kannt geworden. Trotzdem wird es nicht überflüssig sein, auf Tf. IX f.
eine Anzahl dieser Darstellungen nach Photographie zu veröffent-
lichen. Die mit * sind bisher unpubliziert; wo die übrigen von De-
lattre veröffentlicht sind, ergiebt das folgende Verzeichnis (die
Reihenfolge der Lampen geht von links nach rechts).
Tof.W:* 1. Del. Nr. 13:;, 1891 S. 40.
* 2. Del. Nr. 257, 1891 S. 46.
3. Del. Nr. 137, abgeb. 1891 S. 40.
4. Del. Nr. 510, abgeb. 1891 S. 302.
5. Del. Nr. 499, abgeb. 1891 S. 302.
6. Del. Nr. 683, abgeb. 1892 S. 135 {Engel mit Kreuz, nicht ein
— beflügelter — Christus, wie Del. sagt; so auch Nr. 684.
685! (2).
(ij Neben vielen heidnischen ; es sind ausser einer Anzahl punischtr
iTcwiss über 300 rüniische Lampen '\m Museum untergebracht, meist in bester
Erhaltung und hübschester Ausführung, auch inhaltlich grossenteils interessant
und wertvoll ; als etwas Besonderes möchte ich erwähnen, dass ein Exemplar
z. B. ein Schiff mit zwei Affen zeigt, ein anderes ein nach links gehendes
Kamel mit einem auf ihm reitenden Manne, der die rechte Hand sprechend
erhebt, das Gesicht dem Beschauer zuwendend: vgl. zu dieser Darstellung Sal.
Heinach, Africoin sur son chameau etc , in den Collections du MusSe Alaoui I.
S. .33 ff
(2) In meinem Buche über die Engel S. 10 f., 232 f. bab^ ich, damals
• ler Angabe Delattre's folgend, geglaubt, dass die Engel vireinzelt in deko-
rativer Verwendung nicht nachzuweisen wären. In der That fehlen sonst die
Beispiele für eine solche gänzlich ; immerhin bezeugt unsere karthagische
Lampengruiipe, dass, wenn auch spät (vor dem 6. Jhdt. sind diese Lampen
nicht fabriziert, sie gehören vielleicht erst dem 7. Jhdt. an), doch auch eine
in rein dekorativem Sinne zu fassende Darstellung der Engel der christlichen
Kunst nicht fehlt. Interessant ist dabei noch die Ausstattung des Engels mit
dem Kreuze.
HEMEKKUNGEN VON KINEK CHRISTLICH-AH« II. STIDIENREISE 301
Taf.lX: 7. Del. Nr. 694, abjjeb. 1892 S. 136. Reoue Archeol. XIII, 1889 I.
IM. VIII 33, dazu S. 184 (De Vngüo) (i).
8. Del. Nr. 690, ab^reb. 1892 S. 13."). Kraus, l^eal-Encyklopiiaie II
S. 276 Fif,'. 147.
* 9. Del. Nr. 588, 1891 S. 305.
*10. Del. Nr. 714. 1892 S. 138 («).
11. Del. Nr. 155, abgeb. 1891 S. 41.
•12. Del. Nr. 624, 1891 S. 307.
13. Del. Nr. 150, abgeb. 1891 S. 41 (zu den hier genannten sieben
Exemplaren registriert Delattre 1893 S. 35, Nr. 853 ein
achtes).
14. Del. Nr. 3, abgeb. 1890 S. 131. Kraus, a. a. 0. S. 278 Fig. 166.
*15. Del. Nr. 272, 1891 S. 47.
Taf.X: 1. Del. Nr. 696, abgeb. 1892 S. 136 (3).
2. Del. Nr. 795, abgeb. 1892 S. 227.
3. Del. Nr. 907, abgeb. 1893 S. 38.
* 4. Del. Nr. 103, 1891 S. 39.
* 5. Del., Disques-rSßecteurs et poign^es Nr. 30, 1893 S. 39.
* 6. Del. Nr. 676-680, 1892 S. 135 (mit einer bestimmten Nr. nicht
zu identifizieren ; ein anderes, mit unserer Abb. nicht iden-
tisches Exemplar ist abgeb. bei Kraus, a. a. 0. S. 27:^.
Fig. 118).
7. Del. Nr. 327, abgeb. 1891 S. 50.
8. Del., Disques-r^ßecteun Nr. 27, abgeb. 1892 S. 225.
9. Del. Nr. 288, abgeb. 1891 S. 48.
*10. Del. Nr. 665, 1892 S. 133.
11. Del. Nr. 262, abgeb. 1891 S. 46.
12. Del. Nr. 639, abgeb. 1891 S. 308.
(>) Vgl. zu dieser hervorragend interessanten Lampe mit der Darstellung
des Triumphes Christi (der Kirche) über Hölle und Synagoge die Literatur
und die Ausführungen bei Schwarze a a. 0. S. 42 ff.
(2) Das gleiche Motiv wie auf dieser durch unser Exemplar vertretenen
karthagischen Lampengruppe findet sich merkwürdigenveise auch auf zwei in
Rom bewahrten Lampen, von denen die eine dem christlichen Museum der
vatikanischen Bibliothek, die andere dem Museum Kircherianum angehört;
doch sieht man auf beiden noch links unten einen naeh links sich bückenden
Menschen, rechts einen Hund, der einen Hasen jagt. Die :\Iuster des die Dar-
stellung umschliessenden Rahmens wechseln.
(3) Die Betrachtung des Originales kann die Deutung dieser Figur als
Putto nur bestätigen, vgl. Stuhlfauth, die Engel S. 243 Anm. 2. Wenn er
überhaupt ein Gewand trägt, dann ist es ganz kurz, halbärmelig und fest an-
liegend; in Wahrheit aber scheint er nur mit Armspangen und einer Halskette
ausgestattet zu sein ; vgl. auch Le Blant, Arad^mie des inscriptions et belles-
lettres, 1888, S. 445.
:;0:
n. STIHLFAI TH
Taf. X: lo. I»t-1. Nr. !J7, abgcb. 1800 S. lli-J. Kraus, a. a. 0. S. 277 Flir. 16n.
14. Del. Nr. m(j, abgeb. 1802 S. 133.
15. Del. Nr. 608, abgeb. 1892 S. 134.
•16. Del. Nr. 674, 1892 S. 134.
17. Del. Nr. 91. 1890 S. 139. Kraus, a. a. 0. S. 273 Fig. 125.
*18. Del. Nr. 899, 1893 S. 37.
• 19. Del. Nr. 663, 1892 S. 133.
20. Del. Nr. 675, abgeb. 1892 S. 134.
'21. Del. Nr. 727, 1892 S. 139.
22. Del. Nr. 417. abgeb. 1891 S. 298.
Deu Lampeu reihen sich aussei- einem hier nuch besonders zu
Fig. 3.
erwähiieüden ThoDf,'efässe, in dessen Hals zwischen zwei Fischen
ein Kreuz und statt des gewöhnlichen « w die drei ersten Buch-
BEMERKUNGEN VON EINER CHniSTLICH-ARCH. STIDIENPEISE 303
Stäben des lateinisclieii Alpliabetes eingeritzt 'sind {'), einige der
quadratischen Thontafeln an, die zur AVanddekoration der Basiliken
dienten; die des Museums von St. Louis sind ganz der gleichen
Art wie die im Bardo-Museum ; eine spezitisch christliche Dar-
stellung haben nur zwei (vgl. Fig. 3 «, 0.) : die eine mit dem
auf dem Ungetüm rulionden Jonas, die andere mit dem Opfer
Abraliams und der Ueberschrift (von rechts nach links) : -j- abram
et isac.
Endlich sei hingewiesen auf einen Elfenbeinkamm, welcher
in seiner Art zusammengehört mit einem anderen, der ebenfalls
in Karthago gefunden und von da in das christliche Museum der
vatikanischen Bibliothek gekommen ist {-). Er zeigt eingeritzt auf
der Vorderseite ein aus kleinen konzentrischen Kreisen gebildetes
Kreuz, in den Ecken grössere konzentrische Kreise; die gleichen
ivonzentrischen Kreise zeigen die Ecken der Rückseite, Avährend in
die Fläche selbst ein wiederum aus kleinen konzentrischen Kreisen
gebildetes auf der Spitze stehendes Quadrat eingesetzt ist.
Es erübrigt noch eines i. J. 1895 gemachten überraschenden
Fundes zu gedenken : der Kapelle unter dem Hügel der Byrsa (aut
dessen Höhe St. Louis steht) mit einem altchristlichen Wandge-
mälde (3). Leider ist dieses Fresko an der Rückseite der Kammer (^),
von Hause aus schon offenbar eine künstlerisch recht rohe Leistung
frühestens des 5. Jhdts., arg zerstört; es ist in ein Kreissegment
hineinkomponiert; doch fehlt der ganze rechte Teil, und auch das
Erhaltene hat im höchsten Masse gelitten. Man kann noch drei Fi-
guren hinter einander erkennen, zur Rechten eines ursprünglich in
der Mitte des Ganzen en face stehenden unbärtigen nimbierten
(') Vgl. de Rossi's ausführliche Besprechung im BuUettino 1881 S. 125 ff.,
(lizu die Ahbildung im BuUettino 1880. Tav. VIII, auch Delattre's Abbildung
in Les mission-1 catholiques, 1883, S. 323.
(2J Vgl. Stuhlfauth, die altcliristl. Elfenbeinplastik S. 187, § 8 Nr. 1.
(3) Vgl. den ausführlichen Bericht Delattre's Carthage. L'anlique cha-
pelle souterraine de la colliae de Saint-Louis, Paris 1806 {Extrait du Cosraos.
1895, T. XXXIII, nouv. S^r., S. 167 flf., 497 ff.) mit Grundriss und Abbildun-
gen (des Freskos und einer Anzahl dort gefundener Lampen). Die weitere Li-
teratur gibt Gsell, Chroniqae orcheolof/ique africaine, in den Melanies der
ecole franc. de Rome XVI, 1896, S. 470.
(*) In diese mündet ein Gang, und an letzterem wiederum liegt eine
Zisterne, die zu der Entdeckung der ganzen Anlage geführt hat.
304 G- SriHI-FAITH
Mannes. Eine sichere Entscheidung darüber, ob wir es hier mit
einem Heiligen (Cyprian) oder mit Christus zu thun haben, ist
nicht leicht möglich, wenngleich auch mir letztere Annahme, die
Stevenson {Xuovo ßicll. di archeol. crist. 1896, S. 94 flf.) gegen-
über Delattre vertritt, mehr Wahrscheinlichkeit zu haben scheint.
Jedenfalls scheint Delattre im Irrtum, wenn er hinter dem Kopfe
der letzten Figur links einen Flügel zu bemerken glaubt und darum
meint, sie sei ein Engel; der vermutete Flügel ist wohl nichts an-
deres als ein roher Pinselstrich (').
G. Stühlfaüth.
(1) Das Original lässt wenigstens diese Annahme eher zu. — Das von
Delattre i. J. 1880 in La Marsa entdeckte Baptisterium habe ich nicht gesehen ;
vgl. darüber Delattre in Les missions cathoUques, 188.3, S. 321 ff. Dieses Ba-
ptisterium gehörte ursprünglich zu einer der 22 Basiliken Karthago's ; es sind
dort christliche Inschriften, Lampen und sonstige Gefasse gefunden. — Ferner
sei darauf hingewiesen, dass im Norden von Karthago bei dem Dorfe Garaart
oder Camart an den mit dem Xameu Dschebel-Khaui (= « hohles Gebirge »
{monta(ine creme]) bezeichneten Höhen eine jüdische Xekropole aufgedeckt
ist ; Delattre hat darüber ausführlich berichtet in den Misaions cathoUques
und nach dem Erscheinen des letzten Artikels diese Berichte separat erscheinen
lassen unter dem Titel : Gamart ou la nicropole juive de Cartkaf/e, Lyon
(Mougin-Rusand), 189.5 ; dazu vgl. MÜanges cVarcheologie et d'histoire, 1895,
S. .329.
LE NECROPOLI Dl LIGOÜIA EÜBEA
ED I VASI GEOMETRICI DEL QUARTO PERIODO SICULO
Licodia Eubea, gi'osso borgo nella parte montana della pro-
vincia di Catania. sorge sul declive Orientale di nna forte eleva-
zione (m. 630), che sta a cavaliere dell' alta valle del Durillo,
e della strada che dal mare africano sale faticosamente sino al
displuvio, per seendere poi nei piani di Catania; il valico era da
terapi antichi di molta importanza militare e comraerciale, nelle
comunicazioni tra i Geloi ed i Camarinesi cogli loni di Catana e
Leontinoi, risparmiando il lunghissimo giro lungo la costa siracu-
sana; ma presentava il grave inconveniente di essere girabile per
vie laterali.
Per questa e per altre ragioni, che svolgerö neu' andamento
di questo articolo, parmi piü che dubbia la identificazione di Li-
codia colla calcidese Eiiboia, e ciö malgrado l' arbitraria aggiunta
del nome antico al moderno, deliberata nel 1872 dal consiglio co-
raunale del luogo e confermata con decreto reale dello stesso anno.
Tenendo a guida Strabone, che compedia in brevi parole la storia
di Euboia, essa fu colonia di Leontinoi (VI, 2, 6 ; sxiiaccv Aeov-
tiroi), sorta probabilmeute tra la line del VII ed il principio del
VI sec. ; conqiiistata e spopolata, come Megara, da Gelone, di-
ventö un cpgovQior 2vQaxoamv (X, 1, 15), del quäle poi non si
sente piü parlare; veggasi ancora il bi-eve cenno in Erodoto VII, 156.
Euboia e quindi una xiiaiq greca, e non, come tante piccole cittii
dell' interno, un borgo siculo grecizzato. Pur convenendo che la po-
sizione di Licodia era buona per coprire il territorio leontinese
contro i Gelesi, attenendoci a Strabone noi dovremo trovare a Li-
codia necropoli e materiali genuinamente ed esclusivamente greci.
Che ciö non sia vedremo nel corso della memoria; qui basti ag-
giungere che Licodia non ha mai dato un frammento di titolo
20
306 ''■ ""■'i
oreco, e per qiiauto io abbia percorso le pendici dell' alta collina
SU cui sorge, noii iiii venne mai fatto di osservarvi iin solo brano
<li miiro di struttiira greca. od anche un solo masso che presentasse
delle sagomature classiche.
II Fazello da prima, ed il Cluver copiandolo, parlarono in
modo troppo vago di grandi ruine colä esisteati, ma le loro atte-
stazioai non hanno uella nostra questione valore di sorta, perocche,
meütre io escludo Euboia, non nego affatto una citta autica(');
ne di maggior conto sono gli stndi di un erudito locale, essendo
a tutti codesti vecchi scrittori comune il difetto della esatta os-
servazione archeologica ('). Dalla quäle soltanto, quando tacciano
0 sien troppo esigue le fonti scritte, puö ricostruirsi il passato di
un' antica cittä. Eppm'e Licodia prestava largo campo a si fatte
osservazioni ; belle e rieche le sue necropoli, le quali per lustri e
lustri vennero metodicamente spogliate, senza tenerne un ricordo
qualsiasi; non duuque in pro della scienza, ma per lucro; e di-
spers!, perdendone il ricordo della provenienza, i vasi dipinti che
contenevano. Qui 1" archeologo, come in troppi luoghi della Sicilia,
e arrivato all' ultimo momento. quando 1' opera cosciente degli
scavatori, e quella incosciente dei villani, ha compiuta la deva-
stazione. Non di meno il frutto degli scavi da me eseguiti in Li-
codia dalla tine aprile a metä maggio del '98, se non fu mate-
(i) Fazello, De rebus Siculis, dec. I, lib. X: « Lycodia oppidum; ul»i
iiiirae vetustatis licet prostratae ac sepultae magna ex parte sunt ruinae ".
'.'luverii, Sicilia antiqua, pag. 388.
(') La Ciura, Dissertazione storico-critica sulla fondazione di Eubea,
oggi Licodia; e dello stesso: Memoria sulVantica Eubea, oggi Licodia, in
appendice al Paternö — Biscari, Viaggio per tutte le antichitä della Sicilia
(Palermo 1817), pag. 272-81. In questa ultima Memoria l'A. descrive un grande
sotterraneo che dal castello corre sotto al paese con varie gallerie secondarie ;
parla della necropoli Calvario e Perriera coli' " immenso numero dei sepolcri «
giä allora distratti dai cavapietre, e ricorda come moltissimi vasi fossero di
lä passati al Museo del barone Astuto di Noto, ora disporso. Infine menziona
la scoperta avvenuta nel 1808, a pochi passi dal paese, di 5 urne di piombo
con ossa cremate e con 15 foglie di lauro in oro, nell'ultinia dello quali si volle
riconoscere nientemeno che il sepolcro di Agatocle.
Anche il Millingen {Recueil de quelq. in6dailles grecques indd. Roma,
1812) ha dato fuori una pretesa moneta di alleanza fra Gela ed Eubea, ina
il pezzo, se non e spurio, fu falsamente intcrpretato, leggendovi EVBOIA
per EVNOMIA (cfr. Head. Hist. nurnrnorum, pag. 12-4).
LE NECROPOLI DI MfODIA Et'REA 307
naluiente ricco, ebbe diic iitili risultati, qiiello di fornire esatti
elementi per tissare la posizione croiiologica ed etnogratica di im
gruppo di ceramica prima sconosciuto, e di delinearci i coiitorni
di ima nuova fase della civiltä sicula, a contatto di quella greca
dei secoli VIII-V.
I. Cenuo topografico.
La montagna carenata sul cui liauco si «tende la moderna
Licodia e chiiisa alle diie estremitk nord-est e sud-ovest da due
elevazioni arrotondate e forti, il Castello a mezzodi, il Calvario
Fis. 1.
a settentrione ; qiiello copre coi suoi ruderi imo piü antico nor-
manno, e come posizione per natura mimitissima deve esser stata
r acropoli dell' abitato che si stendeva davanti ed ai suoi piedi ;
lungo i suoi tianchi ripidi e franosi io ho osservato tracce di tutte
le etä, raccogliendovi qualche strumento litico, frammenti di vasi
greci a f. n. 0 tardi, non meno che materiali cristiani; e cristiano
e un sepolcreto a « formae " , scoperto nella primavera del '98,
sul suo versante occidentale(').
(,1) Ne ho dato un cenno con illustrazioni nella Roemische Quartalschrift
für christl. Altert humskunde etc. 1898, pag. 288 tav. VII.
308 P. ORSi
Invece la opposta collina del Calvario e tutta fittamente co-
perta di sepolcri di vario genere, e qiiindi doveva trovarsi fuori
deir abitato. Sulla vetta di essa io raccolsi im gruppo di vasi si-
culi del geoere piü antico, cioe di quello che io chiamo I periodo
e ne otfro qui Io schizzo (fig. 1); essi provano che anche lä sopra,
in epoca assai remota, verso la metä del II millennio a. C, sor-
geva qualche gnippetto di capanne di indigeni. La necropoli del
Calvario continua senza interruzione lungo i fianchi, da una parte
in direzione del cimitero nuovo, dall' altra nella contrada detta
Perriera e nel contiguo Orto della Signora. Anche una parte del
quartiere povero settentrionale della raoderna Licodia e costruito
sopra sepolcri. Trattasi dunque di una unica e vasta necropoli, a
camere e pozzetti di vario tipo, che ha 1' estensione di ^/i di chilom.
quadrato, e che spetta non ad un semplice villaggio, ma ad un
borgo antico di rilevante estensione.
Qualche altro sepolcro si trova nella cosi detta Selva dell'ex
convento del Carmine; ed anche sul Monte Belvedere, che sorge
a meno di un chilom. a levante del Calvario, superandolo in al-
tezza (m. 696), ho osservato una dozzina di camere sepolcrali.
spettanti a qualche casale, eretto su quella vetta pittoresca. Un
quattro chilom. sotto Licodia, presso la ruotabile Licodia-Comiso,
nel luogo detto Io Scifazzo, esiste una terza necropoli, la quäle,
attesa la distanza e la situazione, va riferita ad un borgo com-
pletamente distinto da quello corrispondente all' attuale Licodia.
II. La necropoli urbana
(Calvario, Perriera, Orto della Signora).
L'Orto della Signora, un terreno pianeggiante al piede Orien-
tale del Calvario, secondo le indicazioni attinte da varie persone,
conteneva le tombo piü rieche della necropoli; esplorato e spo-
gliato da oltre un secolo, rivoltato in ogni senso per i lavori di
coltura e di estrazione di pietra, non oifre ormai speranza veruna
di ulteriori scoperte, ed i tentativi da me colä eseguiti ebbero
esito del tutto negativo. Anche le tombe che vi si trovavano nu-
merose furono in parte distrutte. in parte ricoperte di terra, e rese
invisibili; esse non sono diverse da quelle del resto della necro-
poli e constano di camere e pozzetti a loculi, aperti nel calcare
LE NECROPOM 1)1 I.ICODIA KVHRK 309
tenero che forma la massa del Calvario ; mancano affatto le tombe
a fossa.
Eccezionale e di iina certa grandiositii e il sepolcro di cui
oifro qui la planimetria (fig. 2 e 2 bis); vi si accedeva per un
pozzo rettangolare, profondo dal pia-
no di canipagna attuale oltre a m. 3 ;
esso metteva ad iina galleria fian-
cheggiata da grandi loculi, o letti
funebri coq capezzali ; nella parete
del pozzo un loculo minore per bam-
bino; la lig. 2 bis ne öftre la sezione.
L' attuale proprietario del ter-
reno, sig. Albo Sebastiane, possiede
Fig. 2.
M^mMM
Fig 2 bis
Fig. 3.
una quantitä di materiale sopratutto
ceramico, proveniente dalle scoperte
fatte airOrto della Signora ; la ce-
ramica, identica per forme e decora-
zione a quella degli altri giuppi se-
polcrali, che man mano studiererao,
Consta di numerosi anforoui. idrie.
askoi, oenochoai di fattura locale ;
rappreseutano una novitä due urne o
lebeti fittili, alti cm. 30 (fig. 3),
con maniglie a rilievo, i quali evi-
:ilO
ORSI
dentemente imitano e riproducono iin vaso metallico laminato.
Di vasellami di fiibbrica greca (alciini sicelioti) v'erano: alquanti
kothoD di maniera corinzia, askoi neri, una kylii, im vasetto a
testa iimana, alcune scodelline nere, e delle liicerne ombelicate;
niateriale che nel suo complesso non puö scendere sotto i primi
liistri del sec. V. Piü pregevole e il materiale metallico, che at-
tesa la sua importanza riproduco qui in una serie di disegni, e che,
all' infuori dei bronzi, mi si assicurö pro-
venisse da im solo sepolcro, il quäle diede
anche una spada rotta e smarrita : sei cap-
pelletti conici di spesso bronzo, cordonati
esteriormente, con appiccagnolo ncll' in-
terno, alti intorno a mm. 80 (fig. 4) ; erano
ornamenti da portare suUa persona, e per
quanto a me Consta, non se ne ebbero mai dai sepolcri greci, ma
dai siculi Q). Due grosse spirali di argento, a fettuccia formata
da quattro cordoni, luughe cm. 7 (fig. 5) ; servivano sopratutto per
Fisr. 4.
tiiiaaar
Fig. 5.
Fig. 6.
la chioma {"Xi^) e ne han dato numerosi esemplari le necropoli ar-
caiche di Megara Hyblaea e Siracusa, e piü scarsi quelle sicule del
IV periodo (-). Due fibule di argento, lung. ram. 37, a piccola navi-
cella massiccia con grande statta (fig. 6); le necropoli sicule del
III periodo, e sopratutto il Finocchito, ne hanno dato numerosi
(') Cominciaiio ad apparire in piccoli esemplari nel III periodo siculo,
al Finocchito [Bidlettino Paletnol. Italiana, XX, tav. III, 15), ma vi sono
rari. II Museo di Siracusa possiede esemplari di Licodia bor^rata, dello Sci-
fazzo, e di Vizzini. Un unico esemplare rinvenuto a Megara Hvblaea in tomba
infantile (n. 660 inedita) h di fattura molto piü elegante e di miiwri dimen-
üioni.
(2) Orsi, Megara H. {Monum. Lincei 1. 809), ma numerosissimi ine-
diti; a Granmichele (.Vonum. Lincei YTL. 272), in sepolcri simili del IV pe-
riodo. Sul loro vario uso vedi Heibig. Iloin. Epos^, pag. 242; Studniczka,
Jahrbuch 1896, pag. 283-86.
i.K .NECKoroi.i DI i.iLuiiiA laiiK.a
311
Fig. 7.
esemplari in broiizo, ed io credo di aver giä diniostrato con sufficiente
evidenza, trattarsi di articoli greci importati per uso dei ßÜQßaQoi
della Sicilia('); infatto nelle necropoli greche della Sicilia codeste
fibiile sono cofi rare, che costitiiiscono delle vere eccezioni. Una
fibiila di brouzo eguale alle procedenti ma coli' arco im po' piü
ingrossato. Una trentina di bottoncini emisferici d' argento (diam.
mm. 15), con pedimcoletto interno, per essere ap-
plicati alle vesti (Hg. 7): se ne ebbero di egiiali
raa in bronzo dalle necropoli sicule di Cassibile e
del Fiuocchito. Un grosso anello di arg. con due
fiori di loto tracciati a bulino ha riscontro in qual-
che esemplare megarese (fig. 8). Infine il penda-
glietto a bossolo in sottilissima lamina d'oro, dato
alla fig. 9, trova riscontro in esemplari consimili
ma in argento di Megara H. (iuediti) ; altri hanno
forma di cuore (xcioSiov) ; ma tutti avevano la
stessa destinazione : erano cioe portati al collo, o come ntgianTa,
0 per contenere aromi, avendo tutti un coperchietto mobile ; siccome
se ne trovarono anche in necropoli fenicie, od etrusche
assieme ad articoli fenici, e lecito credere che taluni
fossero di fabbrica fenicia (^). II materiale fittile del-
rOrto della Signora e parte indigeno, parte greco ; greco
invece e tutto quello metallico, e lo stesso fatto noi os-
serveremo negli altri sepolcri diLicodia ed allo Scifazzo.
Salendo il fianco del colle passiamo ora alla Perriera;
come lo dice il nome siciliano, qui esistono da oltre due secoli vaste
e profonde cave di pietra, che hanno messo allo scoperto numerosi
sepolcri, quasi tutti oggi distrutti. Diamo uno sguardo a qualcuno
dei piü caratteristici, ancora conservato; ecco la planimetria (fig. 10)
e due sezioni trasversali (fig. 11, 12j di ima camera tutta scavata
nella roccia, il cui fondo e distaute quasi m. 5 dall' attuale piano
di campagna. Vi si accedeva per un pozzo rettangolare, chiuso in
origine da grandi lastroni ; oggi sopra la roccia vi sono piü di m. 2
Fiff. 9.
(') B.P.I. XX, pajr. 67; XXIII, pag. 104.
(2) A Preneste [Notizie 1807, pag. 260); ueirEtruria (Falclii, Vetu-
lonia VII. 1, VIII. 8, pag. 107); a Cartagine (Delattre, Carthage. La nicrop.
de Douhnes üg. 27); a Cipro (Hi-rrmann, Graeberfeld von Marion, pag. 19).
312
r, oKsi
di terra, quindi, se le condizioui del soprassuolo non sono notevol-
raente cambiate dall' antico (ne vi ha ragione per crederlo), e ueces-
^ sario siipporre che dei cippi indicas-
sero i sepolcri nascosti a tauta pro-
fonditä. AI piede del pozzctto due
profondi loculi; quindi per una porta
fastigiata si penetra neUa cella, con
tetto a displiivio, due loculi ai fianchi
ed una banchina sul fondo.
Piü semplice quest'altro sepol-
cro (fig. 18), nel quäle 1' ingresso
aperto in un dolce declive non e piü
a pozzo, ma a canale o corridoio sco-
I' 8 perto, tiancheggiato da due loculi ; la
porta arcuata mette nella stanza, che
non so dire se contenesse banchi fu-
nebri, perche piena di terra. Segue
un sepolcro a pozzetto, del pari sem-
plicissimo ; la bocca a fior terra ha
r aspetto di una fossa (fig. 14), la
quäle si sprofonda cosi, da diventare
un pozzo di m. 2,10, compresa la vera
fessa terminale ; ai lati del fondo
due loculi per cadaveri distesi.
I. Veniamo ora ai sepolcri da
me sottoposti ad una metodica esplo-
razione ; ebbi la rara fortuna di rin-
veuire ancora chiusa la camera di
cui oifro la planimetria (fig. 15); un
pozzetto rettangolare, non molto pro-
fondo, ne formava l'accesso, e da qiie-
sto per un portello alto cm. 80, sbarrato da un lastrone e contro-
barricato da piccoli massi, si passava nella camera (alta m. 1,70) col
lato piü breve occupata da un banco funebre (a. cm. 80). Basta avere
una pratica elementare delle necropoli siculc del TU periodo (cfr. B.
P. l. XX, tay. II), per riconoscere tosto qui un tipo di camera funebre
sviluppato dalle forme in uso in quella etä; il pozzetto, caratteristico
a talune necropoli del II periodo, come Thapsos ed il Plemmirio, fu
Fig.
11.
313
I,E NECROPOM DI LICODIA EUBEA
qui conservato ed imposto dalla configurazione del soprassuolo. La
Camera conteneva due soll scheletri distesi, uno siiUa banchina, ed
Fig. 12.
uno sul suolo, ambediie col cranio a settentrione ; nell' angolo NO
al pie della banchina v' era iina grande hydria, ed un grande askos ;
lungo la parete di ponento stavano allineate
quattro hydrie ed un'anfora, e distribiiiti sul
suolo altri vasi minori. Nulla di materiale
metallico.
