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Full text of "Mittelhochdeutsches Lesebuch: Mit Grammatik und Wörterbuch"

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MICHAEL REESE 




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ittelMtaMes LeseMcli 



mit 



Grammatik und Wörterbuch. 



4 



Von 

Dr. Albert Bachmann, 

Professor an der Universität zu Züi-ich. 







Zweite Auflage. 



ZÜRICH 
Fäsi & Beer 

1898. 






S'.Pfc^- 



i- 



Druck von Zürcher & Furrer in Zärich. 



Aus dem Vorwort »ur ersten Auflage (1892). 



— Mein mhd, Lesebuch will in erster Linie ein Schulbuch sein und 
von diesem Gesichtspunkt aus beurteilt werden. Der Lesestoff ist so aus- 
geioählt, dass er nicht nur einen möglichst umfassenden Einblick in die 
litterarischen Erzeugnisse der mhd. Zeit gewährt^ sondern vor allem auch 
das Interesse des Schülers zu wecken und zu fesseln vermag. Daher z. B» 
im epischen Teil die Zurückdrängung der höfischen Kunstdichtimg zu gunsten 
der Volksepik und kleinerer Erzählungen mehr realistischen Charakters. 
Von einigen aufgenommenen Stücken kehrt Stoff oder Motiv in nhd. Dich- 
tungen wieder, was zu fruchtbaren Vergleichen zwischen älterer und neuerer 
Kunstübung Anlass geben mag. Vieles von dem Gebotenen wird sich mit 
Vorteil im Geschichtsunterricht verwerten lassen. Von verknüpfender Er- 
zählung und litterargeschichtlichen Einleitungen habeich durchaus abge- 
sehen, um nicht dem Lehrer die Hände zu binden, auf dessen kräftige 
Mitfinrkung überhaupt in jeder Beziehung abgestellt ist. Über die dem 
Teocte zu Grunde gelegten Ausgaben gibt das Inhaltsverzeichnis Auskunft. 
Änderungen, die nickt bloss die Orthographie betreffen, habe ich mir nur 
ganz wenige erlaubt. Für den Ausschnitt au^ Reinhart Fuchs sind mir 
z. B. von Bahders Bemerkungen in Paul und Braunes Beiträgen XVI, 
4:9 ff., für Tristan diejenigen Pauls in Pfeiffer^(^ermania XVII, 385 ff. 
von Nutzen geu^esen. Bei Walther weiche ich von Wilmanns darin ab, 
dass ich in Nr. 15,10 (Lachm. 124, 10) das handschriftliche bereitet 
und in dem Liede Nr. 8 (Lachm. 74,20) die überlieferte Form wieder 
hergestellt habe. Die Partien aus Gudrun sind nach Müllenhoffs Aus- 
wahl (Kiel 1845), aber nach dem Texte Martins (Halle 1883) gegeben. 
— Die Anmerkungen sind wesentlich dazu bestimmt, dem Schüler bei 
der häuslichen Vorbereitung über grammatische, besonders syntaktische 
Schwierigkeiten hinwegzuhelfen und so den Mangel eines zusammenhängen- 
den Abrisses der Syntax einigermassen zu ersetzen; Sachliches ist mit 
Absicht wenig in sie aufgenommen worden. — Das Wörterbuch, das sich 
genau an die Texte anschliesst, bringt nur diejenigen Wörter, die in Form 
oder Bedeutung vom Nhd. erheblich abweichen, und von ihnen in der Regel 
nur diejenigen Bedeutungen, die aus dem Texte zu belegen sind. Auf 



IV Vorwort. 

etijmologhche Bemerkungen habe ich verzichtet, weil darin die nötige 
Gleirhmässigkeit schon aus Rücksicht auf den Raum doch nicht durchzu- 
führen gewesen wäre und mit bloss zufälligen Andeutungen weder dem 
Lehrer noch dem Schüler recht gedient ist. Aus dem selben Grunde bin 
ich der überall sich aufdrängenden Bezugnahme auf die lebenden Mund- 
arten, aus dem Wege gegangen; hier kommt ührigens noch dazu, d-ass 
derartige Zutaten doch nur für ein beschränktes Gebiet zutreffen würden. 
— Der kurze Abriss der mhd, Laut- und Foj'menlehre, in dem ich mich 
meist Pauls vortrefflichem Buche (Mittelhochdeutsche Grammatik, 3. Aufl., 
Halle 1889*) angeschlossen habe, verfolgt den doppelten Zweck, einerseits 
das gramfnatische Verständnis der gebotenen Teccte zu ermöglichen, ander- 
seits als Grundlage für geschichtliche Betrachtung der nhd, Schriftsprache 
zu dienen; letzterm Zwecke sind die zahlreichen Exkurse Ober nhd, Sprach- 
verhältnisse gewidmet. — — — 



Vorwort zur zweiten Auflage. 



Die vorliegende zweite Auflage unterscheidet sich von der ersten nicht 
wesentlich. Zu einschneidenden Änderungen lag um so weniger Grund 
vor, als die Anlage des Buches so ziemlich allgemein Beifall gefunden 
und im Unterricht sich bewährt hat. Vorab die Texte sind dieselben 
geblieben, abgesehn von einem kleinen Zusatz in dem Stück aus Freidank 
und einigen Kürzungen im lyrischen Teil, zu denen mich der dringende 
Wunsch des Verlegers zwang, dass der bisherige Umfang des Buches 
unter keinen Umständen überschritten werden möchte. In Bezug auf die 
zu Grunde gelegten Ausgaben ist lediglich anzuführen, dass der Abschnitt 
aus dem Iwein jetzt nach Lachmann (4. Ausgabe, Berlin 1877) gegeben 
ist, derjenige aus dem grossen Rosengarten nach G, Holz (Halle 1893), 
unter Benutzung der Bemerkungen von S, Singer im Anzeiger für deut- 
sches Altertum XXI 65ff. Etwas stärkere Veränderungen haben die 
Beigaben erfahren. So sind die erklärenden Anmerkungen zum Teil um- 
gearbeitet und erweitert worden. Raum dafür schaffte der Wegfall zahl- 



*) 1894 in 4. Aufl. erschienen. 



Vorwort. V 

reicher Anmerkungen syntaktischen Inhalts, an deren Stelle nunmehr eine 
knappe Übersicht über die — vom Standpunkt des Nhd, aus — wich- 
tigsten Erscheinungen der mhd, Syntax am Schlüsse der Grammatik getreten 
ist. Wo es geboten schien, wurde unter dem Text auf die §§ dieser Zu- 
sammenstellung verwiesen. Die Darstellung der mhd. Laut- und Formen- 
lehre habe ich, wo immer es ohne Schaden für die Verständlichkeit angieng, 
noch mehr zusammenzudrängen gesucht, auch in sachlicher Hinsicht ist 
das eine und andre, namentlich in der Lautlehre, geändert^ zu einer 
wesentlichen Beschränkung des gebotenen Stoffes konnte ich mich hn Hin- 
blick auf den im Vorwort zur ersten Auflage ausgesprochenen Zweck des 
Abrisses nicht entschliessen. Im Wörterbuch sind vorhandene Lücken er- 
gänzt, matiche Worterklärungen anders gefasst und beimeh'ftyrmigen Wörtern 
die Verweisungen vermehrt, um dem Schüler ratloses Suchen zu ersparen, 
überhaupt war ich bestrebt, den Wünschen und Ausstellungen, die teils 
in den öffentlichen Besprechungen der ersten Auftage, teils brieflich tyder 
mündlich geäussert worden waren, tunlichst gerecht zu werden. Von 
grossem Nutzen war mir u, a. die eingehnde Rezension, die A. Leitzmann 
im Literaturblatt für germ. und roman.' Phil. 1894 Nr. 2 dem Buche 
getcidmet hat. 

Meinem Freunde Prof, S. Singer in Bern bin ich aufs neue zu Dank 
verpflichtet für den ungemein fördernden Anteil, den er auch an der 
Herstellung dieser neuen Auflage genommen hat: er hat wiederum die 
Korrekturbogen durchgesehn und zu den Anmerktmgen eine grosse Zahl 
wertvoller Beiträge beigesteuert. 

Zürich, im April 1898. 

A. Bachmannl 



Inhalt. 



Seite 

Vorwort 

Grammatik IX 

Lesestücke . i 

Epik. 

I. Aus d^m Nibelungenlied (nach Lachmann) .... 1 

(Kriemhildens Traum — Siegfried — Das Pfingstfest — 
Günthers Brautfahrt — Siegfrieds Tod (nach Bartsch) — 
Hagen imd Kriemhild — Hagens und Volkers Nachtwache — 
Rüedegers Tod — Der Untergang der Mannen Dietrichs — 
Dei* Ausgang.) 
IL Aus Gudrun (nach Müllenhoff -Martin) ..... 53 

(Hildes Entführung — Gudruns Erlösung.) 

III. Aus dem grossen Rosengarten (nach G. Holz) .... 79 

(Der Mönch Ilsan — Der Fährmann.) 

IV. Aus Reinhart Fuchs (nach Reissenberger) .... 85 

(Reinhai*t und Schantecler — Der Fischfang.) 
V. Aus dem Alexander des Pfaifen Lamprecht (nach Kinzel) . 91 

(Der Wunderwald.) 
VI. Aus dem Iwein von Hartmann von Aue (nach Lachmann) . 93 

(Kälogi*6ants Abenteuer im Walde von Breziljän.) 
VIL Aus dem Parzival von Wolfram von Eschenbach (nach Lachmann) 101 
(Parzivals Erziehung im Walde — Das Mahl auf der 
Gralburg.) 
VIII. Aus Tristan und holt von Gottfried v. Strassburg (nach Bechstein) 112 
(Tristans Erziehung — Tristans Schwertleite.) 
IX. Aus dem trojanischen Kriege von Konrad von Würzburg (nach 

A. von Keller) . 120 

X. Otte mit dem Barte von Konrad von Würzburg (nach Lambel) 125 
XL Aus dem Meier Helmbrecht von Wernher dem Gärtner (na«h Keinz) 135 

XII. Aus dem Passional (nach Pfeiffer) 143 

(Theophilus und der Teufel.) 

XIII. Aus dem Amis von dem Stricker (nach Lambel) . • . 147 

(Ämls und der Bischof.) 

XIV. Kobold und Eisbär von Heinrich von Freiberg (nach Weinhold) 151 



Lyrik. Seite 

I. Namenlose Lieder (nach Haupt und Bartsch) . . . . 156 

II. Der von Kürenberg (nach Haupt) > 1B7 

III. Dietmar von Aist (nach Haupt) 158 

IV. Kaiser Heinrich VI. (nach Haupt) ^ . . ! . .159 
V. Reinmar von Hagenau (nach Haupt) . . . . , . 160 

VI. Walt her von der Vogelweide (nach Wilmanns) . . . . 161 
(Lieder — Religiöse Gesänge — Sprüche.) 

VII. Ulrich von Singenberg (nach Bartsch) 185 

VIII. Neidhart von Reuenthal (nach Keinz) 185 

IX. Johannes Hadlaub (nach Bartsch) ' . . I ... 188 

X. Lieder der Mystiker (nach Wackernagel) 189 

Anhang (Aus den Garmina clericorum, nach Schmeller) . . 190 

Didaktik. 

I. Aus den Sprüchen Spervogels (nach Haupt) . . . . 193 
II. Aus dem Winsbeken (nach Leitzmann) . . . . . 195 

III. Aus Freidanks Bescheidenheit (nach Bezzenberger) . . . 201 

(Von Gott — Von der Seele — Von der Reue — Von 
Königen und Fürsten — Von Rom — Von der Zunge.) 

IV. Aus Barlaam und Josaphat von Rudolf von Ems (nach Pfeiffer) 209 

(Parabel vom Mann und dem Einhorn.) 
V. Beispiele und Fabeln ' . . . 211 

1. Aus des Strickers Beispielen (nach Wackeraagel) . . 211 
(Der Kater als Freier — Der Mann und der Waldgeist.) 

2. Fuchs und Krebs (nach Massmann) 215 

3. Aus Boners Edelstein (nach Pfeiffer) .... 216 
(Affe und Nuss — Die Maus und ihre Kinder — Der Jude 

und der Schenk — Der törichte Schüler.) 

Prasa. 

I. Geistliche Prosa . . 221 

(Aus einer Predigt Bruder Bertholds von Regensburg, nach 
Pfeiffer.) 

II. Geschichtliche Prosa 227 

(Aus dem ältesten deutschen Jahrbuch von Zürich.) 

HL Rechtliche Prosa . 229 

(Aus dem Schwabenspiegel, nach Wackemagel.) 

Wörterbuch . 233 



V' 



HittelhocMentsclie GrammatiL 



§ 1. Das Deutsche bildet einen Zweig der germanischen Sprachen, 
die ihrerseits zu dem indogermanischen Sprachstamm gehören. Es zerfällt, 
hauptsächlich auf Grund seines Verhaltens zur zweiten LautToYscWietung > 
(§12), iB^äas Niederdeutsche (niedersächsisch und niederfränkischj und 

3/ das Oberdeutsche (bairisch-österreichisch und alemannisch) ; vermittelnd 
zwischen beiden steht das Mitteldeutsche (mittel-, süd- und ostfränkisch; 
thüringisch, obersächsisch, schlesisch). Ober- und Mitteldeutsch pflegt 
man auch unter dem Namen Hochdeutsch zusammenzufassen. In der 
Ent Wickelung des Hochdeutschen werden drei Hauptperioden unterschieden : 
1. das Althochdeutsche (ahd.), vom Beginn der litterarischen Über- " 

• lieferung (Mitte des 8. Jhs.) bis ums Jahr 1100. — 2. das Mittel- 
hochdeutsche (mhd.), etwa von 1100 bis 1500. — 3. das Neuhoch- 
deutsche' (nhd.), seit 1500, die Periode der wesentlich auf mitteldeutscher 
Grundlage erwachsenen hochdeutschen Schriftsprache. Die Blütezeit der 
.mhd. Litteratur dauerte ungefähr vom Ende des 12, bis in die Mitte des 
13. Jhs. ; ihre Sprache soll in gedrängter Kürze auf diesen Blättern dar- 
gestellt werden. 



I. IjaTite- 



A. Vokale. 
§ 2. Übersicht über die mhd. Vokale. 

Kurze : a, e (ä), i, o, ö, u, ü. 

Lange : ä, ob, e, i, 6, ce, ü, iu, 

Diphthonge : ei, ie, (iu), ou, öu (eu), uOj üe. 

Anmerkung, e bezeichnet 1. einen offenen Laut, wo es germanischem e 
entspricht (in dieser Grammatik e) — 2. einen geschlossenen oder dann einen 
ganz offenen, dem a nahestehnden Laut, wo es t-Umlaut von a ist (§ 4 Anm. 3). 
Dazu kommt das unbetonte c in Flexions- und Ableitungssilben (§ 8). — ie ist 
als Diphthong zu sprechen. — iu vertritt 1. altes diphthongisches iu (§ 5 a) — 
2! dessen t- Umlaut — 3. den *- Umlaut von ü (§ 4b). Der Lautwert von 2 
und 3 ist w, 1 war^auf einem gi'ossen Teil des obd. Gebietes noch diphthongisch, 
stand aber dem u sehi* nahe. 

In den folgenden §§ sind die wesentlichsten (altern und Jüngern) 
Lautvorgänge dargestellt, auf denen der mhd. Vokalismus beruht. 



X Mittelhochdeutsche Grammatik. 

^ /"^ * 

Vokale stark betonter Silben. 

§ 3. Der Umlaut. Mit diesem Namen bezeichnen wir hier die 
vollständige oder teilweise Angleichung des Vokals betonter Silben an den 
Vokal der folgenden unbetonten Silbe. Wir unterscheiden einen _i- Um - 
laut und einen a-ümlaut, jener durch i^ J^ dieser durch a (e, O) 
der Folgesilbe hervorgerufen. Da die vollen Endungsvokale im Mhd. 
meist zu e abgeschwächt sind (§ 8), müssen wir zur Verdeutlichung des 
Vorgangs ältere Sprachformen zu Hilfe nehmen. 

§ 4. Durch ^Umlaut wurde ; 

a. schon im Urgermanischen e zu i, Beispiele : nemen : du nimest : 
er nimet (^ahd. neman: nimis: nimit); 7'eht: rihte: rihten: gerihte (^ahd. 
7'eht: rihtt: fihtfjjan: girihti); berc: gehirge fahd. herg: gibirgi) ; erde 
(ahd. erda) : irdtn; geben: giß (aus *gifti-) usw. 

Anm. 1. Der selbe Lautwandel trat im Ui'germahischen ausnahmslos ein vor 
Nasal + Konsonant ; vorl. loint: lat. ventus; binden, vinden, springen usw. gehn 
alle auf c- Wurzeln zurück. Vgl. auch gimme, entlehnt aus lat. gemma. 

Anm. 2. Im Ahd. wurde e auch vor u zu i; vgl. helfen, nSmen, geben: 
ich hilfe, nime, gibe (ahd. hüfu, nimu, gibn); vihe neben vehe (§ 24 a). 

b. seit der ahd. Zeit a zu e (äjy d zu OBß O zu öß 6 zu w^ 
tl zu ü, fl und itl zu ü (geschrieben ill), OU zu ÖU (eu), UO zu iie, 

Beispiele: gast: pl. geste (lahd. gast: gesti) ; ich grabe: du grebest: 
er grebet (ahd. grabu: grebis: grebit); lanc: lenge (ahä, la.ng: lengt) ; 
glas: glestn; man: tnensche (^ahd. mennisco), — wir gäben: ich gcebe 
(ahd. gdbun: gäbi) ; loch: löcher (ahd. lochir) ; adj. schoene: adv. schöne 
(ahd, scöni: scöno) ; durch: dürkel (^ahd. durchil) ; hüs: hiuser (ahd. 
Jmslr) ; troum: tröumen (ahd. troumfjjan); guot: güete (ahd. guott), 

Anm. 3. Das Ahd. })o;'oi^hnet erst den Umlaut von a (geschlossenes e\) und 
auch diesen nur in bpsfhränktem Umfang, indem er vor gewissen Konsonanten 
(hs, ht, /i, häufig auch vor r- und /-Verbindungen), forn.pr vor den Ableitungs- 
silben 'Un, lieh und vor einem i der zweitnächsten Silbe ausbleibt. Erst mhd. 
erscheint er in der Regel auch hier, doch nicht als geschlossenes, sondern als 
ganz bflferies e (noch offener als c), weshalb ihn die Handschi-iften nicht selten 
mit dem neuen Zeichen ä wiedergeben; z.B. geslähte* 

Anm, 4'. Der Umlaut von u unterbleibt 1. fast ausnahmslos vor Zrf, ltj_^ 
hulde (ahd. 'huldi), guldin, dulten (ahd. duU[jJan). — 2. obd. vor ch (ggTf auch 
p/", tz: zucken (ahd. zucchfjjan), brugge (ahd. bruggfjja), lupfen u.a. -^ 3. sehr 
oft vor Nasal + Konsonant: ich sunge (ahd. sunqi), wunne neben wünne (ahd. 
tüunn[jja), dünken neben dünken usw. — Auch li, mo, ou verschmähn teilweise 
den Umlaut, besonders vor Labialen, so in rümen, sümen, geloubeuy houbet, 
taufen, vrouwe^ auch in ruochen, suochent in denen allen ursprünglich j. oder i 
auf die Wurzelsilbe folgte. 

§ 6, Durch a- Umlaut (auch ,Brechung* genannt) wurde: 
a. schon im Urdeutschen U zu 0_, ausser vor n oder m + Konsonant. 
Alle ursprünglichen deutschen o sind auf diese Weise entstanden, u er- 
hielt sich also ausser vor Nasalverbindungen nur vor i^ j, u der folgenden 
JSilbe. Beispiele : ^o/^ ; guldin; dorren: dürre (ahd. dorren: durri) ; 
voll: viille: vüllen fahd. voll: vullt: vull[j]an) ; vor: vür (ahd. vara: viun); 
ober: über Cahd. obar: ubir) ; wir vlugen, tvurfen: gevlogen, geworfen 



■^ 



• ke Grammatik. xi 

<ahd.^w^>^«.^^^ %fan)^; d&gegen wir bunden^ swummen: 

gebunden, gest^fum: oifiöo • ^^f^); dagegen hunt (laus *hunda-)» 
— Entsprechend wiirtio^ ' ^^ .a ^glich diphthongisches) iu zu io (mhd. ie)y 
nui ... " "' ,oifi>^.iP^^®y„^Qalten blieb. Beispiele : "^^^«cä; siuche (ahd. 
stock: siuchi) ; liehtTnW^en (ahd. Höht: liuht[j]an) ; ^ziehen, si^ziehent: 
ich ziuhe, du zinkest, er zinket (sihd. ziokan, si ziokani: ik ziuhn, du 
ziuhis, er ziuhit) ;. dagegen trinke "iffthd. trinwa), briuwen ^ahd. briuwan), 

Anm. L Den Übergang Vmi n zu o hinderte teilweise auch einfacher 
Nasal; vgl. vrume (ahd. fruma); gemimen neben genomen u.a. 

Anm. 2. Im Oberdeutschen blieb ursprünglich iu vor allen Labialen und 
Gutturalen (ausser h) ; daher die Doppelformeir tiuvel : tievel (altoberdeutsch : 
tiuval); Huf: lief (prät. von loufen)* ^ 

b. / zu Cy doch nur in einer beschränkten Zahl von Fällen ; z. B. in 
qutc (engl, quick); leben (engl, to live) u. a. Daher rühren Doppelformen 
wie schif (Stamm skipa-) : sckef; sckirm(en) : sckerm(en). 

§ 6. Die Längen e und 6 gehn auf die Diphthonge ei (^älter ai) 
und otc (^älter au) zurtick. ei (ai) wurde zu 6 vor k, r, w und im Aus- 
laut ; z.B, le('ufs) : got. klaiw ; sptwen, ztken: prät. spe, zech (aber stigen: 
prät. steic) ; nm-e : meist. — ou (au) zu' 6 vor Dentalen, k und im Aus- 
laut; z.B, biemn, gießen, V erliese n, vlieken: prät. bot, gö?, verlos, vlöck 
(aber vliegen, f liefen: prät. vlouh, slouf); tdl: töuwen; sckcene: schouwen; 
strd : ströuwem; vro: vröuwen, 

§ 7. wer Ablaut ist ein nach bestimmten Gesetzen sich voll- 
ziehnder WJhsel des Vokals einer Wurzelsilbe. Er zeigt sich in der 
Wortbildung Innerhalb der verschiedenen Ableitimgen aus der selben Wurzel, 
am klarsten In der Tempusbildung der sog. starken Verben. Alle Ablauts- 
vokale einer Wurzel bilden zusammen eine^blautsreihe. Das Nähere s. § 39. 

Anm. 1 er Ablaut hat der Hauptsache nach seinen Grund in den "Skzent- 
verhältnissen ler indogermanischen Ursprache. Er lässt sich darum auch in den 
übrigen indog< rm. Sprachen nachweisen, sehr deutlich z. B. im Griechischen ; 
vgl. njXxHß):n7ioi'ht: ^juO-ov ; ontvöta: anovßrw (fevy(o: ^'(fjjyov ; (f£Q(o: (fJ)^og; 
(frjui: ffwvYi u w. 

^ Vokale nicht stark betonter Silben. 

§ 8# Im den unbetonten Flexions- und Ableitungssilben herrscht wie 
nhd. schwaclfes e. Noch das Ahd. zeigt an dessen Stelle meist vollere 
Vokale; vgl, z. B. ahd. geban: mhd. geben; ick gibu: g^be ; wir gäbum: 
gäben; ik gdbi: gcebe; du gäbis: gcebest; sagin: sagen; lobön: loben; 
ik lobota: lobete; kuldi: kulde (zahlreiche Beispiele s. in der Flexions- 
lehre). Volle Vokale erhielten sich nur in Silben, die regelmässig einen 
Nebentpn trugän ; vgl. iclrtinne, kdndelunge, stebeltn (i ^ 1) u.dgl. In Silben 
aber, die im Satzzusammenhang bald nebentonig, bald unbetont waren, 
erscheint neben dem vollen der abgeschwächte Vokal ; z.B. mänöt: mänet; 
part. gewarndt (§ 42c); getvarnet ; äbunt: dbent ; irdisck: irdesck ; vgl. 
auch (n)ieman: (n)iemen; (n)iemer: (n)iemer, 

D^selben Abschwächung unterlagen die Vokale unbetonter Vorsilben, 
pro- oder enklitischer Präpositionen, Pronoraina usw.; vgl. urteil: erteilen; 



XII Mittelhochdeutsche Grammatik. 

imbU: enbi^en ; in: en (enhdnt, ett^n^y^) . baten (= bat nOf vander 
(= vant er); derbi nehen 6?ar^ u^a.m - - 

§ 9. Sehr oft wird ein unbetonter ^okal (vorab «^^öllig njit er- 
drückt. Besonders gefährdet ist er, wo erSiü Woi^ ^^er Satz Zwischen 
.stark- und nebentoniger Silbe steht; vgl. z.B.' marktes (aus mdrk$t^s); 
lopte (aus löbet^); sime (aus shime, sineme § 30a); gebrant(er) neben 
gebrennet (§ 42a); am^ lant (aus an da? Idnt) u§f. Ebenso schwindet er: 

a. häufig, in Vorsilben. So wird ge- vor Vokalen, teilweise auch vor 
w, l, r und n zu g-: ges^^en (aus ge-^:;i;en}, garnen (aus ge-arnen); glich 
neben geUeh, gno? neben gend? ; ähnlich be- zu b-: bange (aus be-ange)^ 
bltben neben beltben, 

b. in einsilbigen Pro- und Enkliticis; z. H. in neben (aus en-eben)^ 
s hüses (aus des hüses)] dun' {= du in), ich hdns (== hdn si oder hdn es). 
Ursprünglich zweisilbige Wörter werden in gleicher Stellung vielfach ein- 
silbig; so erklärt sich das Nebeneinander von abe: ab; ane: an; nnde: 
und; voHe-: völ- ; herre: her; vrouwe: vrou, ver. 

^ c. regelmässig nach kurzer Silbe auf^ oder Jj ich var, wir varn,. 

dagegen ich grabe, ivir graben; der stil, des siils, die stil, dagegen der 
tac, des tages, die tage. Ebenso nach den Ableitungssilben ^er, -el, -en: 
ahsel(e)n, hamer(e)s, wdfen (aus wdfenen), " '^ 

§ 10. Die wesentlichsten Unterschiede zwischen dem mhd. und jihd. 
Yokalismus. a. Die nhd. Quantitätsregel, wornach vor einfacher Konsoiianz 
langer, vor zwei- und mehrfacher dagegen kurzer Vokal gesprochen wird, gilt 
fürs Mhd. nicht. Man spreche also väter, sägen, haben, nemen, legen, ligen, 
sigen (siegen), Öoen, über; anderseits brähte, ddhte, hersen (herrschen), osten. 
Bei erhaltener Kürze ist im Nhd. in der Regel der folgende Konsonant ver- 
doppelt: mhd. komen: nhd. kommen; hamer: Hammer; sumer: Sommer; siter 
Sitte; schate: Schatten; /)Zc*er; Blätter; geriten: geritten; ebenso bei Kürzung 
ursprünglicher Länge: jdmer: Jammer; wdfen: Waffe; hdte: hatte. 

b. Der Umlaut von a wird im Nhd. mit ä bezeichnet, wenn der Zusammen- . 
^ hang mit a-Formen noch deutlich empfunden wird: Bach: Bäche (mhd. heche)y 

'^tt^isLvälter (mhd. elter), aber ,Eltern' ; grabe : gräbst (mhd. grebest) ; Fahrt : Fährte,. 

aber^f^ig'- 

c. Mhd. ou ist zu »aw, öu zu äu (eu) geworden ; vgl. Baum : Bäume (mhd. 
boum: böume). ei bleibt in der Schilift mit Ausnahme weniger Fälle, wo e& 
durch ai wiedergegeben" wird ; z.B. in meie: Mai; weise: Waise; heiser: Kaiser. 

d. Mhd. t, ü, iu sind zu ei, au, eu (äu) geworden; vgl. stigen: steigen; hiis: 
Haus; Mute: heute; briute: Bräute (wegen ,Braut*). Die Verbindungen -ir, -nr, 
'iur haben sich, zunächst im Auslaut,' zu -eier, -auer, -euer (-äuer) entwickelt; 
z.B. gir: Geier; sür: sauer; viur: Feuer. 

e. An Stellender Diphthonge ie, uo, üe sind einfache Längen i (aber noch 
geschrieben ie) ü, ü geti*eten; vgl. dienen: dfnen (gesdirieben : dienen); viuot: Mut; 
häene: kühn; ^T.v erkürzt zu i, u, ü; z.B. lieht: licht, Licht; (n)iergen: (n)irgend; 
muoter: Mutter; wuohs: wuchs; müe^en: müssen. 

f. Mhd. M (ü) entspricht oft nhd. o (ö), besond.ers vor Nasalen : sunne, wunne, 
gewannen; geswumrhen; sunder; hünec, münech; sun, süne (: Sohn, Söhne); 
sumer; vgl. auch mügen: mögen und § 40c. — Mhd. d = nhd. o: dne, mdne 
( : Mond), arcwdn^ wdc ( : Woge), wd. — Mhd. e = nhd. ö : leffel, schaffen, leschen, 
ergetzen, swern, welben, helle, wenen (: gewöhnen). — Mhd. ü = nhd. i: küssen, 
sprützen; i = ür wirde. 



