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Full text of "Mitteilungen des Deutschen Archaeologischen Instituts, Romische Abteilung. Bullettino dell'Istituto archeologico germanico, Sezione romana"

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THE  J.  PAUL  GETTY  MUSEUM  LIBRARY 


MITTIIEILUNGEN 

ÜKS     KAISEKLICH     UEUTSCHKN 

AROHAEOLOGISCIIEN   LNSTITUTS 

1{0I^]MTSCIIE   ABTIIEILUNG 
Band  XIII. 


BULLETTINO 

DELL' IMPERIALE 

ISTITÜTO  AßCIIEOLOGICO  GERMANICO 

SRZIONE   ROMA  NA 
Vol.  XIII. 


ROM 
[.  o  p:  S  C  H  E  R   &    C." 

(BRETSCHNEIDER  &  REGENBERG) 
1898 


AüSGKAI]UNGr]N  VON  POMPEJI 

INSULA    VI    15. 
(Taf.  I.  II) 


Seitdem  in  diesen  Miltheiliiugen  XT  1896  S.  3  11".  über  das 
das  Südende  der  Insula  VI  15  einnolimcnde  Haus  der  Vettier  be- 
richtet wurde,  ist  diese  ganze  Insnla  bis  an  die  Stadtmauer  aus- 
gegraben worden.  Es  sind  meist  kleinere  Wohnungen,  nur  ein  grosses 
Haus.  Das  Erdbeben  des  Jahres  63  hatte  hier  viel  Schaden  ange- 
richtet und  umfassende  Restauratiousarbeiten  zur  Folge  gehabt: 
wir  haben,  um  die  ermüdende  Aufzählung  zu  vermeiden,  in  unserem 
Plan  (Taf.  1.  II)  die  damals  entstandenen  Mauern  durch  eine  beson- 
dere Schraflirung  —  senkrecht  auf  die  Mauerlinie  —  bezeichnet. 
Diese  Restaurationsbauten  erstrecken  sich  nur  auf  den  südlichen  Teil 
der  Insula  (n.  1-5,  III);  weiter  nördlich  waren  die  Zerstörungen  ge- 
ringer und  man  hat  sich  in  den  beschädigten  Häusern  eingerichtet 
so  gut  es  ging.  Alle  diese  jüngsten  Mauern,  mit  einer  einzigen 
Ausnahme  (/  in  N.  6)  haben  keinerlei  Malerei  erhalten,  die 
meisten  nicht  einmal  rohen  Stuck,  so  dass  also,  mit  jener  ganz 
unbedeutenden  Ausnahme,  alle  Malereien,  auch  die  letzten  Stils, 
der  Zeit  vor  63  angehören.  —  In  unserem  Plan  sind  ferner  zuge- 
mauerte Thüren  durch  sich  kreuzende  Linien  bezeichnet.  Wir  be- 
ginnen die  Beschreibung  von  Süden. 

N.  2.  Not.  d.  sc.  1897  S.  19  ff. 

Kleines  einfaches  Haus.  Links  des  langen  Flurs  (fauces)  a  die 
Küche  /  und  eine  Kammer  m,  rechts,  vom  Inneren  des  Hauses 
cfetrennt,  die  kleine  FuUonica  N.  3. 

Beistehende  Reconstruction  im  Längenschnitt  kann  in  fast  allen 
Punkten  als  sicher  gelten.  Gegeben  ist  die  Dachschräge  über  a  c 
l  m.  Die  Fullouica  n.  3  dagegen  hatte  eine  Terrasse,  die  zum 
Trocknen  der  Stoffe  sehr  notwendig  war:  in  der  SW.ecke  ist  in 
der  Höhe  von  5,20  ein  Rest  derselben  erhalten.  Gegeben  ist  fer- 
ner  die    Höhe   der   Hausthür,    der   Einmündung   der   Fauces   ins 


4  A.    MAL' 

Atrium  h,  des  Einganges  zum  Tablinum  c.  Die  Höhe  des  Tabli- 
iiums  selbst  lässt  sich  aus  der  Wanddecoration  ziemlicii  sicher 
auf  .".  111.  bt-rechuen:  der  obere  Wandteil  konnte  nicht  niedriger 
und  doch  auch  nicht  viel  höher  sein,  als  er  angeuumnien  ist. 
Dagegen  war  /'  ursprünglich  höher;  zwar  der  die  Wand  oben 
abschliessende  vorspringende  Gurt,  aus  der  Zeit  des  ersten  Stiles 
erhalten,  reicht  auch  hier  bis  5  m.,  aber  da  über  ihm  keine  Bal- 
keulöcher  sind,  so  ist  anzunehmen,  dass  das  Zimmer  überwölbt 
war.  Später  einmal  wurden  Deckbalken  in  das  Niveau  eben  diese? 


Gurtes  gelegt,  und  hier  blieben  sie  bis  zuletzt,  obgleich  die  Stuck- 
decke noch  beträchtlich  niedriger  lag.  Weiter  ist  der  r.  Pilaster 
des  kleinen  Portikus  i  in  ganzer  oder  fast  ganzer  Höhe  erhalten, 
deutlich  ebenda  die  Höhe  der  Terrasse,  auf  die  die  vollkommen  er- 
haltene gemauerte  Treppe  hinaufführte.  Obere  Räume  über  e  f 
waren  nicht  vorhanden,  denn  sonst  würde  man  sicher  von  ihnen 
aus  die  Terrasse  über  i  zugänglich  gemacht  und  die  Treppe  in  k, 
die  ein  späterer  Zusatz  ist,  gespart  haben.  Auch  an  sich  ist  eine 
solche  Ueberragung  des  Atriums  durch  die  hinteren  Räume  nicht 
wahrscheinlich,  Regel  vielmehr,  dass  ihr  Dach  mit  dem  des  Atriums 
in  einem  gemeinsamen  First  zusammentrifft. 

Dass  hingegen  obere  Räume  rechts  vom  Atrium,  über  fj  h 
waren,  sowohl  vor  als  nach  63,  ist  ganz  sicher,  obgleich  hier  sonst 
keineswegs  alles  klar  ist.  Erhallen  sind  einerseits  die  Balkenlöcher 
der  Zwischendecke  und  die  in  unserem  Durchschnitt  sichtbare  Thür, 
andererseits  auf  dem  weissen  Stuck,  der  die  Stelle  eines  in  früherer 
Zeit  in  der  rechten  Vorderecke  des  Atriums  angebrachten,  Schrankes 
bezeichnet,  die  Spuren  einer  zu  dieser  oder  vielmehr  zu  einer  ähnli- 
chen Thür  hinaufführenden  Treppe.  Doch  kann  beides  nicht  gleich- 


AUSGRABUNGEN    VON    l'üMPKJI    INS.    VI    15  5 

zeitig  sein ;  denn  unter  oder  bei  der  Thür  sind  absolut  keine  Bal- 
kenlöcher für  einen  Treppenabsatz,  auf  den  die  Treppe  hätte  münden 
können.  Wir  unterscheiden  also  hier  drei  Perioden.  1.  Anlage  des 
Schrankes,  dessen  Fussboden  in  Mosaik  eine  Schildkröte  (?)  zeigt, 
schwarz  auf  weissem  Grunde  mit  schwarzem  Rande.  2.  Beseitigung 
des  Schrankes  und  Anlage  der  Treppe.  3.  Einsturz  im  Jahre  03 
mit  Ausnahme  der  Vorderecke;  Wiederaufbau,  aber  noch  ohne  die 
Treppe.  Dass  die  Vorderecke  mit  den  Spuren  des  Schrankes  und 
der  Treppe  ein  Rest  älterer  Zeit  ist,  ergiebt  sich  aus  dem  Gesagten 
mit  Notwendigkeit;  einige  sehr  geringe  Verschiedenheiten  in  der 
Bauweise  würden  an  sich  keinen  genügenden  Anhalt  für  diese 
Annahme  bieten. 

lieber  den  Räumen  1.  vom  Eingang  (/  m  c)  waren  keine 
oberen  Räume;  dagegen  befand  sich  ein  solcher,  nur  durch  eine 
Leiter  zugänglich,  über  dem  kleinen  und  niedrigen  Winkel  d. 

Von  Wanddecorationen  ist  wenig  erhalten.  Aus  der  Zeit  des 
ersten  Stils  stammt  in  f  der  vorspringende  Gurt,  der  damals  den 
obersten  Abschluss  der  Wand  bildete,  aus  der  Zeit  des  zweiten 
die  eine  Marmorbekleidung  nachahmende  Decoration  des  Tablinums 
e.  Dieser  ging  eine  Verengerung  des  Einganges  des  sich  einst  in 
fast  ganzer  Breite  auf  das  Atrium  öffnenden  Tablinums  voraus; 
aus  derselben  Zeit  stammen,  nach  dem  ganz  gleichen  Mauerwerk 
zu  schliessen,  die  Wandstücke  neben  dem  hinteren  Ausgang  des 
Tablinums,  auf  denen  aber  nur  die  Malerei  dritten  Stils  erhalten 
ist,  in  dem  auch  die  Seitenwände  des  Tablinums,  oberhalb  eines 
in  der  Höhe  von  3,04  sich  erstreckenden  kleinen  Gesimses,  ergänzt 
sind.  Im  dritten  Stil  waren  ferner  die  Wände  des  Gartens  k  ge- 
malt; erhalten  ist  nur  die  1.  Wand;  die  Rückwand  ist  jünger,  auf 
der  r.  ist  die  Malerei  durch  die  Treppe  verdeckt.  Die  Wand  ist 
in  drei  Felder  geteilt,  von  denen  die  beiden  Seitenfelder  die  be- 
kannte Gartenmalerei  (vgl.  Ant.  Denkm.  d.  Inst.  I,  11),  das 
mittlere  phantastische  Architekturen  enthält,  in  deren  Mitte  eine 
nicht  näher  kenntliche  Statue  steht.  Im  oberen,  wenig  erhaltenen 
Wandteil  breiteten  sich  die  Architekturen  über  die  ganze  Wand 
aus.  Mit  der  Malerei  des  Gartens  geht  zusammen  der  weisse  Stuck 
der  beiden  Pilaster  und  der  Säule  des  kleinen  Portikus  /,  dessen 
Wände  dagegen  auch  damals  keine  Malerei  erhielten;  ihr  roher 
Stuck  ist  dem  der  Pilaster  gleichzeitig  oder  älter. 


1^  A.    MAI 

Im  dritten  Stil  ist  fiM-uer  c  cremalt,  doch  ist  die  Malerei  nur 
auf  der  1.  und  Kückwand  erhalten  :  die  r.  und  Eingangswand  sind 
nach  <•:>  aiitgebaut  uud  uubeiiialt.  Das  Zimmer  ist  ein  Triclinium. 
höch  circa  4/20  bis  an  den  Ansatz  der,  da  über  dem  oberen  Ge- 
sims keine  Balkenlöcher  vorhanden  sind,  sicher  anzunehmenden 
Verschalung.  Eudlich  auch  das  Cubiculum  h,  wo  der  innere,  für 
das  Bett  bestimmte  Teil  sein  eigenes  Tonnengewölbe  hatte,  der 
vordere  höher  und  flach  gedeckt  war.  In  beiden  Räumen  ist  die 
Decoration  sehr  dürftig,  arm  an  ornamentalen  Details  und  diese 
so  grob  ausgeführt,  dass  man  vermuten  könnte,  es  sei  eine  Imita- 
tion aus  der  Zeit  des  letzten  Stils.  Aber  der  Charakter  des  Stils 
ist  doch  im  "Wesentlichen  so  gut  festgehalten,  dass  hieran  nicht 
zu  denken  ist.  An  bildlichen  Darstellungen  sind  nur  in  c  zwei 
F^inzelfiguron  zu  verzeichnen. 

1,  in  dem  gelben  Mittelfelde  der  1.  Wand,  h.  0,33:  Artemis, 
bekleidet  mit  einem  violett  und  blau  schillernden  Chiton,  der  auf 
der  r.  Schulter  geöffnet  und  hoch  über  den  Gürtel  heraufgezogen 
ist,  so  dass  die  Füsse  frei  werden,  bekränzt  (näheres  hier  und  im 
Gesicht  nicht  kenntlich),  tanzt  nach  r.  vorn,  indem  sie  den  Kopf 
zurück  (nach  1.)  wendet.  Sie  stützt  sich  in  diesem  Augenblick  auf 
die  Zehen  des  vorgesetzten  r.  Fusses;  der  1.  berührt  nur  mit  der 
Spitze  den  Boden.  Ein  Reh  liegt  mit  den  Hinterbeinen  auf  ihrer 
1.  Schulter,  mit  den  vorgestreckten  Vorderbeinen  auf  ihrer  in  die 
Höhe  der  Schulter  erhobenen  1.  Hand  und  wendet  den  Kopf  gegen 
ilir  Gesicht.  In  der  mit  zierlicher,  zum  Tanz  passender  Bewegung 
gesenkten  und  zurück  (nach  1.)  gestreckten  r.  Hand  hält  sie  eine' 
Situla.  Die  Tanzbewegung  zeigt  sich  auch  im  Gewände,  an  dem 
der  über  den  Gurt  herabfallende  Teil  und  wiederum  der  Saum 
unten  lebhaft  in  die  Höhe  schnellt. 

2,  in  der  Mitte  des  oberen  Teiles  der  Rückwand,  auf  schwar- 
zem Grunde,  h.  0,35:  Apollo,  nackt  ausser  einem  auf  der  r.  Schul- 
ter ruhenden,  bis  auf  die  Füsse  herabfallenden  hellfarbigen  Ge- 
wände, steht  da,  halb  nach  1.,  auf  dem  r.  Fuss,  den  1.  zurücksetzend, 
im  Begriff  die  Kithara  umzuhängen,  indem  er  sie  auf  dem  r.  Un- 
terarm in  die  Höhe  hebt  und  mit  der  hoch  erhobenen  L.  eines 
der  Hörner  fasst.  Zeichnung  und  Bewegungsmotiv  sind  schon,  wei- 
tere Einzelheiten  nicht  kenntlich,  namentlich  vom  Kopf  nur  der 
ümriss  erhalten. 


AUSGRABUNGEN    TON    POMPE.Il    INS    VI    15  7 

Vermutlich  ist  auch  f  einmal  im  dritten  Stil  gemalt  gewesen 
und  stammt  daher  das  weisse  Stuckgesims  mit  Keliefornamenten 
am  oberen  Rand  der  Wände.  Im  übrigen  sind  die  ganzen  AVände 
nach  63  mit  grobem  Stuck  überzogen  worden. 

Die  Fussböden  sind  von  der  dürftigsten  Art.  Mosaik  kommt 
ausser  dem  schon  erwähnten  Schrank  im  Atrium  nicht  vor.  Im 
Atrium  eine  graue  Masse  aus  gestampfter  Lava  imd  Ziogelbrocken 
in  Kalk  mit  wenigen  sehr  einfachen  Ornamenten  aus  weissen  Stein- 
chen, in  e  l  Siguinum;  in  /  eine  grobe  Stuckmasse  mit  unregel- 
mässigen Marmorstücken ;  k  war  ursprünglich  ein  Garten  und  hatte 
nur  vorn  und  links  eine  mit  dem  Fussböden  Yon  i  zusammenhän- 
gende Rinne  aus  Signinum;  später  erhielt  es  einen  Fussböden, 
ähnlich  dem  des  Atriums,  mit  eingelegten  unregelmässigen  Mar- 
morstücken. In  der  Mitte  sprang  ein  Springbrunnen  in  einem 
viereckigen  marmorbekleideten  Bassin,  aus  dem  eine  unterirdische 
Rinne  in  die  an  der  1.  Wand  entlang  laufende  Abzugsrinne  des 
Regenwassers  führt.  Die  Bleiröhren  der  Leitung  sind  im  Plan  mit 
punktirter  Linie  angedeutet. 

Mitth.  XI  (1896)  S.  4  ist  das  Signaculum  P  •  CR/SI -FA/SI 
aufgeführt  als  in  den  oberen  Schichten  des  Hauses  der  Vettier 
gefunden.  Ich  finde  aber  im  Ausgrabungsjournal  (13  März  1895, 
Not.  d.  sc.  1895  S.  109)  die  Fundnotiz:  nello  Strato  superiore  delle 
terre  a  nord  della  casa  in  corso  di  scavo,  d.  h.  nördlich  vom 
Hause  der  Vettier,  also  in  den  oberen  Räumen  des  eben  bespro- 
chenen Hauses,  welches  also  immerhin  das  Haus  des  P.  Crusius 
Faustus  sein  mag. 

Im  Zimmer  h  wurde  ein  im  Ausgrabungsjournal  [Not.  d.  sc. 
1895  S.  439)  als  bakchisch  bezeichneter  Hermenkopf  aus  gelbem 
Marmor  gefunden.  Es  ist  aber  ein  Porträtkopf,  hoch  0,18,  ein  Mann 
mit  starkem  Vollbart,  kurzem  krausen  Haar,  steilem  Profil  und 
gebogener  Nase.  Um  die  Haare  ein  Eichenkranz,  von  dem  Bänder 
auf  die  Schultern  fallen,  mit  zwei  Eicheln  über  jeder  Schläfe.  Die 
Büste  ist  gepanzert;   sonst  könnte  man  an  Zeus  denken. 

Im  Atrium,  in  g  und  in  k  wurden  im  Ganzen  sechs  Am- 
phoren oder  Fragmente  von  Amphoren  mit  Inschriften  gefunden 
(22  Juni,  9  Oct.,  5  Dec.  1895;  Notme  degli  scavi  1895  S.  251, 
439;  1896  S.  49).  Eine  derselben  ist  schon  Mitth.  1896  S.  97,  6 


^  A.    MAU 

mitgeteilt  woideif.  Unter  den  übrigen  ist  eine  (Form  X)  mit  der 
Inschrift  : 

A  AMOKPI 
TOY 

und  ein  kleines,  nur  0,12  hohes  cy  linder  förmiges  Gefiiss  mit  der 
Inschrift:  '/^OTICE  •  Sk/n;i 

In  dem  Zimmer  f  fand  niaa  ein  rundes,  sich  nach  unten  veren- 
gerndes Thougefäss,  innen  mit  Bronze  gefüttert,  aussen  von  Eisen- 
rini^en  eingefasst,  mit  deren  einem  die  Düte  des  starken  Holzgrilfes 
verbunden  war ;  ziemlich  unten  im  Gefäss  ein  Ausguss.  Man  hält 
es  für  einen  Schmelztiegel.  Durchm.  0,19.  In  h  fand  sich  eine 
kleine  Marmorbasis  (lang  0,16::^)  und  zwei  in  archaischer  Weise 
dicht  an  einander  stehende  Marmorfüsse,  lang  0,10.  Ferner  zwei 
Spinnwirtel  und  eine  Haarnadel  (lang  0,105)  mit  einer  Hand  am 
oberen  Ende,  ein  kleiner  viereckiger  Bronzespiegel  und  ein  Glas- 
tläschchen  {Not.  d.  sc.  1897  S.  426). 

Zwei  Wandinschriften  dieses  Hauses  sind  schon  Mitth.  XI, 
1896  S.  76  und  S.  95  n.  9  mitgeteilt  worden.  Auf  dem  rechten 
Pilaster  des  Tablinums  ist  eingekratzt: 

1.  N  •  RVI'VS 

Gemeint  ist  wohl  der  in  den  Wahlprogrammen  dieser  Strasse  öfter 
vorkommende  N.  Pupius  Rufus  (s.  unten).  —  Auf  der  einzigen 
Säule  des  Gartenportikus  steht: 

2.  SALVTATII 

N.  8  {Not.  d.  sc.  1897  S.  20  f). 

Gehört  dem  Grundriss  nach  zu  N.  2,  steht  aber  mit  dem 
Inneren  des  Hauses  in  keiner  Verbindung.  Es  scheint  eine  ganz 
kleine  FuUonica   zu  sein.   In   dem   Hauptraume  n   befinden  sich: 

ö,  in  der  1.  hinteren  Ecke,  in  einer  0,80  hohen,  mit  Signinum 
bekleideten  Aufmauerung,  eine  Cisternenölfnung,  von  0,55  Durchm. 
Daneben 

b,  ein  viereckiges  Bassin,  zwischen  a,  der  Südmauer  und  zwei 
niedrigen  Mauern,  von  denen  sich  die  nördliche  um  0,55,  die 
östliche  um  <J,7<,)  über  den  Fussboden   erhebt.   An   der   Südwand, 


AUSGRABUNGEN    VON    HOMI'E.II    INS-  VI    15  9 

zwischen  a  und  h,  führte  eine  Röhre,  wohl  ans  Blei,  senkrecht 
herab;  sie  teilt  sich  in  der  Aiifmauoriing  a  und  führte  von  der 
diese  Räume  bedeckenden  Terrasse  das  Regenwasser  in  a  oder  b, 
jenachdem  man  eine  der  beiden  Oetfnungen  verstopfte;  h  hat  ausser- 
dem unten  am  Boden  eine  Abtlu^süffnung  (Thonröhre)  nach  Norden. 
6-,  zwischen  a  und  drei  0,75  hohen  Mauern  vier  der  kleinen 
Plätze,  die  sich  in  allen  Fulloniken  finden  und  deren  Bestimmuno- 
aus  dem  bekannten  Bilde  der  grossen  FuUonica  erhellt :  man  wusch 
in  ihnen  die  Stoffe  indem  man  sie  in  hier  aufgestellten  Becken 
ausstampfte.  Nicht  hinlänglich  erklärt  ist  der  kleine  Hohlraum 
unter  dem  beckenartig  vertieften  Boden  dieser  kleineu  Plätze,  der 
sich  hier  wie  in  anderen  Fällen  findet  und  erst  sichtbar  wird,  wenn 
der  Boden  selbst  eingestürzt  ist. 

d,  vor  diesen  Plätzen :  eine  mit  kleinen  viereckisren  Ziecfeln 
gepflasterte  Fläche,  eingefasst  von  einer  ganz  niedrigen  Mauer  und 
geneigt  nach  SO,  wo  ein  Abfluss  nicht  kenntlich,  aber  anzuneh- 
men ist. 

e,  drei  aus  der  Südwand  vorspringende  kleine  Mauern,  hoch 
c.  1,25,  zwischen  denen  Regale  angebracht  waren. 

In  /  ist  ein  Sockel  aus  Ziegelstuck,  hoch  mit  dem  ihn  abschlies- 
senden breiten  Gurt  1,50,  nur  teilweise  erhalten.  Er  ist  älter  als 
die  eben  aufgezählten  Einbauten. 

lieber  den  noch  nicht  vollständig  ausgegrabenen  Kammern 
-p  q  waren  obere  Räume,  deren  Fussboden  bei  2,75  lag.  Eine  Treppe 
führte  an  der  W.wand  von  1.  nach  r.  hinauf,  war  aber  in  der 
letzten  Zeit,  nach  Anlage  der  FuUonicaeinrichtungen,  nicht  mehr 
vorhanden.  —  o  hat  die  Form  eines  Triclinium ;  an  den  Wänden 
ein  1,85  hoher  Ziegelstucksockel,  darüber  roher  Stuck.  In  den 
Sockel,  am  oberen  Rande,  sind  auf  der  W.  und  N.wand  drei 
identische  Exemplare  einer  Terracottaplatte  eingelegt,  h.  0,30, 
br.  0,295,  auf  denen  in  mit  Stuck  überzogenem  und  rot  bemaltem 
Relief  je  eine  Victoria  auf  einer  Biga,  n.  1.,  dargestellt  ist.  Die 
Pferde  sind  rötlich,  das  Gewand  auf  der  N.wand  r.  bläulich, 
sonst  grün.  Die  Platten,  bestimmt  als  fortlaufender  Streifen  an 
einander  gesetzt  zu  werden,  haben  oben  ein  kleines  Gesims,  un- 
ten einen  gezackten  Rand.  Von  einem  Gemälde  auf  der  Nordwand. 
h.  0,50,  br.  0,45  sind  nur  schwache  Spuren  kenntlich:  r.  etwas 
wie  eine  viereckige  Basis  oder  Altar,  darüber  und  dahinter,  wie  es 


10  A.    MAI' 

scheint.  Häiinie.  1.  zwei  mit  weisser,  bis  an  die  Kniee  reichender 
Timiea  bekleidete  Gestalten. 

Der  Inhaber  der  FuUonica  hiess  Mustius;  zwei  AVahliiro- 
jjramnie  auf  der  Strassen  wand  der  Fullonica  haben  seinen  Namen 
erhalten. 

1,  rechts  vom  Eingang  (/Vo/.  d.  sc.  1897,  109,  8): 


D\/D 


I1-V1R1DDIGNVM-RPC>' 
,  MVSTIVSFVLLOFACIT 
IVl   ETDEALBATSCRWICVS 
S?/^£RELIQ:SODALIB-NON/// 


Hinter  den  letzten  Resten  der  letzten  Zeile  ist  der  Stuck 
abgefallen.  Die  Ergänzung  des  Schlusses  ist  unsicher:  non\js~\?  zu 
scr{ibU)  iiiäcKS  vgl.  das  Gladiatorenprogramm  Not.  d.  sc.  1880, 
p.  299 :  scr.  Aemilius  Celer  sing,  ad  luna. 

2,  gleich  links  vom  Eingang  [Not.  d.  sc.    1897,  199,  6): 

IIVIR-I-  DOT ■  ÄPPVLElA 
,  CVMMVSTIO-VICINO-  V  acit 
lYi     ETNARCISSVSVOS  ROGA^ 

Kin  anderes  Duumviratsprogramm  des  M.  Piipius  (Rufus)  stand 
nicht  weit  von  hier  in  derselben  Strasse  auf  der  Westseite  der 
In>iila  YI  14  {CIL  IV  302);  einem  weiteren,  augensclieinlich 
relativ  alten,  werden  wir  weiterhin  begegnen.  Ein  Aedilitätspro- 
gramm.  auch  ohne  Cognomen,  CIL.  IV  142.  Ferner  kommt  er  in 
einem  nicht  datirten  Triptychon  des  Jucundus  vor  (De  Petra  100, 
CIL  IV  Suppl.  CIX).  Seine  Candidatur  fällt  wohl  sicher  vor  63. 
Ob  Mustius  noch  in  der  letzten  Zeit  hier  sein  Gewerbe  betrieb, 
bleibt  zweifelhaft.  Irgend  welche  darauf  deutende  Funde  sind  nicht 
gemacht  worden.  Man  fand  eine  muschelförmige  bronzene  Kuchen- 
form, ein  kleineres  Bronzegefäss,  einen  bronzenen  Gefässhenkel.  ein 
cylinderlVjrmiges,  0,085  hohes,  innen  mit  Weidengeflecht  gefüttertes 
Bronzegefäss,  in  den  Not.  d.  sc.  als  Form  zur  Bereitung  der  Ricotta 
bezeichnet.  Es  mag  immerhin  bemerkt  werden,  dass  dies  Milchpro- 
duct  noch  jetzt  bei  Neapel  in  solchen  kleinen  cylinderförmigen  Korb- 
behältern hergestellt  wird,  während  bei  Rom  grössere  Formen  üblich 
sind.  Ferner  drei  Gewichte,  eines  aus  "  Travertin  "  (1590  gr.). 
zwei  der  bekannten  elliptischen  aus  IJlei  (1020  und  G90  gr.),  zwei 


AUSGRAHUNGEN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15  11 

Kupfermünzen,  zwei  Flaschen  und  zwei  Salbenfläschchen  aus  Glas, 
feine  Sacknadel,  eine  Pincette,  eine  Sonde  und  einen  schlangen- 
örmigeu  Fingerring  aus  Bronze.  An  der  Thür  fand  sich,  gut 
erhalten,  das  grosse  eiserne  Schloss. 

In  0  fand  sich  eine  aretiuische  Schale  mit  der  Marke  FELICIO, 
zwei  kleine  Thongefässe,  eine  grün  glasirte  Thonlampe,  eine  elfen- 
beinerne Spindel  und  ein  Bronzeeimer  auf  drei  würfelförmigen 
Bleifüssen. 

N.  4.  5. 

Regelmässiges  Haus  mit  Atrium,  Garten  und  Porticus  vor  und 
rechts  von  demselben.  Für  beistehende  Restauration  im  Läugen- 
schnitt  sind  gegeben  die  Höhen  der  Hausthür,  der  p]inmündung  des 
Flurs  ins  Atrium,  der  Thüren  am   Atrium   (nicht  der  Alae),    des 


h-i-) — I — I — ^ 


hinteren  Ausganges  des  Tablinums,  der  Säulen  des  Porticus.  Das 
Gebälk  dieser  letzteren  ist  nicht  erhalten,  doch  ergiebt  sich  seine 
Höhe  aus  dem  seinem  oberen  Rande  entsprechenden  epistylartigen 
Streifen  auf  der  Rückwand.  Die  Höhe  des  Tablinums  konnte  aus 
der  Wanddecoration,  die  seines  vorderen  Einganges  aus  der  Breite 
der  Fckpilaster  (0,45  gegen  das  Atrium,  0,56  gegen  das  Tabliuum : 
ersteres  massgebend)  so  ziemlich  berechnet  werden.  Für  die  Höhe 
des  Atriums  sind  zwei  Drittel  der  Breite  angenommen. 

Das  Haus  bestand  wesentlich  so  schon  zur  Zeit  des  ersten 
Stiles :  Decorationen  desselben  sind  in  c  g  und  k  (der  obere  Wand- 
teil) erhalten.  Vor  oder  in  der  Zeit  des  zweiten  Stils  wurden  die 
beiden  Thüren  zwischen  h  k  und  dem  Atrium  vermauert.  Male- 
reien zweiten  Stils  sind  erhalten  in  li  s  (oberer  Teil)  iv ;  geringe 
Reste  auch  in  /^,  einem  Cubiculum,  in  dem  der  Platz  des  Bettes 
und  der  übrige    Raum  jeder  sein  eigenes    Tonnengewölbe   hatten. 


l'J  \.    MAI" 

Der  dritte  Stil  ist  sehr  schwacli  vertreten:  nur  das  kleine  Cnbi- 
ciilum  w  zeigt  eine  ihm  wenigstens  verwandte  Form  auf  weissem 
Grunde,  einfach  und  ohne  Interesse.  Auch  von  Malereien  letzten 
Stils  ist  wenig  erhalten :  Reste  eines  schwarzen  Sockels  in  den 
Fauces  a ;  sehr  einfache  Decorationen  in  der  r.  Ala  /  und  im  Por- 
ticus  s;  einfach  auch  /  auf  gelbem,  die  unteren  Waudteile  in  /: 
auf  weissem  Grunde;  ein  dürftiger  Rest  des  oberen  Wandteils  im 
Tablinum  /:  eine  gut  erhaltene  aber  ganz  rohe  Decoration  auf 
weissem  Grunde  in  «. 

Alle  Malereien,  auch  die  letzten  Stils,  stammen  aus  der  Zeit 
vor  Cüi:  die  nach  dem  Erdbeben  aufgebauten  Mauern  (im  Plane 
angedeutet)  blieben  ganz  ohne  Stuck.  Das  Haus  war  zur  Zeit  der 
Versehüttung  bewohnt,  aber  unfertig;  in  e  liegt  ein  Haufe  zer- 
stossener  Ziegel  um  Signinum  zu  machen. 

Im  Einzelnen  ist  noch  Folgendes  zu  bemerken.  Der  linke 
Pfosten  des  Strasseneinganges  ist  nach  63  wieder  aufgebaut;  aber 
der  ihn  bekrönende  Tutfwürfel,  so  wie  auch  das  Zahnschnittgesims 
aus  Tutf  über  dem  hölzernen  Thürsturz  stammen  aus  der  Zeit  des 
ersten  Stils  und  sind  bei  dem  Wiederaufbau  an  ihre  alte  Stelle 
gelegt  worden.  Die  Thür  liegt  1,30  von  der  Strasse  und  lässt  vor 
sich  ein  kleines  Vestibulum  frei.  Ihr  Sturz  lag  bei  3,30. 

d  und  p  waren  in  einer  früheren  Zeit  Läden;  neben  einem 
jeden  derselben  war  noch  eine  direct  von  der  Strasse  zugängliche 
Treppe  zu  Oberzimmern,  die  aber  in  p  in  der  letzten  Zeit  nicht 
vorhanden  war;  die  Treppenthür  ist  hier  vermauert.  In  d  ist  der 
Sachverhalt  nicht  klar,  weil  die  Mauern  nicht  so  hoch  erhalten 
sind.  Im  Innern  des  Hauses  waren  die  Räume  des  Erdgeschosses 
viel  höher  {o  zur  Zeit  des  ersten  Stils  nicht  unter  4,40)  und  ein 
Oberstock  nicht  vorhanden. 

In  p  fand  man  zwei  Thonlampen,  sieben  gläserne  Halsband- 
perlen,  ein  kleines  Thongefäss,  drei  Fragmente  der  Elfenbeinver- 
zier.mgen  eines  Bettes  {Not.  d.  sc.  1896  S.  204). 

O.fenbar  stand  in  der  NO.ecke  des  Atriums  ein  Schrank,  der 
die  zahlreichen,  hier  gefundenen  Gegenstände  enthielt  {Not.  d.  sc. 
1806  S.  228,  18  und  23  Mai).  Vor  allem  zwei  Signacula: 

1.  TITINIÄ. 

S  A  T  V  R  In[ 

2.  L-SEVNSX^ON(Z.   Scpimi  Sumphoni) 


AUSGRABUNGEN    VON    POiMPEJI    INS.  VI    15  13 

Ausserdem  verschiedenes  Bronzegerät ;  darunter  eine  Patera,  deren 
Griff  in  einen  Widderkopf  ausläuft,  eine  Striegel,  ein  OelHäschchen, 
eine  Kuchenlbrm;  ferner  Glasgerät:  Flaschen,  Schüsseln,  ein  Trink- 
glas u.  a. ;  auch  einige  Thongefässe.  Endlich  ein  elliptisches  Stück 
Glasfluss  (Durchm.   0,04  und    0,033)    mit   Relief  in    Weiss:    ein 
nackter  Jüngling,   mit    Helm    und   rundem    Schild,   gleitet    dem 
Zuschauer  zugewandt,  vom  Pferde,  indem  er  mit  der  R.  den  Züo-d 
hält.   Das   Pferd    steht,  Vorderfüsse  und    Hiuterfüsse    fest  neben 
einander  gesetzt.  Sogliano  Not.  1897  S.  22  vergleicht  mit  Recht 
die  Dioscuren  von  Locri,  welche  freilich  im  vollen  Laufe  abspringen. 
Am  Atrium  waren  e  f  m  n  o  Cubicula.  Zwei  Triclinien  k  k 
lagen  neben  dem  Tablinum.  In  k  hat  die  1.  Wand  an  der  Innen- 
ecke die  gewöhnliche  Einhöhlung  für  das  kurze  Ende  des  Lectus 
medius. 

Zahlreiche  Gegenstände  wurden  in  n  o  gefunden  {Not.   18Ü(J 
S.  229).  Auch  hier  ein  Signaculum: 

C  •  STLACCl 
EPITYNCHSf 

Ferner  zwei  vespasianische  Dupondien  und  verschiedenes  Bronze- 
gerät: zwei  Kochtöpfe,  zwei  Kuchenformen,  eine  Pfanne,  eine  kleine 
Schüssel,  eine  kleine  Amphora,  eine  Lampe,  die  oben  in  einen  Gänse- 
kopf endet  und  mit  einer  Kette  versehen  ist,  an  der  der  Stöpsel  und 
der  Haken  zum  Aufhängen  angebracht  sind.  Weiter,  auch  aus  Bron- 
ze, ein  Schreibstift  und  ein  kleiner  viereckiger,  mit  einem  weissen 
Metall  überzogener  Spiegel  (0,149  X  0,122).  Wenig  Thongerät: 
eine  aretinische  Schüssel  (Durchm.  0,182),  mit  Gritf  innen  am 
Boden,  und  3  kleine  Gefässe.  Vier  Glasflaschen  (h.  0,108  —  0,18), 
ein  Salbeutiäschcheu,  ein  kleines  Glasgefäss  und  zwei  kleine  Scha- 
len, davon  eine  aus  farbigem  Glas.  Aus  Knochen:  eine  Spindel, 
ein  Lötfei,  eine  kleine  Striegel,  und  drei  Streifen  die  als  «  stecche  « 
(Falzbeine)  bezeichnet  werden.  Ein  elfenbeinerner  Würfel,  ein 
schlangenförmiger  silberner  Ring,  ein  Bleigewicht.  Es  ist  wahrschein- 
lich, dass  auch  diese  Gegenstände  in  Schränken  aufbewahrt  waren. 
Am  Atrium  liegt  ferner  noch  das  kleine  Sacellum  c  aus  der 
Zeit  des  ersten  Stils.  Die  Rückwand  des  kleinen  Raumes  enthält 
eine  fast  die  ganze  Breite  einnehmende  Nische,  eingefasst  von  zwei 
Pilastern   mit    Epistyl,  Fries  (dessen  Farbe   verloren)   und   Zalm- 


11  ^-  •^«•^' 

sdniittgesims.  Später—  es  kann  zur  Zeit  des  zweiten,  aber  auch  des 
letzten  Stils  gewesen  sein  —  wurden  in  der  Rückwand  der  Nische  drei 
kleine  gewölbte  Nischen  angebracht,  die  zur  Rechten  etwas  grösser 

als  die  anderen,  und  vor  denselben 
zwei  gemauerte  und  mit  gelb  mar- 
morirtem  Stuck  bekleidete  Altäre. 
Waren  vielleicht  zwei  Nischen 
mit  gemeinsamem  Altar  für  die 
Laren,  die  dritte  für  den  Genius? 
Oder  zwei  für*  Laren  und  Ge- 
'  "  "  "  ^  nius,  die  dritte  für  die  Penaten? 

Kiidlich  noch  eine  dache  Nische  über  dem  Gesims,  gewrdbt  aber  nach 
rechts  bis  zur  Höhe  des  Gewölbeansatzes  rechtwinklig  erweitert. 
Man  fand  in  diesem  kleinen  Räume  eine  kleine  aretinische  Schale 
(l)urchm.  0,097).  ein  Schabeisen  und  vier  Kupfermünzen,  davon  zwei 
Neros,  eine  Vespasians.  eine  unkenntlich  {Not.  1895  S.  439). 

Die  Gartenportiken  befanden  sich  zur  Zeit  der  Verschüttung 
in  ganz  unfertigem  Zustande.  Mancherlei  Veränderungen  haben  hier 
stattgefunden,  alle,  wie  es  scheint,  nach  63;  es  ist  mir  aber  nicht 
gelungen  über  die  Geschichte  derselben  ganz  ins  Klare  zu  kommen. 
Xuf  eine  Säule,  gleich  rechts  für  den  aus  dem  Tablinum  kom- 
menden, ist  relativ  alt  und  mit  Stuck  (unten  rot,  oben  weiss) 
bekleidet;  die  anderen  sind  alle  nach  63  aufgebaut  und  waren 
stets  ohne  Stuck.  Ebenso  die  die  Säulen  verbindende,  nur  dem 
Tablinum  gegenül)er  fehlende  niedrige  (0,4o)  Brüstung,  welche  an 
die  neuen  Säulen  hinan  gemauert  und  auch  ohne  Stuck  ist.  Aus 
der  Zeit  nach  63  stammt  auch  die  Regenrinne ;  sie  ist  mit  rotem 
Stuck  bekleidet  und  man  möchte  sie  für  älter  halten;  doch  ist 
ihr  Stuck  an  die  eben  erwähnte  Brüstung  hinangestrichen,  also 
jünger  als  dieselbe.  Ferner  setzt  sie  die  Erweiterung  des  Gartens 
nach  Norden  voraus,  die  ihrerseits  mit  Wahrscheinlichkeit  der  Zeit 
nach  63  zugeschrieben  werden  kann.  Es  ist  nämlich  evident,  dass 
der  Vorderportikus  .s'  noch  als  sein  Fussboden  —  terrassirt  aus 
weissen  Steinchen  —  gemacht  und  er  im  vierten  Stil  ausgemalt 
wunie.  sich  nördlich  nicht  über  /j  hinaus  erstreckte.  Auch  der 
weisse  Stuck  auf  den  Wänden  des  engeren,  nördlichen  Teiles  setzt 
die  Trennung  voraus,  und  es  ist  auch  ganz  klar,  dass  hier  damals 
der  Fussboden  in  gleicher  Höhe  mit  dem  jetzt  um  0,50  höheren 


AUSGRAHUNGEN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15 


15 


SÄ. 


des  rechten  (Nord-)Portikus  t  lag.  Weiter  ist  ganz  sicher,  dass 
eben  dieser  Nordportikus  tVüher  mit  dem  Nachbarhaiise  N.  6  ver- 
bunden war,  in  dem  noch  jetzt,  wie  unser  Plan  zeigt  und  gleich 
Aveiter  zu  bemerken  sein  wird,  der  östliche  Abschluss  seiner  ältereu 
Säulenreihe  liegt:  die  Trennungsmauer  gehört  zu  den  jungen,  nie 
bemalten.  Also  damals  gehörte  auch  der  nördliche  Teil  von  s  zu 
N.  6.  Auf  die  Abtrennung  und  Vereinigung  mit  unserem  Hause 
folgte  keine  Malerei,  keine  Fussbodenarbeit;  wir  dürfen  sie  also 
wohl  sicher  nach  63  ansetzen.  Die  Traufrinne  aber  erstreckt  sich 
vor  dem  ganzen,  verlängerten  Portikus,  ohne  irgend  welche,  auf 
nachträgliche  Veränderung  deutende  Ungleichmässigkeit ;  sie  muss 
also  für  noch  jünger  gelten.  Und  doch  sind  noch  auf  ihre  Anlage 
bedeutende  Veränderungen  auf  der  Nordseite,  t,  gefolgt. 

Der  Fussboden  von  t  liegt,  wie  schon  gesagt,  um  0,50  höher 
als  der  von  5;  eine  Futtermauer  stützt  ihn  gegen  den   Garten  u. 

Die  Ecksäule  ist  denen  von  s 
an  Höhe  gleich,  dagegen  sind 
die  in  l  die  Stelle  der  Säulen 
vertretenden  Mauerstücke  oder 
Pfeiler  mit  angelehnten  Halb- 
säulen um  0,40  höher ;  die 
Lösung  konnte  nur  eine  unor- 
c  '      .         «      s  -  .    n     ganische  sein,  indem  das  Ge- 

bälk  von  t  in  das  von  8  ober- 
halb des  Capitells  eingriff.  lieber  t  lag  zunächst  kein  Dach,  son- 
dern ein  Zwischenboden  und  über  diesem  wahrscheinlich  obere 
Zimmer,  in  gleicher  Höhe  mit  denen  über  lo  x  y  z  «,  und  die 
Ungleichmässigkeit  der  Portiken  wird  sich  Avohl  eben  daraus  erklä- 
ren, dass  für  die  Höhe  von  t  die  Höhenlage  des  aus  älterer  Zeit 
stammenden  Oberstockes  über  w  x  y  z  a  massgebend  war,  während 
man  für  s  nicht  von  dem  früher  bestandenen  im  Sinne  einer  für 
den  Geschmack  dieser  Zeit  übermässigen  Höhe  abweichen  wollte. 
Unsere  Figur  zeigt  die  Nordseite  des  Gartens,  wie  sie  nach  63  auf- 
gebaut war,  oder  vielleicht  zum  Teil  erst  aufgebaut  werden  sollte. 
In  y  führte  eine  Treppe  (N  nach  S)  in  den  Oberstock. 

Es  sind  aber  in  t  reichliche  Spuren  aus  älterer  Zeit  vorhanden, 
in  der  sich  vor  lo  y  z  ein  schmälerer  Portikus  erstreckte,  der 
mehrfache  Veränderungen  erfuhr. 


16  A.    MAi; 

1.  Die  älteste  Spur  ist  ein  Rest  einer  Backsteiuhalbsäiile, 
Diirchin.  U,44,  an  der  Westwand,  1,35  vom  Anfaugsstück  des 
jetzigen  Portikus,  und  von  da  aus,  parallel  der  jetzigen  Pfeiler- 
rcihe,  eine  Fuudamentspur,  keine  sicheren  Säulenspuren. 

2.  Jün<'er  ist  an  derselben  AVand,  2.85  vom  Anfangsstück  des 
jetzigen  Portikus,  eine  Backsteinhalbsäule,  Durchm.  0,30.  Von  ihr 
aus  ein  Fundament;  auf  diesem  zwei  Säulen  und  eine  Halbsäule 
an  der  Ostwaud.  Diese  letztere  ist  2,32  hoch  und  mit  einem  sich 
nach  oben  capitelhirtig  verbreiternden  Stein  abgeschlossen.  Diese 
Säulenreihe  stammt  aus  einer  Zeit  wo  dieser  Nordportikus  sich 
weiter  als  jetzt  nach  Osten  erstreckte  —  das  Endstück,  ein  Pfeiler 
mit  angelehnter  Säule,  mit  dicker  Stuckhülle,  steht  im  Garten  des 
Nachbarhauses  N.  <3  —  sollte  aber,  wie  die  Halbsäule  an  der  ganz 
jungen  Ostwand  beweist,  auch  bei  der  Neugestaltung  Verwendung 
tinden,  die  keine  andere  sein  konnte,  als  dass  sie,  seltsam  genug, 
als  innerer  Portikus  unter  dem  grösseren  stehen  bleiben  sollte.  Die 
Säulen  waren  durch  eine  0,30  hohe  Brüstung  verbunden,  die  im 
ersten  Tntercolumnium  von  Osten  fehlte.  Der  Portikus  war  damals 
nur  1,46  breit,  bis  an  den  Stylobat. 

3.  Auf  demselben,  nur  0,28  breiten  Stuckstylobaten  ist,  1,05 
von  der  Ostwand,  die  Spur  einer  Backsteinsäule  von  0,22  Durchm. 
erhalten:  ein  Rest  einer  älteren,  durch  die  eben  besprochene 
ersetzten  Säulenreihe. 

4.  Endlich  können  wir  noch  feststellen,  dass  in  noch  älterer 
Zeit  an  der  Stelle  von  t  gesclilossene  Räume,  Zimmer,  vorhanden 
waren.  Wir  entnehmen  dies  aus  einer  Reihe  von  Balkenlöchern  in 
der  Westwand,  die  einen  oberen  Fussboden  in  der  Höhe  von  3,10 
bezeugen.  Da  die  Balken  in  der  Längenrichtung  des  jetzigen  Por- 
tikus lagen,  sich  aber  doch  nicht  über  dessen  ganze  Länge  er- 
strecken konnten,  so  setzen  sie  offenbar  nordsüdliche  Querwände, 
in   die  sie  eingritfen,  voraus. 

Das  höhere  Alter  von  1  gegenüber  2  und  3  kann  nicht  wohl 
in  Frage  gestellt  werden,  da  2  bis  zuletzt  bestand  und,  wie  bemerkt, 
auch  weiter  bestehen  sollte,  1  aber  offenbar  beseitigt  war  bis  auf  die 
nicht  leicht  zu  beseitigende  Halbsäule  der  Westwand.  Sehr  merk- 
würdig ist  dem  gegenüber,  dass,  wie  Not.  1897  S.  28  berichtet 
wird,  otfenbar  auf  Grund  einer  Nachgrabung,  die  Regenrinne  der 
Vorderseite  (.s)  sich  unter  der  Erde  über  die  Ecke  hinaus  bis  an 


AUSGRABUNGEN   VON   POMPEJI    INS.  VI    15  17 

das  Fundameut  von  1  fortsetzt.  Es  könnte  danach  scheinen,  als 
habe  noch  als  nach  der  nördlichen  Erweiterung  von  s  die  Regen- 
rinne gelegt  wurde,  bei  1  die  Säulenreihe  des  Nordportikus  gestan- 
den, was  doch  unmöglich  ist,  da  selbst  noch  2  (oder  doch  3)  vor 
die  Abtrennung  vom  Hause  N.  G  fällt.  Eine  sichere  Lösung  dieser 
scheinbaren  Widersprüche  weiss  ich  nicht  zu  linden,  zumal  ich  der 
Erforschung  der  Rinne  nicht  beigewohnt  habe.  Vielleicht  aber  war 
der  Hergang  folgender.  Als  (nach  63?)  der  Besitzer  unseres  Hauses 
den  westlichen  Teil  des  Nachbarhauses  erwarb,  stand  an  der  Süd- 
seite desselben  der  kleine  Portikus  2  und  vor  demselben,  in  gleichem 
Niveau,  ein  die  Reste  von  1  enthaltender  kleiner  Garten.  Der  erste 
Plan  war,  s  bis  zu  2  zu  verlängern  und  den  kleinen  Garten  auf 
das  Niveau  von  u  zu  erniedrigen ;  diese  Absicht  bestand  noch,  als 
die  Traufrinne  gemacht  wurde.  Ob  man  mit  dieser  nur  bis  1 
gelangte,  ob  vielleicht  weitere  Nachforschungen  auch  noch  Spuren 
bis  2  ergeben  würden,  gleichviel,  diese  Absicht  wurde  aufgegeben 
und  man  entschied  sich  statt  dessen  zur  Anlage  des  jetzigen  breiten 
Portikus  t  mit  oberen  Räumen,  deren  Fussboden,  wie  Not.  a.  0. 
berichtet  wird,  constatirt  werden  konnte. 

Viel  einfacher  und  leichter  zu  verfolgen  sind  die  Umgestal- 
tungen links  (S)  vom  Garten.  Hier  war  vor  63  das  Zimmer  v 
grösser,  so  dass  seine  Nordwand  da  lag,  wo  jetzt  die  beiden  Säulen 
der  linken  Reihe  stehen.  Die  vordere  Säulenreihe  endete  damals 
mit  einer  an  eben  diese  Nordwand  angelehnten  Halbsäule;  das 
Zimmer  war  von  Osten,  nicht,  wie  jetzt,  von  Norden  zugänglich: 
das  erhellt  aus  dem  innerhalb  und  ausserhalb  des  Zimmers  er- 
haltenen Mosaikfussboden  mit  dem  Schwellenornament.  Dass  das 
Zimmer  auch  nach  W  um  mindestens  0,36  grösser  war,  er- 
giebt  sich  aus  dem  auf  dieser  Seite  fehlenden,  aus  zwei  schmalen 
und  einem  breiten  schwarzen  Streifen  bestehenden  Rande  des  im 
übrigen  weissen  Mosaikfussbodens.  Unser  Längenschnitt  des  gan- 
zen Hauses  zeigt  diese  Seite  des  Gartens  wie  sie  vor  63  aussehen 
mochte. 

Wir  wenden  uns  jetzt  zur  Betrachtung  des  Gartens.  Schon 
erwähnt  wurde  die  die  Säulen  der  Vorderseite  verbindende  0,40 
hohe  Brüstung.  Eine  eben  so  hohe  Brüstung  auf  der  anderen,  dem 
Garten  zugewandten  Seite  der  Traufrinne  war,  mit  schwarzem  Stuck 
bekleidet,  schon  vor  63  vorhanden.  Es  ist  aber  evident,  dass  das 

2 


18  A.    MAU 

dem  nördlichen  engeren  Teil  des  Portikus  entsprechende  Stück 
jünger,  nach  U3  gebaut  ist  und  bis  zuletzt  ohne  Stuck  war. 

In  der  ^Mitte  des  Gartens  stehen  drei  grüne  achteckige  Säulen 
(h.  2,45)  und  Keste  einer  vierten.  Ohne  Zweifel  trugen  sie,  wie 
noch  in  manchen  Häusern  Pompejis  (Overbeck'  S.  805.  323.  375. 
Mitth,  IX,  1894,  S.  51)  eine  Weinlaube,  unter  der  man  im  Som- 
mer zu  speisen  pflegte;  ihr  Fussboden,  Signinum  mit  sehr  einfachen 
Linieuornamenten  aus  weissen  Steinchen,  ist  grösstenteils  zerstört. 
Nicht  ganz  in  der  Mitte,  sondern  mehr  nach  vorn,  liegt  in  den 
Boden  eingelassen  eine  weisse  runde  Marmorplatte  (Durchm.  0,80) 
mit  erhöhtem  Rande  und  einem  Loche  in  der  Mitte,  aus  dem  ein 
Wasserstrahl  aufsteigen  sollte;  die  Bleiröhre  ist  unterhalb  des 
Loches  sichtbar.  An  der  Platte  haftende  Reste  des  Fussbodens 
beweisen,  dass  dieser  hier  eine  Vertiefung  hatte.  Es  war  wohl  dies, 
wenn  hier  das  Triclinium  stand,  der  Platz  des  Tisches ;  es  kommt 
ja  auch  vor,  dass  aus  dem  Tischfusse  eines  gemauerten  Gartentri- 
cliniums  ein  Wasserstrahl  aufstieg,  der  natürlich,  wenn  hier  ge- 
gessen werden  sollte,  durch  einen  Hahn  abgedreht  wurde  (Mitth. 
X,  1895,  S.  147). 

Zu  beiden  Seiten  des  Durchganges  aus  dem  Portikus  in  den 
Garten  stehen,  die  Brüstung  abschliessend,  zwei  gemauerte  Basen, 
von  denen,  wie  die  Reste  der  Leitungsröhren  noch  jetzt  erkennen 
lassen,  je  eine  Brunnenfigur  einen  Wasserstrahl  in  die  Traufrinne 
fallen  liess.  Und  zwar  stand  auf  der  Basis  links  ein  kleiner  Löwe 
(1.  0,17),  rechts  ein  Hase  (1.  0,11),  beide  aus  Bronze;  in  der 
Nähe  fand  sich  noch  eine  Bronzeschlange  (0,225),  die  auch  als 
Wasserspeier   gedient  hatte  {Not.  1897  S,  27). 

Die  Laube  sollte  wohl  nach  63  nicht  hergestellt  werden.  Denn 
man  baute  eben  damals  an  die  Rückwand  des  Gartens  eine  Aedi- 
cula,  die  in  sie  hinein  vortritt.  Mit  dem  Gebälk  freilich  kam  diese 
bei  ihrer  geringen  Höhe  nicht  in  Conflict,  würde  aber  den  Platz 
zur  Aufstellung  des  Tricliniums  allzusehr  verengt  haben.  In  der 
Acdioula  —  noch  ohne  Stuck  —  steht  ein  cannellirtes  Puteal  aus 
weissem  Marmor,  zugedeckt  mit  einer  grauen  Marmorplatte,  auf 
der  eine  Marmorstatuette  stand.  Diese,  von  geringer  Arbeit,  zeigt 
eine  weibliche  Figur,  wir  können  sie  wohl  eine  Nymphe  nennen 
[Not.  S.  23),  bekleidet  mit  eng  anliegendem  gegürteten  Chiton  und 
einem  Mantel,  der,  von  der  r.  Hand  i'iber  dem  Schenkel  des  auf- 


AUSGRABUNGEN   VON    POMPEJI    INS.  VI    15  19 

gestützten  1.  Beines  gehalten,  auf  diesem  und  auf  dem  1.  Unterarm 
aufliegt  und  weiter  hinter  den  Kücken  geht.  Zur  linken  ein  Baum- 
stamm, auf  dem  ein  Schlauch  liegt,  dessen  Hals  die  1.  (mit  Armband) 
hält.  Der  Unterarm  ruht  auf  dem  für  einen  Wasserstrahl  durch- 
bohrten Schlauch.  Vor  dem  Puteal  steht  am  Boden  ein  kleiner 
runder  tragbarer  Tuflfaltar,  mit  Stuck  überzogen  und  ziemlich  reich 
und  bunt  ornamentirt.  Ferner  fand  man  hier,  auf  einer  viereckigen 
Ziegelplatte  stehend,  einen  der  in  Pompeji  nicht  seltenen  kleinen 
Thonaltäre  für  Rauchopfer  in  Gefässform  (Mitth.  VIII,  1893,  S.  27), 
hoch  0,11,  mit  Feuerspuren  auf  der  Oberfläche.  Wenn  diese,  freilich 
ganz  provisorische  Ausstattung  der  Aedicula  einen  Kultus  bezeugt, 
so  ist  es  doch  sehr  wohl  möglich,  dass,  wie  Not.  S.  23  vermutet  wird, 
hier  eine  der  bekannten  Mosaikbrunnennischen  beabsichtigt  war. 
In  der  Nähe  der  Aedicula  fand  sich  eine  Anzahl  Figuren  teils 
aus  gewöhnlichem  Thon  teils  aus  der  in  Pompeji  nicht  seltenen 
aegyptischen  glasirten  Porzellanwaare  (Von  Rohden  Terrae,  v.  Pomp. 
p.  29.  Dressol  Ann.  d.  Inst.  1882  p.  5).  Sie  sollten  wohl  zwischen 
den  Pflanzen  des  Gartens  stehen,  wie  die  Thierfiguren  aus  dem 
gleichen  aegyptischen  Porzellan  in  der  Casa  delle  nozze  d'argento 
(Mitth.  VIII,  1893,  S.  48);  es  scheint  aber  dass  sie  nicht  an 
ihren  Bestimmungsorten  standen,  sondern  bei  und  z.  T.  in  der 
Aedicula  zusammengehäuft  waren.  Die  Figuren  sind  Not.  p.  23  ff. 
genau  und  ausführlich  beschrieben  und  z.  T.  abgebildet.  Es  sind 
folgende : 

1.  Thonstatuette  einer  alten  Frau,  abgeb.  a.  0.  S.  24.  Sie 
sitzt  auf  einem  Stuhl  mit  Lehne,  bekleidet  mit  Chiton  und  Mantel, 
so  aber  dass  die  Brust  frei  bleibt.  In  der  1.  hält  sie  den  unteren 
Teil  einer  Amphora;  diese  ist  ihr  zerbrochen  und  der  obere  Teil 
mit  dem  Deckel  liegt  am  Boden  neben  ihrem  1.  Fuss.  Der  Schmerz 
über  diesen  Unfall  drückt  sich  sehr  drastisch  im  Gesicht  aus; 
klagend  greift  sie  mit  der  r.  Hand  in  die  über  das  Ohr  auf  Schulter 
und  Brust  unordentlich  herabhängenden  Haare.  Sehr  naturalistisch 
ist  die  Behandlung  des  alten  Gesichtes,  des  offenen  Mundes  mit 
wenigen  Zähnen,  der  hängenden  Brüste  und  der  mageren  Schenkel. 
Am  Rücken  ein  Griff;  darüber  das  Brennloch.  Höhe  0,4. 

2.  Thonfigur  eines  Elephanten,  abgeb.  a.  0.  S.  25.  Auf  dem 
mit  einer  Decke  belegten  Rücken  trägt  er  einen  viereckigen  Turm. 
An  den  Seitenflächen  desselben  ist  durch  eingeritzte  Linien  Qua- 


20  A.    MAI- 

derbau  angedeutet;  ebenda  in  der  Mitte  je  ein  runder  Schild  und 
über  diesem  ein  kleines  Fenster;  oben  an  jeder  Ecke  eine  Zinne. 
Befestigt  ist  der  Turm  durch  drei  Ketten,  welche  von  sechs 
Ringen  aus  unter  dem  Hals,  unter  dem  Bauch  und  unter  den  Hin- 
terschenkelu  durchlaufen.  Vor  dem  Turm  sitzt  der  Führer,  ein 
Neger;  er  hält  in  der  L.  ein  krummes  Messer  und  füttert  mit  der 
U.  den  Elephanten.  der,  um  das  ihm  gereichte  in  Empfang  zu 
nehmen,  den  Rüssel  emporbiegt. 

Die  folgenden  Figuren  sind  aus  glasirter  aegyptischer  Thonwaare. 

o.  Die  Gruppe  von  Kimon  und  Pero  (Heibig  Waiidgem.  1376. 
Sogliano  590).  Die  gleiche  Gruppe  aus  gleichem  Material  ist  schon 
einmal  im  Museum  zu  Neapel  vorhanden.  Hoch  0,365. 

4.  Gefäss  in  Form  eines  Sileu  der  auf  einem  Schlauch  ruht 
und  dessen  Hals  mit  dem  1.  Arm  umfasst;  der  r.  Arm,  auf  dem 
Schenkel  aufgestützt,  dient  als  Gritf.  Die  Figm-  ist  sehr  unschön. 
H.  0,146,  1.  0,247. 

5.  Gefäss  in  Form  eines  Hahnes.  Auf  dem  Rücken  Hals  zum 
Eingiessen;  ein  von  dort  zum  Schwanz  reichender  Streifen  diente 
als  Grirt'.  Als  Ausguss  ist  der  Schnabel  mit  zwei  Löchern  durch- 
bolirt.  H.  0,29,  1.  0,3. 

6.  7.  Zwei  Gefässe  in  Form  einer  sitzenden  Ente.  Hals  und 
Griff  wie  5.  L.  0,207  und  0,199. 

8.  Gefäss  in  Form  einer  Gans.  Hals  und  Griff  wie  oben.  Auf 
dem  Rücken  eine  Schlange,  deren  Kopf  rechts  am  Halse  der  Gans 
liegt,  und  eine  Eidechse.  L.  0,325. 

Rechts  vom  Durchgange  aus  dem  Portikus  steht  im  Garten 
ein  runder  Marmortisch  mit  cannellirtem  Fuss,  im  Portikus,  wohl 
nicht  an  seinem  Platz,  ein  cannoUirter  Fuss  für  ein  Marmorbecken, 
durchbohrt  für  ein  Wasserrohr.  Im  Garten  fand  sich  noch  eine  mar- 
morne Silenmaske,  epheubekränzt,  von  edlen  Formen,  h.  0,26 ;  da 
der  Mund  durchbohrt  ist,  sollte  sie  wohl  als  Wasserspeier  dienen. 
Ferner  ein  bärtiger  Kopf  aus  «  Travertin  » ,  hinten  flach  um  irgendwo 
angesetzt  zu  werden;  über  der  Stirn  eine  Reihe  Locken,  darüber 
eine  Binde;  lange  Haare  fallen  auf  die  Schultern;  es  ist  wohl 
ein  bärtiger  Bacchus.  Rolie  Arbeit;  h.  0,134.  Ein  kleiner  Bronze- 
leuchter (h.  0,29),  ein  bronzenes  Tintenfass  und  andere  Kleinigkeiten. 
Ferner  in  t  ein  caunellirter  Bronzekandelaber  (h.  1,28)  mit  Epheu- 
kranz  auf  dem  Fuss   [Not.  1896  S.  167.  168). 


AUSGUAßUNGEN    VON    POMPEJI    INS.    VI    15  21 

Nördlich  von  dem  rechten  Gartenportikus  liegen  zunächst  vier 
kleine  Zimmer  lo  x  s  a  zu  beiden  Seiten  des  Corridors  // ;  hinter 
ihnen  ein  zweiter,  zum  Posticum  N.  I  führender  Corridor  und 
jenseits  desselben  Wirtschaftsräume. 

io  X  s  a  waren  nur  c.  2,40  hoch,  liäume  gleicher  Höhe  lagen 
früher  einmal,  wie  an  der  W.wand  kenntlich,  an  der  Stelle  des 
Portikus  t.  lieber  allen  diesen  Räumen  lagen  obere  Räume,  zugäng- 
lich durch  eine  Treppe  (N  nach  S)  an  der  W.wand  von  y.  Von 
den  unteren  Zimmern  waren  lo  x  (letzteres  früher  durch  eine  Thür 
mit  dem  Triclinium  des  Hauses  N.  7  verbunden)  kleine  Cubicula, 
iO  im  zweiten  Stil  mit  vorwiegend  rotem  Grunde,  x  in  einer  dem 
dritten  Stil  verwandten  Form  auf  weissem  Grunde  gemalt ;  «,  sehr 
dürftig  im  letzten  Stil  auf  weissem  Grunde  gemalt,  war  ein  sehr 
kleines  Triclinium ;  ein  solches  sollte  wohl  nach  (33  auch  z  werden : 
früher  waren  hier  zwei  kleine  Kammern  (die  Zwischenwand  im  Grund- 
riss  angedeutet).  In  «  finden  sich  folgende  figürliche  Darstellungen. 

1,  in  der  Mitte  der  Rückwand,  h.  0,36,  br.  0,26,  gemalt  als 
Tafelbild  mit  Holzrahmen  und  Thüren :  Narciss  bekränzt,  sitzt  en 
face,  die  Beine  1.,  sich  auf  die  1.  Hand  stützend;  die  r.,  auf  dem 
mit  einem  roten  Tuch  bedeckten  Schenkel  ruhend,  hält  zwei  an  die 
r.  Schulter  gelehnte  Jagdspiesse.  Unten  das  Spiegelbild;  im  Hin- 
tergrund Bäume. 

2.  3,  auf  den  Seitenfeldern  der  Rückwand.  Schwebegruppen 
von  Amor  und  Psyche,  gering  in  der  Ausführung,  reizvoll  und  neu 
in  Composition  und  Bewegung. 

2,  links,  h.  0,32.  Er  schwebt  nach  r.  vorn ;  sie  ist  von  hinten 
herangekommen  und  umschlingt  ihn,  den  r.  Arm  unter  seinen  r. 
Arm,  den  1.  um  seinen  Hals  legend.  Er  wendet  den  Kopf  zurück 
und  küsst  sie,  indem  er  den  r.  Arm  von  unten  um  ihr  Gesicht 
legt,  dasselbe  gewissermassen  einrahmend. 

3,  rechts,  h.  0,30.  Sie  schweben  neben  einander  nach  1.  vorn ; 
er  hält  in  der  L.  das  Rliyton,  aus  dem  ein  roter  Strahl  auf  die 
von  ihr  in  der  R.  gehaltene  flache  gelbe  Schale  fällt. 

4,  in  der  Mitte  der  r.  Wand,  h;  0,41.  Schwebende  Figur  mit 
grossen  grünen  Flügeln,  langem  violetten  Chiton  mit  bläulichem 
Rand  und  grünem  shawlartig  flatternden  Gewände.  Sie  schwebt 
nach  1.  vorn,  auf  der  R.  eine  flache  gelbe  Schale  mit  Zweigen,  in 
der  gesenkten  L.  eine  kleine  goldene  Weinkanne. 


22  A.    MAI 

ö.  Eingaugswaud.  r.  vom  Eingang,  h.  c.  0,30.  Knabe  oder 
jiingi'r  Mann  en  face,  in  gegürteter,  weisser,  von  der  r.  Schulter 
lierabdeiteuder  Tiinica  mit  den  bekannten  zwei  schmalen  roten, 
von  den  Schultern  abwärts  gehenden  Streifen,  hält  in  der  L.  einen 
Kantharos,  in  der  gesenkten  R.  ein  Simpulum. 

Mau  fand  in  diesem  Zimmer  zwei  Brouzerosetten  mit  autlie- 
gendem beweglichen  Ringe,  eine  dritte  auf  der  eine  tragische  Maske 
mit  einem  Stift  befestigt  ist  (Durclim.  0,111),  zwei  Brouzechar- 
niere :  also  vielleicht  Reste  eines  Schrankes.  Ferner  einen  IJronze- 
kessel  und  eine  Patera  deren  Griff  in  einen  Widderkopf  ausläuft 
\,Not.  1896  S.  227). 

Aus  dem  Oberstock  dieses  Teils  des  Hauses  stammt  wahr- 
scheinlich ein  eigentümliches  Thongerät,  wie  es  in  Pompeji  schon 
öfter  gefunden  worden  ist :  ein  Halbcvlinder,  mit  der  Hohlseite 
nach  oben  auf  zwei  Füssen  stehend,  an  einem  Ende  geschlossen 
und  hier  mit  einer  Büste  verziert;  1.  0,21,  br.  0,163.  Not.  1896 
S.  227.  Mehrere  ähnliche  Exemplare  enthält  das  kleine  Museum 
in  Pompeji.  Die  Form  ist  die  einer  Schöpfkelle,  doch  ist  das  Gerät 
wegen  seines  Gewichtes  für  diesen  Gebrauch  einigermassen  unbe- 
quem. Aus  denselben  Oberräumen  stammen  wohl  auch  einige 
Gogeuötände,  die  in  den  oberen  Schichten  beim  Posticum  II  gefun- 
den wurden  {Not.  1896  S.  204):  eine  Amphora  mit  Inschrift,  einige 
Glasgefässe,  ein  Bronzekandelaber,  drei  Bronzecharniere. 

Von  den  Räumen  nördlich  des  aus  dem  Posticum  II  zugäng- 
lichen Corridors  ß  ist  C  die  Küche,  mit  grossem  Heerd,  y  der 
Abtritt.  Von  der  Thür  des  Posticum  fanden  sich  11  gedrechselte 
Bronzeornamente,  Durchm.  an  der  Basis  0,005,  vorspringend  0,05 
{Not.  1896  S.  167).  Innerhalb  des  Posticum  fand  sich  eine  Am- 
phora mit  Inschrift,  40  Bronzerosetten  und  eine  0,105  hohe  Bronze- 
glocke (a.  0,  S.  104,  167),  doch  wohl  zum  Läuten  um  Eiulass  zu 
begehren  (vgl.  unten  S.  30.  47.  58);  eine  weitere  Amphora  mit 
Inschrift  in  t  {Not.  1897  S.  108).  Diese  (Form  XIV)  scheint  Honig 
enthalten  zu  haben;  ich  lese  die  leider  undeutliche  Inschrift: 

MELLA 

.  .  .ATA 

.SEX  IVLI 

SE;iTINI 


AUSGRABUNGEN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15  23 

Aus  der  Nähe  des  Posticum  stammen  wohl  auch  die  unter  dem 
24  April  189G  {Not.  S.  204)  verzeichneten  Funde:  ein  Bron- 
zekandelaber, ein   Trinkglas   und   ein   gläsernes   Salbenfläschchen. 

Von  den  mancherlei  Wandkritzeleien  dieses  Hauses  {Not.  1897 
S.  23  ff.)  mögen  hier  folgende  erwähnt  werden. 

1.  Auf  dem  r.  Eingangspilaster  des  Tablinums  steht,  diesem 
zugewandt,  in  dem  roten  Stuck  des  Sockels: 

M-  PVPIVS  •  RVNVS 

Das  N  ist  schlecht  geschrieben,  kann  aber,  wie  es  da  steht,  nicht 
anders  gelesen  werden.  Gemeint  ist  aber  sicher  der  uns  schon  oben 
(S.  10)  in  zwei  Wahlprogrammeu  begegnete  und  an  dieser  Strasse 
noch  weiter  vorkommende  M.  Pupius  Rufus. 

2  {Not.  a.  0.  n.  44),  auf  der  Vorderwand  des  nördlichen,  enge- 
ren Teiles  von  5,  in  weissem  Stuck: 

K  MGSSIVS 

3  (a.  0.  n.  49)  BSIIVRLY/  d.  i.  Benjllits. 

3  (a.  0.  42)  auf  der  Mittelsäule  von  s  in  rotem  Stuck : 

P  NVMISIVS    HYLA  . 

War  etwa  M,  Pupius  Rufus  der  Herr  dieses  Hauses?  Seit 
Fiorelli  pHegt  man  ja  den  Hausherrn  aus  den  Siguacula  zu  er- 
schliessen ;  indess  deren  drei  in  einem  Hause  gefunden  müssen  gegen 
dies  Kriterium  misstrauisch  machen.  Pupius  Rufus  aber  ist  uns 
schon  bekannt  aus  den  beiden  Duumviratsprogrammen  oben  S.  10. 
Ein  drittes  steht  gleich  r.  von  der  Thür  N.  5: 

MPVPIVM 

RVFVM-D-I-D-D-R-P- 

Ein  viertes  etwas  Aveiterhin  zwischen  N.  7  und  8 : 

M-PVPIVM-RVFV 

Und  nicht  nur  als  Candidat,  auch  als  Empfehlender  kommt 
er  eben  hier  vor,  gleich  r.  von  der  Thür  dieses  Hauses: 

AEDV-PDRPOVFPVPIVSRVFVSFACIT 

IDEMPi^oßAT 


2(  A.    MAI' 

Sein  einziges  schon  früher  bekanntes  Diiumviratsprogramm  stand, 
wie  schon  S.  10.  bemerkt,  in  derselben  Strasse;  sein  einziges  Aedi- 
litätsprogranim  {CIL  IV  142)  freilich  etwas  weiter  westlich  an 
der  Westseite  der  Insula  VI  3.  Der  Fall  erinnert  sehr  an  Ti.  Clau- 
dius Verus,  dessen  Name  in  eine  der  Säulen  der  Casa  del  Cente- 
nario  eingekratzt  ist  {Not.  1880  S.  148),  während  ringsum  seine 
W'ahlprogramme  standen. 

N.  ü  {Not.  1897  S.  30  ff.). 

Haus  mit  viersäuligem  Atrium  b,  in  das  die  stark  anstei- 
genden Fauces  führen;  die  Thür  liegt  gleich  au  der  Strasse.  Sie 
war  beschlagen  mit  eisernen  Nägeln  mit  Bronzeköpfen,  deren  an 
verschiedenen  Tagen  im  Ganzen  74  gefunden  wurden ;  auch  Keste 


»-r-^ 


des  Schlosses  fanden  sich,  und  alle  vier  Angeln,  die  oberen  und 
die  unteren  {Not.  1896  S.  229,  29  Mai).  Das  kleine  Impluvium 
ist  mit  Signinum  bekleidet,  in  das  weisse  Steinchen  unregelmässig 
eingelegt  sind.  In  demselben  steht  ein  viereckiger  thönerner  Pfeiler, 
h.  0,60,  im  Quadrat  0,22,  mit  Basis  und  Kapitell,  oben  offen :  er 
sollte  wohl,  mit  einer  Platte  gedeckt,  als  tragbarer  Altar  dienen. 
Am  hinteren  Rande  des  Impluvium  steht  ein  Tisch  aus  «  Tra- 
vertin  " ,  an  dessen  beiden  Füssen  der  Vorderrand  als  Löwentatze 
gebildet  ist,  die  aber  statt  der  gewöhnlichen  Flügel  in  ein  Pflan- 
zenmotiv ausläuft ;  die  Arbeit  ist  gering.  Zwischen  den  Tischfüssen 
stehen  zwei  kleine  cylinderförmige  Altäre,  der  eine  aus  «  Tra- 
vertiu",  li.  0,31,  der  andere  aus  Alabaster,  h.  0,17.  Aus  dem 
Imi>luvium  lloss  das  Wasser  unterirdisch  auf  die  Strasse;  kein 
Abfluss  in  eine  Cisterne:  eine  mit  einem  Lavadeckel  geschlossene 
Cisterne   am   Fusse   des   Maucrpfeilers   zwischen    dem    Tablinum 


AUSGRABUNGEN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15  '25 

und  g  muss  wohl  von  den  hinteren  Teilen  des  Hauses  aus  gespeist 
worden  sein. 

Auf  das  Atrium  öiTnen  sich  neben  dem  Eingang  zwei  Kam- 
mern: c  wohl  eine  Vorratskammer  oder  Sklavenzimmer,  d  ein 
Cubiculum,  an  dessen  Rückwand  der  Platz  des  Bettes  kenntlich 
ist.  Es  ist  einfach  im  letzten  Stil  auf  weissem  Grunde  ausgemalt; 
in  der  Mitte  der  Felder  folgende  kleine  Darstellungen: 

1,  1.  Wand  1.:  niedriges  dreifüssiges  Gefäss,  h.  0,06,  br.  0,28. 

2,  1.  Wand  r.:  Metallamphora  an  die  der  öfter  die  Palme 
vertretende  Schachtelhalm  gelehnt  ist;  h.  0,1(3,  br.  0,06. 

3,  Kückwand  1. :  Vogel  nach  r.  vor  Früchten ;  h.  0,065,  br.  0,16. 

4,  Rückwand  r. :  Hahn  nach  1.  vor  zwei  Früchten;  h.  0,11, 

br.  0,17. 

5,  r.  Wand  1.:  metallener  Kantharos,  an  dem  ein  Reif  lehnt; 

h.  0,10,  br.  0,23. 

0,  r.  Wand  r. :  Kelchartiges  Gefäss  mit  Deckel  und  hohem,  oben 
umgebogenen  Griff,  an  dim  der  Schachtelhalm  lehnt;  h.  0,13,  br.  0,23. 

Das  Tablinum  f  war  einst  auch  nach  hinten  offen ;  die  Oeff- 
nung  war  nach  63  geschlossen  worden.  Dies  Mauerwerk  war  noch 
ohne  Malerei ;  auf  den  Seitenwänden  sind  Reste  einer  einfachen  und 
dürftigen  Decoration  letzten  Stils  auf  gelbem  und  schwarzem 
Grunde  erhalten.  Daneben  das  geräumige  Cubiculum  e,  mit  weissen 
Wänden,  erhellt  durch  ein  in  der  Lünette  angebrachtes,  sich  nach 
aussen  verengendes  Fenster  auf  das  Zimmer  h,  welches  einst,  nach  N 
weit  geöffnet,  mehr  geeignet  war,  Licht  abzugeben,  als  in  der 
letzten  Zeit,  wo  die  weite  Oeffnung  vermauert  und  nur  eine  Thür 
gelassen  war.  R.  neben  dem  Tablinum  führt  der  Gang  g  in  die 
hinteren  Teile,  zunächst  in  den  Lichthof  U  auf  den  sich  h  öffnet, 
einst  eine  Exedra,  später  ein  geschlossenes  Zimmer,  mit  einfacher 
Decoration:  Teilung  durch  schwarze,  rote  und  grüne  Linien  auf 
weissem  Grunde.  Daneben  führt  eine  Treppe  zu  einem  Räume 
über  h.  Aus  h  gelangt  man  in  einen  kleinen  gewölbten  Raum 
unter  der  Treppe,  der  als  Lararium  diente;  in  der  Nordwand  ist 
die  0,64  breite  und  hohe  gewölbte  Nische  angebracht.  Die  Wände 
sind  weiss ;  gleich  über  der  Nische  die  Spuren  von  etwa  25  kleinen 
Nägeln.  Aus  i  führt  nach  r.  (N)  der  Gang  /j,  aus  dem  man  r.  in 
das  Speisezimmer  /,  in  früherer  Zeit  auch  1.  in  das  Zimmer  x 
des  Hauses  N.  5  gelangte  (oben  S.  21). 


26  A.    MAI 

Es  ist  gauz  klai-,  dass  k  und  l  ursprünglich  zusammen  ein 
Grosses  Zimmer  waren.  Dieses  hatte  in  der  Mitte  der  Nordwand 
ein  Fenster  (2,70  vom  Boden,  br.  1,15,  Höhe  nicht  erhalten)  aufm; 
doch  war  dies  Fenster  nicht  von  Anfang  an.  sondern  ist  spätere 
Zutat.  In  der  1.  Wand,  in  der  ganzen  Länge  des  jetzigen  /,  tindet 
^ich  die  oft  beobachtete  Eiuhöhlung  für  die  Schmalseite  des  Lectus 
medius  und  die  Langseite  des  imus,  mit  einer  Erweiterung  nach 
oben  am  Fussende  des  letzteren:  Beweis,  dass  hier  das  Fulcrum 
war  (Gott.  Nachr.  1896  S.  76).  Das  Zimmer  hatte  eine  feine  und 
sorgfältig  ausgeführte  Wanddecoration  letzten  Stils  auf  schwarzem 
(Jrunde;  im  Anschluss  an  dieselbe,  aber  mit  viel  geringerer  Sorg- 
falt, ist  auch  die  Trennungswand  beuialt.  Folgende  drei  Bilder 
sind  mehr  oder  weniger  erhalten. 

7  auf  der  Nordwand  von  /,  in  der  Mitte  des  ungeteilten 
Zimmers,  h.  0,60,  br.  0,55,  abgeb.  Not.  d.  sc.  1897  S.  63.  Auf 
einem  steinernen  Sitze  sitzt  ein  Jüngling  n.  1. ;  der  1.  Unterarm 
liegt  auf  dem  Fels,  an  den  eben  hier  ein  langer  Jagdspiess  mit 
der  Spitze  nach  unten  angelehnt  ist;  auf  dem  Sitz,  an  seinen  1. 
Schenkel  gelehnt,  das  kurze  Schwert,  unten  am  Boden,  an  den 
Sitz  gelehnt,  etwas  weissliches,  wie  ein  Köcher.  Der  Jüngling  ist 
nackt  ausser  einem  zinnoberroten  Gewände  mit  blaugrauem  Rande, 
welches  dem  1.  Unterarm  als  Unterlage  dient  und  auf  den  Schenkeln 
liegt,  und  Sandalen  mit  reichem  Riemenw^erk.  Der  r.  Arm  ist 
nicht  sichtbar.  Sein  Kopf,  mit  kurzem,  krausen,  dunkeln  Haar  ist 
nach  1.  Artemis  zugewandt,  die  an  seiner  r.  Seite  sitzt,  bekleidet 
mit  hell  violettem  Chiton,  grünem  Mantel  und  hohen,  weisslichen, 
reich  verzierten  Stiefeln.  Sie  sitzt  nach  1.,  hat  aber  den  Oberkörper 
zurück,  nach  r.,  gewandt,  so  dass  ihr  Kopf  im  Profil  erscheint. 
Sie  fasst  mit  Daumen  und  Zeigefinger  sein  Kinn ;  beide  blicken 
sich  zärtlich  in  die  Augen.  Artemis  hat  im  Haar  ein  grünes, 
goldgesticktes  Diadem;  über  ihrer  r.  Schulter  ist  der  Köcher 
sichtbar.  Neben  ihr  steht  Eros;  er  stützt  den  Kopf  auf  die  r. 
Hand,  indem  er  den  Ellenbogen  auf  den  Schenkel  der  Göttin  setzt, 
auf  dem  auch  der  1.  Unterarm  ruht,  dessen  Hand  den  Bogen  der 
Artemis  hält;  auf  dem  Kopfe  hat  er  die  Zackenkrone.  Ein  anderer 
Eros  steht  auf  der  Lehne  des  Steinsitzes,  stützt  sich  auf  die  1. 
Schulter  des  Jünglings  und  blickt  ihm  neugierig  von  hinten  ins 
Gesicht.    Im    Hintergrunde   ein    Felsenthor,    durch    das    man   auf 


AUSGRABUNGEN   VON    POMPEJI    INS.  VI    15  27 

entfernte  Bäume  sieht.  Vielleicht  ist  die  Vorstellung  die,  dass  die 
Scene  in  einer  Höhle  vor  sich  geht;  in  der  Beleuchtung  freilich 
ist  diese  Vorstellung  nicht  durchgeführt. 

Ich  lasse  unentschieden,  ob  es  sich  hier  um  einen  sonst  unbe- 
kannten Artemismythos  handelt,  etwa  denselben,  auf  den  sich  die 
Bilder  Heibig  253-255,  Sogliano  119  beziehen,  oder  ob  Selene 
und  Endymion  gemeint  sind,  etwa  im  Anschluss  an  Darstellungen 
von  Aphrodite  und  Adonis. 

8,  Mitte  der  Ostwand,  Fragment:  der  1.  Teil  mit  der  unteren 
Ecke,  h.  so  weit  erh.  0,56,  br.  so  weit  erh.  0,36.  Links  steht  nach 
r.  Artemis,  in  gelbem,  kurzem  Chiton  mit  violettem  Eande  und 
grüner  Chlamys.  Diese,  lang  und  aus  feinem  Stoff,  ist  auf  der  r. 
Schulter  geheftelt;  dann  ist  der  auf  die  Brust  fallende  Teil  eng 
zusammen  genommen  und,  den  oberen  Saum  des  Chiton  bedeckend, 
über  die  1.  Schulter  zurückgeworfen,  der  auf  den  Rücken  fallende 
Teil  aber  unter  dem  r.  Arm  durch,  die  Brust  frei  lassend,  eben- 
falls über  die  1.  Schulter  geworfen.  So  ist  Hals  und  Unterleib 
bedeckt,  Brust  und  r.  Arm  frei.  Sie  trägt  Zackenkrone,  Sandalen, 
auf  dem  Rücken,  über  der  r.  Schulter  sichtbar,  Köcher  und  Bogen, 
an  der  r.  Hand  ein  Armband.  Auf  dem  r.  Bein  stehend  legt  sie 
den  1.  Unterschenkel  über  den  r.,  nur  mit  der  Pussspitze  den  Boden 
berührend.  Der  r.  Arm  ist,  leicht  gekrümmt,  au  den  r.  Schenkel 
gelegt;  mit  der  1.  Hand  stützt  sie  sich,  in  der  Höhe  der  Schulter, 
auf  einen  auf  den  Boden  gestellten  Speer.  Sie  blickt  mit,  wie  es 
scheint,  ernsthaftem  und  etwas  trübem  Ausdruck  auf  die  r.  über 
zwei  Stufen  auf  einem  Thron  sitzende,  mit  rotem  Gewand  und 
Sandalen  bekleidete  männliche  Gestalt.  Von  dieser,  die,  wie  es 
scheint,  halb  nach  1.  gewandt  war,  sind  nur  die  Füsse  erhalten, 
der  1.  auf  der  ersten,  der  r.  auf  der  zweiten  Stufe.  Es  war  wohl 
Zeus.  Vgl.  Sogliano  647. 

9,  Mitte  der  Westwand  von  k ;  nur  der  untere  Teil  erhalten ; 
h.  so  weit  erh.  0,23,  br.  0,55.  L.  die  braunen  Füsse  einer  mit  lan- 
gem rot-grün  schillernden  Gewände  bekleideten  sitzenden  Figur,  in 
Sandalen  mit  reichem  Riemenwerk,  auf  einem  Tiger-  oder  Pan- 
therfell. R.  daneben  liegt  eine  Keule,  wie  es  scheint,  mit  dem 
oberen,  dünneren  Ende  auf  den  schweren  vergoldeten  Thron  gestützt. 
R.,  über  zwei  Stufen,   der   untere   Teil   einer   weiblichen,   wie  es 


Og  A.    MAI- 

scheint  auch  sitzenden  Gestalt ;  unter  dem  violetten  Gewände  kommt 
ein  gelber  Schuh  zum  Vorschein.  —  Herakles  und  Omphale? 

Der  Gang  k  führt  weiter  in  den  kleinen,  Küche  und  Abtritt 
enthaltenden  Hof  m.  Die  Nordhälfte  von  m  war  nämlich' bedeckt 
von  einem  nach  S.  geneigten  Dach,  dessen  unterer  lland  in  der 
Höhe  von  2,20  von  einem  viereckigen  Pfeiler  gestützt  war.  Unter 
diesem  war  in  der  NO. ecke  der  Abtritt,  weiter  1.  der  Heerd,  vom 
Abtiitt  getrennt  durch  eine  1,40  hohe  Mauer,  die  dann,  1.  umbie- 
gend, au  dem  Pfeiler  endigt  (s.  den  Plan). 

Aus  der  Küche  gelangt  man  weiter  in  den  Stall  ii.  An  die 
Nordwand  ist,  nur  das  westliche  Ende  (1,30)  frei  lassend,  die 
Krippe  angemauert,  in  der  gewöhnlichen  Form:  eine  0,40  breite 
Aufmauerung  (die  Höhe  ist  noch  nicht  kenntlich)  an  deren  Vor- 
derkante ein  Brett,  dessen  Spur  an  der  Ostwand  deutlich  ist,  schräg 
aufstand. 

Die  Fussböden  sind  überall  von  der  geringsten  Qualität:  Stuck- 
masse, in  die  mit  unregelmässigen  Marmorstücken  allerlei  rohe 
Muster  eincrelecft  sind.  Der  von  /  ist  noch  nicht  sichtbar,  ist  aber 
ohne  Zweifel  dem  von  k  gleich :  Signinum  mit  unregelmässigen 
Marmorstücken. 

Die  oberen  Teile  des  Hauses  können  mit  ziemlicher  Sicherheit 
so,  wie  unser  Längenschiiitt  zeigt,  reconstruirt  werden.  Gegeben  ist 
die  Höhe  (3,15)  der  mit  Antepagmenta  verkleideten  Hausthür,  die 
der  Räume  vor  dem  Atrium  und  des  Fussbodens  der  über  ihnen 
liegenden ;  dieser  ist  bei  3,35  in  d  deutlich  kennbar.  Deutlich 
sind  ferner  die  Balkenlöcher  des  oberen  Umganges  über  dem  Atrium, 
dessen  Fussböden  etwa  bei  3,80  liegen  mochte,  so  dass  man  in 
die  Räume  über  a  c  d  über  zwei  Stufen  hinabstieg.  Der  obere 
Teil  des  Atriums,  mit  den  vier  in  das  Impluvium  blickenden  Fen- 
stern, ist  nach  Analogie  des  besser  erhaltenen  Hauses  N.  8  ange- 
nommen worden.  Hinter  dem  Atrium  ist  e  hoch  2,50  bis  zum  Ansatz 
der  Verschalung,  mit  dieser  etwa  3,40,  der  obere  Fussböden  konnte 
bei  3,70  sein,  eher  etwas  höher.  Zu  dem  Raum  über  h  ist  die 
Treppe  ganz  erhalten.  Oben  auf  dem  Absatz  ist  eine  Stufe  in  der 
Diagonale ;  sie  beweist,  dass  man  erst  noch  über  eine  weitere  Stufe 
in  das  Zimmer  stieg;  denn  hätte  es  sich  von  der  obersten  der  NS.- 
stiifen  nur  noch  um  eine  weitere  Stufe  gehandelt,  so  hätte  man 
doch  diese  in  die  Thür  gelegt  und  die   unbequeme    Diagonalstufe 


AUSGRABUNGEN  VON  POMPEJI  INS.  VI  15  29 

vermiöden.  Auf  diese  Weise  erhalten  wir  für  den  oberen  Fussboden 
über  h  3,70.  —  Im  Tablinuin  reichen  die  grossen  Felder  der  Wand- 
decoration bis  2,30;  sie  sind  1,70  hoch.  Nehmen  wir  an  dass  der 
obere  Wandteil  2/3  derselben  betrag  (dies  ist  das  gewöhnlichste 
Verhältniss),  so  kom.nen  wir  auf  3,50.  Der  obere  Fussbodon  konnte 
also  etwas  hoher  als  3,70  liegen.  Es  lagen  also  alle  diese  oberen 
Käume  ziemlich,  wir  dürfen  wohl  annehmen  ganz  im  Niveau  des 
Umganges  über  dem  Atrium.  In  Betretf  der  Dächer  ergiebt  sicli 
aus  den  Höhenverhältnissen  als  das  einfachste  und  natürlichste, 
dass  die  Räume  vor  und  hinter  dem  Atrium  auf  dieses  geneigt 
waren.  Für  die  hinteren  Teile  ist  zu  beachten,  dass  der  kleine  Hof 
i  keine  Regenrinne  hat;  er  hat  ein  dürftiges  Paviment  aus  einer 
Stuckmasse  mit  einem  einfachen,  aus  Mosaiksteinchen  und  Mar- 
morstücken gebildeten  Muster.  Also  hierher  fiel  wohl  kein  Wasser : 
das  Dach  über  h  und  der  Treppe  war  vielleicht  auf  den  Garten 
des  Hauses  N.  5  geneigt,  vielleicht  auch  gegen  das  Atrium,  wenn 
diese  Räume  höher  waren  als  die  über  e  f  (j.  Das  Dach  von  k  l 
war  ohne  Zweifel  nach  m  geneigt. 

Man  gelangte  in  die  oberen  Räume  über  eine  Treppe,  die 
aus  der  r.  Vorderecke  des  Atriums  anfangs  in  den  Raum  über  d 
führte.  Später  wurde  diese  Oetfnung  vermauert  und  die  Treppe  an 
der  rechten  Wand  des  Atriums  nach  W  in  den  oberen  Umgang 
über  dem  Atrium  geführt. 

Es  fehlt  auch  hier  nicht  an  Wandkritzeleien  {Not.  S.  31). 
Links  vom  Zugang  zur  Treppe  bei  /  lesen  wir: 


1. 

AMPLIaTA 

2. 

VIINVS 

8. 

XANTHVS 

4,  auf  der  r.  Wand  der  Treppe:  INCITAT  VS 

LIBE  LXXXX 

5,  auf  der  Eingangswand  des  kleinen  Raumes  unter  der  Treppe: 

Cornelia  •  hele/?« 
amatvr  ab-rvfo 

Ob  M.  Pupius  Rutus  gemeint  ist,  und  es  sich  hier  um   ein   Lie- 
besverhältniss  zwischen  zwei  Nachbarn  handelt? 


30  A.    MAU 

Mancherlei  Gegenstände  wurden  auch  in  diesem  Hause  gefun- 
den, in  besonders  grosser  Zahl  im  Atrium  und  in  und  vor  der 
Hausthür:  es  scheint,  dass  die  Bewohner  sie  hier  zusammenge- 
tragen hatten  um  sie  auf  der  Flucht  mitzunehmen.  Und  wenn  wir 
unter  den  vor  der  Thür  gefundenen  Dingen  {Not.  1896  S.  229, 
29(1)  auch  Reste  von  Pferdesclimuck  finden  —  eine  Fibula  mit 
Anhängseln,  drei  Bronzebeschläge  von  Scheuklappen,  mit  je  einem 
Pegasus  in  Relief  verziert,  dazu  noch  andere  Bronzereste,  die  auch 
wohl  Pferdeschmuck  sein  können  —  so  läge  ja,  zumal  das  Haus 
auch  einen  Stall  enthält,  der  Gedanke  nahe,  es  sei  ein  Wagen  zur 
Flucht  bereit  gewesen  aber  nicht  zur  Abfahrt  gekommen.  Aber 
freilich  hätten  dann  doch  Reste  des  Wagens  selbst  und  die  Knochen 
der  Zugtiere  gefunden  werden  müssen.  Man  fand  ausserdem  noch 
vor  und  in  dem  Eingange  einen  kleinen  Thonurceus  mit  der  häu- 
figen Inschrift: 

LIQJ/AMEN 
OPTIMVM 

und  in  senkrechter  Richtung:  CON//ARIS 
Der  erste  Buchstabe  dieser  letzteren  Inschrift  kann  allenfalls  auch 
P  sein.  —  Zwei  bronzene  Kochtöpfe,    deren    einer   auf  dem  Griff 
eine  schlecht  lesbare  Marke  trägt.  Ich  las: 

PEROBE////AC.f 

Sogliano  las:  TI-  R OB//// ///////// .  Eine  sogen.  Lagoena,  auch  aus 
Bronze;  eine  bronzene,  0,211  hohe  Glocke  (zum  Läuten  an  der 
Thür?  vgl.  oben  S.  22);  zwei  eiserne  Dreifüsse. 

Die  im  Atrium  gefundenen  Gegenstände  {Not.  1896  S.  297) 
lagen  z.  T.  im  Impluvium.  Man  fand  hier  drei  Deckplatten  von 
Schlössern  und  noch  ein  kleines  Schloss,  zwei  Charniere  und  eine 
Rosette  an  der  ein  Ring  hängt,  alles  von  Bronze :  doch  wohl  Reste 
von  einem  oder  mehreren  geschlossenen  Kasten.  Ferner  einen  bron- 
zenen Kochtopf,  ein  Trinkglas,  einen  Teller  und  eine  Schüssel  auch 
aus  Glas,  eine  Lampe  aus  aretinischer  Thonwaare,  zwei  silberne 
Armbänder,  ein  kleines  cylinderförmiges  Silbergefäss  mit  Deckel 
(h.  0,023,  Durchm.  0,085),  einen  Carneol  in  den  ein  Füllhorn 
geschnitten  ist.  Endlich  eine  Amphora  mit  der  nicht  neuen  Inschrift 
MAPKOY. 


AUSGRABUNGEN    VON    I'<^MPRJI    INS.  VI    15  31 

Im  Atrium  fand  sich  ausserdem  ein  zweites  kleines  cylinder- 
förmiges  Silbergefäss  (h.  0,08,  Durchm.  0,028),  hübsch  verziert 
mit  an  Bukranien  hängenden  Guirlanden  und  einer  Kosette  auf 
dem  Deckel.  Ferner  zwei  Signacula: 

1.  N-lERElsf 

N-ARDI         auf  dem  Schilde  ein  Gefäss. 

2.  CA-aESI 

\ALENtS  A.  Caesi  Valentis ;  ?Mi  diQm.  Schilde  ein 
Gefäss.  —  Eine  bronzene  Sacknadel,  ein  Carneol  mit  Darstellung 
eines  langbärtigen  Silen  in  bis  auf  die  Knie  reichendem  Gewände, 
gestützt  mit  der  R.  auf  einen  dicken  Stock.  Das  Gesicht,  aus  dunk- 
lerer Schicht,  macht  den  Eindruck  einer  Maske,  an  die  er  die 
1.  Hand  legt.  Endlich  ein  ürceus,  der  Garum  enthalten  hatte  — 
von  der  Inschrift  war  nur  G(ari)  F(los)  lesbar  —  und  drei  Amphoren 
mit   Inschriften.   Zwei   derselben   sind  unverständlich;    die   dritte 

(Form  VIII): 

TI    H 

KACGA 

rührt  wohl  von  einem  Ti.  Claudius  Seleucus  her. 

Weiter  einwärts  (in  e  oder  /'?)  fand  man  eine  Bronzepatera, 
ein  Bronzecharnier  und  sieben  Glasgefässe  verschiedener  Form ;  in 
/  ferner  {Not.  1896  S.  372)  zwei  elliptische  Bleigewichte,  eine 
Amphora  und  den  Hals  einer  zweiten.  Die  Inschrift  der  Amphora 
ist  unverständlich;  auf  dem  Halse  steht: 

VI 

In  vsvs 

P     B     E 

In  der  Küche  m  fand  sich  ein  bronzener  Kochtopf,  ein  Schlo.ss  und 
das  Schild  eines  zweiten,  eine  Fibula  (a.  0.  S.  297). 

Es  scheint,  dass  auch  in  den  oberen  Räumen  Funde  gemacht 
wurden.  Wenigstens  wird  berichtet,  dass  nördlich  vom  Atrium  N.  5 
in  den  oberen  Schichten  gefunden  wurde:  eine  Amphora  (Form  X) 
mit  der  Inschrift: 

C  H  ME 

eine  aretinische  Schüssel  mit  der  Marke  GERMNIOF  (^CIL  X 
8055,  20);  eine  grün  glasirte  zweitlammige  Lampe,  verziert  mit 


32 


A.    MAU 


zwei  Pferdeküpfeu  uml  einem  (weiblichen?)  Kopf;  eine  einfache 
zweitiammigo  Thonlampe ;  ein  runder  knöcherner  Löffel  (^ocA^e«/'); 
eine  Brouzetihiila  und  eine  Kupfermünze  {Not.  1896  S.  50,  227). 

Aus  den  oberen  Räumen  der  rückwärtigen  Teile  des  Hauses 
werden  wohl  die  Gegenstände  stammen,  die  nach  Not.  1896  S.  204 
(28  April)  östlich  der  rückwärtigen  Teile  des  Hauses  N.  5  gefunden 
wurden:  allerlei  Bronzestücke,  die  als  Beschlag,  Griffe  und  Füsse 
in^end  einem  Möbel  angehört  zu  haben  scheinen;  eine  mit  einem 
Pegasus  in  Relief  verzierte  Brouzeplatte  (0,055  X  0,059)  mit 
Löchern  ringsum  um  auf  Pferdegeschirr  (Scheuklappe)  aufgenäht 
zu  werden;   eine  Lampe  aus  aretinischer  Thonw^aare. 

N.  7.  8.  {Not.  d.  sc.  1897  S.  34  ff.). 

Kleines  Haus:  tuscanisches  Atrium  mit  Räumen  vorn  und 
hinten,  aus  dem  mau  1.  in  einen  vor  einem  kleinen  Garten  lie- 
genden Portikus  gelangt,  auf  den  sich  von  der  Strassenseito  zwei 
Räume  öffnen.  Beschädigungen  im  Jahre  63  und  darauf  gefolgte 
Ausbesserungen  sind  nur  in  k  (unten  S.  37)  zu  constatiren  ;  im 
übrisren  ist  das  Haus  mit  seinen  Malereien,  letzten  Stils  aber  aus 
der  Zeit   vor   63,   gut   erhalten. 

Durch  die  zweiflügelige  Thür  gleich  an  der  Strasse  gelangen 
wir  in  die  leicht  ansteigenden  Fauces  b.  Die  Ecken  zwischen  diesen 


f  N 


und  dem  Atrium  d  sind  gegen  die  Fauces  als  Pilaster  gebildet; 
vermutlich  einst  auch  gegen  das  Atrium,  doch  sind  hier  die  Pila- 
ster beseitigt  worden,  spätestens  bei  der  letzten  Umgestaltung  zur 
Zeit  des  letzten  Stils.  Unmittelbar  vor  diesen  Pilastern  ist  in  jeder 
Fauceswand  ein  Loch  ganz  unten  am  Boden.  Wir  erkennen  hier  die 
Spur  eines  in  etwas  anderer  Weise  öfter  vorkommenden  Thürver- 
schlusses:  in  diese  Löcher  wurde  ein  Querbalken  gelegt;  ein  an- 


AUSGRABUNGKN    VON    POMPK.II    INS.  VI    15      .  83 

•ierer,  längerer  Balken  wurde  mit  einem  Ende  gegen  diesen  Quer- 
balken, mit  dem  anderen  schräg  gegen  die  Hausthür  gestemmt. 
Am  Fuss  des  r.  Pilasters  sind  ausserdem  noch  ein  Schiefer-  und 
ein  Marmorstein  in  den  Fussboden  eingelassen.  Auch  hier  ist  der 
Zweck  klar:  der  Querbalken  konnte  nicht  tief  in  beide  Löcher 
eingreifen,  da  es  dann  unmöglich  gewesen  wäre,  ihn  in  beide  hinein- 
'/uschieben;  für  den  Fall  nun  dass  sein  r.  Ende  aus  dem  hier 
weniger  tiefen  Loch  herausglitt,  dienten  ihm  diese  Steine  als  Wi- 
derlager. 

Das  Atrium  d  ist  mehr  breit  als  tief,  die  Dachbalken  lagen 
daher  nicht  quer,  sondern  in  der  Längenrichtung  des  Hauses.  Dies 
ergiebt  sich  aus  der  Form  des  Impluviuras,  welches  von  der  Orien- 
tirung  des  Atriums  etwas  abweicht;  denn  da  man  auf  der  Vorder- 
seite zur  Einbindung  der  Balken  die  Seitenmauern  der  Fauces 
benutzen  wollte,  diese  aber  nicht  genau  in  der  Mitte  der  Vorder- 
seite, sondern  etwas  mehr  links  liegen,  so  mussten  die  Balken, 
um  die  Mitte  der  Kückseite  zu  erreichen,  etwas  schräg  gelegt 
werden.  Die  Höhe  der  Dachbalken  ist  nicht  kenntlich,  wie  ja 
fast  nie.  Deutlich  dagegen  ist  kenntlich  die  ziemlich  geringe  Höhe 
von  a  b  c:  die  starken  Deckbalken  liegen  3,80,  der  obere  Fuss- 
boden c.  4,40  über  dem  des  Atriums. 

Im  Cubiculum  c  sind  Reste  der  Wanddecoration  ersten  Stils 
erhalten :  das  gewöhnliche  Zahnschnittgesims  in  Zweidrittelhöhe  der 
Wand,  welches  wohl  damals  hier  wie  so  oft  die  Decoration  der 
Art  abschloss,  dass  oberhalb  desselben  nm*  roher  Stuckbewurf  war, 
und  das  die  ganze  Wand  oben  abschliessende  einfache  Gesims. 
Eine  Hache  Verschalung  deckte  das  Zimmer ;  in  der  roten  Lünette 
ein  später  etwas  erweitertes  Schlitzfenster.  Unterhalb  des  Zahn- 
schnittgesimses erhielten  die  Wände  später  eine  Decoration  vierten 
Stils  auf  weissem  Grunde  mit  schwarzem  Sockel,  noch  später,  wohl 
nach  63,  die  r.  Wand  rohen  Stuckbewurf. 

In  a  waren  drei  Räume  über  einander:  unter  dem  Boden  des 
Oberzimmers  war  noch  ein  Zwischenboden,  dessen  Balken  quer 
lagen,  in  der  Höhe  von  2,0.  Zu  den  oberen  Räumen  führte  1.  eine 
Treppe,  vier  Stufen  aus  Stein,  das  übrige  aus  Holz.  Die  oberen 
Räume  über  a  h  c  waren  zwei:  einer  über  a  b  mit  drei  Schlitz- 
fenstern;  in  dem  anderen,  über  c,  sind   keine   Fenster   kenntlich. 

Hinter  dem  Atrium  liegt  1.  das  ziemlich  quadratische  gewölbte 

3 


34  A.    MAU 

Zimmer  e  mit  Fenster  auf  den  Garten,  ein  kleines  Speisezimmer. 
Hinter  diesem  das  kleine  Schlafzimmer  f,  auch  mit  Fenster  auf 
den  Garten ;  die  Bettnische,  im  N,  hat  eine  Verschalung  mit  der 
Axe  von  N  nach  S,  das  übrige  ist  flach  gedeckt.  Ueber  Verscha- 
limg  und  Decke  aber  ist  das  Tonnengewölbe  erhalten,  das  in 
Fortsetzung  von  e  das  Ganze  bedeckt.  Und  zwar  sind  die  Verscha- 
lung' der  Bettnische  und  die  flache  Decke  späterer  Zusatz;  man 
sieht  deutlich,  wie  einst  das  Zimmer  bis  an  die  höhere  Wölbung 
reichte,  mit  einem  Fenster  in  der  Südostecke  gleich  über  dem 
Ansatz  derselben. 

R.  neben  e  f  ist  g  die  Küche.  Gleich  r.  der  Abtritt  über 
einer  Senkgrube,  dann  der  Heerd  und  über  ihm  in  der  AVand  die 
kleine  Larennische.  Zwischen  Abtritt  und  Heerd  ist  in  der  Wand 
eine  senkrechte  Thonröhrenleitung  angebracht  (Durchm.  0,11  im 
Lichten) :  vermutlich  floss  hier  das  Wasser  des  Daches  der  Küche 
zusammen  und  wurde  von  hier  auf  die  Strasse  geleitet  (s.  unten 
S.  35).  Hinter  der  Küche  noch  ein  kleiner  Raum  mit  Zwischen- 
boden bei  2,0. 

Ueber  e  f  waren  entsprechende  Oberzimmer :  erhalten  sind 
die  Fussböden,  Teile  der  Südwand  und  der  Zwischenwand  mit  der 
Verbindungsthür.  Ueber  der  Küche  g  schwerlich ;  denn  da  sie  keine 
Aussenwand  hat,  war  es  wohl  unvermeidlich,  ihr  eine  Deckenötfnung 
zu  geben.  Diese  konnte  am  passendsten  über  dem  Abtritt  sein, 
der  durch  ein  eigenes  kleines  Dach  geschützt  war.  Dann  war  das 
Dach  gegen  diese  Oeffnung  geneigt  und  das  Regenwasser  konnte 
an  ihrem  Rande  entlang  an  ihre  NW.ecke  geleitet  werden  und 
hier  in  die  erwähnte  Leitung  fliessen. 

Da  a  c  e  f  g  h  noch  nicht  ganz  ausgegraben  sind,  so  bleibt 
unsicher,  wie  die  oberen  Räume  über  e  f  zugänglich  waren.  Aus- 
geschlossen ist  eine  aus  den  Räumen  über  a  h  c  hinüberführende 
Gallerie,  von  der  die  bis  über  die  betreffende  Höhe  erhalteneu 
Atriumswände  Spuren  zeigen  müssten.  Das  wahrscheinlichste  ist 
wohl  eine  Treppe  an  der  Südwand  von  g. 

Atrium  und  Fauces  haben  einen  Fussböden  aus  schwarzer 
Stuckmasse  mit  Reihen  weisser  Steinchen.  An  der  Rückseite  des 
Atriums,  gleich  rechts  von  e,  ist  eine  Cisternenöffnuug  mit  Lava- 
deckel, ohne  Puteal.  Ohne  Zweifel  erhielt  diese  Cisterne  in  früherer 
Zeit  das  Wasser  des  Impluviums;   in  der  letzten  Zeit  aber  nicht 


AUSGRABUNGEN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15 


35 


nielir;  es  lloss  nur  aus  dei*  r.  Vordereckc  auf  die  Strasse.  Diese 
unterirdische  Leitung  mündet  ein  in  eine  andere,  an  der  Lücke 
im  Fussboden  kenntliche,  die  aus  der  Kücho  wohl  das  durch  die 
erwähnte  Thonröhrenleitung  herabfliessende  Wasser  auf  die  Strasse 
führte. 

Die  Wunde  der  Fauces  haben  über  einem  ganz  niedrigen 
schwarzen  Sockel  je  zwei  schwarze  Felder.  lieber  diesen  ist  der 
weisse  Grund  durch  schwarze  Linien  in  liegende  Rechtecke  geteilt 
und  in  jedes  derselben  mit  roten  Linien  ein  kleineres  Rechteck 
eingeschrieben:  eine  Erinnerung  an  die  im  ersten  und  zweiten  Stil 
nachgeahmten  Quadern  mit  Saumschlag.  Am  Atrium  über  schwar- 
zem Sockel  grosse  rote  Felder  mit  je  einem  Vogel  in  der  Mitte; 
der  obere  Teil  wie  in  den  Fauces.  Eine  einfache  Decoration  letzten 
Stils  auf  weissem  Grunde  hat  c,  in  der  Mitte  der  Felder  kleine 
Malereien :  ein  Hund  der  ein  Reh  (?)  verfolgt,  ein  anderer,  der  ein 
ähnliches  Thier  von  vorn  anbellt;  in  der  Lünette  Hippokampos 
und  Delphine.  Aehnlich  auch  /";  in  der  Mitte  der  Felder  dreimal 
ein  fliegender  Schwan,  der  ein  langes  Band  im  Schnabel,  an  den 
Füssen  und  über  den  Flügeln  trägt,  viermal  ein  Hirsch  in  der  oft 
wiederholten  halbsitzenden  Stellung,  mit  langem  Band  um  den 
Leib,  zweimal,  an  der  Fensterwand,  ein  nicht  näher  zu  definirender 
gelber  Vogel,  der  auch  ein  Band  an  den  Füssen  und  im  Schna- 
bel trägt. 

Durch  eine  Thür  1.  am  Atrium  kommen  wir  in  den  Garten- 
portikus l.  Er  ist,  mit  seinen  Ziegelsäulen,  ziemlich  jungen  Ursprun- 
ges. Es  waren  ursprüng- 
lich drei  Säulen  und  zwei 
Halbsäulen,  dann,  nach 
Erbauung  des  kleinen 
Zimmers  m,  zwei  Säulen 
und  zwei  Halbsäulen , 
gelb  mit  rotem  Sockel. 
Nur  das  zunächst  an 
^  '  i  ^•  H         m  lieofende  Tntercolum- 

nium  ist  durch  eine 
Brüstung  creschlossen.  Der  Portikus  ist  im  letzten  Stil  auf  weissem 
Grunde  gemalt ;  der  horizontale  Abschluss  der  Schmalwände  beweist, 
dass  er  flach  gedeckt  war  und  eine  Terrasse  trug,  die  zugänglich 


war  aus  den  Zimmern  über  i  /c,  zu  denen  von  der  Strasse  in  h 
eine  besondere  Treppe  N.  7  führte:  es  war  also  dies  eine  beson- 
ders vermietete  kleine  Wohnung. 

Das  kleine,  weit  geöffnete  Zimmer  m  können  wir  als  Sommer- 
oubiculum  bezeichnen;  es  ist  hoch  2,20.  Eigentümlich  war  seine 
Decke  gebildet:  eine  flache  Verschalung,  mit  der  Axe  vom  Eingang 
auf  die  Rückwand,  die  aber  nicht  auf  den  Seitenwänden  aufsetzte, 
sondern  etwas  einwärts,  so  dass  jederseits  ein  Streifen  horizontaler 
Decke  blieb.  Ausserdem  aber  lief  über  dem  Eingang,  sich  gegen 
das  Innere  senkend,  ein  halbes  Tonnengewölbe,  etwa  0,30  breit 
und  ziemlich  ebenso  hoch,  in  welches  die  Hauptverschalung  nach 
Art  eines  Kreuzgewölbes  einmündete.  Ein  kleines  Fenster  ötfnet 
sich  auf  den  Garten  «,  ein  noch  kleineres,  schräg  nach  S  durch 
die  Wand  gebrochen,  auf  den  engen  Raum  zwischen  /c  und  m,  in 
dem  wohl  ein  Diener  schlief. 

/c  ist  ein  ziemlich  geräumiges  Speisezimmer,  hoch  3,75  bis 
zum  Ansatz  der  flachen  Verschalung,  deren  Axe  vom  Eingang  auf 
die  Rückwand  liegt.  Von  der  Malerei  in  k  und  m  soll  weiter  un- 
ten die  Rede  sein.  Dagegen  ist  i  ein  vernachlässigter  Raum,  ohne 
andere  Wanddecoration  als  durch  schwarze  Linien  gebildete  Recht- 
ecke ohne  Sockel  gleich  am  Boden,  h.  1,70.  Von  i  nur  durch  eine 
dünne  Fachwerkmauer  getrennt  führte  in  h  eine  Treppe  direct  von 
der  Strasse  in  Räume  über  /  k  l  m. 

Im  Garten  n  ist  in  der  r.  Vorderecke  das  Thonputeal  einer 
Cisterne,  die  das  Regenwasser  von  i  k  l  m  erhielt.  An  der  Rück- 
wand die  zierliche  Larenaedicula :  auf  hohem  Unterbau,  der  eine 
gewölbte  Nische  enthält,  stehen  vier  Säulchen,  die  beiden  äusser- 
sten  gelb,  die  inneren  rot,  mit  weiterem  mittleren  Intercolumnium. 
üeber  diesem  ist  das  Gebälk  —  gelb  über  buntem  Eierstab  — 
unterbrochen  und  auf  den  Enden  der  beiden  seitlichen  Stücken  ein 
Bogen  aufgesetzt,  der  in  das  durch  ein  violett- weisses  Wellenor- 
nament und  ein  kleines  fast  ganz  zerstörtes  Gesims  abgeschlossene 
blaue  Tympanon  hineinreicht. 

Mitten  im  Garten  steht  ein  Marmortiseh,  h.  1,04  (abgeb. 
Not.  1897  S.  342).  Der  Fuss  ist  gebildet  als  Löwentatze,  die 
oben  in  einen  Pflauzenkelch  endigt,  aus  dem  der  Oberkörper  eines 
nur  mit  einem  um  die  Lenden  gebundenen  Gewände  bekleideten 
Silen  hervorragt,  der  in  seinen   Armen   das  in  Windeln   gehüllte 


AISGRABUNGKN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15  *^7 

Bacchuskind  trügt  und  zärtlich  auf  dasselbe  herabschaut;  das  Kind 
hat  ein  Diadem  um  das  Haar,  eine  Haarflechte  auf  dem  Scheitel. 
Die  Platte,  1,07  X  0,575,  ruht  auf  einem  viereckigen,  hinter  dem 
Silen  aus  dem  Kelch  aufragenden  Pfeiler. 

Dass  über  i  k  Oberzimmer  waren,  ist  zu  schliessen  aus  der 
Treppe  N.  7 :  eine  kleine  Wolmung  von  mindestens  zwei  Zim- 
mern. Ueber  /  Avar  schwerlich  nur  eine  unbedeckte  Terrasse; 
denn  so  würde  die  0,8  breite  .Traufrinne  kaum  zu  erklären  sein: 
man  würde  doch  die  Brüstung  gegen  den  Garten  durchbohrt  und 
so  an  einem  Punkte  das  Wasser  der  Cisterne  zugeführt  haben.  Zwei- 
felhaft bleibt,  ob  nur  die  Terrasse  durch  ein  auf  Säulen  oder  Pfei- 
lern ruhendes  Dach  geschützt,  oder  ob  hier  obere  Zimmer  waren. 
Beides  ist  möglich,  ersteres  in  unserer  Reconstruction  angenommen. 

Die  Wandmalerei  in  k  l  m,  vierten  Stils  auf  weissem  Grun- 
de, ist  gleichartig  und  zusammengehörig.  Dass  sie  älter  ist  als 
63  n.  Chr.,  ergiebt  sich  aus  der  Südwand  von  k,  die,  ohne  Zweifel 
durch  das  Erdbeben  beschädigt,  nachher  nur  rohen  Stuckbewurf 
erhalten  hat.  Es  sind  die  gewöhnlichen  Motive  dieses  Stils :  phan- 
tastische Architekturen  in  Gelb,  Ornamentstreifen,  Candelaber,  Guir- 
landen,  Tiere  und  Vögel,  alles  etwas  schwer  und  unbeholfen,  wie 
nicht  selten  auf  älteren  Wänden  dieses  Stils.  An  figürlichen  Dar- 
stellungen ist  folgendes  zu  bemerken. 

1-3  in  k. 

1,  Mitte  der  1.  Wand,  h.  0,54,  br.  0,55  (abgeb.  Not.  1897 
S.  36)  Perseus,  Andromeda  das  Medusenhaupt  zeigend.  Sie  sitzen 
an  einem  Bache.  L,  Perseus,  nackt,  mit  grünen  Flügeln  an  Kopf 
und  Füssen;  er  sitzt,  auf  den  1.  Ellenbogen  gestützt,  mit  den 
Füssen  l. ;  der  r.  ist  beträchtlich  höher  auf  einen  Stein  gesetzt, 
an  dem  1.  unten  die  Harpe  lehnt;  die  Stellung  ist  einigermassen 
unschön.  Mit  der  r.  erhebt  er  das  Medusenhaupt  über  seinen  Kopf, 
so  dass  das  Spiegelbild  im  Wasser  erscheint,  ß.  Andromeda,  voll- 
ständig bekleidet  mit  langem  gelben  Chiton  und  shawlartigem 
grünen  Gewände,  das  von  l.  nach  r.  quer  über  die  Brust  herab- 
geht, mit  Diadem  in  dem  kurzen  krausen  blonden  Haar;  sie 
sitzt  mit  den  Füssen  nach  r.  und  legt  die  l.  Hand  auf  den  1. 
Schenkel,  die  r.  auf  die  1.  Schulter  des  Perseus ;  ihr  Blick  ist  nach 
l.  gerichtet,  nicht  auf  das  Spiegelbild.  Hintergrund  Felsen  und 
Bäume.  Ausführunof  sehr   gerinij.  Colorit  blass    und    wirkungslos. 


'^  A.    MAI 

•2.  Mitte  der  Rückwaiul.  li.  0,54,  br.  0,55.  Paris  und  Helena. 
L.  Paris,  nackt  bis  auf  die  auf  der  r.  Schulter  geheftelto  rote 
Chlamys.  llv  steht  auf  dem  1.  Fuss,  der  r.  Unterschenkel  ist 
kreuzweis  über  den  1.  gelegt,  so  dass  der  Fuss  nur  mit  der  Spitze 
den  Boden  berührt,  der  r.  Ellbogen  auf  eine  Basis  gestützt,  auf 
der  ein  Zipfel  der  Chlamys  liegt.  Der  Kopf,  mit  kurzem  krausen 
blonden  Haar  ist  etwas  gesenkt;  er  blickt,  wie  naclideuklich  oder 
verlec^en,  nach  r.,  nicht  auf  Helena,  die  r.  steht  an  einer  I^asis 
wie  die  auf  die  sich  Paris  stützt.  Sie  steht  auf  dem  r.  Fusse,  halb 
nach  1.;  das  1.  Bein  ist  gehoben,  so  dass  der  Fuss  nur  mit  der 
Spitze  den  Boden  berührt,  um  zwischen  den  Schenkeln  das  Gewand 
—  rot  mit  bläulichem  Kande  —  zu  halten,  das  sie  vom  Oberkör- 
per entfernt  hat  und  mit  beiden  Händen  über  Kopf  und  1.  Schul- 
ter hält,  so  dass  es  ihrem  nackten  Körper  als  Hintergrund  dient. 
Sie  trägt  ein  Halsband  und  im  Haar  ein  goldenes  Diadem,  blickt 
nach  vorn,  nicht  auf  Paris.  Zwischen  beiden  Eros.  Er  steht  auf 
dem  1.  Fuss,  den  r.  Unterschenkel  über  den  1.  gekreuzt,  nackt  bis 
auf  die  auf  den  Rücken  und  über  den  auf  die  Hüfte  gestützten  1. 
Unterarm  fallende  grüne  Chlamys.  Er  hält  in  der  R.  den  auf  den 
Boden  gestützten  Bogen  und  einen  Pfeil,  und  blickt  hinauf  zu  He- 
lena. In  der  Mitte  des  Hintergrundes  eine  Säule,  von  der  nach  jeder 
Seite  bis  zum  Rande  des  Bildes  ein  weisser  Vorhang  gespannt 
ist.  Ausführung  gering;  Farbe  verdorben  und  schwärzlich.  Die 
Beziehung  auf  Paris  und  Helena  ergiebt  sich  aus  Sogliano  569, 
wo  Paris   durch  das  Kostüm  gekennzeichnet  ist. 

3,  auf  den  Seitenfeldern,  Eroten,  hoch  c  0,25.  L.  Wand  1.: 
trägt  auf  der  R.  einen  Teller  mit  Laub,  auf  der  1.  Schulter  das 
kegelförmige  Cultusobject.  L.  Wand  r. :  trägt  auf  dem  Nacken,  es 
niit  der  L.  haltend,  ein  Füllhorn,  in  der  vorgestreckten  R.  Zweige. 
R;ickwand  1. :  bläst  die  Syrini  und  trägt  in  der  R.  ein  Pedum. 
Rückwand  r. :  trägt  auf  der  r.  Schulter  eine  grosse  Keule,  die  er 
auch  mit  der  1.  Hand  stützt. 

4,  über  1,  eines  der  bekannten  kleinen  mit  wenig  Strichen 
hingeworfenen  Landschaftsbilder,  h  0,18,  br.  0,51.  Ein  Fluss,  1. 
eine  z.  T.  bedeckte  Brücke,  jenseits  Portiken  und  andere  Gebäude. 
Auf  dem  Flusse  zwei  Barken  mit  Ruderern,  auf  der  Brücke  zwei 
Männer,  von  denen  einer,  nahe  dem  jenseitigen  Ufer,  mit  einer 
Stange  lebhafte  Bewegungen  macht,  wie  es  scheint  mit  Bezug  auf 


ArSGUABUNGKN    VON    I'OMPEJl    INS.  VI    15  ,  ?>!' 

die  Barken,  um  sie  entweder  ara  Landen  zu  hindern  oder  ihaen 
dabei  zu  helfen.  Das  Ganze  scheint  eine  Nachtlaudschaft  zu  sein, 
mit  nur  teilweiser  heller  Beleuchtung  durch  ein  vorn,  ausserhalb 
des  Bildes  befindliches  Feuer. 

5-8  in  m.  Die  ganzen  Wunde  sind  hier  eingenommen  von  einer 
phantastischen  Architektur  auf  weissem  Grunde,  die  nur  in  der 
Mitte  ein  Feld  freilässt;  dieses  enthält  auf  der  r.  und  Rückwand 
je  eine  Figur.  Ausführung  gering,  Farben  blass. 

5,  Mitte  der  Rückwand,  h.  0,97.  Bacchus  steht  halb  nach  L., 
nackt  ausser  der  roten  Chlamys,  die,  auf  der  1.  Schulter  ruhend 
auf  den  Rücken  und  von  da  über  den  gehobenen  1.  Unterarm  fällt. 
Die  erhobene  1.  Hand  hält  den  auf  dem  Boden  stehenden  Thyr- 
sus,  die  gesenkte  R.  giesst  Wein  aus  dem  Kantharos,  ohne  Zweifel 
dem  Panther,  der  aber  verblichen  ist.  Ein  Kranz  aus  Wein-  oder 
Epheublättern  umgiebt  das  lang  und  kraus  auf  die  Schultern  fal- 
lende blonde  Haar. 

6,  Mitte  der  r.  Wand,  h.  0,96.  Aphrodite,  fast  von  vorn,  nur 
wenig  nach  1.,  stehend,  nackt,  mit  goldenen  Ringen  an  Armen  und 
Fussgelenken,  einem  mit  einem  dunkeln  Stein  gezierten  Ring  um 
jeden  Oberarm,  zwei  Halsbändern  —  das  eine  aus  durch  eine 
Kette  verbundenen  runden  Gegenständen  (Bullen?)  bestehend,  das 
andere  mit  Bommeln  — ,  der  bekannten  auf  der  Brust  gekreuzten 
Kette  und  einem  Diadem.  Beide  Hände  sind  erhoben  und  halten 
in  ganz  gleicher  Bewegung  je  die  Hälfte  des  glatt  vom  Hinterkopf 
fallenden  rötlichen  Haares. 

7.  Das  Mittelfeld  der  1.  Wand  ist  von  einem  kleinen  Fenster 
durchbrochen,  daher  hier  keine  Figur,  sondern  ein  kleines  Bild, 
h.  0,18,  br.  0,31,  schlecht  erhalten:  zwei  Amoren  an  einem  geöff- 
neten Schmuckkasten.  Beide  sind  nackt  und  bekränzt;  der  zur  1. 
trägt  die  auf  der  Brust  gekreuzte  Kette,  bei  dem  zur  r.  ist  dies 
nicht  kenntlich.  Ersterer  bückt  sich  nach  r.  und  fasst  mit  der  R. 
eine  noch  im  Kasten  befindliche  goldene  Patera ;  der  andere  steht 
aufrecht  nach  1.  und  hält  in  der  L.  einen  Spiegel,  violett  mit 
blauem  Rande  und  Griff:  es  scheint,  dass  er  sich  darin  spiegelt, 
doch  ist  dies  bei  der  schlechten  Erhaltung  nicht  klar. 

8.  Endlich  auf  der  Rückwand  r.  und  1.  je  eines  jener  kleinen 
Landschaftsbilder,  h.  0,11,  br.  0,30;  1.  eine  Brücke  mit  hinüber 


Im  a.  MAI- 

^Teilenden  Pei-sonen :  r.  ein  Sacellnm  mit  Adoranton.  r.  davon  eine 
Brücke  und  auf  dem  Fluss  eine  Barke. 

Von  Funden  in  diesem  Hause  ist  wenig  zu  berichten,  da  bis 
jetzt  nur  Atrium,  Portikus  und  Garten  vollständig  ausgegraben  sind. 
Im  Atrium  fanden  sich  {Not.  189(5  S.  538)  drei  Bronzegefässe 
(Kochtopf,  Kuchenform,  Eimer),  neun  GlasHaschen  und  noch  ein 
(Jlasgefäss,  ein  kleines  Bleigefäss  und  ein  Thongefäss  (Form  IX, 
aber  nur  ein  Henkel)  mit  der  Inschrift: 

FAECVLAAMINEA-MVSAE 

AB  -VARIA     PÖTITA 

Im  Portikus  /  (a.  0.  S.  475,  533)  ein  Eimer,  zwei  Pfannen,  ein 
Deckel,  zwei  in  Masken  auslaufende  Gefässhenkel,  alles  dies  aus 
Bronze;  eine  Amphora  (Form  ähnlich  wie  XII)  mit  der  Inschrift 
am   Hals : 


weiter  unten : 

M  • 

unter  dem  einen  Henkel 


M 

TI-  KAA 

AINeiKOY 

FABI  •  EVPORI 

CNIDIVM 

ex. 


So  nach  Sogliano's  Abschrift.  Als  ich  das  Gefäss  sah,  war  der  obere 

Teil  der  griechischen  und  der  grösste  Teil  der  lateinischen  Inschrift, 

so  wie  die  am  Henkel  imlesbar  geworden.  Doch  schien  mir  in  der 

griechischen   der   erste   Buchstabe  Z.  3  A  zu  sein.   Im    Garten  n 

(a.  0.  S.  534)  eine  Bronzepatera,  deren  Gritf  in  einen  Hundskopf 

endet,  und  noch  ein  Bronzegefäss,  und  eine  Amphora  (Form  XII) 

mit  Inschrift: 

AnOÄÄWNIOY 

auf  der  anderen  Seite,  mit  roter  Farbe: 

Ad  •  S  •  FE 

Endlich  ein  Spiegelgrilf  aus  Bronze  {Not.  1897  S.  199). 

Im  «liM-  nicht  ganz  ausgegrabenen  Küche  g  wurden  doch  zwei 
BronzL'kessel  gefunden,  davon  einer  mit  Deckel  {Not.  189G  S.  534). 


AIJSr.RABnNGEN    VON    POMPK.H    INS.  VI    U,  41 

Es  scheint,  dass  auch  Funde  in  den  Oberräumen  berichtet 
werden.  Es  heisst,  dass  nördlich  von  N.  6  in  den  oberen  Schichten 
folgende  Dinge  gefunden  wurden.  Aus  Bronze:  Zwei  Pateren,  deren 
Stiel  in  einen  Widderkopf  endet ;  ein  kleines  cylindrisches  Gefäss ; 
eine  Scheuklappe  für  ein  Pferd;  ein  kleiner  runder  Spiegel;  ein 
kleines  Instrument,  bestehend  aus  einer  Stange,  die  an  einem 
Ende  eine  Kugel,  am  anderen  ein  Nadelöhr  hat;  ein  Charnier; 
eine  kleine  Figur  der  Fortuna  mit  einem  Ring  um  sie  als  Amulet 
zu  tragen.  Aus  Thon  der  Boden  eines  aretinischen  Gefässes  mit 
der  Marke  L  •  R  •  PIS ;  eine  schwarz  glasirte  Lampe  mit  Darstellung 
von  drei  sitzenden  Gottheiten.  Endlich  drei  Flaschen  und  zwei 
Salbenfläschchen  aus  Glas  {IVoL  1896  S.  372,  17.  25  Aug.). 

Von  Wandkritzeleien  erwähnen  wir  folgende: 

1,  Rückseite  des  Atriums,  zwischen  e  und  g: 

IIIIA  VIISTALIS 

so  Sogliano  ISJot.  1897  S.  828,  von  mir   nicht   gesehen,    wohl   zu 
Grunde  gegangen. 

2,  auf  der  nördlichen  Halbsäule  von  /:  CVRI  W 

3,  ebenda  auf  der  2.  Säule  von  N.  :  TIBVR 

4-12,  an  der  Strasse,  auf  der  Aussenwand  dieses  Hauses : 

4,  SPIINDVSA    SFIIRATO-  ?LV{rlmam  sal.) 

5,  unter  4.  TITVS 

6,  r.  von  4.         ERASTVS    CWN{num  lüigit) 

7,  unter  6:  MARTIALI 

8,  r.  von  7.         MAR 

9,  weiter  r.         CLEMENS 

10,  unter  9.        VOBIS 

11,  links  der  Thür  N.  8.         S     NIIRONIS 

12,  unter  11.  CARMI  NI  VGL  .  Cf.  CIL  IV  1598. 
1635.  1982. 

N.  9  {Not.  d.  sc.  1897  S.  38  f.). 

Die  Fauces  b  führen  zwischen  zwei  Cubicula  a  und  c  in  das 
viersäulige  Atrium  d.  Auf  dessen  Rückseite  das  grosse  Triclinium  f: 
neben  diesem  zwei  Räume.  Von  diesen  enthält  g  links  ein  von 
dem  übrigen  Raum  durch  eine  niedrige  Mauer  abgetrenntes  Bassin, 
dessen  Boden  gegen  die  r.  Vorderecke  geneigt  ist,  wo  das  Wasser 
in  die  Cisterne  abfliesst.  Offenbar  war  dies  Bassin  eine  Art  Implu- 


42 


A.    MAT 


viiim  uuil  dieser  Teil  des  Kauiiies  unbedeckt,  ii.  in  g  führte  eine 
Treppe  in  einen  Kaiiin  über  A.  dessen  Fussboden  in  der  Höhe 
Von  2,30  hl'',  aber  nicht  ganz  h  bedeckte,   sondern  1.  einen  0,85 


i'yi'   1*  r  r  l" 


breiten  Streifen  freiliess.  Hier  ist  in  der  1.  Hinterecke  der  sehr 
kleine  Heerd :  es  scheint  also  dass  über  diesem  eine  Oetfnnng  für 
den  Uauch  war.  In  g  und  h  steht  je  ein  primitiver  Kochapparat, 
bestehend  aus  je  zwei  Amphoren,  denen  Hals  und  Schulterstück 
abceschlasen  ist;  die  untere  enthielt  das  Feuer  und  hat  im  Bauch 
ein  viereckiges  Loch,  um  diesem  Zug  zu  geben,  die  andere  ist  als 
Kochgeschirr  darüber  gestellt.  Dergleichen  Apparate  sind  in  Pom- 
peji nicht  selten.  —  Endlich  war  r.  vom  Atrium  noch  der  exedra- 
oder  tal)linumartige  Raum  e. 

Das  Haus  hatte  voUstäniigen  Oberstock,  dessen  Centrum  ein 
oberer  Raum  über  dem  Atrium  war,  der,  wie  unser  Grundriss 
zeigt,  durch  eine  Treppe  an  der  1.  Wand  erstiegen  wurde;  sein 
Fussboden  lag  bei  c.  4,20.  Er  war  bedeckt.  Auf  den  vier  Säulen 
(erhalten  nur  der  Ziegelkern,  der  keinerlei  Kapitell  andeutet),  lag 
ein  Holzarchitrav ;  auf  diesem  ist  eine  Mauer  aufgeführt,  in  der 
an  jeder  Seite  eine  breite,  fensterartige  Oetfnung  augebracht  ist. 
Diese  Mauer  ist  an  der  höchsten  Stelle  bis  1,85  über  der  unteren 
Fläche  des  Architravs,  nirgends  aber  bis  zum  Sturz  der  Feuster- 
ötfnungen  erhalten ;  doch  führt  die  Form  dieser  Oeffnungen,  die 
ganz  gleichartige  Beschaffenheit  der  Brüstung  unter  und  der  Mauer 
neben  ihnen,  zweifellos  darauf,  dass  es  eben  Fensterölfnungen, 
nicht  Oeffnungen  zwischen  Pfeilern  sind,  dass  also  über  ilinen  nicht 
unmittelbar  die  das  Dach  tragenden  Balken  lagen,  sondern  erst 
nocli  die  Mauer  sich  fortsetzte.  Da  der  obere  Raum  doch  mehr 
als   mannslioch   sein   musste,  so  ist   in   unserer  Restauration  eine 


AUSGRABUNGEN    VON    POMI'EJI    INS.  VI    15  4B 

Höhe   von   reichlich   2,10   über   dem   Architrav,   etwa   1,80   über 
dem    Fussboden   angenommen ;   es   ist   aber   leicht   möglich,   dass 


sie  grosser  war. 


Auf  diesen  oberen  Umgang  führte  noch  eine  zweite  Treppe  an 
der  Südwand  des  Ladens  N.  10.  Da  es  nicht  wahrscheinlich  ist, 
dass  beide  Treppen  gleichzeitig  bestanden,  so  ist  wohl  anzunehmen, 
dass,  als  diese  letztere  gemuclit  wurde,  mau  die  im  Atrium  besei- 
tigte und  der  Oberstock  nun  separat  vermietet  werden  sollte. 

Ueber  a  h  c  war  nur  ein  einziger  Oberraum,  zugänglich  aus 
der  Nordostecke  des  Atriums ;  die  Wände,  mit  Ziegelstuck  bekleidet, 
sind  nirgends  bis  zur  Fensterhöhe  erhalten.  In  gleicher  Höhe  lag 
eine  Balkendecke  auch  über  /*;  es  ist  also  wahrscheinlich,  dass 
auch  hier  ein  Oberzimmer  war.  Endlich  in  gleicher  Höhe  auch 
über  h\  auch  hier  wird  ein  Oberzimmer  anzunehmen  sein,  zu- 
gänglich aus  dem  über  f.  Von  hier  geht  in  der  Westwand  schräg 
abwärts  nach  N  eine  Thonröhrenleitung  (Durchm.  0,12,  zu  eng  für 
einen  Abtritt)  in  die  Senkgrube  des  Abtritts  in  h.  Von  diesen 
Räumen,  über  /'  A,  ist  nichts  erhalten. 

Der  Raum  über  e  hing  mit  dem  übrigen  nicht  zusammen : 
sein  Fussboden  lag  niedriger,  bei  etwa  3,80,  in  gleicher  Höhe  mit 
dem  des  Raumes  über  dem  Laden  N.  10  und  ohne  Zweifel  mit 
diesem  zusammenhängend.  Der  Raum  über  N.  10  war  zugänglich 
durch  die  schon  erwähnte  Treppe,  die  aus  N.  10  in  den  oberen 
Umgang  des  Atriums  führte. 

Die  Hausthür  lag  gleich  an  der  Strasse.  Gleich  hinter  ihr  in 
den  Wänden  von  h  die  Löcher  im  die  zera^  und  zwar,  wie  ge- 
wöhnlich, in  verschiedener  Höhe,  r.  1,30,  1.  1,40  vom  Boden:  die 
%era  bestand  eben  aus  zwei  Balken,  die  in  der  Mitte  irgendwie 
verbunden  wurden.  Die  Fauces  haben  einen  Fussboden  aus  einer 
Sfcuckmasse  mit  uiiregelmässigen  Marmorstücken;  an  den  Wänden 
roher  Stuck.  In  der  r.  Wand,  1,37  vom  Boden,  eine  flache  gewölbte 
Nische,  h.  0,50,  br.  0,45,  doch  wohl  das  Larenheiligtum,  für  wel- 
ches freilich  dies  ein  sehr  ungewöhnlicher  Platz  ist;  vgl.  jedocli 
die  bei  Marquardt  Privatl.-  S.  240,  5  citirte  Stelle  des  Hieronymus 
{'poü  fores  domonim).  Im  Atrium  ist  der  Fussboden  ähnlich  aber 
ohne  Marmorstücke;  die  Wände  haben  einen  1,50  hohen  schwarzen 
Sockel,  der  sich  auch  in  e  und  auf  die  Eckpilaster  gegen  die  Fauces 


I  t  K.    MAU 

orstreckt.  Das  Impluviiim  ist  <,'aiiz  budeckt  mit  feinerem  roten 
Stuck,  in  den  uiirogelmässige  Marmorstücke  eingelegt  sind.  Das 
Kesrenwasser  tioss  nur  auf  die  Strasse  ab ;  die  Cisterne,  deren  can- 
mdlirtos  Travertinputeal  an  der  Rückwand,  zwiscbeu  /"  und  g  steht, 
war  also  in  der  letzten  Zeit  ausser  Gebrauch  und  man  bediente 
sich  nur  der  in  7.  Auf  dem  Puteal  im  Atrium  liegt  ein  Traver- 
tinstein  von  0,84  im  Quadrat,  hoch  0,10,  dessen  Oberfläche  mit 
Ausnahme  eines  0,04  breiten  Randes  vertieft  und  rauh  bearbeitet 
ist,  wie  um  etwas  aufzustellen ;  es  diente  also  wohl  als  Basis  für 
eine  Figur  oder  dgl. 

Das  einzige  Zimmer  mit  etwas  besserer  Malerei  ist  f:  vierten 
Stiles  auf  weissem  Grunde,  aber  wohl,  nach  der  schlechten  Erhal- 
tung, älter  als  63.  Doch  ist  auch  hier  die  Malerei  gering  und 
ohne  Interesse,  auch  ohne  figürliche  Darstellungen:  nur  in  der 
Mitte  der  Felder  je  ein  Vogel,  ein  Tier,  ein  Paar  Delphine.  Das 
Zimmer  erhielt  Licht  durch  zwei  Fenster  auf  das  Atrium  neben  und 
ein  kleineres  über  der  Thür.  Es  ist  noch  nicht  ganz  ausgegraben. 

Von  Funden  ist  auch  hier  wenig  zu  berichten.  Im  Atrium 
{Not.  1896  S.  475.  535)  fanden  sich  einige  wenige  Bronzegefässe, 
ein  kleines  Bleigefäss,  ein  kleines  aretinisches  Thongefäss  und  der 
Fuss  eines  zweiten  mit  der  Marke  F  E  L I C 1 0 ,  endlich  drei  Ampho- 
ren und  der  Hals  einer  dritten  mit  Inschriften.  Die  Inschrift  des 
Halses  (Form  VII)  lautet: 

CoDLI  JWE 

EX  GEL 

M- VALERI- ABINNER ICI 

Dazu  schräg  abwärts:  ab  tf?/;jHRATE 

Amphoren  des  M.  Valerius  Abinnericus  sind  schon  früher  mehrfach 

gefunden  worden. 

In  e  fand  man  (a.  0.  S.  475)  «  un'erma  con  testa  muliebre 
e  falle  nel  basso,  lu,  0,123  »;  ich  bedaure  diese  kleine  Herme 
nicht  gesehen  zu  haben ;  aus  Bronze  ausserdem  eine  Sonde  und 
eine  0,05  hohe  Glocke ;  ferner  zwei  Bleigewichte,  eine  Spindel  und 
noch  ein  cylindrisches  Stück  aus  Knochen.  In  /  fand  man  einige 
Glasgefässe,  ein  bronzenes  Vorhängeschloss,  eine  Sonde,  eine  Ro- 
sette, die  Deckplatte  eines  Schlosses,  alles  dies  aus  Bronze.  Endlich 


ALSGRABUNGEN    VON    POMPKJI    INS.  VI    15  45 

an  einem  nicht  näher  bezeichneten  Orte  noch  eine  Amphora   mit 

der  Inschrift: 

CF 

LI 

FELIX 

Au  Waudkritzeleien  fehlt  es  auch  hier  nicht.  Wir  lassen  unver- 
ständliches bei  Seite  und  erwähnen  folgende  (vgl.  Not.  1897  S.  38  f.). 

1,  in  den  Fauces  r.  von  der  Nische: 

OVIS   CLVIS  AMAT  VALIATIII 

2,  ebenda  1.  von  der  Nische:  CORVSTICVS. 

8,  ebenda,  weiter  einwärts :  I  V  K  I  V  L I A  S 

PR.IMAE-XXX 

4,  Vorderwand  des  Atriums,  r.  vom  Eingang: 

Q_yiS  Q_yiS  AMAT 

Es  folgt  noch  weiteres,  was  aber  nicht  sicher  lesbar  ist. 

5,  ßückwand  des  Atriums,  zwischen  /  und  g  mit  Kohle : 

CONTICVERH  Verg.  Aea.  II,  1. 

(3,  ebenda         OCVS  VACAT 

so  Sogliano  a.  0. ;  von  mir  nicht  gefunden ;  wohl  zu  Grunde  gegangen. 
7,  Vorderwand  des  Atriums  1.  vom  Eingang: 

ROMANVS    SIICVNDVS 

N.  11.  12  {Not.  d.  sc.  1897  S.  269  f.). 

Kleine  Wohnung  mit  Laden.  Auch  weiter  nordwärts  folgen 
mehrere  Läden,  während  wir  bisher,  mit  Ausnahme  der  Fullouica 
N.  3  die  Strassenwände  nur  durch  die  Zugänge  der  Atrien  unter- 
brochen fanden.  Es  erklärt  sich  dies  daraus,  dass  wir  uns  hier 
dem  Thore  nähern.  Die  östlich  anliegende  Insula  VI  10  endet 
nördlich  fast  in  eine  Spitze,  so  dass  das  Nordende  dieser  Strasse 
dem  der  Strada  Stabiana  ganz  nahe  kommt. 

Der  Laden  a  ist  noch  nicht  ganz  ausgegraben.  Die  Wände 
haben  als  Decoration  nur  einen  Sockel  aus  Ziegelstuck.  Das  Hin- 
terzimmer b  ist  zugleich  Küche:  in  der  1.  Vorderecke  der  Heerd, 
daneben  der  Abtritt,  dann  ein  durch  eine  Brüstung  gebildetes  Bas- 
sin,  vielleicht  ein   einer   Dachöllnung   entsprechendes   Irapluvium. 


46  A.    MAI 

Ueber  diesem,  etwas  schmäler,  an  der  l.Waiid  ein  Streifen  roten 
Stucks,  sonst  roher  Bewurf.  An  der  Eingangswand  das  Larenbild, 
1,65  im  Quadrat.  Oben  die  Laren,  bekränzt,  mit  Rhyton  und  Patera. 
zwischen  ihnen  der  Genius  mit  Idealzügen,  in  der  Praetexta.  Dar- 
unter Schinken,  Schweinskopf,  Würste,  Rippen  und  rechts  unten 
noch  etwas  undeutliches.  In  der  r.  Hinterecke  von  b  eine  Menge 
Amphoren,  noch  nicht  ausgegraben. 

Durch  eine  schmale  Thür  ist  b  mit  dem  Atrium  f  verbunden. 
Die  Fauces  d,  deren  Höhe  nicht  kenntlich,  haben  an  den  Ecken 
gegen  das  Atrium,  in  der  Höhe  von  1,80,  je  einen  0,04  hohen 
Einschnitt,  der  durchaus  den  Eindruck  macht,  als  habe  hier  eine 
Querstange  oder  Latte  gelegen,  an  der  etwa  ein  Vorhang  befestigt 
sein  konnte,  um,  wenn  die  Hausthür  offen  stand,  den  Blick  in  das 
Atrium  zu  verhindern.  Wunderlich  ist  dabei  die  geringe  Höhe; 
doch  stösst  auch  jede  andere  Erklärung  dieser  Einschnitte  auf 
Schwierigkeiten;  vgl  Mitth.  IX,  1894,  S.  39. 

Die  Wände  des  Atriums  haben  nur  rohen  Stuck ;  aus  einer 
rohen  Stuckmasse  besteht  auch  der  Fussboden ;  doch  ist  das  Im- 
pluvium  mit  Signinum  gepflastert,  ebenso  ein  Streifen  um  dassel- 
be, wo  ausserdem  reihenweise  weisse  Steinchen  eingelegt  sind.  Hin- 
ter dem  Impluvium  steht  in  der  Mitte  ein  kleiner  Travertintisch 
auf  pfeilerartigem  Fuss;  am  Vorderrande  der  Platte  (0,90  X  0,44) 
Löwenköpfe,  wie  Wasserspeier.  Ferner  sind  hinter  dem  Impluvium 
zwei  Cisteruen.  Das  Puteal  der  zur  r.  besteht  aus  einem  grossen 
Dolium  ohne  Boden,  mit  Deckel,  der  gleich  nach  der  Ausgrabung 
in  Staub  zerfiel,  aber  doch  die  Cisterne  geschützt  hat,  so  dass  sie 
leer  gefunden  wurde.  Die  Cisterne  1.  hat  kein  Puteal,  nur  eine 
runde  Oetfnung  in  einer  viereckigen  Travertiuplatte  (0,57  im  Qua- 
drat, h.  0,14).  Im  Impluvium  fand  sich  die  Steinkugel,  um  nach 
Bedarf  den  Abfluss  in  die  Cisternen  oder  auf  die  Strasse  zu  ver- 
stopfen ;  ferner  im  Atrium  ein  kleiner  cyliuderförmiger  Travertin- 
altar,  h.  0,31.  An  der  1.  Wand  drei  Vorrichtungen  um  je  einen 
Kessel  über  Feuer  zu  setzen. 

Die  Räume  um  das  Atrium  sind  sämmtlich  noch  nicht  ganz 
ausgegraben.  Von  denselben  sind  c  und  e  Cubicula;  e  ist  im  dritten 
Stil  gemalt,  auf  weissem  Grunde  (nur  der  Sockel  ist  schwarz),  nicht 
schlecht,  ohne  figürliches.  In  c  ist  der  hellbraune  Sockel  durch 
einen  dunkleren  Streif  abgeschlossen ;  darüber  weisser  Grund,  durch 


AUSGRABUNGEN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15  47 

rote  und  schwarze  Linien  in  stehende  und  weiter  oben  in  liegende 
Reclitecke  geteilt :  ein  aus  dem  zweiten  Stil  stammendes,  hier  aber 
wohl  zur  Zeit  des  dritten  Stiles  ausgeführtes  Schema.  In  e  führte 
eine  Treppe  zu  oberen  Räumen  über  c  d  e,  deren  Fussboden  etwa 
8,40  über  dem  des  Atriums  lag.  Hinter  dem  Atrium  liegt  nur  das 
grosse  Triclinium  g,  hoch  etwa  3,15  bis  zum  Ansatz  der  minde- 
stens 1,30  hohen  Verschalung;  Wanddecoration  wie  in  c.  Obere 
Räume  sind  hier,  da  kein  Aufgang  vorhanden,  nicht  anzunehmen. 

Endlich  liegt  noch  1.  am  Atrium  der  kleine  wandsclirankar- 
tige  Raum  Ä,  nur  etwa  2,40  hoch ;  die  AVände  sind  weiss  mit 
hohem  Ziegelstucksockel. 

In  der  Küche  b  fanden  sich  zwei  Amphoren  mit  Inschrift 
{Not.  1897  S  270). 

1  (Form  XII)         VOmVElanum^ 

//TV ED  VEST«//?              vgl.  S.  41. 
AB-CASTRICIOT 

2  (Form  ähnlich  wie  VIII) 

E  LXVIIEXII 

P  •  P  •  LV 

P     A  •     T 

Ebendaher  stammen  wohl  auch  die  a.  0.  S.  157  (21  und 
24  April)  als  östlich  von  N.  III  gefunden  bezeichneten  Gegenstände : 
zwei  Salbenfläschchen,  der  Boden  eines  aretinischen  Gefässes,  drei 
Thonlampen  mit  einer  und  drei  mit  zwei  Flammen,  eine  Kupfer- 
münze. Im  Atrium  {Not.  1897  S.  199)  fand  man  eine  Thonlainpe 
mit  zwölf  Flammen,  einen  Bronzelöffel  und  eine  bronzene  Glocke. 

An  der  Strasse,  1.  von  N.  11,  ist  mit  Kohle  auf  die  Wand 
geschrieben : 

1.  SvrriiTinaS 

SvrriinTinaS 

2.  rechts  von  N.  114,  mit  Kreide: 

TRIBVNVS 

In  der  I.Wand  von  e  ist  eingekratzt: 

3.  ASCIRICILIS    SVM 
Die  Lesung  ist  sicher. 


4b  A.     MAI 

4.  auf  der   i'.    \\  aml  von  y  :    FVSCVS 

Das  Iblgeiulo  llaus  N.  lo  sah  ich  zwar  grössteuteils,  aber 
noch  nicht  voUstäudig  ausgegraben;  es  wird  daher  besser  sein, 
dieses  und  die  NO.ecke  der  Insuhi  einem  späteren  Bericht  vor- 
zubehalten. Ein  interessantes  Factum  aber  verdient  gleich  hier 
erwähnt  zu  werden.  Es  ist  nämlicli  vollkommen  deutlich,  dass  in 
den  Stuck  der  AVände  des  Atriums  Holztafeln,  doch  ohne  Zweifel 
Uemälde.  eingelassen  waren.  Von  den  Tafeln  selbst  ist  nichts  er- 
halten, der  Abdruck  aber  ist  mit  vollkommener  Schärfe  kenntlich. 
An  der  Rückwand  war  die  Tafel  h.  0,095,  br.  oben  0,67,  unten 
0.71,  dick  am  Rande  0,02.  Der  etwa  0,05  breite  Rand  sprang  ein 
wenig,  etwa  0.002,  vor  die  übrige  Rückfläche  vor;  in  der  Mitte 
war  dann  noch  horizontal  eine  0,38  lange,  0,028  breite  Leiste 
aufgelegt,  die  r.  in  ein  schmaleres  Ende  auslief.  An  der  1.  Wand 
war  die  Tafel  h.  1.  0,55,  r.  0,52,  br.  oben  0,05,  unten  0,635, 
dick  0,01 ;  der  Rand  war  so  gebildet,  dass  die  innere  Hälfte  des- 
selben etwas  hinter  die  äussere  zurücktrat.  Die  Rückseite  war  in 
drei  Teile  geteilt  durch  zwei  vertical  aufgelegte  0,023  breite,  etwa 
(1,003  dicke  Leisten.  Eine  kleinere  Tafel  war  eingelassen  in  die 
Rückwand  des  tablinumartigen  Raumes  r.  vom  Atrium:  h.  0,39, 
br.  oben  0,32.  unten  0,312,  dick  0,015  am  Rande,  der  um  0,05 
gegen  die  Mittelfläche  vorsprang.  Vier  Horizontalleisten,  die  ober- 
ste und  unterste  nahe  den  Rändern,  0,015  breit,  etwa  0,002  hoch, 
waren  auf  die  Rückseite  aufgelegt.  Ueber  früher  beobachtete  ähn- 
liche Spuren  s.  Donner  von  Richter  bei  Heibig  Wandgem.  S.  CXXVI. 
Die  dort  erhobenen  Bedenken  gegen  die  Annahme,  dass  auf  diese 
Ilolztafeln  Bilder  gemalt  waren,  kommen  in  gleicher  Weise  auch 
hier  zur  Geltung.  Es  ist  aber  doch  kaum  möglich  für  alle  diese, 
genau  die  den  Bildern  zukommende  Stelle  einnehmenden  Holzta- 
feln eine  andere  Bestimmung  zu  erdenken.  Aus  der  geringen  Dicke 
dieser  Tafeln  werden  wir  schliessen  dürfen,  dass  die  Bilder  nicht 
besonders  wertvoll  waren. 

Zahlreiche  AVahlprogramme  sind  auf  die  Ostwand  der  bisher 
besprochenen  Häuser  gemalt.  Da  dieselben  in  den  Not.  publicirt 
sind  und  ihre  Publication  im  Supplement  zu  CIL  IV  nahe  bevor- 
steht, so  unterlasse  ich  es,  die  auf  bekannte  Candidaturen  bezüg- 
lichen hier  zu  wiederholen  und  teile  nur  die  mit.  die  wegen 
besonderer  Zusätze  ein  Interesse  haben. 


AUSGRABUNGEN  VON  POMPEJI  INS.  VI  15  49 

Gleich  rechts  von  der  Thiir  des  Hauses  der  Vettier  lesen  wir: 

1.  SABINVM 

RESTITVTVS   ROG 

Der  Candidat  ist  Cn.  Helvius  Sabinus,  der  empfehlende  ohne  Zwei- 
fel A.  Vettius  Eestitutus  (Mitth.  1896  S.  8).  Es  ist  zweifelhaft 
ob  Vor-  und  Geschlechtsuamen  verloschen  sind  oder  nicht  geschrie- 
ben waren. 

Es  mag  bei  dieser  Gelegenheit  erwähnt  werden,  dass  eine  auf 
den  anderen  Vettier  bezügliche  Inschrift  schon  vor  Jahren  gefunden 
wurde:  Not.  1876  S.  103  n.  0.  Sie  lautet  nach  meiner  Abschrift : 

VETTI   COI//////yA  AVGVSTCvI// 

d.  i.    Velti  Conviva  Augustal{is), 

2.  Auch  noch  an  dem  Hause  der  Vettier,  auf  dem  älteren, 
vor  63  gemachten  Teil  des  Sockels  steht  in  nachlässiger,  von  der 
der  Wahlprogramme  gänzlich  abweichender  Schrift: 

IVDICIS-AVG-FELIC-PVTEOLOS-ANTIVM-TEGEANO- 
POMPEIOS-HAE-SVNT-VERAE  COLONI/;^  //  ae 

Die  Acclamation  der  iudicia  AugiislL  auch  Äugustl  Augustae, 
kommt  noch  öfter  vor:  s.  CIL  IV  1074  mit  Anm.  und  Add.,  dazu 
1612  und  Not.  1879  S.  22:  iudicis  Augusti  p.  p.  et  Poppaeae 
Aug.  felicüer;  nach  letzterer  Inschrift  und  IV  670-671''  bezieht 
sie  sich  auf  Nero.  Hier  begegnet  zum  ersten  mal  eine  Andeutung 
des  Gegenstandes  dieser  iudicia.  Worin  nun  freilich  die  iudicia 
bestanden,  und  in  wie  fern  auf  Grund  derselben  die  genannten  vier 
Städte  mehr  als  andere  verdienten,  Colonien  zu  heissen,  das  wird 
auch  aus  unserer  Inschrift  nicht  recht  klar.  Dieselbe  ist. ausführlich 
besprochen  von  Sogliano  in  den  Rendiconti  der  Lincei  1897,  vol.  VI, 
p.  389  ff.  Er  erkennt  (mit  Kosini  Diss.  isag.  p.  84)  in  Tegeano 
und  in  der  respublica  Tegiaaensium  CIL  X  3704  den  auf  der 
tabula  Peutingeriana  ad  Teglaaum  geschriebenen,  dem  heutigen 
Palma,  zwischen  Nola  und  Nocera,  entsprechenden  Ort  und  nimmt 
an  dass,  wie  Piiteoli  und  Antium,  von  denen  es  bekannt  ist  (Tac. 
Ann.  XIV  27.  Suet.  Nero  9.  CIL  X  5369,  6672,  IV  2152),  so 
auch  Pompeji  und  Tegeanum  das  Cognomentura  als  Colonia  Nero- 
nensis  erlangt  hatten,   und   dass   das   «  Urteil  »   Nero's   eben   die 


50  A-  >i-^'' 

Veileihiiii^  desselben  war.  ^Möglich,  dass  es  sich  so  verhält;  ich 
weiss  nichts  besseres  vorzuschlagen ;  aber  freilich  ist  iudicia  nicht 
eben  die  treffendste  Bezeichnuug  eines  solchen  Aktes;  vgl.  CIL 
IV  1074  add. 

3,  unten  dem  Ende  von  2: 

APPVLEIVM- n  •  VIR.c/ 

V^'l.  \ot.  1876  S.  04  n.  2,  auf  der  Südseite  derselben  Insula. 
Appuleia  oben  8.  10. 

4,  r.  von  der  Thür  N.  5: 

FRVCTVS  •  CVM  •  RAECIO  GVTTAQj_AGENTES   GRATIAS 


In   Gultaq.  ist  der  untere  Strich  des  Q  nicht  recht  deutlich. 

5.  lieber  und  unter  4  sind  in  kleinerer  Schrift  folgende  Gla- 


diatorenacclamationen  geschrieben 


a. 

VA  R  I  •  VA 

d. 

FAB 

b. 

HERACLA  TR ■ U 

e. 

MINVCI  •  MVR  •  V. 

c. 

FABI  •  TR     W 

f- 

MIN  VC-,   MVR 

In  f  ist  uci  mitr  mit  roter  Farbe  übergestrichen.  Zu  c  mag  im- 
merhin daran  erinnert  werden,  dass  im  Haus  VIII  5.  6,  37  im 
Tympanou  des  Larentempelchens  Gladiatoren walTen  gemalt  sind, 
was  die  Vermutung  nahe  legt,  dass  hier  ein  ausgedienter  Gladiator 
wohnte,  und  dass  neben  der  Thür  eben  dieses  Hauses  zwei  Pro- 
i{ramme  stehen,  in  denen  zwei  Candidaten  von  den  Fabl  empfohlen 
werden.  Bull.  List.  1884  S.  16.  S.   110  n.  1.  2. 

Wir  wenden  uns  jetzt  der  Westseite  der  Insula  zu,  indem 
wir  die  noch  nicht  numerirten  Häusern  mit  römischen  Ziifern 
bezeichnen. 

X.  III  {Not.  d.  sc.  1897  S.  39.  155.  272). 

Haus  ohne  Atrium.  Von  der  Strasse  tritt  man  gleich,  ohne 
Fauces,  in  ein  geräumiges  Peristyl  a,  an  dem  die  Küche  c  und 
eine  Anzahl  Zimmer  liegen.  Es  liegt  nahe  zu  vermuten,  dass  es 
einst  zu  einem  Atrium  gehörte,  aber  nachweisen  lässt  sich  dies 
nicht.  Nach  seiner  Bauart  stammt  das  Haus  etwa  aus  der  Zeit 
des  zweiten  Stiles.  Zu  den  alten  Teilen  gehört  die  ganze  Südwand 
von  a  ausser  einer  kleinen  Ausbesserung  in  der  SAV.ecke;  dage- 
gen sind  die  übrigen  Wände  von  e  d  e  wohl  aus  der  Zeit  nach  63, 


AUSGRABUNGEN    VON    l'OMPE.H    INS.  VI    15  51 

ganz  ohne  Stuck  bis  anf  das  Larenbild  in  c.  Auch  sonst  ist  das 
Haus  sehr  arm  an  Malerei;  nur  in  a  ist  auf  der  r.  Wand  eine 
einfache  Decoration  teilweise  erhalten :  schwarzer  Sockel,  h.  0,50, 
dann  schwarze  Felder  wechselnd  mit  schmalen  roten,  h.  1,50, 
dann  weisse  Fläche ;  der  Sockel  ist  von  den  Hauptfeldern,  diese 
von  einander  und  von  der  weissen  Fläclie  getrennt  durch  einen 
grünen,  zwischen  zwei  weissen  Linien  eingeschlossenen  Streifen ; 
eher  vierter  als  dritter  Stil.  Diese  Decoration  reicht  nach  hinten 
bis  dahin,  wo  die  Wand  zwischen  /'  und  g  an  die  Südwand  von  a 
stösst,  und  es  sieht  aus,  als  habe  sie  nie  weiter  gereicht,  während 
die  grobe  Unterlage,  die  älter  ist,  sich  weiter  erstreckt.  Sie  iht 
zwischen  h  und  i  z.  T.  durcli  jüngeren  groben  Stuck  ersetzt,  in  den 
zwei  aus  einer  Wand  geschnittene  Bildchen  (h.  0,32,  br.  0,40, 
abgeb.  Not.  1897  S.  154  f.),  wohl  dritten  Stils,  eingelassen  sind. 
Man  hat  sie  erst  mit  Eisen  befestigt,  dann  den  Stuck  herumge- 
putzt. Sie  befanden  sich  einst  in  einer  roten  Wand,  in  die  der 
Stuck,  auf  den  sie  gemalt  werden  sollten,  besonders  eingeputzt  war. 
Beide  gehören  dem   «  hellenistischen  Genre  «   an. 

1.  Zwei  Frauen.  Die  eine,  r.,  sitzt  nach  1.,  den  1.  Fuss  etwas 
vorgestreckt,  den  r.  zurückgezogen  und  auf  einen  Schemel  gesetzt, 
so  dass  Knie  und  Schenkel  sichtbar  werden.  Der  1.  Arm  ist  senk- 
recht aufgestützt,  der  r.  ruht  auf  dem  r.  Schenkel,  von  dem  die 
Hand  schlaff  herabhängt.  Sie  trägt  einen  hellen  Chiton  und  um  den 
Unterkörper  ein  gelbes  Gewand  mit  ganz  hellblauem  Rande.  Um 
das  Haar  zwei  gelbe  Schnüre  (oder  eine  Binde  mit  gelben  Rän- 
dern?); grüne  Schuhe.  Sie  blickt  nachdenklich  vor  sich  hin.  Ihr 
gegenüber,  1.,  steht  n.  r.  die  andere:  sie  hat  den  r.  Fuss  auf  einen 
hohen  Schemel  gestellt,  den  r.  Unterarm  auf  den  r.  Schenkel  ge- 
legt, und  hält  mit  beiden  Händen  eine  Schriftrolle,  aus  der  sie, 
nach  der  Richtung  der  Augen  und  dem  Ausdruck  des  Gesichts,  der 
anderen  vorzulesen  scheint,  obgleich  sie  die  Rolle  sehr  weit  vom 
Gesicht  entfernt  hält.  Sie  trägt  einen  hellen  Chiton  und  grünen 
Mantel  mit  violettem  Rande,  der  auf  den  Schultern  ruht  und  hin- 
ter dem  Rücken  herabfallend  über  die  Schenkel  genommen  ist; 
grünliche  Schuhe;  um  das  Haar  ein  Epheukranz;  die  Form  der 
Blätter  ist  deutlich;  es  sind  die  Blätter,  die  der  Epheu  bildet, 
wenn  er  sich  von  der  Wand  oder  dem  Baume  ablöst.  Im  Hinter- 
grunde zwischen  beiden  eine  Säule. 


52  A.    MAI' 

2.  r.  von  1.  Zwei  Fraiieu.  Die  eine.  r..  sitzt  uach  1.  auf  einem 
Sitz  oliue  Lehne,  hinter  dem  ein  Kalathos  steht,  ganz  eingehüllt 
in  ein  zinnoberrotes  Obergewand  mit  hellblauem  Rande;  gelbe 
Schuhe.  Ohrringe.  Sie  hält  den  1.  Arm  im  Gewände,  so  dass  nur 
die  o-ecren  die  Brust  erhobene  Hand  zum  Vorschein  kommt:  den 
r.  streckt  sie  gegen  die  ihr  gegenüber  stehende,  mit  dem  Gewän- 
de, so  dass  hier  die  Brust  vom  Obergewand  entl)löbst  Avird.  indem 
sie  zwischen  Daumen  und  Zeigefinger  einen  kleinen  unkenntlichen 
Gegenstand  hält.  Die  andere  steht  auf  dem  r.  Fuss,  indem  sie 
den  1.  Unterschenkel  über  den  r.  kreuzt  und  nur  mit  der  Fuss- 
spitze  den  Boden  berührt.  Sie  stützt  sich,  etwas  vorüber  gelehnt, 
mit  dem  1.  Unterarm  auf  eine  Basis;  der  r.  Arm  ist  etAvas  vor- 
gestreckt, so  dass  die  Hani  etwas  über  der  1.  ist,  mit  der  Innen- 
fläche nach  unten.  Ob  sie  etwas  in  der  r..  oder  in  beiden  Händen 
hält,  ist  bei  der  schlechten  Erhaltung  nicht  deutlich.  Bekleidet  ist 
sie  mit  einem  sehr  feinen,  durchsichtigen  Chiton,  der  von  der  r. 
Schulter  herabgeglitten  ist,  und  einem  weissen  ObergeTvand  mit 
hellblauem  Kande,  das,  mit  beiden  Enden  auf  dem  1.  Unterarm 
ruhend,  um  den  Unterkörper  genommen  ist ;  helle  Schuhe,  Ohrrin- 
ge. Armband  am  r.  Handgelenk  (links  nicht  deutlich).  Sie  blickt 
aufmerksam  die  sitzende  an. 

Die  Säulen  des  Peristyls.  h.  2,43.  Durchm.  0,42,  sind  aus 
Ziegeln,  mit  dorischen  Tuffkapitellen,  verbunden  durch  eine  0,50 
hohe  Brüstung,  die  nur  h  gegenüber  einen  Durchgang  hat.  Das 
Kesfenwasser  floss  aus  der  mit  rotem  Stuck  bekleideten  Traufrinue 
in  die  Cisterne,  deren  merkwürdig  weites  gemauertes  Puteal  zwi- 
schen der  letzten  und  vorletzten  Säule  r.  die  Brüstung  unterbricht. 
Ferner  ist  gleich  südlich  vom  Durchgang  der  Kand  der  Rinne  ge- 
gen den  Garten  durchbohrt,  zur  Bewässerung  desselben.  Zu  bemer- 
ken ist  noch,  dass  an  der  ganzen  Vorderwand  eine  0,25  breite. 
0,35  hohe  Stufe  läuft,  auf  der  (s.  Plan)  zwei  Halbsäulen  stehen, 
h.  über  der  Stufe  3,09  und  8,13,  also  bedeutend  höher  als  die 
Säulen.  Sie  entsprechen  diesen  auch  nicht,  stehen  nicht  sj'mmetrisch 
zum  Eingang  und  zu  den  Ecken,  stammen  also  wohl  aus  einer 
Zeit  wo  diese  Bäume  eine  andere  Gestalt  hatten  und  entsprachen 
anders  disponirten  Säulen. 

In  der  hinteren  Säulenhalle  steht  ein  kannellirter  Marmorfuss 
fiir  einen  Tisch  oder  ein  Brunnenbecken ;  in  der  oberen  Fläche 
das  Steinmetzzeichen  b  (h.  0,05). 