Fig. 13.
Descrivo ora il vasellame ; della tecnica
di qiiello indigeno parlerö un po' diffusainente
in seguito ; basti per ora rilevare, come esse
sia piasmato con creta commista a tritume
vulcanico, ben cotta e tornita ; la superfice ne e quasi sempre coperta
di ima tinta bianco-lattea, snlla quäle venne eseguita la decorazione
geometrica bruna, a colori matti ma resistenti. Delle cinque hydrie
raccolte, alte intorno a cm. 35, due erano in pessimo stato, e cosi
l'anfora; le altre tre sono qui riprodotte, alle tig. h\ 17, 18, perche
314 P- OKSi
se ne vegga. oltre della forma, il sistema ornamentale sul quäle mi
intratterrö piü avanti : osservo soltanto che nell" hydria tig. 18, ol-
iS^s^^\n\^ij(:'Ti
Fig. 15.
tre del colore bruno e impiegato, con molta parsimonia, anche il
carmino nei denti dl lupo alla base del collo: indizio questo ab-
Fig. 16.
bastanza significativo di recenzioritä. Un grande askos acromo (diam.
cm. 26) e riprodotto alla tig. 19. Tre oenochoai, alte da cm. 12
a 17, avevano soltanto delle fasciature orizzontali. Una scodella
l.K ^K(•KOI'nr.I L)I MCOÜIA EUHEA,
315
del diam. di cm. 1(3 e data alla \\(r. 20; altre erano ridotte in fram-
menti ed avevano perdiita la decorazione.
II vasellame di fattura greca era rappresentato da: due kothou
in creta rossastra, con decorazioni a fascie ed a puntini, la cui gre-
citä e dimostrata, olti-e che dalla creta purissima anche dal color
nero a vernice. La tig. 21 ne riproduce uno. Aggiungansi due kyli-
kes, diam. cm. 19, con gole al labbro, a fascie brune o nere sul
rosso corallino della creta; sono eguali a tig. 52, e noi ne vedremo
Fig. 17.
numerosissimi altri esemplari. Segiiono tre lucerne discoidali, aperte
ed ombelicate, con fascie nero-ebano sulla creta rosso-corallina
(fig. 22) ; per la qualitä della creta e della vernice esse sono attiche,
ma i Greci della Sicilia ne fecero mimerose imitazioni, facilmente
riconoscibili alla qnalita piü scadente dello impasto. Per quauto
la mia pratica mi permette di giudicare, tali lucerne si hanno in
sepolcri del principio del sec. V e della fine del VI, ma le imita-
zioni durano piü a lungo. La piccola pyxis tig. 23 e di cattiva fab-
brica greca, forse siceliota, ed ha smarrita buona parte della ver-
nice nera. — Per arrivare ad un giusto apprezzamento, sopratutto
316 p. ORSi
cronologico, del sepolcro, sarebbe ora necessario un commento della
ceraiuica in esso raccolta; ma per evitare ripetizioni, e per pro-
Fig. 18.
cedere ad un esame piü largo e comprensivo, lo rimetterö alla fine
delle scoperte.
Fig. 19.
Fig. 20.
II-IV. A pochi metri dalla precedente fu scoperta iina seconda
Camera di egual forma, coUa volta frauata, dimensioni m. 1,80
X 1,82 X 1,28 alt. E contigue a questa Te ne erano altre due con-
simili, frugate dai « periatori « (= cavapietra). Niilla posso dire
LE NECROPOLI DI LICOÜIA. El/BEA 317
sul nnmero degli scheletri in esse riconosciuti, il quäle perö non
era grande, come mi si diceva; da 2 a 3 per ognima; mancavano
Fig. 21.
oggetti metallici, ed i niimerosi vasi consistevano anche qui in pro-
dotti locali ed importati. 1 primi rappresentati da hydrie, anfore
(poche), scodelloni ed oenochoai (fig. 24) ; quasi tutti in cattivo stato,
Fig. 22.
cioe rotti e con pittura smarrita. Sotto una delle scodelle era
graffito nella creta fresca un segno a lisca ( (f C — • Di fabbrica
greca un aryballos con quattro foglie ad elica (tipo Megara H.
tig. col. 200) ed uno skyplios corinzii. Di stile nero una piccola le-
kythos con rappr. dionisiaca consunta. Quattro kylikes come fig. 52.
Una pyxis-k}^lix nera con tondino al centro, su cui Dioniso seduto
■■Hb
\' <HSl
Fig. 23.
sopra im ocladias, in pessimo stile nero. Un cjrande skyphos, niolto
simile a fig. 42, cod due quadrighe scbematiclie fiancheggiate da
palmette, di pessimo stile d. II foiido di uua kylix con inedaglion-
cino, SU cid rozza maschera goigoiiica.
Un kotlion nero. Di stile rosso : un graude
skyphos (diam. cm. 17i), avente in ogni
faccia iina figiira efebica mantellata di
corretto ma ancor rigido disegno ; ai lati
e sotto le ause palmette e giragli ; la
fabbrica ne e certamente attica, ed il
vaso si riattacca al gnippo dello stile
rosso bello primitive (Berlino n. 2591-
98). Una lekythos minuscola con fig.
muliebre che tiene uno speccliio, un
giaude cratere a campaua con amplis-
sima bocca a vernice nera iridescente,
uuo skyphos nero, due saliere, due lu-
cerne ombelicate (= tig. 22) ed i fram-
menti di un" anforetta vitrea di Rodi
completano il corredo di questi sepolcri.
V. Sul Calvario. Tomba a pozzetto
prof. m. 2,15, con due loculi, male de-
marcati ; era stata giä frugata, ma non-
dimeuo uuo dei loculi diede una kylix
tiitta nera del tipo fig. 52, una oenochoe
locale a. cm. 17 con fascie brune, ed una scodella ansata di fattura
locale.
VI. Calvario. Assai profonda (m. 3,15) tomba a camera (lato
m. 2,50) in parte franata, in parte invasa da terra, ma, credo, non
tocca ; la esplorazione ne fu perciö assai faticosa ; sul fondo vi erano
distesi due scheletri, uno di adulto, 1' altro di fanciullo decenne.
Mancavano qui affatto anfore ed hydrie che al Calvario, anche nelle
tombe violate, sono rappresentate da infiuiti rottami.
Accanto all' adulto eranvi due piccole oenochoai in creta fine
con pessima vernice nera sulle spalle e sul coUo, di fabbrica sice-
liota; ai fianchi del ragazzo una pateretta biansata fine, una kylix
>A una lucerna ombelicata delle consuete. Addosso al cadavere si
trovarono poi numerosi oggetti ornamentali metallici, i quali seb-
Fig. 24.
LE NECROPOM M LICOUIA KUBEA 319
bene in gran parte rotti souo per noi assai istruttivi. L'armilla
bracchiale in bronzo fig. 25 (ridotta a Va), formata da una fettuccia
a 6 giri, e identica ad im eseniplare di Me-
gara (sep. 404 inedito). Duo tibule trapezie,
coll'anima di ferro ed il rivestimento di osso,
portavano iutilato ognuna un perlone pure di
osso ; esse sono eguali ai numerosi esemplari
provenienti dal Fusco in Siracusa, del VII
e VI sec. [Nolüie 1895 p. 165 ecc.)- Fuori
Fig. 25 d^ Siracusa se ne ebbe un paio di esemplari
logori a Megara (ined.) e parecchi dai sep.
siculi del Fiuoccbito {B. P. /. XXIII p. 194); altrove e ass;oluta-
mente sconosciuta ; non v' e perö dubbio che essa non sia greca.
Due anelli imo sottile in argento, 1' altro grosso in ferro, con ca-
stoni circolari portanti delle incisioni irreconoscibili per l'ossido.
Perlone di bronzo a bottino (== fig. 37), forma assai rara al Fiisco,
ed iovece comunissima nei sep. siculi del III periodo (Tremenzano
B. P. L XVII, tav. VII. 7, Finocchito B. P. L XX, tay. IV, Grau-
michele Moiium. Line. VII col. 272). Due sottili spiralette di
argento. Un orecchinetto della stessa materia a forma lunata (come
Megara sep. 166). Un bottonciuo emisferico in br. Un ago da cu-
cire {dxsazQiov). Due spilloncini in br. a testa globare. Un oggetto
in ferro a fettuccia circolare di uso incerto.
La grande maggiorauza di codesti oggetti metallici si ripete
dunque in sep. greci del sec. VII e dei primordi del VI; e perö
non puö cader dubbio sulla grecitä ed etä di tali piccoli articoli
industriali, che dalle coste venivano poi diffusi presso i barbari
delle montagne nell' interno.
VII. Sepolcro a pozzetto, prof. m. 3,10, munito di due loculi
e di una fossetta sul fondo, simile a fig. 14. Fu violato ed in parte
distrutto in epoca romana, avendovi raccolto un"anfora ed altri
rottami fittili di quella etä. Nella fossa del fondo fu ributtato quel
tanto della primitiva deposizione, che non aveva valore per gli spo-
gliatori, ma che perö giova ai nostri studi, ed erano: due olle di
fabbrica indigena, a. cm. 18 e 19 (fig. 26), a fondo bianco ed una,
qui disegnata, a fregi bruni. Una kylix attica nera, senza piede
(forma Furtwaengler Berlin 226). Uno scodellino a vernice nera.
Due lucerne ombelicate, di creta e vernice scadente, imitazione
320
P. ORSI
siceliota di articoli attici. Uii piccolo askos greco (ionico ?), con
fascie a vernice bruna con fondo coralliao, simile a fisj. 41,
Fig. 26.
VIII. Idem, con im solo grande loculo e fossetta nel fondo;
la bocca misurava m. 1,50 X 0,58 (fig. 27). Fu completamente ne-
gative, ma ne unisco qui il profilo.
IX. Avanzo di uno dei gi-andi sepolcri a camera, con fossa
centrale e loculi in giro; anche questo fu trovato in parte distrutto
da operai, che in etä lontana, forse romana, lo trasformarono in
Cava di pietre. La pianta che ne do mostra tre loculi, dei quali due
a tratteggio obliquo (fig. 28), in parte distrutti. Pare sia sfuggita
.^säMMi
Fig 27.
Fig. 28.
ai violatori la fossa di centro (a m. 2,60 dal suolo), la quäle nou
conteneva avanzi scheletrici, forse consumati dall' uraido, ma pa-
recchi vasi. Di fabbrica locale a copertura bianca e decorazione
bruna: due hydrie (a. cm. 37 e 38), adorne di una serpentina
I.K NKCKOI'OM DI I.ICOUIA KIHKA 321
attorno al coUo, e di tilottature siil ventre; iin' aiifora (a. cm. 30)
hiauca, seaza decorazione. Vasi greci importati : piccolo askos nero
attico ; la lekythos tig. 29 (a. cm. 25), a
fondo bianco, con fogliette acuminate sulle
spalle, e siil ventre titte fasciature a pim-
tini ; si attacca alla fami-
glia dei vasi detti uu
tempo locresi, il ciii at-
ticismo e oggi da tutti
riconoscinto. La tecnica
del colore e scadente, il
disegno negletto. Piccola
lekythos attica (a. cm.
11), di fabbrica scadente,
con palmette ioniche su
fondo rosso ; credo di po-
ter tissare la cronologia
di questo e dei consimili
vasetti nella II metä del
sec. VI (') (fig. 30). Per
ultimo si raccolse un bel-
lissimo alabastron atti-
co, alto cm. 17 i, dato
alla fig. 31, col ventre a fondo bianco, sul
quäle sono dipinte in modo atfatto schema-
tico le quattro figure miüiebri, che ripro-
duco con piccola riduzione alla fig. 32, e che rappresentano, forse.
Fig. 30.
Fig. 29.
(') Baso tale cronologia su materiale ancora inedito proveniente dagli
scavi sistematici di Megara. Esemplari eguali, talvolta col fondo bianco anzi-
eht rosso, sono stati trovati nei sep. 369, 372, 450, 746, 898, 981, associati
a lekythoi a f. n. e piü di rado a vasetti corinzi. Perci5 collocherei tali vasi
piuttosto verso la fine, che alla metä del Cinquecento. Vasi consimili si ebbero
anche al Dipylon associati ad altri a fondo bianco con foglie d'ellera, retico-
lati ecc, la cui etä parmi sia stata, forse per rispetto a questi ultimi, un
po'troppo abbassata da Brückner e Pernice (Athen. Mittheil 1893 p. 181),
])ortandola al V e fino al IV sec. Piii prossima al vero, sebbene non ben
determinata, la assegnazione del Furtwaengler, che li colloca fra gli attici
neri dello «späterer Stil" {Berl. Vas. Samml. p. 418, 433).
21
322
F. ORSl
ima daüza bacehica ('). Un esemplare ideiitico per fabbrica, forma
e soggetto coü piccole variaiiti nei fregi terminali superiore ed in-
feriore proviene dalla necropoli del Fiisco, ma dagli scavi disordiuati,
auteriori ai miei, per modo che üon possiamo tirarne doduzioni cro-
nologiche siciu-e ; siccome qiii siamo aucora nello stile nero, cosi
questo vaso deve essere per lo meiio di poco loutano dal 500.
X. Sepolcro a pozzetto con loculo,
ed ampia (m. 2,50 X 2,40) coutrofossa
superiore ; la bocca era chiusa da tre la-
stroni. Malgrado ciö il sepolcro deve es-
sere stato violato, e lo si arguiva anclie
dal fatto che uno dei lastroni era al-
quanto smosso (flg. 33). Neil' interno nou
si trovarono tracce dello scheletro, ma
solo il vaso a colonuette (flg. 34), a.
cm. 27, a fondo bianco con linee brune,
imitazione paesana della corrispondente
forma greca.
XL Presento la planimetria di que-
sto complesso sepolcrale, colmo di terra,
e spogliato completamente in antico
(fig. 35) : A, vano d' ingresso a cielo
scoperto ed a piano iuclinato, il quäle
iucomincia coUa roccia a zero, e scende
dolcemente sino al fondo della stanz a
od atrio B, a soffitto orizzontale, e cir-
condato da una banchina a. cm. 20, e
variamenfce profouda (cm. 20-50). Per
un angusto corridoio si arriva poi nella
Vera camera funebre C, di forma ret-
tangolare, con tetto a spiovente.
A codesti sepolcri scavati da me ne aggiungo ora altri due, che
(Jopo la mia partenza vennero esplorati dall' ispettore locale sig.
prof. Vincenzo Cannizzo, alla cui valida cooperazione anche nei pre-
cedenti lavori debbo molta riconoscenza.
Fig. 31.
(') L'alabastron berlineso n. 436 dello stesso stile ma a fondo rosso
presenta una danza consiniilf di tre dnnne davanti nn'ara.
LE NECROl'OI.I DI MCODIA EUHEA
323
XII. Perriera. Tomba a pozzetto prof. m. 1,80 con fossa sul
t'ondo chiusa da lastrone; in essa tracce dello scheletro, ai piedi
ed alle spalle del quäle
erano distribiiiti alciini
vasi : olla grezza come
tig. 26, skyphos attico
nero, scodelletta idem ,
lucerna ombelicata del
noto tipo.
XIII. Ibidem. Come
la precedente, perö con
due nicchie sul foudo.
Fig.. 32
Fig. 33.
Profonditä del pozzo m.
1,78, della fossa 0,59,
totale m. 2,37. Degli
scheletri nessuna traccia,
di vasi indigeni due gran-
di scodelle; di vasi greci
neri 2 piattelli, uua ky-
lix senza piede, un askos,
uno skyphos ed una lu-
cerna ombelicata.
II materiale esclusiva-
mente nero di questi due
sepolcri li mostra tra i
piü recenti, da collocarsi
intoruo, o poco dope il 500. Vasellami tanto di fattura indigena,
come di origiue greca, del genere sin qui descritto, e per di piü
«lualche aryballos corinzio o qualcbe lekythos attica a f. u. di stile
324
P. ORSI
povero io ho vediito presso varie famiglie del paese, e tiitti proven-
gono dalla grande necropoli che si stende alla piinta nord di esso ;
Fig. 34.
quanto poi alle hydrie ed anfore indigene, si trovano in grande
quantitä sopratutto nelle mani della povera gente, che abita i caso-
Fig. 35.
lari attorno al Calvario e che le raccolse al momento della costm-
zione di qiiesti. Della esistenza di grandi vasi figiirati in questa
LE NECROPOI.r DI MCODIA EUBEA 325
necropoli non ho sentoro e non ne raccolsi frammenti iiidiziali, e
quindi parmi clie la tisionomia generale del materiale ceramico che
essa couteneva sia data con sufüciente esattezza da qiiello fin qui
passato in rassegna.
III. Considerazioni sulla necropoli licodiese.
Le scoperte di Licodia yanno considerate sotto im doppio aspetto,
storico-topogratico ed archeologico. Archeologico, in quanto ci for-
niscono la chiave per la esatta deterrainazione di un gruppo di vasi
geometrici tin qiii piü che trascurati, sconoscinti; storico-topografico,
aviito riguardo alla controversa identificazione di Licodia coUa Eu-
boia calcidese, ed ai rapporti fra Siciili e Greci nei tempi storici.
La prima questione, dovendo essere trattata col corredo di iin ma-
teriale vascolare piü ampio che non sia il licodiese, viene rimessa
ad altro pimto, posponendola alla topografica, i cui termini sono
molto chiari e semplici.
Se Licodia risponde ad Eiiboia, la sua necropoli deve essere
greca. Si possono ora dir greche le tombe dell'Orto della Signora,
della Perriera e del Calvario? Per rispondere dobbiamo esaminarle
nella loro forma, nella tectonica e nel contenuto. Quanto alla prima
esse vanno divise in tombe a pozzetto con fosse e lociili e tombe
a Camera; qualche tipo intermedio potrebbe chiamarsi a pozzetto
con corridoio. Non esistendo ancora una grande e sintetica pub-
blicazione sui tipi sepolcrali greci, noi dovremo mettere a profitto
una quantitä di pubblicazioni speciali; ma poiche si tratta della
Sicjlia greca, e delle necropoli siceliote, e da esse che dobbiamo
trarre il primo ausilio. Premetto, ed e necessario avvertirlo, che le
condizioni geologiche del suolo licodiese non sono tali, che abbiano
richiesto ed imposto nn tipo speciale di sepolcro ; il monticello del
Calvario e formato di teneri calcari che si prestano facilmente ad
ogni lavorazione, e soltanto per raggiungere uno strato piü com-
patto bisogna scendere a circa 3 m. di profouditä. Tenuto conto di
ciö, io osservo che i tipi sepolcrali di Licodia non hanuo riscontro
di sorta con quelli delle necropoli greco-sicule conosciute e studiate,
come Siracusa, Megara H., Acre, Camarina, Selinunte, ecc. ; la
forma di sepolcro che domina in tutte questo cittä, almeno nel
periodo arcaico ed anche sino al III sec, e il sarcofago o la fossa,
o
326 H. ORSi
talora con una controfossa superiore di varia profonditä, ma assai
di rado tale, da prendere aspetto di vero pozzetto (eccezione a Se-
linuute, Bidl. Commiss. Antich. e Belle Arli di Sicilia, n. V,
tav. II, tipo 3 ; prof. m. 3 colla fossa). Col III sec. appariscono
talvolta, ed in dati casi, le camere ipogeiche e le edicole sopra
terra. Ma io non conosco veri pozzetti con lociili, ne camerette con
banchi funebri nei secoli VIII a IV. E vero che nulla sappiamo
(lelle necropoli calcidesi di Naxos e Catana e poco di qiiella di
Leontinoi ; ma le due prime trovandosi in terreni viilcanici, dove-
vano « a fortiori ", e se ne ha qiialche indizio, aver sepolcri a fossa;
ed a fosaa sono i pochi sepolcri leontinesi conosciuti. Soltanto a
Ragusa si ebbero profonde fosse, veri pozzi con loculi ('), eguali
ai licodiesi, ma e cosa notoria come Hybla Heraea non sia cittä
greca, sibbene sicula. Tombe a pozzo sono piuttosto proprio ai Fe-
nici, ma nissuno oserä pensare nemmeno da lontano a colonie fe-
nicie nei monti licodiesi.
Invece il pozzetto e la camera sono caratteristiche della tecto-
nica, dirö cosi, funebre dei Siciili; le loro celle antichissime del
I periodo eneolitico, diventano piccole ^oXoi, alle quali si accede
talvolta per un pozzetto, nei II, sotto le intluenze egeo-micenee ;
nei III abbiamo vere camerette quadre. Chi vede i sepolcri 1-4
della Perriera, colle loro porticine rettangolari, col loro sistema di
chiusiua e di sbarramento, non puö non riconoscere tosto la forma si-
cula; soltanto che il letto funebre assume qui una forma piü definita, e
r accesso al pozzetto e voluto dai costruttori, che si approfondi-
rono per trovare la roccia piü soda. A me pare dunque, che qui si
abbia una ulteriore evoluzione del sepolcro siculo, nei secoli VII-V,
sotto r azione della coltura greca ; ma speciticamente greche non
5iono, ne si possono dire le tombe di Licodia.
Allo stesso risultato arriviamo esaminandone il contenuto;
quanto al rito funebre poco se ne ricaverebbe cosi in favore, come
in contrario alla tesi sicula, essen do presso i Siculi assoluta, presso
i Greci predominante la inumazione ; perö il fatto che a Licodia
in codesto genere di sepolcri non si e mai trovato traccia di cre-
mazione aggiunge valore a quanto io sostengo, giacche le necropoli
{}) Notizie degli scavi 1892, p. 324; e inoKre da tenersi conto degli
scavi, ancora inediti, da me eseguiti nella necropoli di Ragusa nei giugno 98.
I.K .NK(K(.|'n|,I DI I.Ii ODU ElHtA .'?27
greche, sebbene con ima percentuale Variante ma bassissima, pre-
sentano sempre casi di combustione. Veniamo ai vasi. Nei sepolcri
abbiamo segnalato due generi distinti di ceramica : poco raateriale
corinzio, prevalente l'attico o quello che almeno passa sotto tale
iiome; frequentissima iina ceramica indigena a colori raatti. Di
quest' ultima ceramica darö una estesa rassegna in tine, segnandone
anche la distribuzione topogratica ; ma atfermo sin d' ora che non
im solo pezzo di essa e uscito dalle necropoli greche di Camarina,
di Akrai, di Siracusa e di Megara, dove io ho esplorato migliaia
di sepolcri ; invece si ha abbondante in cittä sicule a tinta ellenica,
come Ragusa (Hybla H.), Granmichele (P]chetla?) ecc; ed e piü
che inverosimile, inammissibile che i Greci accettassero merce bar-
bara ed inferiore, essi che nella ceramica auche piü volgare furono
tanto raffinati e progrediti.
Gli oggetti ornamentali della necropoli, ne convengo, sono quasi
tutti greci; ma anche ciö e naturale. Giä nel III periodo siculo
vediamo il mercato siculo invaso da piccoli bronzi ornamentali greci;
col rassodarsi ed estendersi della occupazione greca, si ditlbndono
piü e piü neir interno i prodotti dell' industria greca, anche perche
desiderati e richiesti dai Siculi, che miglioravano ed affinavano la loro
civiltä ; quindi non piü tanti bronzi ma argenterie ed anche orefi-
cerie, ricercate dai barbari, che volevano ornarsi alla greca.
Per concludere: la necropoli di Licodia non e greca, ma sicula;
e poiche i vasi ce ne segiiano con una certa precisione 1' epoca nei
secoli VIT a V, io credo che sui risultati di questi scavi si possa
costituire un IV periodo siculo, intorno al quäle diremo piü a
lungo in fine. Resta ora a vedere a quäle oppido antico risponda
Licodia, se, come credo d'aver dimostrato, essa non e Euboia. La
sua necropoli e di tale estensione da rappresentare una grossa bor-
gata od una piccola cittä. In questa plaga degli Erei le cittadiue
sicule poi grecizzate erano parecchie, e di esse ha discorso coUa sua
alta competenza critica il Pais('); si fanno i nomi di Echetla.
Morgantina, Eryke, Omphake, ]\Iaktorion, Galariua, ecc, ma gli sto-
(') II rilievo greco arcaico di s. Mauro presso Caltagirone e le cittä
atitiche deWaltipiano Ereo. (Rendiconti d. Lincei 18i)5, p. 286 e segg.)- Prima
de! Pais se ne era anche occupato Io Schübling [Die südlichen Sikeler) in
Rhein. Museum XXVIII, p. 109 e segg.
328 p. oRsi
rici antichi üe parlano in modo tale che e a disperare si possa
trarre da essi qualche criterio topogratico preciso ed assoluto; d'altro
caiito le ricerche arcbeologiche siil terreno, l'unico mezzo per arri-
vare a risultati sicuri. souo aiicora, per diletto di mezzi, allo stadio
iniziale, essendosi metodicamente esplorate soltauto Licodia e Ter-
ravecchia di Gianmichele. Le elucubrazioni sloriche basate sul solo
esame dei testi, senza la scorta di esplorazioni, hanno poco valore,
ed e perciö che niilla di positivo, di definitive si piiö dire sulla
topografia di tutte qiieste cittadine. lo mi limito quindi a consta-
tare 1' esistenza in Licodia di un grosso oppidum siculo, ma non
pronuucio, nemmeno in via d' ipotesi, alcun nome, riservando ogni
giudizio ad ulteriori scoperte. Taluno chiamerä codesti risultati
negativi, e critica demoliente la mia, ma e assai miglior cosa di-
struggere errori, che fabbricare teorie equivoche, basate su mere
ipotesi e congetture.
IV. La necropoli suburbana dello Scifazzo.
Un quattro chilometri a sud di Licodia (ed a metä distanza,
se si prendono le scorciatoie evitando i lunghi giri dello stradone),
in mezzo alle collinette che si accavalcano al piede della torreg-
giante altura del Castello, havvi la localitä denominata Scifazzo.
Costruendosi un ventennio addietro la ruotabile Licodia-Vittoria
si scoperse una mezza dozzina di sepolcri, stanze scavate nella
roccia calcare cretosa non compatta, ma sgretolata in dadi, filon-
celli e piccoli blocchi. Le notizie delle scoperte allora avvenute
sono varie e confuse, parlandosi di vasi di vetro, di vasi neri, e di
grandi vasi figurati. Essendo stata ogni cosa distrutta e dispersa,
io dovevo soltanto tener conto di ciö che mi avrebbero dato ricerche
regolari; notai che le colline dello Scifazzo contengono vari gruppi
di sepolcri, poco distanti 1' uno dall' altro, e formanti cosi un sepol-
creto di parecchie diecine di stanze ; e forse maggiore e il uumero
di quelle non visibili, perche franate e dissimulate dalla zolla erbosa;
in ogni modo questa necropoli non poteva appartenere al maggior
centro di Licodia, e per la distanza, e per il dislivello di almeno
250 m. La presenza di qualche rara tomba a fossa in mezzo a
quelle a caraera accentua qui, meglio che a Licodia, la fusione
I,E NEi KUI'OI.I Li LICODIA KIHEA
329
delle due civilis siciila e greca, la quäle appariiil sopratutto dal
conteiiuto dei sepolcri.
I. Protiro segato dallo stradale, e cella con völta a due pio-
venti nettameiite indicati lualgrado la coinposizione della roccia
molle e cedevolissima ; se ne veda la pianta alla tig. 86. La tomba
Fig. 37.
Fig. 3G.
venne ffiigata dai costruttori della strada ; di vasellame notai pezzi
di ceramica locale, come di kylikes e skyphoi oeri, Tra i piccoli
oggetti d'oroamento aocora riconoscibili
vanno ricordati : im perlone biconico di
bronzo (fig. 87), ed imo consimile di
argento ; una spiraletta d' argento, tre
tibulette in bronzo con arco filiforme a
gobba pronunciata (= fig. 44), ed avanzi
di una di quelle ti-apezie con anima di
ferro e rivestimento d'osso.
II. Sepolcro a fossa, 1. m. 1,75,
direz. est-ovest, contenente due morti
col cranio ad est ; mancavano le co-
perte, la terra compresse ogni cosa. Ai
fianchi dei morti una kj^lix nel noto
tipo fig. 52, ed una patera acroma di creta fine; sul medio petto
una Spirale di argento ed un bottone di bronzo (fig. 88).
III. Sepolcro a camera come il I. Non si pote esplorarne l'an-
ticella. coperta dalla strada; la volta della camera era franata
ingombrando il vano col terreno tiratosi addosso ; sgombrandolo,
constatai che era di forma quadra (lato oltre a m. 2,00), con una
banchiua lungo una parete. Dieci erano gli scheletri, alcuni col cranio
a ponente. Gli oggetti ornamentali consistevano in : 5 grandi fibule in
ferro, a grosso arco pleno (fig. 39), almeno una mezza dozzina di
Fig. 38.
330 p- OKsi
tibiilette in br. ad arco filiforme gibboso (= fig. 44) ('), tre ad anima
di ferro col rivestiinento di osso e legno; di piü iina grossa peila
■<P^^
' L^ wivt-i-.fj:,-.--::^ ■'..ir-iV. ruiT.rin , -i , vT^'^Zjr.'
Fig. 39.
di ambra, im robusto anello di arg., imo piü sottile di bronzo ed
una spiraletta in br. a 7 giri.
Numeroso il vasellame, ma in pessimo stato, e colla pittura
quasi per intero perduta. Indigeno: 3 scodelloni (diam. cm. 21-25);
un grande askos; 2 anforoni ad anse verticali. Greco: kothon co-
riuzio ed altro grezzo minuscolo; bombylios cor. a ciambella con
tracce di rappreseutazione; due kylikes cor. a fascie (tipo Megara
col. 180), ed una terza con tracce di fig. alata; kylikes come
fig. 52, una lucerna ed un aryballos nero.