Mittelhochdeutsche Grammatik. xni 

g. Der Schwund von unbetontem e hat im Nhd. noch weiter um sich ge- 
griffen. Doch ist in der Flexion, wo es durch die Rücksicht auf die Deutlich- 
keit der Form geboten schien, ab- oder ausgefallenes e nicht selten auf analogi- 
schem Wege wieder hergestellt worden; vgl. mhd. ich var: nhd. fahre; mhd. 
idi rihte (prät. von rihten): nhd. richtete (§ 43 b). 



B. Konsonanten. 
§ 11. Übersicht Aber die mfad. Konsonanten. 



Labiale 
Dentale 
Gutturale 


Verschlusslaute 


Reibelaute. 


Affrikaten. 


Nasale. 


p; b 

t; d 

k (c, q); g 


h^f(v) 

? ; s ; seh 

9(j); ch(h) 


pf, ph 

z 

k (alemann.) 


m 
n 

(ng) 



Liquidse: r, L Halbvokale: w, j. 

Anm. f bezeichnet a) einen stärkern Laut jm Auslaut, im Inlai^t da, wo 
es germ. p (s. § 12) entspricht — b) einen schwächern Laut, wo es auf germ. 
/ zurückgeht, d. h. im Anlaut und teilweise im Inlaut. Statt des letztem wird 
im Anlaut sehr häufig, im Inlaut fast immer v geschrieben. — pf und ph be- 
zeichnen den gleichen Doppellaut (= nhd. pf). — Statt seh findet sich noch die 
altere Schreibung se (§ 12 Anm.). ^- f; (in den Handschriften von der Afifrikata z 
nicht unterschieden) ist ein dem nhd. ss ähnlicher Reibelaut. — fc und c be- 
zeichnen den selben Laut, jenes wird im Anlaut, dieses im Auslaut der Silbe 
verwendet. Daher in der Verdoppelung ck: wec-hen. — h ist im Silbenanlaut 
= nhd. h (Hauchlaut), im Silbenauslaut und in den Verbindungen hs, ht = 
nhd. cif* (s. ^20a). 

An der Ausbildung des mhd. Konsonantismus sind im wesentlichen 
folgende ältere Lautvorgänge beteiligt: 

§ 12. Die Lautverschiebungen. Darunter versteht man einen 
allgemeinen, gesetzmässigen Wandel bestimmter Konsoaanteii;- durch den 
sich einerseits das Germanische von den übrigen indogermanischen Sprachen 
(erste oder germanische Lautverschiebung), anderseits das Hoch- 
deutsche von den übrigen germanischen Dialekten (also auch vom Nieder- 
deutschen) abhebt (zweite oder hochdeutsche Lautverschiebung). 
Ziir- Veranscbaulichung beider Verschiebungen diene folgende Tabelle : 



Indogermanisch. 



Germanisch. 



Hochdeutsch. 



p, t, k (griech..7r, r, x) 
h, d, g (griech. /J, ö, y) 
hh, dh, gh (griech. <jp, ^, x) 



f,th{^er\^\Ah),h{=^ch) 
p, t, k 
h, d, g 



f(v), d («och niederd.), Ä (eh) 
b (p), t, g 



c^-A/iX 



XIV Mittelhochdeutsche Grammatik. 

Einige Beispiele (für das Indogerm. setze ich, wo nichts andres 
bemerkt ist, die griechischen, für das Germ, die englischen, für das Hochd. 
die mhd. Formen her): Trovg (Stamm Tiod-): foot; fuo^, — TQsig: three: 
drt. — dsKa: (gotisch) tehun: zehen. — xawaßtg: hemp (aus hänep)i 
han(e)f. — öwajQv. tear: zäher, — iyco: (gotisch) ik: ich. — q)eQtoi 
hear : hern, — 'd'vyccTr^Q: daughter: iohter, — /ijv: goose: gans, 

Anm. j9jp, tt wurden durch die zweite Verschiebung zu pf^ tss; hb, dd zu 
pp, tt; kk und gg fielen (doch nicht überall) in ck zusammen. — Nicht betroffen 
von der- 2. Verschiebung wurden die Verbindungen tr, ht, ft, sp, st, sc. sc wurde 
erst während der ahd. Zeit zu s-ch, später zu seh. 

§ 13. Der grammatische Wechsel. Schon vor dem Eintreten 
der hochdeutschen Verschiebung wurden unter bestimmten Akzentverhält- 
nisden die stimmlosen Reibelaute f, th, h, s zu stimmhaften b, d, g, 9 
(= französ. z, daraus hochdeutsch r) erweicht. Daraus ergab sich für da* 
Hochdeutsche innerhalb der selben Wurzeln ein Nebeneinander von f (v) * — 
b, d — t, h — g, 8 — r, das man als , grammatischen Wechsel* be- 
zeichnet. Beispiele ; hof(-ves) : hübesch ; dürfen : darben, — sniden : wir 
sniteriy gesniten, — ziehen: wir zugen, gezogen; väken (§ 16): wir viengeh^ 
gevangen, — weisen, ich was: wir wären; genesen: nern, S. § 39. 

§ 14. Oemination. Ebenfalls vor die 2. Lautverschiebung fielßn 
zahlreiche Konsonantenverdoppelungen (Geminationen), meist bewirkt durch 
folgendes (später weggefallenes) j, auch durch w, r, Z, n. Dadurch ent- 
stand innerhalb der gleichen Wurzel Wechsel von b: bb ; p: pp; t: tt; , 
g: gg; k: kk — mhd. b: pp; ff (f): pf; ^i^ (^) : tz (z) ; g: ck (gg) ; ^ 
ch: ck. Z.B. knabe: knappe, raben: rappe (Rabe); schaffen: schepfen,. 
sliefen: sliipfen, sltfen: slipfen; sa^ : sitzen (§37 Anm.), e^^en : etzen 
(füttern); hacfges): hecke; dach: decken, bachen: becke (Bäcker); vgl. 
auch hane: henne, sal: geselle. 

§ 15. Veränderangen vor t. Wurzelauslautendes pf und b er* 
scheint bei ursprünglichem Zusammentreffen mit folgendem t als f, i 
k g ch als 7l/, t d z ^ b\s 8 (für st tritt auch ss, nach langem Vokal s- 
ein). Vgl. geben: gifl ; triben: trift — laden: last; ich wei^: du weist, 
prät. wisse, wiste; ich muo?: du muost, prät. muose, muoste — tragen r 
traht ; wegen: gewihte; würken: worhte; suochen: suohte. 

Anm. In einigen Fällen zeigt sich die Erscheinung auch da, wo das 
Zusammentreffen erst eine Folge späterer Entwickelung war; z.B. decken: prät. 
dahte neben dacte; setzen: saste neben sa^e. 

§ 16. n-Schwand. Im ürgermanischefn schwand n vor h unter 
Ersatzdehnung - des Vokals ; z.B. höhen, vdhen (aus *hanhen, *fanhen) : 
prät. hienc, vienc ; denken : dähte (aus *danhte) ; dünken : dühte (aus *dunhte), 

Anm. Viel junger ist der Ausfall eines n in schwachtoniger Silbe, be- 
sojiders nach silbenanlautendem n; z.B. in künec (aus kuning), senCeJde (aus 
8en&nde)f diende (aus dienende)^ dann auch in heldey spilde (aus helnde, spilnde)^ 

Fürs Mhd. im besondern kommen noch folgende Erscheinungen in 
Betracht : 



1 



Mittelhochdeutsche Grammatik. xv 

§ 17. Statt ^ im Anlaut vor i wird g geschrieben; z,B, jehen: 
ich gike, du gihest. Häufig auch inlautend ; nach i in meije : meige ; 
zweiter : zweiger ; nach r in verje (aus ^farjo) : verge ; scherje (aus *8carjo) : 
Scherge. 

§ 18. Assimilationen, a. n vor Labialen wird häufig zu m; 
z.B. an(e)h6^ : amhö^; inhi^ : imhi? ; enpfähen: empfähen; unmcere: 
umnvßre; unbereit: umhereit 

b. t der Vorsilbe ent- assimiliert sich dem folgenden Konsonanten: 
entbinden: enpinden (enbinden) ; entgelten: enkelten (engelten) ; entdecken: 
entechen (enäecken) ; entfdhen: enpfähen usw. 

c. t nach n wird zu d : durchweg in under, hinder ; ferner in diende, 
wände (prät. zu dienen, wcenen) u.a., sogar sande (aus sand-te)-^ nach m 
in rümde (zu rümen), troumde. Auch nach l: walden, valden ; sölde, 
wölde (prät. zu sein, weUen) usw. 

§ 19, Ansfall von Konsonanten, a. h zwischen Vokalen 
sQh windet nicht selten; z.B. vähen: vän; dihen: dien; zthen: zien; stahd : 
stäL M)enso J (g)y meist nach i; z.B. meige: mde; vriges: vrtes ; aber 
auch drcejen: drcm; müejen: miien. Seltener w?> z.B. kldwe: kläe: klä ; 
vrouwen: vrotin, 

b. Die Verbindungen -tgC", -ibe-, ^ide- (ahd. -igt-, -ibi-, -idi-) 
werden vielfach zu i; -ege", -ede" (ahd. -egi-^ -edi-) zu ei; z.B. ligest, 
liget: Itst, Itt ; (Sigefrit): Sifrit; gibest, gibet: gist, gtt, — tregest, treget : treist, 
treit; megede: meide (darnach auch im Nom. meit); teidingen (aus tege- 
dingen); eislich (aus egeslich); redete: reite. Vgl. auch kleite (aus klagete); 
tälanc (aus tagelanc); hän, hast, häte (aus. haben, habest, habete § 50b). 
— ^ ist geschwunden in län fär läi^en (§ 50 a). 

c. Häufig schwinden Konsonanten bei der Verschmelzung zweier 
Wörter. So namentlich d bei der Versphmelzung des bestimmten Artikels 
mit vorausgehnder Präposition; z.B. üf da^, üf d'e'me, üf den: üfz, üfeni, 
iifen; ze dem(e), ze den, ze der: zefn(e), Zen, zer ; an d'eme: anme, am(e) ; 
umbe den: umben; vov d'eme: vortne usw. Auch 5"; z.B. in e^ ist: est; 
da? ist: deist, dist; da? e?: dei?. Vgl. auch ichne: in(e), . . 

§ 30* Yeränderungen im Anslant. a. Jede Mediisi wird im 
(Silben-)Auslaut zur Tenuis; z.B. lige: lac; tages: tue; trtbe: treip; neigen: 
neide; lobete: lopte; vihde: pant. Ebenso v zu /; hoves: hof; zwelve: 
zwelf ; und h zu ch : s^hen : sach; ziehen : zöch ; höhe : hoch. 

Anm. Die Verhärtung unterbleibt vor angelehntem, vokalisch anlautendem 
Pronomen; z.B. t^'iiog er, vand er, sah et\ 

b. Gemination wird im Auslaut und vor Konsonanten vereinfacht 
(tz wird zu Zp ck zu c)\ z.B. marines: man; valles: val; Stammes: stam ; 
du?? es: du?; blickes: hlic ; satzes: sdz; brennen: braute; stellen: stalte. 
Ebenso nach langem Vokal und Konsonanten ; z.B. vallen: vielen; treffen: 
träfen; verge??en: vergd?en; leit-te: leite (prät. von leiten)', riht-te: rihte 
(prät. von rihten); leist-te: leiste (prät. von leisten). 



XVI Mittelhochdeutsche Grammatik. 

c. W im (Silben-) Auslaut schwindet; z.B. siwes: se; grdwer : grä; 
gelwer: gSl; vartver : var; houwen: prät. hiu; vröuwen : vröitte ; gerwen : 
prät. garte (§ 42 a). Ebenso ^'f^Jy z.B. eiger:'ei; müejen: müelich, 

d. 1* fiel ab in e, me^ da, wd, hie aus er, mer, dar, war, hier; doch 
vgl. dar inne, war umbe, hier inne, 

e. Auslautendes 7¥h wird manchmal zu n; z.B. heim: hein; kam: 
kan; gadem: gaden; bodem: boden usw. 

§ 21« Die wesentlichsten Unterschiede zwischen dem mhd. und uhd. 
Eonsonantismns. a. Der Wechsel zwischen Inlaj it und Ausla ut ist im Nhd. 
(wenigstens in der Schrift) gewöhnlich ausgeglichen, meist' zugunsten des In- 
lauts; vgl. 1)* Tages: Tag; finde: fand; loben: lobte; neigen: neigte; sehen: sah 
(aber hoher, höher: hoch; nahe: Nachbar, nach); zu gunsten des Auslauts bei 
v: f; vgl. Hof: Hofes. — 2) Mannes: Mann; Blickes: Blick; brennen: brannte; 
stellen: stellte; doch ist hier der Wechsel erhalten, wenn sich ein Wechsel van 
kurzem und langem Vokal damit verbindet; vgl. treffen: traf: trafen; fallen: 
fiel(en); erschrecken: erschrak(en). 

b. äw wurde im Inlaut zu au und dieses. dann auch in den Auslaut über- 
tragen; vgl. bräwe: Braue; pfdwe: Pfau; grdwer: grauer, und darnach auch 
grau (mhd. grd). Die Verbindungen rwj Iw wurden inlautend zu rfe, Tb ; z.B. varwe, 
gerwen, swalwe; mit Übertragung des b in den Auslaut, z.B. gel-wer: gelb-ber; 
'oal-wer: falb-ber. In andern Fällen ist die Auslautsform zur Herrschaft gelangt; 
vgl. val'wer: fahl-er; mel-wes: Mehl-es. So sind auch se-ioes: See-s; bü-wesi 
Bau-es u.a. zu erklären. 

c. Allerdings isiw zwischen Vokalen auch sonst in der Regel geschwunden 
(über dw s. b); vgl. vrouiven: Frauen; vrömven: freuen; triuwe: Treue; büwen: 
bauen; spiwen: speien. Ebenso j.(g^: scejen: säen; zweiger: zweier. An Stelle 
des ; ist häufig silbentrennendes Ji getreten; vgl. drcejen: drehen; bläejen: blühen; 
an Stelle eines w in ruowe: Ruhe. 

d. ;5' (^^) ist zu iS, SS geworden ; dafür in einigen bestimmten Fällen s, so 
in da^j waj^y ü?, e^, (blind) e? : das (aber : dass !), was usw. 

e. s hat sich zu seh entwickelt: 1) im Anlaut vor wz, n, l, w (vgl. sniecken, 
snien, slupfen, stoingen); auch vor t und p, wo aber noch s gesehrieben 
wird. — 2) mehrfach nach r; vgl. birsen: birscben; hersen: herrschen; kivM: 
Kirsche; nach l in veilsen : feilschen. 

f. mb hat sich zu« mm assimiliert; z.B. h'ump-ber: krumm; lamp-bes:- 
Lamm; vgl. auch umbe: um. 

g. Ziemlich häufig ist nhd. p für mhd. b im Anlaut, z.B. in Pech, Pilger, 
Priester, prüfen, Plunder ; bei manchen schwankt die Schreibung schon im Mhd. 

h. Nhd. d für mhd. t findet sich 1) nicht selten im Anlaut, so in Dampf, 
Dolde, Docht (mhd. tdht), dunkel ; in den, Lehnwörtern Drache, dichten, dutzend u.a. , 
— 2) in- und auslautend nach l in dulden, milde, Geld, Schild; nach r in Herde \ 
(aber Hirt). • 

i. tw ist zu zw verschoben in zwingen, Zwerg, zwerch (daneben quer), 
Zwehle (auch Quehle). 

k. t ist (z.T. schon mhd.) angetreten in Papst, Palast, Obst (mhd. obeij;), 
einst (mhd. eines), jetzt (mhd. ieze); d in Mond, niemand, jemand, irgend; vgl. 
auch eigen-t-lich, öffen-trlich, allen-t-halben, meine(n)-t-wegen. 



Mittelhochdeutsche Grammatik. 

II- IPo3?i3aeix- 



§ 22. 



A. Deklination. 

Bas Substantiv. 
Starke Maskulina. 





I. 


la. 


IL 




(a - Stämme) 


{ja - Stämme) 


{i - Stämme) 






(ahd.) 






rMi.) 


Sg. N. A. 


tac' 


tag 


Jiirte (ahd. hirti) 


gast 


w 


G. 


tages 


tages 


hirtes 


gastes 


gastes 


D. 


tage 


tage 


hirter 


gaste 


gaste 


PI. N.A. 


tage 


taga 


hirte 


geste 


gesti 


G. 


tage 


tago 


hirte 


geste 


gestio . 


D. 


tagen 


tagum-on 


hiHen 


gesien 


gestim 



Bemerkungen, a. I und II jmterscheiden sich nur noch durch den 
Umlaut im PL ; wo dieser nicht eintreten kann, stimmen beide völlig 
überein : schrit, schrite wie visch, vische. Damit hängt es zusammen, dass 
viele a- Stämme ihren PL mit Umlaut zu bilden anfangen, so ban: henne; 
halm: helme; schalk: schelke; tvalt: weide; satel: setele; wa^en: wegene 
usw. ; doch kommen daneben noch die umlautlosen Formen vor. 

b. Das Kennzeichen ' der Klasse la ist das e im N. A. Sg. Zu ihr 
gehören ausser hirte auch rücke, wetze, wecke, kcese ; dann* die zahlreichen 
Subst. auf -ö?re (neben -er); ferner rise^ wine ; site, fride, mete; schate, 

v/ c. se, kle, le, snS, hü («<?a- Stämme) schieben vor dem Endungsvokal 
w ein, also se, sewes, sewe usw. S. § 20 c. 

d. Einsilbige kurze ßfemme auf -r, -l werfen nach § 9 c das 
Endungs-,^ ab, ebenso die mehrsilbigen auf -er, -el, -eti^ -em, besonders 
wenn die Wurzelsilbe lang ist: vogel, PL vogel(e) ; enget, PL enget, 
l4X^ e. vater, hrugder haben meist endungslosep G,iSg., im PL gewöhn- 
lich Umlaut. — man ist entweder durchaus flexionsl6s oder geht nach 
Kl. I : man, mannSs usw. — vriunt zeigt- häufig unveränderten PL 

f. Personennamen gehn im A. Sg. auf -en aus : Stfrit, A. StfMden, 

§ 28. Yerhältni sse im N hd. a. Die Übertragung des Umlauts in den 
PL ursprünglicher abstamme isTTTcmh^jel weiter gediehn, so dass die umlaut- 
iQsen PI. heute^ü^^usnahmen bilden. ^""^ 

b*- Manette Wörter sind in die schwache Deklination übergetreten (z.T. bloss 
im PL), so z.B. Hirte, Riese, Held, Heide, Christ (mhd. heiden, kristeu), Stachel; 
andre zugleich Fem. geworden, so Sitte; Last, List, Gewalt usw. 

c. Leib, Geist, Wald, Wurm, Mann u.a. haben die aus dem Neutr. stammende 
Pluralendung -er angenommen. 

d. Die Feminina Woge, Locke, Träne, Zähre, Schläfe, Tücke sind eigentlich 
die als Sg. aufgefassten PL der mhd. starken Maskulina wac, loc, trahen, zäher, 
ddf, tue. 



7^: 



Mittelhochdeutsche Grammatik. 



§ 24. Starke Neatr». 



/\> 



c 









I. 

(a - Stämme) 


la. 
O'a- Stämme) 


IL 






(ahd.) 






S§. N. A. 


lC07't Y 


wort 


künne (ahd. kimni) 


latnp 


G. 


Wortes 


Wortes 


kännes 


lamhes 


D. 


Worte 


Worte 


künne 


lamhe 


PI. N. A. 


w^rt 


wort 


künne 


Umher (ahd. lembir) 


^' 


worte^ 


worto 


künne 


lemher(e) 


D. 


worteri 


wortum-on 


künnen 


lember(e)n 



Bemerkungen, a. Nach la gehn z.B.: bette, eilende, hem(e)de, 
kinne^ krtuzk\ armüete, urliuge, antlütze) mcere, nette, rtchß^ rippe, stücke; 
vihe (alter w- Stamm: ahd. fihu, lat. pecu); gebeine, gelü^ke^ gesihte, ge- 
stellte, getihte; ferner die Neutra auf -nisse, -nüsse (ahd. -nissi, -nussi). 
b. Über den Aus-, bezw. Abfall des Endungs-e vgl: § 22 d. 
^ c. Alte wa - Stämme sind knie, spriu, tou, strö ; mel, hör (Schmutz) ; 

' das w tritt in den obliquen Kasus hervor: knie, -wes; hör, -wes, 

d. Die PK-Endung -er findet sich ziemlich regelmässig bei ei, huon, 
kalp, rint, seltener bei hlat, rat, grap, loup, krüt, hüs, velt, loch. ' 

§. 25* Yerhältnisse im Nhd.^ a. Die ursprünglichen ja - Stämme haben 
im N. A. Sg. ihr -e sehr oft eingebüsst: Heer (schon mhd. her-, s. § 24b), Reich, 
Netz, Kinn, Kreuz, Antlitz usw. 

b. Die zu Kl. I gehörigen Wörter haben (nach Reich; vgl. auch Tag) im 
N. PL die Endung -e angenommen : Wort : Worte ; Ross : Rosse usw. 

c. Die PL -Endung -er hat viel weiter u m sich gegi'iffe p. 

d. hellwachen PL bilden: Ende, Bett(eX Hemd(e) ; mit Überti-itt ins Fem.: 
Ähre, Beere, Rippe, Tenne, Wette, ebenso Waffe, Wolke (mhd. wäfen^ tcolken). 
Mask. sind geworden: Honig, Gau, Tau u.a. 

§ 36. Starke Feminina. 



V 





I 




H. 




(d- Stämme) 


.-,(i- Stämme) 






(ahd.) 


* r 


(ahd.) 


Sg. N. A. 


gebe 


geba 


kraft 


kraft 


G. 


gebe 


geba 


krefte, kraft 


krefti 


D. 


g^be 


gebu 


krefte, kraft 


krefü 


PL N. A. 


gebe 


gmd 


krefte 


krefti 


G. 


(/eben 


gebono 


kreft^^-^ 


kreft(i)o 


D. 


geben 


ge'bdm 


kreften 


kreftim 



Mittelhochdeutsche Grammatik. xix 

Bemerkungen, a. Nach I gehn die alle^rmeisten Feminina auf 
-e, also auch die Ableitungen auf -ung^ (ahd. -unga), -inne (ahd. -infia)^ 
-nisse (ahd. -nissa), -(e)de (ahd. -ida), die von Adjektiven abgeleiteten 
Abstrakt« auf -e (ahd. -t) usw. Beispiele ; bete, erde, helfe, kröne, räche, 
reise, schuole ; samnunge; hüneginne; scelde, selde (ahd, sdlida, selida); 
schcene, leng^ (ahd. scöni, lengt) usw. Überall und je später desto mehr 
macht sich Neigung zum Übertritt in die schwache Deklination geltend, 
am meisten bei Konkreten, z.B. bei erde, strafe, 

b. Von einigen Wörtern kommt, namentlich in formelhafter Ver- 
wendung, eine kürzere Form für N. A. (auch D.) Sg. vor, z.B. buoi^, 
halp, stunt, sU, wts statt der gewöhnlichen buo?e, halbe (Seite), stunde, 
Site, wtse. — Neben -inne steht 4n (künegtn). — Im übrigen richtet sich 
der Wegfall des Endungs-e nach §22d. 

c. Die stark flektierten weiblichen Personennamen auf -hilty -lint, ^y 
-gunt, -rün haben im N. Sg. keine Endung; in den übrigen Kasus -e (auch ^^ 
-en): Kriemhüt, G. D. A. Kriemhilde(n), 

d. Neben kldwe, krdwe, iwe, drouwe (w^^- Stämme) stehn die kürzern 
Formen kld, krd, i (so fast immer), dro ; vgl. § 19 a. ^-o., "'r^ J^iA- < 

e. Die ursprünglichen Jo- Stämme sind nur noch am Umlaut und 
z.T.- an der Gemination des auslautenden Konsonanten (§ 14)- zu erkennen, 
z.B^ gerte, helle, brünne, wünne, sünde, 

f. Nach II gehn nur Feminina mit konsonantischem Auslaut, meist 
auf -t. in den flektierten Formen tritt stets, wenn möglich, Umlaut ein ; 
die häufigen endungslosen G. D. Sg. entbehren auch des Umlauts. Eine 
Ausnahmö nwicht hant (alter w- Stamm), von dem ein D. Sg. hande, ein 
G. PL hande, D. PI. handen vorkommt. 

g. muoter, tohter, swester deklinieren wie» vater (§ 22^ e). 

§ 27* Yerhältnisse im Nhd. a. Alle Feminina der L Klasse gehn im 
PL schwach, im Sg. bleiben sie unverändert. In einer beträchtlichen Anzahl 
von Wörtern ist aber im Sg. das auslautende -e abgeworfen, so in Furcht, 
Schlacht, Acht; Mark, Schuld, Hut, Qual, Scham, Rast; Trauer, Steuer (mhd. 
trüre, stiure) usw.; durchweg in den Ableitungen auf -ung, -in, -nis. 

b. Küche, Kette, Ferse gehn auf mhd. küchen(e)y lceten(e), versen(e) zurück. 

c. Bei den Wörtern der IL Klasse sind im Sg. die flexionslosen Formen 
ausnahmslos zur Herrschaft gelangt; im PI. haben die einen die starke Flexion 
beibehalten (Kraft, Kräfte), die andern sind in die schwache Deklination über- 
gegangen. Zu den letztern gehören z.B. alle umlautsunfähigen, wie Arbeit, 
Pflicht, Schrift, Zeit, die Ableitungen auf -heit, -keit; ferner Burg, Flut, Geburt, 
Glut, Saat, Tat, Schlucht, l'ugend, die Ableitungen auf -schaft usw. 

d. In einigen Fällen ist die flektierte Form des 6. D. Sg. in den N. ein- 
gedi-ungen, bzw. der N. PL als Sg. aufgefasst worden; vgl. mhd. Nom. geschiht, 
üeki, geschikte: nhd. Geschichte ;^ KcÄ, liehe: Leiche; su/, siuU: Säule; ant, 
ente: Ente; bluot, blüete: Blüte; stat, stete: (Statt, Stadt), Stätte; vdrt, verte: 
(Fahrt), Fährte. 



Mittelhochdeutsche Grammatik. 

§ SS. Schwache Deklination. 



y 





Maskulinum 


Neutrum 


Femininum 






(ahd.) 




(ahd.) 




(ahd.) 


Sg. N. 


hase 


haso 


herze 


herza 


zunge 


zunga 


G. 


hasen 


hasen-in 


herzei^ 


Mrzen-in 


zungent 


zungün 


D. 


hasen 


hasen-in 


herzen 


herzen-in 


zungeni 


zungün 


A-. 

PI. N. A. 


hasen 
hasen 


hason-un 
hasfm-un 


herze 
herzen 


herza 
herzun-on 


^jingem 
Zungen 


zungün 
zungün 


G. 


hasen 


hasöno 


herzen 


herzono 


Zungen 


zungöno 


D. 


hasen 


hasöm 


herzen 


herzdm 


Zungen 

■ 


zungöm 



Bemerkungen, a. Wie hase gehn: \) aherelle, ar, beseme, ge- 

vater(e), haher(e), hane, herzöge, kever(e), Uchame, mäne, meie, merze, 

pfäwe, rtfe, smSrze, star, Sterne, stcane, veter (e). — 2) backe, balke, böge, 

brate, brunne, düme, garte, grabe, geloube, knolle, kolbe, krage, name, säme, 

\ schade, schrecke, slite, stecke, tropfe, vunke, vlecke, wase, wiUe, zapfe usw. 