AUSGRABUNGKN  VON  POMPEJI  INS.  VI  15  53 

Die  Küche  c  hat  in  der  Mitte  der  r.  Wand  den  Heerd,  in 
der  r.  hinteren  Ecke  den  Abtritt,  zwischen  der  rechten  Vorderecke 
und  dem  Heerd  das  Larentempelchen.  Dieses  (abgeb.  Not.  1897 
S.  105)  steht  auf  einer  0,25  hohen,  oben  1,12  breiten  und  0,18 
tiefen,  in  der  Höhe  von  1,30  aus  der  Wand  vorspringenden  Console. 
Unmittelbar  über  dieser  eine  gerundete  aber  flach  gedeckte  Nische 
und  vor  ihr  die  kleine  Aedicula:  zwei  dorische  Säulen  auf  Basen, 
Epistyl,  hohes  Giebelfeld  mit  sternartigem  rot-weissen  Ornament. 
Aedicula  und  Console  sind  teils  aus  Ziegeln,  teils  aus  Tuff,  das 
ganze  rot  gemalt.  In  der  Nische  sind  auf  blauem  Grund  der  Genius 
und  die  Laren  gemalt.  Letztere  bekränzt,  in  der  gewöhnlichen 
Tracht  und  Stellung  mit  Khyton  und  Situla;  in  der  Mitte  der 
Genius,  bekränzt,  in  weisser  Tunica  mit  den  gewöhnlichen  beiden 
roten  Streifen  und  über  den  Kopf  gezogener  Praetexta ;  die  Schuhe 
sind  nicht  näher  kenntlich.  Er  hat  jugendliche  Züge,  ziemlich  volle 
Formen ;  in  der  1.  hat  er  das  vergoldete  Füllhorn  und  libirt  mit 
der  r.  aus  goldener  Patera  auf  den  gelben  cylindrischen  Altar.  Er 
hat  eine  ffewisse  Aehnlichkeit  mit  dem  Genius  im  Hause  der  Vettier 
(Mitth.  1896  S.  29);  es  ist  nicht  unmöglich,  in  beiden  Nero  zu 
erkennen.  Unterhalb  der  Aedicula  sind  auf  die  Eingangswand,  auf 
die  r.  Wand  und  auf  den  Heerd  zwei  grosse  gelbe  Schlangen  gemalt, 
r.  männlich,  1.  weiblich,  die  sich  auf  den  zwischen  ihnen  gemalten 
gelben  cylindrischen  Altar  zuringeln,  auf  dem  ein  Pinienzapfen, 
zwei  Eier  und  Kräuter  sichtbar  sind.  Unter  dieser  Malerei  ist  an 
der  Eingangswand  r.  bis  an  die  Ecke  und  weiter  an  der  r.  Wand 
bis  an  den  Heerd  eine  niedrige  Bank  angebracht,  auch  sie  rot  ge- 
malt, mit  Pflanzen  auf  ihrer  senkrechten  Fläche  und  auf  der  Wand 
über  ihr. 

Im  übrigen  sind  die  Wände  der  Küche  ohne  Stuck;  an  der 
r.  Wand  war,  gegen  den  Eingang  gerichtet,  eine  Treppe  (zwei  stei- 
nerne Stufen,  dann  Holz)  zu  einem  Raum  über  e,  dessen  Fuss- 
boden  bei  2,55  lag  und  der  sich  wahrscheinlich  auch  über  (/  er- 
streckte. Schwerlich  über  /  g ;  denn  bei  der  Grösse  dieser  Räume 
ist  es  nicht  glaublich,  dass  sie  so  niedrig  gewesen  sein  sollten. 
Auch  sonst  finden  sich  keine  Spuren  eines  Oberstockes. 

Ueber  die  übrigen,  alle  nur  mit  rohem  Stuck  beworfenen  und 
in  gänzlich  unfertigem  und  provisorischem  Zustande  befindlichen 
Räume  ist  wenig  zu  sagen.  Wir    können  /'  g  h  i  als    Triclinien, 


54  A.    MAL 

e  t  m  n  0  sAi  Cubicula  bezeichnen;   d  mochte  eine   Vorratskam- 
mer sein,  und  ähnlichen  Zwecken  konnte  auch  /:  dienen. 

An  der  r.  Wand  von  a  stand,  zwischen  c  und  e,  ein  Sehrank, 
der  eine  beträchtliche  Zahl  von  Gegenständen  enthielt.  Sie  sind 
aufcrezählt  A'ot.  1896  S.  473  f.,  1  Oct.  Bemerkenswert  ist  die 
Crosse  Anzahl  von  Glas^efässen.  8   grössere   und  5  kleinere    Fla- 


o 


sehen.  0  SalbenÜäschchen,  22  Gelasse  verschiedener  Form :  dagegen 
aus  Thon  nur  zwei  Kochtöpfe  und  eine  Lampe ;  aus  Bronze  zwei 
muschelförmige  Kuchenformeu  und  ein  kleines  Gefäss;  ferner  unter 
allerlei  kleinen  Bronzegegenständen,  2  Strigeln  und  2  Fibeln.  Ein 
Messer  mit  Elfenbeingriti".  Aus  Knochen  eine  Tessera  mit  der  Ziffer 
Villi,  zwei  Haarnadeln  und  andere  Kleinigkeiten.  Die  kleine  Figur 
eines  Schauspielers  (h.  0,047)  aus  Bernstein.  Ein  Carneol  mit  eiuenf 
weiblichen  Kopf;  ein  Achat  mit  einem  Löwen ;  ein  Kleiderschloss 
aus  Silber,  ein  goldener  Ohrring.  Endlich  aus  Glasfluss  ein  nur 
0,065  X  0,038  grosses  viereckiges  Tischchen  mit  vier  Füssen  und 
ein  anderes  in  Form  eines  Epheublattes  (1.  0,07)  mit  drei  Füssen. 
In  der  NO.ecke  des  Peristyls  fand  man  {NoL  1897  S.  156) 
einen  Brönzekessel,  eine  kleine  Wage  ans  Bronze  mit  zwei  Ge- 
wichten von  73  und  33  gr.,  einen  eisernen  Dreifuss.  In  m  ein 
Skelett.  In  h  ein  Sisrnaculum: 


o 


M  •  S  T  L  A{cci  ?) 
A  V  C  T  (/) 

auf  dem  Schild,  wie  es  scheint,  eine  Amphora ;  ferner  eine  Thon- 
lampe  mit  einem  Greif  und  den  Boden  eines  aretinischen  Gefässes 
mit  der  Marke  FORTV.  In  e  {Not.  1896  S.  535)  einen  Kochtopf  und 
eine  Lampe  aus  Bronze,  letztere  mit  Griff  in  Form  eines  Hahnen- 
kopfes; drei  aretinische  Lampen,  darunter  eine  mit  drei  sitzenden 
Gottheiten;  eine  andere  mit  einem  Löwen ;  zwei  aretinische  Scha- 
len mit  der  Marke  4>  I A  K  ;  eine  kleiue  gelbe  Glasschale;  eine 
Amphora  auf  der  mit  Kohl.'  LXXI  gesehrieben  ist. 

N.  IV  {mt.  d.  sc.  1897  S.  272). 

Kleine  Wohnung.  Von  der  Strasse  treten  wir  in  den  Gang  b,, 
dann  in  den  etwas  breiteren,  hinten  sich  wieder  verengenden 
Raum  e,  den  wir  als  Atrium  bezeichnen  können.  Er  hat  aber 
nicht,  wie  sonst,  das  Impluvium  in  der  Mitte,  sondern  seitwärts, 
d.  Es  ist  durch  eine  O.OiJ  hohe  Mauer  von  e  getrennt;  in   seiner 


AUSGRABUNGEN    VON   POMPEJI    INS.  VI    15  55 

NW.ecke  eine  auf  den  Kopf  gestellte  Amphoi-a.  Die  noch  nicht 
ganz  ausgegrabene  Küche  ^,  mit  Heerd  und  vermutlicli  Abtritt  in 
der  SW.ecke,  mit  kleinem  Fenster  auf  die  Strasse,  enthält  auch 
eine  Treppe  zu  oberen  Räumen.  L.  zwei  grosse  Räume,  wir  kön- 
nen sie  Speisezimmer  nennen,  a  und  g,  jeder  mit  einem  massig 
grossen  Fenster  auf  d,  a  ausserdem  mit  einem  kleinen  Fenster 
auf  die  Strasse.  Alle  diese  Räume  haben  keine  andere  Decoration 
als  einen  1,55  hohen  Sockel  aus  Ziegelstuck. 

Obere  Räume  waren  über  c,  f  und  dem  dazwischen  liegenden 
Zimmer  des  Nebenhauses.  Ferner  deutlich  über  a  und  he,  beide 
mit  grossem  Fenster  auf  die  Strasse.  In  e  sind  die  Balkeulöcher 
des  Zwischenbodens  deutlich  gegenüber  d\  es  scheint  aber,  dass 
sich  der  Oberstock  nicht  über  den  innersten,  engeren  Teil  von  e 
erstreckte:  die  Balkenlöcher  enden  östlich  mit  einem  grösseren 
Loch  gegenüber  der  Ecke  von  g.  Ging  hier  vielleicht,  von  W  nach 
0,  eine  Treppe  auf  eine  Terrasse?  Dagegen  ist  über  g  keine  Spur  von 
Oberstock ;  es  scheint  höher  gewesen  zu  sein  als  die  übrigen  Räume. 

Es  scheint  dass  der  Oberstock  eine  ganze  kleine  Wohnung 
enthielt,  üeber  c  war  wohl  die  Küche:  in  der  SW.ecke  erkennen 
wir  deutlich  den  Abtritt;  neben  demselben  nördlich  fehlt  auf  einem 
1,10  langen,  0,80  hohen  Stück  der  sonst  vorhandene  grobe  weisse 
Stuck  der  Wand :  vermutlich  war  dies  der  Platz  des  Heerdes.  Der 
Fussboden  des  Oberstockes  lag  etwa  3,60  über  dem  unteren. 

Nach  der  Strasse  hatte  das  Haus,  etwas  oberhalb  des  oberen 
Fussbodens,  ein  Schutzdach ;  doch  erstreckte  sich  dies  nur  auf  den 
südlichen  Teil  bis  etwas  nördlich  der  Thür. 

In  g  fand  man  einige  Glas-  und  Thougefässe,  unter  letzteren 
einen  Teller  mit  vier  Eiern  und  einigen  Eierschalen;  ferner  zwei 
geschnittene  Steine,  einen  Carneol  mit  einer  anbetenden  Figur  mit 
Thyrsus  vor  einem  Altar,  neben  dem  ein  Baum  steht,  und  einen 
weissen  Stein  mit  Darstellung  eines  Angelnden ;  in  a  einen  kleinen 
Goldring,  in  f  ein  Skelett,  sieben  kleine  Thongefässe  und  ein 
Gewicht  aus  Sandstein  (21.  25.  26.  Juni  1897). 

Von  Wandinschriften  notiren  wir  folgende: 

1,  in  e,  1.  Wand,  mit  Kohle: 

CONSTAS 

PRISCVS 

IIS     hAS     X 


A.    MAU 


•2.  iii  i\  r.  AVand,  mit  rotem  Stein :  j  LIVS  •  CONSTAS 

3,  in  /*,  r.  Wand,  ebenso:  CONS 

4,  in  t\  V.  Wand.  Giiffelinschrift :  SIICVNDVS. 

X.  V  [Xuf.  iL  sc.  1897  S.  273). 

Noch  kleinere  Wohnung  als  die  vorige.  Die  Strasseuwand  hat 
nach  aussen  einen  Sockel  aus  Ziegelstuck  und  es  sind  Bänke  neben 
der  Thür  angebracht.  Durch  die  Hausthür,  gleich  an  der  Strasse, 
treten  wir  in  den  engen  Gang  c/,  der  in  der  Hnhe  von  2,25  einen 
Zwischenboden  hatte.  Dieser  reichte  aber  nicht  ganz  an  den  Ein- 
gang hinan,  sondern  blieb  so  weit  von  ihm  entfernt,  dass  die  2,85 
hohe  Thttr  nach  innen  aufschlagen  konnte.  Es  war  ein  seltsamer, 
spelunkenartiger  Eingang.  Auf  diesen  Zwischenboden  führte  keine 
Treppe,  man  musste  ihn  mit  einer  Leiter  ersteigen.  Gleich  1.  die 
Küche  b  mit  Heerd  und  Abtritt.  Weiter  gradeaus  können  wir  d 
Atrium  nennen ;  es  wird  fast  ganz  eingenommen  von  einem  grossen 
Impluvium,  so  dass  ringsum  nur  ein  schmaler  Streif  bleibt,  der 
Avohl  nicht  von  dem  gewöhnlichen  Atriumsdach,  sondern  von  den 
vorspringenden  Dächern  der  umliegenden  Räume  bedeckt  war.  Im 
Impluvium  eine  Cisternenöffnung:  ein  Lavastein  mit  wulstartigem 
Rande  aus  Signinum,  ohne  Puteal.  Auf  d  öffnet  sich  vorn  das  Cubi- 
culum  (?,  hinten  das  Speisezimmer  e ;  alle  diese  Räume  haben  ausser 
einem  hohen  Ziegelstucksockel  keine  Decoration. 

Obere  Räume  sind  deutlich  kennbar  über  b  c  e;  ihr  Fnssbo- 
den  lag  bei  3,40;  sie  waren  hoch  nicht  unter  2,50;  ihre  Wände 
waren  mit  Ziegelstuck  verputzt.  Auch  über  a  musste  ein  oberer 
Raum  sein,  von  dem  aus  eine  Gallerie  an  der  Südseite  von  d  in 
den  sonst  unzugänglichen  Raum  über  e  führen  musste.  Die  Treppe 
an  der  Nordseite  von  d  führte  über  c;  die  vier  untersten  Stufen 
sind  gemauert,  das  übrige  war  aus  Holz.  In  die  I.Wand  von  a 
ist  eingekratzt: 

>  CELERIS 

X.  VI  {.YoL  d.  sc.  1897  S.  273). 

Das  nordwestliche  Eckhaus  der  Insula,  grösser  als  die  vorigen, 
aber  sehr  unregelmässig  gestaltet  und  in  schlechtem  Zustände,  nach 
63  notdürftig  durch  Ausbesserung  einiger  Ecken  hergerichtet. 

Durch  die  nur  wenig  ansteigenden  Fauces  /j  (mit  einem  durch 
eine  Rinne  unter  dem  Trottoir  auf  die  Strasse  tührenden  Ausguss 


AUSGRABUNGEN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15  57 

in  der  r.  Vorderecke)  betreten  wir  das  unregelmässige,  viel  melir 
breite  als  langa  Atrium  g  mit  dem  von  einer  etwa  0,45  hohen 
Mauer  eingeschlossenen  Impluvium ;  ans  der  Vorderecke  dieses 
letzteren  floss  das  Wasser  auf  die  Strasse,  zu  Anfang  der  r.  Seite 
in  die  Cisterne.  Diese  hat  zwei  Thonputeale :  ein  grösseres,  welches 
die  Ostseite  der  Ummauerung  des  Impluviums  unterbricht,  ein 
kleineres  an  der  r.  Ecke  zwischen  Fauces  und  Atrium.  Dies  letztere 
Puteal  ist  auf  den  Boden  befestigt  durch  einen  schräg  hinan  gestri- 
cheneu Wulst  aus  Mörtel,  in  den  eingekratzt  ist: 

SI  QJ/ISCIS  N All 

Der  Fussboden  des  Atriums  besteht  aus  einer  groben  Stuckmasse. 
Das  Dach  desselben  erstreckte  sich  wohl  sicher  in  gleicher  Nei- 
gung über  die  vorn  und  hinten  anliegenden  Räume. 

Das  Atrium  war  zugleich  Küche;  der  Heerd  steht  1.  an  der 
Vorderwand.  Ferner  fanden  sich  hier,  beim  Heerd,  zwei  gut  erhal- 
tene Handmühlen  aus  Vesuvlava  und  zwei  kleinere  metae  aus  gelb- 
lichem Ve.Tucanstein. 

Die  Räume  um  das  Atrium  haben  keinen  rechten  Charakter. 
Wir  mögen  /  /  m  als  Schlafkammern,  h  (wo  ein  Haufe  Kalk  liegt) 
als  Vorratskammer  (s.  unten  die  Funde),  i  als  kleines  Triclinium 
oder  grosses  Cubiculum,  a  d  als  Triclinien  bezeiclinen;  m  war 
früher  einmal  mit  einer  breiten  Thür  auf  das  rückwärts  anliegende 
Atrium  geöffnet.  Ueberall  nur  roher  Stuck;  im  Atrium  an  der 
Südwand  und  am  Südende  der  Ostwand  Reste  eines  schwarzen 
Sockels  aus  früherer  Zeit;  in  a  ein  hoher  Ziegelstucksockel.  Der 
Gang  b  führt  in  zwei  unregelmässige  Räume  c  und  c\  beide  mit 
Fenster  nach  N.  In  c  ein  grosses,  in  den  Boden  eingelassenes  Do- 
lium,  in  c    ein  grosser  Abtritt. 

Endlich  e,  mit  eigener  Strassenthür,  war  das  Treppenhaus  zu 
den  oberen  Räumen,  die  also  separat  vermietet  wurden.  Es  waren 
zuerst  zwei  Steinstufen  von  W.  nach  0.  dann  Holztreppe  nach  S. 
zu  einem  Raum  über  /,  dessen  Fussboden  in  der  Höhe  von  nur 
2,80  lag.  Von  da  führte  eine  Holzrampe  nach  N.  und  wieder  nach 
0.  zu  einem  Treppenabsatz  über  dem  Nordwinkel  des  Atriums,  von 
dem  man  einerseits  in  Räume  über  a  b  c,  andererseits  in  solche 
über  d  und  weiter  über  h  i  m  gelangte.  Mit  einem  Räume  über 
l  war  die  Verbindung  so  hergestellt,  dass  der   südliche   Teil   des 


58  A.    MAU 

Atriums  in  der  Hohe  von  8,15  (dieselbe  Höhe  ist  auch  über  m 
kenntlich)  einen  Zwischenboden  hatte,  dessen  Balken  mit  ihrem 
Südeude  in  der  AVand  ruhten,  mit  ihrem  Nordende  auf  einem 
Balken  der  von  der  SW.ecke  von  /  zur  XO.ecke  von  L  gespannt  war. 

Im  Einlange  fand  man  das  eiserne  Thürschloss  und  am  Fusse 
des  r.  Pfostens  eine  bronzene  Glocke  (h.  0,10(3);  es  ist  wohl  kaum 
zu  bezweifeln  (vgl.  oben  S.  22),  dass  mau  an  ihr  läutete  um 
Einlass  zu  verlangen;  ferner  fanden  sich  gleich  beim  Eingang 
eiui<^e  Bronzegefässe,  ein  Candelaber,  zwei  Glassflaschen,  acht  in 
ein  Stück  Zeug  gewickelte  Silbermünzeu.  Im  Atrium  ein  Bronze- 
eimer. Reste  eines  Schlosses  und  ein  Griff  von  einem  Kasten  oder 
dgl. ;  ferner  «  in  der  Küche  « ,  d.  h.  wohl  am  Xordeude  des 
Atriums,  beim  Heerd,  ein  aretinisches  Gefäss  und  der  Boden 
eines  zweiten,  sieben  Glasgefässe  verschiedener  Art;  aus  Bronze 
eine  kleine  Zange,  ein  Spiegelgriff,  Fragmente  von  Ketten  mit 
einem  Stöpsel,  wohl  von  einer  Lampe,  eine  Sonde,  eine  zweiflam- 
mige  Thonlampe ;  das  Relief  derselben  zeigt  eine  die  1.  Hand  auf 
einen  Schild  stützende  Victoria  mit  Palme  und  Steuerruder.  Not. 
1897  S.  323.  Endlich  in  h  aus  Bronze  2  Kochtöpfe,  ein  Krug, 
eine  Zange  und  Reste  eines  Schlosses,  aus  Eisen  ein  Dreifuss  und 
ein  Schlüssel.  Aus  Thon  vier  Lauipen,  darunter  eine  mit  einer 
Sphini,  eine  kleine  Amphora  und  noch  ein  kleines  Gefäss  mit 
Deckel. 

Auf  der  Rückwand  des  Atriums  war  mit  Kohle  geschrieben : 

1.  VESONIVS 

L  VC  RIO 

Z.  2  so  von  Sogliano  wohl  richtig  abgeschrieben;  ich  sah  L  und  C 
nicht  deutlich.  In  die  Xordwand  ist  eingekratzt: 

2.  IIROS 

IIVRVS 

lu  /'  fand  man  ein  Fragment  roten  Stuckes  (3.  Stils)  mit  der  ein- 
crr'kratzten  Inschrift : 

3.  PLATOR         (so  deutlich;  es  fehlt  nichts). 

Auch  an  der  Aussenseite  dieser  Häuser,  nach  der  Strasse  zu, 
fehlt  es  nicht  an  eingekratzten    Inschriften   [Not.    1897    S.  106). 


AUSGRABUKGEN    VON    POMPEJI    INS.  VI    15  59 

4,  1.  von  N.  YI: 

I'LACCVS 

I  I      ,  ^  B     T  V  S 

In  Z.  2  schien  mir  sicher  B,  nicht  R  zu  stehen. 

5,  1.  von  N.  V,  mit  Kohle:  ATIMIITVS 

So  Sogliano  Not.  1897  S.  106  n.  4;  ich  sah  nur  unsichere  Reste. 

6,  zwischen  N.  Y  und  YI :  RVSSEVS 

7,  r.  von  N.  Y:  SlIVIIRI 

8,  zwischen  II  und  III.  in  dem  Mörtel  einer  nicht  verputzten 
Mauer : 

N  O  M  E  S  V  /v 

9,  südlich  von  8,  ebenso:  NICIDI 

10,  nahe  der  SW.ecke.  auf  dem  Hause  der  Yettier: 

IVCVNDVS^'         xxxxxxx 
A    A    A    I 

11,  1.  von  10: 

ANICIITVS  AMV 

ALIIXANDIIR 

Nach  Z.  2  noch  unleserliche  Reste. 

An  Wahlprogrammen  ist  nur  eines  zu  bemerken,  1.  von  N.  III : 

LRVSTICELVM  •  nviR  •  Id    {üc) 

darunter,  auch  mit   roter  Farbe,  aber    nicht  sicher  dazu  gehörig: 
I  VC  VN  DYS, 

A.  Mau. 


IKOXOGRAPHISCHE  STUDIEN  (') 


XI.  Homeros. 

tf  Seinem  Stil  nach  gilt  das  Bildniss  allgemein  und  mit  Recht 
für  eine  Erfindung  der  Alexandrinischen  Zeit  " ,  schreibt  Bernoulli 
am  Schlüsse  seiner  Besprechung  des  bekanntesten  Horaertypus  (-), 
und  doch  wage  ich  es  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  diese 
und  jene  unserer  Repliken  noch  erkennen  lässt,  wie  ein  älteres 
Vorbild  die  Grundlage  war,  wovon  hie  und  da  noch  ein  Zug  erhalten 
ist.  Leider  stehen  mir  nur  von  drei  Exemplaren  Abgüsse  zur  Ver- 
fügung, bei  Bernoulli  n'^  1  Neapel.  11  Louvre  und  13  British 
Museum.  Die  Büste  in  Sanssouci,  u"  17  ist  mir  nur  in  Photogra- 
phien zugänglich,  woraus  sich  aber  zur  Genüge  erkennen  lässt, 
dass  dieses  Eiemplar  aus  römischer  Kaiserzeit  datiren  muss  und 
von  altgriechischer  Behandlung  und  Auffasung  wenig  mehr  ver- 
spüren lässt. 

Auch  das  Exemplar  in  Neapel  kommt  für  diese  Frage  nicht 
in  Betracht.  Denn  dieses  scheint,  nach  dem  Abgüsse  zu  urtheilen, 
einen  ganz  unverdienten  Ruhm  zu  geniessen,  schwach  und  unbe- 
deutend in  der  Ausführung  zu  sein.  Auch  scheint  der  Künstler 
eine  keineswegs  glückliche  Aenderung  der  Haltung  des  Kopfes  vor- 
genommen zu  haben. 

Es  bleiben  die  Büsten  von  Paris  und  London.  Beide  haben 
an  Stellen,  die  nicht  ins  Auge  fallen,  oben  auf  dem  Kopf  und 
hinten  im  Nacken,  Spuren  einer  streng  stilisirten  Anordnung  des 
Haares  aufbewahrt,  die  in  grellstem  Widerspruch  zu  der  lockeren 

(')  S.  Rom.  Mitth.  X  1895  S.  179.  Athen  Mittli.  XXII  1897  S.  415. 
(2)  Jahrbuch  d.  I.  XI.  (1896)  S.  1G3. 


J.    SIX,    IKONuGKAI'HISCHE   STUDIEN  Gl 

Bohandliing  des  Haares  stehen,  zu  der  Haartracht  als  solcher  aber 
vortrefflich  passen.  Beide  Partien  werden  hier  (s.  Fig.  1  und  2) 
abgebildet  nach  Skizzen,  die  leider,  meinem  Verlangen  entgegen, 
die  unsymmetrische  Behandlung  stärker  als  die  svinmetrische  Anord- 


FlG.   1. 


Fig.  2. 


nung  zum  Ausdruck  bringen,  die  indess  genügen,  um  die  Stellen 
kenntlich  zu  machen  und  meine  Meinung  anzudeuten.  Hat  man 
einmal  auf  diese  Spuren  geachtet,  so  fällt  es  nicht  schwer  die  ganze 
Anlage  von  Haar  und  Bart  sich  im  Geiste  zurückzuübersetzen  in 
allerstrengste  Technik  eines  alterthümlichen  Bronzekopfes. 

Wahrscheinlich  ist  es  aber  kaum,  dass  man  der  Haartracht 
einer  alten  Homerstatue  frei  gefolgt  wäre  und  sich  um  den  Typus 
des  Antlitzes  nicht  gekümmert  hätte.  Dass  aber  sehr  charakte- 
ristische Greisentj'pen  schon  früh  existirten  ist  nicht  zu  bezweifeln. 
Allerdings  besitzen  wir  bis  jetzt  in  plastischer  Darstellung  nur  die 
Bildwerke  der  Olympischen  Giebel,  die  nicht  auf  so  hohe  Jahre 
weisen,  darunter  die  Greisinnen  nur  in  liepiiken.  Aber  wie  diese 
und  der  «  sinnende  Greis  "  genau  bekannten  Typen  der  Vasenmaler 
entsprechen,  so  sind  auch  die  übrigen  Typen  rothfiguriger  Vasen 
in  abstracto  in  jenen  Zeiten  plastisch  ausgeführt  denkbar. 

Uunter  ihnen  nun  herrscht  die  grösste  Verschiedenheit.  Der 
trockne,  dürre  Geras  der  Charmidesamphora  {Joiiraal  of  Hellenic 
Studies  1883  PI.  XXX),  der  abgemagerte  gekrümmte  Greis  der 
Duris(?)schale  [Colleclion  T.  Branteghem  Taf.  22)  der  dicke  glotzäu- 
gige Tithouus  der  Oionoklesvase  (Luynes,  Vases  grecs  PI.  XXXVIII) 
Fig.  3,  der  altersschwache  leidende  Geras,  der  Autogeras  möchte 
man  sagen,  einer  Amphora   des  Louvre   (Philologus   L,  N.  F.  IV 


J.    SIX 


Tal".  1)  bilden  die  Extreme  der  Gruppe  die  Hartwig  zusammenge- 
stellt hat  ('). 


Fig.  3. 


Es  gibt  aber  darunter  auch  edlere  Typen,  die  es  nicht  lohnt 
alle  hier  zu  wiederholen,  da  nur  einer  eine  wirkliche  Analogie  zu 

dem  Homer  den  wir  kennen 
bildet,  ich  meine  der  Vater 
des  Eurystheus  auf  der  He- 
raklesschale des  Euphro- 
nios  im  Britischen  Museum 

(Fig-  4). 

Selbstverständlich  kann 
auch  dieser  Kopf  nicht  als 
directe  Vorlage  gelten,  steht 
aber  dem  des  Homer  so 
nahe,  wie  es  bei  verschiede- 
nem Gegenstand  nur  denk- 
bar ist. 


Fig.  4. 


(1)  Meisterschalen  S.  4-38.  N"  2. 


IKONOGRAPHISCIIE    STUOIKN  63 

Allerdings  nur  in  der  Anlage,  im  Bau  und  Umriss,  denn  die 
Mittel  der  Ausführung  sind  ganz  verschieden,  da  Euphronios  nur 
über  Linien  verfügt,  und  die  Künstler  der  Homerköpfe  mit  Flä- 
chen operiren.  Darin  wird,  wie  uns  die  Olympischen  Giebel  lehren, 
auch  das  vorauszusetzende  Prototyp,  dem  Euphronios  ganz  nahe 
gestanden  haben,  und  die  Umarbeitung,  in  hellenistischer  Zeit, 
muss  sehr  eingreifend  gewesen  sein,  trotzdem  also  Bau  und  Anlage 
und  Umriss  des  Kopfes  bewahrt  blieben. 

Die  Zeit  des  ältesten  Homerbildnisses,  von  dem  wir  Kunde 
haben,  das  Dionysios  von  Argos  für  Smikythos  arbeitete,  zwischen 
Ol.  78  und  80  (468-60)  anzusetzen,  scheint  nicht  übel  zu  dieser 
Voraussetzung  zu  stimmen. 

Aber  genug  der  Phantasie!  Ich  will  nicht  weiter  ausführen 
wie  dieser  Homertypus  in  die  Kunstformen  der  kimonischen  Zeit 
zurückübersetzt  aussehen  würde,  wie  die  Flächen,  in  Linien  auf- 
zulösen, Furchen  und  Runzeln  bilden,  die  Seitenlocken  sich  wie 
Hobelspäne  ringeln  sollen.  Jeder  der  die  Fähigkeit  dazu  besitzt  wird 
linden  wie  leicht  dieser  Kopf  sich  dazu  hergibt,  andere  würde  ich 
doch  nur  durch  eine  plastische  Wiederherstellung,  nicht  durch 
Worte  überzeugen  können. 

Ich  will  auch  nicht  verschweigen  dass  sich  mir  eine  Schwie- 
rigkeit ergibt.  Die  meisten  Exemplare  sind  kahlköpfig  mit  einer 
einzigen  Haarlocke  am  Diadem,  und  das  passt  zu  dem  Typus  der 
Perserzeit,  das  Londoner  Exemplar  aber  hat  volles  Haar  bis  zum 
Diadem,  und  dieses  grade  in  einer  Weise  stilisirt  die  an  archaische 
Vorbilder  erinnert.  Eine  einleuchtende  Lösung  dieser  Frage  habe 
ich  bis  jetzt  nicht  gefunden. 

Andererseits  aber  möchte  ich  fragen,  ob  die  Haartracht  an 
sich,  abgesehen  von  der  Behandlung,  nicht  schon  allein  an  ältere 
Vorbilder  hätte  erinnern  sollen,  in  hellenistischer  Zeit  dagegen 
ganz  vereinzelt  dasteht. 

Im  Anschluss  an  diese  Ansführungen  erlaube  man  mir  eine 
Mittheilung  und  eine  Bemerkung. 

Unter  den  Antiken  in  ßembrandts  Besitz  befand  sich,  ob  im 
Abguss  oder  im  Original  erhellt  nicht,  eine  Marmorbüste,  die  ver- 
schollen zu  sein  scheint,  die  ich  jedenfalls  nicht  nachzuweisen  ver- 
mag. Wie  dieser  Kopf  dem  Maler  zum  Vorbild  gedient  hat,  habe 


fi4  J.  six 

ich  an  auJerem  Orte  besproclieu  (')  und  wiederhole  es  hier  nicht. 
Nur  die  thatsächlichen  Angaben  sind  hier  am  Platze.  Im  Jahre 
1052  sciieiut  dieser  Homertypus  Kembrandt  noch  unbekannt  gewesen 
zu  sein.  In  dem  Homer,  der  seine  Gedichte  vorträgt,  einer  Hand- 
zeichnuuo-  in  dem  Album  Paudora  des  Jan  Six,  aus  diesem  Jahre, 
kommt  er  nocli  nicht  vor.  Im  Jahre  1653  malt  er  ihn  ab  unter  der 
Hand  eines  unbekannten  Dichters,  in  welchem  ich  ein  Phantasie- 
porträt Torquato  Tasso's  vermuthe.  Im  Jahre  1650  wird  er  in  sei- 
nem Inventar  vermerkt;  1663  dient  er  zur  Vorlage  für  einen  Homer 
der  seine  Verse  dictirt,  jetzt  im  Besitze  des  Herrn  Dr.  A.  Bredius, 
und  von  ihm  dem  Mauritshuis  im  Haag  geliehen.  Das  zuerst 
genannte  Gemälde  gehört  Herrn  liudolph  Kann  in  Paris,  der  mich 
in  liebenswüdigster  Weise  in  Stand  gesetzt  hat  eine  Abbildung  zu 
geben,  die  zur  Erkennung  des  Originals  genügen   dürfte  (Fig.  5). 

Der  Kopf  ist  vom  Capitolin-Pariser  Tj^pus.  Die  Büste  scheint 
mir  antik.  Ich  kenne  wenigstens  diese  Büstenform,  mit  der  runden 
Hachen  Scheibe  als  Untersatz,  nur  an  Antiken,  wie  die  kleinen 
Bronzen  der  Bibliothek  des  Philodem  (-),  oder  besser  der  Marmor- 
büste eines  späten  ApoUodoros  aus  Stockholm  (•*).  Vielleicht  ist  ein 
Leser  dieser  Zeitschrift  in  der   Lage   das   Original  nachzuweisen. 

Noch  ein  "Wort  über  die  Blindheit  Homers  in  der  bildenden 
Kunst.  Es  ist  eben  so  unrichtig  jeden  blinden  Porträtkopf,  und  wäre 
er  ohne  Zweifel  ein  Dichter,  für  Homer  in  Anspruch  zu  nehmen,  als 
daran  zu  zweifeln  dass  der  s.  g.  Epimenides  ein  Blinder  sei.  Allge- 
meine Erwäorungen  crenügen  hier  kaum.  Ich  weise  also  darauf  hin, 
erstens  dass  z.  B.  Stesichoros,  als  Dichter  der  Palinodie  leicht  als 
Blinder  dargestellt  sein  könnte  (');  zweitens  dass  wir  z.  B.  im 
s.  g.  Diogenes  aus  dem  Capitol  (^),  (Brunn  und  Arndt,  Gr.  u.  B. 

(1)  Oua-Hulland  XV.  1807.  S.  4  ff. 

(2)  Cöniparetti  u.  de  Petra,  la  Villa  Ercolanese  Tal.  XII.  4.  7-9. 

(3j  Durch  Verniittelung  Herrn  Dr.  P.  Arndts  bezogene  Photographien 
n''    66. 

('•)  Auch  an  Tlian^vris  kann  man  erhmern,  dessen  Beschreibung  bei  Pau- 
sanias  nach  der  Nekyia  (X.  .30.  8)  öis(fbunutvcu  td  liipsig,  xcd  Kcnewov  e,- 
tcn(ey  a/>]u((  iari,  xc.'i  r,  x6u)j  noXh]  /usy  ini  Ttjg  xecf((h]q,  no'/,h]  dh  avr«)  fV 
joTi  ysyeloig  an  ilieses  Bild  gcmalint.  Aber  trotzdemdass  er  von  Polygnot  und 
Theon  gemalt  wurde,  möchte  ich  nicht  ohne  weitere  Gründe  ein  Marmra-- 
bildniss  von  ihm  voraussetzen. 

("•)  Heibig,  Führer  I.  n"  466. 


IKONOGRAHHISCHE   STUDIEN  65 

Porträts,  n"  325.  326)  ein  sehr  charakteristisches  Bild  eines  Blinden 
besitzen,  in  dem  doch  schwerlich  jemand  Homer  wird  erkennen  wol- 
len (');  drittens  dass  die  Augen  des  s.  g.  Epimenides  nicht  in  na- 


FiG.  5. 


türlicher  Weise,  wie  im  Schlaf  geschlossen  sind,  ganz  vom  oberen 
Augenlide  verdeckt,  sondern  krankhaft,  mit  viel  zu  hoch  liegendem 

(')  Prof.  Dr.  C.  B.  Si^ruyt  macht  mich  aufmerksam  auf  Antipater  von 
Kyreiie,  dessen  Blindheit  von  Cicero  (Tuscul.  V  38)  und  Diogenes  Laertius 
(II  86)  bezeugt  ist.  Obgleich  der  Typus  des  Kopfes  zur  Zeit  wohl  stimmen 
würde,  fehlen  uns  leider  die  Mittel  zu  einer  näheren  Begründung  vollständig, 
und  scheint  es  mir  mindestens  zweifelhaft,  ob  wir  bei  diesem  Sokratikor  eine 
barba  comans  wie  bei  Diogenes  voraussetzen  dürfen. 


06  J-  six 

Spalt.  Es  ist  dies  übrigens  die  älteste  Darstellungsform  der  Blind- 
heit, wie  wir  sie  z.  B.  an  den  Phineusdarstellungen  der  Vasenmaler 
finden.  AVenn  auch  im  Lu'ben  heute  die  seltenere  Form,  so  ist  sie 
doch  nicht  ohne  Beispiel.  Will  man  ein  Beispiel  aus  der  Kunst, 
so  nenne  ich  ein  sehr  modernes,  Jan  Veth's  tretfliches  Bildniss 
Prof.  A.  D.  Loman's.  abgebildet  im  illustrirten  Katalog  der  Ber- 
liner Ausstellung  von  1897  n"  1488.  S.  51. 

Stellt  man  aber  jetzt  die  Frage,  ob  wir  gezwungen  wären 
anzunehmen  dass,  wie  die  Yasenmaler,  so  auch  Dionysios  von  Argos 
diese  Form  der  Blindheit  hätte  zum  Ausdruck  bringen  müssen,  so 
glaube  ich  das  verneinen  zu  dürfen,  Es  mögen  ihm  feine  Beobach- 
tungen zur  Augenform  und  Augeuumgebung  eines  Blinden  noch 
gefehlt  haben,  das  Lichtsuchen  der  Augen  hat  er  durch  die  Stelle 
der  Pup  llen  schon  theilweise  zum  Ausdruck  bringen  können,  und 
die  Wahl  des  farbigen  Steines  den  er  dabei  verwendete  hat  ihm 
gewiss  erlaubt  kenntlich  zu  machen,  dass  im  Auge  das  Licht  gebro- 
chen, die  Pupille  blind  sei. 

XII.  Seleukos. 

Eine  Anzeige  von  verkäuflichen  Gipsabgüssen  der  Gräflich 
Erbachschen  Sammlung  von  der  Hand  des  Herrn  Dr.  Eduard  Anthes 
lenkte  meine  Aufmerksamkeit  auf  einen  Marmorkopf  jener  Samm- 
lunff,  früher  als  Drusus  gedeutet  und  imter  diesem  Namen  von 
Mongez  publicirt  (').  Anthes  bezeichnete  diesen  Kopf  als  Ptole- 
mäerbildniss  und  hat  damit  die  richtige  Deutung  als  hellenistisches 
Porträt  nur  etwas  zu  concret  formulirt. 

Herr  Dr.  Anthes  hatte  nicht  nur  die  Liebenswürdigkeit  mir 
die  beabsichtigte  Behandlung  des  Kopfes  zu  überlassen,  sondern 
mir  auch  die  Erlaubnis  zur  Publication  von  Seiten  des  Grafen 
Erbach  zu  erwirken,  photographische  Aufnahmen  zu  besorgen  und 
auf  meine  Nachfrage  hin  das  Original  zu  untersuchen. 

Sobald  ich  nämlich  darauf  aufmerksam  geworden  war,  dass 
in  diesem  Kopf  ein  hellenistisches  Werk  vorläge,  wurde  ich  sofort 
durch  die  verhältnissmässig  seltene  Helmform  an  das  Porträt  des 
Seleukos  Nikator  erinnert,  welches  seine  eigenen   Münzen    zeigen. 

(»)  /conorjraphie  Romaine  II.  S.  90.  Taf.  XXI.  9  mul  10. 


IKONOGBAPHISCHE   STUDIEN  67 

Es  ist  ein  attischer  Helm  mit  Stirnband  und  IJackenlaschen,  aber 
aus  zottigem  Fell,  und   zwar  aus  Kuhhaut,   Avio   die   Hürner   und 
Ohren  erweisen  (')  Dieser  Helmtypus  ist  in  archaischer  Zeit  nicht 
ganz  selten,  findet  sich  aber  soviel  ich  weiss  später  nur  bei  Seleukos 
Nikator.  Als  Veranlassung   dazu   galt   die   Bändigung   eines   wild 
gewordenen  Stieres,  wobei  er  das  Leben  Alexanders,  der  das  Thier 
opfern  sollte,  rettete  (-).  Es  sind  aber  die    Hörner   in   Babel   wie 
anch  sonst  im  Orient  das  Abzeichen  der  Götter,  die   ihren   Hang 
durch  Verdopplung  nnd  Verdreifachung  anzeigen,  und  was  für  den 
Griechen  bloss  die  Erinnerung  an  eine  Heldenthat  war,  zeigte  dem 
Orientalen  die  Göttlichkeit  des  Gehörnten.  Zunächst  aber  galt  es 
nun  festzustellen,  ob  die  jetzt  fehlenden  Stierhörner   auch  Spuren 
ihres  ehemaligen  Daseins  hinterlassen  hätten.  In  der  That  wurde 
meine  Vermuthung  voll  bestätigt  von  Herrn  Dr.  Anthes,  indem  er 
mir  schrieb:   «  Etwa  zwei  cm.  über  den  Ohren  sind  bestossene  Flä- 
chen wahrzunehmen ;   über  dem   linken   Ohr    ist  diese   elliptische 
Fläche  sogar  etwas  vertieft,  was  allerdings  zu  der  Annahme  berech- 
tigt, dass  an  diesen  Stellen  irgend  eine  Abarbeitung  statt  gefunden 
haben  mag.  Löcher  zum  Einsetzen  etwa  von  Bronzehörnern  fehlen  an 
den  Seiten  des  Kopfes.  Es  lässt  sich  übrigens  sogar  auf  unsrer  Tafel 
die  überarbeitete  Bruchstelle  des  linken   Hornes    leicht   erkennen. 
Es  bleiben  freilich  gewisse  Unterschiede  zwischen  dem  Helm 
der   Münzbilder   und   des   Marmors   übrig.    Am    Marmor   >-  findet 
sich   ein   kreisrundes    Loch   von    15   mm.    Durchmesser   auf   dem 
Scheitel  "  {^).  Es  scheint  dort  also  ein  Helmbusch  eingelassen  ge- 
wesen zu  sein,  den  die  Münzen  nicht  zeigen.  Dem  Marmor  fehlen, 
wie  die  Ohren,  so  die   Backenlaschen   der   Münzen.    Die   Münzen 
können  aber  leicht  den  Helmbusch  als  unwesentlich  für  die  Cha- 
rakteristik fortgelassen  haben;  an  attischen  Helmen  sind,   in   der 
Plastik,  die  Backenlaschen  überaus  selten  dargestellt  worden,  und 
die  Ohren  kann  der  Künstler  aus  künstlerischen  Rücksichten  fort- 
gelassen haben,  da  doch  die  Hörner  zur  Charakteristik  und  Sjm- 
bolik  genügten. 


(1)  Babelon  irrt  sich,  wenn   er  in  dem  Helm  ein  rantherfell    erkennen 
will :  die  Tatzen  um  den  Hals  hängen  mit  dem  Helme  nicht  zusammen. 
(^)  Appianus  Syriaca  56;  Suidas  v.  2VAe(;xo?. 
(3)  Mittheilung  von  Herrn  Dr.  Anthes. 


G8  J-  six 

Eiue  mehr  oder  weniger  fremdartig  berührende  Behaüdlung 
des  Helmrandes,  mit  den  vorquellenden  Haaren,  hatte  mich  zwar 
auf  die  Vermuthuug  geführt  dass  hier  vielleicht  doch  einmal  Backen- 
laschen  da  gewesen  wären,  aber  die  Untersuchung  des  Originals 
bestätigt  keine  eingehende  Ueberarbeitung  der  betreffenden  Stellen. 
Wesentlich  ist  diese  Abweichung  auch  nicht. 

Viel  schlimmer  steht  es  mit  der  Erkenutniss  der  Züge.  Ja  so 
sehr  weichen  diese  von  dem  Herculanischen  Broncekopf,  den  Wol- 
ters, nach  den  Münzen  die  Seleukos  als  Greis  zeigen,  richtig  er- 
kannt hat  ('),  dass  ich  von  vornherein  darauf  verzichte  jemand  von 
der  Richtigkeit  meiner  Benennung  überzeugen  zu  wollen,  der  nicht 
schon  an  anderen  Beispielen  gelernt  hat,  wie  unerwartet  gross  der 
Unterschied  sein  kann  zwischen  zwei  Bildnissen  derselben  Person 
aus  verschiedenen  Zeiten  und  von  verschiedener  Hand.  Beispiels- 
weise möchte  ich  die  Bildnisse  Napoleons  (-)  anführen,  oder  aber 
des  John  Kuskiu  (•^),  wo  die  Sache,  weniger  von  Nebenursachen 
beeinflusst,  vorliegt. 

Der  Kopf  übrigens  steht  in  dieser  Beziehung  nicht  schlechter 
da  als  die  Münzbilder  mit  dem  Helm,  die  auch,  wegen  ihrer 
Unähnlichkeit  mit  den  späteren,  von  Imhoof  nicht  in  seine  grie- 
chischen Porträtköpfe  aufgenommen  sind  (^).  Diese  aber  werden 
trotzdem  an  den  veschiedensten  Seiten  als  Porträt  des  Seleukos 
Nikator  anerkannt  {■'). 

AVas  speciell  die  späteren  Porträts,  Bronzekopf  und  Münzen 
kennzeichnet,  ist  die  Furche  die  quer  duch  die  Backe  geht  und 
die  den  früheren  Bildern  fehlt.  Ein  Lebensalter,  welchem  das  Ent- 
stehen dieser  Furche  eigen,  die  bei  Kindern  nicht  vorkommt,  weiss 
ich  nicht  anzugeben,  habe  aber,  seit  meine  Aufmerksamkeit  auf 
diese  Erscheinung  gerichtet  war,  folgende  Bemerkung  gemacht. 
Ein  etwa  sechzigjähriger  Herr,  meiner  Bekanntschaft,  hat  in  einem 


(')  In  diesen  Mitth.  IV.  (1880)  S.  32  ff. 

n  Gazette  des  Beaux  Arts  1894  I.  S.  07-118,  Magazine  of  Art  XI 
(1888)  S.  81  und  17G. 

(3)  Magazine  of  Art  XIV.  (1891)  S.  73  und  121. 

(*)  S.  5  wo  er  diesen  Typus  als  Alexander  bezeichnet. 

(^)  Gardner  Br.  Mus.  Cat.  the  kings  of  Syria  S.  4.  T.  I.  11;  Head. 
Guide  S.  57.  T.  28.  14;  Historia  Nummorum  S.  638.  Babelon;  Rois  de  Syrie 
XV,  I.  M. 


IKONOGRAPHISCHE   STUDIEN  60 

stark  durchfurchten  Gesicht  diese  Furche  iu  so  auffälliger  Stärke, 
dass  ich  ihn  mir  nicht  ohne  dieselbe  vorstellen  kann,  und  dass 
kein  Porträt  ohne  sie  ähnlich  sein  würde.  Ich  war  aber  in  der 
Lage  zu  beobachten,  dass  trotzdem,  bei  völliger  Ruhe  des  Antli- 
tzes die  Furche  noch  schwindet.  Als  ich  diese  Beobachtung  machte, 
sass  neben  ihm,  mir  gegenüber  sein  etwa  fünfundzwanzigjähriger 
Sohn;  mit  jugendlich  glattem  Gesicht,  das  kein  Künstler  von 
Hautfalten  durchquert  wiedergeben  würde,  und  worin  trotzdem 
beim  Sprechen  deutlich  die  nämliche  Furche  schon  wahrnehmbar 
war,  die  den  Vater  charakterisirt  und  auch  bei  ihm  sich  festlegen 
wird,  sobald  die  Haut  dürr  und  trocken  sein  wird. 

Wo  wir  also  von  einem  Vergleich  zwischen  dem  Erbachscheu 
Marmor  und  der  herculanensischen  Bronze  vor  der  Hand  absehen 
müssen,  wäre  es  desto  mehr  erwünscht  eine  sprechende  Aehnlich- 
keit  zwischen  den  Münzen  mit  dem  Stierhelm  und  dem  Mar- 
mor anstellen  zu  können.  Aber  auch  daran  sind  wir  behindert, 
indem  einerseits  die  Münzen  das  Gesicht  so  Aveit  von  dem  Ba- 
ckenlaschen bedeckt  zeigen,  andererseits  dem  Marmorkopfe  die  an- 
tike Nase  fehlt  (').  Der  Streifen  des  Antlitzes  nun  der  zum  Ver- 
gleich übrig  bleibt  ist  sehr  schmal.  Darin  liegt  noch  das  Auge, 
das  im  flachen  Relief  der  Münze  anders  aufgefasst  zu  werden 
pflegt  als  wie  es  eine  photographische  Profilaufnahme  des  Kopfes 
zeigt,  wenn  man  damit  rechnet,  aber  trotzdem  nicht  unähnlich 
ist,  wie  es  gerade  so  auch  mit  dem  Munde  mehr  oder  weniger 
der  Fall  ist.  So  bleiben  die  Gesichtsecke,  die  Stirne,  die  schar- 
fen, an  Nase  und  Mund  die  Backe  begrenzenden  Züge  und  das 
sehr  charakteristische  schwere  Kinn,  was  alles  Avirklich  identisch 
ist.  Leider  sind  von  dem  jugendlich  gehaltenen  Kopf  in  Vorder- 
ansicht der  Bronzemünzen  (Babelon,  Rois  de  Syrie  II  17),  der 
besonders  geeignet  zur  Vergleichung  wäre,  keine  genügend  erhal- 
tenen Exemplare  publicirt.  Das  beste  mir  bekannte  Exemplar  ist 
Brlt.  Mus.  Cat.  Kings  of  Stjria  jü.  XXVIII  1. 

Viel  ist  das  allerdings  nicht,  aber  doch  wohl  genügend,  indem 
nichts  der  Gleichstellung  widerspricht,  die   vom    Helme   so   drin- 

(')  Modern  ist  weiter  nach  Dr.  E.  Anthes  gütigster  Mitteilung  die  Brust. 
Gestückt  ist  am  Stirnrande  über  dem  linken  Auge  und  an  der  rechten  Wange. 
Die  ergänzten  Theile  sind  von  andersfarbigem  Marmor.  Der  Kopf  ist  polirt. 


70  J.  six 

«'end  empfohleQ  sind.  Dass  auch  der  Stil  des  Marmorkopfes  zu 
jener  Epoche  vortrettlich  passt,  davon  bin  ich  ausgegangen  und 
gehe  darauf  unten  noch  näher  ein. 

Indess,  zugegeben  dass  sich  zwei  Porträts  einer  Person  so 
unähnlich  sein  können,  dass  man  nicht  unmittelbar  die  Zugehörig- 
keit erkennt,  so  steht  doch  zu  erwarten,  dass  bei  allen  Unter- 
schieden, die  auf  Verschiedenheit  des  dargestellten  Lebensalters 
des  Dargestellten  und  besonders  der  künstlerischen  Anlage  und 
Schulung  des  darstellenden  Bildhauers  zurückgehen,  gewisse  Züge 
übricr  bleiben  werden,  die  sich  wieder  erkennen  lassen. 

Sehr  werthvoll  wäre  es  dabei  ein  Bindeglied  zwischen  beiden 
Lebensstufeu  aufzutreiben,  welches  den  Uebergang  vom  Jüngling 
zum  Greise  darstellte.  Ich  meine  ein  solches  zu  finden  in  einem 
Münztypus,  auf  welchen  mich  mein  Vater  aufmerksam  gemacht  hat. 

Vor  kurzem  hat  Imhoof  (')  der  Münzstatte  Babylon  einen 
seltenen  doppelten  Goldstater  zugewiesen,  welchen  er  dem  Seleu- 
kos  vor  der  Annahme  des  Diadems  zuschreibt.  Die  Vorderseite 
zeigt  den  Kopf  mit  dem  Elephantenfell,  den  Ptolemaeos  Soter  zu- 
erst prägen  Hess,  und  der  als  Idealporträt  Alexanders  gilt.  Hier 
aber  ist  der  Kopf  nichts  weniger  als  ein  Idealporträt  sondern  bie- 
tet eben  das  verlaugte  Bindeglied  zwischen  den  Jugendbildnissen 
des  Seleukos  und  demjenigen  seines  Greisenalters  {^).  Die  Aehn- 
lichkeit  mit  dem  letzteren  ist,  besonders  im  Profil,  schon  unver- 
kennlar,  und  trotzdem  ist  die  Haut  noch  nicht  runzelig,  sind  die 
Backen  noch  nicht  durchfurcht.  Seleukos  nach  der  einen  Angabe 
357,6  nach  der  anderen  353  geboren,  war,  als  er  das  Diadem 
anleckte.  30(3  etwa  fünfzig  oder  mindestens  siebenuudvierzig  Jahre 
alt,  und  er  ist  erst  280,  jedenfalls  dreiundsiebzig,  vielleicht  sie- 
benuudsiebzig  Jahre  alt,  gestorben ;  aber  so  hoch  in  Jahren  zeigt 
uns  ihn  auch  die  Neapeler  Bronze  nicht.  Ich  denke  wir  hätten 
dort  ein  Bild  aus  den  sechziger  Jahren  des  Königs.  Aus  seinen 
dreissiger  Jahren  könnte  der  Marmor  sein. 

Wesentlicher  aber  noch  als  der  Altersunterschied  ist  der  Ge- 
gensatz im  Stil  der  beiden  Köpfe.  Man  kann  sicli  diesen  in  einem 

(1)  Die  ]\rünzstätte  Babylon,  Xum.  Zoitsclirift  XXVII.  1895.  T.  II.  1  ; 
P.  Gardner,  J'ypes  of  Greek  coins  PL  XIV.  3. 

(«)  J.  P.  Six,  le  Satrape  Mazaios,  Num.  Chron.  1884.  S.  133.  Der 
Wider8i)ruch  Babelon's,  Rois  de  Syrie  S.  XIV  ist  unbegründet. 


IKONOGRAPHISCHE    STL'r)IK^ 


Menschenalter  kaum  grösser  denken.  Der  Marmor  legt  noch  grosses 
Gewicht  auf  Bau  und  Proportionen  des  Kopfes,  giebt  den  verschie- 
denen Gesichtstheilen,  wie  Mund  und  Augen,  eine  schulmässige 
Form,  die  streng  festgehalten  wird,  und  worin  das  Individuelle 
des  Porträts  sich  nur  ganz  bescheiden  einmischt.  Nur  eine  Ansicht 
dieses  Kopfes  hat,  Avie  ich  am  Abguss  wahrnahm,  etwas  sehr  Cha- 
rakteristisches. Die  Vorderansicht,  meine  ich,  von  etwas  niedrige- 


FiG.  6. 


rem  Standpunkte  aus  gesehen  als  unsere  Aufnahme  wiedergibt, 
welche  eine  mehr  quadratische  Form  des  Antlitzes  zeigt,  ein  *.  En- 
lengesicht  «  das  sich  ähnlich  in  der  Bronze  wiederfindet.  Fig.  6. 
Die  Bronze  aber  geht  von  ganz  anderer  Anpassung  aus.  Das 
Aeussere  der  Erscheinung  ist  ihr  alles,  und  manches,  u.  a.  die 
kleine  Augenbildung  mag  an  Lysipp  erinnern,  wie  Wolters  bemerkt 
hat;  ja,  man  könnte  fast  geneigt  sein  zu  vermuthen,  dass  dieses 
Werk  in  der  Wiedergabe  des  Scheines  noch  über  das  was  wir  von 
Lysipp  kennen  hinaus  geht. 


72  ■!•  six 

Ist  es  üocb  möglich  unter  solchen  Umständen  einen  Vergleich 
anzustellen,  so  möchte  ich  verweisen  auf  das  Hochliegen  der  Au- 
gen, das  ja,  der  verschiedenen  Kunstrichtung  zufolge,  grundverschie- 
den ausgedrückt  ist;  auf  das  scharfen  Umbiegen  der  Stirne  über 
den  äusseren  Augeiiecken ;  auf  die  Profillinie ;  auf  die  feine  Mund- 
spalte, so  verschieden  auch  sonst  wieder  der  Mund  aufgefasst  ist ; 
auf  die  Kinnform  und  die  Züge  die  von  Mund  und  Nase  aus  die 
Backen  begrenzen.  Kurz,  die  Aehulichkeit,  die  bei  einem  Porträt 
doch  schliesslich  alles  ist,  lässt  sich,  wie  gesagt,  zwischen  beiden 
Werken  in  einer  Ansicht  mindestens  erkennen  und  kann  mit  dem 
Leben  für  beide  gleich  gross  gewesen  sein. 

Sehr  lehrreich  ist  ein  Vergleich  der  beiden  Alexanderporträts, 
die  sich  dem  Stile  nach  zu  unseren  beiden  Seleukosköpfen  ge- 
sellen. In  der  Herme  des  Louvre  hat  doch  Kopp  (')  eine  Kopie 
nach  Lysipp  erwiesen;  und  der  Münchener  Alexander  zeigt  eine 
so  grosse  Uebereiustimmung  in  technischen  Einzelheiten  mit  dem 
Erbachscheu  Kopfe,  dass  ich  kaum  zwei  andere  Griechische  Por- 
träts kenne,  die  mit  mehr  Recht  auf  dieselbe  Schule,  wenn  nicht 
auf  dieselbe  Hand  zurückzuführen  wären.  Leider  lässt  sich  wieder 
uiisere  Abbildung  weniger  gut  vergleichen  als  der  Abguss,  aber 
auch  sie  gestattet  noch  sich  Rechenschaft  zu  geben  von  der  fast 
identischen  Bildung  der  grossen  Augen  und  der  eigenthümlichen, 
dreieckigen  Form  an  den  Mundwinkeln.  Die  nach  dem  Abguss 
vorhandene  Uebereiustimmung  der  Lippeubildung  lässt  unsere  Tafel 
kaum  erkennen.  Wenn  man  aber  auch  im  Abguss  die  grossartigen 
Züge  der  Alexanderstatue  nicht  wiederfindet,  so  möchte  ich  dies 
weder  dem  Künstler,  noch  dem  Copisten,  sondern  einzig  der  Per- 
sönlichkeit Alexanders  zuschreiben. 

Das  wird  man  hotfentlich  zugeben,  dass  zwischen  den  beiden 
Alexander-  und  den  beiden  Seleukosbildnissen  sich  ein  ähnliches 
Verhältniss  erkennen  lässt  in  Bezug  auf  ihren  Stil,  indem  beide 
ein  ähnlicher  Gegensatz  von  Idealismus  und  Naturalismus  kenn- 
zeichnet, wenn  es  erlaubt  ist  diese  etwas  abgegriffenen  Formeln 
hier  der  Kürze  Avegen  zu  verwenden. 

Ist  es  nun  erlaubt  in  dem  Bronzekopf  aus  Herculanum  ein 
spätes  Werk  des  Lysipp  (-),  oder  aber  mindestens  seines  Schülers 

(')  52.'"'  Berliner  Winckelmanns-rrogramm. 
{*)  Löwy.  Inschr.  Gr.  I5iMhauer  n"  487. 


lIvONOGRAPHISCHE    STI'DIEN  73 

Anstodem  (')  zu  erkennen,  die  beide  —  doch  vielleicht  nicht  ge- 
meinschaftlich?—  ein  Porträt  des  Königs  Seleukos  bildeten,  so 
liegt  es  nahe,  bei  einem  Porträt  des  Seleukos  ohne  Königsbinde, 
an  die  Arbeit  des  Bryaxis  zu  erinnern,  von  der  Plinius  kurz  berichtet 
mit  den  Worten  (-):   Seleucum  fecit. 

Eine  Veranlassung  zu  diesem  AVerk  mag  die  That  der  Stier- 
bändigung gewesen  sein,  von  der,  wie  berichtet  wird,  Seleukos  die 
Hörner  entlehnte,  wie  auch  Krateros  seine  Rettung  Alexanders  auf 
der  Löwenjagd  durch  Leochares  und  Lysipp  im  Bilde  verewigen  Hess. 

Um  definitiv  zu  entscheiden,  ob  wir  das  Recht  haben  hier 
ein  Werk  des  Brj^axis  zu  erkennen,  mttsste  eine  weitergehende 
üntersuchnng  geführt  werden  als  ich  jetzt  anzustellen  in  der  Lage 
bin.  In  die  Vorstellung  die  ich  mir  vom  Werk  dieses  Meisters 
gemacht  habe  passt  diese  Arbeit  vorzüglich,  leider  bin  ich  aber 
bis  jetzt  nicht  im  Stande  diese  zu  begründen. 

Eins  aber  möchte  ich  bemerken.  So  bestechend  auch  in  man- 
cher Beziehung  Koepp'  s  Vermuthung  scheinen  mag,  dass  der  Mün- 
chener Alexander  ein  Werk  des  Leochares  sei  (3),  so  scheint  mir 
doch  diese  Ansicht  wiederlegt  durch  die  Bemerkung  von  Hauser  (^), 
dass  diese  Statue  sich  nicht  eignet  zu  einem  Werke  aus  Gold 
und  Elfenbein,  wie  dasjenige  des  Leochares  war,  und  zur  Basis 
in  Olympia  nicht  passt.  Wir  haben  zwar  keine  Kunde  von  einem 
Alexanderporträt  des  Bryaxis,  aber  wäre  es  darum  ausgeschlossen, 
dass  auch  er  ihn  gebildet  hätte,  so  gut  wie  Euphranor,  Chaireas, 
Leochares,  Lysipp  und  Euthykrates? 

Man  erlaube  mir  eine  Phantasie  auszusprechen :  Es  hätte, 
wie  Krateros,  so  Seleukos,  als  er  noch  Satrap  von  Babylon  war, 
seiner  Rettung  des  grossen  Königs  an  viel  besuchtem  Ort  bildlichen 
Ausdruck  verleihen  wollen.  Die  Gruppe  zeigte,  links,  bei  einem 
Altar,  Alexander,  wie  uns  ihn  die  Münchener  Statue  erhalten  hat, 
einen  Fuss  auf  die  Stufen  des  Altars  setzend,  ein  Opfermesser  in 
der  Linken,  bereit  zum  Opfer,  links  wohlmöglich  einen  Opferdie- 
ner mit  zerrissenem  Seil,  um  den  Vorgang  zu  verdeutlichen  und 
der  Gruppe  symmetrischen  Abschluss  zu  verleihen,  und  dazwischen 

(1)  Plin  N.  H.  XXXIV.  86  Auch  für  die  Ae?opstatue  werden  beide  genannt. 

(2)  N.  H.  XXXIV.  78. 

(3)  Köepp  a.  a.  0.  S.  18. 

(■*)  Arndt,  Griech.  u.  Eöm.  Porträts,  Inhalt  der  19*-'"  Lieferung. 


74  J-  six 

Seleukos  der  den  Stier  bei  den  Hörnern  gefasst  hat,  im  Schema 
eines  stierbündigenden  Herakles.  Dass  er  dabei  schon  den  Stierhelm 
getragen  hätte,  wäre  dem  Geiste  des    Alterthums   nicht   zuwider. 

Andererseits  bietet  sich  auch  folgende  Combinatiou.  Eine  ein- 
zige kleine  Silbermünze  zu  Berlin  (')  zeigt  den  König  zu  Pferde, 
einen  Helm  mit  Stierhörnern  auf  dem  Haupte,  in  statuarischer  Ruhe. 
Da  Tansanias  YI  11.  1  von  einer  Reiterstatue  des  Seleukos  in 
Olympia  berichtet,  könnte  diese,  im  Typus  der  Münze,  als  Vorlage 
des  Marmors  zu  denken  sein. 

Aber  srenuff  des  Unerreichbaren.  Es  bleibt  auch  sonst  hier 
noch  genug  zu  forschen.  Soviel  aber  hoffe  ich  klar  und  annehmlich 
gemacht  zu  haben  dass,  wenn  wir  in  der  Herculaner  Bronze  die 
durchfurchten  gealterten  Züge  des  klugen  Herrschers  besitzen,  uns 
daneben  der  Erbachsche  Marmor  das  Bild  aufbewahrt  hat  des  hel- 
denmüthisfen  Hetairen,  der  sich  mit  einer  Handvoll  Reiterei  ein 
"Weltreich  wiedergewinnen  sollte. 


'O^ 


XIII.  Persans    König    von    Makedonien. 

Das  Museum  zu  Neapel  besitzt  ein  Königsporträt  aus  weissem 
]\Iarmor,  das  als  «  Ptolemäos  V  »  im  Museo  Fgisiano,  Inventar 
1U87,  aufgestellt  ist,  abgebildet  Brunn  und  Arndt,  Griechische  und 
Römische  Porträts  n°  347.  348.  Der  Name  ist  ganz  willkürlich, 
über  die  Herkunft  scheint  man  nichts  zu  wissen,  konnte  ich  wenig- 
stens nichts  erfahren. 

Das  Wefk  hat  sehr  gelitten.  Hals,  Nase,  der  grössere  Theil 
des  linken  Ohres  und  die  Hälfte  der  Stirnhaare  sammt  dem  ganzen 
Hinterkopf  sind  modern.  Das  Uebrige  ist  weder  eine  hervorragende 
Arbeit,  noch  scheint  es  ganz  frei  von  üeberarbeitung.  Der  Kopf 
ist  also  ikonographisch  nicht  besonders  wichtig,  lohnt  aber  doch 
den  Versuch  der  Identification. 

Dass  es  ein  Königsbildniss  ist  geht  aus  dem  Königsdiadem 
zur  Genüge  hervor. 

Die  Zeit  lässt  sich  durch  die  Barttracht  bestimmen,  denn 
der  König  trägt  ausser  einem  dünnen  Schnurl)art,  den  Bart  an  den 
Backen  ganz  kurz  geschoren,  ja  die  Unterlippe  bis  zum  Kinn  sogar 

(1)  Iinhoof,  Die  Münzstätte  Babylon,  Num.  Zeitschr.  1895.  Taf.  II.  1-. 


IKONOGKAPHISCHE    STIDIEN  <  •) 

glatt  rasirt.  Die  Zeit  dieser  Tracht  haben  wir  iü  dem  Aufsatz  V 
über  Flamininus  (')  fixirt.  und  hier  ist  nichts  im  Stile  was  dem 
widerspräche. 

Einen  von  den  Königen  die  uns  dort  zur  Datirung  dienten 
meine  ich  in  diesem  Kopf  wieder  zu  finden  und  zwar  den  letzten 
König  von  Makedonien,  Perseus. 

Ich  habe  dies  schon  1888  zu  Neapel  gemeint,  als  ich  nur  die 
beiden  in  Imhoofs  Porträtköpfen  abgebildeten  Münzen  zum  Ver- 
gleich heranziehen  konnte,  aber  ich  fürchte,  dass  ein  Verweis  auf 
diese  Bildnisse  nur  wenige  von  der  Kichtigkeit  meiner  Ansicht 
überzeugen  würde.  Es  sind  das  auch  kaum  die  getreuesten  Bildnisse 
des  Königs.  Es  lag  ihm,  über  dessen  Geburt  allerhand  Gerüchte 
im  Umlauf  waren,  sehr  daran  seinem  Vater  ähnlich  zu  sehen,  und 
diesem  Verlangen  ist  Zopyros,  der  ihm  den  schönen  Stempel,  bei 
Imhoof  Taf.  IL  13.  schnitt,  sehr  weit  entgegengekommen,  wie  ein 
Vergleich  mit  den  darüber  stehenden  Münzen  des  Philippos  V, 
Taf.  II  10,  zeigt. 

Aehnlicher  war  gewiss  das  Didrachmon  (Taf.  II  11.  im  Text  12); 
aber  dort  ist  der  mürrische  Zug  des  Gesichts  wieder  besonders 
stark  betont.  Die  verschiedenen  Stempel  gehen  überhaupt  sehr 
stark  auseinander.  Unter  denen  die  ich  sah  steht  in  Bezug  auf 
die  Aehnlichkeit  mit  dem  Marmorkopf  obenan  das  Tetradrachmon 
der  Sammlung  von  Prof.  Dr.  Otto  Sevffer  in  Stuttgart,  hinterlassen 
und  im  October  1891  in  München  versteigert,  von  dem  eine  vorzüg- 
liche Abbildung  im  Catalog,  Taf.  III  n'^  591  vorkommt.  Daneben 
lässt  sich  das  Exemplar  der  Sammlung  Allier  de  Hauteroche,  PL 
V  11,  citiren,  obgleich  auch  dort  die  Stirn  wieder  mehr  zusam- 
mengezogen ist.  Auch  die  Exemplare  die  Hill  abl)ildet,  Numismatic 
Chronicle  1896.  PL  IV.  1  und  3,  eignen  sich  zum  Vergleich  (-). 
Nehmen  wir  also  den  Seyffertschen  Typus,  so  ergiebt  sich,  abge- 
sehen von  der  modernen  Nase,  eine  schlagende  Uebereinstimmung 
mit  dem  Neapeler  Kopfe,  im  Ausdruck  wie  in  Blick  und  Haltung, 
im  Bau  wie  in  den  Einzelheiten  des  Kopfes.  Die  Anschwellung  an 
der  Stirne,  das  tiefliegende  kleine  Auge,  die  ausserordentlich  kurze 
Oberlippe  mit  dem  kleinen  Schnurrbart,  der  über  die   Mundecke. 

(1)  In  diesen  Mittheilungen  IX.  1894.  S.  113. 

(2)  Ich  verdanke  diese  Nachweise  meinem  Vater. 


70  J.  six 

ja  im  Marmor  vor  der  Mimdecke  ganz  dünn  herunter  hängt,  das 
kleine  Kinn  und  sogar  die  unschöne  Ohrmuschel  des  rechten  anti- 
ken Ohres  sind  die  am  deutlichsten  zu  erkennenden  Theile.  Haar 
und  Bart  stimmen  wie  gesagt  in  Tracht  und  Wuchs  überein,  nur 
ist  die  AViedergabe  der  Münze  am  Bart,  deutlicher.  Dieser  Stem- 
pelschneider hat  sich  nicht  gewagt  an  eine  so  leise  Andeutung,  wie 
wir  z.  B.  am  Bart  des  Mithradat  V  (Imhoof  Porträtküpfe  Taf.  V  2) 
tinden.  Darin  steht  dann,  aber  auch  nur  darin,  das  oben  angeführte 
Didrachmou  (Imhoof  Taf.  II  11.  (12)  dem  Marmor  viel  näher. 

Der  König,  im  J.  212  geboren,  war,  als  er  178  die  Regie- 
rung antrat,  vierunddreissig  Jahr  alt.  Er  hat  zehn  Jahre  geherrscht, 
und  es  lallen  deshalb  die  Münzen,  wie  der  Marmor,  zwischen 
sein  vierunddreissigstes  und  vierundvierzigstes  Lebensjahr.  Obgleich 
die  Tracht  des  Bartes  dazu  beiträgt  das  Antlitz  jugendlich  er- 
scheinen zu  lassen,  will  es  mich  doch  bedünken,  dass  man  die 
Entstehungszeit  des  Marmorkopfes  wie  des  Münztypus  am  besten 
in  die  erste  Regierung^zeit  des  Königs  setzen  würde.  Dazu  stimmt 
die  literarische  Nachricht  die  wir  über  das  Rasiren  zu  jener  Zeit 
besitzen.  Der  Bericht  bei  Plinius  (')  ist  nichts  nutz,  da  er  in  seiner 
Kürze  die  Thatsachen  fälscht.  Ausführlicher  aber  theilt  Gellius  III  4 
mit,  der  jüngere  Africanus  zuerst  habe,  als  er  angeklagt  war,  keine 
Trauer  angelegt,  sich  also  auch  täglich  rasirt;  er,  Gellius,  habe 
sich  ob  dieser  Nachsicht  gewundert,  habe  aber  erfahren,  wozu 
die  Bildnisse  stimmten,  dass  zu  jener  Zeit  die  Männer  mittler 
Lebzeit  (Vierziger)  sich  rasirt  hätten,  nicht  aber  die  Greise.  Wir 
diu-fen  hinzufügen  ebensowenig  wie  die  jüngeren. 

Als  ich  vor  drei  oder  vier  Jahren  diesen  Aufsatz  nieder- 
schrieb und  die  Herausgabe  verzögerte,  bis  die  Arndtschen  Tafeln 
lierausgekommen  sein  würden,  hatte  F.  Hill  seine  zu  Newton's 
Beobachtung  stimmende  Benennung  eines  späteren  Heroentypus 
des  Perseus  von  Makedonien  noch  nicht  veröSentlicht.  Trotz  der 
verschiedenen,  kaum  zu  erwartenden  Repliken,  scheint  mir  dieser 
Vorschlag  nicht  zu  verwerfen,  wenn  man  ins  Auge  fasst,  dass 
olfenbar  ein  Heros,  wohl  Perseus,  mit  den  Zügen  des  Kronprinzen 
dargestellt  ist. 

Damit  ist  das  hier  erkannte  Bild  des  Königs  nicht  im  Wi- 
derspruch. Es  kann  daneben  bestehen,  wie  ganz  verschiedene  Bild- 

(')  Hist.  Xat.  VlI.  59. 


IKOKOGRAPHISCHE    STLDIEN  77 

nisse  Alexanders  an  einem  Monumente  vorkommen  ('),  wie  wir 
verschiedene  Typen  von  Seleukos  gefunden  haben,  wie  die  Bild- 
nisse Mithradats  als  Herakles  (-)  und  Helios  (■^)  neben  einander 
bestehen  können,  wie,  und  das  ist  hier  das  Wichtigste,  auch  die 
Münzen  des  Perseus  zwei  streng  geschiedene  Haupttypen  aufwei- 
sen, deren  jeder  seinerseits  zur  Begründung  der  Erkennung  dienen 
muss.  Denn  Hill  hätte  gewiss  besser  das  Didrachmon  das  Imhoof 
a.  a.  0.  I.  11  11  gibt,  neben  dem  heroischen  Perseuskopfe,  zur 
Begründung  seiner  Ansicht  verwendet  als  die  beiden  Tetradrachmen 
die  er  abbildet. 

Anders  steht  es  mit  Studniezka's  Vermuthung  ('),  die  Bron- 
zestatue mit  der  Lanze  vom  Museo  delle  Tenne  (Brunn  und  Arndt 
Gr.  u.  Rom.  Porträts  358-360)  solle  auch  Perseus  darstellen. 
Zwar  kenne  ich  seine  Gründe  noch  nicht,  glaube  aber  die  Berech- 
tigung zu  haben  zu  widersprechen.  Und  nicht  nur  weil  nur  eine 
gewisse  üebereinstimmung  im  Ausdruck,  keine  Aehnlichkeit  mit 
den  Münzen  zu  bestehen  scheint,  auch  nicht  weil  das  Diadem  fehlt, 
aber  weil  das  Porträt  aus  jüngerer  Zeit  sein  muss.  Die  Geschichte 
der  Mode  der  männlichen  Haartracht  ist  noch  zu  schreiben,  obgleich 
es  nicht  am  Stoff  dazu  fehlt,  ebenso  wenig  wie  an  einschlägigen 
Einzelbemerkungen.  Die  scheinbare  Unordnung  der  Haare  jener 
Zeiten,  ist  eine  sorgfältig  gepflegte,  an  der  das  Brenneisen  nicht 
fremd  war.  Ein  solcher  calamistratus  fährt  nicht  mit  der  ganzen 
Hand  durch  das  Haar  sondern  kratzt  vorsichtig  mit  dem  einen 
Finger,  digito  scalpiint  um  cajmt  {^).  Sogar  von  einem  Manne 
so  schlicht  wie  Pompeius  konnte  Clodius  fragen :  Tiq  hl  daxrvhp 
xiärcd  Tijv  x£(fc(Xr!v ;  mit  der  Gewissheit  Anklang  zu  finden  bei 
seinen  Zuhöreren.  Es  lassen  sich  in  dieser  Mode  für  bestimmte 
Zeiten  Neuerungen  nachweisen.  So  sind  die  hinten,  vom  Nacken 
her  wellenförmig,  nach  vorne  gestrichene  Locken,  wie  sie  auch 
jene  Statue  zeigt  in  hellenistischer  Königszeit  unbekannt  und  eng 
begrenzt  in  der  Julisch-Claudischen  Zeit.  August  und  Agrippa 
sind  die  ersten,  Nero  der  letzte  der  sie  trägt.  Somit  scheint  aber 

(1)  Am  s.  g.  Alexander-Sarkophag  von  Sidon. 

(2)  Jahrbuch  d.  I.  1894.  T.  8. 

(3)  In  diesen  Mitth.  X.  1896.  S.  179. 
(*)  Bei  Hill  a.  a.  0. 

(^)  Juvenal  9.  133. 


78  J.    SIX.    IKONOGRAI'HISCHK    STIDIKN 

die  Übrige  Lockenordnung  ä^r  Bronze  älter  als  Tiber  zu  sein,  bei 
dem.  wie  bei  seinen  Nachfolgern,  das  Haar  schon  mehr  grade  auf 
die  Stirn  herunter  hängt.  Auch  passt  es  kaum  mehr  zur  späteren 
Augusteischen  Zeit.  Als  nächste  Analogie  nenne  ich  die  Büste  des 
Pompeius  (').  Es  findet  dagegen  die  Scheidung  der  vorderen  Lo- 
cken, an  den  Schläfen,  auch  wieder  bei  Agrippa  einen  Vergleich. 
Alles  scheint  mir  auf  jene  Epoche  zu  weisen.  Der  Stil  des  Werkes 
passt,  meine  ich,  für  die  Zeit  welche  die  Bildnisse  des  Pompeius 
und  Agrippa  und  den  August  von  Primaporta  entstehen  sah,  und 
die  torvitas  der  Züge  steht  dem  Ernste  Agrippas  näher  als  dem 
Dünkel  des  Perseus. 

Nach  der  Seitenansicht  möchte  ich  annehmen  dass  im  Haar 
ein  Kranz  lag. 

Das  leicht  behaarte  Kinn  kann  auf  einen  ungeschorenen  Jün- 
gling —  August  z.  B.  war  ja  24  Jahre  alt,  bevor  er  sich  zum 
ersten  Male  rasiren  liess  (-)  —  wie  auf  Trauer  Aveisen. 

Wem  aber  unter  den  jungen  Römern  nach  Pompeius  und  vor 
Agrippa  eine  als  Sieger  bekrönte  statua  Achülea  gesetzt  werden 
konnte,  die  ihn  darstellte  wie  er  sich,  ein  zweiter  Alexander,  auf 
die  Lanze  stützt,  den  Arm  in  den  Rücken  gelegt  wie  ein  ausruhen- 
der Herakles,  das  vermag  ich  nicht  zu  erratheu. 

Auch  die  Buchstaben  des  einpunctirten  Monogramms  MAR 
geben  keinen  Halt.  Für  mkKcellus  passt  weder  die  Stellung  noch 
die  Zeit,  auch  ist  sein  Bild  von  Mau  (3)  mit  grösster  Wahrschein- 
lichkeit in  eine  Statue  des  Pompeianischen  Macellum  (*)  wieder- 
gefunden. MAR/^^s    aber  ist  leider  viel  zu  früh. 


Im  September  1897 


J.  Six. 


(!)  In  diesen  Mittheilungen  1.  (18^6)  Taf.  IL 

(2)  Dio.  XLVIII. 

(3)  Statua  di  MarceUo  nipote  dl  Äugusto. 

(<)  Abgebildet  Bernoulli,  Rom.  Ikonographie  II.  Taf.  VIII. 


NEUE  BEITIUGE  ZU  DEN  MEISTERSIGNATUREN 
UND  LIEBLINGSINSCHRIFTEN 

(Taf.   IV). 


In  den  Archäolog.  epigr.  Mittheilungen  aus  Oesterreich-Uu- 
garn  1895  S.  13-23  habe  ich  einige  Notizen  über  neue  Meister- 
signaturen und  Lieblingsinschriften  auf  griechischen  Vasen  gegebeD. 
Ich  setze  hier  dieselben  fort  und  beschränke  mich  auch  hier  meist 
auf  das  Notwendige. 


'O^ 


Florenz. 

1)  Museo  archeologico.  Ungewöhnlich  grosse  schwarz- 
figurige  Schale,  1892  in's  Museum  gelangt.  Ungenau  von  Heibig 
Bull.  1879  S.  24Ö  (darnach  Klein,  Liebl.  S.  27)  beschrieben.  Innen 
riesiges  Gorgoneion.  Aussen  zwischen  Augen: 

A)  L.  steht  Herakles  nach  r.  in  der  R.  die  Keule  schulternd. 
Ihm  gegenüber  Athena  nach  1.  mit  Schild  (Zeichen :  AVagenkasten) 
und  Lanze.  Hinter  ihr  nach  1.  Hermes,  der  in  der  L.  das  Kerv- 
keion  hält  und  mit  der  R.  gesticulirt.  Schwarzgemalt  die  Inschrift 
H^t>ÄSnOhKÄU04. 

B)  Theilweise  zerstört.  Satyr  schreitet  von  1.  nach  r.,  vor 
ihm  steht  Dionysos  mit  Kantharos  in  der  R.  nach  r.  sich  um- 
blickend; ihm  voraus  geht  Hermes  nach  r.  (Oberleib  fehlt). 

Zwischen  den  Henkeln  je  ein  Krieger  und,  zum  Theile  von 
den  Henkelansätzen  überdeckt,  r.  und  1.  von  jenem  je  ein  Bogen- 
schütze in  asiatischer  Tracht. 

Am  Boden  des  Fusses  ist  die  von  Heibig  1.  c.  p.  247  mit- 
getheilte  etruskische  Inschrift  eingeritzt. 

2)  Ebda.  Von  der  im  Innern  weissgrundigen,  aussen  rot- 
figurigen  Schale  mit  dem  Lieblingsnamen  U]VANAf^[Oh  hat 
Milani  in  den  Rendiconli  dei  Lincei  classe  di  seiende  mor.  stör,  e 


80  L-    POLLAK 

filol.  S.  T  Vol.  II.  1893.  p.  1007  ss.  eine  vorläufige  Mittheiluug 
gemacht.  Die  Zahl  der  weissgnindigen  Schalen  hat  durch  dieses 
hervorraeeude  Monumeut  eine  wichtige  Erweiterung  erfahren.  Zuletzt 
hat  Pottier  in  den  Mon.  Piot  II  1895  p.  42  s.  die  betreffenden 
Schalen  aufgezählt.  Ich  gebe  hier  eine  kleine  Ergänzung  zu  dieser 
durch  ihre  Beziehungen  zur  grossen  monumentalen  Malerei  wichti- 
f^en  Denkmälerclasse.  Zu  den  25  von  Pottier  angeführten  Vasen  (') 
kommen  nun  hinzu: 

a)  die  Athamas-Xepheleschale  der  Sammlung  Tyszkiewiez, 
von  deren  Echtheit  auch  ich  mich  bei  wiederholter  Autopsie  über- 
zeugte.  Collect.    Tißzkieioicz  pl  XII  u.  wiederholt  p.  29. 

h)  die  Florentiner,  eben  besprochen.  Innen :  thronende  Aphro- 
dite. Aussen:  rotfig.  Palaestrascenen. 

c)  das  Fragment  einer  grossen  Schale  der  Berliner  Vasen- 
sammlung kurz  erwähnt  im  Jahrbuche  der  kgl.  preussischen  Kunst- 
sammlun^^en  1897  S.  LV.  In  einer  schlechten  Bause  mir  vorlie- 
gend.  Ein  hervorragend  schönes,  einer  guten  Publication  würdiges 
Bruchstück.  Aus  dem  östlichen  Etrurien.  8  cm.  hoch,  6  cm.  breit. 
Erhalten  ist  im  Innern  mit  gelblich  braunem  Contur  gemalt  ein 
nach  r.  mit  mächtigen  ausgespannten  Flügeln  schwebender  Eros. 
Vom  nach  r.  im  Profil  gerichteten  Gesichte  ist  nur  der  untere 
Theil  von  unter  der  Nase  an  gerettet.  Die  Haare  sind  krobylos- 
artig  (')  hinten    zusammengefasst.    Der    Oberkörper    ist   archaisch 

(!)  Vgl.  die  Berliner  Peithinosscliale  Hartwig  Meistersclialen  Tf.  25. 

steif  en  face  gesehen.  Etwas  unterhalb  des  Nabels  bricht  das 
Bild  ab.  Der  r.  nach  1.  gerade  ausgestreckte  Arm  ist  bis  zum 
Ansätze  des  Handgelenkes  erhalten,  während  der  I.,  wie  aus  dem 
Ansätze  der  1.  Schulter  hervorgeht,  nach  aufwärts  gerichtet  war. 
Vom  1.  Flügel  ist  nur  ein  kleines  Stück  über  der  1.  Schulter  erhalten. 
Höchst  merkwürdig  und  besonders  für  diese  frühe  Zeit  ganz  sin- 
gulär  ist  die  Art  der  Abschattirung  des  Flügels,  wohl  das  älteste 
bisher  bekannte  Beispiel  (-).  Von  dem  oberen  Rande   des  Flügels 

(»)  N"  21  der  .\ufzilhlung  Piots  (Klein  Euphron. «  S.  249)  ist,  was 
P.  unbekannt  blieb,  von  Pthusopulos  in  einer  Einzelschrift  publicirt  worden 
n.  zw.  in  ^AO^avc.alov  l'ovaoTiovXov  iTjiaToXcd  chr/cao'/.oyixal  nso'i  tixovog  Ai'ti- 
yivrfi.  Athen  1885. 

(2)  Vgl.  Winter  im  55.  Berliner  Winkelmannsprogramme  S.  7.  Pottier 
in  Mon.  Piot  II  p.  46. 


MEISTERSIGNATLREN    UND    LIEBLINGSINSCHRIFTEN  81 

an  wird  das  hiezu  benutzte  Braim  auf  den  schnppenähnlichen  Federn 
immer  schwächer,  immer  mehr  '  sfumato  '.  Die  grossen  Schwung- 
federn hingegen  sind  mit  dem  kräftigen  Braun  vollständig  ausgefüllt. 
Die  Musculatur  ist  mit  feinen  gelblichen  Linien  gemalt.  Am  Hin- 
terhalse sitzen  unter  dem  Haare  kleine  gelbliche  Punkte  auf,  und 
mit  ebensolchen  Punkten  sind  die  Brustwarzen  im  Kreise  umsäumt. 

Eine  autfallende  Aehnlichkeit  in  der  Gesammthaltunor  bietet 
das  von  Dragendorff  im  Jahrbuche  1897  Taf.  2  publicirte  bemalte 
Marmorschild  in  Athen,  auf  dem  Nike  im  Gegensinne  zum  Eros 
nach  links  schwebt.  In  Analogie  mit  der  von  Dragendorlf  mit  Kecht 
als  libirend  gedachten  Nike  wird  man  hier  an  einen  Eros,  der  die 
Spende  ausgiesst,  denken  dürfen.  Doch  ist  das  Marmorbild  entschie- 
den jünger  als  die  Scherbe,  die  dem  Anfange  des  strengen  Stiles 
sehr  nahe  steht. 

Das  rottigurige  Aussenbild  war  wahrscheinlich  palaestri sehen 
Inhaltes.  Man  sieht  auf  doppeltem  concentrischen  thongrundigen 
Streifen  1.  die  nach  1.  schreitenden  nackten  Beine  einer  erwachsenen 
Person,  über  denen  1.  ein  Gewandrest  wie  von  einem  kurzen  Chiton 
(oder  Diskos?)  sichtbar  wird,  während  das  r.  von  einem  Stabende 
überschnitten  wird.  R.  davon  ein  Paar  kleinerer  Beine,  anscheinend 
die  eines  Knabens,  das  r.  en  face,  das  1.  im  Profil  nach  r.  Beim 
r.  Reste  eines  herabfallenden  Gewandes,  das  vermutlich  in  den 
Händen  gehalten  war. 

Da  gerade  der  entscheidendste  Theil  nämlich  das  Obergesicht 
fehlt,  so  bleibt  die  Frage  nach  dem  Autor  offen.  Sicher  aber  ist, 
dass  wir  es  hier  mit  dem  Erzeugnisse  eines  der  hervorras^endsten 
zu  thun  habc^n. 

d)  ein  Fragment  einer  einst  grossen  Schale.  Im  römischen 
Kunsthandel.  Vom  Innenbilde  sieht  man  nur  einen  r.  Oberschenkel(?) 
und  den  unten  gesäumten  Theil  eines  kurzen  gefältelten  Chitons, 
mit  dem  die  zugehörige  Gestalt  bekleidet  war.  Die  Falten  sind 
mit  zartem  Gelb,  der  Saum  mit  brauner  Farbe  gemalt.  Vom  rot- 
figurigen  Aussenbilde  ist  nur  ein  1.  von  einer  Beinschiene  geschütztes 
Bein  eines  nach  r.  schreitenden  Kriegers  in  kurzem  Chiton  erhalten. 
Von  dem  Schilde  und  der  Lanze,  die  er  trug,  sind  nur  noch  spär- 
liche Reste  der  unteren  Theile  zu  sehen. 

3)  Pyxis  des  Nikosthenes.  Unter  dem  neuen  Zuwachse 
bewahrt    das   museo   archeol.    eine    treffliche    signirte    Pyxis    des 


)3;2  L.    1>0LI.AK 

Xikosthenes,  gewiss  eines  der  besten  Prodiicte,  welche  wir  bisher 
aus  der  so  rührigen  Werkstätte  dieses  Vasenmalers  kennen.  Hier 
tblo'e  nur  eine  kurze  Beschreibung  dieser  inhaltlich  wie  stilistisch 
höchst  interessanten  Vase,  deren  Piiblication  nicht  lange  auf  sich 
warten  \a.s<eü  kann. 

Auf  der  Manteltläche  der  Pyxis,  oben  und  nuten  von  je  drei 
Firnissstreifen  begrenzt,  Herakles  unter  den  Göttern  sitzend.  Von  1. 
nach  r. :  Zeus  nach  r.  thronend  (Blitz  in  der  K.,  Scepter  in  der  L.) 
ihm  oregenüber  ebenfalls  thronend  Hera  (grosse  Blüthe  in  der  R., 
Scepter  in  der  L.).  lieber  Zeus  die  mit  schwarzem  Firnisse  gemalte 
Inschrift  /VlKOhOE/VESEPOlEHE/V.  Es  folgen  zuerst  Hermes 
(rothe  Flügelschuhe,  in  der  K.  Kerykeion)  dann  eine  Göttin  (grosse 
Blüthe  und  Ranken  in  der  R.,  Oelzweig  in  der  L.  Aphrodite?)  beide 
nach  r.  sitzend.  Hierauf  ebenfalls  nach  r.  sitzend  Apollon  (Bogen 
und  Pfeile  in  der  L.)  und  ihm  gegenüber  stehend  Artemis  (2  Pfeile 
in  der  R.)  Dann  nach  r.,  schreitend  eine  weibliche  Flügelfigur 
(Iris?),  vor  der  nach  r.  eine  Göttin  mit  über  das  Hinterhaupt  gezo- 
genem, von  der  L.  gehaltenem  Himation  sitzt  (Hestia?)  Zu  ihr 
wendet  sein  Haupt  der  nach  r.  sitzende  Dionysos  (in  der  L.  mächti- 
ger Rebstock)  und  vor  ihm  in  derselben  Richtung  sitzen  die  behelmte 
Athene  (in  der  R.  Lanze,  auf  ihrem  Schoosse  eine  Eule)  und  endlich 
zu  ihr  zurückblickend  Herakles  mit  Himation  um  den  Unterleil) 
(in  der  R.  die  Keule). 

Auf  dem  zum  grössteu  Theile  erhaltenen  Deckel  sind  in  minia- 
turartig feiner  Ausführung  Kampfscenen  zwischen  Reitern  und 
Fussgängern  dargestellt. 

Die  Details  sind  ungemein  reich  u.  besonders  an  die  Gewän- 
der hat  Xikosthenes  viel  Fleiss  gewendet.  Sehr  viel  Gebrauch  ist 
von  Weiss  und  Rotbraun  gemacht  worden.  Ausserordentlich  häufig 
ist  die  Innenzeichnung  gravirt. 

Perugia. 

4)  Im  Museum  befindet  sich  als  n*'  12  eine  unbekannte 
Lvkosschale.  Vgl.  Klein  Liebl.  S.  50.  Nur  Innenbild.  Im  einfachen 
Maeander:  Jüngling  en  face  stehend,  nach  1.  blickend  hält  in  der 
R.  eine  Strigilis  vor  sich  hin;  links  von  ihm  ein  Stuhl  und  darauf 
(.'in  Himation. 

^4^>^  UVKOh 


MEISTERSIGNATUREN    IND    LIEBLINGSINSCHRIFTEN  83 

Keine  Ritzlinie  am  Haare.  Die  von  mir  nur  durch  die  Glas- 
scheibe in  der  Vitrine  gesehene  Schale  scheint  überschmiert  zu  sein. 

Rom. 

5)  Sammlung  Tyszkiewicz.  Hier  befindet  sich  die 
von  E.  C.  Bosanquet  im  Journal  of  hellenic  siudies  1896  p.  165 
sub  n°  7  kurz  erwähnte  weissgrundige,  als  in  Paris  bei  Rollin  et 
Feuardent  bezeichnete  Lekythos. 

Links  sitzt  nach  r.  eine  Frau  in  Chiton  und  schwarzem  Hi- 
mation  und  hält  beide  Hände  offen  vor  sich  hin,  um  ein  ziemlich 
grosses  Kästchen  entgegenzunehmen,  das  ihr  ein  auf  sie  zuschreiten- 
des Mädchen  bringt.  Zwischen  beiden  die  aToixi]66v  geschriebene 
Inschrift: 

AI(J)IAOZ 
K  A  /\  O  Z  O 
M  H  A  A  N  O  P 

6)  Die  von  mir  in  diesen  Mittheilungen  1897  S.  105  ff. 
ausführlicher  publicirte  boiotische  Feldflasche  des  Phithadas. 

(In  derselben  Sammlung  befindet  sich  die  folgende  Vase,  die 
streng  genommen  nicht  hieher  gehört,  da  sich  weder  ihr  Meister 
genannt  hat  noch  eine  Liebliugsinschrift  sie  ziert.  Aber  bei  dem 
Interesse,  das  eine  jede  griechische  Dialectinschrift  beanspruchen 
darf,  wird  man  die  Beschreibung  gerechtfertigt  finden,  umsomehr 
da  das  Gefäss  in  relativ  frühe  Zeit  hinaufreicht,  aus  der  eine  jede 
Bereicherung  willkommen  ist. 

Korinthischer  Skyphos  etwa  der  Form  Berlin  98,  9.5  cm.  hocli, 
der  Durchmesser  der  Mündung  13  cm.  Ungemein  feiner  sehr  leich- 
ter, lichtgelber  Thon,  die  Henkel  aussen  schwarz ;  ebenso  das  Innere 
des  Skyphos  gefirnisst.  Am  Fusse  Strahlenornament.  Die  Bilder 
sind  von  mehreren  dünnen  braunrothen  gelben  und  schwarzen  Strei- 
fen oben  wie  unten  eingerahmt. 

A)  L.  jugendlicher  Reiter  (langes  in  den  Nacken  fallendes 
Haar,  Zügel  und  Lanze  in  den  Händen)  auf  ruhig  nach  r.  schrei- 
tendem Pferde,  hinter  dem  ein  Vogel  nach  r.  oben  fliegt.  Vor  dem 
Pferde  schreitet  ein  nackter  Jüngling  (Lanze  in  der  L.)  nach  r.  Ver- 
tical  von  oben  nach  unten  laufend  die  Inschrift  gemalt  A  I . . .  O  M  . 


V.J  L.    POM.AK 

Ihm  voraus,  sich  umblickend,  geht  eiu  bärtiger  Mann  nach  r. 
(  Lanze  in  der  R.)  ^  Y  P  Y  M  A  f  O  M  ,  auf  ihn  zu  schreitet  nach  1. 
eiu  bärtiger  nackter  Manu  (Lanze  in  der  ß.)  PP*  OM  AfO/^,  hinter 
dem  ein  Jüngling  in  gleicher  Haltung  wie  der  1.  nach  r.  reitet. 
B)  In  der  Mitte  ein  Jüngling  mit  Lanze  auf  einem  nach 
r.  schreitendem  Pferde,  li.  u.  1.  in  der  Kichtung  nach  ihm  je  eiu 
Hahn,  über  dem  ein  Lotos  herabhängt.  Hinter  dem  Pferde  1.  ein 
nach  r.  oben  fliegender  Vogel. 

Füllsterne  spärlich  gestreut.  Viel  Innenzeichnung  geritzt,  auf 
den  Gesichtern  Braunroth,  mehr  oder  weniger  erhalten. 

Dem  Vasenmaler  schwebten  bei  den  Namen  Evgvixaxo;  und 
Uotaaxoz  epische  Reminiscenzen  vor  (^).  Beim  nicht  ganz  erhal- 
tenen Ji . .. (K  sind,  da  etwa  4-5  Buchstaben  fehlen,  verschiedene 
F]rgänzungen  möglich.) 

Museo  artistico  industriale.  Unter  seinen  Sammlungen 
tigurirt  auch  eine  den  Meisten  unbekannt  gebliebene  kleine,  von  mir 
in  Scheden  aufgenommene  Vasensammlung,  die  mehrere  sehr  gute 
Vasen  aufweist  z.  B.  die  strengrotngurige  einst  bei  Castellani  be- 
findliche Schale  (zuletzt  pubL  von  Benndorf,  Heroon  von  Gjölbaschi 
Trysa  S.  112).  Hier  sei  eine  schöne  polychrome  aus  Griechenland 
stammende  Lekythos  mit  gütiger  Erlaubnis  der  Direction  in  zwei 
Ansichten  auf  Taf.  IV  publicirt. 

7)  Lekythos  36.5    cm.  hoch.    Auf  der   Schulter  Kymation 
und  Ranken  mit  Palmetten. 

Bildofrund  gelblich.  Das  Bild  ist  oben  von  einem  durch  Kreuz- 
platten  unterbrochenem  Maeauder  und  unten  von  einem  einfachen 
Firuisstreifen  begrenzt. 

Frau  (Haare  in  Knoten  hinten  zusammengebunden,  schmales 
lilafarbenes  dreifaches  Haarband,  dor.  Chiton,  der  roth  war)  1. 
nach  r.  stehend  hält  mit  der  R.  einen  braunen  Korb,  von  dem 
eine  dunkellilafarbige  und  eine  weisse  braungesäumte  Taenie  herab- 
hängen. Ihr  gegenüber  steht  auf  sie  blickend  eine  zweite  Frau  en 
face  (Jon.  Chiton  und  schwarzes  über  die  L  Schulter  und  Unterleib 
geworfenes  Himation  —  Falten  blasslilafarben  —  in  dem  der  1.  Arm 
steckt).  Jenseits  von  ihr  kommt  r.  ein  niedriger  Stuhl  (Fuss  weiss, 


{^)  Vgl.  Willisch,  Altkoriiithischc  Thonindustric  S.  165 


MEISTERSIGNATUREN    I'ND    LIEBLINGSINSCHRIFTEN  85 

Sitz  braun)  zum  Vorschein.  Zwischen  den  Frauen  am  Boden  unten 
ein  Staar  nach  r.  und  oben  mit  braunem  Firnisse  aioixt/Ur  gemalt 

AI  OIAOZ 

KAAOZ 

M^AANOPO 

R.  und  1.  von  den  Frauen  hängt  im  Felde  je  eine  Oino- 
choe,  r.  ausserdem  eine  rothgehöhte  braungesäumte  Haube. 

Vgl.  über  diese  Gruppe  der  weissgrundigen  Lekythen  R.  C. 
Bosanquet  im  Jouni.  of  hell.  st.  1896  p.  164  ss. 

Im  Kunsthandel  konnte  ich  vor  2  Jahren  die  von  Milani 
im  Museo  Italiano  IIL  p.  270,  dem  Klein  Lieblingsinschr.  S.  19 
folgte,  ganz  flüchtig  erwähnte  Amphora  mit  dem  Lieblingsnamen 
Timotheos  genau  prüfen  und  photographiren  ; 

8)  Dieselbe  schwarzfigurige  ist  42  cm.,  mit  dem  erhaltenen 
zugehörigen  Deckel  51  cm.  hoch  und  fast  intact. 

Am  Halse  zieht  sich  ein  Band  von  gegenständigen  Palmetten 
und  Lotos  hin. 

Die  Bilder  sind  oben  von  einem  Stabornamente,  unten  von 
einem  doppelten  Firnisstreifen  begrenzt.  Am  Fusse  zu  unterst 
Strahlen,  dann  folgen  nach  oben  Lotos  und  einfacher  Maeander. 
Unter  den  Henkeln  Ranken  und  Palmetten. 

A)  Hierbei  abgebildet,  steht  Herakles  (Löwenfell  über  dem 
Kopfe,  rothbärtig,  km-zer  Chiton,  Köchei-  an  der  Seite,  Keule  in 
der  R.)  nach  r.  Vor  ihm  nach  r.  Hermes  (rother  Bart,  Spitzhut, 
Flügelschuhe,  Himation,  in  der  R.  das  .lange  Kerjkeion).  Er  be- 
schwichtigt vorgebeugt  mit  der  L.  den  doppelköpfigen  Kerberos, 
der  nach  1.  die  Füsse  des  Gottes  beschnüffelt.  Der  Höllenhund 
hat  ein  rothes  Halsband,  die  Rückenhaare  sind  in  altjonischer 
V/eise  in  krumme  Zotteln  gelegt,  die  abwechselnd  weiss  und 
schwarz  sind,  der  Schwanz  endigt  in  einen  Schlangenkopf  mit 
offenem  Rachen.  Jenseits  des  Höllenhundes  schreitet  nach  r.  sich 
umblickend  der  als  Greis  mit  weissem  Haare  gebildete  Hades  (lan- 
ger Chiton,  Himat.),  in  der  L.  ein  langes  Scepter ;  r.  von  ihm 
nach  1.  Persephone  (weisses  Fleisch,  langer  Chit.  u.  Him.),  beide 
Hände  in  lebhaftem  Staunen  erhoben.  Ueber  dem  Bilde  mit  schwar- 
zem Firnisse  TIM09E04    KÄUO'i. 

Diese    Darstellung    des    Herakles-Kerberosabenteuers    weicht 


besonders  in  einem  wesentlichen  Punkte  von  den  bisher  bekannten 
Bildern  ab.  Herakles  verhält  sich  hier  ganz  passiv,  und  an  seine 
Stelle  ist  Hermes  getreten,  der  den  Kerberos  zu  beschwichtigen  sucht. 
Auf  der  Amphora  im  Museo  Gregoriano  (B)  II  tav.  52,  2a  redet 
Herakles  selbst  dem  Hunde  zu.  und  so  tliut  er  es  auch  auf  zwei 
Amphoren  (Zeichnung  im  Berliner  Apparat,  siehe  Furtwängler  in 
Koschers  Leiic.  I  Sp.  2205).  Augenscheinlich  traut  sich  auf  un- 
.serem  Amphorenbilde    Herakles  an  das  Unthier  nicht  heran,  und 


der  hilfsbereite  Gott  legt  sich  in's  Mittel.  Dadurch  hat  das  Bild 
einen  humoristischen  Anstrich  bekommen. 

B)  Theseus  (jugendlich,  Krolnlos,  rothes  Haarband,  kurzer 
Chiton.  Schwert  an  der  Seite)  nach  r,  hin  hat  den  nach  1.  in"s 
Knie  sinkenden  Minotaur.  dessen  Kopf  eher  pferdeähnlich  gerathen 
ist,  an  beiden  Handgelenken  gepackt  und  zwingt  ihn  zu  Boden. 
Die  Hände  des  Miuotauros  sind  geballt,  als  wenn  sie  etwas  (Steine-') 
hielten.  R.  u.  1.,  der  Gruppe  zugewendet,  je  eine  langbekleidete 
(Chit.  Hirn.),  wohl  männliche  Gestalt. 


MEISTERSIGNATUREN    UND    LIEBLINGSINSCHRIFTEN  87 

Neapel. 

9)  S  a  111  m  1  u  n  g  A.  von  B  o  u  r  g  u  i  g  n  o  n.  Fragmentirte  Basis 
eines  ßhytons  in  Form  eines  Vierfüsslers.  Die  mit  glänzendstem 
schwarzem  Firnisse  gedeckte  Basis  war  oblong  und  ist  jetzt  etwa 
in  der  Diagonalrichtung  gebrochen.  11  cm.  grösste  Länge,  8,5  cm. 
breit,  3,7  cm.  hoch.  Aus  S.  Maria  di  Capua  vetere. 

Von  der  Gestalt,  welche  den  Vasenkelch  trug,  sind  nur  zwei 
ungespaltene  Vorderhufe  erhalten  geblieben,  was  auf  ein  Pferd 
oder  Esel-Maulthier  oder  auch  Kentaur  hindeutet,  unter  den  Gefässen 
dieser  Gattung  neue  Formen.  Auf  der  Langseite  ist  r.  eingeritzt, 
nur  zum  Theile  erhalten 

SO  T 
bP... 

also  eine  Signatur  des  Sotades,  der  ausser  dem  Kantharos  Klein 
M.  S.-  S.  187  besonders  durch  die  prächtigen  einst  Brante- 
ghem'schen,  jetzt  Londoner  Gefässe  D  5,  6,  8,  9,  10  bekannt  ist. 
Gerade  derselben  Provenienz  ist  das  schönste  aller  Gefässe  dieser 
Gattung  die  sitzende  Sphinx  in  London  E  788  publ.  Journ.  of 
hell.  St.  VllI  pl.  72-73. 

10)  Ebda.  Nolanische  Amphora  32  cm.  h.  Auf  nicht  unter- 
brochenem Maeander: 

A)  Jüngling  (Himation,  welches  die  r.  Schulter  freilässt, 
r.  Haarband)  bläst  nach  r.  schieitend  aus  vollen  Backen  die  Dop- 
pelflöte. Im  Felde  sein  schief  gestellter  Krückstock  und  die  Sybene. 
Inschrift  kirschroth  KAUC)>. 

B)  Flaumbärtiger  Jüngling  (Himation,  welches  die  1.  Schulter 
freilässt,  rothes  Haarband)  geht  nach  r.  mit  dem  Krückstock  in 
der  R.  Ihm  voraus  schreitet  ein  grosser  Hund  (rothes  Halsband). 
Inschrift  kirschroth 

KAUlAh 

KAUO/// 

also  KaX{X)ic(c  xalöz.  Es  ist  das  nach  dem  fast  immer  offen  ge- 
schriebenen Alpha  wohl  KedXiag  II.  Siehe  Klein,  Liebl.  S.  76  n°  3,  4. 

11)  Seit  kurzem   befindet  sich   in   dieser   Sammlung   auch 


gg  L.    FOI.LAK 

die  von  Klein  Liebl.  S.  84  n""  2  als  verschollen  erwähnte  und 
daselbst  un.irenau  beschriebene  nolanische  Amphora  mit  dem  Lieb- 
lincrsnamon    Kleinias.  33,5  cm.  hoch.   Auf  nicht   imterbrochenem 

Maeander : 

A)  Eos  (gonestelter  Jon.  Chiton  mit  weit  herabhängendem 
Ueberfalle.  rothes  breites  Haarband)  verfolgt  nach  r.  die  Hand 
ausstreckend  den  nach  r.  tliehenden,  zurückblickenden  Kephalos 
(kleine  über  Rücken  und  beide  Arme  geworfene  Chlamys,  rothes 
Haarband,  Petasos  im  Nacken,  2  Speere  in  der  11.).  Zwischen 
ihnen  oben  KAENIAZ,  unten  KAAilZ. 

B)  Bekränzter  Mauteljüngling  nach  1.  streckt  die  R.  aus. 
Innenzeichnuug  reichlich  mit  verdünntem  Firnisse. 

12)  Kunsthandel.  Fragment  eines  bauchigen  Gefässes 
(nol.  Amphora?)  Erhalten  ist  der  Obertheil  eines  bärtigen  Mannes 
nach  r.  in  gefälteltem  Chiton  uud  Himat.  über  der  1.  Schulter,  die 
Haare  (Binde)  fallen  breit  auf  den  Rücken  herab.  Nase  und  Stirn 
fehlen.  Erhalten   ist  noch   der   r.  Oberarm.  L.  blassbraun   gemalt 

.  ..ON  KAUO^ 

was  vielleicht  der  Rest  vom  Lieblingsnamen  Hippon  ist,  siehe 
Klein  L.  S.  72. 

Wien. 

13.  Hofmuseum.  Ein  Becher  aus  der  Werkstatt  des  Ni- 
kosthenes,  den  ich  auf  Grund  einer  mir  von  Herrn  Professor  Rob. 
von  Schneider  gütigst  zugesandten  Mittheilung  beschreibe.  Aus 
vielen  Fragmenten  zusammengesetzt,  ergab  sich  die  nicht  häufige 
Form  eines  henkellosen  Bechers  auf  kräftigem  Fasse,  ungefähr 
entsprechend  der  Form  47  bei  Stephani,  Vasensammlung  der  Ere- 
mitage. Doch  fehlt  hier  der  Deckel,  der  auf  einem  vorspringenden 
Wulste  aufsass. 

Ueber  dem  Fusse  erhebt  sich  ein  Strahlenornament.  Die  ringsum 
laufende  Darstellung  ist  oben  diu'ch  den  Wulst,  unten  durch  einen 
breiten  Firnisstreifen  begrenzt. 

Die  Mitten  der  Bilder  nimmt  je  ein  Bema  ein.  das  eine  ein- 
stufig, das  andere  zweistufig. 


MEISTERSIGNATI  REN    UND    LIEBLINGSINSCHRIFTEN  80 

Auf  dem  ersteren,  welches  die  weissaufgemalte  Inschrift 
VIKOhOENEh  KAUOh  trägt,  steht  1.  ein  Flötenbläser  (jugend- 
lich Avie  alle  anderen  Figuren,  wo  nicht  ausdrücklich  das  Gegen- 
theil  bemerkt  ist,  Himat.  Haarbinde)  nach  r.  und  ihm  gegenüber 
ein  Sänger  (Chit.  Hirn.),  r.  und  1.  vom  liema  sitzt  dieseui  zuge- 
wendet je  ein  Lyraspieler  (Chit.  Himat.)  auf  einem  Klappstuhle. 
Hinter  dem  1.  sitzenden  steht  zuhörend  ein  Jüngling  (Chit.  Hirn.) 
in  etwas  vorgebeugter  Haltung  nach  r.,  während  hinter  dem  anderen 
Lyraspieler  ein  bärtiger  Alter  (Him.  um  die  Hüftt-n)  nach  r.  mit 
der  L.  einen  Jüngling  beim  Stirnhaare  ergreift  und  ihn  mit  einem 
in  der  R.  gehaltenen  Gegenstande,  vielleicht  einer  Sandale  prügelt. 
Der  nach  1.  umblickende  Knabe  streckt  die  Arme  nach  vorne  zu 
einem  Flötenbläser  (Him.)  hin,  der  nach  1.  schreitet.  Auf  dem 
zweistufigen  Bema,  das  die  ebenfalls  weissgemalte  Inschrift  KALOS 
zeigt,  steht  1.  ein  Lyraspieler  (Him.)  nach  r.  und  ihm  zugewandt 
ein  Jüngling  (Chit.  Him.),  beide  aus  Raummangel  etwas  klein 
gerathen.  R.  schreitet  auf  das  Bema  ein  bärtiger  Mann  (Him.)  zu, 
1.  vom  Bema  entfernt  sich  von  demselben  ein  bekränzter  Flöten- 
bläser (Him.).  Er  ist  fragmentirt,  wie  eine  Gestalt  vor  ihm,  die 
vielleicht  ein  Tänzer  war.  Es  ist  ziemlich  viel  Innenzeichnunsf 
geritzt  und  Rothbraun  für  Deckung  verwendet. 

Nikosthenes  hat  hier  nur  mit  seinem  Namen  signirt  und  in 
der  Weise  anderer  Vasenmaler  (vgl.  Klein  M.  S.  -  S.  13)  das 
Verbum  weggelassen,  dafür  aber  zweimal  ein  xa?.6g  hingeschrieben. 
Der  Stil  dieses  Gefässes  steht  etwa  auf  der  Stufe  der  Oiforder 
Amphora  Klein  M.  S.  -  S.  59  n"  22  =  P.  Gardner,  Catalogiie  of 
the  greek  vases  of  Ashmolean  Museum  n°  215  pl.  IV. 


Rom. 


Ludwig  Pollak. 


DI  UN  RITROVAMENTO  DI  OGGETTI  PREZIOSI 
•    SüLL'ESQUILINO  NEL  1545 


II  codice  Barberiniano  XVI  28  contiene  il  Diarium  Aageli 
Massarelli  de  S.  Severino  post  et  ante  discessum  ex  urbe  ad  Con- 
cilium  Tridenti  celebraadum  a  die  23  Februar.  13 iJ  usque  ad 
diem  primam  Februarii  a.  1546 '  (non  autografo  ma  in  copia  del 
sec.  XYII).  A  f.  12,  sotto  la  data  2'J  Marl.  Dom.  Palm,  [sie], 
lo  scrivente  raenziona  Tarrivo  (a  Trento)  di  una  lettera  del  cardi- 
uale  Farnese,  conteneate  istruzioni  per  i  legati ;  ed  aggiimge  a 
f.  12^':  cum  s.  litteris  ex  urbe  nuntiatum  est  Jocalia  illa  Romae 
iiiventa,  quae  hie  annotare  non  abs  re  visum  est.  Siccome  di 
qiiesto  ciirioso  ritrovamento,  per  qiianto  sappia  io,  non  si  e  serbata 
altra  memoria,  mi  pare  utile  di  pubblicare  qui  l'elenco  gentilmente 
comuuicatomi  dal  sig.  dott.  Merkle,  lasciando  a  coloro  che  piii  spe- 
cialmente  si  occiipano  delle  pietre  antiche,  il  ricercare,  se  qualche- 
diino  dei  pezzi  annoverati  si  possa  identificare  con  oggetti  esistenti, 
forse  uella  raccolta  giä  Farnesiana  ora  Napoletana.  Qiianto  al  luogo 
del  ritrovamento,  la  cliiesetta  oggi  non  piü  esistente  di  s.  Biagio 
(detta  de  montibus  o  de  ascesa)  viene  aunoverata  nel  catalogo  To- 
rinese  delle  chiese  di  Roma,  ed  in  quello  del  Sigiiorili  insieme  con 
quelle  di  s.  Pantaleo  (moderi)amente  detta  la  Madonna  del  Bnon 
Consiglio)  e  di  s.  Quirico  e  Julitta  ;  il  Martinelli  {Roma  ex  ethnica 
Sacra  p.  348)  la  descrive  situata  desceademlo  de  Exquilino  prope 
S.  Petrum  in  carcere  versus  Templum  Pacis.  Una  lapide  interes- 
sante, riferibile  alla  riedificazioue  della  chiesetta  nel  1201,  sta 
ancora  murata  nella  sagrestia  della  Madonna  del  Buon  Consiglio, 
e  fu  pubblicata  dall' Armellini  {Chiese  di  Roma,  ed.  2,  p.  148). 
La  chiesa  fii  distrutta  poco  dopo  il  1587  ;  l'orto  annesso  si  dovrä 
credere  situato  non  lungi  dal  quadrivio  di  Via  del  Cardello  e  Via 
di  S.  Pietro  in  Vincoli.  Siamo  quindi  prossimi  alla  prefettura  ur- 
bana  e  al  Tempio  della  Tellure,  ed  in  vicinanza  immediata  con  le 
parietinae  7iobilis  aedißcii  donde  nel  1706  tornö  alla  luce  l'epi- 
grafe  CIL.  VI,  913  dedicata  a  Nerone  Cesare. 


CH.    HUELSEN,    DI    UN    RITBOVAMENTO    DI    OGGKTTI    PREZIOSI,    EOG.  91 


Nota  delle  cose  irovale  nell'horto  di  San  Biagio 
presso  S.  Pletro  in  Vincola  a  Roma  alli  6  di  Aprile  [sie]  iJ  /J. 

Una  Faustina  di  Calcidonio. 

Una  Testa  di  Calcidonio. 

Una  Dea  della  natura  con  la  sua  base  di  Agata. 

ün"altra  Dea  simile  minore  pur  d'  agata. 
5  Un'  aquila  con  una  palla  a  pie  d'  agata. 

Una  mascara  di  diasporo  in  o  pezi. 

Un  Vasetto  d'  agata  come  un  bichiere. 

Un  Caguölino  di  Calcidonio  che  rode  un  osso. 

Una  testa  di  Calcidonio. 
10  Una  figura  di  Calcidonio  come  un  termine. 

Un  vaso  d'  agata  piccolino. 

3  vasi  di  agata  rotti  in  pezzi. 

Un  bichiere  di  matre  di  perle. 

Un  pezzo  di  Calcidonio  tondo  non  lavorato. 
ij  Un  pezzo  di  Corallo  bianco. 

Un  mercurio  di  Agata. 

Un  porcellino  di  pietra  dolce. 
(f.  13')  Un  elefante  piccolo  di  ambra. 

Un  leone  di  ambra  negra. 
20  Un  Cupido  di  ambra  gialla. 

Un  Cupido  che  dorme  del  medesimo. 

Una  palla  di  ambra  gialla. 

Doi  pomi  di  Cristallo  grandi. 

Un  pomo  simile  minore. 
25  Due  come  borchie  di  mula  del  medesimo. 

Una  figura  di  cristallo  con  la  base. 

Una  clava  di  Hercole  di  Cristallo. 

Una  Bertuccia  di  Calcidonio, 

Un  dito  di  Cristallo. 
w  Un  ramo  di  arbore  di  cristallo  con  una  foglia. 

Una  base  di  Cristallo. 

Una  cicada  da  Cristallo. 
•    Un  vasetto  di  Cristallo. 


92  <:H.    HIE[.SEN,    DI    IN    BITROVAMENTO   DI    OGGETTI    PREZIOSI,   ECC. 

Un  copercliio  di  Cristallo. 
3'>  Un  bicbiero  di  Cristallo. 

Una  Taia  di  cristallo. 

Una  figuriua  di  cristallo. 

Un  Cocchiaro  di  Cristallo. 

Sei  come  nocciole  di  Cristallo. 
■11'  Un  catino  piccolo  di  Cristallo. 

Un'anello  grande  di  Cristallo  con  una  vittoria  intagliata. 

Una  palla  di  pietra  fina. 

Un  tigre  di  Calcidonio. 
clf.  3^)  Una  figura  d'  ambra  negra  con  la  base. 
4:'  Una  medaglia  che  ha  dentro  certe  figure. 


*gLilV       ^^L^^.       x^.*        ^^^^.s.        „>^.  vv.        .,J5V 


Un  giove  grande  con  il  busto  d'agata. 

Un  Giove  minore  di  agata. 

Un  Giove  piii  piccolo  di  Calcidonia. 

Un  altro  Giove  di  agata. 
50  Una  Venere  di  Calcidonio. 

Una  Dea  della  natura  di  Calcidonio. 

Una  altra  Dea  simile  di  Calcidonio. 

Una  testa  di  Alex(andr)''  di  Calcidonio. 

Una  testa  piccola  di  Calcidonio. 
55  Una  testa  di  Apollo  incavata  di  Cristallo  et  il  rivescio  ha 
forma  di  Testudine. 

Una  mascara  di  Calcidonio  grande. 

Undeci  mascare  piccole  come  da  putti  di  Calcedonio. 

Un  Cocchiaro  di  Calcidonio. 

Un  Giove  di  Lapislazoli  con  '1  busto. 
60  Un  vasetto  da  profumi  d'  argento. 

Un  Cocchiaro  di  Cristallo. 

Un  Vasetto  di  agata. 

Una  testa  di  Socrate  di  Calcedonio. 

Una  testa  di  un  poeta  di  Calcidonio. 
G5  Uq  marte  di  Calcidonio. 

Un  Domitiano  d'agata  bellissimo. 

Un  Domitiano  d'  agata  mediocre. 

Un  Sileno  di  agata. 

Un  Traiano  di  agata. 

Ch.  Huelsen. 


DER  FAUSTKAEMPFER  DES  THERMENMüSEUMS 


Von  dieser  hervorragendeu  Bronze  hat  jüngst  C.  Wunderer  im 
Philologiis  LVII  (X,  F.  XI)  S.  1  tf.  eine  neue,  zur  Prüfung  an- 
regende Erklärung  gegeben.  Ein  solches  Werk  auf  einen  bestimmten, 
zei-tlich  annähernd  festzulegenden  Vorfall  zurückführen  zu  können 
würde  in  der  That  höchst  erfreulich  sein,  aber  der  vorliegende  Ver- 
such ist  schwerlich  als  geglückt  anzusehen. 

Der  mit  den  schweren  Schlagriemen  bewehrte,  und  mit  fri- 
schen Spuren  eines  eben  bestandenen  Kampfes  im  Gesichte  da- 
sitzende Faustkämpfer  soll  nach  dieser  neuen  Erklärung  der  welt- 
berühmte Kleitomachos  von  Theben  sein,  welcher  um  das  Jahr  200 
Y.  Ch.  —  Wunderer  will  sogar  noch  etwas  w^eiter  heruntergehen  — 
einen  Strauss  von  einer  gewissen  nationalen  Bedeutimg  mit  dem 
Aegypter  Aristonikos  siegreich  auskämpfte.  Wie  uns  Polybios 
XXVII  9  bei  Gelegenheit  erzählt,  hatte  Ptolemaios,  IV  Philopator 
nach  Hultsch,  nach  Wunderer  sein  Nachfolger  Epiphanes  (')  seinen 
Aristonikos  gesandt  um  dem  Kleitomachos  die  Palme  zu  entreissen, 
und  die  Menge  war  nach  dem  ersten  Gange  dem  Aegypter  günstig 
gewesen.  In  einer  Ruhepause  wandte  sich  dann  Kleitomachos  an 
die  Menge  und  machte  ihr  wegen  ihrer  Partheinahme  für  den  Frem- 
den Vorstellungen.  Ob  sie  denn  nicht  wüssten,  dass  er  seine  Pflicht 
thäte  und  für  die  Ehre  der  Hellenen  kämpfte,  sein  Gegner  aber 
für  die  des  Königs  Ptolemaios ;  und  ob  sie  lieber  wollten  dass  ein 
Aegypter  den  Hellenen  den  Olympischen  Kranz  entrisse,  oder  dass 
ein  Boioter  aus  Theben  als  Sieger  ausgerufen  würde.  Mit  solchen 
Vorstellungen  hätte  er  die  Menge  vollständig  umgestimmt,  io  dass 
Aristonikos  mehr  noch  ihr  als  dem  Kleitomachos  erlegen  wäre.  Die 
Bronze  des  Thermenmuseums  nun  soll  den  Kleitomachos  darstellen. 


(1)  Jener  nach  Hultsch,  weil  Kleitomachos  nacli  Paus.  VI  15,  3  in  den 
Olympiaden  141  und  142  in  Olympia  gesiegt  liatte  ;  und  da^Pausanias  die 
Ruhmestitel  des  Kleitomachos  angeben  will :  t«  Je  ol  ig  J'ii^ay  7]y  roLdds  y.x't.., 
so  ist  man  berechtigt  anzunehmen,  dass  die  von  ihm  angeführten  Siege,  drei 
nvd^o?,  fV  'lad^fxiö  am  selben  Tage  im  Kingen,  Faustkampf  und  Pankration, 
endlich  in  den  zwei  genannten  Olympiaden,  nicht  die  Vorstufen  sondern  die 
Höhe  seiner  Leistungen  sind.  Wunderer  scheint  nicht  genügend  zu  beachten, 
dass  Kleitomachos  in  verschiedenen  Kampfarten  zugleich  auftrat. 


Mj  E     l'ETERSEN 

wie  er  ausruliL'iid  zur  Menge  rede:  und  es  sei  wohl  möglich,  meint 
"NV.  dass  dies  eben  die  von  Pausauias  erwähnte  olympische  Statue 
sei,'  welche  Hermokrates,  der  Vater  des  Athleten  geweiht  hatte. 

Das  TQctvua  xufoior,  welches  Aristonikos  seinem  Gegner  im 
ersten  Gange  beigebracht  hatte,  würde  eine  genaue  Untersuchung  des 
Originals  tinden  lassen,  meint  Wunderer,  vielleicht  am  Halse.  Es 
wäi-e  billig  gewesen  sich  dieses  Punktes  vorher  zu  vergewissern, 
was  ja.  sol'ern  der  Verfasser  nicht  selbst  dazu  in  der  Lage  war, 
mit  einer  Anfrage  hierher  gethan  gewesen  wäre.  Also  sei  es  jetzt  ■ 
versichert,  dass  am  Halse  keinerlei  Verletzung  vom  Künstler  ange- 
deutet ist.  überhaupt  keine  andere  als  die  Quetschungen  der  linken 
Wange,  der  Nase,  vielleicht  auch  sonst,  aber  keine  wie  es  scheint 
von  ernster  Bedeutung. 

Dass  ein  Sieger  nicht  als   solcher,  sondern  in   einem  voraus- 
gehenden Zeitpunkt,  namentlich  in  einem  für  den  Verlauf  des  Kam- 
pfes nicht  gleichgiltigen.  wie  es  jene  Ruhepause  für  Kleitomachos 
war.  dargestellt  worden,  das  wäre  ja  begreitlich.  Aber  ist  es  denn 
denkbar. °dass  Kleitomachos  in  so  lässig  gleichgiltiger  Weise  sit- 
zend seinen  Appell  an  das  Nationalgefühl  der  Zuschauer  gemacht, 
eine  Ansprache  an   die  Menge  gehalten  hätte,  mit  welcher  er  sie 
zu  seinen  Gunsten  stimmen  wollte  ?  Das  Ethos  jener  von  Polybios 
berichteten  Ansprache  und  das  Ethos  des  Faustkämpfers  im  Ther- 
menmuseum ist  ein  grundverschiedenes.  Stumpfsinnig  sitzt  der  bru- 
tale Kraftmensch  da,  nach  schwerer  Arbeit  ruhend,  indem  er  beide 
Unterarme  auf  die  Oberschenkel   aufstützt,  von  keiner   Rücksicht 
auf  Anstand  und  Würde  gehalten  oder  getragen.  Mit  einer  Bewe- 
gung und  Miene,  in    welcher    mehr    Gleichgiltigkeit    als   Freude, 
höchstens  eine  gewisse  stumpfe  Neugier  sich  äussert,  w^endet  er  den 
Kopf,  gewiss  nach  den  Zuschauern  hin.   Höchstens  ein    Laut,  un- 
möglich eine  Rede,  gar  um  die  Hörer  sich  geneigt  zu  macheu,  wäre 
mit  solcher  Haltung  vereinbar.  '  Dass  der  Mund  zum  Sprechen  ge- 
öffnet erscheint '  ist  für  W.  ausser  Zweifel.  AVarum  ?   Der  Mund- 
spalt ist  nicht  weiter  als  bei  andern  Köpfen,  die  wohl  lebhaft  athmen, 
aber   sicher  nicht  sprechen.  Dass  der  ]\[anu   nicht   durch  die  ge- 
quetschte Nase  athmen  kann,  hat  Beiger  (Jahrbuch  1887  S.  192) 
richtig  bemerkt,  und  nicht  weiter  als  zum  Athmen  nöthig,  wird  man 
den  Mund  geöffnet  finden,  wenn  man  auch  noch  die  Zähne  hinzu- 
denkt. Denn  dass  man  nicht  von  Anfang  an  so  wie  heute  in  die 
leere  Mundhöhle  hineinsah  versteht  sich  von   selbst.   Waren  dem 
Mann  auch,  wie  durchaus  wahrscheinlich  etliche  —  nicht  alle,  was 
Hülsen  in  diesen  Mitth.  1889  S.  178,  2  mit  Recht  betont  —  Zähne 
eingeschlagen,  so   konnte   das   eben  nur   durch   Zahnlücken,  nicht 
durch  gänzliche  Zahnlosigkeit  anschaulich  werden.   Auch  der  vor- 
geschobene  Unterkiefer,  nach    Hülsen  a.   a.  0.  scgno  dl  ferocita 
reraraente  selvaggia,  schliesst  den  Gedanken  Wunderers  aus.  Dem 
Boxer  ähnelt  sehr  der  Herakles  einiger  Bronzemünzen  von  Phaistos 


ÜER    FAUSTKAEMPFEB    DES   THERMENMISEUMS  95 

im  Britischen  Museum  Greek  coins  Crele  Taf.  XV  7  und  9.  Ge- 
genüber dem  zu  späten,  keineswegs  so  allgemein  angenommeneu 
Zeitansatz  weise  ich  nur  hin  auf  einen  unscheinbaren  aber  eigen- 
thümlichen  Zug,  die  Bildung  des  Schnurrbarts,  mit  seinen  kleinen 
emporgestricheneu  Haarbüschelchen.  Dazu  bietet  der  Ludovisische 
Gallier  eine  überraschende  Analogie,  ja  auch  die  Brauen  sind  trotz 
der  grösseren  Fülle  bei  der  Ludovisischeu,  dennoch  an  beiden  Figu- 
ren ähnlich. 

Es  scheint  nicht,  dass  die  Bronze  nach  ihrer  Auffindung  anderer 
Ergänzung  als  des  Felssitzes  bedurft  habe,  zumal  es  Photographien 
giebt,  Avelche  den  Boxer  noch  in  der  Ausgrabung  so  wie  er  jetzt  ist 
zeigen.  Um  so  gewisser  sind  antike  Ergänzungen,  worunter  nicht 
die  von  Hülsen  a,  a.  0.  bemerkten  Gussfehlercorrektureu  zu  ver- 
stehen sind ;  und  auch  die  abgeschlissenen  Zehen  beweisen  dass 
die  Statue  schon  im  Alterthum,  leicht  erreichbar,  ihre  Schicksale 
gehabt  hat. 

Jedem  aufmerksamen  Betrachter  muss  auffallen  dass  der  1.  Arm 
wie  Fleisch  auf  Fleisch  auf  dem  Bein  ruht,  der  r.  dagegen  wie 
todter  Stoff,  ohne  Nachgeben  des  einen  und  des  andern.  Bei  ge- 
nauerer Betrachtung  erkennt  man  die  sicherste  Spur  einer  Ausbes- 
serung an  einem,  vielleicht  zweien,  mehrere  Mm.  im  Durchmesser 
habenden  Nietköpfen  hier  aussen  auf  dem  Oberschenkel.  Von  der- 
selben Art  einen  aussen  am  1.  Glutaeus,  einen  zweiten  weiterhin, 
etwa  an  der  Mitte  des  1.  Oberschenkels,  einen  dritten  nahe  bei 
dem  Flicken  an  dessen  Unterseite.  Es  scheint,  dass  diese  Theile 
zusammengedrückt  und  dann  wieder  aufgetrieben  worden  und  in- 
nen durch  gegencfenietete  Stücke  Halt  bekommen  hätten,  was  durcli 
den  offenen  Sitz  zu  erkennen  sein  müsste. 

Wichtiger  ist  etwas  anderes.  Zweifellos  ist  das  Wirbelstück 
des  Hinterkopfes,  etwa  10  cm.  im  Durchmesser,  eine  spätere  Zu- 
that  von  schlechter  Arbeit,  roh  und  nothdürftig  dem  übrigen  Haar 
angepasst.  Natürlich  war  das  echte  Stück  verloren  gegangen,  was 
nur  begreiflich,  wenn  es  auch  ursprünglich  besonders  gearbeitet  war. 
Das  hatte  aber  gewiss  den  Zweck,  den  man  anderswo  durch  sepa- 
rate Ausführung  des  Kopfes  erreichen  mochte,  nämlich  Augen  und 
Zähne,  die  aus  andrem  Stoff  gearljeitet  waren,  von  innen  einzufügen. 

E.  Petersen. 


SITZUNGEN 


7.  Jammr:  ]\I.vr  über  das  Grabmal  dos  Eurysaces.  —  Petersen 
über  ein  Hochrelief  des  vatikanischen  Museums. 

21.  Januar:  Petersen  über  den  Torso  vom  Belvedere.  —  K.  Her- 

zog über  den  Ganswürger  bei  Herondas.  —  Maf  über  das 
,;enaculinn. 

4.  Februar:  ]\Ions.  Wim'KRT  über  diu  Consulartraoht  im  4.  und 
folo^e.  .Tahrhunderten.  —  Petersen  über  eine  historische 
Erklärung  des  P'austkämpfers  im  Thermenmuseum.  Dazu 
HuEi.sEN.  —  Petersen  über  Caile  Vipenna  und  Cacu  auf 
etruskischen  Denkmälern. 

18.  Februar:  Mons.  Wilpert  über  das  Pallium  des  Trachtgeset- 
zes vom  J.  382.  —  Cantarelli  über  das  Elogium  der  Äla- 
tidia  {Clf..  XIV   8579).  —  Petersen  über  die   Wandge- 
mälde der  tomba  Franyois  in  Yulci. 
4.  März  :  ausgefallen  wegen  der  Festa  dello  Statuta. 

18.  März  :  Körte  über  einen  Theil  der  Wandgemälde  der  grotta 
dei  tori  in  Corneto.  Dazu  Karo,  Loewy,  Petersen.  — 
Hltelsen  Inschrift  vom  Pompeiustheator  [CIL.  VI  55*;  s. 
Mittheiluugen  später).  —  Pollak  über  eine  archaische  Vase 
mit  der  Lösung  Hektors.  —  Petersen  über  die  griechische 
Büste  von  Elche  nach  P.  Paris'  Herausgabe. 
1.  April:  Savignoni  Boiotische  Vasen.  Dazu  Petersen.  —  Peter- 
sen über  die  grösste  antike  Statue  in  Rom.  Dazu  Huelsen. 

15.  April:  Petersen  über  die  vatikanische  Pigna.  Dazu  Huel- 
sen. —  Mau  über  Weichardt,  Pompeji  vor  der  Zerstörung.  — 
Savignoni  legt  im  Namen  des  comm.  Barnabei  die  im 
Auftrage  des  Ministeriums  angefertigte  Copie  des  Philoso- 
phenmosaiks  von  Torre  Annuuziata  vor  mit  Grundlinien  eines 
eisjenen  Erklärungsversuches.  Dazu  v.    Wilamowitz-Moel- 

LENDORFF. 

22.  April:  Paliliensitzung:  Petersen  über  die  capitoliuische  AVöl- 

tin.  —  Huelsen   über  Sergius    IwanolV  und   seine   Rekon- 
struktion der  Caracallathermen. 


ORPHISCHES 
rX  DER  UXTEKITALISCHEX  VASEXMALEREI. 


In  dem  18.  Hallischen  Winckelmannsprogramm  p.  36  f.  hat 
Roheit  auf's  Neue  einen  in  Neapel  betindlichen  Krater  aus  Ruvo 
(Heydeniann.  Vaseusamml.  Xr.  3256)  mit  Bildern  der  Marathon- 
Schlacht  und  des  Kore-Raubes  besprochen  und  die  beiden  haupt- 
sächlichen Darstellungen  nach  Mon,  d.  I.  II  T.  30-31  mit  Hiu- 
weglassung  der  modernen  Ergänzungen  abgebildet.  Die  Deutung 
der  Hauptseite  mit  dem  Schlacht-Bilde  ist  gesichert  ('),  während 

(•)  Dargestellt  i^t' keine  Amazonenschlacht,  sondern  ein  Kampf  zwischen 
Persern  rind  Griechen,  oben  ia  der  Mitte  Hellas  von  Nike  bekrönt  and  Aihena 
Iq  den  Kampf  heribfahrend  (zwischen  beiden  eine  Lücke  1,  an  beiden  Seiten 
ie  eine  Gruppe  zuschauender  Götter:  links  Poseidon,  Aphrodite,  Eros,  Pan, 
rechts  Zeus,  Artemis  und  Apollou.  Robert  rechnet  Athena  zu  der  linken 
Gruppe  und  sieht  in  dieser  "  die  charakteristischen  Götter  der  athenischen 
Akropolis,  sowohl  die  auf  dem  Plateau  wohnenden  alten  Herrscher  der  Stadt, 
als  die  an  den  Abhängen  später  angesiedelten  n.  Er  überträgt  dann  die  ein- 
zelnen, auf  dem  Vasenbild  dargestellten  Gottheiten  auf  seine  Reconstruction 
des  Bildes  der  Marathonschlacht  in  der  Poikile.  Nun  ist  aber  die  Athena  auf 
ihrem  Wagen  deutlich  von  der  linken  Grujipe  gesondert:  sie  ist  in  Action, 
die  andern  sind  müssige  Zuschauer  und  entsprechen  deutlich,  räumlich  und 
inhaltlich:  der  ebenfalls  müssigen  Gruppe  rechts.  Aphrodite.  Eros  und  Pan  — 
einige  Male  tritt  noch  Peitho  hinzu  —  ist  eine  sehr  häufige,  augenscheinlich 
ganz  formelhaft  gewordene  Zusammenstellung  auf  den  späten  Vasenbilderu. 
und  fast  in  allen  Fällen  ist  ein  Bezug  auf  den  athenischen  Cult  von  vorn- 
herein ausgeschlossen,  sodass  wir  mit  Sicherheit  behaupten  können,  dass  dieser 
Cult  nicht  den  Anlass  zu  jener  Zusammenstellung  gegeben  hat,  und  dass  wir 
dies  deshalb  auch  auf  unserem  Vasenbild  nicht  voraussetzen  dürfen.  Ich  habe 
in  meiner  Dissertation  (Personificierung  des  Lebens  in  der  Natur;  p.  .Sl  ff) 
versucht,  den  wahren  Grund  zu  der  stereotypen  Vereinigung  jener  Gottheiten 
in  ihrem  gemeinsamen  Verhältnis  zur  'elementaren  Natur  und  in  der  ihnen 
gleichraässig  zugeschriebenen,  zauberhaften  Macht  über  die  Sinne  der  Menschen 

7 


98  "V^-    AMEIANG 

in  der  anderen,  wenigstens  in  der  des  Mittehtreifens,  noch  so  viele 
Absonderlichkeiten  übrig  bleiben,  dass  sich  auch  Robert  selbst  das 
Problematische  seiner  Erklärung  der  einzelnen  Figuren  nicht  hat 
verhehlen  können. 

Das  Bild  ist  in  drei  horizontale  Streifen  geteilt;  in  dem 
untersten  war,  nach  den  Resten  zu  urteilen,  die  Entführung  der 
Köre  dargestellt;  links  sind  erhalten  Hekate,  Hermes  und  zum 
Teil  zwei  Pferde  des  Gespannes,  rechts  zwei  Gespielinnen  der 
Geraubten  und  Kopf  und  Hände  einer  Dritten.  Zwischen  dieser 
dritten  und  dem  "Wagen  ist  noch  Raum  für  zwei  Figuren. 

In  der  obersten  Reihe  sind  links  Hera.  Zeus  und  Ganymed 
zu  erkennen.  Dann  folgt  das  Viergespann  des  Helios,  das  Demeter 
eben  im  Begriff  ist  zu  besteigen;  darauf  ein  stehender  Jüngling 
mit  Chlanis,  Kranz  und  Blume,  dann  Poseidon,  endlich  Eos  oder 
Selene.  Die  Deutung  des  Jünglings  auf  Phosphoros  ist  unsicher. 
Dieser  wird  sonst  auf  den  unteritalischen  Vasen  als  schwebender 
Knabe  mit  Fackeln  dargestellt;  hier  kann  man  nicht  einmal  mit 


«larzulcgen.  Ebendort  habe  ich  eine  grosse  Reihe  von  einschlägigen  Denkmä- 
lern behandelt.  Wenn  ich  auch,  wie  natürlich,  nicht  mehr  alle  dort  gegebenen 
Deutungen  im  Einzelnen  verteidigen  möchte,  so  halte  ich  doch  an  meiner 
Orundauffassung  fest,  und  ich  darf  behaujiten.  dass  die  Monumente  mir  Recht 
geben.  Ueber  das  Bild  der  attischen  Lek3'thos  mit  dem  Ringkampf  von  Peleus 
und  Thetis,  das  Robert  ebenfalls  citiert  (Overbeck,  Call.  her.  Bildw.  T.  VIII  1), 
vergleiche  meine  Dissertation  p.  33.  Dort  sehen  wir  links  Peitho,  Aphrodite, 
Eros  und  Pan,  ihnen  gegenüber  Athena  und  Poseidon,  erstore  in  deutlichem 
Bezug  zu  Peleus,  letzteren  zu  Thetis.  Auf  unserer  Vase  tritt  Poseidon  zu 
Aphrodite  mit  Eros  und  Pan  und  bildet  mit  ihnen  eine  Gruppe  elementarer 
(lottheiten  im  Gegensatz  zu  der  andern  Seite,  zu  Zeus  mit  Apoll  und  Artemis. 
Wir  finden  diese  gegensätzliche  Entsprechung  beider  Kn  ise  von  Göttern  auch 
sonst;  vgl.  meine  Diss.  p.  37  u.  .39;  auch  auf  dem  zweiten  Hauptbild  unserer 
Vase  (siehe  oben)  ist  Poseidon  als  Vertreter  seines  Elementes  zwischen  die 
Gottheiten  der  Gestirne  gesetzt.  Mögen  die  cultlichen  Zusammenhänge  für 
die  Auswahl  zuschauender  Götter  an  monumentalen  Werken  entscheidend 
gewesen  sein  —  sicher  nachgewiesen  ist  auch  das  nicht  — .  so  ergiebt  sich 
d'.ch  bei  den  decorativen  Werken  der  Kleinkunst,  wie  den  Zeichnungen  unserer 
Vasen,  sobald  man  sie  in  grösseren  Reihen  betrachtet  und  ihre  Darstellungen 
nur  aus  dem  bei  ihnen  Gegebenen  und  ständig  Wiederholten  beurteilt,  dass 
für  die  Auswahl  der  zuschauenden  Götter  auf  ihnen  zunächst  allein  poetische 
Heziehungen  massgebend  waren  nnd  da-s  sich  weiterhin  eine  gewisse  Tradition 
bildete,  die  am  Ende  zu  gedankenloser  Wiederholung  der  altgewohnten  For- 
meln führte. 


ORPHISCHES    IN    DER    UNTERITALISCHEN    VASENMALEREI  99 

Bestimmtheit  sagen,  dass  er  dem  Wagen  voranschreitet;  er  scheint 
vielmehr  mit  Poseidon  zusammenzugehören.  Einen  anderen  Namen 
weiss  ich  ihm  allerdings  auch  nicht  zu  geben.  Poseidon  ist  öfters 
so,  wie  hier,  zwischen  die  Gottheiten  der  Gestirne  gestellt;  er  ist 
der  Gott  des  Elementes,  aus  dem  sie  auftauchen  und  in  dessen 
Fluten  sie  verschwinden.  Hier  entspricht  er  ausserdem  noch  dem 
Zeus  als  Bruder  des  Hades. 

Die  Gruppe  des  Helios  mit  Demeter  setzt  diese  Reihe  mit 
der  untersten  in  Beziehung,  denn  zweifellos  ist  hier  der  Moment 
dargestellt,  in  dem  die  suchende  Mutter  den  Sonnengott  nach  dem 
Verbleib  ihres  Kindes  fragt:  soviel  ich  weiss,  das  einzige  sichere  Bei- 
spiel dafür,  dass  zwei  zeitlich  auseinander  liegende  Momente  einer 
Sage  räumlich  in  demselben  Bilde  vereint  dargestellt  werden  ('). 

In  dem  mittleren  Streifen  sind  deutlich  charakterisirt:  links 
die  stehende  Iris,  rechts  die  sitzende  Aphrodite  mit  Eros.  Zwischen 
ihnen  eilt  eine  jugendliche  Seh  aar  von  sechs  Figuren  nach  rechts; 
zwei  davon  sind  zu  Pferde.  Die  beiden  äussersten  links  sind  gerüstet 
mit  Panzer,  Helm,  Schild   und   Lanze.  Schild,    Lanze    und  Helm 

(')  Nicht  absolut  sicher  ist  das  Gleiche  der  Fall  auf  dem  Vasenbild, 
das  das  Schicksal  des  Adonis  darstellt;  Heydemann  a.  a.  0.  SA.  702,  Bullett. 
uapolet.  N.  S.  VII  t.  9  und  Baumeister,  Denkmäler  p.  16.  Unmöglich  richtig 
ist  die  Deutung,  die  in  der  Frau  rechts  tiben  Persephone,  in  dem  Knaben 
links  Adonis  und  in  der  Frau  hinter  ihm  Demeter  erkennen  will. 

Zu  bedenken  ist  vor  allen  Dingen,  dass  dieser  obere  Teil  des  Bildes 
besonders  beschädi<:ft  und  restauriert  ist.  Der  Knabe  links  war  augenscheinlich 
ursprünglich  ein  Erot,  wie  der  besser  erhaltene  rechts  im  Arm  der  Aphrodite. 
Der  scheinbare  Hut  ist  ein  Rest  der  Flügel ;  das  Band  ist  dort  wie  hier  vorhan- 
den. Die  Frau  rechts  oben  ist  nach  ihrer  Stellung  im  Bilde  eine  Nebenperson, 
wie  der  ihr  entsprechende  Hermes.  Der  angebliche  Zweig  ist  fast  ganz  modern, 
und  der  Kasten,  auf  den  sie  sich  lehnt,  ist  ein  übliches,  gänzlich  neben- 
sächliches Utensil  auf  dieser  Art  von  Bildern.  Neben  Aphrodite  wird  hier  Peitho 
am  ersten  zu  vermuten  sein. 

Die  angebliche  Demeter  ist  augenscheinlich  Persephone  (so  schon  von 
Heydemann  benannt);  ihr  Attribut  wird  ursprünglich  die  Kreuzfackel  gewesen 
sein.  Mit  dem  Wegfall  des  kleinen  Adonis  hört  auch  die  sichere  Beziehung 
auf  den  Streit  der  beiden  Göttinnen  auf.  Natürlicher  scheint  es,  Aphrodite 
in  Klagen  über  das  Ereignis  zu  denken,  das  wir  unten  dargestellt  sehen. 
Nichts  nötigt  uns,  sie  in  der  Figur  am  Kopfende  des  Bettes  abermals  zu 
«erkennen;  ebensowenig  Persephone  in  der  Gestalt  rechts  davon.  Diese  wäre 
indess  bei  einer  Klagescene  um  Adonis,  wie  wir  sie  annehmen,  wohl  am  Platze, 
und  ihre  Ruhe  dabei  sehr  verständlich. 


100  W.    AMELl  NG 

hatte  auch  die  zweite  Figur  von  rechts,  von  der  nur  der  Kopf 
erhalten  ist.  der  sich  von  denen  der  andern  in  keiner  Weise  unter- 
scheidet. Der  erste  Reiter  links  und  die  nächste  Figur,  von  der 
der  Kopf  und  der  rechte  Arm  erhalten  sind,  zeichnen  sich  durch 
orientalische  Kopfbedeckungen  aus;  die  fragmentierte  trug  aus- 
serdem ein  orientalisches  gemustertes  Aermelgewand,  und  in  ihrer 
Hand  erkennt  man  ein  Schallbecken. 

Dass  diese  bunte  Gesellschaft  mit  der  Hauptdarstellung  zusam- 
mengehört, dass  sie  auf  das  Geschrei  der  Geraubten  zu  Hülfe  eilt, 
ist  klar.  Robert  deutet  die  beiden  Reiter  als  Dioskuren,  nimmt 
aber  selbst  an  der  orientalischen  Kopfbedeckung  des  einen  Anstoss. 
Er  benennt  die  rechte  fragmentierte  Figur  Athena ;  wir  sahen,  dass 
der  Kopf  sich  in  nichts  von  denen  der  anderen  Figuren  unterscheidet, 
also  ebensogut,  wie  diese,  einem  Jüngling  augehört  haben  kann. 
Das  linke  Fragment  soll  von  einer  Artemis  stammen ;  das  orienta- 
lische Kostüm  wäre  nicht  so  befremdlich,  wie  Robert  glaubt  ('). 
Aber  das  Schallbecken?  Die  beiden  Vollbewatfneten  werden  Apoll 
und  Ares  genannt,  aber  für  die  Darstellung  des  ApoUon  als  Hopliten 
weiss  Robert  selbst  nur  archaische  Beispiele  anzuführen. 

Vor  allen  Dingen  aber  widerstreitet  es  der  Sage  durchaus, 
dass  mit  Athena  und  Artemis  zugleich  auch  noch  andere  Gottheiten 
auf  das  Geschrei  zu  Hülfe  eilen.  Athena  und  Artemis  sind  Gespie- 
linnen der  Köre,  aber  vor  den  aadeni  Göttern  ist  ihr  Aufenthalt 
verborsren  und  keiner  von  ihnen  ausser  Helios  weiss  nach  der  That 
der  fragenden  Demeter  Kunde  zu  geben. 

Die  Schaar  is^  einheitlich  und  muss  einheitlich  erklärt  werden. 
Es  sind  zarte  Jünglinge,  gewaifnet,  teilweise  orientalisierend  geklei- 
det; die  Schallbecken  setzen  sie  in  nahe  Beziehung  zu  der  orgia- 
stischen  Umgebung  der  grossen  Mutter.  Es  giebt  nur  eine  Benennung, 
die  den  angegebenen  Zügen  entspricht:  es  sind  Korybanlen  oder 
Kurelen.  Die  vollständigste  Zusammenstellung  der  Monumente,  die 
uns  diese  Wesen  darstellen,  findet  sich  jetzt  in  dem  betreffenden 
Artikel  von  Immisch  in  Roscher's  mythologischem  Lexicon.  Ihre 
Erscheinung  entspricht  überall  der  Darstellung  auf  unserer  Vase. 


(')  Vgl.  einige  Beispiele  in  meinem  demnächst  bei  Panly-Wissowa, 
Iteal-Encj'clopädie  erscheinenden  Artikel  Xf<p*()wroV/«rwV;  ausserdem  P.  Hart- 
wig, Hendis. 


ORPHISCHES    IN    DER    tJNTERITAMSCHKN    VASENMALEREI  101 

Nun  aber  kommt  hinzu,  dass  die  Korybanten  und  Kureten  in 
der  That  in  einer  bestimmten  Version  der  Sage  vom  Raube  der 
Köre  eine  Rolle  spielen :  sie  sind  die  Wächter  der  von  der  Mutter 
Verborgenen  fern  am  Strande  des  Okeanos.  So  wurde  erzählt  in 
der  Kögr^g  aQTiayt)  des  Orpheus  (die  ausführlichste  Behandlung  und 
Reconstruction  bei  Förster,  Raub  und  Rückkehr  der  Persephone 
p.  39  ff.)  Dieser  orphischen  Dichtung  ist  der  Vasenmaler  hier  ohne 
Zweifel  gefolgt,  allerdings  auch  nur  in  diesem  einen  Zuge;  denn, 
wenn  wir  oben  Demeter  mit  Helios  im  Gespräche  sehen,  so  deutet 
dies  augenscheinlich  vielmehr  auf  die  Darstellung  des  homerischen 
Hymnus,  nach  dem  Demeter  von  Helios  die  Person  des  Räubers 
erfährt.  In  der  orphischen  Dichtung  geschah  dies  erst  durch  die 
Augenzeugen  in  Eleusis.  Der  Schilderung  des  Hymnos  widerspricht 
andererseits,  dass  unten  Hekate  dem  Wagen  des  Entführers  voran- 
leuchtet, während  sie  dort  zur  Zeit  des  Raubes  in  ihrer  Höhle 
weilt,  den  Schrei  der  Köre  vernimmt,  aber  den  Räuber  nicht  sieht. 

Zwischen  dem  Wagen  des  Hades  und  der  fragmentierten  Nym- 
phe waren  wahrscheinlich  Athena  und  Artemis  dargestellt.  Dass 
Aphrodite  nicht  bei  ihnen  ist,  sondern  oben  thront  als  leitende 
Gottheit,  widerspricht  wiederum  der  orphischen  Dichtung,  denn 
dort  kommen  Aphrodite,  Artemis  und  Athena  und  locken  Köre 
vom  Webstuhl  auf  die  Wiese  hinaus,  um  Blumen  zu  pflücken 
Aphrodite  müsste  also  unter  den  Gespielinnen  der  Geraubten  dar- 
gestellt sein,  wie  auf  den  entsprechenden  römischen  Sarkophagen. 

Es  zeigt  sich  demnach  auch  hier  wieder,  dass  der  Künstler 
nicht  eine  bestimmte  Dichtung  sklavisch  illustriert  hat,  sondern 
frei  die  einzelnen  Elemente  seiner  Darstellung  aus  den  verschie- 
densten Quellen  schöpft.  Sicher  aber  ist  die  eine  dieser  Quellen 
eine  orphische  Dichtung  gewesen.  Diese  Thatsache  ist  um  so  bemer- 
kenswerter, als  unlängst  von  zwei  Seiten  eine  andere  Reihe  unter- 
italischer Vasenbilder  ebenfalls  mit  einer  Dichtung  des  orphischen 
Kreises  in  Zusammenhang  gebracht  worden  ist.  Dieterich  (De 
hymnis  Oi-phicis  capita  V  p.  40  f  u.  Nekyia  p.  128)  und  Kuhnert 
(Jahrb.  d.  J.  1893  p.  104  f.)  haben  beide  in  der  Hauptmasse  der 
Darstellungen  des  Orpheus  in  der  Unterwelt  auf  den  unteritalischen 
Pracht-Amphoren  eine  Illustrierung  der  Elg  "Aiöov  xazcißaaig  des 
Orpheus  zu  erkennen  geglaubt;  Orpheus  sei  auf  diesen  Bildern 
nicht  der  liebende  Gatte,  der  seine  Eurydike  wieder  erbitte,  son- 


102  W     AMEMNG 

dorn  der  Beschützer  der  in  seine  Mysterien  eingeweiliteu  Seelen, 
der  die  eben  Ankommenden  der  Gimst  der  Unterweltsgötter  em- 
pfehle. Als  Grundlagen  ihrer  Ansicht  dient  der  Nachweis,  dass  zur 
Zeit  der  Entstehung  der  Vasen  die  orphische  Religion  in  Unteritalien 
eine  ausserordentliche  Verbreitung  gefunden  hatte,  und  die  Beob- 
achtung, dass  auf  den  in  Frage  kommenden  Gemälden  die  Figur 
der  Eurvdike  fehlt.  Widerspruch  hat  Milchliöfer  im  Philologus 
(1894  p,  385  tf,  u.  1895  p.  751  f.)  erhoben;  in  derselben  Zeit- 
schrift (1895  p.  198  If.)  hat  dem  gegenüber  Kuhnert  seine  Auf- 
fassung nochmals  detaillierter  entwickelt. 

Die  Behauptung,  dass  Eurvdike  auf  den  betreffenden  Bildern, 
d.  h.  den  grossen  Unterwelts-Darstellungen  fehle,  bedarf  einer  Modi- 
ticierunor,  denn  auf  der  Vase,  von  der  die  bekannten  Karlsruher 
Fragmente  stammen  und  die  eine  Darstellung  der  Unterwelt  ganz 
nach  Art  der  Münchener  Vase  enthielt,  war  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  Euiydike  in  der  That  über  Orpheus  sitzend  dargestellt 
(siehe  zuletzt  Arch.  Anz.  1891  p.  92);  wenigstens  müssen  wir 
mit  dieser  Möglichkeit  rechnen.  Da  die  genannten  Fragmente  nun 
eine  bessere,  sorgfältigere  Zeichnung  aufweisen,  als  die  übrigen, 
vollständiger  erhaltenen  Vasen,  so  scheint  es  nahe  zu  liegen,  was 
diese  Fragmente  geben,  für  das  Ursprüngliche  zu  halten.  Hiergegen 
muss  man  indess  einwenden,  dass  es  für  die  an  der  Haupthandlung 
innigst  beteiligte  Figur  kaum  einen  unpassenderen  Platz  in  der 
ganzen  Composition  gab,  als  hier  zu  Häupten  ihres  Gatten,  und 
jedenfalls  keine  unpassendere  Stellung,  als  die,  in  der  wir  sie  sehen, 
in  sich  versunken,  mit  dem  Kücken  nach  dem  Centrum  gewendet. 
Nun  ist  zudem  auch  sonst  schon  bemerkt  worden,  dass  die  Figur 
in  den  Hauptzügen  ganz  mit  der  der  Megara  auf  den  anderen 
Vasen  übereinstimme.  Diese  aber  gehört  zum  typischen  Bestände 
der  Bilder.  Darum  liegt  es  näher,  die  Sache  so  aufzufassen,  dass 
der  Maler  der  Karlsruher  Fragmente  sich  die  in  seiner  Vorlage 
uraprünglich  nicht  vorhanden.3  Eurydike  aus  der  Figur  der  Megara 
nicht  gerade  glücklich  zurecht  gemacht  habe.  Wir  werden  einen 
analogen  Fall  noch  an  einem  anderen  Beispiele  constatieren  können. 

Wenn  man  also  zugeben  muss,  dass  Eurydike  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  auf  einem  der  in  Frage  kommenden  Bilder 
dargestellt  war,  so  hat  sich  doch  ergeben,  dass  sie  dem  ursprüng- 
lichen   Figurenbestand    dieser   Bilder    wahrscheinlich    fremd   Avar. 


ORPHISCHES    IN    DER    IINTKRITALISCHEN    VASENMAI.KREt  103 

Es  ist  also  dem  Argument  Dieterich's  und  Kiihnert's  damit  nichts 
an  Kraft  entzogen. 

In  dieser  Hinsicht  ist  auch  das  Vasenbild,  das  die  Sage  von 
Orpheus  und  Eurydike  unverkennbar  darstellt,  noch  wichtiger,  als 
bisher  erkannt  worden  ist  (abgeb.  Wiener  Vorlegeblätter  Serie  E, 
T.  III  2).  Auf  ihm  ist  nicht  nur  die  Rückführung  der  Eurydike, 
sondern  auch  —  in  Verbindung  mit  der  Bezwingung  des  Kerberos 
durch  Herakles  —  die  Befreiung  des  Theseus  aus  dem  Hades 
dargestellt.  Theseus  ist  ganz  ohne  Zweifel  der  Jüngling,  der  dem 
Hermes  voraneilt ;  in  der  oberen  Reihe  rechts  sehen  wir  Dike  mit 
dem  allein  zurückbleibenden  Peirithoos  (so  schon  erkannt  von 
Heydemann  a.  a.  0.  SA.  709,  Petersen  in  der  Arch.  Zeitung  1877 
p.  121  und  Winkler,  Darst.  d.  Unterwelt  auf  unterit.  Vasen  p.  32; 
Kuhnert,  Jahrb.  p.  109  glaubte,  den  Jüngling  nicht  bestimmt  deu- 
ten zu  können). 

Betrachten  wir  zur  Vergleichung  die  anderen  Bilder,  so  sehen 
wir  dort  Theseus  wohl  im  Gegensatz  zu  Peirithoos  vom  Sitze  gelöst, 
aber  nichts  deutet  auf  seine  Rückführung;  dort  ist  die  Sagenversion 
befolgt,  nach  der  Theseus  freiwillig  bei  dem  Freunde  zurückbleibt 
(vgl.  Winkler  a.  a.  0.  p.  40).  Der  Maler  des  Bildes  T.  III  2  hat 
hier  absichtlich  geändert,  wie  auch  in  dem  oberen  Streifen ;  in 
beiden  Fällen  hat  er  durch  seine  Aenderung  das  Thema  der  Befrei- 
ung eines  Wesens  aus  den  Banden  des  Todes  betont  im  Gegensatz 
zu  den  Malern  der  andern  Bilder,  die  davon  nicht  das  Geringste 
angedeutet  haben. 

Dass  er  aber  seine  Darstellung  mit  Hülfe  der  anderen  zu 
Stande  gebracht  hat,  dass  diese  also  die  ursprünglichere  Fassung 
wiedergeben,  beweist  die  vollkommene  üebereinstimmung  des  The- 
seus mit  dem  Hermes  der  Bilder  W.  V.,  T.  III  1  und  IL  Das 
Mädchen  rechts  neben  der  Hekate  des  unteren  Streitens  ist  hier 
ohne  Attribut;  sie  ist  ohne  Zweifel  eine  Danaide,  eine  Erinnerung 
an  den  Chor  derselben  auf  den  anderen  Vasen.  Die  wirklich  schöne 
Gruppe  des  Orpheus  und  der  Eurydike  werden  wir  dem  unselb- 
ständigen Verfertiger  des  Bildes  nicht  zutrauen  mögen ;  sie  kann 
aus  einer  entsprechenden  Darstellung  stammen. 

Das  Bild  W.  V.  T.  IV  hat  Kuhnert  in  seinem  zweiten  Aufsatz 
nicht  weiter  benutzt.  Der  Jüngling,  den  er  im  Jahrbuch  (p.  106) 
für  einen  Mvsten  erklärt,  ist  ohne  Zweifel  Apollon  neben  Artemis 


104  \V.    AMELUNG 

(besnoders  als  Apollon  abgeb.  bei  Overbeck,  Kimstmythol.  T.  XXll 
2).  Winkler  (p.  65  ff.)  hatte  die  ganze  Darstellung  schon  mit  Recht 
auf  die  Anodos  der  Köre  bezogen.  Nach  ihm  wären  die  zuschauenden 
Gottheiten  als  Liebes-  und  Hochzeitsgötter  anwesend.  Ich  habe 
in  meiner  Dissertation  (Personiticierung  des  Lebens  i.  d.  Natur 
]).  51  f.)  die  Vase  ebenfalls  besprochen  und  bin  dort  durch  die 
Hetrachtung  eines  grösseren  Kreises  entsprechender  Bilder  dazu 
gelangt,  in  ihnen  vielmelir  Natur-  und  Frühlingsgötter  zu  sehen, 
welche  durch  ihre  Anwesenheit  ihre  Teilnahme  an  dem  Hauptvor- 
L'ange  beweisen,  der  das  Neuerstehen  des  Blühens  und  Gedeihen;^ 
auf  Erden  bedeutet.  Die  Gottheiten  sind  natürlich  nicht  mit  in 
der  Unterwelt  zu  denken ;  das  Local  ist  durchaus  ideal  behandelt. 

In  demselben  Sinne  ist  auch  die  Anwesenheit  der  Aphrodite 
auf  dem  Londoner  Bild  (Winkler  p.  69,  Tafel)  zu  verstehen.  Auch 
hier  ist  die  Göttin  scheinbar  mit  in  der  Unterwelt;  ebenso  auf 
dem  Bilde  W.  V.,  T.  V  2,  wo  wir  sie  in  der  Figur  rechts  zu 
erkennen  haben.  Die  Figur  links  ist  am  Wahrscheinlichsten  eine 
Danaide;  sie  vertritt  den  ganzen  Chor  ihrer  Schwestern,  wie  die 
entsprechende  Gestalt  auf  dem  Bilde  W.  V.,  T.  III  2.  Für  die 
Persephone  ist  sie  zu  einfach  in  Kleidung  und  Haltung ;  diese  aber 
kann  wiederum  in  der  Figur  rechts  nicht  erkannt  werden  wegen 
des  Sonnenschirmes.  Sie  fehlt  auf  diesem  Bilde,  das  übrigens  in 
der  Composition  ganz  merkwürdig  mit  dem  bei  Winkler  publi- 
cierten  übereinstimmt. 

In  naher  Beziehung  zu  den  erwähnten  Bildern  der  Anodos 
steht  das  Bild  W.  V.,  T.  VI  2.  In  der  unteren  Reihe  ist  der  üb- 
liche Chor  der  Danaiden.  In  der  Mitte  der  oberen  Reihe  thront 
Hades;  über  ihm  hängt  sein  Hut  und  Schwert,  wie  auf  dem  bei 
Winckler  publicierten  Bilde.  Links  von  ihm  steht  Köre,  auf  die 
erloschene  Kreuzfackel  gelehnt.  Weiter  links  sitzt  Aphrodite,  durch 
Kleidung,  Ball  und  den  darüber  hängenden  Fächer  und  Gürtel 
genügend  gekennzeichnet.  Rechts  von  Hades  steht  Hekate  und 
wieder  rechts  von  ihr  sitzt  eine  Erinys.  Uebergangen  ist  bisher 
die  Jünglingsgestalt  links  mit  leichtem  Mantel,  gelehnt  auf  einen 
Stab,  das  Haupt  mit  Lorbeer  bekränzt;  über  ihm  hängt  eine  Leyer. 
Er  hat  Gesicht  und  Hände  im  Gespräch  erhoben;  Aphrodite  neigt 
sich  horchend  zu  ihm.  Die  natürlichste  Deutung,  gesichert  durch 
Lorbeer  und  Leyer  —  auch  die  anderen   hängenden    Gegenstände 


ORl'HISCHES    IN    DER    l'NTEKITALISCHKN    VASENMALEREI  lOö 

sind  für  die  darunter  befindlichen  Figuren  bezeichnend  — ,  scheint 
mir  die  auf  Apollon.  Er  ist  mit  Aphrodite  hier  den  Unterwelts- 
gottheiten zugesellt,  mit  ihnen  zusammengestellt  zu  einer  Art  sacra 
coiiüersazione,  oder  er  vertritt  hier  einmal  Hermes,  und  es  wäre 
wieder  auf  die  Anodos  angespielt.  So  sehen  wir  ihn  auch  auf  dem 
Bilde  W.  V.,  T.  VI  5  neben  dem  Palast  der  Unterweltsgötter. 
Das  Local  ist,  um  es  noch  einmal  zu  betonen,  in  all  diesen  Fällen 
ideal  behandelt. 

Kuhnert  (p.  104)  nimmt  den  Jüngling  als  Mysten  und  sagt, 
er  erhebe  beide  Hände  als  Bittender.  Wir  kommen  damit  zu  dem 
Kernpunkt  der  Kuhnert'schen  Deutung.  Die  Gebärde  des  Bittens 
oder  Betens  ist  uns  genügend  bekannt  aus  Denkmälern,  die  nicht 
im  Einzelnen  angeführt  zu  werden  brauchen.  Sie  besteht  in  einer 
Erhebung  der  rechten  Hand  oder  beider  Hände  etwa  in  Schulter- 
höhe, wobei  die  Handfläche  ein  wenig  nach  aussen  gewendet  wird. 
In  allen  Fällen  ist  die  Bewegung  anders,  als  die  Gebärde  des 
Jünglings  auf  der  Vase,  anders  auch  als  die  Gebärde  des  entspre- 
chenden Jünglings  mit  dem  Aehrenkranze  auf  W.  V.,  T.  III  1, 
der  ebenfalls  ein  Myste  sein  soll.  Bei  beiden  Jünglingen  aber  wäre 
vor  allen  Dingen  das  lässige  Auflehnen  auf  den  Stab  in  dem  Mo- 
ment, in  dem  sie  den  gewaltigen  Herrschern  der  Unterwelt  eine 
Bitte  vortragen,  deren  Gewährung  oder  Versagung  über  eine  Ewig- 
keit entscheidet,  ganz  unverständlich.  Beide  sind  durch  ihre  Haltung 
deutlich  charakterisiert  als  müssige  Zuschauer;  der  eine  ist  in 
einem  Gespräch  begriffen ;  der  andere  erhebt  sinnend  und  staunend 
die  Hand,  iu's  Hören  versunken,  nicht  anders  als  die  Dana'ide, 
die  in  seinem  Kücken  steht.  Was  soll  ferner  bei  diesem  «  Mysten  » 
die  Bekränzung  mit  Aehren?  Das  scheint  doch  vielmehr  darauf 
zu  deuten,  dass  wir  hier  einen  chthonischen  Heros,  etwa  Tripto- 
lemos,  zu  erkennen  haben  ('),  woran  schon  Winnefeld  (Beschr.  d. 
Vasens.  in  Karlsr.  p.  101)  gedacht  hat.  Jedenfalls  aber  stellt  keiner 
von  diesen  beiden  Jünglingen  einen  Bittenden  dar. 

So  bleibt  uns  von  den  orphischen  Mysten  nur  die  Familie 
hinter  Orpheus  auf  W.  V.,  T.  I  übrig.  Trotz  dem  sie  dicht  hinter 
Orpheus  steht,  ist  sie  mit  diesem  in  keinen  engeren  Zusammenhang 

(1)  In  diesem  Falle  könnte  die  Figur  dein  Original  nicht  angehört  haben, 
da  auf  diesem  augenscheinlich  die  drei  Todtenrichter,  unter  diesen  Tripto- 
lemos  als  bärtiger  Mann,  vorhanden  waren.  Vgl.  Kuhnert,  Jahrb.  p.  108. 


l(lG  W.    A.MELING 

*'ebraclit.  Der  Mann,  spielend  beschäftigt,  sich  einen  Kiauz  auf's 
Haupt  zu  setzen,  blickt  um  nach  seiner  Frau,  die  ihm  den  Blick 
zui-ückgiebt,  indem  sie  sich  lässig  mit  übereinander  gestellten 
Füssen  an  ihn  lehnt  und  mit  der  Linken  das  Himation  über  die 
Schulter  zieht.  Das  Söhnchen  ist  wieder  ganz  für  sich  mit  seinem 
Spielzeug  beschäftigt. 