La presenza di un certo numero di vasi del cosi detto stile
corinzio, non che i tipi di fibule portano questo sepolcro piuttosto
al principio che alla metä del VI sec. a. C.
IV. Altra fossa di dimensioni normali per adulto, direz. est-
ovest; essendo stata frugata non conteneva che tracce di ossa, e
pochi rottami fittili.
V e VI. Simili, pro f.- m. 1,20 con tracce di scheletro, ed in
una di oenochoe greca.
VII. Camera a völta franata, colma di materiale e col pozzo
d' ingresso distrutto dai lavori stradali ; ne do la planimetria alla
fig. 40, la quäle si completa col sep. licodiese fig. 10, ed osservo
che essendo il sepolcro a m. 3,50 sotto il piano di campagna,
tutto il contenuto fu trovato in pessimo stato. Sulla banchina di
sin. erano adagiati due scheletri, col cranio a NO, due su quella
di d. col cranio a SE. Presso i due primi si raccolsero parecchi
(') Ho ricouosciuto queste fibule in ferro a navicella soltanto nei se-
polcri di Terravecchia presso Granmichele, sincroni ai Licodiesi {Monum.
Ant. dei Lincei VII, col. 271, fig. 56), e cosi le fibule filiformi in br. (ibidem
fig. 57), delle quali un solo esemplare piü antico proviene da Cassibile.
LE NKCROl'OLI Dl LICOÜIA EUHEA 331
vasi distribuiti a lato del torace, raeno iina grande scodella an-
sata, ed una lucerna ombelicata, che stavano ai piedi. Tali vasi
Fig. 40.
erauo: il piccolo askos a fondo rosso fig. 41, con palmette e tiori
di loto ueri; articolo attico o per lo meno ionico; diie delle ky-
likes ovvie, una saliera a vernice nera; presso il cranio del bam-
bino una capocchiella conica in br. (= fig. 4). Ai pie dei morti
sulla banchina d. : una lucerna ombelicata, ed una oenochoe mez-
zana, una fibuletta come fig. 44, ed un sottilissimo anello di ar-
gento rotto. Le banchine o letti funebri erano alti cm. 75 sul
piano 0 corridoio centrale, in fondo al quäle si trovö una massa
Fig. 41.
di vasellame; quattro anfore indigene ad anse verticali (a. cm. 52
a 48) col disegno consumato dai sali del terreno ; il grande sky-
phos fig. 42, diam. cm. 18, a f. n., colla rappresentanza di due
332
P. OKSI
qiiadrighe, fiancheggiate da palmette, esegnite in modo scellerato,
addirittura barbarico ('); pateretta acroma, perö greca, perche di
creta tinissima : kylix della forma consueta, e tiaschetto nero. Nella
Fi>r. r.
uiccbietta aperta in fondo al corridoio, a livello delle banchine
era ancora a posto una delle solite lucerne, postavi ad illuminare,
forse, le operazioni dell' estrema deposizione. La ceramica greca
databile di questo sepolcro non scende piü sotto del 525 circa.
VIII e IX. Due sepolcri a fossa violati con tracce dello sche-
letro e qualche frammento fittile.
X. II piü importante ed istruttivo
sepolcro della necropoli. Aveva forma
di Camera quadra irregolare aperta nel
calcare cretoso pliocenico fragilissimo,
e cedevole, per modo cbe questa come
tutte le altre era franata e piena di
un teniccio cretoso, diluito dalle acque,
che avvolse e guastö ogni cosa ; malgra-
do tutto questo il sep. puö considerarsi
come intatto (fig. 4ö). Si accedeva alla
Camera per una porticiua, aperta nel
Fig. 43. centro di un ampio padiglione; sul fondo
(') Articolo attico scadeiitissimo, che senibra fatto apposta per la espor-
tazioiie presso i barbari ; in fatto, almeno in Sicilia, le necropoli greche hanno
dato appena qualche raro esemplare di t.ili vasi, parecchi invece quella si-
cula di Ragusa (Notizie 1892, pag. 326).
LE NECROPOM DI LICODU EIJUKA SSo
iina massa di scheletri (non meno di 16) coi crani lungo le pareti,
presso le quali, quasi tra im morto e l'altro, e talvolta accatastati,
eranvi i grandi vasi per 1' acqua, per
1 opiü immessi dentro le capaci scodelle.
Degli ornamenti personal!, pochi e po-
veri, quasi nuUa si pote salvare; di br.
una cappelletta conica costolata, almeno
(3 tibulette a gobba filiforme (fig. 44),
un anello, una spirale ; di ferro un ci-
lindro, al quäle e avvolta una spira di
br., e da ultimo una fibula trapezia in
ferro, osso ed ambra. Di fronte alla de-
ficenza del materiale metallico era stra-
ordinaria l'abbondanza del vasellame, da dividersi qui pure in due
categorie. A) Indigeno; 19 anfore la cui alt. va da cm. 30 a 42,
Fig. 44.
Fig. 45.
munite di anse verticali platte, o di anse cilindriche oblique
(fig. 45 a 48). La decorazione e molto logora e consunta; predo-
mina la partizione del ventre in campi a metope e triglifi, e " "
nei
primi sono inscritte linee a tremolo o Serpentine orizzontali e ver-
334 p. oRSi
ticali. semplici od a coppie, croci di s. Andrea, e tiguie ad ar-
pioncino o ad M (tig. 47) : in uu unico esemplare la parti-
Fi,<r. 46.
üoüii del ventre in cainpi e soppressa, e tutta la larga bauda e
occupata da due linee Serpentine (tig. 48); sono, in complesso, le
Fi- 47.
forme ovvie nel geometrico siculo. Nou iina sola hydria fii rac-
colta in questo sepolcro, anzi tali vasi frequentissimi a Licodia
I-E NECKOI'OU DI MCODtA EUBE\
335
iiiancano completamente allo Scifazzo. Ai capaci recipienti per
lacqua corrispondeva. come sempre, un buon numero di scodelloni,
Fig. 48.
dieci, per lo piü monoausati, con labbro o verticale od aggettante
iieir interno, e con diametri di cm. 18 a 26 (tig. 49 e 50); il
*.-,■-- '-Uiw,u\uamiTTriniTmTmTiDiUininiin»uti»Mnnu»»Fn
'^TiTOwTO^anaannuiui
iBimii m iiimn""'"""*'
Fig. 49.
corpo hanno partito mediante filetti e fascie in zone orizzontali, o
vuote, 0 adorne di Serpentine e triglifi. Una sola oenochoe a fascie
brune, ed una imitazione della kylix greca. B) Greco: tre kylikes
0 tazze primitive geometriche, diam. cm. 11-16 '/>, a fasciature,
336
P. ORSl
una sola con trigliti (tig. 51); che nou sieno di fabbrica paesana
lo dediico dalla qualitä della creta üne e depurata. e dal colore
a vernice, per quanto esso abbia perduto della primitiva vivezza.
Due grandi skvphoi corinzi colle consuete rappreseutanze di pan-
Fig. 50.
tere, oche e fiorellini di riempimento ; la creta fiuissima, talcosa
e vellutata alla superficie rae li fa credere articoli originali di
Corinto, anziehe copie siceliote. Un kothon corinzio a fascie. Otto
tazze (kylikes) a fascie n. e r., con diam. di cm. 12 a 14 (fig. 52).
Fig. 51.
La mancanza delle hydi'ie, di qualunqiie saggio di ceramica
nera, delle lucerue ombelicate, invece la presenza di inateriale co-
rinzio, e di una tazza geometrica dimostra chiaramente che questo
sepolcro e il piü antico di tutti gli altri dello Scifazzo e non avrei
difiicoltä di collocarlo alla fine del sec. VII piuttosto che ai primi
del VI. Con tale apprezzamento, desnnto dall' esame dei vasi greci,
s'accorda anche la forma del sep., ancora attaccata, per non dire
eguale, a quella del III periodo siculo senza la novitä delle alte
LE NECROPOLl DI I.ICOniA EIHKA
banchine osservata a Licodia; di piii e qui coiitinuato il rito avito
del seppellimeDto a masse. Per noi tale sepolcro costituira adunque
Fig. 52.
im caposaldo foudamentale nella determinazione cronologica del
geometrico siculo.
XI. Camera lettangolare, a. m. 1,60,
con grande e profondo padiglione, nel
centro del quäle il finestrino d' ingresso
(fig. 53). La formazione geologica im-
pedi anche qui di dare alle pareti \m
taglio netto e preciso. II sepolcro frugato
non diede che insignificanti rottami fit-
tili greci, con una sola lucerna ombe-
licata; malgrado ciö, esso, assieme al
precedente, raostra 1* intime nesso coUe
forme sepolcrali sicule del III periodo.
La necropoli dello Scifazzo, della
quäle io esplorai una minima parte,
non puö, malgrado la presenza delle
fosse, essere greca per le stesse ragioni
che valgono per Licodia. Qui poi alcuni dei tipi sepolcrali piii de-
cisamente attaccati ai siculi, e la continuazione del seppellimento
a masse rafforzano tale opinione ; e questo maggiore attaccamento
all'antico dipende dall'etä, del sepolcreto, che io attribuisco ai se-
coli VII e VI, per modo che qui avremo un nesso fra il III ed
il IV periodo.
22
STFIADA PROVfNCIALE
Fig. 53.
338 !'• ^"'si
V. Altre necropoli sie nie del IV periodo.
Prima di aprire una discussione critica sopra questo niiovo
periodo, che ora per la prima volta si viene costituendo sopra biioui
foudameuti, e prima di studiare in modo sintetico la ceramica che
lo caratterizza, e utile vedere, se vi abbiano altre necropoli cogli
stessi caratteri di forma e di contenuto; pur troppo che all' in-
fiiori di Licodia difettiamo di ricerche metodiche. Nondimeno si
puö ritenere fino ad ora che la loro area di distribuzione com-
prende ii sud-est ed una porzioue del centro dell' isola ; nulla si
ha dalle coste, dove mancano per ragioni storiche ovvie i sepol-
creti cosi del III come del IV periodo.
I. Monte Finocchito presso Noio. La vastissima necropoli
colä esistente spetta al III periodo, ed e tipica per la civiltä si-
cula dei secoli X-VII ; perö alcuni dei suoi sepolcri rappresentano
Uli passaggio dal III al IV periodo. E al Finocchito che noi tro-
viamo, assieme a piccoli vasi geometrici greci, i primi rappresen-
tanti del geometrico siculo {B.P.L XX p. 61-63; XXII p. 190-192);
accanto alle centinaia di scodelloni grezzi se ne ha un certo nu-
mero in creta piü tine con copertura biancastra e qualche fregio
elementare. II Finocchito ha anche dato le prime grandi anfore,
in numero di 12, ma tutte in pezzi, all' infuori di una sola {B.P.L
XXIII, tav. VI, 3), piccola, a corpo depresso, ampio e svasato il
collo, con decorazione a triglifi e metope con clepsidre; io penso
che questo sia uno dei piü antichi esemplari di tutta la famiglia,
riferibile al sec. VIII.
II. Tremeazano (Noto). E un sepolcreto del III per. con ele-
menti geometrici ; certamente indigeno per la tecnica e lo scodel-
lone da me pubblicato in B.P.L XVII, tav. II, 17; cosi la oe-
nochoe ibidem fig. 18, che qui meglio riproduco (fig. 54), mentre
e greca 1' altra oenochoe e l'olletta tav. VII, 1, 2.
III. Nolo Vecchio {Netum)] e cittä sicula. La sua necropoli
del III per. ha dato pure due anforoui, nei quali perö la decora-
zione e completaraente smarrita {Notizie 1897, pag. 76).
IV. Ragusa {Uyhla LIeraea)\ cittä sicula. La sua necropoli
in contra da Pendente fu segnalata nei lavori ferroviari del 1891 ;
io poi vi esegiiii esplorazioni nei '98, col dispiacere di constatare
I,K NECROPOI.I 1)1 LICODIA KUHEA
330
che tutti i sepolcri ad eccezione di qualche rarissimo fiirono vio-
lati e spogliati in tempo antico. La necropoli e tiitta del IV pe-
riodo, e la si potrebbe dire necropoli a forti tinte greche per la
graiide abbondanza di ceramica greca. II tipo a camera e qui
scomparso, e vi si trovano soltanto sepolcri a fossa, proprio come
a Licodia. Uno di questi sepolcri, intatto e chiuso, ha fornito
due grandi anfore assieme a vasi greci a f. n. {Notisie 1892,
V\(f. r)4.
pag. 825-326), che possono risalire alla prima meta del VI sec.
lu confronto dell' arcaicissimo esemplare del Finocchito qni 1' an-
fora ha assimto corpo slanciato, dimensioni rilevanti, pareti sot-
tilissime ; vi e quindi im progresso formale e tecnico. Negli scavi
da me eseguiti nel giiigno '98 (inediti) ho constatato dentro
grandi sepolcri a fossa la mescolanza di avanzi vascolari co-
rinzi ed attici di stile nero rigido, con vasellame geometrico
iudigeno. La necropoli in contrada Pendente abbraccia il VII e
VI secolo.
V. Scieli. Gli storiografi moderni s' accordano nel vedervi uu
oppidum di nome Siculi, posto in vicinanza della sicula Motyka,
340
P. ORSt
ma non ricordato da veriina fönte antica ('). Neil' immediata vi-
cinauza del paese vi e bensi un piccolo griippo di sepolcri siculi,
ma attesa la sua esiguitä esso non puö accennare ad iin abitato
di qualche estensione. Invece da un piinto molto piü discosto, da
Perello, provengono diversi vasi geometrici, ma i sepolcri vi fii-
rono tumiiltuariamento esplorati im tre lustri addietro. AI Museo
di Siracusa pervenne soltanto un paio d' esemplari del kothon co-
rinzio, la bella anfora (tig. 55), a. cm. 35, e due piccole oenochoai,
i«ii li innffniM ipiuji««KaÄ'JOT^Il!5iBii|Iilpii!i>iiM'
»■oniünTinfTiiti nn^iiri'inniiiifr"'""^*^
4 um
Fig. 55.
delle quali produco pure 1' esemplare migliore alla figura 57. E
per ora un materiale scarso, e piü che altro indiziale, ma anche
4ui vediamo associato il materiale corinzio col geometrico siculo.
VI. Lentini. Cittä calcidese sorta nel sito di un borgo siculo
(Tucidide VI. 3), dal quäle secondo una versione gli abitanti sa-
rebbero stati cacciati (Tue); secondo un' altra meno attendibile vi
si sarebbero acconciati coi nuovi venuti (Polieno V. 5). Ancora
sconosciuta e la necropoli greca, meno il pochissimo che ue scrisse
il Cavallari {Notizie 1884, pag. 252); di quella sicula lo stesso
(') Schubring, Rheinisches Museum XXVIII, p. 118. Gli eruditi locali
vogliono invece rivendicarvi Casmena, ma senza addurne alcuna valida ragionc.
I.E NECHOPOM DI LICOnrA EIREA 341
Cavallari scopii un sepolcro iotatto, da liii descritto nelle Notizie
1887, pag. 301-304. E una caDiera quadra, che conteneva un
Fig. 56.
sol morto, ed alcuni vasi georaetrici,
tutti indigeni ; 1' anfora di un tipo
primitivo (fig. 58), per forma iden-
tica a quella del M. Finocchito, e
alta cm. 80 ed ha una ricca deco-
razione geometrica, con colori molto
freschi ; il kyatos n. 2, non lavato
dal Cavallari, ha sullo spalle triglifi
e tremoli nelle metope; i due sco-
delloni n. 5 e 7 hanno fasciature ;
specialmente notevole il n. 4, olletta
lenticolare manufatta, decorata colla
tecnica a punta in voga nel III pe-
riodo, e che basta da sola a provare,
per Chi ne dubitasse, la non grecitä
del sepolcro. L' anfora e a disegno fermo e preciso, che contrasta
colla incertezza che si osserva in quasi tutti i vasi consimili, e
che non so se si possa attribuire ad una imraediata influenza dei
Fig. 57.
■^4'2
P. ORSl
Calcidesi, sebbene il vaso non sia affatto greco, e ciö sopratutto per
il colore matto del fondo e della decorazione.
Da Lentini provengono ancora le due aoforo del paro primi-
tivo, che qui per la prima volta si pubblicano (tig. 59 e 60);
alte cm. 22. L'una di esse (fig. 59), estratta dal sepolcro succi-
tato, non venne edita dal Cavallari, che non avendola lavata, non
ne vide la decorazione ; 1' altra e leontinese, senza iibicazione piii
)
Fig. 58.
precisa, ed ambedue sono notevoli per le zone a circoli concentrici,
che se non mancano, sono perö molto rare nel geometrico della
Sicilia.
I vasi geometrici di Lentini costituiscono im caposaldo per
la cronologia dell' intiera famiglia che stiamo studiando ; si accetti
intorno alla fondazione di Lentini la narrazione di Tueidide o di
Polieno, certo e che, se pure accordo vi fu fra Calcidesi e Siculi,
ciö che a me pare poco probabile, esso fu di assai breve durata;
qnindi se non proprio nel 728, pochi anni dopo, verso il 720, nis-
sun Siculo doveva piü trovarsi a Leontini : quindi tutti codesti vasi,
l.K NKCHOI'OI 1 DI I.l.dlilA Kl 1U:.\
.j4o
ed i loro consimili, sono anteriori alla fino del sec. VIII e ca-
dono, come io penso, in pieno settecento.
VII. Granmichele. Che a Terravecchia presso Granniichele
esistesse iina citta sicula, nella quäle la civiltä greca prese poi
il sopravvento, credo di aveiio dimostrato colla iiiia Memoria edita
nei Monum. Änt. clei Lincei VII, pag. 201-274; che tale citta
fosse Echetla od altra, riniane sempre in dubbio. Sotto il « Pojo
dell'Aqiija » segnalai delle tombe sicule del IV per., le quali per
Fiff. 59.
il contenuto hanno molta affinita alle licodiesi; qiiei pochi se-
polcri hanno dato lo stesso genere di ceramica geometrica locale,
grandi anfore, scodelle, scodelloni, askoi, ecc, ed i saggi da me editi
nella citata monografia alle fig. 48 his a 53, di ciii diie vengono
qui riprodotti alle fig. 61 e 62, dimostrano 1' indole di quel ma-
teriale ceramico, e la sua diretta affinita con quello di Licodia e
dello Scifazzo.
VIII. Vüzlni. Per qiianto io so, non fiirono mai eseguite ri-
cerche regolari a Vizzini, dove si suol pure coUocare iin oppido
siculo. Di Vizzini il Miiseo di Siraciisa possiede im'anfora iden-
tica a fig. 65; ed in quella borgata nella collezione del farma-
cista Galante, formata con materiali del sito e dei contorni, esi-
344
P. ORSl
stouo intorno a qiiaiauta vasi geometrici siciili, ed altri pochi
iu altre piccole collezioni private. Nei pressi di Vizzini deve dunque
esistere ima necropoli o sepolcroto del IV per., che meriterebbe
di essere esplorato metodicainente.
IX. Caltagirone. Siamo al vertice degli Herei, in magnitica
posizioiie a cavallo del displuvio fra 1' lonio e l'Africano ; iina cittä
sicula SU quelle montagne non poteva mancare, raa sin qui difet-
tano troppo le esplorazioui locali; intanto io segnalo la esistenza
di una grau quautitä di piccolo vasellame geometrico siculo (oe-
Fig. 60.
nochoai, scodelloni, ecc.) con qualche tazza greca rosso e nera, di
provenienza sicula, nel piccolo Museo del R. Liceo.
II prof. Pais (loc. cit.) ha avuto il merito di far conosceie
r inedito rilievo rinvenuto a M. s. Mauro o s. Moro, parecchi
chilom. a sud della cittä, dove egli vorrebbe mettere Echetla;
una visita fatta sul sito, per quanto rapida, mi face credere che
in quel luogo non siasi mai trovato mateiiale siculo, ma solo del
materiale greco arcaico('); se tale constatazione verrä confermata
(}) Greco arcaico e il rilievo edito dal Pais, e cosi un'aruletta fittile
coli due aniiiiali in lotta, scoperta dal proprietario del sito (simile a Kekulc.
Terracotten aus Sicilien,tAv. 54 2.'^ paj,'. 47), arcaicu un pezzo di gorgoneion
LE NECnOPOI.I DI I.ICODIA EIBEA 34.5
da iilteriori ricerche, allora io sono di avviso che a M. s. Moro,
magnifica posizioue militare, che domina il corso superiore del Gela
e del Maroglio, si debba collocare la piccola fortezza calcidese di
Euboia.
Fig. 61.
X. Lago di Pergiisa (Lacus Pergas) presso Castrogiovanni.
Sembra che le un tempo ridenti coUine, circostanti a questo sto-
rico e sacro bacino, fossero assai piü fittamente abitate, che oggi
non sieno, nei secoli VlII-VI a. C. Nelle localitä denominate
Fig. 62.
lacöpo, CoQveutazzo, Capitone ed in quella piü discosta, detta
Montagna di Marzo, si hanno sepolcreti a vasi geometrici. Per
una visita fattavi conosco piü esattamente la necropoli del Con-
ventazzo, a caniere quadre nel calcare farinoso ; essa fu tutta spo-
fittile da mc raccolto sul suolo, arcaici numerosi vasi greci (corinzi ed at-
tici) da me veduti presso uno scavatore clandestino in Caltajjirone, un saggio
dei quali ho acquistato pel Museo ; in mezzo ad essi nessiin framraento siculo.
346 !*• üRSt
irliata dai villani. che ne trassero materiali in piccola parte ce-
diiti al Miiseo della Matrice in Castrogiovanni, o messi in com-
mercio. Presso im antiquario del luogo ho esaminato numeroso va-
sellame consistente in oenochoai, askoi, anfore, idrie di fabbrica
indigena, mescolate a qualche kylix n. e r., un grande cratere a
colonnette nero, lucerne ombelicate, un aryballos corinzio, parecchie
armille a fettuccia (= fig. 25), una cappelletta conica (= fig. 4),
insomma lo stesso materiale di Licodia.
YL La ceramica geonietrica sicula.
Gli studi sulla ceramica postmicenea, greca cd affine, hanno
avuto negli ultimi anni un nuovo impulso; il geometrico greco e
fatto oggetto di nuove originali ricerche del Wide; il Boehlau,
basato sugli scavi di Samos, fa il primo tentativo per stabilire le
varie fabbriche ionio-asiatiche; i calcidesi attendono nel Loeschcke
il loro illustratore ; e nell' Italia nieridionale i vasi georaetrici detti
messapici hanno trovato nel Patroni e nel Mayer due archeologi.
che sebbene con diversitä di vedute, hanno compreso il bisogno
di coordinare quella ricca ceramica, cosi negletta sin qui. La Si-
cilia possiede pure una categoria di vasi geometrici, non greci,
ma sviluppatisi sotto 1' Influenza evidente della decorazione greca.
che se non ha 1' estensione del geometrico messapico, ne 1' impor-
tanza di quello della Grecia, ha nondimeno un valore sopratutto
storico locale, in quanto costituisce un episodio del lento e gra-
duale processo di ellenizzazione dei Siculi.
Di qui la opportunitä di un primo tentativo di sintesi su codesti
vasi, intorno ai quali io avevo sentito pronuaziare da distinti ar-
cheologi i piü disparati giudizi, sino ad asserire che talnni erano
di etä romana. Un cosi fatto lavoro sarebbe stato non dico inutile
raa destituito di solida base, se avesse preso le mosse da pezzi
sporadici e di dubbia provenienza; furono le scoperte del Finoc-
chito da prima, quelle di Licodia poi, unite ai rinvenimenti di
Granmichele e Lentini, che fornirono la chiave cronologica ed indi-
carono la giusta via. Molto ancora resta a fare; ma io credo che
oggi si abbiano elementi sufficienti per abbozzare 1' opera e svol-
gerne i capitoli principali riguardanti lo stile e la cronologia; si
poträ accrescere di molto il materiale, sia mediante scavi, sia esu-
I.E NK'Roi-ol.i DI I,iroDIA EUBEA 347
inando da coUezioni pezzi inosservati; ma io credo di aver rac-
colti i saggi precipui e caratteristici, e di aver poste le basi di
una razionale sistemazione cronologica.
La ceramica dei Siculi del 1" periodo (intesi in senso latissimo,
e comprendenti perciö anclie i Sicani affini della tradizione) rap-
presenta im geoinetrico-empestico dai colori smagliaati, che forma
un gruppo solitario, il qiiale desta la curiositii degli archeologi,
siccome quello che e prodotto di im popolo appena eueolitico. Nel
periodo successivo la ceramica sicula presenta un habitus tutto di-
verso ; in gran parte nuove le forme e nuova la scarsa decorazione.
La policromia scompare per dar luogo ad una decorazione cromica
a stralucido rosso, apparsa sin qui nelle necropoli di Cassibile e
Pantaliea, mentre nelle altre si ha una sobria decorazione a stecco.
Ora e appunto in un singulare vaso di Pantaliea che io vedo la
piü antica espressione del geometrico siculo ; ma prima di trattare
di qiiesto vaso e delle altre forme, decorate con tale sistema. coii-
viene faccia precedere qualche osservazione tecnica.
E canone fondamentale, che la pittura a vernice, applicata alla
ceramica micenea piü recente ed a quella greca dei periodi suc-
cessivi, costituisce la caratteristica speciale dei prodotti vasculari
ellenici, caratteristica, che basterebbe da sola a distinguerli dalle
altre famiglie barbariche. A questa fondamentale distinzione della
Firniss- e della Matmalerei conviene nel caso nostro speciale ag-
giungere un altro elemento tecnico; il vasellame dei primi e piü
antichi periodi siculi, ed anche bnona parte di quello del III, e
foggiato a mano libera, senza sussidio della ruota vasaria, del
TQoxoc ; solo alla iine del II (Pantaliea), e piü evidenti nel III, si
hanno indizi, ma non ancora generalizzati, di un rozzo tornio. Iiivece
la ceramica geometrica sicula e sempre trattata, sebbene non con
troppa perfezione, alla ruota ; ed e sempre decorata con colori matti.
Ecco due caposaldi che distinguono codesti vasi dai siculi piü antichi
e rispettivamente dai greci. Aggiungasi che essi sono di un im-
pasto artificiale; creta gialla o rossastra, mista a tritumi vulcanici;
cottura buona ma non sempre uniforme ; applicazione alla super-
licie di una copertura bianca, che per una quantitä di tinte inter-
medie va dal crema-pallido al roseo-leggero ; ed il colore matto
degli ornameuti e di un tono bruno, castagno, che talvolta appare
rosso carico a misura dell' intensitä di cottura. Le forme di pre-
348
1'. OUSl
ferenza adottate sono 1' aiifora, 1' idria, il vaso a colonnette, il
boccale od oenochoe, 1' askos, la grande scodella con iina intinitä
di varianti ; forme derivate in parte dal patrimonio siculo, iu parte
da qiiello greco. Ma ad ogniina di esse e couvenieute dedicare ud
po' di studio ditt'iiso.
Anfora. La necropoli di Pautalica (inedita), la quäle nella sua
parte principale spetta alla II fase del II per, siculo (XI-IX sec),
ha dato un" anfora che io coUoco in testa alla serie, e serve come
anello di cougiunzione fra la ceramica sicula antichissima e la geo-
FiG. G3.
metrica del IV per.. Ne de qui uno schizzo, il quäle ne mostra la
sagoma e la decorazione (fig. 63); e un recipiente da acqua, alto
cm. 45, di creta rossastra ben cotta, e tornita, coperto di una leg-
gera velatura rosea, alla quäle sono imposti i fregi in color rosso
carico, consistenti in zone e trigliti a tremolo ; sopra le anse oblique
croci oblique. Considerato il vaso dal lato della forma o della deco-
razione, io osservo che anfore ideutiche sono ovvie, anzi caratte-
ristiche a Pantalica, colla sola differenza che sono coperte di un
vivo stralucido rosso; talvolta diminuendo le dimensioni ed allun-
I.K NKCKOI'OI,! DI I.ICOUI.V EtJHKA 340
gando il collo esse prendono l'aspetto di veri fiaschi. La necropoli
di Thapsos, in parte sincrona, in parte, credo, piü antica di Pan-
talica, ha pure dato una serie di anfore che con qualche piccola
dift'erenza rispondono a quelle di Paiitalica ; ma sono grezze od al
piü adorne di linee verticali a punta ; ad esse fanno ulteriore riscon-
tro due grandi esemplari bigi del sepolcro di Caldare presso Gir-
genti('). E dunque una forma di recipiente peculiare ai vasai siculi
della lioe del II per., che pare non sia stata contiiiuata nel III,
nel quäle mancano, forse anche perche a noi non pervenuti, i grandi
recipienti per liquidi. Ora la relazione formale di codesto tipo coUe
anfore geomotriche, od almeno con una parte di esse, non puö sfug-
gire ; eguale il contorno, la foggia delle anse ed il punto d' imposta,
un po' piü tozzo e svasato il collo, e mancante il labbro ad aggetto.
Ma dobbiamo teuer conto di un altro fattore esteruo ; 1' anfora,
simile alla sicula, e una forma del fondo comune al geometrico
greco; eguali ma munite di piccolo piede, perö decorate con uno
Stile molto piii progredito sono quelle della Beozia, alle quali de-
vonsi aggiungere due esemplari di Monaco e di Atene, di incerta
provenienza (-), ed uno di Mirina (3). Forme molto consimili pos-
siede anche il ciprioto, il quäle abbraccia vari secoli ; accauto al-
l'esemplare del Louvre ('*), forse del X secolo, e certo piü recente
quello di Marion (VII s.) (•'') ; anche i celebri vasi di Ormidia del
Museo di New- York {^'), astrazion fatta dalle dimensioni colossali,
e dalla eccessiva larghezza del collo, vanno ricondotti alla stessa
forma. Sembra pertanto che 1' anfora geometrica sicula tragga ori-
gine dal connubio di due forme, 1' una indigena, 1' altra greca intro-
dotta dai primi coloni, ed accolta con favore dagli indigeni, in quanto
appunto rispondeva ad un tipo da essi usitato. Siccome l'unica ne-
cropoli greco-arcaicissima della Sicilia conosciuta, quella del Fusco,
non ha dato anfore, ma crateri e vasi a colounette primitiv! {'),
(*) Thapsos in Mon.wn. Ant. LinceiYl, col, 107, nota, e tav. V, ti^. 1
e 2. Per Caldare B. P. I. XXIII, tav. II, 3, 4. .