— : 3) bluome, kol(e), slange, snecke, sunne, trübe, vane, vol(e). 
-t^.^ b. Wie herze gehn nur noch ouge, öre, tvange, 
; ■ "- c. Personennamen deklinieren ganz wie Appellative: m. Otte, G. D. A. 
' Otten; f. Hilde^ G. D. A. Hilden^ ^ 

d. Ab- bezw. Ausfall des Endungs-^ gemäss § 22d. 

§ 29. Yerhältnisse im Nbd. a. Das e im N. Sg.'ist vielfach geschwun- 
den, so z.B. in den Mask. Fürst, Graf, Herr, Mensch, Narr, Schenk, Spatz, Fink 
u.a.; in den Neutr. Herz, Ohr. Dies veranlasste häufig tLli«*rttt in die starke 
Deklination, wenigstens im Sg. Beispiele dafür s. oben unter 1). 

b. Anderseits ist das -n der obliquen Kasus in den N. Sg. eingedrungen; 
nach Analogie von Wagen, Ofen u.a. wurde ein neuer starker G. Sg. auf 
-{en)s gebildet {böge, bogen: Bogen, Bogens). Beispiele s. oben unter 2). In 
den meisten Fällen ist das -n im N. fest geworden (Bogen, Balken), in andern 
schwankt der Sprachgebrauch noch zwischen -e und -en; v^l. Name(n), Giaube(n), 
Wille(n) usw. 

c. Eine ähnliche Entwickelung haben die ursprunglich starken Maskulina 
(§ 22 b) rücke, schale, vride, weize durchgemacht, ebenso gedanc, nac, nuz, 

d. Indem sich die unter a. und b. besprochenen Vorgänge am selben 
Worte vollzogen, entstanden Doppelformen, z.T. mit verschiedener Bedeutung ; 
vgl. mhd. schrecke: nhd. Schi*eck, Schrecken; vlecke: Fleck, Flecken; tropfe: 

. Tropf, Tropfen; lumpe: Lump, Lumpen. ' 

e. Die unter 3) aufgezählten Wörter sind nhd. (teilweise auch schon mhd.) 
Feminina; nur vole ist Neutrum geworden (Fohlen). 

f. Die Feminina haben im Sg. ihi-e Flexion eingebüsst, sind also mit der 
o- Klasse (§ 27a) zusammengefallen. Reste der schwachen Flexion: untör der 
Sonnen, an der Seiten usw. ; ferner in Zusammensetzungen (Somien-schein u.a.). 



Mittelhochdeutsche Grammatik. xxi 

Bas Adjektiv. 

§ 30. Deklination des AdjektiyS. Wir unterscheiden eine 
starke und eine schwache Adjektivflexion, daneben eine sog. unflek- 
tierte Form, die namentlich in der Stellung nach dem Subst. verwendet 
wird. Die schwache Flexion stimmt völlig mit der des schwachen Subst. 
überein (A. Sg. f. -etil). Die starken Formen, die zu denen der Pronominal- 
adjektive (§ 85) stimmen, sind aus folgendem Paradigma zu ersehn: 



- 


Unflektierte Form: Mint (a- Stamm). 






Maskulinum 


Neu|rum . 


Femininum 






(ahd.) 




(ahd.) 




(ahd.) 


Sg. N. 


blinder 


blinter 


blinde? 


blintai^ 


blindiu 


blintiu 


G. 


blindes 


blintes 


blindes 


blintes 


blinder(ej 


blintera 


D. 


blindem(e) 


blintemo 


blindem fe) 


blintemo 


blinder(e) 


blinteru,'0 


A. 


blinden 


blintan 


blindes^ 


blinta? 


blinde 


blinta 


PI. N. 


blinde 


blinte 


blindiu_ 


blintiu 


blinde 


blinto 


ö. 


bUnder(e) 


blintero 


blinder(e) 


blintero 


blinder(e) 


blintero 


D. 


blinden 


blintem-Sn 


blinden 


blintim^-Sn 


blinden 


blintem^-en 


A. 


blinde 


blinte 


blindiu: 


blintiu 


blinde 


blinto 



B-emerkungen. a. Die vollen Endungen -eme, -ere sind nur noch 
selten. Bei kurzsilbigen Adjektiven auf -r oder -l und bei mehrsilbigen 
auf -er, -dy -en werden sie der Regel (§ 9 c) gemäss zu -nie, -re {michelme, 
michelre) ; häufiger aber tritt nach Analogie der übrigen Adjektive auch 
hier -(e)m, -er ein {michel(e)my micheler). Ganz so verhalten sich ein und 
die Possessi va min^ din, sin (wobei dnme, mtnme usw. zu eime^ mime wird § 9). 

b. Die ya - Stämme, mit denen die ursprünglichen **- und w - Stämme ^ 
zusammengefallen sind, unterscheiden sich von den a- Stämmen nur durch / 
den **- Umlaut und durch den Ausgang -« der unflektierten Form ; z.B. bosse, 
herte, Jcüene, schwne, spcete, trcege, veste, 

A n m. . Im Nhd. ist das -e zum Teil abgefallen. 

c. Bei den wa - Stämmen erscheint in den flektierten Formen -w vor 
dem Endungsvokal; z.B. gel: gelwer; grä: grdwer (vgl. § 20c). 

§ 31, Steigeruni^ des AdjektiTS. Der Komparativ wird ge- 
bildet, durch das Suffix -er(ej^ der Superlativ durch -(ejst. Im Ahd. 
entspricht -iro, -isto oder ^öro, -dsto, woher es kommt, dass im Mhd. un- 
umgelautete Steigerungsformen neben den umgelauteten vorkommen, oft 
beim selben Wort; z.B. lanc: langem*, lenger. Der Ausgang -re in der 
unflektierten Form des Komparativs findet sich in Fällen, wo das erste 
-e des Suffixes auögestossen ist {michelre neben micheler). Vgl. § 30 a. 



7 



Mittelhochdeutsche Grammatik. 

Anm. Von andern Stämmen nehmen die Steigerungsformen: 
guot he^^er he^^est^ b^e, 

iibel wirser wirsest, wi^'^e. 

lützel minner, minre minne«ty minsle. 

michel meiere merre meiste. 



§ 33. Bildung der AdjektiT-Adrerbien. a. Aus Adjektiven 
werden Adverbien gebildet durch Anfügung von -e (ahd. -o) ; z.B. lanc: 
lange; hoch: höhe. Die ^a- Stämme (§ 30b) entbehren dabei des Umlauts; 
z*B. schcene: adv. schöne (ahd. scöni: scöno); trcege: träge; senfte: sanfte; 
vriieje: vruo. Ebenso fehlt der Umlaut bei allen Adverbien in den 
Steigerungsformen (ahd. -ör, -öst) ; also lange : langer : langest ; schone : 
schöner: schönest. 

Anm. 1. Zu he^^er, wirser, minre, merre gehören die Adv. 6a^, wirs, min 
(minner, minre) ^ me(re). Das Adv. zu guot ist wol, 

Anm. 2. Im Nhd. ist der Unterschied zwischen Adj. und Adv. getilgt; 
als Adv. wird gewöhnlich die unflektierte Form des Adj. verwendet. Nur in 
schon, fast haben sich isolierte Reste der alten Formen erhalten. Auch das 
Suffix -e ist noch nicht ganz verloren ; vgl. bange, lange, ferne neben bang usw. 

b. Zahlreiche Adverbien werden von Adjektivableitungen auf -Uch 
aus gebildet; z.B. gencedec: gencedecliche. 




Pronomina nnd Zahlwörter. 



i/ 



§• 


33. Die persönlichen Pronomina. 






\ 


1) Ungeschlechtige 


2) Geschlechtige (3. Pers.) 


1. Pers. 


2. Pers. 


Reflexivum 


Mask. 


Neutr. 


Fem. 


Sg.N. 


ich 


du, du 


, 


er 


ei? 


»i,8i,siu,sie 


G. 


min 


din 


sin 


(es) sin 


es, stn 


\ ir(e) 


D. 


mir • 


dir 


— 


im(e) 


im(ej 


He) 


A. 
Pl.N. 


mich 


dich 


.sich 


in 


e^ 


sie, si, st 

* 


wir 


ir 


— 


si, st, sie 


(auch siu) 




G. 
D. 


unser 
uns 


iutver 
iu 


— 


ir(e) 
in 


wie in 


(1 Mask. 


A. 


(unsichjuns 


tuch 


sich 


si, si, sie 


(auch siu) 





Bemerkung. Die fehlenden Kasus des Reflexivs werden durch die 
entsprechenden Formen des geschlechtigen Pronomens ersetzt. 

§ 34. Die Possessivpronomina sind mtn, dtn, sin, unser, iutver; 
als. Possessiv für die 3. Sg. Fem. und für die 3. PI. wird de r Gen. des 
persönlichen Pronomens, d. h. ir verwendet. 



-'■A- 



Mittelhochdeutsche Grammatik: '\^^ t ^ 



xxiit 



■ §, 


35. Die 


Demonstratiypronoinina. 








1) der. 


2) dieser. 


Mask. 


Neutr. 


Fem. 


Mask. 


JVeutr. 


Fem. 


Sg.N. 
G. 
D. 
A. 

Pl.N. 
G. 
D. 
A. 


der (die) 

des 

dem(e) 

dm 


da? (de?) 

wie beim ' 

Mask. 

da? 


der(e) 

der(e) 

die 


dirre 

dises 

disem(e) 

disen 


ditze ydiZydi? 

wie beim 

Mask. 

ditze y diZy di? 


disiu 
dirre 
dirre 
dise 


die 

der(e) 

dSn (dien) 

die- 


wi« beir 

dAM^ 


die 
Q Mask. 

die 


. dise 
dirre 
disen 
dise 


disiu 
wie beim 

disiu 


dise 
Mask. 

dise 



Bemerkungen, a. der wird auch als Artikel und (neben stvery' 
swelch, söy unde) als Relativum verwendetT — Von da? kommt noch 
ein Instrumental diu vor. 

b. Wie der flektieren das Pragepronomen wer, wa? (Instrum. wiu) 
und die Zusammensetzungen sw'e/Ty ete(s)wery nei?wer. Die übrigen Pro- 
nomina (s. das Wörterbuch) gehn wie Adjektive. 

§ 36. • Dag( Zahlwort» Flexion der Grundzahlen ,zwei'jind »drei*: 
N. A. m. zwiney f. zwo (zwuo)y n. zwei; G. zwei(g)er ; D. zwei(e)n. — 
N. lA. m. f. drt(e)y n. driu; G. dri(g)er ; D. driny dri(e)n.' Die fol- 
genden Zahlen, bis 12 werden entweder gar nicht oder adjektivisch flek- 
tiert. ~ Die Ordinalzahl zu ,zwei* heisst stets der ^ ander. 



B. Konjugation. 

Das starke (ablaatende) Verb. 

§ 37. Die E^ndangen. Diese ergeben sich aus^ folgendem Para- 
digma^ das zugleich als Übersicht über den Formenb^tand des mhd. Verbs 
dienen mag (über die zusammengesetzten Formen s. § 57. 58). 

Präsens. 

Indikativ. 



ly 





mhd. 


ahd. 


Sg. 1. 
2. 
3. 


gibe 

gibest 

gibet 


gibu 

gibis(t) 

gibit 


PI. 1. 
2. 
3. 


geben 
gebet 
gebent 


gebames 

gebet 

gebänt 







Do 


.(X 


Konj 


unktiv. 




'\ 


mhd. 


ahd. 


ou^ 


C^ - 


gebe 


gebe 


X^ - 




gebest 


gebes(t) 




gebe 


gebe 


— 


* 






^ ^ 


yO- 


geben 


gebSm 






gebet 


gebet " 






geben 


g^ben 







:iv Mittelhochdeutsche Grammatik. 

Parti cipium. Infinitiv, 

mkä. ahd. mhd. ahd. 

gerbende gebanti, -enti geben geban 

Imperativ. Gerundium. 

Sg. 2. gip gib G. gebennes(-enes) gebannes 

PI. 1. geben gebamis D. g^benne('ene) gebanne 

2. gebet gebet 

Präteritum. 



/ 







Ind 


ikativ. 




K n j u n 


ktiv. 


Sg. 


1. 

2. 
3. 


gap 

gcebe 

gap 


gab 

gäbi 

gab 




gcebe 

geehest 

gcebe 


gäbi 

gdbis(t) 

gäbi 


PI. 


1. 
2. 
3. 


gäben 
gäbet 
gäben 


gäbum 

gdbiit 

gäbun 

Particip] 

gegeben 


Lum Perf. 
gigeban 


geeben 
gcebet 
geeben 


' gäbim 
gäbit 
gäbtn. 



Bemerkungen, a. Wegfall des Endungs-ö erfolgt nach § 9c, 
ausserdem häufig in der 3. Sg. Ind. Präs., z.B. er\siht, vint, wirt. Seltener 
in dtr 2. PI.; z.B. ir gelt (== geltä), wolt (= wMet). 

b. In der 1. PI. kann -n abfallen, wenn das Pronomen nachfolgt, 
also z.B. gebe wir, gäbe wir, gcebe töir. 

c. Schon früh dringt die Endung -ent der 3. PI. Ind. Präs. dialektisch 
in die 3. PI. ein. 

d. Der Einfluss der Endungen auf den Stammvokal ergibt sich aus 
§§ 3 — 5. Damach bekommen, wenn möglich, den Umlaut die 2, 3. Sg. 
Präs. I«d., die 2. Sg. Prät. Ind. und der ganze Konj. Prät. . Wo * (iu) mit 
e (ie) wechselt, liaben i (iu) der Sg. Präs. Ind. urid die 2. Sg. Imper. 

Anm. Die Verben btten, sitzen, ligen; heben, swern haben ihren Präsens- 
stamm durch (schon früh geschwundenes) .; erweitert {z.B. sitzen aus sttjan; 
swern aus swarjan) und behalten ^deshalb «', bezw. den Umlaut e durch das 
ganze Präsens. 

e. geben, körnen, werden, vinden, ld?en bilden ihr Part. Perf, ge- 
wöhnlich noch ohne ge-, 

§ 38. Die Grundformen des starken Verbs, aus denen (unter 
Berücksichtigung von § 37 d) alle andern Formen hergeleitet werden 
können, sind: a) 1. Sg . Präs. Ind., darnach das ganze Präsens (mit Infin., 
Gerund., Imper., Part. Präs.). — b) 1 . Sg . Prät. Ind., darnach die 
3. Sg. — c) 1. PI. Prät. Ind., darnach der ganze PI., die 2. Sg. und 
der ganze Konj. Prät. — d) Part. Perf. 



Mittelhochdeutsche Grammatik. xxv 

§ 39. Die Ablautsklassen (s. § 7). ^ ^ 

. l. J ei(S) i i 

Z.B. rite: reit: riten : gertten, — i statt ei tritt em nach § 6; z.B. 
Ithe: lech: lihen: gelihen. Grammatischen Wechsel \% 18) zeigen: sntäen 
(^:sniten: gesnUeny, Uden, mtden, Hsen (.'reis: rirn: gerirn) ; sAhen 
{zech: zigen: gezigen), dthen; von lihen kommt das Part, geligen vor. 
Schrien hat im PI. Prät. schrüwen, sekriuwmf, auch schrirn, ehenso im Part. 
Perf. geschrüwen, geschriuwen, auch geschrirn; daneben schrite, geschrit 

IL iu (ie) au (6) u o (§ 5 a) 

Z.B. vliuge: vlouc: vlugen: gevlogenr"o sü^il öu Tritt ein nach § 6: 
giu!^^: gö^ : gu^^en: gego??en. Über den Wechsel von iu: ie s. § 37 d. 
Grammatisfchen Wechsel zeigen : sieden ; ziehen ; kiesen, V erliesen^ vriesen u.a. 
— Im Konj. Prät. fehlt oft der Umlaut: ich zuge, verlur iisw^ 

Anm. 1. In bliuwen, Jciuwen u.a. bleibt iu (nach § 5^a) durch das ganze 
Präsens; im Prät. Sg. erscheint ou (nicht ü), weil der Vokal nicht im ursprüng- 
lichen Auslaut steht: hlou(w); der Fl. Prät. und das Part. Perf. haben auch 
-tu-, z.B. gehriuwen. 

Anm. 2. Zur II. Kl. gehören auch mit Präsensvokal ü: sügen, süfen, 

Illa. (Nasal + Konson. nach dem Wurzelvokal ; vgl. § 4 Anm. 1 u. § 5 a). 
i a u u 

Z.B. binde: hant : himden : gebunden. Der Konj. Prät. ist dem Umlaut 
abgeneigt (§ 4 Anm. 4). beginnen hat im Prät. begunde neben began. 

III b. (Liquida H- Konson. nach dem Wurzel vokal). 

e (i) a u o 
Z.B. hilfe: half: hülfen: geholfen. Über den Wechsel von e: i s. § 37d. 
Auch hier fehlt im Konj. Prät. oft der Umlaut : ich hülfe. 

TV. (meist. Nasal oder Liquida nach oder vot dem Wurzelvokal). 
e (ij a ä o 

Z.B. nemen: nam:* nämen: genomen. Hierher auch komen l(a.hd. 
queman): Präs. ich kume, wir kamen ,1 Vr&t. ich kom, wir körnen; ich 
kam, wir kämen, auch quam: quämen; Part. Per^. kamen. 

V. (mit einfachem Konson., der nicht Liquida oder Nasal ist, nach 
dem Wurzelvokal). 

e (i) a ä € 

Z.B. wegen: wac: wägen: genügen; mit grammatischem Wechsel: 
Wesen: was: wären, aber gewesen, e^^en hat im Prät. Sg. ä:^. Hierher 
auch biten, ligen, sitzen (§37 Anm.). / ^^ n * 

^I. a tio uo a ^ 

Z.B. tragen : truoc : truagen : getragen ; mit grammatischem Wechsel : 
twahen: twuoc: twuagen": getwagen. Hierher auch hebeti, swern (§37 Anm.). 



9- 

XXVI Mittelhochdeutsche Granijnatik. 

VII. Die sog. reduplizierenden Verben. 

(a ä, ö, ßi, wo, ou) ie (wie. im Präsens). 

Z.B. valle: vid: vielen: gevallen; stö^e: stie^ : gestoben; mit gram- 
matischem Wechsel höhen. (§'16): hienc: gelangen. In der 2. 3. Sg. 
Präs. Ind. herrscht Abneigung gegen den Umlaut : er släfet neben er slcefet. 
Von houwen heisst das Prät. hiu oder hie (auch haute), >on loufen Huf 
oder ?^>/'; PI. auch luffen, Part, geloffen. S. noch § 48. 50 a. 

Anm. »Reduplizierend' heissen diese Verben deshalb, weil sie ihr Prät. 
^ ursprünglich durch Reduplikation des Wurzelanlauts bildeten ; z.B. got. haldan : 
^^Jiehald; haitan (heissen): hehait Vgl. griech. n^noi&ay lat cecidu 

§ 40. Verhältnisse im Nhd« a. Der Wechsel zwischen tu und ie 
(nhd. crt; ie) im Präsens der II. Kl. ist zu gunsten des ie beseitigt, z.B. ich biege, 
du biegst, er biegt, wir biegen; Imper. bieg(e), biegt. Reste der uisprünglichen 
Flexionsweise liegen vor in den archaischen Formen beut, fleucht, fleuch! 
kreucht, zeuch! usw. In Kl. III b, IV, V ist in der 1. Sg. Präs. Ind. das i durch e 
verdrängt: ich helfe, ich nehme, ich gebe; bei zahlreichen Verben ist der Wechsel 
zwischen e und i überhaupt beseitigt, so in bellen, bersten, melken, genesen, 
weben, gähren, hehlen, scheren usw. (s. unter f); zu gunsten von i in wiegen,, 
ziemen, (ver)wirren (mhd. wegen, z'emen, wehren). 

b. In Kl. III a ist im Part. Perf. vor Doppelnasal « zu o geworden: ge- 
schwommen, geronnen (vgl. § 10 f). 

c. Der Unterschied zwischen dem Vokal des Sg.^und des PL Prät. ist 
durchweg ausgeglichen (doch vgl. ward : wurden), zum Teil auf lautlichem, zum 
grossem Teil auf analogischem Wege. Zu gunsten des PI. in der L, IV. und V. Kl. 
(vgl. riss: rissen; blieb, blieben; nahm: nahmen; gab: gaben), zu gunsten des 
Sg. in der III. Kl. (vgl. band: banden; half: halfen). In der IL KL geht 6 oder.. 
b du^:ch, infolge Ausgleichung entweder nach dem Sg. (vgl. bot: boten = mhd. 
bot: huten\ oder nach dem PL, dessen n in weitem Umfang zu o geworden war 
(auch der Vokal des Part. Perf. übte Einfluss); vgl. bog (mhd. houc): bogen: ge- 
bogen; roch: rochen: gerochen. Daran schliessen sich eine Anzahl Verben der 

III. Kl. (glomm: glommen: geglommen; schwoll: schwollen: geschwollen), der 

IV. KL (focht: fochten: gefochten = mhd. vaht: vdhten: gevohten; (er)losch: 
-loschen = mhd. lasch: laschen: geloschen) und der V. Kl. (vgl. pflog: pflogen: 
gepflogen = mhd. pftac: pflägen: gepflegen; ferner weben, wägen, bewegen); 
endlich die- eigentlich der VI. KL angehörtgen heben: hob: hoben: gehoben (mhd, 
huop: hiMben: gehaben; nhd. isoliert ,erhaben*) und schwören : schwör (schwur) : 
geschworen (mhd. swuor^ geswarn, geswom). — Scheiden (VII. Kl.) -hat sich auf 
Grund des Präs. an die I. KL angeschlossen; doch vgl. das isolierte Part. 
,bescheiden*. 

d. Auch die 2. Sg. Prät. Ind. hat sich der Ausgleichung gefügt; vgl. ich 
band: du bandst (mhd. ich hant: du bunde); ich bog: du bogst (mhd. ich baue: 
du büge); ich nahm: du nahmst (mhd. ich nam: du nceme). Ebenso der Konj. 
Prät., wobei zugleich der Umlaut konsequent durchgefühlt wurde ; vgl. ich fand : 
ich fände (mhd. ich vant: ich vunde); ich bog: ich böge (mhd. ich baue: ich 
büge). Ausnahmen: starb: stürbe; wai'b: würbe; half: hülfe (daneben hälfe); 
gewann: gewönne (nach b^aus gewänne) usw. 

e. Hand in Hand mit diesen vokalischen Ausgleichungen gieng die Aus- 
gleichung des grammatischen Wechsels, zunächst innerhalb des Prät. ; vgl. mhd. 
zöch, zugen: nhd. zog: zogen; was: wären: war, waren. Auch zwischen Präs. 
und Prät. ist er oft beseitigt; vgl. gedeihen, gedieh, gediehen (aber isoliert 
jgediegen'); meiden, mied, gemieden;^ schlagen, schlug, geschlagen; verlieren, 
verlor, verloren (ebenso frieren, gähren ins jesen); dagegen noch: ziehen, zog; 
schneiden, schnitt; sieden, sott usw. 



Mittelhochdeutsche Grrammatik. 



xXvi 



f. Ganz oder teilweise schwach flektieren heute folgende mhd. starke 
Verben: (I) 8ihe)i, vÜ^en^ niden; (II) bliuwen, hriuwen, hiuwen, riuioen, niesen, 
triefen, smiegen; (III a) glimmen, rimpfen, hinl-en, winken; (III b) melken, hellen; 
(IV) hMn, zemen, rechen; (V) weben, kniten, pflegen, jeten, jesen; (VI) hachen-^ 
maln, schaben, nagen, waten; (VII) wallen^ wcäten, schalten, spalten, vaifen, 
spannen, bannen, walken, walzen, sahen, hassen, sweifen, schroten u.a. 

g. Kreuzung zwischen starken Intransitiven und schwachen Transitiven 
findet statt in verderben: verderben; schmölzen: schmelzen; erschrecken: er- 
schrecken; hangen: hängen. Die starken Verben brinnen, nigen sind zugunsten 
der schwachen brennen, neiaen beseitigt. 

h. In der 2. Sg. Imp. (soweit ihr Vokal nicht von dem des Inf. verschieden 
ist; vgl. aber siehe!) breitet sich nach Analogie der schwachen Verben die 
Endung -e aus. 

Bas schwaclie Verb. 

§ 41. Die Endnngen stimmen im Präs. mit denen der starl^en 
Verben überein, ausgenommen in der 2. Sg. Imp., wo die schw. Verben auf 
-e ausge^n: lege usw. Die Endungen des Prät. zeigt folgendes Paradigma: 







(ahd.) 






(ahd.) 


Sg. 1. 


suohte 


suohta 


PL 1. 


suohten 


suohtum, 'dm 


2. 


suohtest 


suohtds(t) 


2. 


suohtet 


suohtut, '6t 


3. 


suohte 


suohta 


3. 


suohten 


suohtun,-dn 



Part. Perf. gesuoht: ahd. gisuoht. 
Der Kouj. Prät. lautet wie der Ind. 

§ 42. Bildung des Präterital- und Particfpialstammes« 

Das Ahd. unterschied drei Klassen schwacher Verben: 

I. auf 'Jan, -en: Prät. -ita — Part. -it. Im' Stamm trat nach § 4 
wenn möglich Umlaut ein. Z.B. denen (aus danjan): denita: gidenit, 
II. auf -6n: Prät. 'öta — Part. -6t. Z.B. lobon: lobota: giloh6t. 
^III. auf -in: Prät. -äa — Part. -ä. Z.B. leben: lebeta: gilSbä. 
Im Mhd. mussten infolge der Abschwächung der Vokale unbetonter 
Silben zu e (§ 8) alle drei Klassen zusammenfallen, also denen: denete: 
. gedenet. — loben : lobete : gelobet, — leben : lebete : gelebet, 

Bemerkungen, a. In den überaus zahlreichen langsilbigen Verben 
der I. Kl. war der Bildungsvokal -i- des Prät. und des Part. Perf. (hier 
zunächst in cten flektierten Formen § 9) bereits VOr der ahd. Umlauts- 
periode (§ 4 b) synkopiert worden ; es trat also in diesen Formqn im Gegen- 
satz zum Präsens kein Umlaut ein (sog. ,Eückumlaut*). Der Wechsel von 
e: i (§ 4 a) wurde davon nicht berührt, da er schon früher eingetreten 
war. Beispiele: mhd. WÄ^e/i(aus rihtjan): Prät. rihte (aus riht'te nach 
§ 20b): Part, geriht; brennen (aus brannjan): brante: gebrant; stellen: 
stalte: gestalt ; decken: dacte: gedact; hce^^en: horte: geh6rt; trcesten: 
ir6ste: getrost; vüeren: vuorte: gevuort; smcehen: smdhte: gesmäht ; 
milejen: muote: gemuot. Doch kommen daneben, besonders häufig im 
Part., Formen ohne Synkope und mit Umlaut vor. 



'^■'■•^<j.. 



XXVIII 



Mittelhochdeutsche Grammatik. 



^ 



Anm. Einige Verben bildeten ihr Prät, und Part, von Anfang an ohne 
Zwischenvokal, so z.B.. umrken: worhte: geworht; ixürhten: vorhte: gevorht; 
denken: ddhte: gedäht; dünken: dühte: geduht; bringen (starkes Präsens): hrdhte: 
hraht (vgl. § 15). Hier stellt sich im Konj. Prät. Umlaut ein: dtshie, ditihte, 
hra^Me, 

b. Im Mhd. trat auch bei den übrigen schwachen Verben sehr häufig 
Synkope des ZWischenvokals ein, in der Regel gemäss § 9c und nach 
Dentalstämmen, aber' auch sonst (§ 9); z.B. lohen (ahd. lobön): lopte: 
gelopt; ahten (ahd. ahtön): ahte: geaht; wägen (ahd. fragen): vrdgte: 
gevrdgt; doln (ahd. dolen): dölte: gedoU. 

c. Nicht ganz selten begegnen im Reim noch Reste der ahd. II. EL, 
besonders im Part. Perf. : ermorderot, verzwtveldt. 

§ 43. Terhältnisse im Nhd« a. Die Vokalunterschiede zwischen Präs.^ 
Prät. und Part, sind zu gunsten des Präsens ausgeglichen: fühi-en, führte, ge- 
führt; stellen, stellte, gestellt usw.; doch vgl. brennen, brannte, gebrannt; -kennen; 
senden; wenden; denken; ferner die isolierten Parti cipien (wohl)bestallt, getrost, 
durch-, erlaucht. 

b. Bei den auf t, d ausgehnden Stämmen ist die Synkope aufgehoben 
(§ 10g): fürchten, fürchtete, gefürchtet; reden, redete, geredet (aber ,beredt') usw. 

c. In die starke Konjugation sind übergetreten wisen, prisen, glichen ; starke 
Formen neben den ursprünglichen schwachen bilden (be)dingen, stecken .und 
fragen (fragst, fragt, frug). 