Dass  der  Kranz  des  Mannes  von  Myrthen  ist,  wird  niemand 
beweisen  können,  und  es  ist  deshalb  gleichgültig,  ob  Myrthenkränze 
in  den  orphischen  Mysterien  eine  Rolle  gespielt  haben  oder  nicht. 
Kuhnert  sagt,  der  Blick  der  Frau  hafte  an  Persephone;  aus  dem 
Bilde  selbst  ist  das  nicht  abzunehmen.  Natürlicher  und  einfacher 
wird  ihr  Blick  mit  dem  ihres  Mannes  in  Verbindung  gebracht. 
Jedenfalls  aber  verbietet  auch  hier  die  nachlässige  Haltung  jeden 
Gedanken  an  Flehende  vor  der  Gottheit.  Eine  Deutung  auf  eine 
Familie  der  Heroen  weit  vermag  auch  ich  nicht  zu  geben.  Sicher 
ist,  dass  uns  die  Gruppe  im  Gegensatz  zu  den  Erscheinungen  der 
Büsser  ein  Bild  reinen,  ungestörten  Friedens  giebt.  Mögen  es  Mysten 
sein;  die  Gruppe  würde  uns  dann  ein  Beispiel  des  seligen  Lebens 
der  Geweihten  nach  dem  Tode  darstellen.  Aber  auf  keinen  Fall 
sind  es  Ankömmlinge,  die  erst  jetzt  die  Gewährung  der  Seligkeit 
aus  dem  Munde  der  Persephone  erhalten  sollen. 

Dürfen  wir  also  die  von  Kuhnert  als  Mysten  gedeuteten  Figu- 
ren nicht  in  directen  Zusammenhang  mit  Orpheus  bringen,  so  fragt 
es  sich,  wass  denn  seine  Erscheinung  und  sein  Gesang  und  Spiel 
hier  bedeuten  soll.  Es  scheint  mir  nur  eine  Erklärung  möglich: 
Orpheus  ist  begriffen  auf  seiner  elg  "Aidov  xarcißaaig,  die  das  ihm 
zugeschriebene  Gedicht  geschildert  hat;  er  ist  im  Hades,  «  dass 
er  den  Menschen  ein  Bote  werde  der  Dinge  da  drunten  und  sie 
dadurch  für  seine  Lehre  gewinne  und  zu  dem  offt'wg  ^f]v  bekehre  " 
(Dieterich,  Nekyia  p.  128)  (').  Als  Parallele  zu  diesem  kühnen 
Wagnis  des  Sängers  dient  die  Hadesfahrt  des  Herakles,  bei  der  es 
galt,  den  Kerberos  heraufzuholen;  nicht  ohne  Absicht  scheint 
hierbei  der  Hinweis  auf  die  Erlösung  des  Theseus  ganz  unter- 


(')  Trotzdem  küniito  die  Familie  auf  dem  Müiichener  Bild  Mysten 
darstellen.  Die  f^anze  Zusammeiif^ruppierun«;  auf  diesen  Bildern  ist  symbolisch. 
Auch  Mef^ara  und  die  Herakliden  sind  erst  nach  der  Heraufliolung  des  Kerbe- 
ros gestorben. 


ORPHISCHES    IN    DER    L'NTERITALISCHEN    VASENMALEREI  107 

drückt,  um  den  Gedanken  an  die  Erlösung   der  Eurydike   gar 
nicht  aufkommen  zu  lassen. 

Wenn  wir  also  auch  die  Einzel-Erkläningen  Kuhnerf  s  abwei- 
sen mnssten,  so  bleibt  doch  Dieterich's  ursprüngliche,  in  seiner 
Dissertation  ausgesprochene  Ansicht  bestehen,  der  Zusammenhang 
mit  dem  orphischen  Mysterienglauben,  die  Abhängigkeit  von  einem 
orphischen  Gedichte.  Dieses  Resultat  findet  nun  durch  das  Ergebnis 
unserer  Untersuchung  über  die  Darstellung  des  Kore-Kaubes  eine 
neue  Stütze,  denn  auch  dort  geht  die  Darstellung  in  der  Hauptsache 
auf  eine  orphische  Dichtung  zurück. 

W.  Amelung. 


DAS  PATlUMOxNIUM  UND  DIE  RATIO  THESAUROKUM. 


Wenn  Augustiis  in  den  res  yestae  von  seinen  Gescheuken  au 
das  Volk  und  seinen  Ausgaben  für  den  Staat  spricht,  redet  er  stets 
von  seinev  pecu/iia  privata^  seinam  patrmoniiun  (s,  die  Zusammen- 
stellung bei  Kniep  Socielas  puhlicanorum  Jena  1896  p.  161),  die 
er  streng  von  den  öitentlichen  Geldern,  zu  denen  die  maaibiae 
gehören,  scheidet.  In  seinem  hreviarium  totius  imperii,  dieser 
Rechenschaftsablegung  an  den  Senat  und  das  Volk,  sagt  er:  bre- 
marium  totius  imperii ...  quantum  pecuniae  in  aerario  et  fiscis  etc. 
Was  er  hier  unter  ßsci  versteht,  ist  nicht  ganz  klar.  Ursprünglich 
bedeutet  «  ßscus  »  einen  "  Korb  »,  in  den  Gelder,  und  besonders 
Gelder,  die  nur  für  kürzere  Zeit  aufbewahrt  werden  sollten  ein- 
gepackt wurden  (s.  Cic.  Verr.  act.  pr.  22.  24.  Tac.  Ann,  I.  87.  Suet. 
Claud.  18.  Seneca  Ejrist.  XX  2  (119).  5).  Hieraus  entwickelte  sich 
die  Bedeutung  «  Kasse  "  und  zwar,  wie  es  scheint,  hauptsächlich 
Provinzialkasse  (s,  Cic.  Verr.  II  3.  197).  Provinzialkassen  sind 
auch  die  ßsci  bei  Augustus  und  zwar  aus  folgenden  Gründen.  Au- 
gustus  giebt  den  Bestand  der  ölfentlichen  Gelder  au,  erstens  der 
Gelder,  die  unter  der  Verwaltung  des  Senats  standen,  zweitens 
derer  die  zu  seiner  eigenen  Disposition  standen.  Die  letzteren  aber 
sind  ausschliesslich  Gelder,  die  ihm  aus  den  Provinzen  zukamen: 
die  Abgaben  der  Kaiserlichen  Provinzen  und  vielleicht  die  asia- 
tische Kopfsteuer,  die  in  den  ßscus  Asiaticus  floss.  Von  seinem 
eigenen  Vermögen,  seinem  Patrimonium,  konnte  er  hier  nicht  reden; 
von  dem,  was  ihm  persönlich  gehörte,  brauchte  er  keine  Rechen- 
schaft abzulegen  (').    Das  lässt  darauf  schliessen,  dass  unter  Au- 


Cj  Auch  das  aerarium  militare  kann  unter  ßsci  nicht  gemeint  sein, 
da  08  zu  der  Zeit  des  Augustus  eher  mit  dem  aerarium  als  mit  den  ßsci 
identificiert  werden  konnte. 


M.  ROSTOWZBW,  DAS  PATRIMONIUM  UND  DIE  RATIO  THKSAURORUM  109 

gustus  die  Verwaltung  des  Privatvermögens  streng  von  dem  der 
ötfentlichen  Gelder  geschieden  war.  Später  und  zwar  nach  der  Reform 
des  Claudius,  der  die  öltentlichen  wie  auch  die  Privateinkünfte 
unter  der  hohen  Leitung  seines  a  ralionibus  vereinigt  hat,  sehen 
wir  den  Namen  fiscus  ebenso  für  die  Verwaltung  und  Kasse  des 
Patrimoniums  (Seneca  de  bencf.  VII.  6.  3.  Tac.  Ann.  IV.  20.  Hist. 

1.  46,  cf.  I.  58.  Suet.  Nero  32.  Spart.  IIad7\  7.  7.  fiscus  priva- 
tiis),  wie  für  die  Gesammtheit  der  kaiserlichen  Kassen  zum  Unter- 
schied von  aerarüim  gebraucht.  Diese  Thatsache  muss  wohl  so 
erklärt  werden:  zuerst  wurde  die  Gesammtheit  der  ötfentlichen  und 
Provinzialkassen  nach  der  Analogie  der  letzteren  fisci  und  zusammen 
fassend  fiscus  genannt;  da  aber  die  öffentlichen  Gelder  ebenso  wie 
die  privaten  als  dem  Kaiser  gehörend  angesehen  worden  sind  (s.  Se- 
neca de  benef.  VII.  6.  3.   Caesar  omnia  habet  ülp.  Dig.  43.  8. 

2.  4.  Mommsen  Staatsr.  IV\  p.  998)  und  andererseits  das  Patri- 
monium je  später  desto  mehr  zum  Krongute  wurde,  ist  diese  Be- 
zeichnung auch  für  die  Patrimonialkasse  und  Verwaltung  gebraucht 
worden. 

Trotz  der  einheitlichen  Oberleitung  und  des  einheitlichen  Na- 
mens blieben  jedoch  die  beiden  Verwaltungen  streng  geschieden. 
Die  öffentlichen  Gelder  blieben  dem  Staate,  die  Privat-  oder  Kron- 
einkünfte wurden  für  den  Kaiser  persönlich  und  seinen  Hofhalt 
verwandt ;  s.  Hirschfeld,  Untersuchungen  p.  42.  Die  Einkünfte  des 
kaiserlichen  Patrimonium  bildeten  zuerst  und  hauptsächlich  die 
Revenuen  aus  den  Kaiserlichen  Domänen,  die  stets  durch  Eib- 
schaften und  Confiscationen  vermehrt  wurden,  dann  die  Erbschaften, 
die  dem  Kaiser  von  seinen  Freunden,  auch  von  seinen  Sklaven  und 
Freigelassenen  zufielen;  s.  Hirschfeld  p.  56  Anm.  1.  Diese  letzteren 
bildeten  zwei  gesonderte  rationes :  die  erstere,  die  ratio  heredita- 
tium,  hatte  ihre  besondere  Kasse  {fiscus  hereditatium  C.  IX  2565), 
die  zweite  wurde  mit  der  5%  Abgabe  von  der  Freilassung  ver- 
bunden und  floss  in  den  fiscus  libertatis  et  peculiorum  (')•  Eine 
besondere  Kasse  für.die  Domänenrevenuen  kennen  wir  nicht,  wie  wir 

(1)  S.  Hirschfeld  Untersuch,  p.  71,  der  aber  fälschlich  die  Entstehung 
der  Kasse  erst  der  zweiten  Hälfte  des  zweiten  Jahrhunderts  zuschreibt:  wir 
liaben  Beamte  des  ßscus  wahrscheinlich  seit  Claudius  bezeugt;  s.  C.  VI,  8450  a  : 
Ti.  Claudius  Aug.  [lib:\  Primianus  tabularius  cf.  C.  VI  8450  T.  Ael.  Augg. 
üb.  Saturnin{us)  procurator. 


110  M.    ROSTOW7.EW 

auch  von  Hadrian  bis  Septimius  Severus  keinen  Generalverwalter 
des  Patrimoniums  haben  (').  Wir  kennen  aber  eine  ganze  Reihe 
von  kaiserlichen  Kassen-  und  Kanzleibeamten,  die  nicht  durch  den 
Xamen  einer  besonderen  ratio  gekennzeichnet  sind. 

(')  Die  Inschriften  der  l'atrimonialprocuratoren  die  wir  besitzen  sind 
sehr  verschiedentlich  aufzufassen.  Zuerst  müssen  wir  bedenken,  dass  nicht  jeder 
procurator  patrimonii  zur  CentralverwaltunE:  gehört.  Dies  zeigt  der  Fall  des 
Aquilius  Felix.  In  C.  X  6657;  cf.  VI  1582  i  wird  er,  nachdem  er  im  J.  193 
\).Ch  procurator  operum  publicorum,  und  später  ;)roc«m^or  herfditatium  pa- 
trimonii privati  gewesen  ist,  — procurator  patrimoni  bis.  Ein  berliner  Papyrus 
zeigt  uns  denselben  Aquilius  als  procurator  kaiserlichen  Besitzthümer  in  Ae- 
gypten  im  J.  201  p.  Ch.  (LTBM.  156).  Also  ist  wenigstens  eine  der  Fatrimo- 
uialprociiraturen,  wahrscheinlich  aber  die  beiden,  Provinzialprocuratiiren  (an- 
ders r.  Meyer  Hermes  1897  p.  293  Anm.,  dessen  Ausführungen  mich  nicht 
überzeugt  haben.  Hier  kann  ich  aber  seine  Hypothese  nicht  eingehender  be- 
sprechen). Ebenso  können  wir  nicht  mit  Hirschfeld  den  Orontes  C.X  1740  als 
Vorsteher  des  Patrimoniums  auffassen.  Er  ist  vielmehr  Patrimonialprucurator  in 
Süditalien  gewesen.  Wirkliche  Vorsteher  der  Patrimonialverwaltung  sind  fol- 
gende: vergl.  Hirschfeld  Untersuchungen  p.  41  Anm.  3  und  p.  43  Anm.  1:  Ti. 
Claudius  Marcellinus  [proc.  A]ug.  a  patrimonio  C.  XI  8501.  Sex.  Caesius 
Sex.  f.  Propertianus  proc.  imp.  ( Vitellii)  a  patrim{onio)  et  heredit{atibus) 
et  libellis  C.  XI  5028.  C.  Domitius  Lenmus  proc.  patrimoni  et  hered{itatium) 
G.  VI  8499.  8500.  Cn.  Octavius  Titinius  Capito  . .  proc.  ab  epistulis  et  a  pa- 
trimonio {Domitiani)  C  VI  798.  Plin.  ep.  I.  17;  5.  8;  8.  12  Dessau,  Prosopogr. 
JI,  p.  429  n.  41  T.  Statilius  Optatus  proc.  Aug.  hereditatium  proc.  Aug.  ad 
Patrimonium  Not.  d.  Sc.  1893  p.  197  C.  VI  31863.  Die  Stellung  dieser  Vor- 
hadrianischeii  Procuratoren  ist  eine  sehr  hohe;  sie  vereinigen  in  einer  Hand 
das  Patrimonium  und  die  hereditates  und  werden  den  a  libellis  und  ab  epistulis 
gleichgestellt.  Es  ist  kein  Zweifel,  dass  sie  das  ganze  Patrimonium  unter  sich 
hatten.  Anders  wird  es  nach  Hadrian.  Die  procuratores  patrimonii  —  durch- 
wegs Ritter  —  stehen  unter  den  Procuratoren  der  XX  hereditatium,  zu  Rom. 
S.  Dessau  1454.  1389  C.  XIV  2922.  Die  Procuratur  hat  seit  Hadrian  .■sicher  an 
Wichtigkeit  verloren.  Das  ist  wahrscheinlich  mit  den  bekannten  Patrimonial- 
reformen  Hadrians  in  Zusammenhang  zu  bringen.  Wahrscheinlich  hat  er  die 
procuratores  patrimonii  in  Rom  auf  Italien  beschränkt,  wie  die  Urkunde  des 
Saltus  Burunitanus  und  der  Saepinatische  Fall  C.  IX  2438;  Mommsen  Hermes 
15  p.  398  zeigen.  Noch  mehr  fällt  das  Amt  seit  der  Einführung  der  ratio  pri- 
imta  unter  Septimius  Severus.  Das  zeigt  die  Carriere  jdes  M.  Aur.  Prosenes 
C.  VI  8498  (gestorben  a.  217  p.  Gh.). 

In  dieser  ganzen  Zeit  sind  uns  keine  Kassenbeamten  bekannt.  Wir  kennen 
nur  tabularii  G.  VI  8507.  8507,  C.  XI  3085,  einen  proximus  tabularii  G.  VI 
8508,  mehrere  commentarienses  G.  XI  3860.  G.  VI  8502.  8503;  cf.  G.  VI  8509. 
dann  Beamte  der  statio  G.  VI  8505.  3962.  8504,  aber  keine  arcarii  und 
dispensatores. 


DAS    PATRIMONIUM    UND    DIE    RATIO   THESAUKORUM  111 

Es  sind  dispensatores  und  arcarii  einerseits,  tabularii  ande- 
rerseits. Merkwürdigerweise  fehlen  die  commentarienses^  die  sonst 
einen  nothwendigen  Bestandteil  jeder  ratio  bilden ;  vielleicht  aber 
sind  als  solche  die  zwei  Sklaven  a  commeiitariis,  C.  VI  8624. 
8625  zu  erklären.  Die  Serie  der  oben  genannten  Beamten  ist  sehr 
reichhaltig,  viel  reichhaltiger,  als  die  der  Beamten  anderer  ratioaes. 
Sie  beginnt  unter  Tiberius  {lahularii  C.  VI  9061.  9066);  aus  der 
Zeit  des  Claudius  C.  VI  64.  8822.  8843.  8839.  3964.  4236  {dispen- 
satores) 8719  (arcarius),  9068  (?),  des  Nero  C.  VI  9060  {tabu- 
larius),  Titus  C.  VI  8819  (dispensaior),  Domitianus  C.  VI  8831, 
der  Flavier  C.  VI  9059  {tabularius)  C.  VI  8835  (dispensator), 
des  Traianus  C.  VI  8821.  8826.  8844  (dispensatores)  C.  VI  9069  . 
9074  {tabulariiX  Hadrian  (?)  C.  VI  9045.  9056  {tabularii), 
M.  Aurelius  und  L.  Verus  C.  VI  8841  {dispensator)  cf.  C.  VI  9057. 
9071.  Der  letzte  chronologisch  bestimmbare  C.  VI  9075  scheint 
der  Zeit  des  Septimius  Severus  anzugehören.  Ausser  diesen  noch 
eine  Reihe  von  chronologisch  unbestimmbaren :  tabularii  C.  VI 
9058.  9063.  9067.  9070.  9072.  9073.  9076,  und  dispensatores 
C.  VI  300.  4440.  8820.  8825.  8828.  8829.  8830.  8832.  8836. 
8837.  8838.  8842.  8845  Eph.  ep.  IV  755  Doni  17,  17.  Mur.  885,  5 
arcarii  C.  VI  8718. 

Ebensolche  dispensatores  und  tabularii  finden  wir  auch  aus- 
serhalb Roms  in  Italien,  wo  sie  augenscheinlich  zur  Verwaltung  der 
kaiserlichen  Besitzthümer  gehören,  C,  XIV  49.  200.  202.  204.  205. 
304  (Ostia);  2259.  2261  (Ager  Albanus);  2426  inter  Bovillas  et 
Castrimoenium  cf.  2431  Eatyches  ...  disp.  vill{ae)  Mamurranae 
ebenda  (Zeit  der  Claudier) ;  2861  {Neronis  Aug.  Hb.  tabularius) 
2856  Praeneste  (M.  Aurel  und  Commodus);  3567  (Tibur)  3698 
(ebenda);  3920  (Monticelli).  In  allen  diesen  Gegenden  sind  uns 
kaiserliche  Villen  bezeugt  (s.  Friedländer  Sitteng.  IV'  p.  108-116. 
Hirschfeld  Untersuch,  p.  24  Anm.  3).  Es  ist  also  sicher,  dass  diese 
einzelnen  Rechnungs-  und  Kassenbeamten  zur  ratio  jeder  ein- 
zelnen Villa  gehörten  und  dass  jede  kaiserliche  Villa  ihr  eigenes 
Budget  und  eigene  Kasse  hatte. 

Eine  ganze  ratio  ist  uns  ausdrücklich  für  die  Tiburtiner  Villen 
bezeugt:  wir  haben  zwei  tabularii  villae  Tiburtis  {7.  XIV  3635. 
3637,  einen  commentariensis  C.  XIV  3636  und  zwei  dispensatores 
C.  XIV  3567.  3693,  die  aber,  was  sehr  bezeichnend  ist,  dispensatores 


112  M.    RCSTOWZEW 

schlechtwecj  (jenauiit  werden.  Im  Norden  sind  solche  Beamte  in 
Volsinii  C.  XI  27U6  Ceiitum  Cellae  C.  XI  3549.  Loriiim  C.  XI 
8788,  Careiae  C.  XI  8762;  im  Süden  ein  tab{H)larius  yraetori  An- 
tiaüiii  C.  X  6667  und  dispeasatores  in  Puteoli  C.  X  1780.  1731. 
8179,  cf.  1742  {tabuiarius)  bekannt. 

Sehr  characteristisch  ist  C.  X  6093  (Caieta):  Laeonae  \  ver- 
a{ae)  disp{e/isaton)  qui  \  vixit  anii.  LXVI  \  et  est  conversatus  \ 
summa  solLlciludlne  \  in  diem  qiioad  vixit  \  circa  tutelam  'prae\tori, 
Amazonicus  \  Augg.  Hb.  p)'ocurat{or)  {^). 

Anders  ist  es  in  der  Transpadana,  wo  die  kaiserlichen  Bureaus 
sicher  nicht  zur  Villenverwaltung,  sondern  zu  der  der  saltus  gehörten ; 
so  in  Ferrara  C.  V  2885.  2386  cf.  2383,  in  Genua  C.  V  7752 
Pola  C.  V  p.  8  cf.  Hirschfeld  p.  43,  Abrega  C.  V  p.  89.  Auf  die 
Kaiserresidenzen  in  den  Provinzen  kommen  wir  noch  weiter  unten 
zu  sprechen ;  die  dortigen  tabularia  und  Kassen  beziehen  sich  sicher 
alle  auf  die  kaiserliche  Finanz-  und  Patrimonialverwaltung. 

So  sind  wir  zu  dem  Resultate  gelangt,  dass  die  in  Italien,  beson- 
ders in  der  Nähe  von  Rom  bezeugten  kaiserlichen  Kanzlei-  und  Kas- 
senbeamten sich  sämmtlich  auf  die  Verwaltung  der  kaiserlichen 
Residenzen  und  Villegiaturen  beziehen  und  danach  einen  Teil  der 
Verwaltung  des  kaiserlichen  Hofhaltes  bilden.  Denselben  Schluss 
müssen  wir  auch  für  die  aus  Rom  bekannten  dispensatores  und 
tabalarii  gelten  lassen,  und  er  wird  durch  die  zwei  folgenden 
Inschriften  bestätigt  s.  Not.  d.  Scavi  1897  p.  457  (Museum  der 
Diocletiansthermen,  Provenienz  unbekannt) : 

D.  M.  I  Corneliae  \  Procillae  \  Quillt iiia  Procula  \  et   Silva- 
nus  Caes.  n.  \  verna  dispiensator)  \  parentes  posuerunt  \  vixit  a.  I 
m.  X  d.  IT; 
ebenda,  Provenienz  unbekannt: 

IJ.  M.  S.  I  Sitvaai  Caes.  n.  ser{vi)  \  vern{ae)  disp{ensat oris) 
scaeaicorum  \  vix{it)  ann.  XXXIIII  \  posuerunt  \  Quintilia  Pro- 
cula I  coniunx  eius  et  \  Felix  Aug.  Hb.  \  frater. 
Einmal  also  wird  Silvanus  dispeasalor  schlechtweg,  das  andere 
Mal  dispensalor  scaenicorum  genannt,  und  man  ist  gezwungen, 
diese  beiden   Titel   für   identisch   zu   halten,  da  derjenige  in   der 


(')  Der  Name  Amazonicus  und  das  Au(/g.  weist  auf  die  Zeit  M.  Anrels 
und  des  Commi)dus;  s.  Lamprid.   Commod.  11  und  12;  Dio.  72.20.2;  15.  3. 


DAS   PATRIMONIUM    UND    DIE   RATIO   THESAURORUM  113 

ersteren  Inschrift  augeuschuinlich  bloss  abgekürzt  ist.  Die  i^alio 
scaemconm  cf.  C.  VI  10088.  10089.  10090  gehört  aber  zum  kai- 
serlichen Hofhalte,  bildet  eine  seiner  Abteiliiugeu. 

Solche  raiiones  sind  uns  mehrfach  bezeugt:  so  die  wichtige 
ratio  summi  choragü  C.  VI  8950.  10085  cf.  Hirschfeld  p.  182  sqq.; 
Mommsen  Staatsrecht  IP  p.  1070.  2.  AVeinberger  Dis.  epigr.  II 
p.  219.  Zu  diesen  zwei  hat  wohl  die  ratio  mimcrum  sehr  nahe 
gestanden  s.  G.  VI  8498.  10162  cf.  Hirschfeld  p.  178  n.  2;  Mommsen 
Staatsrecht  ir^  p.  951  n.  4. 

ratio  voluptaria  C.  VI  8564,  deren  einen  Teil  die  ratio 
aedißciorum  voli^f\tariorum  C.  VI  8605  Hirschfeld  p.  185  n.  1 
bildete ;  zu  derselben  gehörte  wahrscheinlich  auch  die  ratio  acr\_oa- 
matiC\m  C.  VI  9029  ('); 

ratio  vestiaria  C.  VI  8547 ;  ein  Theil  derselben  vielleicht 
ratio  ornameritorum  C.  VI  8950  cf.  8951; 

ratio  chartaria,  die  sich  wohl  von  der  aegyptischen  Ab- 
gabe an  Papier,  einem  Theile  des  anaholicum  (s.  Rom.  Mitth.  1896 
p.  319  sqq.  vita  Aureliani  45.  1),  nährte ; 

ratio  vinorum  6".  VI  8498.  Die  kaiserlichen  "Weine  wurden 
nicht  bloss  am  Hofe  verbraucht,  sondern  auch  in  kaiserlichen  Läden 
verkauft,  die  an  negotiantes  verpachtet  wurden,  s.  C.  VI  8826.  Der 
dispeiisator  dieser  Inschrift  ist  wohl  der  dispensator  der  Central- 
casse  der  ratio  vinorum. 

Kassen-  und  Kanzleibeamte,  die  eine  besondere  ratio  voraus- 
setzen, sind  auch  für  den  kaiserlichen  Stall  überliefert  der  in 
verschiedene  Theile  zerfiel;  s.  C.  VI  8803  disp{ensator)  a  iumentis 
Ü.  VI  8805,  arcarius  a  iiwencis  (des  Kaisers  Trajan). 

Ebenso,  wie  die  villae,  hatten  auch  die  kaiserlichen  Paläste 
in  Rom  eigene  Kassen  und  Kanzleien  s.  z.  B.  den  contraseriptor 
domus  Äugiustanae)  C.  VI  8641  cf.  den  disp{ensator)  hortormn 
Atticianorum  C.  VI  8667. 

(0  Procur]ator  rationis  acriiiiiim.  Hir=chfeld  ergänzt  ls]acr{i)  [patri]- 
m{onii),  was  mit  der  Uebcrlieferung  viel  weniger  stimmt  und  saclilich  ohne 
Analogie  ist  (über  die  Abkürzung  r.  s.  p.  auf  Ziegelstempeln  aus  Diocletia- 
nischer  Zeit,  die  auch  r{ationis)  s{acri)  p{atrimoni)  erklärt  wurden,  s.  Mommsen 
C.  XV  p.  387).  Ueber  die  Rolle  der  acroamata  am  Kaiserhofe  s.  Marquardt-Mau 
Privatleben  p.  151  n.  8;  Daremberg  et  Saglio  Dict.  s.  v. ;  Pauly-Wissowa 
Realenc.  s.  v.  (Mau). 

8 


1  14  M.    ROSTOWZEW 

AVii-  sind,  glaube  ich.  berechtigt,  auch  für  andere  Teile  des 
kaiserlichen  Haushaltes  solche  ratioiies  vorauszusetzen,  selbst  wenn 
uns  nur  die  Sklaven,  die  zu  der  familia  d.  h.  dem  tliätigen  Dienste 
gehörten  (')  bekannt  sind. 

Zu  diesen  verschiedenen  Kassen  und  Bureaus  geli(3rten  also 
unsere  Beamten,  die  einfach  dispeasatores,  tabului  ii  heissen,  und 
das  bezeugt  uns,  dass  die  ganze  Administration  als  Einheit,  die 
verschiedenen  rationes  als  Teil  einer  grossen  ratio  angesehen 
wurden. 

Aus  den  angeführten  Beispielen,  die  natürlich  nicht  vollständig 
sind,  ersieht  man  genug,  wie  mannigfaltig  und  reich  gegliedert  der 
kaiserliche  Hofhält  gewesen  ist. 

Es  ist  aber  unmöglich  vorauszusetzen,  dass  es  dieser  Riesen- 
administration an  einem  Verwalter,  uüd  hauptsächlich  Finanzver- 
walter fehlte.  Es  muss  eine  besondere  centrale  ratio  existiert  haben, 
die  die  vielen  verschiedenen  Abteilungskasseu  und  Bureaus  unter 
sich  hatte.  Ich  stimme  unbedingt  Hirschfeld  bei,  wenn  er  sagt 
(p.  195.  196):  «  Sehr  befremden  muss  es  bei  dem  Ungeheuern 
Umfang  dieser  Verwaltung  und  ihrer  Bedeutung  nicht  eine  eigene 
ratio,  die  ja  fast  überall  selbst  bei  den  unbedeutendsten  Unter- 
abteilungen der  kaiserlichen  Verwaltung  nachweisbar  ist,  für  diesen 

Zweck  erwähnt  zu  finden zu  der  Annahme,  dass  durch 

eine  zufällige  Lücke  der  Ueberlieferung  diese  Beamten  uns  unbe- 
kannt geblieben  seien,  wird  man  sich  bei  der  ausserordentlichen 
Masse  von  Inschriften,  die  von  der  Existenz  selbst  der  niedrigsten 
Beamten  des  Kaiserhauses  Kunde  geben,  gewiss  nicht  verstehen 
können  -. 


(1)  Diese  Sklaven  gehören  zu  der  statio  der  Abtlieilung  s.  über  statio 
Henzen.  Annali  delV  Imt.  1843  p.  341.  Seiner  Meinung  aber,  dass  statio  das 
Local  bezeichnet,  kann  ich  nicht  vollständig  beistimmen.  Zur  statio  gehören 
meist  die  beim  Dienst  selbst  beschäftigten  Beamten,  zur  ratio  die  Rcchnungs- 
(Kanzlei-)Beamten;  s.  z.  B.  ratio  aquarum  C.  VI  8487.  8488;  statio  C  VI 
8489;  marmora:  C.  VI  8484.8485  (ratio);  C.  VI  410  (statio);  annona  CM 
0626  (statio-mensores  machinarii);  Patrimonium  C  VI  8502.  8504-8  (ratio) 
C.  VI  8505  (statio-tabellarius);  voluptaria  C  VI  8564  (ratio),  G.  VI  8619 
(statio);  caslrensis:  ratio  oft  bezeugt,  0.  VI  8523  (statio).  Es  kommen  aber 
auch  Verwechselungen  vor;  s.  Henzen  1.  c.  C.  VI  2.52.  Vgl.  darüber  auch  Kar- 
Iowa  Rom.  Bechtsg.  I  p.  543. 


DAS    PATRIMONIUM    UND    DIE    RATIO    THESAURORUM  115 

Seiner  eigenen  Annahme  aber,  dass  die  Oberverwaltung  die 
ratio  castrensis  gewesen  ist,  können  wir  nicht  vollständig  beistim- 
men, da  die  Einwände,  die  gegen  diese  Hypothese  von  Mommsen 
geltend  gemacht  worden  sind,  uns  vollständig  berechtigt  scheinen 
(s.  Hermes  25  p.  242;  Staatsr.  ir>  p.  807  n.  2;  /i^Ä.  ep.  V  p.  117). 
Wir  müssen  die  ratio  eastreiisis  auf  die  Verwaltung  nur  eines 
Theiles  des  kaiserlichen  Hofhaltes  beziehen,  des  Theiles,  der  dem 
Kaiser  in  seiner  Eigenschaft  als  oberstem  Truppencommaudanten 
zustand. 

Ich  füge  den  Gründen  Mommsens  noch  folgende    zu.    In  den 
kleinen  unteren  Kammern  des  Tiberiuspalastes  gegen  den  Tempel 
der  Magna  Mater  zu  befinden  sich  etliche  Graffiti,  die  wohl  noch 
der  ersten  Kaiserzeit  angehören  (s.  Rosa  Amiali  dell'  Istituto  1865 
p.  365).  Sie  wurden  von  Correra  Graffiti  di  Roma,  Ball.  com.  1894 
p.  95  sqq.  leider  in  ungenügender  Weise  publiciert.  Ich  gebe  hier 
die  wichtigsten  teilweise  nach  meiner  eigenen  Copie.  Correra  226 : 
Secimdvs  caslrensibus  sal{utem),  Correra  227 :   Secundus   hie   et 
ubique  va{leat).  daneben  Palme.  Correra  228  :  hie  et  ii\_b']iq{u)e  vale 
castresis,  darunter  eas{treiises  oder  e/isis)  cf.  Correra  n°  232.  237 
alles  Erwähnungen  der  eastrenses.  Dabei  aber:  Correra  229  Tullius 
Romamis  miles  und  238  mi{les)  coh{orlis)  XII.  Schon  Rosa  hat 
auf  Grund  dieser  Graffiti  vermuthet,  -wir  hätten  in  diesen  Kammern 
Wohnungen  von  Soldaten  vor  uns.  Es  werden  wohl  sicher  die  Räume 
sein,  wo  die  auf  Wache  stehende  cohors  urbaaa  oder  'praetona  sich 
teilweise  aufhielt  {die  Inschrift  238  gehört  sicher  einem  Soldaten 
der  coh.  XII  urbami  und  bezeugt,  dass  auch  die  urbanae  —  nicht 
nur  irraetoriae  —  Wachedienst  im  Palaste  hielten ;  s.  Marquardt 
Staatsv.  II    p.   476).  Für    uns   sind    interessant  die  durch   diese 
Graffiti  bezeugten  engen  Beziehungen  zwischen  den  caslrenses  und 
Soldaten.  Es  scheint,  dass  Secundus  auch  ein  Soldat  gewesen  ist, 
und  es  ist  wahrscheinlich,    dass   die  Mehrzahl  der  Inschriften  von 
Soldaten  geschrieben  worden  sind.  Die  Anrufungen  der  eastrenses 
durch  die  Soldaten  bezeugen  also,  dass  beide  in  engeren  Beziehun- 
gen zu  einander  standen,  und  dass  die  Soldaten  wahrscheinlich  ihre 
Rationen  und  vielleicht  selbst  den  Sold  aus  dem  fisciis  eastreasis 
bekamen. 

Der  ßscus  eastreiisis  ist  demnach  die  Abteilung  der  kaiserlichen. 
Privatkasse,  die  für  die  Spesen  dieses  Teiles  des  Hofes  zu  sorgen  hatte. 


116  M.    ROSTOWZEW 

Zur  ratio  castreasis  in  die^er  ihrer  Eigenschaft  gehören  auch  die 
Verwaltung  und  die  Spesen  der  kaiserlichen  Residenzen  in  den  grös- 
seren Provinzial-  und  Lagerstädten:  so  tinden  wir  eine  Abteilung 
in  Lyon  ('),  eine  andere  in  Carthago  C.  VIII  12609  cf.  12(34u 
Mommsen  Eph.  e/'/ijr.  \  i^.  117.  eine  dritte  in  Lambaesis  6*.  VIII 
2702,  2825  (cf.  Hippo  regius  C.  VIH  5284  wahrscheinlich  auch  zu 
Carthago  gehörend),  eine  in  Alexandrien. 

(')  Lyon,  wie  Hirschfekl  und  Momniseu  nielirfacli  liervori,'cliijben  haben, 
hatte  eine  exceptionelle  Stelluiii;  unter  den  rrunischen  Municipien  gehabt,  die 
nur  mit  der  Stellung  von  Alexandrien  und  Carthago  verglichen  wei'den  darf: 
s.  Seneca  ep.9l.  10;  Mommsen  Eph.  epigr.  V  p.  119.  120  0.  Hirschfeld  die  Ver- 
waltung der  Rheingrenze  in  Commeatationes  Mommt.  p.  411 ;  Sitzungsberichte 
der  Wiener  Acadeniie  1884  (t.  107,  p.  240;  cf.  Sitzungsberichte  der  Berliner 
Akademie  1891  p.  860.  Sie  ist  aber  auch  als  kaiserliche  Residenz  angesehen 
worden,  was  man  aus  dem  Vorkommen  von  Plombagen  mit  den  Aufschriften 
riatio)  c{astrensis)  und  Anaholicum  schliessen  kann  (s.  meine  Etüde  sur  les 
flombs  antiques,  Rev.  num.  1897  p.  26  des  Separatabdruckes).  Dazu  kommt 
noch  die  Inschrift  CTGr.o888  AJ.Jv{)[ijhoy]  If^aaiwi'  c<ntlJ>.\ti'd^£Qov  KQrjaxsvT« 
[e]n[t]rpo7To>'  A[^o\vy^ovvov  rnX'/.iccg  xcd  f;r[/]rpo;ro»'  ^Qvyiag  y.cu  inirqoTiov 
xceaTQTJaiv.  Mit  Hirschfeld  ( Verwaltung  der  Rheingrenze  ]>.  44 1  n.  32)  diese 
Procuratur  als  kaiserliche  Verwaltung  der  Stadteinkünfte  aufzufassen  ver- 
bietet die  Analogie  von  Alexandrien  (s.  unten),  der  von  Hirschfeld  selbst  ci- 
tirte  Text  Tacitus  hist.  I.  (35,  wo  kaiserliche  Ansprüche  an  die  Stadtein- 
künfte und  folglich  auch  die  kaiserliche  Verwaltung  nur  als  vorübergehend 
angesehen  werden,  endlich  der  Verlauf  der  Carriere  des  Crescens  :  sie  bewegt 
sich  in  lauter  Patrimoiial-  und  Hofämtern.  Viel  eher  ist  die  Procuratur  als 
Verwaltung  der  kaiserlichen  Residenz  in  Lyon  und  der  kaiserlichen  Besitzun- 
gen daselbst  anzusehen,  wozu  die  Bezeichnung  des  Amtes,  die  ganze  Carriere 
und  besonders  das  Vorrücken  zum  procurator  castrensis  vorzüglich  passen. 
Ebenso  haben  wir  in  Alexandrien  eine  kaiserliche  Residenz  und  kaiserlichen 
vielleiclit  auf  das  Territorium  der  ganzen  Stadt  ausgedehnten  Besitz  (s.  Strabo 
XVn.  8  p.  793.  Amm.  Marceil.  22.  11.  6;  Ruggiero  Diz.  ep.  I  p.  282).  Die- 
sen verwaltete  s'cher  ein  besonderer  Procurator,  der  procurator  Alexandriae 
C.  II  4136  C.  XIV  2932  oder  p.  AI.  ad  rat{iones)  patr{imonii}  C.  XIV  2504 
hiess.  Die  Verwaltung  der  kaiserlichen  (früher  königlichen)  Gebäude  hat  der  pro- 
curator Neaspoleos  et  mausolei  Alexandriae;  s.  C  VIII  895'4  ;  Allmer  et  Dis- 
sard  Musee  de  Lyon  I  p.  134;  Dessau  1454;  Berliner  Papyrus  UBM.  8.  col.  II 
v.  26.  Dieser  erscheint  in  der  letzten  Urkunde  als  Verfolger  eines  vavx}.r]Qog 
für  Schulden  an  den  fiscus.  Vielleicht  ist  dieser  vHvxXrjQog  Grosspächter  von 
unbenutzten  Teilen  der  ßaai'/.eia  (diese  Erklärung  führt,  allerdings  als  die 
weniger  wahrscheinliche  auch  Viereck  Hermes  1892  p.  527  Anm.  2  an,  uns 
scheint  sie  die  weit  wahrscheinlichere).  Besonders  lehrreich  ist  der  Vergleich 
der  Carrieren  C.  XIV  2932  (Alexandria)  und  ClGr.  3883  (Lyon);  hier  wie 
da  reina  Hoflialtscarriere. 


DAS    PATRIMONIUM    UND    DIE    RATIO    THESAl'RORUM  117 

Danach  bliebe  immer  noch  ein  Vorsteher  für  die  Verwaltung 
des  anderen  Theiles  des  kaiserlichen  Hofhaltes  zu  suchen.  Ein  sol- 
cher, wenigstens  für  das  gesamrate  Rechnungsamt,  scheint  der  iwocu- 
rator  thesauror/cm,  der  auch  einmal  procurator  ßsconim  genannt 
wird,  zu  sein.  Diese  Procuratur  ist  uns  durch  folgende  Inschriften 
bezeugt:  die  längst  bekannte  C.  VI  8998  M.  Aurelio  Aug.  lib.  Pro- 
seneti  a  cubiciUo  Aag.  \  proc.  thesauroram  \  iwoc.  patrimoni  proc.  \ 
miimrum  proc.  vimrum  \  ordinato  a  cUvo  Commodo  in  castrense 
etc.  (a.  217).  Auf  Grund  dieser  Inschrift  und  der  zwei  Inschriften 
der  Unterbeamten  C.  VI  325  und  9080  hat  Hirschfeld  p.  198  n.  (cf. 
Friedländer  I  p.  196  147  und  Liebenam  Laufbahn  der  Procuratoren 
p.  83  und  Anni.  3)  diesen  Procurator  für  den  Vorsteher  der  kaiser- 
lichen Schatzkammer  erklärt,  indem  er  die  Texte  von  Lampr.  Alex. 
Sev.  40  und  Cod.  hist.  VI,  14  anführt,  wo  das  Wort  Ihesauri  in 
dieser  Bedeutung  gebraucht  wird.  Dagegen  spricht  aber  mehreres :  er- 
stens die  ziemlich  hohe  Stellung  der  Procuratur,  dann  zwei  andere 
von  demselben  Amte  sprechende  Inschriften.  Die  erste  ist  im  J.  1888 
in  Mentana  gefunden  s.  Not.  d.  Scavi  1888  p.  288  und  Eph.  ep. 
VII  n.  1263  und  lautet:  Ulpiae  Eahodiae  \  coniucjl  optimae  \  T. 
FLavius  Aug.  lib.  \  üeiphicus]  tabularius  a  ratio(nibus)][p']roc{U' 
rator)  ration{um)  thesauroriim,  hereditaiium,  fisci  Ale-xaiidriai {^). 
Mit  dieser  stimmt  fast  vollständig  überein  die  andere  schon  länijst 
bekannte,  aber  unbeachtet  gebliebene  C.  VI  8515,  die  leider  frag- 
mentiert ist.  Erhalten  ist  nach  der  Copie  von  Lanciani  : 


MARTIALIS/ 
TAßVLARIV 
PROCFISCORVA 
T  FISCICASTR 
~^\PC       •     H 
\l  L  I  BE 


('j  Wir  nehmen  die  Erklärung  von  Dessau  an ;  Mommsen  hat  vorge- 
schlagen [Eph.  ep.  Index)  die  Erklärung:  proc.  rationum,  thesaurorum,  he- 
reditatium  fisci  Alexandrini,  w^as  sicher  unmöglich  ist.  Erstens  kennen  wir 
ewen  procurator  rationum  nicht,  zweiteus  vfiire  procurator  hereditaiium  find 
Alexandrini  bei  der  bekannten  Rolle  des  ßscus  (s.  Rnggiero  Di  un  procuratore 
del  fisco  Alessandrino  (Bull.  d.  Inst,  di  dir.  R.  I  fasc.  IV)  etwas  sehr  auffallen- 
des ;  dagegen  vgl.  a  rationibus  hereditaiium,  Reu.  Arch.  1895  II  n.  123  (Cagnal). 


118  M.    ROSTOWZEW 

Completieren  niiiss  mau  diese  Inschrift  nach  der  Analogie  der 
zwei  vorher  augeführten,  besonders  der  des  Delphiciis.  Danach  er- 
gänze ich.  nur  teilweise  von  Henzen  abweichend :  Martialis  A\_u(j. 
Hb']  I  tabalaria\_s  a  rat[ioiiibm)']  \  jrroc.  ßscorum  \_Aug.  7i.  (?)  j 
\^ey  ßsci  castrX,ensis~\  \  [;>^]o^.  h\_eredit{atmm)']  \  et  (?)  fisc]i  li- 
be[^rta(is.  In  der  dritten  Zeile  ist  Aug.  Ti.  nicht  ganz  sicher,  aber 
der  Raum  muss  ausgefüllt  werden :  in  Z.  6  hätte  ich  statt  «  <?/  " 
li  proc.  '•  vorgezogen;  dazu  aber  scheint  der  Raum  zu  fehlen.  Es 
kann  nach  der  Analogie  der  Carriere  und  der  Stellung  gegenüber 
anderen  Procuratoren  kaum  zweifelhaft  erscheinen,  dass  die  ßsci 
mit  den  lliesauri  identisch  sind ;  die  Vereinigung  der  fisci  mit  dem 
fiscns  castrensis  (')  zeugt  davon,  dass  diese  fisci  oder  thesauri 
wirklich  als  Kassen  und  nicht  als  Deposita  von  allerlei  Kostbar- 
keiten angesehen  werden  müssen.  Weiter  ist  es  wichtig,  dass  der 
Verlauf  der  Carriere  der  aufgeführten  drei  Procuratoren  sich  aus- 
schliesslich in  städtischen  Finanzämtern  bewegt,  zweimal  mit  dem 
Tabulariat  a  rationibus  beginnend,  und  dass  die  Aemter  hauptsäch- 
lich solche  des  kaiserlichen  Hofhaltes  oder  Patrimonialämter  sind 
cf.  C.  VI  8450,  wo  ein  tabularias  a  rationibus  nachher  procu- 
rator  fisci  libertatis  et  pecidiorum  wird. 

Es  ist  danach  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  ratio  thesaurorum 
eine  viel  wichtigere  Rolle  gespielt  hat,  als  die  ihr  von  Hirsch feld 
zugeschriebene.  Es  war  die  Centralverwaltung  der  verschiedenen 
Rechnungsämter,  die  bei  verschiedenen  Zweigen  des  kaiserlichen 
Hofhaltes  vorhanden  waren  ;  sie  selbst  wurde  wahrscheinlich  di- 
rect  dem  Amt  a  rationibus  unterstellt.  Mit  dieser  p)rocuratio 
fiscorum  ist  wohl  die  procuratio  aerarii,  die  Hirschfeld  anführt 
(p.  19o  n.  1)  identisch;  s.  vita  Diadum.  c.  4  vom  späteren  Kaiser 
Macrinus :  paier  eius  purpuras  tunc  forte  procurator  aerarii 
insyexit  cf.  Boecking  Not.  dign.  2  p.  338.  Die  älteste  zeitlich 
bestimmbare  von  den  angeführten  Inschriften  ist  die  des  T.  Flavius 
Delphicus,  die  in  die  Zeit  der  Flavier  gehurt.  Vielleicht  noch  älter 
ist  C.  VI  8515;  in  ihr  erscheinen  noch  alle  Kassen,  die  zum 
Hofhalt  gehören,  unter  einer  Leitung.  Es  ist  also  wenigstens  mög- 
lich, dass  die  ratio  fiscomm  zusammen  mit  der  ratio  castrensis 

{')  Cf.  den  Anfang  der  Currit-re  des  Aur.  Prosenea  {ordinatus  a  divo 
Commodo  in  kastrense). 


DAS    PATRIMONIUM    UND    DIE    RATIO    THESAURORUM  110 

entstanden  ist,  und  dass  alle  Kassen  ursprünglich  unter  einer  Lei- 
tung standen.  Die  imtio  caslreasis  entstand  aber  wahrscheinlich 
unter  Claudius.  Hier  also  wie  anderswo  müssen  wir  die  Orduuncf 
dem  Pallas  zuschreiben.  Wem  früher  die  Leitung  der  ControU-  und 
Kassengeschäfte  unterstand,  wissen  wir  nicht ;  man  kann  aber  ver- 
muthen  dass  es  der  kaiserliche  a  raiioaibus  gewesen  ist,  dessen 
Thiitigkeit  vor  Claudius  sich  wahrscheinlich  auf  die  Verwaltung 
des  Patrimonium  und  der  Hofkassen  beschränkte. 

Eine  wohl  von  dem  prociirator  thesaarorum  unabhängige 
^■'atio  war  die  ratio  peculiaris  des  Kaisers,  die  in  dieser  Form 
nur  einmal  erwähnt  wird,  C.  VI  8691 :  Hechi  Aug.  l.  p-'o{cura- 
toris)  a  loricata  e.:c  ratione  i'tecidiari ;  danach  gehören  zu  dieser 
ratio  alle  Procuratoren  a  loricata  und  wohl  auch  ad  Castorem 
s.  C.  VI  8688.  8689.  8690.  8692.  Was  diese  ratio  2)emliaris 
gewesen  ist,  scheint  die  Nachricht  zu  ergeben,  die  wir  bei  Sueton. 
Galba  12  finden  und  die  folgendermassen  lautet:  choraulae  de- 
narios  qiänque  donavit  prolatas  manu  sua  e  peculiarihus  loculis 
suis{^).  Es  wäre  also  die  Privatschatulle  des  Kaisers,  die  Gelder, 
die  immer  zu  seiner  Disposition  standen,  und  die  am  Forum  Julium 
bei  der  statua  loricata  des  Julius  Caesar  und  in  den  unteren 
Käumen  des  Castortempels  aufbewahrt  wurden  ('). 

Wir  sind  also  zu  folgenden  Resultaten  gelangt.  Der  kai- 
serliche Hofhalt  zerfiel  in  zwei  grosse  Teile ;  die  ratio  castreiisis 
oder  militärische  und  provinziale  Abteilung  mit  einem  besonderen 

(i)  Die  servi  peciiliares  Suet.  Caes.  76  C.  VI  8868.  C.  XIV  21-31  {li- 
hertus)  3639  und  öfters  sind  vielleicht  die  Sklaven,  die  dem  Kaiser  schon  als 
Kinde  angehört  haben. 

(2)  Vgl.  Hirschfeld  Unters,  p.  3  n.  4.  Die  Kassen  und  Vcrwaltungs- 
bureaus  der  öffentlichen  Abgaben  und  vielleicht  auch  des  Hoflialtes  be- 
fanden sich  auf  dem  Forum  Traianura;  s.  Ulp.  Fragm.  Vat.  134:  Arcari 
Caesariani  qui  in  foro  habent  stationes  eco  sacris  constitutionibus  multifa- 
riam  emissis  habent  immunitatem ;  cf.  Spartianus  vita  Iladr.  7 ;  Dio  69.  8  ; 
G.  VI  967  Eckhel  VI  p.  478.  Wo  sie  vor  der  Erbauung  desselben  sich  be- 
funden haben,  wissen  wir  nicht.  —  Die  Erklärung,  die  Mommsen,  teilweise 
Borghesi  folgend,  von  der  ratio  peculiuris  und  der  loricata  giebt  (S.  C.  VI 
zu  den  citierten  Inschriften),  ist  wenig  wahrscheinlicli.  Man  könnte  auch  es; 
ratione  peculiari  zu  libertus  beziehen,  und  den  Hechus  für  eine  früheren  ser- 
vm  peculiaris  halten.  Wie  dem  auch  sei,  eine  ratio  peculiaris  ist  damit  sicher 
bezeugt,  und  sie  kann  nichts  anderes  als  das  Schatullengut  das  Kaisers  ver- 
waltet haben. 


120  M.    ROSTOWZEW 

flscus  und  die  vielen  anderen  rationes  des  städtischen  und  ita- 
lischen Höfhaltes,  die  jede  ihre  »eigene  Kasse  und  eigenes  Bu- 
reau hatten.  Diese  letzteren  wurden  in  Betreif  der  Rechnungs- 
führung von  Seiten  eines  Controlbureau  geleitet,  das  ratio  flscorurii 
oder  thesaurorara  hiess  und  einem  besonderen  Procurator  unter- 
stand. In  dieser  zweiten  Abteilung  haben  wir  keinen  allgemeinen 
Chef,  wie  den  procurator  castrensis  in  der  ersteren ;  der  procu- 
rator thesaarorum  entspricht  dem  jrrocurator  ßscl  castrensis  in 
der  ratio  castrensis.  Wir  haben  in  dieser  zweiten  Abteilung  nur 
verschiedene  Procuratoren,  die  teilweise  als  Procuratoren  einer 
gewissen  ratio  ausdrücklich  gekennzeichnet  sind  (z.  B.  proc.  vi- 
norum,  proc.  munerum,  proc.  sumrni  choragii  etc.)  oder  bei  den 
kleineren  rationes  wahrscheinlich /jrod?«<r«/or^5  schlechtweg  heissen. 
Jede  ratio  hat,  wie  gesagt  ihre  Casse,  ihr  commentarium  und  ihr 
tabularium,  das  sind  die  Rechnungsämter.  Andererseits  haben  wir 
die  zahlreiche  famiiia,  die  den  actuelleu  Dienst  hat :  Stallknechte, 
Kammerdiener,  u.  s.  w.  Dieselben  haben  wohl  mit  der  ratio  the- 
saurorum  nichts  zu  thun;  sie  hängen  von  den  Procuratoren  ab, 
die  dem  Kaiser  direct  unterstehen  (').  Es  ist  sehr  wahrscheinlich, 
dass  die  verschiedenen  Abteilungen  sich  wieder  mannigfaltig  grup- 
pierten, und  dass  endlich  nur  eine  ganz  beschränkte  Anzahl  von 
Procuratoren  übrig  blieb,  die  verschiedene  grössere  Zweige  verwal- 
teten, und  die  im  Range  dem  procurator  castrensis  ( ')  nicht  nach- 
standen ;s.  Z.Beispiel  ^qw.  procurator  summi  choragii  CHI  848. 
Glänzende  Carriejen  kommen  hier  nicht  vor  und  die  procuratores 
thesaurorum  stehen  eher  höher  im  Range,  als  niedriger  wie  die 
procuratores  castrenses  (•^). 

Wir  können  in  den  Rahmen  dieses  Aufsatzes  nicht  auf  weitere 
Ausführungen  eingehen.  Uns  bleibt  nur  noch  übrig,  die  Art  der  Ver- 
teilung der  Gelder  zwischen  verschiedenen  rationes  und  die  weitere 

(')  Ob  in  jedem  Zweige  zwei  Pröcnratorcn  zu  nnfersclieideii  sind:  einer 
der  familia  oder  statio,  der  andere  der  i;echnun<rslührung  oder  ratio,  ist 
mit  Sicherheit  nicht  zu  entscheiden,  ist  aber  sehr  wenig  wahrscheinlich. 

(2)  Auch  proc.  stat{ionis)  castr{ensis)  genannt  s.  Ä\  d.  Sc.  1888,  p.  569. 

(3)  Als  glänzende  Carriere  wird  von  de  Sanctis  Diz.  Ep.  II,  p.  146,  die 
des  Aurelins  Crescens  angeführt  (CIGr.  3888);  das  beruht  aber  nur  auf  der 
falschen  Auffassung  der  l'rokuratur  Luf/uduni,  die  mit  der  von  Gallia  Lug- 
dnnensis  verwechselt  wird.  Die  Reihenf-dge  der  Aemter  in  der  Inschrift  ist 
sicher  aufsteigend. 


DAS    PATKIMOML'M    UND    DIE    RATIO    THESAL'RORUM  121 

Geschichte  der  ra//o  thesauroritm  zu  erörtern.  Für  erstere  haben 
wir  leider  fast  gar  keine  Anhaltspunkte.  Möglich  ist  es,  dass  iu 
ähnlicher  Weise  wie  wir  es  für  die  ralio  charlaria  vermuthet 
haben,  verschiedene  Einkünfte  des  Patrimoniums  an  die  einzelnen 
Kassen  vertheilt  wurden  und  unisjekehrt  Gelder  für  verschiedene 
Bedürfnisse  flüssig  gemacht  wurden.  So  wurde  wahrscheinlich  der 
Bedarf  des  Hofes  an  Wohlgerüchen  durh  die  uQMinanx)]  ton'  xvQioiv 
KaiüciOMv  gedeckt  die  wir  aus  einem  Thonstempel  des  Berliner  An- 
tiquariums  kennen  (n"  8913;  für  den  Hinweis  auf  dies  wichtige 
Monument  bin  ich  Hrn.  J.  Smirnow  zu  Danke  verpflichtet,  zwei 
Abdrücke  davon  und  genauere  Notizen  über  Provenienz  u.  s.  w. 
verdanke  ich  der  Güte  Prof.  Winnefelds).  Der  Stempel  (Dm.  85  mm. 
stammt  aus  Kairo)  hat  auf  der  Vorderseite  eine  ringsumlaufende 
Inschrift    APa;MATIKHCTuL;NKYPIu;NKAICAPOüN ,  in  der   Mitte 


folgende  Darstellungen  zu  einem  Ruudbilde  gruppiert,  das  eine  Per- 
lenschnur umläuft:  oben  links  Büste  des  Serapis  nach  rechts;  ihm 
gegenüber  Büste  der  Isis  nach  links ;  in  der  Mitte  volle  Figur  des 
Harpokrates  nach  links,  mit  dem  Finger  der  rechten  Hand  am  Munde 
und  dem  Füllhorn  in  der  Linken ;  unten  Nil  gelagert  nach  links, 
mit  dem  Füllhorn  in  der  linken  Hand  und  wahrscheinlich  Aehren 
in  der  Rechten  (Diam.  des  Bildes  25  mm.).  Auf  der  Rückseite  «ist 
der  Abdrück  eines  Bastgeflechts  deutlich  •>  (Winnefeld).  Also  ge- 
hören unsere  Stempel  sicher  zu  Ballen  die  mit  uQüiiiaTa  gefüllt 
nach  Alexandrien  kamen  und  weiter  nach  Rom  gingen.  Was  heisst 
aber  aQoji^iarixrjg?  Mann  kann  dazu  nur  x^%«?  oder  wj-i^c  supplie- 


]22  M-    ROSTOWZEW 

leii.  Aber  eine  «(>w/<«r<x>;  x«?«  kennen  wir  nicht,  sondern  nur  eine 
doMfiuioqÖQog  (s.  Paiily-Wissowa  Ivealenc.  II.  1 ,  1210  ff.  Tomasehek) ; 
den  Genetiv  mit  »^  Abtraben  der  uQouuaixt]  ywQcc  «  zu  erklären 
verbietet  uns  erstens  der  ISIangel  an  Nachrichten,  dass  diese  x^^Q" 
jemals  eine  Abgabe  an  die  Römer  bezahlt  habe,  zweitens  die  Un- 
crewuhnlichkeit  des  Ausdrucks.  Viel  wahrscheinlicher  ist  an  wr/) 
zu  denken;  das  Substantivuiu  wird  oft  fortgelassen  und  nur  das 
Adjectiv  bleibt,  wie  z.  B.  ix^vix)]  oder  ix^i't]QC(  (s.  Tnscr.  of  lirit. 
Mhs.  n"  5U3  und  Lumbroso  Econ.  polit.  p.  306,  307)  eÄaixrj  {Rev. 
Laws  of  Ptol.  Pliiladeiph.  Wortindex)  u.  s.  w.  Was  ist  aber  diese 
aooiuaTixi]  (ori]?  An  verpachtete  Abgaben  ist,  wie  gesagt,  wohl 
kaum  zu  denken,  eher  an  ein  Geschäft  zwischen  dem  kaiserliclien 
Hofe  und  den  ägyptische  Kaufleuten.  ]\Ian  verpachtete  an  diese  die 
Beschaffung  der  nötigen  aoMt^iara  —  indischer,  arabischer  und 
africanischer  Producte.  Unser  Thonsiegel  diente  dazu,  die  Waaren 
als  kaiserliches  Eigeuthum  und  damit  als  zollfrei  zu  bezeichnen 
(über  die  Zölle  s.  Plin.  n.  h.  12.  14  §  (35). 

Die  Hauptaufgabe  der  ratio  thesaiirorum  war  also  die  Auf- 
stellung des  Budgets,  die  Verteilung  der  Summen  au  die  verschie- 
denen ratioiies  und  endlich  die  Controlle  über  die  assignierten 
Gelder.  Wir  haben  schon  oben  gesehen,  dass  diese  Ordnung  bis  zu 
der  Zeit  der  Severe  zu  verfolgen  ist.  Unter  Septimius  Severus  scheint 
eine  gründliche  P.eform  eingetreten  zu  sein.  Das  hängt  mit  der 
Gründung  der  i^atio  yrivaia  zusammen,  die  das  Krongut  zu  ver- 
walten hatte,  wie  ich  mit  Kariowa  und  Kniep  (')  meine.  Dies  Kron- 
gut, aus  dem  natürlich  die  Ausgaben  für  den  Hofhalt  bestritten 
wurden,  stand  unter  der  Gesammtleitung  des  prociirator  rei  lyri- 
vatae :  C  X  6569 ;  Die  78.  30  s.  auch  vita  Macrini  2  ;  später  ma- 
gister  summae  privatae  genannt ;  s.  C.  VIII  822  cf.  12345;  Bull 
du  comite  historifpie  1893.  p.  209  und  Ball,  ibidem  p.  214;  Cagnat 
Jtev.  arch.  1894,  n.  53  (-).  Zum  Bureau  des  ersteren  gehörte  der 
adiutor  tabularii  C.  VI  8510,  des  zweiten  der  prd[jc{imus)']  com- 
m{eatarii)  oder  comm{eiitariensium)  summ{ae)  frivatae ;  C.  VI 
29682  (=').  Es  ist  höchst  wahrscheinlich,  dass  der  magister  summae 

(M  Kariowa  Rom.  Rechts«;  I,  ]i.  Wo.  Kniep  Societas  publ.,  p.  185. 

f-)  S.  Hirsclifc'ld   Vgsch.  p.  14,    n.  3.  Mommsen,  Xuove    memorie   del- 
Vhtituto,  p.  320. 

(3)  Cf.  Hülsen  R.  M.  1891,  p.  339.  Mommsen  ergänzt   agens  pro    com- 


DAS    PATRIMONIUM     UND    DIE    RATIO    THESAURORUM  12;'. 

privatae  auch  eine  centrale  Hofkasse  unter  sich  hatte,  obwohl  uns 
Kassenbeamte  dieser  m^^'o  nicht  ül)orliefert  sind(').  Damit  stimmt 
auch,  dass  die  thesauri  zu  kaiserlichen  Schatzkammern  herabsfe- 
sanken  sind,  in  denen  Kostbarkeiten  verschiedener  Art  aufbewahrt 
wurden;  s.  vila  Alex.  Sev.  c.  40,  Cod.  lusl.  XI,  VllI  (VII)  14; 
cf.  C.  Tk.  VIII  5  c.  48  §  1;  Hirschfeld  p.  198  n.  1,  Friedländer 
I,  p.  19(5.  Dur  prae'posüas  der  Vita  ist  sicher  nicht  mit  unseren 
Procuratoren  zu  identificiern.  Wir  haben  also  folgende  Entwickelung: 
zuerst  tliesseu  die  Patrimonialeinkünfte  in  die  verschiedenen  Kassen 
der  Hofhaltung  imd  in  die  kaiserliche  Privatschatulle  und  werden 
wahrscheinlich  durch  den  a  ralioiiibus  verwaltet.  Unter  Claudius 
bekommt  der  a  rationibus  eine  viel  grössere  Bedeutung:  seiner 
Verwaltung  werden  nicht  nur  die  Patrimonialkassen  sondern  auch 
die  ötfentlichen  Kassen  und  Abgaben  unterstellt.  Der  Hofhaushalt 
Avird  systematisiert,  indem  er  in  mehrere  Teile  geteilt  wird.  Jeder 
Teil  hat  seine  Kasse  und  sein  Bureau.  Die  Kassenverwaltunsf  steht 
unter  einer  speciellen  ratio,  die  ratio  ßscorum  et  ßsci  castreasis 
heisst.  Später  gewinnt  die  ratio  castrensis  immer  mehr  und  mehr 
an  Bedeutung,  und  ihr  fisciis  wird  gesondert  verwaltet.  Die  anderen 
bleiben  alle  unter  der  Leitung  des  procurator  thesaurorum.  Diese 
procuratio  thesaurorum  verliert  mit  der  Gründung  der  ratio  pri- 
vata  besser  nach  ihrer  Keformierung,  die  sich  im  Titel  magister 
8nmmae  privatae  wiederspiegelt,  jede  Bedeutung  und  wird  zu  der 
Vertvaltung  der  kaiserlichen  Schatzkammer. 

Rom,  29  Nov.  1897. 

M.    ROSTOWZEW. 


m{entariis)  summ{arum)  privatae  gegen  die  Ueberlieferung.  Die  erste  Charge 
ist  wohl  adiut{or)\  a  cens{ibus).  Die  nochmalige  Ifevision  des  Textes  in  Cassel, 
die  Prof.  Hülsen  veranlasst  hat,  ergab  dass  der  vierte  Buchstabe  nacli  pro 
sicher  ein  x  ist. 

{})  Hirschfeld  führt  einen  dispensator  Grut.  597,  5  an;  aber  die  Inschrift 
stammt  aus  Genua  C.  V  1752  und  wir  haben  wahrscheinlich  vor  nns  einen 
Beamten  der  regio  'P'/.ccfiiyiag,  Jt\ut'/d«i,  AtyxQiug  C.I.Gr.  G771  vor  uns.  Cf. 
auch  C.  IX  1682  advocatus  fisci  summe  (sie)  rei. 


UEBEK  DIE  MILITAERISCHEN  WEGWEISER  IN  POMPEJI. 

(Tafel  V) 


Im  November  vorigen  Jahres  gelang  es  mir  durch  S3'stemati- 
sches  Nachsuchen  zu  den  vier  bisher  bekannten  oskischen  In- 
schriften, deren  militärischen  Character  Nissen  in  seinen  Pompe- 
janischen  Studien  S.  498  ff.  erwiesen  hat,  auf  dem  Pfeiler  19  der 
Ins.  V/VI  de;  8'^"  Region  unter  einer  Stuckschicht  eine  5'«  aufzu- 
finden, welche  einerseits  mir  die  erwünschte  Bestätigung  meiner 
im  grossen  und  ganzen  der  Nissenschen  gleichen  Auffassung  der 
Inschriften  gab,  und  andererseits  abgesehen  vom  Sprachlichen  duich 
eine  topographische  Neuigkeit  Interesse  zu  erwecken  geeignet  ist. 

Unsere  Tafel  V  giebt  unter  N.  1  ein  Facsimile  der  neuen 
Inschrift  nach  einer  von  mir  selbst  angefertigten  Durchzeichnung, 
da'es  nicht  möglich  war  eine  zur  zinkographischen  Vervielfältigung 
geeignete  photographische  Platte  von  der  nach  Norden  gerichteten, 
schlecht  erhaltenen  Inschrift  herzustellen.  Es  ist  aber  versucht  mit 
möglichster  Genauigkeit  alles  zu  geben,  was  erhalten  ist  und  so 
wiederzugeben,  wie  es  erhalten  ist,  nur  ist  natürlich  der  Ab- 
druck deutlicher  als  das  Original.  Diese  Bemerkung  ist  nicht  unwe- 
sentlich gegenüber  dem  Umstände,  dass  in  der  ofticiellen  Publica- 
tibn  der  Inschrift  in  den  Not.  d.  scavi  vom  November  1897  So- 
gliano  sowohl  in  dem  auf  gleiche  Weise  hergestellten  Facsimile  als 
auch  in  der  Transcription  zweimal  amal  statt  ampt  giebt  und  weder 
von  dem  Schlüsse  der  dritten  Zeile  noch  von  den  Resten  einer  4'^" 
und  5*^"  Zeile,  deren  einstige  Existenz  übrigens  noch  durch  andere  In- 
dicien  bewiesen  wird,  etwas  bemerkt  hat.  Was  a7npi  anbetrifft,  so  hat 
erstens  Herr  Prof.  Mau  mit  mir  zusammen  am  Tage  der  Auflindung 
der  Inschrift  diese  Lesung  festgestellt,  und  dann  haben  in  der  letzten 
Januarwoche  die  Herren  Holwerda,  Vater  und  Sohn,  auf  meine 
Bitte  die  betre1"enden  Stellen  nochmals  untersucht  und   mir  mit- 


H.  DEGERINÜ,   UKBER  DIE  MILITAERISCHEN  WEGWEISER  IN  POMPEJ[  125 

geteilt,  dass  jeder  Zu'eitel  an  der  Richtigkeit  der  Lesung  ampl 
ausgeschlossen  sei.  Auf  das  Uebrige  werden  wir  später  einzugehen 
haben. 

Die  erste  umfassende  und  nach  meiner  Ansicht  in  der  Allge- 
meinaiiltassmig  durchaus  richtige   Behandlung    unserer  Inschriften 
hat  Nissen  a.  a  0.  gegeben,  der  mit  Recht  darauf  aufmerksam  ge- 
macht hat,  dass  man  zu  einem  vollen  Verständnisse  derselben  nur 
gelangen  könne,  weim  man  ihre  topographischen  Beziehungen  rich- 
tig erkannt  hal)e,  und  wenn  man  auch  hinsichlich  der  AVortinter- 
pretation  und  hinsichtlich  der  topographischen  Beziehung  der  ein- 
zelnen Inschriften  zu  den  pompejanischen  Strassenzügen  nicht  un- 
wesentlich von  Nissen  wird  abweichen  müssen,  so  ist  doch  festzu- 
halten, dass  er  zuerst  das  Wesentlichste    ^  die  Relation  derselben 
zu  Forum  und  Enceinte  «  gefunden  und  daraus  unter  Berufung  auf 
andere  inschriftliche  und  schriftstellerische  Zeugnisse  des  Altertums 
ihren  militärischen  Character  erAvieseo  hat.  Dieser  Nissenschen  Be- 
handlung gegenüber  ist  der  Conway'sche  Versuch  ('),  die  Inschrif- 
ten als  Bekanntmachungen  von  Droschken-  oder  Sänftenhalteplät- 
zen   zu    erklären,   durchaus   als   Rückschritt   anzusehen,  und   wir 
wiü-den  kaum  nötig  haben  darauf  näher  einzugehen,  wenn  nicht  C, 
wie  ich  durch  Prof.  Pauli  erfahre,  auch  heute  noch  au  seiner  An- 
sicht festhält  und  auch  die  neue  Inschrift  in  diesem  Sinne  zu  erklä- 
ren beabsichtigt.  C's  Anpassung  stützt  sich  im  Wesentlichen  nur  auf 
eine  recht  problematische  Deutung  von  eituns  =  lat.  *etones,  das  zu 
deutsch  Wegfahrer,  Wegfüiirer  oder  Droschken.  Sänften  (^),  bezeich- 
nen soll.  Wir  können  hier  aber  von  der  etvmologischen  Streitfrage 
ganz  absehen,  da  sich  aus  sachlichen  Gründen  die  Unhaltbarkeit  die- 
ser Hypothese  schon  zur  Genüge  erweisen  lässt.  Dass  Conway  eksuk 
amviammd  {^)  mit   « in  dieser  Richtung  ^  übersetzt,   freilich  ohne 

(1)  Conway:  Oskiscli  eituns  Indoi?.  Forscli.  .3,  85,  f.  The  Italic  Dialects. 
B.  I  S.  70.  B.  II  S.  616. 

(2)  In  den  Italic  Dialects  wird  nur  diese  letztere  Deutung  aufreclit 
erhalten. 

(3)  Amviannud  statt  amvianud  ist  auch  in  61  (die  Nummern  sind  die  der 
Conway'schen  Sammlung  The  Italic  Dialects  Cambridge  1897)  zu  lesen.  An 
der  Stelle  des  zweiten  n  ist  der  Stein  etwas  abgesplittert,  aber  es  sind  doch 
noch  einige  Farbenreste  des  Buchstabens  übrig  geblieben,  die  im  Verein  mit 
den  Raumverhältnissen'  die  Ergänzung  desselben  über  jeden  Zweifel  erheben. 


126  »•    DEGERING 

den  Beweis  der  Möglichkeit  dieser  üebersetzung  auch  mir  zu  ver- 
suchen, um  der  Schwierigkeit  überhoben  zu  sein,  die  verschieden- 
artige topographische  Beziehung  der  Inschriften,  wie  sie  die  Nis- 
seusche  üebersetzung  f.'iciis,  platea  verlangt,  erklären  zu  müs- 
sen, mag  noch  angehen,  denn  bei  geschättlichen  Anzeigen,  die  im 
Grunde  genommen  für  Einheimische  bestimmt  waren,  die  genau 
wussten,  wo  der  XI.  und  XII.  Turm  Avaren,  kann  man  vielleicht 
eine  solche  Unbestimmtheit  des  Ausdrucks  entschuldigen,  wenn- 
schon es  immerhin  sonderbar  ist  "  in  dieser  Richtung  -  bald  als 
nach  rechts  bald  als  nach  links  verstehen  zu  müssen. 


o      a 


Aber  erstens  die  Wahl  der  Plätze !  Bekanntlich  Avar  das  Fahren 
von  Personen  in  den  italischen  Städten  (')  wenigstens  bis  in  die 
Kaiserzeit  überhaupt  nicht  oder  nur  im  beschränkten  Umfange  d.  h. 
im  Cult  oder  als  Ehrenauszeichnung  gestattet.  Wir  haben  gar  keinen 
Grund  anzunehmen,  dass  Pompeji  hierin  eine  Ausnahme  machte; 
vielmehr  lässt  sich  manches  für  die  Annahme  Sprechendes  bei- 
brinsren  dass  es  auch  hier  nicht  anders  Avar.  Die  hohen  Trittsteine, 
welche  über  den  Fahrdamm  hinweg  den  Fussgängerverkehr  von 
einem  Trottoir  zum  anderen  vermittelten,  dienten  sicherlich  auch 
dazu,  das  Fahren  zu  erschweren  und  vor  allem  das  Schnellfahren, 
das  doch  für  den  Personenverkehr  die  Hauptbediugung  ist,  unmög- 
lich zu  machen,  sodass  man  also  aus  dem  Vorhandensein  dieser 
Trittsteine  schliessen  kann,  dass  auch  in  den  Strassen  Pompeji's 
nur  Lastfuhrwerk  gestattet  war.  Ebendasselbe  geht  auch  aus  dem 


Die  oben  stehende  Figur  giebt  die  Stelle  nach  meiner  Durclizeiclinung.  Von  den 
zwei  schwarzen  gemalten  Flecken,  die  Conway  (B.  I  S.  70)  gesehen  haben  will, 
habe  ich  nichts  entdecken  können  und  zeigen  auch  meine  sehr  scharfen  Photo- 
graphien nicht  die  geringste  Spur.  Demnach  kann  C.  dieselben  wohl  nur  auf 
der  Zvetaieff 'sehen  Tafel  XIV,  8,  aber  nicht  auf  dem  Original  gesehen  haben. 
Von  Planta,  der  sich  für  diese  Inschrift  auf  Autopsie  beruft,  sagt  über  diese 
Stelle  Nichts. 

(')  Vergl.  Marquardt,  Privatleben  der  Römer,  2.  «Aufl.  S.  728  ff. 


UEBER    DIE    MII.ITAERISCHEN    WEGWEISER    IN    POMPEJI  127 

schlechten  Zustande  der  Pflasterung  in  den  meisten  und  hauptsäch- 
lichsten Strassen  hervor,  der  eine  Droschkenfahrt  durch  Pompeji 
selbst  im  langsamsten  Tempo  nicht  gerade'  als  eine  Annelimlich- 
keit  erscheinen  lässt.  Unter  solchen  Umständen  ist  es  denn  aucli 
ganz  selbstverständlich,  dass  die  cisiarii  ihre  Halteplätze  nur  aus- 
serhalb der  Stadt  haben  konnten,  da  sie  ja  nur  den  Personenver- 
kehr ausserhalb  der  Städte  zwischen  benachbarten  Orten  zu  ver- 
mitteln hatten.  Irgend  welche  andere  Gründe  für  diese  Massregel 
liegen  doch  nicht  vor;  und  besonders  ist  die  Ansicht  ungerechtfer- 
tigt, dass  diese  Droschkenhalteplätze  aus  wer  weiss  was  für  Grün- 
den abseits  und  gewissermassen  versteckt  gelegen  hätten,  wie  das 
C.  auf  Grund  der  Capuaner  Inschrift  C.  I.  L.  X  4(360  anzunehmen 
scheint.  Die  in  der  bekannten  Pompejanischen  Inschrift  C.  I.  L. 
X  1064  erwähnte  pompejanische  Station  lag  vielmehr  direkt  an  der 
Hauptstrasse  nach  Stabiae.  denn  es  wird  eine  Teilstrecke  dersel- 
ben durch  diese  Station  begrenzt,  und  ebenso  war  es  auch  in  Capua, 
wo  der  Clivus,  d.  h.  eine  bergan  steigende  Strasse,  vom  Thorbogen 
bis  zur  Droschkenhaltestelle  der  Porta  Stellatina  gepflastert  wurde. 
Weshalb  sollen  dann  aber  die  Sänfteuhalteplätze,  denn  selbstver- 
ständlich könnte  es  sich  innerhalb  des  Stadtbezirkes  nur  um  solche 
handeln,  an  so  verborgen  und  versteckt  liegenden,  von  jeglichem 
Verkehr  abgeschlossenen  Plätzen  liegen,  wie  sie  durch  unsere  In- 
schriften bezeichnet  werden,  während  sie  doch  zur  Bequemlichkeit 
und  zur  Erleichterung  des  Verkehrs  bestimmt  sind  ?  Für  eine  solche 
Annahme  fehlt  es  an  jei^licher  Begründung. 

Man  könnte  abei"  auch  die  Frage  nach  dem  Urheber  dieser 
Inschriften  aufwerfen.  Da  sind  wohl  nur  zwei  Möglichkeiten  vor- 
handen; entweder  wir  haben  obrigkeitliche  Erlasse  vor  uns  oder 
Privatkundgebungen  d.  h.  Keclamen  der  Unternehmer.  Diese  letztere 
Annahme  hat  schon  Nissen,  Pomp.  St.  S.  493  genügend  zurück- 
gewiesen, durch  den  Nachweis,  dass  eine  Reclame  in  diesem 
Sinne  das  Altertum  noch  nicht  gekannt  habe.  Demnach  bleibt 
nur  die  Möglichkeit  offen,  dass  die  Inschriften  ofticielle  Platzan- 
weisungen seitens  der  Behörden  waren.  Dann  ist  aber  unverständ- 
lich, weshalb  sie  in  so  bedeutender  Ferne  von  den  angewiesenen 
Plätzen  stehen,  auf  denen  selbst  man  sie  vielmehr  zu  finden  erwar- 
ten müsste.  Ferner  ist  damit  auch  nicht  recht  das  Bezugnehmen 
auf  bestimmte  Personen  (nach  C.  die  Eigentümer)  in  Einklang  zu 


128  "■    UKCERING 

bringen,  die  doch  in  der  bleibenden  Institution  das  Wechselnde  und 
Unwesentliche  sind.  Oder  man  müsstc  gar  meinen,  dass  der  Stadt- 
rat von  Pompeji,  etwa  zur  Entschädigung  für  die  Ablegenheit  der 
angewiesenen  Halteplätze,  die  doch  augenfällig  ist,  mit  jenen  In- 
schriften selbst  die  Reclame  für  die  Sänftenvermieter  übernommen 
habe.  Dazu  kommt  noch,  dass  wir  für  solche  kleinen  Landstädte 
wie  Pompeji,  überhaupt  schwerlich  die  Institution  der  Mietsänften, 
die  nur  für  die  Hauptstadt  bezeugt  wird,  voraussetzen  dürfen :  am 
allerwenigsten  aber  ist  eine  ganze  Reihe  von  Concurrenzunter- 
nehmungen  dieser  Art  glaubhaft. 

Prüfen  wir  nun  die  Nissensche  Au.'fassung!  Die  Inschrift  62 
steht  auf  dem  westlichen  Eckpfeiler  der  c  a  s  a  d  e  1  f  a  u  n  o  und  zwar 
auf  der  der  Nolanerstrasse  zugewendeten  Fläche.  Dieselbe  ist  also 
offenbar  für  Passanten  dieser  Strasse  bestimmt,  wobei  es  vor- 
läufig ganz  gleichgiltig  ist,  ob  wir  uns  dieselben  von  Osten  oder 
Westen  herkommend  zu  denken  haben.  In  derselben  Beziehung  zur 
Nolanerstrasse  resp.  ihrer  Fortsetzung,  der  Thermenstrasse,  steht 
die  Inschrift  61,  welche  jedoch  nicht  auf  einem  Eckpfeiler,  son- 
dern auf  dem  zweiten  Pfeiler  der  Ostecke  der  casa  di  Pansa 
sich  findet.  Mit  61  völlig  identisch  ist  60.  Auch  diese  steht  nicht 
auf  einem  Eckpfeiler  sondern  auf  dem  zweiten  Pfeiler  der  Südwest- 
ecke der  casa  di  Salin  st  io  und  wird  von  der  strada  con- 
solare  ausgelesen.  Die  Inschrift  63  liest  man  wieder  auf  einem 
Eckpfeiler  an  der  Südostecke  der  Reg.  8  Ins.  VI  und  zwar  vom 
vicolo  dei  soprastanti  aus.  Die  neue  Inschrift  endlich  be- 
findet sich  in  der  Abbondanzastrasse  auf  dem  zweiten  Pfeiler  der 
Nordwestecke  der  casa  del  medico  neben  dem  die  Inseln  V 
und  VI  nur  halb  trennenden  vicoletto. 

Mag  man  nun  aber,  wie  später  bewiesen  werden  soll,  eititns 
mit  euiito  resp.  eant  oder  nach  Nissen-Bücheler  mit  Her  (est) 
übersetzen,  so  geben  alle  Inschriften  völlig  übereinstimmend  die 
Beziehung  auf  den  einzuschlagenden  Weg  durch  eksuk  aravian- 
nud  an.  Daraus  ist  aber  mit  Notwendigkeit  die  Folgerung  zu 
ziehen,  dass  man  diesem  Ausdrucke  überall  dieselbe  Geltung  und 
eine  topographisch  absolut  gleichwerthige  Bedeutung  zuschreiben 
muss.  Dieser  meiner  Ansicht  nach  unabweisbaren  Forderung  wird 
aber  die  Nissen-Bücheler' sehe  Deutung  von  amvianmlm  =  vicus 
jdatea  aiufodog  durchaus  nicht  gerecht.  Nimmt  man  nämlich  diese 


UEBER    DIE    MILITAERISCHEN    WEGWEISER    IN    POMPEJI  129 

Deutuag   ^  auf  dieser  Strasse  »   an,  so  steht  man  vor    zwei  Mög- 
lichkeiten ;  entweder,  und  das  ist  wohl  das  Nächstliegende,  es  sind 
mit  ekmk  amviannud  die  Strassen  gemeint,  auf  denen  man  die  In- 
schriften liest,  oder  aber  die  Nebengassen,  neben  denen  sie  ange- 
schrieben sind ;  doch  ist  consequenter  Weise  in  allen  Fällen  gleich- 
massig  nur  das  Eine  oder  das  Andere  möglich.  Wie  sollten  die  In- 
schriften sonst  ihren  Zweck,  den  in  Pompeji  versammelten  und  mit 
den  örtlichen  Verhältnissen  nicht  vertrauten  Bundestruppen  den  Weg 
2U  zeigen,  erfüllen  können,  wenn  man  sie  auf  verschiedene  Wege 
beziehen  konnte?  Im  ersteren  Falle  Avürden  nur  60  und  63  zu  den 
Localitäten  führen,  welche  sie  angeben,  im  anderen  Falle  aber  müss- 
ten  auch  63  auf  den  vicolo  delle  terme,  und  da  sich  61  trotz 
desAbstandes  von  der  p]cke  auf  den  vicolo   della  fuUonica 
beziehen  soll,  consequenter  Weise  auch  60  auf  den  vicoletto  di 
Mercurio  und  die  neue  Inschrift  auf  die  neben  ihr  liegende  Sack- 
gasse bezogen  werden.  Man  kommt  also,  wie  man  sieht,  mit  der  Nis- 
sen'schen  Deutung  von  amvianmim  auf  jeden   Fall  in's  Gedränge. 
Diese  Schwierigkeit  hat  Nissen  selbst  ganz  übersehen,  da    er  die 
Inschriften  je  nach  Bedarf  auf  die  eine  oder  auf  die  andere  Weise 
zu  den  Strassen  in  Beziehung  setzt,  die  eben  zu  den  bezeichneten 
Zielen  oder  wenigstens  in  diese  Richtung  führen.  Dagegen  hat  er 
aber  eine  andere    Schwierigkeit    wohl    beachtet,   wie  nämlich  die 
Wahl  des  zweiten  Pfeilers    für    die    Inschrift  62  zu  erklären  sei, 
obwohl  dieselbe  sich  auf  die  Tuchwalkergasse  beziehe.  Er  versucht 
diese  Wahl  aus  Zweckmässigkeitsgründen  zu  erklären,  aber  seine 
Beweisführung  in  diesem  Punkte  ist  durchaus  unzutreffend,  wie  ich 
mich  an  Ort  und  Stelle  überzeugt  habe.  Wenn  nämlich  auch  zu- 
zugeben ist,  dass  der  vicolo   delle    terme   in   römischer   Zeit 
verengt  und  verbaut  ist  an  einigen  Stellen,  so   hat   diese   Veren- 
gerung im  wesentlichen  aber  nur  auf  der  den  Thermen  gegenüber- 
liegenden Seite  stattgefunden,  während  die  Thermenseite  davon  viel 
weniger  berührt  sein  kann,  da  nach  Mau,  Pomp.  Beitr.  S.  222  die 
Westwand  des  Frauenapodyteriums  ein  aus   oskischer   Zeit   stam- 
mendes Mauerstück  enthält.  Keinesfalls  ist  deshalb  hier  die  nach- 
trägliche Occupation,  die  sich  nur  auf  die  kurze   etwas  vorsprin- 
gende  Eckwand  erstrecken  kann,  so  gross,    dass   die   Inschrift  je 
mitten  vor  der  Strasse  gestanden  haben   könnte,    derart   dass   sie 
schon  vom  Forum  aus  zu  sehen  gewesen  wäre.  Dazu  kommt  noch, 


9 


130  H.    DEGERING 

dass  der  vico  della  fiillonica  garnicht  einmal  dahin  führt, 
wohin  die  Inschrift  ihrem  AVorthint  nach  leiten  will,  nämlich  zur 
Mauerstrecke  zwischen  dem  Herculanertlior  {veru,  sari'nu)  (•)  und 
dem  ri'*"'  Turme,  sondern  auf  die  Strecke  zwischen  dem  12^*" 
und  11'^"  Turme  mündet.  Infolgedessen  ist  Nissen  auch  genötigt, 
den  Worten  der  Inschriften  60,  61,  62  eine  erweiterte  Deutung 
zu  geben,  die  mit  der  kurzen,  praecisen  Fassung  derselben  un- 
vereinbar erscheint.  AVarum,  so  fragt  mau  ausserdem,  gab  es  zu  der 
Mauerstrecke  des  Aadiriis  zwei  verschiedene  Wege?  Auch  hier- 
auf erhalten  wir  von  Nissen  keine  Antwort. 

Alle  diese  Schwierigkeiten  lassen  sich  jedoch  meiner  Ansicht 
nach  lösen,  wenn  man  amvianmlm  als  raargo,  Biu-gersteig  (-)  er- 

(1)  In  der  dritten  Zeile  von  60  nnd  61  mit  Conway  sarnnu  zu  lesen  halte 
ich  für  unmöglich.  Die  Inschriften  60  u.  62  sind  jetzt  in  so  schlechtem  Zu- 
stande, dass  man  fast  nichts  mehr  lesen  kann ;  wir  sind  also  für  60  auf  Fio- 
relli  aneewiesen,  der  sarinu  giebt.  In  61  jedoch  hat  von  Planta  das  Ver- 
hältnis richtig  erkannt,  über  das  u  ist  nachträglich  i  übergeschrieben,  ob  i 
oder  i  das  kann  mau  nicht  entscheiden,  da  vom  a  bis  zum  i  gerade  die  Mitte  der 
Buchstaben  verletzt  ist.  Was  Conway  für  die  zweite  Hasta  des  n  ansieht,  halte 
ich  für  einen  Strich,  der  den  hinter  dem  übergeschriebenen  i  stehenden  Rest 
des  M  als  ungiltig  bezeichnen  soll.  Ein  Buchstabe  durch  einen  Strich  getilgt 
ist  auch  in  der  Inschrift  67.  Das  vermeintliche  h  in  perkhen  ist  wohl  nur 
ein  vom  Maler  irrtümlich  zugesetztes  und  wieder  gestrichenes  r.  S.  Zvetaieif 
Syll.  Inscr.  Ose.  Taf.  XVI  4.  Man  vergleiche  das  ganz  anders  geformte  h  von 
apkinim  in  derselben  Inschrift. 

(2)  Die  Bedeutung  margo  lässt  sich  für  amvianmlm  am  leichtesten 
gewinnen,  wenn  man  der  ursprünglichen  Nissen-Büchelerschen  Erklärung  fol- 
gen dürfte,  die  diese  zu  gunsten  der  erweiterten  Deutung  u\u(fo(fo?  aufgegeben 
haben,  dass  nämlich  *  am-via-no,  das  zu  beiden  Seiten  des  Fahrweges  Liegende 
bedeute,  wo  om  als  Praeposition  *  aml/i,  amb,  am  griech  tqiql  gefasst  ist,  die 
wir  auch  in  lat.  ambidens,  ambitus  umbr.  amboltu  osk.  amnud  (?)  und  anderen 
Worten  finden.  Vergl.  von  Planta  Gramm.  II,  455.  Der  zweite  Teil  des  Com- 
positums  vtano  wäre  dann  von  *  via  abzuleiten,  wie  Abellano  von  *  Abclla 
und  anderes.  Diese  Erklärung  ist  aber  vielleicht  nicht  mehr  aufrecht  zu  erhal- 
ten, seitdem  in  mindestens  zwei  Fällen  nn  festgestellt  ist,  denn  Consonanten- 
verdoppelung  kann  man  nach  den  Ausführungen  von  Planta's  (•  {ramm.  I  S.  537  f.) 
über  Consonantenverdoppelung  hier  nicht  annehmen,  besonders  auch  deshalb 
nicht,  weil  das  Suffix  no,  das  allein  im  Oskischen  fast  hundertmal  belegt  ist, 
nicht  in  einem  einzigen  Falle  mit  nn  vorkommt.  Also  muss  das  nn  etymologisch 
bereclitigt  sein,  und  dann  bleibt  wohl  kaum  etwas  Anderes  übrig  als  *  vianno 
auf  *  viando  zurückzuführen,  wobei  ich  wohl  nur  daran  zu  erinneren  brauche, 
dass  auch  von  einem  lat.  viare  gerade  viandum  belegt  ist.  Ist  also  -vlannäm 


UKBER    DIE    MILITAERISCHEN    WEGWEISER    IN    POMPEJI  131 

klärt  und  zugleich  erkennt,  dass  die  Inschriften  durch  die  Sich- 
tung der  Schrift  die  Wegrichtung  angeben.  Wir  brauchen  dann  nur 
noch,  was  ja  auch  Nissen  p.  505  tf.  durch  Hinweis  auf  die  Vor- 
schriften der  Taktiker  sehr  plausibel  gemacht  hat,  anzunehmen, 
dass  einzelne  d.  h.  wohl  alle  militärisch  nicht  benutzten  v  i  c  i  im 
Belagerungszustande  verbarricadiert  waren,  und  Alles  ist  im  besten 
Einklänge.  Wie  wir  uns  den  Zustand  der  Stadt  im  Falle  einer  Be- 
lagerung, wie  die  Sullanische,  zu  denken  haben,  davon  geben  uns 
die  von  Nissen  a.  a.  0.  S.  505  ff.  herangezogenen  Stellen  aus  Philo 
und  Aeneas  eine  ganz  gute  Vorstellung  und  ich  brauche  zu  dem  von 
Nissen  dazu  Bemerkten  kaum  etwas  hinzuzufügen.  Nur  auf  eins 
möchte  ich  noch  hinweisen,  dass  man  offenbar  nicht  nur  die  Ne- 
bengassen an  beiden  Enden  sperrte  sondern  auch  die  Hauptstrassen 
durch  Verhaue  und  Gräben  unpassierbar  machte  und  auch  hier  nur 
die  durch  unsere  Inschriften  bezeichneten  schmalen  Fiissteige  offen 
liess,  soweit  sie  für  den  Wacht-  und  Verteidigungsdienst  unum- 
gänglich nötig  waren. 

So  führt  denn  die  Inschrift  61  auf  dem  Fussteige  der  Ther- 
menstrasse  (verlängerte  Nolanerstrasse)  entlang,  am  verschlossenen 
vicolo  di  Modesto  vorüber  auf  die  s t r a d a  c o n s o  1  a r e ;  hier 
abermals  an  einem  verschlossenen  vicolo  (di  Mercurio)  vorbei 
zu  der  Inschrift  60,  die  von  der  vielleicht  von  hier  ab  nicht  mehr 
verbarricadierten  Hauptstrasse  ab  durch  den  vicolo  di  Nar- 
cisso  direkt  auf  die  bezeichnete  Mauerstrecke  leitet.  N°  62  zeigt 
durch  den  vico  del  fauno  direkt  zu  dem  angegebenen  Mauer- 
abschnitte. Sie  ist  wohl  nur  deshalb  nicht  im  vicolo  selbst  ange- 
schrieben, weil  die  Enge  dieser  Strasse  sonst  leicht  zu  einem  üe- 
bersehen  derselben  hätte  Veranlassung  geben  können.  Ein  Irrtum 
in  der  Beziehung  war  von  selbst  ausgeschlossen,  denn  der  mit  am- 
viannüm  benannte  Fussteig  biegt  ja  an  der  Ecke  um,  direkt  auf  die 
bezeichnete  Mauerstrecke  zu.  Die  neue  Inschrift  führt  auf  dem  Fuss- 
wege  der  sechsten  Insel  der  VIII  Region  um  die  Ecke  der  casa 


"vlandüm  «  das  zu  Befahrende  »  so  könnte  *amviandüm-amvianniim  "  das  nicht 
zu  Befahrende  »  d.  h.  der  schmale  Fussweg  sein.  Der  Bildung  nach  zu  verglei- 
chen wäre  lat.  infandum.  So  fällt  dann  auch  die  Schwierigkeit  fort,  dass  ge- 
genüber dem  lat.  amhivium  im  Osk.  die  nämliche  Praeposition  in  der  ver- 
kürzten Form  am  vor  derselben  Lautgruppe  auftritt. 


132  H.    DEGERING 

di  Francesco  I  umbiegend  zum  Forum  trianguläre,  das  als  der 
in  der  Inschrift  bezeichnete  Platz  unten  noch  näher  nachgewiesen 
werden  wird.  N"  63  endlich  weist  ohne  Zweifel  den  v  i  c  o  d  e  i  so- 
prastanti  entlang.  Auf  die  in  derselben  genannte  Mauerstrecke 
werden  wir  aber  ebenfalls  erst  weiter  unten  näher  einzugehen 
haben. 

Nissen  nimmt  an,  dass  der  gemeinsame  Mittelpunkt  der  In- 
schriften das  Forum  sei,  und  ich  denke  ein  Blick  auf  den  Plan 
von  Pompeji  genügt,  um  diese  Annahme  als  zutreffend  zu  erken- 
nen. "Wenn  wir  die  Kichtimgslinien  der  neuen  Inschrift  und  der 
Inschriften  60,  61  und  63  rückwärts  verlängern,  so  kommen  wir 
auf  das  Forum  resp.  die  Forumsstrasse.  Anders  liegt  die  Sache 
bei  62  ;  aber  auch  diese  weisst  offenbar  auf  die  Forumsstrasse  zu- 
rück. Um  nämlich  die  Coincideuz  von  Schrift-  und  Wegrichtuug  in- 
nehalten zu  können,  musste  die  Inschrift  natürlich  wegen  der  Links- 
läutigkeit  der  Schrift  auf  die  rechte  Ecke  vom  vico  del  fauno 
d.  h.  also  auf  die  vom  Forum  entferntere  gerückt  werden.  Während 
nun  aber  die  Inschriften  60,  61  und  die  neue  von  der  Ecke  ab- 
rücken auf  einen  zweiten  Pfeiler  offenbar,  um  die  Beziehungsmög- 
lichkeit auf  die  nächstgelegeuen  Nebengassen  auszuschliessen,  tritt 
diese  auf  den  Eckpfeiler  d.  h.  so  nahe  als  möglich  dem  vom  Fo- 
rum Kommenden  entgegen.  Abgesehen  aber  davon,  dass  durch  die 
Wahl  des  zweiten  Pfeilers  für  jene  drei  Inschriften  die  falsche  Be- 
ziehung vermieden  werden  sollte,  sind  auch  sie  dem  vom  Forum 
Kommenden  soweit  als  möglich  entgegengerückt.  Das  zeigt  sich  z  B. 
sehr  deutlich  bei  60,  denn  sie  steht  schon  ein  beträchtliches  Stück 
vor  der  eigentlichen  Strassenspaltung.  Wir  würden  deshalb  auch 
die  fehlende  Inschrift  für  die  Mannschaften  der  Mauerstrecke  zwi- 
schen dem  12'*-'°  u.  11*^°  Turm,  deren  Weg  durch  den  vico  della 
f  u  1 1 0  n  i  c  a  führen  musste,  ebenso  auf  dem  zweiten  Pfeiler  der  Süd- 
ostecke der  Thermen  und  Merkurstrasse  zu  suchen  haben  und  finden, 
wenn  hier  nicht  ganz  junges  Ziegelmauerwerk  die  Stelle  älterer 
Bauten  einnähme.  62  würde  also,  falls  sie  für  Leute  bestimmt 
gewesen  wäre,  die  statt  vom  Forum  vom  Nolanerthor  herkamen,  wie 
jene  drei  anderen  auf  der  rechten  Hausseite  stehen  müssen,  zu  der 
die  in  dieser  Richtung  Ankommenden  zuerst  gelangten,  d.  h.  also 
auf  dem  zweiten  Pfeiler  der  Südostecke  der  casa  del  fauno. 


UEBER    DIE    MILITAERISCHEN    WEGWiISER    IN    POMDEJI  133 

Vom  Forum  als  dem  gemeinsamen  Sammel-  und  Allarmplatze 
ans,  wo  vielleicht  eine  umfangreichere  Inschrift  für  alle  die  erste 
Direktive  gab,  zogen  die  Verteidiger  der  Nordgrenze  durch  die  Fo- 
rumstrasse zur  Nolanerstrasse,  wo  sie  sich  zunächst  in  zwei  Gruppen 
teilten,  von  denen  die  eine  nach  Westen,  die  andere  nach  Osten 
abschwenkte.  Von  den  nach  Osten  Ziehenden  fanden  die  für  den 
Mauerabschnitt  zwischen  dem  10^'^''  und  ll*»^"  Turm  bestimmten 
Mannschaften  ihre  Leitinschrift  an  der  Ecke  des  vico  del  fauno; 
die  anderen  Abteilungen  vermutlich  an  der  Ostecke  der  zum  Hause 
der  Vettier  führenden  Strasse,  an  der  Ostecke  der  casa  della  re- 
gina  Margherita  u.  s.  w.  an  entsprechenden  anderen  Ecken  der 
Nordseite  der  Nolanerstrasse.  Nirgends  sind  hier  aber  Inschriften 
aufzufinden  gewesen,  da  überall  nur  jüngeres  Mauerwerk  auftritt 
oder  die  alten  Tuffpfeiler  nicht  mehr  unversehrt  aufrecht  stehen. 
Von  den  nach  Westen  Ziehenden  leitete  eine  Abteilung  die  von  uns 
oben  supponierte  Inschrift  zum  11^®"  und  12^''"  Turm,  eine  andere 
61  und  60  zum  12''"'  Turm  und  dem  Herculanerthor. 

Für  die  Westlinie  haben  wir  nur  für  einen  Abschnitt  der  Ver- 
teidigungslinie die  Inschrift  63amvicolo  dei  soprastanti. 
Ob  wir  noch  weitere  Inschriften  etwa  an  der  Südostecke  des  Apol- 
lotempels oder  der  Basilika  ursprünglich  vorauszusetzen  haben,  oder 
ob  die  in  der  Inschrift  bezeichnete  Strecke  nm*  die  einzige  einem 
eventuellen  Angriffe  ausgesetzte  Stelle  der  Westlinie  war,  das  lässt 
sich  jetzt  nicht  entscheiden,  da  man  die  ursprüngliche  Gestaltung 
derselben  zur  Zeit  zu  wenig  zu  beurteilen  vermag.  Jedenfalls  ist 
das  Fehlen  der  Inschriften  in  keinerlei  Weise  als  Kriterium  zu 
verwenden,  denn  die  Basilikaecke  ist  nicht  so  hoch  erhalten,  der 
Eckpfeiler  des  Apollotempels  umgebaut  (').  Ebenso  ist  es  vorder- 
hand unmöglich  die  Strecke  genauer  zu  bestimmen,  welche  in  der 
Inschrift  63  angegeben  ist.  Nur  soviel  scheint  mir  sicher,  dass  wir 
dieselbe  von  dem  vico  dei  soprastanti  aus  rechts  und  über 
den  ersten  zur  strada  consolare  abzweigenden  v i c o  1  o  hinaus 
zu  suchen  haben  würden. 

Für  die  Südlinie  würde  zunächst  die  Nordostecke  der  Curien 
in  betracht  kommen,  wenn  nicht  auch  diese  ganz  junge  Ziegelbauten 
wären ;  sodann  aber  die  Südseite  der  Abbondanzastrasse,  und  hier 

(1)  Vergl.  Mau,  Pomp.  Beitr.  S.  103. 


134  H.    DEGERI.NG 

fand  sich  m  einer  Stellung,  die  genau  derjenigen  der  Inschrift  au 
der  casa  di  Pansa  entspricht,  die  nach  den  hier  auseinanderge- 
setzten Grundsätzen  gesuchte  und  gefunde  Inschrift.  Für  den  jen- 
seits der  Stabiauerstrasse  liegenden  Teil  der  Südlinie  bis  zum  Am- 
phitheater, sowie  für  die  ganze  Ostlinie  sind  weitere  Inschriften 
durch  die  Ausgrabungen  zu  erwarten. 

Wie  ffesaoft  war  die  neue  Inschrift  unter  einer  Stuckschicht  (') 
verborgen,  aber  diese  war  möglicherweise  nur  eben  zu  dem  Zwecke 
darüber  selesrt  die  Inschrift  zu  verdecken,  denn  es  schien  mir  als 
ob  der  Stuck  sich  nie  über  den  ganzen  Pfeiler  erstreckt  habe, 
sondern  nur  soweit,  als  eben  die  Inschrift  reichte.  Mit  Bestimmt- 
heit kann  ich  dies  jedoch  nicht  behaupten.  Dass  die  Inschriften, 
deren  Zeitansatz,  wie  ihn  Nissen  aufgestellt  und  begründet  hat,  mir 
vollkommen  richtig  erscheint  (-),  bald  nach  Einrichtung  der  Sul- 
lanischen Colonie  auf  diese  Weise  dem  Auge  des  Publikums  ent- 
zogen wurden,  würde  sehr  gut  zu  ihrem  Charakter  passen,  denn  sie 
mussten  sehr  geeignet  sein  auf  beiden  Seiten,  bei  Alt-  und  Neu- 
bürorern  böse  Erinnerungen  zu  wecken.  Dazu  stimmt  auch  die  Nis- 
sensche  Deutung  (Pomp.  Stud.  S.  509)  der  unter  63  stehenden  la- 
teinischen Inschrift  c  .  cacos,  als  Soldatenwitz  über  den  Sexem- 
brius  (3).  Uebrigens  müssen  die  Inschriften  z.  t.  aber  doch  geraume 
Zeit  sichtbar  gewesen  sein  oder  vielleicht  von  Zeit  zu  Zeit  durch 

(1)  Wenn  Soglianq  a.  a.  0.  sag^t,  dass  die  Inschrift  war  ricopcrta  da  um 
Strato  di  terra  rimastovi  aderente,  so  ist  das  ein  Irrtum,  der  entschuldbar 
ist,  da  er  bei  der  Bloslegung  der  Inschrift  nicht  selbst  zugegen  war.  Selbst- 
verständlich war  die  bedeckende  Schicht  nicht  feiner  Marmorstuck,  sondern 
eine  Art  Kalkmörtel. 

(2)  Was  Conway,  Indog.  Forsch.  III  .S.  85  dagegen  anführt,  hat  schon 
von  Planta,  Gramm.  II  S.  609  genügend  zurückgewiesen. 

(3)  In  der  zweiten  Zeile  von  63  ist  anter  triibu  zu  lesen  resp.  zu  er- 
gänzen und  zwar  mit  der  Ligatur  von  nt,  die  auch  in  N,  60  u.  61  vorkommt 
und  den  Raumverhältnissen  nach  auch  für  62  vorauszusetzen  ist.  Der  Quer- 
strich über  der  letzten  Hasta  des  n  ist  noch  ganz  deutlich  zu  sehen  und  auch 
der  untere  Teil  des  folgenden  e  erhalten.  Dass  übu  mit  Zvetaieff  zu  trübu 
zu  ergänzen  ist,  bestätigt  die  neue  Inschrift.  Taf.  V  N.  3  giebt  eine  Recon- 
structi'in  der  Stelle,  in  welcher  Erhaltenes  und  Ergänztes  von  einander  un- 
terschieden ist.  Zeile  4  ist  das  von  Planta  vermutete  spuri/'eis  sicher,  wie  man 
aus  dem  Facsimile  Taf.  V  Fig.  2  ersehen  kann.  Zeile  5  ist  zweifellos  Sehs 
imbriis  zu  lesen.  Was  von  den  letzten  Buchstaben  noch  zu  erkennen  ist,  giebt 
das  Facsimile  Taf.  V  Fig.  4  wieder,  und  darnach   erscheint  jede  andere  Er- 


UEBER   DrE   MILITAERISCHEN   WEGWEISER    IN    POMPEJI 


135 


Abfallen  der  verdeckenden  Stiickscliicht  wieder  sichtbar  geworden 
sein,  denn  die  pompejanische  Schuljugend  scheint  nach  einigen  der- 
selben Schreibübungen  angestellt  zu  liaben.  So  sind  auf  demselben 
Pfeiler,  auf  dem  die  neue  Inschrift  steht,  unten  gerade  über  dem 
Sockel  mancherlei  Kritzeleien,  die  in  ihrem  wirren  Durcheinander 
und  namentlich  dadurch,  dass  zuletzt  einer  der  Schreibkünstler 
manche  der  Buchstaben  zu  kleinen  Bäumen  ausgestaltet  und  da- 
durch unleserlich  gemacht  hat,  sehr  schwer  zu  entziffern  sind. 
Ich  glaube  aber  puf  (in  der  Mitte  dicht  über  dem  Sockel)  eüuns 
lind  eksuk  (etwas  höher  und  rechts)  und  annud  (ganz  links)  er- 
kannt  zu   haben.  Ebenso  ist  wohl  der  bekannte  Grafifito   79   auch 

nur  ein  Bruchstük  einer  solchen  Schreibü- 
bung,  welche  Worte  der  unweit  stehenden 
Inschrift  62  reproducierte.  Weshalb  Conway 
denselben  als  «  noiv  not  visible  »  bezeichnet, 
weiss  ich  nicht,  da  ich  ihn  im  November 
1897,  also  nach  Conway,  noch  sehr  gut  habe 
sehen  können.  Auch  der  Dipinto  N.  73  ifi 
den  Conway  als  «  now  lost  •»  bezeichnet,  ist 
noch  recht  deutlich  zu  lesen.  Etwas  ver- 
ständlicher ist  es  schon,  wenn  weder  Con- 
way, noch  Sogliano,  noch  Zvetaieff  den  Di- 
pinto skiru  (Conway  It.  Dial.  pag.  75 
Not.  VII)  haben  auffinden  können,  den  Cors- 
sen  nach  Schöne's  Abschrift  publiciert  hat 
{Ephem.  epigr.  II  p.  175).  Hätten  sie  aber 
den  dort  angegebenen  Pfeiler  37  der  Platea 
Mercurii,  nach  der  neuen  Zählung  Reg.  VI 
^  ins.  8  N.  21  genau  angesehen,  so  hätten  sie 
den  Grafiilo  finden  müssen,  den  Schöne  of- 
fenbar gemeint  hat,  aber  nicht  ganz  richtig 
gelesen  hat.  Ich  gebe  beistehend  ein  Facsimile  nach  meiner  Durch- 
zeichnung. Die  Originalgrösse  der  Buchstaben  beträgt  35-40  mm. 
Auch  hier  ist  die  Hasta  des  k  in  einen  respectabeleu  Baum  ver- 
wandelt. 


^ 


gänzung,  besonders  aber  imhrtr  ausgeschlossen.  In  der  Erklärung  des  Na- 
mens wird  man  wohl  Conway's  Ansicht  gelten  lassen  können.  Vergl.  Conway 
lial.  Dial  II  S.  055. 


136  H.    DEGERING 

AVir  haben  nun  zu  untersuchen,  in  wie  fern   es  gerechtfertigt 
ist  als  den  in  dieser  Inschrift  genannten  Ort  das  Forum  triangu- 
läre zu  bezeichnen.  Die  Inschrift  nennt  das  Ziel,  zu  dem  sie  lei- 
ten  will,   mit   den    "Worten  ampl  .  tribud  .  tov  .  ampt  Menerv{as 
sakarakldd).    Dieses  Ziel  ist  also  offenbar  in   einer   Weise   ange- 
geben, die  mit  der  aus  den   übrigen    Inschriften   bekannten  nicht 
gleich  ist.  Sollte  auch  hier,  wie  in  den  anderen  Inschriften  (auch  63), 
die  Strecke  durch  Angabe  ihrer  Grenzen  bezeichnet  werden,  so  wäre 
CTar  kein  Grund   dafür   erfindlich,  weshalb  man   von   der  dort  ge- 
brauchten  Ausdrucksweise  abgewichen  sein  sollte.  Es  müssen  also 
demnach  wohl  hier  absonderliche  Verhältnisse  vorliegen,  die  diese 
Abweichung  erklären.  Zunächst  kann  es  nun  wohl  kaum  einem  Zwei- 
fel unterliegen,  dass  ülv.  nur  eine  Abkürzung  ist  für  lüvtikad,  denn 
wenn  auch  die  anderen  vier  Inschriften  ausser  in  den  Namen  sonst 
nur  am  Zeilenende  abkürzen,  so  war  doch  gerade  diese  Abkürzung 
von  tüvLik8  und  seinen  Casus  in  Pompeji  geläufig,  wie  N.  44,  45 
und  47  beweisen,  und  kann  deshalb  auch  hier  nicht  auffällig  sein. 
Ebenso  sicher  ist  es  aber  auch,  dass  ampt  eine  Praeposition  sein 
muss,  welche  die  hier  erwartete  örtliche  Beziehung  ausdrückt.  Sehen 
wir  also  vorläufig   von  der  genaueren  Bestimmung  der  Bedeutung 
dieser  Praeposition  ab,  so  ergiebt  sich  doch,  dass  der  Ort,  zu  dem 
die   Inschrift  leiten   will,  mit  trlhud  tdüt{ikad)  bezeichnet  wird. 
Dass  der  nun  folgende  Zusatz,  den  ich  ampt  Menerv{as  sakaraklüd) 
ergänze,  einen  zweiten  Grenzpunkt  bezeichnen   könnte,  haben  wir 
schon  vorhin  abgewiesen.  Einen  zweiten  auf  demselben  Wege  zu  er- 
reichenden Punkt  kann  derselbe  ebenfalls  nicht  angeben,  sonst  müsste 
man  iaim  zwischen  den  beiden  Ortangabeu  erwarten.  Demnach  muss 
also  dieser  Zusatz  die  genannte  Oertlichkeit  von  einer  anderen  un- 
terscheiden, für  welche  dieselbe  Bezeichnung  tribud  tiivtikad  mög- 
lich wäre. 

Das  Wort  triibd  und  die  Ableitungen  tribarakavitm  und  tri- 
harakkliif  kennen  wir  bereits  mehrfach  aus  der  Inschrift  42  und 
dem  Ciiqm^  Abellanus  und  man  erklärt  es  hier  als  Haus,  resp. 
die  abcreleiteten  Formen  als  bauen  und  Baulichkeit,  Gebäu- 
de,  wobei  man  meistens  von  dem  zu  derselben  Wurzel  gehörigen 
lat.  irahs  der  Balken  ausgeht.  Hiergegen  macht  aber  von  Planta 
Gramm.  II  S.  1  Anm.  2  geltend,  dass  alle  verwandten  Wörter  (umbr. 
trebeitj  tremau  der  häufige  Ortsname  Trebula  und  anderes  B'  283, 


ÜEBER    DIE    MILITAERISCHEN    WEGWEISER    IN    POMPEJI  137 

430  Erwähnte)  auf  die  Bedeutung  weilen  deuten.  Dieser  Ein- 
wand ist  soAveit  begründet  als  er  die  Bedeutungsentwicklung  angeht, 
dagegen  darf  man  wohl  an  der  Zugehörigkeit  von  irabs  zu  dersel- 
ben Wurzel  nicht  zweifeln.  Diese  Wurzel  *treb  tritt  in  folgenden 
vier  Ablautsstufen  der  E.-Keihe  auf. 

],      Dehnstufe  *treb  osk.      trübü 


IL     Dehustufe 

trob  lith. 

trüba  (?) 

III.  Hochstufe 

Ireb  osk. 

TrebüSj   Tqaßig 

umbr. 

iremm,  trebeit 

lat. 

Trebia,   Trebula 

gall. 

atreba 

kymr. 

treb 

IV.  Tiefstufe 

trb    lat. 

trabs  (?) 

goth. 

J)awy 

Hierzu  Avürde  man  und  zwar  zur  III.  Stufe  treb  gern  auch  lat. 
trlbus,  alt  *trebus  {trebibos  Inschr.  Ephemeris  epigr.  II  p.  208, 
n°  299),  heranziehen,  aber  wegen  umbr.  trifo,  altumbr.  trefo  ist 
diese  Zusammenstellung  nicht  gut  möglich,  es  sei  denn  dass  umbr. 
trefo  als  Lehnwort  aus  dem  Lateinischen  angesehen  werden  könnte. 
Die  Ableitung  von  trlbm  von  *tri  -f-  bhu  ist  sehr  unwahrschein- 
lich (^)  schon  wegen  irtbuere,  das  nicht  « in  3  Teile  teilen  "  son- 
dern «  als  Eigentum  zuteilen  «  zur  Grundbedeutung  hat.  Wenn  man 
aber  auch  von  dem  lat.  tribu8  und  Zugehörigem  absieht,  so  scheint 
es  doch,  als  ob  auch  für  die  übrigen  Worte  weder  «  bauen  »  noch 
« weilen  «  die  Grundbedeutung  sei.  Namentlich  lässt  sich  dies  für 
die  oskischen  und  umbrischen  Vertretungen  der  Wurzel  zeigen.  Zu- 
nächst umbr.  tremnu  -  *trebno  !  Dass  derjenige,  welcher  VI  a  2 
und  16  die  Auspicien  anstellt,  in  einem  aus  Balken  gezimmertem 
Hause  sitzt,  ist  sehr  wenig  wahrscheinlich,  wohl  aber  kann  er  auf 
einem  ausgesonderten,  von  hölzernen  Schranken  umzäunten 
Platze  (daher  lat.  tabeniaculum)  seine  Beobachtungen  machen.  VI  a 
8  verfale  pufe  arsfertur  trebeit  ocrer  peihaner  erse  stahmito  eso 
tuderato  est  wird  übersetzt :  Templum  ubi  adfertor  versatur 
arcis  piandae,  id  staiivum  sie  finitum   est.    Verfale  =  verbale 


(')  Auch  Stolz,  Histor.  Gramm,  d    lat.  Sprache  I  S.  270  u.  456  scheint 
ähnlich  zu  urteilen. 


u 


138  H.    DEGERING 

=  fanum,  templum  ist  aber  schon  nicht  sehr  glaubhaft,  da  kaum 
anzunehmen  ist  dass  die  Umbrer  allein  neben  *fesno  von  * f^s  lat. 
fanictn  =  fäsno  auch  noch  ein  Synonym  von  *uerdh  gebildet  haben. 
Verfale  nimmt  man  deshalb  auch  wohl  besser  als  verfale{f)  d.  h. 
Acc.  Plur.  von  *verfa.li  aus  ver-u-ali.  Derselbe  üebergang  von 
zu  f  scheint  vorzuliegen  in  umbr.  furfant  lat.  ferveo,  ferner  viel- 
leicht in  Saßiiim  aus  * Sauinim  vergl.  griech  ^awitm.  Es  würde 
dann  mit  dem  oskischen  veru,  (')  und  dem  umbrischen  verof  zur 
Wurzel  *var  (z.  B.  in  lat.  *aj)-iierio)  zu  stellen  sein  und  mit 
t  ümschliessendes,  Grenzen,  Schranken  "  zu  übersetzen  sein.  Pufe 
würde  dann  hier  wie  an  den  übiigen  Stellen  als  Acc.  Plur.  sich 
auffassen  lassen  und  trebeit  sich  auf  die  Thätigkeit  des  Adfertor 
bei  der  Festsetzung  dieser  Grenzen  des  Auguraltemplums  beziehen, 
also  etwa  mit  aussondern,  ziehen  oder  ähnlichen  Ausdrücken  zu 
übersetzen  sein. 

Aehnlich  liegt  die  Sache  auch  im  Oskischen.  Es  steht  anschei- 
nend nicht  einmal  ganz  fest,  ob  sich  die  Inschrift  42  auf  die  so- 
crenannte  Curia  Isiaca  bezieht  oder  nicht.  Dürften  wir  das  aber 
annehmen,  so  würde  schon  für  dieses  Gebäude  der  Begriff  des  >■  Hau- 
ses "  als  Wohnhaus  sehr  schlecht  passen,  und  Nissen  hat  das  auch 
wohl  gemerkt  und  deshalb  aus  der  Zusammenstellung  mit  lat.  trabs 
den  Begriff'  des  Peristylhauses  abzuleiten  versucht,  den  er  dann  in 
geschickter  Weise  auch  für  die  Inschrift  63  so  zu  verwenden  sucht, 
dass  er  sogar  die  beiden  Häuser  als  Standquartier  seines  Imiwra- 
tors  nachweisen  zu  können  glaubte.  Nachdem  nun  aber  sowohl 
anter  als  Sehsimbriis  festgestellt  ist,  und  damit  auch  diese  In- 
schrift durchaus  auf  das  Niveau  der  anderen  gerückt  ist,  dürfen 
wir  nicht  mehr  nach  besondern  Häusern  suchen,  sondern  die  In- 
schrift nennt  einfach  zwei  beliebige  Grundstücke,  welche  als  Grenzen 
der  von  der  Mannschaft  des  Sehsimbriis  zu  besetzenden  Strecke  der 
Verteidigungslinie  bestimmt  werden.  Ob  auf  diesen  Grundstücken 
Häuser  standen  oder  nicht,  ob  sie  ganz  bebaut  waren  oder  teil- 
weise, ob  prächtig  oder  dürftig,  das  ist  für  den  Zweck  der  Inschrift 
crleichcriltig :  es  handelt  sich  nur  darum,  die  Grenzen  des  zugewie- 
senen  Bezirkes  zu  bestimmen,  und  das  geschieht,  wie  in  60,  61,  62 

(!)  Osk.  veru  ist  wohl  mit  Planta,  Ind.  Forsch.  IV  264  als  Acc.  Plur. 
zu  erklären. 


UEBER    DIE    MILITAERISCHEN    WEGWEISER    IN    POMPEJI  139 

durch  Thor  und  Türme,  hier  durch  zwei  Besitztitel  von  Anliegern, 
eben  weil  dieser  Mauerstrecke  die  Türme  fehlten. 

Auch  für  den  Cippus  Abellauus  erscheint  der  Begriff  «  des 
Grundstückes  %  des  ausgesonderten,  abgegrenzten  Gebietes  zur 
Uebersetzung  von  *lrübu  geeigneter  als  der  des  Gebäudes  oder 
namentlich  des  Wohnhauses.  Es  handelt  sich  bei  den  hier  infrage 
kommenden  Bestimmungen  dieses  Gesetzes  oder  Vertrages  wohl  nur 
um  das  Einhegen  von  Spielplätzen  in  der  Nähe  des  Herculeshei- 
ligtums  auf  gemeinschaftlichem  Gebiete,  nicht  aber  um  grössere, 
feste  Bauten.  Das  Gesetz  bestimmt,  dass  solche  eincfefriedigften 
Plätze  ('),  welche  eine  jede  der  beiden  Gemeinden  beschliessen  und 
anlegen  dürfe  {senateis  suveis  tanginild  Iriharakavum  likilud), 
doch  von  beiden  Gemeinden  gemeinsam  benutzt  werden  und  Gemein- 
gut bleiben  sollten.  Für  grössere  Bauten  ist  diese  Bestimmung  un- 
verständlich, denn  sicherlich  würde  keine  der  beiden  Gemeinden 
sich  zu  der  üebernahme  solcher  Lasten  besonders  gedrängt  haben. 

Für  unsere  neue  Inschrift  aber  müssten  wir  mit  der  Uebersetzung 
"i  Haus »  für  Irihu  auf  jede  weitere  Deutung  und  sachliche  Erklä- 
rung verzichten,  denn  es  ist  schlechterdings  in  der  Nähe  derselben 
und  in  der  Richtung  auf  das  foro  triangolare  zu  kein  «  Volks- 
haus »  zu  finden,  auf  das  die  einschränkende  Bezeichnung  am-pl 
Menerv{as  sakaraklod)  passen  könnte.  Wie  oben  gesagt,  ist  es  aber 
nicht  sicher,  ob  die  Inschrift  42  auf  die  Curia  Isiaca  (Palaestra) 
zu  beziehen  ist,  da  die  später  eingefügte  Trennungsmauer  zwischen 
dem  Isistempel  und  der  Palaestra,  in  die  sie,  man  weiss  nicht  ein- 
mal ob  als  Inschrift  oder  als  Baustein,  verbaut  war,  keinesfalls  ihr 
ursprünglicher  Platz  sein  konnte.  Sie  wird  aber  jedenfalls  auf  eine 
Localität  in  der  Nähe  zu  beziehen  sein,  und  dann  liegt  es  nahe  62 
sowohl  als  auch  die  neue  Inschrift  auf  ein  und  dasselbe  Local  zu 
beziehen,  nämlich  auf  das  Forum  trianguläre.  In  42  ist  dann  mit 
ekak  triihum  nur  der  ^  Platz  »  «  Marktplatz  «  schlechthin  be- 
zeichnet, da  der  Ort,  wo  die  Inschrift  ursprünglich  angebracht 
war,  sicherlich  jeden  Zweifel  an  der  Beziehung  ausschloss.  In  der 
neuen  Inschrift  dagegen,  die  eine  unmittelbare  örtliche  Beziehung 


(1)  Trlbarakkiuf  und  trlbarakavum  von  *trlb  und  arcere ;  wie  man 
sieht  kömmt  auf  diese  Weise  auch  der  zweite  Teil  des  Compositums  zu  seiner 
Geltungr. 


140  H.    DEGERING 

nicht  besass,  ist,  um  jeden  Irrtum  auszuschliessen,  eine  detaillirtere 
Bezeiohuiing  gewählt.  Zunächst  ist  idv{tikad)  hinzufügt  um  das 
..  Gnmdstück "  dadurch  bestimmter  als  ein  öffentliches  als  deu 
«  Marktplatz  -^  zu  bezeichnen,  und  durch  den  zweiten  Zusatz  am2)l 
Menerv{as  sakaraklod)  wird  dieser  Platz  von  anderen  z.  B.  dem 
Forum  civile  unterschieden. 

Ampt  haben  Avir  oben  als  Praeposition  angesprochen  ohne  vor- 
läufig auf  Ableitung  und  Bedeutung  näher  einzugehen;  wir  wollen 
das  nun  hier  nachholen.  Was  zunächst  die  Ableitung  anbetrifft,  so 
verhält  sich  wohl  amjJt  zum  griech.  di^nfi  lat.  *ambi  (in  amhi- 
vitnn),  vc'ie  lat.  post  zu  uuibr.  ;9ms;  wie  umbr.  oak.pert  zu  griech. 
7rfQi\  lat,  umbr.  per;  wie  lat.  a/itej  osk.  ant  zu  griech.  clia.  Dem 
Einwurfe,  den  mir  Bücheler  brieflich  macht,  dass  osk.  arnf  (statt 
amb-amp)  feststeht,  amfrel  =  *amfr  -\-  et,  kann  man  vorderhand 
damit  begegnen,  dass  es  noch  eine  ganze  Reihe  von  AVorten  giebt 
im  Oskischen  sowohl  wie  im  Umbrischen,  wo  p  für  /'  steht,  und 
wenn  auch  einerseits  noch  nicht  genügend  erklärt  so  doch  anderer- 
seits auch  nicht  bestritten  oder  durch  Conjectur  beseitigt  werden 
kann  (').  Als  Bedeutung  ergiebt  sich  dann  für  ampt  «um  "  «  um- 
herum  «. 

Die  Ergänzung  von  Mener  und  dem,  was  dahinter  an  Farben- 
resten in  der  dritten  Zeile  erhalten  ist,  zu  Menervas  oder  Menerhas, 
ist  wohl  kaum  zweifelhaft.  Die  vierte  und  fünfte  Zeile  lassen  sich 
aber  ebenfalls  mit  Ausnahme  des  Namens  des  Streckencommandan- 
ten mit  ziemlicher  Sicherheit  ergänzen.  So  scheint  puf  durch  die 
S.  135  erwähnten  Graffiti  am  Fusse  des  Pfeilers  gesichert  und  damit 
natürlich  auch  faamat  und  ein  Name.  Das  von  mir  eingesetzte  m- 
karakldd  ist  einmal  dem  Sinne  nach,  wenn  auch  nicht  erforderlich, 
so  doch  ganz  passend,  und  andererseits  wird  dadurch  der  vorhandene 
Kaum  genau  ausgefüllt.  Durch  Einsetzen  von  entsprechenden  Buch- 
staben kann  man  sich  überzeugen,  dass  der  unter  dem  e  von  Mener 
erhaltene  Querstrich  mit  dem  oberen  Teile  des  d  von  sakaraklüd 
zusammenfallen  würde  ;    ein  Punkt  und  puf  füllt  dann  die  Zeile 

(')  Auch  im  Lateinischen  ist  vielleicht  *amp  erhalten,  falls,  was  ich  vor- 
läufig nicht  nachprüfen  kann,  Thewrewk  im  Festus  amptermini  nach  hand- 
schriftlicher Lesart  giebt.  Vergl.  Planta,  Gramm.  I  4G4  f.  [Die  drei  von  mir 
verglichenen  besten  Hschr.,  der  Guelferbytanus  Monacensis  und  Trecensis,  ha- 
ben in  der  That  amptermini.  Ch.  H.] 


UEBKR    DIE    MILITAERISCHEN    WEGWEISER    IN    POMPEJI  141 

ungefähr  in  der  Ausdehnung  der  ersten  Zeile.  Faamat  -]-  Name 
bilden  auch  in  61  und  62  die  letzte  Zeile. 

Die  Bezeichnung  des  Forum  trianguläre  als  das  um  das  Mi- 
uervaheiligtum  gelegene  belehrt  uns  also,  dass  der  griechische 
Tempel  der  Minervatempel  ist,  denn  da  dieses  als  Hauptheiligtum 
des  Platzes  durch  Lage  und  Ausdehnung  zu  erkennen  ist,  so  ist 
jede  Beziehung  auf  eine  der  anderen  kleinen,  sacralen  Baulichkeiten, 
die  ja  auch  z.  T.  erst  späterer  Zeit  angehören,  ausgeschlossen. 

Während  wir  nun  aber  im  Bisherigen  uns  im  ganzen  durchaus 
an  Nissen'  s  -Auffassung  anschliessen  konnten  und  seine  Ansicht 
mit  gewissen  Modificationen  ausführlicher  zu  beweisen  und  zu  be- 
stätigen versucht  haben,  werden  wir  ihm  in  der  Interpretation  der 
einzelnen  Worte  so  gut  wie  nirgends  folgen  können.  Amviannud 
und  triibud  haben  wir  bereits  erörtert ;  es  bleibt  uns  nur  noch 
übrig  auch  auf  eltuns,  puf  und  faamat  näher  einzugehen. 

Dass  das  Wort  eituns  zu  dem  lat.  ire  in  Beziehung  steht 
darf  wohl  als  sicherer  Ausgangspunkt  betrachtet  werden,  und  die 
Meinungen  sind  wohl  nur  darüber  geteilt,  ob  eituns  Verbalform 
oder  Nominalform  ist. 

Nissen  erklärt  nach  Büchelers  Vorgange  eüuns  als  *itunus 
=  üer.  Einmal  aber  ist  die  Ableitung  dieser  Form  durchaus  nicht 
klar,  denn  dem  lat.  itiaer  gegenüber  lässt  sich  das  u  nicht  erklä- 
ren, und  eituns  als  '*'eituniis  von  '*'eUu  lat.  üus  abzuleiten  ver- 
bietet die  dem  Suffix  no  innewohnende  Bedeutung. 

Andererseits  haben  wir  aber  auch  noch  eine  dem  eituns  genau 
gleichgebildete  Form  in  deivatuns,  welche  von  *deivauin  gerade  so 
gebildet  ist,  wie  eituns  von  *eium.  Diese  beiden  Formen  stützen 
und  schützen  sich  gegenseitig  und  es  ist  nicht  gut  möglich  sie  in 
verschiedener  Weise  zu  erklären  resp.  gar  die  eine  durch  Annahme 
eines  Schreibfehlers  in  der  Inschrift  zu  bezeitigeu. 

Die  T.  B.  hat  von  Zeile  9  an:  factud  jjous  tovto  deivatuns 
tanginom  deicans  siom  dat  eizaisc  idic  tangineis  deicum,  pod  va- 
laemon  tovticom  tadait  ezum.  In  diesem  Satze  ist  ein  Acc.  c.  inf. 
enthalten  —  siom  dat  eisasc  idic  tangineis  deicum  —  der  nur  von 
deivatuns  abhängig  sein  kann.  Es  sind  dann  aber  nur  zwei  Mög- 
lichkeiten vorhanden ;  entweder  deivatuns  als  Participium  zu  fassen, 
das  dem  deicans  syntactisch  untergeordnet  ist,  oder  aber  darin  eine 
Form  des  verb.  fin.  zu  sehen,   die   demselben  syntactisch  gleich- 


142  H.    DEGERING 

wertig  d.  h.  also  gleichfalls  eine  Conjunctivform  des  Praesens  ist. 
Im  ersteren  Falle  müssten  wir  aber  doch  wohl  eher  Correspon- 
sion  des  attributivischen  Participiums  zu  seinem  Substantiv  lovto 
d.  h.  also  deivato  erwarten,  als  man  glauben  kann,  dass  dieses 
Participium  grammatisch  nach  dem  xctTu  avveoiv  mit  tovto  ver- 
bundenem deicaas  sich  richten  solle.  Dazu  kommt  noch,  dass  diese 
an  sich  schon  unwahrscheinliche  Deutung  aber  auch  noch  die  An- 
nähme  zu  hilfe  ziehen  muss,  dass  deivatims  für  deivatus  verschrie- 
ben sei,  denn  Brugmann's  (Indog.  Forsch.  V  96  Anm.  1)  Parallele 
delvatuiis-humuiis  hat  nicht  die  geringste  Wahrscheinlichkeit,  da 
das  Suffix  ö-O/iis  besonders  dort,  wo  es  neben  -us  vorkommt,  dem 
Worte  eine  Bedeutungssteigerung  verleiht,  an  die  man  bei  deiva- 
tuns  doch  nicht  denken  kann.  Auch  stände  diese  Form  als  eine 
Weiterbildung  von  einem  Participialstamm  gänzlich  isoliert. 

Dagegen  kann  man  deivatims  ohne  jeglichen  grammatischen 
Anstoss  als  Conj.  Praesentis  ansehen,  so  dass  die  lateinische  üe- 
bersetzung  der  Stelle  folgendermassen  lauten  würde:  ut  populus 
jurent,  sententiam  dicaat,  se  de  Ulis  rebus  id  senlenüae  dicere, 
quod  Optimum  publicum  ceaseal  esse.  Das  Asyndeton  von  jurent 
imd  dicant  ist  doch  nicht  gerade  autfällig.  In  gleicher  Weise  kann 
man  aber  auch  eituns  als  8.  Plur.  Conj.  Praes.  resp.  Imper. 
auffassen  =  '  eaiiV  resp.  eunto.  Lautlich  dürfte  die  Form  wohl 
so  zu  erklären  sein,  wie  es  zuerst  von  Bugge  (K.  Z.  XXIII  389  tf.) 
ausgesprochen  wurde,  dass  nämlich  eüuas  eine  Analogiebildung  sei, 
die  sich  an  *eilud  anschliesse,  wie  deicans  an  deicad,  pmtiaas  an 
putiad.  Hierzu  kann  man  dann  auch  deivatum  stellen.  Die  oski- 
sche  Sprachgruppe  hat  offenbar  von  a  Stämmen  und  vielleicht  auch 
von  unthematischen  vocalischen  Stämmen  (wie  z.  B.  *^/)  keinen 
Conj.  Praes.  gebildet  resp.  denselben  verloren,  den  wir  im  Umbri- 
schen  durch  aseriaia,  portaia.  etaians  belegen  können.  Die  For- 
men deioaid  und  tadait,  welche  in  der  Tabula  Bantina  syntactisch 
als  Conjunctive  auftreten,  sind  ihrer  Bildung  nach  Optativformen, 
welche  ersatzweise  die  Funktionen  des  Conjunctivs  übernommen 
haben.  Ob  auch  im  Plural  dieselbe  Vertretung  stattfand,  ist  vor- 
derhand nicht  auszumachen,  da  man  ex  silentio  natürlich  nicht 
schliessen  kann,  dass  sie  nicht  möglich  gewesen  sei.  Aber  selbst 
wenn  dieselbe  in  Gebrauch  war,  so  ist  damit  nicht  ausgeschlossen, 
dass  die  Osker  neben  diesen  Optativformen  auch  noch  andere  Er- 


UEBER    DIE    MlI.rr.VERISCHEN    WEGWEISER    IN    POMPEJI  143 

satzformen  schufen  und  benutzten.  Auch  für  die  dritte  Plur.  des  Im- 
perativs fehlen  (abgesehen  von  eiluns)  Belege  aus  dem  oskischen 
Sprachgebiete.  Da  aber  in  der  Bildung  dieser  Formen  die  latei- 
nische und  die  umbrische  Sprache  differieren  : 

lat.       habet         habeto 

habent       habento 
umbr.  habetu 

habeiiUUj 

und  die  Bildungsweise  der  umbrischen  Formen  wohl  mit  Be- 
stimmtheit der  Periode  der  Einzeldialekte  zugewiesen  werden  kann, 
so  steht  meiner  Ansicht  nach  der  Annahme  Nichts  entgegen,  dass 
die  oskische  Sprache  einen  von  beiden  abweichenden  dritten  Weg 
einschlug  und  in  der  von  Bugge  erkannten  Weise  von  actiul,  dei- 
vatud,  eitud,  actum,  deüvatims,  eiluns  bildete.  Da  sich  aber  die 
Bedeutungssphäre  des  Imperativ's  und  Conjunctiv's  sehr  eng  be- 
rühren, so  ist  es  auch  nicht  zu  verwundern,  wenn  in  der  ä  Classe 
diese  Formen  für  die  fehlenden  Conjunctivformen  mit  verwendet 
wurden,  zumal  sie  auch  in  ihrer  Bildung  mit  secundärem  Suffix  ns 
an  den  Conjunctiv  sich  anschliessen. 

Wir  kommen  nun  zu  dem  Worte  imf.  Haben  wir  eltims,  als 
eant,  eunto  erklärt,  so  können  wir  selbstverständlich  nicht  die  üb- 
liche Deutung  von  7^2^/"  =  lat.  ubi  beibehalten,  denn  eüims  ver- 
langt ein  Subject,  und  dieses  kann  nicht  durcli  einen  Satz  gegeben 
werden,  der  mit  ubi  beginnt.  Die  Deutung  puf  --  ubi  hängt  zu- 
sammen und  ist  veranlasst  durch  die  Aufrecht-Corssensche  (')  Er- 
klärung von  faamat  —  habitat,  während  es  doch  bei  weitem  näher 
liegt,  die  geforderte  Bedeutung  des  Commandierens  von  fama  abzu- 
leiten, wie  von  Planta,  Gramm.  II,  S.  610  thut.  Faamat  ^^  habi- 
tat könnte  doch  nur  den  dauernden  Aufenthalt,  nicht  aber  die 
Führung  des  Commandos  bezeichnen,  wie  ja  thatsächlich  auch  ha- 
bitat so  gebraucht  wird.  Vergl.  Bücheler  Rh.  M.  N.  F.  LIII,  S.  207. 
Dann  musste  man  natürlich  zu  fämat  =  habitat  puf  als  ubi  erklä- 
ren, und  da  dieser  Erklärung  lautliche  Schwierigkeiten  nicht  entge- 
genstehen, so  konnte  man  sich  um  so  leichter  dabei  beruhigen. 
Wenn  wir  aber  fämat  von  fama  ableiten,  so  verlangt  dieses  Wort 

(1)  Aufrecht-KirchhofiF,  Umbr.  Sprd.  I,  76.  Corssen,*K.  Z.  22,  290  ff. 


141  H.    DEGERING 

als  transitives  Verbum  ein  Object  und  wir  müssen  deshalb  jmf  als 
Acc.  PL  als  quos  interpretieren.  Dadurch  gewinnen  wir  dann  aber 
zugleich  das  oben  geforderte  Subject  zu  eituas.  die  Addresse  der 
Inschriften,  Nr.  60  würde  also  z.  B.  in  lat.  Uebersetzung  folgen- 
dermassen  lauten : 

Hoc  margiiie  eunto  iiiler  turrim  dmdeeimam  et  portam  Sa- 
lariam,  quos  alloquitur  (')  Mr.  Ädirius    V.  f. 

Gegen  diese  Deutung  von  ji^f  als  Acc.  Pluralis  qms  wird 
man  vermutlich  wie  gegen  die  Büchelersche  Deutung  von  ecuf 
(Rh.  M.  XXXV  S.  495  ff.)  geltend  zu  machen  suchen,  dass  die 
oskische  Sprachgruppe  im  Gegensatz  zu  der  umbrischen  den  Acc. 
Flur,  auf  ss  bilde,  wie  feihuss,  e/cass  etc.  beweisen,  aber  diesen 
Gründen  kann  solange  eine  zwingende  Kraft  nicht  zugemessen  wer- 
den, als  man  auf  der  anderen  Seite  im  neuumbrischen  einen  ein- 
maligen Acc.  Plur.  auf  ns  in  abrons  zugeben  muss,  denn  alle 
Versuche  dieses  Wort  anders  denn  als  Acc.  PI.  erklären  zu  wollen, 
würden  an  der  direkten  sachlichen  und  wörtlichen  Parallelität  von 
Icr.  Taf.  VII  a  43  und  Ib  S'S  einerseits  und  der  sachlichen  Identität 
von  VII  a  3  und  VII  a  43  andererseits  scheitern.  Auch  der  Brug- 
mannsche  Versuch  (von  Planta,  Gramm.  I  510)  abrons  auf  den 
Stamm  *apröd  zurückzuführen,  ist  abgesehen  davon,  dass  wir  dann 
nach  Analogie  von  manf  abronf  erwarten  müssten,  auch  deshalb 
nicht  annehmbar,  weil  die  völlige  Identität  von  *apröii  und  *«;jro 
nicht  sicher,  ja  nicht  einmal  wahrscheinlich  ist.  Entweder  wird 
man  deshalb  Wall  trotz  Bücheler's  (Umbrica  S.  126)  Ausführun- 
o-en  über  die  Stellung  der  Zahlworte  abriinu  in  ab'ru  unu  auf- 
lösen  müssen,  oder  aber  abrurrn  bezeichnet  hier  einen  besonde- 
ren, wohl  einen  «  Masteber  " .  Derselbe  Unterschied  wird  auch  im 
Lateinischen  ursprünglich  zwischen  imvus  und  imvo^  capus  und 
capo,  aquila  und  aquilo  bestanden  haben.  In  den  ersten  beiden 
Fällen  haben  die  das  Exemplar  als  ein  ausgezeichnetes  seiner  Gat- 
tung erklärenden  Formen  die  alten  verdrängt ;  im  letzten  Falle  hat 
sich  ein  metaphorischer  Gebrauch  entwickelt  —  aquilo  der  grosse 
schwarze  Himmelsadler  —  die  dunkle  AVetterwolke. 

Müssen  wir  aber  umbr.  abrons  neben  apruf  und  abi^of  als 
gleichberechtigt    anerkennen,   so    ergiebt   sich  daraus   ebenso   wie 

(')  Quos  alloquitur  für  quibus  imperat. 


UEBEU    DIE    MILITAERISCHEN    WEGWEISER    IN    POMPEJI  145 

aus  dem  Umstände,    dass  z.  B.  die  sec.    PJudung  ns  der  8.  Pers. 
Plur.  nicht  zu  /"  geworden  ist,   mit   Wahrscheinlichkeit,  dass  der 
Unterschied  zwisclien  diesen  ns,  ss  und  f  wolil   mehr   ein   ortho- 
graphischer war,  als  ein  wirklich  in  der  Pronunciation  zum  Aus- 
druck kommender.  Daim  liegt  aber  gar  kein  Grund   vor   oskische 
Acc.  Plur.  zumal  von  Pronominalstämmen,  wie  puf  und  ecuf  als 
unmöglich  zu  bezeichnen.  Wenn  Danielson  (Altit.  Stud.  TU  S.  152) 
und  Pauli  (Altit.  Stud.  V  S.  47)  gegen  Rüchelers  pedes  paucos 
hos  incubat  die  lat.  Formeln  hie  jacet,  hie  situs  est  und  das  fali- 
skische  he  ciqml,  falisk.-lat.  heic  eiibat  in's  Feld  führen,  so  tiber- 
sehen sie  oder  würdigen  zu  wenig,  dass  dort  nicht  eubat  sondern 
incubat  steht  und  auch  ohne  Zweifel  poütische  Form  vorliegt.  Ich 
kann    natürlich    an    dieser    Stelle   nicht    das    ganze  Capitel  über 
US  -—  f  ausführlicher  behandeln,  aber  ich  will  nur  noch   hinzufü- 
gen, dass  man  sogar  Danielson  den  Hauptstützpunkt  entziehen  und 
ihm,  während  er  im  oskischen  ns^=  f  leugnet,  dagegen   das  um- 
brische  j^iiß  als  Localadverb  streitig  machen  kann.   Denn  einer- 
seits ist  da,  wo  zweifellos  die  umbrische  Form  für  ubi  in  direk- 
ter Corresponsion  zu  ife  erwartet   wird   (VI  b    39,   40),  pue    ge- 
braucht, und  andererseits  entspricht  dem  pufe-quos  ein  pafe-quas 
(VII  a  52),  ferner  lassen  die  betreffenden  Stellen  (I  b  33,  VI  a  8, 
VI  b  50,  VII  a  43),  an  denen  jjufe  vorkommt,  recht  Avohl  eine  Deu- 
tung mit  pufe  —  quos  zu.  VI «  8  haben  wir  schon  oben  S.  137  f. 
erörtert;  dass  I Z»  33  und  VII  a  43  2nife  apruf  resp.  abrons  mit 
quos  apros  übersetzt  werden  kann,  darauf  genügt  es  wohl  hinge- 
Aviesen  zu  haben.  VI  b  50 :  jjone  esonome  {pir)  ferar,  pufe  pir 
entelust,  ere  feriu  poe  perca  arsmatiam  habiest,  übersetze  ich : 
Cum  in  sanctuarium  feratur,  in  quos  ignem  imposuerit.  eorum 
is  ferto  (intro)    qui   virgam    imperatoriam   habebit.    Hier  mag 
pufe  =  pufe  -f-  e  sein.  Pir  kann  mit  *puro  nicht  ganz  identisch 
sein,  denn  während  pir  Neutrum   ist,  ist  *puro  Masc.  oder  Fem. 
Ersteres  ist  wohl  das  Feuerungsmaterial,  letzteres  dagegen  das  Feuer 
selbst  (oder  der  Brandaltar'?).  Es  ist  der  Sache  nach  selbstverständ- 
lich, dass  das  Feuerungsmaterial  im  Opferzuge  mehrere  Personen 
trugen  (');  am   Heiligtum  angekommen   durfte   es   aber   nur  der 
hineintragen,  welcher  die  perca  arsmatia  führte. 

(^)  Man  vergl.  z.  B.  die  Darstellung  eines  solchen  Festzuges  auf  der 
Bologneser  Sit'ila  abgeb.  bei  Zannoni,  Scavi  della  Certosa,  Tav.  XXXV, 
6  u.  7. 

10 


1-1»'  H.  DEGKRING,  LEBER  DIE  M  II.ITAERISCHEN   WEGWEISER  IN   POMPEJI 

Büchelers  Abhandlung  im  Rh.  Mus.  LIII  S.  205  f.,  die  er- 
schiea  als  diese  Arbeit  bereits  abgeschlossen  war,  ist  nur  in  ein- 
zelnen Punkten,  die  sich  noch  nachträglich  einschieben  Hessen, 
berücksichtigt.  Es  ist  das  wohl  um  so  mehr  entschuldbar,  als  ß. 
auch  hier  durchaus  auf  dem  schon  früher  vertretenen  und  in  der 
vorstehenden  Abhandlung  eingehend  besprochenen  Standpunkte  ver- 
harrt, während  das  Neue,  was  er  zu  bieten  scheint,  auf  der  falschen 
und  unvollständigen  Lesung  Sogliano's  beruht. 

Göttingen,  April. 

H.  Degering. 


L  A  0  K  0  0  N 

(Tafel   VI) 


Von  der  -  tragischen  Idylle  ",  wie  Goethe  mit  richtigem  Gefühle 
und  bezeichnenden  Worten  die  Laokoongruppe  im  vaticanischen 
Belvedere  nannte,  hatten  wir  bis  jetzt  keine  antiken  Nachbildungen 
in  Marmor.  Denn  sowohl  der  Aremberg' sehe  Kopf  ('),  wie  der  des 
Marchese  Litta  (^)  in  Villa  Leinate  bei  Mailand  und  die  Köpfe  im 
Palazzo  Spada  (•')  und  der  aus  dem  Besitze  Campana's  nach  Pe- 
tersburg gelangte  ( ')  sind  wie  die  jüngst  in  Keggio  di  Calabria  (^)  zu 
Tage  gekommene  Gruppe  mit  Kecht  für  moderne  Arbeiten  erklärt 
worden,  und  der  von  Förster  im  Jahrbuche  1891  Taf.  3.  S.  189 
pnblicirte  Kopf  in  Bologna  wird,  wie  der  Herausgeber  richtig  aus- 
führte, eher  einem  Giganten  angehört  haben.  Somit  hätten  wir  bis 
jetzt  keine  Replik  des  Laokoonkopfes  in  dem  Material  des  Origi- 
nales, und  desto  glücklicher  bin  ich  über  den  Zufall,  der  mich  ein 
kleines  Köpfchen  in  Ilom  sehen  liess,  das  sich  mir  beim  ersten 
Anblicke  als  nicht  anzuzweifelnde  antike  Nachbildung  des  Lao- 
koonkopfes ergab  und  auch  gewiss  bei  jedem  Betrachter  denselben 
Eindruck  hervorrufen  wird. 

Das  mit  dem  Hals  63  mm  hohe  Köpfchen  wurde  vor  vier  bis 
fünf  Jahren  in  einer  Vigna  gegenüber  S.  Agnese  vor  Porta  Pia  ge- 
funden und  befand  sich  seither  im  römischen  Kunsthandel.  Die 
Tafel  VI  bringt  zwei  nach  Photographien  hergestellte  Ansichten  C'). 
Das  Material  ist  feinkörniger,  stark  transparenter,  wohl  griechischer 
i\Iarmor  mit  einem  Stiche  in's  Graue.  Der  Kopf  ist  mit  dem  Halse 

(')  J/on.  dcAV  Ist.  II  tav.  41  A  \-';A.  Förster  in  Verliandlungen  der  40. 
Versammlung  deutscher  Philologen  in  Görlitz  S.  298  if. 

(2)  Storia  delle  arti  del  disegno  di   Winkelmann  t.  II  p.  188. 

(3)  Beschreibung  der  Stadt  Rom  III,  3  S.  445. 
{*)  Arch.  Zeitung  1803,  Taf.  178.  2. 

(•^)  Köm.  Mitth    1895  S.  284  ff. 

{'')  Ein  guter  Abguss  ist  durch  den  Gipsgiesser  Gherardi  (via  Sistina  56) 
hergestellt  worden  und  kann  von  ihm  zum  Preise  von  4  Lire  bezogen  werden. 


148  !-•    POl.LAK 

erhalten.  Von  dem  überaus  üppigen  Haupthaare,  das  in  breiten 
Massen  herabwallt,  ist  etwas  unter  dem  Scheitel  hinten  ein  Stück 
ausgebrochen,  von  den  Haarlocken  an  der  Stirue  ist  seitlich  an  der 
rechten  und  ebenso  an  der  linken  Schläfe  je  eine  Lockenpartie  be- 
stossen.  Die  Unterstirne,  über  die  zwei  horizontale  Falten  sich  hin- 
ziehen, tritt  mächtig  hervor.  In  dem  in  Schmerze  weit  aufgerissenen 
Auge  ist  der  Stern  durch  einen  Üreiviertelkreis,  die  Pupille  durch 
eine  runde  Vertiefung  wiedergegeben.  Von  der  Nase  fohlt  etwa  die 
Hälfte.  Ein  starker,  sich  theilender  Schnurrbart  bedeckt  die  Ober- 
lippe, der  Mund  selbst  ist  halbgeöffnet,  ein  dichter  Bart  umwallt 
das  Gesicht.  Der  muskulöse  Hals  muss  mit  einer  ätzenden  Flüs- 
sif'keit  vereinigt  worden  sein,  denn  er  hat  die  Epidermis  einge- 
büsst.  An  seiner  linken  Seite  ist  unterhalb  der  Haarenden  ein  etwa 
3  mm.  dickes  2  cm.  langes,  11  cm.  hohes  Stück  abgesplittert.  Eine 
kleine  Abschürfung  an  der  rechten  Wange  ist  kaum  bemerkbar. 
Während  die  Fleischtheile  mit  einer  bei  so  kleinen  Dimensionen 
ungewöhnlichen,  geradezu  an  Elfenbeintechnik  gemahnenden  Fein- 
heit und  Sorgfalt  ausgeführt  sind,  sind  die  Haare  in  breiten  Par- 
tien angelegt,  die  durch  mit  dem  Bohrer  gearbeitete  Gänge  sich 
von  einander  loslösen  ;  die  einzelnen  Haare  sind  in  den  Strähnen 
nur  in  geringem  Maasse  angedeutet.  Es  haften  noch  hie  und  da 
im  Gesichte  und  an  tieferliegenden  Stellen  Reste  von  Ptlanzen- 
wurzeln,  wie  sie  sich  im  Erdi-eiche  anzusetzen  pflegen. 

Die  ganze  Arbeit  und  besonders  die  Art,  in  der  die  Augen- 
sterne und  Pupillen  wiedergegeben  sind,  führt  auf  die  zweite  Hälfte 
des  zweiten  nachchristlichen  Jahrhundertes. 

Aus  der  auffallenden  Kleinheit  einiger  der  uns  erhaltenen  In- 
schriften der  drei  Meister  des  Laokoon  hatte  Heibig  (')  den  Schluss 
gezogen,  dass  es  im  Alterthume  kleine  als  '  objets  d'etagere '  ge- 
brauchte Copien  grosser  Kunstwerke  dieser  Schule  gegeben  habe 
und  dass  dabei  die  Inschriften  mitübertragen  wurden.  Kekule  {})  hin- 
gegen hatte  aus  der  genannten  Thatsache  auf  '  von  Haus  aus  kleine 
AVerke '  dieser  Meister  geschlossen.  Unser  Exemplar  scheint  mir 
der  ersteren  Ansicht  Recht  zu  geben.  Die  ganze  kleine  Gruppe  wird 
nach  dem  Maasstabe  des  Köpfchens  schwerlich  über  28  cm.  hoch 


(i)  Bull  1867,  p.  144. 

(*)  Zur  Deutung  und  Zeitbestimmung  des  Laokoon  S.  27. 


LAOKOON  149 

gewesen  sein.  Eine  andere  nun  verschollene  kleine  von  Michelan- 
gelo vielgepriesene  Replik  des  Laokoou  sah  der  römische  Antiquar 
Ulisse  Aldroandi  um  die  Mitte  des  IG.  Jhdts  im  Hause  des  M.Mario 
Macaroni  a  Macello  di  Corvi,  die  er  als  "  piccolissimo  torso  di  Lao- 
cooiite  co)i  Uli  poco  del  serpe  dieiro  '  beschrieb  ('). 

Natürlicherweise  raussten  bei  einer  so  enormen  Reduction  ab- 
gesehen von  der  freieren  Haltung  des  Köpfchens,  das  sich  nicht  so 
stark  zur  Seite  biegt,  viele  grosse  Züge  des  Originals  verloren  gehen 
oder  wenigstens  zurücktreten.  Vor  Allem  konnte  der  Meister  der 
kleinen  Replik  —  wir  dürfen  ihn  in  Hinsicht  auf  die  vortreffliche 
Ausführung  des  Nackten  so  nennen  —  die  am  Originale  so  unver- 
gleichlich wirkende,  von  Brunn  (-)  mit  treffenden  Worten  hervorge- 
hobene Auflösung  der  Haare  in  kleine  Partien  nicht  durchführen. 
Durch  die  mehr  summarische  Behandlung  der  üppigen  Haare  in 
der  Copie  hat  sich  ein  an's  Barbarische  streifender  Zug  beigesellt, 
der  dem  Originale  mangelt.  Hingegen  scheint  mir.  dass  durch  die 
plastische  Angabe  der  Augensterne  und  die  dadurch  bedingte  Be- 
stimmtheit des  Blickes  der  Ausdruck  des  Leidens  eine  'grosse  Stei- 
gerung erfahren  hat,  und  unser  Köpfchen  hierin  über  das  Original 
noch  hinausgeht. 

Wenn  nun  also  auch  mehrere  Jahrhunderte  zwischen  dem 
Originale  und  der  Copie  liegen,  so  dürfen  wir  ims  doch  freuen,  eine 
antike  Replik  wieder  unser  nennen  zu  können,  denn  sie  ist  eine 
Replik  von  demjenigen  Kunstwerke,  welches  bis  auf  die  Ver- 
drängung durch  die  Parthenonsculpturen  durch  so  lange  Zeit  der 
Welt  als  Antike  xar  i^ox^v  galt,  und  von  der  grossartigen  Con- 
ception,  dem  übergewaltigen  Ausdrucke  des  Leidens,  welcher  die 
grössten  Künstler  mitriss,  die  feinsten  Federn  in  Bewegung  setzte, 
weht  noch  ein  gross  Theil  in  dem  kleinen  Köpfchen  (•^). 

Rom,  Ende  Juni  1898.  Ludwig  Pollak. 

0  Delle  Statue  anticke  in  Mauro,  le  antichitä  dellu  cittä  di  Roma, 
p.  267. 

(2)  Gesch.  d.  <jr.  Künstler  I  S.  487. 

(3)  [Ich  darf  hinzufügen,  dass  die  Echtheit  des  Kopfes  aucli  mir  über 
allem  Zweifel  ist,  die  Feinheit  der  Ausführung  bemerkenswerth.  Dann  auch 
die  Zeit  scheint  mir  vom  Verf.  richtig  bestimmt,  vornehmlich  auf  grund  des 
Augensterns,  den  ich  allerdings  etwas  anders  sehe,  so  wie  er  in  Antonini- 
scher  Zeit  gemacht  wurde.  Den  Ausdruck  des  Pathos  finde  ich  nicht  gestei- 
gert sondern  gemässigt.     P.J 


FUXDE   UND  FORSCHUNG. 


Indem  ich  nach  einer  Pause  meiue  Berichterstattuug  \viedfr 
aufnehme,  und  es  nunmehr  nicht  allein  das  ganze  Jahr  1897 
sondern  auch  noch  einen  Theil  des  vorhergehenden  zu  überblicken 
gilt,  darf  vielleicht  auch  noch  etwas  weiter  ausgeholt  werden. 
Im  nördlichen  Italien  haben  die  Arbeiten  der  letzten  Decennien 
ein  immer  mehr  sich  zusammenschliessendes  und  belebendes  Bild 
ältester  Culturentwickelung  geschatfen  ('),  und  damit  sind  aus 
der  litterarischen  Ueberlieferung  die  Namen  und  Wanderungen  der 
Völker  als  die  Träger  dieser  Cultur  von  dem  einen  mehr,  von  dem 
andern  weniger  kühn,  aber  auch  inhaltlich  abweichend  in  Ver- 
bindung gesetzt  worden. 

Erst  später  ist  am  entgegengesetzten  Ende  Italiens,  auf  Sici- 
lien  die  Erforschung  der  Anfänge  ernstlich  in  Angriff  genonnuen. 
Was  Cavallari  und  v.  Andrian.  Salinas  und  Mauceri  begonnen 
hatten  tritt  weit  zurück  hinter  dem  was  P.  Orsi  seit  fast  einem 
Decennium  in  seiner  auf  den  Osten  der  Insel  begrenzten  —  neuer- 
dings etwas   erweiterten    Provinz  geleistet  hat.  Ja  wenn  man  die 

(')  Für  die  Laiidschaft'.-n  nördlich  vom  Apennin  liegt  jetzt  in  Mnnte- 
lius,  la  civilisation  primitive  ca  Italie  I  ein  l'rachtwerk  vor,  mit  reichster 
Litteraturangabe  und,  nur  za  eleganten,  Abbildungen,  Derselbe  Gelehrte  hat 
im  Journal  of  the  anthropolof/ical  Institute,  febr.  1897,  S.  261  den  ]\[uth 
gehabt,  eine  preclassical  chronolo(jy  in  Greece  and  Italy  zu  entwerfen,  ohne 
andern  Anhalt  als  den  Formenwecli>el  des  Ceräths.  Indem  M.  ung.  bei  2<'>0() 
V.  C.  beginnt,  gewinnt  er  nach  c.  zwölf  Jahrhunderten  etwas  festeren  Boden. 
Wenn  hier  nun  aber  aus  den  vagen  allgemeinen  Berechnungen  sich  ergiebt, 
dass  die  Gräber  Regul  i  n  i- G  alassi  in  Caere,  del  Duce  in  Vetulonia. 
Bernardini  in  Palestrina  um  zwei  Jahrhunderte  älter  sein  sollen  als  die 
tomba  d'Iside  in  Vulci,  so  kann  die  Itechnung  nicht  riclitig  sein.  Die 
Methode  '  auf  des  Ganze  '  die  Chronologie  zu  gründen,  statt  vom  Einzelnen 
auszugehen,  dürfte  etwas  zu  praehistorisch  sein. 


E.    PETKRSEN,    FUNDE    UND    FORSCHUNG  151 

Arbeit  des  Einzelnen  in  die  Wagschale  wirft,  so  ist  kaum  einer 
im  Lande,  der  ihm  gleichkommt  in  methodischer  Durchforschung 
des  Bodens,  in  gewissenhafter  Beobachtung  und  Verzeichnung,  in 
musealer  Ordnung  und  fleissiger  Bearbeitung  des  gewonnenen  Mate- 
rials, unter  steter  Berücksichtigung  des  im  übrigen  Italien  und 
auch  im  Osten  des  Mittelmeergebiets  gefundenen.  Was  von  Orsi's 
Thatkraft  und  Umsicht  vor  allem  noch  zu  erhotten  wäre,  das  ist 
die  Auffindung  und  Ausbeutung  der  ältesten  Nekropole  einer  der 
ionischen  Städte  Siciliens,  von  Katane,  von  Naxos  oder  Leontinoi, 
nachdem  er  von  dem  Stande  des  Kunsthandwerks  in  den  ältesten 
Zeiten  der  dorischen  Syrakus  und  Megara  uns  so  reichliclie  Anschau- 
ung verschafft  hat.  Orsi  hat  aber  auch  die  vorauÜiegenden  Jahr- 
hunderte ins  Auge  gefasst  und  die  Culturzustände  der  Insel  vor 
fester  Ansiedelung  der  Hellenen  mit  gleichem  Eifer  und  Erfolg 
erforscht  und  aufgehellt. 

Die  ethnographischen  Fragen,  die  hier  freilich  nicht  so  viel 
Bedeutung  haben  wie  im  Norden  Italiens,  keineswegs  aus  den  Au- 
gen lassend,  aber  vorsichtig  hintanhaltend,  oder  vielmehr  dm-ch 
Leugnung  der  Verschiedenheit  von  Sikanern  und  Sikelern  beseiti- 
gend, hat  Orsi  durch  Vergleichung  des  Materials  selbst  drei  Pe- 
rioden der  Sikelercultur  geschieden,  und  ihnen  voraufliegend  eine 
vorsikelische.  Indem  er  nun  endlich  jüngst  in  Licodia, 
lang  gesucht,  eine  Nekropole,  gefunden  hat,  wo  das  Sikelerthum 
ganz  von  eingesessener  Hellenencultur  durchdrungen  ist,  und  sich 
daneben  noch  {Mon.  aat.  d.  Lincei  VII  201)  die  citlä  greca  a 
Terravecchia  stellt,  in  Wahrheit  eine  cittä  siciUa  grecüzata  dapoi 
(col.  273),  so  kann  mit  dieser  vierten  Periode  die  Sikeler- 
forschung  als  zu  einem  gewissen  Abschluss  gelangt  angesehen  wer- 
den ;  mag  immerhin  manches  Material  wie  das  von  Pantalica  noch 
unverarbeitet  sein,  und  eben  noch  von  neuen  Funden  Andeutung 
laut  werden.  Darin  liegt  die  Kechtfertigung  dass  hier  jetzt  eine 
Uebersicht  über  die  Resultate  dieser  Forschung  gegeben  wird,  von 
denen  ich  früher  nur  kurz  Notiz  genommen  habe(')-  Das  Material 
in  Palermo,  Girgenti  und  namentlich  in  Syrakus,  wo  ich  das  libe- 
ralste Entgegenkommen  von  Orsi's  Seite  kaum  zu  rühmen  brauche, 


(')  Mittheill.  1892,  174;  1895,  76;  189(j,  2G0. 


]5'2  t.    l'KTKRSEN 

habe  ich  wiederholt,  zuletzt  im  Sommer  1897  durchgesehen  (').  Die 
NotUie  d.  scavi  eitlere  ich  X,  aber  berücksichtige  die  dort  ge- 
gebenen Berichte  nicht,  wenn  die  ausführlichere  Nachricht  an- 
derswo  eeo^eben  ist;  namentlich  im  BaUeltino  dl  paleliiologia  ilu- 
liaiia.  hier  als  B.  citiert,  und  in  den  Moiiumeiiti  antichi  dei 
Liiicei,  hier  als  L.  angeführt,  die  letzteren  nach  Bänden,  die  erste- 
ren  nach  den  Jahren  unseres  Jahrhunderts. 

Vorsikelisch  sind  nach  Orsi  die  Funde  von  Stentinello 
St  B.  DO,  177,  nicht  eine  Nekropole  sondern  Reste  einer  Siede- 
lung  auf  niedriger,  vom  Meer  umspülter  und  verkleinerter  Fläche, 
unweit  nördlich  von  Syrakusai,  nur  Abfall,  scarico  aus  zwei  Fels- 
spalten hervorgezogen  :  Stein-und  Knochengeräth  und  namentlich 
Thonscherben,  auch  Knochen  der  verzehrten  Thiere. 

Aehnliches,  dagegen  nichts  specifisch  Sikelisches  (der  I.  bis 
III.  Periode)  fand  sich  in  tieferen  Schichten  der  c.  10  Kilom.  davon 
entfernten  Area  von  Megara  Hyblaea  {B.  95,  50).  Neuestens 
{N.  98,  35)  sind  in  einigen  Grotten  bei  Pachino  an  der  SWspitze 
der  Insel  Reste  derselben  Cultur,  und  zwar  der  Behausungen  gefun- 
den, und  bei  Ragusa  in  Montetabuto  und  Monteracello  Höhlen, 
aus  welchen  die  Urbewohner  das  Material  ihrer  Steinmesser  ge- 
wonnen haben  sollen. 

Orsi's  I.  Periode  stellt  sich  dar  in  den  Nekropolen:  Bernar- 
dina bei  Melilli  31  B.  91,  53,  noch  etwas  weiter  nördlich  als 
Stentinello,  von  Priolo  nicht  weit  davon  B.  95.  150,  von  Castel- 
luccio  C  (Cava  della  Signora)  zwischen  Ragusa  und  Noto  am 
Tellaro  B.  92,  1,  und  ebenda  auch  in  einer  Ablagerung  des  Abfalls 
B.  93,  30,  und  in  mehreren  Nekropolen,  z.  T.  schon  zu  II.  zu 
rechnen,  der  Provinz  Girgenti  G  zuletzt  aufgezählt.  B.  97,  5. 
Der  II.  Periode  gehören  die  Gräber  von  Cozzo  delPan- 
tano  Cp.  L.  11  1  und  Plemmyrion  PI  B.  91,  115,  jenes  im 
Süden,  dieses  im  S Westen  des  grossen  Hafens  von  Syrakus  gelegen, 
ferner  ein  Grab  von  Milocca  oder  Matrensa  Mi,  zwischen  dem 
Hafen  und  dem  Kyanesumpfe,  B.  89,  197,  auch  die  wenigen  Grä- 


(')  Summarischen  Bericht,  je  nacli  derzeitigem  Stande,  haben  erstattet 
Tropea.  Rivista  di  storia  antica  I  S.  86;  G.  Perrot  in  der  Revue  des  deux 
mondes  1897;  Schoetensack,  .\ns  dem  klassischen  Süden  S.  39  und  Zeitschr. 
f.  Ethnol-.irie  1897  S.  16. 


FUNDE   UND    FORSCHUNG  153 

bei-  des  P ödere  Reale  am  Nordrand  von  Syrakusai  R,  IL  89, 
212,  bei  Scala  greca  S.  nicht  weit  davon,  sowie  die  zahlreicheren 
auf  der  flachen  Halbinsel  Magnisi,  einst  Thapsos  Th,  L.  VI  80 
und  links  und  rechts  der  Mündung  des  Cassibile  N.  97,  277. 
Auch  von  der  ausgedehnten  Nekropole  von  Pantalica  Pa,  einer 
Hochfläche  im  oberen  Gebiet  des  Anapos,  zwischen  diesem  und 
seinem  gleich  tief  eingerissenen  Nebenfluss  Calcinara,  gehört  der 
nördliche  und  nordwestliche  Theil  der  II,  der 

III.  Periode  dagegen  ebenda  zwei  andre  Theile  derselben 
Nekropole:  bei  Filiporto  und  La  Cavetta;  ferner  die  Gräber  von 
Tremenzano  Tr  D.  92.  84,  gegenüber  von  Castelluccio  über 
dem  rechten  Rand  jenes  tiefen  Thaies  der  Cava  d.  Signora,  endlich 
die  von  Finocchito  Fi,  5.  94,  23  und  97,  157,  10  KU.  südlich 
von  Noto  und  zum  Theil  die  Nekropole  von  Noto  vecchioN, 
s.  N.  97,  69.  Nicht  blos  Ta  sondern  auch  C  reicht  durch  mehrere 
Perioden,  letzteres,  allerdings  nur  mit  einzelnen  Gräbern,  sogar 
bis  ins  8.  Jhdt.  v.  C,  und  häufiger  noch  ist  Wiederbenützung 
der  Gräber  in  späteren  Zeiten,  von  der  fortdauernden  Benützung 
durch  dasselbe  Geschlecht  abgesehen. 

Dass  alle  genannten  Orte,  ausgenommen  Girgenti,  so  nahe 
beisammen  liegen,  alle  innerhalb  eines  von  den  Ausstrahlungen  des 
Monte  Lauro  gegen  das  Mare  ionio  gebildeten  Dreiecks,  das  beruht 
natürlich  nur  darauf,  dass  das  von  den  Spitzen  des  Dreiecks  unge- 
fähr gleich  weit  entfernte  Syrakus  Orsi's  Hauptquartier  ist.  Wo 
ausser  in  Girgenti  auch  sonst  weiter  westlich  auf  der  Insel  Zeugen 
jener  drei  Perioden  aufgetreten  sind,  wird  seines  Orts  zu  sagen 
sein,  und  nachdem  Orsi  in  seinem  Bereich  das  Seinige  gethan  hat, 
wird  es  ihm  oder  andern  obliegen,  den  Resten  jener  Zeiten  auch 
in  den  andern  Theilen  der  Insel  weiter  nachzugehen. 