(2) Athenische Mitth. 1897, \). 238,245. Jahrbuch, 1897, p. 195.
(3) Ath. Mitth. XII, p. 228.
(4) Pottier, Vases antiques du Louvre, tav. VIII, A, 120.
(5) Herrmann, Das Graeberfeld von Marion in Cypern, p. 11.
(6) Perrot, Ilistoire de V art, III, p. 609, 711.
C) Notizie, 1893, p. 477, 1896, p. 135, 137, 159, 161, 176.
:^5<»
}'. OUSl
adibiti per ossuaii. non abbiarno ancora la prova diretta ed asso-
luta di questa mia asserzioae, la quäle perö non perde di valore.
se si cousideri che anche la decorazione del geometrico siciilo emana
tutta da quello greco.
In ordine alla forma, le anfore piü antiche sono quelle a corpo
globare e collo svasato. quasi tubiforme, con anse verticali a fet-
tuccia; Lentini ed il Finocchito ci danno per esse buoni punti di
Fig. 64.
'M'pOogi*^ cronologico; uu po' piü recenti sembrano i vasi di egual
forma, muniti perö di anse cilindriche oblique. Questa prima classe
di anfore si puö con qualche certezza portare nel sec. VII. Nel VII
e VI sono in uso anfore a corpo oblongo, nelle quali il rapporto
fra r altezza del collo e del ventre si modifica nel senso che, accor-
ciandosi quello si sviluppa questo ; il collo non e soltanto svasato,
ma munito di un labbro piatto; la grande maggioranza delle
anfore presenta quest' ultima forma.
Per ciö che riüette la decorazione non e mestieri spendere
I.E NECROPOi-I lil I.l( OblA KIBEA 351
iiiolte parole a dimostrarc che essa ä tutta soggetta all' Influenza
geometrica greca ; basta iiu rapide esame ai numerosi disegni rac-
colti per convincersi di ciö. La partizione organica del corpo in
tascie, zoue e frise orizzontali, distinte da cordoni o fasci di linee,
la premineiiza data alla zona centrale, per lo piü suddivisa in tri-
glifi e inetopo, emana da un concetto docorativo e tectonico affatto
öconosciuto ai Siciili, la cui decorazione a piinta nel II per. e inor-
ganica, mentre solo nel III essi tentano esprimere a piinta qualche
concetto greco, come il raeandro {B. P. I. XX, p. Ol, XXIII, p. 189).
Fig. 65.
Qiiesto sistema decorativo e invece quello del geometrico greco in
genere. che poi nelle varie regioni ha preso sopra il fondo comune
sviluppo ed indirizzi diversi ; i grandi crateri del Fusco presentano
in buona parte la stessa ripartizione della superficie, gli stessi motivi,
la medesima sintassi ornamentale.
1 motivi delle anfore sono resi evidenti dalla serie dei di-
segni piibblicati, e da altri pochi esemplari, di incerta provenienza,
che qui aggiuugo. La partizione piü elementare e quella in fascie
orizzontali, col ventre od il collo adorni di una o diie Serpentine ;
se sul ventre si delineano dei riquadri mediante triglifi, allora i
campi delle metope sono occupati da forme geometriche diverse;
352
P. ORSl
linee oblique, talvolta uncinate alle estremitä. (fig. 65), forme ad
S, croci oblique, tremoli orizzontali o verticali ; piu rare le clepsi-
dre (fi?. 64), i circoli concentrici (Hg. 67), i doppi arpioni ad M,
nonche il pettine (fig. 66) ; alla ftgura animale od umana non
si arrivö mai: e sopra le centinaia di vasi da nie esaminati udo
solo (fig. 68) preseuta la forma schematica di un quadrupede,
'i;///r
Fig. 66.
forse cane, corrente. Tutto ciö non esce dal patrimonio di forme
tilementari dei geometrici greci e di Cipro (').
(1) E superfluo tlilungarsi in riscontri. per dimostrare cose generalmente
note-, insisto solo su qualche forma speciale. Per le clepsidre, osservate in
soli tre esemplari, vedi il gi-ande cratere del Fusco {Notizie 1896, pag. 185),
i vasi rodioti Pottier, Louvre tav. X. 3, XL 3; esse pol si hanno nei piü
antichi vasi raessapici derivati dal geometrico greco e specialmente da quelle
rodioto (Mayer. Roem, Mitth. 1897, p. 205 e 206^. Gli uncini od M, fomia
del Dipylon per eccellenza, adibita come rienipimento {Monumenti Istit.
vol. IX, tav. 39; Louvre ia.\. XX. 4, 5) qui appaiono sempre isolati e non a
grappi. I circoli concentrici, oltre che al Dipylon, anzi piü frequenti che in
esso, si hanno nel rodioto, nel ciprioto, sia inscritti in campi, corae in fascie
libere. ed applicati .sopratutto ad anfore che hanno la piü stringente affinita
<:olle nostre (fotogi-afie inedite comunicatemi dal sig. M. Ohnefalsch-l^ichter).
II i)ettine h una corruzione della ovvia serie di angoli ottusi. La forma ad S
si ha su idrie geometriche di Megara (inedite), nel boccale Conze, Anfaenge
der gr. Kunst tav. V. 3 ecc. II cane schematico non ha riscontri attesa la
sua forma estremamente rndimentale.
I,E NECKOPOI.I DI MCODIA ElHlEA 353
Hijdria. E la forma che segue da presso 1' anfora, ed e da
per se sola indizio di receuzioritä. Completamente sconosciuta nel
II e III per. siculo, essa appare negli strati piü recenti del IV
ed in quantitä relativamente scarsa. AUo Scifazzo, piü antico di
Licodia, nissima traccia di essa, e cosi a Lentiai ed al Finocchito.
\1 Oalvario tigura con parecchi esemplari; la decorazioiie im po'
^lBniinu^,rrua.s,ui<iiiTwriiarT>kiii
rcnniiifumn
m:::.
i'jnTfniginnvmmjrrnrn'miwinnMrtupiiiTiiji'mW"
Fir,. 67.
libera e capricciosa degli esemplari figg, 16, 17, 18, nei qiiali
vedesi impiegato anche im po' di color rosso, il sottrarsi al rigo-
rismo conservativo del geometrico elementare, applicato con tanta
monotonia alle anfore, deuota la sua piü tarda etä. Che essa sia
stata direttamente copiata da esemplari greci si dimostra anche
per ciö, che i quasi mille sepolcri di Megara hanno dato tre
grandi h^'drie ossuarie, che qiianto a forma in nulla si differen-
ziano dalle sicule, ma solo per la decorazione a vernice, applicata
non SU una copertura bianca, ma su di una tinta chiara dilavata.
Vaso a colonnette. Oltre dell' esemplare licodiese flg. 34, ne
conosco uiio piü antico della raccolta Galanti in Vizzini. Anche
questa e traduzione diretta delle forme analoghe del corinzio-italico.
(lell'attico, ecc.
23
354
P. ORSI
Scodelloiii. Associate all'aüfora e quasi iiumaucabili ;eompague
ad essa, le necropoli del IV per. ci hanuo dato centiuaia di sco-
delle, per lo piü grandi, di rado mezzane. mouo e biansate, con
X
Fig. 68.
labbro orizzontale od aggettante all' interno, qiialche volta7con
lievi costolature correnti intorno all'orlo. La decorazione molto
Fig. 69.
parca Consta di filetti e striscie orizzontali, qualche volta di Ser-
pentine (fig. 20), piü di rado di triglifi al labbro od al ventre
(fig. 49 e 50). La decorazione piü complessa vedesi nell'esem-
plare fig. 69 di prov. incerta.
Le grandi scodelle sono la forma di vaso piü diffusa ed usi-
I,E NECKOPOI.I UI I.ICODIA Kl.'HKA
355
tata nel III periodo siculo; nelle necropoli esse si contano a cen-
tinaia di esemplari. AI Finoccliito se ne ebbe qualche esemplare
decorato di meandri a punta {B.P.L XX, tav. IV. 6, 7; XXIII,
tav. VI, 11) ed accanto alle centinaia di esemplari riistici, manu-
fatti, si presentö qualche altro lavorato in creta tine, e toraito
(/y.P./, XX, pag. 258; XXIII, pag. 189) ed alcimi pochi con iina
decorazione tutta speciale ottenuta a sti-aliicido ed esprimente fe-
FiG 70.
stoni e girandole (o. c. XX, tav. V, 1, 2); perö nessim esemplare
del III per., se si eccettui uno di Tremenzano (o. c. XVIII, tav. II,
17), presenta quelle forme decorative che hanno largo sviluppo
nel IV, e le quali sono tolte dal geometrico greco ed applicate a
forme locali; cosi a mo' d' esempio i trigliti delle spalle sono co-
piati di sana pianta da quelli delle piccole tazze protocorinzie
geometriche {Notisle 1893, pag. 476). Non vedo quindi piü la
necessitä di derivare, come altra volta ho fatto {D. P. I. XX,
pag. 63), anche la forma del vaso da esemplari greci, sebbene
sappia che scodelloni consimili si hanno anche in Grecia (i) ap-
punto nel tempo dello stile geometrico.
(1) In Beozia {Jahrbuch 1888, pag. 330), al Dipylon {Athen. Mitth.
1893, tav. VIII. 3), a Cipro (fotografie inedite), e persino nella Caria [Athen.
Mitth. XII, pag. 226j.
356
P. OKSI
Askoi. Kik'viamo auzitutto che 1' askos, sconosciuto nel II per.,
ta la siia apparizione nel III, con numerosi esemplari manufatti
ed acromi, di piccole dimeosioni e di forma globare; accanto a sif-
fatti esemplari rustici se ne ha qualciuio, raro. di tecuica molto
superiore, e dipinto in uno stile miceneo-ciprioto ('). come I'esem-
plare del Finocchito, che qui a tig. 70, riproduco dal D.P.L XX,
tav. V, 3, e che e a fondo biancastro con decorazione brunastra.
Malgrado esso abbia tutta 1' apparenza di im vaso importato e
ciprioto. io propendo a crederlo di fabbrica sicula, imitante un ar-
FlG. <l.
ticolo estero. Ho giä dimostrato (-) che 1' askos non e forma si-
cula, ne italica, ma greca geometrica, iraitata poi da Siculi ed
Italici, e derivante, a quel che pare, dalla « Bügelkanne " micenea.
Dalle forme globari primitive, circa del sec. IX-VIII, passiamo
poi ad esemplari di grandi dimensioni, depressi, talora coperti
della sola tinta bianca, talora con fascie e motivi ovvi. I diie
esemplari che qui presento, di provenienza ignota, con diam. di
cm. 25 e 26 presentano elementi noti, ma combinati e complicati
in forma inusitata (fig. 71 e 72).
(') II l'atroni ne L'antica ceramica delVItalia meridionale, pag. 13
e 1 1, ha pure riconüsciuto relazioni con Cipro, e le spiega come reminiscenze
«l'-irarte egea, in quell' isola riinaste piü a lungo refrattarie alla civiltä greca.
(2j B.P.I. XX, pag. 60, nota 241; Patroni, Vasi arcaici delle Puglie,
col. 47.
I.E NECKOPOI.I DI l.KolilA Kl HKA
357
Oenochoal. II fiasco monoansato, di forme e sagome svariate,
con coUo ora sottile e luiigo, ora largo e tozzo, con bocca circü-
lare e solo molto piü tardo trilobata, e forma in uso nel II e
piü nel III per siculo; d'altro canto e inutile che io soggiunga
come la oenochoe fa parte del repertorio vascolare greco arcaicis-
simo. Tremenzano e Finocchito hanno dato, assieme a fiaschi ru-
stici, delle oenochoai di piccole diraensioni, di accurata fattura e
ben dipinte (/?. P. L XVII, tav. VII, 1; XX, tav. III, 8; IV. 13);
il pessimo stato della maggior parte di esse non lascia distin-
FiG. 72.
giiere, se i colori sieno matti od a vernice, ma nondimeno io
credo, che per riguardo alla terra finissima, la maggior parte di
esse sieno greche {B.P.I. XX, pag. 62; XXIII, pag. 190), e sic-
come tali forme mancano affatto nelle necrop. di Siraciisa e Me-
gara (i), se ne deduce che tali vasi vennero fabbricati ed intro-
dotti neir isola prima della fine del sec. VIII, o per Io meno che
furono confezionati per uso esclusivo dei barbari.
Vasetti di tale forma e disegno si ebbero sporadici nel sud-
est deir isola, e 1' esemplare greco che io qiii prodiico (flg. 73),
a. cm. 9, in niilla si distingue dalle produzioni sicule, se non nella
vernice brillante e nella creta polita e decantata. Invece allo im-
(') Un unico esemplare fra le varie migliaia di vasi di Mogara deriva
dal sep. 352, e puö essere reminiscenza eccezionale di uno stile e di una ce-
ramica giä estinti e fuori uso.
358
P. ORSI
pasto ed ai colori si tradisce per imitazione paesana 1' altro esem-
plare ^g. 56, del paro piccolissimo (a. cm. 10), da me raccolto
in iina grotta di M. Tabuto, il quäle colla zona di anitrelle e di
stellette e quello che fra tutti presenta il piü svariato assortimento
di elemeuti del geometrico (').
Licodia non ha dato piccole oenochoai ; ma solo esemplari un
po' grandi a fascie, tiletti e Serpentine, in parte importati, in parte
d' imitazione locale.
In coucliisione si arriva anche qui agli stessi risiiltati ; i Si-
culi possedevano giä il fiasco, che all' arrivo dei primi articoli
greci hanno alquanto moditicato, e
poi decorato con motivi tolti di
Sana pianta dal geometrico greco.
Pongo ultime e separate tre
oenochoai agrigentine (a, cm. 21 e
24), perche troppo distinte dalla
massa del materiale qui pertrattato.
La creta ne e depurata, di color ver-
dastro e bianco sporco ; i colori della
decorazione, matti. sono bruui nei
due primi vasi, rosso mattone nel
terzo e vennero applicati alla super-
ficie naturale del vaso, iion alla co-
pertura bianca, che qui manca. I vasi
(fig. 74, 75, 76), acquistati sul mercato antiquario di Gii'genti, mi si
assicura provengano dai dintorui della cittä, ed uno e di tanta fre-
schezza da poterlo credere imitazione moderna, ?e non presentasse
troppi caratteri di unitä cogli altri. Disgraziatamente non potremmo
trovarci a peggior partito per ciö che concerne la stratigrafia ar-
cheologica di Agrigento ; sappiamo appena qualche cosa delle nume-
rose necropoli sicule circostanti alla cittä, ma nuUa si e fatto per
esplorare convenienteraente quelle greche. ji per ciö che lo stu-
dioso trova qualche difücoltä nell' assegnare un posto ai tre vasi
(') Fregio di anitrelle in oenochoe di Caniiros (Jahrbuch I p. 135 =
Athen. Mitth. 1897 ]». 237) ed in esemplari importati dalle tombe a fossa
(leir Etruria {Monum. Instit. vol. X tav. X°, 6-8; X«» 21-23; vol. XII tav. III 4),
che in media salgono al VII secolo ed anche all' VIII. Veggasi per tale cro-
nologia l'importante articolo del Karo in BP. f. XXIV (1898) p. 144 e segg.
Fig. 73.
LE NKCUiil'OI.i L)l LirOüIA EIBEA
350
che qui si presentano; escliiso per ragioui tecniche che sieno greci,
per ragioni stilistiche che sieno prodotto di tempi tardi, non mi
resta che assegnarli all' indiistria sicula del periodo geometrico,
per quanto la regione agrigeutina, inesplorata, nulla abbia dato
tin qui che si avviciui al materiale del Finocchito. In ogui modo
se la mia assegnazione e, come credo, esatta, i tre boccali deno-
terebbero che uella parte meridiouale dell' isola il geometrico siciilo
ebbe imo sviluppo im po' diverso da quello del sud-est e del centro,
iu quanto ebbe maggior riech ezza
e varietä di forme ed un sentimento
piii vivace nella loro composizione.
Nel primo boccale troviamo di
fatto motivi se non al tutto nuovi,
rari per il geometrico dell'isola, non
per quello greco; i mezzi rombi a
linee interne e la stelletta appar-
vero una sola volta nei vasi üscr. 72
e 74, ma e noto come rombi e mozzi
rombi affrontati, talora a reticolato,
si trovino nel geometrico greco (da
Rodi Jahrbuch 1887 p. 137, nella
Carla Äth. Mitth. XII, p. 229);
la stelletta, munita di puntolini, e
ovvia nel protocorinzio geometrico
ed anche nel zoomorfo ; la fascia di
punti, sopra tutto orizzontale, tro-
vasi al Dipylon {Monum. Istit. ,
vol. IX, tav. 39). II motivo ad S
sotto r ansa lo abbiamo giä visto e studiato in precedenza.
Nel secondo vaso, due fascie a tremoli, conterminano la zona
centrale decorata della spirale « corrimi dietro ", la quäle nel geo-
metrico piü arcaico e rappresentata mediante circoli centrali uniti
da tangenti.
L' ultimo boccale presenta una decorazione piü complessa :
assieme ai tremoli abbiamo nella zona centrale dei riquadri rettan-
golari concentrici, con reticolati centrali e scacchieri a rombi, divisi
da liste verticali a clepsidre, il tutto a color rosso, che produce
r impressione di un vaso del Dipylon ; ed al Dipylon sono propra
Fig. 74.
3G0
I'. ORSI
tutti i motivi, all' infiiori di quello dei rettangoli inscritti, pel
quäle ho iin solo esempio in diie vasi di Rodi (Pottier Loiivre
tav. XII r, 2. 3).
Se da questi tre vasi sporadici volessimo trarre una induzione
.sul carattere del geometrico siculo nella regione agrigentina, diroi,
che pur avendo esso un fondo comune con quello delle parti cen-
trali ed orientali dell' isola, qui esso si svolse con maggiore origi-
ualitä e ricchezza.
Kylikes. Le necropoli di Siracusa e di Megara, ma special-
FiG. 75.
meute la prima, hanno dato un certo numero di piccole tazze, o
kylikes protocorinzie geometriche. decorate per lo piü sulle spalle
di triglifi, di tremoli o di serie di angoletti ottusi {Megara col. 864,
ma ancora inediti i pezzi piü caratteristici ; Notizie 1893 p. 467).
Lo stesso vaso si ebbe in una certa quantita al Finocchito (/?. P. I. XX
tav. IV. 10), e malgrado lo smarrimento dei colori io inclino a cre-
dere. per la qualitä della creta sopratutto, che si tratti di articoli
greci. Ed originali greci sono indubbiamente quelli di taluni se-
polcri di Licodia, nei quali e rimasta qualche traccia di vernice.
K perö certo che i ceraniisti siculi presero ad imitare anche questa
l.K NECUOPOM DI I.It ODIA KUHEA
3GI
forma, auraentandone iiii po' le dimensioni e riprodiicendone la sem-
plice ornamentazione.
Altre forme non hanno trattato nello stile nuovo i pentolui
indigeni; sono unici e di forma particolaro i diie vasetti figg. 77 e 78,
una pisside ed iina specie di cyathus, il priino dei quali presenta
m
Fig. 76.
anche ornamenU inusitati, perö non estranei al geometrico greco,
cioe r elica (ovvia negli aryballoi corinzii) e le clepsidre, o piene
0 tratteggiate.
Nota Sulla kylix a fascie n. e r. lipo fig. 52. Dei vasi greci
il tipo che si ripete cou maggior frequenza nei sepolcri dei IV pe-
riodo e quello della kylix a fascie n. e r. Di mediocri dimensioni,
con diametri di 13 a 14 cm., con strozzatura al labbro, piede rosso,
gambo non sviluppato, fasciata in nero nella raetii inferiore, mentre
la superiore conserva il rosso corallino della creta, interrotto sol-
tanto da im filetto, tale tipo monotono e costante si ebbe a diecine
362 s. ORSi
di eseniplaii a Lioodia, allo Scifazzo, a Vizzini, al Conventazzo ed
altrove; da eio arguisco che fosse im aiticolo di fabbrica gradito,
ricercato e di mite prezzo. L' identica tazza appare con minor fre-
mienza uelle necropoli greche di Megara e di Siracusa ; in questa su
circa 500 sepolcri, se ne ebbero soli quattro esemplari (n. 152, 179,
197, 353), associati in diie con vasi corinzii, in uno con oggetti
insiguiticauti; a Megara su quasi 1000 sep., 14 contenevano cosi
fatte tazze, e va notato che in due soli casi erano associate a leky-
thoi attiche di stile nero rigido, in tutti gli altri a vasellame co-
rinzio. Ciö per noi ha uua doppia siguificazione, cronologica e tecnica.
'-T-'V^i
ü
-^
-. •■■4,;
^^
Fig. 77.
Fig. 78.
La costante associazione colla ceramica cor, sviluppata ed eccezio-
nahuente colla attica n. rigida denota che tali vasi datano in circa
dalla seconda metä del sec. VII alla metä del VI (620-550 circa).
Con tale apprezzamento coincidono altri dati ; questa forma (Furt-
waengler 170) e assolutamente la piü antica delle tazze attiche,
porta assai di rado rappresentanze, e nei pochi casi esse sono di
uno Stile molto arcaico (Berlino n. 1753-55; Walters Brit. Mu-
seum vol. II. B. 379) ; e in somma il tipo che precede e prepara
la caratteristica tazza dei « Kleinmeister » della metä del sec. VI,
distinta dalla nostra, oltre che per dimensioni e decorazione, per l'alto
e sottil gambo che la sorregge. Questo per la cronologia.
Cerchiamone ora, se e possibile, la fabbrica. Fino a pochi anni
addietro sotto la vaga determinazione di attico si comprendevano
l)arecchie serie di vasi a f. n., che ora meglio studiati e raggrup-
pati vengono riferiti ad altre fabbriche. Furono sopratutto le sco-
I,K NKCROrOLI DI LICODIA ElUEA 363
perte asiatiche, appena iniziate, clie giä hanno portato inia mezza
rivoluzioue iiella classiticazione degli stili postmiceiiei, ed in segiiito
ad esse anclic il materiale delle necropoli siceliote dovrä essere
sottoposto ad una revisione. Ora gli scavi del Roehlau nella necro-
poli di Samos (') ci apprendono che lo stesso lipo di tazza, assieme
a molto materiale vascolare congenere, 6 uscito in buon nuniero dai
sepolcri dell' antica eittii ionica; ed egli piiittosto che attica viiole
che ionica sia la fabbrica, considerando specialmente come il ma-
teriale attico sia in Samos relativamente scarbo. lo trovo di ade-
rire a tale opinione, perche anche nelle necropoli piü arcaiche della
Sicilia la importazione attica e preceduta da quella di materiale
corinzio ed ionico, il quäle ultimo si afterma oltre che nella cera-
mica vascolare nelle terrecotte plastiche. Vasi genuinameute attici
pervennero anche ai Siculi, ma in minor quantitä ed in un momento
posteriore cioe alla fine del sec. VI.
Caratteri del geometrico Siculo. Esso trae la sua origine dalla
tine del III periodo, perocche nelle tombe piü antiche di questo,
e nel II, i decoratori vascolari, che poi erano i vasai stessi, ado-
peravano la tecnica a punta, oppure una tinta monocroma a stralu-
cido; i vasi micenei. introdotti in quantitä limitata ed in pochis-
simi scali della costa Orientale (sin qui sono accertati soltanto a
Siracusa e Thapsos) non determinarono alcun movimento d' imita-
zione nella decorazione cromica; tu solo nel sec. VIII, forse anche
alcuni lustri prima dell' impianto delle piü antiche colonie, che
r introduzione di vasi geometrici greci, diffusi tra i Siculi montani,
diede il primo impulso ad imitarne cosi la forma, come la deco-
razione. Questa evoluzione della ceramica locale sotto 1' azione di
quella greca prende un movimento piü deciso ed accelerato nel
sec. VII, tanto che in questo e nel seguente la facies del vasel-
lame siculo e completamente cambiata e 1' antica ceramica acroma
e rozza scompare per intero. L' associazione dei vasi geometrici a
copertura bianca con vasi greci, dello stile geometrico, corinzio e
nero, con bronzi, argenterie e tibule greche arcaiche, la quasi asso-
luta raancanza di vasi di stile rosso, dimostrano con sufficiente
esattezza in quäle epoca sia sorto questo nuovo stile locale, quanto
abbia durato, quando siasi estinto.
(^j Buehlau Am ionischen und italischen Nekropolen ia.\-. VII. 21 e 24;
pag. 150.
364 p. oRsi
II geometrico siciilo nasce e si svihippa dal geometrico greco,
ed ha molteplici attinenze col ciprioto; alle forme greclie esso resta
costantemsüte ligio ed attaccato. Assai meiio libero del geometrico
deir Italia meridionale, che sorto in ambiente piu propizio, ebbe
diversitä di origine e di sviluppo, ed impiilsi proprii ('). meno libero
del geometrico dell' Etruria, che pedissequo dapprima alle forme
greche (-), si svolse poi con molta indipendenza di forme vasco-
lari come di disegno, il geometrico siciilo rimase per oltre a due
secoli immobile e cristallizzato, nel suo angusto repertorio di forme
lineari. seuza muovere uq solo passo in avanti; nou seppe trar
partito di elemeuti vegetali, uon osö la figura animale ; ne quella
umana. Ne a ciö gli maucavaiio gli esenipi, perche vasi corinzii ed
attici, sia pure di qualitä scadeate, arrivavano anche in mezzo ai
Siculi montani, e ne dan prova le necropoli di Hybla Heraea e
di Licodia. E qui sta appunto 1' inferioritä del geometrico siciilo;
monotona, immobile, incapace di progresso coi primi lustri del
sec. V la ceramica siciila scompare interamente, cedendo il posto
a quella greca, che ha invaso tutti i mercati barbarici dell' isola.
Almeno nello stato attuale delle ricerche archeologiche credo che
dopo tale epoca non sia piü il caso di parlare di vasi siculi e di
una civiltä specificamente sicnla, avendo la ceramica e la civiltä
greca profondamente compenetrato 1' ambiente locale, pur non riu-
scendo a cambiarne la lingua, ma solo a grecizzarlo, non a farlo greco.
VII. II quarto periodo Siculo.
E appunto lo studio della ceramica geometrica locale, che di
necessitk ci ha condotti a costituire un nuovo periodo di civiltä
C) II Patron! Monum. antichi dei Lincei VI p. 386 e segi^. ha forse im
])o' caricata la influeiiza della decorazione micenea nelle origini dello stile
messapico, il quäle e pero cosa afFatto diversa dal geometrico siculo.
('■') E sorprendente la affinitä tra alcuni nei nostri vasi geometrici ed altri
d<,'ir Etruria delle tombe a fossa (Barnabei, Antichitn del territorio falisco I
flg. 125, 137-140) se non per la forma, per la tecnica del colore e per la de-
corazione, dovuta, in parte almeno, alle stesse cause efficienti, ciot; all' im-
portazione protogreca, e forse anche cipriota (Milani Museo topografico del-
V Etruria p. 80). Del resto questa dell'azione cipriota cos'i in Sicilia come
in Etruria resta anci-ra un punto alquanto nebuloso, che avrebbe bisogno di
una ricerca miiiuta e bene approfondita.
I.K NKrKf'l'ÜI.I I>I MCOÜIA. KIHEA 365
insulare, di cui il vasellame costituisce la caratteristica piü saliente
e precipua. Gli addentellati di questa Duova fase. ora per la prima
volta ricouosciuta, colla precedente rappresentata nel modo il piü
completo dal Finocchito, furono piii volle indicati nel corso di
qiiesta memoria. Qiii poi la ricerca archeologica interviene in aiuto
della storia; e malgrado manchi ancora una storia critica dei Siciili
dope la coijquista greca, sappiamo che le tribü costiere, indipen-
denti sino alla tine del sec. VIII, espiilse dallo marine e ritiratesi
nei monti, andarono a rintbrzare quelle che da un tempo vi abi-
tavano; sono questi Siculi montani che dal 700 in poi lottano coi
Greci, contendono loro il paese, ma tiniscono per diventare, se non
sudditi assoluti, vjn]xooi, tributari. Ma piü che alla potenza mili-
tare greca essi cedono alla conquista della greca civiltä; Licodia
ci dimostni quäle trasforraazione abbia subito non il rito funebre,
limasto pressocche invariato, ma il lipo dei sepolcri, ed il gusto
neir ornamento della persona; la suppellettile decorativa e tutta
greca, greca la ceramica migliore, imitante 11 geometrico greco la
ceramica indigena. E ima coudizione di cose che dura dalla fiue del
sec. VIII alla prima metä del V, e della quäle non vi e il piü
piccolo ricordo negli scrittori greci, che dei Siculi parlano solo
quando si tratti di guerre o di alleanze ; e una riflessione del pro-
cesso lento ma continuo di ellenizzazione dell' ambiente e del co-
stume dei Siculi, i quali in una sola cosa pare sieno rimasti
refrattarii, cioe nella liugua e nella grafia. II greco fu certamente
accettato e conosciuto dalle classi colte ed adottato nelle relazioni
politiche colle grandi cittä elleniche; prova ne sia che al prin-
cipio del sec. V appariscono le prime litre d' argento. emesse da
cittä sicule, ma con leggenda greca; invece non abbiamo potuto
rintracciare sin qui il piü piccolo monumento della liugua di questo
popolo, lingua che si crederebbe refrattaria alla traduzione in segni
grafici, se durata in uso per tauti secoli, lino alla conquista romana,
non venne mai consegnata in un monumento epigrafico qualsiasi.