ünregelmässige Verben. 

§ 44. Verba präterito-präsentia heissen eine Anzahl Verben, 
deren Präsens der Form nach ein starkes Prät. ist (doch in der 2. Sg. 
Ind. mit dem alten Ausgang -t); dazu tritt ein nach Art der schwachen 
Verben gebildetes Präteritum. Es sind, nach den Ablautsklassen geordnet, 
folgende Verben: 



Infinitiv. 


Präsens Ind. 


Präteritum 


Part. Perf. 


Sg. 


PI. 


Ind. Konj. 


I. wi^i^en 


weU, 2. weist 


toiV^e» 


toisse, f/nesse; wiste, 
weste 


gewist, 
gewest 


IL tagen, tilgen 


touc 


tagen, tagen 


tohte 1 töhte 


— 


IIL gunnen, günnen 
(aus ge'Unn€n) 


gan, 2, ganst 


gunnen, günnen 


gmde [gonde) 


gegunnen, 
gegunnet 


kunnen, künnen 


kan, 2. kanst 


kunnen, künnen 


künde, 
konde 


künde, 
kündlb 


T- 


.^ turreo, 


tar, 3, tatst 


turren, turren 


torste 


törste 


— 


' (be-Jdürfen 


darf, 2, dar ft 


dürfen, dürfen 


dorfte 


. dörfte 


(be')dm'ft 


IV. sohl 


80l 2,80lt 


suln, sütn 


solde, Holte 


solte, solle 


— 


V. mugen, mügen 


mac, 2. niaht 


megen ; mugen,' 
mügen 


mahte^ 
mohte 


mehte, 
möhte 


— 


VI. mxieiien 


mm?, 
2. muost 


müe^en 


muose, 
muQste 


müese, 
müeste 


— 



§ 45. wellen. Präs. Ind. Sg. 1. 3. wil^ 2. ml, wilt,^ PI. wellen; 
Konj. welle; Inf. wellen — Prät. Ind. wolle, wolde; Konj.' woUe, wolle. 



-^c 



JL^ 



Mittelhochdeutsche Grammatik. xxix 

§ 46. tuaft* Präis. Ind. Sg. tuon, tuost, tuot, PL tuon, tuot, tuont; 
Konj. Sg. tuo, tuosi, tuo, PI: tuon, tuot, tuon, daneben tüeje, tüejest usw. 

— Prät. Sg. tete, toste, tete, PI. täten; Konj. twte; Part, ^etdn, 

§ 47. stän, StSn. Präs. Ind. Sg. stdn, stäst, stdt, PI. stdn, stdt, 
stänt; Konj. std usw.; |Part. stdnde; Imper. std. Neben diesen Formen 
stehn (besonders bair.) solche mit-e\ — Prät. stuont (von einem Stamm 
stand-); Part, gestandenigestdn, 

§ 48. güriß gen, Präs. Ind. gdn, gdst usw. (wie s^(iw); Prät. gie. 
Von einem Stamm gang- sind gebildet: l?räs. Konj. gange neben ^<:^^ ^^; 
Imp. ganc, genc, ginc; Prät. gienc; Part. (ge)gangen neben gegdn. 

§ 49. ^n« Präs. Ind. Sg. &m^ &is^^ is^^ PI. 1. hirn, sin, 2. fttV^^ 
Si^^ 3. sint; Konf. 5^ (^!^«^ 5^öJ usw.; Inf. auch tvesen; Imp. wis,^hi8 / 

— Prät. w?as (2. wcere), PI. wären; Part, gewesen, gestn. 

§ 50. Verba COntracta. a. Von ?<a^eM (§ 19 b) kommen neben den 
vollen folgende k ontrahierte - Formen vor: Präs. Sg. län, last (Icest), lät 
(l(Bt), PI. Idn, lät, Idnt; Imp. Id, Idt; Infin. län; Part. Idn; Prät. lie. 
Ebenso vie^ hie zu vdn, hän (aus väJien, hähen). 

b. Von hahenj Präs. Ind. Sg. Ä<:2f^^ ä«:^«^^ hat, PI. Ä(2»^ ä^^^ Ä<iw^; -^ 
Inf. hän ;(V2kici, gehän?) Pr&t, Ind. hdte, Mte, hiete, hete, Konj. hcete, hete, ^^ 
Mete, hete, . • ' 

Anm. Die kontrahierten Formen werden in der Regel als Hilfsverben ver- 
wendet. Weitere Kontraktionen s. § 19. 



m. SezTLerkiTang^en ztxr Synt 



§ 51. Wort- und Satzstellung sind im Mhd., besonders in der 

Dichtersprache, bei aller Übereinstimmung in den Grundzügen noch viel 

freier als im Nhd. Von einzelnen Besonderheiten \ gegenüber dem heutigen 

.-Gebrauch seien erwähnt: die häufige Nachstellung des attributiven Adj., 

die Stellung des attributiven Gen. zwischen Art. oder Adj. und Subst. 

(da? Etzeleti wtp, gtiote wtbes site), die Voranstellung präpos. Attribute 

(von Mme voget, ze Tenemarke in da? lant), endlich die Voranstellung 

* abhängiger Sätze, die wir nachstellen oder in den regierenden Satz ein* 

schalten müssen (Nib. 251,2; Reinh. 119 usw.). — dd und Äiß werden 

N-* meist, von zugehörigen Adverbieti getrennt. 

§ 52. ^ Der Artikel wird. mhd. im allgemeinen noch seltener ver- 
-^ wendet als nhd., namentlich in präpos. Verbindungen. Der unbestimmte y 
Art.^ fehlt gewöhnlich nach verallgemeinerndem Adv. (ie, nie; daher (n)ie 
man) oder Pron. (swa?); dagegen steht er in weiterm umfang als nhd. 



XXX Mittelhochdeutsche Grammatik. 

vor Stoffiiamen, um einen abgegrenzten Teil des Stoffes zu bezeichnen (ein 
mi, ein gras, ein hU), Fremd ist uns auch der Gebrauch des Art. in 
der Anrede (Nib. 467,3; Gudr. 65,3) und vor dem Possessi vpron. (Nib. 
9,1; 90,1; Gudr. 126,1). 

§ 53. AdjektiY. a. Der Gebrauch der starken und schwachen 
Form des attributiven Adj. ist noch nicht so strenge geregelt wie im 
Nhd. So steht z. B. die starke Form häufig nach den flektierten Formen 
des unbestimmten Art., des Possessi vpron., nach dirre, selten nach der. 
Die sog. unflektierte Form ist allgemein üblich bei Nachstellung des Adj. 
(doch keineswegs ausschliesslich; vgL Nib. 1,2; Walth. 9,6 u. ö.), bei 
Voranstellung im N. Sg. aller Geschlechter und im A. Sg. Neutr. ; von ein 
und dem Possessiv gilt in diesen Fällen nur die uiiflekt. Form : ein froiiive, 
— b. Als prädikatives Attribut stimmt das Adj. (im Gegensatz zum 
Nhd.) vielfach mit seinem Beziehungswort überein, ebenso als Prädikat, 
besonders wenn es zu einem Akkusativobjekt gehört; vgl. Nib. 82,2; 
314,4; 340,1; Gudr. 8,4; 21,2 usw. 

§ 54. Die grammatische Kongmenz in Zahl und Geschlecht wu-d 
häufig ausser Acht gelassen. So erscheint das Verb einerseits nicht selten 
im Sg. bei (meist nachfolgendem) pluralischem Subj. (Nib. 306,2; Parz. 374. 
489), sowie nach mehreren durch ww(i verbundenen Subjekten (Nib. 85^; 
342,2), anderseits sehr oft im PL bei einem Subj. im Sg. mit plur. Be- 
deutung (Nib. 97,3), bei swa? mit part. Gen. PI. (Gudr. 47,2). In gleicher 
Weise wird ein auf einen solchen Ausdruck bezogenes Pron. oft in den Plural 
gesetzt; vgl. Nib. 185,4 ; Gudr. 79,4. Vielfach ist das natürliche Geschlecht 
statt des grammatischen massgebend (Nib. 14,4; 26,2 u.ö.). Bei Beziehung 
auf Wörter verschiedenen Geschlechts steht das Neutr. (Iwein 71. 91). 

§ 55. Der partitire Genetiv herrscht allgemein (an Stelle nhd. 
attributiver oder andrer Fügungen) nach den substantivierten Adj. vil, 
weniCy lützel, genuoc, mi, nach den subst. Pron. (n)ihf, (n)ieman, wa^a, 
swa?, nach subst. Zahlwörtern wie hundert, tüsent. Ebenso findet sich 
ein part. Gen. bei Verben (des brötes e^^en). 

§ 56. Der Genetiv wird auch sonst viel ausgiebiger verwendet 
als im Nhd., so namentlich als ergänzende Bestimmung bei Adj. und 
Verben, wo wir ihn durch eine präpos.' Verbindung oder durch den 
Akk. ersetzen. ., 

§ 57. Tempus. Das Mhd. besitzt wie das Nhd. nur zwei, einfache 
Tempora, Präsens und Präteritum (§37). Das Futurum wird ausgedrückt 
entweder durch das Präsens (oft in Verbindung mit Zeitadverbien wie 
schiere, nietner mSre u. dgl.) oder* durch Umschreibung mit Hilfsverben, 
insbesondre soln (nicht tverden !). Das Prät. dient, namentlich in ab- 
hängigen Sätzen, auch zur Bezeichnung * des Plusquamperfekts (oft mit 
vorgesetztem, die Vollendung der Handlung ausdrückendem ge--, vgl. z. B. 
Nib. 40,1 ; Gudr .,22,1 ; Iwein 109), sowie des Perfekts. Daneben kommen 



Mittelhochdeutsche Grammatik. xxxi 

für beide Tempora dieselben Umschreibungen vor wie im Nhd., doch mit 
nicht ganz der gleichen Verteilung der Hilfsverben sin und hätt, 

§ 58. Passiv. Präs. und Prät. Paas. werden (übereinstimmend mit 
dem Nhd.) gebildet durch Verbindung des Präs. und Prät. von werden 
mit demi Part. Perf., Perf. und Plusquamperf. Pass. dagegen (abweichend 
vom Nhd.) durch Verbindung des Präs. und Prät. von sin mit dem Part. 
Perf. (ich hin, was gdohet = ich bin, war gelobt worden). 

§ 59. Infinitiv. Das Mhd. braucht sehr oft noch den einfachen 
Inf., wo wir ,zu* davor setzen. So immer, wenn der Inf. als Subjekt, viel- 
fach auch, wenn er als Objekt steht, femer bei allen Verben der Bewegui^g 
(nhd. noch bei ,gehn*); vgl. Mb. 242,3. In weilerm Umfang als nhd. 
ist die Konstruktion des Akk. mit Inf. im Gebrauch; sie findet sich 
z. B. auch nach hiten, vernenten. 

/§^60. Terneinung. Die ursprüngliche Verneinungspartikel ne 
(en, n) — immer unmittelbar vor dem Verbum fin. — steht für sich allein 
nur noch in einer beschränkten Zahl von Fällen ; meist ist ihr, zunächst als 
Verstärkung, der adv. Akk. niht beigegeben, der mehr und mehr zur 
eigentlichen und ausschliesslichen Negation wir(^-^ Wie niht können neben 
ne andre mit ne zusammengesetzte Pron. oder Adv., treten oder es können 
mehrere der letztern in einem Satze vereinigt sein (Nib. 179,3; 389,4; 
Iwein 288), ohne dass die Verneinungen sich gegenseitig aufheben. In ab- 
hängigen Sätzen kommt häufig pleonastische Negation vor, so in cZa^-Sätzen, 
die von einem positiven Satz mit (dem Sinne nach) negativem Verb abhangen 
(Gudr. 213,4), und in gewissen Konjunktivsätzen (s. darüber § 62c). Ander- 
seits kann in Absichtssätzen und Objektsätzen, die ein geschehn sollen aus- 
drücken, ie, iemer, iht, ieman für nie usw. stehn (Parz. 17). 

§ 61. Beiordnung statt Unterordnung. Die grössere Ursprüng- 
lichkeit und Freiheit des mhd. Satzbaues zeigt sich auch darin, dass weit 
häufiger als im Nhd. logisch abhängige Sätze dem regierenden Satze 
formell beigeordnet sind, d. h. die Form selbständiger Behauptungs- oder 
Fragesätze haben. Dies gilt insbesondre von Subjekts-, Objekts- und 
Folgesätzen ; vgl. Nib, 13, 1 ; 30, 3 ; 251,3 ; 352,4; Gudr. 73,2 ; Iwein 227 ; 
Helmbr. 56 usw. 

§ 62. Eonjunktivsätze. Viel ausgedehnter als im Nhd. ist auch 
der Gebrauch der sog. Konjunktivsätze, d. s. abhängige Sätze, deren Ab- 
hängigkeit lediglich durch den Konjunktiv des Verbs ausgedrückt ist (die 
Wortstellung ist in der Regel die eines selbständigen Satzes). Besonders 
zu beachten sind die Konjunktivsätze mit ne, Hieher gehören: 

a) die negativ- excipierenden Sätze, nhd. durch ,wofern nicht, 
wenn nicht, es sei denn dass, ausser dass* eingeleitet; vgl. Nib. 2,4; 
15,2; 118,4 usw. 

b) negative Folgesätze nafch negiertem Hauptsatz, nÜd. durch ,dass 
nicht, ohne das»* eingeleitet; vgl. Reinh. 120; Iwein 320; Otte 225 usw. — 



XXXII Mittelhochdeutsche Grammatik. 

c) mit pleonastischem ne (das aber auch fehlen kann) Subjekts- 
und Objektssätze zu negiertem Hauptsatz, der ein Verb oder Nomen mit 
an sich negativem Sinn (so z. B. lassen, vermtden, erwinden, vergeh ^en^ 
verhern, werren, lougene?i, mich betraget, mich verdriu^et udgl.) enthält; 
vgl. Nib. 24,3; 295,1; 453,2.; Gudr. .'65, 4 ; 80,4; Iwein 1Ö5.U8W. 

§ 63. Der Konjunktiv steht regelmässig, im allgemeinen abweichend 
vom Nhd. a) in Sätzen^ die von einem imperativischen Satze abhangen ; 
vgl. Mb. 168,1; 299,2 usw. — b) in verallgemeinernden Relativsätzen ; 
vgl. Nib. 328,2 ; 381, 1 ; Gudr. 204,4 usw. — c) nach einem Komparativ, 
wenn der regierende Satz positiv ist; vgl. Iwein 277; Walth. 19,1: 
Winsb. 4,5 u. ö. 

§ 64. Relativsätze. Häufig verwendet das Mhd. die Form des 
Relativsatzes, wo wir im Nhd. mit genauerer Berücksichtigung des logischen 
Verhältnisses einen Konjunktionalsatz (mit dass, so dass, wenn usw.) ge- 
brauchen; vgl. z.B. Nib. 330,3; Gudr. 150,4; Walth. 16,10. 

Das einleitende Relativ und das Demonstrativ im Hauptsatze werden 
meist durch ein Wort (Pron. oder Adv.) vertreten. Haben sie verschiedene 
Form, so wird letzteres gewöhnlich in den Kasus gesetzt, den der Neben- 
satz verlangt, sofern es sich auf Subjekt oder Objekt des Hauptsatzes 
bezieht (vgl. Nib. 304, "3 ; 371,2); ist es dagegen Subjekt oder Objekt des 
Nebensatzes, so steht es meist in dem vom Hauptsatz verlangten Kasus. 
— Hieher gehört auch die sog. Attraktion des Relativs, d. h. dessen 
Anpassung an den Kasus des (durch ein besondres Wort- ausgedrückten) 
Beziehungswortes im Hauptsatz; vgl. zu Nib. 262,3; Amis 37. 

§ 65. KonstruKtion «tto %olvov. Sehr oft werden Satzteile oder 
ganze Sätze, die gleichmässig zu zwei beigeordneten Sätzen gehören, nur 
einmal (und zwar in der Regel zwischen beide) gesetzt; vgl. Nib. '73, 1 : 
109,3; 362,2 u. ö. 




EPIK. 



I. Aus dem Nibelungenlied. 
Kriemhildens Traum. 

1. E^ troumde Kriemhilde in tagen den, der si pflac, 
wie si einen valken wilden zuge manegen^p^ , 
den Jr jjw4n arn erkrunmien, da^ si daz/muostfe sehen.- 

ir.'enkunde in dirre werlde nimmer l eideiylsa^^eschehe n . ^ xtJL.^ 

^, — ©«fl troum si dö sage^e y^\muqier üoten. 7^^.1SL 

^^y künde in niht bescheiden '^^ßS^dey guoten; ^ v 
73er y^ke, den du ziuhe^, da^ ist ein edel man;^, y^ 

in welle. got behrieteri, , / du muost in schiere ^^tore^ hän. 

3. ,Wa^ saget ir mir von manne, vil liebiu muqter nun? 
äne recken minne wil ich immer sin. 

sus schbene wil ich b l iben unz an minen tot, 

daz ich 8*1 von manne nimmer gwinnen Keine nöt^ . . 

4. ,Nu versprich eg niht ze ser^S sprach aber ir muoter dö. 
\ ,solt du iinraer herzenliche zer werlde werden ^öv^j|ä 
\da7 sreschiht von mannes minne. du wirrfk ein schoöne^WD. . , • .v-^-ä-OCT-j 



\da:5 geschiht V9n mannes minne. _^ du wiröl ein schoeni 
pbe dir gbt' noch gefüeget eins.rehte guofen riters'lip* 






yAjüJQuJU 



Siegfried, f 

Dö waohs ui Niderlanden eins riehen küneges kint f\( ^ A .3 
(dis vater hiea; S igemunt, sin inuoter Sigelint) 
in Vßiner bürge riebe, witen wol bekant, 

nid^n bi dem Rine; .- diu was ze Santen genant. 

\ , — 

iTv ,der Falke, ein Spielwerk der Frauen und ihr Gesell in einsamen 
Stundehwist dal Bild des Geliebten'. Vgl. die zwei ersten Kümber^strophen. -— 
uilden s. fTJ^.-^-^X iJ, 2 sin = si ne. — 4 in welle s. § 62. — b,4f ze 5., wir lassen 
die Präp. unübereetzt. 

1 



Ajt^ , tyuLipjuU^i (.Hjt^tA^) 



'^^ 



2 Nibelungen. a 

6. Ich sage iu von dem degne, wie 8choene^^der wart, 

sin lip vor allen schänden ^as vil wol bewart. ' ^ 
starc unde maere • wart si^ der küene man. 
hey wa:^ er'^o^er^ ^reti^ ze diser werlde gewan! ' i 

\ 7. Sifrit was geheizenjLiA der|j|ejAe ^öggfi JlVgt. . 

• er versu6hte vil der richS^^f^d^^ 
durch slnes libes sterke ' reit ^r in menegiu lant. ^ 

hey wa^ er sneller degne ze den Burgondßn *vant y ^^ ^^ ^ \ 

'8. ^Den heilen muoten selten deheimu herzeleit^ 
^ hörte sagen raaere, wie ein schoeniu mei|r. ' 

wsere in Bürgenden, ze wunsche^wol getan; '^ 

von der er sit vil fröuden unde arebeit gewan. 

9. Diu ir unmä^eh schoene was vil witen kunt, 
und ir höchgemüete zuo der selben stunt. 

an der 'juncfffiUWßtt so manic helt ervant: ^^ 

e^ ladete vfl der geste in daj^ Guntheres hint. ^ ApMjmc.^ 

10. ^Swa^ manT der werbenden nach ir minne'^esaoh,s«^l^'"- ^r^ 
Whirt in ir Ä \r^^^t^^r^^\ ^td^^^SxX ^ 
daz 81 deheinen wolde ze tmiiennehan. ^V^ \ 
er was ir vil vremde, dem si wart sider undertän. 

11. Im rieten sine.mäge* und ander ^ne man, 
Sit er üf^stöBte/minne tragen wolde .wan^/tl/»-*^*-^^'^ 
da^ er eine danne wurhe, diu im mofete zemen. . 
dö sprach der edel Sifrit: ,8ö wil ich Kriemhilden nemen*,! 



Das Pfingstfest 



l 



12. An einem pfincsten morgen sach man für gän ' 
, gecleidet wünnecliche vil manegeft kü^n man, . -—-^ 
f fünf tüsent oder möre, da zer höchge^jj^ v . * 

'v-v.-t' ^sich huop diu kurzewile «i^manegen önden wider strit. 
■ X'"^" 1^» I^^r wirt d^het die sfee^\ Xim was \da^ wol erkant, 
■ wie rehte herzenliche der helt von l^iderlant 
^ sine swester trüte, die er noch nie gesach, 

der man s6 größer scfioene vor allen jupcvrouwen jach. 



6, 4 gröii;er eren, abhängig von wa:^:; s. § 5^ — 8, 1 muoten, Prä^jc vpu 
müejen. — 9, 1 Diu ir, s. § 52. — unmä:^en, Adv. ! Vgl. griech. r} avta o^og, 
franz. la presqu'ile u. ä. — 4 ei^, ihre Schönheit und ihr Hochsinn. -- 
10, 1 ndc^ ir m., zu werbenden gehörig. — 11, 2 wdn tragen, die Gedanke :i 
'^^chtea vgl. nhd. , Verlangen, Bedenken, Sorge tragen* — 13, 1 im was, 
s. § 61. 





Nibelungen. . ' 3 

t 14- Dö sprach zuo dem künige der degen Ortwin:xW 
C ,welt» ir miij vollen eren ze der hochzite sin, ( f 

|sö siilt ir lä^en schouwen diu wünneclichen kint, — ^^ 

die mit so grölen ßren hie zen Burgonden ^inijt' -^ ^ i. 

\ 15. Wa:^ waere mannes wünne^ des fröute sich sin lip, 
V e^ ejt^ten schoene meide und hörlichiu wip ? 

la^et lawer'swesterV^^Jgir iuwer geste ^än*. 

der rät was zß ]le'be|MrVil manegem helde getan. 

16. ,Des wil j^mPne volgen', sprach der künic dö.; 
allg^j^f^erfunden, wärens harte frö. 

i-oun ¥oten und ir tohter wol getan, 
'luit ir meiden hin ze hoTe solde g4n. 

17. 'D5' Wäf t t'^' ^u TScEfineiT' ^"^gesuöSheft- ^«et- gewant; 
bwa:^ man in der valde der guoten waete vant, / 
die bouge mit den borten, da^ was in vil bereit, 
sich zierte rit^rliche manic waetllchiu meit. ' ^. 

18. Dö hie^ der ßünic riebe mit siner swester gän, - . 
die ir dienen . soldeiy hundert siner man, 

ir und siner mäge: die trgogen swert -enhant. . \ 

da^ was da^ Eolgesinde in der Burgonden lant. ^^^---^ / ^ - / 

19. Uoten die vil riehen saoh »an mit ir kbmen. / 
diu bete schoeher frouwen geselliclich genomen / y 
hundert oder m§re: die truogen'richiu 'cleit,* 

ouch gie da nä<?h ir tohter manic wsetltcbiu meit. 

.20.' Von einer kemenäten sach man si alle gän. 
dö wart vil michel dringen. von beiden dar getan, 
die des gedinge beten,* ob künde da^ geschehen, 
da^ si die maget edele solden vroelicheh sehen. _^ — — 

21. Nu gie diu minnecliche, also der morgenröt 
tuet ü^ trüeben wölken. da schiet von* maneger not 
der si da irvloe in herzen und lange bete getan: 
•er sach die -minneclicben nu vil herlicben stän. _^____.-.^s^-^ — - »- 

• 2^23: ^Tä lübte ir von ir "wiet^ vil manic edel stein ; 
ir rösenrötiu varwe vil minnechchen schein. .( 

ob ieman wünschen solde, der künde niht gejehen 

da^ er ze dirre werlde bete iht schoeners gesehen. 

2B. Sam der liebte mäne vor den stemen stät, /' I 
der schia so lüterlicbe ab den wölken 

4JU^ 



S. 
n 



*14, 4 diCy grammatisch genau wäre diu (Icij^f* § 54. — 15, 1 des fr. 
sichi Relativsatz mit Hauptsatzstellung. — 2 e^' et^^kn s. § 62. — 4 ze liehe, 
hier nicht = unserm ,zulieb'. — 16, 2 wärens = wären eK (Gen. zu /ro). — 
3 ernhot = er enbot — 19, 2 geselUcUch, zur Begleitung. — 20, 2 mjjL dahi|| 
wo die Fi'auen giengen. — 4 wodichen^ Adv. - 21, 3 d. i. Siegfri^d^- 23^ 
der Gen. Plur., deren. I 



o 



j 



Nibelungen. 

^ejn stuont si nu geliche vor andern frouwen guot. 
des wart wol gehoeljje't vil maneges beides muot. . 

24. Die ricnenkameraere sacb man vor iif gän. 
die böch gemuoten degne wolden des niht län, ! 
sin drungqn da si säben die minneclicben nieit. 
Sifride dem berren wart beide liep unde leit. 

25. Er d^te in sinem muote.: ,wie künde da^ ergän, 
da^ ich dich- minnen solde? da^ ist ein filtffßer^änf*^*-*^*-* 

! I ,sol aber ich dich f renid^ , ^ ^ö waßre ich samfter tot.* 
/ er wart von gedanken dicke bleich unde röt.-» 

26. Dp stuont s6 minnecliche daij Sigb'nde kint, 
^^^anrer ent^^orfen waere an ein permipt ^Chaä^u'^'-*«**^ 

von güotes meisters lis|e!lt*^^ so man im jach, v)t4.ia<u.>*^-v 
da^ man'helj; neheinen ' so schoenen nie gesach. 

- * . * ' . . ' 

^jjuji!' I^iö ™i* <^^r frouwen giengen, die hieben von den wegen 

"Vi cISn allenthalben : da^ leiste manic degen,« 

diu hoch tragenden^^erzen vröuten manegen lip. 
mai]i sacb in höfien zühten . manic waetlichez wip. 

28. Do sprach von ^Burgonden der herre Gernöt: 
,der iu sinen dienest so gtietlichen bot, 
Günther, lieber bruoder, dem sult ir jbuon alsam 
vor allen diseinire<^ei ^ des rätes ich mich nimmer gesch^mi^ 

29. Ir heilet Sifriden zuo miner swester kumen,^jJj^^^jt^K^>K^ 
da:^ in diu maget grüe^e: des habe wir immer frumen. ^ 
diu nie gruo^te recken, diu sol in grtie^n pflegen; 
da mit wir hän gewunnen * d§n zierlichen degen.' 

30. D6 giengens wirtes ma^n^^^~aä man den helt vant. 
si sprächen zuo ^em recken ü^er Niderlant; 
,iu hat der künec erloubet,* ir sult ze Jiove gän, 
sin swester sol iuch grüe^en; da^ ist ze eren iu getan.' 

31. Der herre in sinem muote was des vil gern ei tH^^^^'^-'^-^ 
dö truoc er in dem herzen liep äne lei^, 
da^ er sehen solde der schoenen Uoten kint. 
mit minneclicben tugenden ^"^Pj^iÄftjte Sifriden sint. 

32. Er neic ir minnefflichen, genäde er ir bot. 
s} twanc gen ein ander der seneden minne nöL. 

V 

24, 3 sin drangen s. |^| — 26, 2 er s. § 54. — 28, 2 S. war für Günther 
gegen die Könige Liude^Q^on Sachsen und Liudegast von Dänemark ge- 
zogen und hatte beide gefangen genommen. — 29, i ir heilet. Das Personal- 
pronomen steht oft auch beim Imp. — Z pflegen, hier lediglich zur Um- 
schreibung des Verbs. — 30, 1 giengens = giengen des. — 3 ir sult s. § 61. — 
31, 2 liep dne leit, Gegensatz zu 24,4. 



Nibelungen. 

mit lieben ougen blicken ein ander sähen an gj ' XA/^ 
der herre und ouch diu frouweiAjdaz wart vil tougengetän. 

33. Wart_jää vriuntliche ge(^^i^ ir vil wii^iu haut 
von »herzen/Iieberi^nljiijeg^ des ist mir niht bekant. 
doch l^frKch niht gelo^ben, da^ e^ wurde Jan : 
zwei ffiinne jggßdiu herge heten anders missetan. <^^— ^^-^^i±^ "^t« A^d^r^t^. 