Wenn  die  Gräber  der  Sikeler  meist  in  die  Ränder  von  Tafel- 
flächen eingehöhlt  sind,  sei  es  niederer  am  Meere  gelegener,  wie 
Thapsos,  Plemmyrion,  Cozzo  del  Pantano,  sei  es  von  weiter  zurück 
über  der  Ebene  liegenden,  wie  Melilli,  sei  es  endlich  von  mehrere 
tausend  Fuss  hoch  zwischen  tiefeingegrabenen  Flussbetten  natur- 
fest gelegenen  Hochflächen,  wie  Castelluccio,  Tremenzano,  Finoc- 
chito,  Pantalica,  so  drängt  sich  von  selbst  der  *Gedanke  auf,  dass 
die  dort  von  niederen,  hier  von  hohen,  schrotfen,  oft  unersteiglichen 
Rändern  umgebenen  Flächen    die    Wohnstätten    derjenigen  Avaren, 


154  K.    l'ETEKSKN 

welche  unterhalb  derselben  begraben  wurden.  Aber  Spuren  ihrer 
AVohnunireu  hat  Orsi  auf  diesen  Flächen  vergebens  gesucht.  Ihren 
Abfall  an  Knochen  und  Geräth  hat  er  in  Stentinello  und  Castel- 
luccio  gefunden,  auch  in  der  Grotta  Torruggi  bei  Pachino  N.  98, 
:'.5  niri^ends  aber  die  gesuchten  Hütteubüden.  Wie  früher  in  Pau- 
talica  ß.  89.  1G5,  natürliche  von  Menschenhand  wohnlicher  ge- 
machte Grotten,  hat  0.  in  der  prächtigen  Grotta  di  Gala  Farina 
bei  Pachino  neuerdings  Feuerstellen,  focolarl  der  1.  und  II. 
Periode  ausgegraben  mit  Resten  von  Thon  und  Flintstein.  Ja  an 
der  sandigen  Küste  bei  Girgenti,  zwischen  zwei  Sommers  tro- 
ckenen Bächen,  3  Kil.  vom  Meere  glaubt  G.  E.  Rizzo,  Mitarbeiter 
Orsi's  bei  Melilli,  an  den  Wänden  eines  Grabens  au  dunkleren 
Stellen  des  Erdreichs  nunmehr  den  Durchschnitt  eines  Hüttoiibo- 
dens  erkannt  zu  haben,  der  wenn  kreisrund,  nach  den  angegebenen 
Maassen  auf  3  m.  Durchmesser  zu  berechnen  wäre.  Neugier  weckt 
die  B.  97,  199  gemachte  Mittheilung  Orsi's  von  einem  1895  (s. 
N.  95,  268)  (')  aufgefundenen  ixdazzo  di  Panlalica,  welcher,  wie 
0.  sagt,  era  la  reüO.eiua  del  iwiiicii^e  di  Paatalica,  ed  a  provarne 
Valla  anlichitä,  se  noii  bastasse  La  foggia  della  cosiruzione  — 
vorher  nennt  er  sie  in  i}arle  megalitica  —  sarebbero  decisive  le 
traccie  di  una  fonderia  e  la  jiresensa  di  numerosi  cocci  del 
2°  periodo  in  esso  segnalati.  Also  etwa  nach  Art  der  inykenischen 
Paläste? 

Was  von  Befestigungen  sich  fand  ist  von  ungewissem  Alter, 
so  das  Castell,  von  welchem  Castelluccio  benannt  ist,  mittelalter- 
lich, aber  mit  älterem  Kern,  come  io  credo,  sagt  Orsi  B.  92,  4, 
vgl.  93,  31  die  piccola  ed  inesjmgnabile  acroj)oli  (verdruckt 
necropoli)\  so  der  quer  durch  den  Isthmos,  welcher  den  Rücken 
von  Pantalica  mit  dem  Hinterland  verbindet,  ins  Gestein  gehauene 
Graben,  doch  wohl  ein  griechisches  AVerk,  zugehörig  zu  der  Mauer 
dahinter,  welche  nach  Orsi  ein  Werk  des  ersten  Dionysios  ist,  wie 
Pantalica  mit  Fazello  für  das  bei  Diodor  genannte  Herbessos  gehal- 
ten wird.  In  Finocchito  hat  Orsi  Ö.  97,  179  Taf.  Vlll  eine 
wirkliche  Befestigung  des  Bergrückens  gegen  Süden  gefunden,  Stein- 


(»)  .\lso  nicht  dasselbe  Bauwerk  wie  das  schon  B.  89,  164,  1  erwähnte 
di  etä  incerta,  obgleich  ein  zweites  auftlillig  ist,  wo,  wie  neuerdings  versichert 
wird,  weit  und  breit  ausser  dem  palazzo  nichts  ist. 


FUNDK    UND    FORSCHUiNG  155 

Packungen  hinter  mehreren  Linien  von  Steinmauern,  in  Abständen, 
wie  von  mehrfacher  Verstärkung.  Ostwestlich  quert  dieser  Stein- 
wall den  Isthmos,  mit  einer  grossen  centralen  halbkreisförmigen 
Bastion  von  c.  25  m.  Durchmesser  und  einer  kleineren  am  Westende, 
wogegen  das  Ostende  nicht  erhalten  ist.  Eine  den  Rücken  entlang 
laufende  Strasse  lässt  ein  Thor  neben  der  Mittelbastion  voraussetzen. 
Die  Ungewöhnlichkeit  solcher  Befestigung  in  solcher  Gegend,  die 
Aehnlichkeit  der  runden  Bastionen  mit  den  Befestiguu^en  vom 
Euryalus  und  von  Selinuiit  ('),  die  Unausgeglichenheit  zwischen 
Anlage  und  Ausführung  lassen  Orsi  vermuthen,  dass  dieser  Bau 
von  Sikelern  herrühre,  die  von  ihren  Feinden  den  Griechen  gelernt. 
Trotz  des  späteren  Datums  der  genannten  griechischen  Befesti- 
gungen schreibt  Orsi  diese  sikelische  der  ersten  Hälfte  des  7.  Jrhdts 
zu,  weil  die  Nekropole  von  Finocchito  mit  jenem  Zeitpunkt  schlösse. 

Griechischen  Einliu.ss  findet  Orsi  auch  in  den  Grundmauern 
einiger  Häuser  von  Castelluccio,  die  er  iV.  91,  ;)48  beschreibt, 
ebenso  in  späteren  Gräbern  a  fossa  bei  Tremenzano  ebda  S.  353, 
in  Ragusa  S.  353  und  in  Licodia  N.  97,  327. 

So  sind  denn  bis  jetzt  die  Gräber  das  Wesentlichste  Avas  uns 
die  Sikelercultur  vergegenwärtigt.  Die  bis  zu  sieben  übereinander 
liegenden  Oeffnungen  dieser  Grabhöhlen,  a  ßnestra  genannt  von 
V.  Andrian  nach  der  Form  der  Oeffnungen  über  und  nebeneinander, 
a  forno  von  den  Italienern  nach  der  backofenähnlichen  Form  der 
Kammer,  hatten  schon  manches  Reisenden  Auge  auf  sich  gezo- 
gen (^),  und  viel  früher  die  Lust  etwas  zu  erbeuten.  Unter  den 
vielen  hunderten  —  in  Finocchito  allein  266  —  von  Gräbern,  die 
Orsi  wie  Keiner  vor  ihm  durchsucht  oder  aufgeräumt  hat,  hatte  er 
das  Glück  auch  eine  Anzahl  intakter  zu  finden,  besonders  zahlreich 
in  Cozzo  d.  Pantano.  Die  grössten  Nekropolen,  die  von  Pantalica 
und  Cassibile  enthalten  an  die  Tausend  Gräber  jede,  in  Gruppen 
vertheilt  wie  auch  anderswo. 

Die  Art  des  Zugangs  zu  den  von  Menschenhand  hergestellten 
Grotten,  und  nur  um  diese  handelt  es  sich,  hängt  zunächst  von  der 
Bodengestalt  ab.  Konnte  man  nicht,  wie  häufig  in  PL,  horizontal  in 


(1)  Vfjl.  Mittlieil.  1892  S.  185  ff.  und  N.  189-i  S.  202  ff. 

(2)  Vgl.  Holin    Gesch.  v.   Sicilien    I    101    und  379;   F.  S.  Cavullari    im 
Archivio  storico  siciliano  187G  S  276. 


156 


K.    PETERSEN 


den  Abhaui;  hiiieiiigiaben,  da  grub  man  (Fig.  I  4.  5)  einen  senk- 
rechten Schacht  po::elfo,  von  dessen  Boden  aus  man  horizontal 
vordrang  (').  AVas  hier  der  Schacht,  war  Abhängen  gegenüber  ein 
Dromos,  oder  Kanal,  der  um  so  kürzer  war,  je  rascher  das  Terrain 
anstieg:  und  bei  der  Niedrigkeit  der  Grotten  war  die  nöthige  Höhe 
des  Hanges  bald  erreicht.  Nur  bei  so  sanfter  Steigung  wie  z.  B.  in 
Thapsos  sind  die  Zugänge  länger.  Bei  steilen  Abhängen  fehlt  er 
ganz;  nur  ein  gerundeter  oder  eckiger  Anschnitt   des   Hanges   ist 


Fig.  I. 


gemacht,  um  die  n(5thige  Höhe  und  Festigkeit  des  weichen  Kalk- 
steins oder  Kalktutfs  zu  erreichen.  So  entstand  ein  Vorraum,  pacli- 
fjlio7ie,  wie  Fig.  I  3  u.  6,  der  vor  dem  Eingang  in  die  Kammer  in 
der  That  erforderlich  war  für  die  sich  Aviederholendeu  Manipula- 
tionen mit  den  Thürverschlttssen.  Daher  pflegt  auch  der  Kanal,  wo 
er  vorhanden  ist,  vor  der  Grabkammer  sich  zu  erweitern  zu  einer 
aiiticella,  Fig.  1  1-4,  nicht  zu  verwechseln  mit  den  nicht  so  häu- 
figen Fällen,  wo  hinter  einer  ersten  CeUa  noch  eine  zweite  folgt, 
als  nachträgliche  Erweiterung  der  Anlage,  wie  z.  B.  M.  31,  Th.  6, 
C.  10.  Es  verst.-ht  sich  von  selbst,  dass  Zugang  wie  Vorraum  meist 
ganz  oder  grössteutheils  unbedeckt  sind,  daher  häufig  mit  Abfluss- 
rinne für  das  Kegenwasser  versehen.  Nur  wenn  vom  possetto  aus, 

(»)  So  iiucli  bui  Jon   (jrilbern    von  Capaci  nörillicli  vnn  Palermo  A"".  87, 
357  Taf.  X. 


FUNDE    UND    FORSCHING  157 

wohl  auch  zwecks  freierer  Bewegung  vor  der  Thür  noch  eine  Vor- 
kammer aiiticella  voraufgeht,  ist  diese  unterirdisch,  wie  Fig.  I  4. 
Zweck  des  Ganzen   ist   die   wohlverwahrte   Grabhöhle,   deren 
ursprüngliche  Form  und  weitere  p]ntwickelung  bedingt  ist  einerseits 
durch  die  beabsichtigte  Art  der  Beisetzung,  andrerseits  durch  die 
jenen  Zeiten  zur  Verfügung  stehenden  ^Mittel  und  Kräfte,  vor  allem 
ihr  Werkzeug.  Von  den  engen  Schranken,    welche   dieses  steckte, 
zeugt  sclion  die  geringe  Grösse  der  frühesten    Grotten   mit   unre- 
gelmässig rundlichem  Grundriss,  der  von  1  M.  oder  wenig  darüber 
—  die  kleinsten  in  Priolo  —  später  zum  dreifachen  Durchmesser 
ansteigt.  Rundlich  wölbt  sich  auch  die    Decke,   daher   der   Name 
form,  von  etwa  0.70  m.  Scheitelhöhe  anhebend,  mit  Thürötfnungen 
die  oft  unter  0.50  breit  und    nicht  viel  darüber  hoch   sind,   und 
die  nur  dadurch  etwas  bequemer  zum  Einsteigen  des  Bestattenden 
sind,  dass  sie  möglichst  hoch  liegen,  mit  hoher,  das  AVasser  abweh- 
render Schwelle.  Erweiterung  des  Gelasses   hat  man,  wie  gesagt, 
mitunter  durch  Anlage  einer  zweiten  Grotte  hinter  der  ersten  er- 
reicht, und   auch  wo   von   gemeinsamem   Vorraum   aus   sich   eine 
zweite  Grotte  abzweigt,  wie  R.  4,  mag  man  dasselbe  Geschlecht 
als  Inhaber  denken.  Einfacher  als  eine  zweite  Kammer  war  noch 
die  Aushöhlung  einer  seitlichen  Nische,  eines  loculiis  vom  Inneren 
der  Grotte  aus.  Solche  sind  in  der  I.  Periode  selten,  wie   C.    17 
und,  zu  den  späteren  dieser  Nekropole  gehörig,  33  und  34 ;  häufiger 
werden  sie  in  der  IL  in  R.,  Cp.,  (Fig.  I  3)  Tli,  eine,  zwei,  auch 
drei,  vier  in  einer  Grotte,  bis  in  Fl.  (Fig.  I  4)  gar  an  sechs  grössere 
und    noch   einige   kleinere   daneben   den   ganzen   Umkreis   füllen, 
ungerechnet  die  ganz  kleinen  Nischen  links  oder  rechts  vom  Ein- 
gang, wohl  für  Einstellung  einer  Lampe  bestimmt.  Streben   nach 
Regelmässigkeit  zeigt   sich   mehr   und   mehr   in   Vertheilung   der 
Nischen,  oder  ohne   Nischen   in  Ausarbeitung   der   Kammer   zum 
Rechteck  mit  flacher  Decke. 

Von  Verzierung  ist  im  Inneren  höchstens  die  Einrahmung  der 
Nischen  zu  erwähnen,  wie  Cp.  29.  Mehr  Sorgfalt  ist  auf  den 
Verschluss  verwandt.  Zunächst  der  Sicherheit  dient  die  Verram- 
melung,  nicht  nur  mit  Platten  sondern  mit  Steinpackungen  oder 
gar  Mauern,  und  für  Anschluss  solcher  Vermauerung,  nicht  blos 
für  Einfalzung  der  Thürplatte,  waren  die  stufenartig  sich  veren- 
genden Thürrahmen  bestimmt.  Oefters  fand  sich  mehrfach  hinter- 


158 


E.    PETERSEN 


einander  Steinpackuug  und  Plattenschluss.  Bemerkenswerth  sind 
mehrere  Gräber  von  C.,  wo  die  Thüren  noch  am  Platz  waren,  B.  92 
Tat". VI  ab,  2, 8  (Fig.  I  2).  Bei  22  war  es  eine  dicht  schliessende,  genau 
zutreschnittene  Platte,  an  welcher  vorn  in  der  Mitte  bei  der  Abar- 
beitung  ein  starker  Zapfen  stehen  gelassen  war,  offenbar  zum  Heben 
und  Bewegen  der  Platte,  deshalb  über  der  unteren  Hälfte,  und 
senkrecht  stärker  als  quer.  Eine  zweite  niedrigere  Platte  war  aussen 
dagegengestemmt,  zwecks  festeren  Standes  unten  dicker  als  oben, 
hier  mit  einem  Ausschnitt,  um  jenem  Zapfen  Raum  zu  geben. 
Zwei  Vorsprünge  wie  Brüste  unter  dem  Ausschnitt  dienten  wohl 
auch  als  Handhaben. 


C.J*. 


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Den  Verschluss  von  28  bildete  nur  eine  Platte  wie  die  mit 
einem  Zapfen  in  22,  den  von  32  wieder  zwei  Platten,  beide  ohne 
Zapfen.  Daher  konnte  man  durch  den  sehr  regulären  Ausschnitt 
der  vorderen  durchfassen  zum  Abziehen.  Die  dahinter  stehende 
hatte  statt  eines  Zapfens  ein  Relief,  das  als  ungeschicktere  Nachah- 
mung eines  Ornaments  erscheint,  welches  in  31  auf  der  ersten, 
in  34  auf  der  zweiten  Platte  sich  findet  (Fig.  II)  je  auf  der  Rück- 
seite. Das  Ornament  besteht  aus  zwei  Doppelspiralen,  die  aus  dem 
oberen  und  unteren  Ende  eines  Stamms  sich  entwickeln.  Sehr  augen- 
fällig zeigt  sich  bei  Vergleichung  aller  drei  Reliefs  der  Versuch 
ein  fremdartiges,  von  aussen  überkommenes  Ornament,  offenbar 
mykenischen  Ursprungs  nachzubilden,  ein  Versuch,  der  in  34  am 
besten  gelungen  ist.  In  31  ist  aus  dem  Umriss  des  Mittelgrundes 
ein  besonderer  Theil  des  Ornaments  geworden,  der  unten  wie  Beine, 


FU.VDE    UND    FORSCHUNG  159 

oben  schon  weniger  wie  Arme  aussieht,  so  dass  eine  gewisse  Aehn- 
lichkoit  mit  den  Männchen  der  Arnoaldi-Veli-Ornamentik  gewiss 
nur  zufällig  ist.  p]ine  weitiire  Entstellung  bedeutet  das  B.  92,  78 
abgebildete  Ornament  von  '.VI.  Diese  Verzierungen  müssen  einen 
Zweck  und  Sinn  gehabt  haben,  zumal  sie  sich  verstecken ;  für 
Handhaben  zu  wenig  vorspringend,  werden  sie  wohl  apotropaeisch 
sein;  wie  Orsi  auch  einmal.  Th.  31  einen  phallosförmigen  Stein 
vor  die  Thür  gestellt  gefunden  hat. 

Die  ziemlich  scharfe  Ausarbeitung  der  abgestuften  Thür- 
rahmen,  Avie  man  sie  z.  B.  in  den  photographischen  Abbildungen 
schon  aus  Melilli  ß.  91  S.  59,  dann  aus  Thapsos  L.  VI  99 
und  109,  Cozzo  d.  P.  L.  II,  27  sieht,  noch  mehr  aber  die  ver- 
zierten Steinplatten  von  Castelluccio  verrathen  nicht  unerhebliche 
Fähigkeit  den  Stein  zu  bearbeiten.  Orsi  {D.  92,  12)  hat  sich  durch 
eigene  Versuche  überzeugt,  dass  für  solche  Arbeit,  noch  mehr 
freilich  für  die  sorgfältig  geschnittenen  Thürplatten  (')  der  III. 
Periode  metallene  Werkzeuge  nöthig  waren.  Aber  auch  die  blosse 
Aushöhlung  der  ältesten  Grotten  schon  erforderte,  wie  mit  Salinas 
.V.  80,  358,  auch  Orsi  D.  89,  216  denkt,  besseres  Werkzeug 
als  das  steinerne,  welches  man  zu  den  Todten  ins  Grab  legte. 
Man  wird  also,  schon  nach  älterem  Herkoramen,  den  Todten  mit 
dem  Steingeräth  ausgestattet  haben,  um  das  kostbarere  metallene 
dem  Gebrauche  der  Lebenden  vorzubehalten.  Immerhin  zeigt  die 
Kleinheit  der  älteren  Grotten  und  die  Häufung  der  Leichen  in 
ihnen,  im  Gegensatz  zu  den  späteren  geräumigeren,  und  nur  mit 
wenigen,  ja  einzelnen  Todten  belegten,  wie  sehr  die  Leichtigkeit 
der  Herstellung  solcher  Grotten  durch  verbessertos  Werkzeug,  durch 
vermehrte  und  besser  geschulte  Arbeitskraft  mit  der  Zeit  ge- 
Avachsen  ist. 

Erstaunlich  ist  die  Zahl  der  in  den  ältesten,  allerdings  nicht 


^o^ 


grade  kleinsten  Grotten  Beigesetzten.  In  C.  9  hat  Orsi  auf  c.  5 
D  m.  Grundfläche  mindestens  28  Skelette  constatiert;  andre  Grotten 
von  ungefähr  gleicher  Grösse  haben  23,  26,  und  die  jüngsten  da- 


(')  Orsi  nimmt  B.  92,  77  an,  dass  ein  Theil  der  Arbeit  an  diesen  Thür- 
platten doch  mit  einem  in  dem  Grabe  33  «gefundenen  Basaltkeil  aussfeführt 
sei.  Doch  war  dessen  Zweck  wohl  ein  andrer.  An  dem  Grabe  von  Lentini  N.  87, 
303  nämlich  fand  Cavallari  die  Grabthür  mit  solchen  cunei  verkeilt. 


160  E.    PETKRSEN 

selb>t  17.  13,  6  Todte.  Die  höchste  Zahl  aber  erreicht  Cp.  16, 
das,  abgesehen  von  4  Skeletten  im  pad/glione  und  4  in  der  a/iü'- 
cella,  noch  CO  in  einer  Cella  barg,  die  kaum  halb  so  gross  wie 
jene  vorerwähnten  war:  und  auch  Tli.  und  PI.  erreichen  noch 
Zahlen  von  49  und  22  Todten  in  einer  Grotte.  Am  entschiedensteu 
ist  der  Kückgang  der  Zahl  in  P.  D.  97,  188,  wo  von  87  Gräbern 
i^\  nur  je  ein  Skelett  enthielten.  Aus  dieser  Anhäufung  der  Ske- 
lette zieht  Orsi  B.  92,  80;  L.  II  19;  VI  31,  142,  den  Schluss, 
den  andere  anderswo  aus  ähnlichen  Thatsachen  gezogen  haben,  dass 
nicht  die  Leichen  sondern  die  entüeischten  Skelette  beigesetzt 
worden  seien.  Das  ist  kaum  ein  ausreichender  Grund  für  solche 
Annahme  (').  Denn  da  die  Todten  ja  doch  nacheinander  beigesetzt 
wurden,  gleichzeitig  mehrere  aus  einer  Familie  nur  ausnahmsweise, 
so  werden  ja  stets  die  früher  Beigesetzten  auch  ohne  scaraimeiito 
schon  mehr  oder  weniger  zu  Skeletten  geworden  sein,  wenn  man 
einen  frischen  Todten  hinzulegte,  und  nur  je  eine  oder  zwei  letzte 
^^erden  etwas  mehr  Kaum  eingenommen  haben ;  die  damaligen 
Menschen  waren  gewiss  hager.  Ein  wirklicher  Beweis  des  scarni- 
meato  wäre  ja  die  künstliche  Färbung  {^)  der  Skelette,  wovon 
Orsi  aber  trotz  genauer  Prüfung,  weder  in  31.  noch  in  0.  und  PI. 
Spuren  gefunden  hat  {^) ;  mit  der  Form  der  Beisetzung  wäre  jene 
auf  den  ersten  Blick  so  abschreckende  Sitte  sonst  wohl  zu  vereinigen. 
Es  sind  genug  Gräber  intakt  gefunden  (*),  um  von  der  Art 
der  Beisetzung  eine  Vorstellung  zu  gewinnen.  Auf  dem  Boden  der 
Gräber,  näher  der  Mitte  oder  rings  an  der  Wand,  wurden  die 
Todten  hingesetzt  ("')  mit  den  Füssen  gegen  die  Mitte,  eine  langsam 
sich  mehrende  Versammlung  der  Angehörigen  einer  Familie  oder 
eines  Geschlechts,  wo  nicht  Fremde   eindrangen.   Also   wesentlich 

(')  Orsi  hebt  mehrfacli  z.  B.  B.  94,  58  die  Abnahme  der  Zahl  und  das 
Aufhören  des  scarnimento  als  zwei  gesondert  beobachtete  Thatsachen  hervor, 
niclit  ganz  sachgemäss. 

(2)  Diese  ist  in  Italien  in  einem  Grabe  von  Sgurgola,  welche  der  Stein- 
zeit gehörte,  beobachtet,  aber  auch  an  zweien  von  sechzehn  (!)  Steinpfeilspitzen 
//.  80,  33.  Virchow  Z.  f.  Ethnol.  1897  Verhandl.  S.  337  (vgl.  1898  Verh.  S.  70) 
hält  sowohl  beabsichtigte  als  zufällige  Färbung  in  Sgurgola  für  denkbar. 

(3)  Z.  B.  B.  91,  75;  92,  86/. 

{*)  Z.  B.  C.  M.  12;  C.  31,  33;  Tll.  2,  C,  7,  15,  17,  32,  38,  53,  64; 
Cp.  9.  16,  23,  33,  34. 

(5)  Vgl.  NS.  87,  303;  M.  12,  32;  Cp.  23. 


FUNDE    UND    FORSCHUNG  161 

dasselbe  was  uns  später  in  FJiurichtung  und  Malereien  etruskischer 
und  unteritaliöcher  Grabkaramern  entgegentritt  ('),  und  woraus 
schliesslich  die  Darstellungen  der  Symposien  und  Tänze  von  Ske- 
letten hervorgebn,  wie  sie  uns  neuerdings  durch  wirkliches  und  imi- 
tiertes Silbergeschirr  anschaulich  geworden  sind.  Auch  die  Todten 
der  Sikeler  lagern  wie  zum  Mahl,  mit  Schmuck  und  Kleidung 
angethan,  und  um  dieser  Gesellschaft  einen  bis  zur  Wiederötfnunff 
des  Grabes  und  zu  fernereu  Beisetzungen  möglichst  unveränderten 
Charakter  zu  verleihen,  könnte  man  ja  das  scarnimeiito  und  die 
Kothfärbung  der  Schädel  vorgenommen  haben.  Nur  fehlen  annoch 
sichere  Beweise. 

Die  Mahlzeit  —  und  wozu  anders  als  zu  Mahlzeit  und  Schlaf 
werden  jene  Mensciien  daheim  verweilt  haben  ?  —  der  Todten  be- 
zeugt uns  das    um   sie  aufgestellte  viele  Ess-  und  Trinkgeschirr: 
die  hochfüssigen  Kelche,  deren  ein  grosser  in  der  Mitte  zu  stehen 
pflegt,  kleinere  auch  wohl  bei  jedem  einzelnen,  wie  z.  B.  Th.  31 
und  08,  Cp.    84.   und   grössere   Massen  andrer   Gefässe   ringsum. 
Von  anderem  Geräth  wurden  die  Steinwerkzeuge  schon  erwähnt. 
Sehr  merkwürdig  ist,  was  schon  v.  Andrian  beobachtete,  Orsi   in 
vielen  Fällen  sichergestellt   hat,  dass   bei   und   speciell   auf  dem 
Schädel  des  Todten  noch  ein  Steinmesser  lag,  auch  wohl  zwei  oder 
drei,   besonders   in   den   ältesten,    doch   auch   noch   in   einem   der 
entwickelteren,  wie  C.  9,  desgleichen  22,  28,  81  ff.,  Cp.   18,  16, 
80,  35;  10  bis,  bei  einem  von  sieben  Todten,  28  bei  einem  von  fünf. 
War  das  scarnimeato  thatsächlich,  und  Patroni  (s.  unten)  fin- 
det in  solcher  Zufügung  des  Steinmessers,  das  eben  zu  jenem  Akt 
gedient  habe,  einen  Bewies  dafür,  so  könnte  man  auf  den  Gedan- 
ken kommen,  dass  wie  beim  tiaaiahanöc,  das  blutige  Messer  am 
Haupte  des  Opfers  abgewischt  wurde,  so  hier  die  zum  scarnimento 
benützten  Messer  an  den  Kopf  des  Entfleischten  gelegt  seien.  Sonst 
möchte  man  vermuthen   dass,    wie  Schreiber   ihre    Feder  hinterm 
Ohr,  oder,  besser,  die  Bauernweiber  in  den  Castelli  und  sonst  ihr 
Strickzeug  in   den  Haaren,  so  die  alten   Sikeler,  in   Ermangelung 
von  Hosentaschen  die  Messer  die  ja  durchschnittlich  kaum  10  cm. 
lang  sind  im  Haar  getragen  hätten,  was  selbst  bei  eineui  fanciullo 
(C  9)  sich  denken  Hesse. 

(')  Vgl.  das  Grab  in  via  Cristallini  R.  Mittlieil.  1895  S.  187. 

11 


]Ct2  £•    PETEKSEN 

Die  Todten  also  in  der  Grotte  gleich  wie  Lebende  gelagert, 
das  erweckt  nothwendig  den  Gedanken,  dass  die  Grotte  selbst  von 
Anfang  an  ein  Abbild  der  Behausung   der   Lebenden   sein   sollte. 
Kimd  und  gewölbt,  ruft  sie  die  italische  Hütte  in  Erinnerung,  und 
mancher  weitere  Zug,  der  im  Laufe  der  Zeit  die  ursprünglich  ein- 
fachste Form  des  fonio  bereichert,  fügt  sich  wohl  in  den  Rahmen 
dieser  Idee  ('),  oder  entstammt  vielmehr  demselben,  mit  der  Zeit 
ja  gleichfalls  zum  Hause  vervollkommneten  Vorbild.  So  eine  an  der 
Wand  umlaufende  Stufe,  zum  Anlehnen  mehr  als  zum  Sitzen,  Fig.  I  3; 
so  auch  mitunter  ein   besonderer   Lagerplatz,   ein  leltuccio   in  C 
1  und  6   mit   etwas   erhöhtem   Hände,   die   Vorläufer   der   später 
immer   häutiger   Averdenden    Nischen,   jene   wie    diese   nicht   ohne 
Aehnlichkeit  mit  den  an  der  Wand  italischer  Hütten  eingehängten 
Lagerstellen;   auch  sie  nur   zum   Krummliegen   gross   genug   und 
durch  Erhöhung  am    Kopfende,   das   capeuale,   ihre  Bestimmung 
anzeigend,  mögen  sie    auch  leer  von   Skeletten,   oder   von   später 
hineinofelesften    besetzt    gefunden  sein,  wie  häutig  in  Plemmyrion. 
Auch  die  gelegentlich  mit  anderen   Beigaben   gefundenen   Zwerg- 
nachbildungen von  Möbeln  in  Thon   wie   Th.    53,   ferner   in   den 
Tutf  gehauene  Sitze  draussen  vor  der  Thür  Th.  3,  selbst  der  Riegel 
an  der  Thür  in  Tremenzano  B.  92,  85  und  die  öfter  im  Vorraum 
gefundenen  Skelette,    wie  C  22,  28,    32;   Cp.   23,   29;   Fiii.  B. 
97,  47,  sind  lauter  Uebertragungen  von  der  AVohnung  der  Lebenden. 
Ob  beim  Uebergang  vom  runden  zum  rechteckigen  Grundriss  der 
Grotte  die  Umwandlung  der  Hütte  ins  Haus  maassgebend  gewesen 
sei.  oder  vielmehr  nur  /"os.sö-Gräber,  da  hier  das  Liegen  der  Todten 
mit  dem  Kopf  auf  stehen  gelassener  Erhöhung  gebräuchlich  wird, 
kann  man  zweifeln;    aber  die  stattliche  Ausgestaltung   der   Grab- 
vorbauten,   wie   Th.    28,   mit   ihren   zwei,   allem   Anschein    nach 
ursprünglich  freistehenden  Stützen  zwischen  Seitenwänden,  also  in 
aalis,  die  Orsi  an  homerische  Paläste  erinnert,  sie  ist  gewiss  eine 
Uebertracruncr  vom  Hause. 

Um  nun  über  die  Grabausstattung  zunächst  möglichst  nur  zu 
berichten,  so  ist  die  •  Vorsikelische'  Periode  als  neolithisch  be- 


(')  Von  Orsi  öfter  ausgesprochen,  mit  Zweifeln  B.  91,  138;  ohne  Bedenken 
z.  B.  L.  VI  115,  131.  Er  wendet  auch  oft  vom  Hause  entlehnte  Bezeichnungen 
für  die  Theile  des  Grabes  an,  wie  Tholos,  Thalamos,  Prothyron  u.  s.  w. 


FUNDE   UND    FORSCHUNG 


163 


zeichnet,  weil  nur  Steingeräth  wie  Basaltäxte  und  Messer  von  Flint 
zahlreich  aber  sehr  gleichförmig  sich  gefunden,  nichts  von  Erz,  frei- 
lich nicht  als  Grabbeigaben,  sondern  als  Abfall,  so  dass  auf  völ- 
lige Unbekanntschaft  durchaus  nicht  geschlossen  werden  kann.  Ja 
wie  die  SteiuvvatFen  neolithischer  Zeit  durch  Form  und  Politur  so 
häufig  sich  als  Nachbildungen  von  metallenen  darstellen,  gleich  wie 
Thonware  ja  in  weitestem  Umfang  als  Surrogat  für  Metallgefässe 
gedient  hat,  so  macht  auch  das  giösste  Messer  von  Stcntinello  ganz 
den  Eindruck  solcher  Nachahmung. 

Das  Thongeschirr  ist  zum  Theil  schlechte  (gre^^o),  zum  Theil 
gute  Ware,  letztere  von  überraschender  Vollkommenheit.  Leider  las- 
sen die  Scherben  keine  Gefässform  sicher  erkennen,  nur  etwa  grosse 
bauchige,  kleine  gedrückte  Gefässe;  und  die  von  4  bis  80  mm.  ge- 
hende Wandungsdicke  lässt  auf  sehr  verschiedene  Grösse  (und  Fein- 
heit) schliessen.  Henkel  sind  vorhanden,  eng,  ja  nur  Durchbohrun- 
gen zum  Durciiziehn  von  Schnüren,  doch  auch  schon  weiter.  Der 
reine,  nur  mit  Kalksteinstaub  gemengte  Thon  ist  compakt,  bei  grös- 
seren Gefässen  geglättet,  sogar  fast  glänzend,  wie  gefirnisst,  bei 
offenem  Feuer  gebrannt;  doch  hart,  in  dicken  Stücken  roth,  sonst 
rothgrau  oder  schwärzlich. 


iltlc^gtt^    g 


Fig.  III. 


Mit  Fleiss  ist  auch  die  Musterung  (Proben  Fig.  111)  ausgführt : 
mit  dem  Gritfei  eingegraben,  mit  kleinen  Stempeln,  gekerbten  Stäb- 
chen oder  Rädern  eingedrückt,  ohne  Bemalung,  aber  mit  weisser  Fül- 
lung in  den  Vertiefungen.  Die  Musterung  ist  zunächst  so  zu  sagen 
positiv,  indem  die  eingezeichneten  Linien  selbst  die  Schemata  bilden, 
gerade,  auch  mit  kürzten  Querstrichen  dicht  besetzt,  gebrochene 
(Zickzack),  schräg  sich  kreuzende  (Gitterung),  Rhomben  gereiht, 
auch  mit   den    stumpfen    Winkeln    ineinandergreifend.    Dicht   und 


161 


E.    PETEKSEN 


massenhaft  nebeneinandergesetzt,  bilden  diese  Elemente  die  Füllung 
grösserer  Schemata  :  Wolfszähne,  Khomben.  die  ineinander  gelegt 
nach  aussen  immer  mehr  gerundete  Seiten  bekommen.  In  solcher 
Ausbreitung  werden  diese  Elemente  zuletzt  grundfüllend  und  bilden 
gewissermassen  negativ  das  Muster,  indem  die  glatt  gelassenen  Flä- 
chentheile,  sie  das  eigentliche  Schema,  dunkel  von  dem  weiss  dm-ch- 
gezeichneten  Grunde  sich  abheben.  Patroni  (s.S.  170,  1)S.  188  betont 
die  Aehnlichkeit  —  dass  mit  absoliimeat  du  meme  genre  zu  viel  ge- 
sagt ist,  wird  sich  bald  zeigen  —  einiger  Scherben  die  v.  Andriau 
Taf.  V  aus  Gr.  Seggia.  La  Scorosa  und  Villafrati  abbildet,  von 
denen  die  des  letzten  Ortes,  des  einzigen  weiter  ab  von  Stentinello 
gelegenen,  übrigens  von  Orsi  selbst  B.  99,  197,  9  angeführt  werden. 
Andres  kommt  weiterhin  zur  Sprache. 

I.  Periode  der  Sikelercultur.  Noch  sind  Steinmesser  zahlreich, 
Basaltäxte  wie  früher  seltener.  Kleiner  simpler  Schmucksachen  ist 


w«-»"»virT  -TT  » 


Fig.  IV. 


nur  o-rad  genug,  um  ein  ungefähres  Bild  von  der  Ausstattung  der 
Todten  zu  gewinnen  :  durchbohrte  Kieselchen,  zum  Anhängen  als 
Amulete,  was  noch  sicherer  ist  bei  kleinen  durchbohrten  Aexten ; 
Perlen,  der  geringen  Zahl  wegen,  wie  so  viele  fmamoli,  eher  Na- 
delköpfe, aus  Stein,  Alabaster,  Harz,  Kupfer;  aus  Kupfer  auch 
Ringe.  Spiralen,  Perlen,  ein  Gürtelhaken,  ein  Stückchen  Blech.  Dolche 
oder  Messer,  eine  Axt,  diese  wie  jene  sehr  klein.  Sind  diese  Dinge 
schon  mit  Wahrscheinlichkeit  als  Import  zu  bezeichnen,  so  ist  dies 
ausser  allem  Zweifel  bei  gewissen  Gegenständen  von  Knochen  von 
ganz  besonderer  Art.  Nachdem  deren  vier  mehr  oder  weniger  voll- 
ständige aus  uncontrolierten  Grabungen  ins  Museum  von  Syrakus 
gelangt  waren  {B.  92,  4  ff.),  hatte  Orsi  das  Glück  auch  noch  zwei, 
davon  eines  Fig.  IV,  in  C.  18  zu  finden  (').  Der  autfällige  Um- 

(i)  Wenn  auch  diese   unvollständig  waren,  und   alles  Sucli«n   nach  den 


FUNDE    UND    FORSCHUNG  165 

stand  dass  Orsi  diese  so  ganz  eigenthümlichen  und  unter  sich  so 
sehr  ühereinstinimenden  Gegenstände  nur  in  Castelluccio  gefunden 
oder  von  da  erworben,  wird  ein  wenig  alteriert  dadurch  dass  einer 
Avenigstens  auch  in  der  Grotta  Lazaro,  2  '/a  Stunden  SO  von  Mo- 
dica  sich  gefunden  hat  ('). 

Schon  die  sehr  feine  Schnitz-  und  Gravierarbeit  weist  auf 
die  Fremde  und  feineres  Werkzeug  hin,  als  wir  bei  jenen  Sikelern 
voraussetzen  dürfen,  und  in  Ilios  (Fig.  988)  fand  Orsi  in  der  That  ein 
übereinstimmendes  Exemplar  aus  der  dritten,  der  verbrannten  Stadt 
Schliemanns.  Die  Länge  geht  bei  diesem  vollständigen  bis  115  mm. 
Das  besterhaltene  von  Castelluccio,  jetzt  noch  140  mm.  lang,  mochte 
einst  150  messen.  Orsi  denkt,  es  seien  Griffe  von  Messern  oder 
Dolchen  gewesen.  Dem  widerspricht  aufs  bestimmteste  die  Form 
wie  die,  mittels  jener  Löchlein  nicht  anders  als  zarte  Befestigung. 
Dagegen  deckt  das  grösste  (allerdings  um  ein  Drittel  grössere)  Stück 
von  C  mit  seinem  Umriss  fast  genau  den  silbernen  Dolch  aus  der- 
selben dritten  Stadt  von  Ilios  Fig.  901  (vgl.  die  kupfernen  ebda 
Fig.  811  f.).  Jene  Knocheiiblätter.  vergleichbar  Fächerdecken,  wer- 
den also  auf  der  Aussenseite  aufgenietete  Verkleidungen  von  höl- 
zernen Dolchscheiden  gewesen  sein,  und  mehr  als  einen  Vergleichs- 
punkt bietet  noch  eine  Dolchscheide  aus  einem  frühen  Grabe  von 
Falerii  N.  87,  810  (/.  Taf.  VI  1.  Auch  hier  ist  das  Elfenbein,  wenn 
nicht  Knochen,  netzförmig  gemustert  wie  bei  den  sicilischen,  Avenn 
auch  nicht  durch  Gravierung  sondern,  künstlicher,  durch  Intarsia; 
und  auf  der  Vorderseite  waren,  allerdings  in  grösseren  Abständen, 
auch  runde  Scheiben  oder  Augen  aus  Ambra  oder  anderem  farbig 


fehlenden  Theilen  vergeblich  war,  so  sind  die  Getrenstiliide  wohl  vor  der  Bei- 
setzung schon  schadhaft,  also  vielleicht  lange  in  Gebrauch  gewesen. 

(')  In  der  Beschreibung,  die  Maugini  von  seinen,  die  Nachforschungen 
von  Andrians  ergänzenden  Ausgrabungen  gegeben,  und  die  Pigorini  B.  82,  23 
wiedergiebt,  findet  sich  folgendes  :  tin  nr/getto  di  osso  ron  sette  circoli  rile- 
vati,  che  semhra  essere  stato  usato  cotne  ornamento,  stantechp  vi  sono  due 
fori  alle  singole  estremitä.  Das  ist  ein  wesentliches  Kennzeichen.  Auch  an 
dem  besterhaltenen  Exemplar  von  Castilluccio,  B.  92,  23,  notiert  Orsi  un  foro 
cilindrico  che  trapassa  la  testa  dcl  pezzo,  tav.IV  1,  und  das  vollständige  im 
Text  erwähnte  von  Troja  hat  am  breiteren  Ende  zwei,  am  schmalen  Ende  ein 
Loch  ;  war  jenes  von  Grotta  Lazaro  also  vollständig,  so  halte  es  eine  geringere 
Zahl  von  Augen,  aber  deren  Zahl  ist  auch  sonst  ungleich. 


166  E-    l'ETEHSKN 

abstecheuiien  Sto!f  eiuo^elegt.  Farbspiiien  trug  aucli  das  trojanische. 
Im  Grabe  C.  13  lag  das  Stück  unter  dem  Schädel,  wie  öfters  die 
Fliotmesser,  auch  das  noch  ein  Bewies  seiner  einstigen  Bestimmung. 
Messer  und  Scheide  haben  der  Zeit  nicht  widerstanden.  Von  dem 
gleichfalls  eigenartigen  Ornament  ist  später  noch  zu  sprechen. 


Fir..  V. 

In  positivster  Weise  sind  also  hier  Beziehungen  der  ersten 
Periode  mit  dem,  wie  wir  jetzt  sagen  müssen,  vormykenischen  Troja 
uachf^ewiesen.  Kein  Zweifel,  dass  Seefahrer  diese  Dolche  oder  Messer 
mit  verzierten  Scheiden  nach  Sicilien  brachten,  vermuthlich  die- 
selben, die  sie  auch  den  Troe.u  lieferten.  Sie  werden  dann  wohl 
auch  andre  Dinge  nach  der  Insel  gebracht  haben,  wie  jene  kleinen 
Schmucksachen  und  jedenfalls  auch  Gefässe,  sei  es  von  Thon,  sei 
es  von  Metall;  denn  wiederum  mit  troischer  Thonware  zeigt,  wie 
Orsi  nicht  entgangen,  das  theils  in  den  Gräbern  theils  in  jenem 
Abfall  gefundene  Thongeschirr  mehrfache  Uebereinstimmung  in  den 
Formen,  namentlich  ein  zweihenkeliger  Becher  (s.  Fig.  V   1-8). 


FUNDE    UND    FORSCHUNG  167 

Die  vielen  Scherben  ans  dem  Abfall,  vou  dem  weit  die  grösste 
Masse  an  Ort  und  Stelle  geblieben  ist.  sicher  Produkte  einheimi- 
scher Industrie,  sind  an  sich  und  für  den  Vergleich  mit  andern 
Funden  von  hoher  Bedeutung.  Auch  hier  zwei  Sorten  ;  das  Unter- 
scheidende ist  die  Bemalung.  Bei  beiden  ist  der  Thon  mit  Lava- 
gruss  gemengt,  grauer  bei  der  ersten,  heller  bei  der  zweiten  Art, 
mit  einem  dünnen  Ueberzug  reinen  Thons  abgeglättet.  Ohne  Scheibe 
gemacht,  sind  die  Gefässe  auch  schlecht  gebrannt.  Die  ungemalte 
Ware,  weit  geringer  an  Zahl,  kleine  halbkugelige  Tassen  und  Schüs- 
seln, ist  nur  manchmal  mit  Finger-  oder  Nageleindrücken  grob  ge- 
zeichnet: einiges  auch  mit  eingestochenen  Punkten  gemustert.  Die 
bemalte  zerfällt  in  zwei  Abtheiluugen.  Erstens  nämlich  ist  sie  nur- 
im  Ganzen  gelblich  oder  röthlich  getönt:  z.  T.  grosse  Gefässe,  bis 
über  1  ra.  hoch,  für  Wasser  oder  andern  Vorrath,  mit  Wandungs- 
stärke bis  zu  25  mm.  Die  Henkel  sind,  wo  nicht  einfaclie  Durch- 
bohrungen für  Schnüre,  ringförmig,  häutiger  senkrecht  als  quer  ge- 
stellt. Wichtiger  ist  die  zweite  Abtheilung,  welche  auf  dem  hellen 
weissgelb  oder  röthlich  gefärbtem  Grund  Ornamente  trägt,  welche 
mit  spitzem  oder  breitem  Pinsel  in  mineralischem  Schwarz  auf- 
getragen sind :  namentlich  erstens  grosse  tonnenförraige  Vorrathsge- 
fässe  wie  Fig.  V  13  zweitens,  so  zu  sagen  Tafelgeschirr  für  jene 
sepulcralen  Symposien,  schlanke  Kelche  auf  röhrenförmigem,  nach 
unten  sich  weitendem  Fuss,  dreihenklig  oder  ohne  Henkel,  wie  Fig.  V 
8,  9,  12  ;  endlich  drei  Becherformen,  1.  der  troische  (Fig.  V  1), 
2.  derselbe  verkürzt,  d.  h.  ohne  besondere  Mündung  (Fig.  V  4), 
'S.  ein  fussloser,  nach  oben  sich  weitender  Cjlinder  mit  hohem  in 
der  Mitte  quergetheiltem  Henkel  (Fig.  V  7).  Diese  Gefässe  sind 
nun  mit  reichem  geometrischem  Linienspiel  verziert,  die  Kelche, 
zu  denen  ungefähr  die  Hälfte  aller  Fragmente  gehört,  nicht  blos 
aussen  sondern  auch  innen :  senkrecht  oder  quer,  einfach  oder  mehr- 
fach nebeneinandergezogen,  grad  oder  gebrochen,  sich  überschnei- 
dend an  den  Enden  oder  sich  kreuzend  in  rechtem  oder  spitzem 
Winkel ;  die  so  entstehenden  Felder  klein  oder  gross,  getheilt,  oder 
wechselnd  gefüllt  und  ungefüllt,  gefüllt  mit  Kreuzschraffierung  oder 
ganz,  schachbrettartig,  mit  wirksamem  Gegensatz  der  gefüllten  und 
der  ungefüllten  Felder,  kurz  eine  nicht  grosse  Zahl  von  Elementen, 
mannigfach  und  nicht  ungefällig  zusammengesetzt. 


168  K.    PETERSEN 

Orsi  hat  in  B.  93,  47  und,  bereichert  und  berichti<jt,  97,  4 
mit  Nachweis  der  Publicationen  die  Orte  zusammengestellt,  wo  so 
bemalte  Gefässe  gefunden  siüd,  in  den  Provinzen  Syrakns,  Girgenti, 
Palermo  ('),  also  vom  Osten  Süden  und  Norden  der  Insel.  Hinzu  kom- 
men aus  der  Provinz  Trapaui  Gefässe  und  Scherben  von  Par- 
tanna  in  der  Universität  von  Palermo,  deren  Kenutniss  ich  An- 
tonio Saunas  verdanke,  sowie  die  Möglichkeit  sie  zu  besichtigen 
der  Gefälligkeit  seines  Sohnes.  Ungewisser  Herkunft  sind  einige 
Stücke  im  Museo  civico  in  Catania. 

II.  Periode.  Immer  giebts  noch  Flintmesser,  und  selbst  in 
Th.  10  noch  eine  Basaltaxt.  auch  ebda  29  eine  kleine  als  Amulet 
■getragene.  Die  kleinen  Schmucksachen  sind  nicht  viel  anders,  von 

Bronze  —  Eisen  ist  ganz  selten  —  Spiralen,  Hinge,  jetzt  auch  Arm- 
spiralen und  kleine  münzähnliche  Scheiben  ;  von  Glas  oder  glasierter 
Masse  Perlen  (besonders  Th.  61),  und  wieder  werden  sie  Phoeni- 
kern  zugeschrieben,  nicht  um  ihrer  selbst  willen  sondern  wegen 
der  frühen  Zeit,  svelcher  diese  Periode  noch  zugeschrieben  wird. 
Neu  sind  decidiert  raykenische  Vasen,  des  dritten  Stils,  dazu  Messer 
und  Schwerter  gleichen  Ursprungs,  auch  Fibeln.  Den  grössten  Baum« 
nimmt  wieder  die  einheimische  Thonware  ein.  Ein  par  rohe  idoletti 
kommen  kaum  in  Betracht.  Die  Technik  der  Teigmischung,  Arbeit 
ohne  Scheibe,  Glättung,  Brennen  bei  offenem  Feuer,  das  ist  noch 
dasselbe,  aber  die  Formen  sind  nicht  sowohl  neu  als  vielfach  ver- 
ändert: Stützhenkel  verschwinden,  und  statt  gerundeter  Uebergänge 
von  einem  Gefässtheil  zum  andern  werden  eckige  beliebt;  das  Au- 
genfälligste aber  ist  das  Verschwinden  der  gemalten  Ornamente, 
an  deren  Stelle  vielmehr  mit  dem  Griffel  in  den  weichen  Thon  ein- 
gezeichnete treten,  meist  noch  geometrische.  Doch  zeigen  sich  auch 
schon  Nachbildungen  von  Vögeln,  Vierfüssern  und  Menschen.  Ueber 
Formen  iiiid  Ornamente  ist  weiter  unten  zu  sprechen. 

III.  Periode.  Noch  ist  Bronze  das  vorherrschende  Metall, 
für  Fingerringe,  Armbänder,  für  Anhängsel  und  Halsketten  aus 
Doppelringen,  auch  für  Fibeln,  deren  schon  etliche  von  Prisen  vor- 
kommen, eine  auch  von  Silber  (-).  Etwas  ganz  Neues  sind  vier  Ra- 

(')  Diese  an  zweiter  Stelle  fehlend,  weil  Villafrati  und  Melilli  liier  aus- 
geschieden sind,  jedoch  mit  Unrecht. 

(2)  Die  Fibeln  der  Sikeler  hat  Patroni  B.  06  nach  ihrem  Vorkommen 
in  den  drei  Perioden  gemustert:  in  I.  keine,  in  II.  Bopenfibeln,  einfache  und 


KUNDE    UND    FORSCHUNG  169 

siemiesser,  ia  vier  Gräbern  von  Finocchito,  wie  Orsi  D.  97,  195 
hervorhebt,  ein  vergleichendes  Studium  auch  der  in  Pantalica  ge- 
fundenen verheissend  (').  In  der  Keramik  markiert  sich  die  dritte  Pe- 
riode durch  Aufhören  des  mykenischen  Imports,  statt  dessen  früh- 


Violinbofifeiifibeln;  tlazu  dann  Schlano-enfibeln ;  die  letztL-ren  in  III.  fortdauernd, 
nnd  neben  ihnen  solche  mit  Querstäbclien,  auch  Kalnifibclii  aufkunimond. 

(1)  Orsi  ergänzt,  wie  in  nebensteliender  Figur  oben  links  zu  sehen,  da^ 
Blatt  des  Messers  ziemlich  breit,  ähnlich  den  sonsther  aus  Unteritalien  be- 
kannten, bei  Pigorini  B.  94  T.  1,  8  und  10  aus  Suessula, 
einem  von  Torre  di  Mordillo  N.  88  Taf.  XV  8  und  einem 
von  (Jastelmezzano  N.  97,  186,  wozu  ich  drei  im  Museum 
von  Capua  füge,  davon  zwei  in  Fig.  V  a  unten  in  gleichem 
Maasstab  skizziert  sind.  Ein  viertes  aus  Campanien  im 
Berliner  Antiquiirium  ist  einer  einfachen  Drachenfibel  an- 
gehängt. Dasselbe  gleicht  durch  den  aus  Blech  ausge- 
schnittenen (iritf  und  eine  Löcherreihe  in  der  Mitte  dem 
von  F.  Vielleicht  endete  also  auch  dieses  nicht  wie  Orsi 
ergänzt,  sondern  mit  zwei  Spitzen,  oder  Hörnern,  einer  Form 
die  deutlicher  als  die  andern  auf  das  Rasirmesser  der  Ter- 
remare  hinweist.  Wer  die  Oultur  Süditaliens,  soweit  sie 
der  Gründung  Cumaes  und  andrer  Griechenstädte  vorauf- 
liegt, lediglich  für  von  Norden  durch  die  einwandernden 
Italiker  mitgebracht  hält,  dem  ist  natürlich  in  Campanien 
eine  Form  des  Rasirmessers  unbequem,  die  älter  ist  als 
die  weiter  nördlich  z.  B.  in  Corneto  gefundene  des  rasoio 
lunato.  So  erklärt  sich,  dass  Pigorini  jene  Rasirmesser  von 
Suessula  u.  s.  w.  nur  als  symbolische,  d.  h.  nur  im  Grab- 
ritus noch  fortexistierende  ansehen  will,  wogegen  Orsi 
mit  Recht  Einspruch  thut.  Denn,  wie  käme  es,  dass  solche 
,  symbolische  '  Messer  in  den  zahlreichen  Gräbern  von  Corneto  sich  nicht  ge- 
funden haben  ?  Die  sicilischen,  ob  breit,  ob  schmal  im  Blatt,  wie  sechs  von 
Pantalica,  die  ich  in  Syrakus  gesehen  —  eines  oben  rechts  in  Fig.  V  ß  — ,  durch 
den  kleinen  Ausschnitt  am  Kopfende  ihre  Verwandtschaft  mit  den  camjiani- 
schen  bekundend,  weisen  uns  nach  dem  Osten,  wo  ich  das  Terramare-Rasier- 
messer,  nur  mit  anderer  Griifform,  unter  den  Typen  der  Bilderschrift  zu  er- 
kennen glaubte  [B.  97  S.  84).  Wenn  Pigorini  ebda  S.  86  ablehnt,  Abbilder 
zu  benützen  und  nur  die  Dinge  selbst  gelten  lässt,  so  steht  ihm  das  natürlich 
frei,  nicht  aber,  diese  Methode  für  strenger  auszugeben  ;  höchstens  für  be- 
schränkter als  diejenige,  welche  neben  den  Dingen  selbst,  auch  deren  Ab- 
bilder beachtet,  selbstverständlich  nicht  diese  gleich  jenen  bewerthend.  Dem 
Rasiermesser  der  I  erremare  und  anscheinend  also  des  aegeischen  Culturkrei- 
ses  tritt  das  unteritalisch-sikelische  als  Abart  zur  Seite. 


Fig.  V  a. 


170  E.    PETEKSKN 

griechische  geometrische  Vasen  aufkommen,  mit  wenig  neuen  Formen, 
wie  der  Askos  und  die  aus  älteren,  noch  daneben  fortlebenden  For- 
men sich  entwickelnden  Hvdrien  und  Amphoren,  c.  45  cm.  hoch, 
aus  unwissenschaftlichen  Grabungen  längst  bekannt,  in  Lentini 
und  Note  vecchio  N.  1897  (39:  in  Gräbern  der  IH.  Periode  ge- 
funden. Das  gewöhnlichste  sind  Schüsseln  oder  Kummen,  scodelloni. 
Dieselben  Formen  werden  von  dem  heimischen  Handwerk  uach- 
treahmt,  das  nun  auch  den  Gebrauch  der  Drehscheibe  lernt.  Die 
Decoration,  theils  mit  dem  Gritfel.  theils  mit  dem  Pinsel  gemacht, 
ist  in  deutlichen  Verfall,  durch  die  übermächtige  Concurrenz  der 
hellenischen  Arbeit. 

IV.  Periode.  In  der  vierten  Periode  (Licodia)  entsteht 
neben  dem  Kammergrab  der  dritten  und  dem  Schacht  mit  Loculus 
auch  eine  Verbindung  der  Langgrube  mit  Loculus.  Das  Thonge- 
schirr  weist  —  neben  Griechischem,  jetzt  Spätkorinthischem  —  noch 
dieselben  Amphoren.  Hydrieii  und  Kummen  auf,  mit  dürftiger  geo- 
metrischer Verzierung.  — 

Nachdem  soweit  im  Wesentlichen  nach  Orsi  berichtet  ist,  hat 
nun  die  Kritik  zu  folgen,  die  am  besten  an  die  Kritik  anknüpft, 
welche  G.  Patroni,  der  als  Assistent  am  Museum  in  Syrakus  Ge- 
legenheit hatte  die  Sikelercultur  eingehend  zu  studieren,  an  Orsi 
geübt  hat  (').  Es  sind  die  Funde  hervorgehoben,  nach  welchen  die 
I.  Periode  (nach  der  vorsikelischeu)  mit  Troja,  und  zwar  dem  vor- 
mykenischen  Troja  auf  eine  Zeitstufe  gestellt  ist,  die  II.  mit  My- 
kene,  die  dritte  als  die  frühellenische,  die  IV.  als  voll  griechische 
bezeichnet  ist.  Darin  weicht  auch  Patroni  von  Orsi  nicht  ab,  ob- 
gleich er  im  Rückwärtsdatieren  mit  den  Jahrhunderten  etwas  frei- 
gebiger umgeht.  Wenn  aber  Orsi  einen  scharfen  Einschnitt  zwischen 
dem  Vorsikelischen  und  dem  Sikelischen  gemacht  hatte,  jede  Con- 
tinuität  der  Entwickelung  zwischen  jenem  und  diesem  leugnend,  so 
macht  Patroni  diesen  Schnitt  zwischen  I.  und  IL  Periode,  und 
hatte  0.  mit  dem  traditionellen  Unterschied  zwischen  Sikanern  und 
Sikelern  zu  operieren  vorsichtig  abgelehnt,  so  findet  P.  völlige  üe- 
bereinstimmung  zwischen  der  schriftlichen  Ueberlieferung  und  den 
Fuudtliatsachen  :  Vorsikelische  und  I.  Periode  sollen  den  Sikanern 

(')  Zuerst  in  seiner  Guida  del  R.  Museo  archeologico  di  Siracusa  1896 
S.  11  ff.,  dann  in  der  Anthropologie  1897  VIII  S.   129  und  294. 


l'l'NDK    UM)    KOHSCHUNG  171 

gehören,  IL  und  folgende  den  Sikelern,  welche  aus  Italien  zuwan- 
dernd die  vor  ihnen  dagewesenen  Sikaner  aus  dem  Osten  und  Norden 
der  Insel  verdrängt  haben  sollen.  Wenn  die  Beweisführunir  so  sicher 
wäre  wie  der  Meisterton,  in  welchem  sie  vorgetragen  wird,  dann 
wäre  sie  unanfechtbar.  Prüfen  wir  die  neun  Sätze,  in  denen  P.  sie 
zusammenfasst. 

1.  Uli  rite  funeraire  noiweau,  heisst  es  S.  313,  tritt  mit  der 
IL  Periode  ein,  und  damit  ist  das  für  ethnographische  Scheidung 
schwerwiegendste  Argument  richtig  vorangestellt.  Aber  vorher  S.  294 
lautet  es  anders  le  rite  funeraire  est  apjniremment  peu  modiße.  In 
der  That,  wenn  die  Nischen  an  der  Kammer,  in  welchen  der  Todte 
mehr  gelegen  als  gesessen  hätte  (obgleich  sie  öfters  w^enig  über 
einen  Meter  lang  sind),  wenn  diese  das  Neue  sein  sollen,  dann  kann 
von  neuem  Ritus  durchaus  nicht  die  Rede  sein.  Denn  nicht  genug, 
dass  vereinzelt  schon  in  Per.  I,  Avie  M.  31  und  C.  17,  die  kei- 
neswegs als  besonders  jung  in  jenen  Nekropolen  sich  darstellen, 
Nischen  vorkommen,  zu  denen  ja  auch  in  andern  Gräbern  die  anti- 
celta  oder  eine  zweite  Cella  hinter  der  ersten  (s.  S.  156)  eine  Art 
von  Uebergang  bilden :  das  erste  Grab  von  Girgenti,  in  specifisch 
sikanischem  Gebiet,  von  dem  wir  Genaueres  hören,  ist  eine  Kam- 
mer mit  zwei  Nischen  (').  Und  vor  allem,  wäe  verträgt  sich  mit 
P.'s  Aufstellung  die  Thatsache,  dass  in  den  Nekropolen  der  IL  Pe- 
riode die  Nischen  erst  allmählich  Aufnahme  finden  (-)  und  dass  auch 
da  noch  wo  sie  regelmässiger  werden,  die  Hockenden  in  der  Cella 
neben  den  in  die  Nischen  Gebetteten  bleiben?  Waren  etwa  diese 
Sikeler,  jene  Sikaner  ?  Ein  wirklich  neuer  Ritus  Aväre  ja  die  Bei- 
setzung von  Leichen  statt  vordem  von  Skeletten,  und  wirklich  hat 
Patroni  das  scaraimento  als  sikanischen  Ritus  acceptiert.  Aber  die 
Umstände,  aus  denen  man  dieses  gefolgert  hat,  dauern  in  der  IL  Pe- 
riode noch  lange  fort  (•^).  Was  sich  P.  denkt  S.  148  qu'on  avait 

(')  Dass  diese  Nisclien  in  eii:ein  nicht  exakten  Bericht  iiilbkreisfönnig 
genannt  werden,  kann  P.'s  Einwurf S.  313,  1  nicht  begründen:  man  sehe  die 
Nischenform  Cp.  23,  B.  89  VII  AB. 

(^)  In  Th  ,  wo  die  meisten  mykenischen  Vasen  gefunden  sind,  entbehrt  die 
grössere  Zahl  der  Gräber  noch  der  Nischen,  so  z.  B.  10,  22,  23,  28  (die  letzten 
beiden  mit  kunstvollerem  Vorbau),  29,  41,  51,  53,  auch  Cp.  32,  alle  diese  mit 
Vasen  der  II.  Periode  ausgestattet. 

(3)  Vgl,  oben  S.  160. 


172  E-    PETERSEN 

partiellemenl  abandonne  la  scarißcation  et  qu'on  ensevelissaä 
aussi  les  cadavres,  aon  pas  seidemedt  les  sijneletles,  das  wäre  nur 
denkbar,  wenn  Sikeler  und  Sikaner  nicht  blos  nebeneinander  gelebt 
hätten,  sondern  auch  zusammen  begraben  wären,  mithin  eine  Con- 
tiuuität  bestanden  hätte,  die  P.  eben  leugnet  (vgl.  4). 

2.  La  popalatloii  de  l'äge  du  brotue  a  iin  caractere  guer- 
rier  qai  maaqne  ä  celle  de  l'äge  eaeolUluque.  Das  Thatsächliche 
ist  der  mählich  zunehmende  Import  von  Metalhvaften.  neben  denen 
die  steinernen  noch  hinge  die  gewöhnlicheren  bleiben.  Ein  ethno- 
graphischer Schluss  ist  daraus  nicht  zu  ziehen :  Neger  mit  Feuer- 
waffen bleiben  Neger,  wie  sie  mit  Bogen  und  Pfeilen  waren. 

8.  Die  Keramik  ist  tout  ä  fait  differenle ;  die  Polychromie 
cesse  tout  ä  cowp.  Mit  den  Töpfen  hätten  es  also  die  Sikeler  ern- 
ster genommen  als  mit  dem  Bestattungsritus.  Aber  Orsi  hat  mit 
vollem  Recht  wiederholt  die  Verwandtschaft  der  I.  Keramik  mit 
der  II.  betont,  wovon  unten  noch  zu  sprechen  ist. 

4.  Von  II.  zu  111.  sei  allmählicher  Uebergang,  Gräber  beider 
Perioden  fänden  sich  an  demselben  Ort,  beweisend  la  persistance 
de  la  meine  popiUation,  sur  place,  nicht  so  von  I.  zu  IL  Offenbar 
kein  neues  Argument,  sondern  nur  zu  besserer  Erkenntniss,  wie  P. 
sich  die  Ablösung  der  Sikaner  durch  die  Sikeler  denkt,  aber  in 
direktem  Widerspruch  mit  Satz  1  und  den  dazu  in  Erinnerung  ge- 
brachten Thatsachen. 

5.  In  Gegenden  welche  die  Tradition  den  Sikanern  nach  ihrer 
Verdrängung  aus  dem  Norden  und  Osten  zuschreibe,  also  im  Süden 
und  Westen  tinde  sich  en  geaeral  nur  was  der  I.  Periode  entspreche. 
Im  Teste  voraussehend,  was  in  der  Anmerkung  durch  Funde  bei 
Girgenti,  Caldare  (/?.  97,  8  ff.  und  oben  zu  1  und  S.  152)  bereits  sich 
erfüllt  hat,  dass  nämlich  in  eigentlich  sikanischem  Gebiet  sich  Dinge 
finden  würden,  die  der  II.  Periode  entsprächen,  erklärt  P.  solches 
diH-ch  Ausgleichung  zwischen  Sikanern  und  Sikelern.  Wenn  solche 
Austjleichuncr  schon  in  mvkenischer  Zeit  begann,  dann  wird  man 
freilich  gegen  die  angebliche  Localtradition,  über  Urzustände  bei 
Sikelern  und  Sikanern.  (s.  9),  bei  Schriftstellern,  die  ein  halbes  Jahr- 
tausend später  gelebt,  wie  Philistos,  oder  gar  ein  ganzes,  wie  Dio- 
nysios  und  Diodor,  doppelt  mistrauisch.  Aber  was  bedeutet  denn 
jenes  eil  geaeral  angesichts  der  wenigen  gut  beobachteten  That- 
sachen im  Süden  und   Westen  der  Insel?  Dass  es  aber,  auch  ab- 


FUNDE    fND    FORSCH U^G  173 

gesehen  von   den    Funden    bei    Girgenti,  nicht   einmal   bei  jenem 
Wenigen  zutrifft,  wird  unten  zu  sagen  sein. 

6.  Dagegen  soll  nun  das  noch  so  wenig  erforschte  Unteritalien, 
von  wo  man  die  Sikeler  gekommen  glaubt,  viele  Analogien  bien 
des  anaiogies  zum  Sikelischen  bieten,  nämlich  erstens  sechs  Töpfe 
in  Reggio,  ohne  genaue  Beobachtung  gefunden  ('),  von  denen  jedoch  1 
( —  3)  nach  der  Henkelbildung  eher  in  Castelluccio,  4  (5)  in  Gir- 
genti {D.  97,  1)  also  Per.  I.  Analogie  finden,  der  sechste  aus  einem 
Brandgrabe  stammt;  zweitens  das  von  P.  in  Matera  ent- 
deckte aber  noch  nicht  publicierte  Grab  a  form  (sans  doiUe  ü  y 
a  d'autres),  dessen  Nische  nach  dem  zu  1.  Bemerkten  nicht  ver- 
fängt, und  das  für  Sikeler  nicht  mehr  beweist,  als  die  forni  von 
Pianosa  B.  8,  Taf.  I  für  Sikaner. 

7.  Die  Behauptung,  dass  Vasen  wie  die  von  Castelluccio  sich 
auf  dem  italischen  Continent  absolut  nicht  finden,  wird  weiterhin  zu 
beleuchten  sein.  Jedenfalls  hat  dies  Argument  wenig  Gewicht, 
solange  auch  Vasen  wie  in  Periode  II.  in  Italien  nicht  besser  als 
in  Punkt  «3  nachgewiesen  werden.  Auch  kehrt  sich  das  Argument 
ja  gegen  die,  welche  die  Castelluccio- Vasen  von  Italien  gekommen 
denken,  was  vorläufig  niemand  thut. 

8.  Anfänge  einer  Steinarchitektur,  fehlend  in  I.,  vorhanden  in 
IL,  müssten  durch  Vorbilder  hervorgerufen  sein,  meint  P.,  die  nir- 
gends näher  lägen  als  in  Unteritalieu,  von  wo  die  Tradition  die 
Sikeler,  von  den  Pelasgern  verdrängt,  nach  Sicilien  ziehen  lasse.  Die- 
sen Pelasgern  hätten  die  Sikeler  also  vorher  noch  rasch  das  Bauen 
abgesehen.  Aber  Avas  P.  von  '  Pelasgerbauten  '  in  ünteritalien  ver- 
rathen  hat,  weist  nirgends  die  entfernteste  Aehnlichkeit  mit  den 
Vorbauten  von  Tli.  23  und  28  auf.  Dass  diese  architektonischen 
Anfänge  mit  mykenischen  Vasen  zusammen  sich  finden  und  ihre 
Vorläufer  in  mykenisch  verzierten  Thüren  haben,  zeigt  deutlich  ge- 
nug woher  die  Anregung  kam.  Sie  indirekt  über  Italien  kommen 
zu  lassen  statt  direkt  über  See,  auf  welchem  Wege  sie  bereits  in 
der  I.  Periode  Sicilien  erreichte,  das  ist  wieder  wahrscheinlich 
noch  durch  irgend  etwas  bewiesen.  Im  Gegeutheil  kennen  wir  einst- 
weilen und  grade  durch  Orsi's  Entdeckungen  solche  Anregungen  auf 
der  Insel  früher  als  auf  dem  Festland. 

(>)  Orsi  B.  90,  47  ff. 


174  K.    l'ETERSEN 

9.  DeD  Schlusssteiu  von  P.s  Beweisführiiug  bildet  die  Behaup- 
tung, dass  zwischen  der  Chronologie  der  Funde  und  derjenigen  der 
Schriftsteller  völlige  Uebereinstimniung  herrsche :  die  ersten  myke- 
nischeu  Einflüsse,  nach  P.  von  den  Sikelern  vom  Festland  mitge- 
bracht mit  Beginn  der  II.  Periode,  tielen  nach  mykenischer  Chro- 
nologie um  1800  V.  C,  die  Einwanderung  der  Sikeler  nach  den 
Schriftstellern  80  J.  vor  dem  troischen  Kriege,  also  nahezu  gleich- 
zeitig, darin  les  ecrivains  sicelioles^  qui  orU  sa?is  doule  leim  comjde 
des  traditio.is  locales  (vgl.  zu  5),  en  les  coniparant  aux  dates  de 
la  lofiographie  grecque,  s'accordent  tous,  d.  h.  Philistos  (Hella- 
iiikos  gehört  ja  nicht  dazu)  bei  Dionys.  ant.  I  22,  während  Thu- 
kydides  6,  2  sie  um  ein  par  Jahrhunderte  zu  spät  ansetze.  Um  so  ar- 
gumentieren zu  können  muss  man  allerdings  mehr  Glauben  als 
Kritik  besitzen,  muss  entgegen  der  neueren  historischen  Schule, 
gegen  welche  P.  Front  macht,  jedes  Zeugniss  für  sich  statt  im 
ganzen  Zusammenhang  antiker  Ueberlieferung  bewerthen,  muss  dann 
auch  in  handschriftlicher  Kritik  wieder  wie  früher  jede  Handbchrift 
für  sich  gelten  lassen.  Solche  Umkehr  macht  sich  in  Italien  mehr- 
fach bemerklich,  wenn  nicht  inauguriert,  so  doch  wesentlich  bestärkt 
durch  den  Verfasser  des  dicken  Buchs  über  gli  Hethei-Pelasgi  ('), 
und  allerdings  müsste  die  Kritik  erst  todt  gemacht  werden,  bevor 
gewisse  Bestrebungen,  von  denen  noch  die  Rede  sein  wird.  Kaum 
gewinnen  können. 

Kurz  die  These  resultiert  so  wenig  aus  den  Beweisen,  dass 
vielmehr  diese  für  jene  aufgeboten  scheinen :  der  Nachweis  ethno- 
logischer Verschiedenheit  zur  Erklärung  der  Aenderungen  von  der 
T.  zur  II.  Periode  und  die  Zuweisung  jener  an  die  Sikaner,  dieser 
an  die  Sikeler  als  zwei  stammverschiedene  Völker,  dieser  Nachweis 
ist  in  keinem  Punkte  erbracht.  Aber  unzulässig  ist  nun  auch  die 
scharfe  Scheidung  die  Orsi  selbst  zwischen  dem  Vorsikelischen  und 
den  drei  sikelischen  Perioden  machen  will,  wobei  die  vorsikelische 
Keramik  wahrscheinlich  nur  deshalb  nicht  mit  dem  sonst  von  selbst 
sich  bietenden  Namen  der  Sikaner  belegt  ist,  weil  eben  auch  in 
specitisch  sikanischem  Gebiet  sich  die  charakteristischen  Zeugen  der 


(')  Sollte  nicht  eben  dieser  der  ami  orientaliste  sein,  welcher  P.  die 
Ableitung  des  Namens  der  Sikaner  und  Sikeler  aus  dem  Aeg3'ptischen,  durch 
Si  =  Sohn,  also  '  Sohn  des  Kan  '  und  '  Sohn  des  Kel '  verrathen  hat  (S.  309)? 


FUNDE    U^ü    FORSCHUNG  175 

I.  sikelischen  Periode  gefunden  haben,  eben  die  Thatsache  die  dann 
P.  bewog,  den  Scheidiingfjstrich  nach  I.  zu  verlegen.  Gegen  jene 
Scheidung  Orsis  hat  P.  gegründete  Einwendungen  gemacht  S.  185> 
lind  145  tf.  Orsi  und  P.  haben  beide  Recht,  jener  die  Continuität 
von  I.  zu  II.  behauptend,  dieser  von  Vorsikelischem  zu  I.  Folglicli 
haben  beide  Unrecht  mit  iiirem  Feinschnitt  jener  vor,  dieser  nach 
I.  Die  Periodisierung  hat  ihr  Gutes  zur  Markierung  der  Phasen 
der  Entwickelung,  aber  zum  Entgelt  hat  sie  die  Erfassung  der 
Continuität  beeinträchtigt.  Denn  indem  der  Blick  zu  einseitig  auf 
das  Gemeinsame  des  unter  eine  Periode  Subsummierten  gerichtet 
war,  wurden  die  vorhandenen  Unterschiede  und  die  auch  innerhalb 
einer  und  derselben  Periode  vorhandene  pjntwickelung  und  die  in 
ihr  sich  vollziehende  Veränderung  übersehen. 

Die  Continuität  der  Entwickelung  liegt  in  den  Grabhöhlen 
von  I.  an  vor,  in  der  Keramik  schon  von  der  vorsikelischen  Periode 
an,  zunächst  in  der  gemeinen  {gresso)  Ware,  die  schon  so  früh 
neben  der  besseren  hergeht,  deutlicher  noch  in  der  verzierten :  die 
eingedrückte  oder  eingeritzte  a  stecco  oder  a  punla  und  a  stampo 
Ornamentik  von  Stentinello  und  andern  Orten  kann  nicht  getrennt 
werden  von  der  mit  denselben  Schematen  arbeitenden  Gritfeldeco- 
ration  der  Tl.  Periode;  dass  sie  dann  absterbend  von  dieser  noch 
in  die  dritte  hineinreicht  ist  Aveniger  bestritten.  Trotz  der  verschie- 
denen Technik  hängt  die  Ornamentik  von  Stentinello  aber,  wie 
Patroni  mit  Recht  betont  hat.  nach  der  andern  Seite  auch  mit 
der  gemalten  von  Castelluccio  u.  s.  w.  zusammen.  Beide  sind  eine 
Zeitlang  jedenfalls  nebeneinander  hergegangen,  wenn  auch  local  ge- 
trennt, doch  nicht  ohne  sich  zu  beeinflussen. 

Bei  der  Charakteristik  der  Stentinelloornamentik  ist  neben 
der  Verschiedenheit  der  Elemente  auch  die  verschiedene  Art  die- 
selben zusammenzusetzen  hervorgehoben,  und  es  scheint  eine  so  zu 
sagen  organische  Entwickelung  von  der  ersten  Stufe,  wo  diese  Ele- 
mente lediglich  durch  sich  selbst  zu  wirken  bestimmt  sind,  zunächst 
je  ein  Element  in  geringerer  oder  grösserer  Häufung  sich  wieder- 
holt, zur  zweiten  zu  führen,  wo  Gruppen  verschiedener  Elemente 
nebeneinander  gestellt  sind,  aber  noch  ohne  dass  für  jede  Gruppe 
ein  besonderer  Raum  abgetheilt  und  umgrenzt  wäre.  Dies  stellt  sich 
erst  allmählich  heraus  auf  der  dritten  Stufe,  wo  das,  was  oben 
negatives  Ornament  genannt  wurde,  auf  dem  klaren  Gegensatz  der 


17ß 


K.    PETERSEN 


durchzeichueten  und  der  glatt  gelassenen  Flächen  beruht,  und  mehr 
luid  mehr  durch  bestimmte  Linien  die  einen  von  den  andern  abge- 
grenzt werden  (s.  Fig.  III,  wo  1-5  die  erste,  6,  7  die  zweite,  8-11 
die  dritte  Stufe  veranschaulichen). 

Vergleicht  man  nun  die  von  v.  Andrian  auf  Taf.  V  abgebil- 
deten winzigen  Bruchstücke  von  Villafrati,  Gr.  La  S egg ia 
und  Scorosa,  so  muss  hier  einem  jeden  einleuchten  dass  die  drei 
Stücke  5,  11  und  16,  von  Gr.  Seggia  auch  G  und  15  ('),  von  denen 


Fk;.  vi. 

noch  wieder  zu  sprechen  ist,  auf  der  zweiten  Stufe  stehn,  desglei- 
chen 17  von  Scorosa,  während  14,  allem  Anschein  nach  wie  Stent. 
VII  10  zu  vervollständigen,  schon  zur  dritten  zählt.  Noch  klarer 
ist  der  Fortschritt  an  7,  8  (Fig.  VI  4),  10,  12  mit  ihrer  scharfen 
Kaumtheilung  und  Um-  und  Abgrenzung  der  verschieden  behan- 
delten Flächentheile,  während  die  Zahl  der  füllenden  Elemente 
offenbar  geringer  geworden  ist:  nur  grade  Linien,  verschieden  com- 
biniert,  alles  mit  dem  Gritfei  gerissen,  nichts  mit  Stempel  gedrückt. 
Ehe  noch  auf  andre  etwas  anders  gezeichnete  Gefässe  von  Vil- 
lafrati ein  Blick  geworfen  wird,  ist  auf  die  Gefässe  imd  Sclierben 
der  stazione  della  Moarda  bei  Monreale  Palermo  hinzuweisen, 
die  Salinas  N.  84  Taf.  II  abgebildet  hat  (^)  (4,  3,  5  hier  Fig.  VI  1-3), 
theils  unverzierte,  theils  mit  dem  Gritfei  verzierte,  keines  mit  Vil- 
lafrati übereinstimmender  als  Mo.  5  mit  Vir.  V  8  (hier  Fig.  VI  4), 


(')  Durch  Versehen  ist  dies  in  dyr  Uebersicht  S.  91  beiden   Fundorten 
zugetheilt  worden. 

(*J  Nach  Orsi  B.  90,  196  ceramiche  simili  wie  die  von  Stentinello. 


KUNDE    UND    FORSCHUNG  177 

und  mit  Stentinello  als  Mo.  1  mit  St.  VIII  10.  2.  Das  einzige  Element 
ist  die  grade  Linie,  die  erstens  zur  Zeichnung  der  Hauptschemata 
dient,  das  sind  insgesammt  nur  Streifen,  wagrecht  das  Gefäss  um- 
kreisend, oder  senkrecht  also  radial,  jene  wie  Breiten-,  diese  wie  Län- 
gengrade, oder  endlich  schräg,  im  Zickzack.  Zweitens  dienen  kurze 
Striche  zur  Ausfüllung  der  mit  den  glatten,  oder,  da  die  Oberfläche 
wenig  geglättet  ist,  ungemusterten  contrastierenden  Streifen,  die  aus- 
gefüllt werden  mit  einfacher  schräger  Strichlage  oder  mit  Kreuzstrich, 
wobei  auch  noch  dieser  mit  jener  wechselt,  und  glatte  und  gefüllte 
Streifen  nicht  blos  neben  sondern  auch  übereinander  wechseln,  wie 
Fig.  VI  1.  Das  ergiebt  zwar   in   den  wenigen    Proben   noch   kein 
Schachbrettmuster,  aber  Moarda  4  und  mehr  noch  Villafrati  V  12 
nänern  sich  demselben,  das  letztere  auch  darin  noch  einen  weiteren 
Fortschritt  darstellend,  dass  nicht  glatte  und  gefüllte  sondern  ver- 
schieden gefüllte  Felder  wechseln.  Das  Wesentlichste  ist  aber,  wofür 
jetzt  auf  den  über  20  cm.  hohen  Henkeltopf  II  1  mit  seinem  Ae- 
quator,  mit  radialen  Streifen  darunter,  dem  reichen  Zickzackmuster 
darüber  verwiesen  werden  mag,  das  Wesentlichste  ist  die  Gliederung 
des  ganzen  Gefässkörpers,  die  Unterordnung  der  Füllung  unter  das 
Gesammtschema.  Jenes,  früher  die  Hauptsache,  ist  jetzt  gleichgül- 
tiger und    demzufolge  gleichförmiger,  dieses  früher   kaum  vorhan- 
den, ist  jetzt  die  Hauptsache.  Mit  demselben  Rechte  mit  welchem 
Orsi  die  gemalte  Ornamentik  Castelluccio,  d.  i.  der  L  Periode,  aus 
der   Korbflechterei  herleitet,  kann  man  es  hier  thun  ;  täusche  ich 
mich  aber  nicht,  so  zeigt  eben  die  allmähliche  Herausbildung  dieser 
Organisierung  des  Ornaments,  und  namentlich  die  vorausliegendeu 
Stufen,  dass  sie  nicht  von  der  Flechterei  herkommt,  sondern  einem 
beim  Mustern  selbst  sich  herausstellenden  Bedürfniss  entsprang. 

Bei  den  Stücken  von  Moarda  stehn  im  Museum  von  Palermo, 
so  dass  man  nicht  umhin  kann,  die  Beischriften  mit  darauf  zu 
beziehen,  aber  in  dem  Bericht  von  Salinas  nicht  erwähnt,  zwei  so 
weit  ich  sehe  nach  ihrer  Form  in  diesem  Kreise  vereinzelt  da- 
stehende Gegenstände,  deren  Ornamentik  und  Technik  sich  der  be- 
sprochenem Gruppe  anreiht.  Es  sind  zw^ei  schwarigraue  abgestumpfte 
Pyramiden  c.  14  cm.  hoch,  die  untere  Seitenlänge  10,  die  obere 
8  cm.  (s.  Fig.  VI  10)  die  Seiten  nicht  ganz  gleich  gemustert.  Hier  ist 
noch  grösserer  ßeichthum  von  Elementen,  und  zwar  z.  Th.  einge- 
drückten, aber  das  Erste  war  auch  hier  die  Gliederung  des  Ganzen 

12 


178 


E.    PETERSEN 


durch  Grirtelzeichuuiig.  Glatte  Streifen  au  den  Kanten  und  noch 
zwei  in  ^'leiehen  Abständen  dazwischen  liegende  (')  theilen  eine 
Pyramidenseite  in  drei  stehende  Felder,  von  denen  das  mittlere 
Rhomben,  glatt  (-),  nm-  mit  kleinem  eingedrücktem  Auge  im  Gen- 
tium, die  seitlichen  glatte  Zickzackstreifen  enthalten,  um  welche  der 
Grund  mit  schnurartigem  Eindrücken  gefüllt  ist.  Hier  ist  also  au- 
genscheinlich noch  etwas  von  dem  Keichthum  der  Elemente  erhalten, 
wie  er  in  den  meisten  Stücken  von  Stentinello  vorliegt,  aber  der 
klaren  Kaumtheilung  untergeordnet,  wie  sie  am  ähnlichsten  an 
Moarda  2  und  o  uns  entgegentritt. 


Fig.  VII. 


Durch  Vereinfachung  des  Ornaments  und  seine  Sonderung  und 
dem  Gefässkörper  angepasste  Anordnung  stellen  sich  auf  die  diitte 
Stufe  auch  die  übrigen  Gefässe  von  Villafrati,  Andr.  IV  7,  5,  14 
(hier  Fig.  VII  6,  8,  7)  und  ein  kleines  dem  letzten  nahestehen- 
des. Zunächst  der  henkellose  Becker,  den  Pigorini  Ji.  82  Taf.  II 
(Fig.  VII  6)  mit  ähnlich  geformten  und  ähnlich  verzierten  neoliti- 
scher  Zeit  aus  Frankreich,  Portugal,  England,  Dänemark,  Boehmen 
zusammengestellt  hat.  An  dem  sicilischen  wechseln  horizontale  glatte 
und  von  fast  gleicher  Breite  gefüllte  Streifen,  gefüllt  nicht  mit 
Punkten,  wie  Pigorini  S.  30  nach  Andrians  Abbildung  annehmen 

(')  Diese  letzteren  fehlen  an  andrer  Seite,  und  sind  ersetzt  durch  zwei 
andre  Zickzackbänder,  alle  mit  den  Spitzen  sich  berührend  ;  zwischen  den 
mittleren  Rhomben. 

(«)  Vielleicht  aber  habe  ich  meine  Skizze  misverstanden,  und  sind  die 
Rhomben  ganz  von  kleineren  eingeschachtelten  Rhomben  gefüllt,  ganz  wie  in 
Stentinello  Fig.  III  1. 


KUNDE    UND    KORSOHUNG  17'J 

musste,  sondern,  wenn  ich  recht  gesehen,  mit  schrägliegenden  Schnur- 
eindrücken wie  hei  den  Pyramiden.  Solche  vielleicht  nicht  einge- 
schnittene Strichelung  füllt  auch  die  drei  Zickzackbänder  der  c. 
{)  cm.  hohen  Henkeltasse  Andr.  IV  5  (Fig.  VII  8)  als  breite  Hen- 
kelzone, wie  den  Hals  ein  Band  mit  Kreuzstrich.  Das  kugelige 
nur  6  cm.  hohe  Gel'äss  (Fig.  VII  7)  mit  senkrechten  Köhrenhenkeln 
hat  zwischen  diesen  als  genaue  Henkelzone  ein  Band  von  vier  Pa- 
rallellinien, das  an  den  Henkeln  mit  Stichen  endet,  und  auch  oben 
wie  unten  von  je  einer  Punktreihe  gesäumt  wird.  Bei  demselben 
steht  im  Museum  von  Palermo,  also  wohl  gleicher  Herkunft,  ein 
andres  Gefäss,  c.  10  cm.  hoch,  an  dessen  Kugelform  sich,  ein  wenig 
eingezogen,  ein  niedriger  Fuss  und  Hals  ansetzt.  Der  eine  hier  do- 
rizontale  Röhrenhenkel  liegt  oben  an  der  Schulter ;  das  Hauptor- 
namentband liegt  aber  wie  beim  vorigen,  wieder  oben  und  unten 
von  Punkten  gesäumt,  aber  die  drei  Linien  laufen  nicht  grade  son- 
dern in  kleinem  Zickzack.  Ein  ähnliches  Band,  etwas  einfacher  ura- 
giebt  den  Fuss,  ein  noch  einfacheres  den  Hals.  Diese  Zeichnung  ist 
noch  grossentheils  mit  Weiss  gefüllt. 

Der  Zusammenhang  nun  dieser  älteren  Graffitokeramik  mit  der 
späteren  der  II.  und  III.  Periode  zeigt  sich  ganz  allgemein  schon 
darin,  dass  der  Fortgang,  von  reicherem  füllendem  zu  einfacherem 
spaisamem  Ornament,  von  regellos  vertheiltem  zu  wohlgeordne- 
tem, in  II.  sich  fortsetzt  oder  schon  am  Ende  angelangt  ist  ('),  sich 
fortsetzt  auch  noch  in  III,  wo  Orsi  mit  Recht  von  Verfall  spricht. 
Und  zwar  hängt  diese  Entwickeluug  offenbar  zusammen  mit  der 
allmählich  zunehmenden  Grösse  der  Gefässe  und  mit  der  Färbung 
des  Grundes,  der  mithin  selbst  schon  wirken  sollte,  wovon  nachher. 

In  den  Formen  der  Gefässe  lässt  sich  der  Ansihlus  von  II  an 
die  '  Vorperiode '  am  wenigsten  beweisen,  weil  aus  letzterer  zu 
wenig  ganze  Gefässe  erhalten  sind  (^).  Was  aber  erhalten  findet 
fast  ohne  Ausnahme  sein  vollendeteres  Gegenstück  in  II.  In  der 
Verzierung  ist  dagegen  um  so  klarer,  dass  sowohl  die  Anordnung, 

(^)  Selten  sind  so  mit  Ornament  u.  zwar  sorglos  hingeworfenem  überzo- 
gene (Jefässe  wie  Th.  IV  17  und  anch  S.  10.3,  127;  V  1,  8,  20,  mit  denen 
man  z.  B.  IV  14,  V  22  vergleichen  mnss. 

(2)  Vgl.  Moarda  No.  84  II  1  und  Fig.  VII  8  mit  Th.  S.  136,  Plemmy- 
rion  ß.  91,  XI  '21  ;  Moarda  II  10  mit  Pa.  B.  89  IV  4  b,  Th.  V  8;  Mo.  II  8 
und  9  mit  Th.  V  2,  B.  89  VII  2;  Fig.  VII  7  mit  Cp.  10  und  Th.  S.  123. 


180  K.    PKTF.RSEN 

die  Theiluug  des  Gofässes  durch  einen  '  Aequator '  in  obere  und 
untere  Sphäre,  der  (Tegensatz  des  radial  (Längengrade,  senkrecht 
wenigstens  auch  bei  den  unten  sich  weitenden  Rohrenfüssen),  und 
des  zonenartig  angelegten  Ornaments,  als  auch  die  verzierenden  Ele- 
mente selbst  kaum  etwas  Neues  bringen.  Neu  sind  die  seltenen, 
offenbar  eben  auftauchenden  Bilder  von  Vögeln  und  Vierfüssern, 
ein  Dreiblatt,  vereinzelt  Wellenlinien  und  häutiger  die  feüoni, 
Gürtel  von  doppellinigen,  wie  Gewinde  hängenden  Kreissegmenten. 
Es  fehlt  aller  Stempeldruck :  der  Gritlel  ist  das  ausschliesslich  ver- 
wandte Instrument.  Er  zeichnet  mit  Vorliebe  gradlinig,  ein-  oder 
mehrstrichig.  immer  noch  Zickzack,  Fischgräten,  Wolfszähne;  selten 
füllt  er  in  der  alten  fieissigen  Weise  die  Doppellinien  mit  Striche- 
lung,  macht  die  einfache  durch  schräg  nach  beiden  Seiten  dagegen 
gestellte  Strichlein  (vgl.  Fig.  V  10  mit  lll  7)  zum  Zweig.  Oefter 
noch  füllt  er  den  Zwischenraum  zweier  Linien  mit  Punkten,  wie 
schon  Stentinello  Fig.  III  8,  einfach  gereihten  oder  zwei-  und  mehr- 
fachen, nicht  zu  regelmässig.  Insbesondere  vergleiche  man  mit  den 
punktgesäumten  Linien  der  beiden  Gefässe  von  Villafrati  S.  179 
(Fig.  VII  7  das  eine)  die  eigenthtunliche  Ornamentik  des  grossen 
Henkels  Tli.  S.  132  (davon  ein  Theil  Fig.  VII  3,  und  zu  den  an 
den  Linienenden  eingestochenen  Punkten  Fig.  VII  2  und  IX  11). 
Der  nachgewiesene  Zusammenhang  der  II.  und  III.  Keramik 
mit  der  '  vorsikelischen  '  zeigt  sich  nun  darin  noch  deutlicher,  dass 
die  I.,  bemalte,  nicht  allein,  wie  Orsi  zugegeben,  mit  der  IL,  son- 
dern auch  mit  der  vorsikelischen  verwandt  ist,  also  als  Bindeglied 
zwischen  beide  tritt.  Schon  rein  äusserlich  berührt  sie  sich  mit 
der  vorsikelischen,  indem  v.  Andrian  in  Gerace,  einer  '  neolithi- 
schen '  Fundstätte,  Scherben  sowohl  mit  eingegrabenen  ('  vorsi- 
kel.  ')  als  auch  mit  gemalten  (I.)  Ornamenten  bezeugt,  und  auch  aus 
Villafrati  (').  trotz  der  Versicherung:  alle  Gefässe  trügen  einge- 
grabene Ornamente,  auf  Taf.  IV  10  (danach  Fig.  V  5)  einen  einst 
zweihenkligen  Becher  mit  schwachen  Besten  aufgemalter  Ornamente 

i})  Im  Nordwesten  der  Insel  darf  hier  auch  C  apaci  N.  80,  356  genannt 
werden,  mit  Gefässen  auf  Taf.  XI,  von  denen  6,  formverwandt  dem  S.  179  be- 
schriebenen von  Villafrati,  ein  rohes  Graffit  trägt,  3  Spuren  von  einfachst  in 
Malurnament.  Vgl.  auch  B.  89,  218  über  Noto.  Auch  aus  Partaiina,  Lentiiii, 
'l'reinenzano,  Pantalica,  Cozzo  del  Pantano  habe  ich  Stücke  beider  Techniken 
als  nebeneinander  liegend  gesehen  notiert. 


KUNDE  i;nij  korschung  ]81 

verööentlicht  hat.  Dei'  Becher  ist  aber  augenscheinlich  derselben 
trojanischen  Form  (s.  oben  S.  166  f.),  die  namentlich  in  Castelliiccio 
und  Melilli,  am  häufigsten  in  Grotten  von  Colle  tabuto  (B.  95  VI) 
bei  ßagusa  gefunden  ist.  Die  verschiedeneu  f]remplare  dieser  Gat- 
tung weichen  von  einander  ab,  ohne  die  gemeinschaftliche  Grund- 
form verkennen  zu  lassen.  Am  ähnlichsten  dieser,  wenigstens  dem 
troischcn  Becher,  ist  das  schlankere  von  C.  in  Fig.  VI,  wonebeii 
VIII  3.  das  entgegengesetzte  Extrem  grösster  Breite  zeigt.  Eine 
andre  Differenz  tritt  in  der  grösseren  oder  geringeren  Entwickelung 
des  kelchartigen  Mundstücks  hervor,  wie  namentlich  die  B.  95  VI 
zusammengestellten  zeigen ;  nirgends  aber  ist  dieser  Theil  so  gross 
wie  an  dem  Becher  von  Villafrati,  nirgends  so  klein  wie  in  einem 
zweiten  von  C.  Dann  aber  fällt  dieser  Theil  auch  ganz  weg,  zu- 
meist bei  einhenkligen  Exemplaren,  die  als  unzweifelhafte  Spielart 
jenes  Typus,  in  M.  (Fig.  V  8)  und  mehreren  jener  von  Colle  tabuto 
vorliegen.  Orsi  hat  B.  98  VI  mehrere  unvollständige  Becher  abge- 
bildet, von  denen  15  (Fig.  V  4)  und  26  das  Mundstück  niemals  ge- 
habt, 20  dagegen  es  verloren  hat,  ebenso  Avie  B.  92  I  1  (Fig.  VIII  4)  ('). 

Irre  ich  nicht,  so  liegt  auch  diese  verkürzte  Form  des  einhenk- 
ligen (-)  Bechers  schon  in  Villafrati  (Andrian  IV  5  =  Fig.  VII  8), 
vor,  womit  zu  vergleichen  N.  80  XI  4  aus  Capaci.  Auch  der  hen- 
kellose Becher  von  Villafrati  (Andrian  IV  7  —  Fig.  VII  6)  ist  sehr 
ähnlich  einem  von  Melilli  B.  91  V  19,  mit  einem  Henkel,  beide 
augenscheinlich  stammverwandt  dem  zweihenkligen  mvkenischen 
Goldbecher  und  dem  viel  späteren  thönernen  von  Bologna  bei 
Heibig  Homer.  Epos  S.  260  ff.  (=<). 

Mehr  Formen  als  mit  der  Vorperiode  hat  die  I.  mit  der  II. 
(II I.)  gemein,  so  die  einhenkelige  kugelige  Flasche  mit  weitem  röh- 
renförmigem Hals  ('),  so  die  mehr  oder  minder  flache  Schüssel  oder 

(1)  Auch  B.  93  VI  14  und  21  werden  wohl  solche  Becher  gewesen  sein, 
sowie  von  Colle  tabuto  B.  95  VI  8  sicher  einhenkelig  ist,  und  6,  11  waren; 
sicher  ursprünglich  ohne  Mundstück  keiner,  möglicherweise  G,  11.  Ungewöhn- 
lieh  ist  der  obere  Henkelansatz  bei  12. 

(2)  Des  zweihenkligen  aus  Melilli  B.  91  V  21,  VI  20  ;  vgl.  den  einhenk- 
ligen ohne  Mundstück  daselbst  19,  von  Cp.  II  15,  kaum  vcrschie  en. 

(3)  Die  henkellose  fast  rein  cylindrische  Urform  lebt  noch  in  der  II.  Pe- 
riode :  Th.  S.  98  und  noch  primitiver  117,  Fi.  94  V  10. 

.{*)  I.  von  Naro,  Oirgenti  im  Museum,  von  ebenda,  Andrian  IV  4  =  Fig. 
VII  1  init  kurzeTn  Hals  und  gedrückterer  Form,  schlanker  in  Per.  II. 


]<}2  l"-    PKTERSEN 

Kumme,  die  dann  auf  niedrigen  Fiiss  gestellt,  selten  ist  in  I.,  häutiger 
in  IL;  auf  höherem  Fuss  dann  eines  der  charakteristischsten  üefässe 
in  1.  bildet  und,  weiter  entwickelt,  in  11.  bleibt,  Kelch  und  Fuss 
(s.S.  161).  anfangs  von  gradlinigem  Umriss,  dann  mit  schwacher 
Krümmung,  beim  Kelch  nach  aussen  oder  innen,  beim  Fuss,  zu 
festerem  Stande,  nach  aussen.  Der  Uebergang  vom  Kelch  zum  Fuss 
ist  anfangs  minder  hart  und  eckig,  die  Form  beider  Theile  noch 
fast  gleich;  allmählich  wird  der  Kelch  flacher  und  weiter,  der  Fuss 
enger  schlanker,  jeder  seiner  besonderu  Bestimmung  entsprechen- 
der (').  Auch  in  dieser  schlanken  Form  noch  behält  das  bacino. 
die  eigenthümlichen  drei  Henkel  oder  richtiger  wohl  Stützen,  welche 
unten  ungefähr  in  halber  Höhe  des  Fusses,  oben  in  halber  Höhe  des 
Kelches  ansetzen,  offenbar  weniger  zum  Fassen  des  Gefässes  als  zu 
festerer  Verbindung  beider  Theile  dienen  sollten.  Denn  zutreffeiid 
hat  Orsi  auf  die  nvOiuifrc  des  Homerischen  Bechers  und  Helbigs 
Illustration  desselben  durch  in  Etrurien  gefundene  Becher  aus  Me- 
tallblech hingewiesen  (-).  Die  aus  so  viel  späterer  Zeit  stammenden 
und  doch  in  ihren  Formen  so  viel  primitiver  aussehenden  Blech- 
becher leiten  sich  offenbar  eben^o  wenig  von  den  sikelischen  thö- 
nernen  her,  wie  diese  von  jenen,  sondern  beide  von  einem  oder  meh- 
reren gemeinsamen  Urtvpen.  Die  Stützenhenkel,  welche  schon  in  I. 
zu  verschwinden  anfangen,  sind  doch,  die  Verwandtschaft  bezeugend, 
an  solchen  der  11.  Periode  noch  mitunter  vorhanden  {').  Dieser  ei- 


(')  Vgl.  besonders  aus  der  Gegend  vuu  üirgenti  Andrian  V  1  ;  und  B.  97 
I  4,  und  5  den  Gürtel  eines  ähnlichen  Gefässes,  auch  95  IV  3,  anders  IV  1 
und  mehr  noch  Ann.  1880  AB  1.  Ebenda  3  würde  man  zunächst  vielmehr  für 
einen  Fuss  zu  halten  geneigt  sein,  aber  die  Innenansicht  4  zeigt,  dass  es  in 
der  That  ein  tiefer  Kelch  ist.  S.  Fig.  VIII  G.  auch  1.  Ganze  Kelche  oder  nur 
Füsse  aus  der  I.  Periode  s.  Fig.  V  8,9,  12  X  15-,  aus  der  II.  Periode  Fig.  VII  9 
X  16,  20.  Vgl.  Ilios  Fig.  1185  aus  der  'vierten'  Stadt. 

(2)  B.  93,  42,  J7;  zuletzt  B.  97  S.  5,  6.  Vgl.  meint-  Bemerkungen  Mittheil. 
1897  S.  24  und  26. 

(3)  So  an  dem  auch  in  der  '  Klciisydrafurai  '  sehr  alterthümlichcn  Tha. 
S.  107,  fehlend  hingegen  an  dem  gleichfalls  noch  alterthümlichen  Exemplar 
Th.  S.  116;  vo. banden  auch  Cp.  II  10,  Th.  S.  136  und  IV  7,  an  welchem 
die  äusserst  roh  gezeichnete  menschliche  Figur,  unter  welcher  Orsi  S.  102  ein 
Schiffsvordertheil,  ich  einen  hochbeinigen  Vogel  sehe,  an  die  Stützenfiguren  der 
in  voriger  Anmerkung  verglichenen  Blechbecher  gemahnt.  Der  sehr  zusammenge- 
schrumpfte Kelch  dieser  Beispiele  legt  nahe,  sie  nur  als  Untersätze  zu  denken ; 


KUNtE    UND    KORSCHUNG  183 

genthümlich  ist  dann  die  weitere  Ausbildung  des  immer  flacher  ge- 
wordenen Kelches,  der  eben  deswegen  nun  einen  eingezogenen  Rand 
erhält  —  ein  Beweis  dass  die  Kelche  für  Flüssigkeit,  Wasser,  Milch 
oder  was  immer,  bestimmt  waren.  An  den  eingezoijenen  Rand  fust 
sich  dann  öfters,  abermals  scharf  absetzend,  eine  wieder  nach  aussen 
sich  weitende  schmale  Lippe.  Diese  neue  Form  des  hochfüssigen 
Kelches  ist  aber  nur  eine  Wiederholung  einer  uralten  schon  in  der 
Vorperiode  vereinzelt,  häutig  in  I.  nachweisbaren  Henkelschale;  dass 
aber  auch  die  ältere  Form  des  Kelches  mit  einfach  geschwungenem 
Umriss  in  II.  noch  vorkommt,  zeigt  das  Fragment  Cp.  I  4. 

Bevor  der  Zusammenhang  von  II.  mit  I.  auch  in  der  eigen- 
thümlichen  Henkelbildung  der  Kelche  zweiter  Periode  nachgewiesen 
wird,  ist  dafür  zunächst  die  noch  deutlicher  als  die  Formen  re- 
dende Ornamentik  geltend  zu  machen.  Auch  die  mit  brauner  oder 
schwärzlicher  Farbe  auf  den  helleren  Grund  gemalten  Ornamente 
der  I.  Periode  sind  nämlich  mit  nichten  überall  gleicher  Art;  viel- 
mehr hat  auch  diese  Decoration  ihre  Entwickelungsgeschichte. 

Ein  Blick  auf  die  Becher  von  Celle  tabuto  B.  95  VI  lässt 
z.  B.  3  mit  seinem  gezeichneten  Ornament  von  10  und  13  mit 
ihren  theilweise  mit  breitem  Pinsel  gemalten  sofort  unterscheiden, 
und  6,  8,  11  mehr  jenem,  4,  12,  13  mehr  diesen  sich  nähernd  erken- 
nen. Denselben  Unterschied  weisen  die  zu  jenem  ersteren  sich  stel- 
lenden vier  Gefässe  von  Girgenti  bei  Andrian  IV  1-4  auf,  wenn  mau 
ihnen  gegenüber  V  1,  2,  9,  13  von  Gr.  Lazaro  stellt.  Kein  Zweifel 
ferner,  dass  auch  alle  B.  97  I  abgebildeten  Gefässe  von  Monte 
Aperto  und  Monserrato  bei  Girgenti  wesentlich  der  ersten  Art  sind, 
desgleichen  die  von  Monte  Toro  derselben  Gegend  B.  95  IV,  ebenso 
die  Vasen  von  Partanna  im  geologischen  Kabinet  der  Universität  Pa- 
lermo. Diese  Art  hat  also  ihren  Sitz,  wie  es  scheint,  vorwiegend  im 
Westen  der  Insel,  und  die  von  Mauceri  Ann.  1880  T.  AB,  CD 
veröffentlichten  aus  der  Gegend  zwischen  Licata  und  Campobello 
könnten  den  Uebergang  zu  der  in  Gr.  Lazaro,  CoUe  tabuto  und 
Castelluccio,  also  im  Osten  vorwiegenden  zu  bilden  scheinen.  Aber 
auch  in  Castelluccio  fehlt  die  erste  Art  nicht,  die  sofort  durch  ihren 


doch  andre,  wie  Th.  V  16  und  S.  130,  wo  aus  dem  kleinen  Kelch  noch  ein 
zweiter  auf  drei  Stützen  aufsteigt,  lassen  hier  wenigstens  beide  nur  zwei  ver- 
schiedenen Theile  des  Mahles  enthaltend  verstehen. 


]g4  E.    HfcTEUSEN 

viel  helleren,  weil  nur  wenig  von  dunkler  Farbe  gedeckten,  Grundtou 
abstechen,  wie  z.  B.  U.  98  VI  IT),  20,  21,  2(3,  88,  sämmtlich  wie 
es  scheint  Becher  der  unverkürzten  troischen  oder  der  verkürzten 
Form:  so  auch  einige  Kelchfüsse  wie  19,  25,  auch  noch  mit  brei- 
terer Musterung  wie  VI  34,  42  (Fig.  VIII  7.  2). 

Diese  Musterung  besteht  noch  grösstentheils  in  Geraden,  hori- 
zontalen oder  senkrechten,  drei  oder  vier  nebeneinander,  Zickzack, 
Wolfszahn,  Rhomben,  in  der  Breite  oder  Länge  gereiht;  dasselbe 
Element  wird  z.  T.  massenhaft  wiederholt.  Darin,  und  in  der  tleis- 
sigen  Durchfülirung  der  gleichmässig  oder  gruppenweis.  zu  zweien, 
dreien,  vier  und  mehr  sich  kreuzenden  Linien  ist  etwas  von  der  Art 
der  Stentinelloornaraentik,  so  verschieden  diese  sonst  Avirken  muss, 
soweit  sie  mit  Stempeltechnik  arbeitet,  die  ebenso  sehr   lose  und 
gesonderte  Elemente  mit  sich   bringt,  wie   Griffel   und  Pinsel  zu- 
sammenhängende (').   Und  auch   die   Elemente  selbst  sind  ja  fast 
dieselben.  Und  dennoch,  oder  vielleicht  mit  wegen  der  verschiedenen 
Technik,  steht  auch  die  eben  geschilderte,  zweifellos   frühere  Art 
der  Malornamentik  nicht  auf  der  ersten  oder  zweiten,  sondern  auf 
der  dritten  der  oben  S.  175  charakterisierten  Stufen:  der  Gefäss- 
körper  ist  auch  hier  schon,  je  nach  seiner  Form  mehr   horizontal 
oder  mehr  vertikal  getheilt,  das  weitere  Ornament  dieser  Theilung  un- 
tergeordnet und  eingefügt.  Ja  es  ist  m.  E.  völlig  klar,  dass  die  Grif- 
felornamentik der  Stücke  von  Moarda  N.  84  II  2  und  3  nicht  bloss 
auf  derselben  Entwickeluugsstufe  steht  wie  die  gemalte  von  Monte 
Sara  bei  Girgenti  B.  95  IV,  sondern  an  diesen,  namentlich  1  (-) 
und  8  (Fig.  V  12,  13)  und  Innen  3  mit  jenen  2  und  3  (Fig.  VI  2) 
so  gut  wie  identisch  ist,  und  die  Divergenz  der  vertikalen  Linien- 
gruppen über  und  unter  dem   mittleren    Gürtel   lässt   mich,  ohne 
dass  ich  die  Originale  gesehen  hätte,  kaum  zweifeln,  dass  auch  die 
Gefässform  identisch    war,  nämlich    der   aus    zwei    Kegelstumpfen 
zusammengesetzte  Kelch  (^). 

{•)  Vereinzelte  Elemente  sind  in  der  «reniHlteii  Keramik  selten,  es  sind 
hauptsächlich  die  kleinen  Khomben  mit  halben  Rhomben  an  zwei  oder  vier 
Ecken,  die  aber  alsbald  sich  reilien.  und  ein  andres,  Kreuzhaken  mehr  als 
Hakenkreuz  zu  benennendes.  S.  Fig.  VIII  6  u.  10  flf. 

(2)  Mit  1  B  nahezu  übereinstimmende  (jra/fiti  habe  ich  mir  in  Syrakns 
auf  Scherben  von  Tremenzano  (III)  notiert. 

(a)  Bei  N.  2  ist  die  Vertikalengruppe  links  offenbar  etwas  in  Verkürzung 
gezeichnet ;  sonst  ist  allerdings  die  lüindung  nicht  bemerklich  gemacht. 


FUNDK    UND    KOKSCHUNG  185 

Die  zweite  Art  dieser  Gefässnialerei,  wie  sie  namentlich  auf 
den  Scherben  von  C.  sich  darstellt,  daraus  Proben  Fig.  VIII,  mit 
ihrer  Vorliebe  für  mehr  und  mehr  gedeckten  Grund,  sei  es  durch 
dichte  Kreuzstrichschraffierung,  sei  es  durch  breite,  jranz  ge- 
schwärzte,  Streifen  und  Schemata,  mit  ihrer  complicierten  Felder- 
theilung,  mit  ihrer  nicht  blos  durch  die  in  zwei  Richtungen  ge- 
krümmten Flächen  des  nach   aussen  sich   umbiegenden   Kelcliran- 


des,  gekrümmt  scheinenden  sondern  z.  Th.  auch  wirklich  krumm- 
linigen Ornamenten  (vgl.  Fig.  VIII  25)  und  Schlangenlinien  neben 
eckigem  Zickzack,  mit  ihren  rhombischen  Schachbrettmustern  und 
mancherlei  neuen  Elementen,  namentlich  einer  ganzen  Reihe  von 
Hakenmotiven,  diese  reichste  Blüthe  sikelischor  Ornamentfreude 
will  ich  nicht  eingehender  beschreiben.  Nur  ein  Hauptmotiv  will 
ich  hervorheben,  weil  es  in  den  Gefässen  der  ersten  Art  höchstens 
in  unentwickelter  Form  vorkommt,  während  es  in  der  zweiten  in 
der  verschiedensten  Weise  ausgestaltet  wird;  das  sind  Doppellinien, 
die  sich  in  rechten  oder  schiefen  Winkeln  schneidend,  eine  Anzahl 
von  gleichen  symmetrisch  und  gegensätzlich  liegenden  Feldern  er- 


lg(J  E.    PETERSEN 

«:rebeu,  die  nun  durch  entsprechende  Ausfüllung  bez.  Grundfarbe 
noch  wirksameren  Gegensatz  und  ein  bestimmtes  Musteruugsprincip 
bilden.  Eine  der  einfachsten  Formen  giebt  Fig.  VIII  5. 

Der  ersten  Art  gegenüber  weist  also  die  zweite  nicht  nur  neue 
Schemata  auf,  sondern  zugleich  ganz  allgemein  das  Streben  die  hel- 
lere Grundfarbe  mehr  und  mehr  zu  decken,  also  etwas  ähnliches 
wie  wir  später  an  der  schwarziigurigen  Vasenmalerei  beobachten. 
Sollte  es  da  nicht  angezeigt  sein,  die  über  den  ganzen  Körper  dunkel 
cefärbten  Gefässe,  ohne  irgend  welche  Zeichnung,  als  die  letzte  Phase 
dieser  Entwickelung  anzusehen  und  als  den  Uebergaug  zu  der  wie- 
derauflebenden Griffelornamentik?  Natürlich  hätte  man  aber  diese 
verschiedenen  Techniken  oder  Stilarten  nicht  schlechtweg  einander 
ablösend  zu  denken  sondern  theilweise  nebeneinander  hergehend,  und 
speciell  die  Griffeldecoration  als  nie  ganz  abgekommen.  Sind  doch 
auch  in  C.  noch  Stücke  mit  eingestochenen  Mustern  gefunden  wie 
B.  93  V  14,  46  und  namentlich  ganz  der  3.  Stufe  Stentinello  entspre- 
chend 45,  und  ausserdem  solche  mit  eingekerbtem,  endlich  V  4, 
6,  17,  23,  24,  33,  34,  43  dazu  B.  92.  III  9  mit  Ornament  in  Re- 
lief, wie  es  ebenfalls  in  der  II.  Periode  auftritt  (s.  Fig.  X). 

Ercriebt  sich  aus  dem  allem,  dass  die  I.  Periode  nicht  nur  im 
Grossen  und  Ganzen  durchaus  richtig  von  Orsi  zwischen  die  vor- 
sikelische  und  II.  angesetzt  ist,  sondern  dass  sie  auch  mit  jener 
und  namentlich  mit  dieser  in  unlöslicher  Verbindung  steht,  so  wird 
dieses  nun  durch  einige  besondere  Beobachtungen  bestätigt. 

Für  die  Phvsiognomie  der  Gefässe  ist  kaum  etwas  andres  be- 
deutsamer  als  die  Henkel,  und  eben  die  Gefässhenkel  der  I.  (')  und 
der  folgenden  Perioden,  die  mit  Bemalung,  die  mit  dem  Griffel 
verzierten  und  endlich  diejenigen  mit  Pteliefbildung  zeigen  so  au- 
genfällige Verwandschaft,  dass  hierdurch  allein  sowohl  Orsi's  wie 
Patronis  Souderung  widerlegt  wird. 

Man  vergleiche  z.  B.  die  trapezförmigen  Henkel  mit  und  ohne 
Malerei  C  Fig.  IX  3,  4  mit  Th.  Fig.  IX  11  (welcher  des  Orna- 
ments wegen  oben  S.  180  mit  Gefässen  von  Villafrati  verglichen 
wurde)  und  12,  wo  der  Henkel  noch  am  Gefäss   haftet:    die  kei- 


{')  Das  \venii,'e  was  von  solchen  der  VorperioJe  erhalten  ist,  kann  weder 
für  noch  pegen  die  Verwandtschaft  mit  den  folgenden  Perioden  beweisen;  nur 
einige  Henkel  von  Moarda  stehen  solchen  von  I.  und  II.  nahe. 


KUNÜK    UND    FORSCHUNG 


187 


neswegs  gewöhnliche  Henkelform  ist  identisch,  das  Ornament  sehr 
ähnlich.  Jene  wie  dieser  steht  in  Beziehung  zu  andern  Henkeln, 
beider    Perioden,    I.  und   II.  Um  nämlich   diesen   trapezförmigen, 


n 


ns?ö- 


9V^.a 


mgyy/it 


Fig.  IX. 


frei  vom  Getäss  abspringenden  Henkel  vor  dem  Abbrechen  zu 
schützen,  gab  man  ihm  rückwärts  eine  Stütze,  was  am  deutlichsten 
bei  Fig.  IX  14  (Girgenti).  Auch  schon  in  den  wenigen  in  Fig.  IX 
13,  15,  17  vorgestellten  Beispielen  erkennt  man,  wie  die  Form- 
entwickelung einerseits  zu  dem  cannelierten  Henkel  IX  1,  2,  10 
führt,  wo  beide  Theile  des  Henkels  in  eins  zusammengehn,  wie  in 
etwas  andrer  Weise  bei  IX  5,  andrerseits  zu  den  ins  Ungemessene 
wachsenden  platten  Augenhenkeln  mit  den  spitzen  Hörnen  IX  20 
und  9,  dessen  Graffitoornament  die  Verwandtschaft  mit  IX  1 1  und  12 
nicht  verleugnet,  mit  denen  er  auch  durch  Zwischenglieder  wie 
IX  18  verbunden  wird  (').  Daneben  melden  sich  nun  noch  andere 
Formen  zur  Verwandtschaft  wie  IX  6-8  und  19  und,  scheinbar  von 
anderem  Ausgangspunkt  herkommend,  IX  16,  17.  Von  diesen  allen 
zählen  ja  nur  1-6,  14  (15),  nach  den  Fundorten,  zur  I.  Periode, 
alle  übrigen  zur  II. ;  und  zwar  stellte  die  Mehrheit  dieser  übrigen 
unverkennbar  die  späteren  Stadien  der  Entwickelung  dar. 

Dies  ist  indessen  keineswegs  alles  was  uns  der  Vergleich  der 
Henkelformen  lehrt.  Es  sind  noch  andere  Formen  da,  welche  den 
von  Patroni  geleugneten  Zusammenhang  von  I.  und  II.  noch  weiter 


(')  Ob  die  Achnlichkcit  die.ser  gehörnten  Augeiihenkel  mit  jener  S.  158 
erwähnten  Verschlussplatte  von  C.  22  zufällig  ist  ? 


188 


E.    HETKRSKN 


sicherstellen  mitl  zugleich  zeigen,  dass  nicht  bloss  in  der  I.,  son- 
dern auch  noch  in  der  II.  Periode  überraschende  üebereinstimmuug 
mit  Troischem  vorhanden  ist.  üa  ist  zunächst  ein  nach  aussen  in 
Droieckstorra  abgeschnittener  Ansatz,  kein  eigentlicher  Henkel,  am 
wenigsten,  wo  das  Dreieck,  wie  bei  ('.  Fig.  XI  —  ob  danach  2  zu 
erklären  ist,  lasse  ich  dahingestellt  sein  — ,  ohne  Höhlung  zum 
Hineinfassen  mit  den  Fingern  ist.   Doch  auch  Letzteres  zeigt  sich 


-^m  >S^--^-^ 


schon  C.  Fig.  X  8.  entwickelter  dann  in  Caldare  (Girgenti)  B.  07 
Taf.  II,  schon  aus  Per.  II.,  in  Tli.  Fig.  X  3  und  besonders  Pa. 
Fig.  X  18  und  IS'*,  eine  Form,  die  Ürsi  mit  einem  Hundeohr  ver- 
gleicht und  danach  benennt  (').  Sollte  —  wo  anderweitige  Verbin- 
dungstaden  mit  Troja  aufgedeckt  sind,  die  Aehnlichkeit  mit  troi- 
schen  Gefässen,  wie  Fig.  X  lu  und  14,  zufällig  sein?  Die  Relief- 
windungen, in  welche  die  hohen  Ohren  bei  dem  zuletzt  angeführten 
troischen  Exemplar  auslaufen  sind  diesem  Ohrhenkel  mit  einem  an- 
dern bogenförmigen  gemein  :  Ilios,  Fig.  X  11.  nur  eines  von  vielen 
Beispielen.   Auch  dieser   Bogeuhenkel   ist  an  sikelischen  Gefässen 


(')  Eine  Abart  ist  die  viereckige  Jb'orm  Th.  Kij,'.  X  12. 


FUNDE    UNI)    KOKSCHUNr.  189 

von  Mi.  Fig.  X  7  Cp.  X  19,  also  der  II.  Periode  üblich,  und  zwar 
solchen  die  öfters  ausser  diesen  Reliefschnörkeln,  die  bald  kürzer 
X  4  (vgl.  auch  ()),  bald  länger  sind,  wie  X  5,  auch  ganz  fehlen 
wie  X  22,  keinerlei  Verzierung  haben.  Dieselben  Schnörkel  svo- 
lazsl  kommen  aber  auch  schon  in  der  J.  Periode  vor,  an  dem  un- 
bemalten  Gefäss  von  C.  Fig.  X  21,  wonach  auch  das  Fragment  23 
zu  verstehen  sein  wird,  und  ein  spätes  Nachleben  haben  sie  noch 
in  den  von  den  Henkelansätzen  gleichsam  herabhängenden  Bändern 
der  sikelisch-griechischen  Amphoren  und  Hydrien  X  17,  18  und  18". 
Es  sind  endlich  eine  Anzahl  besonderer  Ornamentformeu  nam- 
haft zu  machen,  welche  der  I.  oder  gar  schon  der  Vorpeiiode  mit 
der  II.  gemein  sind.  Solcher  Art  ist  die  Kreuzung  gewellter  Linien 
einer  auf  der  zweiten  Stufe  (Vorperiode)  stehenden  Scherbe  von 
Grotta  Seggia  und  ebenso  auf  einem  Becherboden  von  C,  dieser  in 
Fig-  V  7",  jener  daneben,  beide,  so  viel  ich  sehe,  alleinstehend  ; 
solcher  Art  die  in  Fig.  VI  8,  9  und  11  zum  Vergleich  nebeneinan- 
dergestellten Gewächse,  naturalistischer  als  die  Fig.  V  10  und  11 
zusammengestellten  Henkelornamente  der  I.  und  II.  Periode.  Schon 
Patroni  hat  die  Aehnlichkeit  jeuer  gemalten  Gewächse  von  Cp.  und 
der  eingedrückten  von  Gr.  Seggia  bemerkt.  Ausser  dem  eben  ange- 
führten darf  auf  das  ganz  gleiche  Ornament  an  Henkeln  von  Th. 
und  Ca.  Fig.  V  H'^  und  21  hingewiesen  werden.  Ebenso  überein- 
stimmend wie  ungewöhnlich  ist  ferner  das  Ornament,  welches 
Fig.  VI  6  nach  einem  geraalten  Kelchfuss  der  I.  Periode  wieder- 
gegeben ist  und  das  danebengestoUte  von  einer  Gritfelverzierten 
Kanne  der  II.  Hier  erinnert  es  an  die  S.  180  erwähnten  fesloai. 
Auch  diese,  häuHg  in  II.,  fehlen  nicht  in  I.,  wie  der  '  troische  ' 
Becher  von  M.  Fig  V  3  zeigt.  Ein  eigenthümlicher  thönerner  Ge- 
genstand, der  von  der  I.  bis  zur  III.  Periode  (')  sich  tindet,  ist 
ein  Hörn  auf  runder  platter  Basis,  kaum  geeignet  als  Deckel  zu 
dienen,  wie  allerdings  ein  ähnlicher  Deckel  in  Ilios  Fig.  296  ab- 
gebildet wird.  Orsi  hält  dies  corno  wohl  nur  wegen  sonst  bekannter 
Bedeutung  des  Hornes  für  symbolisch  und  apotropaeisch,  kaum  mit 
Recht.  Vielleicht  diente  es  zum  Zerreiben  und  zur  Speisebereitung, 
wie  ganz  ähnliche  Gegenstände,  die  in  Oberitalien  gefunden  sind 
und  noch  bei  Etruskern  in  Gebrauch  waren.  An  letzter  Stelle  mag 

(1)  Vgl.  Orsi,  B.  97,  117. 


190  E.    PETERSEN 

noch  auf  die  Uebereiüstimmuiig  der  sonderbaren  gemalten  Ornament- 
tigur  von  einem  Kelchfragmeut  C.  Fig.  VIII  25  hingewiesen  wer- 
den, womit  aus  der  II.  Periode  zu  vergleiehen  ist  das  eingegrabene 
Henkelornament  von  Thapsos  S.  132,  hier  Fig.  VII  3,  und  noch 
übereinstimmender  von  ebenda  S.  108,  in  Fig.  V  7^  wiedergegeben. 
Auch  des  Ornament  des  Bechers  von  C.  Fig.  V  7  gehört  dazu, 
selbst  wenn  es  so  aussieht,  wie  icli  es  7^  skizziert  habe. 

Sowohl  die  Form  dieses  Bechers  wie  sein  Ornament,  welches 
beides  mykenischen  Bechern  sehr  nahestelit,  sowohl  goldenen  als 
auch  thönernen,  wie  Myk.  Vas.  II  11  IX  56  X  63,  besonders  auf 
Jalysos  gefundenen,  scheint  mir  nun  aber  zu  beweisen,  dass  es  etwas 
einseitig  ist,  wenn  man  die  I.  Periode  mit  Orsi  ausschliesslich  der 
vormykenisch-troischen  Cultur  gleichstellt,  und  die  mykenischen 
Einflüsse  erst  mit  der  zweiten  einsetzen  lässt.  Freilich  sind  eigent- 
lich mykenische  Vasen  nur  in  Nekropolen  der  II.  Periode  gefunden. 
Ist  aber  nicht  schon  das  befremdlich,  dass  diejenige  Verzierungs- 
weise, welche  bei  der*  vormykenischen  troischen  Keramik  die  herr- 
schende oder  allein  übliche  ist,  nämlich  die  eingegrabene  oder  ein- 
gedrückte, in  Sicilien  nach  Orsi  nur  in  der  Vorperiode  und  in  der  IL, 
nicht  aber  grade  in  der  '  troischen  '  angewandt  sein  soll,  und  ebenso 
die,  wie  die  mykenische,  gemalte  Decoration  grade  der  I.  d.  h.  der 
troischen  ausschliesslich  eigen,  dagegen  der  li.  d.  b.  der  sikelisch- 
mykenischen  fremd  sein  soll?  Auch  dieser  Widerspruch  löst  sich, 
sobald  man,  wie  oben  ausgeführt  ist,  die  II.  Periode  nicht  bloss 
mit  der  I.,  sondern  auch  mit  der  '  Vorsikelischen  '  in  Zusammen- 
hang denkt,  diese  als  die  Erbin  jener,  und  jene  schon  durch  troische 
oder  kyprische  Einflüsse  bestimmt ;  die  neue  malende  Verzierungs- 
weise dann  aus  mykenischem  Kreise  schon  in  der  I.  Periode  wirk- 
sam werdend.  Allerdings  könnte  es  scheinen,  dass  grade  ein,  wie 
schon  S.  167  hervorgehoben  wurde,  Hauptmotiv  dermalenden  AVeise, 
die  sich  kreuzenden  Doppellinien,  dazu  auch  Augen  oder  Sterne 
und  Zweiglein  und  die  ganze  Kreuzstrichfüllung  durch  jene  knöcher- 
nen Dolchscheiden  hervorgerufen  Avären,  wenn  man  z.  B.  Fig.  IV 
vergleicht  mit  VIII  5  und  besonders  22.  Aber  es  finden  sich  ja 
doch  auch  unter  mykenischen  Scherben  zwar  vereinzelte  Stücke 
wie  M.  V.  XXIV  182  f.,  deren  principielle  Uebereinstimmung  mit 
denjenigen  von  Castelluccio  nur  um  so  auffälliger  ist.  Und  dazu 
kommen  doch  noch  eine  Anzahl  mykenischer  Züge  im  Bereich  von 


FUNDE    I'ND    FORSCHUNG  191 

Orsis  erster  Periode,  wenn  nicht  noch  früher.  Eine  mykeniscbe 
Scherbe  M.  V.  XIX  lü5  (vgl.  auch  XXVII)  scheint  das  Vorbild 
der  Gewächse  auf  jenen  S.  180  verglichenen  Scherben  von  Grotta 
Seggia  und  Cp. ;  und  auch  Versuche  eine  Ranke  Jiachzubilden 
liegen  in  Malornamenten  von  Naro  vor,  die  ich  Fig.  VIII  15-18 
wiederzugeben  versucht  habe.  Auch  das  fast  herzblattähnliche  Or- 
nament VIII  8  und  21  dünkt  mich  von  mykenischem  etwa  wie 
M.  V.  XXXII  310  abzustammen:  die  Hakenmotive  Fig.  VIII  9, 
11,  23,  25,  27  und  namentlich  V  7  in  M.  V.  19  an  einer  Amphora 
von  Jalysos  vorgebildet.  Nicht  eckiger  Haken,  sondern  mehr  Dop- 
pelspirale, aufwärts  Fig.  VIII  3,  abwärts  hängend  an  der  von  Mau- 
ceri  Ann.  1880  AB  verötfentlichten  Tasse,  dass  ist  nichts  andres  als 
die  hängende  Doppelspirale  an  dem  '  mykenischen  '  Thürverschluss 
Fig.  II  rechts.  Endlich  zwei  mykenische  idoletti.  aus  Villafrati  im 
Museum  in  Palermo,  eines  Fig.  VIII  12  skizziert,  sind  Orsi's  For- 
scherauge nicht  entgangen  ('). 

Es  ist  im  Grunde  nur  eine  geringe  Moditicierung,  die  ich  mit 
Orsis  Aufstellungen  vornehmen  zu  müssen  geglaubt  habe,  und  viel- 
leicht hätte  er  selbst  sich  dieser  Betrachtungsweise  nicht  versagt, 
wenn  er  nicht,  sei  es  durch  Opposition  gegen  den  überhaupt  etwas 
unbillig  beurtheilten  v.  Andrian,  sei  es  durch  die  Macht  der  prae- 
historischen  Schlagworte  '  neolitisch  '  und  '  aeneolitisch  '  zu  allzu- 
strikten Scheidungen  sich  hätte  drängen  lassen.  Im  B.  89,  53  äus- 
serte er  z.  B.,  die  gemalten  Vasen  der  Gegend  von  Girgenti  hätten 
nichts  mit  der  etä  neolüica  zu  thun ;  S.  54  praecisiert  er  dies  so, 
dass  gemalte  Vasen  nicht  mit  Flintmessern  gefunden  sein  könnten. 
Zum  Uncrlück  machte  er  dann  zunächst  den  Fund  von  Stentinello, 
dessen  a  puata  oder  a  stampo  verzierte  Keramik  nun,  weil  nur  mit 
Steingeräth  gefunden  als  neolithisch  von  jener  gemalten  völlig  ab- 
gesondert wurde.  Und  doch  war  in  den  bald  nachher  gemachten 
Funden  von  Castelluccio  die  Herrschaft  des  Steingeräths  fast  noch 
ebenso  ausschliesslich.  Salinas  hatte  eben  ganz  Recht,  als  er  N.  1884 
S.  258  aussprach,  dass  in  Sicilien  das  Steingeräth  noch  sehr  spät 
vorherrschend  gewesen  sei. 

E.  Petersen. 

(')  S.  L.  VI  146.  Der  Kopf  scheint  abgebrochen;  kleine  Löcher  am  Fuss 
links  und  rechts  dienten  vielleicht  es  standfest  zu  machen.  Grössere  Löcher, 
in  der  Skizze  angedeutet,  gehn  in  den  Armstümpfen  von  unten  schräg  hinauf. 


SCAVI  DI  ORVIETO. 


Xel  ripristinaniento  che  vieiie  esetruendo  questo  Municipiu  al  selciatu 
della  storica  Piazza  del  Popolo,  cd  alla  scala  esterna  di  accesso  al  maestoso 
Palazzo  del  Podestä  (e  quindi  del  Capitano)  dell'epoca  1200  di  puro  stile  Or- 
vietano,  a  poca  profonditä  dal  suolo,  venne  in  luce  un  tratto  di  antico  muro 
luntro  m.  2.86  X  0,75  di  spessore,  orientato  fnel  senso  lonc^itudinale)  a  Nord- 
Est,  formato  a  filari  di  parallelepipedi  di  tufo  ben  lavorati  e  connessi  fra  di 
loro  in  modo  mirabile  senza  cemeuto,  al  modo  etrusco  dall'epoca  florida.  Per 
ragioni  tecniche  di  lavoro,  disgraziatamente  non  fu  possibile  il  proseguimento 
dello  scavo. 

Presso  il  niedcsiino  pern  furono  raccolti  alenni  framnienti  di  grandi  an- 
fure  di  terra  cotta  ordinaria,  e  di  bucchero  apparteiienti  a  vasetti  e  tazze,  e 
poco  lungi  da  questi  un  frammento  fittile  di  decorazione  parietale  dipinto  a 
scacchiera  a  color  rosso  e  biancastro. 

Nello  scavo  invece  per  la  fondazione  della  scala  di  accesso  a  detto  pa- 
lazzo che  si  erge  li  presso  si  rinvennero  altri  framnienti  fittili  dello  stesso 
Stile  etrusco  molto  progredito  per  la  greca  influenza  forse  della  Campania. 

A  me  sembra  pertanto  tenendo  presenti  tali  scoperte  di  avanzi  di  mura 
e  di  framnienti  fittili  decorativi  del  timpano  che  non  possa  cader  dubbio 
deir  esistenza  in  quella  localitä  di  un  tempio  o  santuario  del  II  o  III  secolo 
avanti  Cristo.  Citero  solo  la  lastra  ove  e  attaccata  una  mano  a  rilievo  (forse 
ad  un  terzo  del  vero)  che  stringo  un  bastone,  l'altra  lastra  con  palniette  rile- 
vate  a  colori,  e  due  fraramenti  di  fregio  dipinti.  Tale  mia  opinione  viene  av- 
valorata  dagli  altri  esenipi  esistenti  in  cittä  di  siffatti  monumenti  come  il  tempio 
scoperto  a  S.  Giovanni,  a  Belvedere,  e  sotto  il  palazzo  Misciattelli. 

Anche  un  pozzo  di  epoca  etrusca,  che  ha  per  orificio  il  bordo  di  un 
grande  ziro  di  terracotta,  venne  all'  aperto  presso  il  palazzo  Bracci  con  tracce 
di  muro  dello  stile  delle  tombe  della  necropoli.  Mi  si  assicura  poi  che  altri 
pozzi  della  stessa  epoca  furono  scoperti  alcuni  anni  fa  nell'  eseguire  alcune 
riparazioni  al  detto  palazzo  che  fronteggia  quello  del  Popolo  nella  piazza 
omonima. 

Orvieto,  25  giugno  1898. 

RlCCARDO    M.\NCIM. 


ALLA  UICERCA  DELLA  VIA  (JAHCILIA 

(Tiiv.  VII) 


Nelle  Not i sie  degli  scavi  del  marzo  189G  fii  pubblicata  una 
monografia  del  eh.  sig.  dott.  Cristiano  Hülsen  dal  titolo  L'  hcrizioiie 
della  via  Caecilia,  cella  quäle  1'  autore  prese  ad  esaminare  iiua 
lapide  molto  importante,  che  tornö  in  luce  non  lungi  dagli  avanzi 
della  vetusta  Porta  Collina,  quando  nel  1872-73  facevansi  in  Roma 
gli  scavi  per  le  fondamenta  del  Ministero  delle  Finanze  ('). 

Dall'accurato  esame  di  quella  iscrizione  eliminati  gli  errori 
di  fatto  e  di  giiidizio  che  fin  allora  l'  avevano  fatta  inesattamente 
leggere  ed  interpretare,  il  eh.  Hülsen  dedusse:  1)  1'  esistenza  in  antico 
di  una  via  Caeeilia,  eosi  intitolata  dal  nome  di  L.  Ceeilio  Me- 
tello  Diademato,  console  nel  117/637,  ehe  probabilmente  la  face 
costruire;  2)  che  questa  via  non  fu  altro  che  una  diramazione  della 
Salaria,  destinata  a  stabilire  una  comunicazione  piü  diretta  fra  la 
capitale  ed  il  Mare  Supentm. 

E  valendosi  di  alcune  indieazioni  particolari  della  epigrafe, 
speeialmente  che  la  via  al  XXXV  miglio  traversava  un  fiume ;  che 
prima  del  miglio  98  valicava  1'  Appennino  cioe  la  catena  Orientale ; 
e  che  tra  il  detto  miglio  ed  il  CXX  distaccavasi  iina  via  laterale 
per  Interamnia  (Teramo),  il  dott.  Hülsen  riusei  a  ricostruir  mental- 
mente  il  tracciato  di  detta  strada,  supponendo  che  la  via  Caecilia, 
dopo  aver  valicato  al  miglio  XXXV  il  fiume  Farfa,  fosse  passata 
per  le  valli  del  Torano  e  del  Salto  fino  a  Cliternia  (Capradosso), 
e  traversata  quindi  la  regione  degli  Equi  avesse  raggiunta  la  Sala- 
ria ad  Amiternum  (S.  Vittorino). 

Avendo  io  stesso  anteriormente  accennato  ad  una  via  antica 
Cliternia-Fisternae  (-)  di   comunicazione  tra  gli  Equi,  i  Sabini  di 

(1)  et  Ephemeris  epigraphica  II  p.  199-205;  C.  Inscr.  Lat.  VI,  3824; 
Notizie  degli  scavi  1890  p.  87-99. 

(2)  Cf.  Persichetti,  Viaygio  archeologico  sulla  via  Salaria  (Roma  1893) 
p.  139. 

18 


[U4  N-    PERSI'HETTI 

Amiteruö  ed  i  Vestioi,  che  iudubbiameiite  dovette  esistere  e  che 
aii{omentai  dalla  presenza  del  vetusto  poiite  Xascoso  in  quel  di 
Civitatomassa  (Foriili),  poute  che  indica  uoa  via  diversa  dalla  Sa- 
laria,  mi  sono  invo<^liato  a  fare  delle  ricerche  in  proposito.  Se 
(jueste  ricerche.  fatte  con  pazienza  ed  amore,  non  ostante  il  liingo 
e  faticoso  cammino  a  traverso  una  regione  eccessivamente  ed  aspra- 
inente  moutuosa,  non  mi  hauno  dato  iin  risultato  abbondante  ed 
esauriente  da  rimuovere  ogui  dubbio,  tuttavia  non  sarä  iuutile  ch'  io 
porti  a  conoscenza  del  pubblico  tale  risultato  che,  messo  in  rela- 
zione  a  future  e  forse  piü  fortunate  scoperte,  potrebbe  giovare  a 
spandere  raaggior  luce  sopra  sittatta  questione. 

Ma  prima  di  esporre  il  frutto  di  queste  mie  indagini,  stimo 
uecessario  riferire  1'  epigrafe  che  ad  esse  ha  dato  occasione ;  e  la 
riporto  secondo  la  lezione  offertaci  dal  dottissimo  Hülsen,  con  le 
correzioni  e  siipplemeuti  da  lui  proposti.  Con  gentile  permesso  del 
ch.  comm.  Barnabei  possiamo  aggiungere  il  facsimile  fotografico 
della  lapide. 

Opera  loc{ata)  \  [v]ia  Caecilia  de  {sestertium  \ milibus  numum). 

[Ad]  w.il{iarium)  XXXV  pontem  in  flu{v)io ;  [fiecuni\a  adtributa  est, 
populo  const[at)  \  {0)  [sestertium  .. .']  Pamphilo  mancupi  et  ope{ris) ;  |  [cur^a- 
tore)  via]r{um)  T.    Vibio  T[e]muudino  q{uaeslore)  urbiano).  \ 

[Via  gla]rea  sternenda  afmil{iario)  |  [LXXVIII  et  per  A\p[e']nninum 
maunienlßa  . .  \  per  m{iUia)  p(assuum)]  XX,  pecunia  adtributa  [est ;  '  (10) 
populo  c']onst^at)  sestertium  n{umum  centum  quinquaginta  milibus),  L.  Ru- 
filio  L.  L.  l.\[.  .  .  .'\sti  mancupi;  cur{atore  viar{um)  T.  Vib{io)  [q(uae- 
store).  I 

[  Via  af]  miliiario)  LXX[XX  VjIIl  ad  mil{iarium)  CX[ . .  |  sternenda 
et  ä]la  Interamnium  vo[rsus  |  ad  mil{iarium)  C]XX,  pecunia  adtri[huta  \ 
(15)  est,  popullo  constat  (sestertiis  sexcentis  (?)  [milibus  numum  |  . . .]  T. 
Sepunio  T.  f.  0[....\...  mancupi,  cur{atore  via\r{um)  T.  Vibio  [T\em[uu- 
dino  q{uaestore)  urb[ano).  \ 

\arcus  dela[psus |  pecunia  adtributa  est:  populo  const[at)  se- 

stertiis(?) ]   mancupi  [...  \   (20)   . .  .cur{atore  viar{um)  T.    Vibio']  q{uae- 

itore)  urb{ano). 

I.  Dalla  valle  del  Farfa  alla  valle  del  Torano. 

La  prima  opera  che  1'  iscrizione  siirriferita  ci  dice  data  in  ap- 
palto  fu  la  costruzione  d'un  ponte  sul  fiiime  al  35°  miglio,  onde 
la  prima  indagine  che  questo  studio  m'  imponeva  di  fare  era  ap- 
punto  quella  di  rintracciare  possibilmeute  tale  ponte:  poiche  assi- 


AI  lA   k;ikuc\    1)i:i.i,.\    via   iAIOII.IA 


lOö 


196  N-    PERSI'-HETTI 

curandoci  d'  esserci  mes?!  sulla  biiona  via.  ci  avrebbe  dato  lena  a 
proseguire  il  viaggio. 

Ed  iiivcro,  presse  al  confine  che  oggi  divide  la  Sabina,  asse- 
guaudone  parte  alla  provincia  di  Koma  e  parte  a  qiiella  di  Pe- 
rugia, souvi  diie  colli,  sopra  iino  dei  qiiali  siede  il  villaggio  di 
Ginestra  e  sull'  altro  si  distende  il  paese  di  Monteleone.  Tra  qiiesti 
due  colli  scorre,  piuttosto  abbondante  d'  acqua,  il  Rio  della  Ve- 
nella, al  quäle  si  iinisce  altro  corso  d'  acqua  detto  fosso  delle  Mole, 
che  passa  sotto  Monteleone.  Poco  dopo  la  confluenza,  il  Venella, 
cosi  ingrossato,  s'  imbatte  nell'  odierna  via  rotabile  Rieti-Correse, 
la  quäle  via  lo  cavalca  con  uu  ponte  oggi  detto  ponte  Buido  a 
del  Buido  o  del  Boida,  e  per  lo  passato  detto  ponte  Vuito  (').  Le 
grandiose  dimensioni  di  questo  ponte  dimostrano  1'  impeto  del  Ve- 
nella cui  si  e  dovuto  opporre  forte  resistenza.  Appena  due  chilo- 
metri  dopo  il  ponte  Buido,  il  Venella,  s'  incontra  con  le  sorgenti 
del  Farfa  sotto  Frasso  Sabino,  onde  il  Venella  medesimo  si  puö' 
quasi  considerare  come  una  delle  piü  remote  scaturigini  del  Farfa 
istesso. 

Intanto  si  ha  che,  a  soll  20  metri  circa  dall'  attuale  ponte 
Buido,  a  destra  di  chi  va  da  Correse  a  Rieti,  su  di  un  prato  del 
sig.  Lorenzo  Carosi  ed  accosto  ad  una  sua  casetta  destinata  a  fran- 
toio,  veggonsi  gli  avanzi  della  testata  Orientale  d'  altro  vecchio 
ponte  disfatto ;  dico  vecchio  perche,  a  prima  vista,  nuUa  presenta 
di  antico,  ma,  acceduto  sul  posto  e  fatti  tagliare  gli  spini  che  ne 
rivestivano  e  nascondevano  la  spalla  meridionale  rasente  il  torrente, 
a  fior  di  terra  e  qualche  metro  appena  sopra  il  pelo  dell'  acqua, 
ho  avuto  la  lieta  fortuna  di  trovare  tre  fila  di  blocchi  caratteristici 
ed  inoppugnabili  d'  epoca  romana. 

II  blocco  piü  grande  e  lungo  m.  0,90  X  0,48  di  altezza. 
AI  solito,  sono  messi  in  opera  a  secco,  senza  malta,  e  su  di  essi 
vedesi  innestata  la  posteriore  vecchia  muratura  di  restauro  a  calce, 
di  cui  restano  pochi  ruderi  tanto  del  muro  meridionale  che  di  quello 
settentrionale  di  sostegno  della  testata  medesima.  Quei  blocchi  a- 
dunque  sono  i  soll  ma  ben  importanti  testimoni  rimastici  dell'  an- 


(1)  Cf.  Carta  corografica  della  Sabina  antica  e  moderna  di  Lodovico  Pros- 
seda.  Roma  1827.  ~  yian-teWi,  Antichitä  dei  SicoliUv.  177. —Cf.  CLL.  IX 
n.  4933. 


AI.I.A    KlCERCA    I)KI.L\    VIA    CAECII.IA  197 

tico  ponte ;  ma  forse,  se  si  scavasse  dalla  banda  opposta  e  si  sco- 
vrissero  le  foudamonta  dell'  anzidetto  muro  settentrionale  di  quel 
diruto  ponte,  disotto  al  prato,  nou  sarebbo  dillicile  che  si  rinve- 
nissero  altri  avanzi  del  ponte  antichissirao.  Ma  bastaiio  i  succen- 
nati  massi  ad  assicurare  che  colä  con  un  ponte  passava  uua  via 
romana.  Misuratavi  la  lai-ghezza  del  piano  stradale,  escluse  le  cre- 
pidini,  ho  trovato  che  era  appeua  di  tre  metri. 

Considerate  poi  le  rispettabili  dimensioni  del  ponte  uuovo, 
esse  ei  permettono  argomentare  che  quello  autico,  benche  piü  pros- 
simo  alla  costa,  nou  pote^a  essere  im  semplice  ponticello,  ma  do- 
veva  essere  anch'  esso  un  vero  e  proprio  robiisto  ponte ;  per  conse- 
guenza,  sia  per  questo,  sia  perche  valicava  imo  degl'  imponenti  af- 
tliienti  del  Farfa,  si  piiö  paciticamente  ritenere  che  sia  stato  qiiesto 
appunto  il  a  pons  iii  ßuvio  y<   indicato  dalla  lapide  ceciliana. 

Ma  11  ponte  Buido  era  al  XXXV  miglio  da  Roma  ? 

Parmi  che  si  possa  attermare  e  ritenere  senza  esitazione,  im- 
perocche  noi  sappiamo,  con  tatta  certezza,  che  11  milliario  XXXI 
della  Salaria  (')  recante  l'iscrizione  : 

IMP     •     CAESAR.     •     dIvI  F     • 

AVGVSTVS    •    COS    •     X\ 
TRIB   ■    POTEST    •     VIII    •   EX  S  •  C  a.U  C.  738  9 

XXXI 

fu  rinyenuto  presso  la  chiesa  della  Madonna  della  Quercia  in  ter- 
ritorio  di  Ponticelli  (frazione  del  comime  di  Scandriglia.  provincia 
di  Perugia).  Calcolando  quindi  la  distanza  che  corre  dalla  Madonna 
della  Quercia  al  ponte  Buido  passando  perö  per  Osteria  Nuova  o 
li  Massacci  ov'  era  la  maiisio  Vicus  novus,  si  ha  che  la  linea  stra- 
dale era  della  lunghezza  di  circa  Km.  6,  500,  corrispondenti  a 
circa  romane  miglia  quattro  (-);  ende  11  ridetto  ponte  si  avrebbe 
appunto  al  miglio  XXXY. 

(1)  Cf.  CLL.  IX.  n.  5943.  — Qae.sto  milliario  appartieno  alla  serie,  di 
cui  fanno  parte  la  colonna  LXVIIII  da  me  rinvenuta  suUa  stessa  Salaria  al 
Masso  delV  Orso  presso  Sigillo  sul  Velino  (v.  Persichetti  op.  cit.  p.  GI-65)  e 
la  colonna  XCVIIII  rinvenuta  pure  sulla  via  niedesima  presso  Trisungo  sul 
Tronto  (v.  CLL.  IX  n.  5950). 

(2)  E  noto  che  il  miglio  romano  era  lungo  5  mila  piedi  o  mille  passi, 
m.  1491,50;  il  passo  di  5  piedi  m.  1,4815;  il  piede  m.  0,2963. 


]y8  N      I'ERSICHKTTI 

Dopo  ponte  Biiido  di  presente  dod  avanzano  vestigi  dell'  an- 
tica  via.  Pero  tauto  suUa  cavta  topografica  del  Prosseda  (')  qiianto 
5:11  qiiella  del  Kiepert  (-)  vedesi  marcato  il  passaggio  della  Salaria 
in  questo  piiiito  ed  indicato  il  prosieguo  di  essa  verso  Poggio 
S.  Lorenzo.  parte  dei  vesti.i  essendone  allora  tuttavia  esistenti.  f] 
SU  quelle  carte  nessuu  segiio  vi  e  di  altra  strada  autica,  che  di- 
ramasse  dalla  Salaria  e  fosse  la  Caecilia,  che  noi  audiamo  rintrac- 
oiando.  Ma  questa  via  dovette  esserci.  come  ci  dimostrano  altri 
fatti  che  narrerö  in  seguito,  e  per  conseguenza  e  da  credersi  che 
diiamava  dalla  Salaria  dopo  passato  il  detto  ponte.  E  sono  di  questo 
avviso  poiche  se  la  diramazione  fosse  avvenuta  prima,  la  Salaria 
istessa  avrebbe  dovuto  valicare  il  Farfa  cou  altro  ponte  diverso 
dal  Buido,  del  quäle  non  v'  e  traccia,  mentre  che,  supponendosi  la 
biforcazione  posteriore  al  passaggio  del  Venella,  bastava  il  ponte 
niedesirao  all"  una  ed  all'  altra  via. 

E  qui  non  sarä  inutile  ricordare  ciö  che  1'  Holstenius  ci  narra 
di  avere  osservato  in  questi  luoghi  allorche  li  percorse:  «  AUa  ho- 
steria  della  Nerula,  egli  dice,  a  capo  della  scala  sta  murato  un 
pezzo  d'  una  antica  iscrizione  ....  Poi  nel  piano  del  Massicci  (Oste- 
ria  nuova  dei  Massacci)  passata  la  terza  hosteria  vien  da  man 
dritta  la  Salaria  antica  et  entra  nella  moderna,  e  poco  innanzi  che 
eutra  si  vedono  accanto  di  essa  vestigi  grandi  di  fabbrica  antica. 
Poi  poco  dopo  che  entra  nella  moderna  si  vedono  vestigi  gran- 
dissimi  di  case,  sepolture  ed  altre  fabriche  et  anche  un  lapis  mi- 
liarius,  ma  perö  talmente  logherato,  che  non  apparisce  vestigio 
alcuno  di  lettere.  Questo  e  XXXI V  ab  Roma  e  XIV  a  Reale  Ro- 
mam  versus.  Di  lä  al  monte  di  S.  Lorenzo  (Poggio  s.  Lorenzo) 
m.  2  «   (3). 

Volendo  interpretare  quel  che  intende  dirci  1'  Holstenius,  met- 
tendolo  in  raft'ronto  a  cio  che  oggi  presentano  quelle  localitä,  se 
mal  non  mi  appongo,  parmi  ch'  egli  voglia  descriverci  ciö  che  vide 
passata  la  terza  osteria  dopo  quella  di  Nerola  (che  esiste  tuttora). 
E  se  le  osterie  allora  erano  dove  sono  le  attuali.  la  prima  sarebbe 

(1)  V.  Carta  coros^rafica  ilella  Satina,  soin-a  oifafa. 

(2)  V.  Ki.'pert,   Tabula  toj)Oijr.  Italiae  recj.  IV,  C.  I.  L.  IX. 

(3)  Holstenius, /a'weran'i  spettanti  agli  anni  1G41,  1643,  1049;  co(\.\cg 
manoscritto  conservato  nella  hiblioteca  di  Drosda,  segnato  F  193,  fol.  IG. 
V.  C.  f  L.  IX  n.  594.5. 


AM.A    RICERCA    DEM.A    VIA    CAECILIA  100 

stata  quella  oggi  detta  Osteria  iiiiova  o  li  j\Iassacci  (dove  fu  Vicus 
novus),  la  seconda  l'osteria  di  Fiacchini;  la  terza  quella  del  ponte 
Buido.  Credendo  adunque  ch'  egli  volesse  accennare  alla  localita 
depo  ponte  Buido  (tanto  piü  che  dice  che  di  lä  a  Poggio  S.  Lo- 
renzo  coirono  2  miglia).  si  avrebbe  che  allora  vi  si  vedevano  due 
strade,  a  man  dntta  la  Salaria  antica,  ed  a  sinistra  la  nioderna. 
Ora,  se  non  eno,  potrebbe  essere  che  la  strada  chiamata  dall'  Hol- 
stenius  Salaria  antica  fosse  la  Caecilia,  e  quella  che  chiama  mo- 
derna  fosse  la  Salaria  propriameiite  detta,  poiche  la  rotabile  at- 
tuale  non  esisteva  ai  tempi  dell'  Holstenius.  Notisi  inoltre  che  in 
quei  pressi  non  mancano  i  vestigi  grandi  di  fabbrica  antica  accen- 
natici  da  lui.  Infatti  a  circa  400  m.  dal  ponte  Buido  ed  a  levante 
del  medesimo,  nella  contrada  detta  Casalinacci  o  Kipe  Santo  lanni, 
in  un  terreno  appartenente  anche  al  sunnominato  sig.  Lorenzo  Ca- 
rosi,  si  osserva  nn  grandioso  avanzo  di  stupendo  editicio  antichis- 
sinio,  di  forma  rettangolare,  i  cui  muraglioni  perimetrali  erano  com- 
posti  di  tutti  massi  di  pietra.  Ne  avanzano  due  lati,  il  meridio- 
nale  e  1'  Orientale.  Della  prima  di  tali  facciate  resta  nn  breve  tratto, 
lungo  appena  m.  11,  essendo  stato  il  resto  demolito  per  servirsi 
di  quei  massi  nella  costruzione  del  nuovo  ponte  Buido,  come  mi 
e  stato  uarrato,  e  su  qnalcuno  rimastovi  in  opera,  con  vivo  dolore, 
ho  osservato  le  tracce  della  mina  con  la  quäle  e  stato  spezzato. 
Dalla  facciata  medesima  escono  due  pilastri  di  varia  sporgenza; 
il  primo  di  5  lila  di  blocchi,  sporge  cm.  63 ;  il  secondo,  di  3  fila, 
ha  lo  sporto  di  cm.  55.  La  facciata  Orientale  poi,  nascosta  in  gran 
parte  da  alberi  e  da  plante  selvatiche,  e  lunga  m.  34,50 ;  ha 
7  pilastri,  ognuno  composto  di  15  fila  di  blocchi.  L' interno  dell'e- 
dificio  poi,  come  il  lato  settentrionale,  sono  rincalzati  dal  terreno. 
posto  a  coltivazione.  Ed  in  gennaio  di  quest'  anno,  avendo  il  colono 
Sante  Mari  nelV  area  interna  di  detto  edificio,  scavato  uu  fosso 
j>er  filare  di  viti,  rinvenne  14  tombe  di  umati,  rivolti  a  mezzo- 
giorno.  Alcune  di  esse  avevano  le  pareti  a  muratura ;  altre  erano 
coperte  da  semplici  tegoloui.  Le  suppellettili,  non  curandole,  le  di- 
sperse. Mi  disse  inoltre  che  le  tombe  vi  continuano,  in  seguito  allo 
scavo  da  lui  fatto,  e  che  anche  per  lo  passato  ne  aveva  rinvenuta 
qualcuna. 

E  ad  avvalorare    l'opinione  che'  F  Holstenius  di  questa  loca- 
lita intendesse  parlare,  giova  ricordare  il  bei  sepolcro  che  verso  il 


200  N.    I'KRSICHETTI 

1825  ritornÄ  in  luce  un  miglio  circa  depo  1' Osteria  nuova  e  prima 
del  poDte  Buido,  che  il  Giiattani  vide  e  descrisse  (')  e  che  oggi 
conservasi  in  Genzano  neUa  villa  del  diica  Cesarini.  I  quali  fatti 
sempre  piü  dimostrano  1' importanza  di  qiiesti  liioghi  in  antico,  ove 
non  una  ma  due  vie  avrebbero  avuto  il  loro  corso. 

Checche  ne  sia,  e  qiiantuuque  della  Caecilia,  come  della  Sa- 
laria,  passato  ponte  Buido  oggi  non  veggausi  piü  tracce.  e  perö  da 
credersi  che  mentre  questa  via  procedeva  a  sin.  dirigendosi  verso 
Poggio  S.  Lorenzo  (-),  qiiella  invece  sviluppavasi  a  dr.  rasentando 
il  coUe  SU  cui  sorge  Monteleone  {Trebula  Miituesca). 

Di  Vi.  andava  sotto  1'  attuale  villaggio  di  Oliveto,  ove  esiste 
un  ponticello,  chiamato  ponte  di  Ripe-strette,  sito  in  voc.  ßoscia 
di  s.  Praissede;  quindi  proseguiva,  trovandosi  altro  ponticello,  detto 
ponte  Passo  guasto,  nella  maccliia  dei  sigg.  Filippi,  alla  localitä 
detta  macehia  Scoari,  percorrendo  quasi  il  tracciato  di  una  odierna 
strada  mulattiera  che  conduce  al  quadrivio  dell'  ex  conventino  di 
S.  Mai'ia  Xova  presso  Rocca  Sinibalda,  d'  onde  andava  alla  chiesa 
dei  Ss.  Agapito  e  Giustino.  attualmente  campo  santo  di  quel  paese. 
Ed  il  sig.  avv.  Francesco  Gualdi  di  colä  mi  assicurö  che,  nella 
costruzione  del  camposanto  vi  si  scoprirono  dei  grandi  raassi  di 
pietre  lavorate  a  scalpello  che  indubbiameute  erano  serviti  ad  una 
via  romana,  massi  che  furono  spezzati  ed  adoperati  nella  muratura 
del  detto  camposanto.  Piü  oltre  poi,  e  non  molto  lungi  da  quel 
cemeterio,  circa  200  m.  prima  di  giungere  al  paese,  a  destra  della 
strada  rotabile  trovasi  uno  stradello  detto  strada  della  Costa  di 
Pereto,  sassoso  e  pantanoso,  pel  quäle  si  scende  al  ponte  Mercatello 
sul  Torano.  Percorrendo  tale  stradello,  in  mezzo  al  medesimo,  al 
voc.  Castagneto  presso  i  terreni  di  Antei  Pietro  e  Cenciotti  Angelo, 
trovasi  una  colonna  sotterrata,  simile  al  cippo  milliario  della  Sa- 
laria  che,  finita  la  salita  dell'  Ornaro,  tra  Rieti  e  Correse,  elevasi 
presso  r  Osteria  della  colonnetta,  ('*),  e  di  cui  non  mi  e  riuscito 
decifrare  1'  iscrizione  antica,  restaudovene  qualche  lettera  soltanto 
ed  avendola  deturpata  con  caratteri  moderni. 


(')  V.  Guattaui,  Monumenti  Sabini  (Koma  18o0)  III  p.  t»4. 
(2)  Cf.  Prosseda,  Carta  cor.jgrafica    sopra   citata;   Kiepert  Tab.  topogr. 
Italiae  reg.  IV;  Westphal,  Die  römische  Kampagne  (Berlin  1820)  p.  128  e  sg. 
{^)  V.  Westphal,  Die  römische  Kampagne  p.  129. 


AI.I.A    KICERCA    DELIA    VIA    CAECII.IA  201 

Qiiesto  cippo  adiinqiie  giace  colü  sotterrato  nel  piano  dello 
stradello ;  e  di  centim.  70  di  diametro,  e  ne  sporgono  sopra  suolo 
appena  ceutim.  15.  Fattolo  in  parte  scavare,  si  e  visto  che  il  rocchio 
cilindrico  contiuuava,  diinostrandolo  colonna.  L'  iscrizione  non  ho 
potuto  riuvenirla,  poiche,  come  ho  saputo,  la  colonna  medesima  era 
stata  ridotta  a  vasca  per  ahbeveratoio  d'animali  e  trovavasi  sul  fondo 
del  predetto  Antei,  da  dov^e  la  guardia  campestre  comunale  la  fece 
togliere  e  mettere  con  altri  sassi  in  mezzo  a  quello  stradello.  Che 
la  via  perö  passasse  per  Castagneto  dove  oggi  e  interrata  quella 
colonna,  non  oso  affermarlo,  anzi  lo  credo  difficile  poiche  di  lä  al 
ponte  la  discesa  e  breve  e  ripida.  Piuttosto  e  da  credersi,  che  la 
colonna  vi  sia  stata  trasportata  per  farne  tale  vasca. 

Di  lä,  com'  ho  detto,  si  sceude  al  ponte  sul  Torano,  ponte  chia- 
mato  Mercatello.  Non  e  antico,  ne  moderno,  essendo  stato  fatto  e 
rifatto  in  diverse  epoche ;  grandioso  ed  a  tre  arcate,  ha  solidi  pi- 
lastri,  fronteggiati  da  piü  solidi  speroni  contro  la  corrente  del  fiume 
che  ivi  e  piuttosto  rapido  e  voluminoso. 

Guardato  il  ponte  Mercatello  da  tutti  i  lati  non  ofTre  nulla 
che  ricordi  l'etä  romana;  se  non  che,  passando  all' altra  sponda,  a 
destra  del  fiume,  ed  andando  ad  osservare  attentamente  sotto  al 
terzo  arco,  si  ha  la  grata  sorpresa  di  vedere,  dove  finisce  il  limo 
di  deposito  con  cui  il  fiume  ha  rivestito  il  pilastro  che  sostiene 
quell'  ultimo  arco,  che  il  pilastro  istesso,  allo  spigolo  nord-ovest, 
e  costruzione  romana,  di  cui  restano  (almeuo  visibili)  soltanto  otto 
fila  di  blocchi  che  formano  il  vertice  del  pilastro  e  la  base  della 
curvatura  dell'  armilla.  II  masso  piü  grande  di  quelle  venerando 
reliquie  e  ben  lungo  m.  1,42  X  0,54  di  altezza.  Xe  e  giä  da  cre- 
dersi  che  quei  massi,  vero  lavoro  di  romano  scalpello,  possauo  es- 
sere  stati  colä  trasportati  pel  restauro  del  ponte,  poiche  vi  si  os- 
serva  bene  ch'  essi  sono  combacianti  tra  loro,  senza  essere  cementati, 
e  non  altrimenti  del  come  erano  soliti  gli  antichi  di  mettere  in 
opera  quei  blocchi  a  sostegno  e  difesa  delle  loro  costruzioni  stra- 
dali ;  ed  altrettanto  bene  vi  si  distinguono  le  diverse  murature  dei 
posteriori  restauri  a  calce,  addossati  a  quell'  avanzo  della  prima 
costruzione.  Laonde  non  e  affatto  a  dubitarsi  che  lä  dove  oggi  sul 
Torano,  presso  Rocca  Sinibalda,  esiste  il  ponte  Mercatello,  ha  esi- 
stito  pure  un  ponte  e  quindi  una  strada  romana. 


202  N-    PERSICHETTl 

II.   ÜiiUa  valle    del  Torauo  alla  valle  del  Salto. 

Giuiiti  che  siamo  al  ponte  Merca  teile  e  per  conseguenza 
uel  baciüo  del  Torano,  ecco  a  noi  di  froute  innalzarsi  imponente 
e  maestosa  la  catena  dell'Appennino  centrale.  Essa,  escliisa  Ja  se- 
giiente  vallata  serpeggiata  dal  Salto,  continiia,  per  larga  plaga  litta 
di  alte  ed  aspre  nioutagne,  fino  alla  loiitaua  valle  bagnata  dal- 
r  Ateruo. 

üna  regione  tale  non  poteva  non  preseutare  delle  gravi  dif- 
ficoltä  tanto  allo  sviliippo  della  viabilitä.  quanto  alla  resisteuza 
e  conservazione,  per  lunghi  secoli,  delle  opere  d'  arte  che  vi  aveva 
rase  necessarie ;  nessuna  meraviglia  deve  per  ciö  fare  che  ne  siano 
quasi  interamente  scoraparse  le  tracce.  Ma  che  una  via  antica  si 
fosse  arditamente  arrampicata  per  quei  monti  uon  v'  ha  dubbio 
poiche  Ig  dimostra  1'  esistenza  del  ponte  M  e  r  c  a  t  e  1 1  o,  che  altri- 
menti  non  avrebbe  avuto  obbiettivo,  non  essendovi  attatto  prossimo 
alcun  iraportante  centro  abitato. 

Passato  ponte  Mercatello,  1'  odierna  viuzza  incomincia  a  salire 
in  Costa  per  poi  biforcarsi  ed  andare,  a  sinistra,  a  Longone  Sabine, 
ed  a  dr.,  a  Stipes;  ma,  sia  che  si  vada  all' uno  sia  all' altro  passe, 
nuUa  s'  incontra  che  ricordi  la  niano  degli  antichi. 

Da  Longone  perö  si  va,  a  destra  a  Poggio  Vittiano,  ed  a  sini- 
stra all'ex-convento  di  S.  Salvatore  maggiore,  e.  tanto  dall"  una 
che  dair  altra  banda,    riappaiono  le  vestigia  delle    opere   romane. 

Evvi  una  strada  chiamata  Sferracavallo,  appoggiata  ai 
monti  detti  delle  Valli  o  Coste  Marinesche,  che  conduce  a  Poggio 
Vittiano  ed  a  Rocca  Vittiana.  Per  piii  di  un  ora  di  cammino  la 
detta  via  preseiita  reliquie  di  strada  romana  con  i  relativi  massi : 
e  questa  via  da  Rocca  Vittiana  avrebbe  potuto  scendere  al  Salto 
per  dirigersi  verso  Capradosso,  ma  altre  vestigia  non  mi  c  riu- 
scito  scoprirne. 

Da  Longone  poi  verso  S.  Salvatore  neanche  ho  potuto  rintrac- 
ciare  avanzi  stradali,  mentre  erami  stato  assicurato  dal  sig.  prof. 
Gaetauo  Gagliardi  di  S.  Marie,  docente  in  Aquila,  che,  anni  sono, 
quando  egli  era  alunno  del  Seminario  di  Rieti,  e  questo  si  portö 
a  villeggiare  a  S.  Salvatore,  aveva  veduto  in  quei  pressi  stupende 
vestigia  di  via  romana.  con  relativi  massi  che  ne  constituivano  le 


ALLA.    RICERCA    DELLA    VIA    CAECILIA  20o 

crepidiiii,  e,  benche  io  uon  sia  riuscito  a  rinveairle,  niilladimeiio 
non  posso  nou  prestare  fede  al  racconto  di  quell' intelligente  ed 
egregio  insegnante. 

Ed  io  stesso  ho  por(^  aYiito  occasione  di  riconoscere  le  orme 
dei  Romani  a  S.  Salvatore.  Presso  il  muro  di  cinta  dell'  orto  del 
convento,  ad  ovest,  un  rigagnolo  d' acqua,  da  pochi  giorni  prima 
che  io  mi  recassi  colä,  aveva  fatto  smottare  parte  del  terreno  vicino, 
per  cui  eravi  tornata  in  luce  una  fornace  di  embrici  romani  dei 
quali  e  colli,  e  dappertutto  in  qnei  terreni  e  nella  mnratura  dello 
stesso  convento  ed  anuessa  chiesa,  veggonsi  inniimerevoli  fram- 
menti.  Siil  largo  piazzale  poi  ad  occidente  dell'  importante  edificio, 
oltre  a  vari  fraramenti  architettonici,  ho  visto  nn  rocchio  di  colonna 
di  gi-anito  rosso,  alto  m.  0,80  X  0,47  di  diametro,  ed  altro  di  gra- 
nito  nero,  alto  ra.  0,60  ><(  0,50,  tutti  di  etä  romana;  e  la  presenza 
di  essi  in  quella  localitä  dimostra  pure  che  una  via  rotabile  do- 
veva  esservi  stata,  poiche  altrimenti  gli  antichi  non  avrebbero 
potuto  portarveli.  E  nella  pianeggiante  contrada  vicina  a  S.  Salva- 
tore, ehiamata  Schiareta,  seppi  da  un  bifolco  che  non  di  rado  si 
rinvengono  anticaglie,  le  quali,  non  curate,  vanno  disperse. 