La simmachia sicula costituita da Ducezio poco dopo il 459,
la lotta nazionale da lui guidata contro Siracusa ed A^risrento,
malgrado 1' esito infelice, sono 1' unica solenne aft'ermazione poli-
tica di questo popolo oscuro e senza storia, la cui umile civiltä
indigena, rivendicata dall'archeologia, appare tin dalle sue remote
fasi soggetta ad iufluenze transmarine, poi a quelle egeo-miceuee.
366 P. ORSI, LE NEGROPOLI ÜI LICODIA. EUBEA
piü tardo all' azione greca dei pieni tempi storici, che finisce per
attrarla nella sua orbita ed assorbirla completamente. E, credo. col
secolo V, che la civiltä sicula perde 1' ultima traccia di indipen-
denza, per grecizzarsi completamente.
Confidö che gli archeologi apprezzerauno questo primo teüta-
tivo di sintesi della ceramica geometrica sicula, lin qiii piü che
negletta, oscura e sconosciuta ; eppiire essa meritava di essere stu-
diata, se non per la bellezza e varietä delle forme, per ciö che essa
rimane nel raggio d' influenza del geometrico greco da cid emana.
Storicamente poi essa rappresenta un episodio evidente della con-
qiiista della Sicilia sicula per opera della civiltä greca. Resterä
ancora a studiare il prodotto di nuovi scavi, ad esumare il mate-
riale disperse e nascosto in collezioni italiane ed estere, ma ho fede
di aver gettato con esattezza le linee cronologiche, basandomi non
SU pezzi sporadici ed incerti, ma sul prodotto di scavi sistematici
e SU esatte osservazioni.
Siracusa, 10 agosto 1898. P. Orsi.
Nota. Finita la stampa della presente memoria, mi capitö tra
raano im opuscoletto di Em. Sinatra : Echella in Oceiila (estr. dal
Giornale Letterario di Palermo n. 236, a. 1842); alla pag. 11
si dice che nelle fonti arabe viene menzionato un « casale di Eu-
biah » posto vicino a Mineo e ad Hilcetlah, che sarebbe Echetla.
L' autore non cita affatto la fönte cui attinse, e la sua notizia sa-
rebbe di molto valore per la topografia antica, anzi contrariamente
a quanto ho sopra esposto, rivendicherebbe la identificazione di
Licodia con Euboia.
Conviene perö procedere con somma circospezione, sapcndosi
come prima dell' Amari la storia degli Arabi di Sicilia fosse in
buona parte basata su fonti spurie, o interamente inventate, o pes-
simamente lette; veggasi perciö lo stesso Amari, Storia dei Ma-
SiUriiani di Sicilia, vol. I, p. X e segg. Avendo esaminato tutti
i buoni testi arabi, non che la citata opera fondamentale, non vi
ho trovato affatto menzione di questo Eubiah. sieche devo credere
che il Sinatra abbia attinto a qualche fönte spuria, forse al fal-
sario Vella, e per ciö la sua notizia non ha valore di sorta.
P. 0.
PANTELLEKIA.
Die ersten kurzen Nachrichten über die Altertümer der Insel
Pantelleria verdanken wir G. dalla Rosa('), der dieselbe im Jahre
1870 besuchte. Vier Jahre darauf wurde von Seiten der Commis-
sione di antichita e belle arti di Sicilia eine archäologische Expe-
dition dorthin unternommen, deren Resultate von Cavallari (-) ver-
öffentlicht wurden. Später untersuchte G. Vayssie abermals die
prähistorischen Grabbauten der Insel und berichtete hierüber 1894
in der (mir nicht zugänglichen) Revue Tuniüenne (^). Auf dies
hin wm-de von der italienischen Regierung der Direktor des ar-
chäologischen Museums in Syrakus Paolo Orsi mit einer wissen-
schaftlichen Mission nach der Insel betraut, der zu Ende des
Jahres 1894 vierzig Tag dort verweilte und besonders die prähi-
storischen Altertümer eingehend erforschte. Ich habe im Mai und
Juni des Jahres 1897 während meiner dreiwöchentlichen Anwe-
senheit auf Pantelleria die Altertümer in den verschiedenen Teilen
des Landes von neuem untersucht und teile hier meine Beobach-
tungen mit, nachdem Orsi bisher nicht mehr als eine kurze
vorläufige Anzeige veröffentlicht hat (^). Herrn Dr. Orsi und Herrn
Dr. Giuseppe Errera in Pantelleria, die mir in entgegenkommend-
ster Weise mit Rat und That behilflich waren, sei hier der ge-
bührende Dank ausgesprochen.
(1) Abitazioni deWepoca della pietra nelVisola Pantellaria. Parma 1871.
15 S. mit Tafel (mir nicht zugänglich) und una gitaalVisoladi Pantellaria
im Archivio per V anlropoloc/ia IL (1872) S. 138-150 mit Abbildungen, vgl.
Materiaux pour Vhistoire primitive de Vhoinme 1873 S. 117 f. mit J5/. XII.
(2) BulUttino della commissione di antichita e belle arti di Sicilia
Nr. 7. Parte prima. Scavi e scoperte 1874. S. 23-32 mit Taf. VI-XI.
(3) S. 104 if.
{*) In den Notizie degli scavi 1895 S. 240.
3tit<
A. MAVll
Die Insel Pantelleiia. von den Phöuiziuru u;"'i'K, von den
Griechen und Römern KoaaiQo^, KoaavQu, Cossura genannt, liegt
in der siciliscben Meeresstrasse, etwa in der Mitte zwischen Afrika
und Sicilien. Sie hat länglich runde Gestalt, ist bei einer grössten
Breite von etwa 8 Kilometern ungefähr 14 Kilometer lang und
zählt gegenwärtig etwas über 7000 Einwohner. Ihre Lage ist eine
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Fig. 1.
ausserordentlich günstige. Pantelleria ist der natürliche Anlege-
platz bei der Ueberfahrt von dem westlichen Sicilien nach Afrika ;
der Kurs fast aller Schitfe, die vom westlichen Mittelmeerbecken
oder von Tunis aus nach Osten fahren, führt an dieser Insel vorbei.
Aber das Meer in dieser Gegend ist ausserordentlich stiü-misch
und brandet mit einer im Mittelmeer seltenen Heftigkeit auch
in der besseren Jahreszeit, gegen die felsigen Ufer. Die Küste ist
rauh und steil, an vielen Stellen senkrecht in das Meer abgebro-
clien. Die kleinen Landungsplätze, meist nur für Fischerkähne
PANTEI.rERIA 369
i^eeignet, sind in der Regel auch vom Lande aus schwer zugäng-
lich; nur an der Nordwestspitze der Insel befindet sich ein für
kleinere Schiffe geeigneter Hafen. Rauh und schwer zugänglich ist
auch das Jnuere. Die Insel ist ganz aus vulkanischen Massen auf-
gebaut und besteht aus einem bis 886 m. ansteigenden Central-
gebirge, der Moatagaa Grande, um das sich niedrigere Bergkegel
gruppieren. Zahlreich sind die erloschenen Krater ; von den schrof-
fen Abhängen der ehemaligen Vulkane ziehen sich hier und dort,
niedrigen Höhenrücken vergleichbar, die steilen Massen erstarrter
Lavaströme zum Meere hin. Die anbaufähigen Thäler nnd Ebenen
haben beschränkten Umfang. Nur im nordwestlichen Teil der Insel
sind grössere gegen das Meer zu geneigte ebene Strecken, wo trotz
des völligen Mangels an Quellen und des spärlichen Regens üp-
pige Fruchtbarkeit herrscht. Ausser etwas Getreide und Wein
bilden Rosinen heutzutage das wichtigste Erzeugniss der Insel.
Auf den Höhen trifft man immer noch einige nicht unbedeutende
Bestände von Pinien und Oliven neben grösseren mit Buschwerk
bewachsenen Strecken. Die Vulkane von Pantelleria sind zwar
jetzt alle erloschen, doch äussert sicli die vulkanische Kraft nocli
in Dampfausströmungen und warmen Quellen und hat noch im
Jahre 1891 zu einer submarinen Eruption in der Nähe der heu-
tigen Stadt Pantelleria geführt.
Die ältesten Spuren der Bevölkerung von Pantelleria haben
sich im nordwestlichen Teil der Insel erhalten, im wilden Lavafeld
der Cimelien, das sich von dem Vulkan Gelkhamar aus 1-1 i Ki-
lometer weit bis zum Meer erstreckt. Es ist eine äusserst rauhe,
zum Anbau fast völlig ungeeignete Felsenlandschaft, erfüllt von
seltsam geformten schwarzglänzenden Obsidianfelsen. Gegen das
Meer zu fällt das Land in einer Höhe von 20-30 m. steil ab,
seine äusserste Spitze wird durch den Absturz der schwarzen Felsen
von Capo Fram gebildet.
Am nordwestlichen Endpunkt dieses Gebietes tritt zwischen
zwei kleinen Buchten ein Plateau in das Meer vor. Es fällt schroff'
etwa 25 m. gegen das Meer, steil auch im Norden zur Ebene von
Mursia ab, während es im Süden durch eine kleine Thalsenkunsf,
die von der einen dieser Buchten {Calci dell'Älca) landeinwärts
zieht, vom übrigen Teil der Cimelien getrennt wird. Dies ist der
Platz, den die ältesten Bewohner der Insel zu ihrer Zufluchtsstätte
•24
370
MAYR
auserseheo hatten ('). Ei- bedurfte uur im Osten, wo übrigens durch
die Rauheit des mit Lavablöcken übersäten Terrains der Zu^-ani'
erschwert war, einer künstlichen Befestigung. Diese wurde durcli
«inen gewaltigen Steinwall hergestellt, der hier nach der Land-
:*eite zu das Plateau abschloss. Doch waren auch die von Natur
.'ißese ßa.um-^e^ \
Fig. 2.
soo nt
weniger gesicherten Teile der Südseite und der Nordseite in ähnli-
cher Weise geschützt. Die so begrenzte Fläche, welche leicht gegen
das Meer zu geneigt ist, misst nicht ganz 200 m. in der Länge
und etwa 80 m. in ihrer grössten Breite. Sie wird gegenwärtig
in der Richtung von Norden nach Süden von einem Fusssteig
C) 8. iinsere nach iler Karte des ital. htituto topografico müitare lici-
gestellte Skizze Fig. 2.
l'ANTEI.r.KItIA p,71
durchschnitten, dessen Aufgang von Norden her im Altertum wohl
den einzigen Zugang /u dieser Festung gebildet hat. Am besten
erhalten und am grossartigsten angelegt ist der Wall auf der Ost-
seite, wo er in einer etwas gekrümmten Linie verläuft. Auf der
Aussenseite hat er eine sehr starke Böschung. Nach Cavallari, der
zuerst diese Befestigung untersucht hat('), betrügt seine gegenwär-
tige Höhe 15 m., seine Dicke im obersten Teil etwa 6,50, m. die
Dicke an der Basis etwa 10 m. Man bemerkt deutlich, dass der
Wall auf seiner Aussenseite in einzelne Abschnitte gegliedert ist,
welche in der Form von sehr flachen Kreisbögen vorspl-ingen. Auf
der Ostseite unterscheidet man 5 solcher Abschnitte von 5-18 m.
Sehnenlänge. Die Nordostecke der Befestigung ist schlecht erhalten.
Der Wall war hier in einer Kundung umgebogen und setzte sich
auf der Nordseite des Plateaus über den hier steil abfallenden
Felsen noch eine Strecke weit fort, ursprünglich wohl bis zu dem
Punkte, wo der heutige Saumweg die Anhöhe erreicht. Der Wall
ist hier weniger gut erhalten und war bei der natürlichen Sicher-
heit dieser Seite von vornherein von geringerer Mächtigkeit. In
ähnlicher Weise war die Südseite des Plateaus in ihrem östli-
chen Teil bis zum Terrainabfall über der Calci dell'Alca geschützt.
Auch bei diesen Teilen des Walles lassen sich einzelne bogen-
förmige Abschnitte in der Aussenseite wahrnehmen. Die Südostecke
der Umwallung war durch einen halbkreisförmigen turmartigen
Vorsprung gebildet, der in seinem unteren Teil noch wohl sichtbar
ist und einen Durchmesser von etwa 10 m. hat. Derjenige Teil
des Plateaus, welcher von dem beschriebenen Wall umschlossen
ist, ist der höchstgelegene und war wohl der wichtigste Platz in
der ganzen Befestigung. Dagegen ist es ungewiss, ob auch die
untere Hälfte des Plateaus, die zum grössten Teil steil in das Meer
abstürzt, durch Mauern oder Wälle befestigt war. Die Bucht Cala
(Idl'Alca, die nur kleinen Booten Schutz und Landungsstelle ge-
währt, war in die Befestigung nicht miteinbezogen worden.
Das bei dem W^alle verwendete Material besteht aus Obsi-
dianblöcken von geringen Dimensionen, wie man sie in grosser
Menge überall in dieser Gegend herumliegen sieht. Mau hat sie,
(0 A. a. 0. S. 28 f; auf Tafel XI gibt Cavallari eine Ciesaimutausicht
des östlichen und (zum grössten Teile auch) des südlichen Teils vom Walle.
372 A. MAYK
ohne sie zu bearbeiten, und ohne irgend ein Bindemittel zu ge-
brauchen, aufeinander geschichtet. Während auf der Innenseite
dieser Wälle, soviel man jetzt sieht, die Steine ganz ordnungslos
aufgehäuft sind, hat man die Aussenseito in sehr sorgfältiger
Weise konstruiert. Jeder der bogen tVirm igen Abschnitte, welche die
Aussenseite bilden, besteht aus mehreren Steinmänteln von ge-
ringer Dicke, welche einander ursprünglich vollständig umschlossen.
An den zerstörten Stellen bemerkt man. dass nicht nur die äussere,
sondern auch die darunter befindlichen Steinschichtungen ihre be-
sondere Fassade hatten. Die Steine sind hier meist so gelegt, dass
sie eine verhältnissmässig ebene Fläche nach aussen kehren ; sie
passen ziemlich genau aufeinander; grössere Lücken sind durch
kleine Steine ausgefüllt. Bei der Leichtigkeit des Materials ist
die Festigkeit der Fügung besonders bemerkenswert. Auf das
Bestreben, der Aussenseite des Walles möglichst grosse Festigkeit
zu geben, wird man es wohl auch zurückführen müssen, wenn man
I'ANTEM.KUIA 373
diese in eiiizi-hieu bogenförmigen Abschnitten statt in fortlaufender
Linie angelegt hat (').
Im Innern der beschriebenen Befestigung bemerkte Cavallari
Steine, die in einer gewissen Ordnung gestellt waren, und ihm
Reste von den Grundmauern eines Gebäudes zu sein schienen.
Orsi hat innerhalb der Umwallung Ausgrabungen veranstaltet und
hieböi die Reste von in roher Weise gebauten Wohnungen {tracce
di capanne in rozza muratiira) nebst zahlreichen bearbeiteten
Obsidiansplittern, bearbeiteten Knochen, vielen Bruchstücken von
groben Thongefässen gefunden.
Von der Höhe dieser Wälle sieht man aus der Felswildnis
der Cimelien niedrigen, runden Türmen vergleichbar die Sesi
aufragen. Diese eigentümlichen Monumente finden sich, teils einzeln,
teils in Gruppen, im ganzen westlichen Teil der Cimelien. Die
nördlichsten trifft man bereits in geringer Entfernung östlich von
der Befestigimg, die südlichsten sah ich da, wo der heutige Saumweg
nahe der Küste aus den Cimelien in die Strandebene von Suvachi
hinabführt. Cavallari fand nur zwischen der Befestigung und dem
Capo Frara 22 Sesi, Orsi gibt ihre Zahl auf 50 an. Doch be-
schränken sich diese Bauwerke auf die Gegend der Cimelien; in
anderen Teilen der Insel konnten sie bisher nicht festgestellt
werden (-). Auf diese Monumente wurde zuerst von G. dalla Rosa
die Aufmerksamkeit gelenkt, der im IL Band des Arehivio j^er
l'AntrojJologia e l'Elnologia in kleinem Massstab die Abbildungen
und Grundrisse von 29 Sesi gibt, welche freilich zum grössten Teil
nicht durch ihn selbst untersucht wurden. Eingehender hat sich mit
den Sesi Cavallari beschäftigt, dessen Angaben hier durch weitere
an Ort und Stelle gemachte Beobachtungen ergänzt werden sollen.
Ich richtete mein Augenmerk zunächst auf den grössten aller
Sesi, den etwa 300 m. in südöstlicher Richtung von der Befe-
stigung entfernten Sese grande(^). Er hat das Aussehen eines
(') S. Fig. 3 die Ansicht des östliciien Teils vom Befestigungswall
(Aussenseite).
(2) Ueber die Lage der Sesi vgl. die Kartenskizze bei Cavallari a. a.
0. Taf. III u. Carta topografica delV isola di Pantelleria alla scala di 1:10000
Blatt I {Istituto topogr. miliiare).
P) Photographien der Ost-und der Westeite dieses Seso bei Cavallari a-
a. 0. Taf. IX u. X; die Ostseite gibt unsere Photographie Fig. 4.
:}74
>!AYK
massigen Kegels. Auf alleu Seiten steigt er i:i leichter Böschung
an; ungefähr nach dem ersten Drittel der ganzen Höhe tritt die
Fassade um etwa '/g m. zurück, so dass eine ringsherumlaufende
schmale Plattform entsteht, die etwa einem Treppenabsatz gleicht.
Ungefähr einen Meter über dieser Terrasse befindet sicii eine
zweite von derselben Art. Von da ab wird die Böschung der Aus-
senwand eine stärkere, indem sich der Sese allmählich nach oben
l-'lG 4.
zuwölbt. Der oberste Teil ist zwar nicht erhalten, doch hat os
den Anschein, als ob dieser in Form einer Kuppe abgeschlossen
gewesen wäre. Die Aufbauten, die man gegenwärtig auf dem Gipfel
sieht, sind modern und rühren von Hirten her. Im untersten Teil
des Sese öffnen sich rundherum kurze Gänge, die man nur krie-
chend passieren kann. Diese führen in kleine runde Kammern,
welche durch eine Art Wölbung überdeckt sind und untereinander
in keiner Weise in Verbindung stehen. Nach Cavallaris Angaben
sollen sich diese Eingänge auf drei Etagen verteilen, welche durch
die schmalen herumlaufenden Terrassen (reschieden würden, und
l'A.NTI'l I-l:;i{lA 375
zwar soll nach seiner Darstellung der unterste Teil des Gebäudes
unmittelbar über der Erde 9, der mittlere 5. der oberste 3 Ein-
gänge und Gemächer enthalten. Dem ist aber, wie eine genauere
Betrachtung des Denkmals lehrt, nicht so. Die Eingänge offnen
sich alle teils unmittelbar vom Felsboden aus, teils in geringer
Höhe über demselben. Allerdings liegen sie nicht alle auf dem-
selben Niveau; aber diese Niveauunterschiede, welche in der Une-
benheit des Felsbodens ihren Grund haben mögen, sind nicht der-
art, dass man von verschiedenen Etagen reden kann: insbesondere
muss hervorgehoben werden, dass alle Eingangsötfnuugen unterhalb
der ersten Plattform sich befinden. Solcher Eingänge können 11
gezählt werden. Die Kammern, welche alle in ihrem Grundriss
rund, aber meist nicht regelmässig kreisförmig sind, haben einen
grössten Durchmesser von etwa 2 m,; in der Mitte derselben kann
ein Mensch zur Not aufrecht stehen ('). Auf der Westseite des
Sese sieht man noch deutlich, dass derselbe hier auf einem brei-
teren, gleichfalls runden Unterbau ruht; die Eingänge ört'nen sich
hier nicht auf den Boden, sondern auf eine 1-2 m. breite Ter-
rasse, welche sich teilweise bis 1,70 m. über den natürlichen
Felsboden erhebt.
Abgesehen von den Gängen und Kammern ist der Sese voll-
kommen massiv und besteht im Innern aus regellos geschichteten
Obsidianblöcken. Nach aussen zu hat mau dieser Steinmasse eine
Fassade gegeben, welche ebenso wie bei dem benachbarten Befesti-
gungswall gebildet war. Auch hier besteht sie aus unbearbeiteten,
ohne Bindemittel, aber sorgfältig aneinander gefügten Steinen, welche
in ihrem Zusammenschluss eine gleichmässige Fläche herstellen.
Dies ist der eigentliche Kern des Bauwerks; er ist von einem
0,90 m. dicken Steinmantel umhüllt, dessen in derselben Weise
gebildete Aussenseite die eigentliche Fassade des Sese darstellt.
Bei den Eingangsöffnungen und Gängen waren grössere und regel-
mässigere, aber gleichfalls nicht bearbeitete Steine verwendet. Die
(1) Es finden siih indes in den Dimensionen dieser Räume kleinere Ver-
schiedenheiten. Cavallari giht für diesen Sese folgende Masse: im untersten
Teil 22 m. im Durchmesser; die grüsste Breite der sich nach oben zu etwas
verengenden Eingänge beträgt 0,75 ni., ihre Höhe 1,10 m. Ein Gang, den C.
gemessen hat, ist 3,70 m. lang; bei der dazu gehörigen Kammer beträgt der
grössere Durchmesser 2 m., der kleinere l,7i* m., die gröbste Höhe etwa 2 m.
376
A. MAVR
Decke der Gänge bildea platten förmige St3iDe. welche horizontal
über die etwas einander zugeneigten Wände gelegt sind. Die
Kammern sind in der Regel durch eine Art von Gewölbe über-
deckt, das durch übereinander vorkragende Steine gebildet ist.
Indess iat ein bestimmtes Svatem bei dieser überaus rohen Gewöl-
bekonstruktion nicht erkennbar; man hat die Steine in ganz unre-
Fir,. 5
gelmässiger und zufälliger Weise aufeinander gelegt und unter sich
verkeilt (').
Ausser dem Sese grande konnte ich nur noch eine geringe
Anzahl von Sesi genauer untersuchen. Im allgemeinen hat offenbar
Cavallari recht, wenn er behauptet, dass bei allen Sesi die Konstruk-
tionsweise dii gleiche ist, und der Hauptunterschied zwischen den
(') Ansicht eines solchen Gewölbes bei Cavallari a. a. 0. Taf. VI Fig. 2;
Joch ist die Lagerung der Steine in Wirklichkeit viel unregelmässiger; man
kann keine einzelnen Lagen von Steinen unterscheiden. Auf Taf. VI auch
I'lan und Durchschnitte einer Kammer mit Gangr.
l'ANTKI.I.I KIA
377
einzelnen in der verschiedenen Grösse und der daraus sich ergeben-
den grösseren oder geringeren Zahl der Gänge und Kammern be-
steht. Immerhin kommen auch sonst kleinere Verschiedenheiten
vor. Nur noch bei einem einzigen ziemlich grossen Sese sah ich
das Massiv gebildet durch einen innern Steinkern und darum
gelegte Steinmäntel; bei kleineren Sesi konnte ich von letzteren
nichts wahrnehmen. Auch trifft man die kleine Plattform über den
p]ingängen nicht bei allen an. In den Dimensionen der Kammern
Fig. i!
und Gänge finden sich gleichfalls zwischen grösseren und kleineren
Sesi nicht ganz unerhebliche Unterschiede ('). Aber überall be-
(') Bei einem der grösscTen Sesi (s. Photographie Fig. 5) mass ich
eine Höhe von etwas über 4 iii. Er hat vier (noch sichtbare) Eingänge. Ein
<jiang ist hier 3,50 m. lang, 0,65 m. breit, 1,20 in. hoch; der grösste Durch-
messer der dazu gehörigen elliptischen Kammer misst 2,50 m., der kleinste
1,90 m., die grösste Höhe derselben 2,30 m. Einer von den kleinsten Sesi
(s. Photographie Fig. 6) hat noch eine Höhe von etwa 2,50 m. Von seinen
5 Eingängen ist einer 1 m. lang und 0,00-70 m. hoch, die dazu gehörige
Kammer hat einen Durchmesser von 1,50-1,65 m. und eine grösste Höhe
von etwa 1,45 m. Dieser Sese hat einen etwa 0,50 m. hohen Unterbau
der um etwa 0,60 m. auf allen Seiten unter demselben vorspringt und so
eine ebenso breite Terrasse bildet, aufweiche die Gänge ausmünden. Bei einem
anderen kleinen Sese hat ein Gemach nur einen Durchmesser von 1,40 ra.
Cavallari bemerkt, dass die Sesi oben einen altarähnlichen Aufbau hatten:
ich konnte nirgends etwas davon bemerken.
378 A- MAYK
merkte ich, dass die Eingäuge und Kamnieiü im untersteD Teil
des Sese ihre Stelle haben ; das gleiche ersieht man auch aus den
Abbildungen. ^Yelche dalla Rosa gibt. Nirgends befinden sie sich
in verschiedenen Etagen übereinander. Die Abbildungen bei dalla
Rosa lehren, dass viele Sesi auf einem breiteren niedrigen Unterbau
errichtet sind, der gleichfalls rund ist. und der ollenbar dazu diente,
die Unebenheiten des Felsbodens auszugleichen. Die Gänge öffnen
sich in diesem Fall erst auf der Höhe dieses Unterbaues, dessen
Oberfläche eine ringsherumlaufeude schmale Plattform bildet. Den
oberen Teil fand ich bei keinem Sese erhalten. Es scheint aber zwei-
fellos, dass er in der Form einer flachen Kuppel endigte.
Dalla Rosa hatte die Sesi für Wohnungen erklärt; aber die
geringen Dimensionen der isolierten Kammern und der Mangel an
Licht und Luft in denselben schienen schon Cavallari dafür zu
sprechen, dass dieselben ursprünglich zu Grabstätten gedient hätten.
Den sicheren Beweis, dass in den Sesi Grabanlagen zu erblicken
sind, hat Orsi (') erbracht, der in einem dieser Monumente noch eine
Kammer in unberührtem Zustande und darin ein Skelett und Thon-
gefässe vorfand. Die Frage, wie die Leichen beigesetzt wurden,
lässt sich mit dem vorliegenden Material noch nicht entscheiden;
indes ist es bei der geringen Grösse einiger Kammern nicht ganz
wahrscheinlich, dass die Leichen in der natürlichen liegenden
Stellung bestattet wurden. Nachdem die Bestimmung der Sesi er-
wiesen ist, erklärt sich ihre Herstellung auf einfache Weise. Ueber
den rundlichen mit niederen Zugängen versehenen Grabkammern
hat man, offenbar um für die Toten ein Mal aufzurichten, einen
mehr oder weniger hohen Steinhaufen getürmt, ebenso wie man in
anderen Ländern den veränderten Bodenverhältnissen entsprechend
einen Erdhügel über dem Grabe aufwarf. Um dieser aus sehr leichtem
Material bestehenden Steinmasse Halt und Festigkeit zu verleihen,
hat man ihr dann eine sorgfältig konstruierte Fassade gegeben.
In der prähistorischen Ansiedlung. welche der Befestigungswall
umschloss, sowie in einigen Sesi sind von Orsi Gefässüberreste ge-
funden worden, welche durch ihn ins ]\Iuseum von Syrakus gelangt
sind. Diese Gegenstände sind noch nicht veröffentlicht und sollen
hier nur kurze Erwähnung finden. De: röthlicli braune Thon. aus
n
{'j Xollzle deijli acavl a. a. ().
PAMKM.KUIA 871'
dem sie gefertigt siud, ist in dei- Regel sehr grob und stark mit
fremden Bestandteilen vermischt. Von Anwendung der Töpfer-
scheibe bemerkt mau keine Spur. Die Technik ist eine ziemlich
rolle. Die wenigen Gefässe, die sich ganz erhalten haben, kleine
Tassen. Schüsseln, einhenklige Kännchen, ein doppelhenkliger
Krug, zeigen keine besonders charakteristischen Formen. Ornamen-
tierung fehlt fast ganz ; in einem einzigen Fall sah ich auf einem
Scherben ein ganz einfaches Zickzackornament eingraviert, einige
Male beoierkt mau zwischen den Henkeln oder unter dem Gefäss-
rand warzenförmige Vorsprünge, die gleichfalls ornamentalen Zweck
gehabt zu haben scheinen. Ausser diesen üeberresten von Thonge-
fässen fanden sich noch innerhalb der Befestigung kleine durchbohrte
Thonkugeln aus Stein, zugespitzte Knochenstücke und eine grössere
Anzahl von Obsidianstücken mit Spuren von Bearbeitung, so Mes-
ser, Splitter, Nuclei, von denen man Stücke abgesprengt hatte.
Die Gegend der Cimelien liefert den zu Steinwerkzeugen so vor-
züglich geeigneten Obsidian in unerschöpHicher Fülle. In der Nähe
von Capo Fr am, nicht weit südlich von der Befestigung entdeckte
Orsi eine kleine Werkstätte von solchen Steinwerkzeugen, auch in
der Nähe der heutigen Stadt Pantelleria wurden einige Stücke
gefunden.