34. Bi der* sumerzite " und gen des meijen tagen 
dorft er niht mere in simp herze tragen 
so vil höher vröiide, '• / so er llä gewan, 

dö im diu gie an hende, die er ze trüte gerte hän. >^' ^^^ 

o 35. Dö dähte manic recfee: ,hey waer mir sam geschehen, 

da^ ich ir.gienge nebene,rT" als ich in hän gesehen, 
oder bi ze ligenne! da^ lie^ ich äne haa;.* 

e^ gedien tQ noch nie recke nach einer küniginne ba^. 

36. Von >^welljer künege 7dn(fc die geste körnen dar, ^ — 
dje.namen algellch e ' *^ wan ir zweier war. .^ ^5/-'^^ ia* \ 
ir wart erloubet küssen^ dbn waetlichen man: . iv^ ^^ v.^^^*^ ^ 
im wart ze flirre werlde nie so liebe getan. , -..^-^ ^' ,^'l ^' ' ' 

37. , Der künec von Tenemarke sprach dö sä zestunt: 
,des vil höhen ^gruo^es lit vil maneger wunt . f 
(des jfib da wol_ enpfinde) von Sifrides haut, 
got lä^e in nimmer mere ze Tenemarke in da^ laut!* 

38. Man hie^ dö allenthalben wichen von den wegen 
der schoenen Kriemhilde. manegen küenen degen 
sach man zühtecliche - ze kirche mitlr gän. 
Sit, wart von ir ' gescheiden der yil wsetliche man. 

-^^39. D6 gie si zuo dem münster ; ir volgete manic wip. 



/ 



dö was oucli wol gezieret der künegiinne lip, 
da^ dö höher wünsche maneger wart verlorn, 
si was ze ougen weide manegem recken gebom. ^^^ 

40. Vil küme beite SiTrit, da^ man da getane, -f LuAJ^-*^^^^^'^ 
er mohte sinen säelden immer sagen danc, 

da^ im diu was so waege, die er im herzen truoc: 

ouch was er der schoenen holt voruschulden genuoc. \/ 

41. Dö si Ü2; dem münstre nach m^se kom^esjtäP, 
man bat den degen küenön wider zuo ir gän. 



ü 



32, 3 ougen^ Gen. Plur. zu blicken. — 33, 2 herzen^ Dat. zu lieber. — 
des, abh. von niht. — 35, 4 nach einer fc., um eiiifiL K:i zu gewinnen. — 
37, 1 s. zu 28, 2.-2 des gruo^es, Gen. der Ursache?^-/w4 ze T. in da? l, 
beachte die Wortstellung! — 38, 2 der scheinen Kr., Dat. zu wichen. ~ 
39, 3 wart verlorn, vgl. nhd. ,viele Worte verlieren.' — 40, 1 gesanc^ näml. 
die Messe. S. übrigens § 57. — 41, 1 kom gestdn, vgl. nhd. »gegangen, geflogen 
kommen*; stdn ist hier Verb der Bewegung = treten. 



6 Nibelungen. 

erst begund im danken diu minnecliche meit, 
da^ er vor den recken so wiclichen streit. 

42. ,Nu lön iu got, er Slfrit*, sprach da^ edel kint, 
,da^ ir da^ habet verdienet, da^ iu die recken sint 

so holt in guoten triuwen, so ich si boere jehen.* '■- 
do begunde er minneclictie an froun Eriemhilde seheAj^ 

43. ,Ich sol in immer dienen*, sprach Sifrit der degen, 
,und eimil min houbet nimmer ö gelegen, 

ich enWerbe nach ir willen, sol ich min leben h&n. 
da^ mno^ iuze dien^, min frou Kriemhilt, sin getan.* 

44. Inre tagen zwelven, der tage al ieslich, 
sach man bi dem degne die maget lobilich, 

so si ze hove solde vor ir friunden gän. 

4er dienst wart dem recken durch grö^e liebe getan ._ 



Günthers Bratitfahrt. 

45. E^ was ein küniginne gese^^en über se : 
nii^er ir geliche was dehgjniu md. i 

si was unma^en schoene, vil michel was ir kraft, 
si schö^ mit snellen degnen umbe minne.den schaft. 

4@. Den jtein warf si verre, dar nach si witen spranc. 
swer ir minne gerte, der muose äne wanc. ^ t^^'-^uyvo • »*-*^ M^^^f-^-^j 
driu spil an gewttßen^^ der v^ttlI^^enw'o^^*geBorn : 

gebrast im ah eiiiä, er ^het- da^ houbet verlorn. i 

. 47. Dö sprach der voit von Rine: V'*^,ich wil an den se, ' 

' hin zuo Prünhilde, swie e^ mir erge. - i 

ich wil umb ir minne wägen den lip: 

den wil ich verliqsen, sine werde min wip.* j 

' . \i 48. Er sprach: ,,wil du mir hel/en, edel Sifrit, \ 

die minneclichen werben? tuo des ich dich bit. j 

und wirt mir ze trüte da^ mihnecliche wip, 

^jk^v^ Y ich wil durch dinen willen wagen 6re unde Up*. 

C*""' 49. Des antwurte Sifrit, Sigmundes sun: 

,gis^du mir din s wester, so wil ich e^ tuon,^ 
die schoenen Kriemhilde, ein küniginne her: \ 
so gere ich nlht lönes nach minen arbeiten mer/ 



41,4 s. zu 28,2. — 42, 1 er, her, vor Namen und Titeln =^ hern; 
s. § 9 b. — 4 an, Präp. — 43, 3 ich enw'erbe, s. § 62. •— 46, 2 a»c wanc, 
ghne eininal zu-verlifiren. — 47, 1 der voit (= voget) von B.j Günther. — 
an, wir sagen: auf. — den se, die Unterscheidung zwischen ,der See* und 
,die See* kam erst im 18. Jahrh. auf. — 4 sine werde s. § 62. — 49, 1.2 be- 
achte den Reim! — 3 ein, wir setzen den bestimmten Art. 



(Nibelunge^ /T^ 



50. ,Da^ lobe ich', sprach Gnntber, ,Sifnt, an dine hant. 
unde kmnet ^u V^<mie PrGnhilt in da^ lant; *' 

so ivil dch dir ze wibe mine swester geben: 
so mabt du mit ir immer vrcBlicben leben.' 

51. Des swnoren si d6 eide, die recken vil her. 
des wart ir Arbeite*«- verre dester mer^x^c^? - , 

e da^ si die fixaiwei]|^ brähten an den Rin^»^ ' 
/des muosen die küenen sit in großen ncBten sin. 

52. Sifirft mu(>se füeren die kappen mit im d^^ 
die der h^t küene mit g^;e gewan [ ' ^^^if^ 

- ab eime getwerge, da^ hie:; Albrich.) ^ »^ 

/'sich garteii zuo der verte recken kfiene unde rieh. 

53. Ir goltvarwen schilde man truoc in üf den sant 
^ unde brahte in zuo zin alle^ ir ^ewant. \^ 

ros hiei;' man in dehen: si w olden riten dan. 

da wart von schoenen frouwen michel weinen getan. 

54. Dö stuonden in diu* venster diu minnecllchen kint. 
ir schif mit dem segele ruorte ein höher wint. 

die stolzen hergesellen sä^en an den Rin. 

dö sprach der kfinic Günther: ,wer sol schifmeister sin?' 

55. Sifirit dö balde ein s chal ten gewan, 
von sta^e er ßchieben vaste began.- 
Günther xler küene eip ruoder selbe nam. 

/dö huoben siäBT^n lande die snellen_riter lobesam. 

56. Si fuorten riebe spise, dar zuo guoten wln, ^' 
d^ besten, den man künde yinden umben Rin. 

ir ros stuonden ebene, si beten guot gemach. 

ir schif §ienc euch ebene: lützel leides in geschach. 

57. An dem zwölften morgen, so wir beeren sagen, 
beten si die winde verre dan getragen 

gegen Isensteine . in PrOnhilde lant. 

da^ was niemen mere wan Sifride bekant. 

58. Sehs und ahzec tOme si sähen drinne stan, 
dri palas wite und einen sal wol getan ^ 
von edelem marmelsteine grüene alsam ein gras, 
dar inne selbe Prünhilt mit ir ingesinde was. >f 

y 

51, 2 arbeite, Gen. Flur., abh. von mir. — 52, 2 gewan, gewonnen hatte. 
— 4 gart^ Prät. von gerw&Hm — 53, 2 zin = ze in, — 54, 3 sausen an den 
Bin, bestiegen das Schiff äcuf*dem Rhein; vgl. 47, 1. — 55, 1 S. beantwortet 
die Frage durch die Tat. — 56, 2 uniben = uffibe den^ — 57, 4 Andeutung 
einer frühem Bekanntschaft Siegfrieds mit Brünhild (Erweckung der Walküre 
und Vermählung mit ihr). Vgl. auch Str. 60. — 58, 3 ein gras^ beachte 
den Art.! 



8 Nibelungen. 

59. Diu burc was e ntslo^^en , vil wite üf getan, 
dö liefen in engegene die Prünhilde man * 
und enphiengen die geste in ir frouwen lant. 

ir ros hiß^ man behald en und ir Schilde von der haut. 

60. Dö diu küneginne Sifriden sach, 
zuo dem gaste si zühtecli chen sprach: 
,willekomen, her Sifrit7 her In ditze lant ! / f - 

wa^ meinet iuwer reise? da^ het ich geme_bekant.' 

61. Er.jpfach: ,hie ist Günther, ein künec rieh unde her: 
^e rwurb er JUn^ minne, sone gert er niht mer. 

durch dich mit im ich her gevam hän: 

(jwaer er niht min herre, ich hete^ nimmer getan. ^ 

62. Si sprach: ,ist er din herre unde du sin man, 
wil er min geteiltiu spil also bestan, 

behabe er die nieisterschaft, so wird ich sin wip. 
gewinne ab ich ir eine^, e^ get iu allen an den lip. 

'^ '63. Den stein sol er werfen und springen dar nach, 
den ger mit iftir schiegen^ lät_ iu sin niht ^e gäch ! 

ir muget hie wol verlieeen die ere und euch deü lip: 

des sult ir iuch bedenkeir,* sprach da^ minnecliche wip. ( 

64. Sifrit der snelle zuo dem künege traji, . y. K /\X 
allen sinen willen' er in reden b§t » .^kA^v^ ' -" • ^'" 
gen der küniginne; er ßold an angest sip;V> '^'^«^;v^ ^ .»'"^ 
,ich sol dich Wol b ehüeten vor- ir mit den listen min,* 

65. Dö sprach der'künic Günther: ,küneginne her, 
nu teilt, swa^ ir gebietet. und wseres dannoch mer, 
ich bestüe nj. e^ alle^ durch iuwren schoenen lip.' 

min houb^ ich verliuse, ir euwerdet mip wip.* 

66. Dö diu küniginne sine rede vemam, 
der spile bat si gah^, als ir da^ fi;ezafli. 

si hie^ ir ze strite bringen ir gewanti- ' 

ein brünne von golde und einen guoten Schildes rant: 
'67. Die wile was ouch Sifrit, der wggÜicKe man, 

end e^ ieman ^g|ge/ *'" zuo dem schiffe gegän, 
'Ja er sin tarnkappe verborgen Ijggp vant. 

dar in slpuf er schiere : ' dö was er niemen ^bekant. 
68. Er ilte hin widere ; dö sach er recken vil, 

da diu küniginne te ilte j» > höhiu spil. 



59, 3 man sagt mhd. : einen in dai^ lant enphdhen. — 60, 3 her^ weil wille- 
Tcomen noch als Zusammensetzung mit komen empfunden ist (eig. = dem 
Willen entsprechend, nach Wunsch gekommen). — 61, 2 sone = so ne. — 
62,4 abf d. i. aber. — 65, 2 wceres = wcere es (Gen., abh. von mer). 



# 



Nibelungen. 

da gie er tougenlichen, da^ in da niemen sach 

aller^ di da wären; von listen da^ geschach. - . 

69. Do truoc man der frouwen ^^T^ "^^® 8^^? 
einen vil scharfen ger, ^ denfe ^Uen, ziten/ sclio^ ~ ^ 
starc nrid ungefüege, ^ micIiSnande b reit, 
!e sinen QgJ;^n ' vil freislichen sneit . 
0. Prünhilde sterke groe^lichen schein, 
man truoc ir zuo dem ringe einen swaeijn. stein, 
grö^ und ungefüege, * michel unde wel u-^^ 
in truogen küme zwelye der küenen beide' unde snel. 

71. An ir vil wi^e arme si die^^ermel want, 
si begunde va^^en ^dien schilt an der haut, 
den ger si höhe zucte : dö gie e^ an den .^rit. 
diej0llenden_geste^ vorhten Prünhilde nil. 
^*^2. Unde waerennSiffit mKf da ze helfe komen, 
so hete sie Günther - sinen lip benomen. 
er gie &,r toogenli^e und ruort im sine hant. 
Günther su\e liste , ' harte sorfiI!2L^eJ^-^t^ --77.: .^u____ 



75. Er sprach: ,gip mir von banden den schilt lä^mich tragen, 
unde merke rebte^ wa^ du mich hoerest sagen. 

^nu habe- du die' gebaerdef diu werc' iril ich begänIS 
dö er in bekande, e^ was im Jiebe getäi^. j^ ^JLv^' 

74. . Dö schö^ vil krefticlichen diu hemehe meit •'\-> 
üf einen schilt niuwen, michel unde breit: \ 
den truoc an siner hende. da^ Siglihde kint. \ > • ' f'^ ^ 
da:^ fiur spranc von stäle, sam [e^ wate der wint?''\' 

75. Des starken ger es snid^ al durch den schilt gebrach^ 

da^ man da^ fiuwer Ibugen ^ , , ü^ den ringen sach. fj -^ ^*' ' «^<;,^^ *«"* • ' 
des schu^^es' beuie strüchreir^ ' djie kreftige man:*^^iU ?^i.^\;>^ ;\^ ' 
wan diu tarnkappe, ' si x^seren. tot Sa bestän. 

76. Sifride dem küenen von munde brast da:^ bluot. 
vil balde sprajic er widere; dö nam der helt guot 

den ger, den ßi gescho^^en im hete durch den rant : 

den schö^ dö hin widere des starken Sifrides hant. 

77. Da^ fiuwer stoup ü^ ringen, als ob e^ tpb«» der wint. 

den ger schö^ mit eilen da^ Sigmundes kint. ^^^ 

sine mohte mit ir krefte des schi^jes niht gestän. \^ ,. 

e^ eiihete nimmer der ktinic Günther getan, y ^^^-^' ' 



70, 4 beachte die Stellung der Attribute! — 71, 2 begunde v., Aorist = 
erfasste. — 72, 2 (r. sinen lip, mit pleonastischem Possessiv. Vgl. damit 
Fügungen wie ,dem Vater sein Haus' in unsrer Volkssprache, -r- 73, 1 den 
schilt s. § 65. —^4 liebe, Adv. — 75, 3 des schu^^es, Gen. der Ursache. 
— 77, 2 schü^j Plusquamp. 




10 Nibelungen. *: 

78. Prünhilt diu schoene balde üf spranc: 
,edel riter Günther, des schu^^es habe danc!^ 

si wände, da^ ^''^ligijL ™^* siner kraft getan: j 

nein, si hete gfis^UeJ ein verre kreftiger man. "j 

ju^lC79. Dö gie ei hin balde; zomic Was ir muot. 

"**^aen stein huo£^ vil höhe diu edel maget guot. j 

si swanc in krefticliche verre von der hant: ^ 

dö spranc si nach dem würfe, da^ lüte erklanc ir gewant. j 

80. Der stein was gevällen zwelf kläfter Äan : 
den wurf brach mit spränge diu maget wol getan. 

dar gie der süelle Slfrit, da der stein gelac: , 

(Günther in we^ete, der helde des wurfes pllac. 

\ 81. Sifi-it was küene, kreftic unde lanc: 

den stein warf, er verrer, .'' . dar zuo er >vlter spranc. 
von sinen scboenen listen het er kraft genuoc, 
da^ er mit dem sprunge den künic Guntbere truoc# 

82. Zuo ir ingesinde ein teil si lüte sprach, 7 

. dö si ze ende des ringes den helt gesunden sach : ^ 

,balde komt her näher, mäge und mincf man: ^ „^ ] 

ir sult küriic Günther alle werden undertän.* 

83. Dö leiten die vil küftien diu wäfen von der hant, 
si li^tt^i sich ze fUe^eri^ von Bürgenden laut 

Günther dem riehen,' vil manic küener man. 

si wänden, er hete ^ mit siner kraft dia spil getan. ^ j 

.. ' ' 8¥. Er gruo^t^s 'ininnecliche : jä was er tugende rieh. * '"'' 

dö nam in bf der hende diu maget lobelich: *«« ! 

si erloubte im, da^ er solde haben da gewalt. 
des freuten sich die degne vil küene unde halt. 

85. Sifrit der snelle, wise er was genuoc, - ] 

sine tamkappe er ze behalten truoc. 1 

dö gie er hin widere da manic fronwe sel^,^ 

da er und ander deghe al|6§ leides vergaß. ^ 
-\- 86. ,Sö wol mich d ir re maerej sprach Sifrit der degen, 
,da^ iuwer l^öchverteri also ist gelegen, ,' 
da^ iemen feb«t, der iuwer meister müge sin. 
nu sult ir, maget edele, uns hinnen volgen an den Kin.* 



78,4 kreftiger, Komparativ. -- SO^if helde für heHnde (§ 16 Anm.), mit 
medialer Bedeutung : der sich Verbergende.' — 82, 1 ein teil, zu lüte ge- 
hörig : ziemlich, sehr laut — 2 gesunden s. § 53 b. — 85, 4 vergaß s. § 54. — 
86,2 ist gelegen t darnieder liegt. ' ^ 



t; 




.^ i '^' ^^ Nibelungön. \\ 

^ Siegfrieds Tod. 

87. Günther und Hagene, die recken vil balt, 
I qbeten m it üntriuiiKen ^^©in pirseii in den walt. 
mit ir scharpfen geren^ si wolden jagen swin, 
beren unde wis^qade:. wa^ möhte küeners gesin? -^ 

88. iDä mite teit^ouch Siffit in hdrüchem s^ite. 
maniger^hande spise die fuorte man in mite, 
zeinem tälten brunnen -verlos er sit den lip. ^ f ^- 
4a^ hete geraten Prtknhilt, des künic Guntheres wip. 

89. Do gie der degen küene da er Kriemhilde vant. ^. 
dö was nu üf gesoumet sin edel pirsgewant O ■ y^ . 
undQ ^er g^ellenT%ÄÄr»^i wolden über ßin. ^ 
dotie do rfte Kriemh ilde >i nimmer leider gesin. 

1 ~ : •" 5^ ^ • — - - .. - - T- •- -- ■ ^;;. r 

90. Die sinen triutinne die kust er an den munt: 

,got la^e mich dich, vrouwe, gesehen n^cngesunt^^^y . 

und mich diu dinen ougen-^"*^ mit holde»' mägen 'din a^ ^^ 

soltu kurzewilen: ^e mac hie hejHie nihf*ges^n.T^ -^-^j^ ^W^u. "^X^^"^ 

^1. Do gedähtes an dm maere (sine forste ir nilii gesaggn), 
diu si da Hagenen sagete: xlö be^onjj[e klage'n 
diu edele küniginne, ' da; si ie ^ewan den lip. 
dö weinde äne ma;^ ^j des herren 'ßifrides wip. 

92.' Si sprach zuo dem recken: ,lät iuwer jagen sin! * * 

mir trctmgte hinaht leide, wib iuch zwei wilBiu swin 

jageten über beide St ^ da wurden bluomen rat. ^ . i i, ^ ,^^^-' 'C 

da; ich so söre weine, * desget mir woBrliche not. ^- ^^ / 

93. Ich t^rht e harte sere etelichen, rät, ^I ^ 
obe man der^3eEeinem missedienet hat, "^ 

die uns g efüeeen kunnen vientlichen ha;, s^-*^^ 
bellbet, lieber herfe! mit triuwen räi ich iu da;.* 

94. Er sprach: , min triutinne, ich kume in kurzen tagen, 
ine wei; hie niht der liute^ die m^r iht ha;;es tragen. 

afie dine mäge^ sint mir gemeine holt: 
euch hän ich an den dggenißn hie niht anders versplt.' 
^95. ,Neinä, herre Sifrit: ja fürhte ich dinen val. 
mir Ibroum^e hinte leide, wie obe dir z^tal 

vielen zwene berge ^'^^ in gesach dich niihmer me. 
wil *du von mir scheiden, da; tuet mir inneclichen we.* 

87, 4 kiieners Gen., abh. von wa^. — 90, 1 Die stnen^ s. § 52. — an^ 
vgl. 47, 1; 54, 3. — 4 ine = ich ne\ ebenso 94, 2; 95, 3. — 91, 1 gedähtes; 
8 = si. — ir (näml. der mare), Gen. zu niht: nichts davon. — 2 Kriemhild 
hatte in guter Absicht Hagen die einzig verwundbare Stelle am Leibe ihres 
Gatten verraten und übör derselben ein kleines Kreuz auf dessen Gewand 
gestickt. — 94, 2 der Hute, Gen. zu niht. — 4 anders, Gen. zu niht. 



I \\- 



1 2 Nibelungen. 

96. Er umbevie mit armen da^ tugentriche wip, 

mit minneclichen küssen trut er ir schoenen lip. 
mit urloube er dannen ' ,schiet in kurzer stunt. 
sine gesach in(leide^ dar nach nimmer mer gesunt. 

\^7, Do riten si von dannen in einen tiefen walt 
durch kurzewile willen. vil manic ritter halt 
volgten- Ounthere • unde sinen man. 
Gernöt unde Glselher die warn da heime bestan. 



' "^ 9S: Geladen vil der rossQ ~" J^m var. ia..über Rin^ "^^ 

di den jagetgesellen truogen bröt unde w3n, .■■ m^^ 

■vleisch mit den vischen und apder manigen rät, "H^ ^, '|', JW' 

-'>^' den ein- künic so riebe harte pillichen hat. '^ •] ''^ — 

-^ .- yc 99.* Si hieben Verbergen Tür den grüenen walt, 
1 ,„ \ -9 -3 gen des wildes, abeloufei die^ stolzen jegere^balj}, . ■ ^ 
da si^'dä jagen solden, üf einen wert vil breit. ' 

fy* s i > ^ö was oücK komen Sifrit? da^ wart dem künege-^se^ 
^ "^100. Von den jagtgesellen ^wurden^ dö gar bestäiT 
' '''^^' die warte in allen eu^en. dö sprach der küene man, 

Sifrit der vil -starke: ,wer sol uns in jdelT^alt 

wisen.näch dem wilde, il* beide küene unde halt?* 

101. , Weite wiV uns |cheidß«\ sprach dö Hagene, 
,e da^ wir beginnen- hie ze jagene! ' 

da bl wir mügen bekennen, ich und die herren min, 

wer die besten jegere an dirre waltreise sin. 

102. Liu^ und gehünde suln wir teilen gar; ' L 
^ so ker ieslicher, s^ar er j;erne var. ^ U- ^v^ 

der^daniie jage da^ beste, des sol er haben djnc,* 

dö wart^ der jegere biten bi ein ander niht lanc. 

103. Dö sprach der herre Sifyit: ,ich hän der hunde rät, 
niwan einefr bracken, der so ^^ßDlfi22£P ^^*'» 

da^ er die 'rfe^ierkenne der tiere durch den tan. 

jL^ j »"fxjftwir komen wol zu jegede*, sprach der Kriemhilde man. 

Y.Kjj^^ ^''^ '■^ 1 Ö4, Dö nam ein alter j^jgere^ einen guoten sptfedujiit : 
er brähte den herren in einer kurzer stunt 

1 da si vil tiere funden. . (swa^ der von lagere stuont/ 
*' di erjageten die gesellen, so nach guote jegere tiibnt. 

i 105. Swa^ ir der bracke ersprancte, diu sluoc mit siner hant 

Sifrit der vil küene, der helt von Niderlant. 

sin ros Huf so sere, da^ ir im niht entran^ 

den lop er vor in allen an dem gejegede gewan. 



97,3 volgterif s. § 54.^^^Tütr4— IFe/?6 wir, adhortativ; vgl. nhd. ,gehn 
wir*. — 103, 2 genoi^^en hat Man gab den Jagdhunden blutige Wildbretteile 
zu fressen, um sie auf die Fährte des Wildes .z\x leiten. — 104, 3 tiere. Gen. 



Nibelungen. 13 

106. Er was an allen dingen .biderbe genuoc. 
sin tier was da^ i|£?J'®» ^*? ®^ ^® *^^® sluoc, 

ein vif starke^ haipnil, ^ mit der sinen hant'. 

dar nach er vil schiere - einen u ng^fuegen'lewe n vant. 

107. Do den der bracke ersprancte, , den schö^ er mit dejn bogen, 
eine scharpfe s^^s^ het er dar in gezogen : 

der lewe lief nach dem schu^^e wan^^Sfßr sprünge lanc. 4 

die sinen jagtgesellen die sagten Sifride danc. , 

108. Dar nach sluoc er schiere einen wise^ un3 -einen eich, 
starker vfe^ywre und einen grim rufen schelcti. 

sin ros truoc'in s6 balde, da^ ir im niht entran . '^ 

hirze oder finden kundaim wßnic^gän._ - ^ 

109. Einen eBer^gro^en den vant der • spürehunt. 
als er- begunde vliehen, dö kom an der stunt 

des seihen gejegedesl meister I — bestuont m üf der släv 
da^ swin vil zorneclichen lief an den Iküejlen^ helet i^. 

110. Do sluoc in mit dem swerte der ßriemhilde jna,n: 

e^ het ein ander jegere ^ so sanfte niht getän.>" ^^r '':*'^\'^rj 

dp er in hete' ervellet, ^ m£^n ^i^ den spürehuQt. o-tS-^VNsA-^-k-v-^ ^ 

dö Wart sin jaget da^ riebe, " wol den Bürgenden kunt._>L. '^^ f^rY-^--<>, Jv^^, 

111. D6 sprächen sine jegere : ,müg'e^ mit fuoge^^esen, 
so lät uns, her^Sifrit, ,der tier ein teil genes e i v. ^vT 

ir tuot 4ms hiute laere den berc und ouch den walt.* ^v^ >* 
des hegende smielen der degen küene unde halt. v^A/^'^^X^ 

112. Do hortens allenthalben Indem "und^dö:;;: ^^ ^ 
von liute und ouch vou hufiden der schal was so grö:;, 

da^ in da yon antwurte der berc und ouch der tan. 
%vjpp^nd fweinzec rijojft die jegere beten. Verlan- 

113. Dö muos^n. vil der tiere vliesen^da da;^ leben, 
dö wandün.si da^^^fij^en,, da^ qian in^solde geben 
den^prisVon dem gejegede: des, en]^unde n^ht geschehen, 
^*^er öt^ke« Sifrit wart zer fiuwerstat geseheH. 

14. Da^ jaget was ergß.ngen unde doch niht gar. 

zer fiuwerstete wolden, die brähten mit in dar ' *~ 

vil maQiger tiere hiute * und wildes genuoc' 
hey wa^^'man des zer kuchen des küneges ingQsinde trupc! | t^ 

115. Dö hie^ der künic künden den jegem ü^ erkorn, ^/r^^*^ 
da^ er enbi^en wolde,. • dö wart vil lüte ein hom 

iO0, 2 verbinde: dai^ erste sin tier, da? . ., was ein . . — 4 lewen, wie 
kommt der Löwe in den deutschen Wald? — 108, 4 hirze oder hinden Gen., 
abh. von wenic. r- 109, 3 meister s. § 65. — üf der slä. S. verlegte dem 
Eber den Weg. — , 110, 2 e? Akkus.; vgl. 77,4. — 114,4 ingesinde, Dat. 




14 Nibelungen. 

zeiner stunt geblasen: da mite in wart erka nt, 

da^ man äen fürsten edele da zen Herbergen vant. 

116. Do sprach ein Sifrits jegere: ,herre, ich hän yernomen 

von eines homes du^^e, da^ wir nu suln komen 

zuo den herbergep; antwurten ich^des wil.^*' 

dö wart nach den gesellen (geyrägeti blasende jAr^^.'^^^ 
— 117. Dö sprach der herre Sifrit: ,nu rüme ouch wir den tanf 

sin ros truoc in ebene; si ihen mit im dan. 

si ersprancten mit ir schalle ein tier vil gremilich: 
da^ was eiii bere wilde. dö sprach der degea hiüder sich: 

118. ,Ich wil uns. herges^ellen kurze wile wenj. ^^j^^^ ^ Uk ^ - 
ir sult den bracj^n läzen: ja sihe ich^ einen bern, ^ 

der sol mit uns hfnnen zen herbergen varn. ^ 

^ r 3C 2£^ vl[ehe dann vil sere, ern kah sichs nimmer bewgrn. , 
^ ^ 1119. Der bracke wart verläsen, der berespranc von dan. 