Tracce  per  altro  o  notizie  di  avanzi  di  via  antica  non  trovai 
ne  andando  da  S.  Salvatore  ai  vicini  villaggi  di  Prato  lanni  e  Con- 
cerviano,  ue  verso  Vaccareccia.  NuUadimeno  se  una  strada  antica 
passö  nei  pressi  di  S.  Salvatore,  questa  si  puö  presumere  che  per 
Vaccareccia  e  per  le  localitä  dette  Vianello,  Antignano  e  Cese 
Cappelle  scendesse  al  Salto,  ove  a  cento  metri  circa  dall'  Osteria 
del  Salto  in  territorio  di  Ofteio,  evvi  un  pilastro  di  ponte  disfatto, 
detto  ponte  Ladrone,  che  cavalca  il  Salto  e  da  cui,  pel  fosso  di 
Offeio,  si  poteva  salire  a  Cliternia  (Capradosso),  ma  di  tale  strada, 
ripeto,  non  vi  sono  traccie.  Vero  e  che  alla  contrada  Cese  Cap- 
pelle vedesi,  per  centinaia  di  metri  di  lunghezza,  un'alta  rupe  a 
picco  che  ha  tutto  1'  aspetto  di  una  rupe  intercisa  per  passaggio 
di  strada,  ma  se  si  considera  che  di  simili  alte  e  perpendicolari 
rupi  molte  se  ne  osservano  suUa  campagna,  a  destra  ed  a  sin., 
lungo  la  via  che  dall'  Osteria  del  Salto  va  a  Rieti,  e  da  credersi 
che  pur  quella  di  Cese  Cappelle  sia  opera  della  natura  e  non 
della  mano  dell'uomo;  e  Io  dico  per  voler  esser  cauto  nei  miei 
giudizi  in  materia  in  cui  le  cose  debbono  essere  seriamente  con- 
statate  e  non  fantasticamente  immaginate,  ma  ciö  non  esclude  la 


204  N-    l'ERSICHETTl 

possibilitä  che  a  qiiella  rupe  in  antico  fosse  stata  appoggiata  una 
via  che  discendesse  al  ponte  Ladrone. 

Neppure  antico  posso  aftermafe  che  sia  stato  il  detto  ponte, 
poiche  il  miserabile  rudere  che  ne  e  rimasto  visibile  non  lo  dimo- 
stra  tale.  Xon  pertanto  potrebbe  pur  essere  che  sotterra  le  sue 
fondamenta  couservassero  traccie  di  antica  costruzione,  come  i 
ponti  Buido  e  Mercatello,  ma  bisognerebbe  ricercarle  con  uno  scavo 
ed  a  qualche  profonditä,  imperocche  il  liume  Salto,  a  differenza 
del  Farfa  e  del  Torano,  porta  seco  abbondanti  materie  alhivio- 
nali,  specie  in  caso  di  piene,  che  man  mano  ne  alzano  il  livello, 
pel  che  le  fondamenta  di  questo  ponte  trovansi  cosi  rincalzate. 

Inline  e  a  notarsi  che  anche  nei  pressi  del  ponte  Ladrone 
non  sono  mancate  scoperte  di  antichitä.  Nella  contrada  Riacciola, 
mi  narrö  il  maestro  elementare  di  Concerviano,  non  ha  guari,  fu 
rinvenuta  una  toraba  con  urna  cineraria,  con  armi  di  bronzo  ed 
una  padellina  di  metallo  contenente  delle  ceneri.  Seppi  pure  da 
un  tal  Daniele  Paoletti.  anche  di  Concerviano,  che  a  sin.  del  Salto, 
presso  ponte  Ladrone,  lä  dove  dicesi  Ponte  vecchio,  tino  a  pochi 
anni  fa,  eravi  un  masso  avanzo  di  antico  ponte,  forse  qualche 
antico  concio  di  quello  stesso  ponte,  ma  non  avendolo  io  veduto 
perche  non  piü  esistentevi,  non  azzardo  un  sicuro  giudizio  sull'  an- 
tichitä del  ponte  medesimo;  non  pertanto  e  una  testimonianza  da 
tenersi  a  calcolo. 

E  cosi  siamo  discesi  fino  alla  valle  del  Salto. 


IIL  Dalla  valle  del  Salto  alla  valle  deH'Aterno. 

Continuando  ad  esporre  semplicemente  i  fatti  archeologici  e 
topogralici,  e  riserbandomi  in  fine  l'esame  ed  il  giudizio  su  di 
essi,  dirö  che,  passato  il  Salto  e  volendo  salire  a  Capradosso  (Cli- 
ternia)  neanche  si  ha  la  fortuna  d'  incontrarvi  vestigia  di  vetusta 
via,  la  quäle  per  altro  dalla  contrada  Macchiole  pel  fosso  di 
Capradosso,  sotto  il  villaggio  di  S.  Martino,  avrebbe  potuto  acce- 
dervi,  tanto  piü  che  i  Romani  nella  costruzione  delle  loro  strade 
non  badavano  troppo  alle  pendenze,  ed  anzi  il  sistema  delle  forti 
pendenze  era  adottato  quando  in  massima  si  era  pretisso  di  rispar- 
miare   tempo   e   spesa.   Nella   cennata    localitä    detta    Macchiole, 


AI.I.A    RICERCA    DELI.A    VIA    CAECIMA  205 

certo  Nicola  Floridi  trovö,  anni  sono,  una  lapide  iscritta  che  vende, 
forse  per  matoriale  di  fabbrica. 

E  sebbene  da  quella  localitä  in  avanti  non  avessi  rinvenuto 
ulteriori  avanzi  di  via  antica,  ho  avnto  il  piacere  di  constatarne 
altre  preziose  reliquie  nel  territorio  di  Capradosso;  e  sono  lieto  di 
aver  fatto  ia  tempo,  poiche  alti'imenti  anche  di  esse  potevasi  per- 
dere  e  la  traccia  e  la  memoria. 

Invero,  non  lungi  da  qiiesto  paese,  nel  vocabolo  Coerano, 
sopra  terreno  di  Angelo  Calonzi,  ho  riconosciuto  iin  concio  di  strada 
romana,  limgo  m.  1  X  0,97.  Piii  innanzi,  a  levante  dell'abitato  e 
circa  ad  un  chiloraetro  di  distanza  da  esso,  nella  contrada  Mo- 
relle,  in  nn  fosso  che  divido  diie  terreni,  uno  di  Rattaele  Caprioli 
e  l'altro  di  Angelo  Terzi,  nel  1895,  furono  rinvenuti  quattro 
blocchi  lunghi  circa  3  metri,  apparteuenti  alle  sostruzioni  di 
antica  via,  che,  a  difenderla  da'  danni  che  qiiello  stesso  fosso  in 
allora  poteva  anche  farle,  si  trovarono  congiunti  da  grosse  grappe 
di  ferro.  Altri  conci  rai  si  e  assiciirato  che  esistono  ancora  na- 
scosti  sotterra,  essendo  spesso  urtati  e  scoperti  dair  aratro.  Circa 
100  m.  piü  innanzi,  allorche  costruivasi  1'  attiiale  strada  rotabile, 
ne  furono  trovati  anche  degli  altri,  che  dall'  impresa  che  la  costruiva 
furono  spezzati  ed  adoperati  in  quella  sua  costruzione.  La  via 
quindi,  andando  verso  Petrella  Salto,  proseguiva  passando  in  pros- 
simitä  della  diruta  chiesa  di  S.  Andrea  nello  stesso  territorio  di 
Capradosso.  A  valle  poi  della  chiesa  di  S.  Giovanni  presso  Staf- 
foli,  prima  di  giungere  a  Petrella,  se  ne  sono  trovati  altri  blocchi 
per  una  lunghezza  di  circa  20  metri,  che  in  gran  parte,  furono 
disfatti  ed  adoperati  pure  dalla  succennata  impresa.  Inoltre,  sempre 
fra  Capradosso  e  Petrella,  altre  vestigia  ne  esistono  nel  casale  di 
Cianetti.  Quindi  se  ne  riperdono  atfatto  le  tracce. 

E  qui  mi  si  permetta  una  breve  digressione  che  per  altro 
credo  opportuna. 

Feiice  Martelli,  volendo  indicare  quali  erano  le  vie  antiche 
che  percorrevano  questa  regioue,  se  ne  sbrigö  con  poche  ed  ine- 
satte  notizie.  Infatti  cosi  scrisse  di  questa  via  di  cui  tra  Capradosso 
e  Petrella  abbiamo  trovato  gli  avanzi. 

tt  L'antica  via  Latina  (voleva  forse  dire  Litina)  che  partiva 
<*  da  Rieti,  passava  per  Cicoli  nella  valle  Nersia.  non  Nerfia  come 
«  la   chiama  Antinori.   Cominciava  dalla   cittä   di   Cliternia   oggi 


206  N.    PERSICHETTl 

tt  Capradoiso,  e  tiraado  sopi^a  il  tiiiine  Salto,  detto  nel  siio  primo 

-  corsö  Imelle,  portava  a  Peti-ella  di  Cicoli,  a  Varia  o  Pot'gio-Viauo, 
fc  a  Sima  o  Torre  di   Taglia,  o   Borgo   CoUefegato.   Qiii   divisa,  a 

-  destra  conducova  alla  cittä,  di  Nerse,  ed  a  sinistra  alle  cittä  di 
Corbione  e  Tora  ...  "  (M- 

Ora.  a  prescindere  che  non  saprei  coDcepire  iina  via  che 
t  cominciava  da  Cliternia  -  mentre  «  partiva  da  Rieti  »,  perche 
se  da  Rieti  partiva  anche  di  lä  cominciava,  non  posso  poi  ammet- 
tere  che  iina  via  antica  cominciasse  o  finisse  a  Cliternia,  che  non 
era  certameute  Roma.  Sarebbe  fare  im  oltraggio  alla  sapienza  pra- 
tica  dei  Romani  il  credere  che  avessero  fatto  il  lusso  e  la  stol- 
tezza  di  costruire  una  strada  fino  a  tanta  altezza  soltanto  per 
portarla  a  finire  a  Cliternia,  come  in  im  cul  di  sacco.  Bisogna 
invece  credere  che  se  a  Cliternia  eravi  ima  strada,  questa  vi  poteva 
essere  solamente  di  passaggio,  poiche  Dientro  essa  immetteva  i 
Romani  nella  regione  degli  Eqiii,  serviva  poi  agli  imi  e  agli  altri 
anche  per  altri  importanti  scopi  e  sbocchi. 

Ma  io  non  mi  occuperö  di  vedere  se  la  via  che  passava  nei 
territori  degli  odierni  villaggi  di  Capradosso  e  Petrella  avesse  in 
antico  proseguito  e  per  dove  nella  regione  degli  stessi  Equi  e 
qiiindi  dei  Marsi,  poiche  ciö  non  entra  neH'ambito  di  questo  mio 
lavoro,  ma  mi  limiterö  solo  a  cercare  se  prosegiiiva  verso  il  Mare 
S  u  p  e  r  u  m . 

E  segiiendo  questo  obbiettivo  ecco  che  cosa  ho  trovato. 

Mentre  di  questa  antica  via  che  (salvo  alcune  interruzioni) 
ci  ha  accompagnati  fin  qui,  e  scomparsa  ogni  traccia  dopo  Petrella 
come  nei  seguenti  territori  di  Fiamignano  e  Torre  di  Taglio,  pure 
sopra  la  montagna  Frasso  o  Fratta,  che  dai  venti  di  tramon- 
tana  difende  i  villaggi  di  Torre  di  Taglio  e  S.  Elpidio,  per  fortuna 
e  rimasta  tuttora  esistente  una  testimonianza  topografica  della  piü 
grande  importanza.  E  il  varco  che  questa  stessa  strada  si  apriva 
suU'Appennino  per  uscire  dagli  Equi  ed  andare  ai  Sabini  ed 
ai  Vestiui. 

Infatti  sulla  succennata  montagna  di  Torre  di  Taglio,  lä  dove 
essa  piega  da  mezzogiorno  ad  occidente,  evvi  un  varco  aperto  con 
taglio  fatto  a  scalpello   in   roccia  viva.  A  destra   di  chi  vi  entra 

{')  V.  Martelli,  Antichitä  dei  Sicoli  (Aquila  1830)  I  p.  201. 


AI.LA    niCERCA   DEI.I.A    VIA   CAECILIA  207 

limane  la  rupe  luternautesi  nel  monte ;  a  sinistra  restano  gli  avanzi 
della  roccia  tagliata  che,  danueggiati  dal  tempo,  sembrano  pilastri  o 
pliiiti,  sopra  uno  dei  quali  di  preseute  sta  impiantata  ima  croce. 

Questo  varco  ha  la  solita  poca  larghezza  delle  piii  ardite  vie 
romane,  e  cioe  di  in.  3,50. 

Dopo  il  varco,  il  taglio  della  rupe  continua  per  iina  luughezza 
di  circa  m.  80,   sviliippando  la  via,    in   parte   serpeggiaute   sulla 


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falda  occidentale  di  qiiel  monte,  e  discostandola  da  im  burroue  che 
lascia  a  siuistra,  e  chiamasi  Fosso  Casalecchi.  E  poiche  la  concre- 
zione  calcarea  di  quella  limga  serie  di  rocce  non  e  dura  e  com- 
patta  come  quella  delle  alte  rupi  che  s'  incontrano  sulla  Salaria 
luiigo  la  valle  di  Sigillo,  presso  Antrodoco,  ma,  e  pietra  geliva 
e  venata,  ha  maggiormente  risentita  e  sofferta  1'  opera  deleteria 
lenta  ma  continua  dei  secoli,  e  si  e  quindi  in  gran  parte  scre- 
polata  e  sgretolata.  auche  per  la  caduta  dei  massi  dall'  alto  dei 
monte,  qualcuno  dei  quali  vedesi  giacente  sull'attuale  piano  stra- 


20S  N.    I'ERStCHETTI 

dale.  Coäicche  chi  volesse  ritrovarvi  qiiello  stesso  grandioso  spet- 
tacolo  delle  anzicennate  rupi  intercise  della  Salaria,  a  prima  vista, 
noD  osservandolo,  dubiterebbe  forteraente  che  qiiel  taglio  fosse  antico 
e  fatto  dalla  mano  dell'  iioiiio.  Ma  se  si  osservano  attentamente 
gl'  incolumi  avanzi  di  quelle  rocce,  vi  si  rinveugono  indubbie  vesti- 
gia  del  lavoro  umano,  vedendo  che  anche  l'aggere  stradale  era  stato 
in  alcuni  punti  spianato  a  scalpello  sulla  istessa  roccia,  di  maniera 
che  il  lastricato  della  via  non  era  costituito  da  lastre  sovrapposte 
al  piano  stradale,  ma  era  formato  dal  taglio  orizzontale  della  stessa 
nipe,  come  il  taglio  verticale  vi  faceva  le  veci  ed  il  servizio  di 
muro  di  sostegno  del  monte.  Ed  in  alcuni  punti  si  osserva  pure 
il  solco  impresso  sulla  pietra  dal  lungo  passaggio  delle  ruote, 
fatto  che  anche  si  riscontra  altrove,  in  avanzi  di  altre  antiche 
strade  lastricate. 

Questo  varco  chiamasi  comunemente  Portella,  quasi  fosse  pic- 
cola  porta  di  comunicazione  oggi  tra  il  Cicolano  e  l'Aquilano,  ed 
in  antico  tra  gli  Equi  ed  i  Sabini.  Ed  infatti,  giuuti  colä  vi  si 
gode  un  incantevole  panoraraa;  quasi  attacciati  ad  una  loggia,  si 
ammira  il  pittoresco  paesaggio  che  offre  il  Cicolano,  circondato  da 
alti  monti,  frastagliato  da  colli  boscosi,  valli  e  vallette,  dissemi- 
nato  di  gran  nuraero  di  villaggi. 

E  si  noti  che  la  strada  oggi  mulattiera  che  passa  per  Por- 
tella, come  seppi  dal  sig.  Antonio  Ciaprini,  ex  segretario  comu- 
nale  di  Fiamignano,  dalle  genti  del  luogo  si  suole  chiamare  via 
Salara,  e  da  loro  dicesi  pure  che  per  quella  via  si  portava  il 
sale  nel  Cicolano.  , 

Questa  secolare  tradizione  ha  non  piccolo  valore  in  proposito 
poiche  rafforza  1'  ipotesi  che  un  tempo  la  strada  istessa  andasse  ad 
innestarsi  alla  Salaria  propriamente  detta,  per  fare  in  queste  con- 
trade  lo  stesso  suo  servigio  commerciale  e  strategico. 

Vero  e  che  chi  giunge  a  Portella  e  di  lä  s'affaccia  sul  Cicolano 
e  ne  vede  i  paesi  cosi  al  basso  ed  in  lontananza,  e  preso  da  sgo- 
mento  a  pensare  che  li  in  fondo  debba  discendere,  molto  piü  se 
considera  di  dovervi  scendere  con  la  ruota.  Ma  se  si  fa  il  seguente 
semplice  ed  esatto  calcolo,  alla  base  di  dati  sicurissimi  quali  sono 
quelli  che  ci  otfrono  le  carte  topografiche  dello  Stato  Maggiore, 
ossia  del  R.  Istituto  geografico  militare  italiano,  si  libera  tosto 
d'ogni  dubbio  e  s'assicura  della  possibilitä  dell'  impresa. 


ALLA    RICKRCA    ÜELLA    VIA    CAECILIA  209 

Di  vero  trovasi  Portella  alla  ben  alta  quota  di  m.  1151  sul 
livello  del  marc.  II  piinto  estremo  della  linea  da  raggiungersi  in 
qiiolla  plaga,  e  cioe  Capradosso  (dovo  nel  Cicolano  abbiaiuo  vediito 
le  prime  vestigia  doUa  via  che  veniva  ab  Urbe),  trovasi  alla  quota 
di  m.  650;  cosicclie  il  dislivello  da  vincersi  tra  Capradosso  e  Por- 
tella e  di  m.  501.  La  distauza  poi  tra  Capradosso,  ossia  Cliternia, 
e  Portella  in  linea  retta  e  di  km.  17;  ma  essendo  aifatto  impos- 
sibile  percorrerla  a  volo  d'uccello,  e  cioe  con  rettitilo,  dobbiamo 
considerarla  sviluppata  a  seconda  della  configurazioiie  ed  accidon- 
talitä  del  terreuo,  e,  press'a  poco,  come  si  svolge  l'attuale  strada 
rotabile  Capradosso-Torre  di  Taglio,  o  secondo  la  mulattiera  che 
dal  paese  di  Torre  di  Taglio,  frazione  del  comune  di  Pescorocchiano, 
sale  ad  Alzano,  e  da  Alzano  a  Portella. 

Ora  si  ha  che  da  Capradosso  ad  Alzano,  secondo  la  linea 
sviluppata  con  la  rotabile  e  la  mulattiera,  corre  una  distanza  di 
km.  25,  e  da  Alzano  a  Portella  di  km.  3,500;  in  tutto  km.  28,500. 
Ma  poiche  e  innegabile  che  le  vie  antiche  erano  piü  forzate  e 
meno  rispettose  della  comoditä  dei  viandanti  di  quello  che  lo  sono 
le  moderne,  e  quindi  se  avevano  maggiore  pendenza  erano  dall'altra 
di  esse  piü  brevi ;  e  poiche  la  differenza  di  livello  fra  quel  punto 
dove  verisimilmente  si  sarebbe  attraversato  il  cosidetto  Rio  Torto 
e  Portella  poteva  essere  ripartita  in  una  comoda  linea  svolgentesi 
lungo  i  tianchi  del  monte  Fratta,  si  puö  per  conseguenza  ritenere 
che  in  media  la  via  da  Capradosso  a  Portella  avesse  la  lunghezza 
di  km.  20. 

Dividendo  adunque  l'altezza  o  dislivello  di  m.  501  per  la  lun- 
ghezza stradale  di  km.  20,  si  ha  che  la  via  avrebbe  appena  avuta 
la  pendenza  del  2,50  per  ^o,  pendenza  comodissima. 

Ecco  dunque  dimostrato  che  il  varco  di  Portella  puö  ben  es- 
sere stato  fatto  dagli  antichi  in  servizio  della  via  di  cui  ci  occu- 
piamo,  pel  valico  di  quella  parte  dell'Appennino. 

E  giacche  ho  avuto  occasione  di  nominare  la  contrada  Alzano 
in  territorio  di  Torre  di  Taglio,  non  sarä  un  fuor  d'  opera  notare 
che  colä  vi  sono  degli  avanzi  stupendi  di  costruzione  italica,  che 
sventuratamente  si  stanno  scomponendo,  e,  se  non  vi  si  darä  riparo, 
finiranno  per  scomparire,  mentre  meriterebbero  la  piü  gelosa  cou- 
servazione. 


14 


210  N.    l'KRSICHETTI 

Con  mezz'ora  di  cammino,  sempre  in  salita,  dal  paese  di  Torre 
di  Taglio  si  va  ad  Alzuno,  localitä  che  resta  a  mezza  falda  del  monte 
dietrostante  al  paese  e  che  cliiamasi  Coste  di  Monte  Fratta.  Ivi 
si  trovano  tre  ordiui  di  niiu'aglioue  poligonale,  scendenti  a  gra- 
doni.  11  primo  che  s' incontra,  andando  dal  basso  in  alto,  e  com- 
posto  di  nove  fila  di  massi  poligoni,  che  raggiungono  la  totale  al- 
tezza  di  m.  4,65,  liiugo  m.  49,  ma  nel  mezzo  ve  n'e  iin  tratto  cadiito. 
II  secondo  e  meno  liiiigo  e  meiio  alto,  poiche  misiira  m.  38  X  2,80. 
Vi  e  im  masso,  il  piü  grande,  doUa  limghezza  di  m.  2,10,  ed  il  piii 
alto  e  di  m.  0,87.  II  terzo  muraglione  poi  e  quasi  tutto  disfatto;  ne 
avanzano  solo  pochi  blocchi  composti  in  due  fila,  gli  altri  sono  di- 
roccati  e  dispersi  per  la  costa.  Fra  il  primo  ed  il  secondo  muraglione 
vi  e  la  distanza  di  m.  11 ;  tra  il  secondo  ed  il  terzo  di  m.  3,50. 

E  nello  spianato  piii  largo,  in  quelle  cioe  che  intercede  tra  il 
primo  e  secondo  muro,  vi  e  sotterra  una  cella  circolare  meravi- 
gliosa  che  colä  sogliouo  chiamare  Grotta  del  Cavaliere.  La  parete 
e  composta  di  cinque  fila  di  blocchi  di  vai'ia  grandezza,  collocati 
a  punta  contro  1'  interno  della  terra.  Di  sopra  e  chiusa  da  due  soll 
colossali  massi,  lungo  ognuno  m.  3  e  spesso  cm.  55.  In  mezzo  a 
questi  due  massi  vi  e  un  foro  da  cui  penetrava  la  luce,  largo 
m.  0,60  X  0,45  di  spessore.  Tale  cella  ha  il  diametro  di  m.  3,40 ; 
il  pavimento  e  interrato,  onde  non  se  ne  puö  constatare  la  pro- 
fonditä  ('). 

Continuando  intanto  il  cammino,  passato  il  taglio  di  Portella, 
e  dirigendomi  verso  l'Aquilano,  debbo  confessare  con  dolore,  che  per 
quante  domande  ed  indagini  abbia  fatto  per  quelle  quasi  deserte 
ed  inospitali  contrade,  nuUa  ho  saputo  ne  rinvenuto  che  vi  accen- 
nasse  al  prosieguo  dell'  antica  via.  Bene  spesso  ho  osservato  pel 
suolo  numerosi  frammenti  anepigrafi  di  laterizi,  ed  in  ispecie  di 
tegoloni  dell'epoca  romana;  ho  pure  saputo  che  nella  localitä  chia- 
mata  Prata  di  S.  Lorenzo,  un  tal  Vito  Rosati  di  Granara,  non  ha 
guari,  rimise  in  luce  un  antico  sepolcreto  di  umati,  che,  al  piano, 
erauo  coperti  di  tegoloni,  e,  nell'  interno  dulla  costa,  di  sola  terra 
e  breccia ;  ma  oltre  a  ciö  niente  altro  mi  e  riuscito  di  sapere  o 
di  vedere. 


(')  Cf.  Keppel  Cravcn,  Excursions  in  the  Ahruzzi  (London  1838)  vol.  I 
p.  240-241. 


Af.I,A    RICF.RCA    DKI.LA    VIA    CAECILIA  211 

Niilladimeno  o  cosa  certa  che  a  traverso  quelle  localitä  si  e 
sempro  coüservata  iina  irifoi-ine  strada,  parte  larga  e  coinoda,  parte 
ridotta  a  sentiero,  per  la  quäle  dal  paese  degli  Equi  od  Aequiculani, 
ora  detto  Cicolano,  valicando  l'Appennino,  si  e  comunicato  con  le 
vicine  popolazioni.  E  la  sfcessa  contigurazioae  topografica  dei  luoghi 
abbastanza  pianeggianti  uon  rcndeva  al  certo  difficile  il  passaggio 
ad  Ulla  strada  rotabile  che,  per  le  contrade  il  Campo,  Prata  di 
S.  Lorenzo,  Moscaturo,  Celle  comune,  Puzzelle,  Casale  di  Calabresi, 
Casette  di  S.  Nicola,  Campo  di  Castiglione  e  le  Porcarecce,  pas- 
sasse  sotto  al  pittoresco  colle  sormontato  da  diruto  castello  che, 
come  pan  di  zucchero,  si  eleva  in  mezzo  alle  pcndici  di  due  op- 
poste  montagne,  e  che  chiamasi  Castiglione,  e  da  quell'  altipiano, 
come  l'attuale  strada  rotabile  che  vi  transita,  scendesse  poi  nella 
valle  bagnata  dallAterno. 

Infatti  la  discesa  poteva  aver  luogo  lä  dove  la  cennata  strada 
provinciale  rotabile  Aquila-Fiamignano  valica,  presse  Castiglione, 
la  montagna  di  Rocca  S.  Stefano,  e  serpeggiandone  la  falda  Orien- 
tale, la  via  poteva  dirigersi,  non  giä  verso  Tornimparte,  ma  verso 
Vigliano  (Fisternae) ;  tramite  possibile  a  percorrersi,  benche  lungo. 

Ve  ne  e  perö  un  altro  pur  tra  Vigliano  e  Castiglione,  e  di 
molto  piü  breve,  quelle  cioe  che  per  la  contrada  Acquafredda  per- 
corre  l'attuale  mulattiera,  passando  presse  la  localitä,  detta  Le  Ci- 
sterne,  dove  vuolsi  che  sorgesse  l'antica  Fisternae. 

Ma  questo  tramite  sembrami  che  per  la  sua  molto  maggiore 
brevitä  sia  stato  possibilmente  preferito  dai  Romani. 

E  benche  sia  vero  che  un  grande  dislivello  esista  tra  il  valico 
dell'Appennino  alla  contrada  Fönte  della  Forchetta  (q.  di  ra.  1350 
s.  m.)  e  la  localitä  Le  Cisterne  (q.  di  m.  880)  pure  questo  disli- 
vello di  m.  470  era  superabile  con  uno  sviluppo  stradale  di  circa 
km.  7,  lungo  la  contrada  Acquafredda,  che  avrebbe  avuto  una  pen- 
denza  fra  il  6  e  7  %• 

Ne  e  da  far  meraviglia  che  oggi  colä,  come  in  tanti  altri  luoghi 
montani,  pei  quali  siamo  passati  per  queste  ricerche,  non  si  trovi 
vestigio  alcuno  dell'antica  via. 

Una  strada  costruita  in  terreni  conglomerati,  brecciosi  e  fra- 
nabili,  con  rocce  disgregabili,  per  l'azione  delle  acque  che  produ- 
cono  gli  smottamenti  della  parte  a  monte  che  hanno  rincalzato  il 
taglio  stradale,  e,  per  lunghi  secoli,  abbandonata,  senza  che  alcuua 


212  N.    PERSICHETTI 

manuteiizione  resistesse  all'opera  deleteria  degli  agenti  atmosferici, 
doveva  scomparire  per  necessitü.  Avvenuta  la  ricoutigurazione  della 
collina  priinitiva,  ritornati  i  bosclii  a  rivestire  la  campagna,  e  spa- 
rita  ogui  traccia  di  strada,  rimaueudo  visibili  i  soll  tagli  in  roccia 
Viva,  come  quello  di  Portella. 

lufatti  iion  altriraenti  si  e  verificato  sulla  Salaria.  Mentre  nella 
valle  di  Sigillo  (')  ne  restano  ancora  a  sfidaro  i  secoli  colossali  rupi 
intercise,  lungo  il  bosco  della  Meta,  tra  Collicelli  e  Torrita  e  invece 
scomparso  ogni  vestigio  di  quella  via  benche  tauto  solidamente 
costnüta. 

Ma  che  perö  la  Caecilia  fosse  discesa  a  Fisternae  e  di  lä  fosse 
andata  ad  Amiternum  uon  e  da  porsi  in  dubbio,  percbe  ce  ne  oifre 
una  prova  inoppugnabile  il  ponte  detto  Nascoso,  in  quel  di  Civi- 
tatomassa,  tra  Fisternae  e  l'antica  Foruli,  il  quäle,  come  altra  volta 
ho  dimostrato  (-)  attesta,  nella  sua  ubicazione  e  con  la  sua  situa- 
zione,  che  serviva  appunto  ad  una  strada  che  discendeva  da  Fi- 
sternae e,  diversa  dalla  Salaria,  andava  pure  ad  Amiternum,  strada 
che  ben  poteva  essere  la  Caecilia. 

Per  non  lasciare  poi  uulla  intentato,  per  quauto  le  mie  deboli 
forze  potevanmi  permettere,  a  fine  di  riuscire  alla  scoperta  della 
veritä;  sostenuto  dalla  forte  convinzione  della  esistenza  un  tempo 
di  una  via  che  sboccava  in  queste  contrade  per  andare  a  passare 
sul  detto  vetusto  ponte  Nascoso,  ho  voluto  altresi  indagare  se  da 
Cliternia  a  Fisternae  in  antico  la  via  avesse  avuto  altro  tramite 
diverso  dai  succennati.  E  cosi  ho  pure  percorso  un  altro  alpestre 
tracciato,  ma  con  risultato  assolutamente  negativo.  Non  pertanto  e 
utile  farue  menzione  poiche  maggiormente  ci  convince  che  il  tra- 
mite piü  possibile  era  il  Portella-Castiglione. 

Adunque  oltre  alla  summenzionata  via  mulattiera  per  Acqua- 
fredda  havvene  un'altra  che  da  Vigliano  conduce  pure  al  Cicolano. 
Quella  e  piii  lunga  e  mena  a  Portella  per  poi  scendere  a  Torre 
di  Taglio  e  S.  Elpidio,  questa  e  piü  breve  e  conduce  a  Fiarai- 
gnano  e  Petreila  Salto,  dove  abbiamo  lasciato  gli  avanzi  dell'an- 
tica  strada. 

Per  battere  questo  sentiero  mulattiero   bisogna   andare  verso 

(•)  V.  Persichetti,  Vioggio  archeologico  fulla  Via  Salaria  p.  56  e  sg. 
(2)  V.  Persichetti,  op.  cit.  p.  139. 


ALLA   RICERCA    DEI.LA   VIA    CAECILIA  213 

occidonte  del  villaggio  di  Vigliano,  alla  contrada  Coloiinella  dove, 
per  la  gola  della  Brecciara,  s'iucomincia  Tascensione  della  mon- 
tagna  chiamata  la  Crespiola,  e,  passata  la  valletta  detta  pure 
Crespiola,  per  la  salita  degli  Aselli,  si  arriva  al  varco  chiamato 
Forchetta  degli  Aselli,  varco  piü  elevato  di  quelle  di  Acqua  fredda 
0  Fönte  della  Forchetta,  poiclie  e  a  m.  1450  sul  livello  del  rnare. 
Di  lä  bisogna  discendere  altrettanto  per  quanto  si  e  salito  per 
poter  raggiungere  il  sottostante  altipiano  di  Uascino,  allietato  dalla 
bella  vista  di  un  frastagliato  lago,  presso  cui  sopra  un  colle  veg- 
gonsi  i  ruderi  del  medioevale  castello  e  villaggio.  Da  questo  alti- 
piano si  va  ad  un  altro  detto  piano  dell'Aquilente  da  cui  si  sale 
alla  contrada  s.  Angelo,  ove  esiste  un  bell'avanzo  di  edificio  italico 
poligonale  chiamato  tempio  dell'Aquilente ;  quindi  si  valica  nuova- 
raente  l'Appennino  per  discendere  poi,  depo  circa  km.  3,500,  al 
villaggio  di  Fiamignano. 

Lungo  tutto  questo  cammino  non  esistono  vestigi  di  via  an- 
tica ;  anzi  mi  son  convinto  che  certamente  non  ve  n'  era  stata  al- 
cuna,  poiche  per  ricongiungere  gli  Equi  ai  Sabini,  Piceni  e  Ve- 
stini  sarebbe  stato  sempre  preferibile  il  tracciato  di  Portella,  come 
quelle  che  era  meno  elevato  e  piü  comodo,  obbligando  dalla  valle 
del  Salto  ad  un  unica  ascensione  dell'Appennino,  mentre  l'altro  per 
Fiamignano  e  Rascino  obbligava  per  due  volte  a  salii-e  e  discendere 
i  monti  per  calare  a  Fisternae. 

Esclusa  adunque  quest' altra  ipotesi,  rimane  come  piü  proba- 
bile  ed  accettevole  quella  su  menzionata  del  varco  di  Portella  e 
della  discesa  per  Acquafredda,  di  dove  si  andava  a  passare  sul 
ridetto  ponte  Nascoso. 

Non  tornerö  a  descrivere  questo  ponte,  avendolo  giä  ampia- 
mente  fatto  dandone  pm-e  1' immagine  ('),  ma  ricorderö  soltanto 
che,  fin  da  quaudo  riutracciai  e  studiai  il  tramite  della  Salaria 
venni  a  scoprire  che  tanto  il  ponte  Nascoso  quanto  la  vetusta  via 
che  vi  transitava  proseguendo  verso  Amiternum  avevano  una  lar- 
ghezza  minore  della  Salaria  (-),  larghezza  minore  che  abbiamo 
pure  riscontrata  al  ponte  Buido  sotto  Ginestra  in  Sabina  ed  a  Por- 
tella ;  per  il  che  si  puö  ritenere  che  fosse  tutta  una  via  quella  che 

(1)  V.  Persichetti,  op.  cit.  p.  128-129. 
(«)  V.  Persichetti,  op  cit.  p.  139. 


214  N.    PERSICHKTTI 

passava  pei  detti  tre  punti,  via  che,  senza  troppo  ardiraento,  si  po- 
trebbe  ideütiticare  con  la  Caecilia. 


IV.  Dalla  valle  deH'Ateruo  alla  valle  del  Vomauo. 

AUorclie  rintracciai  gli  avanzi  della  via  Salaria  e  ne  studiai 
il  corso  sul  ramo  principale  dalla  mansio  di  Reate  a  quella  ad 
Martis  e  sul  ramo  secondario  da  Interocrium  ad  Amiterniim,  arre- 
stai  le  mie  ricerche  fino  all'arrivo  a  questa  cittä,  riserbandomi  pro- 
segiiirle  in  seguito  (^),  Ma  ora  che  lo  studio  del  tramite  della  via 
Caecilia  m'  imponeva  robbligo  di  rintracciare  il  valico  deH'Appen- 
nino  accennato  dairanzitrascritta  iscrizione  (v.  cap.  I)  e  che  certa- 
meute  riferivasi  airAppennino  orieutale  tra  la  valle  deH'Aterno  e 
quella  del  Vomano,  ho  proseguito  le  mie  ricerche  al  di  lä  di  Ami- 
teruum,  Le  medesime  costitiiiscono  quindi,  se  uon  un  complemento, 
una  contiimazione  di  certo  delle  indagini  tanto  sulla  Caecilia  quanto 
sulla  Salaria,  le  quali  vie  da  Amiternum  in  poi  non  piü  si  distin- 
guevano  in  due  diversi  tracciati,  ma  si  riunivano  in  un  solo,  nel 
piü  antico,  in  quello  della  Caecilia.  Laonde  questo  capitolo  puö 
considerarsi  come  di  seguito  al  mio  precedente  lavoro  sul  corso 
della  Salaria. 

Premesso  ciö,  dirö  che  quest'antica  via,  giunta  ad  Amiternum, 
nella  contrada  Ära  di  Saturno  (^),  proseguiva  per  le  localitä  chia- 
mate  S.  Antonino,  Valle  di  S.  leli,  Fosso  dei  Frati,  dove  da  un 
tal  Carmine  Cappione  di  S.  Vittorino,  vecchio  ottantenne,  si  ricor- 
dano  esistenti  i  ruderi  di  un  ponticello,  e  le  Cone,  ove  certo  Ber- 
nardino  Salvati  di  S.  Lorenzo.  anni  sono,  rinvenne  dei  grandi  conci 
che  adoperö  in  costruzione  di  fabbrica. 

Dalle  Cone  se  ne  perdono  le  tracce,  ma  essa  forse  andava, 
quasi  rettilinea,  a  passare  presse  i  villaggi  di  S.  Lorenzo  e  Colle- 
musino,  da  dove,  per  le  contrade  Madonna  della  Neve,  Cocuruzzola 
e  Scalette,  rasentando  la  falda  Orientale  del  monte  Pago,  con  una 
salita  molto  erta  ma  molto  breve,  andava  al  varco  tra  i  monti  Pago 
e  Pietrito  o  Pacina,  nella  localitä  chiamata  Taverna  della  Croce. 


{})  Cf.  Persichetti,  op.  cit.  p.  142. 
(«)  Cf.  Persichetti,  op.  cit.  p.  138. 


ALLA    RICERCA   DKLLA   VIA   CAECILIA  215 

Dal  varco,  per  le  Capannello,  continuava  leggermento  a  saliro 
lino  allo  spartiacque  (m.  1300)  nella  contrada  detta  Ponte  di  Ca- 
vallucci.  Da  li  incominciava  la  discesa  verso  la  valle  del  Vomano. 

II  tramite  adunque  che  percorrcYa  la  via  autica  per  raggiun- 
gere  lo  spartiacque  era  di  molto  piü  breve  di  quello  della  moderna 
rotabile,  e,  svolgondosi  esso  sopra  ripide  coste  in  iina  plaga  franosa 
e  senza  veriina  manutenzione,  per  V  iucessante  opera  deleteria  dei 
secoli,  n'e  scomparsa  ogni  traccia. 

Poteva  pure  da  Collemusino  o  dal  Fosso  dei  Frati  salire  ra- 
sentando  la  lacinia  dell'opposto  monte  Pietrito,  lungo  la  falda  detta 
Pacina,  per  dove  tuttodi  ascende  una  rotabile  in  forte  pendenza, 
sine  al  Ponte  della  Pacina,  ove  s'  innesta  all'odierna  via  Nazionale 
Aquila-Teramo.  E  sia  che  la  via  vetusta  fosse  salita  per  l'uno  o 
l'altro  tracciato,  essa  avrebbe  sempre  avuto  un  corso  molto  meno 
lungo  della  cennata  via  Nazionale. 

AI  di  lä  del  varco  continua  a  mancarne  ogni  vestigio,  perlunghi 
chilometri  di  caramino,  e  ciö  per  la  stessa  ragione,  poiche,  la  via 
antica  come  la  moderna,  sviluppavasi  lungo  le  falde  di  coste  molto 
ripide  e  traversate  da  frequenti  burroni.  Nonpertanto  il  tracciato 
della  strada  antica,  nella  localitü  detta  Lama,  e  da  supporsi  non 
molto  dissimile  da  quello  dell'  odierna  fino  alla  localitä  che  chia- 
masi  Croce  a  via,  dove,  anziehe  passare  a  sinistra  suUa  lacinia 
Orientale  del  colle  Faeto,  come  la  strada  nuova,  passava  invece 
a  destra,  rasentando  la  falda  occidentale  del  monte  la  Pionega,  che 
e  propagine  del  piü  alto  monte  chiamato  S.  Franco.  Quindi,  dalla 
contrada  Croce  a  via,  la  Caecilia  riprendeva  il  suo  corso  piü  diretto 
e  piü  breve  dell'attuale  rotabile,  e,  sotto  le  coste  di  Macchia  unica, 
scendeva  pel  fosso  di  Acquasanta  ed  andava  a  passare  per  la  lo- 
calitä ove  sorse  il  medievale  villaggio  di  Porcinaro,  or  non  piü 
esistente,  e  dove  oggi,  con  i  ruderi  di  esso,  sono  risorti  vari  ca- 
sali,  come  quello  di  Cococcia  e  di  altri. 

Toccato  Porcinaro,  la  via  scendeva  quasi  sempre  rettiliuea  fino 
alla  sottoposta  valle.  E  questa  una  ridente  pianura,  verdeggiante 
di  praterie,  circondata  da  colline,  che  si  distende  dalla  localitü  ap- 
pellata  Spitillo  üno  al  Fosso  delle  Calcare.  Nel  thaliveg  di  questo 
gran  prato,  di  proprietä  del  comune  di  Pizzoli,  detto  Prato  popo- 
lare,  si  ha  la  grata  sorpresa  di  veder  riapparire  le  vestigia  della 
vetusta  via. 


216  N.    PERSICHETTI 

Infatti  per  una  liinghezza  di  ben  292  m.  si  veggono,  a  tior 
di  terra,  diie  tila  rettilinee  e  parallele  di  enormi  massi  di  traver- 
tino,  distanti  tra  loro  m.  2,60.  Quei  blocchi,  sporgenti  dalla  crosta 
erbosa  del  prato  appena  10  o  15  centimetri,  essendo  nel  resto  ri- 
masti  sepolti  dalla  terra  discesavi  dalle  prossime  colline,  dette  Costc 
delle  Befauie.  incomiuciano  ad  apparire  dove  la  strada  tiniva  la 
discesa  da  Porcinaro  e  faceva  la  sua  curva  per  proseguire  poi  in 
rettitilo  lungo  la  pianura.  Essi  sono  alquanto  rozzi,  lavorati  nei 
piinti  di  giunzione,  non  cementati  e  di  varie  dimensioni.  I  piü 
ffraudi  ragfcriunorono  la  limghezza  di  m.  1.50  X  0,60  o  70  di  lar- 
ghezza.  Tiitta  la  strada  poi,  comprese  le  crepidini,  era  larga  m.  3,80. 

Dato  adimque  il  tracciato  della  strada,  la  disposizioue  dei 
blocchi  bene  allineati,  la  loro  grandezza,  il  modo  cora'erano  con- 
giunti,  si  riconosce,  a  prima  vista,  che  si  e  dinanzi  a  non  dubbi 
ed  eloquenti  testimoni  di  im'opera  romana.  La  natura  stessa  della 
pietra  ci  dice  pure  ch'essi  vi  sono  stati  trasportati,  poiche  la  pietra 
locale  e  tutta  arenaria  nerastra,  tanto  che  quella  strada  dai  pastori 
che  abitano  quelle  localitä  si  suole  chiamare  la  Strada  delle  pietre 
blanche  che  menava  a  Teramo.  La  larghezza  poi  e  la  struttura  della 
via  ci  portano  a  credere  ch'  essa  appartiene  ad  un'opoca  anteriore 
a  quella  della  Salaria.  Invero  tutte  le  vestigia  ch'ebbi  la  fortuna 
di  rinvenire  di  codesta  celebre  via  tanto  prima  che  dopo  Antrodoco, 
andando  verso  S.  Vittorino,  hanno  dimostrato  che  le  pietre  usate 
per  essa  erano  scalpellate  in  tutte  le  facce  e  rettangolari ;  laddove 
le  vestigia  della  via  nella  valle  di  Porcinaro  ci  mostrano  una  co- 
struzione  intermedia  tra  la  preistorica  ciclopica  {opus  aniiquum 
i/icertum)  e  quella  a  filari  rettangolari  {opus  quadratum  isodomum), 
ch'e  appunto  la  medesima  costruzione  del  ponte  Nascoso.  Inoltre  la 
Salaria  aveva  una  piü  larga  carreggiata,  di  m.  4,50,  mentre  invece 
la  larghezza  di  questa  via  e  minore,  corrispondente  a  quella  del 
varco  di  Portella.  Vero  e  che  il  ponte  Nascoso  (forse  per  farlo  piü 
resistente)  e  alquanto  piü  largo,  o  cioe  di  m.  5,  con  m.  3,75  di 
carreggiata,  ma  nuUadimeno,  come  notai  altra  volta  ('),  anche  la 
strada  che  passava  pel  detto  ponte,  tra  CoUettara  e  Cese,  era  piü 
stretta  della  vicina  Salaria.  Adunque  gli  avanzi  stradali  della  valle 
di  Porcinaro,  del  ponte  Nascoso  e  di   Portella   dovevano   apparte- 

(>)  Cf.  Persichetti,  op.  cit.  p.  139. 


ALLA    RICERCA    DELI.A    VIA    CAECILIA  217 

nere  ad  iina  medosima  via,  o  ,questa  non  poteva  essere  che  la 
Caecilia. 

Andando  oltre,  dopo  qualche  cliilometro  di  cammino,  si  riveg- 
gono  i  resti  di  tale  strada,  seinpre  a  destra  dclla  niiova  rotabile 
che  va  a  Teramo,  ed  a  non  molta  distanza  da  essa,  sopra  un  prato 
di  proprietä  del  marchese  CappoUi,  in  contrada  S.  Giovanni.  I  blocchi, 
di  varia  liinghezza,  riappariscono  appoggiati  alla  costa,  essende  ca- 
diiti  dal  lato  ove  la  campagna  e  in  pendio,  e  se  ne  veggono  alcuni, 
di  tratto  in  tratto,  per  una  liinghezza  stradale  anche  maggiore  di 
quoll a  rimasta  nel  succennato  Prato  popolare.  Dopo  qiieste  ultimo 
vestigia,  se  ne  riperdono  le  tracce,  ne  piü  se  ne  rincontrano,  Poco 
dopo  si  giunge  alla  sottostante  valle  bagnata  dal  Voraano,  che, 
prima  di  arrivare  alla  localitä  detta  Ortolano,  giä  scorre  con  ab- 
bondante  volume  di  acqua. 

Ma  la  lunghezza  di  ima  tale  strada,  che  in  antico  fosse  pas- 
sata  pei  luoghi  da  me  superiormente  accennati,  corrispondeva  alle 
distanze  ab  Urbe  aifermate  nella  iscrizione  de  via  Caecilia,  che 
ha  dato  occasione  a  queste  ricerche? 

Lo  vedremo  nel  seguente  capitolo. 

V.  Lunghezza  della  via  e  conclusione. 

Tra  le  poche  notizie  che  1'  insigne  frammento  epigrafico  sur- 
riferito  ci  ha,  per  fortuua,  conservate,  ve  ne  sono  due  assai  impor- 
tanti  per  l'esatta  nozioue  del  tramite  che  percorreva  la  via  Caecilia, 
e  cioe  che  la  medesima  al  XXXV  miglio  valicava  im  finme  con  iin 
ponte,  e  che  prima  del  miglio  XCVIII  scavalcava  TAppennino. 

Ora,  noi  abbiamo  trovato  che  il  ponte  sul  liume  era  il  Biiido, 
sul  Venella  o  Farfa,  esistente  appunto  sul  miglio  XXXV  ;  ma  il 
miglio  XCVIII  trovavasi  effettivamente  al  di  la  del  valico  della 
catena  appenninica  ? 

Se  mal  non  m'appongo,  parmi  che  anche  questo  possiamo  af- 

fermare. 

Infatti  quäle  era  la  lunghezza  della  via,  ed  a  quäle  miglio, 
press'a  poco,  avveniva  il  detto  valico? 

Per  rispondere  a  tali  domande  prenderemo  per  base  i  dati  di 
fatto  che  ci  olfrono  le  tavole  topografiche  del  nostro  Istituto  Geo- 
grafico  Militare-  alla  scala  di  1  :  50,000 ;  e  per  calcolare  la  proba- 


218  N.    PERSICHETTl 

bile  hiughezza  della  via  medesima  stabiliremo  come  capisaldi  del 
tracciato  i  punti  certi  uei  quali  ne  abbianio  trovati  indisciitibili 
avanzi,  e,  come  punti  estremi,  il  detto  ponte  Buido  da  una  parte, 
ed  Amiternum  daU'altra. 

Ora  se  tali  punti  certi,  e  cioe  ponte  Buido -ponte  Mercatello- 
ponte  Ladrone -Cliternia-Petrella  Salto -Portella -ponte  Nascoso- 
Amiternum,  si  uniscono  in  linea  retta,  si  ha  una  distanza  di  km.  63, 
pari  a  r.  m.  42  dal  Buido  ad  Amiternum. 

Ma  poiche  era  impossibile  transitare  per  una  regione  cosi  mon- 
tuosa  con  una  strada  rotabile  plana  e  con  tutti  rettifili,  ed  essendo 
invece  un'assoluta  necessitä  ch'essa  si  fosse  sviluppata  con  inevitabili 
curve  e  rampe,  per  riuscire  piü  agevole,  ne  consegue  che  ia  Caecilia, 
seguendo  la  configurazione  raontana  dei  luoghi  percorsi,  dovette  avere 
ima  lunghezza  maggiore  di  uua  percorrenza  in  linea  retta. 

Calcolando  quindi  la  lunghezza  della  via  con  le  sue  sinuositä ; 
tenendo  conto  dell'altezza  dei  valichi  da  superare,  come  pure  del 
sistema  di  forzare  le  pendenze  che  i  Romani  eran  soliti  di  adottare 
per  abbreviare  il  cammino,  e  prendendo  le  misure  sulle  cennate 
esatte  carte  dello  Stato  Maggiore,  ne  risulta  che  la  probabile  di- 
stanza dal  ponte  Buido  sul  Venella  al  ponte  Mercatello  sul  Torano 
era  di  km.  10  —  dal  Mercatello  a  S.  Salvatore  Maggiore  km.  8  — 
da  S.  Salvatore,  per  Vaccareccia,  al  ponte  Ladrone  sul  Salto  km,  6  — 
da  questo  a  Capradosso  km.  .3  —  da  Capradosso  a  Portella  km,  20  — 
da  Portella  alla  Fönte  della  Forchetta  km,  9  —  dalla  detta  fönte 
alle  Cisterne,  presso  Vigliano,  km.  7  —  da  questo  luogo  al  ponte 
Nascoso  km.  3  —  e  da  detto  ponte  ad  Amiternum  bii.  9.  In  tutto 
una  lunghezza  stradale  di  km.  75,  uguali  a  r,  m.  50,  E  se  da 
Roma  al  Buido  correva  una  distanza  di  miglia  35,  e  dal  Buido  ad 
Amiternum  di  miglia  50,  ne  consegue  che  questa  cittä,  per  la  via 
Caecilia,  al  rainimo  distava  da  Roma  miglia  85. 

E  non  a  caso  ho  detto  per  la  via  Caecilia,  poiche  per  la  Sa- 
laria,  che  in  prossimitä  del  Buido  divergeva  per  andar^  a  Reate  ed- 
Interocrium,  era  ben  altra  la  distanza  ab  Urbe  allo  stesso  Ami- 
ternum. 

E  noto  che  per  la  Salaria  si  giungeva  a  questa  citta  dopo  per- 
corse  m.  81  ('),  e  cioe  m.  4  di  meno  che  per  quell' altra  via;  e 

(>)  Cf.  Mommsen,  C.  I.  L.  IX.  p.  585. 


ALLA   RICERCA   DEIXA    TIA   CAECILIA  219 

noa  poteva  essere  altrimenti  dappoiche  la  Salaria  percorreva  una 
campagna  quasi  tutta  pianeggiante,  tanto  liingo  la  valle  bagnata 
dal  toi-rente  Ariana  prima  di  Kieti,  quanto  dopo,  nella  valle  del 
Veliuo,  e  non  incontrava  che  im  solo  valico  da  superare  quello  di 
Sella  di  Corno,  presso  Fisternao,  mentre  la  Caecilia  percorreva  un 
terreno  montuoso,  frastagliato,  con  diverse  altezze  da  vincere. 

Nou  pertanto  la  via  Caecilia,  benclie  piü  lunga,  ebbe  anch'  essa 
la  sua  importante  ragione  di  essere,  iraperocche  offriva  alla  capi- 
tale  il  vantaggio  commerciale  e  strategico  di  im'  arteria  che  la  per- 
tava  direttamente  nel  ciiore  della  regione  degli  Aeqiii  od  Aequicu- 
lani,  e  nel  tempo  istesso  metteva  questi  nella  condizione  di  potere 
commercialmente  comunicare  con  gli  Amiternini,  Vestini  e  Piceni, 
ed  accedere  anclie  piü  sollecitamente  che  con  la  Valeria  al  Mare 
Superum  e  ad  Salinas. 

Inoltre  e  da  credersi  che  la  via  Caecilia  sia  stata  piü  antica 
del  ramo  della  Salaria  Interocrium-Araiternum,  poiche  gli  avanzi 
tuttora  esistenti  della  Salaria  tra  Antrodoco  e  S.  Vittorino  eviden- 
temeute  dimostrano  (come  ho  accennato  nel  precedente  capitolo  III) 
una  costruzione  meno  antica  del  ponte  Nascoso,  appartenente  alla 
Caecilia;  cosa  che  feci  notare  fin  da  quando  rintracciai  il  percorso 
della  Salaria  ('), 

Kitenendo  adunque  per  vero  che  Amiternum  fosse  presso  il 
mifflio  85  della  via  Caecilia,  sarebbe  anche  vero  che  il  iii.  98  si 
trovava  al  di  lä  del  valico  dell'  Appennino,  imperocche  da  Amiter- 
num allo  spartiacquo  corrono  circa  km.  8,  corrispondenti  a  circa 
5  m.  r.,  onde,  con  una  salita  piü  forzata  di  quella  dell'  odierna 
rotabile,  vi  st  giungeva  col  m.  9U. 

Per  conseguenza,  il  m.  98  si  sarebbe  dovuto  incontrare  nei 
pressi  della  localitä  detta  Casa  del  Peccato;  e  se  colä  ancora  un 
po'  rimaneva  alla  via  per  iiscire  dalle  gole  del  Vomano,  nuUadi- 
meno  essa  aveva  diggiä  passata  quasi  tutta  la  piü  accentuata  gio- 
gaia  dell'Appennino. 

Vero  e  che  se  il  miglio  98  cadeva  in  prossimitä  della  Casa 
del  Peccato,  a  Poggio  ümbricchio  non  si  sarebbe  potuto  trovare 
11  milliario  CIIIl,  poiche  dalla  detta  casa  a  questo  paese  corre  una 
distanza  maggiore  di  sole  sei  miglia.  Ma  e  da  uotarsi,  da  una  parte, 

(1)  Cf.  Persichctti,  Op.  cit.  p.  140. 


220  N.    HERSICHETTI.    ALLA    KICEROA    ÜELLA    VIA    CAECILIA 

ch'  e  incerto  sc  il  cennato  inilliario  sia  stato  effettivamento  collo- 
cato  presso  Poggio  Umbricchio,  o  se  vi  sia  stato  trasportato ;  dal- 
i'  altra  e  pure  incerto  se  esso  si  riferisca  alla  misurazione  del  tra- 
mite  della  Caecilia.  od  a  quello  della  Salaria,  ma  e  piiittosto  da 
credersi  che  appartenesse  alla  Salaria  che  fu,  di  certo,  da  Intero- 
criiim  ad  Amiterniim  costruita  posteriormente.  E  se  qiiesta  col 
m.  81  giungeva  presso  tale  cittä,  precisamente  col  CIIIl  perveniva 
a  Poggio  Umbricchio,  essendoci  tra  Amiteruiira  e  questo  villaggio 
circa  23  m.  r.  di  distanza;  mentre,  per  la  via  Caecilia,  avrebbe 
dovuto  incontrarsi  presso  al  siio  108°  m.  E  che  il  milliario  CIIII 
si  riferisca  appiinto  alla  nuova  misurazione  della  via,  dopo  la  costni- 
zione  del  nuovo  summenzionato  ramo,  c'  induce  a  crederlo  anche 
il  fatto  che  essendo  stato  ivi  coUocato  sotto  gl'  imperatori  Valente, 
Valentiniano  e  Graziano,  fu  posto  siilla  via  in  un'epoca  assai  poste- 
riore alla  costruzione  della  Caecilia.  Laonde  la  esistenza  del  detto 
milliario  a  Poggio  Umbricchio  non  osta  alla  probabile  esattezza 
delle  nostre  argomentazioni  in  ordino  al  percorso  ed  alla  lunghezza 
di  tale  antichissima  via. 

Da  questi  fatti  e  relative  considerazioni  adnnque  emerge : 
1.°  che  la  strada  antica  della  quäle  abbiamo  rinvenuti  sicuri 
avanzi  al  ponte  Mercatello  presso  Rocca  Sinibalda,  a  Capradosso, 
Petrella-Salto,  Portella,  ponte  Nascoso  e  valle  di  Porcinaro,  ben 
poteva  essere  la  via  Caecilia,  con  grande  acume  supposta  dal  ch.  Hül- 
sen, imperocche  essa,  con  tale  percorrenza,  a  ridosso  di  Amiternum, 
valicava  1'  Appennino  Orientale  appunto  presso  al  suo  98°  miglio, 
come  afferma  la  summenzionata  iscrizione  riguardante  la  detta  via; 
2°.  La  Caecilia  da  Roma  ad  Amiternum  aveva  una  percor- 
renza piü  lunga  della  Salaria. 

Ma,  dopo  Amiternum,  forse  riguadagnava  la  perduta  brevitä 
poiche  raggiungeva  il  Mare  Hadriaticum  a  Castrum  novum  o  ad 
Salinas  piü  soUecitamente  che  non  il  ramo  principale  della  Salaria 
che  spingevasi  fino  ad  Asculum  e  Castrum  Trueiitinum.  Comun- 
que  fosse  perö,  la  Caecilia  era  sempre  una  via  di  molta  importanza 
strategica  e  commerciale,  e  quindi  ebbe  ragiouo  di  essere. 

E  mentre  cosi  e  risultata,  se  non  m'  inganno,  abbastanza  di- 
mostrata  la  sua  esistenza  ed  il  suo  percorso,  rimane  ad  augurarsi 
che  altre  pruove  ancora  ne  tornino  in  luce,  e  che  le  indagini  ne 
siano  proseguite  piü  oltre,  sino  al  mare. 

NiccoLÖ  Persichetti. 


LlBr]LLO  DET  COLONI 
D'ÜN  DiaTANIO  IMPElUALß  TN  ASIA. 


Pare  che  la  Fortuna  vo^i^lia  favorire  in  modo  speciale  lo  studio 
di  quella  matei-ia  che  negli  ultinii  tempi  e  stata  trattata  con  tanto 
zelo:  dico  il  demanio  degli  imperatori  Romani.  E  appena,  si 
puö  dire,  incominciata  la  discussione  sopra  la  «  lex  Manciana  » 
conservataci  nell'  iscrizione  importantissima  d'  Henchir-Mettich  in 
Tunisia,  giä  diventata  soggetto  di  tre  ampi  lavori  ('):  ed  ecco  tor- 
nare  in  luce  un  nuovo  testo  epigraftco  di  argomento  affine.  Esso 
perö  non  proviene  dall'  Africa,  la  terra  oltremodo  feconda  d'  iscri- 
zioni  romane  e  particolarmeute  classica  per  tali  documenti,  ma 
dall'Asia  Minore. 

E  un'  iscrizione  assai  lunga  trovata  dall'  archeologo  inglese 
J.  G.  C.  Anderson  in  un  suo  viaggio  per  la  Frigia.  Fu  pubblicata 
nel  suo  rapporto  intitolato :  "  A  summer  iii  Phnjgia  »  nel  Journal  of 
Ilellerüc  Sludies,  vol.  XVII,  1897,  pag.  396-424,  dove  1'  iscrizione, 
della  quäle  ci  occuperemo,  si  trova  a  pag.  418.  Essa  proviene  dal 
paese  turco  Yapuldjan  situato  nella  valle  superiore  del  tiunic  Por- 
suk-Su,  r  antico  Tembrogios  ossia  Tembris  nel  N.-E.  della  Frigia. 
Quella  vallata  formava  un  grande  demanio  imperiale  come  e  stato 
esposto  dal  chiarissimo  interprete  della  topogratia  dell'Asia  antica, 
il  professore  Ramsay  nel  suo  libro  -  The  historical  Geograph?/  of 
Asia  Minor  "  (London  1890)  pag.  177. 

II  Ramsay  e  stato  il  primo  a  trattare  dei  demani  degli  im- 
peratori romani  nell' Asia  c  ne  fu  proprio  lo  scopritore.   A  quella 

(>j  Toutain,  LHnscripfion  (Vllenchir  Mettich  (liUmoires  prdsenles  n 
fAcademie  des  Inscr.  et  Belles-Leltres  1892). 

Schulten,  Die  lex  Manciana,  eine  afrikanische  Domänenordung  {Abhand- 
lungen d.  Ges.  d.   Wissenschaften  in  Göttingen,  1897). 

Cuq,  Le  colonat  partiaire  (pubblicata  noi  M^moires  sopracitati). 


222  A.    SCHULTEN 

materia  tanto  importante  qiianto  uuüva  ha  dedicate  le  pagg.  173- 
179  deiropera  citata  ed  ha  ripreso  lo  studio  di  quellt  latitbndi 
iniperiali  nel  suo  nuovo  libro  non  meno  eccellente  «  The  Cities  and 
Bishoprics  of  Phrygia  »  del  quäle  finora  e  stato  pubblicato  il  primo 
voliime  diviso  in  due  parti  (Oxford  1895  e  1897).  Completando  gli 
appunti  dati  nella  «  Iliüorical  Geographij  »  sopra  i  demani  impe- 
riali  in  Asia,  egli  qui  tratta  particolarniente  di  quell'  esteso  podere 
0  meglio  di  quei  tre  poderi  che  si  trovavano  nella  valle  del  fiume 
Lysis  nel  Sud-Ovest  della  Frigia  (v.  la  carta  topografica  nel  prin- 
cipio  della  prima  parte  di   «  Cities  and  Bishoprics  »). 

I.  II  demanio  d'Ormelos.  11  fiume  Lj^sis  traversa  quel 
demanio  e  sbocca  nel  lago  Ascania.  Ciö  che  il  demanio  della  valle 
del  Medjerda  e  per  la  nostra  conoscenza  di  latifondi  africani,  quello 
della  valle  del  Lysis  e  per  gli  asiatici.  Con  esimia  dottrina  e  splen- 
dide combinazioni  il  eh.  Ramsay  e  arrivato  a  dare  una  storia  di 
quel  terreno  appartenente  alla  famiglia  imperiale  ( Cilies  and  Bish., 
pag.  280-295).  Ne  aveva  giä  segnato  i  dati  principali  forniti  dalle 
iscrizioni  nella   «  Geographij  ",  pag.  173  e  seg. 

E  necessario  di  dare  uno  sguardo  a  quello  che  sappiamo  in- 
torno  ai  demani  asiatici  prima  di  entrare  nella  discussione  della 
nuova  iscrizione.  In  molti  punti  ho  potuto  seguire  il  eh.  Ramsay, 
perö  in  non  pochi  sono  arrivato  ad  opinioni  diverse  dalle  sue. 

Cominciamo  da  quel  gruppo  di  tre  «  sallus  «  al  Sud  del  lago 
Ascania  di  cui  1'  uno  aveva  il  suo  centro  o  capoluogo  a  Tafeni, 
l'altro  a  Killana,  il  terzo  a  Hassan-Pasha,  tutti  e  tre  luoghi  situati 
nella  valle  del  Lysis.  Quanto  alla  storia  di  quella  regione  il  Ramsay 
crede  che  sia  stata  anticamente  demanio  dei  re  di  Pergamon  (pa- 
gina  285)  e  poi  passata  ai  Romani  coli'  ereditä  pergamena,  dedu- 
cendolo  da  quanto  segne:  Hierocles  {avvexdi]i.ioQ)  evidentemente  du, 
a  quei  demani  il  nome  :  Xoiqioiivhudixu  (=  XoDQia  MvXiudixd 
V.  l'edizione  del  Burckhardt  pag.  25)  cioe  li  attribuisce  alla  Milyas. 
Ora  sappiamo  da  Polibio  XXII,  27,  10,  che  la  Milyas  diventö 
proprietä  pergamena  sotto  Eumene  nel  190  a.  Gr.,  ed  appunto  quella 
parte  demaniale  della  Milyas  e  la  piü  vicina  a  Pergamon. 

Plinio,  trattando  dalla  provincia  Galatia  indica  come  confine 
di  quella  provincia  il  «  tractm  Cyllanicus  "  {N.  IL  V.  S.  147)  il 
quäle  secondo  il  Ramsay  non  puö  essere  altro  che  il  demanio  del 
Lysis,  posto  al  confine  galatico.  E  vero  che  tractus  furono  chiamate 


LIRELLO    DEI    COLONI    d'uN    DEMANIO    IMTERIALE    IN    ASIA  22!'. 

le  circoiiscrizioiii  deraaniali  contenenti  ciascuna  parecchi  saltus 
(v.  il  111  io  libro  "  die  römischen  Grimdherrschafteii  "  p.  G2  seg.), 
iiia  e  pure  certissimo  che  in  Plinio  iractus  non  ha  quel  valorc 
tecnico;  egli  dice  tractiis  per  signilicare  una  regione  qualiinquc 
(v.  N.  IL  IV,  §  61 ;  V,  §  126  --=  conventm). 

Ci'edendo  che  il  iraclus  Cyllammis  sia  iiiio  di  quei  traclus 
demaniali  come  li  troviamo  nell'Africa  il  Ramsay  stabilisce  che  i 
tre  fiKf^wraC  (=  conductores)  nominati  assieme  con  iin  inCxQonoQ 
(=  prociirator)  abbiano  corrisposto  a  tre  saltus,  dei  quali  la  so- 
praintendenza  come  proc.  traclus  avrebbe  avuto  1'  inuQonoq. 

Qiieir  opinione  e  non  meno  falsa  che  1'  interpretazione  della 
parola  traclus  in  Plinio:  il  primo  errore  ha  tirato  il  Ramsay  al 
secondo. 

Ecco  quel  documento  impoitantissimo  per  la  conoscenza  del- 
r  amministrazione  demaniale  in  Asia  (v.   Cities  p.  290) : 

«  AyaOrj   Tity^rj vTtho  üanr^Qiag  avTMV  (cioe  rm'  fiv- 

(trwv)  xai  Tov  örji^iov  \)QiAi]Xt'on'  xal  (fcorrjQictg  'Arriag  <t>ctv(JTsCvr]g 
xal  TißeqCov  Klavöiov:  im  iiriTQOTCov  KQitoßovXov,  im  nquy- 
l^iarsvTwv  Aßaffxdvrov  xal  'Av^irov  xal  MaQXfrXXicorog,  inl  jui- 
ffOoiTcöv  .  .  .  iov  \ißaaxdvrov  xal  MrjViSog  ....  xal  Nuxccdoii 
6ig 

II  fondamento  della  tesi  del  Ramsay,  che  dai  tre  coiiductores 
si  possano  dedurre  tre  saltus,  consiste  nell'  opinione  finora  general- 
mente  ammessa  che  un  saltus  abbia  avuto  sempre  un  comluclor 
solo.  Perö  questa  tesi  non  e  ancora  stata  dimostrata;  e  anzi  pos- 
sibile  di  dimostrare  la  contraria,  che  un  saltus  cioe  abbia  avuto 
qualche  volta  parecchi  affittaiuoli. 

I  coloni  infatti  del  saltus  Durunitanus  parlano  d'  un  comluclor 
solo  (Allius  Maximus),  ma  nella  nuova  iscrizione  d'  Henchir  Mettich 
{lex  Manciana)  il  regolamento  si  riferisce  a  conductores.  E  vero 
che  nella  fräse  «  domini  aut  conductores  vilicive  eorum  »  il  plu- 
rale  puö  riguardare  i  diversi  conductores  che  si  succedono,  ma  puö 
darsi  anche  che  significbi  una  societas  conductorum  quäle  la  tro- 
viamo nella  lex  metalli  Vipascensis  {conductor  socius  actorve  eius). 
E  dunque  certo,  che  un  demanio  puö  essere  afiittato  anche  a  piü 
d'  un  conductor,  ciö  che  dipendeva  senza  dubbio  dall'  estensione 
ossia  dal  valore  dell'oggetto.  Se  perö  dalla  triade  dei  conductores 
neir  iscrizione  sopra  citata  non  si  ricava  con   certezza   una  triade 


224  A.   SCHULTEN 

di  saltus,  manca  d'altra  parte  perö  anche  la  prova  che  si  riferisca 
ad  uü  demanio  solo.  Vediamo  ciö  che  si  puö  dedurre  dalla  detini- 
zione  del  p^^ocurator  {inuQonog). 

Se  quel  -procuraior  fosse  yrocarator  traclus,  come  rammette 
il  Ramsay,  i  tre  conductoi^es  corrisponderebbero  a  tre  saltus,  ma 
se  e  jrrocurator  saltus,  i  tre  {.ua^onal  costituiscono  iina  societä  e 
corrispondono  ad  un  saltus  solo.  E  difatti  si  puö  dimostrare  che  si 
tratta  d'un  jrrocurator  saltus,  non  d'un  proc.  tractus.  II  procura- 
tore  si  chiama  KQiv6ßov?.oc ;  la  mancanza  del  nome  e  cognome 
rende  certa  la  sua  condizione  di  liberto,  mentre  i  p)''ocu?'atores 
tractus  sono  sempre  persone  dell'  ordine  equestre  (v.  Momrasen, 
Hermes  XV  p.  398) ;  ciö  che  e  completamente  in  accordo  colla 
loro  alta  ed  importante  funzione.  I  due  altri  p7''ocuratores  del  de- 
manio Miliadico  pur  avendo  i  « t?'ia  nomina  « ,  possono  essere  pro- 
curatores  saltus,  i  quali  qualche  volta  sono  di  condizione  libera. 
Inoltre  e  poco  probabile  che  un  procurator  tractus  sia  nominato 
SU  di  un  documento  perfettamente  locale,  come  lo  e  1'  iscrizione  di 
cui  trattiamo.  Ammetteudo  clie  Critobulo  sia  proc.  tractus  non  si 
spiegherebbe  in  nessuna  maniera  1'  assenza  del  ]')roc.  saltus.  In- 
somraa  tutto  nell'  iscrizione  riguarda  soltanto  il  demanio  d'  Ormelos, 
e  Critobulo  non  puö  essere  altro  che  il  procuratore  di  detto  de- 
manio. lu  conseguenza  i  tre  conductores  appartengono  non  a  tre 
ma  ad  un  demanio  solo.  E  perciö  erronea  la  conclusione  del  eh.  Ram- 
say che  da  quel  testo  sia  da  dedurre  l'esistenza  di  tre  demani.  Ve- 
diamo ora  le  altre  cose  notevoli  dell'  iscrizione. 

Annia  Eaustina  e  una  discendente  della  casa  dell'  imperatore 
Annio  Vero;  onde  il  Ramsay  ha  dimostrato  che  per  un  secolo  il 
demanio  appartenne  a  quella  famiglia  imperiale  (v.  Cities  p.  287-292 
e  specialmente  lo  stemma  dei  proprietär!  p.  292). 

L'  iscrizione  ci  rivela  tutta  la  gerarchia  del  personale  del  de- 
manio d'  Ormelos.  Abbiamo  anzitutto  il  procurator  (smtQouog)  il 
qualo  con  titolo  pleno  si  deve  chiamare  « proc.  saltus  » . 

Abbiamo  inoltre  tre  nquyiiaTsvTaC  e  tre  niüSutrcd.  Che  cosa 
sono  i  nqayfxuTsvTai?  E  vero  che  traducendo  verbalmente  si  arri- 
verebbe  a  sostituire  al  greco  TrQccyinaTevTr^c  il  latino  iiegotiator, 
traduziooe  che  ha  incontrato  l'approvazione  del  eh.  prof.  0.  Hirsch- 
feld {Sitzungsberichte  der  Akademie  1891  p.  874).  Perö  dove  mai 
si  sarebbero  trovati  nei  saltus  cotali  «  negoiiatores  »  ?  Pare  invece 


LIBELLO    OKr    COLOM    o'l'N    UIOIAMO    I.Ml'K.lU AI.K    IN    ASIA  225 

che  ai  TToayucaevica'  corrispoudauo  piuttosto  i  ben  noti  actores, 
cioe  i  servi  mandatari  dei  condiiclores,  ossia  dei  domini  (v.  Grund- 
herrscliüfleii  p.  82),  i  quali  non  soddisfanno  soltanto  pienamente  al- 
l'etimologia,  ma  anclie  all'analogia.  I  nQuymci^vcui  sono  servi  come 
lo  sono  gli  aclores.  Tali  sono  pure  i  iieriotiatores,  conie  lo  prova 
il  liiogo  dei  digesto  citato  dal  Uamsay  :  L.  65  Dig.  32  :  leyalis 
servis  exceplia  negolialoribiis . .  eos  exceplos  videri  qai  praepo- 
positi  esseai  negotii  gerendi  causa  veluli  qui  ad  emcndum  locaa- 
durn  eoiiducemlitm  praejtosili  esseat.  Essi  souo  dunque  conipleta- 
mente  uguali,  quanto  alle  fuuzioni,  agli  aclores;  senonche  siii  fondi 
non  si  trovano  mal.  Con  tiitto  ci5  senza  altre  testimonianze,  biso- 
gua  confessarlo,  si  potrebbe  forse  difendere  1'  identitä  di  TToayuct- 
revTai  e  negotialores ;  ma  per  fortuna  si  ha  nel  digesto  iiu  luogo 
decisivo  :  nella  Z.  41  .^4  7).  40,  5  si  trova  un  passo  allegato  pur 
dal  Eamsay  {IJeograpky,  Addenda  p.  438),  nel  quäle  e  comunicata 
una  cautio  scritta  in  greco  che  contiene  le  parole  seguenti:  ^  2ci- 
yor  xai  Jäiucv  toiK  nQccY^ictTevvdg  fxov  -  ;  quel  noayiiuisvväg  e 
tradotto  dal  giurisconsulto,  poche  righe  dopo,  per  -actores-".  II 
eh.  prof.  Pelham  lia  trovato  una  glossa  {Gloss.  ed.  Götz  IT  14) 
aclor-TTQayiuiTsvTTqc  (v.  The  iraperial  domaiiis  p.  17).  Questi  tre 
fatti,  l'esistenza  cioe  degli  aclores  siille  terre  imperiali,  quei  passi 
dei  digesto  e  la  grlossa  mi  sembrano  rendere  preferibile  1"  identitä 
dei  jToccyfiaxevTid  cogli  aclores  a  quella  coi  iiegotiatores,  appog- 
giata  soltanto  sull'esistenza  di  negotialores  con  ufficio  identico  a 
quello  degli  aclores. 

II  personale  governativo  dei  sallas,  per  dir  cosi,  cousiste  dun- 
que nel  procarator,  nei  condmlores  e  negli  actores.  Accedono  i 
Trc(Qct(fvÄaxhta  fcd  ÖQ<)(fvXtixi-g  {Cilies  ^.  281,  Geogr.  p.  174)  per- 
sone  incaricate  coUa  sorvegliauza  della  pubblica  sicurezza  dei  de- 
manio.  I  naoacfiOucxuai,  SOUO  un  istituto  pergameno  perche  occor- 
rono  neir  iscrizione  pergameua  presso  Fräukel  {Lischriflen  von  Per- 
gamon  N.  249).  E  questa  una  nuova  prova  a  favore  della  tesi  dei 
Ramsay  sopra  citata,  che  il  demanio  miliadico  sia  stato  anticamente 
proprietä  pergamena.  Pare  che  invece  dooqi'O.axeg  sia  traduzione  dei 
latino  custodes  finium  e  perciö  quell' ufficio  sia  da  ritenere  come 
un  istituto  proprio  romano. 

Passiamo  alle  persone  sottoposte  dei  demanio :  ai  coloai.  Essi 
sono  chiamati  nelle  iscrizioni  ()'/;/<oc  (J/^/joc '0^iu;Atwr)  (inyj.nz  (v. 

15 


'220  A.    SCHULTEN 

Cities  p.  283),  parole  che  corrispondono  evidentemente  al  latino 
populus  ossia  plebs,  come  i  coloni  sono  eliiamati  in  parecchi  docii- 
menti  dai  saliiis  africani  (v.  Grumlherrschaften  p.  103).  Sono  go- 
vernati  i  coloni  da  iin  Tjooüyoiv  il  quäle  assieme  col  procuralor  e 
coi  conduclores  sta  scritto  qualche  volta  al  principio  del  titolo  come 
i.Tohviioc  (  «  fTTi  nooäyovToc.  »  v.  Cities  p.  281).  Basta  questo  fatto 
per  diraostrare  che  non  ha  iiieute  a  che  fare  col  magi^ter  dei  co- 
loni africani.  magistrato  non  governativo,  cioe  dato  dal  dominus 
sallus,  ma  eletto  dal  corpo  cioe  dal  comiiue  dei  coloni.  Perciö  a 
ragione  il  Ramsay  1'  identifica  col  praepos/lus.  magistrato  gover- 
nativo deir  epoca  hassa,  dato  ai  comuni  nirali  invece  dell"  antico 
mafjister  (ossia  meglio  dei  mogistri)  e  che  caratterizza  lo  sviluppo 
della  centralizzazione  amministrativa  del  basso  impero,  come  i  cit- 
ratores  dati  non  soltaoto  alle  cittä,  ma  anche  —  e  forse  prima  — 
ai  vici  e  convealiis,  non  perö  dal  governo  centrale  ma  da  quello 
del  municipio.  al  quäle  erano  attribuiti  questi  villaggi  (v.  i  miei 
scritti:  sopra  i  comuni  rurali  nel  Philologus  LIII  p.  646.  e  sopra 
i  n  coiiveaiiis  civiiim  romamnim  - ,  Berlino  1892,  p.  112).  E  af- 
fatto  nuovo  che  anche  ai  mltiis  fossero  dati  cotali  praepoüti.  Quanto 
vedo,  le  iscrizioni,  nelle  quali  troviamo  questi  TjqoüyoYi^z  apparten- 
gono  al  principio  del  III  secolo  {Cities  p.  289,  292).  Come  \\prae- 
positus,  nei  vici  e  pagi  apparisce  pure  il  jrraefectus,  e  chi  vorrä 
tradurre  rjQoäyon'  con  piraefectus  lo  poträ  lare  tranquillamente. 
Credo  che  il  predecessore  del  noot'cyon'  sia  stato  nei  demani  asia- 
tici  il  xo)iiaoyoc,  il  quäle  corrisponde  pienamente  ai  magistri;  ed 
infatti  nel  demanio  Oi-Ut  Ko'jin]  si  trova  un  tale  xouiaoyoc  {Geo- 
graph)/ p.   178). 

Abbiamo  trattato  abbastanza  dell'amministrazione  dei  ^  ywQia 
MikvudixH  r> ;  resta  a  ricercare  il  nome  col  quäle  parvero  appellati 
i  demani  asiatici,  comequelü  africani  furono  detti  sallus,  praedium, 
fiüidus.  Non  mancano  documeuti.  Nell'i^^crizione  citata,  Cities  p.  302, 
e  nominato  uii  •  iii(jHo)ti]i  twv  ttsq}  "AÄuffror  i6:to)v  -.  Törrog  e 
appellato  un  podere  demaniale  pure  in  una  iscrizione  appartenente 
al  demanio  di  Lagbe  {Cities  p.  272  :  . .  ko  xard  io.toi  innßo)\^Tf-j). 
Assieme  con  jönoc  occorre  yo)oiov  in  un  altro  titolo  dello  stesso 
luogo  {Cities  p.  273):  .  .  r<o  [x]ac\_u  to.tJoj'  iiioHoni]  {rj^v  ywgiov. 
Xonim-  si  trova  pure  nella  nuova  iscrizione  (Iin.  12).  E  impossi- 
bile  di  dire  se  yooiov  nejjli  altri  titoli  voglia  dire  -  demanio  «  ov- 


/.IBKLLO    DEI    COI-ONI     I)'UN     DKMAMO    I.MPKÜ  I A  I.K    IN    ASIA  '221 

vero  «  paese  "  ;  e  fatto  caratteristico  per  la  poca  chiarezza  Jella 
terminologia  giuridica  o  amniinistrativa  in  greco,  la  eonfiisione  del 
centro  di  un  circondario  col  circoiidario,  nientre  iu  latiuo  nessuno 
mai  avrebbe  detto  un  paese  (vicu.s)  paf/iis,  e  viceversa  ud  terri- 
torio  rurale  (pagus)  vicus.  Questa  confu«ioue  (v.  gli  esempi  in 
Cities  p.  132)  non  e  senza  consegiienze  per  la  nostra  conoscenza 
deir  amministrazione  dei  saltiis  asiatici.  Vediamo  per6  se  anche 
senza  l'aiuto  della  terminologia  si  pos^a  arrivare  a  liconoscere  il 
vero.  Esiste  un'  iscrizione  la  quäle  definisce  il  confine  tra  il  terri- 
torio  della  cittü  Sagalassos  e  la  -  xoun]  TvußQiuvaaaüz  Mtowioc 
KkuvdCov  hiädccooc  ->/?.  Tfo/i.  "  [Cities  I  322).  In  quel  documento 
invece  del  demanio,  come  si  attenderebbe,  e  nominato  un  paese  del 
demanio.  La  ragione  perö  si  trova  subito  ammettendo  che  il  de- 
manio abbia  avuto,  come  centro  e  sede  amniinistrativa,  una  xw,«/;. 
Ora  comprendianio  che  cosa  voglia  dire  «  niatioyxi]g  rm-  th-qI  "A/.a- 
(TTov  lÖTToiv  r>:  c  uominato  cosi  il  conductor  del  demanio,  del  quäle 
il  Caput  fu  la  xw,«/;  "Alaaxoi.  Osserviamo  lo  stesso  pure  nei  mltm 
lell'Africa  :  i  saltus  di  regola  portano  il  nome  d'un  vicus  compreso 
entro  i  loro  liniiti,  p.  e.  sallus  Burunitanus  (v.  Grundherrzchafleii 
p.  130).  percbe  in  cotesto  paese  si  trovava  la  mema  cioe  il  bareau 
lel  demanio.  Ho  dimostrato  come  pian  piano  il  saltus  sia  stato 
riguardato  come  territorio  del  suo  vicus,  ossia  del  paese  principale 
trai  paesi  situati  dentro  il  saltus  (v.  Grunclh.  p.  21  (') ).  Cosi  p.  e. 
si  fini  col  chiamare  il  demanio  d'un  Aurelio  n  vicus  Aureli  ^  (Co- 
smogr.  Raveanas  p.  151  Finder).  Ora  non  ci  raeraviglieremo  piü 
trovando  una  terminazione  tra  una  cittä  ed  una  xwiu;  Kaiauooc  : 
il  saltus  fu  riguardato  come  territorium  viel  Caesaris.  Questo  pro- 
cesso  di  centralizzazione,  cioe  l'  identificarsi  del  territorio  col  centro 
del  territorio,  e  conseguenza  del  carattere  municipale  dell'  impero 
Romano.  Come  i  pagi  delle  provincie  galliche  diventavano  territori 
lei  loro  centri  {Parisü  =  Paris)  cosi  i  demani  si  trasformavano 
in  territoria  vici.  E  notissimo  che  gran  parte  dei  comuni  fran- 
cesi  portano  il  nome  di  un  podere  romano  :  Savigny  e  fundus  Sa- 
bimanus,  Fleurac  e  fuiidiis  Floriacus  (v.  Fustel  de  Cou langes,  la- 
stitutions  pol.  de  la  France  111  p.  1  segg.). 

(1)  V.  anche  le  belle  osservazioni  che  su  quella  trasformaziuiie  del  vi:as 
Caesaris  in  cittä  fa  il  Pelham  (1.  c.  p.  24). 


22^  A.    SCHI- I.TEN 

Nella  uuova  iscrizione  i  coloni  si  chiamano.  rivolgendosi  al- 
r  imperatore,  '  yomiov  vnt'ifQor  \  la  qiiale  fräse  si  devrä  tiadiure 
ricus  vesfer,  sieche  il  vicus  i  mi  coinuiie,  ed  iiivece  di  vicani  si 
puö  benissirao  dire  vicus,  come  1'  insieme  dei  municipales  si  dice 
civiias,  rimnicipinm  :  invece  la  tradiizione  ^  saltus  v.'Ster  -  sarebbe 
del  tiitto  sbagliata,  il  vocabolo  saltus  non  essendo  punto  vocabolo 
per  cosi  dire  «  miinicipale  " .  Concliidiamo  duDque  che  il  sallus  come 
territorio  in  greco  si  dice  xowCov  (cfr.  Hierokles :  xuiouc  Mi?.vadixu), 
mentre  come  comune  dei  coloni  .^i  dice  xw/n;  ossia  younnr  (nel  senso 
personale  della  paroia).  Nel  primo  senso  yogUc  corrisponde  al  latino 
praedium  ('/Moia  Mi)..  =^prae(lia  MiL),  nel  secondo  al  latino  vicus. 

Con  tutto  (iiiesto  non  conosciamo  ancora  il  nome  particolare 
dei  tre  sallas  della  Miliade.  Ci  pare  che  il  ör^fxoq  'ÜQur^/.toiv  (cioe 
i  coloni  '()Qtn//.eTg)  comparato  col  ^^  i^iiaOontjC  tmv  ttsqI  "A'/.uaror 
rorrior  '  permetta  a  congetturare  che  quel  sa//MS  si  sia  chiamato: 
.  i(>  TTfo)  "Ooui]).or  yojQicc  -    (ossia    t  or  tt.  'O.  ro/rot"). 

Accertata  l'esistenza  d'iin  saltus  col  centro  in  "0^/j/^/oc,  ve- 
diamo  se  conosciamo  ancora  altri  saltus  nella  valle  del  Lysis. 

Dal  aiadon)];  to)v  tt&qI  "A'/.uarov  tö.tooi-  {Cities  p.  307)  e  dai 
<i  (d  er  "AÄciaroi  TTccQccffvhixncd  •>  (eod.  loc.)  dobbiamo  dedurre 
l'esistenza  d'un  altro  demanio  col  centro  in  Alastos.  Questa  cittä  si 
trova  a  c.  20  kilometri  a  Nord-Est  di  Oruntos  (v.  la  carta  al  prin- 
cipio  del  I  Aolume  di  Cities  and  Bisho'prics  e  la  disciissione  p.  321). 

Dal  fatto  che  nella  Notitia  episcoporum  delFanno  458  e  piü 
tardi  proprio  lä  dove  si  aspetterebbe  nella  lista  il  nome  di  Olbasa 
e  dei  demani  in  questione,  si  trova  il  nome  di  una  cittä  ^^  Ha- 
driana  " ,  il  ßamsay  ( Cities  p.  284)  con  ogni  probabilitä  conclude 
che  quei  demani  nel  V  secolo  siano  stati  chiamati  «  Hadriana  -■ , 
il  che  vuol  dire  ^  praedia  Hadriana  " .  Ho  parlato  di  tali  nomi 
•omposti  di  un  aggettivo  e  del  vocabolo  praedia  nelle  Grandherr- 
sclmften  p.  129.  Con  ragione  il  Ramsay  combina  quel  nome  de- 
inaniale  coUa  lex  Hadriana  in  vigore  sui  saltus  della  valle  del 
Hac^radas.  Ecco  un  nuovo  documento  della  grande  riorganizzazione 
dei  demani  inaugiirata  da  Adriano  ! 

Avendo  trattato  abbastanza  del  demanio  nella  vallata  del  Lysis 
cüi  due  centri  Ormelos  e  Alastos,  Vediarao  ora  i  documeuti  rigiiar- 
danti  altri  saltus  asiatici. 

II.  Cibyra.  Nou  abbiamo  bisogno  di  camminare  molto,  giac- 
<:h(j  un  demanio  imperiale  si  trova  presso  Cibyra,  come  l'attestano 


c 


LIßELLO    DEI    roi.OM    d'I'N    DKMAMO    IMl'KKI.U.K    IN    ASIA  22'.» 

due  iscrizioui  {Cilles  p.  272,  273  (')),  nelle  qiiali  e  nominato  nel- 
l'una  iin  ^  xaxd  rorroy  i(i(rOoni']g  y> ,  neWaXtra  im  '  xcctu  rörroy  [ii- 
aQünr^c.  rov  yjoQi'ov  n . 

I  due  testi  epifjrafici  contengono  la  niinaccia  d'  una  «  mulia 
sepidcralis^  che  si  dovrebbe  dividere  tra  1)  il  tisco  (if-ookaior 
Tctiuov),  2)  la  cittä  di  Cibyra  e  8)  il  detto  inaOun)]c.  Ne  segne  che 
il  deraanio  si  trovava  vicino  a  Cibyra  e  che  la  sede  amministra- 
tiva  fu  proprio  in  qiiella  cittä,  giacche  rörrov  non  si  puö  riferire 
ad  altro  sito  che  alla  cittä  nominata  nella  stessa  epigrafe.  Se  Lagbe 
fosse  stata  la  sede  centrale  del  demauio,  rammenda  sarebbe  stata 
data,  invece  che  al  tisco.  al  comune  di  Cibyra  ed  al  iiicftiont]^, 
piuttosto  al  fisco,  a  Lagbe  ed  al  niatium^q.  Non  ha  ragione  il  Kamsay 
{Cilies  p.  .272)  qnando  stabilisce  che  il  ^tfQMtarov  Tui^iiaToi' r,  sia 
Va7ra  del  comune  di  Lagbe;  che  sia  il  fisco  lo  diraostra  1"  Tespres- 
sione  teQühaToi'  ranismv,  2°  la  proporzione  delle  somme  da  pagare  : 
dr^vÜQicc  ß(f'  al  hg.  raiimoi',  acf'  al  comune  di  Cibyra  e  <;'  al  co/i- 
clucior.  Se  Lagbe,  come  con  ragione  sostiene  il  Ramsay,  e  stata 
attribuita  a  Cibyra,  non  ha  potuto  ricevere  una  parte  piü  grande 
di  quell a  spettante  a  Cibyra. 

II  fatto  che  le  iscrizioni  citate  sono  state  trovate  a  Lagbe 
—  assai  lontano  cioe  da  Cibyra  —  non  coutraddice  alla  mia  inter- 
pretazione  e  ne  segne  soltanto  che  Lagbe  fece  parte  del  territorio 
dell'ammenda  di  Cibyra. 

III.  Phylakaion.  In  Hierocles  sotto  la  rubrica  .  ^.icigyüc 
K«Qiag  "  si  trovano  le  parole  :  «  x^^C''^^  7raTQif.i6ria  r,  (689,  8  ed. 
Burckhardt) ;  segne  KißvQa,  Koxn^acdixca.  E  una  splendida  ipotesi 
del  Ramsay  {Cilies  p.  256  not.  1)  di  emendare  xoxn^ncdixca  in 
x[«/]  xrr^i^uc  [(Pt'];.<x«r[or],  il  quale  apparterrebbe  al  precedente 
XcoQia  jiaTQiiioridlhu'].  Avremmo  dunque  presse  di  Cibyra  -  xf'>o«'« 
7T«r^t,uort«[/<ft]  {=  fuiidi  patrimoniales)  xai  xi)]itcc  (Pv/.ixceiov  - . 
II  uome  di  questo  demanio  si  deve  derivare  da  ^i'/«x/;,  dimodoche 
indicherebbe  un  posto  di  difesa  ossia  un  castellum.  11  Ramsay  con- 
fronta  l'iscrizione  dei  «  iv  rf]  TrfoV'FQi^cci:  vTraoyUi  (j  v/.axiiui^. 
(p.  256).  II  demanio  (^vlaxcdor  e  nominato  pure  dal  Cosmogra- 
phus  Ravennas  (come  Filactioa  p.  106  Pinder  e  Parthey)  e  da 
Tolomeo  (V  2.  §  26)  Phylakaion  fu  situato  tra  Cibyra,  Eriza  e 
Themisonion,  cioe  vicino  al  demanio  cibyratico. 

(>)  V.  pure  Geofjraphy  p.  176. 


2:>,0  A-    SCHULTEN 

IV.  Tymbrianassos.  Cinque  miglia  inglesi  al  Siid-Ovest  del 
lat'O  Ascania  fii  trovata  iina  pietra  che  detemiiua  il  confine  tra  il 
vlcus  Caesaris  Tymbrianassos  e  la  cittä  di  Sagalassos.  E  pubbli- 
cata  neiropera  Cifies]).  330  e  dice:  «  .  .tu  ittr  ty  df'Siri  eirai  ^ay«- 
hcaatior  tu  dt  er  uqiGtsqü  y.omi^c  Tviißquiruaaov  Nt'oono^  Kluv- 
diov  KuiGuQoc  Isßaaiov  FtQnuvixov  •> .  Ne  dediice  il  Ranisay  che 
la  ref^ione  ad  Est  del  lago  sia  stata  territorio  di  Sagalassos.  mentre 
la  parte  occidentale  apparteneva  al  demaiiio  imperiale.  Conosciamo 
criä  altri  simili  «  iermini  territoriales  "  posti  siil  coutiue  d'  una 
cittä  e  d'im  demaiiio  (v.  Gruiidherrschaften  p.  41,  137)  e  di  uii 
altro  cippo  terminale  appartenente  al  demanio  della  valle  del  Tem- 
brogios  tratterö  piü  sotto.  Ho  acceunato  di  sopra  al  fatto  notevole, 
che  in  Asia  invece  del  saltm,  cioe  del  territorio  demaniale,  sia  no- 
min ato  in  tali  casi  piuttosto  il  paese  principale  del  saltiis. 

Crede  il  Ramsay  che  quella  xöj.u?;  Tymbrianassos  sia  stata  non  a 
Deuer  dove  fu  trovata  la  pietra,  ma  a  Eyinesh  dove  fiirono  trovati  molti 
piü  dociiraenti,  che  vi  accennano  ad  im  centro  importante  (p.  322). 

Or  tutta  la  regionc  a  Sud  del  lago  di  Ascania  tin  a  Lagbe 
e  stato  dimostrato  demanio  imperiale.  In  Hierocles  (681,  0)  si  trova 
in  quelle  parti  ^^  xr»}/<«  Mu'^i fiiaroviroXeiDg  «  e  la  cittä  Mu^ifiia- 
rov/Tohc.  Ne  conchide  il  Ramsay  (p.  328)  che  Tymbrianassos  abbia 
cambiato  sotto  Massimiano  il  siio  nome  in  quello  di  Maximianopolis 
come  il  demanio  d'  Ormelos  ricevette  il  nome  di  Iladriana  (v.  sopra). 
E  probabile  che  quel  demanio  di  Tymbrianassos  abbia  continato 
con  quello  di  Ormelos. 

V.  Bindaion  (v.  Geogrujjhn  p.  172  e  177,  ^^7/^5  p.  32(3). 
L'  esistenza  di  quel  demanio  conosciamo  pure  da  uii  cippo  termi- 
nale, non  scritto  in  greco.  raa  in  latino,  siccome  proveniente  da 
una  terminazione  unilaterale,  cioe  non  fatta  per  cooperazione  d'un 
comune  greco  e  1'  imperatore,  ma  eseguita  per  iniziativa  dell'am- 
ministrazione  demaniale.  Porta  la  stessa  iscrizione  di  quel  termiue 
africano  ricordato  di  sopra.  cioe  ßnis  Caesaris  n{ostri).  Era  collo- 
cato  a  Baradis  poche  miglia  distante  dalla  punta  Nord  del  lago. 
Nelle  Notitiae  episcoponim  quel  demanio  e  chiamato  i^to  Biiduiov  " 
{y.tifxa).  Forse  quel  nome  fu  cambiato  piü  tardi  in  Eudoxiopoli> 
(V.  Cities  p.  326),  che  sarebbe  un  nuovo  esempio  d'un  nome  im- 
periale dato  ad  un  demanio  imperiale.  Appartiene  forse  a  quel  de- 
manio il  TTQoüyun'  {=  praepositus)  d'  una  iscrizione  trovata  in  quelle 
parti  e  citata  dal  Ramsay  {Geogr.  p.  177).  Considerand*».  che  come 


LIBEM.O    DEl    COLON!    l/lN    ÜK.MAMO    I  MI'KXl  AI.K    IN    ASIA  231 

a  Sud  cosi  pure  a  Nord  del  la^^o  di  Ascauia  e  stata  constatata  la 
proprietä  deinauialo,  e  permesso  di  credere  clic  il  detto  lago  sia 
stato  il  centro  d'un  immeuso  complesso  di  sallns.  quäle  troviamo 
iu  Africa  nella  valle  del  Bagradas. 

VI.  Dipotanioii  (a  Sud  <li  Pliiloinelium  nel  Sud-Est  ddüa 
Frigia  (v.  Geograph//  p.  178).  Ci  rivela  il  nonie  di  quel  podere  la 
Ä^ot.  episcoporum  e  uu  oQoipvXui  (saKuarius)  noininato  in  un  do- 
cumento  trovato  a  Kara-Agla  presso  l'antica  Hadnanopolis  (a  Nord 
di  Philomeliiim). 

VII.  Esisteva  pure  un  demanio  tra  Prymnessos  e  Dociniium 
{Geogniphy  p.  178) )  col  nome  xli^qoc  (=  fmdl)  ossia  Augustopolis. 
composto  da  uu  xXi]qoc  6Qsir)']g  ed  uu  xh]Qog  TroAtnx/;^  (Hierocles 
677,3),  ciö  che  equivarrebbe  a  fimdiis  saltuensis  e  fundus  urbanus, 
come  vuole  il  Kamsay  {Geogr.  p.  178).  Si  conosce  forse  di  quel  dema- 
nio un  tu(r8(,nt]i  ed  il  xmhuqyjk  da  un'  iscrizione  in  onore  del  comune 
di  Nacolea  (v.  l'iscrizioue  Journal  of  Hell.  Sind.  VIII  p.  409).  Au- 
gustopolis  fu  ohiamata  prima  Oeia  xohu]  =  vicus  Caesar is  (v.  il 
luogo  citato  in   Geogr.  p.  178). 

VIII.  Ci  resta  ora  di  parlare  del  demanio  nella  valle  del  Tem- 
brogios  al  quäle  appartiene  la  nuova  iscrizione.  Abbiamo  di  quel 
saltus  i  seguenti  documenti: 

1)  C.  I.  L.  III,  7002  :  e  un'  iscrizione  latina  proveniente  da 
Apia:  «  Dionysio  Aug.  disp{easatori)  Aelius  Throphimus  amieo  ". 

2)  C.  I.  L.  III,  7004  della  stessa  regione:  «  .  .  \^p\er  Apirmm 
Paulimni,  i)rocur{alore)  Seple?7tb?ie)  Aug{usli)  lib{erlo)  ^ .  E  evi- 
dente che  quella  i.scrizione  si  deve  riferire  ad  una  terminazione 
fatta  sotto  il  procuralor  Aug.  Hb.  Seplember.  September  fu  pro- 
cura lor  saltus.  Secondo  il  Ramsay  [Cities  p.  615)  quel  titolo  defi- 
nisce  il  limite  Nord  del  saltus.  La  provenienza  dell' epigrafe  di 
2iQCiTMy  auATuloyoc  (=  saltuarius)  da  Gumulu  ci  fornisce  il 
mezzo  per  definire  il  limite  sud  del  demanio  (v.  Ramsay,  Cities 
p.  615).  Un  terzo  punto  e  tissato  dalla  nuova  epigrafe  di  Yapuldjan 
posto  tra  AltynTash  e  la  citlä  Soa.  Quauto  al  nome  di  quel  ter- 
ritorio  Hierocles  (p.  668,  7)  nota  tra  Apia.  Praipenissos  e  Kotiaion 
un  distretto  -  EvöoxCai  »  mentre  Constantinus  Porphyrogennetus 
l'appella   Tembrion  (v.  Ramsay,  Geogr.  p.  178). 

Faccio  seguire  ora  la  nuova  iscrizione  come  e  stata  copiata 
dair  editore  inglese,  perö  colle  mie  proprie  restituzioni.  Quelle  pro- 
poste  dair  editore  valgono  assai  poco.  Le  lottere  poste   tra  [  .  •  •] 


2:12  A.    SCHII  TEN 

souo  distnitte  suUa  lapide  ;  sono  notate  cosi  pure  le  restituziöui 
alla  tiue  delle  linee.  [  l  •  •  •  I  ]  signitica  che  lettere  sono  State  emen- 
date  da  me;  quelle  della  lapide  si  trovano  neWa/iuotado  ci^itica. 
Le  correzioni  nel  testo  latino  souo  stampate  in  lettere  corsive.  Let- 
tere di  lettura  incerta  soüo  notate  col  punto  di  sotto  («). 

'Ay  ccdi]    T  V  x't  • 

1.  Imp.  Caes.  M.  llul.  P]hi][ippus  Aug.l  et[M.  Jul.  .Philippujs  n[o]hi[l]issunus  Caes. 

M.  Xa[relio  Eglecto 

2.  per\  l»iilyimiiii  a///,'/ivgenervm  :  «  Proco[wJsul  E  .  ('<  perspecta  fide  eorum  quae  ^scri- 

his,  ne 
o.  qui[_[(/JJ  iniuriose  geratur,  ad  sollicitudinem  suam  revocabit  n.  X.E  . 
t.  (§  1)  AvroxQuxoQi  KcüaaQi   M.    lot'/uto  <Pi'/.i7T7iw  evatßfi^  eiTv/E(^  at,i.  y.[cd   M.  ^lovXim 
5.  4>t^i7T7TO}  eniq:cei'saT(cro)  KuiauQC  difjaig  ntcQic   AvQifAiov   Ey'/.ixi[ov  vnso  lov  xoi- 
•  >.  vov  Tiiii'  'Aoayovtjuwy  TXanoiy.üii'  xccl  yfiooywv  iiiji'  r'usTSQWf,  [r;()f(T,Jft«?  yerousri^g  öun- 

7.  (cyrj  d);iiov  y.oifu^v    T]joiliTSC(rioi'  2'o»;<'wr  xait'  xead   4'Qvyiai'    röntoy,  öid    7" .  (M[a'tor  V 

Ji&riiov 

8.  axQdxiwTov   -—^    (§  2)   TIcivxMi'  iv  xoTg  {jrrxfiQiioxäTnig  { uwi>  yainni^c,  fi^a£ßsa[xc(Trfi   xrä   (}'Ai- 
!•.  Tiöxaxoi  rioj'  noirroxs  ßaaiksujy,  rjoEuou  xcd  yaXrvdv  xiif  ^iov  (iiccy\ouiv(x}i'  no- 

10.  j'?;o(«c  xcd   dictafiauoh'  7ii[n](ivuey(i)i'  ^nvoi  7]/Lt£^g  (]'/.'/.6xoici  x[w^y  f:\vxv/taxc'(XMy 

11.  xo.iowi'  Tjda/oyxsg  xt^y^e  xi]y  lxtTei[((y  v^utlv  nooaäyousr  ij(i[yyini  rcv  öixclor  xtji  ih- 

12.  rjaetüg  iy  xovxoig   y~-^  (§  3)  Xioolny  i'uärsQo'y  iaufy  lsowx(ex\^oy  xcd 

13.  uog  o'/.öx'/.)/^>og  rn  xc.Tcccpevyovxeg  xcd  yeiioiufyot   xijg  i\usxeQc<g  [ßovjhsiccg  (yc^fsig,  cilcc- 

14.  asiöuex'tcc  (}s  nc.qcl  x6  c'iXoyoy  xal  7i<CQcmpciaa6[i£6ci  r;/'  sxeiytoy  o[iic  Ijxiaxcc  clöixitv  xov  7iA;;- 
lö.  fftor  ocfi^d.   (§  4)   Msaöysioi  ydn  xvy/dyoyxfg  xcd   ulxs  tjccqc}  axqccxc(\(i/ov  u^xe  nccgd  .  . . 

nwnoxt  xi  naftoyxfg  yvy  ncia- 

16.  /o"f»'  cl'/J.öxQtc.  xwy  itAsxsQctjy  fJc<xc((}tü)Xccrcoy  xccigojy  [:  nis^ovai  yccQ  ijuäg  oi  nefJCf&si'Tsg  fic 

17.  x6  Annicivwv  y.?u^uc(  7xc'.occ?uitrxc(yorT£g   rccg  kscocfcjoovg  o[cJoi'g,  rraoatii   di  crxQcc- 

18.  Tiüjxcci  xcd  cfvyc'ccrxcti  xüiy  nQovyöyxcüt'  x[«r]f?  i^f  nö'/.iv  [KcciaccQicuoi  xe  i- 

19.  ^uexenoi  eTtsiaflo^/nusyoi.  xcacih^Tic'cpovxeg  xdg   'Af[iocf6oovg  ocfovg  ....  ccrro  rcjjv 

20.  egycav  rjucig  clcfiaxcivxsg  xcd   xovg  ccooxijnccg  ßoc}r  [xo?.fi(öyxfg  xd  ^t]  ocpsi- 

21.  Ao',«£r«  ceiToi^g  ■nc.qunnctaaovaiv  xcd  avyßcdvei   o[r  xci  xxyoyxc.  rj^ctg  ix  x- 

22.  ovxov  cic^ix^LcsHca  dutaaio^iyovg  nsgl  wv  «n'  c<\(>/ijg  )][^h'  lyQccips  xo  Zoy, 

23.  asßccaxk,  MtytQog  onöxs  xrjv  tnco/ny  difT7it\g  i^ovaicty  cixe  cTAka  ixtXfvacig  KctTacig  ysivöue- 

24.  yog  xcd  ünoig  TifQi   xovxwv  exstyißtj  aov  tj  hf\icc  ccvxiyqcccft]  r;  xn?g  vnofiyijjuctcFiy 

25.  ivxExccyuiyi] :  u  Quae  libello  conplexi  esti[s  ut  examinet  praesidi  mandavi 

26.  qui  da[|ÄJJit  operajn  ne  d|  ni]tiu-<«>s  querellfü  locus  sit». 

27.  (§  5)    Eniicfi]  ovy  oiö'ey  ücpeXo[g  »/[uc/V  ex  xcivD^g  f/|c  ccyiiyQctcfijg  iyeysxo,  av/jße- 

28.  ßtjxey  <Ji   tjudg  xccxcc    x>]v  ccyncuxlccy  xd  iit]  ocftil^'/.ouei'cc  nciCHfncjüacstaUcti   tlg  xt]y  xoSui^y  e- 

29.  7i(yßc(iy6\f^xMy   Kyojy  xcd  aiiinccxoi'yxcoy  r,udg  [naQc'i   x6  ölxcciuy,  insiäi] 

•30.  Ö'  V7i6  xüjy  KcacTctQiccydjy  ov  xfl  xv](6yxc(  tJ"/ [«(j]f (f a[ W«(   rjucig  cjvyäßi]  coaxs  xorg  xcconnvc 

31.  71171  Qc'c]axta'^cn  xcd  xc<  /oip/«  SQj]nc)ia\H\c(i  xcd  .   .   .  ccy 

52 c  xcd   ov  TiciQtl  x\(i)y  £i'|J'oi'  xc(xoixovyx[(x)y  uövoy  ctAhc  xcd 

i3 (fvyc(utyc(   .   .   .   xavxi  .    .  et 

•4 (piccole  lettere  iion  legfribili) 


o 


MBEI.I.O   DEI    COLON!    d'I'N    DKMANIO    IMPEniAI.E    IN    K^W  238 

Annotatio  critica. 

2.  PE/E  per:  em.  —  ante  CENERVMduaclitterae  evanidae,  quaeanLi  sive  potiiis 
V  legendae  siiit  dnbitat  editor.  —  post  proconsvle  quod  scriptum  est 
Signum  litterae  G  similc  nescio  quid  sit;  secunda  littera  c  esse  videlur  (i). 

o.  QVIA.   quid:  em.  —  In  fiiie  lineae  X/E   scriptum  est. 

4.  KSAPi.   xai  semper  per  siglam  K    scribitur  etiani  si  noii  particula  sei  sil- 

laba  est. 

5.  etkaetI^oy^  antea  videtur  scriptum  fuisso,  deinde  emendatum  inserta  lit- 

tera K  supra  lineam,  ita  nt  in  lapide  sit  EfKAE*^/. 

7.    K0IN0m0  7/TEANnN,  quod  pro  KOINOYTOTEAWnN    {xoirov   TortUKÖr)  falso 

oxaratum  esse  Ramsay  apud  Aiidersonium  rccte  ut  videtur  coniecit. 
15.  MITE  :    sie  pro   mhte   vel  potius  mhte. 

24.  EKEINI0H    pro    EKINH0H. 

25.  LiBELLO   admodum  certe  rostitui  potest  si  non  legi. 

26.  ante    Q_yi  da[/;^it  spatium  vacat.  —  daqit.   da[^/>]it  :  em.  —  diiiitiv 

IS  .   D[iu]tiu<;i>s  :  em. 

La  parte  destra  e  la  parte  inferiore  della  lapide  sono  rotte; 
ma  mentre  non  si  puö  sapere  quante  linee  manchino  alla  parte  infe- 
riore, la  parte  mancante  a  destra  si  puö  calcolare  aggiuugendo  alla 
raeta  destra  dell'  iscrizione  tante  lettere  quante  risultano  dalla  diffe- 
renza  tra  il  numero  delle  lettere  nella  parte  sinistra  conipleta  e  quello 
delle  lettere  conservate  uella  parte  destra  dimodocbe  se  a  destra 
stauno  p.  e.  30  e  a  sinistra  20  lettere,  si  devono  aggiungere  circa  10. 

Precede  al  documeuto  stesso  la  ben  conosciuta  formula  inau- 
gurativa  AFAGH  TYXH  (=  bona  Forlima).  Scguono  tre  linee  in 
latino:  contengono  un  rescritto  dei  due  imperatori  Pliilippus  ad  un 
certo  M.  Aurelius  Eclectus,  il  cui  nome  si  puö  restituire  coll'ainto 
della  linea  5  {Str^aig  Traget  AvotfACov  ''EyXixT{oi^.   Questo    Aurelio 


(i)  [Nel  principio  del  v.  3  credo  si  debba  leggere  PER  didymvm  mili- 
CEN  ERVM,  vale  a  dirc  per  Didymum  mili{t]e{m  ßrum{entarium).  Che  lo 
scalpellino  frigio,  il  quäle  non  ba  riprodotto  senza  crrori  nemmeno  il  tosto 
greco,  nella  parte  latina  abbia  messo  una  C  per  un'  F,  una  T  per  un'  m.  ed 
una  E  invece  di  F,  mi  pare  ammissibile.  Poi  era  scritto:  proconsvle  .  v  .  C, 
cioe  Proconsule  v{ir)  c(larissmus).  —  Merita  di  essere  notato,  che  i  nonii  dei 
due  imperatori  sono  senza  dubbio  cancellati  apposta,  sebbene  l'editore  non  lo 
dica.  Ch.  H.] 


•j:!4  A     SCHLI.TEN 

ha  fatto  la  supplica  in  nuine  ilei  vicaui  e  perciö  il  rescritto  im- 
l»eriale  e  diretto  a  liii  anziehe  ai  vicani  stessi.  Abbiamo  per  for- 
tuua  im  altro  documento  che  nou  soltanlo  e  della  stessa  epoca.  ma 
che  tratta  di  im  argomento  perfettamente  simile:  e  la  grande  iscri- 
zione  di  Scaptoparene  (v.  Zeitschrift  der  Savinnijstiftuwj  f. 
Jlechtsfjesch.  XII  p.  246).  E  iina  buona  coinbiuazioue  quella  di  poter 
paragonare  tra  loro  qiiesti  diie  dociiinenti  aualoghi  nella  forma  e 
nella  sostauza.  Dorremo  dare  piii  sotto  altre  prove  di  tale  coinci- 
denza,  ci  basta  per  ora  di  paragonare  gli  indirizzi  delle  epistole  im- 
periali  contenute  nelle  diie  iscrizioui.  Xeiresemplare  d!  Scaptoparene 
r  imperatore  scrive  »  vicanis  p^r  Pijrrum  militem  compossesso- 
rem^,  cioe  ai  vicani,  non  alla  persona  che  aveva  portato  quel  li- 
bello  all'  imperatore.  Nella  nuova  iscrizione  i  due  imperatori  si  ri- 
Yolgouo  soltanto  al  mandatario  dei  vicani  perche  egli  ha  redatto  la 
supplica  {dtr^aig  rraqu  Avq)])uov  'Ey?.txrov).  Mi  spiego  questa  diffe- 
renza  coli'  ipotesi  che  M.  Aurelius  Eclectiis  sia  stato  il  praepositii^ 
(==  rrQoüyon)  dei  vicani  ;  se  egli  fosse  stato  semplice  delegato,  ne 
avesse  scritto  la  supplica,  gli  imperatori  non  si  sarebbero  rivolti  a  lui 
iuvece  ai  vicani,  mentre  come  praepoütiis,  come  magistrato  go- 
vernativo  esso  aveva  1'  obbligo  di  corrispondere  nell'  Interesse  dei 
vicani  a  lui  soggetti  e  a  lui  si  doveva  indirizzare  la  risposta  im- 
periale. Gli  imperatori  indirizzavano  i  loro  rescritti  sempie  ai  su- 
periori  di  quelle  persone  che  erano  1'  oggetto  della  supplica  e  dei 
rescritto  ed  a  qiielli  stessi  solamente  nel  caso  che  non  avessero  su- 
periori  ossia  magistrati.  Cosi  in  atfari  municipali  il  rescritto  si  di- 
rige  ai  magistrati  municipali  i  quali  da  parte  loro  avevano  fatto 
la  ftupplica  in  rappresentanza  dei  comune  (v.  gli  esempi  di  tali  re- 
scritti nel  Bruns,  Foiites^'  p.  240  seg.).  Se  perö  un  certo  numero 
di  persone  che  non  formavano  un  comune  cioe  un  ^  corpus  " ,  redi- 
gevano  il  libello,  1'  imperatore  rescriveva  loro  rivolgeudosi  a  quella 
persona  che  gli  aveva  dato  il  libello.  Cosi  il  rescritto  in  favore  dei 
coloni  saltus  Durunitani  porta  1'  indirizzo :  -  Lario  LiicuUo  (il  quäle 
e  '  a  ralionibus  ')  et  nomine  aliontm  »  (cioe  colonoram)  sieche  quei 
coloni  non  avevano  magistrato  ordinario.  Sulla  stessa  maniera  e  re- 
datta  la  corrispondenza  tra  gli  Scaptopareni  e  1'  imperatore  Gordiano, 
Autori  dei  libello  sono  i  vicani  stessi,  che  incaricano  della  transmis- 
sione  della  lettera  il  convicanus  e  cornpossessor  Pirro.  Invece  i 
nofetri  vicani  dei  demanio  Tembrion  sono  rappresentati  da  Aurelio 


LIüKI.I.Ü    DKI    COI.OM    d'i'N    UEMANIO    [.MPKRIA  1,1-:     IN    ASI.V  235 

Kclecto  il  quäle  per  qiiesto  deve  essere  considerato  come  loro  capo 
e  fnuzioiiario  governativo  {7too(<y('u). 

L' argomento  del  rescritto  imperiale  al  priiicipio  dolla  nostra 
iscrizione  e  chiaro:  gli  iinperatori  avvertono  Aurelio  Eclecto  che 
hanno  iucaricato  della  iiicliiesta  del  caso  il  proconsole  della  pro- 
vincia  Asia.  Mcno  ciliare  sono  le  parole  stesse  di  quel  rescritto. 
Vj  evidente  che  le  parole  «  ad  soUicitudinem  mam  revocc^ji^U  « 
si  riferiscouo  al  procoiisul  nominato  nella  linea  precedente.  Esiste 
pure  im  rescritto  dell'  imperatore  Alessandro  Severo  deiranno  224 
(L.  1  C.  8,  52)  nel  quäle  si  ritrova  la  stessa  formula :  *»  .  .  ne  quid 
contra  longam  consuetiidinem  ßat^  ad  soUicitudinem  suam 
revocabit  praeses  provinciae  ».  E  certo  per  quell'analogia  che 
'  iniiiriose  geratiir '  dipende  da  un  ae  che  bisogna  restituire  nella 
lacuna  della  linea  2. 

Si  vede  pure  che  Q.VIA  deve  essere  corretto  in  QVID,  Resta 
ad  emendare  la  prima  parte  del  rescritto.  Per$pecta  fide  eoram 
quae  \_allegas~\  ha  senso  condizionale  (=  si  fides  eoriim . .  per- 
specta  en( ;  v.  altri  esempi  di  tale  clausola  in  Brissonius,  de  for- 
muiis  p.  294  p.  e.  «  si  allegatiombus  Ulis  fidem  adesse  pe?'spe- 
icerit  »  in  L.  3  C.  10,  51).  Qiiesta  fräse  si  riferisce  al  proconsole 
il  quäle  nel  caso  nomiuativo  (. .  revocabit)  deve  essere  stato  nomi- 
nato prima.  Bisogna  perciö  emendare  PRO///NSVLE  .  .  C  in  PRO- 
CONSVL  e  lasciare  da  parte  le  lettere  oscure  che  seguono.  Si  puö 
quindi  restituire  con  ogni  certezza  la  fräse :  « proconsul  jjerspecta 
ßde  eorum  quae  \_allegas,  iie~]  qui\_d~\  iniuriose  geratur  ad  sol- 
liciludiiiem  suam  revocabit » , 

La  seconda  difficoltä  sono  le  parole  che  precedono,  dove  e  certo 
l'accusativo  Didijmum  JH  generum.  Mi  pare  certo  che  PE/c-  si 
deve  correggere  PER  per  avere  una  preposizione  che  regga  1'  accu- 
sativo  e  tutto  va  benissimo  supponendo  che  gli  imperatori  abbiano 
fatto  pervenire  la  loro  risposta  per  Didymum  che  evidentemente  e 
il  militaro  nominato  come  ambasciatore  di  Eclecto  suUa  linea  7/8. 
Cosi  scrive  Gordiano   «  vicaais  'per  Pyrruni  militem  « . 

E  da  notare  come  il  rescritto  sia  stato  posto  non  alla  tine  del 
libello  dei  coloni,  come  sarebbe  statu  regolare,  raa  al  principin.  Da 
questo  fatto  molto  singolare  non  si  deve  concludere  che  sia  stato  cosi 
anche  nel  documento  originale;  e  piuttosto  probabile  che  i  coloni 
abbiano  voluto  dare  un  posto  di  preferenza  aU'epistola  degli  impe- 


23Ö  A.    SCHLLTKN 

ratori  che  stava  quäle  «  suhscriptio  "   alla  tine  del  loro  libello  come 
in  tiitti  i  docuuienti  simili. 

Alla  tine  del  rescritto  dietro  di  REVOCAVIT  .si  vedono  ancora 
diie  lettere  XÄ-  cioe  X«f,  le  quali  non  saprei  spiegare.  Potrebbe 
darsi  che  sia  iina  nota  di  cancelleria. 

II  rescritto  e  stato  fatto  tra  244-240/247  dopo  Cristo  per- 
che  il  giovaue  Filippo  uell"  anno  246/247  ricevette  il  titolo  Au- 
gustus  che  qui  non  porta  ancora  (v.  Schiller  Rom.  Kaiserzeil  I 
p.  802). 

(§  1)  Segne  il  libello  di  Aurelio  Eclecto.  Esso  couiincia  col- 
r  indirizzo  e  col  uome  del  mittente.  Bisogna  constatare  tino  a  che 
parola  si  estende  qweWsi  jrraescriplio.  Si  potrebbe  credere  che  «  rwr 
i\ufTto(i)i-  rf  appartenga  al  libello  e  che  la  praescripiio  finisca  con 
yfü)oyö)r:  nia  ciö  e  impossibile  perche  evidentemente  il  segno  d'  in- 
terpunzione  nella  linea  8,  dopo  il  quäle  inoltre  si  ha  uno  spazio 
libero,  chiude  la  formula  introduttiva.  Bisogna  coufessare  che  invece 
di  yeü)oyo)v  rwi'  i'iieTt'ooir  si  aspetterebbe  nella  formula  d' indirizzo 
<  yeMoycoy  rov  Kaiffaoog  ^,  perche  Aurelio  Eclecto  parla  del  suo  co- 
mune  come  di  terza  persona.  Non  si  puö  constatare  che  questo  difetto 
di  sintassi,  che  del  resto  si  spiega  facilmente.  Jid .  . .  aiquiionov 
si  deve  riferire  al  portatore  della  lettera  di  M.  Aurelio  Eclecto,  che 
troviamo  pure  nominato  come  portatore  della  risposta  imperiale  nel 
rescritto  precedente  {..per  Didymum  . .  geaerum  . .).  Era  un  mi- 
litare  come  Pirro,  il  mandatario  di  Scaptoparene.  Le  lettere  TOY 
devono  spettare  al  nome  di  questo  militare  (T.  Ov» .  .  .);  non  pos- 
sono  essere  l'articolo.  II  militare  si  chiamö  dunque  T.  Ov  .  . .  Ji- 
ÖVI.10C.  I  genitivi  dei  nomi  nelle  lin.  6  e  7  non  dipendono  dalla 
preposizione  ttuocc  come  Avor^Xiov  ExXixi<n\  perche  la  lettera  e 
fatta  da  Aurelio  solo,  non  dagli  abitauti  del  comune  :  altrimenti 
gli  imperatori  avrebbero  risposto  non  «  Aurelio  Eclecto  "  ma  «  vi- 
caiiis -^ .  Bisogna  perciö  supplire  un'altra  preposizione  la  quäle  deve 
essere:  imto.  facendo  Aurelio  1"  Interesse  dei  suoi  sottoposti.  i  vi- 
cani  0  coloni.  Le  lettere  NOY  del  principio  della  linea  6  fanno 
parte  della  parola  xoirov,  come  lo  dimostra  il  fatto  che  la  stessa 
parola  ricorre  nella  lin.  7.  Abbiamo  dunque  un  ^  xoirdf  'Aqctyovi]- 
vo)v  naooixMv  x«i  ytowyMV  tö)v  viut^qo^v  n  (cioe  xmv  (TeßciffiMv),  il 
che  in  latino  corrisponderebbe  a  «  conventus  (sive  res 2)ublica)  Ara- 
(jaemrum  idquilinornm  et  coloanrnm    Cacsari^i.   n  Tön'  infrt- 


MliKl.I.n    DKl    COl.ONt     U'lN     UKMAMO    IMPKUIAI.K    IN    ASIA  237 

ooof  «,  a  quauto  si  vede,  deve  riferirsi  non  soltanto  a  yto)Qy(äy,  nia 
aoche  a  nctooUuir.  Uesta  a  spiegare  quel  comune  di  liiquiliai  e 
coloni  Caesaris.  Bisogna  iiicominciare  dai  vocaboli  greci  ttcxqoixoi 
e  ysMoyoi.  JIüooixo;  e  lo  stesso  che  xüioixoi  e  corrisponde  uella 
iscrizione  perfettameiite  al  latino  iiicoln,  che  signitica  lo  stato  di 
quelle  persone  le  quali  i;ono  cittadini  (c/ues)  del  tenitoriu  ove  si 
trovano  (v.  la  mia  interpretazioiie  del  latino  coiisislere  in  -  de  coii- 
Deiitibiis  civ.  Rom.  "  p.  lUü).  Trovansi  i  xcci{:TaQ-)(Hxovixii  ac- 
canto  ai  cittadini,  conie  gli  lacolae  coi  cices  ;  non  fa  bisogno  di 
citare  esempi  di  questo  fatto  abbastanza  noto.  Perö  qiii  i  xüioixoi 
non  sono  punto  incolae  d'  iina  cittä,  ma  iiiquiliiü  d'  iin  demanio. 
Troviamo  gli  inquiliiü  accanto  ai  coloni  pure  nelle  fonti  giuiidi- 
che  :  L.  un.  Cod.  Theod.  5,  10  {si  quis  colomis  originalis  sive 
i/iqiäUnus);  L.  im.  Cod.  11,  53  {colonos  imjuilinosque) ;  L.  11 
Cod.  3,  38  {servorum  vel  colonoriim  adscripticiae  condicionis  oel 
inquilims ;  L.  12  eod.  tit.  {servos  vel  tributarios  vel  inquiliiios  apud 
dominos  voliimus  remanere);  L.  13  eod.  tit.:  «  defmimus  ut  i.Uer 
inquilinos  coloiiosve,  quomm  qiianlum  ad  originem  peiHinet  iudi- 
candam  indiscreta  eademque  paeiie  videlur  esse  condicio,  licet 
Sit  discrimeii  in  nomine . . . " .  Quesfultima  citazione  dimostra  chia- 
ramente  che  coloni  ed  inquilini  furono  quasi  {yaene)  identici  sol- 
tanto -  quauto  2i\Yorigo  "  cioe  alla  glebae  OAlscriplio.  Ed  iutatti 
tutti  i  luoghi  succitati  si  riferiscono  alla  glebae  adscriptio,  dimo- 
doche  poco  se  ne  puo  dedurre  per  la  ditferenza  tra  coloni  ed  in- 
quilini. 

Vediaiuo  pure  gli  altri  luoghi  delle  fonti  intorno  agli  inqui- 
lini :  L.  112,  D.  XXX  :  «  si  quis  inquilinos  sine  praediis,  qiä- 
bus  adhaerent  legaverit,  iniUile  est  legatum  %  L.  11,  C  3,  26: 
K . .  ut,  sive  agat  domorum  nostrarum  colonus  aut  inqiälinus  aut 
servus  . . .  non  alibi  quam  tut  culminis  {praepositi  sacri  cubiculi) 
ac  viri  spectabilis  comitis  domorum  petatur  examen  -.  L.  6, 
C.  11,  ^^'.  «  cum,  qui  curiae  vel  collegio  vel  burgis  ceterisque 
corporibus  per  triginta  annos  sine  interpellatione  servierit  res 
dominica  vel  intentio  privata  non  inquietabit  si  colonatus  vel  in- 
quilinatus  ciuaestionem  movere  temptaverit " . 

fi  stato  osservato  giä  dal  Savigny  che  coli'  aiuto  delle  fonti 
giuridiche  non  si  riesce  a  definire  la  difterenza  che  certamecte  esi- 
steva  tra  coloni  ed  inquilini.  11  Savigny  credette  pure  che  quella 


238  A.    SCHLLTKN 

differenza  sia  stata  purameute  uomiDale  senza  accorgersi  che  pro- 
prio qiiel  luogo  che  parla  duna  identitä  particolare  delle  diie 
classi  (L.  lo.  C.  11,  48,  y.  sopra)  ne  rivela  chiaramente  la  diffe- 
renza generale.  Forse  le  iscrizioni.  alle  quali  dobbiamo  giä  tante 
rivelazioni  in  materia  agraria  rischiareranno  un  giorno  pure  questo 
punto  oscuro.  E  peccato  che  nella  lex  Manciana,  nella  quäle  pure 
si  parla  dl  iiiquiliai.  (J^.^  17  e  li>  della  mia  edizioue)  proprio  questa 
parte  sia  perlettamente  iniutelligibile. 

Quanto  all'  etimologia  del  vocabolo  iaquiliiius  sappiamo  bene 
che  signihca  il  tittaiulo  d'una  casa  mentre  il  colonus  ha  in  affitto 
un  fondo.  Quella  differenza  e  abbastanza  chiaramente  espressa  in 
L.  25  §  1  D,  loc.  cond.  (19,  2) :  ...  coloao  frui  et  inquilino  habilare 
liceat  ".  Appartiene  perciö  1' inquilino  ad  un  praedium  iirbanum, 
il  colono  al  p?'aedlum  ruslicum.  Pare  che  per  questo  lo  His  nel  suo 
bei  libro  {Die  Domänen  der  röm.  Kaiser^eit  p.  89)  abbia  esprcsso 
r  opinione  —  senza  perö  riferirsi  al  luogo  sopra  citato  —  che  gli 
inquilini  siano  stati  artigiani,  laddove  i  coloni  furono  contadini. 
Questa  distinzione  corrisponde  benissimo  al  senso  primitivo  della 
parola  perche  gli  artigiani  abitano  nella  casa  del  fondo  senza 
aver  a  che  fare  coli'  agricoltura  ;  ma  non  mi  pare  che  sia  ugual- 
mente  in  accordo  col  senso  che  quel  vocabolo  ha  uelle  fonti  giu- 
ridiche  della  bassa  epoca,  nelle  quali  gli  inquilini  paiono  essere 
contadini  come  i  coloni.  Sembra  che  il  Weber  {Rom.  Agra?^geschichte 
p.  257,  nota  in  fine)  sia  dello  stesso  avviso. 

L'  identitä  del  greco  ttüqoixoq  col  latino  inquilians  e  uotis- 
sima;  lo  stesso  vale  per  yi-oiQ/öc  e  colonus.  Come  qui  coloni  ed 
inquilini,  troviamo  nell'  interessante  rescritto  dell'  imperatore  Giu- 
stino  {Bull.  Corr.  Hell.  1898  p.  501)  coloni  vel  adscripticii,  i 
quali  nella  parte  greca  dell'epistola  imperiale  son  detti  yeo)Qyo)  x«) 
ivcin6yqa(joi. 

E  nuovo  r  ethnicon  dei  coloni :  ^Aouyoin^voi.  Le  lettere  NOY 
che  precedono  il  genitivo  «  ^Aociyovr^voiv  naQoCxMv  x«\  yf-oioyoly  » 
pare  che  si  devono  restituire  in  [xoi]rov.  In  questo  caso  gli  'Aga- 
yovr^roi  dovrebbero  essere  gli  abitatori  d'un  distretto  con  parecchi 
paesi  colonici  che  avrebbero  formato  il  y.  xoi rov  tojv  A.  xuioixwv 
xui  yf-üiQyöiv  yi .  Tali  xoivä  ossia  federazioni  di  diversi  comuni  si 
trovano  spesso  in  Asia.  Cito  soltanto  il  xoivvv  tov  ^Ygycüton'  rrf- 
<)i()v  {Cities  p.  142)  che  si  trova  assieme  con  tre  di]n(n  in  un' iscri- 


I.IBEI.LO    DKI    lOI.ONI    I)'i:N    DEMANIO    IMI'KRIA  I.K    IN    ASIA  23!» 

lione.  Pure  il  axonör  jov'Y.  rrtiiinv^  consisteva  in  parecchi  villag^ri 
{xo)fiat)  (v.  Ciiies  p.  129).  Qiieyto  distretto  Araguene,  del  quäle  gli 
abitanti  forniavano  un  xoirov  deve  essere  il  sallns  con  diversi  vici. 

K  caratteristico  per  l'Asia  minore  che  i  coloni  formano  m\ 
■Aoirov,  mcntre  in  Africa  i  coloni  si  dicono  roloni  (plebs)  i^altus, 
dirterenza  che  dimostra  quanto  sia  stata  sviluppata  neU'Asia  la  vita 
municipale.  Ho  accennato  giä  prima  ad  altre  prove  di  questo  fe- 
nomeno  d'im  demanio  organizzato  come  territorio  municipale  {dt'ifioc 
"ÖQixii'kto)}'  =  coloni  Onnelenses). 

AI  principio  della  lin.  7  si  vedono  le  lettere  ANH,  segne  il  ge- 
nitivo  Si]f(ov  xoirov  \_Tj}Tearö)v  ^o>;rwr.  L'editore  ha  restituito  con 
ragione  [ßc(n~\c'cvi].  Non  c'e  dubbio  che  le  spese  che  pagava  il  öfiiioc 
xoirvg  Torearoiv  2ioi^ro)v  sono  quelle  deH'anibasciata  di  Eclecto  : 
bisogua  quindi  supplire  tra  vfUTtoojr  e  rf«7T-[ör/;],  qualche  cosa 
come  rrgeüßnag  y^voiurv^q.  Tale  supplemento  richiesto  dalla  parola 
dcmurri  e  confermata  dalla  fräse  :  (^id  T.  Or  .  .  aiquiionov.  11 
fatto  che  le  spese  d'un'ambasciata  sono  a  carico  di  un  coraune  vi- 
cino  e  cosi  nuovo  come  interessante.  Ci  sembra  che  i  poveri  coloai, 
i  quali  qui  come  nel  libello  burunitano  si  dipingono  siccome  gente 
rozza  {uyQoixCccv  lin.  28)  e  sotterente,  non  erano  capaci  di  soste- 
nere  da  loro  le  grandi  spese  d'una  tale  missione.  Che  le  ambasciate 
di  questo  genere  costassero  somme  enormi  e  notissimo:  la  nq^aßHu 
iu  nelle  cittä  dell'Asia  sotto  1'  impero  Romano  un  munus  e  l'og- 
getto  speciale  della  muniticenza  dei  cittadini  ricchi  (v.  Meuadier, 
de  rebus  Ephesiorum  p.  96). 

II  nome  del  primo  comune  si  deve  correggere  in  \_T^oi sa} Öw  ed 
«ssere  riferito  alla  cittä  (ossia  xo5,(u;)  Tottoiu  che  si  trova  in  quelle 
parti  (v.  Ramsay,  Geograph//  p.  145,  240;  Cities  p.  249,  688"), 
laddove  il  comune  dei  Mo'^saioi —  a  cui  pm-e  si  potrebbe  pensare  — 
e  troppo  distante  (v.  Cities  p.  631  seq.).  La  correzione  quindi  e  assai 
felice.  Sta  scritto  sulla  lapide  KOINOMO///TEANaN,  che  facil- 
mente  si  restituisce  in  KOINOYTOTEANaN  (ossia  .  .  TOTTEA- 
NHN  se  nella  rasura  davanti  il  T  si  trovava  ancora  un  altro  T): 
invece  di  YT  il  lapidario  aveva  scritto  M.  Kouov  non  e  sostantivo 
dipendente  da  (F?;//ot'  (come  J/;/(oc  lov  xoirov  tmv  T.),  ma  agget- 
tivo  :  il  6i]i^ioq  fu  un  t^y««c  xoiiög,  una  avnnoXiisUc,  se  vogliamo 
usare  il  nome  tecnico.  Questa  unione  e  espressa  anche  nella  mau- 
canza  della  copula  tra    Ton-cnoir  e  ^oricoy. 


240  A.    SCHILTKN 

Dei  Tni  ii)i(c[i^)ii)i  —  ijuiniuali  in  uu' iscrizioue  (')  --  come 
l»iu-e  dei  ^ui^ioi  {-)  sappiamo  soltanto  il  uoine  ed  il  sito.  E  im 
malauuö  che  le  splendide  carte  aggiuute  a  Cities  and  B/shoprics 
nou  si  estendano  rtno  alla  regioiie  dei  fiume  Tembrogios  e  quelle 
della  (ieog''o:))Juj  dei  Ramsay  (v.  p.  178)  nou  bastino  per  i  dettagli 
topogiatiei  di  quel  demanio.  Tottoia  e  Soa  sono  cbianiati  ot  xatd 
(pQvyiui  lon^oi:  es^i  appartengono  alla  Phiygia  salutaris  (v.  Geo- 
ijrcq)hii  p.  151). 

(§  2)  Segue  all"  iudirizzo  {Avioxqüiooi  . .  ^t')]aic  ttuou.  .  \jxQto- 
fitiac  y€roii6vr^g]  diu...)  la  fomiola  d"  iutroduzione  (8-12).  Corri- 
sponde  perfettamente  a  quelhi  dei  libello  degli  Scaptopareni,  la 
quäle  pure  cnutiene  il  motivo  della  dii^aic.  Park  Eclectus  in  nome 
dei  coloni  ed  iiiquiiini,  onde  e  usata  la  prima  persona  plurale 
[rtuU).  Dice  cosi :  «  raentre  tutti  nei  tempi  fortnnati  dei  vostro 
impero  vivono  tranquillamente,  essende  tinito  ogni  disordine,  sol- 
tauto  uoi  softriamo  il  contrario  di  quella  felicitä :  perciö  indiriz- 
ziamo  a  voi  la  nostra  supplica  niotivandola  colle  seguenti  ragioui « . 
La  formola  d'  iutroduzione  degli  Scaptopareni  e  redatta  cosi :  *•  hai 
rescritto  spesso,  che  nei  tempi  felici  ed  eterni  dei  tuo  regno  i  paesi 
devono  essere  abitati  ed  aumentati,  non  disturbati,  perche  tale  stato 
uon  soltanto  e  favorevole  alla  salute  degli  uomini  ma  anche  pro- 
tittevole  al  tuo  tesoro  —  motivo  pienamente  convincente  e  di  certo 
piü  eflficace  che  quell'  ideale  che  precede !  —  Per  questo  motivo  la 
nostra  supplica  e  completamente  giustificata,  e  ti  preghiamo  di  non 
riliutare  la  tua  approvazioue  alla  seguente  domanda  '•.  Segue  Vespo- 
sizione  dei  fatti :  i^  oixoviii-r  x(<i  x^xr/^ueOu  .  . .  s.  Nella  stessa  ma- 
niera  i  nostri  -npplicauti  dopo  1"  iutroduzione  generale  espongono  il 
loro  stato  ed  i  disordini  che  lo  disturbano  incominciando  come  gli 
Scaptopareni,  presentandosi  cioe  all'  imperatore  :  «  ywoiov  v^tisgöv 
i^ansr  .  . .  -.  Vediamo  che  1'  introduzioue  dei  due  libelli  e  comple- 
tamente uguale  perche  stereotipa  e  comuue  alle  suppliche  di  tale 
genere.  I  supplicanti  prima  di  venire  ai  fatti  attuali  accentuano  il 
contrasto  tra  il  comune  beuessere  dell'epoca  ed  il  loro  stato  deplo- 
revole. 

(')  Journal  of  Hell.  Studws  [Cities  and  Dishoprics)  8,  513:  "Opo/   Toi- 

inrjvüiv. 

{})  Geograjihy  p.  144  nota :  Usfrelo)  (cioe  Jd)  :iot]rior.  Soa  fu  uii  paese 
Santo  [legd  y.töut^)  aiipartenentc  al  V.svg  BttrsTo?  o  Btvrtvc. 


I,[BELI.O    DKl    COLON!    l/fN    l)E.M.\MO    IMPERIALE    IN    ASIA  211 

Sembra  che  la  letteu  E  alla  liiie  delhi  linea  (EXE)  sia  certa  ; 
bisogna  quindi  restituiro  im  vocal)olo  coininciando  con  ^'xe  , . ,  che 
regge  iin  genitivo  {[^(hyißeuK).  Non  c'e  altro  che  ax^'yyvog,  ammesso 
anche  dalleditore.  n'Extyyvoi  dti-atwq  ir  lovion;  n  corrisponde  be- 
nissimo  a  qiiel  che  aspettiamo  alla  tine  del  paragrafo.  « '£"1'  lov- 
joig  n  mostra  che  hanno  finita  la  fräse  d'  iiitrodu'zioue  diccndo  «  ed 
ecco  i  fatti  per  dimostrare  11  foudaineiito  della  iiostra  siipplica". 
'Extl^yyvoc']  fiiai  avendo  11  senso  dl  « garantire  qualche  cosa,  ri- 
spondere  di  qualche  cosa  "  cliiede  im  oggetto  uel  genitivo,  come 
p.  e.  rov  dixcd'ov  \  f';{i'[yyt'o<  ej'öf/<3»;cr£wc  n,  come  scrisse  l'editore, 
io  non  saprei  capii-e.  La  fräse,  secondo  la  mia  restituzione,  offre 
una  perfetta  analogia  all'  « tiroiiog  ixeciu  ^  dei  vicani  di  Scaptopa- 
rene.  Gli  Scaptopareni  dicono:  ^^  t'vroiior  heaCuv ..  TrQoaxoni^oi^ier  », 
gli  Aragiieni:  «  Usteiar  nQooäyoner  ixb[yyvoi  lov  dixuiov  ii]g  ös~\ri- 
G6(j)g  £f  rovToig  «  . 

(§  3)  Segne  la  terza  parte  del  documento  (Iin.  12-15):  l'espo- 
sizione  generale,  alla  quäle  segne  quella  dei  dettagli.  Pure  questa 
parte  si  ritrova  nel  libello  degli  Scaptopareni,  dove  si  hanno  le 
parole  ohoviier  —  iJQiccio.  Dicono  i  coloni  Aragueni :  ^  siamo  adetti 
al  tuo  demanio  {xo)Qioi)  e  costretti  a  ricorrere  al  tuo  soccorso  perche 
molestati  ed  oltraggiati  contra  ogni  diritto  da  parte  di  quelli  che 
invece  di  oltraggiarci  ci  dovrebbero  aiutare  " .  Nel  libello  di  Scapto- 
parene  quella  parte  generale  della  lagnanza  e  formulato  cosi :  «  Abi- 
tando  nel  vico  su  nominato  in  posizione  molto  favorevole,  prima 
abbiamo  potuto  vivere  senza  guai  e  contratempi,  ora  perö  dauneg- 
giati  da  questa  gente  siamo  ridotti  a  miseria " .  II  senso  generale 
della  fräse  che  introduce  le  lagnanze  speciali  e  completameute 
uguale  se  pure  in  quella  degli  Aragueni  si  e  accennato  alla  fortuna 
d'una  völta,  ciö  che  nelle  parole  leggibili  e  conservate  del  nuovo 
libello  non  si  trova.  Non  v'ha  nessun  dubbio  che  l'aggettivo  6X6- 
xX)]oog  {=  integer)  appartenga  a  questa  parte  della  fräse  :  hanno 
detto  i  coloni :  «  Siamo  vostro  paese  e  finora  siamo  rimasti  6X6- 
xhjQoi .  . » .  Con  tutto  ciö  perö  non  si  arriva  a  trovare  il  vocabolo 
(appartenente  a  oXoxhiQog)  del  quäle  soltanto  1' ultima  sillaba  -iiog 
e  conservata.  2siafi6g  proposto  dall' editore  e  infondato.  Che  cosa 
vuol  dire  oaiaiiog  6X6xXr^Qog'?  Pare  che  leditore  non  abbia  saputo 
che  cosa  voglia  dire  6X6xXi]Qog.  Siccome  6X6xXi^Qog  si  riferisce  alh» 
State  di  coloni  che  qui  si  dicono  ol  xai (ci^evyov jeg  le  parole  >-  .  .  ,'"»» 

IG 


24*2  A.    SCHULTEN 

oXöx'/.TQoc  1  devono  essere  im  uominativo  appartenente  al  predicato 
foiur  :  ^  ^looiov  fffat'v  \^.  .  x(d  .  r\inoc  6).6xh]Qoc '\  ecco  la  frase, 
per  la  quäle  ci  manca  im  sostantivo  che  convenga  pure  all'agget- 
tivo  oXöxh^Qoc.  Malgrado  tutte  le  eure,  io  non  sono  riuscito  a  sco- 
prirlo.  Basta  perö  che  il  seiiso  della  fräse  sia  stabilito  per  o/.6xh]Q0Cy 
il  quäle  ci  mostra  che  i  coloui  hanno  detto  qualclie  cosa  di  simile 
a  ciö  che  hanno  detto  gli  Scaptopareni  col  loro  «  uöyhjai  xcci  uöiü- 
Gfiatoi  -,  .  .  .  reröneroi  xig  viititQuc  .  .  ho  creduto  dover  supplire 
aggiungendo  [ßor^Osiag  fid^ng'].  La  restituzione  della  linea  14  e 
facile.  In  riguardo  del  precedente  «  7r«o«  td  ciÄoyor  -  ho  scritto 
u  ijxKTicc  udixely  »  ;  /r»;  cidixiTv  sarebbe  troppo  tiacco.  Invece  di 
oi^i'/.H  la  siutassi  chiederebbe  piuttosto  «  «r  wg^/f  i,  ma  il  lin- 
guaggio  dei  poveri  coloni  e  lontauo  dall' essere  elegante. 

(§  4)  Con  «  iitaöyeiot  ydg  . . .  r,  comincia  il  racconto  dei  det- 
tagli  che  formano  1'  oggetto  della  lagnanza.  Dicono  gli  Aragueni : 
n  fieffoytioi  Tvyyr^icvovteg  {=oviec)  .  .  \_Tiüo~\'/^()Hir  lU.XöiQiccn  x.  r.X. 
Per  intendere  la  fräse  bisogna  decidere  se  fitGÖyeioi  Tvy/^üvovieg 
sia  detto  in  senso  concessivo  ovvero  causale,  cioe  se  i  coloni  dicona 
che  sono  stati  maltrattati  perche  ossia  beiichc  posti  nel  luffoytiro. 
Se  la  fräse  «  ß^aoyeiot  xvyyiürovTtq  n  significa  xcdnsQ-ivyxdrovTec^ 
bisogna  restituire  p.  e.  la  fräse  cosi :  « fif-ooyfrwi  rvyyürovTtc  xcd 
."KJ^^  .T«o«  GTOuTc'cl^Qyrov  /n^'ff  7TC(o'  dXXov  Tirog  TKjyrrors  ri  na- 
tiorreg  vvv  nda^xofxtv  (D.XötQiu  .  .  .  » .  Se  perö  il  iieaöyaioi  riy^ce- 
roiTsg  vuol  dire  a  e7rei6i]  luGÖyeioi  ^{'/^«»'oj'rf c  " ,  si  potrebbe  re- 
stituire come  segne  :  «  M^aöyi-ioi  yuq  TvyydrorTeg  xai  tirje  nagcc 
aiQC(xc<.\_oy()v . . .  ßoi^f)oiiixtvoi~\  nüGyoiur  ...■».  Per  veder  quäle  delle 
due  restituzioni  sia  preferibile  bisogna  stabilire  che  cosa  voglia  dire 
{.ifcoyeiog.  Mhüayt^ioi  (ossia  ntcöyccioi)  sono  quelli  che  abitauo  nel 
centro,  nell'  interno  d'  uu  territorio,  che  nel  nostro  caso  e  la  pro- 
yincia  dell'Asia.  Ma  il  vocabolo  ha  un  senso  non  puramente  geo- 
gratlco.  Poiche  i  coloni  si  lagnano  dessere  stati  inqtiietati  da  gente 
che  scostandosi  dalle  strade  maestre  s'erano  introdotti  nel  demanio, 
inaöynog  m\  pare  che  signitichi  -  lontani  dalla  strada  •'  e  si  debba 
spiegare  cosi,  che  i  coloni  abbiano  voluto  dire  che  nonostante  quella 
posizione  nascosta  sono  stati  molestati  da  parte  di  truppe  in  marcia 
sulla  strada  maestra.  Mi-aöynog  ha  dunque  qui  un  senso  traslato 
e  significa  « lontano  dalle  strade  -^ .  laddove  il  senso  primitivo  e 
« lontano  dai  limiti-.  Stabilito  questo,  diventa   chiaro  che   /acd- 


LIBELI-0    DEI    COI.ONI    u't.'N    DEMAMO    I.MI'EKIAI.E    IN    ASIA  243 

yeioi  TVYxcei'oiifc  e  detto  in  senso  concessivo,  cioe  «  nono-.tante  la 
nostra  posizione  lontnna  dalle  strade^.  Ne  risulta  pure  il  supple- 
mento  della  fine  della  liuea  15.  I  coloni  devono  aver  detto  che  in 
qiiella  posizione  pinttosto  nascosta  non  erano  stati  mai  molestati. 
Siccome  in  STRATA.  pare  che  Tnltiina  A  sia  certa,  l'editoie  avrä 
scritto  con  ragione  (rioaic(\^()yoi>'],  dinindoche  tutta  la  fräse  si  debba 
ricostruire  cosi:  ^  benche  per  la  nostra  posizione  remota  dalle  strade 
di  comunicazione  non  siamo  stati  raai  infestati  da  un  comandante 
di  truppe . . .  ora  siamo  ridotti  in  istato  perfettamente  contrario  alla 
felicitä  del  vostro  regno  ".  K  probabile  che  qui  la  fräse  sia  termi- 
nata  e  che  adesso  cominci  finalmente  il  racconto  dei  dettagli,  dopo 
tutti  quei  preludi  intorno  alle  stato  delle  cose  quäle  avrebbe  do- 
vuto  essere  e  quäle  era  di  fatto.  Soggetto  alla  fräse  che  segue  sono 
u  Ol  tö  'AKTtiavcor  xAr^tt«, . . . " .  Siccome  si  tratta  di  gente  lixuTa- 
XifiTtuvovzec  rag  Xewcfogovc  ö^ßoi'g^  «  e  evidente  che  si  deve  sup- 
plire  non  xaTomovrvfc  ovvero  altro  vocabolo  per  significare  un  sog- 
giorno  o  domicilio,  ma  un  A'ocabolo  esprimente  un  movimento  conoe 
«  \oi  TtffKfSävTeg  f/cj  xo  ^A.  xXTnct  « ,  perche  quelle  persone  si  allon- 
tanavano  dalle  strade  attraversando  il  demanio.  Inoltre  non  saprei 
spiegarmi  che  cosa  della  gente  abitante  nel  xA^m  'Anniavmr  abbia 
potuto  avere  a  fare  sulla  strada  che  traversava  il  demanio  di  Ara- 
guene.  JE  dunque  chiaro  che  i  coloni  si  lagnano  di  persone  che,  in 
cammino  sulla  strada  pubblica  ed  obbligate  a  rimanere  nei  limiti 
della  strada,  si  siano  sviati  per  le  campagne  vicine  alla  strada,  dove 
non  avevano  nessun  diritto  d'  itus^  actus.  Perciö  ho  scritto  :  [0/ 
7T€fi(fdsvTfg  elg^  ro  A.  xlTiicc.  To  lArrTtiaiiöv  xXTna  e  il  territorio 
della  cittä  ^Annia  ovvero  Aniu  (v.  Cities  p.  597  not.  3).  Pare  che 
ne  esistano  monete  (AmtcrJn').  Apia  era  situata  sulla  strada  Filadel- 
fia-Cotiaeum  tra  l'ultima  stazione  e  Acmonia  (v.  Cities  p.  588  not.). 
Poiche  il  demanio  d'Araguene  si  trovava  a  Sud  di  Appia  (v.  Jour- 
nal of  Hell.  Studies  1897  p.  421)  la  gente  che  andando  a  Apia 
molestava  gli  Aragueni  veniva  dal  Sud.  K).Tt^ia  =  territorio,  sezione, 
appartiene  alla  bassa  epoca  della  lingua  greca  (v.  Ducange,  Gloss. 
ad  scriptores  mediae  et  inßmae  graecitatis  s.  v.).  Pare  che  il 
termine,  CIL,  III,  7004  (v.  sopra),  si  sia  trovato  sul  confine  tra 
Appia  ed  il  demanio. 

Resta  a  defiinire  a  che  classe  appartenevauo   quei   prepotenti 
che  malmenavano  i  coloni.  Poiche  nella  prossima  linea  sono  nomi- 


•_>J4  A.    SCliri.TEX 

uati  [ö-/o«J//(öiY«  potrebbe  parere  che  quel  vocabolo  si  riferisca 
alle  parole  precedenti;  perö  quesfe  poco  probabile,  dovendo  allora 
il  soggetto  aioancöica  essere  posto  al  principio  della  fräse  («0/ 
(TrouTuÖTcd  Ol  m-acfOiVTi-g  tic  t6  'A.  zA'/j«,  naQaXniTT((rorifc...y<, 
Kvvero  '  o'i  TTtiK^Oiriitc  i-ig  tö  A.  xXTfiu  criQaiuoica  .  .  .  y>).  Pare 
(juiudi  che  si  tratti  di  un'altra  categoria  di  persone,  e  che  i  «  aiga- 
inöicci  xfci  dvvicaiaiT  apparteugano  ad  ima  niiova  fräse  e  foriiiiuo 
im'altm  classe  di  ingiurianti.  Perciö  ho  scritto:  nQoakii  dt...  Oltre 
ai  militari  ed  ai  övräoiai  pare  che  siano  stati  noniinati  altri  indi- 
vidui.  Sieche  iu  tutta  quella  parte  dell'  iscrizione  si  tratta  di  per- 
sone che  venendo  da  fuori  molestano  gli  Aragueui.  .  .  m'ifQoi  si 
dovrä  restituire  nou  in  [^rßiitt^Qot  ma  in  l^v^fitK-Qoi. 

Poiche  i  KaiactQiuvoC  sono  menzionati  nella  linea  30  come 
autori  di  danni,  ho  creduto  di  dover  supplirli  pure  nella  linea  18 
scriveudo  :  \_Kiaauqiaiol  v^it'r^Qoi.  I  Kaiaagiavoi  =  Caesariaiii 
sono  gli  impiegati  del  iisco  ben  noti  dallo  fouti  giiiridiche  come 
prepotenti  di  prima  categoria  in  dauno  dei  collatores  (v.  Gotho- 
fredo  a  Cod.  Tkeod.  X,  7  <i  de  Caesarianis  " ,  e  Ducange,  Glosmrio). 
Ne  parla  giä  Arriano  {Epictet.  III,  24,  117  Schenk!)  chiamandoli 
«  TVQavvof » .  Abbiamo  dimqiie  tre  generi  di  persone  colpevoli  di 
prepotenze  contro  i  coloni :  militari,  d'vvdffiai,  Kataitgiavoi.  I  mi- 
litari devono  essere  stati  in  marcia  per  qualche  attare,  e  strada 
facendo  aver  eseguito  nel  demauio  di  Tembrion  quegli  atti  ingiii- 
riosi  contro  i  coloni.  Dovremmo  meglio  conoscere  la  storia  interna 
della  provincia  d'Asia  in  quell'epoca  per  sapere  perche  quelle  truppe 
siano  state  mandate. 

Di  prepotenze  militari  contro  la  plebe  rustica  parlano  spesso 
le  fonti  giuridiche,  p.  e.  L.  5  C.  11,  Gl  (•),  L.  11  C.  12,  35  ('). 
L.  18  §  5  eod.  tit.,  Nov.  130  {ttsqX  naoödov  aroancoioh').  Perö 
la  migliore  analogia  ci  fornisce,  come  per  tutta  1'  iscrizione,  cosi 
pure  per  questo  punto  il  libello  di  Scaptoparene  col  suo  racconto 
intorno  ai  militari  che  «  «/A«xor  Trf/jgötrrfc  "  sbandati  {xmaXiii- 


(')  «  Prata  provinciulium  nostrorum  et  praecipue  rei  privatae  nostrae 
pemiciosum  est  militum  molestia  fatif/ariv. 

(2)  u  Tribani  vel  milites  nullum  evag andi  per  possessio7ies  hn- 
hennt  facuUatem-n.  Eoacjari  corrisponde  perfettainente  al  u  xcrtcXtuTiayeir  nlg 

/if)oi'C  ». 


LIBEl.I.O    UEI    COI.ONI    d'iN    DEMAMO    IMI'K.KIAI.E    IN    ASIA.  24.J 

nurovTsg  T«g  löCccg  u6oi'c)  forzano  i  coloui  a  prestare  loro  quartiere 

e  vitto. 

La  seconda  categoria  sono  i  «  Swcicfica  röiv  TrcotyoyToyv  xai« 
rr]v  nöhvy.  Pure  per  questo  vocabolo  si  trova  la  spiegazione  nelle 
fonti  giuridiche  dell'epoca  bassa ;  sono  detti  övvuaica  ovvero  <h- 
vaxoi  i  membri  della  classe  doniinaute  :  i  grandi  proprietär!,  i  ma- 
gistrati  ecc.  (v.  Zachariae  v.  Lingenthal,  Gesch.  d.  grieclmch-rö- 
mischen  Rechts  p.  265).  L'aggiunta  «  rwr  n^ov^örron'  xcnd  /*>' 
Ttöhr  r,  distingue  quei  Srrüa^ai  quali  grandi  personaggi  munici- 
pali  dalle  altre  categorie.  La  cittä  alla  quäle  appartenevano  questi 
^i'vaaiat  puö  essere  Appia;  perö  non  si  capisce  come  i  « signori  « 
di  Appia  abbiano  potuto  essere  in  viaggio  verso  Appia,  come  se- 
guirebbe  dalla  restituzione  proposta.  Si  vede  che  non  si  arriva  a 
risultati  perfettamente  soddisfacenti. 

I  coloni  di  Tembrion  si  lamentano'd' essere  stati  distiu-bati  nei 
loro  lavori  rustici  {köv  i-'oyo)v  ?;u«c  affiaTdvxfc).  Fnrono  pure  for- 
zati  dalle  persone  sunnominate  gli  «>or^?^c;  pare  che  si  tratti  di 
servizi  chiesti  a  questa  gente  da  parte  degli  invasori.  Saranno  da 
intendere  oj)era  et  jiorja,  i  quali  servizi  formano  pure  l'oggetto  di 
lagnanza  nel  libello  dei  coloni  Burunitani,  perche  chieste  dai  con- 
cluctores  sallus  Biirunüanl  oltre  il  uumero  stabilito  uello  sta- 
tuto  del  demanio.  La  colpa  della  terza  classe  dei  prepotenti:  dei 
KcaaaQtavui  deve  essere  stata  quella  di  aver  cospirato  coi  militari 
e  dwctüTai  in  danno  dei  coloni  invece  di  difenderli  coutro  quelle 
prepotenze.  «  nuQaTTQäaaoitfg  [/ «  ,«>;  «^f/]/o,'«f )«  «vroTc  «  si  rife- 
risce  ai  servizi  e  lavori  chiesti  contro  ogni  diritto. 

E  affatto  lo  stesso  TraQanQäGaeiv  l'oggetto  del  libello  degli 
Scaptopareni  i  quali  dicono :  >^  .  .  oi  arotcmöiai  dUccxov  tti-^itto- 
^uvoi  xcciahii:ucrovr^g  rag  hh'ac  d^oic  ttqoc  »;/t«c  Traoaynoi'- 
Tca  xm..  xartTiHyovGiv  nuQt'xHV  avioTc  rck  'it-viug  x(a  nc  tm- 
CTqöi-lci  y . 

Segue  al  racconto  dei  coutratempi  sofferti  la  costatazione  che 
tutto  questo  malanno  si  sia  fatto  contro  i  diritti  dei  coloni  garan- 
titi  dair  imperatore  Filippo  quando  tu  ^'-rfa>x'>c.  cioe  p-aefeclu^s 
praetorio  (lin.  22  seg.).  Si  riferiscono  specialmente  ad  un  rescritto 
e  lo  lanno  seguire  verbalmente.  Quel  rescritto  risponde  ad  un  libello 
dei  coloni  contenente  lagnanze  simili  a  quelle  che  formano  loggetta 
del  nuovo  libello. 


■24»;  A.    SCIIILTEN 

Cosi  i  coloni  Scaptopareni  pure  ricorrono  a  decreti  dati  in  loro 
favore  dai  goveruatori  della  proviucia  della  Moesia,  corrispondenti 
alle  norme  stabilite  dall'  imperatore  (').  L'  imperatore  M.  Julius 
Philippus  fu  nominato  irraefectus  praetorio  da  Gordiano  III  dopo 
la  morte  di  Timisiteo  nell'anno  244  (v.  Clinton,  Fasti  Romani  I 
p.  260).  Intorno  alla  giurisdizione  ^^\  irraefecti  praetorio  («  f/r^c- 
yoi »  V.  Mommsen,  Staatsrecht  \l\  p.  860)  posso  riferirmi  a  quelle 
che  ha  esposto  il  eh.  Mommsen  {Staatsrecht  ir\  p.  1120  seg).  Per 
la  formula  -  öitTreir  r>;j'  enao/ov  \j'iovaiCir~\  ^  si  puö  paragonare  la 
fräse  analoga  öioixtTv  T7]y  €.  e^oraiai'  che  si  trova  in  im'  iscrizione 
pubblicata  nel  ßtdl.  de  Corresp.  hell.  1887  p.  351.  'Eittiayiiüi]  cor- 
risponde  al  latino  referre  ia,  fräse  tecnica  per  sigaiücare  1'  iscrizione 
dei  rescritti  imperial!  nei  commeiitarii  {vTruixi-jitctTu),  v.  Mommsen, 
Staatsrecht  IP,  p.  907,  e  Brissonius,  de  formtdis  p.  291.  Bizarro 
e  il  verbo  xivtTv  uella  fräse  «  otkoc  rrtq]  tovtwv  ixivrßr^  aov  i] 
\_uvTiYQC((fi]'\  -  io  neu  trovo  altro  esempio  di  quell'uso,  o  meglio 
abuso,  di  xirtTr.  Nella  linea  26  1'  editore  corregge  D////TIVIS  in 
d.\ji(}ti[_/iys ;  rai  pare  perö  che  sarä  meglio  scrivere  ö?[m]//M[L«J]5. 

Neil" ultima  parte  del  loro  libello  (liu.  27  seg.)  i  coloni  dicono 
che,  nouostante  questi  rescritti  favorevoli  essendo  stati  maltrattati 
dalle  persone  sopra  nominate  e  specialmente  dai  Kaiaaoiavof,  si 
rivolgODO  di  nuovo  all'  imperatore.  Come  gli  Scaptopareni  parlano 
della  loro  idiomkc  (.  .  r/;c  idtoniccc  j},«wi'  xceTctcfoovovvr&g  p.  247) 
ed  i  Burunitani  si  chiamano  ^  homines  rustici  ^  (lin.  19)  e  *  ru- 
stiel  tut  vernulae  »  (lin.  28),  cosi  i  nostri  supplicanti  dicono  di  aver 
sofferto  tutto  questo  perche  i  prepotenti  sfruttavano  la  loro  dyooixia 
(=  rusticitas).  Si  rede  che  fino  al  piü  piccolo  dettaglio  lo  stile 
di  tali  suppliche  era  schematico. 

Descrivono  poi  lo  stato  deplorevole  nel  quäle  sono  ridotti  per 
quelle  prepotenze : .  . .  (rxtaOca  si  deve  restituire  in  \jTi7TQ('c']axf-(jbc(i, 
il  quäle  vocabolo  si  riferisce  alle  vendite  eseguite  dai  haiaa^iavoi 
in  danno  della  proprietä  dei  coloni.  E  probabile  che  l'oggetto  di 
quelle  vendite  sia  stato  la  raccolta  dei  coloni.  Come  i  loro  fratelli  di 
Scaptoparene  i  nostri  coloni  deplorano  che  i  loro  paesi  siano  rimasti 
abbandonati  dagli  abitauti  in  conseguenza  defjli  atti  di  violenza. 


Cj  "  . .  ä'eri'/oMf//  toig  r,ytu6ai  xrjg  BQÜxrjg,  o'ixiveg  dxo'/.oi'Öcjg  rntg  f-.eUttg 
ft'io'/.u7g  {==^  secundum  sacra  maacJata)  ty.tXevam'  ((o^'/.TJiovg  tjjjtig  eip(un. 


I.IIIKLLO    DEI    fOLONI    I)  ('N    DEMAMO    IMPKHIAI.K    IN    ASIA  247 

II  resto  del  libello,  dalla  linea  82,  e  completainente  illeggibile, 
ma  cli  certo  vi  fu  scritto  :  «  per  qiiesto  ci  rivolgiamo  di  iiuovo  a 
te,  Cesare,  implorando  il  tuo  aiiito  cootro  i  iiostri  iiemici  ed  op- 
pressori » . 

Giunto  alla  tiue  del  imovo  documento  riguardante  i  coloni  dei 
saltiis,  Uli  resta  a  dire  che  esso  e  ima  nuova  prova  della  miseria 
nella  quäle  si  trovava  la  plebe  agricola  del  basso  inipero  e  che  tra 
tanti  altri  motivi  fu  uria  causa  assai  importaute  della  debäcle.  Si 
avvicina  questo  libello  dei  coloni  Aragueni  il  piü  vicino  possibile 
a  quelle  dei  vicani  Scaptopareui  e  airepistola  dell'  imperatore  Giu- 
stino  II  che  difende  i  coloni  ed  adscripticii  delle  possessioni  ap- 
parteueiiti  alToratorio  di  S.  Giovanni.  I  priucipali  colpevoli  sono  in 
tutti  e  tre  i  documenti  i  militari  che  passando  per  il  territorio  dei 
üupplicanti  si  permettevano  ogni  genere  di  prepotenze  e  che,  come 
risulta  dal  nuovo  documento,  erano  aiutati  nel  loro  comportamento 
illegale  dai  funzionari  stessi  dell' imperatore  {u.  KaiaaQiavoi  y). 
Questo  e  il  punto  pel  quäle  la  nuova  iscrizione  si  avvicina  a  quella 
dei  coloni  Burunitani,  perche  anche  in  Africa  le  prepotenze  in 
danno  dei  coloni  imperiali,  fatte  dai  conducloreSj  trovavano  l'ap- 
poggio  dei  funzionari  imperiali,  dei  iwocuratores  saltus. 

A.  Schulten. 


MONTE    CAVALLO. 

(Tafel   \IIIj 


In  den  Jahiimnclerten  des  aiisgelieuden  Mittelalters  gab  es  in 
Rom  zwei  Stätten,  au  denen  grössere  Mengen  antiker  Bildwerke, 
nachdem  sie  die  Verheerungen  und  Verschüttungen  barbarischer 
Zeiten  glücklich  überdauert,  eine  Unterkunft  gefunden  hatten.  Der 
Palast  und  die  Kirche  des  Laterans  beherbergten  unter  ihrem 
Schutz  eine  Anzahl  eherner  Werke.  Auf  den  von  de  Rossi  heraus- 
gegebenen alten  Stadtplänen  fehlt  nicht  leicht  der  sagenumwobene 
gran  vUlano  (') ;  in  dem  ältesten,  dem  der  Zustand  des  dreizehn- 
ten Jahrhunderts  zu  Grunde  liegt,  sind  auch  der  Kolossalkopf  und 
die  Hand  (-)  hinzugefügt.  Die  ehrwürdige  Wölfin,  noch  ohne  die 
Zwillinge,  war  allmählich  aus  dem  Inneren  des  Palastes,  wo  sie  als 
Symbol  der  Gerichtsstätte  gedient  hatte,  aussen  an  den  Thurm  über- 
gesiedelt, von  wo  sie  auf  den  weiten  Platz  herabschaute  {^).  Irgendwo 
im  Innern  werden  der  Marzo  della  sjiina  {^)  und  der  Camillus,  die 
sog.  zinfjara  (^),  geborgen  gewesen  sein.  Endlich  vervollständigten 

(1)  Stevenson,  Annoli  1877  S.  373  ff.  De  Rossi,  Bull,  comun.  188C  S.  348  ff. 
Löhr,  Eranos   Vindoh.  S.  56  ff. 

(«)  De  Rossi,  Plante  di  Roma  Taf.  1.  Stevenson  a.  a.  0.  S.  381  f.  Ueber 
die  palla  Sansonis  s.  Maes,  Cracas  1891. 

(3)  Infessura  ed.  Tommasini  Taf.  3.  Stevenson  a.  a.  0.  S.  375  ff.  Der 
Platz,  den  die  Wölfin  im  J.  1471  zunächst  über  dem  Eingang  des  Conserva- 
torenpalastes  erhielt  (Mitth.  1891  S.  llj,  erinnert  an  jene  Aufstellung  am  La- 
teransthurm. 

(*)  Die  richtige  Erklärung  des  Namens  Marzo  gibt  Aldenhoven,  die  Na- 
tion, XIII,  189.5-C,  S.  173;  in  vielen  Reliefs  mit  Monatsbildern  aus  dem  Mit- 
telalter wird  der  März  so  dargestellt,  weil  nel  marzo  0(jni  villan  va  scarzo. 

(s)  Vgl.  Mittheil.  1891  S.  14  f.  A.  Fulvius,  Antiquaria  f.  E  IV  erkennt 
richtig  den  Knaben :  pubertate  pari  iuvenes,  alterque  togatus  Stansque  pero- 
ranti  similis,  suhlatus  ad  auras ;  Altera  forma  sedens  (der  Dornauszieher). 


A.    MICHAELIS,    MONTE    CAVAI.I.o  249 

ein  paai-  marmorne  Löwen,  die  tViilier  auf  niedrigen  Säulen  neben 
der  Ueiterstatue,  später  vor  der  Tliür  der  Kirche  lagen  ("),  diese 
werthvolle  Antikensammluug.  Bekanntlich  kamen  die  Erzwerke 
sämmtlich  1471  durch  Schenkung  Sixtus  IV  auf  das  Capitol,  wo 
sie  den  Kern  des  ältesten  städtischen  Museums  bildeten  ("). 