Dalla ßosa erwähnt, dass auch in einem Sese ein Steinmesser
gefunden worden sei. Indessen bedarf es dieses Umstandes nicht,
um zu erweisen, dass dieselbe Bevölkerung, auf welche der grosse
Befestigungswall und die im Innern desselben gemachten Funde
zurückzuführen sind, auch die benachbarten Sesi erbaut hat. Denn
die wenigen Thongefässe, Avelche aus den letzteren zu Tage gekommen
sind, gleichen in Thon, Technik und zum Teil auch in der Form
ganz den innerhalb der Befestigung ausgegrabenen; ebenso zeigt
die Art, wie an der Aussenseite des grossen Befestigungswalls die
einzelnen bogenförmigen Abschnitte aus einander umschliessenden
Steinschichtungen konstruiert sind, die engsten Beziehungen zur
Bauweise der Sesi.
Die bisher beschriebenen Bauwerke und sonstigen Fundge-
genstände gehören offenbar alle derselben Kultur, welche die Merk-
male der jüngeren Steinzeit zeigt, an. Es war Pantelleria in sehr
früher Zeit von einer Bevölkerung bewohnt, die ihren Hauptsitz
in dem nordwestlichen Teil der Insel hatte, die die Wälle, hinter
380 A. MAYR
deueii sie sich schützte und die Grabmäler, in denen sie ihre Toten
be.>tattete, aus unbearbeiteten ohne Bindemittel geschichteten Stei-
nen auftürmte und sich mit Stein- und Knochenwerkzeugen und
ijrobem Thonireschirr behalf. Zur Zeit, da diese Bevölkerung auf
Pantelleria hauste, scheinen sich die jüngsten Vulkane der Insel
noch in voller Thätigkeit befunden zu haben ; denn man hat einen
bearbeiteten Übsidiansplitter unter den Lapilli der kleinen Vulkane
Cuddie Monti gefunden ('). Welches Stammes diese Bevölke-
ruuof crewesen ist, lässt sich aus dem betrachteten Material noch
OD '
nicht erkennen. Man hat die Sesi bisher in der Regel mit den
Nuraghen Sardiniens und den Talayots der Balearen zusammen-
gestellt. Ebenso wie die Sesi sind auch die Nuraghen in der Regel
aus unbearbeiteten Steinen ohne Verwendung von Mörtel her-
gestellt. Beide haben konische Form; beim Nuragh wie beim Sese
führt ein Korridor von aussen in ein rundes überwölbtes Gemach. Der
Eingang in diesen Korridor, der mit einem architravartig gelegten
Stein überdeckt ist, ist hier wie dort so niedrig, dass man ihn nur
kriechend passieren kann. Aber es fehlt auch nicht an bedeutenden
Unterschieden. Die Nuraghen sind meist viel höher ; sie enthalten
nur einen Eingang und in jedem Stockwerk nur ein einziges grosses
Geraach; die Innenräume der Sesi sind viel kleiner; meist sind
mehrere auf demselben Niveau neben einander. Der obere Teil der
Nuraghen endigte, wie man annehmen muss, in einer flachen Terrasse,
während die Sesi aller Wahrscheinlichkeit nach oben kuppeiförmig
ab<;eschlossen waren. Die Bauart ist bei den Sesi eine viel rohere ;
insbesondere ist die Wölbung in den Gemächern bei den Nuraghen
in regelmässiger Weise durch Ueberkragung, bei den Sesi durch
eine ganz rohe und zufällige Schichtung der Steine gebildet.
Immerhin scheint es trotz dieser Verschiedenheiten, welche zum
Teil auch in der verschiedenen Bestimmung der verglichenen Bauten
ihren Grund haben mögen, dass man bei Anlage der Sesi und der
Nuraghen im allgemeinen von dem gleichen Prinzip ausgegangen
ist; doch reicht dieser Umstand für sich allein noch nicht hin, um
einen ethnographischen Zusammenhang zwischen den Bewohnern
von Sardinien und Pantelleria zu begründen. Es fehlt nicht an
Beziehungen zu Sizilien. Dalla Rosa (-) erwähnt ein Steinmesser von
(') ßolletlino del R. Comitato Geolo(/ico d' Italia 1881 S. 550.
(*) Archivio per VAntropologia II, 148.
PANTELLERIA 381
Pantelleria, das mit den in den Höhlen bei Trapani gefundenen
identisch sei ; in den Wohnstfitten der priihistoriscl\cn Befestigung
sammelte Orsi Reibsteine aus Quarzsandstein, welche sich auch
unter den Kesten einer prähistorischen Ansiedlung bei Cannatello
aus Orsi's erster sikulischer Periode fanden und ollenbar aus Sizi-
lien bezogen waren ('). Auch Gegenstände von Thon von der Gestalt
eines Hornes und verschiedene Gefässüberreste, die gleichfalls von
der prähistorischen Befestigung auf Pantelleria herrühren, zeigen
Beziehungen zu den Fundstücken aus der ersten und zweiten siku-
lischen Periode. Doch kann hieduich nichts Aveiter als ein früher
Verkehr der Einwohner von Pantelleria mit der sizilischen Küste
bewiesen Averden. Die Frage nach der Herkunft der Urbevölke-
rung von Pantelleria muss nach wie vor als eine offene bezeichnet
werden.
Viele .Jahrhunderte trennen diese Kultur von den übrigen
Altertümern von Pantelleria, die nicht über die punische Periode
zurückreichen. Auch diese finden sich hauptsächlich im nordwestli-
chen Teil der Insel. Hier beherrscht der Berg S. Elmo (245 m.)
die zum Meer sich abdachende Ebene, an deren Ende der einzige
Hafen der Insel sich befindet. Unmittelbar an die Nordwestseite
dieses Berges lehnen sich, kaum 1 72 Kilometer vom Hafen ent-
fernt, zwei niedrige kegelförmige Hügel, die oben zu einer klei-
nen Terrasse abgeplattet sind. Der dem Monte S. Elmo zunächst
liegende Hügel heisst nach der darauf befindlichen ehemaligen
Pulvermühle der Hügel der Polveriera (130 m.), der andere in
nordwestlicher Richtung vor ihm liegende der Hügel von S. Marco
(127 m.). Letzterer erscheint als der bedeutendere infolge seines
grösseren Umfanges und seiner grösseren relativen Erhebung über
die geneigte Ebene. Beide Hügel sind miteinander durch eine
längliche Terrasse von ungefähr 115 m. Höhe verbunden. Die Ränder
der letzteren zeigen ebenso wie die Abhänge der Hügel selbst
einen starken Abfall, der im Altertum jedenfalls noch unvermittel-
ter war, wie heute, wo das ganze Terrain von terrassenartig über-
einander angelegten Gärten bedeckt ist (-).
Cavallari (3) hat die antiken Reste auf diesen Hügeln zuerst
(>) Orsi im liullettino di Paletnologia XXIII (1897i, S. 114 und 117.
(2) S. die beigegebene Plauskizze.
P) A. a. 0. S. 24 flf.
:^^2
M \ Vl{
jjeuaiier untersucht und sieht in ihnen die Akropolis der alten
Stadt Cossura. Er erwähnt eine Mauer auf der Nordseite des Pol-
verierahütjels und die Ecke eines Turmes auf dessen Südwestseite
und bemerkt bezüglich der auf dem Hügel von S. Marco vorhan-
denen Mauerreste, dass derselbe ursprünglich umgeben war von
einer doppelten Reihe von in spiralförmigen Windungen ansteigenden
,An!lheJi.3uer MoJernerWeg ■ //aus
-/. Th/veriei-a ■ 2. CeiSä/^rrera ■ 5 Casa. C<?jiso/o- 4:C3s2j&z/scdo.
Fig. 7.
Mauern, an deren Seite eine Strasse lief('). Für diese Annahme
liefern die gegenwärtig erhaltenen Ruinen keinen Anhaltspunkt.
Allem Anschein nach w^aren die Hügel auf eine andere Weise
])•? festigt.
Die Untersuchung der antiken Mauern ist gegenwärtig sehr
(') Prote.tta (collina) da un doppio ordine di mura ascendenti a spira
che la circondavano, fianchetjqiate da una strada, formando un raddoppiato
xi^itema di fortiprazione.
l'ANTEr.I.EUIA 383
errfchwert. weil das ganze Terrain auf und bei den Hügeln zu Kultur-
zwecken terrassiert ist; so finden sich auch die alten Mauerreste gegen-
wärtig nur noch als Stützmauern der Terrasseufelder. Südlich von dem
ehemaligen Pulvermagazin, das die obere Fläche des Polverierahü-
gels heute zum grössten Teil einnimmt, bemerkt man am Fuss
des Hügels zwei antike Mauern, die eine wohl erhaltene Ecke
bilden. Die eine dieser Mauern verläuft gegen den Felsen der
Anhöhe und hatte keine Fortsetzung, die andere ist in nordwestli-
cher Richtung eine kurze Strecke sichtbar und tritt nachher auf
4-5 m. tieferem Niveau in derselben Richtung wieder auf, wo sie
an einer Stelle noch bis zu :i Lagen erhalten ist. Sie begleitet zum
Teil in schwachen Spuren den Fuss der zwischen den beiden Hü-
geln befindlichen Terrasse, dann bricht sie ab, lässt sich aber gleich
darauf in gänzlich veränderter Richtung wieder nachweisen. Sie
führt hier nach NNO gegen den Fuss des Hügels von S. Marco zu,
um dessen West- und Nordseite sich auf wenig höherem Niveau
mehrere allerdings nicht zusammenhängende Reste antiker Mauern
linden. Zu den besterhaltenen gehören zwei Mauerzüge im Nord-
westen von 8,60 m. und 9,60 m. Länge, die noch bis zu 4 bez.
5 Lagen erhalten sind und an ihrem einen Ende mit einer gegen
den Berg zurückspringenden Mauer eine Ecke bilden. Weitere
Mauerzüge, bis zu 3 und 4 Lagen erhalten, finden sich längs dem
Nordostabfall des zwischen den Hügeln befindlichen Plateaus.
Alle diese Mauerreste sind aus demselben dunkelgrauen, leicht
verwitternden Stein gebaut, sie gleichen sich in Bearbeitung, Fü-
gung und Grösse des verwendeten Materials. In ihrer Gesammtheit
betrachtet bilden sie eine gegenwärtig allerdings vielfach unterbro-
chene Ringmauer, w^elche den unteren Teil der Hügel sammt dem
zwischen ihnen liegenden Plateau umschloss. Eine Strecke im Süden
der Polveriera, die durch den schroft'en Absturz der Felsen geschützt
war, scheint ohne Mauer geblieben zu sein. Diese Mauerreste ste-
o^
hen zum grössten Teil ungefähr auf demselben Niveau. Verschie-
denlieiten erklären sich hinreichend aus den Unregelmässigkeiten
des abschüssigen Terrains, an dessen Biegungen sich die Mauer
ziemlich genau angeschlossen hat.
Neben dieser gemeinsamen, das ganze Hügelgebiet umschliessen-
den Mauer hatte jeder der beiden Hügel eine besondere Befestigung,
die gleichfalls in einer Ringmauer bestanden zu haben scheint.
384
A. MAYR
Unmittelbar unter tler obersten Terrasse des Polverierahügels
sieht man einige Meter über der erwähnten Maiierecke. die sich am
Südfiisse des Hügels befindet, zwei gleichfalls eine Ecke bildende
Mauerzüge, deren einer noch in einer Länge von etwa 10 m. und
teilweise in einer Höhe von 4 Lagen erhalten ist. Ebenso bemerkt
man unter der obersten Plattform des Hügels von S. Marco zwei
etwa 12 m. lange, bis zu o und 5 Lagen erhaltene Mauerzügo.
von welchen der eine am Westabhaug ('). der andere am Südost-
abhang des Hügels hiulänft.
Fig. 8
Bei allen diesen Mauern sind rechtwinklig behaueue Blöcke
in horizontalen durchgehenden Lagen ohne Bindemittel in regel-
mässiger Weise geschichtet. Die Quadern sind an Kanten und
Aussenseiten meist etwas flüchtig behandelt : sie bilden Lagen von
durchschnittlich O..')!) m. Höhe. In der Regel sind sie ziemlich
gross, doch gehören Steine von über 1,0 m. Länge zu den grösse-
ren. Die Art der Bearbeitung ist nicht überall die gleiche : eine
ganz genaue Fügung und glatte Bearbeitung der Aussenseite wei-
sen die eben erwähnten Mauern vom obersten Teile des Hügels
von S. Marco auf (-). Oefter springt von einer den Abhang des
(') Üiese Mauer ibt abgebildet bei Cavallari a. a. <>. Tat". VII.
(*) S. Photooraphie Xr. V, Fig:. 8.
PANTELLKRIA
38-^
Bercfes entlansr ziehenden Mauer ein anderer Mauerteil in rechtem
Winckel gegen den Berg zu zurück. So sind zahlreiche Ecken ge-
bildet, die wohl auch zu Vertheidigungszwecken gedient haben. Ob
sie aber zu Türmen ausgebaut waren, wie Cavallari in einem
Falle annimmt, lässt sich nicht mehr feststellen.
Innerhalb der Ringmauer linden sich wenig antike Baureste.
Am Xordfuss des Polverierahügels sieht man unter der Casa Fer-
rera hinter einem noch erhaltenen Stück der Ringmauer einen 1(3 m.
langen Mauerzug, den Cavallari gleichfalls zu den Befestigungen
der Hügel rechnet. Doch deuten die Kleinheit der Quadern, ihre
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Fig. 9.
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ungleiche Höhe und ihre wenig sorgfältige Fügung darauf hin,
dass die Mauer einen andern Zweck hatte. Ausserdem trifft mau
auf den Hügeln noch zahlreiche antike Zisternen, die alle von der-
selben Bauart sind. Diese Zisternen, welche man auch in den übri-
gen Teilen der Insel findet, haben länglich ovalen Grundriss ; ihre
Langseiten laufen parallel zueinander; an den beiden schmalen
Enden sind sie zugerundet. Ein schönes Beispiel von diesem Zi-
sternentypus fand ich in der Gegend Khamma ('), Diese Zisterne
(Fig. 9) ist zwar nur mehr in der einen Hälfte ihrer Länge
erhalten, lässt aber so ihre eigentümliche Konstruktion desto besser
(') Plan und Durchschnitte dieser und einer in der Gegend Bugebre
erhaltenen ähnlichen Zisterne beistehend.
25
386 A. MAYR
erkeunen. Die Wände sind aus sorgfältig bearbeiteten, nicht über
0,oO 111. langen Quadern, zwischen deren Fugen man Kalkmörtel
bemerkt, gebaut. Die wohlgefügten Steine liegen in horizontalen
Lagen von fast gleicher Höhe (20-24 cm.). Bis zu einer Höhe von
2 Meter sind die Wände vertikal : von da ab verengen sich die einzel-
nen Lagen und kragen gegen das Innere vor, bis sie oben nur mehr
einen 30-50 cm. breiten Streifen freilassen, der mit rechtwinklig
bearbeiteten platten förmigen Steinen tiberdeckt ist. Die Kanten der
überkragenden Steine sind abgeschrägt, so dass im oberen Teil
der Wände eine gleichförmige schiefe Fläche entsteht. Die Wände
tragen einen dicken Bewurf von Kalkmörtel mit eingestreuten Zie-
gelbröckchen.
Zwischen den vielen Zisternen dieser Art bestehen wesentliche
unterschiede nur hinsichtlich ihrer Grösse. Cavallari mass eine
solche von 12,50 m. Länge. 3 m. Breite, 3,50 m. Tiefe. Von
solchen Massen an beobachtete ich Abstufungen bis zu 2 m. Länge,
1,50 m. Breite und 1,70 m. Tiefe. Bald sind sie mit mehr oder
■weniger Sorgfalt gebaut, bisweilen sind die Steine unbearbeitet,
mitunter fehlt der Mörtel zwischen denselben. Hie und da sind
diese Zisternen ganz oder teilweise in den Felsen eingeschnitten,
aber die Grundform ist immer dieselbe. Statt des oben erwähnten
Bewurfs findet sich oft ein anderer, der aus Kalk mit Beimischung
von vulkanischem Sand besteht. Ueber den ersten groben Bewurf
ist oft noch feinerer Verputz gebreitet. Einmal hat sich auch das
runde Schöpfloch in einer der Deckplatten ausgeschnitten erhalten.
Diese Zisternen, jetzt meist ausser Gebrauch und teilweise
zerstört, weichen in ihrer Bauart ganz von den gegenwärtig auf
Pantelleria üblichen ab, finden sich oft in weiter Entfernung von
den heutigen Wohnstätten und treten nirgends so oft auf, wie im
Bereich der Hügel von S. Marco und Polveriera, wo auch sonst
antike Ueberreste häufig sind. Hier waren, soweit der Raum inner-
halb der Ringmauer in Betracht kommt, solche Zisternen auf den
Plattformen beider Hügel erbaut; zwei besonders grosse, jetzt in
Viehställe umgewandelt, sind unter dem gegenwärtig auf der Höhe
des Hügels von S. Marco stehenden Hause erhalten ; andere bege-
gnen auf dem Westabhang des Polverierahügels, sowie am Nord-
und Westabhang des Hügels von S. Marco. Viele mögen unter den
modernen Anlagen verschwunden sein.
PANTEI.I.KKIA ,3g7
Von diesen Zisternen stammen gewiss viele erst aus römischer
Zeit; besonders deutet die Verwendung des mit gestossenen Zie-
gelstückchen vermischten Kalkmörtelbewurfs darauf hin ; aber an-
dererseits weicht die durch IJeberkragung hergestellte gewölbear-
tige Konstruktion des oberen Teiles und die Plattenbedeckung von
der römischen Uebung, welche in diesem Fall Gussmauerwerk und
Tonneugewölbe zu verwenden liebt, entschieden ab. Freilich eignete
sich letztere Bauweise auch nicht für diese Insel, auf der es an
Kalk völlig fehlt. Doch wird man nicht fehlgehen, wenn man in
diesen Zisternen den Ausdruck einer schon in vorrömischer Zeit
auf der Insel üblichen Bauart sieht, und es ist wohl nicht zufällig,
wenn die punischen Zisternen innerhalb der altkarthagischen Ne-
kropole von Dommes(') mit denen von Pantelleria manche Aehn-
lichkeit zeigen. Bei den karthagischen Zisternen bestehen die Wände,
entsprechend dem lehmigen Boden, in dem sie angelegt sind, aus
kleinen Steinen, die durch reichlich dazwischen gelegten Lehm ver-
bunden sind; auch sind sie von oben bis unten gleichmässig ver-
tikal; aber in Karthago wie in Pantelleria haben die Zisternen den
gleichen ovalen Grimdriss, grosse Länge bei verhältnissmässig sehr
geringer Breite und dieselbe Bedeckung durch horizontal gelegte
Platten.
Ausser den beschriebenen Mauern und Zisternen ist innerhalb
der Ringmauer nichts von antiken Gebäulichkeiten übrig geblie-
ben. Nur Stücke von römischem Kalkmörtelestrich, Wandverputz
und einfachen Mosaikböden sieht man zahlreich überall auf den
Feldmauern liegen (-). Auch ausserhalb der Mauer, Avelche die bei-
den Hügel umgab, linden sich zahlreiche Spuren des Altertums.
Am Nordabhang des Hügels von S. Marco trifft man teils in der
Nähe der Mauer, teils weiter unten mehrere Zisternen, fast alle
von der oben beschriebenen Art. Hier haben sich also wohl Wohn-
stätten befunden und ebenso auch im Westen und im Süden des
Hügels, wo man gleichfalls ausserhalb der Ringmauer die Reste
(1) Delattre, La NScropole punique de Dou'imH. Feuilles de 1895 et
1896. Paris 1897 S. 21 f. Diese punischen Zisternen sind in der Regel 4 m.
lang und 1 m. breit.
(2) Aus römischer Zeit sah ich noch den Rest einer kanneliierten Säule
aus Lava und einen mit Löwenfüssen verzierten Tischfuss aus Kalkstein von
guter Arbeit.
388 A. M.VM<
aotiker ZisttTDeu j.ieht. üai^egen war der ganze Raum südlich von
der zwischen den Hügeln befindlichen Terrasse und dem Polveriera-
hügel von antiken Gräbern eingenommen. Im Norden dieses Hü-
gels, seeen die heutige Strasse zu, scheinen, nach dem Vorkommen
von antiken Zisternen zu schliessen, wieder Wohnstätten gewesen
zu sein, aber weiterhin in der Nähe der Häuser Salsedo, Pavia,
Consolo bis zu der weiter unten zu nennenden lluine S. Basilio
hin fand Cavallari, und finden sich auch jetzt noch zahlreiche
Spuren von antiken Gräbern, daneben aber auch Anzeichen von
Wohnstätten, wie antike Zisternen oder Mühlsteine.
Welcher Art diese Gräber gewesen sind, ist nicht genau be-
kannt. Nach Cavallari, der hauptsächlich im Osten des Hügels
von S. Marco gegraben hat, hatten dieselben keine Sarkophage
oder einen besonderen Schutz, sondern waren einfach in den Fur-
chen des vulkanischen Felsbodens geborgen. Die Gräber um die
Hügel enthielten zum Teil Aschengefässe von ausgesprochen puni-
schen Formen ('). Sehr zahlreich begegnet man kleinen Urnen aus
Kalkstein von der Gestalt kleiner Sarkophage mit giebelförmig
gestaltetem, an den Ecken mit akroterienartigen Aufsätzen versehe-
nem Deckel ohne jede Ornamentierung und Inschrift. Das Mate-
rial war von auswärts bezogen, ausnahmsweise war einheimische
Lava verwendet (-). Wenn schon diese Urnenform in der ganzen
römischen Welt vorkommt, so trifft man sie auch oft in den pu-
nischen Nekropolen Afrikas (^); auch in den jüngeren Gräbern der
punischen Neki-opole von Saint Louis hat man sie gefunden.
Die einzige Ruine im weiteren Umkreis der Hügel, die von
einem Wohngebäude lierzurühren scheint, liegt in der Gegend
S. Basilio, 300 m. in nordöstlicher Richtung von dem Hügel der
Polveriera entfernt. Die schon vor längerer Zeit ausgegrabene und
seitdem noch weiter zerstörte Ruine lässt noch einen 9-11 m. langen,
«5 72-8 Vä m. breiten Raum von der Gestalt eines unregelraässigen
Vierecks erkennen, der offenbar das Souterrain des Gebäudes bil-
dete. Der Fussboden desselben liegt etwa 2,(30 m. unter dem Ni-
veau der umgebenden Felder; bis zu dieser Höhe sind die Wände.
(») S. XX.
(*) Diese Urnen sind 30-40 cm. lang, 20-30 cm. breit.
(^) Mus^e de Constantine S. 38 f.; vgl. Mus^e de Cherchel S. 37 f.
l'ANTEI.I.KIUA 389
die zum Teil diircli den natürlichen Fels gebildet sind, noch ei-
halten. In der Mitte der nordwestlichen Seite betrat man den Raum
durch eine 1,06 m. weite Thüre, zu der von aussen jetzt nicht
mehr sichtbare Stufen herabführten. Links und rechts davon ötf'nen
sich in der gleichen Wand kleinere Eingänge in jetzt verschüttete
Gemächer ('); zwei weitere (-) bemerkt man in zwei anderen Wän-
den. Durch Zwischenmauern soll, wie man bei der Ausgrabung be-
merkt haben will, der ganze Raum ursprünglich in kleinere Ab-
teilungen zerfallen sein, welch letztere meistens miteinander in Ver-
bindung standen. Von einer solchen Mauer, welche das ganze iu
eine grössere nördliciie und in eine kleinere südliche Hälfte schied,
ist noch der Ansatz vorhanden. Die nördliche Hälfte, in die man
durch den Haupteingang trat, hatte, soweit sich dies verfolgen lässt.
Füllmauern, die im Innern aus Erde und kleinen Steinen bestehen,
während die Wandtlächen überall durcli kleine Quadern von un-
gleicher Höhe und Länge gebildet sind. Die Wände trugen ursprüng-
lich Mörtelbewurf mit rotem Verputz. In der südlichen Hälfte, die
aber sicher derselben Zeit angehört, bestehen die Wände, soweit
sie nicht durch den natürlichen Fels gebildet sind, aus fast ganz
unbearbeiteten Steinen. Die Thüren haben als Thtirstin-z einen
länglichen Quader. Ein Bruchstück von einem kleinen Gesims aus
Stuck, das sich in dem z. T. wohl auch von den oberen Partien
der Ruine herrührenden Schutt fand, zeigt römische Formen.
Wahrscheinlich gehören auch die noch erhaltenen Mauern in rö-
mische Zeit, trotzdem man nirgends Kalkmörtel zur Verbindung
der Steine verwendet tindet.
Auf den Hügeln Polveriera und S. Marco ist der Hauptort
der Insel, die einzige Stadt derselben, welche gleichfalls den Na-
men Cossura führte, zu suchen. Cavallari erklärt die Hügel für die
Akropolis der alten Stadt und sucht diese selbst an der Stelle der
heutigen Stadt beim Hafen. Aber es möchte befremdlich erscheinen,
wenn, wie man in diesem Fall annehmen müsste, die sicher sehr
kleine Stadt mindestens einen Kilometer von ihrer Burg entfernt
(') Di-' eine dieser Thüren ist 0,60 m. weit und 1,70 m. hoch; die andere
nur wenig über einen Meter hocli.
(2) Einer von diesen, im östlichen Teil des Gebäudes, ist bei 0,80 in.
lireite nur 1 in. hoch und kann daher nicht in einen bewohnten Kaum ge-
führt haben.
391} A. MAVR
gewesen wäre. Auch haben sich an der Stelle der heutigen Stadt,
soviel bekannt geworden ist, nur wenig antike Spuren gefunden.
Viel eher wird man in den Hügeln S. Marco und Polveriera selbst,
soweit sie von der oben nachgewiesenen Ringmauer umschlossen
waren, die Stelle der antiken Stadt erkennen. Wenn dieselbe in
dieser Ausdehnung nur eine Länge von ungefähr 250 m. bei einer
Breite von etwa 100 m. in der Luftlinie hatte, so ist dies um so
weniger zu verwundern, als aucli Polyb. III 96 den Hauptort der
Insel nur als -Städtchen- {nohaitäiioy) bezeichnet. Die Wohn-
.<<tätten waren freilich nicht auf den ummauerten Platz beschränkt.
Abgesehen von einer Nekropole, die unmittelbar ausserhalb der
Mauer im Südwesten des Polverierahügels lag, tritft man überall
um den Hügel und noch weiter 2,agQ\\ Westen zu Zisternen und
andere Spuren von antiken Ansiedelungen, die freilich zerstreut
auseinander gelegen haben müssen, da man dazwischen öfter Gräber
gefunden hat. Die kleine Stadt beherrscht die von Mte. S. Elmo
aus gleichförmig gegen das Meer zu geneigte Ebene, welche im
Norden von den schlackenbedeckten Abhängen der Cuddie Bruciate
und ihren zum Meer ziehenden Lavaströmen, im Süden vom Berge
Gelkhamar und dem Lavastrom der Cimelien begrenzt wird. Sie
lag inmitten von fruchtbaren Ländereien, die heutzutage ganz von
Korinthengärten und zahlreichen kleinen Landhäusern eingenommen
werden, nahe am einzigen Hafen der Insel und am einzigen be-
quemen Verkehrsweg, der von diesem am Ostabhang des Mte.
S. Elmo vorbei in die östlichen und südlichen Teile der Insel führt.
Dieses Städtchen bildete den Hauptort der Insel während der ganzen
karthagischen Periode bis in die römische Kaiserzeit. Die älteste
Vase, welche aus den Gräbern bei den Hügeln bekannt geworden
ist, ist eine korinthische. Die eben genannte Nekropole beim Pol-
verierahügel gehört nach den Fundgegenständen vorzugsweise in
die beiden letzten Jahrhunderte vor Christus und das erste nach
Christus. Genannt wird die Stadt zum erstenmal gelegentlich ihrer
Eroberung durch die Römer im Jahre 217 bei Polyb III 96. Später
wird sie nur noch bei Strabo('). Plinius h. n. V 41 und Ptole-
maeus Geogr. IV 8 p. 272 AVilb. erwähnt.
Die Anlajje der Stadt an dieser Stelle war veranlasst durch
o^
('j X\II, 3 § l'j : Kö(j(j()\Qni . . . nöXiv t^ova« ouujivuor.
I'AKTKI.LKIUA 391
die Nähe des Hafens, des einzigen auf der Insel, der diesen Namen
verdient. Dieser ist der innerste Teil einer nach NW. geöffneten
Bucht, die durch die felsigen Landzungen von Punta S. Leonardo
und Punta della Croce, die Enden zweier Lavaströme, gebildet
wird. Von der Ost- und Nordseite dieser Bucht springt, natürlichen
Hafendämmen vergleichbar, je eine lange Reihe von Lavaldippen
vor, welche den eigentlichen Hafen gegen das Meer absperren. Dieser
Klippensaum, der heutzutage durch künstliche Hafeiidämme verstärkt
ist, gewährt hinreichenden Schutz gegen die Wogen des hier stets
bewegten Meeres, aber nicht minder auch Schutz gegen feindliche
Annäherung, indem die Klippen nur eine schmale Einfahrt freilassen.
Für die modernen grossen Schiffe ist dieser Hafen nicht zugäng-
lich, er dient heute nur den Segelbarken der Einwohner als Stand-
ort; doch dürfte er für die einfacheren Schitffahrtsverhältnisse des
Altertums nicht ohne Wert gewesen sein. Frühere Reisende wollen
Reste von antiken Hafendämmen wahrgenommen haben (')• Es war
mir aber nicht möglich, hierüber genauere Untersuchungen anzu-
stellen.
Es mögen hier noch einige antike Reste Erwähnung finden,
welche ich bei Streifzügen durch die inneren Teile der Insel bald
da bald dort zerstreut antraf.