,do woldö^ in erritßn der Kriemhilde man. j^ /, .-^a«- » v^ 
/'er kom in ein gas^elle: /ddne kondesmwet^esen.-^ z-n/^^. ^ -^* 
' da^ starke tier dö wände vor^dem jegere genesen. ,\ ** r ^' '^' 
^ 120. Dö spranc von sinem rosse der stolze ritter guot: 
er begonde nach loufen. . da^ tier was^ imibehuot, ^ 
e^ enkonde im niht entftnnenr dö ^ien^er i^ zehant, / 
jan aller slahte wunden der helt ez, scHiere gebaut . 

121. Krazen noch gebi^en künde qt, niht den man. 
er bant e^ zuo dem satele; üf sa^ "der snelle säji, 

er brähtx^an die ffuwerstat durch sinen höhen muot, 
zeiner kurzewile, der recke küene unde guot. 

122. Wie rehte herliche er zen herbergen reit! 
sin ggf was vil michel, ■ starc unde breit. 

im hieae- ein ziere w^fen hin nider an de^ s gorn^ 
von vil rotem golde fijgi^der herre ein schoene hörn. 

123. Von be^^erm piragfeWffitö^^ gehört ich nie gesagen. 
einen roc von swarzem pfelleL den sach man in tragen 
und einen huot.von zobele, der riebe was genuoc. 

^^y "wa^ er richer po rten an sinem kochsere truoc ! ' 
^"''"^. 124. Von einem pantele was dar über gezogen 
< ^ein hüt durch die süe^e. ouch fuort er einen bogen, 

den man mit ant werke muose ziehen dan, 
der in spannen solde, ern hete i^ selbe getan. 



115, 4 vant, wir übersetzen: finden würde. — 119, 3 kondes = Jconde es 
(Gen. zu niwet). — 120,4 an a. sl. wunden, auf helt zu beziehn. — 124, 2 
durch die 8üe?e. Man glaubte, dass der angenehme Geruch des Pantherfelles 
das Wild anlocke. — 4 der, wenn man. -— ern hete s. § 62. 



Nibelungen. 15 

^125. Von einer Injemea hiute was alle:; sin gewant. 
von houpte utfz an da^ ende gestreut inandradfe^vant 
ü^ der liehtgn riube, vil manic goldes (jS^X*'**' ' >/ 
ze beiden slnen siten dem küenen jegermeister schein. 

126. Ouch fnort er Palmungen, eiijziere wafegjtf-^t, 

da^ was also scherpfe, dä^ e^ nie c^ermSp * ^^^XlrZy-^^^-^^-^y^'^^ 

swä man e^ sluoc üf helme : sin ecke wären guot. ^ 

der hörlicbe jegere dier was vil höhe ge^uot. 

127. Sit da^ ich ,iu diu jnaere gar bescheiden sol: 
im was sin edel koch^r vil guoter strale vol, 

von guldinen tüljen, diu sabs wofliSide breit. 

e^ muose balde ersterben, swa^ er da mit/versneit. 

128. Do reit der ritter edele vil weidenlicKe d^n. 
in sähen zuo zin komende die Guntheres man. 

^ liefen im engegene und enpfiei^en im da^ J^ESi^ 

dö fuorte er bi dem satele einen Iberen grö^'unde starc. 

129. Als er gestuont von rosse, dö löste er im diu bant 
von fuo^e und ouch yön munde. do erlütte da zehant 

vil grö^e da^ gehünde, swa^ des den beren sacb. 
da^ tier ze walde wolde : die liute "beten ungemach. 

130. Der bere von dem schalle durch die kuchen ^sfiideW 
\/ hey wa^ er kuchenknehte ' von dem fiuwer schiet I 

vil ke^^el wart gerüeret, z^füfiz^ raauic brant : 

hey wa^ man ^guoter spise in der aschen ligen yant! 

131. . Dö Sprüngen von dem sedele die herren und ir man. 

der bere begonde zürnen. der künic hie^ dö län ^| U^r 

alle^ da^ gehünde^ da^ an seilen lac. t^ lU v>^ •'^'^C/ . i ^-^""^ ^' ' 

und wser i? wol verendet, si beten vroelichen tac. ■. - ^^^ ' ' X«,*',. 

1 32.1h |tit bogen und mit spielen (niht langer man da^ lij) 
dö liefen dar die snellen, da der bere gie. 

dö was so vil der hitnde, da^ da niemen schö^. 

von des Hutes* schalle da^ gebirge alle^ erdö^. 

133. Der her begonde vliehen vor den hunden dan. 
im eiümpde niht gevölgen wan Kriemhilde man. 

der ^Bf.'in mit dem swerte, ze töd^ er in dö sluoc. 

hin wioer zuo dem fiuwere man den beren sider truoc. »^ 

134. Dö sprächen die da^ sähen, er. wsere ein Jkreftec man. 
die stolzen jagetgesellen hie^ man zen tischen gän. ^* ^^ ' 



125, 3 eein s. § 65. — 1^6, i ein hat hier die Geltung des best. Art., 
ebenso 128, 4. S. auch 49, 3. — 130, 2 kuchenknehte^ Gen. Plur. zu waj^. — 
3 kei^^el Gen. Plur. zu vil — 133, 1 begonde vi = entfloh. Vgl. zu 71, 2. 
— 2 nihtf niemand; ebenso 143,3. — 



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>^JlJ^ 



16 Nibelungen. 

üf einen schoenen angßr sa^ ir da genuoc. 

hey wa^ man richer spise den edelen jegeren dö truoc! 

135. Die schenken körnen seine^' die jbragen solden win. 
e^ enkimde ba^ gedienet nimmer heleden sin/) 
beten sie dal* und er niht so valschen muot, 

so wseren wol die recken Vor allen schänden behuot. 

136. Dö sprach der herre Sifrit: ,wunder mich des hat, 
Sit man uns von kuchen git.sö manigen rat, 

von wiü uns die schenken bringen niht den win. 

man enpflege ba^ der jegere, ine wil niht jagetgeselle sin. 

137. Ich hete wol gedienet, da^ man min naeme. wäre.* 
der künic von dem" tische sprach in valschjB ^arej^^ J 
,man sol^ iu gerne büe2;en, swes wir geÄreölfönMn. 

e^ ist von Hagenen schulden : der - wil uns gerne erdürstpn län.* 

138. Dö sprach von Tronege Hagene: ,vil lieber herre min, 
ich wandß, da^ da^ *^pirsen hiute solde sin 

da zem SpJStsharte : den win den sande ich dar. 

sin wir hiut angetrunken, ' wie wol ich mere da^ bewar!*! 
^139. Dö sprach der herre Sifrit: ,ir lip der habe undanc ! 

man solt mir siben soume met und lütertranc 

haben* her gefüeret. ^o,.i6S niht raohte sin, 

dö solt man uns gesidelet haben näher an den Rin.' 

140. Dö sprach von Tronege Hagene: " ,ir edelen ritter balt, 
ich wei^ hie vil nähen einen brunnen kalt 

(da^ ir niht enzürnet): da suln wir hine gän.* 

der. rät wart manigem degene ze grölen sorgen getan. 
,141. Sifrit den recken C^wan^ des turstes not: 
tisch er desto ziter rucken dan gebot : 
T^olde für die berge zuo "dem brunnen gän. 
dö was der rät mit meine von den recken getan. '^ 

142. Diu tier man hie^ üf wägenen füeren in da^ laut, 
diu da hete verhouwen diu Sifrides haut. 

man jach im größer eren, swer i^ ie gesach. 

Hagene sine triuwe vil sere an Sifride brach^ ^. 

143. Dö si dannen wolden zuo der linden breit, 
dö sprach von Tronege Hagene: ,mir ist des vil i^esei^' 
da^ niht gevolgen künne dem Kriemhilde man, 

(^wennä er wolde gäben hey wolde er uns da^ sehen län!^ 

135, 1 seine, d. h. gar nicht. — 2 ergänze: abgesehn davon (dass der 
Wein ausblieb). — 136, 4 man enpfl s. § 62. — 137, 2 dare, gegen Siegfried 
hin, — 138, 4 mere, in Zukunft. — 139, 1 ir lip, die Schenken. — 142, 1 in 
da^ lanty nach Hause, ebenso 172, 1. — 143, 1 zuo der linden, unter welcher 
der Quell entsprang. Die Linde war in der Sage bekannt, deshalb der best. Art. 



Vui. 

len tis 
er vioh 



Nibelungen. 1 7 

144. Do sprach von Mderlande der küene Sifrit: 
,da^ muget ir wol versüochen, jwelt ir mir loufen mit 
ze wette zuo dem brunnen. s6 daa; si getän,^ 

dem sol man jehen danne, den man sihet ^ewunnen hän^ 

145. ,Nu welle euch wi/j versüochen*, sprach Hagene der degen. 
dö sprach der starkes Sifrjc : ,8ö wil ich mich legen 

für die iuwern füe^e nider an da^ gras.* 

dö er da^ gehörte, wie liep da^ Gunthere wasl 

146. Dö sprach der degen küene: ,ich wil iu mere sagen, 
alle^ min gewsete wil ich mit mir tragen, 

den ger zuo dem schilde und al min pirsgewant.* 

den kocher zuo dem swerte vil schier er umbe igebjEint. 

147. Dö zugen si diu kleider von dem libe danT 
in zwein wi^en hemeden sach man si beide at4n. 
sam zwei wildiu pantel si liefen durch den (kle^ 
docK sach man bi dem brunnen den küenen Bifriden e. 

148. Den pris an allen dingen truoc er vor manigem man. 
da^ swert löst er schiere, den kocher leit er dan, 

den starken ger er leinde an der linden ast : 

bi des brunnen vlu^^e stuont der herliche gast. * 

149. Die Sifrides tugende wären harte gröa;. 
den schilt leit er nidere aldä der brunne vlö^^ 
swie harte so in durste, der helt doch niene tranc, 

e da^ der künic getriinke : des saget er im vil boesen danc. 

150. Der brunne was küele, lüter unde guot. 
Günther sich dö neigte nider zuo der fluot. 

als er hete getrunken, dö rihte er sich von dan. 

alsam het euch gerne der küene Sifrit getan. 

151. Do engalt er siner ^ühtpi den bogen und da^ swert, 
da^ truQc alle^ Hagene volfun danewert'. 

dö spranc er hin widere da er den ger vant. 

er sach nach einem bilde an des küenen gewant. 

152. Da der hferre Sifrit ob dem brunnen tranc, 

er schö^ in durch da:^ kriuze, da^ von der wunden spranc 

da|Aluot im von dem herzen/ vast an die Hagenen wät. 
sö^Fö^e misse wende ein helet nimmer mer begät. 

153. Den ger im gein dem herzen stecken er dö lie. 

also grimmeclichen ze flühten Hagene nie 

— — -7>/r/»^- 

144,4 jehen, zu ergänzen: des prises. — 145,2 S. will ihnen einen 
Vorsprung lassen. — 146, 4 den h zuo dem sw, gehört eigentlich auch noch 
zur vorhergehnden Rede. — 147, 1 si, Günther und Hagen. — 151, 4 nach 
einem bilde, s. zu 91,2. ein ist wieder demonstrativ zu fassen: jenes (aus der 
frühern Erzählung bekannte) Zeichen. 

2 



18 . : Nibelungen. 

gelief noch in der werlde vor deheinem m^in. " 

dö sich der herre Sifrit der starken wunden versan, 

154. Der herre tobelichen von dem brunnen spranc. 
• im ragete von den horten ein gerstange lanc. 

y\ der fürste wände vinden bogen oder swert: 

so müese wesen Hagene nach sime dienste gewert. 

155. Dö der sere wunde des swertes niht 'envant, 
don e het et er niht mere wan des Schildes rant. 
er^z uht^nj von dem brunnen, dö lief er Hagenen an ; 
döiie kümde im niht entrinnen des künic Guntheres man. 

156. Swie wunt er was zem töde, so kreftecltch er sluoc, 
da^ ü^er dem schilde draete genuoc 

des edelen gesteines : der schilt vil gar zebrast. 

sich hete gerne errochen der vil herliche gast. 

157. Dö was gestrüchet Hagene vor siner hant zetal. 
von des slages krefte der wert vil lüte erhal. 

het er swert enhende, so waer e^ Hagenen tot ; 

so sere zürnt der wunde; des gie im wserlichen not. 

158. Erblichen was sin varwe, ern künde niht gesten. 
stnes libes sterke diu muose gar zergen, 

wand er des tödes zeichen in liehter varwe truoc. 
Sit wart er beweinet von schoenen vrouwen genuoc. 

Vt 159.' Dö viel in die bluomen der Kriemhilde man. 
das pluot von siner wunden sach man vaste gän. 

dö begonde er scheiden (des 'twanc in grö^iu not), 

die üf in geraten heten den ungetriuwen tot. 

160. Dö^prach der verchwunde: ,jä ir vil boesen zagen, 
-w&t; helfenjfc miniu dienest, *'^^^"^da^ ir mich habet erslagen? 

ich was iul ie getriuwe : ' des ich engolljpn hän. 
ir habet an iuwern mägen leider übele getän.- 

161. Die sint da von besch^den, swa^ ir wirt geborn' 
her nach disen ziten. ir habet iuwern zorn 

gerochen al ze sere an dem libe min. 

mit laster ir gescheiden sult von guöten recken sin.* 

162. Die ritter liefen alle da er erslagen lac. 

e^ was ir ^nyogen_ ein vr«udelöser tac. ^ 

die iht triuwe heten, von den wart er gekleit: . ^ 

da^ het wöl verdienet der ritter küen und gemeit. 



154, 2 ein, wie 126, 1. — 4 söy dann (wenn er sie gefunden hätte) wäre 
H. seinem Dienste (iron.) entsprechend bezahlt worden. — 155, 3 zuhten = 
zuhte in. — 158, 3 S. ist ,ein Mann des Todes' geworden; er fuhrt das Wappen 
(zeichen) seines Herrn im Antlitz, wie der Dieustmann im Schild ; vgl. 332, 3. 
— 159,4 wir erwarten: ungetritiwe den tot. — 160^3 engoUeUi Gegensatz zu 
geno^^en; vgl. 284, 3. 



Nibelungen. 19 

163. Der.künic von Burgonden klagete sinen tot. 
dö sprach der verchwunde : ,da^ ist äne not, 

da^ der nach schaden weinet, der in da hat getan, 
der dienet michel scheiden; e^ wsere be^^er verlän.* . 

164. Dö sprach der grimme Hagene: Jane wei^ ich, wa^ ir kleit. 
eg hat nu. alle:; ende miser sorge und unser leit: 

wir vindea ir vil. wenic, die (g^ürren uns bestän. 
wol mich, deich siner herschaft hän ze rate getan!* 

165. ,Ir muget iuch lihte rüemen*, ^. sprach dö Sifrit. 
,het ich an iu erkennet den mortlichen sit, 

ich hete wol behalten vor iu minen lip. 

mich riiiwet niht so sere so vrou Kriemhilt min wip. 

166. Nu njuie^e got erbarmen, deich ie gfi»aA den sun, 
dem man da^ itewi^en sol nach den .ziten tuon,. 

da^ sin& mäge iemen mortliche hän erslagen. 

möht ich,* so sprach Sifrit, ,da^ sold ich pilliche klagen.* 

167. Dö sprach vil jsemerliche der verchwunde man: 
,welt ir,^ künic edele, triuwen iht btfgän 

in der werlt an iemen, ^ lät iu bevolhen sin 
üf iuwer genäde dieneDra" triutinne min. 

168. Und lät si des genießen da^ si iuwer swester si: • 
durch allen ftirsten tugende wont ir mit triuwen bi. 

mir müe^en warten lange min vater und mine man. 

«^ enwart nie vrou wen leider an liebem vriunde getan.* 

p- 169. Die bluomen allenthalben von bluot^ wären na^. 

dö rahe er mit dem töde: unlange tet er da^, 

wand des tödes wäfen ie ze sere sneit. 

dö mohte reden niht mere der recke küen und gemeit. 

170. Dö die herren sähen, da^ der helt was tot, 
si leiten' in üf einen schilt, . der was von golde röt, 
und wurden des zeräje, wie da^ solde ergän, 
daz man e^ verhsele, . daa; e^ het Hagene getan. 

J71: Dö sprächen ir igenuoge: ,uns ist übele geschehen, 

ir sult e^ heln alle - und sult geliche jehen, 
da.er riie jagen eine, der Kriemhilde man, 
in*, slüegen schächaere, da er füere durch den tan J 

172. Dö sprach von Tronege Hagene: ,ich bringdn in da^ lant. 

mir ist vil unmaere, und wirt e^ ir bekaht, 1 

diu so hat betrüebet den Prünhilde muot. 
62; ahtet mich vil ringe, swa^ si weinens getuot.* 

164, 2 aWe^, Adv. — 166, 1 .^m» .• tmn, wie 49, .1. 2. — 168, 1 s* s. § 63. «^'H' 

— 170, 2 eintn, wieder = den; die in der Schlacht Erschlagnen wurden auf 
den eignen Schilden nach Hause getragen. — 172, 1 bringen = bringe in. 

— 2 und wirt . . , Bedingungssatz. 



20 Nibelungen. -J 

--^ Hagen und Kriemhild, i^* j 

173. Do schieden sich die zwene recken lobelich, 
Hagene' von Tronije und ouch'her Dietrich, 

dö blicte über ahsSt ein Guntheres man 
nach eime bergesellen; den er vil schiere gewan. 

'174. Dö sach er Volkeren bi Giselhere sten, 
den spsehen videlaere^ er bat in mit im gen, 

wan er vil wol erkande slnen grimmen nluot. 
er was an allen dingen. ein ritter küene unde guot. 

175. Nöch liefen si die herren üf dem hove stän. 
niwan si zwene aleine sach man dannen gän 

über den hof vil verre für einen pälas witj 

die ü^ erweiten degne > vorhteiL ^jiiemannes nit. 

176. Si gesäten vor dem nuse gein eime sal / 
(der was Kriemhilde) Ä/^^. üf eine banc zetaL 

dö luhj; m vor dem libe ir herlich gewant. 
genuoge, die dti^ sähen, heten gerne si bekant^ 

177. Alsam tier diu wilden gekaphet wurden an 
die übermüeten helde von den Hiunen man. 

si ersach durch ein venster • ein 'Etzelen wip^ 

des wart aber betrüebet der schoenen Kriemhilde lip. 

178. E^ mande si ir leide: weinen si began* 
' des hete michel wunder ^e^ Etzelen m^n, 

wa^ ir so rehte swsere verrihtet hete ir muot. 

si sprach : ,da^ hat Hagne, ir helde küene unde guot.* 

179. Si sprächen zuo der \rouwen: ,wie ist da^ geschehen? 
wan wir iuch niuliche . haben vrö gesehen. V" 

nie niemen tvart so küene, der^ iu hat getän^ 

heilet ir^ uiis rechen,^ e^ sol im an sin leben gän.' 

180. ,Da^ wold ich immer dienen, swer raeche miniu leit: 
alles des er gerte^ des wser ich im bereit, 

ich bjut mich iu zetlfüe^en^ sprach des küneges wip. 

jfecnet mich an Hagnen, da^ er Verliese den lip.* 

181. Dö garte n sich vil balde sehzec ktierier man: 

durch Kriebihilde willen si wolden hin gän ^ 

und wolden slahen Hagnen, den vil küenen man, uA^^^^^ 

und ouch den vid^laere. da^ wart mit rate getän.^^'rJ^V^^^^T 

182. Dö si vil wol gewäfent ir gesinde sach, 
zuo den snellen ^recken ' diu küniginrie sprach: 



173, 3 ein, Avie 126, 1. S. auch 177, 3. -^ 4 den, demonstr. — 175, 1 si^ 
die Heunen. — 176,2 Kriemhilde, Gen. — 179,3 nie niemen, s. § 60. — 4e^ 
sölf auf so küene zu beziehn: dass es nicht müsste. — 180, 1 swer, wenn einer. 



Nibelungen. 21 

,iiu bitet eine wile; ja sult ir stille stän. 

ich wil uff3er kröne zuo minen viendien gän.^ 

183. ühd hoeret jtewi^T ^ wa^ mir hat getan *^^ *^' 
Hagne von Tronije, Güntheres man. 

ich wei;5 ^^ ®^ übernrüeten, da^' er mir lougent niht. 

^6 ist euch mir unmaBre, öwa^ im dar umbe geschiht.* 

^184. Do sach der videlaere, . Bin wundernküene man, AP-^jl/c^ 
die edeln küniginne ab einer stiegen gän. ^ 

nider abeme hüse. dö er. da^ ersiü-ch, 

Volker der küene zuo si m^ he rge sellen sprach : . 

185. ,Nu schouwet, Ivriunt^Hagne, wa. si dort here gat, 
<Jiu uns änö txiuÄe in^ Iaht galadjpt hat. 'li. 

Jp gesach. mit kiineges wibe nie "so manegen man, C. 

die swert enhendetrüegen^ also stritlichen gän. 

186. Wi^^et ir, vriunt Hagne, . ob si iu sin £eha^? 

so wil ich iu da^ raten, so hüetet deste ba:; ' /V 

jg& libes und derberen. ja dünget e^ mich guot: 

als ich mich versinne, si sint vif zornic gemuo^, ^ 

':" 187r Und sint euch sumeliche 'v^en_ brusteij also wlt, — 

swer sin selbes hüeten 'wil, des ist wol -zit,^*) - 

icE^wserie 'si die' Höhten • briinne an' in tragen: 
"v^(^n si da mit m^pineh, da^ enhoer ich niemen sagen.* 

188. Dö sprach in zopies muote Hagne der küene man: 
,ich wei^ wol; da^ ^^ alle^ ist üf mich getäii, 

da^ si diu liebten *wäfen tragent an der hant. 

vor den möht ich geriten noch in der Bürgenden lant. , 

189. Nu saget mir, vriunt . Volker, ob ir mir weit gest^ji, 
ob mit mir wellent stjlten Kriemhilde man«« 

da^ lä^et ir mich beeren, als liep als ich iu si^ 

ich won iu immer mere mit triuwen dienstlichen ^\ ' 

190. ,Ich hilfe iu sicherlichen', so sprach der spilman^ 
,ob ich uns hie engegne saehe den künic gän 
mit allen sinen recken, die wile^ ich leben muo^,^ 
so entwiche- ich iu durch vochte nimmer S^^ helfe einen fuo^.* 

191. ,Nu löii iu got von himele, vil edel Volker! 
ob si mit mir strlten,' wes bedarf ich danne mer? 
Sit ir mir helfen wellet, als ich hän vernomen, 
so suln dise recken vil gewerlichen komen.^ \ 



183, 1 wa^ = des wa?. — 3 ubermüeten, s. § 53 b. — 184, 1 ein, wie 
151,4. — 185,3 in = ich ne. — 4 die . . träegen, s. § 54. — 187,1 vgl. Z> 3^ 
-T 189,3 lallet irr s. zu 29, 1. £:::-«*-.-— 



^ 




22 ! ^* Nibelungen. 

192. ,NuC ste^wir von dem sedele', sprach der spilman. 
,si ist ein küniginne; * und lät si für gän. 
bieten ir die ere:_^ si ist ein edel wip. _^^^v< ! J -ct^^^ 
da mite ist oüch gfttinwpjt. unser ietweders lip.** /, 

193. ,Nein durch mine liebe/ ^ . sprach dö Hagene, 
,sö-wolden sich versinnen dise degene^ 
da^ ich^ durch vorhte tsete, und sold ich hin gen. 
ich enwil durch ir deheinen nimrn^ von dem sedel slen. 

"^^ ' f94. Ja ,aiB2gt e^ uns beiden zwäre lä^en baj^ 
zwiu sold ich den eren, der mir ist getia^? '^ 

(^ ^,.,Kf"/^ dazf getuon ich nimmer, die wile ich hän den lip. 

\ J ^^'^ enruoc h. ich, wa^ mich nidet des kiinic Etzelen wip^^ 
^^"^"^^^ \y^ 1*95. Der übermüete Hagn&- leit,^|fe|r siniu bein 
dn. vil liehte^ wäfen, ü^ des knophe s^ein 

ein vil lichter Jaspis, grüener danne ein'^ras. 
w^l erkand e^ Kriemhilt,' da^ e^ Sifrides was.. 
^196. i)ö si da^ swert erkande, dö gie^ir/ tnireni) not 

fla^ gehilz was guldin, diu 'scheide ein borte rot. 

e^ mande si ir leide : weinen si began. 

ich waßiie, e^ hete dar umbe der küene Hagne getän# 

197. Volker der snelle zöch näher üf der banc 

einen videlbogen starken, michel unde lanc, 

gelich eime swerte . scharf unde breit, 
dö sä^en unervorhten . die zwene recken gemeit. 
r V 198. Nu duhten sich so here die zwene küene man, 
^'' 'Ü. daz si nihfc wolden von dem sedel stän 

i^i^^'^ durch niemannes vorhte^ de^?giehc in an den fuo^ 

diu edel küniginne und bot in vintlichen gruoz. 

199. Si sprach: ,nu saget^ her Hagne, wer hat nach iu gesant, 
da^ ir g etor^t ei riten her in ditz laut, 

unde ir da:^. wol erkandet, wa^ ir mir habet getan? 

hetet ir guote sinne^ ir soldet^ billichen län.' 

200. ,Näch mir ensaude niemen', sprach dö Hagene. , ^ 
,man ladete her ze lande drie degene: '^ \ 
die hei^ent mine herren^ . so bin ich ir man. 

deheiner ho vereise bin ich seiden hinder in gestäi^* 

201. Si sprach: ,nu saget mir mere, zwiu tätet ir da^, 
da^ ir da^ habet verdienet, da^ ich iu bin geha^? 

192,3 hütm, wu* wollen b. — 193, 1.2 Reim! — 2 so, näml. wenn wir 
aufstünden. — 194,1 verbinde: zimet uns ha^ g^ Idi^en, — 4? wa:^, adverbial: 
wie sehr. — 195,3 em gras, vgl. 58,3. — ' 196,4 ei, Akkus. — 197,2. 3 d. h. sein 
Schwert, das mit einem Fiedelbogen verglichen wird. Vgl. zu Roseng. 17, 4. — 
199,3 wwde konzessiv: während doch. — 200, 4 deheiner h,. Gen. der Beziehung. 



Nibelungen. 23 

ir sluoget Sifriden, minen lieben man; 

des. i<ih unz an min ende immer mer ze weinne hän.* 

202. Er sprach: ,wa^ sol des raere? der rede ist nu genuoc. 
ich bin^ et aber Hagne, der Sifridep sluoc, ; -j (. 
den^helt ze sinen banden. wie s^r er des engaltt, ^J^/t^^^^' 
da^ diu vrouwe Kriemhilt die schoenen Prünhilde schalt ! /-^ /j ^ii tX-t 

203. E^ ist et äne lougen, küniginne rieh, . J J 
ich hän des alles^schtdde, des schaden schedelich. * . 
nii rech e^, swer so welle, e^ si wip oder man. • 
ich enwoid irr dana^liegen, ich hän iu leides yil getan/ 

y 204. Si sprach: ,da^ beeret, recken, . wä er mir lougent niht 
aller miner leide.. swa^ im da von geschibt, 
da^ ist mir vil unmaere, ir Etzelen man,* 

die übermüeten degne sähen alle ein ander an. 

205. Swer den strit da bliebe, so waere da geschehen, 
da^ man den zwein gesellen der eren müese jßhen, 
wan si^ in stürmen beten dicke wol getan, 
des sich jene vermäßen, durch vorbte muosen si da^ län.. . v 

206. Do sprach ein der recken: ,wee seht ir mich an? 
d.a^ ich e da lobete, des wil ich abe gän, - 
durch niemannes gäbe tigrliftse^? minen lip. 
ja wil uns vejifiiten- des künic Etzelen wip.* 

207. Do sprach da bi ein ander: ^des selben hän ich muot. 
der mir gaebe. turne von rotem golde guot, 

disen videlsere wold ich niht bestän 

duB0h sine s winde blicke, die' ich an im gesehen hän. 
f^^^^^. O'uch erkenne ich Hagnen von sinen. jungen tagen : 

'^ des mac man von dem recken libte mir gesagen* 

in zwein und zweinzic stürmen hän ich in gesehen, 

da vil maneger vrouwen ist berzeleit von im geschehen. 
209. Er und der von Späne träten manegen stic, 

dö si hie bi Etzel v äbten manegen wie 

ze eren dem künige : . des ist vil gescliehen; 

dar umbe sol man Hagnen , der eren billicben jehen. 