Die  zweite  Sammlung  von  Antiken  nahm  den  westlichen  Vor- 
sprung des  quirinalischen  Hügels  ein,  der  gegen  den  Campus 
und  den  Vicus  longus  steil  abfällt.  Sie  umfasste  ausschliesslich  Mar- 
morwerke, zum  Theil  von  ungewöhnlicher  Grösse.  Den  Mittelpunkt 
dieser  Monumeuteugruppe  bildeten  die  kolossalen  liossebändi- 
ger  auf  ihrem  plumpen  Unterbau  mit  den  Inschriften  opus  Fidiae 
und  opus  Praxitelis.  Ihre  Grösse,  ihre  stattliche  Erscheinung,  ihre 
im  ganzen  vortreffliche  Erhaltung  (hatte  doch  das  eine  Pferd  sogar 
sein  rechtes  Vorderbein  vollständig  bewahrt)  mussten  sie  als  ein 
wahres  Wunder  erscheinen  lassen  und  sie  zu  den  populärsten  Denk- 
mälern des  mittelalterlichen  liom  machen.  Die  alten  Stadtpläne 
übergehen  sie  nicht  leicht.  Schon  der  dem  Einsiedler  Itinerar  zu 
Grunde  liegende  Plan  aus  der  Zeit  Karls  des  Grossen  wies  die 
cavalii  marmorei  reclits  von  der  Strasse  von  der  Porta  Numentana 
zum  Forum  auf(^);  die  späteren  Pläne  bilden  sie  ab,  einmal  mit 
der  Beischrift  moute  et  cavalii  marmorei  {^).  Auch  die  Mirabilien 
knüpften  ihre  Sage  von  den  weisen  Jünglingen  Praxitelus  und  Fidia 
und  deren  symbolische  Deutung  an  die  caballi  marmorei.  Aber  in 
der  üeberschrift  dieses  Abschnittes  (^■^)  erscheint  die  Singular  form  : 
iliiare  [actus  est  caballus  marmoreus.  Dies  entspricht  dem  stehen- 
den volkstümlichen  Gebrauch  des  späteren  Mittelalters,  der  die  ganze 
Doppelgruppe  als  caballus  zusammenfasste.  Daher  der  Name  Monte 
Cavallo,  der  den  alten  Namen  des  Quirinals  so  vollständig  verdrängte, 
dass  Flavio  Biondo  den  Quirinal  für  den  Esquilin  erklären  konnte. 
Dahei-  die  CO  dt  rata  caballi  oder  7^egio  equi  marmorei  {^^);  daher 

(6)  Heemskerck  I,  71  (Ges.  Studien  für  A.  Springer;  Tafel  zu  S.  228  f.T. 
Springer].  Lanciani,  Ruins  S.  345).  Aldrovandi  S.  313  f. 
(')  Michaelis,  Mitth.  1801  S.  12  if. 

(8)  Jordan,  Topogr.  II,  649.  S.  Lancianis  Recnstruction  des  Stadtplanes 
in  den  3fon.  ant.  dei  Lincei  I  zu  S.  551. 

(9)  De  Rossi,  Plante  Taf.  2,  2. 

(10)  Kap.  14.  Jordan  II,  619. 

(11)  Adinolfi,  Roma  neWetä  di  mezzo  II,  2533.  3252.  Armellini,  Chiese 
dl  Roma-^  S.  286.  Gregorovius,  Gesch.  d.  Stadt  Rom  IIP,  524«. 


250  A.    MICHAELIS 

der  Beiname  eines  der  Crescentier,  die  im  zehnten  Jahrhundert 
eine  so  grosse  Rolle  in  der  Stadtgeschichte  spielten,  und  so  man- 
cher anderen  hier  angesessenen  Bürger  a  caballo  marmoreo  (•-); 
daher  die  Namen  der  benachbarten,  theihveise  sehr  alten  Kirchen 
—  S.  Andrea  und  S.  Agata  oberhalb  C-^),  S.  Saturnino  neben  ('^), 
S.  Salvatore  und  S.  Stefano  unterhalb  der  Gruppe  ('"')  —  regelmässig 
de  caballo,  de  caballo  marmoreo,  de  equo  marmoreo,  nur  Vereinzelt 
einmal  de  caballis  oder  de  caballis  [equis)  marmoreis.  Auch  in  Si- 
gnorilis  Inschriftensammlung  ist  vom  locus  caballi,  lovium  ca- 
balll  (""')  die  Kede.  Ganz  vereinzelt  kommt  daneben  im  elften  Jahr- 
hundert der  Ausdruck  locus  qui  dicitur  opus  Praxilelis  vor,  doch 
rührt  er  von  einem  litterarisch  gebildeten  Nichtrömer  her('");  sonst 
treten  die  Künstlernamen  erst  in  der  Zeit  der  Renaissance  wieder 
auf  ('^).  z.  B.  auf  dem  Stadtbilde  Alessandro  Strozzis  vom  Jahre  1474, 


(>2)  Ueber  Crescenzo  a  cah.  marm.  s.  Adinolfi  II,  258.  Reumont,  Gesch. 
d.  Stadt  Rom  II,  1,  293.  Gregorovius  IIP,  373  ff.,  wo  andere  Männer  dieses 
Beinamens  aus  dem  11.-13.  Jh.  angeführt  -werden  (S.  375') 

(•3)  Armellinii  S.  184  (S.  Andrea  a  klonte  Cavallo  noch  heute  an  der  Via 
del  Quirinale  und  2  S.  201  (wo  aber  nacli  Hülsen  S.  Ay.  de  caballo  mit  S.  Aj. 
de  Subura  vermengt  wird). 

(}*)  Sub  ymaginibus  caballi  marmorei.  Armellini^  S.  286  f.  Adinolfi  II,  259. 
Lanciani,  Bull,  comun.  1894  S.  104^.  Fabricius,  Roma,  1551,  S.  31  spricht 
von  den  Kolossen  prope  aedera  S.  Saturnini.  Hiernach  möchte  man  an  die  kleine 
Kapelle  denken,  die  Bufalinis  Plan  (s.  unten  Fig.  1)  an  der  via  de  Corneliis 
aufweist.  Der  Cardinal  Olivieri  Carafa  (Anm.  91)  restaurierte  sie. 

(15)  Armellinii  S.  182  (Adinolfi  II,  253.  Lanciani  a.  a.  0.  S.  102  f.)  und  2 
S.  264. 

(16)  De  Rossi,  Prime  raccolte  S.  45.  C.  I.  L.  VI,  1148. 

(!'')  Benzo,  Biscliof  von  Alba,  ad  Heinricum  IV,  in  den  Mon.  German., 
SS.  XI,  621 :  posuerunt  se  in  insidiis  ad  locum  q.  d.  0.  P. 

(18)  Petrarca,  epp.  famil.  VI,  2  an  Gio.  Colonna:  hoc  Praxitelis  Phidiae- 
ijue  extans  in  lapide  tot  iam  saeculis  de  ingcnio  et  arte  certamen.  .\uch 
Fazio  degli  überti  im  Dittamondo  II.  31  (um  1300)  spielt  auf  die  Inschriften 
an  :  vedi  i  cavai  di  marmo,  e  vedi  i  due  Che  gV  intaf/liaro,  appunto  rome  leggi 
(vgl.  Jordan  II,  391).  Er  sieht  also  darin  nicht  mehr,  wie  die  Mirabilien,  die 
Namen  der  Dargesi eilten,  sondern  die  der  Künstler;  anders  allerdings  nach 
der  Lesurt  des  zweiten  Verses  in  einer  Turiner  Hau'Ischrift  bei  A.  Graf,  Roma 
nella  memoria  del  medio  eco  I,  1-12:  Nudi,  che  'ndivinar  come  tu  leggi. 
1375  schrieb  Giov.  Dondi  die  Inschriften  ab  (s.  u.  Anm.  87),  und  1467  sang 
ein  namenloser  Dichter  über  den  Quirinal :  inspiciens  circum  thermas  post 
tcrga  rdiqui,  Quarum  reliquiae  praecipitare  parant.   Quadrupedes  Phidiae 


MONTE    CAVALLO 


251 


das  deutlich  die  Spiireu  voo  Biondos  Forschung  aufweist  ('^).  Von 
Biondo  rührt  auch  die  lange  Zeit  geltende  Identificierung  der  Gruppe 
mit  dem  equus  (oder  den  equi)  Tiridatis  rec/is  Armeniorum  her, 
den  die  alten  Regionenverzeichnissc  nennen,  aber  in  der  siebenten 
Region,  während  der  Qnirinal  zur  sechsten  gehörte  (-"). 

Den  Standort  der  Kolossalgruppe  gibt  Bufalinis  Plan  (Fig.  1) 


,  »  •  •  o 

.  •  •  •  °    „ 
aaa 


Fig.  1.  Aus  Bufalinis  Stadtplan  {1551). 


laceros  comitisque  videbam :  Amborum  tantum  scripta  retusta  manent  (E. 
Müntz  in  den  MÜanges  de  Rossi,  1892;  S.  140).  Aehnlich  auch  noch  der  Pro- 
spettivo  milanese  [Atti  dei  Lincei  1875-7G,  II,  iir,  3)  Str.  11:  ove  de  serpen- 
tino,  marmo  e  ckreta,  Di  porfido,  alabastro  et  altre  gemme,  Di  man  di  Phidia 
(e)  Praxitele  leta  [12]  Sonci  doi  gran  colos''  (etwa  cavaV  ?)  ambedo  insieme, 
Con  doi  a  piedi  che  lor  freu  tenea,  Che  son  perfecti  e  de  graiidez"  extreme. 

(19)  De  Bossi,  Piante  Taf.  4.  Zu  den  Benennungen  {palazzo  di  Cornelio, 
turre  Mecenatica)  vgl.  Biondo,  Roma  instaur.  I,  97.  100.  Biondos  Buch  ward 
1446  vollendet,  s.  Voigt,  Wiederbelebung  d.  class.  Alterth.  W,  5043. 

(2'^)  Jordan  II,  551 ;  die  bessere  Ueberlieferung,  im  Curiosum,  gibt  den 


252  A.    MICHAELIS 

an  (-').  Durch  die  sog.  via   CoraeUoriini,  die  eiiiigerraassen  dem 
imteren  Tlieil  der  heutigen  Via  del  Quirinale  entspricht  und,  wie 

Nachgrabungen  gezeigt  haben,  einem 
antiken  Strassenzuge  folgt  (--),  wurde 
sie  von  den  Constantinsthermen  ge- 
trennt. Vor  den  Rossen  kennen  die 
Mirabilien  die  Statue  einer  sitzenden 
s  c  h 1 a  n  g  e  n  u  m  w  u  n  d  e  n  e  n  Frau 
mit  einer  .Schale  oder  einem  Becken 
iconca)  davor  (-3).  Die  späteren  Be- 
schreibungen erwähnen  sie  nicht  mehr, 
daher  sie  früh  verschwunden  zu  sein 
scheint,  ähnlich  wie  der  kleine  gefan- 
gene Barbar  unter  dem  gehobenen  Huf 
des  ehernen  Marcaurel  (-'*).  Sonst 
möchte  man  an  die  überlebensgrosse 
giustiuianische  Hygieia  (-'^)  denken 
mit  ihrer  riesigen  Schlange  und  der 
Schale  in  der  Linken,  deren  starke  Ergänzungen  sich  durch  eine  jahr- 
hundertelange Aufstellung  an  einem  sehr  exponierten  Platze  leicht 
erklären  würden.  Sie  erscheint  als  besonders  geeignet  mittelalterliche 
Gemüther  zu  fesseln  und  zu  allegorischen  Deutungen  zu  reizen. 

In  noch  näherer  Verbindung  mit  den  Rosselenkern  und  ihrer 
Basis  standen  vier  Statuen  Constantins  und  seines  gleich- 
namigen Sohnes,  die  das  Dach  einer  vermuthlich  an  die  grosse 
Basis  angelehnten  Halle  trugen.  Das  lovlum  caballi  erwähnt  schon 


Singular.  Der  Zusatz  aenei  erscheint    erst    im    sog.  P.  Victor  {Urlichs,  Cod. 
topofjr.  S.  37). 

(21)  Bufalinis  Plan  ward  am  26.  Mai  1551  herausgegeben';  Bufalini  starb 
1552.  S.  Bertolotti  in  Goris  Arrh.  stör.  d.  prov.  di  Roma  IV,  157  und  in 
seinem  Artisti  veneti  in  Roma  S.  40  f. 

(")  Vgl.  Lanciani,  Forma  U.  R.  Bl.  16. 

(*3)  Mirab.  Kap.  14:  ante  cabaUos  femina  serpentibus  circumdata  sedet 
habens  concar/i  ante  se  ;  sie  wird  auf  die  Kirche  gedeutet. 

(2*)  Löhr  im  Eranos   Vindob.  S.  56  ff. 

(25)  Matz-Duhn  n.  854.  Gall.  Giustin.  I,  8  =  Clarac  474,  890.  Wenn 
Lanciani,  Ruins  S.  432  die  mirabilianische  Statue  in  der  einst  cesischen  thro- 
nenden Roma  des  Conservatorenpalastes  (Clarac  770  E,  1903  A)  wiederfinden 
will,  so  ist  dies  verfehlt,  da  die  Roma  nicht  von  Schlanjren  umwunden  ist. 


MONTE   CAVALLO  253 

Signorili  zu  Anfang  des  fünfzehnten  Jahrhunderts  {-'•),  die  porlicus 
eqiäs  Ulis  contlgua  etwas  später  IJiondo  (-");  ausführlicher  berichtet 
1452  der  Nürnberger  Nikolaus  Multel,  dass  auf  den  Häuptern  der 
vier  Statuen  das  ganze  Gezimmer  und  Dach  ruhe,  darin  man  zu 
Gericht  gesessen  habe  (-^).  Ist  mit  letzteren  Worten  der  Zweck  der 
Halle  richtig  bezeichnet,  so  würde  auch  hier,  wie  bei  der  latera- 
nischen Wölfin,  dem  lateranischeu  Marcaurel,  der  capitolinischen 
Löwengruppe  (-"),  ein  antikes  Bildwerk  in  engster  Verbindung  mit 
der  mittelalterlichen  Rechtsprechung  auftreten,  und  dieser  Umstand, 
vielleicht  auch  dass  es  eben  Constantinsbilder  waren,  könnte  mit 
zum  Schutze  der  Statuen  beigetragen  haben.  Nach  der  Mitte  des 
Quattrocento  wird  übrigens  die  Loggia  nicht  mehr  erwähnt ;  sie 
wird  abgerissen  worden  und  hierbei  eine  der  vier  Statuen  verloren 
gegangen  sein.  Denn  im  folgenden  Jahrhundert  treten  nur  noch 
drei  Constantine  auf,  und  zwar  waren  sie  damals  auf  den  Ecken 
der  grossen  Basis  aufgestellt  {^^).  Diese  drei  Statuen  wurden  sodann 

(2ß)  C.  L  L.  VI,  1148  flf.  mit  Mommsens  Verbesserung  lovio  (Loggia) 
Stadt  clivio,  loco  und  ähnlicher  Entstellungen.  Wenn  nur  die  zweite  Hand  in 
der  Veronenser  Handschrift  des  Felicianus  die  vierte  Statue  (Constcoitinus 
Aufi)  in  Exqiciliis  in  porticu  kennt,  so  hätte  Henzen  daran  doch  nicht  zwei- 
feln sollen,  da  auch  Biondo  und  Muffel  die  gleiche  Zahl  nennen.  Da  aber  die 
übrigen  Handschriften,  die  auf  Signorili  zurückgehen,  nur  von  drei  Statuen 
sprechen,  muss  die  vierte  wohl  eine  etwas  verschiedene  Aufstellung  oder  Ver- 
wendung gehabt  haben. 

(2'')  Roma  instaur.  II,  19:  e.vtant  in  porticu...  statuae  quatuor  marmo- 
reae  pedestres,  quarvm  basibus  Co7istantini  nomen  inscriptum  est. 

(28)  iMuflfels  Beschr.  d.  St.  Korn,  ed.  Vogt,  1876,  S.  60  f. :  darumb  [um 
die  Rosselenker]  sten  vier  seulen  die  sind  von  merbelstein  gehaicen  als  men- 
schen (vgl.  mit  diesem  Ausdruck  Kaibel,  Inscr.  gr.  lialiae  n.  1234  in  qiiodam 
marmore  instructo  in  humanam  formam  vom  belvederischen  Torso)  und  send 
abtgotter  gehest  u.  s.  w.  Vgl.  Mittli,  1888  S.  271,  wo  ich  diese  Statuen  verkannt 
und  fälschlich  die  duo  senum  (die  Constantine  sind  unbärtig)  marmorea  si- 
mulacra  tectum  logiae  sustinentia  im  Palazzo  Colonna  (Fulvius,  Antiquit. 
f.  69^)  damit  zusammengestellt  habe.  Vernmthlicli  sind  hiermit  die  Barbaren- 
tatuen  gemeint,  die  Paul  III  aus  dem  Hofe  des  Palazzo  Colonna  in  den  Palast 
Farnese  überführte  (Vacca,  Jl/em.  n.  44.  Cavalieri  I.  II,  30  f.  Vaccarius) ;  jetzt 
in  Neapel  n.  6116.  6122  (Clarac  854  B,  2161  F.  G). 

(2»)  Vgl.  Mitth.  1891,  S.  8  f. 

(3ftj  Fulvius,  Antiquaria  Urbis,  1513,  f.  G  IN'':  nee  longe  (von  S.  Satur- 
nino)  in  vertice  montis  Tres  Constantini  statuae  de  marmore  surgunt,  Stant 
uhi  marmorei  geminique  in  monte  cabaJli.  Derselbe,  Antiquitates  Urbis,  1527, 


254  A.    MICHAELIS 

unter  Paul  III,  zwischen  1536  und  1544,  auf  das  Capitol  geschafft, 
wo  zwei  von  ihnen  seit  1653  das  Geländer  neben  der  Oordonata 
schmüokeu.  während  die  dritte  im  Jahre  1737  in  die  Vorhalle  der 
Laterankirclie  hiuübergebracht  wurde  (^').  Dass  die  Statuen  aus  den 
benachbarten  Coustantinsthermen  stammten,  ist  höchst  wahrschein- 
lich, wenn  auch  aus  so  früher  Zeit  begreitl icherweise  eine  Fund- 
notiz nicht  existiert  ("^-). 

Weit  melir  Aufsehen  als  die  Constantine,  die  Poggio  nicht 
einmal  der  Erwähnung  wertli  hielt,  machten  von  je  her,  schon  um 
ihrer  kolossalen  Grösse  willen,  zwei  liegende  Flussgötter, 
die  nicht  weit  von  den  Caballi  am  Boden  lagen  (^3),  links  von  der 
via  Corneliorum  wenn  man  zum  Platz  hinaufstieg  i}^),  wie  es  scheint 
bei  dem  uischenreichen  Gemäuer,  das  Bufalinis  Plan  (Fig.  1)  dort 
aufweist  und  das  man  mit  zu  dem  palaiium  Constantini  rechnete 


f.  XXni**'"  nach  Erwähnung  der  Rosse :  extant  ibi  tres  Constantini  Imp.  sta- 
tuae  pedestres,  adhuc  Staates  cum  titulis,  militari  habitu,  pari  forma  et  sta- 
iura.  Genauer  Marliani  in  der  ersten  Ausgabe  von  1534,  S.  119'':  statuas  pe- 
destres, militari  habitu...  nunc  in  angulis  basis  equorum  Phidiae  et  Praxitelis 
stantes.  Danach  Fichard  in  seiner  Italia  (1536)  im  Frankf.  Archiv  III,  1815, 
S.  41  :  impositi  sunt  (equi)  in  basi  alta,  lata  et  quadrata,  vuk/ari  muro 
excitata,  in  cuius  reliquis  angulis  pedestres  statuae,  habitu  militari...  vi- 
dentur.  Vgl.  auch  Vacca,  Mem.  (1594)  n.  10:  sopra  il  medesimo  posaynento 
vi  erano  due  Constantini  di  marmo  u.  s.  w.  Vgl.  Taf.  VIII. 

(31)  Ueber  die  Schicksale  der  Statuen  seit  ihrer  Versetzung  aufs  Capitol 
vgl.  Mitth.  1891,  S.  31.  49.  Bernoulli,  röm.  Ikonogi-.  II,  3,  216  ff.  Abbildun- 
gen der  drei  Statuen  bei  Agincourt,  ff  ist.  de  Vart,  sculpture  Taf.  3,  2-4;  der 
lateranischen  {Constantinus  Aug.,  CLL.  1148)  bei  Brunn-Arndt,  Portr.  82. 
Bernoulli,  Taf.  50,  der  beiden  capitolinischen  z.  B.  bei  Cavalieri,  I.  II,  78. 
Visconti-Mongez,  Iconogr.  rom.  IV,  62,  1-3.  CLarac,  980,  2527  {Constantinus 
Aug.,  C.  /.  L.  1149)  und  bei  Clarac  2526  [Constantinus  Caes.,  C.  L  L.  1150). 

(32)  Erst  Oaniucci,  Antich.  di  Roma,  1565,  S.  121^'  lässt  sie  in  den  Ther- 
men gefunden  sein,  Nibby,  Roma  nel  1838  II,  808  gar  erst  beim  Fundament- 
graben für  den  Pal,  Rospigliosi  im  17.  Jh. 

(33)  Mirab.  27:  ibi  iuxta  sunt  caballi  marmorei.  Biondo  I,  99:  proximo 
ac  pene  contiguo  loco  sunt  lapidei  caballi.  Gio,  Rucellai  (1450;  Arch.  d.  soc. 
rom.  di  storia  patria  IV,  1881,  S.  577):  appresso.  Albertini  (1509)  f.  e>0^ : 
apud  equos  Tyridatis.  Fulvio,  Antiquaria,  1513,  f.  G  IV'':  haud  procul. 

(3<)  Biondo  I,  98 :  visuntur  ea  in  Corneliorum  via  ad  sinistram  statuae 
ingentes  duae  colosseae  senum  seminudorum.  Die  Reihenfolge  ist:  Thermen, 
Flussgötter,  Caballi,  Mesa  (Frontispizio  di  Nerone)  und  Giardino  Colonna. 


MONTE   CAVAI.I.O  255 

oder  als  domus  Conieliorum  bezeichnete  (■'').  Das  grosse  Mantuaner 
Stadtbild,  dessen  Verlage  um  1490  entstanden  ist,  zeigt  die  eine 
Statue  (den  Nil)  vom  Kücken  gesehen  zu  Füssen  der  grossen  Ba- 
sis ('"').  Die  beiden  Statuen  führten  im  Mittelalter  die  Namen 
Saturnus  und  Bacchus  (Anm.  H.")),  ersteren  wohl  sicher  wegen  der 
benachbarlen  Kirche  des  H.  Saturninus,  ob  letzteren  nach  der  im- 
merhin etwas  entfernten  Kirche  der  HH.  Sergins  und  Bacchus 
in  der  Subura  (•'')?  Aber  schon  gegen  Ende  des  fünfzehnten  Jahr- 
hunderts erkannte  man  in  ihnen  Flussgötter.  Das  Skizzeiibuch  im 
Escorial  (von  Giuliano  da  Sangallo  '?)  bringt  zwei  Abbildungen  des 
Nil,  die  eine  als  marfarlo  di  chavagli,  "  Marforio  von  Monte  Ca- 
vallo  »,  bezeichnet;  um  seine  Kolossalität  kenntlich  zu  machen,  ist 
ein  Mensch  auf  dem  Haupte  des  Gottes  sitzend  gezeichnet:  es 
muthet  an  wie  ein  Bild  aus  Gulliver  (■^').  Der  gleichzeitige  Pro- 
spettivo  milanese  widmet  einige  seiner  mühsamen  und  schwer 
verständlichen  Keime  den  gra)i  dei  dlcati  cd  ßiime  (^-'j.  Für  die 

ps)  Mirab.  27  :  ihi  in  palatio  {Constantini)  fuit  templum  Saturni  et 
Bacchi,  ubi  nunc  iacent  simulacra  eorum .  ibi  iuxta  u.  s.  w.  (Anm.  33).  Vgl. 
Jordan  IT,  526  f.  Bei  Bufaliiii  und  im  Stadtplan  bei  Marliani,  1541,  S.  1:! 
scheint  dieser  Rest  als  domua  Cornelioruin  oder  de  Comeliis  gemeint  zu  sein. 
Uebrigens  kennt  schon  Fulvius,  Antiquit.  f.  XXIII**''  diese  Benennung  nur  aus 
der  Tradition :  quidam  tradimt,  d.  h.  Biondo  I,  97  ;  aus  letzterem  schöpft 
wohl  auch  Albertini  f.  82^ 

(36)  De  Rossi,  Plante  Taf.  10;  die  Statue  liegtauf  dem  nackten  B^deii. 
S.  die  Nachbildungen  dieser  Stadtansicht  im  Text  zu  Ant.  Denkm.  II,  S.  7. 
Zur  Zeitbestimmung  s.  E.  Müntz,  Rev.  crit.  1880,  II,  215.  Vgl.  Hülsen,  Bull, 
comim.  1892  S.  45  ff. 

(")  S.  Saturnino:  Anm.  14.  SS.  Sergio  und  Baeco  in  CaUinico,  jetzt  Ma- 
donna del  Pascolo  bei  S.  INlaria  dei  Monti :  Armellini^  S.  206. 

(38)  Escorial.  f.  28''  und  46^  vgl.  Justi  bei  .Müntz,  Antiquit.  de  Ja  ville 
de  Rome  S.  157  ff.  Nähere  Nachrichten  über  das  Skizzenbuch  verdanke  ich 
Prof.  J.  Ficker.  Obige  Blätter  werden  in  der  fünften  Serie  von  Arndt-Ame- 
lungs  «Einzelverkauf»)  erscheinen,  -t  Wegen  Sangallo  vgl.  Hülsen,  Mitth. 
1891  S.  145. 

(39)  Prospettivo  (Anm.  18)  Str.  117:  Monte  Cavallo  ancor  nollo  agio 
scosso,  Che  vi  son  doi  gran  dei  dlcati  al  fiume,  Di  tal  bontä  che  dlre  apena 
et  posso.  [118]  Nudl  ambendui  in  terra  cosolumi  (?),  in  cocodrillo,  sopra 
un  cornocopia,  Sotto  al  cuhito  so  cargato  gume  (?),  [119]  Che  par  viva 
natura  et  S  pur  copla,  ProstraV  in  terra  sta  che  par  che  scivoll,  Ch'un  tal 
trovarne  cl  sarebbe  inopia.  (Mit  dem  cocodrillo  muss  entweder  die  Sphinx 
oder  der  Tiger,  mit  dem  cargato  gume  das  andere  der  beiden  Thiere  gemeint 


256  A.    MICHA  Kl. IS 

KinzeUleutuii^  wm-den  Neptun  {^%  Acheloiis  und  Ister  (")  bemüht, 
bis  Andrea  Fulvio  1527,  nachdem  die  Statuen  mittlerweile  auf 
den  Capitolsplatz  versetzt  worden  waren,  die  richtigen  Namen  Nil 
und  Tigris  aussprach  (^-).  Dort,  w^o  sie  zunächst  den  Eingang  zum 
Conserratorenpalast  bewachten,  ward  ihre  Herkunft  vom  Monte 
Cavallo  bald  vergessen,  so  dass  Marliani  dies  1544  nur  als  seine 
Vermutlumg  vorbrachte  (^^).  Auch  noch  andere  Namen,  aus  Roms 
Nachbarschaft  entnommen,  Auio  und  Nar,  wurden  vorgeschlagen  (•^■'), 
aber  erst  nachdem  beide  Statuen  kurz  vor  1550  ihren  Ehrenplatz 
neben  j\Iichelangelos  Doppeltreppe  zum  Senatorenpalast  eingenom- 
men hatten,  ward  der  Tigris  durch  Umarbeitung  des  Tigers  zu  ei- 
ner Wölfin  und  durch  Hinzufügung  der  Zwillinge  in  einen  Tiberis 
verwandelt  und  so,  gleich  dem  echteren  Genossen  im  Belvedere, 
dem  Nil  gegenübergestellt  (->■>).  Ob  die  Flussgötter  ebenso  wie  die 
Constantinsstatuen  aus  den  Thermen  herrührten,  ist  ungewiss.  Wäre 
der  kolossale  Tempel  im  Giardino  Colonna,  zu  dessen  Resten  auch 
das  sogenannte  Frontispizio  di  Nerone  gehörte,  der  Sonnentempel 
Aurelians,  wie  ja  seit  dem  sechzehnten  Jahrhundert  vielfach  ange- 

sfin  )  Etwa  frleiolizeiti,<;  ist  das  bewundernde  Zeugnis  eines  (toskanischen  ?) 
Künstlers,  der  vorübcr.o-ehend  Ilom  besuchte,  im  sog.  Skizzenbuch  Kaphaels  in 
Holkham  (Passavaut-Lacroix,  Raphael  dfUrbin  II,  521):  Anchora  si  trova  due 
/igure  grandissime  di  marmo  che,  quanto  piü  le  guardi,  piü  ti  paion  vive. 
E  v'i  una  die  c  IJ  braccia.  Sono  ad  iaciere.  Sono  intere.  Secondo  la  testa 
xono  chos),  Valtra  c  un  pocho  minore,  ma  pichola  cosa. 

(40)  Albertini  f.  GO''. 

(4')  Fulvius,  Antiquaria  f.  GIV^':  liaud  procul  ingentes  immani  mole 
recumbunt  Marrnorei  geminique  senes  Achelous  et  Ister,  In  quormn  manibus 
pleno  stat  copia  cornu. 

(42)  Fulvius,  Antiquitates  f.  XXI'',  seltsamerweise  ohne  den  früheren  Auf- 
stellungsort zu  erwähnen. 

{^^)  Marliani  hatte  in  seiner  ersten  Ausgabe  (1534)  S.  SO'  nach  Fulvio 
die  Statuen  auf  dem  Capitol  beschrieben,  S.  120''  sie  nach  Biondo  als  einst 
auf  dem  Quirinal  befindlich  erwähnt.  Ebenso  in  der  neuen  Bearbeitung  (1544) 
S.  26  und  88,  wo  er  aber  an  letzterer  Stelle  hinzufügt:  Ilas  autem  colosseas 
■statuas  eas  esse,  quae  hodie  in  Capitolio  cernunlur,  crediderim.  Marliani  war 
kein  geborener  Römer,  sondern  stammte  aus  Robbio  in  der  Loraellina,  zwischen 
Vercelli  und  Mortara  (Bertolotti,  Artisti  subalpini  in  Roma  S.  51  ff.). 

{**)  Bei  Marliani.  1544,  S.  26.  Fabricius  S.  141.  Mauro  S.  11.  Dagegen 
•  rklärcn  sich  Faunus  S.  31''  und  Aldrovandi  S.  260. 

(15)  Mitth.  ISra  S.  20.  Für  den  Tiger  zeugen  auch  Fabricius  S.  14  l  und 
<!amucci  S.  1"/. 


MONTE    CAVAl.I.O 


257 


nommen  wird  (■"'),  so  würden  Tigris  und  Nil  die  Frenzen  des  von 
dem  Kaiser  eroberten  Reiches  der  Zenobia  bezeichnen  k«jnnen ;  es 
wird  ja  aber  sicher  bezeugt  dass  dieser  Tempel  im  Campus  lag  (^"). 
Merkwürdig  ist  es  immerhin  dass  auch  diese  grossen  Statuen,  wie 
die  Rosselenker,  obschon  sie  anscheinend  unmittelbar  auf  dem  Roden 
lagen,  so  wenig  bescliädigt  das  i\Iittelalter  überdauert  haben. 

In  dem  «  Hause  der  Cornelier  »  befand  sicii  im  sechzehnten 
Jaluhundert  noch  ein  antikes  Marmorwerk  geringeren  Umfangs,  ein 
Sarkophag  mit  den  Darstellungen  der  Leda  und  desGanyme- 
des  (■''*).  Er  ist  nach  der  Mitte  jenes  Jahrhunderts  verschwunden,  ist 
aber  dadurch  bemerkenswerth,  dass  wahrscheinlich  Michelangelo  aus 
der  Composition  der  Leda  den  Keim  sowohl  zu  seiner  Statue  der 
Nacht  in  der  mediceischen  Grabkapelle,  wie  auch  zu  seinem  Tempe- 
ragemälde der  Leda  entnommen  hat  {^'■^).  Zwei  andere  Reliefs  von 
Monte  Cavallo  {in  chavatjli)  copierte  der  Zeichner  des  Escorialensis, 
einen  Triton  mit  einer  Nymphe  und  einem  Eros,  und  Putten  mit 
Guirlanden  P).  Ein  spätes  Wei^hrelief  «  a  monte  cavcdli  '  ist 
im  Pighiauus  wiedergegeben,  drei  unten  bekleidete  Nymphen, 
Muscheln  vor  dem  Schoss  haltend,  zwischen  dem  phrygisch  beklei- 
deten Attis  mit  Scepter  und  Mercur  mit  Caduceus  und  Beutel  (>■'); 

(46)  Diese  Aniifihme  findet  sich  zuerst,  aber  noch  in  sehr  allgemeiner 
Form,  bei  Fulvius,  Antiquit.  f.  XXII**^':  in  hoc  ambhu  fuisse  olira  creditur 
templum  Solls  ab  Aureliano  Imp.  conditum.  Sie  wird  zuletzt  vertreten  von 
Lanciani,  Ball,  comun.  1894  S.  297  ff.  1895  S.  94  ff  Ruins  S.  430  ff. 

(47)  Becker,  röm.  Alterth.  I,  587  ff  Urlichs.  :\IHth.  1888  S.  98.  Richter 
in  I.  Müllers  Handbuch  d.  klass.  AW.  III,  873  f.  Hülsen,  rhein.  Mus.  1894 
S.  393  ff  Bull,  comun.  1895  S.  39  ff 

(18)  Eobert,  ant.  Sark.-Eeliefs  II  Taf.  2,  3.  Die  Ortsangabe  in  domo  Cor- 
neliorum  findet  sich  im  Pighianus  f.  301  (von  Jahn  n.  156  übersehen);  im 
Coburgensis  fehlt  die  Zeichnung.  Robert  S.  7  vermuthet  dass  die  anscheinende 
Sarkophagplatte  ein  Pasticcio  aus  antiken  Stücken  sei,  was  allerdings  kaum 
vor  Lorenzettos  Thätigkeit  im  Palazzo  della  Valle  in  den  zwanziger  Jahren 
des  16.  Jhs.  (Vasari  IV,  579.  Jahrb.  1891  S.  225)  denkbar  sein  würde,  und 
auch  dann  kaum  erklärlich,  da  die  domus  Corneliorum  eine  Ruine,  kein  be- 
wohntes Haus  war. 

(■49)  Vgl.  meine  Ausführung   im  Strassburger  Festgruss  an  A.  Springer, 

1885,  S.  40  ff. 

(50)  Escorial.  [Anm.  38]  f.  23'-.  So  nach  Ficker,  ungenau  bei  Müntz,  wo 
auch  die  Beischrift  fehlt.  Waren  es  ebenfalls  Sarkoi-hagreliefs  ? 

(51)  Pigh.  f.  260,  n.  65  Jahn.  Die  Zeichnung  ist  offenbar  stark  "  verschö- 
nert« und,  wenn  das  Relief  wirklich  mit  dem  auf  f.  11  identisch   ist,  recht 

17 


•258  A.    MK-HAEI.IS 

vielleicht  ^ehöde  eiust  ein  ähnliches  Relief  dazu,  das  drei  ebenso 
•gebildete  Nymphen  zwischen  Hercules  und  Silvau  zeigte  und  von 
den  Soderini  bei  Herrichtung  des  Mausoleums  des  Augustus  ver- 
wendet ward  {^-). 

Ferner  Avard  c^egen  Ende  des  fünfzehnten  Jahrhunderts  auf 
Monte  Cavallo  in  einer  angeblichen  Kapelle  des  Hercules  eine 
Statue  des  ausruhenden  Heros,  iin  Motiv  der  faruesischen  Statue, 
entdeckt  (•■■*).  Sie  gelangte  später  in  den  berühmten  Statuengarten 
des  Cardinais  Carpi  auf  dem  Quirinal  (•-')  und  befindet  sich  viel- 
leicht noch  heute  im  Herakleszimmer  der  Villa  Borghese  (■'^).  Jene 
-  Kapelle  des  Hercules  -^  ist  mir  sonst  nicht  bekannt,  doch  könnte 
sie  möglicherweise  in  Verbindung  stehen  mit  dem  belvederi- 
schen  Torso,  den  die  älteste  Abbildung  in  monte  cavallo  sich 
befinden  lässt  {^^).  Schon  zu  Ciriacos  Zeit  (1432-34)  stand  diese 
siiigulanssima  figiira,  qiiae  dicilitr  Hercules,  in  domo  domiiio- 
rum   quoruddam  de  Columna   siqrra  sanctwn  Aposlolum  ('•").  Li 


ungenau  (Attis  ohne  Mantel  und  Hosen,  Kopflialtung  der  Nymphen,  Flügel  am 
Kopf  und  am  Caduceus  Mercurs). 

(52)  Pigh.  f.  11,  n.  64  Jahn  mit  der  Inschrift  ex  voto  Aur.  Crescens 
Aur.  Eros  (C.  L  L.  VI,  834).  Smetius  sah  das  Relief  im  Mausoleum  des  Au- 
gustus, Doni  in  Villa  Borghese  ;  es  scheint  jetzt  so  wenig  dort  wie  im  Lou- 
vre  zu  sein.  Es  bildet  oifenbar  das  Gegenstück  zu  dem  in  Anra.  51  an  zweiter 
Stelle  genannten ;  ist  dies  mit  dem  dort  an  erster  Stelle  genannten  identisch, 
so  stammten  ohne  Zweifel  beide  a  monte  cavalli. 

(53)  Escorial.  f.  26"  mit  der  Unterschrift  del  chardinale  di  Siena,  tro- 
rato  imonte  chavallo  nela  chapella  d'  erchole.  Ob  der  Cardinal  Francesco 
l'iccolomini  (gest.  1503  als  Papst  Pius  III)  eine  Vigna  auf  dem  Quirinal  be- 
sass  oder  ob  die  Gruppe  in  seinem  Palast  bei  S.  Andrea  della  Valle,  wo  be- 
kanntlich die  berühmte  Gruppe  der  Grazien  stand,  aufbewahrt  ward,  weiss  ich 
nicht  zu  sagen.  Die  Zeichnung  wird  in  der  fünften  Serie  von  Arndt-Amelungs 
"Einzelverkauf"  veröffentlicht  werden. 

(54)  Vgl.  das  Cambridger  Skizzenbuch  (Jahrb.  1892  S.  95)  Bl.  8.  9  und 
Aldrovandi  S.  296.  Die  Zeichnung  Heemskercks  I,  26'',  a  gehört  nicht  hierher. 
Die  Villa  Carpi  gibt  Bufalini  an  der  Stelle  der  heutigen  Villa  Barberini  an. 

(55)  Clarac  791,  1982;  weder  in  der  Beschr.  d.  St.  Eom  noch  bei  Nibby, 
Monum.  ant.  d.   Villa  Borghese,  erwähnt. 

(56)  Angeblich  von  Gio.  Antonio  von  Brescia  (im  Gegensinne)  ;  veröffent- 
licht und  etwa  der  Zeit  1510-20  zugewiesen  von  P.  Kriatellur  in  Gnolis  Arch. 
Mor.  deWnrte  1891  S.  477. 

(51)  Hülsen,  rhein.  Mu.s.  XLIX,  1894  S.  423. 


MONTE    CAVALI.O  250 


domo   Columaeaslam  sahen   aucli   die   späteren    Epigiaphiker  den 
Torso  (•'^),  und  da  der  ältere  Palast  Coloniia  auch  als  aedes  d.  Co- 
bimneiisium  siib  monte  lUiac  Caballo  bezeichnet  wird  (''^),  besagt 
jene  Aufschrift  des  Stiches  vielleicht  nichts  anderes.  Doch  mag  der 
Torso  ja  auch  in  einem  höheren  Theil  des  mit  grossen  Treppenan- 
lagen am  Monte  Cavallo  emporsteigenden  Giardino  Colonna  gestan- 
den haben;  dass  er  grade  dort  oben  gefunden  sei,  lässt  sich  wenig- 
stens nicht  mit  Sicherheit  behaupten  (^"').  Wäre  dies  der  Fall,  so 
wurde  der  Torso  zu  den  vornehmsten  Zierden  des  Monte   Cavallo 
gehört  haben.  Wie  der  Stich  beweist,  war  er  damals  noch  bedeu- 
tend besser  erhalten,  beide  Beine  vollständig;  dann  verlor  er  den 
linken  (''')  und  endlich  den  rechten  Unterschenkel,  vielleicht  in  den 
Wirren  der  zwanziger  Jahre,   in    welche  die  Colonna  so  arg  ver- 
wickelt waren  ("-). 

Endlich  erwähnt  Fichard  auf  Monte  Cavallo  einen  Obelis- 
ken mit  Hieroglyphen  ("■*).  Man  würde  ihn  gern  zu  dem  quiri- 
nalischen  Serapistempel  (Anm.  111)  in  Beziehung  setzen,  doch  liegt 
gewiss  nur  eine  Verwechselung  mit  dem  Obelisken  aus  den  sal- 
lustischen  Gärten  vor,  der  heute  über  der  spanischen  Treppe  steht. 

Kehren  wir  nunmehr  zu  den  Kolossen  der  Rossebän- 
diger zurück.  Als  deren  älteste  Gesammtansicht  gilt  bisher  ein 
Stich  in  Lafrerys  Speculum  Romanae  magaißcentiae  vom  Jahre 
1546  {Aat.  Lafj^eri  Seqiiani  formis)  {^%  jetzt  am  zugänglichsten 

(58)  Kaibel  Inscr.  Gr.  Italiae  1234,  vgl.  Jalirb.  1800  S.  20. 

(59)  Fulvius,  Antiquit.  f.  LXIX\ 

(60)  So  wurden  die  berühmten  Erzstatuen  des  sitzenden  Faustkämpfers 
und  des  hellenistischen  Herschers  (Ant.  Denkm.  I,  4  f.)  1884  in  unmittelbarer 
Nähe  des  Giardino  Colonna,  aber  am  Fasse  des  Quirinalsabhanges  gefunden. 

(61)  Im  Bilde  Bernardino  Licinios  in  der  Gallerie  Borghese  n.  115,  s.  Yon- 
turi  bei  Kristeller  |  Anm.  56]  S.  479.  Sauer,  Torso  S.  91,  Anm.  8. 

(62)  Vgl.  Jahrb.  a.  a.  0.  [Anm.  58]. 

(63)  Fichard  [Anm.  30]  S.  41  :  Quirinalem  esse,  qui  nunc  Caballo,  con- 
lendit  Marlianus  contra  Blondi  opinionem.  In  eo  iacet  obeliscus  Aegyptiacis 
litteris  mscriptus,  Liinae  ut  ferunt  dicatus.  Dieselben  Worte  gebraucht  Mar- 
liani  in  seiner  ersten  Ausgabe  (1534,  S.  119'),  dem  von  Fichard  benutzten 
Handbuche,  von  dem  sallustischen  Obelisken,  bekanntlich  einer  späten  rohen 
Nachahmung ;  ebenso  Boissard  I  96.  Der  jetzige  Obelisk  von  Monte  Cavallo 
stammt  vom  Mausoleum  Augusts. 

(64)  Neu  aufgestochen  Romae  I.jSJ  Claudd  Ducheti  fonnis  (vgl.  Anm.  77^ 


200  A.    MliHAELIS 

in  dem  Facsimile  bei  Lanciaui,  Ruids  and  e.ccaratioiis  of  aacient 
Rorne,  1897,  S.  433.  Der  Stich,  im  Gegensinne  ausgeführt,  ist  irre- 
führend und  hat  in  der  That  Irrthum  hervorgerufen.  Durch  einen 
<Tlücklichen  Fund  meines  früheren  Zuhörers,  Herrn  Dr.  G.  von  Terey, 
letzt  an  der  Gallerie  in  Budapest  angestellt,  bin  ich  in  den  Stand 
gesetzt  eine  ältere  Ansicht  der  Gruppe  vorzulegen.  Er  entdeckte  in 
der  Kupferstichsammlung  zu  Dresden  C^)  eine  Federzeichnung,  mit 
dem  falschen  Namen  Fra  Bartolommeos  bezeichnet,  und  erkannte 
darin,  ohne  allen  Zweifel  richtig,  die  Hand  Märten  van  Heems- 
kercks,  die  ihm  aus  dessen  Skizzenbuche  wohlbekannt  war.  Es  ist 
ein  versprengtes  Blatt  aus  seinen  römischen  Skizzen  {^''^'),  dessen  Pho- 
tographie ich  der  Güte  Herrn  Dr.  P.  Herrmanns  in  Dresden  ver- 
danke (Taf.  Vni).  Die  Zeichnung  hat  zunächst  den  grossen  Vorzug 
iede  Möglichkeit  einer  Vertauschung  von  links  und  rechts,  wie  sie 
beim  Stich  und  Holzschnitt  so  leicht  sich  ergibt,  auszuschliessen, 
sie  lehrt  aber  auch  sonst  noch  mancherlei. 

Die  Form  und  Art  des  ganzen  mittelalterlichen  Unter b aus 
der  Doppelgruppe  tritt  uns  hier  zuerst  ganz  deutlich  entgegen. 
Otfenbar  handelt  es  sich  um  zwei  gesonderte  Basen,  eine  für  jeden 
Lenker  mit  seinem  Pferde,  aus  grossen  antiken  Blöcken  errichtet, 
mit  einem  antiken  Kymation  am  oberen  Bande.  In  der  That  spricht 
Flaminio  Vacca,  der  bei  dem  Abbruch  der  Gruppe  im  Jahre  1589  be- 
theiligt war  (^"),  in  seinem  Berichte  zweimal  von  den  posamenti  (^^). 
Zwischen  diese  Basen  war  ein  Haus  hineingeklemmt,  dessen  rohes 
Mauerwerk  {^'>^),  wie  ein  Stich  bei  Lafrery  ("")  zeigt  (Fig.  2),  die 

8.  die  ausfülirliche  Behandlung  der  Fratje  durch  v.  Dulin  bei  ]\Iatz-Duhn,  Ant. 
Bildwerke  in  Rom  I,  260  ff. 

(6ä)  Sammlung  König  Friedrich  Augusts,  n.  100183,  Länge  30,  Höhe  22  Cm., 
was  für  Heemskerck  ein  ungewöhnlich  grosses  Format  ist. 

(66)  Vgl.  Jahrb.  1891  S.  127.  Einzelzeichnungen  nach  den  Rossen  s.  in 
Heemskercks  Skizzenbuch  I,  16\  38^  43^'.  04'",  wo  überall  in  meiner  Beschrei- 
bung die  Namen  des  l'hidias  und  des  Praxiteles  zu  vertauschen  sind  (ebenso 
Cambr.  Bl.  86). 

(6"')  Duhn  S.  264.  Bertolotti,  Artist i  subalpini  a  Roma  S.  106.  Schreiber, 
Sachs.  Berichte  1881  S.  54«. 

(68)  .]femorie  n.  10. 

(69)  Vulgari  muro  excitata,  Fichard  [Anm.  80].  Die  venezianischen  Ge- 
sandten von  1523  sprechen  von  una  certa  macchina  d'un  pezzo  di  grossissimo 
rnuro  (Alböri,  V  Italia  nel  sec.  XVI,  III,  108). 

("<*)  Ant.  Lafrerij  Sequani  formis  R.  MDL.  Die  Photographie  nach  dem 


MONTE    CA  VA  1,1  O 


261 


ganze  Rückseite  verhüllte;  nach  Heeniskorck  hatte  es  einst  mit  sei- 
nem oberen  Stockwerk  auch  die  freien  Kckoii  hinter  den  Statuen  ein- 
genommen. Ausserdem  lässt  Heemskercks  Zeichnung  an  der  rechten 
Nebenseite  einen  niedrigen  Anbau  erkennen,  vielleicht  einen  liest  je- 
ner alten  Loggia,  an  dessen  Ecke  eine  der  Constantinsstatuen  ("') 
vorspringt.  Die  Rückansicht  zeigt  hiervon  keine  Spur  mehr.  Es  ist 
klar,  dass  die  Loggia  mit  den  vier  Constantinon  bereits  abgebro- 


FiG.  2.  Rückseite  der  Gruppe  nach  Lafrenj. 

eben  war  und  die  drei  übriggebliebenen  Constantine  ihre  späteren 
Plätze  iii  reliqids  angidis  der  grossen  Basis  eingenommen  hatten 
(Anm.  80) ;  auch  den  Ausdruck  reliqms  erklärt  unsere  Zeichnung, 
indem  sie  zeigt  dass  die  linke  vordere  Ecke  von  dem  einen  Rosse- 


Berliner  Exemi)lar  hat  mir  Winter  freundlich  vermittelt;  eine  von  V.  Arndt 
nach  dem  Münchner  Exemplar  aufgenommene  Copie  eignete  sich  wegen  des 
migeschickten  Bindens  jenes  Exemplars  niclit  zur  "Wiedergabe.  Eine  etAvas 
abweichende  Ansicht  der  Rückseite,  ganz  in  der  Art  von  Cavalieris  Stichen, 
findet  sich  in  den  Insigniores  statuarum  U.  R.  icones,  die  bei  de  Eubeis  er- 
schienen (Anm.  81,  Tafeln  unbeziffert). 

Ci)  Anm.  ol ;  es  scheint  der  Constantinus  Aug.  vom   Capitolsgeländcr 
zu  sein. 


■2C2  A.    MICHAELIS 

bündiger  selbst  besetzt  war.  Die  Zeugnisse  für  diese  Anordnung  rei- 
chen von  1513  (Fulvio)  bis  1536  (Ficbard),  also  bis  in  die  Zeit  von 
Heemskercks  römischem  Aufenthalt  ('-).  1544  sah  Marliani  die  Sta- 
tuen auf  dem  Capitol  (Anm.  31);  in  der  Zwischenzeit  wird  mit  den 
Statuen  auch  jener  von  Heemskerck  gezeichnete  Anbau  fortgeräumt 
und  der  Zustand  hergestellt  worden  sein,  den  Fig.  3  anschaulich 
macht. 

Ein  weiterer  Gewinn  der  Zeichnung  liegt  in  der  Sicherheit, 
dass  die  Inschriften  niemals,  wie  neuerdings  behauptet  wird  ("^), 
ihren  Platz  vertauscht  haben,  sondern  dass  der  Rosselenker  links, 
dem  der  Mantel  von  der  gehobenen  linken  Schulter  herabhängt  und 
dessen  Pferd  vorne  ganz  untermauert  war,  stets  als  opus  Fidiae 
bezeichnet  war,  der  zur  Rechten,  dessen  Mantel  seinen  gesenkten 
linken  Arm  bedeckt  und  dessen  Pferd  fast  vollständig  erhalten  war, 
als  opus  Praxitelis  galt.  Dieser  nach  Heemskercks  Zeichnung  ganz 
unbestreitbare  Sachverhalt  findet  volle  Bestätigung  in  einem  Stich 
aus  dem  Verlage  von  Antonio  Salamanca  (Fig.  3)  ("^),  der  in  allem 
wesentlichen  mit  Heemskerck  übereinstimmt,  nur  dass  der  mittel- 
alterliche Anbau  und  der  Oberbau  (bis  auf  ein  Stück  hinter  dem 
opus  Praxitelis)  bereits  fehlt;  an  der  Basis  des  opus  Fidiae  ^^\^i 
man  zu  bemerken,  dass  das  K3'mation  auch  rechts  um  die  Ecke 
lief.  Salamanca,  ein  geborener  Römer,  war  der  erste  bedeutende 
Kunstverleger  in  Rom;  ihn  allein  erwähnt  als  solchen  Georg  Fa- 
bricius,  der  1542  Rom  besuchte  (''^).  Seine  datierten  auf  Rom  be- 
züglichen Stiche  erstrecken  sich,  so  weit  ich  sehe,  von  1536  bis  in 
die  sechziger  Jahre  ("'•).  Ihm  trat  später,  anscheinend  in  den  vier- 

('i)  1532-36  s.  Jalirb.  1891  S.  129  ff. 

('3)  V.  Duhn  a.  a  0.  [Anm.  64].  Löwy,  Inschr.  gviech.  Bildhauer  n.  491. 
Furtwängler,  Meisterwerke  S.  128  if. 

C*)  Eine  Photographie  des  seltenen  Blattes,  aus  dem  Exemplar  des  Spe- 
culum  im  Britischen  Museum,  verdanke  ich  der  freundlichen  Voriniltelung  des 
Herrn  Freeraan  O'Donnghue  in  London.  Die  Angaben  v.  Duhns  (S.  203),  der 
den  Stich  nicht  gesehen  zu  haben  scheint,  sind  irrig. 

(~5J  Gandellini  u.  de  Angelis,  Notizie  degli  intagliatori  JIY,  66  f.  Nagler, 
Neues  allg.  Künstlor-Lexicou  XIV,  203  f.  Seubert,  Allg.  Künstlerlcxicon  III^, 
195.  -  Fabricius,  Roma,  1551,  S.  9.  18. 

("•5)  1536-15G5  oder  1568  nach  den  Exemplaren  des  Speculum  auf  der 
Münchner  Staatsbibliothek  und  bei  Quaritch,  Catalogue  135  [1893]  n.  1530. 
Letzteres  Exemplar,  mit  374  Blättern,  ist  von  unübertroffener  Reichhaltigkeit, 


MONTK    CAVA  1. 1.0  20o 

ziger  Jahven,  Antoine  LatVery  aus  Salins  im  Franche-Comt.'  zur  Seite, 
der  dann  mit  seineu  Erben  und  Nachfolgern  —  seinem  Neffen  Claude 
Buchet,  dessen  Erben,  darunter  Jacques  Gueiard.  ferner  Petrus  de 


Fig.  3.  Gruppe  von  vorn  nach  Salamanca. 

Nobilibus  (")  den  Kunsthandel  bis  gegen  das  Ende  des  Jahrhun- 
derts beherschte  (•  ^).  Lafrery  schloss  sich  in  seinen  älteren  Blättern 


obwohl  auch  hier  nicht  wenige  Blätter  fehlen.  Der  Verlag  Salaraancas  scheint 
theilweise  auf  Lafrery  ühergegansfen  zu  sein. 

(-')  Die  datierten  Stiche  Ant.  Lafrerii  Sequani  formis  (oder  ähnlich, 
sich  selbst  bezeichnet  er  nur  sehr  selten  als' Stecher)  reichen  von  1544-1575. 
Nach  der  Biocjr.  univers.  XXII,  512  starb  Lafrery  (so)  1577.  Es  folgt  Clau- 
dius Ducket  Sequanus,  Ant.  Lafr.  nepos,  verMgbar  von  1578  bis  1585,  sei- 
nem Todesjahr;  seine  Blätter  sind  grossentheils  nur  neue  Auflagen  oder  Auf- 
stiche älteier  Blätter,  daher  auch  wohl  frühere  Daten  (z.  B.  1565)  vorkommen. 
Duchet  hatte  mehrere  Erben,  eredes  Cl.  Duchetii  (1586-1592),  Jac.  Gherar- 
dtis,  Cl.  Ducheti  heres  (1590).  Manche  Blätter  aus  Lafrerys  Verlag  giengen 
in  den  Besitz  eines  (Römers?)  Petrus  de  Nobilibus  (z.  B.  1585)  über,  der  auch 
den  Verlag  eines  Paulus  Gratianas  (1582-1583)  erwarb.  Als  Händler  mit  Du- 
chetschen  Sticlien  erscheint  1602  ein  loa.  Orlandus. 

C«)  Neben  ihm  finden  wir  z.  B.  Michele  Tramezzino  aus  Venedig  (1552- 
1558):  Nie.  Beatricius  (Bfelrizet)  Lothariinjus  aus  Lun^ville  (1559-60),  dessen 


2G4  A.  milhaelis 

vielfach  an  Salamanca  an  ("")•  Hierzu  gehört  auch  der  Stich  der 
Kolosse  von  Monte  Cavallo  von  1546.  denn  es  ist  ohne  Aveiteres 
klar,  dass  wir  es  hier  mit  einem  Nachstich  nach  Salamanca  zu 
thun  haben,  der  sogar  den  Stichfehler  ABEL  für  ABEI  (ab/)  im 
Epigramm  aus  seiner  Vorlage  übernimmt.  Da  Lafrerys  Stecher 
ohne  Spiegel  gearbeitet  hat,  kam  die  Gruppe  im  Gegensinne  heraus, 
die  Inschriften  aber  gab  er,  um  die  Nachlässigkeit  zu  verdecken, 
in  (für  den  Abdruck)  rechtsläutiger  Schrift,  und  zwar  jede  unter 
der  wirklich  dazu  gehörigen  Gruppe.  Daher  rückte  jetzt,  seiner 
Gruppe  folgend,  Praxiteles  Name  nach  links,  der  des  Phidias  nach 
rechts.  So  gewöhnte  man  sich  nach  dem  Stich  an  die  Namenfolge 
Praiiteles-Phidias,  statt  der  richtigen  Phidias-Praxiteles. 

Damit  war  für  die  folgenden  Stecher  das  Signal  zu  weiterer 
Verwirrung  gegeben  {^^).  Cavalieri  (vor  1570)  (^'),  der  beide  Gruppen 


Blätter  z.  Th.  in  Duchets  ^'erlag  übergiengen  ;  P.  Paulus  Palumbus  Nova- 
riensis  (1560-1578) ;  Marias  Kartarius  Novariensis  (s.  u.  Anm.  95) ;  in  der 
Zeit  Sistus  V  vor  allen  Nicolaus  van  Aelst  aus  Brüssel  (besonders  1589,  auch 
noch  später). 

C'^)  Mir  sind  neun  Blätter  dieser  Art  bekannt.  Lafrerys  Daten  reichen 
dabei  von  1544  bis  1553,  gehören  also  seiner  Frühzeit  an;  ein  Blatt  von  1550 
[porticus  templi  lulii  columnae  tres)  beruht  auf  einem  Stiche  Salamancas 
von  1540. 

(80)  Hieronymus  Kocks  Praecipua  aliquot  Rom.  antir/uitatis  ruinarum 
monumenta,  1551,  enthalten,  wie  Hülsen  mir  mittheilt,  die  Rosse  nicht;  der 
Stich  Pittonis  (im  Gegensinne)  bei  Scamozzi,  D'scorsi  sopra  V  antichitä  di 
Roma,  1582,  Taf.  36  zeigt  die  Namen  richtig  gestellt,  sonst  aber  eine  solche 
Ungenauigkeit  und  Willkür,  dass  er  garnicht  zu  brauchen  ist. 

(8')  Die  beiden  Tafeln  finden  sich  schon  als  Taf.  40.  41  in  der  ersten 
Ausgabe  von  nur  52  Blättern  {Antiq.  statudrum  U.  R.  über  primus),  die  der 
aus  Val  Lagherina  bei  Trient  gebürtige  Stecher  Joannes  Baptista  de  Cavalle- 
riis  in  Rom  bei  Francesco  Palombo  aus  Novara  (vgl.  .\nm.  78)  erscheinen 
liess  und  dem  Bischof  von  Augsburg  Otto  Truchsess  von  Waldburg  als  Car- 
dinal von  Albano  (1562-1570)  widmete.  Sie  bildet  die  Vorlage  zu  dem  Nach- 
stich, der  Venetiis  noviter  impress.  1570  erschien  (so  auf  der  Münchner  Bi- 
bliothek, in  riöttingen  eine  Venezianer  Ausgabe  von  1576).  In  den  folgenden, 
dem  Cardinal  von  Trient  Loduvico  Madrucci  (gest.  1600),  der  1567-1578  in 
Rom  lebte,  gewidmeten  Ausgaben  des  primus  et  secunrlus  liber  (zuerst  unda- 
tiert, dann  1585)  erscheinen  die  Tafeln  als  89.  90,  dann  weiter  in  den  späteren 
Auflagen  und  Erweiterungen  des  Buches,  die  bei  der  Firma  de  Rossi  (de  Ru- 
bels) im  Laufe  des  17.  Jhs.  (z.  B.  1615.  1668)  erschienen.  Auch  die  hier  ge- 
gebenen Rückansichten  (.\nm.  70)   leiden  an  der  gleichen  Namensvei  wirrung. 


MONTE    CAV  \LI.O  205 

einzeln  und  ohne  die  Basis  stach,  stellte  die  richtige  Ansicht  wieder 
her,  gab  aber  in  der  Unterschrirt  seiner  Tafeln  dem  Lenker  zur 
Linken  mit  dem  aufgeniauerten  Pferde  den  Namen  des  Praxiteles, 
dem  andern  zur  Rechten  den  des  Phidias,  indem  er  beidemal  die 
kürzlich  (1558)  von  Onofrio  Panvinio  (^-)  aufgebrachte  Benennung 
1^  Bucephalus  und  Alexander  der  Grosse  »  hinzusetzte.  Lorenzo 
della  Vaccaria  (1584)  (^:')  copierte  lediglich  Cavalieri;  endlich  voll- 
endete Girolamo  Franzini  (L589)  in  seinem  oft  wiederholten  Holz- 
schnitt die  Verwirrung,  indem  er  eine  richtige  Ansieht  der  cranzen 
Gruppe,  aber  mit  vertauschten  Inschriften  (Praxiteles  links,  rechts 
Phidias)  gab  (^').  Die  Veröffentlichung  dieses  Holzschnittes  fällt  in 
dasselbe  Jahr,  wo  Sixtus  V  die  Kolosse  unter  Domenico  Fontanas 
Leitung  abnehmen,  ergänzen  und  auf  dem  erweiterten  Quirinals- 
platze,  der  neu  hergerichteten  Strasse  zur  Porta  Pia  gegenüber,  auf 
neuen  Basen  wieder  aufstellen  liess.  Auch  die  Inschriften  wurden 
erneuert,  aber  in  ihrer  alten  Zugehörigkeit  belassen,  wie  denn  auch 
nicht  der  leiseste  Grund  zur  Vertauschung  ersichtlich  ist  {^'^).  Ein 

(82)  Reip.  Rom.  comment.,  1558,  S.  142. 

(83)  Antiq.  stotuarum  U  R.  icones,  R.  ex  typis  Law^entii  Vaccarii, 
1584.  Selten  sind  alle  (unbezifferten)  75  Blätter  vorhanden.  Spätere  Abzücre 
haben  den  Zusatz  parte  terza,  indem  die  1575  bei  Lorenzo  della  Vaccheria 
(so)  erschienenen  Vestigi  deWantichitä  di  Roma  von  Eticnne  du  Perac  aus 
Paris  in  ihren  späteren  Abdrücken  als  parte  prima,  die  im  Jubiläumsjahre 
1600  bei  Andrea  della  Vaccaria  (so)  erschienenen  Ornamenti  di  fahriche  antichi 
e  moderni  delVAhna  Cittä  di  Roma  als  parte  seconda  bezeichnet  wurden. 
Eine  pars  secunda  der  Icones  erschien  1621  in  Eom  ex  typis  Gottifredi  de 
Scaichis  ;  sie  enthält  wesentlich  die  gleichen  Blätter  wie  der  erste  Band,  mit 
einigen  Blättern  aus  Cavalieri  vermischt. 

(8*)  Icones  stat.  antiq.  U.  R ,  1589,  Bl.  f  1  equi  montis  Quirinalis,  wie- 
derholt z.  B.  in  den  Antiquitates  Romanae  urbis  studio  Hier.  Franzini  (so), 
1596,  in  der  Roma  ant.  e  mod.,  1663,  S.  602,  in  der  Roma  sacra,  ant.  e  mod , 
1687,  R.  mod.  S.  61.  Uebrigens  war  der  Holzschnitt  schon  1588  von  Girol. 
Francini  (so)  in  seinen  Neudrucken  des  Marliani  von  1534,  S.  96''',  und  des 
Fulvio,  S.  62'",  verwendet  worden. 

(85)  Die  neue  Herrichtung  kostete  2334  Scudi  (Bertolotti,  Art.  lombardi 
a  Roma  I,  75.  Cerasoli  bull,  comun.  1896, 187).  Abbildungen  der  neuen  Aufstel- 
lung mit  den  langen  Inschriften,  von  Nik.  van  Aelst  (Stich  von  Tenipesta)  im 
Speculum,  ferner  in  den  Ornamenti  [Anm.  83],  danach  btM  de  T\ubeis  (Anm.  81]: 
die  einzelnen  Gruppen  oft.  z.  B.  bei  Perrier  (1038)  Taf.  22  ff.,  der  auch  schon 
neben  der  Deutung  auf  Alexander  die  neue,  1634  von  Urban  VIII  eingeführte, 
1638  von  Donati  begründete  Erklärung  als  Dioskuren  anführt.  Ein  Stich  Gio. 


266  ■\-    .MI<^"HAE1.1S 

erheiterndes  Nachspiel  zu  der  ganzen  Yenvirning  in  den  Abbildun- 
gen liefert,  wie  so  oft,  Saudrart.  der  im  Jahre  1080,  also  fast  hun- 
dert Jahre  nach  Sixtus  Umstellung  und  Ergänzung,  die  er  doch  aus 
seinem  römischen  Aufenthalt  kennen  musste,  harmlos  die  Phidias- 
gruppe  noch  mit  dem  untermauerten  Pferd  (als  besonders  gut  erhal- 
ten!) nach  Salamancas  Stich  wiederholt,  dieser  Copie  sein  «  Saa- 
drart  delineavit  ■'  hinzufügt  und  das  von  Salamanca  hinzugesetzte 
Epigi-amm  für  die  Inschrift  auf  der  Basis  selbst  ausgibt  ('^''') ! 

Diese  Darlegung,  die  zur  Beseitigung  von  Irrthümern  erfor- 
derlich war,  ist  vielleicht  nicht  ohne  Interesse  für  die  Beurtheilung 
der  Kupferstiche  des  Cinquecento,  wo  die  Stecher  vielfach  frühere 
Stiche  schlecht  copierten,  statt  die  leicht  zugänglichen  Monumente 
selbst  zu  Grunde  zu  legen.  Es  bleiben  noch  zwei  Gründe  übrig, 
die  für  die  Annahme  einer  stattgehabten  Vertauschung  der  Kimst- 
lerinschriften  geltend  gemacht  worden  sind.  Zunächst  soll  aus  dem 
Zeugnisse  des  Paduaner  Arztes  und  Naturforschers  Giovanni 
Dondi,  der  1375  Rom  besuchte  und  dort  Inschriften  copierte,  her- 
vorgehen, dass  damals  Phidias  Name  unter  der  rechten,  der  des 
Praxiteles  unter  der  linken  Gruppe  gestanden  habe.  Da  sein  Zeugnis 
aber  so  aussieht  (^") :  siib  marmoreis  ymaginibus  homimrn  et  equo- 
riim  magnorum  Staat  litterae  Imiusmodi : 

sub  dextris  sunt  haec :  sub  sinistris  sunt  haec : 

OPVS  FIDIAE  OPVS   PRAXITELIS 

Guerras,  dem  Cardinal  Alessandro  Peretti,  Grossneffen  des  Papstes,  gewidmet  (im 
Speculum,  mir  von  P.  Arndt  in  Photographie  mitgetheill),  zeigt  die  beiden  Grup- 
pen auf  gesonderten  Basen  mit  einer  als  Brunnen  hergerichteten  päpstlichen 
Tiara  dazwischen,  das  Ganze  vor  einer  architektonisch  verzierten  Rückwand, 
deren  Attika  die  Hauptinschrift  Sixtus  V pont.  max.  signa  Alexandri  —  an. 
MDLXXXIX  pord.  IUI  trägt,  während  die  andern  beiden  Inschriften  Phi- 
dias —  expressit  und  Praxiteles  —  perfecit  (s.  den  Text  bei  v.  Duhn  S.  264) 
an  ihrer  Stelle  auf  den  Basen  stehen.  Das  Ganze  macht  den  Eindruck  eines 
wirklichen  Entwurfes,  etwa  als  Gegenstück  zum  Mosesbrunnen  der  Acqua  Fe- 
iice als  gr.jssartige  Wanddekoration  gedacht.  —  Die  neue  Aufstellung  im  Zu- 
sammenhang der  Neuordnung  des  ganzen  Platzes,  nach  völligem  Abbruch  der 
Thermen,  zeigt  das  unter  Paul  V  aufgenommene  Stadtbild  lAnm.  93);  die  ein- 
zelnen Gruppen,  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Pferde,  s.  bei  Furl- 
wängler  u.  Urlichs,  Denkni.  griech.  u.  röm.  Sculptur,  Hand-Ausgabe,  S.  20  f. 

(8«)  Sculpturae  veteris  admiranda,  1680,  Tafel  f,  von  Rieh.  CoUin  ge- 
stochen. Vgl.  über  Sandrarts  Unzuverlässigkeit  Jahrb.  1890,  S.  60. 

(87)  C.  I.  L.  VI.  1,  S.  XXVIII,  n. 


MONTE    CAVAl.LO  267 

SO  ist  klar,  dass  üondi  reclits  und  links  nicht  vom  Standpunkt  des 
Beschauers,  sondern  aus  dem  Sinne  der  Statuen  verstanden  hat ; 
die  Anordnung  der  Inschriften  bestätigt  vollkommen  Heemskercks 
und  Salamaucas  Abbildungen.  Die  gleiche  Reihenfolge  der  Namen. 
Phidias  voran,  geben  Poggio  (der  überall  eigenes  Studium  der  In- 
schriften verräth),  Strozzis  Stadtplan  von  1474,  der  Prospettivo  (aller- 
dings im  Verse),  xVlbertini,  die  venezianischen  Gesandten  von  152c}, 
Marliani,  Fabricius,  Panvinio,  Gamucci.  Pittoni,  Roissard  {^^).  Dage- 
gen nennen  Praxiteles  an  erster  Stelle  die  Mirabilien  und  Petrarca, 
auffallender  Weise  Signorili  (opus  pra.vitelis  \  opus  ßdiae),  dann 
Biondo  mit  Marliani  und  Fichard,  Fulvio,  Fauno,  Aldrovandi,  Mau- 
ro  (^9).  ]\jan  sieht,  wie  wenig  bei  blosser  Anführung  der  Namen  auf 
deren  Stellung  zu  geben  ist ;  immerhin  steht  eine  Anzahl  zuver- 
lässiger Zeugen  auf  Seiten  der  richtigen  Ueberlieferung. 

Die  Voranstellung  des  Praxiteles  soll  endlich  eine  Stütze  an 
dem  mittelalterlichen  Namen  der  Gegend  Opus  Pra.xitelis  [kmw.  17) 
und  au  der  Stellung  der  Beischriften  auf  B  u fa  1  i n  i s  Plan  (Fig.  1) 
finden;  danach  müsse  die  am  nördlichen  Ende  befindliche  In- 
schrift des  Praxiteles  zur  Linken,  dem  Vorübergehenden  zunächst 
in  die  Augen  fallend,  angebracht  gewesen  sein.  Diesem  Schluss 
liegt  die  stillschweigende  Annahme  zu  Grunde,  dass  die  Kolossal- 
gruppe ihre  Front  gegen  Nordwesten  gerichtet  und  den  Constantins- 
thermen  die  Rückseite  zugewandt  habe.  Dafür  lassen  sich  allerdings 
die  älteren  Stadtbilder,  namentlich  das  von  1474.  anführen  ('^"). 
Dennoch  ist  jene  Annahme  irrig.  Die  Zeichnung  Heemskercks  zeigt 
noch  deutlicher  als  der  Stich  Salamaucas,  dass  der  Standpunkt  für 
den  Zeichner  von  vorne  sehr  beengt  war,  während  die  Ansicht  der 
Rückseite  (Fig.  2)  aus  grösserer  Entfernung  gezeichnet  werden 
konnte.  Ein  Blick  aufBufalinis  Plan  (Fig.  1)  gibt  die  Erklärung. 


(88)  Poggio  bei  Urlichs,  Cod.  lopogr.  S.  211.  Redischer  .Stadtplan  bei  de 
Rossi  Taf.  4.  Albei-tini  f.  Gl'.  Prospettivo  [Aiiin.  18]  Str.  11.  Venez.  (Jesandte 
[Anin.  69]  S.  108.  Marliani,  1-534,  S.  119^  Fabricius  S.  31.  Panvinio  S.  146. 
Gamucci,  Äntich.  d.  cittä  di  R.,  1565,  S.  121.  Pittoni  [Anni.  80].  Boissard  1.  'M. 
Alle  diese  Zeugnisse  hat  v.  Dulin  übergangen. 

(89)  Petrarca,  epp.  (am.  G,  '2.  Fichard  [Anm.  30]  S.  41.  Mauro  S.  70.  Die 
übrigen  Zeugnisse  s.  bei  v.  Duhn  S.  263. 

(90)  Anm.  9  und  19.  Vgl.  das  geraalte  Statdbild  in  Siena  von  1411,  /?m//. 
comun.  1881  Taf.  3.  4. 


268  •^-    Ml<  IIAKLIS 

sobald  man  sich  die  Gruppe  nach  Südosten,  gegen  die  Thermen 
gerichtet  denkt.  Dabei  ergibt  sieh  die  Ecke  im  Hiutergrimd  auf 
Heemskercks  Zeichnung  als  ein  Theil  der  berühmten  Vigna  des 
Cardinais  von  Ferrara,  Ippolito  d'Este,  die  einst  vom  Cardinal  Oli- 
vieri  Carafa  angelegt  worden  war  und  später  in  den  Quirinalspalast 
mit  seinem  Garten  aufgegangen  ist(^");  die  Ecke  scheint  damals 
noch  nicht  mit  einem  so  grossen  Gebäude  besetzt  gewesen  zu  sein 
wie  anderthalb  Jahrzehnte  später,  zu  Bulalinis  Zeit.  Rechts  neben 
dieser  Vigna  zweigt  sich  die  alla  semita  ab,  die,  der  heutigen  Via 
del  Quirinale  und  Via  Venti  Settembre  entsprechend,  zur  damali- 
gen Porta  S.  Agnese,  heute  Porta  Pia,  führte.  Das  leicht  augedeu- 
tete Haus  ganz  zur  Rechten  endlich  wird  zur  Vigna  des  Bischofs 
von  Terni,  Sebastiano  de'  Valenti  (gest.  1558),  gehört  haben,  deren 
Stelle  im  achtzehnten  Jahrhundert  der  Palast  der  Consulta  einnahm. 
So  erklärt  sich  jede  Einzelheit  der  Zeichnung,  während  bei  der 
entgegengesetzten  Annahme  über  die  Richtung  der  Kolossalgruppe 
nichts  passen  und  das  Fehlen  der  gewaltigen  Reste  der  Constan- 
tinsthermen  im  Hintergrunde  unerklärlich  sein  würde. 

Dass  die  Dioskureu  wirklich  den  Thermen  zugekehrt  waren, 
lässt  sich  aber  auch  noch  directer  beweisen.  Im  Gegensatz  zu  den 
älteren  skizzenhaften  und  schematischen  Stadtbildern  zeigt  dor  Man- 
tuaner  Prospect  {^-),  dass  auf  einer  Linie,  die  von  der  Stadtmauer 
links  von  der  Porta  Salara  aus  über  S.  Susanna  und  den  Palazzo 
di  Venezia  nach  Ponte  Sisto  verläuft,  ungefähr  von  der  alta  semita 
aus,  die  Rosse  von  hinten  sichtbar  waren  mit  einiger  Wendung  nach 
links  gegen  die  (nicht  dargestellten)  Constantinsthermen  und  gegen 

(91)  Fulvius,  Antiquaria  f .  H  I :  I/aud  lonfje  (vmi  den  Fluss.s^öttern)  mons 
Clatrae  et  Apollinis  eminet  altm  {vgl.  Bnfalini),  Tecta  Dicarcheae  staut  in 
quo  picta  Caraphae  Gentis,  Oliveri  patris  fastigin  sacri,  Qui  monteni  exco- 
luit  totum  et  pomaria  fecit,  vgl.  desselben  Antiquitates  f.  XXIir*''  (Oliv.  Ca- 
rafa, Cardinal  seit  1404,  starb  1511).  Fichard  S.  41:  in  ipso  monte...  ingressus 
sum  amplissimos  quosdam  hortos  et  amoenissimos ;  erant,  si  rede  memini, 
Farnesiorum  (Verwechselung  mit  Ferrara;  denn  sicherlich  ist  nicht  von  der 
Casa  Ferreri  bei  den  Constantinsthermen  [Lanciani,  Bull,  comun.  1895  S.  103  f.] 
mit  einem  blossen  hortulus  die  Itede).  Ausführlich  preist  Boissard  I,  94  die 
an  Bäumen  überaus  reichen,  an  Antiken  hinter  der  Vigna  Carpi  [Anm.  54] 
zurückstehenden  Gärten  des  Cardinais  von  Ferrara  (gest.  1572),  des  Schöpfers 
der  Villa  d'Este  in  Tivoli. 

(92)  Anm.  S6. 


MONTE    (AVAl.I.O  2G9 

die  Torre  delle  milizie.  Rechts  davon  erhebt  sich  der  Hü<,'el  mit 
der  Mesa  im  Giardino  Colonna,  neben  den  Constantiusthermen  ein 
beliebter  Punkt  um  das  ganze  Marsfeld  und  seine  Umgebung  zu 
überblicken,  eine  Art  von  linkstiberinischem  Montorio  ('•'•').  Nocli 
deutlicher  als  auf  dem  Mantuaner  Prospect  erscheint  die  Stellung 
der  Kolosse  den  Thermen  gegenüber  auf  der  anteinuae  urbis  imafji) 
Ligorios,  die  Boissard  ohne  Angabe  seiner  Quelle  seinem  Werk 
einverleibt  hat  (^^).  Endlich  verdanke  ich  es  der  Liebenswürdigkeit 
des  Herrn  Dr.  Vincenzo  Federici  in  Rom,  einen  Ausschnitt  aus  dem 
ausführlichen  und  offenbar  sehr  genauen  Stadtbilde  Mario  Kar- 
taris  aus  Viterbo  vom  Jahre  1576,  das  er  so  glücklich  gewesen  ist 
in  der  Biblioteca  Angelica  zu  entdecken  (9^),  im  Massstabe  von  5  :  10 
mittheilen  zu  können  (Fig.  4).  In  dem  Vierteljahrhundert,  das  seit 
der  Herausgabe  von  Bnfalinis  Plan  verflossen  war,  ist  der  grösste 
Theil  der  höchst  baufälligen  (^'^)  Constantiusthermen,  von  deren  Höhe 
noch  um  1560  Antonis  van  de  WA^ngaerde  sein  grosses  Panorama 

(®3)  Der  Hügel  ist  besonders  deutlich  auf  dem  Mantuaner  Prospect,  dem 
Panorama  Wj'ngaerdes  [Anm.  07]  und  dem  grossen  Holzschnitt  (von  Gio. 
Maggi?)  aus  der  Zeit  Pauls  V  {Ball,  comun.  1885  Taf.  14  f).  Fulvius,  An- 
tiquaria  f.  G  IV^  dichtet:  Exiguiis  spatio  collis  consiirc/it  ad  auras,  Cuius 
in  extremo  sublimis  margine  turris  Praeminet  ad  Zephiros,  semesa  et  dis- 
color,  alti.s  Rupibus  assurgens  et  moenibus  addit.a  inagnis  (es  folgt  eine  Hul- 
digung an  die  Colonna).  Fichard  S.  41:  ia  montis  supercilio  surgit  dimidiatc 
turris,  Mesa  (d.  h.  mensa  impcratoris,  s.  Jordan  II,  527  f.)  vulgo  appellata 
Biondo  I,  100  :  eo  ex  monte  prospectus  est  in  depressam  urbis  partem,  wobei 
er  den  damaligen  Besitzer  Cardinal  Prospero  Colonna  (gest.  1463)  und  dessen 
Herrichtuiig  des  Giardino  Colonna  preist.  Eine  Ansicht  der  ^lesa  von  Westen 
mit  den  Gewölben  am  Bergabhang  bei  du  Perac,  Vestigi  Taf.  31.  Lanciani. 
Ruins  S.  431. 

(5*)  Boissard  II  zu  Bogen  J,  1.  Dass  Ligorio  zu  Grunde  liege  (mir  un- 
zugänglich), bemerkt  Hülsen.  Die  Vogelschau  ist  von  Westen  genommen  ;  ebenso 
im  Speculum  ein  Plan  voir Franc.  Paciotto,  1557  (gestochen  von  Nie.  B^atrizet) 
ond  du  Peracs  perfecta  urbis  ant.  imago.  1573  (1582),  mir  ebenfalls  beide 
nicht  zugänglich. 

{^^)  Arch.  d.  SOG.  rom.  di  sLuria  patria  XX,  1897,  S.  485  ff.  Von  dem- 
selben Stecher  rührt  die  vortreffliche,  mehrfach  nachgestochene  .\nsiclit  des 
vaticanischen  Palastes  von  1574  her,  der  icli  im  Jahrbuch  1800  S.  46  die  .■An- 
sicht des  Belvedere  entlehnt  habe  (vgl.  ebenda  S.  45  Anm.  176). 

(96)  Schon  Giovanni  Riicellai  [Anm.  33]  spricht  1450  von  den  terme  di 
Cornelio  il  forte  cascate;  der  Anonymus  von  1467  [Anm.  18]  singt:  quarum 
reliquiae praecipitare  parant ;  zuletzt  du  Perac,  1575  [Anm.  08]:  molto  ruinate. 


270  A.    MICIIAKMS 

Korns  gezeichnet  liatte  ('"),  abgetragen  worden,  und  ihren  höher  ge- 
legenen Theil  nimmt  ein  grosses  Gebäude  mit  zwei  Höfen  ein.  Mau 
könnte  etwa  an  die  1575  von  du  Perac  erwähnten  case  et  gra- 
narij  denken  (''\).  die  im  folgenden  Jahrhundert  den  Bauten  des 
Palastes  Borghese-Altemps-Bentivoglio-Mazarino-Rospigliosi  Platz 
machten,  doch  ist  anscheinend  vielmehr  dasselbe  Gebäude  gemeint, 


Fig.  4.  Ausschnitt  aus  Kartaris  Stadtbild  {1576). 

<las  auf  Giovanni  Maggis  (?)  unter  Paul  V  geschnittenem  Stadtbilde 
(Anm.  93)  die  Stelle  der  späteren  Consulta  einnimmt ;  es  wird 
nach  l.'>53  an  die  Stelle  der  Villa  des  Bischofs  von  Terni  (S.  268) 
getreten   sein.   Deutlich  sprengen    die   gewaltigen   Rosse   auf  die> 


(^')  Bull,  comun.  1895  Taf.  5  ff.  mit  dem  gelehrten  Comraentar  R.  Laii- 
•  ianis.  \g\.  Fabriciii.-;,  Roma  S.  169:  magnae  rui/iae,  aedi/icia  quaedamqua- 
drata,  quaedam  rotunda,  altissimis  fornicibus  extant ;  quorum  unum  p>-r 
i'entum  fere  gradus  ascendimus. 

(»8)  Du  Perac,  Vestigi  Taf.  32  (vgl.  Lanciani  a.  a.  0.  S.  103).  Er  spricht 
von  der  Süd\vest»eite  als  der  abgebrochenen. 


MONTE    lAVALI.O  271 

grosse  Gebäude  zu.  lui  übrigen  zeigt  Kartaris  Stich  den  Platz 
noch  in  seiner  alten  uuregoliiiüssigen  Gestalt ;  die  Neuregelung 
ward  erst  vierzelin  Jahre  später  durch  Sixtus  V  vorgenommen,  wo 
dann  auch  die  Kolossalgruppe  ihren  luittelalterlichen  Platz  ver- 
lassen musste. 

Somit  ist  die  Stellung  der  Namen  in  Hufalinis  Plan  gerecht- 
fertigt; ob  die  vereinzelte  Pezeichuung  des  locus  <iui  dicitar  Opus 
Praxitelis  wirklich  auf  leichterer  Zugänglichkeit  dieser  Inschrift 
beruht  habe,  mag  dahingestellt  bleiben.  Der  Nachweis  der  niemals 
veränderten  Namenszutheilung  ist  aber  der  Aulla>sung  Furtwäng- 
lers  C^^)  nicht  günstig,  der  bekanntlich  die  Inschriften  als  voUgil- 
tige  Zeugnisse  betrachtet  und  auf  Phidias  und  seinen  etwas 
jüngeren  Zeitgenossen,  den  älteren  Praxiteles  (>""),  deutet.  Furt- 
wängler  schildert  den  Unterschied  der  beiden  Gruppen  folgender- 
massen  (S.  183  f.):  «  Das  AVerk  des  Praxiteles  ist  stürmischer  und 
feuriger  in  der  Bewegung.  Besonders  deutlich  tritt  dieser  Unter- 
schied in  den  Köpfen  hervor.  In  dem  Kopfe  des  Praxiteles  liegt 
ein  leidenschaftlicheres,  freieres,  enthusiastischeres  "Wesen ;  weshalb 
man  ihm  auch  den  Vorzug  zu  geben  ptlegt " .  Da  die  von  Furtwängler 
als  praxitelisch  betrachtete  Gruppe  in  Wahrheit  das  ojnis  Fidiae 
ist,  so  müsste  man  natürlich  ol)ige  Charakteristik  auf  Phidias  im 
Gegensatz  zu  Praxiteles  übertragen  —  wenn  man  sicii  nicht  etwa 
der  Worte  Aldrovandis  ('^i)  erinnert:  «  si  maraviglicmo  alcuni, 
come  siano  questi  simulacri  cos)  simili  et  equali,  esseado  stati 
da  diversi  maestri  fatti  "   (was  man  auch   umkehren   kann)  und 

(^9)  Meisterwerke  S.  128  ff.,  v.tjl.  Furtwängler  u.  Urlichs  Denkni.  griecli. 
u.  röm.  Sculptur,  Handausgabe  S.  25  ff.  Zugestimmt  hat  z.  B.  G.  Körte,  Berl. 
philol.  Wochenschr.  1894  S.  1030,  sich  dagegen  erklärt  Reisch,  Zeitschr.  f.  bild. 
Kunst,  N.  F.  VII,  1896,  S.  154.  Die  Kleinheit  und  das  Pathos  der  Köpfe  der 
Dioskuren,  sowie  die  Formen  der  l'ferdeköpfe  scheinen  mir  doutlicli  gegen  die 
frühe  Entstehung  der  Originale  zu  spreclien. 

(looj  Dessen  Existenz  halte  ich  allerdings  seit  Benndorfs  erstem  Nachweis 
(Gott.  gel.  Anz.  1871  S.  610  ff.),  der  durch  Köhlers  Bemerkungen  (Ath.  :\Iittli. 
1884,  S.  78  ff.)  schwerlich  ersclinltert  wird,  für  gesichert,  seine  Thätigkeij 
aber  im  einzelnen  für  sehr  schwer  bestimmbar,  wie  denn  ja  auch  Werke  ver- 
schiedenster Zeit  und  Kichtung  auf  ilm  abgeladen  werden.  Brunns  und  Ussings 
völlig  ablehnende  Kritik  (Münclm.  Sitzungsber.  1880,  S.  435  ff.  Danske  Vidensk. 
Selsk.  Skr.,  VI.  Beihe,  IV,  297  ff.)  scheint  mir  das  Kind  mit  dem  Bade  aus- 
zuschütten. 

(>o>)  S.  311. 


AD.    MICHAELIS 


beide  Gruppen  als  demselben  Künstlergeist  entsprungen  ansieht  ("**). 
Die  Inschriften  können  ja  auf  alter  echter  Tradition  beruhen  und 
von  dem  früheren  Standorte  der  Gruppen  auf  ihre  späteren  Basen 
übertragen  worden  sein,  ebenso  wohl  aber  ist  es  denkbar  —  und 
das  ist  ja  auch  die  gewöhnliche  Ansicht  —  dass  sie  nur  die  Erinne- 
rung an  die  beiden  berühmtesten  Bildhauer  Griechenlands,  Phidias 
und  (dann  natiu-lich  den  jüngeren)  Praxiteles,  mit  den  gewaltigen 
Gruppen  verbinden  sollten;  grade  so  wie  dies  auch  in  später  Zeit 
mit  der  Parthenos  und  der  sogenannten  Promachos  geschehen  ist  ("^^). 
Letzterer  Ansicht  werden  jene  Basen  entgegengehalten,  die  mit 
den  Inschriften  ojmn  Poli/cläij  Praxitelis^  Brijaxidis,  Timarchi, 
Tisicraiis  Ytivseheu  in  Rom  zum  Vorschein  gekommen  sind  ("^"').  Da 
die  Paläographie  nach  dem  Urtheile  de  Rossis  und  Henzens  ('^^) 
diese  Inschriften  in  das  zweite  oder  dritte  Jahrhundert  verweist 
und  ihr  Schriftcharakter  von  dem  der  Inschriften  an  den  Kolossen, 
soweit  deren  Abbildungen  ein  sicheres  ürtheil  erlauben,  völlig  ver- 
schieden ist,  so  kann  von  einer  unmittelbaren  Zusammengehörig- 
keit der  ganzen  Inschriftengruppe  nicht  die  Rede  sein,  sondern  die 
Analogie  zeigt  nur,  dass  diese  Art  von  Künstlerbezeichnung,  der 
griechischen  mit  f^oyor  nachgebildet  und  vielleicht  pergamenischem 
Brauch  entlehnt  ("^''),  in  der  späteren  Kaiserzeit,  wo  lateinische  In- 
schriften an  die  Stelle  der  griechischen  traten,  die  übliche  war. 
Denn  dass  die  Inschriften  der  Kolosse  frühestens  aus  der  Mitte 
des  vierten  Jahrhunderts  stammen,  geht  aus  Mommsens  Beobach- 


(i"2j  M.  Wagner,  Kunstblatt  1824,  S.  373  f.:  "Daher  ich  der  festen  Ue- 
berzeugung  bin...  dass  derselbe  Künstler,  welcher  das  Modell  zu  dem  einen 
verfertigt,  nothwendig  auch  das  Modell  zu  dem  andern  gemacht  haben  muss  " . 
Aehnlich  urtheilt  auch  der  Bildhauer  Fogelbcrg,  Annali  1842,  S.  199. 

(i"3)  So  der  Scholiast  zu  Aristeides  III,  S.  320  Dind.,  dem  Furtwängler 
(Meisterw.  S.  52  fF.)  mehr  Gewicht  beilegt  als  den  Zeugnissen  Ovids  ea:  Ponto 

4,  1,  31  und  Pausanias  1,  28,  2. 

(lö*)  Löwy,  Inschr.  n.  489-493.  C.  I.  L.  VI,  10039-43.  Die  Inschriften  erin- 
nern in  der  Mannigfaltigkeit  der  Künstler  an  kunstgeschichtliche  Liebhabe- 
reien, wie  wir  sie  von  Pergamon  her  kennen  (Fränkel,  Inschr.  v.  Perganion  I, 

5.  42). 

('05)  De  Rossi,  BvXl.  munic.  1874,  S.  181.  Henzen,  C  I.  L.  VI,  2  S.  1306. 

(»06)  Löwy  S.  XIII,  vgl.  n.  154  und  506.  Kaibel,  Inscr.  Gr.  Italiae,  1254. 
Verwandter  Art  sind  llQuxXijg  EvcpQayoQog,  Fayviif'j&t^s  -Isio/cIqovs  ^Adrjvcäov, 
Kv,ioi>.evs  llQd^irtXovs  (Kaibel  1240.  1253.  1259). 


MÜNTK    CAVALLO  llo 

tungC"')  Über  den —  sclion  den  venezianischen  Gesandten  von  1523 
autfiilligen  ('"'^)  —  (iebiaiich  von  F  statt  PH  im  Namen  des  Phi- 
dias  hervor.  Frühestens;  natürlicli  können  sie  auch  noch  später  fallen. 
In  späte  Zeit  aber  verweist  die  plumpe  Gestalt  der  Basen  und  ihre 
Znsammensetzung  aus  sehr  verschiedenartigen  Blöcken,  vor  allenj 
der  überaus  schwächliche  obere  Abschluss  mit  dem  winzigen  Eier- 
stab ohne  vorspringendes  Gesims  darüber.  Dass  noch  die  constan- 
tinische  Zeit  eine  ganz  andere  architektonische  Kmptinduug  hatte, 
zeigt  beispielsweise  der  Constaiitinsbogen  ;  es  dürfte  überhaupt 
schwer  sein  im  antiken  Rom  eine  ähnliche  Gefühllosigkeit  im  Ar- 
chitektonischen nachzuweisen.  Nun  hat  bekanntlich  Flaminio  Vacca 
beim  Abbruch  der  Basen  die  Bemerkung  gemacht,  dass  die  dabei 
verwendeten  Blöcke  auch  auf  der  Innenseite  bearbeitet  waren  und 
dass  ihre  Gliederungen  denen  am  sog.  Frontispizio  di  Nerone  und 
an  anderen  dort  gefundenen  Architekturstücken  entsprachen  ("'■').  Es 
scheint  danach,  dass  dies  Gebäude  bereits  der  Zerstörung  verfallen 
war,  als  die  Kolosse  auf  ihre  neuen  Basen  versetzt  wurden.  Auch 
dies  weist  auf  späte  Zeit.  Je  später  wir  aber  mit  der  Errichtung 
kommen,  desto  mehr  wird  man  annehmen  dürfen,  dass  weniger 
Sinn  für  speciellere  kunsthistorische  Interessen  und  den  längst  ver- 
schollenen älteren  Praxiteles  als  etwa  eine  Erinnnerung  an  die  be- 
rühmtesten Künstlernamen  im  Spiele  war. 

Allgemein  bringt  man  die  Kolosse  in  Zusammenhang  mit  den 
Constantinsthermen.  AVenn  diese  überhaupt,  ebenso  wie  die  thermae 
Alexandrinne  {^^'*),  ein  ergänzendes  nemus  mit  Kunstwerken  besas- 
sen  (was  bei  der  im  ganzen  Bau  sichtbaren  Beschränkung  des  Raumes 
nicht  als  sicher  gelten  kann),  so  konnte  das  allerdings  nur  jen- 
seits der  Strasse,  gegen  den  Rand  des  Berges  hin,  gelegen  sein,  das 

(•<'■')  Hermes  XIV,  72  ff.  Insbesondere  bewahren  die  stadtri'^mischen  In- 
schriften Constantins  noch  durchweg  die  ältere  Schreibung  mit  ph. 

(io8j  Vgl.  Anm.  W :  sotto  imo  dei  quali  sono  lettere  maiuscole  antiquis- 
sime  che  dicono :  opus  Fidiae;  e  sotto  Valtro:  opus  Praxitelis ;  e  il 
Fidiae  i  scritto  senza  aspirato,  che  doveva  essere  scritto  Phidiae. 

(lOS)  Mem.  n.  10:  quando  Sisto  disfece  detti  posamenti,  io  osservai  che 
quelle  pietre  verso  il  muro  erano  lavorate,  et  vestigie  di  Nerone,  perchP 
m'accorsi  alla  modinatura  esser  le  medesime  che  si  vef/r/ono  oggi  nel  fron- 
tispicio,  et  in  altre  pietre  che  per  li  tempi  adietro  mi  ricordo  cavai'si  in 
quel  luogo. 

{•»o)  Vita  Älexandri  25. 

18 


■_>7  1  V.    Mh  IIAKLIS,    MOMK    (WAI.LO 

heisst  also  auf  der  weiten  Terrasse  jenes  grossen  Tempels,  dessen 
Uebei-bleibsel  das  Frontispizio  di  Nerone  war,  mag  das  nun,  wie 
Hülsen  annimtC"),  Caracallas  Serapistempel  oder  was  sonst  für  ein 
Tempel  gewesen  sein.  Da  aber,  wie  wir  eben  sahen,  die  Aufstel- 
lung der  Kolosse  auf  ihren  Basen  die  Zerst(3rung  dieses  Tempels 
voraussetzt,  so  kann  die  von  Lanciani  ("-)  gegebene  Anordnung,  wo- 
nach die  Kolosse  in  unmittelbare  Beziehung  zu  der  Front  des  Tem- 
pels gesetzt  werden,  nicht  richtig  sein.  Vielmehr  möchte  man,  da  die 
Inschriften  die  Basen  in  nachconstantinische  Zeit  verweisen,  an  die 
im  Jahre  443,  unmittelbar  nach  einem  grossen  Erdbeben  ("»).  durch 
den  Stadtpräfecten  Quadratianus  erfolgte  Restauration  der  Coastanli- 
iiianae  thermae  longa  iiiciiria  et  abolendae  civilis  vel  potius  fera- 
lis  cladis  vastalione  vehementer  adfliciae  denken,  die  das  Gebäude 
iiipristinam  faciem  spleiuloremque  reslitail  ("^);  dabei  mag  auch 
für  die  durch  den  Abbruch  oder  Verfall  des  Tempels  entstellte 
Umgebung  Sorge  getragen  worden  sein. 

Meine  Ausführung  beschränkt  sich  auf  die  Schicksale  der  Ko- 
losse während  ihrer  Aufstellung  auf  ihrem  mittelalterlichen  Posten 
bis  zum  Jahre  1589.  Dass  sie  vor  ihrer  Verbringung  auf  die  qui- 
riualische  Höhe  schon  eine  andere  Verwendung  gefunden  hatten, 
ist  allgemein  zugestanden.  Darüber  wird  gelegentlich  Petersen  seine 
Ansicht  darlegen. 

Strassburg. 

Ad.  Michaelis. 


(11  ij  X.  rhein.  Museum  XLIX,  1894,  S.  394  ff.  Die  frühe  Zerstörung 
würde  gut  zu  dieser  Anahme  passen. 

(!'■-)  Forma  U.  R.  Bl.  16.  Ihm  war  darin  Fea,  Prodromo  di  nuove  osserv. 
a.  7  f.,  vorangegantjen  wegen  angeblicher  Uebereinstimmung  der  Gruppen  mit 
dem  Tempel  in  Material,  Kolossalität  und  Kunstcharaktor,  woraus  er  auf  die 
epoca  di  Traiano,  e  d'Adriano,  e  dopo  schloss.  S.  dagegen  M.  Wagner,  Kunstbl. 
1834,  S.  387  f.  Jordan  II,  529. 

(ii3j  Paulus  Diaconus,  hist.  Rom.  XIII,  16  zum  J.  442:  sub  Ins  fere 
diebus  tarn  terribili  Roma  terrae  motu  concussa  est,  ut  plurimae  eins  ae- 
des  aedificiaque  corruerint.  Fasti  Vindobon.  poster.  in  Mommsens  Chronica 
min.  I  S.  301  zum  J.  443  :  terrae  motus  factus  est  Romae  et  ceciderunt  sto- 
tuae  et  portica  nova.  Beide  Stellen  sind  mir  von  Dr.  H.  Bloch  nachgewiesen. 
Vgl.  Reumont,  Gesch.  d.  Stadt  Rom  I,  761  f.  K.  E.  v.  Hoff,  Gesch,  d.  Ver- 
änderungen der  Erdoberfläche  IV,  1840,  S.  185. 

(»!*)  C.  I.  L.  VI.  17Ö0. 


UKMEKKUNGKX 

VON    EINER 

CHRISTLICH-ARCHAEOLOGISCHEX  STUDIMNREISE 
NACH  MALTA  Ux\D  NOUDAFUIKA. 

(Tf.  IX.  X) 


Die  nachfolgenden  Zeilen  haben  im  wesentlichen  den  Zweck, 
den  christlichen  Archäologen  kurz  zusammenfassend  über  die  wich- 
tigsten für  ihn  in  Betracht  kommenden  Denkmäler  zu  orientieren, 
die  ihm  in  den  von  mir  im  vorigen  Sommer  besuch  ton  Gebieten  von 
Malta  und  Nordafrika  begegnen.  Einen  entsprechenden  Abschnitt 
über  Sicilien  habe  ich  einstweilen  zurückgelegt,  da  ec  nach  Er- 
scheinen von  Führers  «  Forschungen  zur  Sicilia  Sotterranea  "  erheb- 
lich hätte  umgestaltet  werden  müssen.  Im  Vergleiche  zu  der  Menge 
des  namentlich  in  NordatVika  Erhaltenen  ist  bis  jetzt  niclit  viel 
aus  diesen  für  die  christliche  Archäologie  so  wichtigen  Gebieten  pu- 
bliziert, und  auch  dies  vielfach  in  lokalen,  den  deutschen  Forschern 
schwer  zugänglichen  Zeitschriften,  so  dass  die  literarischen  Ver- 
weisungen ebenso  erwünscht  wie  unumgänglich  sein  werden. 

I.  Malta. 

So  bekannt  der  Name  Melite's  in  der  christlichen  Kirche  seit 
der  Gründungszeit  durch  den  an  der  Nordküste  der  Insel  wahr- 
scheinlich im  Herbste  des  Jahres  60  erfolgten  Schiffbruch  und  den 
dadurch  veranlassten  dreimonatlichen  Aufenthalt  des  Apostels  Pau- 
lus geworden  ist,  so  wenig  ist  uns  über  die  Einführung  des  Chris- 
tentums und  die  Schicksale  der  dortigen  Gemeinden  während  der 
ersten  Jahrhunderte  überliefert,  und  das  Ueberlieferte  besteht  fast 
nur  in  legendenhaften  Notizen  (').  Die  einzige  Quelle,  die  uns  we- 

(1)  Das  für  die  Inselgruppe  einstweilen  in  Betracht  kommende  Material 
ist  jetzt  zusammengestellt  (zu  ergänzen  ist  Gatt.  Said,  La  (jrotta  di  S.  Paol», 
■\lalta  I860;  mir  nicht  zugänglich)  und  mit  einigen  AVorten  kritisch  beleuchtet 
von  Albert  Mayr.  Zur  (ieschichte  der  älteren  christlichen  Kirche  von  Malta 


:«o 


G.    SriHI.KALTH 


nigsteiis  über  die  Existenz  und  die  Ausgestaltung,  wohl  auch  über 
das  religiöse  Leben  und  dergl.  einigen  näheren  Aufschluss  geben 
könnte,  nämlich  die  in  ziemlicher  Anzahl  vorhandenen  Katakom- 
ben, ist  bisher,  man  kann  sagen,  durchaus  vernachlässigt,  und  selbst 
die  kurze  Uebersicht  der  christlichen  Nekropolen,  die  der  bisherige 


Fig.  1. 


Direktor  der  Bibliothek  und  des  Museums,  Caruana  ('),  in  seinem 
Report  Oll  the  Phoenician  and  Roman  Aatiquities  in  the  group 
of  Islands  of  Malta  (Malta  1882)  S.  106  ff.,  gegeben  hat,  scheint 
vielfach  nur,  ohne  nachgeprüft  zu  sein,  auf  den  Angaben  der  äl- 
teren  Literatur   zu  beruhen.  So  ist  z.  B.  seine  Beschreibung  der 


Historisches  Jahrbuch  dar  Görresgesellschaft,  Bd.  XVII.  Jahrj^f.  1896  S.  475  f. 
Doch  kann  ich  zu  Maj-r's  Anm.  7  S.  476  hier  bemerken,  dass  die  von  V.  Schultze 
^'egebene  Deutung  des  betr.  Bildes  in  einer  der  Sakrament.skapel!en  von  S.  Cal- 
listo  in  Rom  (Wilpert,  Die  Malereien  der  Sakramentskapellen  des  hl.  Call.,  1897, 
Fig.  12)  als  Schiffbruch  Pauli  unrichtig  ist;  es  ist  vielmehr  eine  Jonasscene; 
vgl.  Stuhlfauth,  Die  Engel,  S.  154  Anm.  1 ;  Mitius,  Jonas,  S.  14  ff. 

(')  Sein  Nachfolger  ist  Monsignore  A.  Mifsud,  dem  ich  für  sein  äusserst 
liebenswürdiges  Entgegenkommen  in  ludiem  Maassc  verpflichtet  bin. 


BE.MERKUNGKN    VON    EINER    CIIRISTI,(CH-AHCH.    STUDIENREISE  277 

als  Basilica  und  Baptisteriiini  bezeichneten  Räume  der  Katakombe 
von  S.  Paolo  mit  dem  wirklichen  Thatbestande  vollkonmien  un- 
vereinbar. Unter  diesen  Umständen  wird  die  beistehende  an  Ort 
und  Stelle  genommene  Planskizze  jenes  Teiles  des  bedeutendsten  und 
geräumigsten  maltesischen  Coemeteriums  nicht  ohne  Interesse  sein. 

Die  Katakombe  von  der  jetzt  benutzten  Eiugangstreppe  aus 
durchschreitend,  tritt  man  bei  U  in  unsere  beiden  Räume  ein.  Den 
antiken  Eingang  bildete  eine  ziemlich  breite  Treppe  /.  deren  untere 
drei  Stufen  antik  sind.  Die  Treppe  /  und  ihre  Fortsetzung  t,  führt 
in  den  (Basilica  genannten)  Saal  A,  an  den  sich  rechts  ein  zweiter 
(sog.  Baptisterium)  B  anschliesst.  Der  Boden  von  A  liegt  ca.  0,80  m. 
tiefer  als  der  von  B,  zu  dem  man  wiederum  über  drei  Stufen  (/j) 
aus  A  hinaufsteigen  kann.  Auf  der  Ecke  von  (z  und  f^  stehen  vier 
kräftige,  aus  einem  natürliclien  Pilaster  gehauene  kannelierte  Säulen, 
bestimmt,  das  A  und  B  gemeinsame  Gewölbe  zu  stützen ;  sie  be- 
decken eine  GrundÜäche,  die  auf  der  Seite  von  B  und  gegenüber 
1,45  m.,  auf  den  beiden  anderen  Seiten  1,85  m.  misst.  Die  Höhe 
dieser  Säulen  ist  2,45  m.,  die  Decke  von  B  ist  noch  etwa  35  cm. 
höher.  Am  Ende  von  A  ist  an  der  Rückwand  eine  Lünette  (n)  so 
tief  ein^-egraben,  dass  sie  zwei  hintereinandorliegende  Gräber  über- 
deckt;  davor  liegt,  ebenfalls  der  Länge  nach  der  Richtung  der  Wand 
folgend,  ein  drittes  Grab,  und  zwar  hat  die  vordere  Wand,  (vom  Bo- 
den des  Raumes  A  aus)  eine  Höhe  von  1,60  m.,  die  beiden  anderen 
Gräber  nach  rückwärts  unter  der  Arkosolwölbuug  liegen  noch  25  cm. 
höher;  es  ist  wohl  denkbar,  dass  man  die  Oberflächen  dieser  Gräber 
in  späterer  Zeit  als  Altar  verwendet  hat.  c-c^  sind  oblonge  Boden- 
ausschnitte von  je  0,10  m.  Tiefe;  <?i  ist  1,60  m.  breit  und  2,48  m. 
lang  (*).  An  der  linken  Wand  ist  eine  flache  und  nur  ganz  leicht 
gerundete  Bogenuische ;  von  einem  in  sie  gemalten  Fresco  sind  nur 
noch  ganz  geringe  Spuren  zu  sehen.  Die  grösste  Breite  von  A  ist 
a;  =  4,35  m.,  die  Länge  der  Bodenfläche  =  8,20  m. ;  y  =  3,25  m. 
53  und  Si  sind  Säulenbaseu;  s,  und  $2  je  zwei  in  den  Fels  gehauene 
Säulchen  ;  ^  zwei  Stufen,  darüber  eine  dritte,  die  in  den  Gang  hin- 
ter B  führt. 

Der  Saal  B,  wie  schon  gesagt  mit  einem  gegen  A  um  ca. 
80  cm.  höher  liegenden  Boden,  einer  grössten  Breite  von  4,80  m., 

(»)  Die  Bestimmung  dieser  Vertiefungen  ist  mir  unklar. 


27S  fi.    STIHI.FAITH 

hat  zwei  iu  der  Breite  wie  in  der  Tiefe  ungleiche  Apsiden;  die 
Entfernung  zwischen  den  zwei  vorderen  Querlinien  k  =  5,32  m.,  die 
Tiefe  der  breiteren  Apsis  o  =  3,15  ni. ;  die  gegenüberliegende  Apsis 
ist  hinten  offen  auf  den  von  t^  herkommenden,  bei  dem  Pfeil  mit- 
tels einer  vierstufigen  Treppe  aus  B  liinausführenden  Gang,  an 
dessen  Aussenwaud  Gräber  angebracht  sind.  Besonderes  Interesse 
erregen  die  beiden  ganz  gleichförmigen,  von  den  Apsiden  umschlos- 
senen und  ganz  an  ihrer  Vorderseite  liegenden  cylinderfürmigeii 
Erhöhungen ;  beide  haben  60  cm.  Höhe ;  die  oben  von  einem  Rah- 
men eingefasste  Kreisfläche  hat  im  Durchmesser  1  m. ;  an  ihrer 
Vorderseite  (nach  innen  zu)  haben  l)eide  einen  kleinen  Segment- 
ausschnitt; man  denkt  dabei  in  erster  Linie  an  zwei  natürliche  Al- 
täre, an  deren  Vorderseite  der  Priester  functionierte :  selbstver- 
ständlich wie  diese  ganze  Anlage  als  Kirche  eine  Einrichtung 
erst  relativ  später  Zeit  (').  Bemerkt  sei  noch,  dass  t^,  tg,  t-,  und  ^ 
wie  ^8  mehrstufige  in  die  Gänge  der  Katakombe  hinauft'ührende 
Treppen  andeuten. 

Dass  namentlich  in  der  Periode  des  ausgehenden  christlichen 
Altertums  und  während  des  Mittelalters  auch  die  übrigen  Katakom- 
ben {-)  der  Gegenstand  gottesdienstlicher  Uebung  wie  frommer 
Verehrung  waren,  bezeugt  der  Umstand,  dass  erstens  auch  sie,  we- 

(1)  Diese  Apsiden  und  in  denselben  die  Cylinder  mit  dem  flachen  Becken 
finden  sich  auch  sonst  unter  der  Erde  Malta's,  z.  B.  in  der  Katakombe  der 
hl.  Agatha. 

(*)  Vgl.  auch  Mayr  a.  a.  0.  S.  479 ;  hier  sind  auch  die  Namen  der  haupt- 
sächlichsten von  der  älteren  Literatur  genannten  Coemeterien  wiederholt : 
S.  Paolo,  S.  Agatha,  S.  Venera,  S.  Cataldo,  S.  Maria  della  Grotta,  S.  Maria 
tal  Virtü,  Abbatia.  Manche  sind  gewiss  verfallen  oder  zerstört ;  über  anderen 
ist  wohl  eine  Kirche  gebaut.  Näheres  über  die  Lage  und  die  Beschaffenheit 
dieser  Nekropolen  festzustellen  ist  nur  bei  längerem  Aufenthalte  möglich.  Es 
ist  begründetste  Aussicht,  dass  wir  in  Bälde  einiges  Genauere  über  die  Mal- 
teser altchristlichen  Grabstätten  erfahren  auf  Grund  der  L'ntersuchungen, 
welche  im  letzten  Jahre  mein  Freund  Alb.  Mayr  auf  der  Inselgruppe  angestellt 
hat.  Bisher  existierte  in  weiteren  Kreisen  nur  von  einer  einzigen,  der  Katakombe 
der  Abbatia,  eine  Art  l'laii :  Fr.  Franc.  Abela,  Della  descrittione  di  Malta, 
Malta  1647,  S.  48,  übernommen  in  Fra  Giovanfranc.  Abela,  .Valta  illustrata, 
ovvero  Descrizione  di  3falta...,  corretta,  accresciuta,  e  continouata  dal  conte 
Giovannantonio  Ciantar,  2  Bde.,  Malta  1772.  1780,  Bd.  I  Tav.  VIH,  dazu 
S.  186  ff.  Vor  kurzem  teilte  mir  Mayr  mit,  dass  über  eine  Katakombe  ein  nur 
schwer  zu  erhaltender  Report  Caruanas  mitsamt  Photographieen  erschienen  sei. 


BEMERKUNGEN    VON    EINKK    .HRISTI.tCH-AHril.    STIDIENKEISE  ^T'.t 

nigsteus  nach  den  älteren  Feststellungen,  meist  einen  solchen  ge- 
räumigen Vorsaal  hatten  bzw.  noch  haben,  und  dass  zweitens  gerade 
in  dieseui  allerlei  Fresken  «  in  griechischem  Stil  ^  sich  gefunden 
haben  (Heilige,  Bischöfe  und  dgl.).  die  zweitellos  dem  Mittelalter 
angehören.  So  ist  bereits  bemerkt,  dass  aucii  in  der  Basilika  der 
Katakombe  S.  Paul  an  der  breiten  und  Üachen  Nische  an  der  linken 
Wand  von  A  sich  Bildspuren  erhalten  haben;  die  ausserordentliche 
Feuchtigkeit,  die  in  den  Katakoml)en  herrscht,  wird  freilich  aucli 
sie  bald  beseitigt  haben.  Weit  deutlicher  ist  aber  noch  wenigstens 
ein  kleines  Freskobild  in  der  Katakombe  selbst  erhalten  (').  Es  ist 
mit  ganz  dicken  Pinselstrichen  in  roter  Farbe  an  der  Seite  eines 
Eckpfeilers  aufgetragen;  die  Konturen  sind  meist  von  grüner  Farbe 
begleitet.  Was  die  Frau  mit  dem  Namen  Eutychpine  (?)  thut,  ist 
niclit  näher  zu  erkennen.  Dass  auch  sonst  in  der  PauUkatakoml)e  die 
Dekoration  nicht  fehlte,  erkennt  man  noch  an  allerdings  wiederum 
nur  ganz  schwachen  roten  Farbspuren,  die  sich  über  einem  Arko- 

solgrab  finden. 

Was  die  Grabformen  betrifft,  so  wechseln  im  allgemeinen 
Loculi  mit  Arcosolien;  eine  oft  begegnende  Eigentümlichkeit  ist 
die,  dass  unten  am  Boden  das  Loculusgrab  sich  befindet,  während 
darüber  in  halber  Höhe  der  Wand  die  dazugehörige  Bogennische 
ausgehaueu  ist;  es  entsteht  dadurch  eine  Art  Tisch,  während  dar- 
unter das  Grab  ausgeschnitten  ist. 

Das  Areal,  das  die  Paulskatakombe  bedeckt,  ist  nicht  sehr 
ausgedehnt;  die  Gänge  sind  infolge  der  durch  die  eminente  Feuch- 
tigkeit noch  verstärkten  Weichheit  des  Gesteins  eng  und  verwin- 
kelt. Gegenwärtig  ist  nur  ein  Teil  dieser  Katakombe  zugänglich : 
wie  viel  etwa  noch  verborgen  liegt,  lässt  sich  ohne  genauere  Un- 
tersuchung nicht  sagen.  Beachtung  nach  dieser  Seite  verdient  vor 
allem,  dass  an  einem  Ende  ein  Thor  vermauert  ist ;  an  der  be- 
treffenden Stelle  ist  ein  Ruudbogenportal,  hinter  dem  möglicher- 
weise der  Gang  weiter  führt  (-). 

Die  übrigen  Katakomben  Maltas  sind  bis  jetzt  fast  nur  dem 
Namen  nach  bekannt;  sie  liegen  auf  Malta  selbst  im  Umkreise  der 

(1)  Je  eine  Kopie  hat  das  Museum  der  Bibliutliek  zu  Valetta  und  dit- 
Sakristei  der  Kirche  S.  l'aolo  in  Cittä  Vecchia. 

(»)  «  Seconda  la  leggenda  «  befinden  sich  hinter  dem  Thor  weitere  Orab- 
kammerii,  wäliroiM  d^r  llaupti^MUf;  bis  nach  Valetta  führe ! 


280  G.    STrill-FAlTH 

alten  Hauptstadt.  Ihre  wissenschaftliche  Ausheiitung  und  Bearbei- 
tung ist  noch  immer  eine  der  driujTendsten  und  fjewiss  auch  loh- 


'O 


nenden  Aufgaben  der  christlichen  Archäologie. 

Was  man  an  altchristlichL-n  Gegenständen  bisher  gefunden  hat 
—  es  ist  nur  recht  wenig  —  bewahrt  in  der  Hauptsache  das  Museum 
der  Bibliothek  in  Valetta  (').  Zunächst  seien  liier  genannt  zwei 
Menastläschchen  ('-).  Beide  sind  sehr  roh  gearbeitet  aber  in  ihren 
Reliefs  verschieden.  Das  erste  hat  auf  der  Vorder-  wie  auf  der 
Rückseite  ganz  die  gleiche  Darstellung,  die  sich  im  wesentlichen 
deckt  mit  derjenigen  von  Fig.  95  in  V.  Schnitze's  Archäologie 
(S.  301)  oder  der  Darstellung  auf  der  Vorderseite  des  ersten  Me- 
nasfläschchens,  das  verötfentlicht  wurde  (De  Rossi,  Bidletiino  1869, 
S.  20) :  also  der  Heilige  zwischen  den  beiden  Kamelen  und  zwei 
kleinen  Kreuzen;  doch  ist  auf  dem  Malteser  Exemplar  der  Kopf 
des  Menas  nach  links  gerichtet.  Das  zweite  Exemplar  zeigt  in  dem 
Diskus  der  Vorderseite  wiederum  den  Heiligen  in  Orantenstellung 
zwischen  den  zwei  Kamelen,  doch  ohne  die  Kreuze;  ferner  ganz 
en  face,  mit  einem  breiten  Kopf  und  dem  Nimbus,  welcher  ihm 
auf  dem  ersten  Krüglein  fehlt.  Die  Rückseite  zeigt  genau  wiede- 
rum dasselbe,  was  die  Rückseite  der  genannten,  von  de  Rossi 
publizierten  Ampulle  zeigt:  innerhalb  eines  schematischen  Kran- 
zes die  Inschrift:  svXoyiu  tov  dyiov  M/;»-« -|- und  darunter  drei 
dicke  Punkte.  Ausser  diesen  Menasfläschchen  notiere  ich  18  alt- 
christliche Lampen,  von  denen  zwei  nur  in  kleinen  Fragmenten 
erhalten  sind:    Fisch    (zweimal),    Kreuz    (zweimal),    Monogramm 

(')  Es  existieren  auch  kleinere  Privatsanimlungeii  ;iuf  der  Insel;  ferner 
sagt  Caruana,  Report,  S.  107:  It  is  alleged,  that  in  the  tomh  bearing  the 
monogram  of  Christ  surmounted  by  a  croivn  held  by  tivo  A^igels,  in  the  Church 
of  this  Cemetery  (S.  Paul),  there  was  found  the  small  ehest  containing  bo- 
nes,  now  preserved  in  the  treasury  of  the  Cathedral  Church.  Manclierlei  mag 
ganz  verschollen  sein  ;  die  von  Abeln  zusammen  mit  anderen  altchristlichen 
Klfingegenständen,  a.  a.  0.  S.  40  f .  Ahela-Ciantar  a.  a.  0.  Tav.  IV-VI,  pu- 
blizierte Lampe  mit  dem  Opfer  Ahrahams  ist  im  Museum  zu  Valetta  unbekannt. 

{«)  üeber  diese  Menaskrüglein  vgl.  Etienne  Michon,  La  colleclion  d'am- 
poules  ä  eulogies  du  Musee  du  Louvre,  Melanges  G.  ß.  de  Rossi  {Supple- 
ment aux  Melanges  d'archM.  et  dliiat.  publies  par  VEcole  franc.  de  Rome, 
t.  XII),  Paris  u.  Rom  1892,  8.  183  ff.:  S.  184  ff.  Dazu  auch  Melanges  d'ar- 
ch^ol.  et  d'hist.  1895  S.  334  (Gsell,  Chronique  archM.  africaine)  und  Eö- 
mische  Quartalschrift  1896  S.  244  ff.  (De  Waal,  Menaskrüglein). 


BEMERICU.NGEN    V(iS    KINKK    t  IIIU.S  1  I.Iill-AKi.H.    STIUIENREISK  281 

Christi  (t  zweimal;  -nr  ^'inmi^l)'  PfenJ,  Taube  (zweimal),  das  eiue 
Mal  in  sehr  schöner  Darstellung  auf  einem  Oelzwei;,'e  sitzend), 
Hirsch,  Palme,  Vase,  Stern  konstituieriMi  in  der  Hauptsache  ihren 
bildnerischen  Schmuck  (').  Was  sonst  noch  an  epigraiihischem 
Material  l)ekannt  ist,  hat  Mayr  (a.  a.  0.  S.  48»)  f.)  zusammenge- 
stellt (-).  —  In  dem  auf  den  (irundmauern  eines  antiken  (Jebäudes 
errichteten  kleinen  Museum  in  La  Notabile  habe  ich  Altchristliche.>> 
nicht  gefunden.  —  Schliesslich  sei  bemerkt,  dass  auch  auf  Gozo 
die  Existenz  von  Coemeterien  nachgewiesen  ist. 

II.  Nord-Afrika 
(  Tunis    und    Karthago ). 

Die  Keste  altchristlicher  Monumente  in  üuteritalien,  Sizilien 
und  Malta,  an  sich  schon  gering  an  Zahl  und  meist  auch  an  Be- 
deutung, erscheinen  erst  recht  spärlich  gegenüber  der  ausserordent- 
lichen Fülle  dessen,  was  unter  der  ebenso  eifrigen  als  glücklichen 
Forscherthätigkeit  französischer  Archäologen  namentlich  seit  der 
durch  den  Vertrag  vom  Bardo  am  12.  Mai  1881  erfolgten  Occu- 
pation,  also  seit  nicht  zwanzig  Jahren  in  Nordafrika  zu  Tage  ge- 
kommen ist. 

Wenn  irgendwo,  so  reden  dort  die  alten  Steine  in  ihrem 
geradezu  erstaunlichen  Keichtum  aufs  deutlichste  von  einer  dereins- 
tigen weitverbreiteten    Kunst-  und    Kulturblüte,    deren    sich   das 

(1)  Caruana,  Report,  spricht  vuii  den  christlichen  Lampen  ganz  oberfläch- 
lich, auf  Grund  von  Abela-Ciantars  J/alta  illustrata  8.  120  f.  I>azu  gibt  er 
eine  Tafel  mit  einer  rhotogra])hie,  welche  elf  Lampen  vereinigt  und  die  Un- 
terschrift trägt;  Old  terra-cotta,  par/an  and  Christian,  lamps  found  in  Mal'a. 
Die  hier  abgebildeten  Lampen  scheinen  zwar  ihrer  Form  nach  alle  altchrist- 
lich zu  sein,  aber  leider  sind  es  nur  weniger  bedeutende  Stücke,  die  repro- 
duziert sind,  ausserdem  ist  die  Photographie  undeutlich ;  nur  eine  Lampe  hebt 
sich  besonders  heraus  :  sie  zeigt  in  ihrem  Diskus  die  Büste  eines  behelmten 
Kriegers  im  Profil  nach  rechts. 

{■i)  Die  von  Caruana,  Report  S.  153  n.  XXIX  publizierte  Bronzeplatte 
mit  der  angeblich  altchristlichen  Grabschrift:  d.  n>.  \  Fuficaü  calene  \  curttus 
diadu\idomeno  coiucilercriä  valer  \  henemerenti  (darunter  Taube  mit  Oel- 
zvreig)  ist  eine  plumpe  moderne  Fälschung  nach  dem  stadtrömischen  Stein 
C.  I.  L.  VI  186 U  (Original  in  S.  Maria  in  Trastevere).  Aehnliche  Fabrikate 
sind  schon  früher  in  Malta  aufgetaucht:  s.  C  I.  L-  X.  1094*,  1095*. 


2S2  G.    Sil  HI.KAITII 

gauze  Land  als  Provinz  Roms  /u  erfreuen  hatte.  Denn  specitisch 
römische  (Provinzial-)  Kultur  der  Kaiserzeit  ist  es,  deren  unver- 
kennbares Gepräge  neben  den  älteren  punischen  Denkmälern  und 
Xekropolen  die  Hauptmasse  der  kleinen  Avie  der  grossen  Funde 
allenthalben  an  der  Stirne  trägt. 

So  arm,  im  Verhältnis  zu  den  in  Xordafrika  vorhandenen.  Tu- 
nis-Karthairo  selbst  an  eigentlichen  Ruinen  ist,  so  bedeutsam  und 
die  anderen  —  Algier.  Constantine,  Cherchel,  Oran  etc.  (')  —  an 
Schätzen  überragend  sind  die  beiden  hier  eingerichteten  zwar  sehr 
jungen,  aber  ungemein  rasch  sich  entwickelnden  archäologischen 
Museen:  das  Mus ee  Alaoui  des  Bardo  (eine  halbe  Stunde  von 
Tunis  entfernt)  und  das  Musee  de  St.  Louis  auf  der  Höhe  des 
alten  Karthago.  Die  grosse  Menge  altchristlicher  Denkmäler, 
die  in  denselben  bewahrt  sind,  setzt  sich  im  wesentlichen  zusam- 
men aus  drei  Gruppen,  von  denen  dio  dritte  bis  vor  Kurzem  auch 
ihrer  p]xistenz  nach  in  weiteren  Kreisen  noch  fast  gänzlich  unbe- 
kannt war,  nämlich  1)  Inschriften,  2)  Lampen  und  3)  Mosaiken  (-). 

Die  christlichen  Mosaiken,  von  denen  zuerst  kurz  die  Rede 
sei,  bilden  nebst  den  klassischen  den  Hauptschmuck  des  Bardo- 
Museums.  Der  Eindruck  ist  geradezu  verblütfend,  wenn  man  in 
den  herrlichen  Festsaal  des  alten  Harems,  in  dessen  stattlichen  Räu- 
men das  l^Iuseum  untergebracht  ist,  eintretend  ringsum  die  langen 
und  hohen  Wände  von  den  prächtigsten  und  fast  ausschliesslich 
(über  50  Nummern)  altchristlichen  Mosaiken  bedeckt  sieht,  w^äh- 
rend  der  ganze  Fussboden  bis  auf  einen  Umgang  gefüllt  ist  mit 
dem  nach  Form  Avie  Umfang  —  ca.  137  qm.  —  grossartigen  Mo- 
saik aus  Susa,  dem  ehemaligen  Hadrumetum,  darstellend  den  von 
Sirenen,  Nereiden  und  Tritonen  umgebenen  Neptun  auf  einem  von 


(')  \g\.  Mus^es  et  collections  avcheolof/iques  de  VAlg&rie:  erschienen 
.sind  1)  Mus^e  d' Alger,  von  (».  Doublet,  Paris  1890.  2)  Muspc  de  Constantine, 
von  G.  Doublet  et  P.  (jauckler,  P.iris  1892.  3)  Musöe  d'Oran,  von  R.  de  la 
Blanchere,  Paris  1893.  4)  Mus^e  de  Cherchel,  von  P.  Gauckler,  Paris  1895. 
5)  Mus^e  de  LamhHe,  von  R.  Caf(nat,  Paris  1895. 

('j  Jetzt  ist  ein  au-fführlicher  Kataloj?  erschienen  :  Du  Coudray  la  Blan- 
chere (t)  et  P.  (jauckler,  Catalogue  des  tnusres  et  collections  archöologiques 
de  VAUjörie  et  de  la  Tunisie.  Musee  dWlaoui.  2  Bde.  'i'o.xt-  u.  Tafelband), 
l'aris  1897.  Im  einzelnen  diesen  Katalog  zu  zitieren  ist  mir  nicht  mehr  mög- 
lich, «iauckler  bereitet  überdies  einen  gr  ssen  Mosaiken-Katalog  vor. 


HKMKKKUNGEN    VON    F/NtU    CKHISTI.iril-AR«  11.    STl'lJlEMtEISE  28o 

vier  Seepfeiden  gezof^^onen  Wagen  (').  Die  an  den  Wämlen  l)..-lind- 
lichen  christlichen  ]\Iosaiken,  teilweise  in  da>  I.  .Thdt.  zurück- 
reichend, liherkleideten  urspriinglicli  Sarkoiihage.  die  man  in  den 
Xekropolen  zn  Sfaks  (Taparura),  Lemta  (Leptis  minor)  und  Tha- 
braca  (Tabarca)  (-)  ausgegraben  hat.  Die  Sitte,  den  Sarkopliag  mit 
Mosaiken  zu  schmücken,  war  in  Afrika  durchaus  nichts  Ungewöhn- 
liches (3).  Es  ist  gelungen,  einen  dieser  Mosaiksärge  (aus  dem  alten 
Tabarca)  ganz  in  das  Musee  Alaoui  zu  schaffen,  und  dieser  ist  nun, 
einstmals  die  Reste  des  im  Knabenalter  verstorbenen  Dardanius  ber- 
gend und  jetzt  ein  Stück  grössten  archäologischen  Interesses,  an  der 
Rückwand  der  Salle  des  fctes  ausgestellt  (').  Während  die  Rück- 
seite und  die  linke  Schmalseite  angelehnt  waren,  sind  die  drei  übri- 

H)  FarbL'iidruck  in  den  von  dem  verstorbenen  ersten  Direktor  des  Mu- 
seums, R.  de  la  Blanchere.  herausgefrebenen  CoUections  du  Mush:  Alaoui, 
r«  s^rie  (mehr  gilt  es  nicht!),  Paris  1890,  PI.  I.  dazu  von  dem  Herausge- 
ber S.  17  if.;  in  dem  'J'ext  sind  noch  andere  (profane)  Mosaiken  abgebildet.  — 
Die  Introduction  dieses  Werkes,  ebenfalls  von  de  la  Blanchere,  berichtet  über 
die  Geschichte  und  die  Gestalt  des  :\ruseums.  Dasselbe  geschieht  im  Kingang 
des  Anm.  2  gen.  Kataloges.  Sehr  gute  Dienste  leistete  in  Ermangelung  dieses 
grossen  Kataloges  der  von  de  la  Blanchere's  Nachfolger,  P.  Gauckler,  directeur 
lies  Services  des  antiquita,  veröffentlichte  Guide  du  visitew  au  Musee  du 
Bardo,  Tunis  \mQ  {Ejctrait  de  la  Revue  Tunisienne,  orpane  de  l' Institut  de 
Carthaqe),  ebenfalls  mit  einem  Plan  des  Museums.  Ich  möchte  nicht  ver.-^äumen. 
auch  Herrn  Direktor  Gauckler  und  zugleich  Herrn  P.  Delattre  für  das  mir 
bewiesene  Wohlwollen  den  gebührenden    Dank  auszusprechen. 

(2j  Zu  den  alten  nordafrikanischen  Städten  vgl.  im  allgemeinen  J.  Tou- 
tain,  Les  citis  romaines  de  la  Tunisie,  Essai  sur  Vhistoire  de  la  colonisa- 
tion  romaine  dans  VÄfrique  du  nord  {Bibliolh?que  des  Cooles  franc-  d'AthPne^ 
et  de  Rome,  fasc.  72),  Paris  1896. 

(3)  Auf  weitere  Beispiele  verweist  Gsell  in  den  MeUnnjes  d'airh''otocfie 
1894  S  397  ff.  Dazu  vgl.  auch  Bulletin  trimcstriel  des  antiquiti's  africaines, 
T  IV  1885,  PI.  III.  IV.  T.  VI,  1887,  PI.  VI.  Archives  des  missions  seien- 
tifiques  et  l'ittöraires,  1887  S.  19  (fig.  21).  Besonders  vgl.  noch  Biblioth?que 
d'archeologie  africaine  jmhli^e  sous  les  auspices  du  mln>.^th-e  de  Vmstruction 
publique  et  des  heaux  arts,  fasc.  I:  R.  du  Coudray  la  Blanchere,  Tombes  rn 
mosaique  de  Thabraca.  Douzc  stHes  votives  du  Mus^e  du  Bardo,  Paris  189<. 
Bemerken  möchte  ich  hier,  dass  ausser  diesen  Mosaik-  und  ausser  Marinor- 
särgen  das  christliche  Afrika,  Karthago  nicht  ausgeschlossen,  auch  1  h-n-  oder 
Krugsärge  kannte.  Vgl.  Alexis  Schwarze.  Untersuchungen  über  die  äussere 
EntWickelung  der  afrikanischen  Kirche  mit  besonderer  Verwertung  der  archa.d. 

Funde,  Göttingen  1892,  S.  54  ff.  ■    ^    ,,-  „        im    vir 

(4)  Vgl.  de  la  Blanchere,   Coli,  du  mush^  Alaoui,  S.  11.   ff.  u.  1  1.  Ml. 


284  r..  sTi  Hi.KAi'm 

gen,  freien  Seiten  mit  Mosaiken  überkleidet ;  die  rechte  Schmalseite 
ist  mit  einem  dekorativen  Muster  gefüllt ;  die  Vorderseite  ist  von 
hübschen,  aus  einer  Vase  herauswachsenden  Rosenranken  bedeckt, 
in  deren  Windungen  rechts  und  links  eine  Taube  steht ;  auf  der 
Oberliäche  ist  der  Verstorbene  selbst  und  zwar  als  Orant  zwischen 
zwei  hohen  Kerzen  über  Rosenrankeu  stehend  dargestellt;  über  sei- 
nem Kopfe  und  zu  beiden  Seiten  desselben  liest  man  die  Inschrift: 

DARD-fANIVS 
INNO  CES 

IN   PA  CE 

Aehniiches  zeigen  auch  die  anderen  Mosaiken.  «  Elles  jmrtent 
uiie  e'pitcq^he,  g^neralement  accomimgnee  cVattnbuts,  de  monogram- 
mes,  de  figures  symboliques  chretieanes.  Les  plus  curieuses  repre- 
senteiit  des  j^ß'^sonnages  ea  pied:  le  Christ  nimbe,  avec  deux  fideles 
agenouilles  devant  lui,  oii  simpleme?it  le  portrait  du  defunt  dans 
l'attitude  de  Vorant^  debout^  entre  deux  cierges  tels  qiion  les  vend 
eiicore  aujourd'hui,  ä  Tunis,,  au  souk  des  parfimis ;  liommes  en 
dalmaiiqu.e  ä  bandes  ornee  de  broderies,  avec  l'orarium  passe  au- 
loiir  du  cow,  ferames  en  timique  ä  manches^  avec  echarpe  fraiigöe; 
eafanis  enrobe  blanche,  couleur  de  l'innocence :  innocens  in  pace. 
C'est  une  veritable  galerie  de  portraits  authentiques,  qui  fail 
deßler  sous  nos  yeux  toute  la  societe  (natürlich  nur  die  vornehme, 
da  nur  diese  sich  den  Luxus  solcher  Mosaiksärge  gestatten  konnte) 
chretienne  d'Afrique,  au  /P  et  V''  siecles  de  notre  ere  »  (Gauckler, 
Guide  p.  12).  Hingewiesen  sei  noch  auf  die  Mosaikinschriften  aus 
einer  römischen  Svnagoge,  deren  Reste  1883  bei  Hammam-Lif  aus- 
gegraben  sind  {CIL.  VIII  S.  12457):  1)  Sancta  sinagoga  Naron 
pro  salutem  suarn  ancilla  tua  Juliana  p{uella)  de  suo  propium 
teselavit.  Dabei  das  Bild  des  siebenavmigen  Leuchters.  2)  Genannt 
ist  hier  ein  Rusticus  arcosinagogus.  Wahrscheinlich  aus  dem 
4.  Jhdt. 

An  Lampen  besitzt  das  Museum  des  Bardo,  neben  einer  statt- 
lichen Kollektion  profaner  mit  allen  möglichen  Darstellungen,  teil- 
weise vorzüglicher  Ausführung  und  interessantester  Art,  im  ganzen 
etwa  170  Stück  christlicher.  Die  Hauptmasse  derselben  (86  Num- 
mern), zugleich  die  bedeutendsten  wegen  der  guten  Erhaltung  und 
der   Reliefs,    sind   an   der   Eingangswand   der  Salle  des  fctes  in 


liKMKHKlNfiKN    VON    KINKIl    CHRISTI-  CH-AUCII.    STIDIENRKISE  285 

einem  GLispulte  vereinigt.  Sie  stammen  meist  aus  Karthago;  nur 
wenige  unter  ihnen  sind  stärker  fragmentiert;  ihrem  lU-liefsclimiK-k 
nach  schliessen  sie  sich  mit  den  durch  Delattre  bekannt  trewor- 
denen  und  unten  noch  näher  /u  erwähnenden  eng   zusammen. 

Einzelne  zeigen  lediglich  eine  nichtssagende  Arabeske,  eine  Reihe  trägt 
auf  der  Oberfläche  eine  Muschel  oder  eine  Rosette  (sternartig  in  mannigfacher 
Form).  Zwei  (Nr.  817.  318)  sind  durch  den  siebenarmigen  Leuchter  als  jüdisch 
gekennzeichnet.  Nicht  selten  füllen  den  Diskus  Vögel  :  Hahn,  Taube  (Nr.  405: 
zwei  Taubell  gegen  einander  gekehrt  aufwärts  fliegend),  Pfau,  l'hünix  (332), 
Pelikan  (333),  Adler  (345),  Sirene  (344)  oder  Tiere:  ein  springender  Löwe 
(4  Malj,  Lamm  (besonders  schön  Nr.  381,  wo  das  Tier  ein  mit  dem  Stiel 
nach  oben  gerichtetes  Blatt  vor  sich  hat,  vgl.  die  verwandte  Darstelluuir  auf 
unserer  Tafel  Nr.  13),  Pferd  (Nr.  388.  404).  Hase  (391),  Hirsch  (379),  ja- 
gender Hirsch  oder  Hund  in  rohester  Form  (392),  ferner  der  Fisch  (4  yin\). 
der  Delphin,  letztei'er  auf  Nr.  14  ganz  roh  und  als  solcher  nur  aus  den  Ana- 
logiecn  zu  erkennen,  die  sich  aber  nicht  allein  in  Karthago  selbst,  sondern 
z.  B.  auch  in  Syrakus  finden.  LTeberhaupt  sei  bei  dieser  Gelegenheit  auf  die 
vielfach  wiederkehrenden  überraschenden  Verwandtschaftsverhältnisse  hinge- 
wiesen, welche  zwischen  dem  Reliefschniuck  der  nordafrikanischen,  der  sizi- 
lischen,  speziell  syrakusanischen  und  der  wenigen  Lampen,  die  in  der  Gegend 
von  Reggio  gefunden  sind,  zu  Tage  liegen:  sie  bezeugen  den  engeren  Zusam- 
raenschluss  dieser  ]Mitteliiieergrui>pe  aufs  bestimmteste.  Nordafrika  und  speziell 
Karthago  hatte  dabei  zweifelsohne  die  führende  Rolle.  Auf  den  Lampen  der  be- 
sagten Gruppe  im  Bardo  begegnet  weiter  häufig  das  Monogram  aus  X  und  P 
(4  Mal),  X  und  I  (1  Mal),  das  monogrammatische  Kreuz  mit  dem  Haken  des  P 
auf  der  rechten  (8  Mal)  oder  auf  der  linken  Seite  (3  Mal),  sodann  das  Kreuz  in 
reicherer  Form:  im  Mittelpunkte  ein  kleineres  Kreuz  oder  ein  Lamm,  s^nst  mit 
die  Balken  überspinneiiden  Hanken  (9  Mal);  einmal  ist  es  aus  ganz  einfachen 
Linien  gebildet,  oder  endlich  ist  es  aus  einer  Gruppierung  von  herzförmigen 
Blättern  geformt.  Zwei  Exemplare  zeigen  in  ihrem  Diskus  zwei  von  einem  fla- 
chen Rundbogen  überspannte  Säulen  (Ciborium);  das  erste  Exemplar  lässt  von 
irgend  welcher  Darstellung  unter  demselben  nichts  mehr  erkennen,  das  andere 
dagegen  eine  schwache  vertikale,  von  dem  Scheitel  des  Bogens  bis  herunter  rei- 
chende Linie;  in  ihrer  Mitte  hat  sie  eine  punktartige  Verdickung,  von  welcher 
Querarme  auszugehen  scheinen.  Die  Palme  findet  sich  auf  Nr.  366.  Nr.  368  ent- 
hält, wenn  auch  stark  abgcschliff"eii,  die  Darstellung  Daniels  in  gegürteter 
Tunika  als  Orant  zwischen  den  zwei  Löwen,  oben  schwebt  links  der  beflü- 
gelte Engel,  gegenüber  Habakuk,  dem  Daniel  ein  Brot  daiTeichend  (vgl.  Taf.  X 
Nr.  (!)  (1).  Nr.  384  zeigt  die  beiden  israelitischen  Kundschafter  mit  der  gros- 

(')  Die  Besichtigung  der  Originale  lässt  keinen  Zweifel  darüber,  dass 
die  Schwebefigur  links  oben  der  in  Tunika  und  Pallium  gekleidete,  beflügelte 
Engel  ist,  der  den  gegenüber  dargestellten  Habakuk  zu  Daniel  gebracht  (vgl. 


28G  G.    STtHLFALTH 

sen  Weintraube  aus  dem  gelobten  Lande,  Nr.  336  drei  Jünglinge  in  der 
Tracbt  der  drei  Hebräer  im  Feuerofen  (ohne  Kopfbedeckung),  nach  links 
schreitend,  duch  nach  rechts  zurücksehend  und  gegenseitig  mit  den  Armen 
sich  umfassend :  wahrscheinlich  die  geretteten  drei  Hebräer  (vgl.  Taf.  X 
Nr.  14)  Cj.  Auf  Nr.  873  steht  Christus  (nimbiert  und  vollbekleidet)  mit  dem 
Kreuz,  das  er  mit  dem  rechten  Arm  umfasst,  über  einer  um  den  Kreuzesstamm 
.sich  windenden  Schlange;  links  daneben  kniet  eine  Christus  zugewendete 
männliche  Figur  mit  dem  rechten  Knie  am  Boden,  während  sie  das  linke  auf- 
gestellt hat;  sie  scheint  nackt  und  unbärtig  und  hält  Chri.sto  irgend  einen  Ge- 
genstand hin.  Diese  Gruppe,  nicht  wie  gewöhnlich  aufrecht,  sondern  quer  in  den 
1  >iskus  gestellt,  ist  mir  in  ihrer  genaueren  Bedeutung  unklar.  Dasselbe  ist  der 
Fall  bei  einer  anderen  Lampe  (344);  hier  hält  ein  bärtiger  Mann,  nach  links 
gewendet,  in  der  Rechten  einen  hohen  Stab,  dessen  oberes  Ende  sich  stark 
verbreitert;  die  Linke  ist  gesenkt  und  hält,  wie  es  scheint,  einen  an  sich  nicht 
näher  zu  bestimmenden  Gegenstand;  das  Gewand  des  Mannes  ist  kurz,  eng 
anliegend  und  reich  verziert;  er  trägt  eine  Kopfbedeckung,  die  einigermassen 
an  die  Löwenmütze  des  Hercules  erinnert ;  möglichenfalls  ist  es  Herkules 
selbst  mit  der  szepterartigen  Keule  in  der  einen  und  dem  Löweufell  in  der 
anderen  Hand.  Eine  Scene  aus  dein  Amphitheater  gibt  Nr.  821 :  ein  Löwe 
springt  nach  links  über  eine  unter  ihm  liegende  Figur  hinweg,  die  gegen  den 
Leib  des  Löwen  unmittelbar  hinter  dessen  A'orderbeinen  eine  Lanze  empor- 
stösst;  eine  zweite  Figur  steht  dicht  vor  dem  Löwen  und  streckt  gleichfalls 
eine  Lanze  vor  gegen  den  Hals  des  Löwen.  Stark  abgeschliifen  sind  zwei 
weitere  Lampen,  von  denen  die  eine  (367)  zwei  Figuren  erkennen  lässt,  die 
ein  Gefäss  oder  einen  Korb  zwischen  sich  zu  haben  scheinen,  in  das  bzw.  den 
sie  etwas  hineingiessen  oder -schütten,  während   auf  der  anderen  (372)  eine. 


hiemit  Stuhlfauth,  die  Engel,  S.  174  Anm.  1);  die  gleiche  Komposition  be- 
gegnet, so  weit  mir  bis  jetzt  bekannt  ist,  9  Mal,  davon  sicher  7  Mal  in  Nord- 
afrika ;  5  Exemplare  sind  im  Musöe  de  St.  Louis  (vgl.  Delattre,  Reoue  de 
Vart  chräien,  1892  S.  135  Nr.  676  If.),  2  im  Museum  des  Bardo,  1  jetzt  im 
Museum  in  Lausanne,  letzteres  von  Le  Blaut,  Revue  de  Vart  chr^t.,  1875,  T.  XIX 
S.  91  f.  und  M&moires  de  la  SocieU  des  antiquaires  de  France,  1874,  T.  Bö 
S.  71  (beide  Artikel  sind  identisch!)  besprochen  und  publiziert  (vgl.  Stuhlfauth 
a.  a.  0.  S.  173),  1  von  Le  Blant  ebda,  namhaft  gemacht;  die  Heimat  dieser 
beiden  letzten  E.xemplare  ist  wohl  auch  Nordafrika;  andere  karthagische  Exeni- 
l)lare  sind  abgeb.  bei  Kraus,  Real-Encyklopädie  II  S.  278  Fig.  118  und  auf  un- 
.serer  Taf.  X  Nr.  6. 

(')  Der  Feuerofen  selbst  ist  nicht  dargestellt;  man  könnte  auch  an  die 
drei  Magier  auf  der  Reise  nach  Bethlehem  denken,  doch  ist  diese  Deutung  wo- 
gen des  Fehlens  des  Sternes  wie  der  ihr  widersprechenden  Haltung  der  Figuren, 
die  jedenfalls  nach  oben  sehen  müssten,  wenig  passend,  ganz  ausgeschlossen 
aber  die  von  Delattre  neben  der  von  mir  befürworteten  auch  noch  vorgeschla- 
gene {Reoue  de  Vart  chrH.  1892  S.  133  zu  Nr.  Q,C)(j)  auf  die  drei  Himmli- 
schen, die  dem  Abraham  erschienen  (zu  diesen  vgl.  Stuhlfauth,  ebda.  S.  111  ff). 


BEMERKl  NGKN    VON    KI.NKK    CIlKlSTMiH-AIlCIl.    .STLIJIENRKISK  287 

wie  es  scheiiil.  mir  mit  kiiizcr  Tunika  Ijekleidcte  jnj,'('iidli(;lie  Fi','ur  die  Anne 
erhebt  und  nach  links  blickt.  VoUkomineii  deutlich  ist  dafref,'eii  Nr.  399,  wo 
eine  en  face  stehende  Fi<riir  in  kurzer  Tunika  mit  den  beiden  .Vrnnn  vorder 
ürust  einen  Has^^en  tr[l<,'t  (vfjl.  Tat'.  X  Nr.   19). 

Er<jilnzt  und  \veiter;reführt  wird  diese  Serie  von  Lampen  durch  eine 
zweite  Kullektiüu  in  dem  j,'leiclien  Saale  an  der  linken  Lan^'wand.  Duch  sind 
hier  bloss  etwa  5  unversehrt  geblieben  oder  unwesentlich  verletzt,  die  übri- 
gen (ca.  55)  nur  in  grösseren  oder  kleineren  Bruchstiickeii  «rhaten.  Häufig 
(ungefähr  7  Mal)  findet  sich  auf  dem  Diskus  wieder  das  Kreuz  und  in  dessen 
Schnittpunkt  ein  Lamm  odt-r  ein  kleines  Kreuz,  auf  den  IJalken  Kankenwerk 
oder  gelegentlich  eine  kleine  runde  Scheibe  mit  dem  Lamm  ;  wiederholt  treffen 
wir  das  Monogramm  aus  X  V,  1  Mal  das  Kreuzraonogramm  mit  dem  Haken 
des  P  auf  der  rechten  und  4  Mal  mt  ihm  auf  der  linken  Seite  des  Verti- 
kalbalkens, ferner  1  },U\  die  Rosette,  1  Mal  einen  sechsstrahligen  Stern,  (die 
Strahlen  mit  Palmzwuigen  ausgefüllt;  im  Scheitel  der  inneren  Winkel,  um 
die  Lampenöffnung  gruppiert,  kleine  Kreise),  3  3[al  eine  Palme,  2  Mal  eine 
Vase,  sodann  den  PMsch,  den  Hund,  das  Lamm  und  die  Taube.  p:in  Frag- 
ment zeigt  Daniel  in  gegürteter  Tunika  als  Orant  zwischen  den  beiden  Löwen; 
auf  einer  anderen  Lampe  erscheinen  wiederum  die  drei  Jünglinge  wie  auf  der 
zuvor  besprochenen  Lampe  (Nr.  836).  Auf  Fragmenten,  einem  grösseren  und 
einem  kleineren  —  letzteres  schöner  und  deutlicher  —  sieht  man  den  Ober- 
körper Christi  (wie  Taf.  IX  Nr.  8).  Daran  schliesst  sich  eine  fragmentierte 
Lampe,  die  noch  die  zwei  in  der  Höhe  schwebenden  Engel  mit  zu  Christus, 
von  dessen  Figur  nur  ein  Teil  des  Kopfes  noch  erhalten  ist,  vorgestreckten 
Armen  zeigt;  die  beiden  Engel  tragen  Tunika  und  Pallium.  Im  Zusammen- 
hang damit  sei  bemerkt,  dass  mir  Herr  Dir.  (iauckler  ein  weiteres,  zwar  eben- 
falls fragmentiertes,  aber  in  der  Darstellung  ziemlich  unversehrtes  Exemplar 
dieser  Gattung  vorlegte,  das  in  vortrefflicher  Zeichnung  den  über  den  Höllen- 
tiereu  triumphierenden  und  von  den  Engeln  verehrten  Christus  aufweist. 

Höchst  interessant  ist  eine  kleine  Sammlung,  die  in  der  Solle  ä  man- 
(jer  ausgestellt  ist  und  die  uns  nach  Udna  (Uthina)  in  eine  christliche  Töpfer- 
werkstätte des  5.  Jhdts.  führt.  «  On  y  voit  (sagt  Gauckler,  Guide  p.  22}  ö 
cot6  de  formes,  de  polissoira,  de  moules  de  lampe  en  pldfre  et  de  cachets 
ä  estampille  en  terre  cuite,  diverses  figures,  des  lampes,  des  vases,  et  sur- 
fout  une  s^rie  tr?s-complHe  de  fonds  de  plats  ä  fiijures  symboliques  chre- 
tleniies  ».  Wir  finden  hier  also  vor  allem  eine  grosse  Anzahl  Fragmente  von 
Thonschalen,  von  denen  in  der  Regel  nur  der  Boden  und  zwar  nudir  oder 
weniger  intakt  erhalten  ist;  gerade  dieser  aber  ist  der  interessanteste  Teil  des 
Ganzen,  denn  die  Mitte  der  Innenseite  des  Bodens  trägt  ausnahmslos  irgend 
ein  Emblem.  Dasselbe  ist  nur  in  d<-n  seltensten  Fällen  rein  dekorativer  oder 
neutraler  Natur:  konzentrische  Kreise,  Sjiirale,  irgend  eine  Arabeske  oder  auch 
Stern.  Statt  dessen  finden  wir  meist  bestimmte  Zeichen ;  häufig  ein  Auge  allein 
oder  mehrere  zusammen.  Mehrmals  begegnet  eine  Palmefte  oder  ein  Palm- 
zweig, öfter  die  Taube  (allein  oder  in  Gesellschaft;,  wiederholt  ein  Lamm, 
gelegentlich  (1  Mal  sicher)  der  Hahn,  einige  Male  der  (springende)  Hase. 
Oefter  erscheint  sodann  das  Kreuzmonogramm,    zuwi.-ilen    mit   c.  «i.  am  hau- 


288  G.    STIHLF.U  TH 

figsten  aber  ist  das  Kreuz  und  zwar  in  verschiedener  Gestalt,  doch  fast  aus- 
nahmslos hat  es  die  lateinische  Form,  zuweilen  auch  die  des  griechischen 
Hakenkreuzes,  wenn  hier  nicht  lediglich  ein  schlechtes  ]\Iodell  zu  Orund  liegt. 
od'T  es  ist  der  lange  senkrechte  Balken  durch  den  kurzen  <^uerbalken  in  zwei 
gleiche  Hälften  geteilt.  Ein  grosser  Thonteller  hat  innen  auf  dem  Boden  zwei 
konzentrische  Kreise  und  um  dieselben  vier  keilförmige  Palmzweige  in  XfTin 
angeordnet  Vor  allem  ist  bemerkenswert,  dass  ein  Mal  die  nimbierte,  en  face 
thronende  ^ladonna  mit  dem  Kinde  auf  dem  Schosse  dargestellt  ist;  die  Zeich- 
nung ist  flüchtig  und  auch  schon  etwas  abgeschliffen,  gleichwohl  kann  man 
die  Figuren  noch  wohl  erkennen.  Unter  den  übrigen  Gegenständen  dieses 
Glaspults  (1)  verdient  noch  besondere  Erwähnung  zunächst  ein  kleines  dünnes 
Thonplattenfragment  welches  in  einem  Kreise  zwei  griechische  Kreuze  und 
zwischen  ihnen  ein  Blatt  zeigt,  ferner  eine  kleine  weibliche  Thniibüste,  die, 
innen  hohl,  oben  eine  Oeffnung  und  rechts  und  links  einen  kleinen  Henkel 
hat,  und  deren  unterer  Teil  weggebrochen  ist ;  endlich  eine  Lampenform  für 
die  obere  Seite  einer  Lampe,  und  eine  zweite,  die  aber  nur  zur  Hälfte  erhalten 
und  ohne  jegliches  bestimmtere  Kennzeichen  ist.  Hieran  reihen  sich  nun  die 
eigentlichen  Lampen;  sie  zeigen  1.  ein  Lamm;  2.  einen  Mann  (Bauer)  in 
kurzer  Tunika,  ein  Tier  (wohl  Hase,  s.  o.)  vor  der  Brust  tragend ;  3.  das  Kreuz- 
monogramm ;  4.  dasselbe  mit  dem  Haken  des  P  auf  der  linken  Seite  und  ver- 
zierten Balken  (auf  der  Kreuzungsfläche  und  am  unteren  Ende  des  Stammes 
ein  kleines  Lamm') ;  5.  Monogramm  Christi  a  ;  6.  Tier  (Hirsch  ?) ;  7.  männ- 
liches Brustbild  (unbärtig,  en  face);  8.  geometrische  Figur  (ein  Quadrat  um- 
schliesst-zwei  andere,  die  auf  der  Spitze  stehen) ;  9.  Palme  [^) ;  10.  Daniel  in 
gegürteter  Tunika  zwischen  den  Löwen  betend,  links  oben  schwebt  der  beflü- 
gelte, deutlich  in  Tunika  und  Pallium  gekleidete  Engel  nach  rechts,  auf  der 
anderen  Seite  steht  in  der  Höhe  der  kleine  Habakuk.  ein  rundes  Brot  darbietend 
(s.  0.);  11.  lateinisches  Kreuz  ;  12.  sehr  hübsch  gearbeitet,  das  Monogramm  A 
in  der  oberen  Hälfte  einer  so  gestalteten  Figur  ^-p\^  (in  der  unteren  die  Lam- 
penöffnung) ;  13.  oben  ohne  Darstellung,  dagegen  ist  die  Rückseite  mit  einem 
sechsstrahligen  Stern  in  zwei  konzentrischen  Kreisen  versehen.  Dazu  kommen 
fünf  Lamjjen  klassischer  Form  mit  jirofanen  Darstellungen  (Sphinx  mit  ausge- 
spannten Flügeln  auf  einer  ]\Iauer  in  die  Ferne  schauend ;  Diana  auf  einem 
Hirsch  nach  rechts  sprengend  etc.),  weiter  3  Lampen  mit  zwei  Brennern  (aber 
nicht  nebeneinander,  sondern  gegenüber):  zwei  unter  ihnen  sind  ohne  Merk- 
zeichen, die  dritte  zeigt  oben  zwei  sich  schneidende  Dreiecke  mit  unregelmäs- 
sigen Linien,  um  dieselben  Strichelung,  auf  der  Rückseite  ein  X  innerhalb 
eines  Kreises.  Natürlich  ist  auch  sonst  sehr  häufig  der  Boden  mit  irgend  ei- 
nem Zeichen  versehen  (Buchstaben,  Zahl,  Monogramm,  Kreuz,  konzentrischen 
Kreisen,  Palmzweig  etc.  etc ),  doch  würde  die  Einzelaufführung  derselben  zu 

(^)  IJ.  a.  sind  hier  4  Münzen,  eine  ganze  Anzahl  von  meist  zerbrochenen 
Elfenbeinnadeln,  ovalen  Tlionfirmen  mit  mancherlei  Einjiressungen  wie  In- 
schriften (1   Mal  im  Negativ)  uder  Mustern  u.  s.  w. 

(2)  Vgl.  Delaüre,  Revue  de  Vart  chräien  1891,  S.  50,  n.  312-325. 


HKMERKLNGEN    VO\    EINER    .IIRISTI.ICH-ARCH.    STI  I.IK.NREISE  28!» 

weit  führen.  Cliristlicl.e  Tlionlaiapen  betreffc.l  bldl.t  nur  „och  darauf  hinzu- 
weisen, dass  in  einem  an-lor-n  filaspulfe  d.r  Salle  n  man.,er  nebe«  IT.  klein.,, 
l^aterae  nochmals  18,  in  Duar-ech-Cholt  befundene  aufbewahrt  sind:  all..  .,hn.. 
DarstellunfT,  doch  mehrere  von  der  Form  eines  Fisch.-s. 

Einer  in  der  ultchristlichen  Kunst  sonst  ni.   W.  nur  noch  in 
Frankruich  (')  nachgewiesenen  Verwen-Iiuifr  der  Terracutta  dienten 
zwei  in  der  Ä///^  ,/^i^ /^Vc'.s  ausgestellte  Keihen  von  Terracotta- 
platten  von  durchschnittlich   24  cm.  Höhe  und  gleicher  Breite 
und  2-3  mm.  Dicke,  die,  versehen  mit  Reliefs  von  höchster  Hoheit 
zur  Verkleidung  der  Wände  christlicher  Basiliken  benutzt  waren! 
Die  erste  Serie  (17  Platten)  stammt  in  der  Hauptsache  aus  verschie- 
denen christlichen  Basiliken  in  Karthago,  Kassrin  (dem  alten  Cil- 
hum)  und  Bu-Ficha.  Merkwürdig  ist,  dass  sie  nicht  allein  Gegen- 
stände aus  der  hl.  Geschichte  veranschaulichen,  sondern  auch  heidni- 
sche StoTe  nicht  verschmähen.  Denn  auf  einer  der  Tafeln  sehen  wir 
einen   Siegesbaum  zwischen  zwei  Victorien  und  auf  einer  anderen 
Pegasus  bei  den  Musen.  Andere  zeigen  ein  Tier:  Löwe,  Hirsch,  Stier. 
An  specifisch  christlichen  Vorstellungen  findet  sich  Jonas,  auf  dem 
Tiere  ruhend  (vgl.  Mitius  a.  a.  0.  S.  69);  auf  einer  anderen  Tafel  zwei 
Mal  nebeneinander  die  en  face  thronende  Madonna  mit  dem  Kinde 
auf  dem  Schosse,  oben  ist  zuerst  links  von  dem  Kopfe  der  :Maria, 
dann  rechts  je  eine  Inschrift,  die  in  beiden  Fällen  aus  Zahlzeichen 
sich  zusammenzusetzen  scheint  ([XIX  XVJ),  obwohl   es  an  sicli 
näher  liegt,  zunächst  an  eine  Erklärung  der  Darstellung  selbst  zu 
denken  wie  bei  der  folgenden    Platte.    Diese   veran.scha°ilicht  das 
Opfer  Abrahams,  darüber  steht  die  von  rechts  nach  links  laufende, 
mit  +  beginnende  Inschrift:  Äbmm  et  Isac  (-).  Besonders  interes- 
sant ist  die  aus  Kassrin  stammende  Platte  mit  einer  Rosette  und 
der  Inschrift:  -j-  S{a,i)et{a)  Maria  ajuba  ms  -|-. 

Die  zweite  Serie  dieser  Terracottareliefplatten,  von  völlig  glei- 
cher Beschaffenheit  wie  die  eben  kurz  beschriebene,  kommt  aus 
den  Ruinen  einer  Basilika  in  Hadscheb-el-Aiun.  Wir  begegnen  hier 
zunächst  wieder  dem  Opfer  Abrahams   in    derselben   Komposition 

(1)  Vgl.  de  la  Blanchere,  Revue  arch^ol  1881,  I,  S.  302,  317,  320. 

(2)  Vgl.  S.  302  Fig.  3,  wo  (ausser  einer  Platte  mit  dem  auf  dem  Tiere 
ruhenden  Jonas  [?])  ein  ganz  verwandtes  Täfelchen  des  Museums  St.  Louis 
reproduziert  ist;  es  zeigt  ebenfalls  die  Opferung  Isaaks  in  einer  mit  der  des 
Musde  Alaoui  identischen  Wiedergabe. 

19 


21(0  ■    G.    Sil  III  lAlTH 

uud  Roheit  der  Ausfühning  wie  dort ;  ferner  sehen  wir  2)  das 
Wunder  der  Brot- und  Fischvermehriing:  Christus,  bärtig,  eu  face, 
hält  die  Hände  über  die  Speisen,  die  von  links  (das  Brot)  und 
rechts  (zwei  Fische)  von  zwei  Aposteln  herangebracht  werden ;  die 
drei  Figuren  sind  in  Tunika  und  Pallium  gekleidet,  unten  stehen 
-zwei  Körbe  :  das  Bild  ist,  wie  auf  allen  Platten,  zwischen  zwei 
Säulen  gestellt;  8)  Adam,  rechts  (vom  Beschauer),  links  Eva,  er- 
kennbar lediglich  an  dem  langen  Haar;  zwischen  beiden  der  Baum, 
um  dessen  Stamm  sich  die  Schlange  windet;  4)  Cliristus  und  die 
Samariterin :  rechts  sieht  Christus  in  Tunika  und  Pallium,  doch 
ohne  Nimbus  und,  wie  es  scheint,  unbärtig  (der  Kopf  ist,  wie  der 
der  Samariterin,  ganz  roh  angegeben  und  überdies  stark  abgeschlif- 
fen), in  der  Linken  hinter  sich  ein  hohes  Kreuz  haltend,  die  Rechte 
vorstreckend  zu  der  Frau  gegenüber,  die,  ihm  zugewendet,  gleich- 
falls die  Rechte  sprechend  erhebt ;  zAvischen  beiden  Personen  steht 
ein  säulenartiger,  hohl  zu  denkender  Cylinder,  eingeschlossen  von 
zwei  schlanken,  oben  in  kuize  Aeste  sich  rerzweigenden  Stämmen 
oder  Bäumen;  über  dem  Brunnen  schwebt  der  Eimer,  den  die  Frau 
mit  der  Linken  an  einer  Kette  oder  einem  Strick  festhält ;  5)  Schlüs- 
selübergabe :  Christus,  bärtig,  nimbiert,  in  Chiton  und  Mantel,  das 
Kreuz  vor  die  Brust  haltend,  überreicht,  nach  links  gewendet,  einer 
ebenfalls  nimbierten  unbärtigen  (I)  Figur,  welche  beide  Hände  vor- 
streckt (Petrus),  einen  Gegenstand  (die  Schlüssel);  6)  Daniel  in 
der  Löwengrube:  der  Prophet,  en  face,  hält  in  den  ausgebreiteten 
und  etwas  erhobenen  Händen  je  einen  Kranz ;  über  ihm  steht  SCS 
=  sanctus,  unter  ihm  AANIEL.  Die  übrigen  Tafeln  enthalten  Tiere 
oder  Rosetten,  die  das  Viereck  füllen.  Die  Platten  1.  3.  4.  5  sind 
zerbrochen  und  zusammengesetzt,  auch  einiges  daran  ergänzt.  Eine 
beträchtliche  Anzahl  grösserer  oder  kleinerer  Fragmente  solcher 
Thonplatten  ist  in  dem  gleichen  Räume  des  Museums  untergebracht. 
Diese  Reliefs,  die  sich  durch  weitere  des  Mvsee  de  St.  Louis 
in  Karthago  ergänzen  (s.  u.),  zeigen  die  volle  Verwilderung  der  ein- 
heimischen Produktion  auf  diesem  Gebiete  im  5.  uud  6.  Jhdt. :  darin 
besteht  die  erste  Bedeutung  unserer  Platten ;  sie  sind  aber  wertvoll 
wegen  des  Inhaltes  ihrer  Darstellungen  für  die  Kenntnis  des  Bil- 
dercyklus  jener  Zeit  in  Nordafrika  (vgl.  F.  X.  Kraus,  Gesch.  der 
Christi.  Kunst  I,  398,  wo  weitere  Literatur) :  die  Aufnahme  von 
Tieren  und  neutralen  Formen  wie  Rosetten  und  die  Wiederholung 


HEMERKr.NOKN    VON    KINKK    (  IIUISTI.K'II-'aUCII.    s  riDlKNRKISE  2'.'1 

derselben  Motive  (Abrah;ini.s  Oplor,  Joua.s)  sclieiul  IVi.'ilich  uiicli  die 
ausserordeutlich  hohe  btotllicho  Armut  oder  doch  das  Unverinügeii 
in  der  Schatfiing  neuer  Formen  deutlich  zw  bckiindeu  ('). 

So  relativ  reich  nach  den  voransteheiiden  Mitteilliingen  im- 
merhin das  Museum  des  Bardo  an  altchristlicheu  Terracotten  ist,  so 
arm  ist  es  an  Denkmiileru,  die  als  solche  für  die  altchristliche  Kpi- 
graphik  in  Betracht  kommen.  Der  hierher  gehörenden  Grabsteine 
mit  Inschriften  sind  im  ganzen  nur  etwa  25,  denen  sicli  das  eine 
und  andere  Fragment  mit  einem  blossen  christlichen  Emblem 
(Kreuz  und  Kreuzmonogramm)  anreiht.  Unter  den  Grabschriften 
sind  nicht  mehr  als  zwei  griechische;  von  der  ersten  ist  nur  N0A 
{==  svd-äöf)  erhalten;  die  zweite,  EN  IRENE  (lateiuisclie  Bucii- 
staben !)  mit  vorangehender  Taube,  aus  Kl-Kef  (Sicca  Veneria), 
ist  publiziert  und  besprochen  von  De  la  Blanchere,  Colleclions  dv 
Mus^e  Älaoiii  I.  S.  55  f.  Unter  den  übrigen,  welche  durchweg  in 
lateinischer  Spraclie  abgefasst  sind,  ist  erwähnenswert  der  schön 
geschriebene,  in  Maktar  gefundene  Stein  des  Priesters  Jobianus 
und  ein  anderer  aus  der  Moschee  von  Testur  (Tischilla)  mit  den 
Namen  der  drei  Heiligen  Maxima,  Donatilla  und  Secunda  (-). 
Sprachlicii  bemerkenswert  wegen  der  Zahl  cinquanta  =  qiiinqua- 
ginta  erscheint  folgende  Inschrift: 

CANPESIS   DOMITI 

VS  DVLCIS  ANIM 

A    IN    FACE  VICSIT 

ANNIS  f  CINQVANTA 

(')  Die  meisten  dieser  Terracottareliefplatteii  sind,  teilweise  soarar  mehr- 
fach, bereits  publiziert ;  ich  gebe  hier  die  Literatur  in  chronologischer  Urd- 
nung:  Höron  de  Villefosse,  Bulletin  de  la  Sociale  des  antiquaires  de  France, 
1884,  S.  170  ff.  Sal.  Reinach,  Bulletin  archt^ol.  du  Comite  des  travnux  histo- 
riques  et  scientißques,  188.5,  PI.  VIII,  dazu  S.  oll.  De  Ros.si,  Bullettino  di 
archeol.  crist.,  1884-85,  Tav.  III  2,  dazu  .S.  5:}  f.  M.  i;.  de  la  Blanchere,  Car- 
reaux  de  terre  cuite  ä  ßrjures  d^couverls  en  Afriiue,  Revue  archSol.  XI,  1888  I. 
PI.  XI-XIII,  dazu  S.  303  ff.)  (hier  ist  auch  einige  sonstige  älterj  Literatur 
verzeichnet).  E.  Le  Blant,  Sur  quelques  carreaux  de  terre  cuite  nouvellement 
decouoerts  en  Tunisie,  Revue  archSol.  XXII,  1803  II,  S.  273  ff..  Le  Blant  und 
Gauckler,  Acad^mie  des  inscriptions  et  belles-lettres,  1893,  S.  219  ft'.  (Jauckler, 
Bulletin  de  la  SociÜ^  des  antiquaires  de  France,  1894,  S.  68  ff.  Kraus,  CJe- 
schichte  der  christl.  Kunst  I,  398.  Endlich  La  Blanchere  et  Gauckler,  Cata- 
logiie,  S.  208  ff. 

(2)  Vgl.  Edni.  Le  Blaut  in  den  Colleclions  du  Must'e  Alaoui  I,  S.  97  S.-. 
Le  Blant  datiert  die  Inschrift  in  das  5.  Jhdt. 