Etwa 1 '/o Kilometer südöstlich vom Hügel von S. Marco
liegt in der Gegend Khasen unter der Erde, in den Abhang
einer kleinen Bodenerhöhung hiueingebaut, das sogenannte Bagm
asciutto, ein eigentümlicher kleiner Bau, der über einer heissen
Dampfausströmung errichtet ist, die hier aus dem Boden dringt.
Ein kurzer 0,50 m. breiter Gang führt über einige Stufen in ein
Gemach von viereckigem Grundriss, das ungefähr 2,50 m. lang,
ebenso breit imd wenig über 2 m. hoch ist. Die Wände bestehen
teils aus natürlichem Fels teils aus bearbeiteten Steinen von
annähernd rechteckiger Gestalt; auf der einen Seite kragen die
obersten Lagen über, um nach oben zu den Raum zu verengen,
der dann durch horizontal gelegte Steinplatten überdeckt ist. Ein
Durchgang von 1,45 m. Höhe und 0,50 m. Weite führt aus die-
(') Calcara, Descrizione delV isola di Pantelleria 8. 14; antike Hafen-
dämme erwähnt auch Tissot, Geographie comparöe de la Province Romaine
d'Afriqiie I, 235 auf riiuiid von Angaben eines Admirals Fincati.
392 A. MAYR
sein Voigemach in eineu kieisriindeo Raum vou 2.50 m. Duicb-
messer. Die "Wände desselben bestehen aus 10 Lagen von kleinen
Quadern, zwischen denen kein Bindemittel erkennbar ist. Etwa von
der 5. Lage ab verengern sich die Lagen und kragen über einan-
der vor. bis sie in einer Höhe von wenig mehr als zwei Meter über
dem Fussboden noch einen Raum von 0.90 m. im Durchmesser frei-
lassen, der durch zwei Steinplatten überdeckt ist. Die Kanten der
übereinander vorkragenden Steine sind abgeschrägt, so dass die
Wände eine ununterbrochene Fläche darbieten. Die Steine der un-
tersten Lagen sind in beiden Gemächern z. T. in kleinen Zwischen-
räumen von 5-10 cm. gesetzt, offenbar zu dem Zwecke, um die
heissen Dämpfe eindringen zu lassen. Augenscheinlich hatte das
kleine Gebäude den Zweck, die als heilkräftig geschätzten Dämpfe
zu fassen und zu Heilzwecken nutz1)ar zu machen. Die Anlage zeigt
enge Berührungspunkte mit der bei den antiken Zisternen Pantel-
lerias beobachteten Konstruktionsweise, bei denen ebenfalls die
Wölbungen durch Ueberkragung hergestellt sind(').
Am Ostfiiss des Mte. S. Elmo in der Gegend von Margana
erinnern noch ein paar Säulenreste aus Lava an eine antike An-
siedelung. Die Gegend von Buccarami wird von Cavallari S. 27 als
Fundort von Städtemünzen von Cossura mit punischen Aufschrif-
ten erwähnt. Zahlreichere Reste begegnen im Nordosten der Insel
in der Nähe des Salzsees Bar/no cleirAequa, der im Grund eines
kraterähnlichen von steilen Bergwänden umschlossenen Thalkessels
sich befindet. Am Nordufer des Sees haben sich teils am Berg-
abhang, teils am Fuss desselben vor einiger Zeit antike Ueberreste
gefunden, von denen man an Ort und Stelle nur mehr zerstreute
Trümmer sieht, darunter schlechterhaltene Bruchstücke von La-
vasäulen, welche den Eintluss griechisch-römischer Bauweise zeigen.
Vielleicht ist hier der Fundort einiger Terrakotten von punischem
Charakter zu suchen, die sich jetzt im Museum von Syrakus befin-
den und. wie Orsi a. a. 0. berichtet, aus einem am Bagno berin-
lichen, kurz vor seiner Ankunft zerstörten »Sanktuarium« stammen.
Auf der fruchtbaren Hochebene von Bugebre über den südöstlichen
Thalwänden des Bagno sieht man an melireren Orten Zisternen von
o
(•) Cavallari a. a. 0. S. 26 not. 1, der eine kurze Nutiz über dieses Ge-
bäude }^bt, schreibt es oline Angabe von Gründen den Arabern zu.
I'ANTKM.KRIA 393
der Art der S. 385 beschriebenen ; man fand hier, und zwar vor-
züglich in einer kleinen Nekropole östlich von der Kirche S. Chiani
panische und römische Gefässe, Kalksteinurnen von der Art derer,
Avelche man bei der alten Stadt Kossura antrillt, eine kleine römi-
sche Terrakotte, welche die Maske eines komischen Schauspielers
darstellt und Münzen. Antiken Zisternen begegnet man noch weiter
nach Osten in der langgestreckten, wohlangebauten Ebene von
Khamma, wo auch häutig antike Münzen gefunden werden; sowie
auch im Süden der Insel, im Piano del Barone und in der Gegend
Serraglia. Die eben aufgezählten Spuren des Altertums sind au
sich allerdings sehr unwichtig, sie gestatten aber den Scliluss, dass
die Insel im Altertum und zwar besonders in den letzten Jahrhun-
derten vor Beginn unserer Zeitrechnung und in der unmittelbar
folgenden Zeit in allen anbaufähigen Teilen bewohnt und wohl
nicht schlechter bevölkert war wie heutzutage. Die Münzen, die
ich in den erwähnten Gegenden zu sehen bekam, sind teils Städte-
münzen von Kossura mit punischen und römischen Inschriften,
teils römische Kaisermünzen aus der früheren Kaiserzeit bis auf
Alexander Severus.
üeber die Kulturverhältnisse auf der Insel unterrichten ab-
gesehen von den autonomen Münzen von Kossura ('), die haupt-
sächlich für die beiden letzten Jahrhunderte vor Christus in Be-
tracht kommen, noch verschiedene aus den Gräbern von S. Marco
und S. Chiara oder auch an anderen Orten der Insel zu ta^e ^e-
kommene Fundgegenstände, die ich hier und da in den Bauernhäu-
sern antraf.
Die Thongefässe zeigen meist Verwandtschaft mit denen, wel-
che die jüngeren punischen Gräber Afrikas und Maltas geliefert
haben. Darunter sind 0,80-1,30 m. lange zylindrische Amphoren
mit kleinen Henkeln und spitzer Basis Fig. 10 abc, wie sie auch
in den punischen Nekropolen von Karthago vorkommen ; auch der
Typus der einhenkligen mit einer kleinen Ausgussröhre an der Seite
versehenen Kännchen, der aus der Nekropole von Saint Louis be-
kannt ist (-), kehrt auf Pantelleria wieder. Ferner besfeornen Aschen-
(V) Ueber diese s. meine Abliandlunjr ■ die antiken Münzen der Inseln
Malta, Gozo und Pantelleria'. ISDS. S. 24-30.
(2) Delattrc, Tombeaux punirjues de Carthage. 1890. S. 67.
394
A. MAVR
ofefässe in der Form von Krügen Fig. 10 e l, kleine einhenkelige
Fläschchen und henkeilose Salbgefässe Fig. 10 hik{^),'i\\ denen
allen die panischen und neupunischen Gräber Afrikas und Maltas
Analogien bieten. Oft sind die in Pantelleria gefundenen Gefässe
mit herumlaufenden Bandstreifen von matter dunkelroter oder
schwärzlicher Farbe verziert Fig. 10 dfg, wie dies den punischen
Gefässen eigentümlich ist. Bei keinem dieser Gefässe braucht man
ein hohes Alter anzunehmen: manche stammen wohl erst aus rö-
mischer Zeit. Ausgeprägt punischen Charakter zeigen ferner die
vorher genannten kleinen Figuren und Masken aus Terracotta, die
am Baguo dell' Acqua gefunden worden und durch Orsi in das
Museum von Syrakus gekommen sind. Hierunter bemerkt man eine
in ihrem unteren Teil abgebrochene Aveibliche Figur mit langen
beiderseits auf die Brüste herabfallenden Flechten. Avelche vor der
Brust mit beiden Händen eine Scheibe hält, ein Typus, wie er aus
karthagischen und sardinischen Gräbern bekannt geworden ist (-).
Sehr spärlich sind die Gegenstände, welche dem griechischen
Import angehören. Wenn Cavallari (^) von einer in der Nähe des
(•) Solche Gefässe, die auch anderwärts vorkommen, finden sicli z. B.
im Bardomuseum aus der neupunisclien Neliropule von Susa und den Grä-
bern von Magraoua und Teboursouk.
(2) Delattre, A. a. 0. S. 42; Perrot, Hlstoire de Vart III, 451.
(•') A. a. 0. S. 27 {anfora . . . , 7iella quäle stavano leoni, tigri e pari-
ere dipinti in nero sopra fondo chiaro).
I'ANTELLERIA 395
Polverierahügftls gefiindeneu Amphora berichtet, welche auf liellem
Grunde mit duukler Farbe Löwen, Tiger und Panther aufgemalt
zeigte und Aehnlichkeit mit den Vasen aus der Nekropole von Ba-
gliazzo und Galera bei Selinus hatte, so ist dabei wohl nur an eioe
korinthische Vase zu denken. Ich selbst sah von griechischer aus
Pantelleria stammender Töpferware nur ein mit einem Lorbeer-
blattstreif versehenes Kandstück einer rothhgurigen Vase und einige
kleine schwarzgefirnisste Gefässe von später unteritalischer Fabrik,
wie solche auch in den jüngeren punischen Gräbern Afrikas zahl-
reich angetroffen Averden (').
Hier sind noch die geschnittenen Steine zu erwähnen, die nicht
selten auf der Insel vorkommen. Einige gelangten durch Orsi in
das Museum von Syrakus ; die 11 Steine, welche mir gezeigt wur-
den, gehören in hellenistische und römische Zeit. Die Darstellun-
gen der letzteren, welche vertieft meist in Karneol eingeschnitten
sind, zeigen teils Bilder von Göttern, so einen thronenden Zeus,
einen Sarapis-und einen Athenakopf ; andere Steine enthalten Tier-
darstelhmgeu: man sieht hier eine gellügelte Sphinx, einen am
Boden kauernden Hirsch, eine Taube, die auf einer Kugel sitzt,
einen Hahn vor einer Mohnstaude, einen Delphin über dem Vor-
derteil eines Schiffes; auf anderen Gemmen bemerkt man einen
verwundeten Krieger, einen Satyr mit einem Hund; eine trägt
statt einer Darstellung die Inschrift BHPAC.
Von römischen Fundgegenständen sah ich nichts, das beson-
dere Erwähnung verdiente. Inschriften hat die Insel von einer rö-
mischen Grabinschrift (-') abgesehen, nicht geliefert.
Die beschriebenen Altertümer von Pantelleria ergänzen eini-
germassen die spärlichen Notizen, die wir aus dem Altertum über
diese Insel besitzen. Die Stadt Kossura war, wie sicher anzunehmen
ist, eine altphönizische Gründung; dem entsprechend ist das Ver-
hältniss, in welchem sie später zu Karthago stand, rechtlich we-
nigstens immer ein Bundesverhiiltniss gewesen; so nennen auch die
römischen Triumphalfasten neben den Karthagern die Einwohner
(') S. u. a. I/iis^e de Gherchel S. 73 f.
(^) C. I. L. X, 7512; eine neupunische Inschrift vun Pantelleria, die
Lenormant in Comptes rendus de VAcad^mie des Inscriptions 1867 S. 64 f.
mitteilt, scheint auf einer Fälschuii^ zu beruhen; vgl. Corpus Inscr. Semit
I, 1, 181
396 A. MAYR
von Kössura als selbständige kriegfühiende Partei. Zum erstenmal
wird Kossiira iu der Geschichte genannt, als die Ereignisse des ersten
punischen Krieges die Insel in Mitleidenschaft zogen. Als im
Jahre 255 die römischen Konsuln Aemilius Paullus und Fulvius
Paetinus nach Afrika segelten, um die in Clupea belagerten
Römer zu befreien, zwang sie ein Sturm, auf Pantelleria zu landen.
Sie verwüsteten die Insel und versahen dieselbe mit einer Besat-
zung. Bald darauf erfolgte der Sieg am hermäischen Vorgebirge
und im Januar des folgenden Jahres triumphierten beide Konsuln
de Cossiirensibus et Poeneis ('). Doch behaupteten die Römer nicht
lange Kossura.
Schon im Jahre 254 eroberten die Karthager, als sie wieder
die Offensive gegen Sizilien ergriffen hatten, die Insel zurück (-).
Endsfültiir wiu-de diese den Karthagern im Jahre 217 durch Cn. Ser-
vilius entrissen, der bei der Verfolgung der punischen Flotte bis
an die afrikanische Küste vorgedrungen war und bei der Rückfahrt
die Insel besetzte (^). Aus der Voranstellung des Namens der Kossu-
renser vor den der Römer in den Triumphalfasten hat Movers (■*).
geschlossen, dass Kossura in der karthagischen Zeit eine bedeutende
Seemacht war. Indes erklärt sich diese Voranstellung einfach aus
dem umstand, dass die Einnahme von Kossura der Besiegung der
Karthager beim hermäischen Vorgebirge zeitlich voranging. Die
geringe Ausdehnung des Städtchens und die bescheidenen Reste
seiner Befestigungen sind nicht geeignet, eine grosse Vorstellung
von der Macht Kossuras in jener Zeit zu erwecken. In den pu-
nischen Kriegen scheint die Insel keine bedeutende Rolle gespielt
zu haben. Ihr Hafen w^ar, wie später in den Kriegen zwischen den
Christen und den arabischen Beherrschern Afrikas als Zufluchtsort
in dem stürmischen Meere willkommen. Die Stadt selbst hatte keine
strategische Bedeutung; sie ist von den kriegführenden Parteien
(1) Fasti triumphales in C. I. L. P p. 173 Ser. Fulvius M. f. M. n.
Paetinus {a. CDXCTX) Nobilior pro. cos.de Cossurensibus et Poeneis nava-
lern egit XIII k. febr.
M. Aemilius M. f. L. n. Paullus (a. CDXCIX) pro. cos. de Cossu-
rensibus et Poeneis navalem egit XII k. febr.
(«) Zonar. VIII, 11.
C) Polyb. III, 9G.
{*) Die rhünizier II, 2, 361.
I'ANTEI.LKUIA 397
jedesmal gleichsam im Vorbeigeiien, wie es scheint, ohne viel Wi-
derstand eingenommen worden.
Unter der römischen Herrschaft genoss die Inselgemeinde eine
beschränkte Autonomie, von der noch zaiilreich erhaltene Kupfer-
münzen mit der phönizischon Legende D3"1''S Zeugnis ablegen.
Auf den jüngeren Münzen ist der phönizische Name durch den
lateinischen Kossura ersetzt. Als diese Münzen geprägt wurden,
muss die Stadt bereits im Besitze des römischen Bürgerrechts ge-
wesen sein. Sie wird dasselbe wohl gemeinsam mit Sizilien bald
nach Cäsars Tod erhalten haben. In die letzten zwei oder drei
Jahrhunderte vor Christus und in die frühere Kaiserzeit gehören
die meisten Altertümer, die von dem historischen Kossura übrig
geblieben sind. Damals war die Insel, wie es scheint, wohl ange-
baut und bevölkert. Doch macht die Kultur, die aus den wenigen
erhaltenen Resten spricht, einen ärmlichen Eindruck; besonders
findet sich nichts, was auf einen bedeutenden Handelsverkehr
schliessen Hesse. Man hat für die Annahme eines solchen die
Thatsache geltend gemacht, dass auf Delos die Grabinschrift eines
Mannes von Kossura gefunden worden ist('). Im ganzen scheint
sich aber der Verkehr von Kossura nicht viel weiter als auf die
benachbarten Küsten von Sizilien und Afrika erstreckt zu haben.
Auch mit Sizilien sind wohl die Beziehungen bei den wenigen Ge-
genständen griechischen Ursprungs, die auf Pantelleria gefunden
worden sind, nicht besonders lebhafte gewesen. Um so enger aber
war das Band, welches die Inselbewohner mit der stammverwand-
ten Bevölkerung der ihnen zunächst liegenden afrikanischen Küste
und mit dem gleichfalls punischen Malta verknüpfte. Unter den
vielen karthagischen Stelen, die der Tanit-Pene-Baal und dem Baal
Hamman geweiht sind, befindet sich auch eine, welche den Namen
des Abdsafon, des Sohnes des Himilk, vom Volke Iranim d. i.
Kossura trägt (-).
Man verehrte auf der Insel, Avie aus den Münzen hervorgeht,
hauptsächlich Astarte und Baal Hamman. Nach dem punischen
(') C. I. G. II, n. 2322''2i . Jioi'vait Koaav{>ie /(>»;ffrs /«»"pe (freilicli ist die
Beziehung auf Kossura nicht unbedingt sicher; in der Inschrift steht koaaviiB
statt KoaavQie^.
(2) er. Semit. I, 1. 265.
398 A. MAVR. PANTELLERIA
NordatVika oder auch nach Malta weisen die Formen der Thonge-
fässe und die wenigen Terrakotten, die sich gefunden haben. Die
Münzen, die viele Berührungen mit denen von Malta zeigen, ent-
halten keine Spur von griechisch-sizilischem Einfluss. Soviel wir be-
merken können, herrschte bis zum Beginn unserer Zeitrechnung
auf Pantelleria eine ausschliesslich phönizische Kultur, die der
römischen wohl nur allmählich Platz gemacht hat.
Albert Mayr.
EIN THONGEFAESS DES C. POPILIUS
MIT SCENEN DER ALEXANDERSCHLACHT.
Zwischen die griechischen Fabriken thönerner Reliefgefässe (so-
genannte Megarische und Homerische Becher) und die bekannten
römischen Töpfereien von Calenum, Arezzo und Puteoli reihte H.
Dragendorft" in seinen Untersuchungen über Terra sigillata (Bonner
Jahrbücher 1896/97 S. 18 tf.) einen italischen Meister, Namens
C. Popilius, ein. Nach epigraphischen Kriterien glaubt man die
Thätigkeit dieses Töpfers um die Wende des S'*'" Jahrhunderts v. Chr.
ansetzen zu müssen. Seine Producte sind Becher mit Reliefverzie-
rung, die in Form, Decoration und Technik sich noch eng an die
Megarischen Vasen anlehnen. M. Siebourg- hat bald darauf (Römische
Mittheilungen 1897 S. 40 ff.) zu C. Popilius drei weitere, annähernd
gleichzeitige und jedenfalls ältere Töpfer als die Aretinischcn, ge-
stellt, den L. Appius, L. Atinius und L. Quintius, freie Biü-ger der
Republik, die nach dem Brauche ihrer Zeit das einfache Praeno-
men und Nomen auf ihre Werke setzen. Auch diese ]\Ieister fabri-
ziren, gleich dem Popilius, halbkugelförmige Becher ohne Fuss und
Henkel, theils mit schwarzem, theils mit rotem Ueberzuge, der
400 V- HARTWIG
jedoch nicht den Glanz der Calener und Aretiner Waare aufweist.
Der bildliche Sclmmck aller dieser Gefässe ist im Wesentlichen
decorativer Art : zwischen Guirlanden, farren wedelartigen Ranken
lind Arabesken erscheinen Putten, Delphine, Bukranieu, Masken
und dergleichen. Von Popilius kennt Siebourg neun Gefässe ; ein
zehntes befand sich, wie ich höre, einst in der Sammlung Fal-
cioni in Yiterbo. Auch dieses weicht in Form und Decoration nicht
von den bisher bekannten Vasen des Meisters ab.
Auf Tafel XI mache ich ein neues, elftes Werk des Popilius
bekannt, -welches aus dem Kömischen Kunsthandel in den Besitz
eines Englischen Sammlers übergegangen ist. Als Provenienz wird
Mittelitalien genannt; genaueres konnte ich über den Fundort nicht
erfahren. Die Farbe des Gefässes ist ein mattes Ziegelroth. Die
Oberfläche ist rauh, ähnlich wie bei vielen anderen Thonvasen dieser
Zeit. Verschieden von diesen ist jedoch die Form, welche die Vi-
gnette oben veranschaulicht. Es ist nicht der übliche fusslose, ei-
oder halbkugelförmige Becher, sondern eine gedrückte Schale mit
eingezogenem Rande, breiten Ringhenkeln und einem wenig profi-
lirten Glockenfusse. Die Höhe beträgt 7, der Durchmesser 1 1 Cen-
timeter. Die Meisterinschrift des Popilius läuft, in flachem Relief
eingepresst, horizontal unter der Hohlkehle des Randes hin. Ab-
weichend von den sonstigen Firmen des Meisters, welche immer
C. Popili lauten, erscheint der Name hier im Nominativ. Auch der
Charakter der Buchstaben ist etwas verschieden von den sonstigen
Popiliusinschriften (siehe Rom. Mitth. 97 S. 42): die Lettern sind
mehr in Monumental-, als in Schreibschrift wiedergegeben. Gewisse
charakteristische Formen, wie das ottene P und das C mit den ge-
rade abgeschnittenen, nicht einwärts gebogenen Enden, verweisen
unsere Inschrift jedoch in die gleiche Zeit, wie die übrigen Popi-
liusinschriften und diejenigen seiner Genossen: es liegt kein Grund
vor, einen anderen, jüngeren C. Popilius in dem Verfertiger un-
seres Gefässes zu vermuthen. In einiger Entfernung hinter dem
Namen Popilius erscheint der Rest eines weiteren Buchstaben.
Unser Zeichner hat hier nicht ganz richtig gesehen : am Originale
stellt sich dieser Buchstabenrest als ein halbmondförmiger Kreis-
abschnitt heraus, der oben keinen Abschluss hat. Wir können dem-
nach diesen Buchstaben zu C oder zu 0 ergänzen. Nun erscheint
aber auf drei der bisher bekannten Vasen des Popilius hinter dem
EIN THONGEKAESS UES C. l'nlMI.HS 401
Namen des Meisters, mehr oder minder vollständig, das Wort
*. Ocriclo " — wie schon Oarrucci iiiid neuerdings Siebourg ver-
miithet haben, der Ablativ des Städtenamens Ocricnlum (das heu-
ti«re Otricoli). Zur fJewissheit scheint mir diese Vermuthung da-
durch erhoben zu werden, dass auf einem anderen Gefässe des
Popilius ein zweiter Städtename, Mt'vania, auftritt: beide Orte la-
gen in Umbrien, an der alten Via Flaminia. Xiclitii steht im Wege
anzunehmen, dass der Meister an zwei Stellen Fabriken besass,
die nicht allzu fern von einander lagen und gute Verbindung mit
der Hauptstadt besassen. So möchte ich denn für den fragmentirten
Buchstaben auf unserer Schale die Ergänzung zu einem 0, als An-
fang eines <- Ocriclo ■', befürworten: weitere Lettern, für die ja noch
etwas Kaum ist, mögen beim Einstempeln zufällig ausgeblieben sein.
Als bildlichen Schmuck zeigt unsere neue Vase des Popilius
einen reichen Figureufries an der Aussenwaud und eine kleine, un-
bedeutende Löwenmaske auf der Unterseite, innen im Kunde des
Cxlockenfusses. \Vir wollten nicht unterlassen, diese Maske wieder-
zugeben (siehe die Schlussvignette), weil ihre Wiederkehr auf ähn-
lichen Römischen Thongefässen die Zuweisung unsignirter Vasen
an die Werkstatt des Popilius unterstützen kann.
Ein Blick auf die etwas verkleinerte Abbildung der Haupt-
darstellung auf unserer Tafel XI lehrt uns, dass wir hier, im Ge-
gensatz zu den bisher bekannten Popiliusvasen, eine einheitliche
Composition vor uns haben : einen Kampf zwischen Hellenen und
Barbaren und mehr, eine AViedergabe der wesentlichen Gruppen
jeuer Alexanderschlacht, welche uns in dem grossen Pompejanischen
Mosaik aus der Casa del Fauno erhalten ist (M. Es ist nicht der
erste Fall, dass wir Reminiscenzen an jenes Mosaik auf Monumenten
anderer Gattung finden. Hier ist in erster Linie der Schlachten-
tries auf dem grossen Sarkophage von Sidon zu nennen [Necropofe
ä Sidon lü. XXX p. 79] : ein Satrap auf gestürztem Pferde wird,
in ähnlicher AVeise, wie auf dem Mosaik, von Alexander mit der
Lanze angegritten. Ein unbedeutendes Sarkophagln-uchstück aus Iser-
nia, welches Garrucci in den Annali 1857 tav. IV publizirt hat
(i) AbfrebilJet: Mmeo Borbomco VIII tav. XXXVI ff.; Overbeck-Man.
roinpeji s/(il2; Wiener Vorleseblätter Serie IV, 8; i'.aumcister, Denkinü!. r
II 'I'af. XXI uml .".ftcr.
2(3
402 I' HAHTWIG
[siehe auch Wiener Vorlegeblätter Serie IV, 8], und vier Etruskische
Aseheukisten. die Connestabile in den Monimienti di Perugia tav. 25 tt'.
wiedergiebt [Wiener Vorlegebl. 1. c], bewahren in der Gestalt des
vorstürmenden Alexander, des gestürzten persischen Reiters und
des auf einem Wagen Üiehenden Königs wesentliche Theile der
Oomposition des Mosaiks aus dem Hause des Faunes, freilich vei-
stümmelt und io künstlerisch höchst rainderwerthiger Ausführung.
Die unteritalischen Vasen schliesslich, die man hierher bezogen hat.
mögen, aus später zu erörternden Gründen, eiustAveileu bei Seite
gelassen werden.
An Reichthum der Figuren kommt die Darstellung der Alex-
anderschlacht auf der Vase des Popilius dem Pompejaiiischen Mo-
saik am nächsten : nicht weniger als zehn Berittene, eine Qua-
driga und vier zu Fuss Kämpfende sind hier auf verhältnissmässig
engem Räume zusammengedrängt. Von vorn herein werden wir eine
bis in die Details gehende üebereinstimmung unseres kleinen,
in einer wenig vollkommenen Technik ausgeführten Reliefs mit
dem grossen Pompejanischeu Mosaikbilde nicht erwarten dürfen.
Die Gestalt des Alexander jedoch, welcher mit der Lanze in der
gesenkten Rechten auf einem mit dem Felle eines Raubthiers be-
deckten Rosse heransprengt, der mit seinem Thiere gestürzte, ver-
wundete Satrap, der auf seinem AVagen in Vorderansicht gesehene
König Darius, welcher die Rechte nach dem gefallenen Führer aus-
streckt, endlich der sein Viergespann mit der Geisel autreibende
Wageulenker : alle diese Hauptfiguren finden wir, mit geringen
Abänderungen, gleicherweise auf dem Pompejanischeu Mosaik, wie
auf unserer Vase. Bekleidet ist Alexander auf beiden Monumenten
mit dem Panzer und der Chlamys. Er ist auch auf unserem Re-
lief unbärtig, jedenfalls ohne Vollbart und mit blosem Haupte
dargestellt. Dieser letztere eigentliümliche Umstand hat wieder-
holt den Erkläi'ern des Pompejanischeu ]\Iosaiks zu aesthetischen
Erörteruncren Anlass gegeben : der Künstler habe, indem er deu
Helm des Königs wegliess. die charakteristische Form seines Hauptes
mit dem gleich einer Löwenmähne wallenden Haare in freier An-
sicht zeigen wollen [Overbeck, Pompeji^ S. 6L5]. Man beachte
jedoch, dass auf dem Mosaik in unmittelbarer Nähe des Königs
zwei weitere unbehelmte Krieger, im Relietfriese unserer Schale we-
nigstens ein solcher auftritt, der in einiger Entfernung auf den
EIN THoNfJEKAESS DES C. l'OI'ILILS 403
Makedoneu-König foltfonde Reiter, welcher auf steigendem Pferde
sich weiiduiid, seine Lauze in die Brust einco bereits am Boden lie-
genden Feindes stösst. Eine I<]rkläriiiig für die Barhäuptigkeit dieser
Makedonischen Keiter weiss ich nicht zu gehen ; es müsste denn
sein, dass wir annehmen, es läge ein rein künstlerisches Princip
zu Grunde, die Figuren in möglichst mannichfaltiger Erscheinung
zu zeigen, wie wir auf griechischen Älonumenteu mit Kampfscenen
im fünften und vierten Jahrhundert v. Chr. ganz allgemein behelmte
neben unbehelmten Kriegern sehm. Den eben genannten, seiner
Bekleidung mit Chlamys und Mantel nach sicher Makedonischen
Keiter auf dem sich emporl)äumenden Pferde glaube ich auch auf
dem Pompejanischen Mosaik reconstruiren zu dürfen : hinter Alexan-
der erscheint dort au der stark zerstörten Stelle des Mosaikbildes
der Kopf eines Pferdes und eines nach rückwärts gewendeten, zur
Erde blickenden barhäuptigen Jünglings, der nur ein Reiter ge-
wesen sein kann. Unterhalb sind Reste eines Gefallenen erhalten,
der wahrscheinlich, ähnlich wie auf der Schale des Popilius, von
der Lanze des Reiters bedroht wurde. Bemerkenswerth ist, dass eine
ähnliche Gruppe auch in der Schlachtscene des Alexandersarkophags
von Sidon vorhanden ist (').
Die Gruppe Alexanders und des getallenen Satrapen zeigt auf
unserer Vase in einem Punkte eine merkwürdige Abweichung von
dem Mosaikbilde ; der Satrap greift mit der Rechten nach einer Lanze,
welche in seine Hüfte eingedrungen ist, wie auf dem Mosaik, aber
es ist dies nicht die Lanze, welche Alexander in der gesenkten
rechten Hand hält. Diese zielt vielmehr nach dem Haupte des Sa-
trapen und die Bewegung seines erhobenen linken Armes kann nur
so autgefasst werden, dass er die Lanze mit der Hand packt, um
den Stoss derselben zu schwächen. Genau dasselbe Motiv giebt der
grosse Sidoniscbe Sarkophag wieder, nur mit dem Unterschiede, dass
Alexander die Lanze nicht mit gesenktem, sondern mit erhobenem
Arme gegen das Haupt des Perserfeldherrn stösst. Doppelt ist also
(') Der Typus des sich wendenden, einen zu seinen Füssen liegenden
Feind bedrohenden Kriegers hat ein langes Leben in der römischen Kunst.