/ 



201, 4 weinne = weinenne. — 202, 2 ich bin es, Hagen. Solche Vorweg- 
nahme eines subst. Prädikats durch e^ ist mhd. Sprachgebrauch. — et aber, 
nun einmal. — 205, 1. 2 hüehe. müese s. § 57. — 4f jene, die Heunen. — 
206, 1 vgl. 204, 4. .— 207,2 der, wenn einer. — 208, 1 Hagen war einst mit 
Walther als Geisel am heunischen Hofe gewesen. Vgl. 209, 1; 449,2. — 
2 Uht^j weil ich ohnedies genug von ihm weiss. — 4 weil er. ihr den Gatten 
erschlug.'— 209, 1 der von §p., Walther, der Held des ,W^althai'ius' Ekkeharts L 
von St. Gallen. — träten m. Sf., brachen manche Bahn, näml. durch das 
Gedränge der Feinde. . ' . . 



>^ 



24 Nibelungen. 

210. Daimoch was der recke sin er järe ein kint. 
da^ dö die tumben wären, wie grise die nu sint! 

nu ist er komen ze witzen und ist ein grimmic man. 
ouch (Ibreit^ er BalmungQn, da^ er übele gewan.' 

211. Da mite was gescheiden, da^ niemen da enstreit. 
dö wart der küniginne vil hfreenlichen leit. 

die helde kerten dannen : ja vorhten si den tot 
von dem videlaBre; des gie in sicherlichen not. 

212. Dö sprach der videlaere : ,wir han da^ wol ersehen, 
da^ wir hie vinden vinde, als wir ^ hörten jehen. 

wir suln zuo den künigen hin ze hove gän: 
/ so JßB^h> unsere herren mit strite niemeA wol bestän.' 

J^-y^ 21^. Wie dicke ein man durch vorhte manegiu dinc verlät, 
\^ swä so vriunt bi vriunde güetlichen stät, 

und hat er guote sinne, da^ er sin niht entuot. 

schade vil maneges mannes wirt von sinnen wol behuot.^^ 

' ^ Hagens und Völkers Nachtwache. 

214. Der tac hete nu ende und nähet in diu naht, 
die wegemüeden recken ir sorge an vaht, 
wann si soldeii ruowen und . an ir bette gän. 
da^ bereite Hagne: e^ wart in schiere kunt getan. 

215. Günther sprach ze dem wirte:-"^^ ,got lä^e iuch wol geleben, 
wir wellen varn släfen : ir sult uns urlop geben, 
swenn ir da^ gebietet, so kome wir morgen fruo.^ 
er schiet von sinen gesten harte vrcelichen duo. 

216. Dringen allenthalben die geste man dö sach. 
Volker der küene zuo den Hiunen sprach : 
iwie geturret ir den recken für die füe^e gän? 
und weit ir iuchs niht miden, so wirt iu leide getan. 

217. So slah ich eteslichem so swseren gigen slac, 
hat er getj jn^en iemen. da^ er^ beweinen macTO 

2 w^n wichet ir uns recken? ja dunket e^ Inich guot. 
e^ hei^en^ alle^ degne, und sint gelicheniht gemuot.' 

210, 2 da^, was. — 4 Bahnunc ist Masc. (vgl. 410, 2); da^ bezieht sich 
auf ein dazu gedachtes sweii;. — 212, 2 als wir e h. j., die Burgunden waren 
vor ihrer Ankunft an Etzels Hofe (u. a. durch Dietrich von Bern) gewarnt 
worden. — 213,3 sin (Gen. zu niht) nimmt in freier Weise manegiu dinc 
wieder auf. — 214, 1 in, den bei Etzel Versammelten. — 3 an, vgl. 54, 3. 

— 4 bereite — beredete. — 215, 4 er, Etzel. — 216, 1 die g., Objekt zu 
dringen. — 211, \ gigen slac, vgl. zu 197, 2. — 2 er-, auf iemeh zu beziehn. 

— 3 wan, warum nicht. — 4 hei^ent, Kongruenz ! — geliche, wie Degen. 



Nibelungen. 25 

218. Do der videlaBre so zomeclichen sprach, 
Hagne der küene hinder sich dö sach; 

er sprach: ,iu ratet rehte der küene spilman. 
ir Kriemhilde helde < sült ze herberge gän. 
/ 219. Des ir da habet gedingen, ich wsene e^ iemenrtuo. 

n wel^ ir iht beginnen, so komet uns morgen vruo 

und lät uns eilenden hint haben gemach : 

ja waen e^ von '^beiden mit selbem willen ie geschach.* 

220. Dö brähte man die geste in einen witen sal. 
den funden st berihtet den recken über al 

mit vil riehen betten lanc unde bt-eit. 

in riet vrou Kiiemhilt diu aller groe^isten leit. 

221. Manegßn kolter spaehe von Arra^ man da sach 
der vil liebten pfelle, und manic bettadach-*' 

von arabischen siden, die beste mohten sin. 

dar üfe lägen listen; die gäben hörlichen schin. 

222. Declachen hermin vil manegiu man da sach y 
und von swarzem zobele, dar under si ir gemach 

des nahtes schaffen solden unz an den lishifiß tac. 

ein künec mit sime gesinde nie so herlich gelac^^^ 

223. ,Owö der nahtselde,* sprach Giselher da^ kint, 
,und o^e miner vriunde, die mit uns komen sint! 

swie et e^ min swester so güetlich erbot, 

ich fürht, da^ wir müe^en alle von ir schulde ligen tot.' 

224. ,Nu lät iuwer sorgen,' sprach Hagne der degen. 
'ich wil noch hint selbe der schiltwache phlegen. 

ich trouwe iuch wol behüeten, unz uns kumet der tac. 

des Sit gar an angest: so welid e^ danne, swer der mac' 

225. Dö nigen si im alle und seiten im des danc. 
si giengen zuo den betten. diu wile was niht lanc, 
da^ sich geleit beten die waetlichen man, 

Hagne der küene, der helt sich wäfen began. 

226. Dö sprach der videlaere, Volker der degen: 
,versmähete^ iu niht, Hagne, so wold ich mit iu phlegen 
hint der^chiltwache unz morgen vruo.* 

der helt vil minneclichen dancte Volkere duo: 

227. ,Nu lön iu got von himele, vil lieber Volker. 
ze allen minen sorgen so engerte ich niemeu mer, 
niwaii iuch aleine, swä ich bete not. 

ich söl e^ wol verdienen, mich en^end^s der tot.' 

219, 1 iemen s. § 60. — 221, 2 der pfelle, Gen. des Stoffes; dazu von 
Arra?. — 224, 4 der (aus dar abgeschwächt), verstärkend zu swer; vgl. cid 219, 1 
und nhd. ,komme, was da will.' — 225, 4 toäfen, synkopiert aus wäfenen. 



2ör Nibelungen. 

;^ 228. Do ^garJöiv-Bi sich bede in liebte^ ir gewant. 

dö nara ir ietwedere den schilt an sine hant 
und gierigen ü^ dem hüse für die tür stän. 
dö phlägfen 81 der geste: da^ was mit triuwen gette^ 

229. Volker der snelle zuo des sales ,3Eaynt. 
sinen schilt den guoten lein t er von der hant. 
dö gie er hin widere, sin gigen er genam: 

dö diend er sinen vriunden, als e^ dem beide g^-^g^ 

230. ünder die türe des his^s ^aj er üf den stein, 
küener videlasre wart noch nie dehein. 

dö im der Seiten doenen so süe^lich erklanc , 

>/ die stolzen t^lley^ den die seitens Volkere danc. 

231. Dö klangen sine seiten, da^ al da^ büs erdoj. 
sin eilen zuo der ÜU^H, .diu ^^asa beidiu grö^. 

süe^er unde senfter gigen er hegan: 

do entswebete er an den betten vil manegen sorgenden man. 

232. Dö si entsläfen wären und er da^ ervant, 
dö nam der degen widere den schilt an die hant 
und gie ü^ dem ga^e für den turn stän 

und huote der eilenden vor den Kriemhilde man. 

233. Des nahtes wol en mitten, ine wei^ e^ e geschach, 
da^ Volker der küene schinen hehnen sach • 
verre ü^ einer vinster. die Kriemhilde man 

wolden an den gesten schaden gerne hän getan. 

234. Dö sprach der videlaere: ,vriunt^ her Hagene, 
uns zimet disiu sorge ensamt ze tragene. 

ich sihe gewäfent liute vor dem hüae sten: 

als ich mich versinne, si wellent unsich besten.* 

235. ,Sö ^JKiggt^, sprach dö Hagne, ,lät si her näher ba^. 
e si unser werden innen, so wirt hie helmeva^ 

verrucket mit den swerten von unser zweier hant. 

si werdent Kriemhilde hin wider vil übele gesant.' . 

236. Ein der Hiunen recken vil schiere da^ gesacb, 
da^ diu tür was behüetet. wie balde er dö sprach: 

,des wir da beten willen, ja enmac es niht ergän. 

ich sihe den videlaere an der schilt^afihe stän. 

237. Der to it üf sime houbte einen helmen glänz, 
lüter unde herte, starc unde ganz. 

ouch l ^benf im die ringe, sam da^ viuwer tuot. 

bi im sjj^ ouch Hagne. des sint die geste wol behuot/ 

228, 1 Hellte:^ ir g., beachte die Stellung des Attributs ! — 230, 2 kuener, 
Komparativ. — 233, 1 ei^ e g,, Objektsatz ; die Abhängigkeit ist lediglich durch 
die Wortstellung bezeichnet. — 3 einer , s. zu 126, 1. — 234, 2 disiu s., Sub- 
jekt. — '235, 1 &a^, pleonast. Verstärkung des Komparativs. 



Nibelungen. '27 

238. Zehant si kerten widere. dö Volker da^ ersach, 
wider sinen gesellen er zorneclichen sprach: 

,nu lät mich zuo den recken von dem hüse gän : 

ich wil vrägen nftSfe^ der vrouwen Kriemhilde man*. 

239. jNein durch mine ü^e^ sprach dö Hagene. 
,komet ir von dem hüse, die snellen degene 
bringent iuch mit swerten li}|^te in ^solhe not, 

da^ ich iu müese helfen, waef^ all^'miner mäge tot. 

240. So wir danne beide koemen in den strit, 
ir zwene oder viere in einer kurzen zit 
Sprüngen zuo dem hüse und taeten uns diu leit 
an den släfenden, diu nimmeF wurden verkleit.* 

241. Dö sprach aber Volker: ,sö lät da^ geschehen, 
da^ wir si bringen innen, da^ wir si hän gesehen; 

da^ des iht lougen Kriemhilde man, 

da^ si ungetriuliche vil gerne beten getan.* 

242. Zehant dö rief in Volker hin engegene: 
,wes get ir sus gewäfent, snelle degene? 

weit ir schächen riten^^ Kriemhilde man? 

dar sult ir mich ze helfe und minen hergesellen hän.* 

243. Des antwurte im niemen. zornic was sin muot: 
,phi, ir zagen bcese,* sprach der helt guot, 

,wolt ir släfende uns ermordert hän? 

da^* ist so guoten beiden noch vil selten her getan.* 

244. Dö wart der künigiline vil rehte da^ geseit, 
da z ir bo ten niht en würben. von schulden was ir leit. 
döQuogte)8i e^ anders: vil grimmec was ir muot. 

^s muosen Sit verderben helde küene unde guot. 



^ ' ^ Rüedegers Tod, 

245. E^ beten die eilende wider morgen guot getan. 

winO' der Gotlinde kom ze hove gegän. 

dö sach er beidenthalben diu grce^lichen ser; 
da^ weinte innecliche der vil getriuwe Rüedeger. 



240, 3 diuj demonstr. : solch. — 4 verhielt aus verklaget, — 241, 3 iht, 
s. § 60. — 242, 3 schächen riten s. §59.-4 ironisch; vgl. die nhd. Re- 
densart ,ich will euch helfen!' — 243, 3 wolt = woldet. — 245, 1 e? guot 
tuon, vgl. e^ wol t. 205, 3. e^ allg. Objekt wie in e^ friden 246, 3 ; e^ wenden, 
e^ scheiden 247, 2. 4; e? amen 251, 3. Vgl. nhd. ,es treiben, es weit bringen.* 
— 2 der, Art. zu winel 



% 



28 Nibelungen. 

246. ,Sö v[e mich*, sprach der recke, ,da^ ich den lip gewan. 
da^ disen grölen jämer kan nieraen understän! 

swie gern ich^ friden wolde, der künec eiituot es niht, 

wand er der sinen leide ie mer imde raer gesiht.' 

247. Do santan Dietriche der guote Rüedeger, 
ob si^ noch künden wenden an dem künege her. 

do e|>böt im der von Berne : ,wer möht e^ undecstän ? 

enwil der künic Etzel- niem an scheiden län.* ^ 

248. Dö sach ein Hiunen recke Rüedegären stän 
mit weinunden ougen, und hetes vil getan. 

der sprach zer *küniginne: ,nu seht ir, wie er stät, 

der doch gewalt den meisten hie bi Etzelen hat, 

249. und dem e^ alle^ dienet, liut unde lant. 
wie ist so vil der bürge an Rüedeger gewant; 
der\er von dem küuige vil manege haben mac! 
er sluoc in disem stürme noch nie loblichen slac. 

250. Mich dunket, ern ruoche, wie e^ hier «mbe gät, j^ 
Sit da^ er den vollei\ nach sihem willen hat. J 
man gibt im, er si küener, danne ieman müge sin: 

da^ ist in disen sorgen worden bceslichen schin.* 

251. Mit trürigem muote der vil getriuwe man, 
den er da^ reden hörte, ' d^r helt der blicte in an. 

er gedäht: ,du «olt e^ amen, du gibst, ich si verzagt; 

du hast diu dinen msere ze hovo ze lüte gesagt.* 

252. Die füst begund er twingen: dö lief er in an 
und sluoc. so krefticliche den hiunischen man, 

da^ er im vor den Jüe^en lac vil schiere tot. 
dö was aver gemergt • des künic Etzelen not. 

253. ,Hin, du zage maere', sprach dö Rüedeger. 
jich hän doch genuoge leit unde herzen ser: 

da^ ich hie niht envihte ,% zwiu wi^est du mir da^ ? 
ja^ ^^r ich den gesten von grölen schulden geha^, 

254. Und alle^, da^ ich möhte, da^ het ich in getan; 
niwan da^ icjh die recken her gefüeret hän. 

ja was ich ir geleite in mines herren lant : 

des ensol mit in niht striten min vil eilendes haut.* 

/ 



246, 1 So we mich, vgl. 86, 1. — 248, 2 weinunden^ vollere Form des 
Part. Präs., hauptsächlich dem bair.-österr. Dialekt angehörig. — hetes = hete 
es, näml. weinennes (Gen. zu vil); Subjekt ist Rüedeger. — 3 seht ir, s. zu 
29, 1. — 251, 2 s. § 51. — 3 du gihst, dem vorhergehnden Satz unterzu- 
ordnen. — 4 mare ze 7*., vgl. hovemare, Hofgeschwätz. — 253, 1 Hin, fahr 
hin. — 254, 2 niwan da;^ ich . . hän, wenn ich nicht . . hätte. — 4 tj. 
eilendes, Appos. zu min. 




Nibelungen. 29 

255. Do sprach zem marcgräven Etzel der künic h^r: 
,wie habt ir uns geholfen, vil edel Rüedeger! 

wan wir so vil der veigen hie ze lande hän, 

wir bedurfe_a ir -Jiiht' fflere. ir hapt vil übele getan/ 

256. Dö kom diu küniginne und het e^ ouch gesehen, 
da^ von des holdes zorne dem Hiune was geschehen. 

si klagt e^ ungefupge; ir ougen wurden na^. 

si sprach Äuo Rüedegere: ,wie habe wir verdienet da^, 

257. Da^ ir mir und dem künige meret unser leit? 
nu habt ir, edel Rüedeger, uns alle^ her geseit, 

ir woldet durch uns wägen die ^re und da^ le1)en. 

ich hört iu vil dei" recken den l^^^.viT^rcpÜphienffeben^^^^^^ . 

258. Ich mane iuch der geraden, "^^airmir Ränt geswom, 
do ir mir zuo Etzeln rietet, rilec, ü^ erko'rn, 

^da^ir mir woldet dienen unz an unser eines tot: "aww/ 

wart mir armen wibe nie so groe^iichen not.* ^^''Iaa/'^''-'*^ 

59. ,Da^ ist äne lougen: ich swuor iu, edel wip, 

d^ ich durch iuch wägte . die ere unde ouch den lip. JL^juJ^^ * 
da^ ich die sele fliese, des enhän ich niht gesworn : 

zuo dirre höchgezite bräht: ich die fürsten wol geborn.* 

260. Si sprach.: ,gedenke, Rüedeger, der grölen triuwe din, 
der staete und ouch der eide, ^-da^ du den schaden min 

immer woldest rechen und (ejliu) miniü leit..* 

dö sprach der marcgräve; ,iclihän iu e selten iht verseit.* 

261. Etzel der riebe flegen ouch began. 
si buten sich ze fuo^e beide für den man. 

den edeln marcgräven unmuotes man dö sach. ^ 

der vil getriuwe recke harte jaemercliche sprach : )^ > ' "^ 

262.Ä<6we mich fgotes armen,/ da^ ich ^it^ gelebet hän! 
aller miner 6ren der muo^ ich abe stän, ^^ 
triuwen unde zühte, der got an mir gebot, 

owe got von himele, da^ michs niht i ^aa^jet der tot! 

263. Swelhe^ ich nu lä^e und da^ ander began, 
8ö hän ich boesliche und vil übel getaiu. * -vna-" 
lä^ aber ich si beide, mich schend^trelliu' diei v-^^**^ 
nu ruoche mich be^isen . der mir ze lebene gerieti^— ^ ^ . * 
^ T^V s /\.; ' -". ^ 'i ^"^ '• J^HJ-^"^^^*^^^ 

256, 1 und vertritt das Relativum, ebenso 258, 1. — 257, 2 allej^ her, 
bisher immer. — 258, 4 der, auf gendden zu beziehn. — 262, 1 gotes ver- 
stärkt das folgende Adj. Ähnlich : gotes eilende, g. tumb. — 3 der, statt die 
infolge Atti'aktion des Relativs durch die vorausgehnden Genetive. — gebot, 
ergänze : zu sein. — 263, 1 Swelhe?, d. i. triuwe gegen den Herrn oder ziiMe 
gegen die Gäste. — und da^ a. 5., indem ich das andre tue. 



30 Nibelungen. 

<^^.-::.^ ■ ■ ■ ■ 

264. Do bäten si genöte,, j der künec und ouch sin wip. 
des muoseö sider recken fliesen den lip PjjjLodJ^'*^'*^ 'wW^ 
von Rüedegeres hende, da ouch der helt erstarp. ^J» 

ir mugt da^ bie wol beeren, da^ er vil jeemerclicben warp. 

265. Er Weste schaden ^wanraen und ungeftiegiu leit. 
er bete ndem künige vil gerne verseit 

undTouch der küniginne. vil sere vorht er da^, 

ob er ir einen slüegß,— diu werlt trüege im drumbe ha^.. 

266. Do sprach zuo dem künige der vil küene man: 
,her künec, nu nemt h in ividere, swa^ ich von iu hän, » j 
da^ lant mit den bürgen : der sol mich niht besten, ft^^'^^^ ' '• 
ich wil üf minen füe:^en in da^ eilende gen.* f - 

267'. Do sprach der künic Etzel: ,wer hülfe danne mir? -' 

da^ lant zuo den liuten da^ gibich alle^ dir, 

daz du mich rechest, Rüedeger, an den vinden min. 

du solt ein künec gewaltio bi neben Etzelen sin/ -Vvm 

268. Do sprach aber Rüedeger: ,wie sol ichp^ane v^n? ^ 
heim ze minem hüse ich si geladen hän, 

trinken unde spise ich in güetlichen bot 

und gap i n mine gäbe: wie sol ich raten in den tot? 

269. "Diu liute wgenenJL lihte. da^ ich si verzagt. 
d eheinen minen dienest hän ich in versagt . 

den vil edeln fürsten und ouch ir man; 

ouch riuwet mich diu friuntschaft, die ich mit in g gworb^ hän. 

270. "üiselher dem degene gap ich die tohter injin^JL ji LpJ 
sine künde in dirre werlde niht ba^ vorw^^i^flai sin*<y^^^^. 
üf^jjjt unde ouch üf ere, üf triuwe unde üf guot. 

ine g^sach nie künic Jungen so rehte tugentliche gemuot.* 

271. Do sprach aD^pXriemhilt : ,vil edel Rüedeger, 
nu lä dich erbarmen unser beider ser, 
min unde ouch des küniges. jged^ajj^^wol dar an, 
da^ nie wirt deheiner so leide geste mßr gewan.A 

272. Dö sprach der margräve ^flßj' da^ edel wip: 
,e^ muo^ Mute g elten^ der Rüedegeres lip, ßf) . 
swa^ ir und ouch mm herre mir liebes hapt getä: 
-dar umbe muo^ ich sterben. da^ kan niht langer 

273. Ich weiz w ol. da^ noch hiute min bürge unde ouch min lant 
iu mge^SB-Jedec werden von ir etesliches haut, 
ich bevilhe iu üf genäde min wip und miniu kint 
und ouch die vil eilenden, die ze Bechelären sint.* 



h 




266, 3 dety Gen. zu niht, — 267, 2 gihich dir, zu eigen; bisher hatte es 
R. zu Lehn. — 272, 3 liebes,. Gen. zu swa^. — 273, 4 an Rüedegers gast- 
freiem Hofe hielten sich viele aus ihrer Heimat Vertriebene auf. Vgl. 365, 4 




Nibelungen. ^Si^^cv . 31 

274. ,Nu ^ön dir got, Rüedeger/ sprach der künic dö. 
er und_ _diu_küniginne si wurden J^idiu vrö. 

,ims sulndine liute vil wol enpholhe n wesen. 

ouch tro uwej Lch minem heile, - da^ du maht^selbe wol genesen/ 

275. Dö lie^ er an die wäge ^ öi^lö unde 1^-^^ - 
dö begunde weinen da^ 5^z|Un»np. O/^VW^ 
er sprach: , ich muo^ iu l ejslgty y^ als ich gllop t hän. 
owe der minen friunde, die ich ungeme hie bestan!* 

^i76. Man sach in von dem künige vil truricIicKen gän. 
dö vant er sine recken vil nähen bi im stän. 

er sprach : ,ir sult iuch wafen^ alle mine man. 
tjA^enen Bürgenden die muo^ ich leider bestän/ 

'\j5Y7. Si hieben balde springen da man ir gewaefen vant. 

e^ der heim waere od des Schildes rant, 
von ir Ingesinde wart e^ in dar getragen. 

Sit hörten leidiu maere die stolzen eilende sagen. 

278. (lewäfent wart dö Eüedegör mit fümf hundert man. 
dar über zwelf recken sach man mit im gän; 

die weiten pris erwerben in des sturmes not: 

si enwessen niht der maere, da^ in so nähent der tot. 

279. Dö sach man Rtiedegere under helme gän. 
e^ truogen swert diu scharpfen des margräven man, 
dar zuo vor ir banden die liebte schilde breit. 

da^ sach der videlaere: e^ was im groe^lichen leit. 

280. Dö sach der junge Giselher sinen sweher gen 
mit üf gebundem helme. wie moht man dö versten, 
wa^ er da mit meinte, niwan alle^ guot? 

des wart der künic edele so rehte froelich gemuot. 

281. ,Nu wol mich solher friunde,* sprach Giselher der degen, 
,die wir hän gewunnen nu üf disen wegen. 

wir suln vil wol jgenie^en^^jpines wibes hie. 

mir ist liep^üf min triuwfej^^ ^aa^ ie der hirät ergie.' 

282. ,Ine wei^, wes ir iuch troestet,* sprach der spileman. 
,wä säht ir ie durch suone so manegen helt gän 

mit üf gebunden helmen, die trüegen swert enhant? 

an uns wil dienen Rüedeger sine bürge und siniu laut.' 

283. Beda:^ der videlaere die rede dö volsprach, 
Rüedegem den edelen man vor dem hüse sach. 



277, % esi der h. w. . . y es mochte der H. sein oder der Seh. Beachte die 
Wortstellung! — 278, 2 recken, freie Söldner, im Gegensatz zu den man. — 
280, 2 gebundem = gebundenem; vgl. 282, 3 gebunden = gebundenen, — 281, 2 
üf disen w,, auf dem Wege' hierher. 



32 Nibelungei 



^c.^^^ 



sinen schilt den guoten den satzt er für den fuo^. 

dö muos^ er sinen friunden versagen dienst unde gruo^. v 

jrf^284. Der edel margräve rief dö in den sal: ^V^'*^^ 

iJSr küene Nibelunge, nu wert iuch über al ! Ngr^ 

ir s oldej min genießen nu örigeltet ir min. 

e dö war wir friunde: der triuw'e' wil ich Jpdic sin.*^ 

I 285. Do erschrahte n dirre msere die nöthaften man; 

' wan ir deheiner fröude nie da von gewan, 

da^ mit in wolde Rtrij.g n dem si da wären holt^*y 

j si heten von vinden vil michel arbeit ^gedolt\,^^ 

286. ,Nune welle got von himele/ sprach Günther der degen, 

,da^ ir iuch genäden sült an uns bewegen 

und der vil grö^n ' triuwe, der Vir doch heten njüot. 

ich wil iu des g etreu w en, da^ ir e^ nimmer getuot.* 

^ 287^ ,j|ane mac ichs hiht gelade n/ sprach der küene man. 

,ich muo^ niit iu striten, wan ich^ gelobt hän. 

nu wert iuch, küene helde, sd liep iu'si det* lip. 

mich enwoltes niht erlä^n des künic Etzelen wip.* 

288. ^Tr w idersag t uns nu ze späte,^ sprach der künic her. 
,nu müe^ iu got vergelten, vil edel Rüedeger, 

triuwe iiride minne," die ir uns hapt getan, 
ob ir e^ an dem ende woldet güetlicher län. 

289. Wir soltenz immer dienen, da^ ir uns hapt gegeben, 
ich und mine mäge, . ob ir uns liefet leben. 

der herlichen gäbe, . dö ir uns brähtet her 

in Etzeln laut zen Hiunen, des gedenk t, vil edel Rüedeger!* 

290. ,Wie wol ich iu des ^und e/ sprach Rüedeger der degen, 
,da^ ich iu mine gäbe mit vollen solde wege n ^'^^^^^'''^uL^T^ 
also willecliche, als ich des hete wän! ö^ 
sone wurde mir dar umbe nimmer, schelten getan.* 

291. , Erwin det, edel Rüedeger,* sprach dö Gernöt. ,; . ^^ 
,wan e^ wirt deheiner geöten nie erbot— .^.^^^^^ . V 

so rehte minneclichen, ..> als ir uns hapt getänT^V'"" ^ 
des sult ir wol geiSe^e y^ ob wir bi lebene bestaj i.* 

292. ,Da^ wolde got,' sprach Rüedeger, ,vil edel Gernöt, 
da^ ir ze Rine wseret und ich wsere tot 

mit etlichen eren, sit ich iuch sol bestän ! 

e^ wart an eilenden von friunden noch nie wirs getan.* 



285, 4 von vinden, im Gegensatz zum Freunde {dem si da wären holt), 
— 288, 4 e^ län, s. zu 245, 1. — 289, 4 des, wir erwarten der [gäbe). Der 
Dichter hat aber hier alles im Auge, woran Günther erinnert, daher die freie 
Beziehung. 



Nibelungen. 33 

293. ,Nu lone^iu got, her Rüedegßr,* sprach dö Gernöt, 
,der vil riehen gähe. mich riuwet iuwer tot, . . — — — ,^.^^f^ 
sol an in verderben so tugentlicher muot. ., . 

hie trag ich iuwer wäfen, da^ irniir gä bet, j ielt guot. 