292  *  G.   STLHLFAUTH 

Zwei  in  das  liturgische  Gebiet  übergreifende  Inschriften,  das  eine 
Mal  ein  roher  fragmentierter  Stein  aus  El-Kef  mit  den  Worten 
a  //?ALO  LIBERA  NOS,  das  andere  Mal  das  Fragment  des  Bec- 
kens eines  christlichen  Springbrunnens  mit  den  Worten  GLORIA 
IN  EXcelsis  Deo  aus  der  Gegend  von  Zaghuan,  sind  bereits  durch 
die  Publikationen  Duchesne's  und  De  la  Blanchere's  (in  den  Col- 
lectioiis  du  Musee  Alaoni  1.  S.  45  ff.,  dazu  PI.  III.  und  S.  54  f.) 
bekannt  geworden.  Kbenda  (S.  49  f.)  ist  von  Diichesne  auch  ein 
ehedem  wahrscheinlich  als  Altarplatte  dienender  Stein  christlichen 
Charakters  aus  der  Xähe  von  El  Bordsch  de  Gha:dimo  veröffent- 
licht und  von  De  la  Blanchere  (S.  51ff.)  ein  interessantes,  offenbar 
ganz  flüchtig  aus  Marmorsteinen  älterer  Bauwerke  zusammenge- 
setztes Taufbassin  von  ]\Ieninx  (El-Kantara)  auf  der  Insel  Dscherba 
mit  der  Form  eines  annähernd  griechischen  Kreuzes. 

Für  die  Epigraphik,  noch  weit  mehr  aber  für  die  Religions- 
geschichte  und  zwar  speziell  auch  für  die  christliche  ist  endlich 
eine  letzte  an  dieser  Stelle  zu  nennende  Monumentenklasse  von 
hervorragender  Wichtigkeit,  nämlich  die  sogen,  tabellae  {labidae) 
deflxiomun  oder  execratiomim,  deren  das  Bardo-Museum  aus  der 
römischen  Nekropole  zu  Hadrumetum  (Susa)  ca.  16  ganz  oder  zum 
grossen  Teile  erhaltene  nebst  einigen  ganz  kleinen  Fragmenten 
besitzt  (ausgegi^aben  1891  und  1892).  Erst  in  jüngster  Zeit  ist  die- 
sen für  die  tiefere  Erforschung  der  religiösen  Kräfte,  Anschauungen 
und  Aeusserungen  in  der  Zeit  des  Synkretismus  so  Avichtigen  Denk- 
mälern grössere  Aufmerksamkeit  zugewandt  worden,  es  steht  zu 
hoffen,  dass  gerade  aus  Nordafrika  das  Material  durch  neue  Funde 
wesentlich  bereichert  werden  wird ;  ein  gut  Teil  der  tabellae  deß- 
xionuTiV,  die  das  Museum  in  St.  Louis  zu  Karthago  bewahrt,  ist 
durch  P.  Delattre  in  dem  nahen  Amphitheater  erst  neuestens  (April 
1897)  entdeckt.  Das  Museum  in  St.  Louis  umfasst  infolge  des- 
sen allein  ca.  60  Stück.  Viele  unter  ihnen  sind  noch  vollkommen  zu- 
sammengerollt, nur  wenige,  ebenso  wie  von  denen  des  Musee  Alaoui, 
veröffentlicht  ('). 

Im  allgemeinen  ist  zu  bemerken,  dass  auch  die  übrigen  Besitz- 
tümer-punische,   römisch-profane   wie  christliche  —  des  Museums 

(»)  Vgl.  C.  I.  L.  VIII  S.  Nr.  12504  ff.  und  vor  allem  jetzt  Kic.  Wuensch, 
Defixionum  tabellae  atticae  {C.  /.  Att.,  Appendix),  Berol.  1897,  S.  XV  ff. 
XXV  ff. 


BKMEKKUNGEN    VON    KINKR    CHlUSTr.ICH.-ARCH     STl'lMENREISK  203 

voQ  St.  Louis  bis   auf  \veiii<(e  unbedeutende,  etwa   gesclienkweise 
hingekommene  Gegenstände  in  Karthago  selbst  zu  Tage  gefördert 
sind.  Die  bedeutendste  Fundstätte   filr   die   altchristlichen  Monu- 
mente war  jene  grossartige  Basilika,  welche  \on  Delattre  auf  dt-r 
von  den  Arabern  als  Damus-el-Karita  (aus  dem  lateinisciien  domux 
caritatis)    bezeichneten    Grundiläche    ausserhalb    der  Mauern  des 
alten  Karthago  am  AVege  zwischen  St.  Louis  und  dem  herrlicii  gele- 
genen arabischen  Dorfe  Sidi-Hu-Said  i.  J.  1878  entdeckt  und  bis  zum 
Jahre  1887  in  den  Grundmauern  vollständig  blossgelegt  wurde  ('). 
Es  ist  eine  der  grössten  unter  den  zahlreichen  bis  jetzt  bekannten 
Basiliken  Nordafrikas  (vgl.  Kraus  a.  a.  0.  I  S.  337  ff.).    Die  Ba- 
silika, ohne  das  weite  halbkreisförmige  Atrium  und  dessen  Anbau 
im  Nordwesten  und  ohne  die  gegenüber  im  Südosten  sich  anschlies- 
sende Taufbasilika,  hat  eine  Breite  von  45  m.  und  eine  Län^^e  von 
65  m.  (2).  Einzigartig  ist  sie  insofern,  als  sie  nicht  weniger  denn 
9  Schiffe  zählt,  mit  einem  Mittel- bzw.  Hauptschilf  von   12.80  m. 
von  Axe  zu  Axe  der  Säulen.  Die  Schiffe  sind  getrennt  durch  acht 
Keihen  von  je  zwölf  Pfeilern,  neben  denen  man   die    zugehörigen 
Säulen  und  Kapitelle  grossenteils  gefunden  hat  (Delattre,  La  basi- 
lique  p.  6).  Der  Altar,  der  selbst  nicht  mehr  vorhanden  ist  —  viel- 
leicht war  er  aus  Holz  — .  stand  in  der  Mitte  des  Ganzen  unter 
einem  noch  nachweisbaren  Ciborium.  Doch  ist  wohl  zu  beachten,  dass 
die  jetzige  Anlage  schon  nach  dem  Grundrissplan  offenbar  keine  ein- 
heitliche ist,  dass  vielmehr   die  gegenwärtige   grosse   Kirche  eine 
kleine  ältere  Basilika  in  sich  aufgenommen  hat,  die  zu  der  Längs- 
richtung jener  senkrecht  stand.  Im  Innern  unter  der  Basilika  sind 


(1)  \'gl.  A.-L.  Delattre,  La  basilique  de  Damous-el-Karita  ä  Carthaije, 
Constantine  1892,  mit  Grundriss.  Dieser  ist  wiederholt  in  dem  im  Erscheinen 
begriflfenen  grossen  Atlas  archeologique  de  la  Tunisie,  3.  Lieferung,  La  Marsa, 
Text  S.  6  Fig.  8.  Nach  Delattre's  Plan  (auch  im  Cosmos,  1891,  T.  X.XI  S.  463) 
ist  auch  unsere  Fig.  2  hergestellt.  Ueber  die  früheren  Ausgrabungen  in  der 
Basilika  vgl.  auch  de  Kossi,  Bullettino  1884-85  S.  44  ff.  Schwarze,  a.  a.  0. 
S.  38  ff.,  aber  auch  S.  34  ff.  (über  die  nach  den  erhaltenen  Nachrichten  in 
Karthago  ursprünglich  vorhandenen  kirchlichen  Gebäude :  Basiliken,  Kapellen, 
Klöster  u.  dgl.). 

(*)  Uebertroffen  ist  sie  nur,  so  weit  mir  bekannt,  von  einer  Basilika,  die 
in  Khamissa  (=  Thubursicum  Numidarum)  nachgewiesen  ist  mit  einer  Läntjen- 
ausdehnung  von  70  m.,  vgl.  Annuaire  de  la  SociH^  de  Constantine,  186G, 
S.  123. 


402 


G     STLHLFALTH 

Cimetiere  aciuel 


23 
a 

CO 


BEMERKUNGEN    VON    EINKK    CIIRISILKH-AKCII.    Sil  DlEMtEISE  295 

mehrere  Reservoirs  festgestellt.  ^  A  pari  celai  niii  est  coatigu  ä  un 
des  qüatre  gros  inliers  du  centre  et  qiii  etait  im  caveaii  fanir'aire 
'paraissant  avoir  Ü6  construit  specialemenl  dans  ce  biit,  les  autres 
sont  des  citeraes  romaiiies  anterleitres  ä  iHevation  de  la  basiliqiie. 
Mies  ont  eU  comervees  el  peul-elre  meme  lUüis^es.  Dans  l'une 
d'elles,  oii  a  recueilU  plusieurs  coufftns  de  pelits  citbes  de  verre 
emaille  et  dore,  provenant  de  riches  mosa/ques  delriüles  -  (De- 
lattre  S.  8).  Ferner  sind  Gräber  nachfjowiesen  unmittelbar  hinter 
dem  Trichorum,  welches  in  das  weite  halbkreisförmige  Atrium 
mündet.  Jeuer  Raum,  der  an  seiner  Decke  bunten  Mosaikenschmuck 
trug,  scheint  in  jeder  seiner  drei  gleichförmigen  Apsiden  ein  Grab 
umschlossen  zu  haben;  in  de.-  mittleren  ist  der  Platz  für  den  Sar- 
kophag noch  kenntlich. 

Dem  Atrium  gegenüber  schliesst  sich  an  die  iJasilika  die 
Taufbasilika  mit  35,75  m.  Länge  und  24,55  m.  Breite.  Ueber  die 
mancherlei  kleineren  Anbauten,  welche  der  Grundriss  zeigt,  werden 
weitere  Ausgrabungen  gewiss  noch  neue  Aufschlüsse  bringen. 

In  dieser  Basilika,  deren  Ruinenfeld  einen  geradezu  grandiosen 
Eindruck  macht,  hat  man  nun  ausser  einigen  Mosaiken,  Säuleu 
(deren  die  Basilika  über  lOo  hatte)  und  Kapitellen  etc.  zunächst 
eine  Menge  von  Inschriften  und  Inschriftenfragmenten  gefunden, 
die,  ausnahmslos  nach  St.  Louis  gebracht,  zusammen  mit  anderen 
in  Karthago  ausgegrabenen  fast  alle  an  den  langen  Mauern  des  vor 
dem  Museum  liegenden  Gartens  eingemauert  oder  angelehnt  sind. 
Viele  dieser  Inschriften  sind  profaner  Herkunft ;  ausschliesslich 
christliche  Inschriften  in  grosser  Zahl,  teilweise  auch  mit  Reliefs, 
finden  sich  an  der  AVand  unter  der  Halle  eines  zweiten  Gartens 
hinter  dem  Museum  (')•  F.s  sind  fast  durchweg  Grabplatten  oder 
auch  Sarkophagreste,  meist  aus  einem  harten  einheimischen  gelb- 
liehen Kalkstein  (zweierlei  Gattung,  Delattre,  La  basilique  p.  10), 
selten  aus  Marmor.  Sehr  häutig  findet  sich  auf  ihnen  das  Monogramm 

(1)  Der  Kürze  halber  sei  vor  allein  auf  C  I.  L.  VIIl  verwiesen;  ducli 
sini  hier  die  f^anz  unbedeutenden  Fragmente  nicht  aufgenommen.  Daneben  vgl. 
A.-L.  Delattre,  L'^pigrapUe  chrüienne  ä  Carthage,  Paris  1801  {Extrait  du 
Compte-rendu  du  Conrp'?s  scientifique  international  des  catholiques  (mir  nicht 
zugänglich),  dazu  Revue  de  Vart  chrHien,  1892,  S.  221'.  f.  Eine  gründliche 
Untersuchung  über  die  christlichen  Inschriften  Karthago's  wäre  ebenso  er- 
wünscht wie  lohnend. 


206  G.    .«TIHIKAITII 

Christi,  dabei  eine  Vase,  die  Taube,  zwei  Mal  auch  ein  Getreidemaas.-« 
u.  s.  w. :  auf  den  Sarkophagfragmenten  begegnet  am  liäutigsten  der 
gute  Hirte ;  daneben  die  wunderbare  Brotvermehrung,  Petrus  mit 
dem  Hahn.  Eva  nach  dem  Sündenfall  und  sonst  einiges.  Besondere 
Erw3hnung  verdient  noch  das  Mittelstück  einer  Sarkophagfront,  das 
in  treltlicher  Ausführung  das  "von  einem  Kranze  umrahmte  Mono- 
gramm Christi  mit  «  und  w  zeigt. 

Die  in  der  Basilika  zu  Tage  gekommenen  Inschriftenplatten 
wurden  allem  Anscheine  nach  von  benachbarten  Gräbern  geholt, 
um  als  Baumaterial,  speziell  zur  Bedeckung  des  Fussbodens  zu 
dienen.  Ein  analoger  Fall  ist  bei  einer  anderen  afrikanischen  Ba- 
silika, einem  Bau  in  Hidra,  dem  alten  Ammedera,  nachgewiesen 
(vgl.  Kraus,  a.  a.  0.  S.  274,  wo  auch  weitere  Literatur).  Schon 
hieraus  dürfte  sich  übrigens  auch  schliesseu  lassen,  dass  die  kar- 
tliagische  Basilika,  so  wenig  wie  die  eben  erwähnte  in  Hidra  ('). 
nicht  in  der  frühesten  Zeit  errichtet  sein  kann ;  in  der  That  spriclit 
alles  dafür,  dass,  wie  die  Basilika  in  Hidra,  so  die  in  Karthago 
in  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt,  von  einzelnen  nebensächlichen 
nachträglichen  Aenderungen  abgesehen,  ein  Bauwerk  aus  der  Zeit 
Justinians  ist. 

In  der  Basilika   von    Damus-el-Karita   lagen   nun  auch  zwei 


•e" 


leider  stark  fragmentierte  Platten  aus  weissem  Marmor  begraben, 
die  in  der  Vollendung  ihrer  Reliefs  nicht  allein  die  Zierde  des 
Delattre'schen  Museums,  sondern  wohl  das  ausgezeichnetste  Pro- 
dukt altchristlicher  Plastik  überhaupt  bilden.  Das  eine  der  beiden 
Fragmente,  erst  allein  gefunden,  wurde  von  Delattre  in  -  Les 
missio/is  catholiques  "  i.  J.  1883  S.  378.  und  dann  von  de  ßossi 
in  seinem  Bullettino  1884-85  Tav.  I.  II,  nach  einer  Photogra- 
phie, irrtümlicherweise,  wie  wir  sehen  werden,  als  Sarkophagfrag- 
ment, publiziert  (-).  Die  beste  Abbildung,  in  Heliogravüre,  hat  dann 
Heron  de  Villefosse  gegeben  in  dem  Bulletin  archeol.  du  Comite 
des  Iravaux  historiques  et  sciciUißqites,  1886,  PI.  XII  (■^).  Nun 

(')  In  Hidra  sind  ausser  dieser  noch  4  andere  Basiliken  festgestellt. 

(2)  Dieser  Angabe  de  Rossi's  folgte  ich  in  meiner  Studie  über  die  Engel 
S.  122  ff.  Ueberhaupt  bitte  ich,  die  dort  sich  findenden  Ausführungen  nach 
den  hier  gegebenen,  so  weit  es  nötig  ist,  richtig  zu  stellen. 

(3)  Vgl.  dazu  H.  de  Villefosse  ebda.  S.  220  ff.,  Fouilles  du  cimetiere 
chrdtien  et  (Je  la  basiUque  de  Damous-Karita,  ä    Carthage.   Villefosse  gibt 


»EMKKKU.NOEN    VON    KI^^•.K    CIIKISTI,ir||-.U{c  II.    S 1  1  DIKNREISE  297 

aber  hat  sich  uiclit  mii-  noch  ein  weiteres  Stück  dieser  Platte  hiüzu- 
gefimdoii,  sondern  wenige  Tage  vor  AVeihnachteii  1889  ist  fast  an  der- 
selben Stelle  noch  eine  zweite,  ebenfalls,  wenn  auch  nicht  ganz 
so  stark  fragmentierte  Keliefplatte  von  genau  gleicher  Form,  Grösse 
und  Ausführung  ausgegraben  worden  (vgl.  Delattre,  Aiinuaire  de 
la  SocieU  de  Constantine  XXVI,  1890-91,  S.  190).  Jede  der  beiden 
Platten  ist  in  ein  oberes  und  ein  unteres  Feld  geteilt  und  von  einem 
in  feinster  Arbeit  ausgeführten  Eichenblätterrahmen  eingefasst.  Die 
einzelnen  Felder  sind  0.75  m.  breit  und  0,5  m.  hoch.  Was  die  erste 
Platte  im  oberen  Felde  zeigt,  ergiebt  sich  im  wesentlichen  bereits  aus 
den  bisherigen  Reproduktionen.  Wichtig  aber  ist,  dass  hinter  der  Ma- 
donna nicht  bloss  ein,  sondern  zwei  Männer  stehen,  beide  in  Tunika 
und  Pallium  gekleidet,  beide  den  rechten  Arm  vorwärts  in  die  H«ihe 
streckend,  doch  beide  leider  ohne  Kopf.  Der  Sitz  der  Madonna  ist 
ohne  Lehne.  Links  von  dem  vollständig  weggebrochenen,  in  seiner 
Haltung  leicht  nach  links  gewendeten  Engel  sind  im  Original  noch 
einige  Füsse  vorhanden.  In  dem  unteren  Felde  sieht  man  links 
oben  einen  Baum,  davor  den  Rumpf  einer  nach  rechts  sich  beu- 
genden weiblichen  (?)  Figur,  weiter  rechts  einen  zweiten  Baum;  über 
den  Gegenstand  dieser  Darstellung  lässt  sich  einstweilen  kaum 
etwas  Bestimmtes  sagen  (Flucht  nach  Aegypten?).  Dagegen  war 
oben  nichts  anderes  als  die  Huldigung  der  Magier  veranschaulicht; 
wer  die  beiden  Männer  hinter  der  Madonna  sein  sollen,  ist  mit 
Sicherheit  ebenfalls  nicht  auszumachen :  kaum  Hirten,  an  die  man 
denken  könnte,  da  die  den  betr.  Männern  gegebene  Tracht  für  sie 
nicht  recht  möglich  ist. 

Die  zweite  Platte  zeigt  links  einen  Berg  mit  einem  Lamm 
und  einer  Ziege;  von  links  hinter  dem  Berge  eilt,  das  linke  Bein 
weit  vorsetzend  und  den  Oberkörper  weit  vorbeugend,  wie  von  oben 
der  Engel  herbei;  sein  rechter  Flügel  ist  abgebrochen;  der  jetzt 
fehlende  Kopf  war  besonders  aufgesetzt,  wie  man  an  dem  mitten 
in  die  Horizontaltiäche  des  Halses  gebohrten  Dübelloch  ersehen 
kann ;  der  Engel  hatte  einen  Stab,  wenigstens  vermag  ich  nichts 


hier,  abgesehen  von  einigen  einleitenden  und  abschliessenden  Sätzen,  nur  eine 
Uebersetzung  desjenigen  Teiles  der  Ausführungen  de  Rossi's  über  das  Relief, 
die  sich  auf  die  Deutung  des  Dargestellten  beziehen  :  auch  er  deutet  es  als 
Teil  einer  Magieranbetung.  Zur  Deutung  vgl.  auch  Bulletin  archcol.  du  Co- 
mite  etc.  1885,  S.  190  (Caron). 


2'J^  G.    Sil  lll.l  AI  TU 

anderes  in  dem  Stücke  zu  erkennen,  das  sich  über  dem  vorgesetzten 
linken  Knie  abwärts  erhalten  hat.  A^or  ihm  nach  rechts  stehen 
hinter  einander  drei  Hirten,  die  voll  Staunen  und  Verwunderung 
den  rechten  Arm  erheben  (').  Den  Hintergrund  bei  den  Hirten  bele- 
ben zwei  Bäume  (Hirten  -  auf  dem  Felde  •'):  Olive  und  Palme.  — 
Von  der  Darstellung  des  unteren  Feldes  dieser  zweiten  Platte  hat 
sich  nichts  erhalten. 

Die  Gegenstände  der  lieliefs  sind  also  der  Kindheitsgeschichte 
Jesu  entnommen  (-).  Ob  die  erhaltenen  Scenen  sich  mit  anderen 
zu  einem  srrösseren  Cvklus  zusammenschlössen  oder  ob  die  beiden 
jetzt  bekannten  Platten  mit  ihren  vier  Feldern  die  einzigen  ihrer 
Art  in  der  Basilika  waren,  lässt  sich  weder  bejahen  noch  verneinen : 
doch  bleibt  Hort'imng,  dass  noch  andere  Stücke  ihres  Gleichen  uns 
geschenkt  werden.  Genaue  Mitteilungen  über  die  Fundumstände  {•^) 
wären  ebenso  wünschenswert,  wie  eine  würdige  Publikation  dieser 
höchst  vollendeten  Werke. 

Die  Meisterschaft  der  Technik  schien  zunächst  eine  so  späte 
Datieruncf  unserer  Monumente,  wie  ich  sie  in  meiner  Studie  über  die 
Engel  angenommen  hatte  (6.  Jhdt),  einfach  unmöglich  zu  machen. 
Allein  bald  wird  man  sich,  zumal  inmitten  der  afrikanischen  Deuk- 
mälerwelt  selbst,  einer  anderen  Thatsache  bewusst.  Unsere  Platten 
fallen  nämlich  vollständig  aus  dem  Kreise  dessen  heraus,  was  in 
Karthago  sonst  an  Kunstdenkmälern  und  speziell  an  Reliefs  existiert: 
sie  lassen  sich  mit  den  übrigen  dort  erhaltenen  plastischen  Monu- 
menten, die,  durchaus  Produkte  punisch-römischer  Provinzialkunst, 
weit  unter  ihnen  stehen,  unmöglich  zusammen  in  eine  Klasse  ord- 


■'o' 


f)  Der  Vurderste,  zu  stark  frairiaeiitieit,  liisst  die  Arinbcweffiinc:  zwar 
nicht  mehr  orkeniien,  docli  wird  sie  von  derjenigen  seiner  beiden  Genossen 
kaum  verschieden  gewesen  sein. 

(2)  Aehnlich  wie  auf  der  ein(;n  Tafel  der  grossen  elferbeinernen  Evan- 
geliendeckel in  Mailand  u.  s  w.,  vgl.  Stuhlfauth,  Die  altchristl.  Elfenbeinpla- 
stik. Freiburg  i.  B.  1890,  S.  66  AT.  u.  sonst. 

(^J  von  denen  die  Entscheidung  über  die  ur.siirüngliche  Verwendung  der 
Heliefs  wesentlich  abhängt.  Man  kann  kaum  annehmen,  dass  sie  mit  sechs  an- 
deren gleichen  Platten  das  in  der  Mitte  des  Atriums  liegende  achteckige  Nym- 
jihaeum  umschlossen  ;  denn  dieses  war  mit  einem  tiitter  umzäunt,  wie  sich 
aus  den  Löchern  erkennen  lässt,  welche  man  in  der  das  Wasserbecken  um- 
>chliessenden  achteckigen  Basis  gefunden  hat,  und  in  welche  die  Stäbe  des 
(Jitters  eingelassen  waren. 


HEMERKINGKN    VON    KIS-KR    (  HKlSTIh  H-A  Ik  II.    STIDIENKEISE  2'J9 

nen;  sie  iitiiien  einen  anderen,  um  es  kui/,  v.w  sagen,  walirliafl 
griechischen  Geist.  In  der  That.  erst  wenn  man  sich  an  die  von 
Strzygowski  publizierten  prächtigen  Reliefs  der  beiden  halben  Säu- 
lentrommeln des  Tschinili-Kiosk  in  Konstantinopel  (')  erinnert, 
wird  man  sich  über  die  Frage,  welche  Bewandtnis  es  mit  der  Zeit 
der  karthagischen  Platten  habe,  klarer  werden  ;  denn  allein  mit 
ihnen  iind  mit  der  (elfenbeinernen)  Erzengel-Tafel  des  britischen 
Museums  in  London  (vgl.  meine  Studie:  Die  Engel,  Titelbild  imd 
S.  179  ff.),  die  so  lange  Zeit  die  einzige  und  einzigartige  Reprä- 
sentantin der  byzantinischen  Plastik  der  Blütezeit  gewesen  ist,  sind 
sie  stilistisch  zusammenzufassen:  sie  können  nur  stammen  aus  dem 
gleichen  Kunstkreise  und  der  gleichen  Zeit,  d.  h.  aus  Byzanz  und 
aus  der  Zeit  Justinians.  Der  Annahme  dieses'  Resultates  scheinen 
fürs  erste  äussere  Schwierigkeiten  im  Wege  zu  stehen  ;  aber  man 
braucht  sich  nur  zu  erinnern,  dass  Karthago,  unter  den  Vaudalen 
gänzlich  heruntergekommen,  i.  J,  533  den  einziehenden  Belisar 
jubelnd  aufnahm,  dass  Belisar  die  verfallenen  Festungswerke  wie- 
der aufbaute  und  die  Stadt  zu  Ehren  seines  Herrn  Justiniana 
nannte  und  dass  diese  der  Mittelpunkt  wurde  k  einer  nahezu  an- 
derthalb Jahrhunderte  dem  Ostreiche  gehorchenden  Diözese  -. 
(H.  Geizer  in  Krumbachers  Gesch.  der  byzant.  Literatur-  S.  932). 
Zur  Zeit  dieser  Neuaufrichtung  Karthago's  unter  Justinian  wurde 
m.  E.  die  gewaltige  Basilika  Damus-el-Karita  über  der  älteren 
kleineren  Anlage  gebaut,  und  eben  damals  kamen  in  dieselbe  aus 
der  Hand  eines  byzantinischen  Meisters  (-)  auch  jene  herrlichen 
Reliefptatten. 

(i)  Byzantinische  Zeitschrift  1892,  Taf.  I.  II.  Vj;l.  .Uusee  imperial  Otto- 
man.  Caialogue  des  sculptures  f/recques.  romaines,  bxjzantines  et  franques. 
Constantinoiile  1803,  Nr.  189.  190. 

(2)  An  sicli  wäre  es  nicht  unmöglicli,  das  ein  byzantinischer  Bildhauer 
die  beiden  Reliefs  in  Karthaoro  selbst  gearbeitet  habe  ;  doch  liegt  zu  dieser 
Annahme  kein  bestimmterer  (irund  vor,  da  die  Reliefs  recht  wohl  aus  Byzanz 
fertig  herübergebracht  sein  können  ;  auf  keinen  Fall  aber  ändert  sich  etwas 
an  dem  Nachweis,  dass  sie  in  Byzanz  ihre  Heimat  haben.  Die  karthagischen 
Platten  sind  nun  auch  insofern  wichtig,  als  sie  für  die  Datierung  der  ver- 
wandten Denkmäler  einen  festen  äusseren  Anhalt  geben  ;  denn  sind  sie  aus 
Byzanz,  dann  können  sie  nur  zur  Zeit  Justinians  und  zwar  nach  533  nach 
Karthago  gekommen  sein  ;  sie  sind  gewiss  auch  erst  in  dieser  Zeit  (gegen 
oder  um  die  Mitte  des  6.  Jhdts.)  gemeisselt. 


:;00  G.    PTtHLKAlTII 

Die  Schönheit  mi<l  dii-  Bedeutung  der  beiden  noch  so  wenig  be- 
kannten Marmortafelu  wird  es  gerechtfertigt  erscheinen  lassen,  wenn 
wir  etwas  länger  bei  ihnen  verweilten.  Um  so  kürzer  wird  sich  über 
das  berichten  lassen,  was  noch  an  weiteren  altchristlichen  Monumen- 
ten in  Karthago  sich  vortindet.  An  erster  Stelle  sind  zu  nennen  die 
in  einer  Zahl  von  rund  lUOO  Stück  vorhandenen  altchristlichen 
Lampen  (').  Paterae  (Fragmente)  u.  dgl.  Sie  sind  durch  Delattre's 
Katalog,  {' Lampes  chretieaiies  de  Carlhage  "  in  der  Reime  de 
l'art  chretien  1890-1893),  in  welchem  auch  die  Haupttypen  der 
Darstellungen  auf  den  Disken  nach  Zeichnungen  reproduziert  sind,  be- 
kannt geworden.  Trotzdem  wird  es  nicht  überflüssig  sein,  auf  Tf.  IX  f. 
eine  Anzahl  dieser  Darstellungen  nach  Photographie  zu  veröffent- 
lichen. Die  mit  *  sind  bisher  unpubliziert;  wo  die  übrigen  von  De- 
lattre  veröffentlicht  sind,  ergiebt  das  folgende  Verzeichnis  (die 
Reihenfolge  der  Lampen  geht  von  links  nach  rechts). 

Tof.W:*    1.  Del.  Nr.  13:;,  1891   S.  40. 

*  2.  Del.  Nr.  257,  1891  S.  46. 

3.  Del.  Nr.  137,  abgeb.  1891  S.  40. 

4.  Del.  Nr.  510,  abgeb.  1891  S.  302. 

5.  Del.  Nr.  499,  abgeb.  1891  S.  302. 

6.  Del.  Nr.  683,  abgeb.  1892  S.  135  {Engel  mit  Kreuz,  nicht  ein 

—  beflügelter  —  Christus,  wie  Del.  sagt;  so  auch  Nr.  684. 
685!  (2). 

(ij  Neben  vielen  heidnischen  ;  es  sind  ausser  einer  Anzahl  punischtr 
iTcwiss  über  300  rüniische  Lampen  '\m  Museum  untergebracht,  meist  in  bester 
Erhaltung  und  hübschester  Ausführung,  auch  inhaltlich  grossenteils  interessant 
und  wertvoll ;  als  etwas  Besonderes  möchte  ich  erwähnen,  dass  ein  Exemplar 
z.  B.  ein  Schiff  mit  zwei  Affen  zeigt,  ein  anderes  ein  nach  links  gehendes 
Kamel  mit  einem  auf  ihm  reitenden  Manne,  der  die  rechte  Hand  sprechend 
erhebt,  das  Gesicht  dem  Beschauer  zuwendend:  vgl.  zu  dieser  Darstellung  Sal. 
Heinach,  Africoin  sur  son  chameau  etc  ,  in  den  Collections  du  MusSe  Alaoui  I. 

S.  .33  ff 

(2)  In  meinem  Buche  über  die  Engel  S.  10  f.,  232  f.  bab^  ich,  damals 
•  ler  Angabe  Delattre's  folgend,  geglaubt,  dass  die  Engel  vireinzelt  in  deko- 
rativer Verwendung  nicht  nachzuweisen  wären.  In  der  That  fehlen  sonst  die 
Beispiele  für  eine  solche  gänzlich  ;  immerhin  bezeugt  unsere  karthagische 
Lampengruiipe,  dass,  wenn  auch  spät  (vor  dem  6.  Jhdt.  sind  diese  Lampen 
nicht  fabriziert,  sie  gehören  vielleicht  erst  dem  7.  Jhdt.  an),  doch  auch  eine 
in  rein  dekorativem  Sinne  zu  fassende  Darstellung  der  Engel  der  christlichen 
Kunst  nicht  fehlt.  Interessant  ist  dabei  noch  die  Ausstattung  des  Engels  mit 
dem  Kreuze. 


HEMEKKUNGEN    VON    KINEK    CHRISTLICH-AH«  II.    STIDIENREISE  301 

Taf.lX:      7.  Del.  Nr.  694,  abjjeb.  1892  S.  136.  Reoue  Archeol.  XIII,  1889  I. 
IM.  VIII  33,  dazu  S.  184  (De  Vngüo)  (i). 
8.  Del.  Nr.  690,  ab^reb.  1892  S.  13.").  Kraus,  l^eal-Encyklopiiaie  II 
S.  276  Fif,'.  147. 

*  9.  Del.  Nr.  588,  1891  S.  305. 
*10.  Del.  Nr.  714.  1892  S.  138  («). 

11.  Del.  Nr.  155,  abgeb.  1891  S.  41. 
•12.  Del.  Nr.  624,  1891  S.  307. 

13.  Del.  Nr.  150,  abgeb.  1891  S.  41  (zu  den  hier  genannten  sieben 

Exemplaren  registriert  Delattre  1893  S.  35,  Nr.  853  ein 
achtes). 

14.  Del.  Nr.  3,  abgeb.  1890  S.  131.  Kraus,  a.  a.  0.  S.  278  Fig.  166. 
*15.  Del.  Nr.  272,  1891  S.  47. 

Taf.X:       1.  Del.  Nr.  696,  abgeb.  1892  S.  136  (3). 

2.  Del.  Nr.  795,  abgeb.  1892  S.  227. 

3.  Del.  Nr.  907,  abgeb.  1893  S.  38. 

*  4.  Del.  Nr.  103,  1891  S.  39. 

*  5.  Del.,  Disques-rSßecteurs  et  poign^es  Nr.  30,  1893  S.  39. 

*  6.  Del.  Nr.  676-680,  1892  S.  135  (mit  einer  bestimmten  Nr.  nicht 

zu  identifizieren ;  ein  anderes,  mit  unserer  Abb.  nicht  iden- 
tisches Exemplar  ist  abgeb.  bei  Kraus,  a.  a.  0.  S.  27:^. 
Fig.  118). 

7.  Del.  Nr.  327,  abgeb.  1891  S.  50. 

8.  Del.,  Disques-r^ßecteun  Nr.  27,  abgeb.  1892  S.  225. 

9.  Del.  Nr.  288,  abgeb.  1891  S.  48. 
*10.  Del.  Nr.  665,  1892  S.  133. 

11.  Del.  Nr.  262,  abgeb.  1891  S.  46. 

12.  Del.  Nr.  639,  abgeb.  1891  S.  308. 

(>)  Vgl.  zu  dieser  hervorragend  interessanten  Lampe  mit  der  Darstellung 
des  Triumphes  Christi  (der  Kirche)  über  Hölle  und  Synagoge  die  Literatur 
und  die  Ausführungen  bei  Schwarze  a    a.  0.  S.  42  ff. 

(2)  Das  gleiche  Motiv  wie  auf  dieser  durch  unser  Exemplar  vertretenen 
karthagischen  Lampengruppe  findet  sich  merkwürdigenveise  auch  auf  zwei  in 
Rom  bewahrten  Lampen,  von  denen  die  eine  dem  christlichen  Museum  der 
vatikanischen  Bibliothek,  die  andere  dem  Museum  Kircherianum  angehört; 
doch  sieht  man  auf  beiden  noch  links  unten  einen  naeh  links  sich  bückenden 
Menschen,  rechts  einen  Hund,  der  einen  Hasen  jagt.  Die  :\Iuster  des  die  Dar- 
stellung umschliessenden  Rahmens  wechseln. 

(3)  Die  Betrachtung  des  Originales  kann  die  Deutung  dieser  Figur  als 
Putto  nur  bestätigen,  vgl.  Stuhlfauth,  die  Engel  S.  243  Anm.  2.  Wenn  er 
überhaupt  ein  Gewand  trägt,  dann  ist  es  ganz  kurz,  halbärmelig  und  fest  an- 
liegend; in  Wahrheit  aber  scheint  er  nur  mit  Armspangen  und  einer  Halskette 
ausgestattet  zu  sein ;  vgl.  auch  Le  Blant,  Arad^mie  des  inscriptions  et  belles- 
lettres,  1888,  S.  445. 


:;0: 


n.    STIHLFAI TH 


Taf.  X:      lo.  I»t-1.  Nr.  !J7,  abgcb.  1800  S.  lli-J.  Kraus,  a.  a.  0.  S.  277  Flir.  16n. 

14.  Del.  Nr.  m(j,  abgeb.  1802  S.  133. 

15.  Del.  Nr.  608,  abgeb.  1892  S.  134. 
•16.  Del.  Nr.  674,  1892  S.  134. 

17.  Del.  Nr.  91.  1890  S.  139.  Kraus,  a.  a.  0.  S.  273  Fig.  125. 
*18.  Del.  Nr.  899,  1893  S.  37. 
•  19.  Del.  Nr.  663,  1892  S.  133. 

20.  Del.  Nr.  675,  abgeb.  1892  S.  134. 
'21.  Del.  Nr.  727,  1892  S.  139. 

22.  Del.  Nr.  417.  abgeb.  1891  S.  298. 

Deu  Lampeu  reihen  sich  aussei-  einem  hier  nuch  besonders  zu 


Fig.  3. 


erwähiieüden  ThoDf,'efässe,  in  dessen  Hals  zwischen   zwei   Fischen 
ein  Kreuz  und  statt  des  gewöhnlichen  «  w  die  drei  ersten  Buch- 


BEMERKUNGEN    VON    EINER   CHniSTLICH-ARCH.    STIDIENPEISE  303 

Stäben  des  lateinisclieii  Alpliabetes  eingeritzt  'sind  {'),  einige  der 
quadratischen  Thontafeln  an,  die  zur  AVanddekoration  der  Basiliken 
dienten;  die  des  Museums  von  St.  Louis  sind  ganz  der  gleichen 
Art  wie  die  im  Bardo-Museum  ;  eine  spezitisch  christliche  Dar- 
stellung haben  nur  zwei  (vgl.  Fig.  3  «,  0.) :  die  eine  mit  dem 
auf  dem  Ungetüm  rulionden  Jonas,  die  andere  mit  dem  Opfer 
Abraliams  und  der  Ueberschrift  (von  rechts  nach  links) :  -j-  abram 
et  isac. 

Endlich  sei  hingewiesen  auf  einen  Elfenbeinkamm,  welcher 
in  seiner  Art  zusammengehört  mit  einem  anderen,  der  ebenfalls 
in  Karthago  gefunden  und  von  da  in  das  christliche  Museum  der 
vatikanischen  Bibliothek  gekommen  ist  {-).  Er  zeigt  eingeritzt  auf 
der  Vorderseite  ein  aus  kleinen  konzentrischen  Kreisen  gebildetes 
Kreuz,  in  den  Ecken  grössere  konzentrische  Kreise;  die  gleichen 
ivonzentrischen  Kreise  zeigen  die  Ecken  der  Rückseite,  Avährend  in 
die  Fläche  selbst  ein  wiederum  aus  kleinen  konzentrischen  Kreisen 
gebildetes  auf  der  Spitze  stehendes  Quadrat  eingesetzt  ist. 

Es  erübrigt  noch  eines  i.  J.  1895  gemachten  überraschenden 
Fundes  zu  gedenken :  der  Kapelle  unter  dem  Hügel  der  Byrsa  (aut 
dessen  Höhe  St.  Louis  steht)  mit  einem  altchristlichen  Wandge- 
mälde (3).  Leider  ist  dieses  Fresko  an  der  Rückseite  der  Kammer  (^), 
von  Hause  aus  schon  offenbar  eine  künstlerisch  recht  rohe  Leistung 
frühestens  des  5.  Jhdts.,  arg  zerstört;  es  ist  in  ein  Kreissegment 
hineinkomponiert;  doch  fehlt  der  ganze  rechte  Teil,  und  auch  das 
Erhaltene  hat  im  höchsten  Masse  gelitten.  Man  kann  noch  drei  Fi- 
guren  hinter  einander  erkennen,  zur  Rechten  eines  ursprünglich  in 
der  Mitte   des   Ganzen   en   face    stehenden  unbärtigen   nimbierten 

(')  Vgl.  de  Rossi's  ausführliche  Besprechung  im  BuUettino  1881  S.  125  ff., 
(lizu  die  Ahbildung  im  BuUettino  1880.  Tav.  VIII,  auch  Delattre's  Abbildung 
in  Les  mission-1  catholiques,  1883,  S.  323. 

(2J  Vgl.  Stuhlfauth,  die  altcliristl.  Elfenbeinplastik  S.  187,  §  8  Nr.  1. 

(3)  Vgl.  den  ausführlichen  Bericht  Delattre's  Carthage.  L'anlique  cha- 
pelle  souterraine  de  la  colliae  de  Saint-Louis,  Paris  1806  {Extrait  du  Cosraos. 
1895,  T.  XXXIII,  nouv.  S^r.,  S.  167  flf.,  497  ff.)  mit  Grundriss  und  Abbildun- 
gen (des  Freskos  und  einer  Anzahl  dort  gefundener  Lampen).  Die  weitere  Li- 
teratur gibt  Gsell,  Chroniqae  orcheolof/ique  africaine,  in  den  Melanies  der 
ecole  franc.  de  Rome  XVI,  1896,  S.  470. 

(*)  In  diese  mündet  ein  Gang,  und  an  letzterem  wiederum  liegt  eine 
Zisterne,  die  zu  der  Entdeckung  der  ganzen  Anlage  geführt  hat. 


304  G-    SriHI-FAITH 

Mannes.  Eine  sichere  Entscheidung  darüber,  ob  wir  es  hier  mit 
einem  Heiligen  (Cyprian)  oder  mit  Christus  zu  thun  haben,  ist 
nicht  leicht  möglich,  wenngleich  auch  mir  letztere  Annahme,  die 
Stevenson  {Xuovo  ßicll.  di  archeol.  crist.  1896,  S.  94  flf.)  gegen- 
über Delattre  vertritt,  mehr  Wahrscheinlichkeit  zu  haben  scheint. 
Jedenfalls  scheint  Delattre  im  Irrtum,  wenn  er  hinter  dem  Kopfe 
der  letzten  Figur  links  einen  Flügel  zu  bemerken  glaubt  und  darum 
meint,  sie  sei  ein  Engel;  der  vermutete  Flügel  ist  wohl  nichts  an- 
deres als  ein  roher  Pinselstrich  ('). 

G.  Stühlfaüth. 


(1)  Das  Original  lässt  wenigstens  diese  Annahme  eher  zu.  —  Das  von 
Delattre  i.  J.  1880  in  La  Marsa  entdeckte  Baptisterium  habe  ich  nicht  gesehen ; 
vgl.  darüber  Delattre  in  Les  missions  cathoUques,  188.3,  S.  321  ff.  Dieses  Ba- 
ptisterium gehörte  ursprünglich  zu  einer  der  22  Basiliken  Karthago's  ;  es  sind 
dort  christliche  Inschriften,  Lampen  und  sonstige  Gefasse  gefunden.  —  Ferner 
sei  darauf  hingewiesen,  dass  im  Norden  von  Karthago  bei  dem  Dorfe  Garaart 
oder  Camart  an  den  mit  dem  Xameu  Dschebel-Khaui  (=  «  hohles  Gebirge  » 
{monta(ine  creme])  bezeichneten  Höhen  eine  jüdische  Xekropole  aufgedeckt 
ist ;  Delattre  hat  darüber  ausführlich  berichtet  in  den  Misaions  cathoUques 
und  nach  dem  Erscheinen  des  letzten  Artikels  diese  Berichte  separat  erscheinen 
lassen  unter  dem  Titel :  Gamart  ou  la  nicropole  juive  de  Cartkaf/e,  Lyon 
(Mougin-Rusand),  189.5 ;  dazu  vgl.  MÜanges  cVarcheologie  et  d'histoire,  1895, 
S.  .329. 


LE  NECROPOLI  Dl  LIGOÜIA  EÜBEA 

ED    I    VASI    GEOMETRICI    DEL    QUARTO    PERIODO    SICULO 


Licodia  Eubea,  gi'osso  borgo  nella  parte  montana  della  pro- 
vincia  di  Catania.  sorge  sul  declive  Orientale  di  nna  forte  eleva- 
zione  (m.  630),  che  sta  a  cavaliere  dell'  alta  valle  del  Durillo, 
e  della  strada  che  dal  mare  africano  sale  faticosamente  sino  al 
displuvio,  per  seendere  poi  nei  piani  di  Catania;  il  valico  era  da 
terapi  antichi  di  molta  importanza  militare  e  comraerciale,  nelle 
comunicazioni  tra  i  Geloi  ed  i  Camarinesi  cogli  loni  di  Catana  e 
Leontinoi,  risparmiando  il  lunghissimo  giro  lungo  la  costa  siracu- 
sana;  ma  presentava  il  grave  inconveniente  di  essere  girabile  per 
vie  laterali. 

Per  questa  e  per  altre  ragioni,  che  svolgerö  neu'  andamento 
di  questo  articolo,  parmi  piü  che  dubbia  la  identificazione  di  Li- 
codia colla  calcidese  Eiiboia,  e  ciö  malgrado  l'  arbitraria  aggiunta 
del  nome  antico  al  moderno,  deliberata  nel  1872  dal  consiglio  co- 
raunale  del  luogo  e  confermata  con  decreto  reale  dello  stesso  anno. 
Tenendo  a  guida  Strabone,  che  compedia  in  brevi  parole  la  storia 
di  Euboia,  essa  fu  colonia  di  Leontinoi  (VI,  2,  6 ;  sxiiaccv  Aeov- 
tiroi),  sorta  probabilmeute  tra  la  line  del  VII  ed  il  principio  del 
VI  sec. ;  conqiiistata  e  spopolata,  come  Megara,  da  Gelone,  di- 
ventö  un  cpgovQior  2vQaxoamv  (X,  1,  15),  del  quäle  poi  non  si 
sente  piü  parlare;  veggasi  ancora  il  bi-eve  cenno  in  Erodoto  VII,  156. 
Euboia  e  quindi  una  xiiaiq  greca,  e  non,  come  tante  piccole  cittii 
dell'  interno,  un  borgo  siculo  grecizzato.  Pur  convenendo  che  la  po- 
sizione  di  Licodia  era  buona  per  coprire  il  territorio  leontinese 
contro  i  Gelesi,  attenendoci  a  Strabone  noi  dovremo  trovare  a  Li- 
codia necropoli  e  materiali  genuinamente  ed  esclusivamente  greci. 
Che  ciö  non  sia  vedremo  nel  corso  della  memoria;  qui  basti  ag- 
giungere    che  Licodia    non  ha    mai  dato  un  frammento  di    titolo 

20 


306  ''■  ""■'i 

oreco,  e  per  qiiauto  io  abbia  percorso  le  pendici  dell'  alta  collina 
SU  cui  sorge,  noii  iiii  venne  mai  fatto  di  osservarvi  iin  solo  brano 
<li  miiro  di  struttiira  greca.  od  anche  un  solo  masso  che  presentasse 
delle  sagomature  classiche. 

II  Fazello  da  prima,  ed  il  Cluver  copiandolo,  parlarono  in 
modo  troppo  vago  di  grandi  ruine  colä  esisteati,  ma  le  loro  atte- 
stazioai  non  hanno  uella  nostra  questione  valore  di  sorta,  perocche, 
meütre  io  escludo  Euboia,  non  nego  affatto  una  citta  autica('); 
ne  di  maggior  conto  sono  gli  stndi  di  un  erudito  locale,  essendo 
a  tutti  codesti  vecchi  scrittori  comune  il  difetto  della  esatta  os- 
servazione  archeologica  (').  Dalla  quäle  soltanto,  quando  tacciano 
0  sien  troppo  esigue  le  fonti  scritte,  puö  ricostruirsi  il  passato  di 
un'  antica  cittä.  Eppm'e  Licodia  prestava  largo  campo  a  si  fatte 
osservazioni ;  belle  e  rieche  le  sue  necropoli,  le  quali  per  lustri  e 
lustri  vennero  metodicamente  spogliate,  senza  tenerne  un  ricordo 
qualsiasi;  non  duuque  in  pro  della  scienza,  ma  per  lucro;  e  di- 
spers!, perdendone  il  ricordo  della  provenienza,  i  vasi  dipinti  che 
contenevano.  Qui  1"  archeologo,  come  in  troppi  luoghi  della  Sicilia, 
e  arrivato  all'  ultimo  momento.  quando  1'  opera  cosciente  degli 
scavatori,  e  quella  incosciente  dei  villani,  ha  compiuta  la  deva- 
stazione.  Non  di  meno  il  frutto  degli  scavi  da  me  eseguiti  in  Li- 
codia dalla  tine  aprile  a  metä    maggio  del  '98,  se  non  fu    mate- 

(i)  Fazello,  De  rebus  Siculis,  dec.  I,  lib.  X:  « Lycodia  oppidum;  ul»i 
iiiirae  vetustatis  licet  prostratae  ac  sepultae  magna  ex  parte  sunt  ruinae  ". 
'.'luverii,  Sicilia  antiqua,  pag.  388. 

(')  La  Ciura,  Dissertazione  storico-critica  sulla  fondazione  di  Eubea, 
oggi  Licodia;  e  dello  stesso:  Memoria  sulVantica  Eubea,  oggi  Licodia,  in 
appendice  al  Paternö  —  Biscari,  Viaggio  per  tutte  le  antichitä  della  Sicilia 
(Palermo  1817),  pag.  272-81.  In  questa  ultima  Memoria  l'A.  descrive  un  grande 
sotterraneo  che  dal  castello  corre  sotto  al  paese  con  varie  gallerie  secondarie ; 
parla  della  necropoli  Calvario  e  Perriera  coli'  "  immenso  numero  dei  sepolcri  « 
giä  allora  distratti  dai  cavapietre,  e  ricorda  come  moltissimi  vasi  fossero  di 
lä  passati  al  Museo  del  barone  Astuto  di  Noto,  ora  disporso.  Infine  menziona 
la  scoperta  avvenuta  nel  1808,  a  pochi  passi  dal  paese,  di  5  urne  di  piombo 
con  ossa  cremate  e  con  15  foglie  di  lauro  in  oro,  nell'ultinia  dello  quali  si  volle 
riconoscere  nientemeno  che  il  sepolcro  di  Agatocle. 

Anche  il  Millingen  {Recueil  de  quelq.  in6dailles  grecques  indd.  Roma, 
1812)  ha  dato  fuori  una  pretesa  moneta  di  alleanza  fra  Gela  ed  Eubea,  ina 
il  pezzo,  se  non  e  spurio,  fu  falsamente  intcrpretato,  leggendovi  EVBOIA 
per  EVNOMIA  (cfr.  Head.  Hist.  nurnrnorum,  pag.  12-4). 


LE    NECROPOLI    DI    MfODIA    Et'REA  307 

naluiente  ricco,  ebbe  diic  iitili  risultati,  qiiello  di  fornire  esatti 
elementi  per  tissare  la  posizione  croiiologica  ed  etnogratica  di  im 
gruppo  di  ceramica  prima  sconosciuto,  e  di  delinearci  i  coiitorni 
di  ima  nuova  fase  della  civiltä  sicula,  a  contatto  di  quella  greca 
dei  secoli  VIII-V. 

I.  Cenuo  topografico. 

La  montagna  carenata  sul  cui  liauco  si  «tende  la  moderna 
Licodia  e  chiiisa  alle  diie  estremitk  nord-est  e  sud-ovest  da  due 
elevazioni    arrotondate  e  forti,  il  Castello  a  mezzodi,  il    Calvario 


Fis.  1. 


a  settentrione ;  qiiello  copre  coi  suoi  ruderi  imo  piü  antico  nor- 
manno,  e  come  posizione  per  natura  mimitissima  deve  esser  stata 
r  acropoli  dell'  abitato  che  si  stendeva  davanti  ed  ai  suoi  piedi ; 
lungo  i  suoi  tianchi  ripidi  e  franosi  io  ho  osservato  tracce  di  tutte 
le  etä,  raccogliendovi  qualche  strumento  litico,  frammenti  di  vasi 
greci  a  f.  n.  0  tardi,  non  meno  che  materiali  cristiani;  e  cristiano 
e  un  sepolcreto  a  «  formae  " ,  scoperto  nella  primavera  del  '98, 
sul  suo  versante  occidentale('). 


(,1)  Ne  ho  dato  un  cenno  con  illustrazioni  nella  Roemische  Quartalschrift 
für  christl.  Altert humskunde  etc.  1898,  pag.  288  tav.  VII. 


308  P.  ORSi 

Invece  la  opposta  collina  del  Calvario  e  tutta  fittamente  co- 
perta  di  sepolcri  di  vario  genere,  e  qiiindi  doveva  trovarsi  fuori 
deir  abitato.  Sulla  vetta  di  essa  io  raccolsi  im  gruppo  di  vasi  si- 
culi  del  geoere  piü  antico,  cioe  di  quello  che  io  chiamo  I  periodo 
e  ne  otfro  qui  Io  schizzo  (fig.  1);  essi  provano  che  anche  lä  sopra, 
in  epoca  assai  remota,  verso  la  metä  del  II  millennio  a.  C,  sor- 
geva  qualche  gnippetto  di  capanne  di  indigeni.  La  necropoli  del 
Calvario  continua  senza  interruzione  lungo  i  fianchi,  da  una  parte 
in  direzione  del  cimitero  nuovo,  dall'  altra  nella  contrada  detta 
Perriera  e  nel  contiguo  Orto  della  Signora.  Anche  una  parte  del 
quartiere  povero  settentrionale  della  raoderna  Licodia  e  costruito 
sopra  sepolcri.  Trattasi  dunque  di  una  unica  e  vasta  necropoli,  a 
camere  e  pozzetti  di  vario  tipo,  che  ha  1'  estensione  di  ^/i  di  chilom. 
quadrato,  e  che  spetta  non  ad  un  semplice  villaggio,  ma  ad  un 
borgo  antico  di  rilevante  estensione. 

Qualche  altro  sepolcro  si  trova  nella  cosi  detta  Selva  dell'ex 
convento  del  Carmine;  ed  anche  sul  Monte  Belvedere,  che  sorge 
a  meno  di  un  chilom.  a  levante  del  Calvario,  superandolo  in  al- 
tezza  (m.  696),  ho  osservato  una  dozzina  di  camere  sepolcrali. 
spettanti  a  qualche  casale,  eretto  su  quella  vetta  pittoresca.  Un 
quattro  chilom.  sotto  Licodia,  presso  la  ruotabile  Licodia-Comiso, 
nel  luogo  detto  Io  Scifazzo,  esiste  una  terza  necropoli,  la  quäle, 
attesa  la  distanza  e  la  situazione,  va  riferita  ad  un  borgo  com- 
pletamente    distinto  da  quello  corrispondente    all'  attuale  Licodia. 

II.  La  necropoli  urbana 
(Calvario,  Perriera,  Orto    della  Signora). 

L'Orto  della  Signora,  un  terreno  pianeggiante  al  piede  Orien- 
tale del  Calvario,  secondo  le  indicazioni  attinte  da  varie  persone, 
conteneva  le  tombo  piü  rieche  della  necropoli;  esplorato  e  spo- 
gliato  da  oltre  un  secolo,  rivoltato  in  ogni  senso  per  i  lavori  di 
coltura  e  di  estrazione  di  pietra,  non  oifre  ormai  speranza  veruna 
di  ulteriori  scoperte,  ed  i  tentativi  da  me  colä  eseguiti  ebbero 
esito  del  tutto  negativo.  Anche  le  tombe  che  vi  si  trovavano  nu- 
merose  furono  in  parte  distrutte.  in  parte  ricoperte  di  terra,  e  rese 
invisibili;  esse  non  sono  diverse  da  quelle  del  resto  della  necro- 
poli e  constano  di  camere  e  pozzetti  a  loculi,  aperti  nel    calcare 


LE    NECROPOM    1)1    I.ICODIA    KVHRK  309 

tenero  che  forma  la  massa  del  Calvario ;  mancano  affatto  le  tombe 

a  fossa. 

Eccezionale  e  di  iina    certa    grandiositii  e  il  sepolcro  di    cui 

oifro    qui  la    planimetria  (fig.  2  e  2  bis);  vi  si  accedeva  per    un 

pozzo  rettangolare,  profondo  dal  pia- 
no di  canipagna  attuale  oltre  a  m.  3 ; 
esso  metteva  ad  iina  galleria  fian- 
cheggiata  da  grandi  loculi,  o  letti 
funebri  coq  capezzali ;  nella  parete 
del  pozzo  un  loculo  minore  per  bam- 
bino;  la  lig.  2  bis  ne  öftre  la  sezione. 
L'  attuale  proprietario  del  ter- 
reno,  sig.  Albo  Sebastiane,  possiede 


Fig.  2. 


M^mMM 


Fig   2  bis 


Fig.  3. 

una  quantitä  di  materiale  sopratutto 
ceramico,  proveniente  dalle  scoperte 
fatte  airOrto  della  Signora ;  la  ce- 
ramica,  identica  per  forme  e  decora- 
zione  a  quella  degli  altri  giuppi  se- 
polcrali,  che  man  mano  studiererao, 
Consta  di  numerosi  anforoui.  idrie. 
askoi,  oenochoai  di  fattura  locale ; 
rappreseutano  una  novitä  due  urne  o 
lebeti  fittili,  alti  cm.  30  (fig.  3), 
con  maniglie  a  rilievo,  i  quali  evi- 


:ilO 


ORSI 


dentemente  imitano  e  riproducono  iin  vaso  metallico  laminato. 
Di  vasellami  di  fiibbrica  greca  (alciini  sicelioti)  v'erano:  alquanti 
kothoD  di  maniera  corinzia,  askoi  neri,  una  kylii,  im  vasetto  a 
testa  iimana,  alcune  scodelline  nere,  e  delle  liicerne  ombelicate; 
niateriale  che  nel  suo  complesso  non  puö  scendere  sotto  i  primi 
liistri  del  sec.  V.  Piü  pregevole  e  il  materiale  metallico,  che  at- 
tesa  la  sua  importanza  riproduco  qui  in  una  serie  di  disegni,  e  che, 

all'  infuori  dei  bronzi,  mi  si  assicurö  pro- 

venisse  da  im  solo  sepolcro,  il  quäle  diede 

anche  una  spada  rotta  e  smarrita :  sei  cap- 

pelletti  conici  di  spesso  bronzo,  cordonati 

esteriormente,  con    appiccagnolo   ncll'  in- 

terno,  alti  intorno  a  mm.  80  (fig.  4) ;  erano 

ornamenti  da  portare  suUa  persona,  e  per 

quanto  a  me  Consta,  non  se  ne  ebbero  mai  dai  sepolcri  greci,  ma 

dai   siculi  Q).  Due  grosse  spirali  di  argento,  a    fettuccia    formata 

da  quattro  cordoni,  luughe  cm.  7  (fig.  5) ;  servivano  sopratutto  per 


Fisr.  4. 


tiiiaaar 


Fig.  5. 


Fig.  6. 


la  chioma  {"Xi^)  e  ne  han  dato  numerosi  esemplari  le  necropoli  ar- 
caiche  di  Megara  Hyblaea  e  Siracusa,  e  piü  scarsi  quelle  sicule  del 
IV  periodo  (-).  Due  fibule  di  argento,  lung.  ram.  37,  a  piccola  navi- 
cella  massiccia  con  grande  statta  (fig.  6);  le  necropoli  sicule  del 
III  periodo,  e  sopratutto  il  Finocchito,   ne   hanno   dato   numerosi 

(')  Cominciaiio  ad  apparire  in  piccoli  esemplari  nel  III  periodo  siculo, 
al  Finocchito  [Bidlettino  Paletnol.  Italiana,  XX,  tav.  III,  15),  ma  vi  sono 
rari.  II  Museo  di  Siracusa  possiede  esemplari  di  Licodia  bor^rata,  dello  Sci- 
fazzo,  e  di  Vizzini.  Un  unico  esemplare  rinvenuto  a  Megara  Hvblaea  in  tomba 
infantile  (n.  660  inedita)  h  di  fattura  molto  piü  elegante  e  di  miiwri  dimen- 
üioni. 

(2)  Orsi,  Megara  H.  {Monum.  Lincei  1.  809),  ma  numerosissimi  ine- 
diti;  a  Granmichele  (.Vonum.  Lincei  YTL.  272),  in  sepolcri  simili  del  IV  pe- 
riodo. Sul  loro  vario  uso  vedi  Heibig.  Iloin.  Epos^,  pag.  242;  Studniczka, 
Jahrbuch  1896,  pag.  283-86. 


i.K  .NECKoroi.i  DI   i.iLuiiiA  laiiK.a 


311 


Fig.  7. 


esemplari  in  broiizo,  ed  io  credo  di  aver  giä  diniostrato  con  sufficiente 

evidenza,  trattarsi  di  articoli  greci  importati  per  uso  dei  ßÜQßaQoi 

della  Sicilia(');  infatto  nelle  necropoli  greche  della  Sicilia  codeste 

fibiile  sono   cofi  rare,  che  costitiiiscono  delle   vere    eccezioni.  Una 

fibiila  di  brouzo  eguale    alle  procedenti    ma  coli' arco    im  po'  piü 

ingrossato.  Una  trentina  di  bottoncini  emisferici  d'  argento  (diam. 

mm.  15),  con  pedimcoletto  interno,  per  essere  ap- 

plicati  alle  vesti  (Hg.  7):  se  ne  ebbero  di  egiiali 

raa  in  bronzo  dalle  necropoli  sicule  di  Cassibile  e 

del  Fiuocchito.  Un  grosso  anello  di  arg.  con  due 

fiori  di  loto  tracciati  a  bulino  ha  riscontro  in  qual- 

che  esemplare  megarese  (fig.  8).  Infine  il  penda- 

glietto  a  bossolo  in  sottilissima  lamina  d'oro,  dato 

alla  fig.  9,  trova  riscontro  in  esemplari  consimili 

ma  in  argento  di  Megara  H.  (iuediti) ;  altri  hanno 

forma  di  cuore   (xcioSiov) ;   ma  tutti    avevano    la 

stessa  destinazione :  erano  cioe  portati  al  collo,  o  come  ntgianTa, 

0  per  contenere  aromi,  avendo  tutti  un  coperchietto  mobile ;  siccome 

se  ne  trovarono  anche  in  necropoli  fenicie,  od  etrusche 

assieme  ad    articoli  fenici,  e  lecito  credere  che  taluni 

fossero  di  fabbrica  fenicia  (^).  II  materiale    fittile  del- 

rOrto  della  Signora  e  parte  indigeno,  parte  greco ;  greco 

invece  e  tutto  quello  metallico,  e  lo  stesso  fatto  noi  os- 

serveremo  negli  altri  sepolcri  diLicodia  ed  allo  Scifazzo. 

Salendo  il  fianco  del  colle  passiamo  ora  alla  Perriera; 

come  lo  dice  il  nome  siciliano,  qui  esistono  da  oltre  due  secoli  vaste 

e  profonde  cave  di  pietra,  che  hanno  messo  allo  scoperto  numerosi 

sepolcri,  quasi  tutti  oggi  distrutti.  Diamo  uno  sguardo  a  qualcuno 

dei  piü  caratteristici,  ancora  conservato;  ecco  la  planimetria  (fig.  10) 

e  due  sezioni  trasversali  (fig.  11,  12j  di  ima  camera  tutta  scavata 

nella  roccia,  il  cui  fondo  e  distaute  quasi  m.  5  dall'  attuale  piano 

di  campagna.  Vi  si  accedeva  per  un  pozzo  rettangolare,  chiuso  in 

origine  da  grandi  lastroni ;  oggi  sopra  la  roccia  vi  sono  piü  di  m.  2 


Fiff.  9. 


(')  B.P.I.  XX,  pajr.  67;  XXIII,  pag.  104. 

(2)  A  Preneste  [Notizie  1807,  pag.  260);  ueirEtruria  (Falclii,  Vetu- 
lonia  VII.  1,  VIII.  8,  pag.  107);  a  Cartagine  (Delattre,  Carthage.  La  nicrop. 
de  Douhnes  üg.  27);  a  Cipro  (Hi-rrmann,  Graeberfeld  von  Marion,  pag.  19). 


312 


r,  oKsi 


di  terra,  quindi,  se  le  condizioui  del  soprassuolo  non  sono  notevol- 
raente  cambiate  dall'  antico  (ne  vi  ha  ragione  per  crederlo),  e  ueces- 
^  sario  siipporre  che  dei  cippi  indicas- 

sero  i  sepolcri  nascosti  a  tauta  pro- 
fonditä.  AI  piede  del  pozzctto  due 
profondi  loculi;  quindi  per  una  porta 
fastigiata  si  penetra  neUa  cella,  con 
tetto  a  displiivio,  due  loculi  ai  fianchi 
ed  una  banchina  sul  fondo. 

Piü  semplice  quest'altro  sepol- 
cro  (fig.  18),  nel  quäle  1' ingresso 
aperto  in  un  dolce  declive  non  e  piü 
a  pozzo,  ma  a  canale  o  corridoio  sco- 
I'  8  perto,  tiancheggiato  da  due  loculi ;  la 
porta  arcuata  mette  nella  stanza,  che 
non  so  dire  se  contenesse  banchi  fu- 
nebri,  perche  piena  di  terra.  Segue 
un  sepolcro  a  pozzetto,  del  pari  sem- 
plicissimo ;  la  bocca  a  fior  terra  ha 
r  aspetto  di  una  fossa  (fig.  14),  la 
quäle  si  sprofonda  cosi,  da  diventare 
un  pozzo  di  m.  2,10,  compresa  la  vera 
fessa  terminale ;  ai  lati  del  fondo 
due  loculi  per  cadaveri  distesi. 

I.  Veniamo  ora  ai  sepolcri  da 
me  sottoposti  ad  una  metodica  esplo- 
razione ;  ebbi  la  rara  fortuna  di  rin- 
veuire  ancora  chiusa  la  camera  di 
cui  oifro  la  planimetria  (fig.  15);  un 
pozzetto  rettangolare,  non  molto  pro- 
fondo,  ne  formava  l'accesso,  e  da  qiie- 
sto  per  un  portello  alto  cm.  80,  sbarrato  da  un  lastrone  e  contro- 
barricato  da  piccoli  massi,  si  passava  nella  camera  (alta  m.  1,70)  col 
lato  piü  breve  occupata  da  un  banco  funebre  (a.  cm.  80).  Basta  avere 
una  pratica  elementare  delle  necropoli  siculc  del  TU  periodo  (cfr.  B. 
P.  l.  XX,  tay.  II),  per  riconoscere  tosto  qui  un  tipo  di  camera  funebre 
sviluppato  dalle  forme  in  uso  in  quella  etä;  il  pozzetto,  caratteristico 
a  talune  necropoli  del  II  periodo,  come  Thapsos  ed  il  Plemmirio,  fu 


Fig. 


11. 


313 


I,E    NECROPOM    DI    LICODIA   EUBEA 

qui  conservato  ed  imposto  dalla  configurazione  del  soprassuolo.  La 
Camera  conteneva  due  soll  scheletri  distesi,  uno  siiUa  banchina,  ed 


Fig.  12. 


uno  sul  suolo,  ambediie  col  cranio  a  settentrione ;  nell'  angolo  NO 
al  pie  della  banchina  v'  era  iina  grande  hydria,  ed  un  grande  askos ; 

lungo  la  parete  di  ponento  stavano  allineate 
quattro  hydrie  ed  un'anfora,  e  distribiiiti  sul 
suolo  altri  vasi  minori.  Nulla  di  materiale 
metallico. 


Fig.  13. 


Descrivo  ora  il  vasellame ;  della  tecnica 
di  qiiello  indigeno  parlerö  un  po'  diffusainente 
in  seguito ;  basti  per  ora  rilevare,  come  esse 
sia  piasmato  con  creta  commista  a  tritume 
vulcanico,  ben  cotta  e  tornita ;  la  superfice  ne  e  quasi  sempre  coperta 
di  ima  tinta  bianco-lattea,  snlla  quäle  venne  eseguita  la  decorazione 
geometrica  bruna,  a  colori  matti  ma  resistenti.  Delle  cinque  hydrie 
raccolte,  alte  intorno  a  cm.  35,  due  erano  in  pessimo  stato,  e  cosi 
l'anfora;  le  altre  tre  sono  qui  riprodotte,  alle  tig.  h\  17,  18,  perche 


314  P-  OKSi 

se  ne  vegga.  oltre  della  forma,  il  sistema  ornamentale  sul  quäle  mi 

intratterrö  piü  avanti :  osservo  soltanto  che  nell"  hydria  tig.  18,  ol- 


iS^s^^\n\^ij(:'Ti 


Fig.  15. 


tre  del  colore  bruno  e  impiegato,  con  molta  parsimonia,  anche  il 
carmino  nei  denti  dl  lupo  alla  base  del  collo:  indizio  questo  ab- 


Fig.  16. 


bastanza  significativo  di  recenzioritä.  Un  grande  askos  acromo  (diam. 
cm.  26)  e  riprodotto  alla  tig.  19.  Tre  oenochoai,  alte  da  cm.  12 
a  17,  avevano  soltanto  delle  fasciature   orizzontali.    Una   scodella 


l.K   ^K(•KOI'nr.I    L)I    MCOÜIA   EUHEA, 


315 


del  diam.  di  cm.  1(3  e  data  alla  \\(r.  20;  altre  erano  ridotte  in  fram- 
menti  ed  avevano  perdiita  la  decorazione. 

II  vasellame  di  fattura  greca  era  rappresentato  da:  due  kothou 
in  creta  rossastra,  con  decorazioni  a  fascie  ed  a  puntini,  la  cui  gre- 
citä  e  dimostrata,  olti-e  che  dalla  creta  purissima  anche  dal  color 
nero  a  vernice.  La  tig.  21  ne  riproduce  uno.  Aggiungansi  due  kyli- 
kes,  diam.  cm.  19,  con  gole  al  labbro,  a  fascie  brune  o  nere  sul 
rosso  corallino  della  creta;  sono  eguali  a  tig.  52,  e  noi  ne  vedremo 


Fig.  17. 


numerosissimi  altri  esemplari.  Segiiono  tre  lucerne  discoidali,  aperte 
ed  ombelicate,  con  fascie  nero-ebano  sulla  creta  rosso-corallina 
(fig.  22) ;  per  la  qualitä  della  creta  e  della  vernice  esse  sono  attiche, 
ma  i  Greci  della  Sicilia  ne  fecero  mimerose  imitazioni,  facilmente 
riconoscibili  alla  qnalita  piü  scadente  dello  impasto.  Per  quauto 
la  mia  pratica  mi  permette  di  giudicare,  tali  lucerne  si  hanno  in 
sepolcri  del  principio  del  sec.  V  e  della  fine  del  VI,  ma  le  imita- 
zioni durano  piü  a  lungo.  La  piccola  pyxis  tig.  23  e  di  cattiva  fab- 
brica  greca,  forse  siceliota,  ed  ha  smarrita  buona  parte  della  ver- 
nice nera.  —  Per  arrivare  ad  un  giusto  apprezzamento,  sopratutto 


316  p.  ORSi 

cronologico,  del  sepolcro,  sarebbe  ora  necessario  un  commento  della 
ceraiuica  in  esso   raccolta;  ma  per   evitare  ripetizioni,  e  per  pro- 


Fig.  18. 


cedere  ad  un  esame  piü  largo  e  comprensivo,  lo  rimetterö  alla  fine 
delle  scoperte. 


Fig.  19. 


Fig.  20. 


II-IV.  A  pochi  metri  dalla  precedente  fu  scoperta  iina  seconda 
Camera  di  egual  forma,  coUa  volta  frauata,  dimensioni  m.  1,80 
X  1,82  X  1,28  alt.  E  contigue  a  questa  Te  ne  erano  altre  due  con- 
simili,  frugate  dai   «  periatori  «  (=  cavapietra).  Niilla  posso  dire 


LE   NECROPOLI    DI    LICOÜIA.    El/BEA  317 

sul  nnmero  degli  scheletri  in  esse  riconosciuti,  il  quäle  perö   non 
era  grande,  come  mi  si  diceva;  da  2  a  3  per  ognima;  mancavano 


Fig.  21. 


oggetti  metallici,  ed  i  niimerosi  vasi  consistevano  anche  qui  in  pro- 
dotti  locali  ed  importati.  1  primi  rappresentati  da  hydrie,  anfore 
(poche),  scodelloni  ed  oenochoai  (fig.  24) ;  quasi  tutti  in  cattivo  stato, 


Fig.  22. 

cioe  rotti   e   con  pittura   smarrita.   Sotto   una   delle   scodelle   era 
graffito  nella  creta  fresca  un  segno  a  lisca      (  (f  C  —  •    Di   fabbrica 


greca  un  aryballos  con  quattro  foglie  ad  elica  (tipo  Megara  H. 
tig.  col.  200)  ed  uno  skyplios  corinzii.  Di  stile  nero  una  piccola  le- 
kythos  con  rappr.  dionisiaca  consunta.  Quattro  kylikes  come  fig.  52. 
Una  pyxis-k}^lix  nera  con  tondino  al  centro,  su  cui  Dioniso  seduto 


■■Hb 


\'     <HSl 


Fig.  23. 


sopra  im  ocladias,  in  pessimo  stile  nero.  Un  cjrande  skyphos,  niolto 
simile  a  fig.  42,  cod  due  quadrighe  scbematiclie  fiancheggiate  da 
palmette,  di  pessimo  stile  d.  II  foiido  di  uua  kylix  con  inedaglion- 

cino,  SU  cid  rozza  maschera  goigoiiica. 
Un  kotlion  nero.  Di  stile  rosso :  un  graude 
skyphos  (diam.  cm.  17i),  avente  in  ogni 
faccia  iina  figiira  efebica  mantellata  di 
corretto  ma  ancor  rigido  disegno ;  ai  lati 
e  sotto  le  ause  palmette  e  giragli ;  la 
fabbrica  ne  e  certamente  attica,  ed  il 
vaso  si  riattacca  al  gnippo  dello  stile 
rosso  bello  primitive  (Berlino  n.  2591- 
98).  Una  lekythos  minuscola  con  fig. 
muliebre  che  tiene  uno  speccliio,  un 
giaude  cratere  a  campaua  con  amplis- 
sima  bocca  a  vernice  nera  iridescente, 
uuo  skyphos  nero,  due  saliere,  due  lu- 
cerne  ombelicate  (=  tig.  22)  ed  i  fram- 
menti  di  un"  anforetta  vitrea  di  Rodi 
completano  il  corredo  di  questi  sepolcri. 
V.  Sul  Calvario.  Tomba  a  pozzetto 
prof.  m.  2,15,  con  due  loculi,  male  de- 
marcati ;  era  stata  giä  frugata,  ma  non- 
dimeuo  uuo  dei  loculi  diede  una  kylix 
tiitta  nera  del  tipo  fig.  52,  una  oenochoe 
locale  a.  cm.  17  con  fascie  brune,  ed  una  scodella  ansata  di  fattura 
locale. 

VI.  Calvario.  Assai  profonda  (m.  3,15)  tomba  a  camera  (lato 
m.  2,50)  in  parte  franata,  in  parte  invasa  da  terra,  ma,  credo,  non 
tocca ;  la  esplorazione  ne  fu  perciö  assai  faticosa ;  sul  fondo  vi  erano 
distesi  due  scheletri,  uno  di  adulto,  1'  altro  di  fanciullo  decenne. 
Mancavano  qui  affatto  anfore  ed  hydrie  che  al  Calvario,  anche  nelle 
tombe  violate,  sono  rappresentate  da  infiuiti  rottami. 

Accanto  all'  adulto  eranvi  due  piccole  oenochoai  in  creta  fine 
con  pessima  vernice  nera  sulle  spalle  e  sul  coUo,  di  fabbrica  sice- 
liota;  ai  fianchi  del  ragazzo  una  pateretta  biansata  fine,  una  kylix 
>A  una  lucerna  ombelicata  delle  consuete.  Addosso  al  cadavere  si 
trovarono  poi  numerosi  oggetti  ornamentali  metallici,  i  quali  seb- 


Fig.  24. 


LE    NECROPOM    M    LICOUIA    KUBEA  319 

bene  in  gran  parte   rotti  souo  per   noi  assai  istruttivi.    L'armilla 
bracchiale  in  bronzo  fig.  25  (ridotta  a  Va),  formata  da  una  fettuccia 

a  6  giri,  e  identica  ad  im  eseniplare  di  Me- 
gara  (sep.  404  inedito).  Duo  tibule  trapezie, 
coll'anima  di  ferro  ed  il  rivestimento  di  osso, 
portavano  iutilato  ognuna  un  perlone  pure  di 
osso ;  esse  sono  eguali  ai  numerosi  esemplari 
provenienti  dal  Fusco  in  Siracusa,  del  VII 
e  VI  sec.  [Nolüie  1895  p.  165  ecc.)-  Fuori 
Fig.  25  d^  Siracusa  se  ne  ebbe  un  paio  di  esemplari 

logori  a  Megara  (ined.)  e  parecchi  dai  sep. 
siculi  del  Fiuoccbito  {B.  P.  /.  XXIII  p.  194);  altrove  e  ass;oluta- 
mente  sconosciuta ;  non  v'  e  perö  dubbio  che  essa  non  sia  greca. 
Due  anelli  imo  sottile  in  argento,  1'  altro  grosso  in  ferro,  con  ca- 
stoni  circolari  portanti  delle  incisioni  irreconoscibili  per  l'ossido. 
Perlone  di  bronzo  a  bottino  (==  fig.  37),  forma  assai  rara  al  Fiisco, 
ed  iovece  comunissima  nei  sep.  siculi  del  III  periodo  (Tremenzano 
B.  P.  L  XVII,  tav.  VII.  7,  Finocchito  B.  P.  L  XX,  tay.  IV,  Grau- 
michele  Moiium.  Line.  VII  col.  272).  Due  sottili  spiralette  di 
argento.  Un  orecchinetto  della  stessa  materia  a  forma  lunata  (come 
Megara  sep.  166).  Un  bottonciuo  emisferico  in  br.  Un  ago  da  cu- 
cire  {dxsazQiov).  Due  spilloncini  in  br.  a  testa  globare.  Un  oggetto 
in  ferro  a  fettuccia  circolare  di  uso  incerto. 

La  grande  maggiorauza  di  codesti  oggetti  metallici  si  ripete 
dunque  in  sep.  greci  del  sec.  VII  e  dei  primordi  del  VI;  e  perö 
non  puö  cader  dubbio  sulla  grecitä  ed  etä  di  tali  piccoli  articoli 
industriali,  che  dalle  coste  venivano  poi  diffusi  presso  i  barbari 
delle  montagne  nell'  interno. 

VII.  Sepolcro  a  pozzetto,  prof.  m.  3,10,  munito  di  due  loculi 
e  di  una  fossetta  sul  fondo,  simile  a  fig.  14.  Fu  violato  ed  in  parte 
distrutto  in  epoca  romana,  avendovi  raccolto  un"anfora  ed  altri 
rottami  fittili  di  quella  etä.  Nella  fossa  del  fondo  fu  ributtato  quel 
tanto  della  primitiva  deposizione,  che  non  aveva  valore  per  gli  spo- 
gliatori,  ma  che  perö  giova  ai  nostri  studi,  ed  erano:  due  olle  di 
fabbrica  indigena,  a.  cm.  18  e  19  (fig.  26),  a  fondo  bianco  ed  una, 
qui  disegnata,  a  fregi  bruni.  Una  kylix  attica  nera,  senza  piede 
(forma  Furtwaengler  Berlin  226).  Uno  scodellino  a  vernice  nera. 
Due  lucerne   ombelicate,   di    creta  e  vernice   scadente,   imitazione 


320 


P.    ORSI 


siceliota  di  articoli  attici.    Uii  piccolo  askos   greco   (ionico  ?),  con 
fascie  a  vernice  bruna  con  fondo  coralliao,  simile  a  fisj.  41, 


Fig.  26. 

VIII.  Idem,  con  im  solo  grande  loculo  e  fossetta  nel  fondo; 
la  bocca  misurava  m.  1,50  X  0,58  (fig.  27).  Fu  completamente  ne- 
gative, ma  ne  unisco  qui  il  profilo. 

IX.  Avanzo  di  uno  dei  gi-andi  sepolcri  a  camera,  con  fossa 
centrale  e  loculi  in  giro;  anche  questo  fu  trovato  in  parte  distrutto 
da  operai,  che  in  etä  lontana,  forse  romana,  lo  trasformarono  in 
Cava  di  pietre.  La  pianta  che  ne  do  mostra  tre  loculi,  dei  quali  due 
a  tratteggio  obliquo  (fig.  28),  in  parte  distrutti.  Pare  sia  sfuggita 


.^säMMi 


Fig  27. 


Fig.  28. 


ai  violatori  la  fossa  di  centro  (a  m.  2,60  dal  suolo),  la  quäle  nou 
conteneva  avanzi  scheletrici,  forse  consumati  dall'  uraido,  ma  pa- 
recchi  vasi.  Di  fabbrica  locale  a  copertura  bianca  e  decorazione 
bruna:   due   hydrie   (a.  cm.  37  e  38),   adorne   di  una   serpentina 


I.K    NKCKOI'OM    DI    I.ICOUIA     KIHKA  321 

attorno  al  coUo,  e  di  tilottature  siil  ventre;  iin' aiifora  (a.  cm.  30) 
hiauca,  seaza  decorazione.  Vasi  greci  importati :  piccolo  askos  nero 

attico ;  la  lekythos  tig.  29  (a.  cm.  25),  a 

fondo  bianco,  con  fogliette  acuminate  sulle 

spalle,  e  siil  ventre  titte  fasciature  a  pim- 

tini ;  si  attacca  alla  fami- 

glia   dei   vasi   detti    uu 

tempo  locresi,  il  ciii  at- 

ticismo  e  oggi   da  tutti 

riconoscinto.   La  tecnica 

del  colore  e  scadente,  il 

disegno  negletto.  Piccola 

lekythos   attica  (a.   cm. 

11),  di  fabbrica  scadente, 

con  palmette  ioniche  su 

fondo  rosso ;  credo  di  po- 

ter  tissare  la  cronologia 

di  questo  e  dei  consimili 

vasetti  nella  II  metä  del 

sec.  VI  (')  (fig.  30).  Per 

ultimo  si  raccolse  un  bel- 

lissimo  alabastron  atti- 
co, alto  cm.  17  i,  dato 

alla  fig.  31,  col  ventre  a  fondo  bianco,  sul 

quäle  sono  dipinte  in  modo  atfatto  schema- 

tico  le  quattro  figure  miüiebri,  che  ripro- 
duco  con  piccola  riduzione   alla  fig.  32,  e  che  rappresentano,  forse. 


Fig.  30. 


Fig.  29. 


(')  Baso  tale  cronologia  su  materiale  ancora  inedito  proveniente  dagli 
scavi  sistematici  di  Megara.  Esemplari  eguali,  talvolta  col  fondo  bianco  anzi- 
eht rosso,  sono  stati  trovati  nei  sep.  369,  372,  450,  746,  898,  981,  associati 
a  lekythoi  a  f.  n.  e  piü  di  rado  a  vasetti  corinzi.  Perci5  collocherei  tali  vasi 
piuttosto  verso  la  fine,  che  alla  metä  del  Cinquecento.  Vasi  consimili  si  ebbero 
anche  al  Dipylon  associati  ad  altri  a  fondo  bianco  con  foglie  d'ellera,  retico- 
lati  ecc,  la  cui  etä  parmi  sia  stata,  forse  per  rispetto  a  questi  ultimi,  un 
po'troppo  abbassata  da  Brückner  e  Pernice  (Athen.  Mittheil  1893  p.  181), 
])ortandola  al  V  e  fino  al  IV  sec.  Piii  prossima  al  vero,  sebbene  non  ben 
determinata,  la  assegnazione  del  Furtwaengler,  che  li  colloca  fra  gli  attici 
neri  dello  «späterer  Stil"  {Berl.   Vas.  Samml.  p.  418,  433). 


21 


322 


F.    ORSl 


ima  daüza  bacehica  (').  Un  esemplare  ideiitico  per  fabbrica,  forma 
e  soggetto  coü  piccole  variaiiti  nei  fregi  terminali  superiore  ed  in- 
feriore proviene  dalla  necropoli  del  Fiisco,  ma  dagli  scavi  disordiuati, 
auteriori  ai  miei,  per  modo  che  üon  possiamo  tirarne  doduzioni  cro- 
nologiche  siciu-e ;  siccome  qiii  siamo  aucora  nello  stile  nero,  cosi 
questo  vaso  deve  essere  per  lo  meiio  di  poco  loutano  dal  500. 

X.  Sepolcro  a  pozzetto  con  loculo, 
ed  ampia  (m.  2,50  X  2,40)  coutrofossa 
superiore ;  la  bocca  era  chiusa  da  tre  la- 
stroni.  Malgrado  ciö  il  sepolcro  deve  es- 
sere stato  violato,  e  lo  si  arguiva  anclie 
dal  fatto  che  uno  dei  lastroni  era  al- 
quanto  smosso  (flg.  33).  Neil'  interno  nou 
si  trovarono  tracce  dello  scheletro,  ma 
solo  il  vaso  a  colonuette  (flg.  34),  a. 
cm.  27,  a  fondo  bianco  con  linee  brune, 
imitazione  paesana  della  corrispondente 
forma  greca. 

XL  Presento  la  planimetria  di  que- 
sto complesso  sepolcrale,  colmo  di  terra, 
e    spogliato    completamente   in   antico 
(fig.   35) :  A,    vano   d'  ingresso  a  cielo 
scoperto  ed  a  piano  iuclinato,  il  quäle 
iucomincia  coUa  roccia  a  zero,  e  scende 
dolcemente  sino   al  fondo  della  stanz a 
od  atrio  B,  a  soffitto  orizzontale,  e  cir- 
condato  da  una  banchina  a.  cm.  20,  e 
variamenfce  profouda  (cm.  20-50).  Per 
un  angusto  corridoio  si  arriva  poi  nella 
Vera  camera  funebre  C,  di  forma  ret- 
tangolare,  con  tetto  a  spiovente. 
A  codesti  sepolcri  scavati  da  me  ne  aggiungo  ora  altri  due,  che 
(Jopo  la  mia   partenza  vennero   esplorati  dall'  ispettore   locale  sig. 
prof.  Vincenzo  Cannizzo,  alla  cui  valida  cooperazione  anche  nei  pre- 
cedenti  lavori  debbo  molta  riconoscenza. 


Fig.  31. 


(')  L'alabastron   berlineso  n.  436  dello   stesso   stile   ma    a  fondo   rosso 
presenta  una  danza  consiniilf  di  tre  dnnne  davanti  nn'ara. 


LE    NECROl'OI.I    DI    MCODIA    EUHEA 


323 


XII.  Perriera.  Tomba  a  pozzetto  prof.  m.  1,80  con  fossa  sul 
t'ondo  chiusa  da  lastrone;    in  essa  tracce  dello  scheletro,  ai  piedi 

ed  alle  spalle  del  quäle 
erano  distribiiiti  alciini 
vasi :  olla  grezza  come 
tig.  26,  skyphos  attico 
nero,  scodelletta  idem , 
lucerna  ombelicata  del 
noto  tipo. 

XIII.  Ibidem.  Come 
la  precedente,  perö  con 
due   nicchie    sul    foudo. 


Fig..  32 


Fig.  33. 

Profonditä  del  pozzo  m. 
1,78,  della  fossa  0,59, 
totale  m.  2,37.  Degli 
scheletri  nessuna  traccia, 
di  vasi  indigeni  due  gran- 
di  scodelle;  di  vasi  greci 
neri  2  piattelli,  uua  ky- 
lix  senza  piede,  un  askos, 
uno  skyphos  ed  una  lu- 
cerna ombelicata. 

II  materiale  esclusiva- 

mente  nero  di  questi  due 

sepolcri  li  mostra  tra  i 

piü  recenti,  da  collocarsi 

intoruo,  o  poco  dope  il  500.  Vasellami  tanto  di  fattura  indigena, 

come  di  origiue  greca,  del  genere  sin  qui   descritto,  e  per  di  piü 

«lualche  aryballos  corinzio  o  qualcbe  lekythos  attica  a  f.  u.  di  stile 


324 


P.    ORSI 


povero  io  ho  vediito  presso  varie  famiglie  del  paese,  e  tiitti  proven- 
gono  dalla  grande  necropoli  che  si  stende  alla  piinta  nord  di  esso ; 


Fig.  34. 

quanto  poi  alle  hydrie   ed   anfore  indigene,  si  trovano   in  grande 
quantitä  sopratutto  nelle  mani  della  povera  gente,  che  abita  i  caso- 


Fig.  35. 

lari  attorno  al  Calvario  e  che  le  raccolse  al  momento  della  costm- 
zione  di  qiiesti.    Della   esistenza  di  grandi  vasi  figiirati  in  questa 


LE    NECROPOI.r    DI    MCODIA    EUBEA  325 

necropoli  non  ho  sentoro  e  non  ne  raccolsi  frammenti  iiidiziali,  e 
quindi  parmi  clie  la  tisionomia  generale  del  materiale  ceramico  che 
essa  couteneva  sia  data  con  sufüciente  esattezza  da  qiiello  fin  qui 
passato  in  rassegna. 

III.  Considerazioni    sulla    necropoli    licodiese. 

Le  scoperte  di  Licodia  yanno  considerate  sotto  im  doppio  aspetto, 
storico-topogratico  ed  archeologico.  Archeologico,  in  quanto  ci  for- 
niscono  la  chiave  per  la  esatta  deterrainazione  di  un  gruppo  di  vasi 
geometrici  tin  qiii  piü  che  trascurati,  sconoscinti;  storico-topografico, 
aviito  riguardo  alla  controversa  identificazione  di  Licodia  coUa  Eu- 
boia  calcidese,  ed  ai  rapporti  fra  Siciili  e  Greci  nei  tempi  storici. 
La  prima  questione,  dovendo  essere  trattata  col  corredo  di  iin  ma- 
teriale vascolare  piü  ampio  che  non  sia  il  licodiese,  viene  rimessa 
ad  altro  pimto,  posponendola  alla  topografica,  i  cui  termini  sono 
molto  chiari  e  semplici. 

Se  Licodia  risponde  ad  Eiiboia,  la  sua  necropoli  deve  essere 
greca.  Si  possono  ora  dir  greche  le  tombe  dell'Orto  della  Signora, 
della  Perriera  e  del  Calvario?  Per  rispondere  dobbiamo  esaminarle 
nella  loro  forma,  nella  tectonica  e  nel  contenuto.  Quanto  alla  prima 
esse  vanno  divise  in  tombe  a  pozzetto  con  fosse  e  lociili  e  tombe 
a  Camera;  qualche  tipo  intermedio  potrebbe  chiamarsi  a  pozzetto 
con  corridoio.  Non  esistendo  ancora  una  grande  e  sintetica  pub- 
blicazione  sui  tipi  sepolcrali  greci,  noi  dovremo  mettere  a  profitto 
una  quantitä  di  pubblicazioni  speciali;  ma  poiche  si  tratta  della 
Sicjlia  greca,  e  delle  necropoli  siceliote,  e  da  esse  che  dobbiamo 
trarre  il  primo  ausilio.  Premetto,  ed  e  necessario  avvertirlo,  che  le 
condizioni  geologiche  del  suolo  licodiese  non  sono  tali,  che  abbiano 
richiesto  ed  imposto  nn  tipo  speciale  di  sepolcro ;  il  monticello  del 
Calvario  e  formato  di  teneri  calcari  che  si  prestano  facilmente  ad 
ogni  lavorazione,  e  soltanto  per  raggiungere  uno  strato  piü  com- 
patto  bisogna  scendere  a  circa  3  m.  di  profouditä.  Tenuto  conto  di 
ciö,  io  osservo  che  i  tipi  sepolcrali  di  Licodia  non  hanuo  riscontro 
di  sorta  con  quelli  delle  necropoli  greco-sicule  conosciute  e  studiate, 
come  Siracusa,  Megara  H.,  Acre,  Camarina,  Selinunte,  ecc. ;  la 
forma  di  sepolcro  che  domina  in  tutte  questo  cittä,  almeno  nel 
periodo  arcaico  ed  anche  sino  al  III  sec,  e  il  sarcofago  o  la  fossa, 


o 


326  H.  ORSi 

talora  con  una  controfossa  superiore  di  varia  profonditä,  ma  assai 
di  rado  tale,  da  prendere  aspetto  di  vero  pozzetto  (eccezione  a  Se- 
linuute,  Bidl.  Commiss.  Antich.  e  Belle  Arli  di  Sicilia,  n.  V, 
tav.  II,  tipo  3 ;  prof.  m.  3  colla  fossa).  Col  III  sec.  appariscono 
talvolta,  ed  in  dati  casi,  le  camere  ipogeiche  e  le  edicole  sopra 
terra.  Ma  io  non  conosco  veri  pozzetti  con  lociili,  ne  camerette  con 
banchi  funebri  nei  secoli  VIII  a  IV.  E  vero  che  nulla  sappiamo 
(lelle  necropoli  calcidesi  di  Naxos  e  Catana  e  poco  di  qiiella  di 
Leontinoi ;  ma  le  due  prime  trovandosi  in  terreni  viilcanici,  dove- 
vano  «  a  fortiori  ",  e  se  ne  ha  qiialche  indizio,  aver  sepolcri  a  fossa; 
ed  a  fosaa  sono  i  pochi  sepolcri  leontinesi  conosciuti.  Soltanto  a 
Ragusa  si  ebbero  profonde  fosse,  veri  pozzi  con  loculi  ('),  eguali 
ai  licodiesi,  ma  e  cosa  notoria  come  Hybla  Heraea  non  sia  cittä 
greca,  sibbene  sicula.  Tombe  a  pozzo  sono  piuttosto  proprio  ai  Fe- 
nici,  ma  nissuno  oserä  pensare  nemmeno  da  lontano  a  colonie  fe- 
nicie  nei  monti  licodiesi. 

Invece  il  pozzetto  e  la  camera  sono  caratteristiche  della  tecto- 
nica,  dirö  cosi,  funebre  dei  Siciili;  le  loro  celle  antichissime  del 
I  periodo  eneolitico,  diventano  piccole  ^oXoi,  alle  quali  si  accede 
talvolta  per  un  pozzetto,  nei  II,  sotto  le  intluenze  egeo-micenee ; 
nei  III  abbiamo  vere  camerette  quadre.  Chi  vede  i  sepolcri  1-4 
della  Perriera,  colle  loro  porticine  rettangolari,  col  loro  sistema  di 
chiusiua  e  di  sbarramento,  non  puö  non  riconoscere  tosto  la  forma  si- 
cula; soltanto  che  il  letto  funebre  assume  qui  una  forma  piü  definita,  e 
r  accesso  al  pozzetto  e  voluto  dai  costruttori,  che  si  approfondi- 
rono  per  trovare  la  roccia  piü  soda.  A  me  pare  dunque,  che  qui  si 
abbia  una  ulteriore  evoluzione  del  sepolcro  siculo,  nei  secoli  VII-V, 
sotto  r  azione  della  coltura  greca ;  ma  speciticamente  greche  non 
5iono,  ne  si  possono  dire  le  tombe  di  Licodia. 

Allo  stesso  risultato  arriviamo  esaminandone  il  contenuto; 
quanto  al  rito  funebre  poco  se  ne  ricaverebbe  cosi  in  favore,  come 
in  contrario  alla  tesi  sicula,  essen do  presso  i  Siculi  assoluta,  presso 
i  Greci  predominante  la  inumazione ;  perö  il  fatto  che  a  Licodia 
in  codesto  genere  di  sepolcri  non  si  e  mai  trovato  traccia  di  cre- 
mazione  aggiunge  valore  a  quanto  io  sostengo,  giacche  le  necropoli 

{})  Notizie  degli  scavi  1892,  p.  324;  e  inoKre  da  tenersi  conto  degli 
scavi,  ancora  inediti,  da  me  eseguiti  nella  necropoli  di  Ragusa  nei  giugno  98. 


I.K    .NK(K(.|'n|,I     DI    I.Ii  ODU    ElHtA  .'?27 

greche,  sebbene  con  ima  percentuale  Variante  ma  bassissima,  pre- 
sentano  sempre  casi  di  combustione.  Veniamo  ai  vasi.  Nei  sepolcri 
abbiamo  segnalato  due  generi  distinti  di  ceramica :  poco  raateriale 
corinzio,  prevalente  l'attico  o  quello  che  almeno  passa  sotto  tale 
iiome;  frequentissima  iina  ceramica  indigena  a  colori  raatti.  Di 
quest'  ultima  ceramica  darö  una  estesa  rassegna  in  tine,  segnandone 
anche  la  distribuzione  topogratica ;  ma  atfermo  sin  d'  ora  che  non 
im  solo  pezzo  di  essa  e  uscito  dalle  necropoli  greche  di  Camarina, 
di  Akrai,  di  Siracusa  e  di  Megara,  dove  io  ho  esplorato  migliaia 
di  sepolcri ;  invece  si  ha  abbondante  in  cittä  sicule  a  tinta  ellenica, 
come  Ragusa  (Hybla  H.),  Granmichele  (P]chetla?)  ecc;  ed  e  piü 
che  inverosimile,  inammissibile  che  i  Greci  accettassero  merce  bar- 
bara  ed  inferiore,  essi  che  nella  ceramica  auche  piü  volgare  furono 
tanto  raffinati  e  progrediti. 

Gli  oggetti  ornamentali  della  necropoli,  ne  convengo,  sono  quasi 
tutti  greci;  ma  anche  ciö  e  naturale.  Giä  nel  III  periodo  siculo 
vediamo  il  mercato  siculo  invaso  da  piccoli  bronzi  ornamentali  greci; 
col  rassodarsi  ed  estendersi  della  occupazione  greca,  si  ditlbndono 
piü  e  piü  neir  interno  i  prodotti  dell'  industria  greca,  anche  perche 
desiderati  e  richiesti  dai  Siculi,  che  miglioravano  ed  affinavano  la  loro 
civiltä ;  quindi  non  piü  tanti  bronzi  ma  argenterie  ed  anche  orefi- 
cerie,  ricercate  dai  barbari,  che  volevano  ornarsi  alla  greca. 

Per  concludere:  la  necropoli  di  Licodia  non  e  greca,  ma  sicula; 
e  poiche  i  vasi  ce  ne  segiiano  con  una  certa  precisione  1'  epoca  nei 
secoli  VIT  a  V,  io  credo  che  sui  risultati  di  questi  scavi  si  possa 
costituire  un  IV  periodo  siculo,  intorno  al  quäle  diremo  piü  a 
lungo  in  fine.  Resta  ora  a  vedere  a  quäle  oppido  antico  risponda 
Licodia,  se,  come  credo  d'aver  dimostrato,  essa  non  e  Euboia.  La 
sua  necropoli  e  di  tale  estensione  da  rappresentare  una  grossa  bor- 
gata  od  una  piccola  cittä.  In  questa  plaga  degli  Erei  le  cittadiue 
sicule  poi  grecizzate  erano  parecchie,  e  di  esse  ha  discorso  coUa  sua 
alta  competenza  critica  il  Pais(');  si  fanno  i  nomi  di  Echetla. 
Morgantina,  Eryke,  Omphake,  ]\Iaktorion,  Galariua,  ecc,  ma  gli  sto- 


(')  II  rilievo  greco  arcaico  di  s.  Mauro  presso  Caltagirone  e  le  cittä 
atitiche  deWaltipiano  Ereo.  (Rendiconti  d.  Lincei  18i)5,  p.  286  e  segg.)-  Prima 
de!  Pais  se  ne  era  anche  occupato  Io  Schübling  [Die  südlichen  Sikeler)  in 
Rhein.  Museum  XXVIII,  p.  109  e  segg. 


328  p.  oRsi 

rici  antichi  üe  parlano  in  modo  tale  che  e  a  disperare  si  possa 
trarre  da  essi  qualche  criterio  topogratico  preciso  ed  assoluto;  d'altro 
caiito  le  ricerche  arcbeologiche  siil  terreno,  l'unico  mezzo  per  arri- 
vare  a  risultati  sicuri.  souo  aiicora,  per  diletto  di  mezzi,  allo  stadio 
iniziale,  essendosi  metodicamente  esplorate  soltauto  Licodia  e  Ter- 
ravecchia  di  Gianmichele.  Le  elucubrazioni  sloriche  basate  sul  solo 
esame  dei  testi,  senza  la  scorta  di  esplorazioni,  hanno  poco  valore, 
ed  e  perciö  che  niilla  di  positivo,  di  definitive  si  piiö  dire  sulla 
topografia  di  tutte  qiieste  cittadine.  lo  mi  limito  quindi  a  consta- 
tare  1'  esistenza  in  Licodia  di  un  grosso  oppidum  siculo,  ma  non 
pronuucio,  nemmeno  in  via  d'  ipotesi,  alcun  nome,  riservando  ogni 
giudizio  ad  ulteriori  scoperte.  Taluno  chiamerä  codesti  risultati 
negativi,  e  critica  demoliente  la  mia,  ma  e  assai  miglior  cosa  di- 
struggere  errori,  che  fabbricare  teorie  equivoche,  basate  su  mere 
ipotesi  e  congetture. 

IV.  La    necropoli    suburbana    dello    Scifazzo. 

Un  quattro  chilometri  a  sud  di  Licodia  (ed  a  metä  distanza, 
se  si  prendono  le  scorciatoie  evitando  i  lunghi  giri  dello  stradone), 
in  mezzo  alle  collinette  che  si  accavalcano  al  piede  della  torreg- 
giante  altura  del  Castello,  havvi  la  localitä  denominata  Scifazzo. 
Costruendosi  un  ventennio  addietro  la  ruotabile  Licodia-Vittoria 
si  scoperse  una  mezza  dozzina  di  sepolcri,  stanze  scavate  nella 
roccia  calcare  cretosa  non  compatta,  ma  sgretolata  in  dadi,  filon- 
celli  e  piccoli  blocchi.  Le  notizie  delle  scoperte  allora  avvenute 
sono  varie  e  confuse,  parlandosi  di  vasi  di  vetro,  di  vasi  neri,  e  di 
grandi  vasi  figurati.  Essendo  stata  ogni  cosa  distrutta  e  dispersa, 
io  dovevo  soltanto  tener  conto  di  ciö  che  mi  avrebbero  dato  ricerche 
regolari;  notai  che  le  colline  dello  Scifazzo  contengono  vari  gruppi 
di  sepolcri,  poco  distanti  1'  uno  dall'  altro,  e  formanti  cosi  un  sepol- 
creto  di  parecchie  diecine  di  stanze ;  e  forse  maggiore  e  il  uumero 
di  quelle  non  visibili,  perche  franate  e  dissimulate  dalla  zolla  erbosa; 
in  ogni  modo  questa  necropoli  non  poteva  appartenere  al  maggior 
centro  di  Licodia,  e  per  la  distanza,  e  per  il  dislivello  di  almeno 
250  m.  La  presenza  di  qualche  rara  tomba  a  fossa  in  mezzo  a 
quelle  a  caraera  accentua  qui,    meglio   che  a   Licodia,    la  fusione 


I,E    NEi  KUI'OI.I     Li     LICODIA    KIHEA 


329 


delle  due  civilis   siciila  e  greca,  la  quäle  appariiil  sopratutto  dal 
conteiiuto  dei  sepolcri. 

I.  Protiro  segato  dallo  stradale,  e  cella  con  völta  a  due  pio- 
venti  nettameiite  indicati  lualgrado  la  coinposizione  della  roccia 
molle  e  cedevolissima ;  se  ne  veda  la  pianta  alla  tig.  86.  La  tomba 


Fig.  37. 


Fig.  3G. 

venne  ffiigata  dai  costruttori  della  strada ;  di  vasellame  notai  pezzi 
di  ceramica  locale,  come  di  kylikes  e  skyphoi  oeri,   Tra  i  piccoli 

oggetti  d'oroamento  aocora  riconoscibili 
vanno  ricordati :  im  perlone  biconico  di 
bronzo  (fig.  87),  ed  imo  consimile  di 
argento ;  una  spiraletta  d'  argento,  tre 
tibulette  in  bronzo  con  arco  filiforme  a 
gobba  pronunciata  (=  fig.  44),  ed  avanzi 
di  una  di  quelle  ti-apezie  con  anima  di 
ferro  e  rivestimento  d'osso. 

II.  Sepolcro  a  fossa,  1.  m.  1,75, 
direz.  est-ovest,  contenente  due  morti 
col  cranio  ad  est ;  mancavano  le  co- 
perte,  la  terra  compresse  ogni  cosa.  Ai 
fianchi  dei  morti  una  kj^lix  nel  noto 
tipo  fig.  52,  ed  una  patera  acroma  di  creta  fine;  sul  medio  petto 
una  Spirale  di  argento  ed  un  bottone  di  bronzo  (fig.  88). 

III.  Sepolcro  a  camera  come  il  I.  Non  si  pote  esplorarne  l'an- 
ticella.  coperta  dalla  strada;  la  volta  della  camera  era  franata 
ingombrando  il  vano  col  terreno  tiratosi  addosso ;  sgombrandolo, 
constatai  che  era  di  forma  quadra  (lato  oltre  a  m.  2,00),  con  una 
banchiua  lungo  una  parete.  Dieci  erano  gli  scheletri,  alcuni  col  cranio 
a  ponente.  Gli  oggetti  ornamentali  consistevano  in  :  5  grandi  fibule  in 
ferro,  a  grosso  arco  pleno  (fig.  39),  almeno  una  mezza  dozzina  di 


Fig.  38. 


330  p-  OKsi 


tibiilette  in  br.  ad  arco  filiforme  gibboso  (=  fig.  44)  ('),  tre  ad  anima 
di  ferro  col  rivestiinento  di  osso  e  legno;  di  piü  iina  grossa  peila 


■<P^^ 


' L^  wivt-i-.fj:,-.--::^  ■'..ir-iV.  ruiT.rin  ,  -i  ,  vT^'^Zjr.' 

Fig.  39. 

di  ambra,  im  robusto  anello  di  arg.,  imo  piü  sottile  di  bronzo  ed 
una  spiraletta  in  br.  a  7  giri. 

Numeroso  il  vasellame,  ma  in  pessimo  stato,  e  colla  pittura 
quasi  per  intero  perduta.  Indigeno:  3  scodelloni  (diam.  cm.  21-25); 
un  grande  askos;  2  anforoni  ad  anse  verticali.  Greco:  kothon  co- 
riuzio  ed  altro  grezzo  minuscolo;  bombylios  cor.  a  ciambella  con 
tracce  di  rappreseutazione;  due  kylikes  cor.  a  fascie  (tipo  Megara 
col.  180),  ed  una  terza  con  tracce  di  fig.  alata;  kylikes  come 
fig.  52,  una  lucerna  ed  un  aryballos  nero. 

La  presenza  di  un  certo  numero  di  vasi  del  cosi  detto  stile 
corinzio,  non  che  i  tipi  di  fibule  portano  questo  sepolcro  piuttosto 
al  principio  che  alla  metä  del  VI  sec.  a.  C. 

IV.  Altra  fossa  di  dimensioni  normali  per  adulto,  direz.  est- 
ovest;  essendo  stata  frugata  non  conteneva  che  tracce  di  ossa,  e 
pochi  rottami  fittili. 

V  e  VI.  Simili,  pro  f.-  m.  1,20  con  tracce  di  scheletro,  ed  in 
una  di  oenochoe  greca. 

VII.  Camera  a  völta  franata,  colma  di  materiale  e  col  pozzo 
d'  ingresso  distrutto  dai  lavori  stradali ;  ne  do  la  planimetria  alla 
fig.  40,  la  quäle  si  completa  col  sep.  licodiese  fig.  10,  ed  osservo 
che  essendo  il  sepolcro  a  m.  3,50  sotto  il  piano  di  campagna, 
tutto  il  contenuto  fu  trovato  in  pessimo  stato.  Sulla  banchina  di 
sin.  erano  adagiati  due  scheletri,  col  cranio  a  NO,  due  su  quella 
di  d.  col    cranio  a  SE.  Presso  i  due  primi  si  raccolsero   parecchi 

(')  Ho  ricouosciuto  queste  fibule  in  ferro  a  navicella  soltanto  nei  se- 
polcri  di  Terravecchia  presso  Granmichele,  sincroni  ai  Licodiesi  {Monum. 
Ant.  dei  Lincei  VII,  col.  271,  fig.  56),  e  cosi  le  fibule  filiformi  in  br.  (ibidem 
fig.  57),  delle  quali  un  solo  esemplare  piü  antico  proviene  da  Cassibile. 


LE    NKCROl'OLI    Dl    LICOÜIA    EUHEA  331 

vasi  distribuiti  a  lato  del  torace,  raeno  iina   grande  scodella    an- 
sata,  ed  una  lucerna  ombelicata,  che  stavano  ai  piedi.  Tali    vasi 


Fig.  40. 

erauo:  il  piccolo  askos  a  fondo  rosso  fig.  41,  con  palmette  e  tiori 
di  loto  ueri;  articolo  attico  o  per  lo  meno  ionico;  diie  delle  ky- 
likes  ovvie,  una  saliera  a  vernice  nera;  presso  il  cranio  del  bam- 
bino  una  capocchiella  conica  in  br.  (=  fig.  4).  Ai  pie  dei  morti 
sulla  banchina  d. :  una  lucerna  ombelicata,  ed  una  oenochoe  mez- 
zana,  una  fibuletta  come  fig.  44,  ed  un  sottilissimo  anello  di  ar- 
gento  rotto.  Le  banchine  o  letti  funebri  erano  alti  cm.  75  sul 
piano  0  corridoio  centrale,  in  fondo  al  quäle  si  trovö  una    massa 


Fig.  41. 

di  vasellame;  quattro  anfore  indigene  ad  anse  verticali  (a.  cm.  52 
a  48)  col  disegno  consumato  dai  sali  del  terreno ;  il  grande  sky- 
phos  fig.  42,  diam.  cm.  18,  a  f.  n.,  colla    rappresentanza  di  due 


332 


P.    OKSI 


qiiadrighe,  fiancheggiate  da  palmette,  esegnite  in  modo  scellerato, 
addirittura  barbarico  (');  pateretta  acroma,  perö  greca,  perche  di 
creta  tinissima :  kylix  della  forma  consueta,  e  tiaschetto  nero.  Nella 


Fi>r.  r. 


uiccbietta  aperta  in  fondo  al  corridoio,  a  livello  delle  banchine 
era  ancora  a  posto  una  delle  solite  lucerne,  postavi  ad  illuminare, 
forse,  le  operazioni  dell'  estrema  deposizione.  La  ceramica  greca 
databile  di  questo  sepolcro  non  scende  piü  sotto  del  525  circa. 

VIII  e  IX.  Due  sepolcri  a  fossa  violati  con  tracce  dello  sche- 
letro  e  qualche  frammento  fittile. 

X.  II  piü  importante  ed  istruttivo 
sepolcro  della  necropoli.  Aveva  forma 
di  Camera  quadra  irregolare  aperta  nel 
calcare  cretoso  pliocenico  fragilissimo, 
e  cedevole,  per  modo  cbe  questa  come 
tutte  le  altre  era  franata  e  piena  di 
un  teniccio  cretoso,  diluito  dalle  acque, 
che  avvolse  e  guastö  ogni  cosa ;  malgra- 
do  tutto  questo  il  sep.  puö  considerarsi 
come  intatto  (fig.  4ö).  Si  accedeva  alla 
Camera  per  una  porticiua,  aperta  nel 
Fig.  43.  centro  di  un  ampio  padiglione;  sul  fondo 

(')  Articolo  attico  scadeiitissimo,  che  senibra  fatto  apposta  per  la  espor- 
tazioiie  presso  i  barbari ;  in  fatto,  almeno  in  Sicilia,  le  necropoli  greche  hanno 
dato  appena  qualche  raro  esemplare  di  t.ili  vasi,  parecchi  invece  quella  si- 
cula  di  Ragusa  (Notizie  1892,  pag.  326). 


LE    NECROPOM    DI    LICODU    EIJUKA  SSo 

iina  massa  di  scheletri  (non  meno  di  16)  coi  crani  lungo  le  pareti, 
presso  le  quali,  quasi  tra  im  morto  e  l'altro,  e  talvolta  accatastati, 

eranvi  i  grandi  vasi  per  1'  acqua,  per 
1  opiü  immessi  dentro  le  capaci  scodelle. 
Degli  ornamenti  personal!,  pochi  e  po- 
veri,  quasi  nuUa  si  pote  salvare;  di  br. 
una  cappelletta  conica  costolata,  almeno 
(3  tibulette  a  gobba  filiforme  (fig.  44), 
un  anello,  una  spirale ;  di  ferro  un  ci- 
lindro,  al  quäle  e  avvolta  una  spira  di 
br.,  e  da  ultimo  una  fibula  trapezia  in 
ferro,  osso  ed  ambra.  Di  fronte  alla  de- 
ficenza  del  materiale  metallico  era  stra- 
ordinaria  l'abbondanza  del  vasellame,  da  dividersi  qui  pure  in  due 
categorie.  A)  Indigeno;  19  anfore  la  cui  alt.  va  da  cm.  30  a  42, 


Fig.  44. 


Fig.  45. 


munite  di  anse  verticali  platte,  o  di  anse  cilindriche  oblique 
(fig.  45  a  48).  La  decorazione  e  molto  logora  e  consunta;  predo- 
mina  la  partizione  del  ventre  in  campi  a  metope  e  triglifi,  e   "  " 


nei 


primi  sono  inscritte  linee  a  tremolo  o  Serpentine  orizzontali  e  ver- 


334  p.  oRSi 

ticali.  semplici    od  a  coppie,  croci   di  s.  Andrea,  e  tiguie  ad    ar- 
pioncino   o  ad    M    (tig.    47) :    in    uu    unico    esemplare    la   parti- 


Fi,<r.  46. 

üoüii    del  ventre  in  cainpi  e  soppressa,  e  tutta  la  larga  bauda  e 
occupata  da  due  linee  Serpentine  (tig.  48);  sono,  in  complesso,  le 


Fi-  47. 


forme    ovvie  nel  geometrico  siculo.  Nou  iina   sola  hydria  fii    rac- 
colta  in  questo    sepolcro,  anzi    tali  vasi    frequentissimi  a  Licodia 


I-E    NECKOI'OU    DI    MCODtA    EUBE\ 


335 


iiiancano    completamente    allo   Scifazzo.  Ai  capaci    recipienti    per 
lacqua  corrispondeva.  come  sempre,  un  buon  numero  di  scodelloni, 


Fig.  48. 

dieci,  per  lo  piü  monoausati,  con  labbro  o  verticale  od  aggettante 
iieir  interno,  e    con    diametri    di  cm.  18  a  26  (tig.  49  e  50);  il 


*.-,■--  '-Uiw,u\uamiTTriniTmTmTiDiUininiin»uti»Mnnu»»Fn 


'^TiTOwTO^anaannuiui 


iBimii  m  iiimn""'"""*' 


Fig.  49. 


corpo  hanno  partito  mediante  filetti  e  fascie  in  zone  orizzontali,  o 
vuote,  0  adorne  di  Serpentine  e  triglifi.  Una  sola  oenochoe  a  fascie 
brune,  ed  una  imitazione  della  kylix  greca.  B)  Greco:  tre  kylikes 
0  tazze  primitive   geometriche,  diam.  cm.  11-16 '/>,  a  fasciature, 


336 


P.    ORSl 


una  sola  con  trigliti  (tig.  51);  che  nou  sieno  di  fabbrica  paesana 
lo  dediico  dalla  qualitä  della  creta  üne  e  depurata.  e  dal  colore 
a  vernice,  per  quanto  esso  abbia  perduto  della  primitiva  vivezza. 
Due  grandi  skvphoi  corinzi  colle  consuete  rappreseutanze  di  pan- 


Fig.  50. 

tere,  oche  e  fiorellini  di  riempimento ;  la  creta  fiuissima,  talcosa 
e  vellutata  alla  superficie  rae  li  fa  credere  articoli  originali  di 
Corinto,  anziehe  copie  siceliote.  Un  kothon  corinzio  a  fascie.  Otto 
tazze  (kylikes)  a  fascie  n.  e  r.,  con  diam.  di  cm.  12  a  14  (fig.  52). 


Fig.  51. 


La  mancanza  delle  hydi'ie,  di  qualunqiie  saggio  di  ceramica 
nera,  delle  lucerue  ombelicate,  invece  la  presenza  di  inateriale  co- 
rinzio, e  di  una  tazza  geometrica  dimostra  chiaramente  che  questo 
sepolcro  e  il  piü  antico  di  tutti  gli  altri  dello  Scifazzo  e  non  avrei 
difiicoltä  di  collocarlo  alla  fine  del  sec.  VII  piuttosto  che  ai  primi 
del  VI.  Con  tale  apprezzamento,  desnnto  dall'  esame  dei  vasi  greci, 
s'accorda  anche  la  forma  del  sep.,  ancora  attaccata,  per  non  dire 
eguale,  a  quella  del  III  periodo  siculo  senza  la  novitä  delle  alte 


LE   NECROPOLl    DI    I.ICOniA    EIHKA 


banchine  osservata  a  Licodia;  di  piii  e  qui  coiitinuato  il  rito  avito 
del  seppellimeDto  a  masse.  Per  noi  tale  sepolcro  costituira  adunque 


Fig.  52. 

im  caposaldo    foudamentale  nella    determinazione  cronologica    del 
geometrico  siculo. 

XI.  Camera  lettangolare,  a.  m.  1,60, 
con  grande  e  profondo  padiglione,  nel 
centro  del  quäle  il  finestrino  d'  ingresso 
(fig.  53).  La  formazione  geologica  im- 
pedi  anche  qui  di  dare  alle  pareti  \m 
taglio  netto  e  preciso.  II  sepolcro  frugato 
non  diede  che  insignificanti  rottami  fit- 
tili  greci,  con  una  sola  lucerna  ombe- 
licata;  malgrado  ciö,  esso,  assieme  al 
precedente,  raostra  1*  intime  nesso  coUe 
forme  sepolcrali  sicule  del  III  periodo. 
La  necropoli  dello  Scifazzo,  della 
quäle  io  esplorai  una  minima  parte, 
non  puö,  malgrado  la  presenza  delle 
fosse,  essere  greca  per  le  stesse  ragioni 
che  valgono  per  Licodia.  Qui  poi  alcuni  dei  tipi  sepolcrali  piii  de- 
cisamente  attaccati  ai  siculi,  e  la  continuazione  del  seppellimento 
a  masse  rafforzano  tale  opinione ;  e  questo  maggiore  attaccamento 
all'antico  dipende  dall'etä,  del  sepolcreto,  che  io  attribuisco  ai  se- 
coli  VII  e  VI,  per  modo  che  qui  avremo  un  nesso  fra  il  III  ed 
il  IV  periodo. 

22 


STFIADA  PROVfNCIALE 
Fig.  53. 


338  !'•  ^"'si 

V.  Altre  necropoli  sie  nie  del  IV  periodo. 

Prima  di  aprire  una  discussione  critica  sopra  questo  niiovo 
periodo,  che  ora  per  la  prima  volta  si  viene  costituendo  sopra  biioui 
foudameuti,  e  prima  di  studiare  in  modo  sintetico  la  ceramica  che 
lo  caratterizza,  e  utile  vedere,  se  vi  abbiano  altre  necropoli  cogli 
stessi  caratteri  di  forma  e  di  contenuto;  pur  troppo  che  all' in- 
fiiori  di  Licodia  difettiamo  di  ricerche  metodiche.  Nondimeno  si 
puö  ritenere  fino  ad  ora  che  la  loro  area  di  distribuzione  com- 
prende  ii  sud-est  ed  una  porzioue  del  centro  dell'  isola ;  nulla  si 
ha  dalle  coste,  dove  mancano  per  ragioni  storiche  ovvie  i  sepol- 
creti  cosi  del  III  come  del  IV  periodo. 

I.  Monte  Finocchito  presso  Noio.  La  vastissima  necropoli 
colä  esistente  spetta  al  III  periodo,  ed  e  tipica  per  la  civiltä  si- 
cula  dei  secoli  X-VII ;  perö  alcuni  dei  suoi  sepolcri  rappresentano 
Uli  passaggio  dal  III  al  IV  periodo.  E  al  Finocchito  che  noi  tro- 
viamo,  assieme  a  piccoli  vasi  geometrici  greci,  i  primi  rappresen- 
tanti  del  geometrico  siculo  {B.P.L  XX  p.  61-63;  XXII  p.  190-192); 
accanto  alle  centinaia  di  scodelloni  grezzi  se  ne  ha  un  certo  nu- 
mero  in  creta  piü  tine  con  copertura  biancastra  e  qualche  fregio 
elementare.  II  Finocchito  ha  anche  dato  le  prime  grandi  anfore, 
in  numero  di  12,  ma  tutte  in  pezzi,  all'  infuori  di  una  sola  {B.P.L 
XXIII,  tav.  VI,  3),  piccola,  a  corpo  depresso,  ampio  e  svasato  il 
collo,  con  decorazione  a  triglifi  e  metope  con  clepsidre;  io  penso 
che  questo  sia  uno  dei  piü  antichi  esemplari  di  tutta  la  famiglia, 
riferibile  al  sec.  VIII. 

II.  Tremeazano  (Noto).  E  un  sepolcreto  del  III  per.  con  ele- 
menti  geometrici ;  certamente  indigeno  per  la  tecnica  e  lo  scodel- 
lone  da  me  pubblicato  in  B.P.L  XVII,  tav.  II,  17;  cosi  la  oe- 
nochoe  ibidem  fig.  18,  che  qui  meglio  riproduco  (fig.  54),  mentre 
e  greca  1' altra  oenochoe  e  l'olletta  tav.  VII,  1,  2. 

III.  Nolo  Vecchio  {Netum)]  e  cittä  sicula.  La  sua  necropoli 
del  III  per.  ha  dato  pure  due  anforoui,  nei  quali  perö  la  decora- 
zione e  completaraente  smarrita  {Notizie  1897,  pag.  76). 

IV.  Ragusa  {Uyhla  LIeraea)\  cittä  sicula.  La  sua  necropoli 
in  contra  da  Pendente  fu  segnalata  nei  lavori  ferroviari  del  1891 ; 
io  poi  vi  esegiiii  esplorazioni  nei  '98,  col  dispiacere  di  constatare 


I,K    NECROPOI.I    1)1    LICODIA    KUHEA 


330 


che  tutti  i  sepolcri  ad  eccezione  di  qualche  rarissimo  fiirono  vio- 
lati  e  spogliati  in  tempo  antico.  La  necropoli  e  tiitta  del  IV  pe- 
riodo,  e  la  si  potrebbe  dire  necropoli  a  forti  tinte  greche  per  la 
graiide  abbondanza  di  ceramica  greca.  II  tipo  a  camera  e  qui 
scomparso,  e  vi  si  trovano  soltanto  sepolcri  a  fossa,  proprio  come 
a  Licodia.  Uno  di  questi  sepolcri,  intatto  e  chiuso,  ha  fornito 
due    grandi    anfore    assieme    a  vasi    greci  a  f.  n.  {Notisie   1892, 


V\(f.  r)4. 


pag.  825-326),  che  possono  risalire  alla  prima  meta  del  VI  sec. 
lu  confronto  dell'  arcaicissimo  esemplare  del  Finocchito  qni  1'  an- 
fora  ha  assimto  corpo  slanciato,  dimensioni  rilevanti,  pareti  sot- 
tilissime ;  vi  e  quindi  im  progresso  formale  e  tecnico.  Negli  scavi 
da  me  eseguiti  nel  giiigno  '98  (inediti)  ho  constatato  dentro 
grandi  sepolcri  a  fossa  la  mescolanza  di  avanzi  vascolari  co- 
rinzi  ed  attici  di  stile  nero  rigido,  con  vasellame  geometrico 
iudigeno.  La  necropoli  in  contrada  Pendente  abbraccia  il  VII  e 
VI  secolo. 

V.   Scieli.  Gli  storiografi  moderni  s'  accordano  nel  vedervi  uu 
oppidum  di  nome  Siculi,  posto  in  vicinanza  della  sicula  Motyka, 


340 


P.    ORSt 


ma  non  ricordato  da  veriina  fönte  antica  (').  Neil'  immediata  vi- 
cinauza  del  paese  vi  e  bensi  un  piccolo  griippo  di  sepolcri  siculi, 
ma  attesa  la  sua  esiguitä  esso  non  puö  accennare  ad  iin  abitato 
di  qualche  estensione.  Invece  da  un  piinto  molto  piü  discosto,  da 
Perello,  provengono  diversi  vasi  geometrici,  ma  i  sepolcri  vi  fii- 
rono  tumiiltuariamento  esplorati  im  tre  lustri  addietro.  AI  Museo 
di  Siracusa  pervenne  soltanto  un  paio  d'  esemplari  del  kothon  co- 
rinzio,  la  bella  anfora  (tig.  55),  a.  cm.  35,  e  due  piccole  oenochoai, 


i«ii  li  innffniM  ipiuji««KaÄ'JOT^Il!5iBii|Iilpii!i>iiM' 


»■oniünTinfTiiti nn^iiri'inniiiifr"'""^*^ 


4  um 


Fig.  55. 

delle  quali  produco  pure  1'  esemplare  migliore  alla  figura  57.  E 
per  ora  un  materiale  scarso,  e  piü  che  altro  indiziale,  ma  anche 
4ui  vediamo  associato  il  materiale  corinzio  col  geometrico  siculo. 
VI.  Lentini.  Cittä  calcidese  sorta  nel  sito  di  un  borgo  siculo 
(Tucidide  VI.  3),  dal  quäle  secondo  una  versione  gli  abitanti  sa- 
rebbero  stati  cacciati  (Tue);  secondo  un'  altra  meno  attendibile  vi 
si  sarebbero  acconciati  coi  nuovi  venuti  (Polieno  V.  5).  Ancora 
sconosciuta  e  la  necropoli  greca,  meno  il  pochissimo  che  ue  scrisse 
il  Cavallari  {Notizie  1884,  pag.  252);  di  quella   sicula  lo  stesso 


(')  Schubring,  Rheinisches  Museum  XXVIII,  p.  118.  Gli  eruditi  locali 
vogliono  invece  rivendicarvi  Casmena,  ma  senza  addurne  alcuna  valida  ragionc. 


I.E    NECHOPOM    DI    LICOnrA    EIREA  341 

Cavallari  scopii  un  sepolcro  iotatto,  da  liii  descritto  nelle  Notizie 
1887,  pag.   301-304.   E   una    caDiera    quadra,  che    conteneva  un 


Fig.  56. 


sol  morto,  ed  alcuni  vasi  georaetrici, 
tutti  indigeni ;  1'  anfora  di  un  tipo 
primitivo  (fig.  58),  per  forma  iden- 
tica  a  quella  del  M.  Finocchito,  e 
alta  cm.  80  ed  ha  una  ricca  deco- 
razione  geometrica,  con  colori  molto 
freschi ;  il  kyatos  n.  2,  non  lavato 
dal  Cavallari,  ha  sullo  spalle  triglifi 
e  tremoli  nelle  metope;  i  due  sco- 
delloni  n.  5  e  7  hanno  fasciature  ; 
specialmente  notevole  il  n.  4,  olletta 
lenticolare  manufatta,  decorata  colla 
tecnica  a  punta  in  voga  nel  III  pe- 
riodo,  e  che  basta  da  sola  a  provare, 
per  Chi  ne  dubitasse,  la  non  grecitä 
del  sepolcro.  L'  anfora  e  a  disegno  fermo  e  preciso,  che  contrasta 
colla  incertezza  che  si  osserva  in  quasi  tutti  i  vasi  consimili,  e 
che  non  so  se  si  possa  attribuire  ad  una  imraediata  influenza  dei 


Fig.  57. 


■^4'2 


P.    ORSl 


Calcidesi,  sebbene  il  vaso  non  sia  affatto  greco,  e  ciö  sopratutto  per 
il  colore  matto  del  fondo  e  della  decorazione. 

Da  Lentini  provengono  ancora  le  due  aoforo  del  paro  primi- 
tivo,  che  qui  per  la  prima  volta  si  pubblicano  (tig.  59  e  60); 
alte  cm.  22.  L'una  di  esse  (fig.  59),  estratta  dal  sepolcro  succi- 
tato,  non  venne  edita  dal  Cavallari,  che  non  avendola  lavata,  non 
ne  vide  la  decorazione ;  1'  altra  e  leontinese,  senza  iibicazione  piii 


) 


Fig.  58. 


precisa,  ed  ambedue  sono  notevoli  per  le  zone  a  circoli  concentrici, 
che  se  non  mancano,  sono  perö  molto  rare  nel  geometrico  della 
Sicilia. 

I  vasi  geometrici  di  Lentini  costituiscono  im  caposaldo  per 
la  cronologia  dell'  intiera  famiglia  che  stiamo  studiando ;  si  accetti 
intorno  alla  fondazione  di  Lentini  la  narrazione  di  Tueidide  o  di 
Polieno,  certo  e  che,  se  pure  accordo  vi  fu  fra  Calcidesi  e  Siculi, 
ciö  che  a  me  pare  poco  probabile,  esso  fu  di  assai  breve  durata; 
qnindi  se  non  proprio  nel  728,  pochi  anni  dopo,  verso  il  720,  nis- 
sun  Siculo  doveva  piü  trovarsi  a  Leontini :  quindi  tutti  codesti  vasi, 


l.K    NKCHOI'OI  1    DI    I.l.dlilA    Kl  1U:.\ 


.j4o 


ed  i  loro  consimili,  sono  anteriori  alla    fino    del    sec.  VIII  e  ca- 
dono,  come  io  penso,  in  pieno  settecento. 

VII.  Granmichele.  Che  a  Terravecchia  presso  Granniichele 
esistesse  iina  citta  sicula,  nella  quäle  la  civiltä  greca  prese  poi 
il  sopravvento,  credo  di  aveiio  dimostrato  colla  iiiia  Memoria  edita 
nei  Monum.  Änt.  clei  Lincei  VII,  pag.  201-274;  che  tale  citta 
fosse  Echetla  od  altra,  riniane  sempre  in  dubbio.  Sotto  il  «  Pojo 
dell'Aqiija  »  segnalai  delle  tombe  sicule  del  IV  per.,  le  quali  per 


Fiff.  59. 


il  contenuto  hanno  molta  affinita  alle  licodiesi;  qiiei  pochi  se- 
polcri  hanno  dato  lo  stesso  genere  di  ceramica  geometrica  locale, 
grandi  anfore,  scodelle,  scodelloni,  askoi,  ecc,  ed  i  saggi  da  me  editi 
nella  citata  monografia  alle  fig.  48  his  a  53,  di  ciii  diie  vengono 
qui  riprodotti  alle  fig.  61  e  62,  dimostrano  1'  indole  di  quel  ma- 
teriale  ceramico,  e  la  sua  diretta  affinita  con  quello  di  Licodia  e 
dello  Scifazzo. 

VIII.  Vüzlni.  Per  qiianto  io  so,  non  fiirono  mai  eseguite  ri- 
cerche  regolari  a  Vizzini,  dove  si  suol  pure  coUocare  iin  oppido 
siculo.  Di  Vizzini  il  Miiseo  di  Siraciisa  possiede  im'anfora  iden- 
tica  a  fig.  65;  ed  in  quella  borgata  nella  collezione  del  farma- 
cista  Galante,  formata  con  materiali  del  sito  e  dei  contorni,  esi- 


344 


P.    ORSl 


stouo  intorno  a  qiiaiauta  vasi  geometrici  siciili,  ed  altri  pochi 
iu  altre  piccole  collezioni  private.  Nei  pressi  di  Vizzini  deve  dunque 
esistere  ima  necropoli  o  sepolcroto  del  IV  per.,  che  meriterebbe 
di  essere  esplorato  metodicainente. 

IX.  Caltagirone.  Siamo  al  vertice  degli  Herei,  in  magnitica 
posizioiie  a  cavallo  del  displuvio  fra  1'  lonio  e  l'Africano ;  iina  cittä 
sicula  SU  quelle  montagne  non  poteva  mancare,  raa  sin  qui  difet- 
tano  troppo  le  esplorazioui  locali;  intanto  io  segnalo  la  esistenza 
di  una  grau  quautitä  di  piccolo  vasellame  geometrico    siculo  (oe- 


Fig.  60. 


nochoai,  scodelloni,  ecc.)  con  qualche  tazza  greca  rosso  e  nera,  di 
provenienza  sicula,  nel  piccolo  Museo  del  R.  Liceo. 

II  prof.  Pais  (loc.  cit.)  ha  avuto  il  merito  di  far  conosceie 
r  inedito  rilievo  rinvenuto  a  M.  s.  Mauro  o  s.  Moro,  parecchi 
chilom.  a  sud  della  cittä,  dove  egli  vorrebbe  mettere  Echetla; 
una  visita  fatta  sul  sito,  per  quanto  rapida,  mi  face  credere  che 
in  quel  luogo  non  siasi  mai  trovato  mateiiale  siculo,  ma  solo  del 
materiale  greco  arcaico(');  se  tale  constatazione  verrä  confermata 

(})  Greco  arcaico  e  il  rilievo  edito  dal  Pais,  e  cosi  un'aruletta  fittile 
coli  due  aniiiiali  in  lotta,  scoperta  dal  proprietario  del  sito  (simile  a  Kekulc. 
Terracotten  aus  Sicilien,tAv.  54  2.'^  paj,'.  47),  arcaicu  un  pezzo  di  gorgoneion 


LE    NECnOPOI.I    DI    I.ICODIA    EIBEA  34.5 

da  iilteriori  ricerche,  allora  io  sono  di  avviso  che  a  M.  s.  Moro, 
magnifica  posizioue  militare,  che  domina  il  corso  superiore  del  Gela 
e  del  Maroglio,  si  debba  collocare  la  piccola  fortezza  calcidese  di 
Euboia. 


Fig.  61. 

X.  Lago  di  Pergiisa  (Lacus  Pergas)  presso  Castrogiovanni. 
Sembra  che  le  un  tempo  ridenti  coUine,  circostanti  a  questo  sto- 
rico  e  sacro  bacino,  fossero  assai  piü  fittamente  abitate,  che  oggi 
non    sieno,  nei    secoli  VlII-VI    a.  C.  Nelle    localitä    denominate 


Fig.  62. 


lacöpo,  CoQveutazzo,  Capitone  ed  in  quella  piü  discosta,  detta 
Montagna  di  Marzo,  si  hanno  sepolcreti  a  vasi  geometrici.  Per 
una  visita  fattavi  conosco  piü  esattamente  la  necropoli  del  Con- 
ventazzo,  a  caniere  quadre  nel  calcare  farinoso ;  essa  fu  tutta  spo- 


fittile  da  mc  raccolto  sul  suolo,  arcaici  numerosi  vasi  greci  (corinzi  ed  at- 
tici)  da  me  veduti  presso  uno  scavatore  clandestino  in  Caltajjirone,  un  saggio 
dei  quali  ho  acquistato  pel  Museo ;  in  mezzo  ad  essi  nessiin  framraento  siculo. 


346  !*•  üRSt 

irliata  dai  villani.  che  ne  trassero  materiali  in  piccola  parte  ce- 
diiti  al  Miiseo  della  Matrice  in  Castrogiovanni,  o  messi  in  com- 
mercio.  Presso  im  antiquario  del  luogo  ho  esaminato  numeroso  va- 
sellame  consistente  in  oenochoai,  askoi,  anfore,  idrie  di  fabbrica 
indigena,  mescolate  a  qualche  kylix  n.  e  r.,  un  grande  cratere  a 
colonnette  nero,  lucerne  ombelicate,  un  aryballos  corinzio,  parecchie 
armille  a  fettuccia  (=  fig.  25),  una  cappelletta  conica  (=  fig.  4), 
insomma  lo  stesso  materiale  di  Licodia. 

YL  La  ceramica  geonietrica  sicula. 

Gli  studi  sulla  ceramica  postmicenea,  greca  cd  affine,  hanno 
avuto  negli  ultimi  anni  un  nuovo  impulso;  il  geometrico  greco  e 
fatto  oggetto  di  nuove  originali  ricerche  del  Wide;  il  Boehlau, 
basato  sugli  scavi  di  Samos,  fa  il  primo  tentativo  per  stabilire  le 
varie  fabbriche  ionio-asiatiche;  i  calcidesi  attendono  nel  Loeschcke 
il  loro  illustratore ;  e  nell'  Italia  nieridionale  i  vasi  georaetrici  detti 
messapici  hanno  trovato  nel  Patroni  e  nel  Mayer  due  archeologi. 
che  sebbene  con  diversitä  di  vedute,  hanno  compreso  il  bisogno 
di  coordinare  quella  ricca  ceramica,  cosi  negletta  sin  qui.  La  Si- 
cilia  possiede  pure  una  categoria  di  vasi  geometrici,  non  greci, 
ma  sviluppatisi  sotto  1'  Influenza  evidente  della  decorazione  greca. 
che  se  non  ha  1'  estensione  del  geometrico  messapico,  ne  1'  impor- 
tanza  di  quello  della  Grecia,  ha  nondimeno  un  valore  sopratutto 
storico  locale,  in  quanto  costituisce  un  episodio  del  lento  e  gra- 
duale  processo  di  ellenizzazione  dei  Siculi. 

Di  qui  la  opportunitä  di  un  primo  tentativo  di  sintesi  su  codesti 
vasi,  intorno  ai  quali  io  avevo  sentito  pronuaziare  da  distinti  ar- 
cheologi i  piü  disparati  giudizi,  sino  ad  asserire  che  talnni  erano 
di  etä  romana.  Un  cosi  fatto  lavoro  sarebbe  stato  non  dico  inutile 
raa  destituito  di  solida  base,  se  avesse  preso  le  mosse  da  pezzi 
sporadici  e  di  dubbia  provenienza;  furono  le  scoperte  del  Finoc- 
chito  da  prima,  quelle  di  Licodia  poi,  unite  ai  rinvenimenti  di 
Granmichele  e  Lentini,  che  fornirono  la  chiave  cronologica  ed  indi- 
carono  la  giusta  via.  Molto  ancora  resta  a  fare;  ma  io  credo  che 
oggi  si  abbiano  elementi  sufficienti  per  abbozzare  1'  opera  e  svol- 
gerne  i  capitoli  principali  riguardanti  lo  stile  e  la  cronologia;  si 
poträ  accrescere  di  molto  il  materiale,  sia  mediante  scavi,  sia  esu- 


I.E    NK'Roi-ol.i    DI    I,iroDIA    EUBEA  347 

inando  da  coUezioni  pezzi  inosservati;  ma  io  credo  di  aver  rac- 
colti  i  saggi  precipui  e  caratteristici,  e  di  aver  poste  le  basi  di 
una  razionale  sistemazione  cronologica. 

La  ceramica  dei  Siculi  del  1"  periodo  (intesi  in  senso  latissimo, 
e  comprendenti  perciö  anclie  i  Sicani  affini  della  tradizione)  rap- 
presenta  im  geoinetrico-empestico  dai  colori  smagliaati,  che  forma 
un  gruppo  solitario,  il  qiiale  desta  la  curiositii  degli  archeologi, 
siccome  quello  che  e  prodotto  di  im  popolo  appena  eueolitico.  Nel 
periodo  successivo  la  ceramica  sicula  presenta  un  habitus  tutto  di- 
verso ;  in  gran  parte  nuove  le  forme  e  nuova  la  scarsa  decorazione. 
La  policromia  scompare  per  dar  luogo  ad  una  decorazione  cromica 
a  stralucido  rosso,  apparsa  sin  qui  nelle  necropoli  di  Cassibile  e 
Pantaliea,  mentre  nelle  altre  si  ha  una  sobria  decorazione  a  stecco. 
Ora  e  appunto  in  un  singulare  vaso  di  Pantaliea  che  io  vedo  la 
piü  antica  espressione  del  geometrico  siculo ;  ma  prima  di  trattare 
di  qiiesto  vaso  e  delle  altre  forme,  decorate  con  tale  sistema.  coii- 
viene  faccia  precedere  qualche  osservazione  tecnica. 

E  canone  fondamentale,  che  la  pittura  a  vernice,  applicata  alla 
ceramica  micenea  piü  recente  ed  a  quella  greca  dei  periodi  suc- 
cessivi,  costituisce  la  caratteristica  speciale  dei  prodotti  vasculari 
ellenici,  caratteristica,  che  basterebbe  da  sola  a  distinguerli  dalle 
altre  famiglie  barbariche.  A  questa  fondamentale  distinzione  della 
Firniss-  e  della  Matmalerei  conviene  nel  caso  nostro  speciale  ag- 
giungere  un  altro  elemento  tecnico;  il  vasellame  dei  primi  e  piü 
antichi  periodi  siculi,  ed  anche  bnona  parte  di  quello  del  III,  e 
foggiato  a  mano  libera,  senza  sussidio  della  ruota  vasaria,  del 
TQoxoc ;  solo  alla  iine  del  II  (Pantaliea),  e  piü  evidenti  nel  III,  si 
hanno  indizi,  ma  non  ancora  generalizzati,  di  un  rozzo  tornio.  Iiivece 
la  ceramica  geometrica  sicula  e  sempre  trattata,  sebbene  non  con 
troppa  perfezione,  alla  ruota ;  ed  e  sempre  decorata  con  colori  matti. 
Ecco  due  caposaldi  che  distinguono  codesti  vasi  dai  siculi  piü  antichi 
e  rispettivamente  dai  greci.  Aggiungasi  che  essi  sono  di  un  im- 
pasto  artificiale;  creta  gialla  o  rossastra,  mista  a  tritumi  vulcanici; 
cottura  buona  ma  non  sempre  uniforme ;  applicazione  alla  super- 
licie  di  una  copertura  bianca,  che  per  una  quantitä  di  tinte  inter- 
medie  va  dal  crema-pallido  al  roseo-leggero ;  ed  il  colore  matto 
degli  ornameuti  e  di  un  tono  bruno,  castagno,  che  talvolta  appare 
rosso  carico  a  misura  dell'  intensitä  di  cottura.    Le  forme  di  pre- 


348 


1'.    OUSl 


ferenza  adottate  sono  1'  aiifora,  1'  idria,  il  vaso  a  colonnette,  il 
boccale  od  oenochoe,  1'  askos,  la  grande  scodella  con  iina  intinitä 
di  varianti ;  forme  derivate  in  parte  dal  patrimonio  siculo,  iu  parte 
da  qiiello  greco.  Ma  ad  ogniina  di  esse  e  couvenieute  dedicare  ud 
po'  di  studio  ditt'iiso. 

Anfora.  La  necropoli  di  Pautalica  (inedita),  la  quäle  nella  sua 
parte  principale  spetta  alla  II  fase  del  II  per,  siculo  (XI-IX  sec), 
ha  dato  un"  anfora  che  io  coUoco  in  testa  alla  serie,  e  serve  come 
anello  di  cougiunzione  fra  la  ceramica  sicula  antichissima  e  la  geo- 


FiG.  G3. 


metrica  del  IV  per..  Ne  de  qui  uno  schizzo,  il  quäle  ne  mostra  la 
sagoma  e  la  decorazione  (fig.  63);  e  un  recipiente  da  acqua,  alto 
cm.  45,  di  creta  rossastra  ben  cotta,  e  tornita,  coperto  di  una  leg- 
gera  velatura  rosea,  alla  quäle  sono  imposti  i  fregi  in  color  rosso 
carico,  consistenti  in  zone  e  trigliti  a  tremolo ;  sopra  le  anse  oblique 
croci  oblique.  Considerato  il  vaso  dal  lato  della  forma  o  della  deco- 
razione, io  osservo  che  anfore  ideutiche  sono  ovvie,  anzi  caratte- 
ristiche  a  Pantalica,  colla  sola  differenza  che  sono  coperte  di  un 
vivo  stralucido  rosso;  talvolta  diminuendo  le  dimensioni  ed  allun- 


I.K    NKCKOI'OI,!     DI     I.ICOUI.V    EtJHKA  340 

gando  il  collo  esse  prendono  l'aspetto  di  veri  fiaschi.  La  necropoli 
di  Thapsos,  in  parte  sincrona,  in  parte,  credo,  piü  antica  di  Pan- 
talica,  ha  pure  dato  una  serie  di  anfore  che  con  qualche  piccola 
dift'erenza  rispondono  a  quelle  di  Paiitalica ;  ma  sono  grezze  od  al 
piü  adorne  di  linee  verticali  a  punta ;  ad  esse  fanno  ulteriore  riscon- 
tro  due  grandi  esemplari  bigi  del  sepolcro  di  Caldare  presso  Gir- 
genti(').  E  dunque  una  forma  di  recipiente  peculiare  ai  vasai  siculi 
della  lioe  del  II  per.,  che  pare  non  sia  stata  contiiiuata  nel  III, 
nel  quäle  mancano,  forse  anche  perche  a  noi  non  pervenuti,  i  grandi 
recipienti  per  liquidi.  Ora  la  relazione  formale  di  codesto  tipo  coUe 
anfore  geomotriche,  od  almeno  con  una  parte  di  esse,  non  puö  sfug- 
gire ;  eguale  il  contorno,  la  foggia  delle  anse  ed  il  punto  d'  imposta, 
un  po'  piü  tozzo  e  svasato  il  collo,  e  mancante  il  labbro  ad  aggetto. 
Ma  dobbiamo  teuer  conto  di  un  altro  fattore  esteruo ;  1'  anfora, 
simile  alla  sicula,  e  una  forma  del  fondo  comune  al  geometrico 
greco;  eguali  ma  munite  di  piccolo  piede,  perö  decorate  con  uno 
Stile  molto  piii  progredito  sono  quelle  della  Beozia,  alle  quali  de- 
vonsi  aggiungere  due  esemplari  di  Monaco  e  di  Atene,  di  incerta 
provenienza  (-),  ed  uno  di  Mirina  (3).  Forme  molto  consimili  pos- 
siede anche  il  ciprioto,  il  quäle  abbraccia  vari  secoli ;  accauto  al- 
l'esemplare  del  Louvre  ('*),  forse  del  X  secolo,  e  certo  piü  recente 
quello  di  Marion  (VII  s.)  (•'') ;  anche  i  celebri  vasi  di  Ormidia  del 
Museo  di  New- York  {^'),  astrazion  fatta  dalle  dimensioni  colossali, 
e  dalla  eccessiva  larghezza  del  collo,  vanno  ricondotti  alla  stessa 
forma.  Sembra  pertanto  che  1'  anfora  geometrica  sicula  tragga  ori- 
gine  dal  connubio  di  due  forme,  1'  una  indigena,  1'  altra  greca  intro- 
dotta  dai  primi  coloni,  ed  accolta  con  favore  dagli  indigeni,  in  quanto 
appunto  rispondeva  ad  un  tipo  da  essi  usitato.  Siccome  l'unica  ne- 
cropoli greco-arcaicissima  della  Sicilia  conosciuta,  quella  del  Fusco, 
non  ha  dato  anfore,    ma  crateri  e  vasi  a  colounette  primitiv!  {'), 

(*)  Thapsos  in  Mon.wn.  Ant.  LinceiYl,  col,  107,  nota,  e  tav.  V,  ti^.  1 
e  2.  Per  Caldare  B.  P.  I.  XXIII,  tav.  II,  3,  4.     . 

(2)  Athenische  Mitth.  1897,  \).  238,245.  Jahrbuch,  1897,  p.  195. 

(3)  Ath.  Mitth.  XII,  p.  228. 

(4)  Pottier,    Vases  antiques  du  Louvre,  tav.  VIII,  A,  120. 

(5)  Herrmann,  Das  Graeberfeld  von  Marion  in  Cypern,  p.  11. 

(6)  Perrot,  Ilistoire  de  V  art,  III,  p.  609,  711. 

C)  Notizie,  1893,  p.  477,  1896,  p.  135,  137,  159,  161,  176. 


:^5<» 


}'.     OUSl 


adibiti  per  ossuaii.  non  abbiarno  ancora  la  prova  diretta  ed  asso- 
luta  di  questa  mia  asserzioae,  la  quäle  perö  non  perde  di  valore. 
se  si  cousideri  che  anche  la  decorazione  del  geometrico  siciilo  emana 
tutta  da  quello  greco. 

In  ordine  alla  forma,  le  anfore  piü  antiche  sono  quelle  a  corpo 
globare  e  collo  svasato.  quasi  tubiforme,  con  anse  verticali  a  fet- 
tuccia;  Lentini  ed  il  Finocchito  ci  danno  per  esse  buoni  punti  di 


Fig.  64. 


'M'pOogi*^  cronologico;  uu  po'  piü  recenti  sembrano  i  vasi  di  egual 
forma,  muniti  perö  di  anse  cilindriche  oblique.  Questa  prima  classe 
di  anfore  si  puö  con  qualche  certezza  portare  nel  sec.  VII.  Nel  VII 
e  VI  sono  in  uso  anfore  a  corpo  oblongo,  nelle  quali  il  rapporto 
fra  r  altezza  del  collo  e  del  ventre  si  modifica  nel  senso  che,  accor- 
ciandosi  quello  si  sviluppa  questo ;  il  collo  non  e  soltanto  svasato, 
ma  munito  di  un  labbro  piatto;  la  grande  maggioranza  delle 
anfore  presenta  quest'  ultima  forma. 

Per  ciö  che    riüette   la  decorazione   non  e  mestieri    spendere 


I.E    NECROPOi-I    lil    I.l(  OblA    KIBEA  351 

iiiolte  parole  a  dimostrarc  che  essa  ä  tutta  soggetta  all'  Influenza 
geometrica  greca ;  basta  iiu  rapide  esame  ai  numerosi  disegni  rac- 
colti  per  convincersi  di  ciö.  La  partizione  organica  del  corpo  in 
tascie,  zoue  e  frise  orizzontali,  distinte  da  cordoni  o  fasci  di  linee, 
la  premineiiza  data  alla  zona  centrale,  per  lo  piü  suddivisa  in  tri- 
glifi  e  inetopo,  emana  da  un  concetto  docorativo  e  tectonico  affatto 
öconosciuto  ai  Siciili,  la  cui  decorazione  a  piinta  nel  II  per.  e  inor- 
ganica,  mentre  solo  nel  III  essi  tentano  esprimere  a  piinta  qualche 
concetto  greco,  come  il  raeandro  {B.  P.  I.  XX,  p.  Ol,  XXIII,  p.  189). 


Fig.  65. 


Qiiesto  sistema  decorativo  e  invece  quello  del  geometrico  greco  in 
genere.  che  poi  nelle  varie  regioni  ha  preso  sopra  il  fondo  comune 
sviluppo  ed  indirizzi  diversi ;  i  grandi  crateri  del  Fusco  presentano 
in  buona  parte  la  stessa  ripartizione  della  superficie,  gli  stessi  motivi, 
la  medesima  sintassi  ornamentale. 

1  motivi  delle  anfore  sono  resi  evidenti  dalla  serie  dei  di- 
segni piibblicati,  e  da  altri  pochi  esemplari,  di  incerta  provenienza, 
che  qui  aggiuugo.  La  partizione  piü  elementare  e  quella  in  fascie 
orizzontali,  col  ventre  od  il  collo  adorni  di  una  o  diie  Serpentine ; 
se  sul  ventre  si  delineano  dei  riquadri  mediante  triglifi,  allora  i 
campi  delle    metope  sono  occupati  da  forme  geometriche  diverse; 


352 


P.    ORSl 


linee  oblique,  talvolta  uncinate  alle  estremitä.  (fig.  65),  forme  ad 
S,  croci  oblique,  tremoli  orizzontali  o  verticali ;  piu  rare  le  clepsi- 
dre  (fi?.  64),  i  circoli  concentrici  (Hg.  67),  i  doppi  arpioni  ad  M, 
nonche  il  pettine  (fig.  66) ;  alla  ftgura  animale  od  umana  non 
si  arrivö  mai:  e  sopra  le  centinaia  di  vasi  da  nie  esaminati  udo 
solo  (fig.  68)  preseuta    la    forma    schematica  di    un    quadrupede, 


'i;///r 


Fig.  66. 

forse  cane,  corrente.  Tutto  ciö  non    esce   dal  patrimonio  di  forme 
tilementari  dei  geometrici  greci  e  di  Cipro  ('). 

(1)  E  superfluo  tlilungarsi  in  riscontri.  per  dimostrare  cose  generalmente 
note-,  insisto  solo  su  qualche  forma  speciale.  Per  le  clepsidre,  osservate  in 
soli  tre  esemplari,  vedi  il  gi-ande  cratere  del  Fusco  {Notizie  1896,  pag.  185), 
i  vasi  rodioti  Pottier,  Louvre  tav.  X.  3,  XL  3;  esse  pol  si  hanno  nei  piü 
antichi  vasi  raessapici  derivati  dal  geometrico  greco  e  specialmente  da  quelle 
rodioto  (Mayer.  Roem,  Mitth.  1897,  p.  205  e  206^.  Gli  uncini  od  M,  fomia 
del  Dipylon  per  eccellenza,  adibita  come  rienipimento  {Monumenti  Istit. 
vol.  IX,  tav.  39;  Louvre  ia.\.  XX.  4,  5)  qui  appaiono  sempre  isolati  e  non  a 
grappi.  I  circoli  concentrici,  oltre  che  al  Dipylon,  anzi  piü  frequenti  che  in 
esso,  si  hanno  nel  rodioto,  nel  ciprioto,  sia  inscritti  in  campi,  corae  in  fascie 
libere.  ed  applicati  .sopratutto  ad  anfore  che  hanno  la  piü  stringente  affinita 
<:olle  nostre  (fotogi-afie  inedite  comunicatemi  dal  sig.  M.  Ohnefalsch-l^ichter). 
II  i)ettine  h  una  corruzione  della  ovvia  serie  di  angoli  ottusi.  La  forma  ad  S 
si  ha  su  idrie  geometriche  di  Megara  (inedite),  nel  boccale  Conze,  Anfaenge 
der  gr.  Kunst  tav.  V.  3  ecc.  II  cane  schematico  non  ha  riscontri  attesa  la 
sua  forma  estremamente  rndimentale. 


I,E    NECKOPOI.I    DI    MCODIA    ElHlEA  353 

Hijdria.  E  la  forma  che  segue  da  presso  1' anfora,  ed  e  da 
per  se  sola  indizio  di  receuzioritä.  Completamente  sconosciuta  nel 
II  e  III  per.  siculo,  essa  appare  negli  strati  piü  recenti  del  IV 
ed  in  quantitä  relativamente  scarsa.  AUo  Scifazzo,  piü  antico  di 
Licodia,  nissima  traccia  di  essa,  e  cosi  a  Lentiai  ed  al  Finocchito. 
\1  Oalvario  tigura  con  parecchi  esemplari;  la  decorazioiie  im  po' 


^lBniinu^,rrua.s,ui<iiiTwriiarT>kiii 

rcnniiifumn 


m:::. 


i'jnTfniginnvmmjrrnrn'miwinnMrtupiiiTiiji'mW" 


Fir,.  67. 


libera  e  capricciosa  degli  esemplari  figg,  16,  17,  18,  nei  qiiali 
vedesi  impiegato  anche  im  po'  di  color  rosso,  il  sottrarsi  al  rigo- 
rismo  conservativo  del  geometrico  elementare,  applicato  con  tanta 
monotonia  alle  anfore,  deuota  la  sua  piü  tarda  etä.  Che  essa  sia 
stata  direttamente  copiata  da  esemplari  greci  si  dimostra  anche 
per  ciö,  che  i  quasi  mille  sepolcri  di  Megara  hanno  dato  tre 
grandi  h^'drie  ossuarie,  che  qiianto  a  forma  in  nulla  si  differen- 
ziano  dalle  sicule,  ma  solo  per  la  decorazione  a  vernice,  applicata 
non  SU  una  copertura  bianca,  ma  su  di  una  tinta  chiara  dilavata. 
Vaso  a  colonnette.  Oltre  dell'  esemplare  licodiese  flg.  34,  ne 
conosco  uiio  piü  antico  della  raccolta  Galanti  in  Vizzini.  Anche 
questa  e  traduzione  diretta  delle  forme  analoghe  del  corinzio-italico. 
(lell'attico,  ecc. 

23 


354 


P.   ORSI 


Scodelloiii.  Associate  all'aüfora  e  quasi  iiumaucabili  ;eompague 
ad  essa,  le  necropoli  del  IV  per.  ci  hanuo  dato  centiuaia  di  sco- 
delle,  per  lo    piü  grandi,  di  rado  mezzane.  mouo  e  biansate,  con 


X 


Fig.  68. 


labbro    orizzontale  od   aggettante    all'  interno,  qiialche    volta7con 
lievi    costolature    correnti  intorno   all'orlo.  La  decorazione    molto 


Fig.  69. 

parca   Consta  di  filetti  e  striscie  orizzontali,  qualche  volta  di  Ser- 
pentine (fig.  20),  piü  di    rado  di    triglifi  al  labbro  od  al    ventre 
(fig.  49  e  50).  La    decorazione  piü    complessa   vedesi    nell'esem- 
plare  fig.  69  di  prov.  incerta. 

Le  grandi  scodelle  sono  la  forma  di  vaso  piü  diffusa  ed  usi- 


I,E    NECKOPOI.I     UI     I.ICODIA    Kl.'HKA 


355 


tata  nel  III  periodo  siculo;  nelle  necropoli  esse  si  contano  a  cen- 
tinaia  di  esemplari.  AI  Finoccliito  se  ne  ebbe  qualche  esemplare 
decorato  di  meandri  a  punta  {B.P.L  XX,  tav.  IV.  6,  7;  XXIII, 
tav.  VI,  11)  ed  accanto  alle  centinaia  di  esemplari  riistici,  manu- 
fatti,  si  presentö  qualche  altro  lavorato  in  creta  tine,  e  toraito 
(/y.P./,  XX,  pag.  258;  XXIII,  pag.  189)  ed  alcimi  pochi  con  iina 
decorazione  tutta  speciale  ottenuta  a  sti-aliicido  ed  esprimente  fe- 


FiG  70. 


stoni  e  girandole  (o.  c.  XX,  tav.  V,  1,  2);  perö  nessim  esemplare 
del  III  per.,  se  si  eccettui  uno  di  Tremenzano  (o.  c.  XVIII,  tav.  II, 
17),  presenta  quelle  forme  decorative  che  hanno  largo  sviluppo 
nel  IV,  e  le  quali  sono  tolte  dal  geometrico  greco  ed  applicate  a 
forme  locali;  cosi  a  mo'  d' esempio  i  trigliti  delle  spalle  sono  co- 
piati  di  sana  pianta  da  quelli  delle  piccole  tazze  protocorinzie 
geometriche  {Notisle  1893,  pag.  476).  Non  vedo  quindi  piü  la 
necessitä  di  derivare,  come  altra  volta  ho  fatto  {D.  P.  I.  XX, 
pag.  63),  anche  la  forma  del  vaso  da  esemplari  greci,  sebbene 
sappia  che  scodelloni  consimili  si  hanno  anche  in  Grecia  (i)  ap- 
punto  nel  tempo  dello  stile  geometrico. 

(1)  In  Beozia  {Jahrbuch  1888,  pag.  330),  al  Dipylon  {Athen.  Mitth. 
1893,  tav.  VIII.  3),  a  Cipro  (fotografie  inedite),  e  persino  nella  Caria  [Athen. 
Mitth.  XII,  pag.  226j. 


356 


P.    OKSI 


Askoi.  Kik'viamo  auzitutto  che  1'  askos,  sconosciuto  nel  II  per., 
ta  la  siia  apparizione  nel  III,  con  numerosi  esemplari  manufatti 
ed  acromi,  di  piccole  dimeosioni  e  di  forma  globare;  accanto  a  sif- 
fatti  esemplari  rustici  se  ne  ha  qualciuio,  raro.  di  tecuica  molto 
superiore,  e  dipinto  in  uno  stile  miceneo-ciprioto  (').  come  I'esem- 
plare  del  Finocchito,  che  qui  a  tig.  70,  riproduco  dal  D.P.L  XX, 
tav.  V,  3,  e  che  e  a  fondo  biancastro  con  decorazione  brunastra. 
Malgrado  esso  abbia  tutta  1'  apparenza  di  im  vaso  importato  e 
ciprioto.  io  propendo  a  crederlo  di  fabbrica  sicula,  imitante  un  ar- 


FlG.    <l. 


ticolo  estero.  Ho  giä  dimostrato  (-)  che  1'  askos  non  e  forma  si- 
cula, ne  italica,  ma  greca  geometrica,  iraitata  poi  da  Siculi  ed 
Italici,  e  derivante,  a  quel  che  pare,  dalla  «  Bügelkanne  "  micenea. 
Dalle  forme  globari  primitive,  circa  del  sec.  IX-VIII,  passiamo 
poi  ad  esemplari  di  grandi  dimensioni,  depressi,  talora  coperti 
della  sola  tinta  bianca,  talora  con  fascie  e  motivi  ovvi.  I  diie 
esemplari  che  qui  presento,  di  provenienza  ignota,  con  diam.  di 
cm.  25  e  26  presentano  elementi  noti,  ma  combinati  e  complicati 
in  forma  inusitata  (fig.  71  e  72). 

(')  II  l'atroni  ne  L'antica  ceramica  delVItalia  meridionale,  pag.  13 
e  1 1,  ha  pure  riconüsciuto  relazioni  con  Cipro,  e  le  spiega  come  reminiscenze 
«l'-irarte  egea,  in  quell'  isola  riinaste  piü  a  lungo  refrattarie  alla  civiltä  greca. 

(2j  B.P.I.  XX,  pag.  60,  nota  241;  Patroni,  Vasi  arcaici  delle  Puglie, 
col.  47. 


I.E    NECKOPOI.I     DI    l.KolilA    Kl  HKA 


357 


Oenochoal.  II  fiasco  monoansato,  di  forme  e  sagome  svariate, 
con  coUo  ora  sottile  e  luiigo,  ora  largo  e  tozzo,  con  bocca  circü- 
lare  e  solo  molto  piü  tardo  trilobata,  e  forma  in  uso  nel  II  e 
piü  nel  III  per  siculo;  d'altro  canto  e  inutile  che  io  soggiunga 
come  la  oenochoe  fa  parte  del  repertorio  vascolare  greco  arcaicis- 
simo.  Tremenzano  e  Finocchito  hanno  dato,  assieme  a  fiaschi  ru- 
stici,  delle  oenochoai  di  piccole  diraensioni,  di  accurata  fattura  e 
ben  dipinte  (/?.  P.  L  XVII,  tav.  VII,  1;  XX,  tav.  III,  8;  IV.  13); 
il    pessimo    stato  della    maggior  parte  di  esse  non  lascia    distin- 


FiG.  72. 


giiere,  se  i  colori  sieno  matti  od  a  vernice,  ma  nondimeno  io 
credo,  che  per  riguardo  alla  terra  finissima,  la  maggior  parte  di 
esse  sieno  greche  {B.P.I.  XX,  pag.  62;  XXIII,  pag.  190),  e  sic- 
come  tali  forme  mancano  affatto  nelle  necrop.  di  Siraciisa  e  Me- 
gara  (i),  se  ne  deduce  che  tali  vasi  vennero  fabbricati  ed  intro- 
dotti  neir  isola  prima  della  fine  del  sec.  VIII,  o  per  Io  meno  che 
furono  confezionati  per  uso  esclusivo  dei  barbari. 

Vasetti  di  tale  forma  e  disegno  si  ebbero  sporadici  nel  sud- 
est  deir  isola,  e  1'  esemplare  greco  che  io  qiii  prodiico  (flg.  73), 
a.  cm.  9,  in  niilla  si  distingue  dalle  produzioni  sicule,  se  non  nella 
vernice  brillante  e  nella  creta  polita  e  decantata.  Invece  allo  im- 

(')  Un  unico  esemplare  fra  le  varie  migliaia  di  vasi  di  Mogara  deriva 
dal  sep.  352,  e  puö  essere  reminiscenza  eccezionale  di  uno  stile  e  di  una  ce- 
ramica  giä  estinti  e  fuori  uso. 


358 


P.    ORSI 


pasto  ed  ai  colori  si  tradisce  per  imitazione  paesana  1'  altro  esem- 
plare  ^g.  56,  del  paro  piccolissimo  (a.  cm.  10),  da  me  raccolto 
in  iina  grotta  di  M.  Tabuto,  il  quäle  colla  zona  di  anitrelle  e  di 
stellette  e  quello  che  fra  tutti  presenta  il  piü  svariato  assortimento 
di  elemeuti  del  geometrico  ('). 

Licodia  non  ha  dato  piccole  oenochoai ;  ma  solo  esemplari  un 
po'  grandi  a  fascie,  tiletti  e  Serpentine,  in  parte  importati,  in  parte 
d'  imitazione  locale. 

In  coucliisione  si  arriva  anche  qui  agli  stessi  risiiltati ;  i  Si- 
culi   possedevano  giä   il    fiasco,  che   all'  arrivo   dei   primi   articoli 

greci  hanno  alquanto  moditicato,  e 
poi  decorato  con  motivi  tolti  di 
Sana  pianta  dal  geometrico  greco. 

Pongo  ultime  e  separate  tre 
oenochoai  agrigentine  (a,  cm.  21  e 
24),  perche  troppo  distinte  dalla 
massa  del  materiale  qui  pertrattato. 
La  creta  ne  e  depurata,  di  color  ver- 
dastro  e  bianco  sporco ;  i  colori  della 
decorazione,  matti.  sono  bruui  nei 
due  primi  vasi,  rosso  mattone  nel 
terzo  e  vennero  applicati  alla  super- 
ficie  naturale  del  vaso,  iion  alla  co- 
pertura  bianca,  che  qui  manca.  I  vasi 
(fig.  74,  75,  76),  acquistati  sul  mercato  antiquario  di  Gii'genti,  mi  si 
assicura  provengano  dai  dintorui  della  cittä,  ed  uno  e  di  tanta  fre- 
schezza  da  poterlo  credere  imitazione  moderna,  ?e  non  presentasse 
troppi  caratteri  di  unitä  cogli  altri.  Disgraziatamente  non  potremmo 
trovarci  a  peggior  partito  per  ciö  che  concerne  la  stratigrafia  ar- 
cheologica  di  Agrigento ;  sappiamo  appena  qualche  cosa  delle  nume- 
rose  necropoli  sicule  circostanti  alla  cittä,  ma  nuUa  si  e  fatto  per 
esplorare  convenienteraente  quelle  greche.  ji  per  ciö  che  lo  stu- 
dioso  trova  qualche  difücoltä  nell' assegnare   un   posto  ai   tre  vasi 

(')  Fregio  di  anitrelle  in  oenochoe  di  Caniiros  (Jahrbuch  I  p.  135  = 
Athen.  Mitth.  1897  ]».  237)  ed  in  esemplari  importati  dalle  tombe  a  fossa 
(leir  Etruria  {Monum.  Instit.  vol.  X  tav.  X°,  6-8;  X«»  21-23;  vol.  XII  tav.  III  4), 
che  in  media  salgono  al  VII  secolo  ed  anche  all'  VIII.  Veggasi  per  tale  cro- 
nologia  l'importante  articolo  del  Karo  in  BP.  f.  XXIV  (1898)  p.  144  e  segg. 


Fig.  73. 


LE    NKCUiil'OI.i    L)l    LirOüIA    EIBEA 


350 


che  qui  si  presentano;  escliiso  per  ragioui  tecniche  che  sieno  greci, 
per  ragioni  stilistiche  che  sieno  prodotto  di  tempi  tardi,  non  mi 
resta  che  assegnarli  all'  indiistria  sicula  del  periodo  geometrico, 
per  quanto  la  regione  agrigeutina,  inesplorata,  nulla  abbia  dato 
tin  qui  che  si  avviciui  al  materiale  del  Finocchito.  In  ogui  modo 
se  la  mia  assegnazione  e,  come  credo,  esatta,  i  tre  boccali  deno- 
terebbero  che  uella  parte  meridiouale  dell'  isola  il  geometrico  siciilo 
ebbe  imo  sviluppo  im  po'  diverso  da  quello  del  sud-est  e  del  centro, 
iu  quanto  ebbe  maggior  riech ezza 
e  varietä  di  forme  ed  un  sentimento 
piii  vivace  nella  loro  composizione. 

Nel  primo  boccale  troviamo  di 
fatto  motivi  se  non  al  tutto  nuovi, 
rari  per  il  geometrico  dell'isola,  non 
per  quello  greco;  i  mezzi  rombi  a 
linee  interne  e  la  stelletta  appar- 
vero  una  sola  volta  nei  vasi  üscr.  72 
e  74,  ma  e  noto  come  rombi  e  mozzi 
rombi  affrontati,  talora  a  reticolato, 
si  trovino  nel  geometrico  greco  (da 
Rodi  Jahrbuch  1887  p.  137,  nella 
Carla  Äth.  Mitth.  XII,  p.  229); 
la  stelletta,  munita  di  puntolini,  e 
ovvia  nel  protocorinzio  geometrico 
ed  anche  nel  zoomorfo ;  la  fascia  di 
punti,  sopra  tutto  orizzontale,  tro- 
vasi  al  Dipylon  {Monum.  Istit. , 
vol.  IX,  tav.  39).  II  motivo  ad  S 
sotto  r  ansa  lo  abbiamo  giä  visto  e  studiato  in  precedenza. 

Nel  secondo  vaso,  due  fascie  a  tremoli,  conterminano  la  zona 
centrale  decorata  della  spirale  «  corrimi  dietro  ",  la  quäle  nel  geo- 
metrico piü  arcaico  e  rappresentata  mediante  circoli  centrali  uniti 
da  tangenti. 