Er findet sich mehrfach auf Reliefs und Elfenbeindiptychen bis in Constan-
tinische Zeit hinein. Sich bäumende Pferde, in ^"erkürzung von vorn gesehen,
kommen ähnlich auf dem Grabmale der Julier in S. Remy vor [Antike Denk-
mäler I. Taf. 16. 17].
404 H. HARTWIG
der Satrap auf unserer Schale augegritieii : die eine Lanze ist in
seine rechte Seite eingedrungen, die zweite, noch in der Hand des
Makedonischen Königs, bedroht seine Schläfe. Die Wiederholungen
der Gruppe auf dem Sarkophagfragmente von Isernia und auf den
Etruskischeu Cisten geben nur die Verwundung der Hüfte wieder,
die Bewegung des über das Haupt gelegten linken Armes ist hier,
ebenso wie auf dem Mosaik der Casa del Fauno, zu einer blo?sen
KeHexbewegung geworden.
Die Figur des Darius auf seinem Streitwagen ist im Mo-
tive aufs Engste derjenigen des Pompejanischen Mosaiks verwandt:
nur hält die linke Hand des Königs auf dem Mosaik einen Bo-
gen, während dieselbe auf unserer Reliefvase sich an den Wagen-
htuhl fest klammert. Sehr autfällig erscheint auf den ersten Blick,
dass sowohl auf unserer Vase, wie auf den anderen lieliefrepliken
der Alexanderschlacht, dem Sarkophag von Isernia und den Ascheii-
kisten, das vor dem AVagen des Königs im Centrum des Pompeja-
nischen Alexander-Mosaiks stehende, in kühner Verkürzung von
hinten gesehene Pferd fehlt. Dasselbe ist immer als ein wichtiger
Bestandtheil der Alexanderschlacht angesehen worden, besonders
von denen, welche meinen, es sei dasjenige Pferd dargestellt, welches
dem Perserkönige in der Schlacht von Issos zur Flucht verhalf. Wir
glauben allerdings, dass dieses Motiv auf den genannten Wieder-
holungen nicht als unwesentlich unterdrückt worden ist, sondern
vielmehr nur, dass es der (Jebertragung in den Reliefstil unüber-
windliche Schwierigkeiten entgegensetzte, namentlich bei einem so
kleinen Monumente, wie dem Popiliusbecher.
Was die Nebenfiguren der Alexanderschlacht betrifft, so glaube
ich, dass ein weiteres Vergleichen zwischen dem Becher und dem
Mosaik nicht thunlich ist. Unsere Reliefdarstellung verfährt mit
eigener Freiheit. Wir unterscheiden Makedonische Reiter, von
denen drei den gleichen, konischen Helm mit flatterndem Helm-
busche tragen, wir sehen Perser mit der Tiara zu Pferde, von denen
einer am Boden liegt, während sein Ross auf das Viergespann des
Königs lossprengt, wir gewahren endlich barbarisches Fussvolk mit
Schild und Kappe in kurzer Exomis, zum Theil aber auch, wie es
scheint, fast völlig unbekleidet.
Bei aller Verschiedenheit, welche zwischen diesen Figuren und
denjenigen des Mosaiks besteht, glauben wir doch daran festhalten
•in."!
KIN THONGKKAESS DKS C. l'i.lMl.llS
ZU müssen, dass ein und dasselbe Ori<?inal beide Darstellungen in-
spirirt hat. Ein Detail erscheint mir dafür besonders überzeugend:
man sieht über dem Haupte des gefallenen Satrapen, rechts von
Alexander, allerdings undeutlich und durch den dort ansetzenden
Henkel zum Theil verdeckt, einen Zweig jenes kahlen IJaumes, der
die landschaftliche Statfage in dem Pompejanischon Mosaik bildet.
Zur Klärung der Frage, welche Schlacht des grossen Alexan-
der jenes vermuthliche Vorbild dargestellt hat, giebt unsere neue
Darstellung keinerlei Anhaltspunkte. Bekanntlich hat man die
Schlacht am (iranikos, Issos, Arbela, neuerdings auch Cunaxa vor-
geschlagen. Letztere, von de Feis {La ballaglia di Cunassa. Fi.-
rense 189:3) aufgestellte Vermuthung, die sich auf eine meiner
Meinung nach falsche Interpretation einer Stelle in Xenophons Ana-
basis gründet, wurde bereits von Blanchere in der Reoae crili<iue
1893 (XXXVI) p. 269 abgewiesen (')• Aber auch die bisher am
meisten gebilligte Deutung auf die Schlacht von Issos ist in letzter
Zeit von^Jüthner und Petersen erschüttert worden [siehe Antike
Turngeräthe S. 43 Anm. 45].
Ein Gemälde eines unbekannten Meisters aus der Zeit des
grossen Alexander oder seiner Nachfolger wird allgemein als Vor-
bild des Pompejanischen Mosaiks angenommen. Auch unser Popi-
liusbecher bietet dafür, wie ich meine, einen neuen Beweis : die
Figuren auf demselben sind in einer vielmehr der Malerei als dem
KeUefstile gemässen Weise auf unebenem Terrain in drei oder vier
Plänen hinter einander angeordnet, sodass die am weitesten im
Grunde zurückstehenden gewissermaassen nur als Abbreviaturen er-
scheinen. Auch sind die Verkürzungen einzelner Figuren (das halb
in Vorderansicht gesehene steigende Ross, die am Boden hockenden
Gefallenen) gewiss Keminiscenzen einer ursprünglichen malerischen
Vorlage. Von dem geistigen Gehalt jenes grossen Vorbildes ist
naturgemäss nur wenig auf unser kleines Monument übergegangen.
Ks ist mehr episch, im Gegensatze zu den dramatisch bewegten
Gestalten des Mosaiks.
(1) Xenophon sagt, der jüngere K)V"^^ ><ei ^'Ü<k n]r xHfah^r i.i dio SchlacM
.regangcn, das heisst aber bei einem Barbare.ifürsten wohl nur ohne Me^ll-
belra,!!! der einfachen Mütze, wie yvuyoc er iuaxUo, nudus m tunica, eben-
falls nicht vom wirklichen Unbeklcidetsein zu verstehen ist.
40Ö 1'. HAKTWn;
Nicht überzeugeu kauu ich mich davon, dass Popiliiis nur die
Hauptgruppen des vermutheteu malerischen Originales der Alexan-
derschlacht wiedergebe und die Nebenfiguren willkürlich aus Stem-
peln, die nicht zur Composition gehören, hinzugefügt habe, ein
Verfahren, welches von den Aretinischen Töpfern häufig angewen-
det wurde. Die Nebenfiguren stehen in ihren energischen und in-
teressanten Motiven durchaus auf derselben Höiie wie die Haupt-
^a-uppen, in die sie aufs Engste verflochten sind. AVenn wir zwi-
schen den Nebenfiguren des Mosaiks und denjenigen des Bechers
keine wesentlichen Uebereinstimmungen nachweisen können, so
.schreibt sich das vielleicht daher, dass ihr gemeinsames Original
mehr Figuren aufAvies, als die eine und die andere Wiederholung
ims bietet. Die äusserste Gruppe rechts auf dem Mosaik enthält
mehr Lanzenschäfte als Träger.
Auf welche Weise Popilius zu der Composition auf seinem
Becher gelangt ist, lässt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Er
selbst wird sicherlich nicht das Original, noch auch eine Copie des
Alexandergemäldes gekannt haben. Das AVahrscheinlichste ist. dass
ihm das Modell einer toreutischen Arbeit der hellenistischen Epo-
che, einer Metallschale oder eines Bechers, vorlag, auf dem er Alles,
was er brauchte, vielleicht auch mehr, als er brauchte, vorfand. Die
Abhängigkeit fast aller römischen Vasen uiit figürlicher Darstel-
lung von toreutischen Werken hellenistischer und auch früherer grie-
chischer Zeit tritt ja durch die neuen Forschungen immer deutli-
••her zu Tage.
Die Entstehung des Alexandermosaiks in der Casa del Fauno
geht schAverlich über die Grenze des ersten Jahrhunderts v. Chr.
hinunter, wenn auch das Haus selbst in seiner Anlage älter sein mag
[Mau, Führer durch Pompeji S. 70]. Die Lebenszeit des C. Popilius
ist von Willmanns \_E2)h. epigr. I S. 11], Dragendorif und Siebourg
[1. c. S. 58] auf Grund paläographischer Beobachtungen zwischen
220 und 200 v. Chr. angesetzt worden. Sehr bemerkenswerth ist,
dass zwei von den bisher bekannten Bechern des Popilius in Gräbern
zusammen mit griechischen oder nach griechischer Art bemalten
Vasen spätesten Stiles gefunden worden sind und dass auch unser
neues Gefäss des Popilius sich, wie mir mitgetheilt wird, in einem
Grabe fand, welches Bronzegeräthe griechischen Importes enthielt. So
würden wir also in der Reliefschale des Popilius eine Wiederholung
EIN THONGEKAESS DES C. I'OI'IMIS 'JO?
der Alexanderschlacht zu erkennen haben, welche etwa hundert
Jahre älter ist, als das Ponipejanische Mosaik.
Wir haben bisher eine Reihe von Monumenten ganz bei Seite ge-
lassen, welche längere Zeit als Nachbildungen der Alexanderschlacht
gegolten haben. Es sind dies unteritalische Vasen, die Heydemann
im 8^'"" Hallischen Winckelmannsprogramm eingehend behandelt
hat. Diese Vasen geben Kämpfe zwischen Griechen und Orienta-
len wieder und dreimal findet sich hier, in überraschender Ue-
bereinstimmung mit dem Pompejanischen Mosaik, der mit der
Chlamvs bekleidete griechische Feldherr, behelmt jedoch und bär-
tig, und deraufdeai fiiehenden Gespann stehende Barbarenkünig,
welcher sich wendend die Hand gegen seinen Feind erhebt. Ro-
bert hat im 18'"" Hallischen Winckelmannsprogramm (S. 35)
Widerspruch gegen die Heydemannsche Erklärung erhoben : die
heute allgemein anerkannte Chronologie der bemalten Vasen erlaube
nicht mehr, Gefässe, wie jene eben genannten, bis zur Zeit Ale-
xanders des Grossen oder gar unter diese herab zu drücken. Dem-
nach seien hier vielmehr die Kämpfe des alten Hellas gegen die
Perser zu erkennen, welche, wie die Vase von Canosa mit dem
Kriegsrathe des grossen Königs beweist, thatsächlich auf unterita-
lischen Gefässen dieser Epoche wieder aufleben. Endlich bliebe auch
der mit einem korinthischen Helm bedeckte, vollbärtige - Alexan-
der " ganz unverständlich : kein anderes Monument hat uns ein
solches Bild des grossen Königs aufbewahrt.
Zugegeben, dass jeder Zusammenhang der unteritalischen Va-
senbilder mit einer Schlacht Alexanders des Grossen abgeschnitten
ist, so liegt uns doch die Ptlicht ob. einen Weg für die Erklärung
der merkwiü-digen Thatsache zu finden, dass wesentliche Züge der
Alexanderschlacht, wie sie uns in dem Pompejanischen Mosaik und
in den Reliefwiederholungen vorliegt, bereits auf bemalten Vasen
voralexandrinischer Zeit auftreten. Ich halte es nicht für unmög-
lich, dass der Zusammenstoss eines griechischen Feldherrn und eines
orientalischen Königs oder Satrapen schon vor den persischen Feld-
zügen Alexanders in der griechischen Kunst eine gewisse typische
Ausgestaltung erfahren hat, welche jene italischen Vasen wiederge-
ben. Wenn wir annehmen, der grosse unbekannte Künstler der Alex-
anderschlacht habe es nicht verschmäht, den neuen Vorwurf doch
wiederum in althergebrachte Formen zu giessen, so verliert freilich
408 r. haktwk;. ki.n thonühkakss des o. hoimlii'S
vor dem muderueü Kritiker das (iemälde au orij^iueller Ertinduni'
uud in gewissem Sinne auch an Prägnanz, indem mau vielleicht
nicht mehr an eine bestimmte Schlacht Alexanders denken dürfte :
thatsächlich ist es ja auch bisher Niemaudem geglückt, einen schla-
genden Beweis für eine solche beizubringen. Wir würden in dem
(jemälde vielmehr ganz allgemein das siegreiche Vordringen ma-
kedonisch-hellenischer Watten gegen die i\Iacht des Barbarenthumes
verewigt tinden.
Rom. Dez. 1898.
P. Hartwig.
GlUB r.EI VOLTEIÜIA.
Zwischen Cecina iiud Volterra, auf einer Anhöhe NW von Vol
dl Cecina half im verflossenen September einen Blitz eine altetrnski-
sche Grabkammer entdecken. Wo durch den Strahl eine Pinie ent-
wurzelt war, ward ein unterirdischer Hohlraum sichtbar, und nach-
tjrabend hatte der Grundbesitzer das Grab ausgeräumt, auch das
Vorgemacli fast freigelegt, als ich Anfang Oktobers l)ei Regenwetter
dasselbe besuchte und, von vielen Begleitern behelligt, die Maasse
nahm, nach welchen ich dann beifolgende Skizzen anfertigte auf 'Ao
reduciert, Grundriss und Ansicht, mit der Thür im Hintergrund (').
Die Bauart weist dem Grabe ein hohes Alter zu, und die wenigen,
in dem offenbar früher ausgeraubten Grabe gefundenen Gegenstände
bestätigen, dass es dem 6. Jhdt. angehört. Die runde Kammer.
8,20 m. im Durchmesser, ist aus unregelmässigen Kalksteinplatten
aufgebaut. In der 1,43 m. hohen senkrechten AVand sind die Stein-
lagen nicht so regelmässig, wie sie bei der durch 11 vorkragende, im
Grundriss mit verlornen Linien eingezeichneten Lagen gebildeten
Decke sein mussten. Die oberste, elfte Lage schliesst diese aber
noch keineswegs, sondern lässt noch einen Zwischenraum zwischen
sich und dem viereckigen Pfeiler, welcher als Stütze im Mittel-
l)unkt der Kammer steht. Aus drei übereinander stehenden Stückeu
ist er aufgerichtet, 0,50 X 0,40 im Grundriss, und trägt auf seinem
Scheitel, mit dem engsten jener vorkragenden Steinringe, wie ge-
sagt, ohne Berührung und über ihn hinaufragend, wie es scheint,
denn genau konnte ich das nicht sehen, eine grössere Abschluss-
('j Die Coiistruction der Kaninierwand neben der Thür habe ich im
«irundriss wohl nach Skizze und Maass eingezeichnet, ohne sie doch im Ein-
zelnen nonügend verbürgen zu können, weshalb ich auch im Aiifriss keine An-
deutung davon gemacht habe.
26*
410
E. PETERSEN
platte. Von einem Steinboden ist hinten, der Thür gegenüber, eine
grössere Platte geblieben, mit einer runden Höhlung darin, 0,30 m.
im Durchmesser, 0,17 m. tief, ohne Durchlass ('). Au der diesem
Steine gegenüberstehenden Seite des Mittelpfeilers war oben mit
vier Metallnägeln, ob Eisen oder Bronze vermochte ich nicht zu
o^o
1r»-
f,SO
2m
sehen, doch schien die Oxydation eher auf Eisen zu deuten, einst
etwas an den Pfeiler befestigt gewesen, allem Anschein nach eine
Platte, nach der Stellung der Nägel so breit wie der Pfeiler und
mehr hoch als breit.
(1) Iiighirami M. E. IV 83 sagt von Volterraner Gräbern jm mezzo alla
Hlanza suol essere scavata rozzamente una buca, forse per raccogliere Vuini-
JUä, und verweist auf Taf. XIII 2, den Grundriss einer runden Kammer von
S Fuss Durchmesser, mit unregelmässiger Vertiefung in der Mitte, und auf XVI,
wo die Höhlung in quadrater Kammer, mit drei Nebenräumen, regelmässig
wie in nii>f-r'r Tholos i.st.
GRAR REt VOI.TERRA 411
Aehnliclie Nägel waren in Abstünden von c. 30 cm., wenn
micli mein Gedäclitniss nicht täuscht, denn etwas eilig wie ich war
und wenig ungestört habe ich leider nicht alles Einzelne notiert,
an dem untersten der vorkragenden Steinringe zu bemerken, Hessen
sich aber nicht ringsherum constatieren, am besten noch an der
Hinterseite der Kammer. Zum Aufhängen von Kränzen oder von
Tafelgeschirr möchte man sie bestimmt glauben. \Veder vollständig
noch in ungestörter Lage war menschliches Gebein in der Kam-
mer gefunden, dem Anschein nach nm* von einem einzigen Todten.
I ■ ' ' ■ I I ■ ■ •
e.sa
fm. /rSro Zn
Die Thüröffnung, 1,30 m. hoch, unten 0,765 oben 0,74 m.
weit, war verschlossen gewesen durch die noch vorgefundene 1,32 m.
hohe, 0,85 m. breite Steinplatte. Der Vorraum ist unsymmetrisch,
vielleicht um die Verschlussplatte, wenn das Grab einmal geöffnet
Averden musste, einfach rechts zur Seite schieben zu können : es
blieb dann immer noch eine 0,52 m. breite Oeffnunsf, sfrade ge-
nügend um durchzukommen. Dass dieser Vorraum ähnlich wie die
Kammer gedeckt gewesen wäre, notierte ich. aber wie die Ansicht
von aussen, das war bei dem damaligen Zustande der Ausgrabung
noch nicht zu erkennen. Der Hügel, welcher das Grab birgt, misst
etwa 20 m. im Durchmesser, und der contadino machte unklare An-
deutungen von etwas, was noch draussenvor unter dem Schutte läge.
Bei demselben konnte ich später die wenigen Ueberbleibsel der
Grabausstattung sehen, die er noch vorgefunden hatte, ein par sauber
gearbeitete platte Gefässböden, aus Alabaster gedreht, ein Stück
412 E. PKTERSEN
vou einer Fibel aus Blassgold, geschwollener Bügel mit etwas geo-
inetrischein Ornameut. ein korinthisches Alabastron mit tiüchtiirer
schwarzer Bemaluug. vielleicht locale Imitation, endlich neben den
obenerwähnten Resten eines Skeletts auch eine Aschenurne aus
Kalktuff 0.845 lang, 0,23 m. breit, kastenförmig mit vier Füssen
und giebeldachförmigem Deekel, mit diesem 0,35, ohne ihn 0,25
hoch ; die meiner Skizze beigeschriebene Zahl 0.45 muss verschrie-
ben sein.
Etruskische Grabkammern, mitsammt die Decke tragenden Pfei-
lern aus dem lebendigen Tulf gehauen, sind an verschiedenen Orten
bekannt; so in Bomarzo ('), von quadratem oder vierseitigem Grund-
riss; eines nach Dennis I 171 seems to have been circular, ivltli
a piUar in llie cenlre, the umaL form of the sepulchres of Vol-
terra. Die aus der Umgegend von Volterra bekannten Rnndgrä-
ber (^) sind allerdings durch ihren grösseren Durchmesser von c. (j.
bis c. 12 Meter, durch die vorwiegend figürlichen Urnen und selbst
lateinische Inschriften jünger ; wir sehen, dass die runde Grabform
mit Mittelstütze in dieser Gegend viel älter ist. Nahe steht nach
Bauart das Grab der Pietrera von Vetulonia ('). das leider von dem
Entdecker nicht so aufgedeckt und erforscht ist, wie sich gebührt
iiätte. Viereckigen Grundrisses und über doppelt so grosser Boden-
tläche war von den zwei übereinanderliegenden Grabkammern die
(1) S. Mon. ined. d. last. I xl c. 1-4. Ann. 1832 S. 269, die Angabe
'lass die Säule aufgebaut sei unter ausgehaueuer Decke (so auch in Martha
A. E. S. 163 abgebildet), wird berichtigt durch Dennis P S. 167, der vielmehr
lue Wände innen mit ]\rauer\vork verkleidet angiebt, den Pfeiler rockhev'n, nur
an der Thürseite gerundet, hinten kantig. Sehr ähnlicli ist das Tuffgrab Inghi-
rami M. Etr. IV Taf. XV.
(2) S. Dennis II 152 und Inghirami J/. E. IV 88 nach älteren Quellen.
Bei letzterem S. 884 wird aus handscliriftlichem Bericht über eine Ausgrabung
<juarnacci's im .7. 1738 von etwa 20 Gräbern gesprochen, die alle aus Tuff
gehauen, in forma tonda con una colonna nel mezzo, zwar ohne die Urnen
gefunden waren aber döch mit den Stufen.
(3) Vgl. diese Mittheill. 1895 S. 79. Die dort anders als früher erkärte
Halbheit der Figuren glaube ich jetzt richtiger zu verstehen. Wie die schon
damals S. 81, der allgemeinen Uebereinstimniung wegen, verglichenen Sphy-
relata von Perugia aus zwei Hälften, zusammengesetzt waren, nicht rechter
und linker, wie das Holzbild des Rhoikos und Theodoros, sondern vorderer und
hinterer; so hat man auch in Stein arbeitend beide Hälften separat gebildet,
aus zwei wie Breter zusammcn<rekitteten Platten.
(ilJAU HEI VOLTKRKA .1]:!
obere, allerdings aus hürterein Stein auf-fefülute, vou imregelmässiger
Schichtung wie die Tholos von Val di Cecina, die untere in regu-
lären Lagen aufgebaut. Der Centralpfeiler der unteren Kammer,
auch selbst doppelt so stark als in der nicht lialb so grossen von
Val di Cecina, und über deren vertikale Wandhr.he jetzt noch em-
porragend, kann sehr wohl eine in gleichmässig vorkragenden Stein-
ringen ansteigende Decke aufgenommen liaben. wie ja die Decke
der oberen Kammer, aus dem Viereck allmählich ins Kund über-
gehend, noch theilweise erhalten gefunden wurde. Das neue (jrah
von Val di Cecina legt nun der Gedanken nahe, dass die unten-
Kammer der Pietrera eine gleicherjuaassen gebildete und von ihrem
Mittelpfeiler getragene Decke hatte. Die in meinem ersten Bericht
(91,231) erwähnte Mittelschicht von 1. m. Höhe zwischen den genau
übereinander liegender Wänden der oberen und der unteren Kam-
iner würde, wie wir jetzt sehen, grade ausgereicht haben für eine
durch Vorkragen gebildete Decke, und wenn, wie natürlich scheint,
auch der Pfeiler sich in der oberen Kammer fortsetzte, so wäre es
möglich, dass das Urab, zwar nicht von Anfang an, aber durch ])ald
erfolgten Weiterbau zweigeschossig geworden wäre ('). Was bei der
Pietrera nicht ermittelt worden ist, wäre vielleicht bei dem Grabe
von Val di Cecina zu ermitteln möglich. Meine Begleiter äusserten
mehrfach die Vermuthung, es möchte noch eine Kammer unter der
aufgedeckten liegen. Sie gründeten dies auf den dumpfen Klang,
wenn sie den Boden stampften. Ich ermuthigte sie nicht : eine wei-
tere Ausgrabung ohne sachverständige Leitung hätte ja alles ge-
fährdet. Hortentlich wird von berufener Seite das Nöthige vorge-
nommen.
E. Petersen.
(') Die Nachrichten von einem Volterraii'.r ipoijco mit zwei Kanunern
übereinander bei Inghirami J/. E. IV 93 ff. sind leider selir unklar.
zu S. 17U tf. und 180.
Eine erwünschte Bestätigung des oben nachgewiesenen engen
Zusamnieuhangs der ' Sikelischen ' Keramik der ' ersten ' und * zwei-
ten ' Periode haben Orsis Funde in Catania gebracht, über welche
derselbe im Maiheft der Notizie (ausgegeben erst in der zweiten
Hälfte des August) berichtet hat. Orsi sagt unter anderem : Ma ü
nsultato di gran hdicja piü interessante e quello di avere in
tutte codeste caverne — es handelt sich um grosse natürliche
Höhlungen innerhalb der alten Lavaströme um das Dorf Barriera
bei Catania — raccolto masse di materielle ceramico dei due pe-
riodi mescolato insieme, cioe in qiiantitä grande la ceramica co-
lorata dello Stile empestico primitivo asaieme a quella striata a
pimta colle forme speciali di T/iapsos, Co::o Pantano, Plemmi-
rio ecc. Auch die Ueberreste antiker Hütten conienevano mesco-
lato il materiale dei due periodl, per cid deve trattarsi non di
sovrapposisione ma di mescolanza e fusione delle due forme di
civiltä. Orsi gesteht, dass er ähnliche Beobachtungen bei Pachino
noch durch sovrapposizioni erklären zu müssen geglaubt hätte. Denn
aucli er selbst hatte nur sehr eingeschränkten Zusammenhang der
I. und II. Periode zugegeben. Jetzt macht er die neuen Thatsachen
in ihrem vollen Gewicht gegen die oben S. 170 ff. kritisierten Fol-
gerungen Patronis geltend. Wenn derselbe Orsi auch noch Notizie
98, S. 298 jeden contatto der I. Periode mit der Keramik von
Stentinello und der neugefnndenen von Matrensa oder Milocca
leugnet, so wird sich auch das noch zurechtstellen. Es ist ja klar,
dass, wenn die Stilarteu I. und IL, wie ich es S. 186 bereits aus-
gesprochen, und jetzt die Funde bestätigt haben, nebeneinanderher-
gehen, die IL Stilart von der vorsikelischen nicht mehr durch die
I. abgeschieden wird sondern unmittelbar an sie heranreicht. —
ZU S. 224.
Herr A. Schulten bittet Folgendes nachzutragen : ' Das Citat
auf S. 224 « tradazione bis Hirschfeld " berulit auf einem Irrtum '.
SITZUNGEN
1>. Deceniber, zum (ifdiichtiiiss Wiiickülniauns: P. Hartwig über
eine Reliefschale des C. Popilius s. oben S. :i!)l». — W. Ame-
LUNG über ein Relief des Thermenmuseums. — E. Petkksen
über Polygnotische Retiese an der Trajanssäule.
28. December: Ch. Huelsen über den Tempel der Venus Gene-
trix auf dem Caesarforura. — E. Petersen über liii Inter-
mezzo des ersten Dacischen Krieges an der Trajanssäule. —
H. Graeven über Darstellungen von Indern in der antiken
Kunst.
ERNENNUNGEN
Ernannt wurden im Jahre 1898.
1 zum Ehrenmitglied Graf Hugo Lerchenfeld auf K«ife-
ring und Schönfeld Exe. ;
2 zu Ordentlichen Mitgliedern die Herren: Rernh.vku
Arnold in München, Ludwig Borchart z. Z, in Kairo, Maxime
CoLLiGNON in Paris, B. Haussoullier in Paris, Jon. Ludwig
Heiberg in Kopenhagen, Wilhelm Pleyte in Leyden. Karl
Popp in München, Edmond Pottiek in Paris, Karl Schumacher
in Karlsruhe, Girolamo Vitelli in Florenz, Franz Wickhoff
in Wien;
3 zu Co rrespondier enden Mitgliedern die Herren : Fried-
rich von Bissing z. Z, in Kairo. G. Botti in Alexandria, Hans
Dragendorff in Basel, Henri Lechat in Lyon, Ludwig Mar-
TENS in Elberfeld, Bernhard Pick in Gotha, Emil Ritterling
in Wiesbaden, Emanuel Rizzo in Trapani. Heinrich Ludwig Ur-
lichs in München, Paul Weizsaecker in Calw, Kunhad AVer-
nicke in Berlin, Theodor Wiegand in Smyrna.
INHALT
W. Amelung. Orphisches in der unt eritalischen Vasenmalerei
S. 97-107.
H. Degering. Ueber die militärischeil Wegweiser in Pompeji
(Taf. V) S. 124-146.
P. Hartwig. Eine Schale des C. Pojnlius S. 399-408.
Oii. HüELSEN. Di im ritrovamento di oggetti jrrczio^i sulV Esqui-
lino nel 1545 S. 90-92.
H. Man CIN I, Scavi di Orvieto S. 192.
A. Mau, Ausgrabungen von Pompeji. Lisula J7 Lj (Taf. I.
II) S. 3-59.
A. Mayr. Pantelleria S. 367-398.
A. Michaelis, Monte Cavallo (Taf. VIII) S. 248-274.
P. Orsi, Le necropoli di Licodia Eubea ed i vasi geome-
trici del quarto feriodo siculo S. 30 "-366.
X. Persichetti, Alla ricerca della via Caecilia (Tav. VII) S. 193-
220.
E. Petersen, Der Faustkämpfer des Thi^rmemnuseumsS.93-9h'
" " Funde und Forschung S. 150-191.
" Grab bei Volterra S. 409-413.
L. Pollak, Neue Beiträge su den Meistersignaturen und
Lieblingsinschriften (Taf. IV) S. 79-89.
Laokoon (Taf. VI) S. 147-149.
M. Rostowzew, Das Patrimonium und die Ratio Thesaurorum
S. 108-123.
A. Schulten, Libello dei coloni d'un demanio imperiale in Asia
S. 221-247.
•I. Six, Ikonographische Studien S. 60-78.
('x.^TünLvwiTH, Bemerkungen von einer christlich- archäologi-
schen Studienreise nach Malta und Nordafrika
(Taf. IX. X) S. 275-304.
Z'i S. 170 und 180 S. 414.
Sitzungen S. 96. 415.
Ernennungen S. 415.
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