L'  ultimo  boccale  presenta  una  decorazione  piü  complessa : 
assieme  ai  tremoli  abbiamo  nella  zona  centrale  dei  riquadri  rettan- 
golari  concentrici,  con  reticolati  centrali  e  scacchieri  a  rombi,  divisi 
da  liste  verticali  a  clepsidre,  il  tutto  a  color  rosso,  che  produce 
r  impressione  di  un  vaso  del  Dipylon ;  ed  al  Dipylon  sono  propra 


Fig.  74. 


3G0 


I'.    ORSI 


tutti  i  motivi,  all'  infiiori  di  quello  dei  rettangoli  inscritti,  pel 
quäle  ho  iin  solo  esempio  in  diie  vasi  di  Rodi  (Pottier  Loiivre 
tav.  XII r,  2.  3). 

Se  da  questi  tre  vasi  sporadici  volessimo  trarre  una  induzione 
.sul  carattere  del  geometrico  siculo  nella  regione  agrigentina,  diroi, 
che  pur  avendo  esso  un  fondo  comune  con  quello  delle  parti  cen- 
trali  ed  orientali  dell'  isola,  qui  esso  si  svolse  con  maggiore  origi- 
ualitä  e  ricchezza. 

Kylikes.  Le  necropoli  di  Siracusa  e  di  Megara,  ma  special- 


FiG.  75. 


meute  la  prima,  hanno  dato  un  certo  numero  di  piccole  tazze,  o 
kylikes  protocorinzie  geometriche.  decorate  per  lo  piü  sulle  spalle 
di  triglifi,  di  tremoli  o  di  serie  di  angoletti  ottusi  {Megara  col.  864, 
ma  ancora  inediti  i  pezzi  piü  caratteristici ;  Notizie  1893  p.  467). 
Lo  stesso  vaso  si  ebbe  in  una  certa  quantita  al  Finocchito  (/?.  P.  I.  XX 
tav.  IV.  10),  e  malgrado  lo  smarrimento  dei  colori  io  inclino  a  cre- 
dere.  per  la  qualitä  della  creta  sopratutto,  che  si  tratti  di  articoli 
greci.  Ed  originali  greci  sono  indubbiamente  quelli  di  taluni  se- 
polcri  di  Licodia,  nei  quali  e  rimasta  qualche  traccia  di  vernice. 
K  perö  certo  che  i  ceraniisti  siculi  presero  ad  imitare  anche  questa 


l.K    NECUOPOM    DI    I.It  ODIA    KUHEA 


3GI 


forma,  auraentandone  iiii  po'  le  dimensioni  e  riprodiicendone  la  sem- 
plice  ornamentazione. 

Altre  forme  non  hanno  trattato  nello  stile  nuovo  i  pentolui 
indigeni;  sono  unici  e  di  forma  particolaro  i  diie  vasetti  figg.  77  e  78, 
una  pisside  ed  iina  specie  di  cyathus,  il  priino  dei  quali  presenta 


m 


Fig.  76. 


anche  ornamenU  inusitati,  perö  non  estranei  al  geometrico  greco, 
cioe  r  elica  (ovvia  negli  aryballoi  corinzii)  e  le  clepsidre,  o  piene 
0  tratteggiate. 

Nota  Sulla  kylix  a  fascie  n.  e  r.  lipo  fig.  52.  Dei  vasi  greci 
il  tipo  che  si  ripete  cou  maggior  frequenza  nei  sepolcri  dei  IV  pe- 
riodo  e  quello  della  kylix  a  fascie  n.  e  r.  Di  mediocri  dimensioni, 
con  diametri  di  13  a  14  cm.,  con  strozzatura  al  labbro,  piede  rosso, 
gambo  non  sviluppato,  fasciata  in  nero  nella  raetii  inferiore,  mentre 
la  superiore  conserva  il  rosso  corallino  della  creta,  interrotto  sol- 
tanto  da  im  filetto,  tale  tipo  monotono  e  costante  si  ebbe  a  diecine 


362  s.  ORSi 

di  eseniplaii  a  Lioodia,  allo  Scifazzo,  a  Vizzini,  al  Conventazzo  ed 
altrove;  da  eio  arguisco  che  fosse  im  aiticolo  di  fabbrica  gradito, 
ricercato  e  di  mite  prezzo.  L'  identica  tazza  appare  con  minor  fre- 
mienza  uelle  necropoli  greche  di  Megara  e  di  Siracusa ;  in  questa  su 
circa  500  sepolcri,  se  ne  ebbero  soli  quattro  esemplari  (n.  152,  179, 
197,  353),  associati  in  diie  con  vasi  corinzii,  in  uno  con  oggetti 
insiguiticauti;  a  Megara  su  quasi  1000  sep.,  14  contenevano  cosi 
fatte  tazze,  e  va  notato  che  in  due  soli  casi  erano  associate  a  leky- 
thoi  attiche  di  stile  nero  rigido,  in  tutti  gli  altri  a  vasellame  co- 
rinzio.  Ciö  per  noi  ha  uua  doppia  siguificazione,  cronologica  e  tecnica. 


'-T-'V^i 


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-^ 

-.  •■■4,; 

^^ 

Fig.  77. 


Fig.  78. 


La  costante  associazione  colla  ceramica  cor,  sviluppata  ed  eccezio- 
nahuente  colla  attica  n.  rigida  denota  che  tali  vasi  datano  in  circa 
dalla  seconda  metä  del  sec.  VII  alla  metä  del  VI  (620-550  circa). 
Con  tale  apprezzamento  coincidono  altri  dati ;  questa  forma  (Furt- 
waengler  170)  e  assolutamente  la  piü  antica  delle  tazze  attiche, 
porta  assai  di  rado  rappresentanze,  e  nei  pochi  casi  esse  sono  di 
uno  Stile  molto  arcaico  (Berlino  n.  1753-55;  Walters  Brit.  Mu- 
seum vol.  II.  B.  379) ;  e  in  somma  il  tipo  che  precede  e  prepara 
la  caratteristica  tazza  dei  «  Kleinmeister »  della  metä  del  sec.  VI, 
distinta  dalla  nostra,  oltre  che  per  dimensioni  e  decorazione,  per  l'alto 
e  sottil  gambo  che  la  sorregge.  Questo  per  la  cronologia. 

Cerchiamone  ora,  se  e  possibile,  la  fabbrica.  Fino  a  pochi  anni 
addietro  sotto  la  vaga  determinazione  di  attico  si  comprendevano 
l)arecchie  serie  di  vasi  a  f.  n.,  che  ora  meglio  studiati  e  raggrup- 
pati  vengono  riferiti  ad  altre  fabbriche.  Furono  sopratutto  le  sco- 


I,K    NKCROrOLI    DI    LICODIA    ElUEA  363 

perte  asiatiche,  appena  iniziate,  clie  giä  hanno  portato  inia  mezza 
rivoluzioue  iiella  classiticazione  degli  stili  postmiceiiei,  ed  in  segiiito 
ad  esse  anclic  il  materiale  delle  necropoli  siceliote  dovrä  essere 
sottoposto  ad  una  revisione.  Ora  gli  scavi  del  Roehlau  nella  necro- 
poli di  Samos  (')  ci  apprendono  che  lo  stesso  lipo  di  tazza,  assieme 
a  molto  materiale  vascolare  congenere,  6  uscito  in  buon  nuniero  dai 
sepolcri  dell' antica  eittii  ionica;  ed  egli  piiittosto  che  attica  viiole 
che  ionica  sia  la  fabbrica,  considerando  specialmente  come  il  ma- 
teriale attico  sia  in  Samos  relativamente  scarbo.  lo  trovo  di  ade- 
rire  a  tale  opinione,  perche  anche  nelle  necropoli  piü  arcaiche  della 
Sicilia  la  importazione  attica  e  preceduta  da  quella  di  materiale 
corinzio  ed  ionico,  il  quäle  ultimo  si  afterma  oltre  che  nella  cera- 
mica  vascolare  nelle  terrecotte  plastiche.  Vasi  genuinameute  attici 
pervennero  anche  ai  Siculi,  ma  in  minor  quantitä  ed  in  un  momento 
posteriore  cioe  alla  fine  del  sec.  VI. 

Caratteri  del  geometrico  Siculo.  Esso  trae  la  sua  origine  dalla 
tine  del  III  periodo,  perocche  nelle  tombe  piü  antiche  di  questo, 
e  nel  II,  i  decoratori  vascolari,  che  poi  erano  i  vasai  stessi,  ado- 
peravano  la  tecnica  a  punta,  oppure  una  tinta  monocroma  a  stralu- 
cido;  i  vasi  micenei.  introdotti  in  quantitä  limitata  ed  in  pochis- 
simi  scali  della  costa  Orientale  (sin  qui  sono  accertati  soltanto  a 
Siracusa  e  Thapsos)  non  determinarono  alcun  movimento  d'  imita- 
zione  nella  decorazione  cromica;  tu  solo  nel  sec.  VIII,  forse  anche 
alcuni  lustri  prima  dell'  impianto  delle  piü  antiche  colonie,  che 
r  introduzione  di  vasi  geometrici  greci,  diffusi  tra  i  Siculi  montani, 
diede  il  primo  impulso  ad  imitarne  cosi  la  forma,  come  la  deco- 
razione. Questa  evoluzione  della  ceramica  locale  sotto  1'  azione  di 
quella  greca  prende  un  movimento  piü  deciso  ed  accelerato  nel 
sec.  VII,  tanto  che  in  questo  e  nel  seguente  la  facies  del  vasel- 
lame  siculo  e  completamente  cambiata  e  1'  antica  ceramica  acroma 
e  rozza  scompare  per  intero.  L'  associazione  dei  vasi  geometrici  a 
copertura  bianca  con  vasi  greci,  dello  stile  geometrico,  corinzio  e 
nero,  con  bronzi,  argenterie  e  tibule  greche  arcaiche,  la  quasi  asso- 
luta  raancanza  di  vasi  di  stile  rosso,  dimostrano  con  sufficiente 
esattezza  in  quäle  epoca  sia  sorto  questo  nuovo  stile  locale,  quanto 
abbia  durato,  quando  siasi  estinto. 

(^j  Buehlau  Am  ionischen  und  italischen  Nekropolen  ia.\-.  VII.  21  e  24; 
pag.  150. 


364  p.  oRsi 

II  geometrico  siciilo  nasce  e  si  svihippa  dal  geometrico  greco, 
ed  ha  molteplici  attinenze  col  ciprioto;  alle  forme  greclie  esso  resta 
costantemsüte  ligio  ed  attaccato.  Assai  meiio  libero  del  geometrico 
deir  Italia  meridionale,  che  sorto  in  ambiente  piu  propizio,  ebbe 
diversitä  di  origine  e  di  sviluppo,  ed  impiilsi  proprii  (').  meno  libero 
del  geometrico  dell'  Etruria,  che  pedissequo  dapprima  alle  forme 
greche  (-),  si  svolse  poi  con  molta  indipendenza  di  forme  vasco- 
lari  come  di  disegno,  il  geometrico  siciilo  rimase  per  oltre  a  due 
secoli  immobile  e  cristallizzato,  nel  suo  angusto  repertorio  di  forme 
lineari.  seuza  muovere  uq  solo  passo  in  avanti;  nou  seppe  trar 
partito  di  elemeuti  vegetali,  uon  osö  la  figura  animale ;  ne  quella 
umana.  Ne  a  ciö  gli  maucavaiio  gli  esenipi,  perche  vasi  corinzii  ed 
attici,  sia  pure  di  qualitä  scadeate,  arrivavano  anche  in  mezzo  ai 
Siculi  montani,  e  ne  dan  prova  le  necropoli  di  Hybla  Heraea  e 
di  Licodia.  E  qui  sta  appunto  1' inferioritä  del  geometrico  siciilo; 
monotona,  immobile,  incapace  di  progresso  coi  primi  lustri  del 
sec.  V  la  ceramica  siciila  scompare  interamente,  cedendo  il  posto 
a  quella  greca,  che  ha  invaso  tutti  i  mercati  barbarici  dell'  isola. 
Almeno  nello  stato  attuale  delle  ricerche  archeologiche  credo  che 
dopo  tale  epoca  non  sia  piü  il  caso  di  parlare  di  vasi  siculi  e  di 
una  civiltä  specificamente  sicnla,  avendo  la  ceramica  e  la  civiltä 
greca  profondamente  compenetrato  1' ambiente  locale,  pur  non  riu- 
scendo  a  cambiarne  la  lingua,  ma  solo  a  grecizzarlo,  non  a  farlo  greco. 

VII.  II  quarto  periodo  Siculo. 

E  appunto  lo  studio  della  ceramica  geometrica  locale,  che  di 
necessitk  ci  ha  condotti  a  costituire   un   nuovo   periodo  di  civiltä 

C)  II  Patron!  Monum.  antichi  dei  Lincei  VI  p.  386  e  segi^.  ha  forse  im 
])o'  caricata  la  influeiiza  della  decorazione  micenea  nelle  origini  dello  stile 
messapico,  il  quäle  e  pero  cosa  afFatto  diversa  dal  geometrico  siculo. 

('■')  E  sorprendente  la  affinitä  tra  alcuni  nei  nostri  vasi  geometrici  ed  altri 
d<,'ir  Etruria  delle  tombe  a  fossa  (Barnabei,  Antichitn  del  territorio  falisco  I 
flg.  125,  137-140)  se  non  per  la  forma,  per  la  tecnica  del  colore  e  per  la  de- 
corazione, dovuta,  in  parte  almeno,  alle  stesse  cause  efficienti,  ciot;  all'  im- 
portazione  protogreca,  e  forse  anche  cipriota  (Milani  Museo  topografico  del- 
V  Etruria  p.  80).  Del  resto  questa  dell'azione  cipriota  cos'i  in  Sicilia  come 
in  Etruria  resta  anci-ra  un  punto  alquanto  nebuloso,  che  avrebbe  bisogno  di 
una  ricerca  miiiuta  e  bene  approfondita. 


I.K    NKrKf'l'ÜI.I    I>I    MCOÜIA.    KIHEA  365 

insulare,  di  cui  il  vasellame  costituisce  la  caratteristica  piü  saliente 
e  precipua.  Gli  addentellati  di  questa  Duova  fase.  ora  per  la  prima 
volta  ricouosciuta,  colla  precedente  rappresentata  nel  modo  il  piü 
completo  dal  Finocchito,  furono  piii  volle  indicati  nel  corso  di 
qiiesta  memoria.  Qiii  poi  la  ricerca  archeologica  interviene  in  aiuto 
della  storia;  e  malgrado  manchi  ancora  una  storia  critica  dei  Siciili 
dope  la  coijquista  greca,  sappiamo  che  le  tribü  costiere,  indipen- 
denti  sino  alla  tine  del  sec.  VIII,  espiilse  dallo  marine  e  ritiratesi 
nei  monti,  andarono  a  rintbrzare  quelle  che  da  un  tempo  vi  abi- 
tavano;  sono  questi  Siculi  montani  che  dal  700  in  poi  lottano  coi 
Greci,  contendono  loro  il  paese,  ma  tiniscono  per  diventare,  se  non 
sudditi  assoluti,  vjn]xooi,  tributari.  Ma  piü  che  alla  potenza  mili- 
tare  greca  essi  cedono  alla  conquista  della  greca  civiltä;  Licodia 
ci  dimostni  quäle  trasforraazione  abbia  subito  non  il  rito  funebre, 
limasto  pressocche  invariato,  ma  il  lipo  dei  sepolcri,  ed  il  gusto 
neir ornamento  della  persona;  la  suppellettile  decorativa  e  tutta 
greca,  greca  la  ceramica  migliore,  imitante  11  geometrico  greco  la 
ceramica  indigena.  E  ima  coudizione  di  cose  che  dura  dalla  fiue  del 
sec.  VIII  alla  prima  metä  del  V,  e  della  quäle  non  vi  e  il  piü 
piccolo  ricordo  negli  scrittori  greci,  che  dei  Siculi  parlano  solo 
quando  si  tratti  di  guerre  o  di  alleanze ;  e  una  riflessione  del  pro- 
cesso  lento  ma  continuo  di  ellenizzazione  dell'  ambiente  e  del  co- 
stume  dei  Siculi,  i  quali  in  una  sola  cosa  pare  sieno  rimasti 
refrattarii,  cioe  nella  liugua  e  nella  grafia.  II  greco  fu  certamente 
accettato  e  conosciuto  dalle  classi  colte  ed  adottato  nelle  relazioni 
politiche  colle  grandi  cittä  elleniche;  prova  ne  sia  che  al  prin- 
cipio  del  sec.  V  appariscono  le  prime  litre  d'  argento.  emesse  da 
cittä  sicule,  ma  con  leggenda  greca;  invece  non  abbiamo  potuto 
rintracciare  sin  qui  il  piü  piccolo  monumento  della  liugua  di  questo 
popolo,  lingua  che  si  crederebbe  refrattaria  alla  traduzione  in  segni 
grafici,  se  durata  in  uso  per  tauti  secoli,  lino  alla  conquista  romana, 
non  venne  mai  consegnata  in  un  monumento  epigrafico  qualsiasi. 
La  simmachia  sicula  costituita  da  Ducezio  poco  dopo  il  459, 
la  lotta  nazionale  da  lui  guidata  contro  Siracusa  ed  A^risrento, 
malgrado  1'  esito  infelice,  sono  1'  unica  solenne  aft'ermazione  poli- 
tica  di  questo  popolo  oscuro  e  senza  storia,  la  cui  umile  civiltä 
indigena,  rivendicata  dall'archeologia,  appare  tin  dalle  sue  remote 
fasi  soggetta  ad  iufluenze  transmarine,  poi  a  quelle  egeo-miceuee. 


366  P.    ORSI,    LE    NEGROPOLI    ÜI    LICODIA.    EUBEA 

piü  tardo  all'  azione  greca  dei  pieni  tempi  storici,  che  finisce  per 
attrarla  nella  sua  orbita  ed  assorbirla  completamente.  E,  credo.  col 
secolo  V,  che  la  civiltä  sicula  perde  1'  ultima  traccia  di  indipen- 
denza,  per  grecizzarsi  completamente. 

Confidö  che  gli  archeologi  apprezzerauno  questo  primo  teüta- 
tivo  di  sintesi  della  ceramica  geometrica  sicula,  lin  qiii  piü  che 
negletta,  oscura  e  sconosciuta ;  eppiire  essa  meritava  di  essere  stu- 
diata,  se  non  per  la  bellezza  e  varietä  delle  forme,  per  ciö  che  essa 
rimane  nel  raggio  d'  influenza  del  geometrico  greco  da  cid  emana. 
Storicamente  poi  essa  rappresenta  un  episodio  evidente  della  con- 
qiiista  della  Sicilia  sicula  per  opera  della  civiltä  greca.  Resterä 
ancora  a  studiare  il  prodotto  di  nuovi  scavi,  ad  esumare  il  mate- 
riale  disperse  e  nascosto  in  collezioni  italiane  ed  estere,  ma  ho  fede 
di  aver  gettato  con  esattezza  le  linee  cronologiche,  basandomi  non 
SU  pezzi  sporadici  ed  incerti,  ma  sul  prodotto  di  scavi  sistematici 
e  SU  esatte  osservazioni. 

Siracusa,  10  agosto  1898.  P.  Orsi. 

Nota.  Finita  la  stampa  della  presente  memoria,  mi  capitö  tra 
raano  im  opuscoletto  di  Em.  Sinatra :  Echella  in  Oceiila  (estr.  dal 
Giornale  Letterario  di  Palermo  n.  236,  a.  1842);  alla  pag.  11 
si  dice  che  nelle  fonti  arabe  viene  menzionato  un  «  casale  di  Eu- 
biah  »  posto  vicino  a  Mineo  e  ad  Hilcetlah,  che  sarebbe  Echetla. 
L'  autore  non  cita  affatto  la  fönte  cui  attinse,  e  la  sua  notizia  sa- 
rebbe di  molto  valore  per  la  topografia  antica,  anzi  contrariamente 
a  quanto  ho  sopra  esposto,  rivendicherebbe  la  identificazione  di 
Licodia  con  Euboia. 

Conviene  perö  procedere  con  somma  circospezione,  sapcndosi 
come  prima  dell'  Amari  la  storia  degli  Arabi  di  Sicilia  fosse  in 
buona  parte  basata  su  fonti  spurie,  o  interamente  inventate,  o  pes- 
simamente  lette;  veggasi  perciö  lo  stesso  Amari,  Storia  dei  Ma- 
SiUriiani  di  Sicilia,  vol.  I,  p.  X  e  segg.  Avendo  esaminato  tutti 
i  buoni  testi  arabi,  non  che  la  citata  opera  fondamentale,  non  vi 
ho  trovato  affatto  menzione  di  questo  Eubiah.  sieche  devo  credere 
che  il  Sinatra  abbia  attinto  a  qualche  fönte  spuria,  forse  al  fal- 
sario  Vella,  e  per  ciö  la  sua  notizia  non  ha  valore  di  sorta. 

P.  0. 


PANTELLEKIA. 


Die  ersten  kurzen  Nachrichten  über  die  Altertümer  der  Insel 
Pantelleria  verdanken  wir  G.  dalla  Rosa('),  der  dieselbe  im  Jahre 
1870  besuchte.  Vier  Jahre  darauf  wurde  von  Seiten  der  Commis- 
sione  di  antichita  e  belle  arti  di  Sicilia  eine  archäologische  Expe- 
dition dorthin  unternommen,  deren  Resultate  von  Cavallari  (-)  ver- 
öffentlicht wurden.  Später  untersuchte  G.  Vayssie  abermals  die 
prähistorischen  Grabbauten  der  Insel  und  berichtete  hierüber  1894 
in  der  (mir  nicht  zugänglichen)  Revue  Tuniüenne  (^).  Auf  dies 
hin  wm-de  von  der  italienischen  Regierung  der  Direktor  des  ar- 
chäologischen Museums  in  Syrakus  Paolo  Orsi  mit  einer  wissen- 
schaftlichen Mission  nach  der  Insel  betraut,  der  zu  Ende  des 
Jahres  1894  vierzig  Tag  dort  verweilte  und  besonders  die  prähi- 
storischen Altertümer  eingehend  erforschte.  Ich  habe  im  Mai  und 
Juni  des  Jahres  1897  während  meiner  dreiwöchentlichen  Anwe- 
senheit auf  Pantelleria  die  Altertümer  in  den  verschiedenen  Teilen 
des  Landes  von  neuem  untersucht  und  teile  hier  meine  Beobach- 
tungen mit,  nachdem  Orsi  bisher  nicht  mehr  als  eine  kurze 
vorläufige  Anzeige  veröffentlicht  hat  (^).  Herrn  Dr.  Orsi  und  Herrn 
Dr.  Giuseppe  Errera  in  Pantelleria,  die  mir  in  entgegenkommend- 
ster Weise  mit  Rat  und  That  behilflich  waren,  sei  hier  der  ge- 
bührende Dank  ausgesprochen. 

(1)  Abitazioni  deWepoca  della  pietra  nelVisola  Pantellaria.  Parma  1871. 
15  S.  mit  Tafel  (mir  nicht  zugänglich)  und  una  gitaalVisoladi  Pantellaria 
im  Archivio  per  V  anlropoloc/ia  IL  (1872)  S.  138-150  mit  Abbildungen,  vgl. 
Materiaux  pour  Vhistoire  primitive  de  Vhoinme  1873  S.  117  f.  mit  J5/.  XII. 

(2)  BulUttino  della  commissione  di  antichita  e  belle  arti  di  Sicilia 
Nr.  7.  Parte  prima.  Scavi  e  scoperte  1874.  S.  23-32  mit  Taf.  VI-XI. 

(3)  S.  104  if. 

{*)  In  den  Notizie  degli  scavi  1895  S.  240. 


3tit< 


A.    MAVll 


Die  Insel  Pantelleiia.  von  den  Phöuiziuru  u;"'i'K,  von  den 
Griechen  und  Römern  KoaaiQo^,  KoaavQu,  Cossura  genannt,  liegt 
in  der  siciliscben  Meeresstrasse,  etwa  in  der  Mitte  zwischen  Afrika 
und  Sicilien.  Sie  hat  länglich  runde  Gestalt,  ist  bei  einer  grössten 
Breite  von  etwa  8  Kilometern  ungefähr  14  Kilometer  lang  und 
zählt  gegenwärtig  etwas  über  7000  Einwohner.  Ihre  Lage  ist  eine 


/nsei  Panie/icrca 


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■■■S.aiU2..'3. 


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KCoheÜ    .$  l 

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Fig.  1. 


ausserordentlich  günstige.  Pantelleria  ist  der  natürliche  Anlege- 
platz bei  der  Ueberfahrt  von  dem  westlichen  Sicilien  nach  Afrika ; 
der  Kurs  fast  aller  Schitfe,  die  vom  westlichen  Mittelmeerbecken 
oder  von  Tunis  aus  nach  Osten  fahren,  führt  an  dieser  Insel  vorbei. 
Aber  das  Meer  in  dieser  Gegend  ist  ausserordentlich  stiü-misch 
und  brandet  mit  einer  im  Mittelmeer  seltenen  Heftigkeit  auch 
in  der  besseren  Jahreszeit,  gegen  die  felsigen  Ufer.  Die  Küste  ist 
rauh  und  steil,  an  vielen  Stellen  senkrecht  in  das  Meer  abgebro- 
clien.  Die    kleinen    Landungsplätze,  meist    nur    für   Fischerkähne 


PANTEI.rERIA  369 

i^eeignet,  sind  in  der  Regel  auch  vom  Lande  aus  schwer  zugäng- 
lich; nur  an  der  Nordwestspitze  der  Insel  befindet  sich  ein  für 
kleinere  Schiffe  geeigneter  Hafen.  Rauh  und  schwer  zugänglich  ist 
auch  das  Jnuere.  Die  Insel  ist  ganz  aus  vulkanischen  Massen  auf- 
gebaut und  besteht  aus  einem  bis  886  m.  ansteigenden  Central- 
gebirge,  der  Moatagaa  Grande,  um  das  sich  niedrigere  Bergkegel 
gruppieren.  Zahlreich  sind  die  erloschenen  Krater ;  von  den  schrof- 
fen Abhängen  der  ehemaligen  Vulkane  ziehen  sich  hier  und  dort, 
niedrigen  Höhenrücken  vergleichbar,  die  steilen  Massen  erstarrter 
Lavaströme  zum  Meere  hin.  Die  anbaufähigen  Thäler  nnd  Ebenen 
haben  beschränkten  Umfang.  Nur  im  nordwestlichen  Teil  der  Insel 
sind  grössere  gegen  das  Meer  zu  geneigte  ebene  Strecken,  wo  trotz 
des  völligen  Mangels  an  Quellen  und  des  spärlichen  Regens  üp- 
pige Fruchtbarkeit  herrscht.  Ausser  etwas  Getreide  und  Wein 
bilden  Rosinen  heutzutage  das  wichtigste  Erzeugniss  der  Insel. 
Auf  den  Höhen  trifft  man  immer  noch  einige  nicht  unbedeutende 
Bestände  von  Pinien  und  Oliven  neben  grösseren  mit  Buschwerk 
bewachsenen  Strecken.  Die  Vulkane  von  Pantelleria  sind  zwar 
jetzt  alle  erloschen,  doch  äussert  sicli  die  vulkanische  Kraft  nocli 
in  Dampfausströmungen  und  warmen  Quellen  und  hat  noch  im 
Jahre  1891  zu  einer  submarinen  Eruption  in  der  Nähe  der  heu- 
tigen Stadt  Pantelleria  geführt. 

Die  ältesten  Spuren  der  Bevölkerung  von  Pantelleria  haben 
sich  im  nordwestlichen  Teil  der  Insel  erhalten,  im  wilden  Lavafeld 
der  Cimelien,  das  sich  von  dem  Vulkan  Gelkhamar  aus  1-1  i  Ki- 
lometer weit  bis  zum  Meer  erstreckt.  Es  ist  eine  äusserst  rauhe, 
zum  Anbau  fast  völlig  ungeeignete  Felsenlandschaft,  erfüllt  von 
seltsam  geformten  schwarzglänzenden  Obsidianfelsen.  Gegen  das 
Meer  zu  fällt  das  Land  in  einer  Höhe  von  20-30  m.  steil  ab, 
seine  äusserste  Spitze  wird  durch  den  Absturz  der  schwarzen  Felsen 
von  Capo  Fram  gebildet. 

Am  nordwestlichen  Endpunkt  dieses  Gebietes  tritt  zwischen 
zwei  kleinen  Buchten  ein  Plateau  in  das  Meer  vor.  Es  fällt  schroff' 
etwa  25  m.  gegen  das  Meer,  steil  auch  im  Norden  zur  Ebene  von 
Mursia  ab,  während  es  im  Süden  durch  eine  kleine  Thalsenkunsf, 
die  von  der  einen  dieser  Buchten  {Calci  dell'Älca)  landeinwärts 
zieht,  vom  übrigen  Teil  der  Cimelien  getrennt  wird.  Dies  ist  der 
Platz,  den  die  ältesten  Bewohner  der  Insel  zu  ihrer  Zufluchtsstätte 

•24 


370 


MAYR 


auserseheo  hatten  (').  Ei-  bedurfte  uur  im  Osten,  wo  übrigens  durch 
die  Rauheit  des  mit  Lavablöcken  übersäten  Terrains  der  Zu^-ani' 
erschwert  war,  einer  künstlichen  Befestigung.  Diese  wurde  durcli 
«inen  gewaltigen  Steinwall  hergestellt,  der  hier  nach  der  Land- 
:*eite  zu  das  Plateau  abschloss.  Doch  waren  auch  die    von  Natur 


.'ißese     ßa.um-^e^    \ 

Fig.  2. 


soo  nt 


weniger  gesicherten  Teile  der  Südseite  und  der  Nordseite  in  ähnli- 
cher Weise  geschützt.  Die  so  begrenzte  Fläche,  welche  leicht  gegen 
das  Meer  zu  geneigt  ist,  misst  nicht  ganz  200  m.  in  der  Länge 
und  etwa  80  m.  in  ihrer  grössten  Breite.  Sie  wird  gegenwärtig 
in    der  Richtung    von  Norden    nach    Süden  von    einem  Fusssteig 


C)  8.  iinsere  nach  iler  Karte  des  ital.  htituto  topografico  müitare  lici- 
gestellte  Skizze  Fig.  2. 


l'ANTEI.r.KItIA  p,71 

durchschnitten,  dessen  Aufgang  von  Norden  her  im  Altertum  wohl 
den  einzigen  Zugang  /u  dieser  Festung   gebildet  hat.  Am  besten 
erhalten  und  am  grossartigsten  angelegt  ist  der  Wall  auf  der  Ost- 
seite, wo  er    in  einer  etwas  gekrümmten  Linie  verläuft.  Auf   der 
Aussenseite  hat  er  eine  sehr  starke  Böschung.  Nach  Cavallari,  der 
zuerst  diese  Befestigung  untersucht  hat('),  betrügt  seine  gegenwär- 
tige Höhe  15  m.,  seine  Dicke  im  obersten  Teil  etwa  6,50,  m.  die 
Dicke  an  der  Basis  etwa  10  m.  Man  bemerkt   deutlich,  dass  der 
Wall  auf  seiner  Aussenseite  in  einzelne  Abschnitte  gegliedert  ist, 
welche  in  der  Form  von  sehr  flachen  Kreisbögen  vorspl-ingen.  Auf 
der  Ostseite  unterscheidet  man  5  solcher  Abschnitte   von  5-18  m. 
Sehnenlänge.  Die  Nordostecke  der  Befestigung  ist  schlecht  erhalten. 
Der  Wall  war  hier  in  einer  Kundung  umgebogen  und  setzte  sich 
auf  der  Nordseite    des  Plateaus   über  den  hier  steil    abfallenden 
Felsen  noch  eine  Strecke  weit  fort,  ursprünglich  wohl  bis  zu  dem 
Punkte,  wo  der  heutige  Saumweg  die  Anhöhe  erreicht.  Der  Wall 
ist  hier  weniger  gut  erhalten  und  war  bei  der  natürlichen  Sicher- 
heit dieser  Seite    von   vornherein    von  geringerer  Mächtigkeit.  In 
ähnlicher  Weise  war   die  Südseite    des  Plateaus    in    ihrem  östli- 
chen Teil  bis  zum  Terrainabfall  über  der  Calci  dell'Alca  geschützt. 
Auch  bei    diesen  Teilen    des  Walles  lassen  sich  einzelne    bogen- 
förmige Abschnitte  in  der  Aussenseite  wahrnehmen.  Die  Südostecke 
der  Umwallung  war    durch    einen    halbkreisförmigen    turmartigen 
Vorsprung  gebildet,  der  in  seinem  unteren  Teil  noch  wohl  sichtbar 
ist  und    einen  Durchmesser  von   etwa    10  m.  hat.  Derjenige  Teil 
des  Plateaus,  welcher  von   dem  beschriebenen  Wall    umschlossen 
ist,  ist  der  höchstgelegene  und  war  wohl  der  wichtigste  Platz  in 
der   ganzen    Befestigung.  Dagegen  ist    es  ungewiss,  ob  auch    die 
untere  Hälfte  des  Plateaus,  die  zum  grössten  Teil  steil  in  das  Meer 
abstürzt,  durch  Mauern  oder  Wälle  befestigt  war.  Die  Bucht  Cala 
(Idl'Alca,  die  nur  kleinen   Booten  Schutz  und  Landungsstelle  ge- 
währt, war  in  die  Befestigung  nicht  miteinbezogen  worden. 

Das  bei  dem  W^alle  verwendete  Material  besteht  aus  Obsi- 
dianblöcken  von  geringen  Dimensionen,  wie  man  sie  in  grosser 
Menge  überall  in  dieser  Gegend  herumliegen  sieht.  Mau  hat  sie, 

(0  A.  a.  0.  S.  28  f;  auf  Tafel  XI  gibt  Cavallari  eine  Ciesaimutausicht 
des  östlichen  und  (zum  grössten  Teile  auch)  des  südlichen  Teils  vom  Walle. 


372  A.     MAYK 

ohne  sie  zu  bearbeiten,  und  ohne  irgend  ein  Bindemittel  zu  ge- 
brauchen, aufeinander  geschichtet.  Während  auf  der  Innenseite 
dieser  Wälle,  soviel  man  jetzt  sieht,  die  Steine  ganz  ordnungslos 
aufgehäuft  sind,  hat  man  die  Aussenseito  in  sehr  sorgfältiger 
Weise  konstruiert.  Jeder  der  bogen tVirm igen  Abschnitte,  welche  die 
Aussenseite  bilden,  besteht  aus  mehreren  Steinmänteln  von  ge- 
ringer Dicke,  welche  einander  ursprünglich  vollständig  umschlossen. 


An  den  zerstörten  Stellen  bemerkt  man.  dass  nicht  nur  die  äussere, 
sondern  auch  die  darunter  befindlichen  Steinschichtungen  ihre  be- 
sondere Fassade  hatten.  Die  Steine  sind  hier  meist  so  gelegt,  dass 
sie  eine  verhältnissmässig  ebene  Fläche  nach  aussen  kehren ;  sie 
passen  ziemlich  genau  aufeinander;  grössere  Lücken  sind  durch 
kleine  Steine  ausgefüllt.  Bei  der  Leichtigkeit  des  Materials  ist 
die  Festigkeit  der  Fügung  besonders  bemerkenswert.  Auf  das 
Bestreben,  der  Aussenseite  des  Walles  möglichst  grosse  Festigkeit 
zu  geben,  wird  man  es  wohl  auch  zurückführen  müssen,  wenn  man 


I'ANTEM.KUIA  373 

diese  in  eiiizi-hieu  bogenförmigen  Abschnitten  statt  in  fortlaufender 
Linie  angelegt  hat  ('). 

Im  Innern  der  beschriebenen  Befestigung  bemerkte  Cavallari 
Steine,  die  in  einer  gewissen  Ordnung  gestellt  waren,  und  ihm 
Reste  von  den  Grundmauern  eines  Gebäudes  zu  sein  schienen. 
Orsi  hat  innerhalb  der  Umwallung  Ausgrabungen  veranstaltet  und 
hieböi  die  Reste  von  in  roher  Weise  gebauten  Wohnungen  {tracce 
di  capanne  in  rozza  muratiira)  nebst  zahlreichen  bearbeiteten 
Obsidiansplittern,  bearbeiteten  Knochen,  vielen  Bruchstücken  von 
groben  Thongefässen  gefunden. 

Von  der  Höhe  dieser  Wälle  sieht  man  aus  der  Felswildnis 
der  Cimelien  niedrigen,  runden  Türmen  vergleichbar  die  Sesi 
aufragen.  Diese  eigentümlichen  Monumente  finden  sich,  teils  einzeln, 
teils  in  Gruppen,  im  ganzen  westlichen  Teil  der  Cimelien.  Die 
nördlichsten  trifft  man  bereits  in  geringer  Entfernung  östlich  von 
der  Befestigimg,  die  südlichsten  sah  ich  da,  wo  der  heutige  Saumweg 
nahe  der  Küste  aus  den  Cimelien  in  die  Strandebene  von  Suvachi 
hinabführt.  Cavallari  fand  nur  zwischen  der  Befestigung  und  dem 
Capo  Frara  22  Sesi,  Orsi  gibt  ihre  Zahl  auf  50  an.  Doch  be- 
schränken sich  diese  Bauwerke  auf  die  Gegend  der  Cimelien;  in 
anderen  Teilen  der  Insel  konnten  sie  bisher  nicht  festgestellt 
werden  (-).  Auf  diese  Monumente  wurde  zuerst  von  G.  dalla  Rosa 
die  Aufmerksamkeit  gelenkt,  der  im  IL  Band  des  Arehivio  j^er 
l'AntrojJologia  e  l'Elnologia  in  kleinem  Massstab  die  Abbildungen 
und  Grundrisse  von  29  Sesi  gibt,  welche  freilich  zum  grössten  Teil 
nicht  durch  ihn  selbst  untersucht  wurden.  Eingehender  hat  sich  mit 
den  Sesi  Cavallari  beschäftigt,  dessen  Angaben  hier  durch  weitere 
an  Ort  und  Stelle  gemachte  Beobachtungen  ergänzt  werden  sollen. 
Ich  richtete  mein  Augenmerk  zunächst  auf  den  grössten  aller 
Sesi,  den  etwa  300  m.  in  südöstlicher  Richtung  von  der  Befe- 
stigung   entfernten   Sese   grande(^).  Er  hat    das  Aussehen    eines 

(')  S.  Fig.  3  die  Ansicht  des  östliciien  Teils  vom  Befestigungswall 
(Aussenseite). 

(2)  Ueber  die  Lage  der  Sesi  vgl.  die  Kartenskizze  bei  Cavallari  a.  a. 
0.  Taf.  III  u.  Carta  topografica  delV  isola  di  Pantelleria  alla  scala  di  1:10000 
Blatt  I  {Istituto  topogr.  miliiare). 

P)  Photographien  der  Ost-und  der  Westeite  dieses  Seso  bei  Cavallari  a- 
a.  0.  Taf.  IX  u.  X;  die  Ostseite  gibt  unsere  Photographie  Fig.  4. 


:}74 


>!AYK 


massigen  Kegels.  Auf  alleu  Seiten  steigt  er  i:i  leichter  Böschung 
an;  ungefähr  nach  dem  ersten  Drittel  der  ganzen  Höhe  tritt  die 
Fassade  um  etwa  '/g  m.  zurück,  so  dass  eine  ringsherumlaufende 
schmale  Plattform  entsteht,  die  etwa  einem  Treppenabsatz  gleicht. 
Ungefähr  einen  Meter  über  dieser  Terrasse  befindet  sicii  eine 
zweite  von  derselben  Art.  Von  da  ab  wird  die  Böschung  der  Aus- 
senwand  eine  stärkere,  indem  sich  der  Sese  allmählich  nach  oben 


l-'lG    4. 


zuwölbt.  Der  oberste  Teil  ist  zwar  nicht  erhalten,  doch  hat  os 
den  Anschein,  als  ob  dieser  in  Form  einer  Kuppe  abgeschlossen 
gewesen  wäre.  Die  Aufbauten,  die  man  gegenwärtig  auf  dem  Gipfel 
sieht,  sind  modern  und  rühren  von  Hirten  her.  Im  untersten  Teil 
des  Sese  öffnen  sich  rundherum  kurze  Gänge,  die  man  nur  krie- 
chend passieren  kann.  Diese  führen  in  kleine  runde  Kammern, 
welche  durch  eine  Art  Wölbung  überdeckt  sind  und  untereinander 
in  keiner  Weise  in  Verbindung  stehen.  Nach  Cavallaris  Angaben 
sollen  sich  diese  Eingänge  auf  drei  Etagen  verteilen,  welche  durch 
die    schmalen    herumlaufenden  Terrassen  (reschieden  würden,  und 


l'A.NTI'l  I-l:;i{lA  375 

zwar  soll  nach  seiner  Darstellung  der  unterste  Teil  des  Gebäudes 
unmittelbar  über  der  Erde  9,  der  mittlere  5.  der  oberste  3  Ein- 
gänge und  Gemächer  enthalten.  Dem  ist  aber,  wie  eine  genauere 
Betrachtung  des  Denkmals  lehrt,  nicht  so.  Die  Eingänge  offnen 
sich  alle  teils  unmittelbar  vom  Felsboden  aus,  teils  in  geringer 
Höhe  über  demselben.  Allerdings  liegen  sie  nicht  alle  auf  dem- 
selben Niveau;  aber  diese  Niveauunterschiede,  welche  in  der  Une- 
benheit des  Felsbodens  ihren  Grund  haben  mögen,  sind  nicht  der- 
art, dass  man  von  verschiedenen  Etagen  reden  kann:  insbesondere 
muss  hervorgehoben  werden,  dass  alle  Eingangsötfnuugen  unterhalb 
der  ersten  Plattform  sich  befinden.  Solcher  Eingänge  können  11 
gezählt  werden.  Die  Kammern,  welche  alle  in  ihrem  Grundriss 
rund,  aber  meist  nicht  regelmässig  kreisförmig  sind,  haben  einen 
grössten  Durchmesser  von  etwa  2  m,;  in  der  Mitte  derselben  kann 
ein  Mensch  zur  Not  aufrecht  stehen  (').  Auf  der  Westseite  des 
Sese  sieht  man  noch  deutlich,  dass  derselbe  hier  auf  einem  brei- 
teren, gleichfalls  runden  Unterbau  ruht;  die  Eingänge  ört'nen  sich 
hier  nicht  auf  den  Boden,  sondern  auf  eine  1-2  m.  breite  Ter- 
rasse, welche  sich  teilweise  bis  1,70  m.  über  den  natürlichen 
Felsboden  erhebt. 

Abgesehen  von  den  Gängen  und  Kammern  ist  der  Sese  voll- 
kommen massiv  und  besteht  im  Innern  aus  regellos  geschichteten 
Obsidianblöcken.  Nach  aussen  zu  hat  mau  dieser  Steinmasse  eine 
Fassade  gegeben,  welche  ebenso  wie  bei  dem  benachbarten  Befesti- 
gungswall gebildet  war.  Auch  hier  besteht  sie  aus  unbearbeiteten, 
ohne  Bindemittel,  aber  sorgfältig  aneinander  gefügten  Steinen,  welche 
in  ihrem  Zusammenschluss  eine  gleichmässige  Fläche  herstellen. 
Dies  ist  der  eigentliche  Kern  des  Bauwerks;  er  ist  von  einem 
0,90  m.  dicken  Steinmantel  umhüllt,  dessen  in  derselben  Weise 
gebildete  Aussenseite  die  eigentliche  Fassade  des  Sese  darstellt. 
Bei  den  Eingangsöffnungen  und  Gängen  waren  grössere  und  regel- 
mässigere,  aber  gleichfalls  nicht  bearbeitete  Steine  verwendet.  Die 

(1)  Es  finden  siih  indes  in  den  Dimensionen  dieser  Räume  kleinere  Ver- 
schiedenheiten. Cavallari  giht  für  diesen  Sese  folgende  Masse:  im  untersten 
Teil  22  m.  im  Durchmesser;  die  grüsste  Breite  der  sich  nach  oben  zu  etwas 
verengenden  Eingänge  beträgt  0,75  ni.,  ihre  Höhe  1,10  m.  Ein  Gang,  den  C. 
gemessen  hat,  ist  3,70  m.  lang;  bei  der  dazu  gehörigen  Kammer  beträgt  der 
grössere  Durchmesser  2  m.,  der  kleinere  l,7i*  m.,  die  gröbste  Höhe  etwa  2  m. 


376 


A.    MAVR 


Decke  der  Gänge  bildea  platten  förmige  St3iDe.  welche  horizontal 
über  die  etwas  einander  zugeneigten  Wände  gelegt  sind.  Die 
Kammern  sind  in  der  Regel  durch  eine  Art  von  Gewölbe  über- 
deckt, das  durch  übereinander  vorkragende  Steine  gebildet  ist. 
Indess  iat  ein  bestimmtes  Svatem  bei  dieser  überaus  rohen  Gewöl- 
bekonstruktion nicht  erkennbar;  man  hat  die  Steine  in  ganz  unre- 


Fir,.  5 


gelmässiger  und  zufälliger  Weise  aufeinander  gelegt  und  unter  sich 
verkeilt  ('). 

Ausser  dem  Sese  grande  konnte  ich  nur  noch  eine  geringe 
Anzahl  von  Sesi  genauer  untersuchen.  Im  allgemeinen  hat  offenbar 
Cavallari  recht,  wenn  er  behauptet,  dass  bei  allen  Sesi  die  Konstruk- 
tionsweise dii  gleiche  ist,  und  der  Hauptunterschied  zwischen  den 


(')  Ansicht  eines  solchen  Gewölbes  bei  Cavallari  a.  a.  0.  Taf.  VI  Fig.  2; 
Joch  ist  die  Lagerung  der  Steine  in  Wirklichkeit  viel  unregelmässiger;  man 
kann  keine  einzelnen  Lagen  von  Steinen  unterscheiden.  Auf  Taf.  VI  auch 
I'lan  und  Durchschnitte  einer  Kammer  mit  Gangr. 


l'ANTKI.I.I  KIA 


377 


einzelnen  in  der  verschiedenen  Grösse  und  der  daraus  sich  ergeben- 
den grösseren  oder  geringeren  Zahl  der  Gänge  und  Kammern  be- 
steht. Immerhin  kommen  auch  sonst  kleinere  Verschiedenheiten 
vor.  Nur  noch  bei  einem  einzigen  ziemlich  grossen  Sese  sah  ich 
das  Massiv  gebildet  durch  einen  innern  Steinkern  und  darum 
gelegte  Steinmäntel;  bei  kleineren  Sesi  konnte  ich  von  letzteren 
nichts  wahrnehmen.  Auch  trifft  man  die  kleine  Plattform  über  den 
p]ingängen  nicht  bei  allen  an.  In  den  Dimensionen  der  Kammern 


Fig.  i! 


und  Gänge  finden  sich  gleichfalls  zwischen  grösseren  und  kleineren 
Sesi  nicht  ganz   unerhebliche   Unterschiede  (').   Aber  überall  be- 

(')  Bei  einem  der  grösscTen  Sesi  (s.  Photographie  Fig.  5)  mass  ich 
eine  Höhe  von  etwas  über  4  iii.  Er  hat  vier  (noch  sichtbare)  Eingänge.  Ein 
<jiang  ist  hier  3,50  m.  lang,  0,65  m.  breit,  1,20  in.  hoch;  der  grösste  Durch- 
messer der  dazu  gehörigen  elliptischen  Kammer  misst  2,50  m.,  der  kleinste 
1,90  m.,  die  grösste  Höhe  derselben  2,30  m.  Einer  von  den  kleinsten  Sesi 
(s.  Photographie  Fig.  6)  hat  noch  eine  Höhe  von  etwa  2,50  m.  Von  seinen 
5  Eingängen  ist  einer  1  m.  lang  und  0,00-70  m.  hoch,  die  dazu  gehörige 
Kammer  hat  einen  Durchmesser  von  1,50-1,65  m.  und  eine  grösste  Höhe 
von  etwa  1,45  m.  Dieser  Sese  hat  einen  etwa  0,50  m.  hohen  Unterbau 
der  um  etwa  0,60  m.  auf  allen  Seiten  unter  demselben  vorspringt  und  so 
eine  ebenso  breite  Terrasse  bildet,  aufweiche  die  Gänge  ausmünden.  Bei  einem 
anderen  kleinen  Sese  hat  ein  Gemach  nur  einen  Durchmesser  von  1,40  ra. 
Cavallari  bemerkt,  dass  die  Sesi  oben  einen  altarähnlichen  Aufbau  hatten: 
ich  konnte  nirgends  etwas  davon  bemerken. 


378  A-     MAYK 

merkte  ich,  dass  die  Eingäuge  und  Kamnieiü  im  untersteD  Teil 
des  Sese  ihre  Stelle  haben ;  das  gleiche  ersieht  man  auch  aus  den 
Abbildungen.  ^Yelche  dalla  Rosa  gibt.  Nirgends  befinden  sie  sich 
in  verschiedenen  Etagen  übereinander.  Die  Abbildungen  bei  dalla 
Rosa  lehren,  dass  viele  Sesi  auf  einem  breiteren  niedrigen  Unterbau 
errichtet  sind,  der  gleichfalls  rund  ist.  und  der  ollenbar  dazu  diente, 
die  Unebenheiten  des  Felsbodens  auszugleichen.  Die  Gänge  öffnen 
sich  in  diesem  Fall  erst  auf  der  Höhe  dieses  Unterbaues,  dessen 
Oberfläche  eine  ringsherumlaufeude  schmale  Plattform  bildet.  Den 
oberen  Teil  fand  ich  bei  keinem  Sese  erhalten.  Es  scheint  aber  zwei- 
fellos, dass  er  in  der  Form  einer  flachen  Kuppel  endigte. 

Dalla  Rosa  hatte  die  Sesi  für  Wohnungen  erklärt;  aber  die 
geringen  Dimensionen  der  isolierten  Kammern  und  der  Mangel  an 
Licht  und  Luft  in  denselben  schienen  schon  Cavallari  dafür  zu 
sprechen,  dass  dieselben  ursprünglich  zu  Grabstätten  gedient  hätten. 
Den  sicheren  Beweis,  dass  in  den  Sesi  Grabanlagen  zu  erblicken 
sind,  hat  Orsi  (')  erbracht,  der  in  einem  dieser  Monumente  noch  eine 
Kammer  in  unberührtem  Zustande  und  darin  ein  Skelett  und  Thon- 
gefässe  vorfand.  Die  Frage,  wie  die  Leichen  beigesetzt  wurden, 
lässt  sich  mit  dem  vorliegenden  Material  noch  nicht  entscheiden; 
indes  ist  es  bei  der  geringen  Grösse  einiger  Kammern  nicht  ganz 
wahrscheinlich,  dass  die  Leichen  in  der  natürlichen  liegenden 
Stellung  bestattet  wurden.  Nachdem  die  Bestimmung  der  Sesi  er- 
wiesen ist,  erklärt  sich  ihre  Herstellung  auf  einfache  Weise.  Ueber 
den  rundlichen  mit  niederen  Zugängen  versehenen  Grabkammern 
hat  man,  offenbar  um  für  die  Toten  ein  Mal  aufzurichten,  einen 
mehr  oder  weniger  hohen  Steinhaufen  getürmt,  ebenso  wie  man  in 
anderen  Ländern  den  veränderten  Bodenverhältnissen  entsprechend 
einen  Erdhügel  über  dem  Grabe  aufwarf.  Um  dieser  aus  sehr  leichtem 
Material  bestehenden  Steinmasse  Halt  und  Festigkeit  zu  verleihen, 
hat  man  ihr  dann  eine  sorgfältig  konstruierte  Fassade  gegeben. 

In  der  prähistorischen  Ansiedlung.  welche  der  Befestigungswall 
umschloss,  sowie  in  einigen  Sesi  sind  von  Orsi  Gefässüberreste  ge- 
funden worden,  welche  durch  ihn  ins  ]\Iuseum  von  Syrakus  gelangt 
sind.  Diese  Gegenstände  sind  noch  nicht  veröffentlicht  und  sollen 
hier  nur  kurze  Erwähnung  finden.  De:  röthlicli  braune  Thon.  aus 


n 


{'j  Xollzle  deijli  acavl  a.  a.  (). 


PAMKM.KUIA  871' 

dem  sie  gefertigt  siud,  ist  in  dei-  Regel  sehr  grob  und  stark  mit 
fremden  Bestandteilen  vermischt.  Von  Anwendung  der  Töpfer- 
scheibe bemerkt  mau  keine  Spur.  Die  Technik  ist  eine  ziemlich 
rolle.  Die  wenigen  Gefässe,  die  sich  ganz  erhalten  haben,  kleine 
Tassen.  Schüsseln,  einhenklige  Kännchen,  ein  doppelhenkliger 
Krug,  zeigen  keine  besonders  charakteristischen  Formen.  Ornamen- 
tierung fehlt  fast  ganz  ;  in  einem  einzigen  Fall  sah  ich  auf  einem 
Scherben  ein  ganz  einfaches  Zickzackornament  eingraviert,  einige 
Male  beoierkt  mau  zwischen  den  Henkeln  oder  unter  dem  Gefäss- 
rand  warzenförmige  Vorsprünge,  die  gleichfalls  ornamentalen  Zweck 
gehabt  zu  haben  scheinen.  Ausser  diesen  üeberresten  von  Thonge- 
fässen  fanden  sich  noch  innerhalb  der  Befestigung  kleine  durchbohrte 
Thonkugeln  aus  Stein,  zugespitzte  Knochenstücke  und  eine  grössere 
Anzahl  von  Obsidianstücken  mit  Spuren  von  Bearbeitung,  so  Mes- 
ser, Splitter,  Nuclei,  von  denen  man  Stücke  abgesprengt  hatte. 
Die  Gegend  der  Cimelien  liefert  den  zu  Steinwerkzeugen  so  vor- 
züglich geeigneten  Obsidian  in  unerschöpHicher  Fülle.  In  der  Nähe 
von  Capo  Fr  am,  nicht  weit  südlich  von  der  Befestigung  entdeckte 
Orsi  eine  kleine  Werkstätte  von  solchen  Steinwerkzeugen,  auch  in 
der  Nähe  der  heutigen  Stadt  Pantelleria  wurden  einige  Stücke 
gefunden. 

Dalla  ßosa  erwähnt,  dass  auch  in  einem  Sese  ein  Steinmesser 
gefunden  worden  sei.  Indessen  bedarf  es  dieses  Umstandes  nicht, 
um  zu  erweisen,  dass  dieselbe  Bevölkerung,  auf  welche  der  grosse 
Befestigungswall  und  die  im  Innern  desselben  gemachten  Funde 
zurückzuführen  sind,  auch  die  benachbarten  Sesi  erbaut  hat.  Denn 
die  wenigen  Thongefässe,  Avelche  aus  den  letzteren  zu  Tage  gekommen 
sind,  gleichen  in  Thon,  Technik  und  zum  Teil  auch  in  der  Form 
ganz  den  innerhalb  der  Befestigung  ausgegrabenen;  ebenso  zeigt 
die  Art,  wie  an  der  Aussenseite  des  grossen  Befestigungswalls  die 
einzelnen  bogenförmigen  Abschnitte  aus  einander  umschliessenden 
Steinschichtungen  konstruiert  sind,  die  engsten  Beziehungen  zur 
Bauweise  der  Sesi. 

Die  bisher  beschriebenen  Bauwerke  und  sonstigen  Fundge- 
genstände gehören  offenbar  alle  derselben  Kultur,  welche  die  Merk- 
male der  jüngeren  Steinzeit  zeigt,  an.  Es  war  Pantelleria  in  sehr 
früher  Zeit  von  einer  Bevölkerung  bewohnt,  die  ihren  Hauptsitz 
in  dem  nordwestlichen  Teil  der  Insel  hatte,  die  die  Wälle,  hinter 


380  A.    MAYR 

deueii  sie  sich  schützte  und  die  Grabmäler,  in  denen  sie  ihre  Toten 
be.>tattete,  aus  unbearbeiteten  ohne  Bindemittel  geschichteten  Stei- 
nen auftürmte  und  sich  mit  Stein-  und  Knochenwerkzeugen  und 
ijrobem  Thonireschirr  behalf.  Zur  Zeit,  da  diese  Bevölkerung  auf 
Pantelleria  hauste,  scheinen  sich  die  jüngsten  Vulkane  der  Insel 
noch  in  voller  Thätigkeit  befunden  zu  haben ;  denn  man  hat  einen 
bearbeiteten  Übsidiansplitter  unter  den  Lapilli  der  kleinen  Vulkane 
Cuddie  Monti  gefunden  (').  Welches  Stammes  diese  Bevölke- 
ruuof  crewesen  ist,  lässt  sich  aus  dem   betrachteten  Material  noch 

OD  ' 

nicht  erkennen.  Man  hat  die  Sesi  bisher  in  der  Regel  mit  den 
Nuraghen  Sardiniens  und  den  Talayots  der  Balearen  zusammen- 
gestellt. Ebenso  wie  die  Sesi  sind  auch  die  Nuraghen  in  der  Regel 
aus  unbearbeiteten  Steinen  ohne  Verwendung  von  Mörtel  her- 
gestellt. Beide  haben  konische  Form;  beim  Nuragh  wie  beim  Sese 
führt  ein  Korridor  von  aussen  in  ein  rundes  überwölbtes  Gemach.  Der 
Eingang  in  diesen  Korridor,  der  mit  einem  architravartig  gelegten 
Stein  überdeckt  ist,  ist  hier  wie  dort  so  niedrig,  dass  man  ihn  nur 
kriechend  passieren  kann.  Aber  es  fehlt  auch  nicht  an  bedeutenden 
Unterschieden.  Die  Nuraghen  sind  meist  viel  höher ;  sie  enthalten 
nur  einen  Eingang  und  in  jedem  Stockwerk  nur  ein  einziges  grosses 
Geraach;  die  Innenräume  der  Sesi  sind  viel  kleiner;  meist  sind 
mehrere  auf  demselben  Niveau  neben  einander.  Der  obere  Teil  der 
Nuraghen  endigte,  wie  man  annehmen  muss,  in  einer  flachen  Terrasse, 
während  die  Sesi  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  oben  kuppeiförmig 
ab<;eschlossen  waren.  Die  Bauart  ist  bei  den  Sesi  eine  viel  rohere ; 
insbesondere  ist  die  Wölbung  in  den  Gemächern  bei  den  Nuraghen 
in  regelmässiger  Weise  durch  Ueberkragung,  bei  den  Sesi  durch 
eine  ganz  rohe  und  zufällige  Schichtung  der  Steine  gebildet. 
Immerhin  scheint  es  trotz  dieser  Verschiedenheiten,  welche  zum 
Teil  auch  in  der  verschiedenen  Bestimmung  der  verglichenen  Bauten 
ihren  Grund  haben  mögen,  dass  man  bei  Anlage  der  Sesi  und  der 
Nuraghen  im  allgemeinen  von  dem  gleichen  Prinzip  ausgegangen 
ist;  doch  reicht  dieser  Umstand  für  sich  allein  noch  nicht  hin,  um 
einen  ethnographischen  Zusammenhang  zwischen  den  Bewohnern 
von  Sardinien  und  Pantelleria  zu  begründen.  Es  fehlt  nicht  an 
Beziehungen  zu  Sizilien.  Dalla  Rosa  (-)  erwähnt  ein  Steinmesser  von 

(')  ßolletlino  del  R.  Comitato  Geolo(/ico  d'  Italia  1881  S.  550. 
(*)  Archivio  per  VAntropologia  II,  148. 


PANTELLERIA  381 

Pantelleria,  das  mit  den  in  den  Höhlen  bei  Trapani  gefundenen 
identisch  sei ;  in  den  Wohnstfitten  der  priihistoriscl\cn  Befestigung 
sammelte  Orsi  Reibsteine  aus  Quarzsandstein,  welche  sich  auch 
unter  den  Kesten  einer  prähistorischen  Ansiedlung  bei  Cannatello 
aus  Orsi's  erster  sikulischer  Periode  fanden  und  ollenbar  aus  Sizi- 
lien bezogen  waren  (').  Auch  Gegenstände  von  Thon  von  der  Gestalt 
eines  Hornes  und  verschiedene  Gefässüberreste,  die  gleichfalls  von 
der  prähistorischen  Befestigung  auf  Pantelleria  herrühren,  zeigen 
Beziehungen  zu  den  Fundstücken  aus  der  ersten  und  zweiten  siku- 
lischen  Periode.  Doch  kann  hieduich  nichts  Aveiter  als  ein  früher 
Verkehr  der  Einwohner  von  Pantelleria  mit  der  sizilischen  Küste 
bewiesen  Averden.  Die  Frage  nach  der  Herkunft  der  Urbevölke- 
rung von  Pantelleria  muss  nach  wie  vor  als  eine  offene  bezeichnet 
werden. 

Viele  .Jahrhunderte  trennen  diese  Kultur  von  den  übrigen 
Altertümern  von  Pantelleria,  die  nicht  über  die  punische  Periode 
zurückreichen.  Auch  diese  finden  sich  hauptsächlich  im  nordwestli- 
chen Teil  der  Insel.  Hier  beherrscht  der  Berg  S.  Elmo  (245  m.) 
die  zum  Meer  sich  abdachende  Ebene,  an  deren  Ende  der  einzige 
Hafen  der  Insel  sich  befindet.  Unmittelbar  an  die  Nordwestseite 
dieses  Berges  lehnen  sich,  kaum  1  72  Kilometer  vom  Hafen  ent- 
fernt, zwei  niedrige  kegelförmige  Hügel,  die  oben  zu  einer  klei- 
nen Terrasse  abgeplattet  sind.  Der  dem  Monte  S.  Elmo  zunächst 
liegende  Hügel  heisst  nach  der  darauf  befindlichen  ehemaligen 
Pulvermühle  der  Hügel  der  Polveriera  (130  m.),  der  andere  in 
nordwestlicher  Richtung  vor  ihm  liegende  der  Hügel  von  S.  Marco 
(127  m.).  Letzterer  erscheint  als  der  bedeutendere  infolge  seines 
grösseren  Umfanges  und  seiner  grösseren  relativen  Erhebung  über 
die  geneigte  Ebene.  Beide  Hügel  sind  miteinander  durch  eine 
längliche  Terrasse  von  ungefähr  115  m.  Höhe  verbunden.  Die  Ränder 
der  letzteren  zeigen  ebenso  wie  die  Abhänge  der  Hügel  selbst 
einen  starken  Abfall,  der  im  Altertum  jedenfalls  noch  unvermittel- 
ter war,  wie  heute,  wo  das  ganze  Terrain  von  terrassenartig  über- 
einander angelegten  Gärten  bedeckt  ist  (-). 

Cavallari  (3)  hat  die  antiken  Reste  auf  diesen  Hügeln  zuerst 

(>)  Orsi  im  liullettino  di  Paletnologia  XXIII  (1897i,   S.  114  und  117. 
(2)  S.  die  beigegebene  Plauskizze. 
P)  A.  a.  0.  S.  24  flf. 


:^^2 


M  \  Vl{ 


jjeuaiier  untersucht  und  sieht  in  ihnen  die  Akropolis  der  alten 
Stadt  Cossura.  Er  erwähnt  eine  Mauer  auf  der  Nordseite  des  Pol- 
verierahütjels  und  die  Ecke  eines  Turmes  auf  dessen  Südwestseite 
und  bemerkt  bezüglich  der  auf  dem  Hügel  von  S.  Marco  vorhan- 
denen Mauerreste,  dass  derselbe  ursprünglich  umgeben  war  von 
einer  doppelten  Reihe  von  in  spiralförmigen  Windungen  ansteigenden 


,An!lheJi.3uer MoJernerWeg    ■   //aus 

-/.  Th/veriei-a  ■  2.  CeiSä/^rrera  ■  5  Casa.  C<?jiso/o-  4:C3s2j&z/scdo. 

Fig.  7. 


Mauern,  an  deren  Seite  eine  Strasse  lief(').  Für  diese  Annahme 
liefern  die  gegenwärtig  erhaltenen  Ruinen  keinen  Anhaltspunkt. 
Allem  Anschein  nach  w^aren  die  Hügel  auf  eine  andere  Weise 
])•?  festigt. 

Die  Untersuchung  der   antiken    Mauern  ist  gegenwärtig  sehr 


(')  Prote.tta  (collina)  da  un  doppio  ordine  di  mura  ascendenti  a  spira 
che  la  circondavano,  fianchetjqiate  da  una  strada,  formando  un  raddoppiato 
xi^itema  di  fortiprazione. 


l'ANTEr.I.EUIA  383 

errfchwert.  weil  das  ganze  Terrain  auf  und  bei  den  Hügeln  zu  Kultur- 
zwecken terrassiert  ist;  so  finden  sich  auch  die  alten  Mauerreste  gegen- 
wärtig nur  noch  als  Stützmauern  der  Terrasseufelder.  Südlich  von  dem 
ehemaligen  Pulvermagazin,  das  die  obere  Fläche  des  Polverierahü- 
gels  heute  zum  grössten  Teil  einnimmt,  bemerkt  man  am  Fuss 
des  Hügels  zwei  antike  Mauern,  die  eine  wohl  erhaltene  Ecke 
bilden.  Die  eine  dieser  Mauern  verläuft  gegen  den  Felsen  der 
Anhöhe  und  hatte  keine  Fortsetzung,  die  andere  ist  in  nordwestli- 
cher Richtung  eine  kurze  Strecke  sichtbar  und  tritt  nachher  auf 
4-5  m.  tieferem  Niveau  in  derselben  Richtung  wieder  auf,  wo  sie 
an  einer  Stelle  noch  bis  zu  :i  Lagen  erhalten  ist.  Sie  begleitet  zum 
Teil  in  schwachen  Spuren  den  Fuss  der  zwischen  den  beiden  Hü- 
geln befindlichen  Terrasse,  dann  bricht  sie  ab,  lässt  sich  aber  gleich 
darauf  in  gänzlich  veränderter  Richtung  wieder  nachweisen.  Sie 
führt  hier  nach  NNO  gegen  den  Fuss  des  Hügels  von  S.  Marco  zu, 
um  dessen  West-  und  Nordseite  sich  auf  wenig  höherem  Niveau 
mehrere  allerdings  nicht  zusammenhängende  Reste  antiker  Mauern 
linden.  Zu  den  besterhaltenen  gehören  zwei  Mauerzüge  im  Nord- 
westen von  8,60  m.  und  9,60  m.  Länge,  die  noch  bis  zu  4  bez. 
5  Lagen  erhalten  sind  und  an  ihrem  einen  Ende  mit  einer  gegen 
den  Berg  zurückspringenden  Mauer  eine  Ecke  bilden.  Weitere 
Mauerzüge,  bis  zu  3  und  4  Lagen  erhalten,  finden  sich  längs  dem 
Nordostabfall  des  zwischen  den  Hügeln  befindlichen  Plateaus. 

Alle  diese  Mauerreste  sind  aus  demselben  dunkelgrauen,  leicht 
verwitternden  Stein  gebaut,  sie  gleichen  sich  in  Bearbeitung,  Fü- 
gung und  Grösse  des  verwendeten  Materials.  In  ihrer  Gesammtheit 
betrachtet  bilden  sie  eine  gegenwärtig  allerdings  vielfach  unterbro- 
chene Ringmauer,  w^elche  den  unteren  Teil  der  Hügel  sammt  dem 
zwischen  ihnen  liegenden  Plateau  umschloss.  Eine  Strecke  im  Süden 
der  Polveriera,  die  durch  den  schroft'en  Absturz  der  Felsen  geschützt 
war,  scheint  ohne  Mauer  geblieben  zu  sein.  Diese  Mauerreste  ste- 


o^ 


hen  zum  grössten  Teil  ungefähr  auf  demselben  Niveau.  Verschie- 
denlieiten  erklären  sich  hinreichend  aus  den  Unregelmässigkeiten 
des  abschüssigen  Terrains,  an  dessen  Biegungen  sich  die  Mauer 
ziemlich  genau  angeschlossen  hat. 

Neben  dieser  gemeinsamen,  das  ganze  Hügelgebiet  umschliessen- 
den  Mauer  hatte  jeder  der  beiden  Hügel  eine  besondere  Befestigung, 
die  gleichfalls  in  einer  Ringmauer  bestanden   zu    haben   scheint. 


384 


A.    MAYR 


Unmittelbar  unter  tler  obersten  Terrasse  des  Polverierahügels 
sieht  man  einige  Meter  über  der  erwähnten  Maiierecke.  die  sich  am 
Südfiisse  des  Hügels  befindet,  zwei  gleichfalls  eine  Ecke  bildende 
Mauerzüge,  deren  einer  noch  in  einer  Länge  von  etwa  10  m.  und 
teilweise  in  einer  Höhe  von  4  Lagen  erhalten  ist.  Ebenso  bemerkt 
man  unter  der  obersten  Plattform  des  Hügels  von  S.  Marco  zwei 
etwa  12  m.  lange,  bis  zu  o  und  5  Lagen  erhaltene  Mauerzügo. 
von  welchen  der  eine  am  Westabhaug  (').  der  andere  am  Südost- 
abhang des  Hügels  hiulänft. 


Fig.  8 


Bei  allen  diesen  Mauern  sind  rechtwinklig  behaueue  Blöcke 
in  horizontalen  durchgehenden  Lagen  ohne  Bindemittel  in  regel- 
mässiger Weise  geschichtet.  Die  Quadern  sind  an  Kanten  und 
Aussenseiten  meist  etwas  flüchtig  behandelt :  sie  bilden  Lagen  von 
durchschnittlich  O..')!)  m.  Höhe.  In  der  Regel  sind  sie  ziemlich 
gross,  doch  gehören  Steine  von  über  1,0  m.  Länge  zu  den  grösse- 
ren. Die  Art  der  Bearbeitung  ist  nicht  überall  die  gleiche :  eine 
ganz  genaue  Fügung  und  glatte  Bearbeitung  der  Aussenseite  wei- 
sen die  eben  erwähnten  Mauern  vom  obersten  Teile  des  Hügels 
von  S.  Marco  auf  (-).   Oefter   springt   von  einer  den   Abhang  des 


(')  Üiese  Mauer  ibt  abgebildet  bei  Cavallari  a.  a.  <>.  Tat".  VII. 
(*)  S.  Photooraphie  Xr.  V,  Fig:.  8. 


PANTELLKRIA 


38-^ 


Bercfes  entlansr  ziehenden  Mauer  ein  anderer  Mauerteil  in  rechtem 
Winckel  gegen  den  Berg  zu  zurück.  So  sind  zahlreiche  Ecken  ge- 
bildet, die  wohl  auch  zu  Vertheidigungszwecken  gedient  haben.  Ob 
sie  aber  zu  Türmen  ausgebaut  waren,  wie  Cavallari  in  einem 
Falle  annimmt,  lässt  sich  nicht  mehr  feststellen. 

Innerhalb  der  Ringmauer  linden  sich  wenig  antike  Baureste. 
Am  Xordfuss  des  Polverierahügels  sieht  man  unter  der  Casa  Fer- 
rera  hinter  einem  noch  erhaltenen  Stück  der  Ringmauer  einen  1(3  m. 
langen  Mauerzug,  den  Cavallari  gleichfalls  zu  den  Befestigungen 
der  Hügel  rechnet.  Doch  deuten  die  Kleinheit  der  Quadern,  ihre 


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Ctstörrzu     vn     co/rtrjc/.a    /CAa/rr.irts. 
Fig.  9. 


ei>T:0.3o<f 


ungleiche  Höhe  und  ihre  wenig  sorgfältige  Fügung  darauf  hin, 
dass  die  Mauer  einen  andern  Zweck  hatte.  Ausserdem  trifft  mau 
auf  den  Hügeln  noch  zahlreiche  antike  Zisternen,  die  alle  von  der- 
selben Bauart  sind.  Diese  Zisternen,  welche  man  auch  in  den  übri- 
gen Teilen  der  Insel  findet,  haben  länglich  ovalen  Grundriss ;  ihre 
Langseiten  laufen  parallel  zueinander;  an  den  beiden  schmalen 
Enden  sind  sie  zugerundet.  Ein  schönes  Beispiel  von  diesem  Zi- 
sternentypus fand  ich  in  der  Gegend  Khamma  ('),  Diese  Zisterne 
(Fig.  9)  ist  zwar  nur  mehr  in  der  einen  Hälfte  ihrer  Länge 
erhalten,  lässt  aber  so  ihre  eigentümliche  Konstruktion  desto  besser 

(')  Plan  und  Durchschnitte  dieser  und  einer  in    der    Gegend    Bugebre 
erhaltenen  ähnlichen  Zisterne  beistehend. 


25 


386  A.    MAYR 

erkeunen.  Die  Wände  sind  aus  sorgfältig  bearbeiteten,  nicht  über 
0,oO  111.  langen  Quadern,  zwischen  deren  Fugen  man  Kalkmörtel 
bemerkt,  gebaut.  Die  wohlgefügten  Steine  liegen  in  horizontalen 
Lagen  von  fast  gleicher  Höhe  (20-24  cm.).  Bis  zu  einer  Höhe  von 
2  Meter  sind  die  Wände  vertikal :  von  da  ab  verengen  sich  die  einzel- 
nen Lagen  und  kragen  gegen  das  Innere  vor,  bis  sie  oben  nur  mehr 
einen  30-50  cm.  breiten  Streifen  freilassen,  der  mit  rechtwinklig 
bearbeiteten  platten  förmigen  Steinen  tiberdeckt  ist.  Die  Kanten  der 
überkragenden  Steine  sind  abgeschrägt,  so  dass  im  oberen  Teil 
der  Wände  eine  gleichförmige  schiefe  Fläche  entsteht.  Die  Wände 
tragen  einen  dicken  Bewurf  von  Kalkmörtel  mit  eingestreuten  Zie- 
gelbröckchen. 

Zwischen  den  vielen  Zisternen  dieser  Art  bestehen  wesentliche 
unterschiede  nur  hinsichtlich  ihrer  Grösse.  Cavallari  mass  eine 
solche  von  12,50  m.  Länge.  3  m.  Breite,  3,50  m.  Tiefe.  Von 
solchen  Massen  an  beobachtete  ich  Abstufungen  bis  zu  2  m.  Länge, 
1,50  m.  Breite  und  1,70  m.  Tiefe.  Bald  sind  sie  mit  mehr  oder 
■weniger  Sorgfalt  gebaut,  bisweilen  sind  die  Steine  unbearbeitet, 
mitunter  fehlt  der  Mörtel  zwischen  denselben.  Hie  und  da  sind 
diese  Zisternen  ganz  oder  teilweise  in  den  Felsen  eingeschnitten, 
aber  die  Grundform  ist  immer  dieselbe.  Statt  des  oben  erwähnten 
Bewurfs  findet  sich  oft  ein  anderer,  der  aus  Kalk  mit  Beimischung 
von  vulkanischem  Sand  besteht.  Ueber  den  ersten  groben  Bewurf 
ist  oft  noch  feinerer  Verputz  gebreitet.  Einmal  hat  sich  auch  das 
runde  Schöpfloch  in  einer  der  Deckplatten  ausgeschnitten  erhalten. 

Diese  Zisternen,  jetzt  meist  ausser  Gebrauch  und  teilweise 
zerstört,  weichen  in  ihrer  Bauart  ganz  von  den  gegenwärtig  auf 
Pantelleria  üblichen  ab,  finden  sich  oft  in  weiter  Entfernung  von 
den  heutigen  Wohnstätten  und  treten  nirgends  so  oft  auf,  wie  im 
Bereich  der  Hügel  von  S.  Marco  und  Polveriera,  wo  auch  sonst 
antike  Ueberreste  häufig  sind.  Hier  waren,  soweit  der  Raum  inner- 
halb der  Ringmauer  in  Betracht  kommt,  solche  Zisternen  auf  den 
Plattformen  beider  Hügel  erbaut;  zwei  besonders  grosse,  jetzt  in 
Viehställe  umgewandelt,  sind  unter  dem  gegenwärtig  auf  der  Höhe 
des  Hügels  von  S.  Marco  stehenden  Hause  erhalten ;  andere  bege- 
gnen auf  dem  Westabhang  des  Polverierahügels,  sowie  am  Nord- 
und  Westabhang  des  Hügels  von  S.  Marco.  Viele  mögen  unter  den 
modernen  Anlagen  verschwunden  sein. 


PANTEI.I.KKIA  ,3g7 

Von  diesen  Zisternen  stammen  gewiss  viele  erst  aus  römischer 
Zeit;  besonders  deutet  die  Verwendung  des  mit  gestossenen  Zie- 
gelstückchen vermischten  Kalkmörtelbewurfs  darauf  hin ;  aber  an- 
dererseits weicht  die  durch  IJeberkragung  hergestellte  gewölbear- 
tige Konstruktion  des  oberen  Teiles  und  die  Plattenbedeckung  von 
der  römischen  Uebung,  welche  in  diesem  Fall  Gussmauerwerk  und 
Tonneugewölbe  zu  verwenden  liebt,  entschieden  ab.  Freilich  eignete 
sich  letztere  Bauweise  auch  nicht  für  diese  Insel,  auf  der  es  an 
Kalk  völlig  fehlt.  Doch  wird  man  nicht  fehlgehen,  wenn  man  in 
diesen  Zisternen  den  Ausdruck  einer  schon  in  vorrömischer  Zeit 
auf  der  Insel  üblichen  Bauart  sieht,  und  es  ist  wohl  nicht  zufällig, 
wenn  die  punischen  Zisternen  innerhalb  der  altkarthagischen  Ne- 
kropole  von  Dommes(')  mit  denen  von  Pantelleria  manche  Aehn- 
lichkeit  zeigen.  Bei  den  karthagischen  Zisternen  bestehen  die  Wände, 
entsprechend  dem  lehmigen  Boden,  in  dem  sie  angelegt  sind,  aus 
kleinen  Steinen,  die  durch  reichlich  dazwischen  gelegten  Lehm  ver- 
bunden sind;  auch  sind  sie  von  oben  bis  unten  gleichmässig  ver- 
tikal; aber  in  Karthago  wie  in  Pantelleria  haben  die  Zisternen  den 
gleichen  ovalen  Grimdriss,  grosse  Länge  bei  verhältnissmässig  sehr 
geringer  Breite  und  dieselbe  Bedeckung  durch  horizontal  gelegte 
Platten. 

Ausser  den  beschriebenen  Mauern  und  Zisternen  ist  innerhalb 
der  Ringmauer  nichts  von  antiken  Gebäulichkeiten  übrig  geblie- 
ben. Nur  Stücke  von  römischem  Kalkmörtelestrich,  Wandverputz 
und  einfachen  Mosaikböden  sieht  man  zahlreich  überall  auf  den 
Feldmauern  liegen  (-).  Auch  ausserhalb  der  Mauer,  Avelche  die  bei- 
den Hügel  umgab,  linden  sich  zahlreiche  Spuren  des  Altertums. 
Am  Nordabhang  des  Hügels  von  S.  Marco  trifft  man  teils  in  der 
Nähe  der  Mauer,  teils  weiter  unten  mehrere  Zisternen,  fast  alle 
von  der  oben  beschriebenen  Art.  Hier  haben  sich  also  wohl  Wohn- 
stätten befunden  und  ebenso  auch  im  Westen  und  im  Süden  des 
Hügels,  wo  man  gleichfalls  ausserhalb   der   Ringmauer  die  Reste 

(1)  Delattre,  La  NScropole  punique  de  Dou'imH.  Feuilles  de  1895  et 
1896.  Paris  1897  S.  21  f.  Diese  punischen  Zisternen  sind  in  der  Regel  4  m. 
lang  und  1  m.  breit. 

(2)  Aus  römischer  Zeit  sah  ich  noch  den  Rest  einer  kanneliierten  Säule 
aus  Lava  und  einen  mit  Löwenfüssen  verzierten  Tischfuss  aus  Kalkstein  von 
guter  Arbeit. 


388  A.     M.VM< 

aotiker  ZisttTDeu  j.ieht.  üai^egen  war  der  ganze  Raum  südlich  von 
der  zwischen  den  Hügeln  befindlichen  Terrasse  und  dem  Polveriera- 
hügel  von  antiken  Gräbern  eingenommen.  Im  Norden  dieses  Hü- 
gels, seeen  die  heutige  Strasse  zu,  scheinen,  nach  dem  Vorkommen 
von  antiken  Zisternen  zu  schliessen,  wieder  Wohnstätten  gewesen 
zu  sein,  aber  weiterhin  in  der  Nähe  der  Häuser  Salsedo,  Pavia, 
Consolo  bis  zu  der  weiter  unten  zu  nennenden  lluine  S.  Basilio 
hin  fand  Cavallari,  und  finden  sich  auch  jetzt  noch  zahlreiche 
Spuren  von  antiken  Gräbern,  daneben  aber  auch  Anzeichen  von 
Wohnstätten,  wie  antike  Zisternen  oder  Mühlsteine. 

Welcher  Art  diese  Gräber  gewesen  sind,  ist  nicht  genau  be- 
kannt. Nach  Cavallari,  der  hauptsächlich  im  Osten  des  Hügels 
von  S.  Marco  gegraben  hat,  hatten  dieselben  keine  Sarkophage 
oder  einen  besonderen  Schutz,  sondern  waren  einfach  in  den  Fur- 
chen des  vulkanischen  Felsbodens  geborgen.  Die  Gräber  um  die 
Hügel  enthielten  zum  Teil  Aschengefässe  von  ausgesprochen  puni- 
schen  Formen  (').  Sehr  zahlreich  begegnet  man  kleinen  Urnen  aus 
Kalkstein  von  der  Gestalt  kleiner  Sarkophage  mit  giebelförmig 
gestaltetem,  an  den  Ecken  mit  akroterienartigen  Aufsätzen  versehe- 
nem Deckel  ohne  jede  Ornamentierung  und  Inschrift.  Das  Mate- 
rial war  von  auswärts  bezogen,  ausnahmsweise  war  einheimische 
Lava  verwendet  (-).  Wenn  schon  diese  Urnenform  in  der  ganzen 
römischen  Welt  vorkommt,  so  trifft  man  sie  auch  oft  in  den  pu- 
nischen  Nekropolen  Afrikas  (^);  auch  in  den  jüngeren  Gräbern  der 
punischen  Neki-opole  von  Saint  Louis  hat  man  sie  gefunden. 

Die  einzige  Ruine  im  weiteren  Umkreis  der  Hügel,  die  von 
einem  Wohngebäude  lierzurühren  scheint,  liegt  in  der  Gegend 
S.  Basilio,  300  m.  in  nordöstlicher  Richtung  von  dem  Hügel  der 
Polveriera  entfernt.  Die  schon  vor  längerer  Zeit  ausgegrabene  und 
seitdem  noch  weiter  zerstörte  Ruine  lässt  noch  einen  9-11  m.  langen, 
«5  72-8  Vä  m.  breiten  Raum  von  der  Gestalt  eines  unregelraässigen 
Vierecks  erkennen,  der  offenbar  das  Souterrain  des  Gebäudes  bil- 
dete. Der  Fussboden  desselben  liegt  etwa  2,(30  m.  unter  dem  Ni- 
veau der  umgebenden  Felder;  bis  zu  dieser  Höhe  sind  die  Wände. 


(»)  S.  XX. 

(*)  Diese  Urnen  sind  30-40  cm.  lang,  20-30  cm.  breit. 

(^)  Mus^e  de  Constantine  S.  38  f.;  vgl.  Mus^e  de  Cherchel  S.  37  f. 


l'ANTEI.I.KIUA  389 

die  zum  Teil  diircli  den  natürlichen  Fels  gebildet  sind,  noch  ei- 
halten.  In  der  Mitte  der  nordwestlichen  Seite  betrat  man  den  Raum 
durch  eine  1,06  m.  weite  Thüre,  zu  der  von  aussen  jetzt  nicht 
mehr  sichtbare  Stufen  herabführten.  Links  und  rechts  davon  ötf'nen 
sich  in  der  gleichen  Wand  kleinere  Eingänge  in  jetzt  verschüttete 
Gemächer  (');  zwei  weitere  (-)  bemerkt  man  in  zwei  anderen  Wän- 
den. Durch  Zwischenmauern  soll,  wie  man  bei  der  Ausgrabung  be- 
merkt haben  will,  der  ganze  Raum  ursprünglich  in  kleinere  Ab- 
teilungen zerfallen  sein,  welch  letztere  meistens  miteinander  in  Ver- 
bindung standen.  Von  einer  solchen  Mauer,  welche  das  ganze  iu 
eine  grössere  nördliciie  und  in  eine  kleinere  südliche  Hälfte  schied, 
ist  noch  der  Ansatz  vorhanden.  Die  nördliche  Hälfte,  in  die  man 
durch  den  Haupteingang  trat,  hatte,  soweit  sich  dies  verfolgen  lässt. 
Füllmauern,  die  im  Innern  aus  Erde  und  kleinen  Steinen  bestehen, 
während  die  Wandtlächen  überall  durcli  kleine  Quadern  von  un- 
gleicher Höhe  und  Länge  gebildet  sind.  Die  Wände  trugen  ursprüng- 
lich Mörtelbewurf  mit  rotem  Verputz.  In  der  südlichen  Hälfte,  die 
aber  sicher  derselben  Zeit  angehört,  bestehen  die  Wände,  soweit 
sie  nicht  durch  den  natürlichen  Fels  gebildet  sind,  aus  fast  ganz 
unbearbeiteten  Steinen.  Die  Thüren  haben  als  Thtirstin-z  einen 
länglichen  Quader.  Ein  Bruchstück  von  einem  kleinen  Gesims  aus 
Stuck,  das  sich  in  dem  z.  T.  wohl  auch  von  den  oberen  Partien 
der  Ruine  herrührenden  Schutt  fand,  zeigt  römische  Formen. 
Wahrscheinlich  gehören  auch  die  noch  erhaltenen  Mauern  in  rö- 
mische Zeit,  trotzdem  man  nirgends  Kalkmörtel  zur  Verbindung 
der  Steine  verwendet  tindet. 

Auf  den  Hügeln  Polveriera  und  S.  Marco  ist  der  Hauptort 
der  Insel,  die  einzige  Stadt  derselben,  welche  gleichfalls  den  Na- 
men Cossura  führte,  zu  suchen.  Cavallari  erklärt  die  Hügel  für  die 
Akropolis  der  alten  Stadt  und  sucht  diese  selbst  an  der  Stelle  der 
heutigen  Stadt  beim  Hafen.  Aber  es  möchte  befremdlich  erscheinen, 
wenn,  wie  man  in  diesem  Fall  annehmen  müsste,  die  sicher  sehr 
kleine  Stadt  mindestens  einen  Kilometer  von  ihrer  Burg  entfernt 

(')  Di-'  eine  dieser  Thüren  ist  0,60  m.  weit  und  1,70  m.  hoch;  die  andere 
nur  wenig  über  einen  Meter  hocli. 

(2)  Einer  von  diesen,  im  östlichen  Teil  des  Gebäudes,  ist  bei  0,80  in. 
lireite  nur  1  in.  hoch  und  kann  daher  nicht  in  einen  bewohnten  Kaum  ge- 
führt haben. 


391}  A.    MAVR 

gewesen  wäre.  Auch  haben  sich  an  der  Stelle  der  heutigen  Stadt, 
soviel  bekannt  geworden  ist,  nur  wenig  antike  Spuren  gefunden. 
Viel  eher  wird  man  in  den  Hügeln  S.  Marco  und  Polveriera  selbst, 
soweit  sie  von  der  oben  nachgewiesenen  Ringmauer  umschlossen 
waren,  die  Stelle  der  antiken  Stadt  erkennen.  Wenn  dieselbe  in 
dieser  Ausdehnung  nur  eine  Länge  von  ungefähr  250  m.  bei  einer 
Breite  von  etwa  100  m.  in  der  Luftlinie  hatte,  so  ist  dies  um  so 
weniger  zu  verwundern,  als  aucli  Polyb.  III  96  den  Hauptort  der 
Insel  nur  als  -Städtchen-  {nohaitäiioy)  bezeichnet.  Die  Wohn- 
.<<tätten  waren  freilich  nicht  auf  den  ummauerten  Platz  beschränkt. 
Abgesehen  von  einer  Nekropole,  die  unmittelbar  ausserhalb  der 
Mauer  im  Südwesten  des  Polverierahügels  lag,  tritft  man  überall 
um  den  Hügel  und  noch  weiter  2,agQ\\  Westen  zu  Zisternen  und 
andere  Spuren  von  antiken  Ansiedelungen,  die  freilich  zerstreut 
auseinander  gelegen  haben  müssen,  da  man  dazwischen  öfter  Gräber 
gefunden  hat.  Die  kleine  Stadt  beherrscht  die  von  Mte.  S.  Elmo 
aus  gleichförmig  gegen  das  Meer  zu  geneigte  Ebene,  welche  im 
Norden  von  den  schlackenbedeckten  Abhängen  der  Cuddie  Bruciate 
und  ihren  zum  Meer  ziehenden  Lavaströmen,  im  Süden  vom  Berge 
Gelkhamar  und  dem  Lavastrom  der  Cimelien  begrenzt  wird.  Sie 
lag  inmitten  von  fruchtbaren  Ländereien,  die  heutzutage  ganz  von 
Korinthengärten  und  zahlreichen  kleinen  Landhäusern  eingenommen 
werden,  nahe  am  einzigen  Hafen  der  Insel  und  am  einzigen  be- 
quemen Verkehrsweg,  der  von  diesem  am  Ostabhang  des  Mte. 
S.  Elmo  vorbei  in  die  östlichen  und  südlichen  Teile  der  Insel  führt. 
Dieses  Städtchen  bildete  den  Hauptort  der  Insel  während  der  ganzen 
karthagischen  Periode  bis  in  die  römische  Kaiserzeit.  Die  älteste 
Vase,  welche  aus  den  Gräbern  bei  den  Hügeln  bekannt  geworden 
ist,  ist  eine  korinthische.  Die  eben  genannte  Nekropole  beim  Pol- 
verierahügel  gehört  nach  den  Fundgegenständen  vorzugsweise  in 
die  beiden  letzten  Jahrhunderte  vor  Christus  und  das  erste  nach 
Christus.  Genannt  wird  die  Stadt  zum  erstenmal  gelegentlich  ihrer 
Eroberung  durch  die  Römer  im  Jahre  217  bei  Polyb  III  96.  Später 
wird  sie  nur  noch  bei  Strabo(').  Plinius  h.  n.  V  41  und  Ptole- 
maeus  Geogr.  IV  8  p.  272  AVilb.  erwähnt. 

Die  Anlajje  der  Stadt  an  dieser  Stelle  war  veranlasst  durch 


o^ 


('j   X\II,  3  §    l'j  :    Kö(j(j()\Qni  .  .  .  nöXiv  t^ova«  ouujivuor. 


I'AKTKI.LKIUA  391 

die  Nähe  des  Hafens,  des  einzigen  auf  der  Insel,  der  diesen  Namen 
verdient.  Dieser  ist  der  innerste  Teil  einer  nach  NW.  geöffneten 
Bucht,  die  durch  die  felsigen  Landzungen  von  Punta  S.  Leonardo 
und  Punta  della  Croce,  die  Enden  zweier  Lavaströme,  gebildet 
wird.  Von  der  Ost-  und  Nordseite  dieser  Bucht  springt,  natürlichen 
Hafendämmen  vergleichbar,  je  eine  lange  Reihe  von  Lavaldippen 
vor,  welche  den  eigentlichen  Hafen  gegen  das  Meer  absperren.  Dieser 
Klippensaum,  der  heutzutage  durch  künstliche  Hafeiidämme  verstärkt 
ist,  gewährt  hinreichenden  Schutz  gegen  die  Wogen  des  hier  stets 
bewegten  Meeres,  aber  nicht  minder  auch  Schutz  gegen  feindliche 
Annäherung,  indem  die  Klippen  nur  eine  schmale  Einfahrt  freilassen. 
Für  die  modernen  grossen  Schiffe  ist  dieser  Hafen  nicht  zugäng- 
lich, er  dient  heute  nur  den  Segelbarken  der  Einwohner  als  Stand- 
ort; doch  dürfte  er  für  die  einfacheren  Schitffahrtsverhältnisse  des 
Altertums  nicht  ohne  Wert  gewesen  sein.  Frühere  Reisende  wollen 
Reste  von  antiken  Hafendämmen  wahrgenommen  haben  (')•  Es  war 
mir  aber  nicht  möglich,  hierüber  genauere  Untersuchungen  anzu- 
stellen. 

Es  mögen  hier  noch  einige  antike  Reste  Erwähnung  finden, 
welche  ich  bei  Streifzügen  durch  die  inneren  Teile  der  Insel  bald 
da  bald  dort  zerstreut  antraf. 

Etwa  1  '/o  Kilometer  südöstlich  vom  Hügel  von  S.  Marco 
liegt  in  der  Gegend  Khasen  unter  der  Erde,  in  den  Abhang 
einer  kleinen  Bodenerhöhung  hiueingebaut,  das  sogenannte  Bagm 
asciutto,  ein  eigentümlicher  kleiner  Bau,  der  über  einer  heissen 
Dampfausströmung  errichtet  ist,  die  hier  aus  dem  Boden  dringt. 
Ein  kurzer  0,50  m.  breiter  Gang  führt  über  einige  Stufen  in  ein 
Gemach  von  viereckigem  Grundriss,  das  ungefähr  2,50  m.  lang, 
ebenso  breit  imd  wenig  über  2  m.  hoch  ist.  Die  Wände  bestehen 
teils  aus  natürlichem  Fels  teils  aus  bearbeiteten  Steinen  von 
annähernd  rechteckiger  Gestalt;  auf  der  einen  Seite  kragen  die 
obersten  Lagen  über,  um  nach  oben  zu  den  Raum  zu  verengen, 
der  dann  durch  horizontal  gelegte  Steinplatten  überdeckt  ist.  Ein 
Durchgang  von  1,45  m.  Höhe  und  0,50  m.  Weite  führt  aus  die- 


(')  Calcara,  Descrizione  delV  isola  di  Pantelleria  8.  14;  antike  Hafen- 
dämme  erwähnt  auch  Tissot,  Geographie  comparöe  de  la  Province  Romaine 
d'Afriqiie  I,  235  auf  riiuiid  von  Angaben  eines  Admirals  Fincati. 


392  A.     MAYR 

sein  Voigemach  in  eineu  kieisriindeo  Raum  vou  2.50  m.  Duicb- 
messer.  Die  "Wände  desselben  bestehen  aus  10  Lagen  von  kleinen 
Quadern,  zwischen  denen  kein  Bindemittel  erkennbar  ist.  Etwa  von 
der  5.  Lage  ab  verengern  sich  die  Lagen  und  kragen  über  einan- 
der vor.  bis  sie  in  einer  Höhe  von  wenig  mehr  als  zwei  Meter  über 
dem  Fussboden  noch  einen  Raum  von  0.90  m.  im  Durchmesser  frei- 
lassen, der  durch  zwei  Steinplatten  überdeckt  ist.  Die  Kanten  der 
übereinander  vorkragenden  Steine  sind  abgeschrägt,  so  dass  die 
Wände  eine  ununterbrochene  Fläche  darbieten.  Die  Steine  der  un- 
tersten Lagen  sind  in  beiden  Gemächern  z.  T.  in  kleinen  Zwischen- 
räumen von  5-10  cm.  gesetzt,  offenbar  zu  dem  Zwecke,  um  die 
heissen  Dämpfe  eindringen  zu  lassen.  Augenscheinlich  hatte  das 
kleine  Gebäude  den  Zweck,  die  als  heilkräftig  geschätzten  Dämpfe 
zu  fassen  und  zu  Heilzwecken  nutz1)ar  zu  machen.  Die  Anlage  zeigt 
enge  Berührungspunkte  mit  der  bei  den  antiken  Zisternen  Pantel- 
lerias  beobachteten  Konstruktionsweise,  bei  denen  ebenfalls  die 
Wölbungen  durch  Ueberkragung  hergestellt  sind('). 

Am  Ostfiiss  des  Mte.  S.  Elmo  in  der  Gegend  von  Margana 
erinnern  noch  ein  paar  Säulenreste  aus  Lava  an  eine  antike  An- 
siedelung. Die  Gegend  von  Buccarami  wird  von  Cavallari  S.  27  als 
Fundort  von  Städtemünzen  von  Cossura  mit  punischen  Aufschrif- 
ten erwähnt.  Zahlreichere  Reste  begegnen  im  Nordosten  der  Insel 
in  der  Nähe  des  Salzsees  Bar/no  cleirAequa,  der  im  Grund  eines 
kraterähnlichen  von  steilen  Bergwänden  umschlossenen  Thalkessels 
sich  befindet.  Am  Nordufer  des  Sees  haben  sich  teils  am  Berg- 
abhang, teils  am  Fuss  desselben  vor  einiger  Zeit  antike  Ueberreste 
gefunden,  von  denen  man  an  Ort  und  Stelle  nur  mehr  zerstreute 
Trümmer  sieht,  darunter  schlechterhaltene  Bruchstücke  von  La- 
vasäulen, welche  den  Eintluss  griechisch-römischer  Bauweise  zeigen. 
Vielleicht  ist  hier  der  Fundort  einiger  Terrakotten  von  punischem 
Charakter  zu  suchen,  die  sich  jetzt  im  Museum  von  Syrakus  befin- 
den und.  wie  Orsi  a.  a.  0.  berichtet,  aus  einem  am  Bagno  berin- 
lichen,  kurz  vor  seiner  Ankunft  zerstörten  »Sanktuarium«  stammen. 
Auf  der  fruchtbaren  Hochebene  von  Bugebre  über  den  südöstlichen 
Thalwänden  des  Bagno  sieht  man  an  melireren  Orten  Zisternen  von 


o 


(•)  Cavallari  a.  a.  0.  S.  26  not.   1,  der  eine  kurze  Nutiz  über  dieses  Ge- 
bäude }^bt,  schreibt  es  oline  Angabe  von  Gründen  den  Arabern  zu. 


I'ANTKM.KRIA  393 

der  Art  der  S.  385  beschriebenen ;  man  fand  hier,  und  zwar  vor- 
züglich in  einer  kleinen  Nekropole  östlich  von  der  Kirche  S.  Chiani 
panische  und  römische  Gefässe,  Kalksteinurnen  von  der  Art  derer, 
Avelche  man  bei  der  alten  Stadt  Kossura  antrillt,  eine  kleine  römi- 
sche Terrakotte,  welche  die  Maske  eines  komischen  Schauspielers 
darstellt  und  Münzen.  Antiken  Zisternen  begegnet  man  noch  weiter 
nach  Osten  in  der  langgestreckten,  wohlangebauten  Ebene  von 
Khamma,  wo  auch  häutig  antike  Münzen  gefunden  werden;  sowie 
auch  im  Süden  der  Insel,  im  Piano  del  Barone  und  in  der  Gegend 
Serraglia.  Die  eben  aufgezählten  Spuren  des  Altertums  sind  au 
sich  allerdings  sehr  unwichtig,  sie  gestatten  aber  den  Scliluss,  dass 
die  Insel  im  Altertum  und  zwar  besonders  in  den  letzten  Jahrhun- 
derten vor  Beginn  unserer  Zeitrechnung  und  in  der  unmittelbar 
folgenden  Zeit  in  allen  anbaufähigen  Teilen  bewohnt  und  wohl 
nicht  schlechter  bevölkert  war  wie  heutzutage.  Die  Münzen,  die 
ich  in  den  erwähnten  Gegenden  zu  sehen  bekam,  sind  teils  Städte- 
münzen von  Kossura  mit  punischen  und  römischen  Inschriften, 
teils  römische  Kaisermünzen  aus  der  früheren  Kaiserzeit  bis  auf 
Alexander  Severus. 

üeber  die  Kulturverhältnisse  auf  der  Insel  unterrichten  ab- 
gesehen von  den  autonomen  Münzen  von  Kossura  ('),  die  haupt- 
sächlich für  die  beiden  letzten  Jahrhunderte  vor  Christus  in  Be- 
tracht kommen,  noch  verschiedene  aus  den  Gräbern  von  S.  Marco 
und  S.  Chiara  oder  auch  an  anderen  Orten  der  Insel  zu  ta^e  ^e- 
kommene  Fundgegenstände,  die  ich  hier  und  da  in  den  Bauernhäu- 
sern antraf. 

Die  Thongefässe  zeigen  meist  Verwandtschaft  mit  denen,  wel- 
che die  jüngeren  punischen  Gräber  Afrikas  und  Maltas  geliefert 
haben.  Darunter  sind  0,80-1,30  m.  lange  zylindrische  Amphoren 
mit  kleinen  Henkeln  und  spitzer  Basis  Fig.  10  abc,  wie  sie  auch 
in  den  punischen  Nekropolen  von  Karthago  vorkommen ;  auch  der 
Typus  der  einhenkligen  mit  einer  kleinen  Ausgussröhre  an  der  Seite 
versehenen  Kännchen,  der  aus  der  Nekropole  von  Saint  Louis  be- 
kannt ist  (-),  kehrt  auf  Pantelleria  wieder.  Ferner  besfeornen  Aschen- 


(V)  Ueber  diese  s.  meine  Abliandlunjr  ■  die  antiken  Münzen    der  Inseln 
Malta,  Gozo  und  Pantelleria'.  ISDS.  S.  24-30. 

(2)  Delattrc,  Tombeaux  punirjues  de  Carthage.  1890.  S.  67. 


394 


A.    MAVR 


ofefässe  in  der  Form  von  Krügen  Fig.  10  e  l,  kleine  einhenkelige 
Fläschchen  und  henkeilose  Salbgefässe  Fig.  10  hik{^),'i\\  denen 
allen  die  panischen  und  neupunischen  Gräber  Afrikas  und  Maltas 
Analogien  bieten.  Oft  sind  die  in  Pantelleria  gefundenen  Gefässe 
mit  herumlaufenden  Bandstreifen  von  matter  dunkelroter  oder 
schwärzlicher  Farbe  verziert  Fig.  10  dfg,  wie  dies  den  punischen 
Gefässen  eigentümlich  ist.  Bei  keinem  dieser  Gefässe  braucht  man 
ein  hohes  Alter  anzunehmen:  manche  stammen  wohl  erst  aus  rö- 
mischer Zeit.  Ausgeprägt  punischen  Charakter  zeigen  ferner  die 
vorher  genannten  kleinen  Figuren  und  Masken  aus  Terracotta,  die 


am  Baguo  dell'  Acqua  gefunden  worden  und  durch  Orsi  in  das 
Museum  von  Syrakus  gekommen  sind.  Hierunter  bemerkt  man  eine 
in  ihrem  unteren  Teil  abgebrochene  Aveibliche  Figur  mit  langen 
beiderseits  auf  die  Brüste  herabfallenden  Flechten.  Avelche  vor  der 
Brust  mit  beiden  Händen  eine  Scheibe  hält,  ein  Typus,  wie  er  aus 
karthagischen  und  sardinischen  Gräbern  bekannt  geworden  ist  (-). 
Sehr  spärlich  sind  die  Gegenstände,  welche  dem  griechischen 
Import  angehören.  Wenn  Cavallari  (^)  von  einer  in  der  Nähe  des 

(•)  Solche  Gefässe,  die  auch  anderwärts  vorkommen,  finden  sicli  z.  B. 
im  Bardomuseum  aus  der  neupunisclien  Neliropule  von  Susa  und  den  Grä- 
bern von  Magraoua  und  Teboursouk. 

(2)  Delattre,  A.  a.  0.  S.  42;  Perrot,  Hlstoire  de  Vart  III,  451. 

(•')  A.  a.  0.  S.  27  {anfora  . . . ,  7iella  quäle  stavano  leoni,  tigri  e  pari- 
ere dipinti  in  nero  sopra  fondo  chiaro). 


I'ANTELLERIA  395 

Polverierahügftls  gefiindeneu  Amphora  berichtet,  welche  auf  liellem 
Grunde  mit  duukler  Farbe  Löwen,  Tiger  und  Panther  aufgemalt 
zeigte  und  Aehnlichkeit  mit  den  Vasen  aus  der  Nekropole  von  Ba- 
gliazzo  und  Galera  bei  Selinus  hatte,  so  ist  dabei  wohl  nur  an  eioe 
korinthische  Vase  zu  denken.  Ich  selbst  sah  von  griechischer  aus 
Pantelleria  stammender  Töpferware  nur  ein  mit  einem  Lorbeer- 
blattstreif versehenes  Kandstück  einer  rothhgurigen  Vase  und  einige 
kleine  schwarzgefirnisste  Gefässe  von  später  unteritalischer  Fabrik, 
wie  solche  auch  in  den  jüngeren  punischen  Gräbern  Afrikas  zahl- 
reich angetroffen  Averden  ('). 

Hier  sind  noch  die  geschnittenen  Steine  zu  erwähnen,  die  nicht 
selten  auf  der  Insel  vorkommen.  Einige  gelangten  durch  Orsi  in 
das  Museum  von  Syrakus ;  die  11  Steine,  welche  mir  gezeigt  wur- 
den, gehören  in  hellenistische  und  römische  Zeit.  Die  Darstellun- 
gen der  letzteren,  welche  vertieft  meist  in  Karneol  eingeschnitten 
sind,  zeigen  teils  Bilder  von  Göttern,  so  einen  thronenden  Zeus, 
einen  Sarapis-und  einen  Athenakopf ;  andere  Steine  enthalten  Tier- 
darstelhmgeu:  man  sieht  hier  eine  gellügelte  Sphinx,  einen  am 
Boden  kauernden  Hirsch,  eine  Taube,  die  auf  einer  Kugel  sitzt, 
einen  Hahn  vor  einer  Mohnstaude,  einen  Delphin  über  dem  Vor- 
derteil eines  Schiffes;  auf  anderen  Gemmen  bemerkt  man  einen 
verwundeten  Krieger,  einen  Satyr  mit  einem  Hund;  eine  trägt 
statt  einer  Darstellung  die  Inschrift  BHPAC. 

Von  römischen  Fundgegenständen  sah  ich  nichts,  das  beson- 
dere Erwähnung  verdiente.  Inschriften  hat  die  Insel  von  einer  rö- 
mischen Grabinschrift  (-')  abgesehen,  nicht  geliefert. 

Die  beschriebenen  Altertümer  von  Pantelleria  ergänzen  eini- 
germassen  die  spärlichen  Notizen,  die  wir  aus  dem  Altertum  über 
diese  Insel  besitzen.  Die  Stadt  Kossura  war,  wie  sicher  anzunehmen 
ist,  eine  altphönizische  Gründung;  dem  entsprechend  ist  das  Ver- 
hältniss,  in  welchem  sie  später  zu  Karthago  stand,  rechtlich  we- 
nigstens immer  ein  Bundesverhiiltniss  gewesen;  so  nennen  auch  die 
römischen  Triumphalfasten  neben  den  Karthagern  die   Einwohner 

(')  S.  u.  a.  I/iis^e  de  Gherchel  S.  73  f. 

(^)  C.  I.  L.  X,  7512;  eine  neupunische  Inschrift  vun  Pantelleria,  die 
Lenormant  in  Comptes  rendus  de  VAcad^mie  des  Inscriptions  1867  S.  64  f. 
mitteilt,  scheint  auf  einer  Fälschuii^  zu  beruhen;  vgl.  Corpus  Inscr.  Semit 
I,  1,  181 


396  A.    MAYR 

von  Kössura  als  selbständige  kriegfühiende  Partei.  Zum  erstenmal 
wird  Kossiira  iu  der  Geschichte  genannt,  als  die  Ereignisse  des  ersten 
punischen  Krieges  die  Insel  in  Mitleidenschaft  zogen.  Als  im 
Jahre  255  die  römischen  Konsuln  Aemilius  Paullus  und  Fulvius 
Paetinus  nach  Afrika  segelten,  um  die  in  Clupea  belagerten 
Römer  zu  befreien,  zwang  sie  ein  Sturm,  auf  Pantelleria  zu  landen. 
Sie  verwüsteten  die  Insel  und  versahen  dieselbe  mit  einer  Besat- 
zung. Bald  darauf  erfolgte  der  Sieg  am  hermäischen  Vorgebirge 
und  im  Januar  des  folgenden  Jahres  triumphierten  beide  Konsuln 
de  Cossiirensibus  et  Poeneis  (').  Doch  behaupteten  die  Römer  nicht 
lange  Kossura. 

Schon  im  Jahre  254  eroberten  die  Karthager,  als  sie  wieder 
die  Offensive  gegen  Sizilien  ergriffen  hatten,  die  Insel  zurück  (-). 
Endsfültiir  wiu-de  diese  den  Karthagern  im  Jahre  217  durch  Cn.  Ser- 
vilius  entrissen,  der  bei  der  Verfolgung  der  punischen  Flotte  bis 
an  die  afrikanische  Küste  vorgedrungen  war  und  bei  der  Rückfahrt 
die  Insel  besetzte  (^).  Aus  der  Voranstellung  des  Namens  der  Kossu- 
renser  vor  den  der  Römer  in  den  Triumphalfasten  hat  Movers  (■*). 
geschlossen,  dass  Kossura  in  der  karthagischen  Zeit  eine  bedeutende 
Seemacht  war.  Indes  erklärt  sich  diese  Voranstellung  einfach  aus 
dem  umstand,  dass  die  Einnahme  von  Kossura  der  Besiegung  der 
Karthager  beim  hermäischen  Vorgebirge  zeitlich  voranging.  Die 
geringe  Ausdehnung  des  Städtchens  und  die  bescheidenen  Reste 
seiner  Befestigungen  sind  nicht  geeignet,  eine  grosse  Vorstellung 
von  der  Macht  Kossuras  in  jener  Zeit  zu  erwecken.  In  den  pu- 
nischen Kriegen  scheint  die  Insel  keine  bedeutende  Rolle  gespielt 
zu  haben.  Ihr  Hafen  w^ar,  wie  später  in  den  Kriegen  zwischen  den 
Christen  und  den  arabischen  Beherrschern  Afrikas  als  Zufluchtsort 
in  dem  stürmischen  Meere  willkommen.  Die  Stadt  selbst  hatte  keine 
strategische  Bedeutung;    sie   ist  von  den  kriegführenden  Parteien 

(1)  Fasti  triumphales  in  C.  I.  L.  P  p.  173  Ser.  Fulvius  M.  f.  M.  n. 
Paetinus  {a.  CDXCTX)  Nobilior  pro.  cos.de  Cossurensibus  et  Poeneis  nava- 
lern  egit  XIII  k.  febr. 

M.  Aemilius  M.  f.  L.  n.  Paullus  (a.  CDXCIX)  pro.  cos.  de  Cossu- 
rensibus et  Poeneis  navalem  egit  XII  k.  febr. 

(«)  Zonar.  VIII,  11. 

C)  Polyb.  III,  9G. 

{*)  Die  rhünizier  II,  2,  361. 


I'ANTEI.LKUIA  397 

jedesmal  gleichsam  im  Vorbeigeiien,  wie  es  scheint,  ohne  viel  Wi- 
derstand eingenommen  worden. 

Unter  der  römischen  Herrschaft  genoss  die  Inselgemeinde  eine 
beschränkte  Autonomie,  von  der  noch  zaiilreich  erhaltene  Kupfer- 
münzen mit  der  phönizischon  Legende  D3"1''S  Zeugnis  ablegen. 
Auf  den  jüngeren  Münzen  ist  der  phönizische  Name  durch  den 
lateinischen  Kossura  ersetzt.  Als  diese  Münzen  geprägt  wurden, 
muss  die  Stadt  bereits  im  Besitze  des  römischen  Bürgerrechts  ge- 
wesen sein.  Sie  wird  dasselbe  wohl  gemeinsam  mit  Sizilien  bald 
nach  Cäsars  Tod  erhalten  haben.  In  die  letzten  zwei  oder  drei 
Jahrhunderte  vor  Christus  und  in  die  frühere  Kaiserzeit  gehören 
die  meisten  Altertümer,  die  von  dem  historischen  Kossura  übrig 
geblieben  sind.  Damals  war  die  Insel,  wie  es  scheint,  wohl  ange- 
baut und  bevölkert.  Doch  macht  die  Kultur,  die  aus  den  wenigen 
erhaltenen  Resten  spricht,  einen  ärmlichen  Eindruck;  besonders 
findet  sich  nichts,  was  auf  einen  bedeutenden  Handelsverkehr 
schliessen  Hesse.  Man  hat  für  die  Annahme  eines  solchen  die 
Thatsache  geltend  gemacht,  dass  auf  Delos  die  Grabinschrift  eines 
Mannes  von  Kossura  gefunden  worden  ist(').  Im  ganzen  scheint 
sich  aber  der  Verkehr  von  Kossura  nicht  viel  weiter  als  auf  die 
benachbarten  Küsten  von  Sizilien  und  Afrika  erstreckt  zu  haben. 
Auch  mit  Sizilien  sind  wohl  die  Beziehungen  bei  den  wenigen  Ge- 
genständen griechischen  Ursprungs,  die  auf  Pantelleria  gefunden 
worden  sind,  nicht  besonders  lebhafte  gewesen.  Um  so  enger  aber 
war  das  Band,  welches  die  Inselbewohner  mit  der  stammverwand- 
ten Bevölkerung  der  ihnen  zunächst  liegenden  afrikanischen  Küste 
und  mit  dem  gleichfalls  punischen  Malta  verknüpfte.  Unter  den 
vielen  karthagischen  Stelen,  die  der  Tanit-Pene-Baal  und  dem  Baal 
Hamman  geweiht  sind,  befindet  sich  auch  eine,  welche  den  Namen 
des  Abdsafon,  des  Sohnes  des  Himilk,  vom  Volke  Iranim  d.  i. 
Kossura  trägt  (-). 

Man  verehrte  auf  der  Insel,  Avie  aus  den  Münzen  hervorgeht, 
hauptsächlich    Astarte   und   Baal  Hamman.    Nach  dem  punischen 


(')  C.  I.  G.  II,  n.  2322''2i .  Jioi'vait  Koaav{>ie  /(>»;ffrs  /«»"pe  (freilicli  ist  die 
Beziehung  auf  Kossura  nicht  unbedingt  sicher;  in  der  Inschrift  steht  koaaviiB 
statt  KoaavQie^. 

(2)  er.  Semit.  I,  1.  265. 


398  A.    MAVR.    PANTELLERIA 

NordatVika  oder  auch  nach  Malta  weisen  die  Formen  der  Thonge- 
fässe  und  die  wenigen  Terrakotten,  die  sich  gefunden  haben.  Die 
Münzen,  die  viele  Berührungen  mit  denen  von  Malta  zeigen,  ent- 
halten keine  Spur  von  griechisch-sizilischem  Einfluss.  Soviel  wir  be- 
merken können,  herrschte  bis  zum  Beginn  unserer  Zeitrechnung 
auf  Pantelleria  eine  ausschliesslich  phönizische  Kultur,  die  der 
römischen    wohl    nur  allmählich  Platz  gemacht  hat. 

Albert  Mayr. 


EIN  THONGEFAESS  DES  C.  POPILIUS 
MIT    SCENEN    DER    ALEXANDERSCHLACHT. 


Zwischen  die  griechischen  Fabriken  thönerner  Reliefgefässe  (so- 
genannte Megarische  und  Homerische  Becher)  und  die  bekannten 
römischen  Töpfereien  von  Calenum,  Arezzo  und  Puteoli  reihte  H. 
Dragendorft"  in  seinen  Untersuchungen  über  Terra  sigillata  (Bonner 
Jahrbücher  1896/97  S.  18  tf.)  einen  italischen  Meister,  Namens 
C.  Popilius,  ein.  Nach  epigraphischen  Kriterien  glaubt  man  die 
Thätigkeit  dieses  Töpfers  um  die  Wende  des  S'*'"  Jahrhunderts  v.  Chr. 
ansetzen  zu  müssen.  Seine  Producte  sind  Becher  mit  Reliefverzie- 
rung, die  in  Form,  Decoration  und  Technik  sich  noch  eng  an  die 
Megarischen  Vasen  anlehnen.  M.  Siebourg-  hat  bald  darauf  (Römische 
Mittheilungen  1897  S.  40  ff.)  zu  C.  Popilius  drei  weitere,  annähernd 
gleichzeitige  und  jedenfalls  ältere  Töpfer  als  die  Aretinischcn,  ge- 
stellt, den  L.  Appius,  L.  Atinius  und  L.  Quintius,  freie  Biü-ger  der 
Republik,  die  nach  dem  Brauche  ihrer  Zeit  das  einfache  Praeno- 
men  und  Nomen  auf  ihre  Werke  setzen.  Auch  diese  ]\Ieister  fabri- 
ziren,  gleich  dem  Popilius,  halbkugelförmige  Becher  ohne  Fuss  und 
Henkel,  theils  mit   schwarzem,  theils   mit   rotem   Ueberzuge,  der 


400  V-    HARTWIG 

jedoch  nicht  den  Glanz  der  Calener  und  Aretiner  Waare  aufweist. 
Der  bildliche  Sclmmck  aller  dieser  Gefässe  ist  im  Wesentlichen 
decorativer  Art :  zwischen  Guirlanden,  farren wedelartigen  Ranken 
lind  Arabesken  erscheinen  Putten,  Delphine,  Bukranieu,  Masken 
und  dergleichen.  Von  Popilius  kennt  Siebourg  neun  Gefässe ;  ein 
zehntes  befand  sich,  wie  ich  höre,  einst  in  der  Sammlung  Fal- 
cioni  in  Yiterbo.  Auch  dieses  weicht  in  Form  und  Decoration  nicht 
von  den  bisher  bekannten  Vasen  des  Meisters  ab. 

Auf  Tafel  XI  mache  ich  ein  neues,  elftes  Werk  des  Popilius 
bekannt,  -welches  aus  dem  Kömischen  Kunsthandel  in  den  Besitz 
eines  Englischen  Sammlers  übergegangen  ist.  Als  Provenienz  wird 
Mittelitalien  genannt;  genaueres  konnte  ich  über  den  Fundort  nicht 
erfahren.  Die  Farbe  des  Gefässes  ist  ein  mattes  Ziegelroth.  Die 
Oberfläche  ist  rauh,  ähnlich  wie  bei  vielen  anderen  Thonvasen  dieser 
Zeit.  Verschieden  von  diesen  ist  jedoch  die  Form,  welche  die  Vi- 
gnette oben  veranschaulicht.  Es  ist  nicht  der  übliche  fusslose,  ei- 
oder  halbkugelförmige  Becher,  sondern  eine  gedrückte  Schale  mit 
eingezogenem  Rande,  breiten  Ringhenkeln  und  einem  wenig  profi- 
lirten  Glockenfusse.  Die  Höhe  beträgt  7,  der  Durchmesser  1 1  Cen- 
timeter.  Die  Meisterinschrift  des  Popilius  läuft,  in  flachem  Relief 
eingepresst,  horizontal  unter  der  Hohlkehle  des  Randes  hin.  Ab- 
weichend von  den  sonstigen  Firmen  des  Meisters,  welche  immer 
C.  Popili  lauten,  erscheint  der  Name  hier  im  Nominativ.  Auch  der 
Charakter  der  Buchstaben  ist  etwas  verschieden  von  den  sonstigen 
Popiliusinschriften  (siehe  Rom.  Mitth.  97  S.  42):  die  Lettern  sind 
mehr  in  Monumental-,  als  in  Schreibschrift  wiedergegeben.  Gewisse 
charakteristische  Formen,  wie  das  ottene  P  und  das  C  mit  den  ge- 
rade abgeschnittenen,  nicht  einwärts  gebogenen  Enden,  verweisen 
unsere  Inschrift  jedoch  in  die  gleiche  Zeit,  wie  die  übrigen  Popi- 
liusinschriften und  diejenigen  seiner  Genossen:  es  liegt  kein  Grund 
vor,  einen  anderen,  jüngeren  C.  Popilius  in  dem  Verfertiger  un- 
seres Gefässes  zu  vermuthen.  In  einiger  Entfernung  hinter  dem 
Namen  Popilius  erscheint  der  Rest  eines  weiteren  Buchstaben. 
Unser  Zeichner  hat  hier  nicht  ganz  richtig  gesehen  :  am  Originale 
stellt  sich  dieser  Buchstabenrest  als  ein  halbmondförmiger  Kreis- 
abschnitt heraus,  der  oben  keinen  Abschluss  hat.  Wir  können  dem- 
nach diesen  Buchstaben  zu  C  oder  zu  0  ergänzen.  Nun  erscheint 
aber  auf  drei  der  bisher  bekannten  Vasen  des  Popilius  hinter  dem 


EIN    THONGEKAESS    UES   C.    l'nlMI.HS  401 

Namen  des  Meisters,  mehr  oder  minder  vollständig,  das  Wort 
*.  Ocriclo  "  —  wie  schon  Oarrucci  iiiid  neuerdings  Siebourg  ver- 
miithet  haben,  der  Ablativ  des  Städtenamens  Ocricnlum  (das  heu- 
ti«re  Otricoli).  Zur  fJewissheit  scheint  mir  diese  Vermuthung  da- 
durch  erhoben  zu  werden,  dass  auf  einem  anderen  Gefässe  des 
Popilius  ein  zweiter  Städtename,  Mt'vania,  auftritt:  beide  Orte  la- 
gen in  Umbrien,  an  der  alten  Via  Flaminia.  Xiclitii  steht  im  Wege 
anzunehmen,  dass  der  Meister  an  zwei  Stellen  Fabriken  besass, 
die  nicht  allzu  fern  von  einander  lagen  und  gute  Verbindung  mit 
der  Hauptstadt  besassen.  So  möchte  ich  denn  für  den  fragmentirten 
Buchstaben  auf  unserer  Schale  die  Ergänzung  zu  einem  0,  als  An- 
fang eines  <-  Ocriclo  ■',  befürworten:  weitere  Lettern,  für  die  ja  noch 
etwas  Kaum  ist,  mögen  beim  Einstempeln  zufällig  ausgeblieben  sein. 

Als  bildlichen  Schmuck  zeigt  unsere  neue  Vase  des  Popilius 
einen  reichen  Figureufries  an  der  Aussenwaud  und  eine  kleine,  un- 
bedeutende Löwenmaske  auf  der  Unterseite,  innen  im  Kunde  des 
Cxlockenfusses.  \Vir  wollten  nicht  unterlassen,  diese  Maske  wieder- 
zugeben (siehe  die  Schlussvignette),  weil  ihre  Wiederkehr  auf  ähn- 
lichen Römischen  Thongefässen  die  Zuweisung  unsignirter  Vasen 
an  die  Werkstatt  des  Popilius  unterstützen  kann. 

Ein  Blick  auf  die  etwas  verkleinerte  Abbildung  der  Haupt- 
darstellung auf  unserer  Tafel  XI  lehrt  uns,  dass  wir  hier,  im  Ge- 
gensatz  zu  den  bisher  bekannten  Popiliusvasen,  eine  einheitliche 
Composition  vor  uns  haben  :  einen  Kampf  zwischen  Hellenen  und 
Barbaren  und  mehr,  eine  AViedergabe  der  wesentlichen  Gruppen 
jeuer  Alexanderschlacht,  welche  uns  in  dem  grossen  Pompejanischen 
Mosaik  aus  der  Casa  del  Fauno  erhalten  ist  (M.  Es  ist  nicht  der 
erste  Fall,  dass  wir  Reminiscenzen  an  jenes  Mosaik  auf  Monumenten 
anderer  Gattung  finden.  Hier  ist  in  erster  Linie  der  Schlachten- 
tries auf  dem  grossen  Sarkophage  von  Sidon  zu  nennen  [Necropofe 
ä  Sidon  lü.  XXX  p.  79]  :  ein  Satrap  auf  gestürztem  Pferde  wird, 
in  ähnlicher  AVeise,  wie  auf  dem  Mosaik,  von  Alexander  mit  der 
Lanze  angegritten.  Ein  unbedeutendes  Sarkophagln-uchstück  aus  Iser- 
nia,  welches  Garrucci  in  den  Annali  1857  tav.  IV  publizirt  hat 

(i)  AbfrebilJet:  Mmeo  Borbomco  VIII  tav.  XXXVI  ff.;  Overbeck-Man. 
roinpeji  s/(il2;  Wiener  Vorleseblätter  Serie  IV,  8;  i'.aumcister,  Denkinü!.  r 
II  'I'af.  XXI  uml  .".ftcr. 

2(3 


402  I'      HAHTWIG 

[siehe  auch  Wiener  Vorlegeblätter  Serie  IV,  8],  und  vier  Etruskische 
Aseheukisten.  die  Connestabile  in  den  Monimienti  di  Perugia  tav.  25  tt'. 
wiedergiebt  [Wiener  Vorlegebl.  1.  c],  bewahren  in  der  Gestalt  des 
vorstürmenden  Alexander,  des  gestürzten  persischen  Reiters  und 
des  auf  einem  Wagen  Üiehenden  Königs  wesentliche  Theile  der 
Oomposition  des  Mosaiks  aus  dem  Hause  des  Faunes,  freilich  vei- 
stümmelt  und  io  künstlerisch  höchst  rainderwerthiger  Ausführung. 
Die  unteritalischen  Vasen  schliesslich,  die  man  hierher  bezogen  hat. 
mögen,  aus  später  zu  erörternden  Gründen,  eiustAveileu  bei  Seite 
gelassen  werden. 

An  Reichthum  der  Figuren  kommt  die  Darstellung  der  Alex- 
anderschlacht auf  der  Vase  des  Popilius  dem  Pompejaiiischen  Mo- 
saik am  nächsten  :  nicht  weniger  als  zehn  Berittene,  eine  Qua- 
driga und  vier  zu  Fuss  Kämpfende  sind  hier  auf  verhältnissmässig 
engem  Räume  zusammengedrängt.  Von  vorn  herein  werden  wir  eine 
bis  in  die  Details  gehende  üebereinstimmung  unseres  kleinen, 
in  einer  wenig  vollkommenen  Technik  ausgeführten  Reliefs  mit 
dem  grossen  Pompejanischeu  Mosaikbilde  nicht  erwarten  dürfen. 
Die  Gestalt  des  Alexander  jedoch,  welcher  mit  der  Lanze  in  der 
gesenkten  Rechten  auf  einem  mit  dem  Felle  eines  Raubthiers  be- 
deckten Rosse  heransprengt,  der  mit  seinem  Thiere  gestürzte,  ver- 
wundete Satrap,  der  auf  seinem  AVagen  in  Vorderansicht  gesehene 
König  Darius,  welcher  die  Rechte  nach  dem  gefallenen  Führer  aus- 
streckt, endlich  der  sein  Viergespann  mit  der  Geisel  autreibende 
Wageulenker :  alle  diese  Hauptfiguren  finden  wir,  mit  geringen 
Abänderungen,  gleicherweise  auf  dem  Pompejanischeu  Mosaik,  wie 
auf  unserer  Vase.  Bekleidet  ist  Alexander  auf  beiden  Monumenten 
mit  dem  Panzer  und  der  Chlamys.  Er  ist  auch  auf  unserem  Re- 
lief unbärtig,  jedenfalls  ohne  Vollbart  und  mit  blosem  Haupte 
dargestellt.  Dieser  letztere  eigentliümliche  Umstand  hat  wieder- 
holt den  Erkläi'ern  des  Pompejanischeu  ]\Iosaiks  zu  aesthetischen 
Erörteruncren  Anlass  gegeben  :  der  Künstler  habe,  indem  er  deu 
Helm  des  Königs  wegliess.  die  charakteristische  Form  seines  Hauptes 
mit  dem  gleich  einer  Löwenmähne  wallenden  Haare  in  freier  An- 
sicht zeigen  wollen  [Overbeck,  Pompeji^  S.  6L5].  Man  beachte 
jedoch,  dass  auf  dem  Mosaik  in  unmittelbarer  Nähe  des  Königs 
zwei  weitere  unbehelmte  Krieger,  im  Relietfriese  unserer  Schale  we- 
nigstens ein  solcher   auftritt,  der  in  einiger   Entfernung   auf  den 


EIN    THoNfJEKAESS    DES    C.    l'OI'ILILS  403 

Makedoneu-König  foltfonde  Reiter,  welcher  auf  steigendem  Pferde 
sich  weiiduiid,  seine  Lauze  in  die  Brust  einco  bereits  am  Boden  lie- 
genden Feindes  stösst.  Eine  I<]rkläriiiig  für  die  Barhäuptigkeit  dieser 
Makedonischen  Keiter  weiss  ich  nicht  zu  gehen  ;  es  müsste  denn 
sein,  dass  wir  annehmen,  es  läge  ein  rein  künstlerisches  Princip 
zu  Grunde,  die  Figuren  in  möglichst  mannichfaltiger  Erscheinung 
zu  zeigen,  wie  wir  auf  griechischen  Älonumenteu  mit  Kampfscenen 
im  fünften  und  vierten  Jahrhundert  v.  Chr.  ganz  allgemein  behelmte 
neben  unbehelmten  Kriegern  sehm.  Den  eben  genannten,  seiner 
Bekleidung  mit  Chlamys  und  Mantel  nach  sicher  Makedonischen 
Keiter  auf  dem  sich  emporl)äumenden  Pferde  glaube  ich  auch  auf 
dem  Pompejanischen  Mosaik  reconstruiren  zu  dürfen :  hinter  Alexan- 
der erscheint  dort  au  der  stark  zerstörten  Stelle  des  Mosaikbildes 
der  Kopf  eines  Pferdes  und  eines  nach  rückwärts  gewendeten,  zur 
Erde  blickenden  barhäuptigen  Jünglings,  der  nur  ein  Reiter  ge- 
wesen sein  kann.  Unterhalb  sind  Reste  eines  Gefallenen  erhalten, 
der  wahrscheinlich,  ähnlich  wie  auf  der  Schale  des  Popilius,  von 
der  Lanze  des  Reiters  bedroht  wurde.  Bemerkenswerth  ist,  dass  eine 
ähnliche  Gruppe  auch  in  der  Schlachtscene  des  Alexandersarkophags 
von  Sidon  vorhanden  ist  ('). 

Die  Gruppe  Alexanders  und  des  getallenen  Satrapen  zeigt  auf 
unserer  Vase  in  einem  Punkte  eine  merkwürdige  Abweichung  von 
dem  Mosaikbilde ;  der  Satrap  greift  mit  der  Rechten  nach  einer  Lanze, 
welche  in  seine  Hüfte  eingedrungen  ist,  wie  auf  dem  Mosaik,  aber 
es  ist  dies  nicht  die  Lanze,  welche  Alexander  in  der  gesenkten 
rechten  Hand  hält.  Diese  zielt  vielmehr  nach  dem  Haupte  des  Sa- 
trapen und  die  Bewegung  seines  erhobenen  linken  Armes  kann  nur 
so  autgefasst  werden,  dass  er  die  Lanze  mit  der  Hand  packt,  um 
den  Stoss  derselben  zu  schwächen.  Genau  dasselbe  Motiv  giebt  der 
grosse  Sidoniscbe  Sarkophag  wieder,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass 
Alexander  die  Lanze  nicht  mit  gesenktem,  sondern  mit  erhobenem 
Arme  gegen  das  Haupt  des  Perserfeldherrn  stösst.  Doppelt  ist  also 

(')  Der  Typus  des  sich  wendenden,  einen  zu  seinen  Füssen  liegenden 
Feind  bedrohenden  Kriegers  hat  ein  langes  Leben  in  der  römischen  Kunst. 
Er  findet  sich  mehrfach  auf  Reliefs  und  Elfenbeindiptychen  bis  in  Constan- 
tinische  Zeit  hinein.  Sich  bäumende  Pferde,  in  ^"erkürzung  von  vorn  gesehen, 
kommen  ähnlich  auf  dem  Grabmale  der  Julier  in  S.  Remy  vor  [Antike  Denk- 
mäler I.  Taf.  16.  17]. 


404  H.    HARTWIG 

der  Satrap  auf  unserer  Schale  augegritieii  :  die  eine  Lanze  ist  in 
seine  rechte  Seite  eingedrungen,  die  zweite,  noch  in  der  Hand  des 
Makedonischen  Königs,  bedroht  seine  Schläfe.  Die  Wiederholungen 
der  Gruppe  auf  dem  Sarkophagfragmente  von  Isernia  und  auf  den 
Etruskischeu  Cisten  geben  nur  die  Verwundung  der  Hüfte  wieder, 
die  Bewegung  des  über  das  Haupt  gelegten  linken  Armes  ist  hier, 
ebenso  wie  auf  dem  Mosaik  der  Casa  del  Fauno,  zu  einer  blo?sen 
KeHexbewegung  geworden. 

Die  Figur  des  Darius  auf  seinem  Streitwagen  ist  im  Mo- 
tive aufs  Engste  derjenigen  des  Pompejanischen  Mosaiks  verwandt: 
nur  hält  die  linke  Hand  des  Königs  auf  dem  Mosaik  einen  Bo- 
gen, während  dieselbe  auf  unserer  Reliefvase  sich  an  den  Wagen- 
htuhl  fest  klammert.  Sehr  autfällig  erscheint  auf  den  ersten  Blick, 
dass  sowohl  auf  unserer  Vase,  wie  auf  den  anderen  lieliefrepliken 
der  Alexanderschlacht,  dem  Sarkophag  von  Isernia  und  den  Ascheii- 
kisten,  das  vor  dem  AVagen  des  Königs  im  Centrum  des  Pompeja- 
nischen Alexander-Mosaiks  stehende,  in  kühner  Verkürzung  von 
hinten  gesehene  Pferd  fehlt.  Dasselbe  ist  immer  als  ein  wichtiger 
Bestandtheil  der  Alexanderschlacht  angesehen  worden,  besonders 
von  denen,  welche  meinen,  es  sei  dasjenige  Pferd  dargestellt,  welches 
dem  Perserkönige  in  der  Schlacht  von  Issos  zur  Flucht  verhalf.  Wir 
glauben  allerdings,  dass  dieses  Motiv  auf  den  genannten  Wieder- 
holungen nicht  als  unwesentlich  unterdrückt  worden  ist,  sondern 
vielmehr  nur,  dass  es  der  (Jebertragung  in  den  Reliefstil  unüber- 
windliche Schwierigkeiten  entgegensetzte,  namentlich  bei  einem  so 
kleinen  Monumente,  wie  dem  Popiliusbecher. 

Was  die  Nebenfiguren  der  Alexanderschlacht  betrifft,  so  glaube 
ich,  dass  ein  weiteres  Vergleichen  zwischen  dem  Becher  und  dem 
Mosaik  nicht  thunlich  ist.  Unsere  Reliefdarstellung  verfährt  mit 
eigener  Freiheit.  Wir  unterscheiden  Makedonische  Reiter,  von 
denen  drei  den  gleichen,  konischen  Helm  mit  flatterndem  Helm- 
busche tragen,  wir  sehen  Perser  mit  der  Tiara  zu  Pferde,  von  denen 
einer  am  Boden  liegt,  während  sein  Ross  auf  das  Viergespann  des 
Königs  lossprengt,  wir  gewahren  endlich  barbarisches  Fussvolk  mit 
Schild  und  Kappe  in  kurzer  Exomis,  zum  Theil  aber  auch,  wie  es 
scheint,  fast  völlig  unbekleidet. 

Bei  aller  Verschiedenheit,  welche  zwischen  diesen  Figuren  und 
denjenigen  des  Mosaiks  besteht,  glauben  wir  doch  daran  festhalten 


•in."! 

KIN    THONGKKAESS    DKS    C.    l'i.lMl.llS 


ZU  müssen,  dass  ein  und  dasselbe  Ori<?inal  beide  Darstellungen  in- 
spirirt  hat.  Ein  Detail  erscheint  mir  dafür  besonders  überzeugend: 
man  sieht  über  dem  Haupte  des  gefallenen  Satrapen,  rechts  von 
Alexander,  allerdings  undeutlich  und  durch  den  dort  ansetzenden 
Henkel  zum  Theil  verdeckt,  einen  Zweig  jenes  kahlen  IJaumes,  der 
die  landschaftliche  Statfage  in  dem  Pompejanischon  Mosaik  bildet. 

Zur  Klärung  der  Frage,  welche  Schlacht  des  grossen  Alexan- 
der jenes  vermuthliche  Vorbild  dargestellt  hat,  giebt  unsere  neue 
Darstellung  keinerlei  Anhaltspunkte.  Bekanntlich  hat  man  die 
Schlacht  am  (iranikos,  Issos,  Arbela,  neuerdings  auch  Cunaxa  vor- 
geschlagen. Letztere,  von  de  Feis  {La  ballaglia  di  Cunassa.  Fi.- 
rense  189:3)  aufgestellte  Vermuthung,  die  sich  auf  eine  meiner 
Meinung  nach  falsche  Interpretation  einer  Stelle  in  Xenophons  Ana- 
basis gründet,  wurde  bereits  von  Blanchere  in  der  Reoae  crili<iue 
1893  (XXXVI)  p.  269  abgewiesen  (')•  Aber  auch  die  bisher  am 
meisten  gebilligte  Deutung  auf  die  Schlacht  von  Issos  ist  in  letzter 
Zeit  von^Jüthner  und  Petersen  erschüttert  worden  [siehe  Antike 
Turngeräthe  S.  43  Anm.  45]. 

Ein  Gemälde  eines   unbekannten   Meisters   aus   der   Zeit  des 
grossen  Alexander  oder  seiner  Nachfolger  wird  allgemein  als  Vor- 
bild des  Pompejanischen  Mosaiks  angenommen.  Auch  unser  Popi- 
liusbecher  bietet  dafür,  wie  ich   meine,  einen    neuen  Beweis  :  die 
Figuren  auf  demselben  sind  in  einer  vielmehr  der  Malerei  als  dem 
KeUefstile  gemässen  Weise  auf  unebenem  Terrain  in  drei  oder  vier 
Plänen  hinter   einander   angeordnet,  sodass   die  am   weitesten  im 
Grunde  zurückstehenden  gewissermaassen  nur  als  Abbreviaturen  er- 
scheinen. Auch  sind  die  Verkürzungen  einzelner  Figuren  (das  halb 
in  Vorderansicht  gesehene  steigende  Ross,  die  am  Boden  hockenden 
Gefallenen)  gewiss  Keminiscenzen  einer  ursprünglichen  malerischen 
Vorlage.  Von  dem   geistigen   Gehalt  jenes   grossen  Vorbildes   ist 
naturgemäss  nur  wenig  auf  unser  kleines  Monument  übergegangen. 
Ks  ist  mehr  episch,  im  Gegensatze  zu  den   dramatisch   bewegten 
Gestalten  des  Mosaiks. 

(1)  Xenophon  sagt,  der  jüngere  K)V"^^  ><ei  ^'Ü<k  n]r  xHfah^r  i.i  dio  SchlacM 
.regangcn,  das  heisst  aber  bei  einem  Barbare.ifürsten  wohl  nur  ohne  Me^ll- 
belra,!!!  der  einfachen  Mütze,  wie  yvuyoc  er  iuaxUo,  nudus  m  tunica,  eben- 
falls nicht  vom  wirklichen  Unbeklcidetsein  zu  verstehen  ist. 


40Ö  1'.   HAKTWn; 

Nicht  überzeugeu  kauu  ich  mich  davon,  dass  Popiliiis  nur  die 
Hauptgruppen  des  vermutheteu  malerischen  Originales  der  Alexan- 
derschlacht wiedergebe  und  die  Nebenfiguren  willkürlich  aus  Stem- 
peln, die  nicht  zur  Composition  gehören,  hinzugefügt  habe,  ein 
Verfahren,  welches  von  den  Aretinischen  Töpfern  häufig  angewen- 
det wurde.  Die  Nebenfiguren  stehen  in  ihren  energischen  und  in- 
teressanten Motiven  durchaus  auf  derselben  Höiie  wie  die  Haupt- 
^a-uppen,  in  die  sie  aufs  Engste  verflochten  sind.  AVenn  wir  zwi- 
schen den  Nebenfiguren  des  Mosaiks  und  denjenigen  des  Bechers 
keine  wesentlichen  Uebereinstimmungen  nachweisen  können,  so 
.schreibt  sich  das  vielleicht  daher,  dass  ihr  gemeinsames  Original 
mehr  Figuren  aufAvies,  als  die  eine  und  die  andere  Wiederholung 
ims  bietet.  Die  äusserste  Gruppe  rechts  auf  dem  Mosaik  enthält 
mehr  Lanzenschäfte  als  Träger. 

Auf  welche  Weise  Popilius  zu  der  Composition  auf  seinem 
Becher  gelangt  ist,  lässt  sich  mit  Bestimmtheit  nicht  sagen.  Er 
selbst  wird  sicherlich  nicht  das  Original,  noch  auch  eine  Copie  des 
Alexandergemäldes  gekannt  haben.  Das  AVahrscheinlichste  ist.  dass 
ihm  das  Modell  einer  toreutischen  Arbeit  der  hellenistischen  Epo- 
che, einer  Metallschale  oder  eines  Bechers,  vorlag,  auf  dem  er  Alles, 
was  er  brauchte,  vielleicht  auch  mehr,  als  er  brauchte,  vorfand.  Die 
Abhängigkeit  fast  aller  römischen  Vasen  uiit  figürlicher  Darstel- 
lung von  toreutischen  Werken  hellenistischer  und  auch  früherer  grie- 
chischer Zeit  tritt  ja  durch  die  neuen  Forschungen  immer  deutli- 
••her  zu  Tage. 

Die  Entstehung  des  Alexandermosaiks  in  der  Casa  del  Fauno 
geht  schAverlich  über  die  Grenze  des  ersten  Jahrhunderts  v.  Chr. 
hinunter,  wenn  auch  das  Haus  selbst  in  seiner  Anlage  älter  sein  mag 
[Mau,  Führer  durch  Pompeji  S.  70].  Die  Lebenszeit  des  C.  Popilius 
ist  von  Willmanns  \_E2)h.  epigr.  I  S.  11],  Dragendorif  und  Siebourg 
[1.  c.  S.  58]  auf  Grund  paläographischer  Beobachtungen  zwischen 
220  und  200  v.  Chr.  angesetzt  worden.  Sehr  bemerkenswerth  ist, 
dass  zwei  von  den  bisher  bekannten  Bechern  des  Popilius  in  Gräbern 
zusammen  mit  griechischen  oder  nach  griechischer  Art  bemalten 
Vasen  spätesten  Stiles  gefunden  worden  sind  und  dass  auch  unser 
neues  Gefäss  des  Popilius  sich,  wie  mir  mitgetheilt  wird,  in  einem 
Grabe  fand,  welches  Bronzegeräthe  griechischen  Importes  enthielt.  So 
würden  wir  also  in  der  Reliefschale  des  Popilius  eine  Wiederholung 


EIN    THONGEKAESS    DES    C.    I'OI'IMIS  'JO? 

der   Alexanderschlacht  zu    erkennen    haben,    welche  etwa  hundert 
Jahre  älter  ist,  als  das  Ponipejanische  Mosaik. 

Wir  haben  bisher  eine  Reihe  von  Monumenten  ganz  bei  Seite  ge- 
lassen, welche  längere  Zeit  als  Nachbildungen  der  Alexanderschlacht 
gegolten  haben.  Es  sind  dies  unteritalische  Vasen,  die  Heydemann 
im  8^'""  Hallischen  Winckelmannsprogramm  eingehend  behandelt 
hat.  Diese  Vasen  geben  Kämpfe  zwischen  Griechen  und  Orienta- 
len wieder  und  dreimal  findet  sich  hier,  in  überraschender  Ue- 
bereinstimmung  mit  dem  Pompejanischen  Mosaik,  der  mit  der 
Chlamvs  bekleidete  griechische  Feldherr,  behelmt  jedoch  und  bär- 
tig,  und  deraufdeai  fiiehenden  Gespann  stehende  Barbarenkünig, 
welcher  sich  wendend  die  Hand  gegen  seinen  Feind  erhebt.  Ro- 
bert hat  im  18'""  Hallischen  Winckelmannsprogramm  (S.  35) 
Widerspruch  gegen  die  Heydemannsche  Erklärung  erhoben  :  die 
heute  allgemein  anerkannte  Chronologie  der  bemalten  Vasen  erlaube 
nicht  mehr,  Gefässe,  wie  jene  eben  genannten,  bis  zur  Zeit  Ale- 
xanders des  Grossen  oder  gar  unter  diese  herab  zu  drücken.  Dem- 
nach seien  hier  vielmehr  die  Kämpfe  des  alten  Hellas  gegen  die 
Perser  zu  erkennen,  welche,  wie  die  Vase  von  Canosa  mit  dem 
Kriegsrathe  des  grossen  Königs  beweist,  thatsächlich  auf  unterita- 
lischen Gefässen  dieser  Epoche  wieder  aufleben.  Endlich  bliebe  auch 
der  mit  einem  korinthischen  Helm  bedeckte,  vollbärtige  -  Alexan- 
der "  ganz  unverständlich  :  kein  anderes  Monument  hat  uns  ein 
solches  Bild  des  grossen  Königs  aufbewahrt. 

Zugegeben,  dass  jeder  Zusammenhang  der  unteritalischen  Va- 
senbilder mit  einer  Schlacht  Alexanders  des  Grossen  abgeschnitten 
ist,  so  liegt  uns  doch  die  Ptlicht  ob.  einen  Weg  für  die  Erklärung 
der  merkwiü-digen  Thatsache  zu  finden,  dass  wesentliche  Züge  der 
Alexanderschlacht,  wie  sie  uns  in  dem  Pompejanischen  Mosaik  und 
in  den  Reliefwiederholungen  vorliegt,  bereits  auf  bemalten  Vasen 
voralexandrinischer  Zeit  auftreten.  Ich  halte  es  nicht  für  unmög- 
lich, dass  der  Zusammenstoss  eines  griechischen  Feldherrn  und  eines 
orientalischen  Königs  oder  Satrapen  schon  vor  den  persischen  Feld- 
zügen Alexanders  in  der  griechischen  Kunst  eine  gewisse  typische 
Ausgestaltung  erfahren  hat,  welche  jene  italischen  Vasen  wiederge- 
ben. Wenn  wir  annehmen,  der  grosse  unbekannte  Künstler  der  Alex- 
anderschlacht habe  es  nicht  verschmäht,  den  neuen  Vorwurf  doch 
wiederum  in  althergebrachte  Formen  zu  giessen,  so  verliert  freilich 


408  r.  haktwk;.  ki.n  thonühkakss  des  o.  hoimlii'S 

vor  dem  muderueü  Kritiker  das  (iemälde  au  orij^iueller  Ertinduni' 
uud  in  gewissem  Sinne  auch  an  Prägnanz,  indem  mau  vielleicht 
nicht  mehr  an  eine  bestimmte  Schlacht  Alexanders  denken  dürfte : 
thatsächlich  ist  es  ja  auch  bisher  Niemaudem  geglückt,  einen  schla- 
genden Beweis  für  eine  solche  beizubringen.  Wir  würden  in  dem 
(jemälde  vielmehr  ganz  allgemein  das  siegreiche  Vordringen  ma- 
kedonisch-hellenischer Watten  gegen  die  i\Iacht  des  Barbarenthumes 
verewigt  tinden. 


Rom.  Dez.  1898. 


P.  Hartwig. 


GlUB  r.EI  VOLTEIÜIA. 


Zwischen  Cecina  iiud  Volterra,  auf  einer  Anhöhe  NW  von  Vol 
dl  Cecina  half  im  verflossenen  September  einen  Blitz  eine  altetrnski- 
sche  Grabkammer  entdecken.  Wo  durch  den  Strahl  eine  Pinie  ent- 
wurzelt war,  ward  ein  unterirdischer  Hohlraum  sichtbar,  und  nach- 
tjrabend  hatte  der  Grundbesitzer  das  Grab  ausgeräumt,  auch  das 
Vorgemacli  fast  freigelegt,  als  ich  Anfang  Oktobers  l)ei  Regenwetter 
dasselbe  besuchte  und,  von  vielen  Begleitern  behelligt,  die  Maasse 
nahm,  nach  welchen  ich  dann  beifolgende  Skizzen  anfertigte  auf 'Ao 
reduciert,  Grundriss  und  Ansicht,  mit  der  Thür  im  Hintergrund  ('). 
Die  Bauart  weist  dem  Grabe  ein  hohes  Alter  zu,  und  die  wenigen, 
in  dem  offenbar  früher  ausgeraubten  Grabe  gefundenen  Gegenstände 
bestätigen,  dass  es  dem  6.  Jhdt.  angehört.  Die  runde  Kammer. 
8,20  m.  im  Durchmesser,  ist  aus  unregelmässigen  Kalksteinplatten 
aufgebaut.  In  der  1,43  m.  hohen  senkrechten  AVand  sind  die  Stein- 
lagen nicht  so  regelmässig,  wie  sie  bei  der  durch  11  vorkragende,  im 
Grundriss  mit  verlornen  Linien  eingezeichneten  Lagen  gebildeten 
Decke  sein  mussten.  Die  oberste,  elfte  Lage  schliesst  diese  aber 
noch  keineswegs,  sondern  lässt  noch  einen  Zwischenraum  zwischen 
sich  und  dem  viereckigen  Pfeiler,  welcher  als  Stütze  im  Mittel- 
l)unkt  der  Kammer  steht.  Aus  drei  übereinander  stehenden  Stückeu 
ist  er  aufgerichtet,  0,50  X  0,40  im  Grundriss,  und  trägt  auf  seinem 
Scheitel,  mit  dem  engsten  jener  vorkragenden  Steinringe,  wie  ge- 
sagt, ohne  Berührung  und  über  ihn  hinaufragend,  wie  es  scheint, 
denn  genau  konnte  ich  das  nicht   sehen,  eine  grössere  Abschluss- 


('j  Die  Coiistruction  der  Kaninierwand  neben  der  Thür  habe  ich  im 
«irundriss  wohl  nach  Skizze  und  Maass  eingezeichnet,  ohne  sie  doch  im  Ein- 
zelnen nonügend  verbürgen  zu  können,  weshalb  ich  auch  im  Aiifriss  keine  An- 
deutung davon  gemacht  habe. 

26* 


410 


E.    PETERSEN 


platte.  Von  einem  Steinboden  ist  hinten,  der  Thür  gegenüber,  eine 
grössere  Platte  geblieben,  mit  einer  runden  Höhlung  darin,  0,30  m. 
im  Durchmesser,  0,17  m.  tief,  ohne  Durchlass  (').  Au  der  diesem 
Steine  gegenüberstehenden  Seite  des  Mittelpfeilers  war  oben  mit 
vier  Metallnägeln,  ob  Eisen  oder  Bronze  vermochte   ich   nicht  zu 


o^o 


1r»- 


f,SO 


2m 


sehen,  doch  schien  die  Oxydation  eher  auf  Eisen  zu  deuten,  einst 
etwas  an  den  Pfeiler  befestigt  gewesen,  allem  Anschein  nach  eine 
Platte,  nach  der  Stellung  der  Nägel  so  breit  wie  der  Pfeiler  und 
mehr  hoch  als  breit. 

(1)  Iiighirami  M.  E.  IV  83  sagt  von  Volterraner  Gräbern  jm  mezzo  alla 
Hlanza  suol  essere  scavata  rozzamente  una  buca,  forse  per  raccogliere  Vuini- 
JUä,  und  verweist  auf  Taf.  XIII  2,  den  Grundriss  einer  runden  Kammer  von 
S  Fuss  Durchmesser,  mit  unregelmässiger  Vertiefung  in  der  Mitte,  und  auf  XVI, 
wo  die  Höhlung  in  quadrater  Kammer,  mit  drei  Nebenräumen,  regelmässig 
wie  in   nii>f-r'r  Tholos  i.st. 


GRAR    REt    VOI.TERRA  411 

Aehnliclie  Nägel  waren  in  Abstünden  von  c.  30  cm.,  wenn 
micli  mein  Gedäclitniss  nicht  täuscht,  denn  etwas  eilig  wie  ich  war 
und  wenig  ungestört  habe  ich  leider  nicht  alles  Einzelne  notiert, 
an  dem  untersten  der  vorkragenden  Steinringe  zu  bemerken,  Hessen 
sich  aber  nicht  ringsherum  constatieren,  am  besten  noch  an  der 
Hinterseite  der  Kammer.  Zum  Aufhängen  von  Kränzen  oder  von 
Tafelgeschirr  möchte  man  sie  bestimmt  glauben.  \Veder  vollständig 
noch  in  ungestörter  Lage  war  menschliches  Gebein  in  der  Kam- 
mer gefunden,  dem  Anschein  nach  nm*  von  einem  einzigen  Todten. 


I  ■  '  '  ■  I  I  ■  ■  • 


e.sa 


fm.        /rSro        Zn 


Die  Thüröffnung,  1,30  m.  hoch,  unten  0,765  oben  0,74  m. 
weit,  war  verschlossen  gewesen  durch  die  noch  vorgefundene  1,32  m. 
hohe,  0,85  m.  breite  Steinplatte.  Der  Vorraum  ist  unsymmetrisch, 
vielleicht  um  die  Verschlussplatte,  wenn  das  Grab  einmal  geöffnet 
Averden  musste,  einfach  rechts  zur  Seite  schieben  zu  können  :  es 
blieb  dann  immer  noch  eine  0,52  m.  breite  Oeffnunsf,  sfrade  ge- 
nügend  um  durchzukommen.  Dass  dieser  Vorraum  ähnlich  wie  die 
Kammer  gedeckt  gewesen  wäre,  notierte  ich.  aber  wie  die  Ansicht 
von  aussen,  das  war  bei  dem  damaligen  Zustande  der  Ausgrabung 
noch  nicht  zu  erkennen.  Der  Hügel,  welcher  das  Grab  birgt,  misst 
etwa  20  m.  im  Durchmesser,  und  der  contadino  machte  unklare  An- 
deutungen von  etwas,  was  noch  draussenvor  unter  dem  Schutte  läge. 

Bei  demselben  konnte  ich  später  die  wenigen  Ueberbleibsel  der 
Grabausstattung  sehen,  die  er  noch  vorgefunden  hatte,  ein  par  sauber 
gearbeitete  platte  Gefässböden,  aus   Alabaster  gedreht,  ein   Stück 


412  E.    PKTERSEN 

vou  einer  Fibel  aus  Blassgold,  geschwollener  Bügel  mit  etwas  geo- 
inetrischein  Ornameut.  ein  korinthisches  Alabastron  mit  tiüchtiirer 
schwarzer  Bemaluug.  vielleicht  locale  Imitation,  endlich  neben  den 
obenerwähnten  Resten  eines  Skeletts  auch  eine  Aschenurne  aus 
Kalktuff  0.845  lang,  0,23  m.  breit,  kastenförmig  mit  vier  Füssen 
und  giebeldachförmigem  Deekel,  mit  diesem  0,35,  ohne  ihn  0,25 
hoch ;  die  meiner  Skizze  beigeschriebene  Zahl  0.45  muss  verschrie- 
ben sein. 

Etruskische  Grabkammern,  mitsammt  die  Decke  tragenden  Pfei- 
lern aus  dem  lebendigen  Tulf  gehauen,  sind  an  verschiedenen  Orten 
bekannt;  so  in  Bomarzo  ('),  von  quadratem  oder  vierseitigem  Grund- 
riss;  eines  nach  Dennis  I  171  seems  to  have  been  circular,  ivltli 
a  piUar  in  llie  cenlre,  the  umaL  form  of  the  sepulchres  of  Vol- 
terra.  Die  aus  der  Umgegend  von  Volterra  bekannten  Rnndgrä- 
ber  (^)  sind  allerdings  durch  ihren  grösseren  Durchmesser  von  c.  (j. 
bis  c.  12  Meter,  durch  die  vorwiegend  figürlichen  Urnen  und  selbst 
lateinische  Inschriften  jünger ;  wir  sehen,  dass  die  runde  Grabform 
mit  Mittelstütze  in  dieser  Gegend  viel  älter  ist.  Nahe  steht  nach 
Bauart  das  Grab  der  Pietrera  von  Vetulonia  (').  das  leider  von  dem 
Entdecker  nicht  so  aufgedeckt  und  erforscht  ist,  wie  sich  gebührt 
iiätte.  Viereckigen  Grundrisses  und  über  doppelt  so  grosser  Boden- 
tläche  war  von  den  zwei  übereinanderliegenden  Grabkammern  die 

(1)  S.  Mon.  ined.  d.  last.  I  xl  c.  1-4.  Ann.  1832  S.  269,  die  Angabe 
'lass  die  Säule  aufgebaut  sei  unter  ausgehaueuer  Decke  (so  auch  in  Martha 
A.  E.  S.  163  abgebildet),  wird  berichtigt  durch  Dennis  P  S.  167,  der  vielmehr 
lue  Wände  innen  mit  ]\rauer\vork  verkleidet  angiebt,  den  Pfeiler  rockhev'n,  nur 
an  der  Thürseite  gerundet,  hinten  kantig.  Sehr  ähnlicli  ist  das  Tuffgrab  Inghi- 
rami  M.  Etr.  IV  Taf.  XV. 

(2)  S.  Dennis  II  152  und  Inghirami  J/.  E.  IV  88  nach  älteren  Quellen. 
Bei  letzterem  S.  884  wird  aus  handscliriftlichem  Bericht  über  eine  Ausgrabung 
<juarnacci's  im  .7.  1738  von  etwa  20  Gräbern  gesprochen,  die  alle  aus  Tuff 
gehauen,  in  forma  tonda  con  una  colonna  nel  mezzo,  zwar  ohne  die  Urnen 
gefunden  waren  aber  döch  mit  den  Stufen. 

(3)  Vgl.  diese  Mittheill.  1895  S.  79.  Die  dort  anders  als  früher  erkärte 
Halbheit  der  Figuren  glaube  ich  jetzt  richtiger  zu  verstehen.  Wie  die  schon 
damals  S.  81,  der  allgemeinen  Uebereinstimniung  wegen,  verglichenen  Sphy- 
relata  von  Perugia  aus  zwei  Hälften,  zusammengesetzt  waren,  nicht  rechter 
und  linker,  wie  das  Holzbild  des  Rhoikos  und  Theodoros,  sondern  vorderer  und 
hinterer;  so  hat  man  auch  in  Stein  arbeitend  beide  Hälften  separat  gebildet, 
aus  zwei  wie  Breter  zusammcn<rekitteten  Platten. 


(ilJAU    HEI    VOLTKRKA  .1]:! 

obere,  allerdings  aus  hürterein  Stein  auf-fefülute,  vou  imregelmässiger 
Schichtung  wie  die  Tholos  von  Val  di  Cecina,  die  untere  in  regu- 
lären Lagen  aufgebaut.    Der   Centralpfeiler    der  unteren  Kammer, 
auch  selbst  doppelt  so  stark  als  in  der  nicht  lialb  so  grossen  von 
Val  di  Cecina,  und  über  deren  vertikale  Wandhr.he  jetzt  noch  em- 
porragend, kann  sehr  wohl  eine  in  gleichmässig  vorkragenden  Stein- 
ringen ansteigende  Decke   aufgenommen    liaben.  wie  ja  die  Decke 
der  oberen  Kammer,  aus  dem  Viereck  allmählich  ins  Kund  über- 
gehend, noch  theilweise  erhalten  gefunden  wurde.  Das  neue  (jrah 
von  Val  di  Cecina  legt  nun  der  Gedanken  nahe,  dass  die    unten- 
Kammer  der  Pietrera  eine  gleicherjuaassen  gebildete  und  von  ihrem 
Mittelpfeiler  getragene  Decke  hatte.  Die  in  meinem  ersten  Bericht 
(91,231)  erwähnte  Mittelschicht  von  1.  m.  Höhe  zwischen  den  genau 
übereinander  liegender  Wänden  der  oberen  und  der  unteren  Kam- 
iner würde,  wie  wir  jetzt  sehen,  grade  ausgereicht  haben  für  eine 
durch  Vorkragen  gebildete  Decke,  und  wenn,  wie  natürlich  scheint, 
auch  der  Pfeiler  sich  in  der  oberen  Kammer  fortsetzte,  so  wäre  es 
möglich,  dass  das  Urab,  zwar  nicht  von  Anfang  an,  aber  durch  ])ald 
erfolgten  Weiterbau  zweigeschossig  geworden  wäre  (').  Was  bei  der 
Pietrera  nicht  ermittelt  worden  ist,  wäre  vielleicht  bei  dem  Grabe 
von  Val  di  Cecina  zu  ermitteln  möglich.  Meine  Begleiter  äusserten 
mehrfach  die  Vermuthung,  es  möchte  noch  eine  Kammer  unter  der 
aufgedeckten  liegen.  Sie  gründeten  dies  auf  den  dumpfen  Klang, 
wenn  sie  den  Boden  stampften.  Ich  ermuthigte  sie  nicht :  eine  wei- 
tere Ausgrabung  ohne   sachverständige  Leitung  hätte  ja  alles  ge- 
fährdet. Hortentlich  wird  von    berufener  Seite  das    Nöthige  vorge- 
nommen. 

E.  Petersen. 


(')  Die  Nachrichten  von  einem   Volterraii'.r  ipoijco  mit   zwei  Kanunern 
übereinander  bei  Inghirami  J/.  E.  IV  93  ff.  sind  leider  selir  unklar. 


zu  S.   17U  tf.  und  180. 


Eine  erwünschte  Bestätigung  des  oben  nachgewiesenen  engen 
Zusamnieuhangs  der  '  Sikelischen '  Keramik  der  '  ersten '  und  *  zwei- 
ten '  Periode  haben  Orsis  Funde  in  Catania  gebracht,  über  welche 
derselbe  im  Maiheft  der  Notizie  (ausgegeben  erst  in  der  zweiten 
Hälfte  des  August)  berichtet  hat.  Orsi  sagt  unter  anderem :  Ma  ü 
nsultato  di  gran  hdicja  piü  interessante  e  quello  di  avere  in 
tutte  codeste  caverne  —  es  handelt  sich  um  grosse  natürliche 
Höhlungen  innerhalb  der  alten  Lavaströme  um  das  Dorf  Barriera 
bei  Catania  —  raccolto  masse  di  materielle  ceramico  dei  due  pe- 
riodi  mescolato  insieme,  cioe  in  qiiantitä  grande  la  ceramica  co- 
lorata  dello  Stile  empestico  primitivo  asaieme  a  quella  striata  a 
pimta  colle  forme  speciali  di  T/iapsos,  Co::o  Pantano,  Plemmi- 
rio  ecc.  Auch  die  Ueberreste  antiker  Hütten  conienevano  mesco- 
lato il  materiale  dei  due  periodl,  per  cid  deve  trattarsi  non  di 
sovrapposisione  ma  di  mescolanza  e  fusione  delle  due  forme  di 
civiltä.  Orsi  gesteht,  dass  er  ähnliche  Beobachtungen  bei  Pachino 
noch  durch  sovrapposizioni  erklären  zu  müssen  geglaubt  hätte.  Denn 
aucli  er  selbst  hatte  nur  sehr  eingeschränkten  Zusammenhang  der 
I.  und  II.  Periode  zugegeben.  Jetzt  macht  er  die  neuen  Thatsachen 
in  ihrem  vollen  Gewicht  gegen  die  oben  S.  170  ff.  kritisierten  Fol- 
gerungen Patronis  geltend.  Wenn  derselbe  Orsi  auch  noch  Notizie 
98,  S.  298  jeden  contatto  der  I.  Periode  mit  der  Keramik  von 
Stentinello  und  der  neugefnndenen  von  Matrensa  oder  Milocca 
leugnet,  so  wird  sich  auch  das  noch  zurechtstellen.  Es  ist  ja  klar, 
dass,  wenn  die  Stilarteu  I.  und  IL,  wie  ich  es  S.  186  bereits  aus- 
gesprochen, und  jetzt  die  Funde  bestätigt  haben,  nebeneinanderher- 
gehen, die  IL  Stilart  von  der  vorsikelischen  nicht  mehr  durch  die 
I.  abgeschieden  wird  sondern  unmittelbar  an  sie  heranreicht.  — 

ZU  S.  224. 

Herr  A.  Schulten  bittet  Folgendes  nachzutragen  :  '  Das  Citat 
auf  S.  224  « tradazione  bis  Hirschfeld  "  berulit  auf  einem  Irrtum  '. 


SITZUNGEN 


1>.  Deceniber,  zum  (ifdiichtiiiss  Wiiickülniauns:  P.  Hartwig  über 
eine  Reliefschale  des  C.  Popilius  s.  oben  S.  :i!)l».  —  W.  Ame- 
LUNG  über  ein  Relief  des  Thermenmuseums.  —  E.  Petkksen 
über  Polygnotische  Retiese  an  der  Trajanssäule. 

28.  December:  Ch.  Huelsen  über  den  Tempel  der  Venus  Gene- 
trix  auf  dem  Caesarforura.  —  E.  Petersen  über  liii  Inter- 
mezzo des  ersten  Dacischen  Krieges  an  der  Trajanssäule.  — 
H.  Graeven  über  Darstellungen  von  Indern  in  der  antiken 
Kunst. 


ERNENNUNGEN 


Ernannt  wurden  im  Jahre   1898. 

1  zum  Ehrenmitglied  Graf  Hugo  Lerchenfeld  auf  K«ife- 
ring  und  Schönfeld  Exe. ; 

2  zu  Ordentlichen  Mitgliedern  die  Herren:  Rernh.vku 
Arnold  in  München,  Ludwig  Borchart  z.  Z,  in  Kairo,  Maxime 
CoLLiGNON  in  Paris,  B.  Haussoullier  in  Paris,  Jon.  Ludwig 
Heiberg  in  Kopenhagen,  Wilhelm  Pleyte  in  Leyden.  Karl 
Popp  in  München,  Edmond  Pottiek  in  Paris,  Karl  Schumacher 
in  Karlsruhe,  Girolamo  Vitelli  in  Florenz,  Franz  Wickhoff 
in  Wien; 

3  zu  Co rrespondier enden  Mitgliedern  die  Herren :  Fried- 
rich von  Bissing  z.  Z,  in  Kairo.  G.  Botti  in  Alexandria,  Hans 
Dragendorff  in  Basel,  Henri  Lechat  in  Lyon,  Ludwig  Mar- 
TENS  in  Elberfeld,  Bernhard  Pick  in  Gotha,  Emil  Ritterling 
in  Wiesbaden,  Emanuel  Rizzo  in  Trapani.  Heinrich  Ludwig  Ur- 
lichs in  München,  Paul  Weizsaecker  in  Calw,  Kunhad  AVer- 
nicke  in  Berlin,  Theodor  Wiegand  in  Smyrna. 


INHALT 


W.  Amelung.     Orphisches  in  der  unt eritalischen   Vasenmalerei 

S.  97-107. 
H.  Degering.      Ueber  die  militärischeil    Wegweiser  in  Pompeji 

(Taf.  V)  S.  124-146. 
P.  Hartwig.      Eine  Schale  des  C.  Pojnlius  S.  399-408. 
Oii.  HüELSEN.     Di  im  ritrovamento  di  oggetti  jrrczio^i  sulV Esqui- 

lino  nel  1545  S.  90-92. 
H.  Man  CIN  I,        Scavi  di  Orvieto  S.  192. 
A.  Mau,  Ausgrabungen  von  Pompeji.  Lisula  J7  Lj  (Taf.  I. 

II)  S.  3-59. 
A.  Mayr.  Pantelleria  S.  367-398. 

A.  Michaelis,     Monte  Cavallo  (Taf.  VIII)  S.  248-274. 
P.  Orsi,  Le  necropoli  di  Licodia  Eubea  ed  i  vasi  geome- 

trici  del  quarto  feriodo  siculo  S.  30 "-366. 
X.  Persichetti,  Alla  ricerca  della  via  Caecilia  (Tav.  VII)  S.  193- 

220. 
E.  Petersen,        Der  Faustkämpfer  des  Thi^rmemnuseumsS.93-9h' 
"  "  Funde  und  Forschung  S.  150-191. 

"  Grab  bei    Volterra  S.  409-413. 

L.  Pollak,         Neue    Beiträge  su   den    Meistersignaturen    und 

Lieblingsinschriften  (Taf.  IV)  S.  79-89. 
Laokoon  (Taf.  VI)  S.  147-149. 
M.  Rostowzew,  Das  Patrimonium  und   die   Ratio   Thesaurorum 

S.  108-123. 
A.  Schulten,      Libello  dei  coloni  d'un  demanio  imperiale  in  Asia 

S.  221-247. 
•I.  Six,  Ikonographische  Studien  S.  60-78. 

('x.^TünLvwiTH,  Bemerkungen    von    einer    christlich- archäologi- 
schen Studienreise  nach  Malta  und  Nordafrika 

(Taf.  IX.  X)  S.  275-304. 
Z'i  S.  170  und  180  S.  414. 
Sitzungen  S.  96.  415. 
Ernennungen  S.  415. 


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I  II 


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ROMA    roT.     DilNXSI 


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IV 


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