294, Da^ ist mir nie geswichen in aller dirre not: 
under sinen ecken Ijt m anic riter tot. 

e^ ist lüter unde stsete, hörlich unde guot. 

ich /wse^ sö riebe gäbe ein rechte nimmer mer getuot. . 

jX 295. und weit ir niht e n^Soe nT^^im- weit zuo uns gän. 
slaht ir mir iht der friunde, ' die ich hinne hän, 
mit iuwer. selbes swerte nim ich iu den lip : --> 

^^ö riuwat ir mich, Rüedegär, unde iuwer herliche^ ^j\P**^ ' " — T . /Ji^ 

■"^ 296. ,Da^ wolde got, her Gernöt, und .r^hib e^ ergän,-'^!^^W^ jHk b-c 

<la^ aller iuwer wille wsere hie getan ^^Hi3 -^ ß • ^>w^^^ 

und da^ genesen wsere iuwer friunde lip! /♦ ^^^' 
ja sol iu wöl g etrüw en beidiu min tohter und min wip.^ 

297. Dö sprach von Burgonden der schoenen üoten kint: 
,wie tuot ir so, her RüedegerRcdj jogt mir komen sint, 
si sint iu alle waege. ir gnfetübel zuo. Oo-^^^-"^^«-«-- 
die iuwer schoene tohter weit ir verwitwen ze fruo. ^ 

2^8. Swenne ir und iuwer recken mit strite mich be stät ^ w "»^^^^-^^''^ 

wie reht unfriuntllche ir da^ schinen lät^^ ^-^ 

j|a5_jch iu wol getrüwe für alle ander man ; 
da voÄ icTf'ze wibe iuwer tohter mir gewan.^ 

299. ,Gedenket iuwer triuwen, vil edel künic her, i^V*^ 
gesende iuch got von hinne,* so sprach ßüedeger^^^^i^yv^*^ 
,lät die juncvrouwe^ niht engelteü miiHO**^ 
durcjwttwer selbes tugende so n y^^nftk ir genaedic sin.* 



)0. ,Da^ tset ich billiche,* sprach Giselher da^ kint. 

höhen mine'mäge, di noch hier inne sint, 

^^iX;die von iu sterben ,^ so muo^ gescheiden sin 
diu vil staete friuntschäft zuo dir unde der tohter din.* 

301. ,Nu müe^uns got gen^deiUM sprach dei* küene man. 

dö huoben si die sohilde, also si wolden dan . 

striten^ zuo den gesten in Kriemhilde sal. JwM^'^^ 

dö rief vil lüte Hagene von der stiege hin zetal: \aijüO^^ \ lo 

302. ,BsliM^ine wlle, vil edel ßüedeger!' hfjjj" (U/V^^^ 
also sprach dö fiagene. ,wir wolden Xßden mör, UjÄ^ g 



295, 1 im tvelt s. § 62. — 296, 1 und meht e^ e., logisch abhängig vom 
vorhergeHnden Satz; s. § 61. — 297, 1 d. i. Giselher. r— 3 tr grifet ü, z., 
ihr fangt es übel an. — 299, 2 gesende s. § 63. — 300, 1 Da? tat ich &., 
ironisch. — 3.4 Wechsel der Anrede ! — 301 , 1 der h. man, Jlüedeger. 

3 



34 ' Nibelungöö. 




ich und mine harren, als* uns des SvmgiftL not. ' 
wa^ mac gehelfen Etzeln unser eilender tot?* 

'303. ,Ich stei^ in grölen sorgen/ sprach aber Hagene. 

,den schilt, den mir vrou Gotlint gap, ze tragene, 
den habent mir die Hiunen zerhouweii^ von der haut. i ^ 

ich fuort in friuntliche in da^'Etzelen lantTx* 

304. Da^ des got von himele Wochen wolde^ 
da^ ich schilt so guöten noch tragen^solde, 
so den du hp.st vor hende, vil edel Rüedeger! 
so beflörffce ich in dem stürme • deheiner halsperge mer.' 

305. ,Vil gerne j^aej; ich dir guot mit^minem schiide, 
getörst ich di|"n gebieten vor Kriemhild«. ^. A-^N^ ^ 
doch him du in hin, Üagene, und trag in an der haut 
hey soldest du in'füeren in der Bürgenden' laut!* 

306. Do er ini so willeclichen densg)iilt ze 
dö wart genuoger ougen von heilen 'treheü röf, 
e^ was diu leste-gahß, die sider immer mer 
bot deheinem degene von Bechlären Rüedeger.. 

307. Swie grimme Hagen yrpprct und swie zornic . gemuot, 
ja §rbanilßt-ani diu gäbe, die der helt guot 

bi sinen lesten ziten so wähenf het geitän. ^ 

vil manic ritter edele mit im trüren li£iga»r '\^ 

308.. ,Nu Iwaer-iu-got von himele, vil edel Rüedeger Jj^^ ^ 
e^ wirt iuwer geliche . deheiner nimmer mer,of^>A^^^'^'''^**^ 
der eilende» -r^ckenOjy so herlichen gebe, 
so sol da^ got geÖKten, da^ iuwer tugende immer lebe.* 

309. ,Sö wg^mich dirre maere!* so sprach ab Hagene*/ 
,wir heten ander swsere so vil ze tragene: ii^^V^ 
suF wir mit friunden striten, da^ si got gekleit.*^^^ir^ 

fiö sprach der marcgräve : ,da^ ist mir innecliche lejL* "/ 'nJ'^ 

310. ,Nu lön ich iu der gäbe, vil edel Rüedeger, ,^ J^ . 
Jswie halt gein iu gel^ären diso recken ^ör, j^ p^* ^ 
^ da^ nimmer iuch g^jligjiet mit stfite hie min hant/V^lr 

ob ir si .alle ^Qtö^r""^ die von Bürgenden lant,* 

311. Des nejc im mit zuhteii der guote Rüedegör. i 
si weinten allenthalben. (da^ disiu herzen ser . V^^^ 
niemen scheiden künde) da^ was ein michel nbi,y^yA^ A 
vater aller tugende Jä£ an Rüedegere tot. 

802, 4 eilender y Appos. zu unser. — 304, 3 den s. § 64. — 306, 1 geben, 
Subst.! — . 2 wart s. § 54. — 307, 3 so nähen ist mit hi s. l. z. zu verbinden. 
— 309,2.3 vgl. 285,2 ff. — 310,3 da^, dadurch dass. — 311,3 scheiden, 
|Weil unter herzen^ ser der strit verstanden ist. — 4 von R. heisst es an andrer 
Stelle : sin herze tugende birty älsam der süe^e meie da? gras mit bluomen tuot. 



Nibelungen. 35 

312. Dö sprach von dem hü^e^^^olk^r: der spileman: ^■ 
,sit min geselle Hagenen i^j^-'^^W^nät getan, 






den sult^ ir also ^0of nSben von mlher hant. 

gipt ir wol verdienet, dö wir körnen in da^ lant. 

rs. Vil edel marcgräve, ir sult min böte sin. y 
Jiie röte bouge gap mir diu margräyin, >tK>*<<^ 

da^ ich si tragen solde hie zer höchgezlt: w*^^ 

die mugt ir selbe schouwen, ^^1^^ 4p®- ^^^ g^ziu^ß sit/ ^ 

314. ,Da? wolde got der riche,^{''^^prach dö Rüedeger, 
,da^ iu diu margravinne noch solte geben mer! 
diu maere sag ich gerne der triutinne min, 
gesihe ich si gesunder: des sult ir äne zwifel sin.' 

^I^;tx^^aj££jffijl?i5 gelobte, den schilt huop Rüedeger: 

aes muotes ^r^tobte,rv(*^[ao enbeit er da niht m.ör,^ Xjm^ 
dö lief er zuo den g^ätSS^jL-cJ. ^^^^^ degen gelich. -Iaa^^'^ 
manegen.slac vil jjrnndeii^^ sluQC der margräve rieh. 

316. Die zwene stuonden höher, Volker und Hagene,- 
vfBiL e^ im e gelobten die zwene degene^ 
noch ,vant er als^küenen bi den türnen^taj^^ 
da^ Rüedegep'^Ses^ strite^^ mit grö^en^^or^enb^an. 

317. Durch mörtraechen willen so liefen si dar in 
Günther und G^möt: si heten helde sin. 
dö stuont höher Giselher: zwar e^ was im leit. 

er vä^^acn ^sicnnoch des lebenes; da von er Büedegören meit, 

AJ^-VJHBJI®. Dö Sprüngen zuo den vinden des margräven man. 
^ man sach si liäch ir herren vil tugentlichen gän. 

diu snidunde wäfeh si iruogen an der hant: -, 

(2^hrast da vil der helme "und manic hörlicher rant. 
.V'^' 319. Dö sluogen die vil müedfln vil manegen swinden slac 

den von Bechelären, der ebeu und tiefe wac, ^ a^ X^ Üm-ua ^^^f^lß>' 

durch die vesten ringe vast unz üf da;^ verch. \/^^^^ ^^"^ *^^^^ r 

si täten in dem stürme diu vil herlichen ^<M;ciu 
320. Da^ edel ingesinde was nu komen gar. 

Volker unde Hagene die Sprüngen balde dar. 

sine gäben fride niemen, wan dem einem man. / 

von ir beider hende da^ bluot nider durch helme ran. f!^ 

* 312, 1 von dem h,, vom Hause herunter; vgl. 301, 4. — 314f, 4^^ gesundery^ 
8. § 53. — 316, 1 höher, weiter we^ zurück; das Gegenteil ist ze tcd (z. B-i-^ 
Gudr. 190,2). Diese BezeicHniingen beruhn darauf, dass ^ine horizontale!^ 
Fläche, auf der wir stehn, unserm Auge als schiefe, von uns aus ansteigende (y 
Ebene erscheint. — 3 kiienen, wir brauchen den Plural. — 317, 1 st, Rüedeger ^ 
und seine Mannen. — 3 e^^ der Kampf. — 318, 3 snidunde^ s. zu 248, 2. — ^ 
319, 4 ddu vil h. w., beachte den best. Art.! — 3:20, 1 Da? edel i. Küedegers. ^ 
— 4 von ir h. h,, d. h. von den Schlägen, die beide austeilten. 

\j,x^aju^^ [^^^^^- \j^^^ - f^-->^-^^-r^ 



J^jikit/v\ -Aeix>- hJAM- (Wim^a 

36 ^\ Nibelungen. 



• 



321. Wie rahte'gremliche vil swerte drinne erklanc! 
vil der schiltspa^e ü^ den siegen spranc : 

des reis ir schiltsteine nider in da^ bluot. \7 

si vahten also grimme, da^ man^ nimmer mer getuot. ^ ny 

322. Der vogt von Bechel^ren gie wider unde dan, r^ ^ 
also der mit eilen in stürme werbeti k an. ^^^^•i^^^^>^^^^^^jjj^^ 
xiem^tet Jes tagea^fte deger .Jbarte wol geli^u AK^i^^'^Y^r 

da^ er ein recke waere viT küene unde lefe^äen. ^^•^* 

323. Vil wol zeigte Rüedeger, da^ er was starc genuoc, 
küene und wolgewäfent: / hey wa^ er beide sluoc! 

da^ sach ein Burgonde: / zorns was im not. w/^r-opuujyt^^ 
dajepn begunde nähen rj des edeln Rüedegöres tot. 

324. Gömöt der starke den helt den rief er an. 

er sprach zem margräven: ,ir weit mir miner man "^ 

niht genesen la^en, / vil edel Rüedeger. 

da^ müet mich äne ^ä^e: , lehn kans niht an gesehen mer. / 

325. Nu mac iii iuwer gäbe wol ze schaden komen, 
Sit ir mir miner friunde hapt so vil beiiomeri. 

nu wendet' iuch her umbe, vil edel küene man. 
iuwer gäbe wirt verdienet, so ich it ftlle»nhoey^taJja^.* 

vh: 326. E da^ der margräve zujr im\Jmkc^^ da 
des muosen liebte ringe werden missevar. 
dö Sprüngen zup ein ander die ^ren gemde man. 
ir ietweder schermen für starke wunden began. 

327. Ir swert s6 scharpf wären, sine künde nili 
dö sluoc Gemöten Rüedöger der degen 
durch flinsherten helmen, da^ nider flö^ da^ bluot. 
da^ vergalt im schiere der riter küen ünde guot. ^^ 

328. Die Rüedegeres gäbe an hende er höh erwac: ^^ 
swie wunt er wser zem töde/ er sluoc im einen slac ^ / 
durch den schilt vil guoten unz üf diu helmgespair|___^ 
da von muos ersterben dö der Gotelinde man. 

329. Jane wart nie wirs gelönet so richer gäbe mer. 
dö vielen beide erslagne, Gemöt und Rüedeger, 
ßelich; in dem stürme von ir beider haiit. 
plrest yzumdp Hagne, dö der den grölen schaden bevant. 

-330. Dö sprach der von Tronge: ,e^ ist uns übel komen. 

haben an in beiden so ^grö^en schaden genomen, 




\\ -3 
/ wir 



321,3 reis, s. § 54. — 322,3 dem, geht auf den folgenden Satz. — 
323, 3 ein JB., Gernot. — 324, 2 miner man. Gen. zu niht — 4 es, Gen. zu 
niht — 325, 1 iuwer g., vgl. 293, 4. — 326, 2 weil die Dazwischenstehnden 
niedergestossen wurden. — 328, 2 w(sr s. § 63. — 329, 2 erslagne s. § 53. 



Nibelungen. g7 

den wir nimmer überwinden, ir liut und ouch ir ^ffi^ßaui^ 
die Büedegeres helde^ sint .un8er-^lIenden^J)]ll»4t-*^lX*^^T 

331. ,Owe mich mines bruodeT, der tot ist Aie gefrumt. 
*wtL^ mir der leiden maere ze allen ziten kmnt! 

ouch muo^ mich immer riuwen der edel Küedeger. 
der schade ist beidenthalben und diu groe^lichen ser.^ 

332. Do der junge Giselher sach sinen bruoder ^töt^ 
die dö dar. inne waren, die muosen liden not. 

der tot der suochte s^re da sin'gesinde was. 

der_son Bechelären dö langer einer niht genas. /| 

"^^333?) ,Der tot uns sere roubet,* sprach Giselher da^ kint. 

,nuT5^t iuwer weinen, und ge wir an den wint, / 

da^ uns die ringe erkuolen, uns stritmüeden man. 

jä/^6n>uns got hie langer niht ze lebene^^^gan^J , 

^fC^34. Den sitzen, disen leinen sach man manegen degen. 
^^ wären aber müe^ic: da wären tot gelegen^ 

die Rüedeg^res beide, zergangen was der dö^. j 

so langejtrert diu stille, da^ sin Etzeln verdroß." 

33Äf^,Owe dirre dienste!* sprach des<küit^ges w|p. 

jdine sint niht so staete,, da^ unser vyide lip l^/f i^ /,'j7^ft/ 

mtige des engelten von Rüedegere» haut. ^ ' ^ 

er wil si wider bringen in der Bürgende lant. 

336. Wa^ hilfet, kttnic Etzel, da^ wir geteilet hän y\y^ 

mit im, swa^ er wolde? der helt hat missetän. \j(^ j 

der uns da solde rechen, der wil der suone p flegen.*^ ^'V^*' 

des antwurt ir ' dö Volkör, der vil zierliche degen : 



y.i^ W 337. ,Der rede en^st so ^niht leider,, vil edels küneges wip. 

getörst ich heilen liegen ^Isus eaem lip, ^ 

so het ir tievetticiien an Rüedeger gelogen.^^ -^' ' > 

er und die sine degene sint. an der suone- gar betrogen. 

338. Er tet so willecliche, da^ im der künec gaööt, ft t ^ T^ 
da^ er und gin gesinde ist hie gelegen tot. ^^^^ -^ 
nu seht al umbe, Kriemhilt, wem. ir nu gebfeten weit. '^^'^^^•^2^ 

iu hat jjgii^ an «dii'^ ende . gedienet Rüedeger der helt. ' "^^iT^^'^^ 

339. Welt ir da^ niht lerouben, . man sol iuch^ sehen län.' 
dur^h ir herzen ser^. , so wart rfuQ da^ getan: 

man truoc den heft " verhouwßji da in- dör kühic sach. 
den Etzelen degenen / sörehte leide nie geschaah.. 
^ i/^ylAZ/JU^^t/^-^ - OCA^f^^^ " 

330, 3 den wir, dass wir ihn. S. § 64. — ir liut . . lant, an wir anzu- 
schliessen. — 4 unser e., vgl. 302, 4. — 331, 1 Giselher spricht. — 332, 3 
sin gesinde. Der Tod ist als Herr des Volkes der Toten gedacht. Vgl. zu 
158, 3. — 334, 2 aber, wie vor dem AngiifT Rüedegers. — 335, 1 dirre d., 
Rüedegers. — 337, 1 Es ist leider nicht so, wie ihr sagt. 



38 Nibelungen. 

y 340. Do si den margräven töten sähen tragen^ 
e^ enkunde ein^ schriber .gebriefen noch gesagen 
die inaniBgen upgebaerde von \vibe unde euch von ihari,^' ^ >j - . 
diu sich von herzen jämer ?ddä zeigen began- W-^-*-^ ^"^V^**^-^"^ 

341. Der Etzelen jämer. der wart also grö^, 
als eines lewen stimme der rlche künec erdo^ 

mit herzeleidem wiiofei . al^aiii tet euch sin wip» y . , .^ 

si klagten ungefuoge . des guoten Rüedegäres lip. // 

I- -2. 2-2. Der Untetyang der.- Mannen Dietrichs, . 

342. Do hört man allenthalben ^ jämer also grö^, ' 
da^ palas unde turne von dem wuöf erdö^. /^% - 
dö hört e^ euch von Beme ein Dietriches mam^^ . 
durch disiu starken msere wie balde er gäheii begann- 

343. Dö sprach er zuo dem forsten: ,hoert, min her Dietrich, 
swa^ ich noch her gelebt hän^ so rehte unmügelich 

gehört ich klage nie mere^ als ich nu hän V^DJJgGn. 
ich wsene der künic selbe ist zuo der höchgeziSBKonißn^' 

344. Wie mehtens anders alle haben solhe nöt^ 
der künic oder Kriemhilt, ir eineg da^ ist tot fptiß^H. 
von den küenen gesten durct irnit gelegen. ^^ 

e^ weinet ungefuoge vil manic zierlicher degen.' 

345. Dö sprach der vogt von Beme: ,mine vil liebe man, 

nu ganfet niht ze sere. swas; hie hänt getan . . . 

die eilenden recken, des i^ in michel not 

und lät si des genießen, da^ ich in minen fride .enböt.' 

346. Dö sprach der küene Wolfhart: ,ich wil dar gän 
und wil der^niaßre yragen, wa^ si hänt getan, 

und wil^ iu sagen denne, vil lieber herre min, 

als ich^ dort ervinde, wa^. diu klage mtige sin.* - 

347. Dö sprach der herre Dietrich: . ,swä man zornes sich versiht, 
ob ungefüegiu vräge danne da geschiht, 

da^ betrüebet recken lihte ir muot. 

ich enwil niht, Wolfhart, da^ ir die vräge tuet.* 

348. Dö bat er Helpfriche balde dar' gän 

und hie^ da^ ervinden an Etzelen man * ' . 

oder an den gesten, wa^ waere da geschehen. 

done het man von Hüten so grölen jämer nie gesehen. 

340, 1 töten s. § 53. — 341, 2 s. § 61. — 342, 2 erdöij^ s. § 54. — 3 von 
B.o mit Dietriches zu verbinden. -7- 343,4 zuo der h. koptettj iron. ; wir 
würden sagen: an den Tanz gekommen. — 347,3 *r, s- zu 72,2. 



Nibelungen. 39 




• 349. Der botejbegupde vragen : . ,wa^ ist hie getan ?* 
d6 sprach einer (^nrnderj^ . ,da ist vü gär zergan, QlT'^'^"^ 
swa^ wir freuden heten in der , Hiunen lant - . Q . 
hie|Jifi^erslagen Eüedegör von der Burgonde hant. 
-^^^TSötJT Die mit ira dar in körnen, der ist einer niht genesen.* 
dojenkunde Helpfriche • nimmer leider wesen. 
jap gehört er maere so rehte ungeme nie. 
der böte ze Dietriche vil sere weinende. gie. 

351. ,Wa^ hapt ir uns erfunden?* sprach dö Dietrich. 
,wie weinet ir so s^re, degei;! flelpfrich?' 

dö sprach der edel recke; ,ich mac wol balde klagen > . 
den guoten Bfiedegere hänt die Burgonde erslagen.* 

352. Do sprach der helt von Beme: (^,des sol niht wellen got. 
da^ W8ßr ein starkiu räche unde ouch des tievels spot. 

wä mit .het Büedeger an in; da^ versolt^ 

ja ist idir da^ wol künde« er ist den eilenden holt.* 

35ä. Des antwurte Wolf hart; ,und Jheten si^ getan, 
so soit e^ in jB^l^BT^ da^ leben gän. dl^^fiA/^^ 

ob wir in^ vorliegen, \ des wsßre wir geschant J^ 
ja hat uns vil gedidhet des guoten Eüedegeres hant.* / 

- 354. I^®L|S2§i, deriAmelunge hie^ e^ ervam ba^, — C^ö-^'*^-A(Ä^-ta-tJ»^ 
vil .harte se^^ßKi^^^ier in ein venster sa^; jlu^tL^ "j^"^*^*^ 

dö bat er Hilprande zuo den gesten gän, "^v^^^^^ ^ ^t^'^-'-i-^^-tc. 



da^ er an in erfttere, wa^ da wsere getän^ ^^"''^*^^'^'^tÄ*Co> 

^ 355. Der sturmküene recke, meister Hilprant, 
weder schilt noch wäfen truoc er an der hant ; 
er wolde in sinen zühten zuo den gesten gän. .Tv«r/^j(/ 
von siner sweste'r kinde wart im ein strafen getan. 

356. Dö sprach der grimme Wolf hart; ,welt ir dar blöder gän, 
so mac e^ an ein schelten nimmer wol gestän ; 
so müe^t ir leste^iche tuon die widervart. ' 
komt. ir dar gewäfent, da^ ir eteslicher wol bewart.* 
>^y^57. . Dö garte sich der wise durch des tumben rät. 
e dä^ ers innewurde, dö warn in ir wät 
alle Dietriches recken und trüogen swert enhant. 
dem helde was e^ leide ; vil gerne höt er^ erwant . 

358. Er vrägte, war si wolden. ,wir wellen mit iu dar. 
wfi^, oj) von Tronge Hägene dest^ wirs getar 

349, 2 eineTy Burgiinde oder* Heune? — 352, 1 des, abh. von niht. — 
2 des t. Spot, wir sagen »Ironie des Schicksals'. — 4 er istf s. § 61. — 354, 1 
Der vogt der A,, Dietrich. — 355,3 in sinen z., in seiner höflichen Weise. 
— 4 swester h.^ Wolfhart. — 356, 1 blöder, s. § 53. — 4 da^, auf schelten 
zu ieziehn. 



40 Nibelungen. . - 

q 

gein iu mit spotte sprechen ^ 1 des er wol kan gephlegen?* 
do er da^ gehörte, dö ge sttiont i ns der degen. 

359. Nu sach der küene Volker wol gewäfent gän 
die recken von Beme, die Dietriches man, 

begüxtet mit den swerten; si trnogen schilt enhant. 

er sagt e^ sinen herren üger Bürgende lant. 

360. Dö sprach der videlaere : ,ich sihe dort her gän 
so rehte vlntllche die Dietriches man, 

gewäfent under helme: si wellent uns bestän.' 

ich waen e^ an da^ übele ' uns ellönden welle gän.,* 

361. In den selben ziten kom ouch Hildeprant. 
dö sazt er für die füe^e slnes Schildes rant, 

er begunde fragen die Guntheres man: 

,owe, rr guote helde, wa^ het. iu Rüedeg^r getan? 

362. Mich hat min her Dietrich her zuo iu genant, 
ob erslagen hete iuwer deheines haut 

den edeln marcgräven, alö uns da^ ist geseit, - 

wim künden niht überwinden diu vil grce^lichen leit.- 

363. Dö sprach von Tronge Hagne : ,da^ maer ist ungelogen, 
wie wol ich iu des^gunife, het iuch der böte betrogen, x;;^« 
durch Rüedegöres ü©^©,^ da^ lebte noch sin lip, 

den immer, mügen weiiien beidiu man unde wip!* 

364. Dö si da^ reht erhörten, da^ er waere tot, 
dö klagten in die recken : ir triuwe in da^ gebot, 
den Dietriches recken den sach man trehne gän 
über hart und über kinne: in was vil leide getan. 

365. Der herzöge ü^er Berne Sigestap 
,nu hat gär ein ende geiiomen der gemach, 
den uns. hie füo'gte Rüedegör riäch unsem leiden tkgen. 
fröude eilender <Ji§J^fo Ht von iu beiden hie erslagen.* 

366. Dö sprach von Amelunge der degen Wolfwin : 
,und ob ich hiute ssehe tot den vater min, 
mir en wurde nimmer leider denn umbe sinen lip. 
owe, wer sol nu troesten des guoten marcgräven wip?* 

367. Dö sprach iit^ornesjmilüte der degen Wolfhart: 
,wer wise t nu die recken so manege hervart, \f^^^^^^. 
also der marcgräve vil dicke hat getan? 
owe, vil edel Rüedeger, da^ wir dich sus vlom hän !* 



ie getan. 

) dö spraclj:yin 

1, VjöM^^*^ ^ ^ 



360, 4 e-r gdt an da^ ühele, das Unglück naht. — 361, 2 vgl. 283, 3. — 
362, 2 ob erslagen ä., s. § 65. — 364, 4 leide Adv., wie liebe 371, 4. — 365, 2 ff. 
durch Rüedegers Vermittlung hatten die heimatlosen Gotenhelden bei Etzel 
Aufnahme gefunden. S. zu 273,4. — 367, 2 so manege h., Akkus, des Weges. 



Nibelungen. • 41 

368. Wolfbrant und Helfrich und ouch Helmnöt 
mit allen im frianden si weinten sinen tot. 
vor siuften mohte vragen niht mere Hilprant. 
er sprach: ,nu tuot ir degene, dar nach min herre hat gesant. 

869. Gebt uns Büedegeren als6 toten ü^ dem sal, 
an dem gar mit jamer lit unser fröuden val, 
und lät uns an im dienen, da^ er ie hat getan 

an uns vil grd^e triuwe und an ander manegen man. 

370. Wir sin ouch eilende, also Rüedeger der jdegen. 

wes lä^et 'ir uns biten? lat in uns affce r wegen 
tragen, da^ wir nach töde lcenei\ noch dem man. ^ 
wir beten e^ vil büllche bi sinem lebene getan.* 

871. Dö sprach der künic Günther: ,nie dienst wart sö^guot^ L^ 
so den ein friunt friunde nach dem töde tuot. v .^ • ^ o-- ' ^ 
da^ hei^ ich sfcaete triuwe, swer die kan beganV^^^_ ^^' 

ir loenet im voö schulden: er hat iu liebe getan.* ^ 

872. ,Wie lange sul wir flegen?' ' sprach Wolfhart der degen. 
,sit unsef tröst der beste . von iu ist tot gelegen -9 

, und wir ja^Tfeider möre megen hiht gehaben^ 
lat^ns in tragen hinnen da wir den recken begraben.* 
'^*873. Des antwurte im Volker: ,hiemen iu in/git. ^ 

nu nemt in in dem sale, da der degen lit ^^ — ^ 

mit starken wunden gevallen in da^ bluot. 
so ist e^ ein voller dienest, den ir hie ßüedegere tuot.* 

374. Dö sprach der küene Wolfhart: ,got wei^ wol, her spilman^ 
irn dürft uns niht reizen: ir hapt uns übel getan. . 

törst ich vor minem herren, so koemet irs in not; 

des id«e^e wir^ lä^en, wan er uns stritfln hie verbot.* 

W^5. Dö sprach der videlaere: ,der vorht ist al ze vil, 
swa:5 man im verbiutet, der^ alle^ lä^en wil. 
da^ kan ich niht geheimen rehten beides muot.^ 
diu rede dühte Hagenen von sinem hergeisellen guot. ._- 

376. ,Des enlät iuch niht gelangen,* sprach aber' Wolfhart. 
,ich entrihte iu so die s^^J^^k^ swenfn ir die widervart 

ritet gein Rine, da:^ ud^^wof muget sagen. 

iuwer übermüete mac ich mit eren niht vertragen.* 

377. Dö sprach der videlaere: ,swenne ir die Seiten min 
verirret guoter doene, der iuwer helmschin \ 

UTT ZI ' -^ 

365rJ~Voir einem solchen Auftrag -Dietrichs war bisher nicht die Rede. 

— 369, 1 also toten, tot wie er ist. S. auch § 53. — 4 beachte die Fügung 
triuwe tuon an einen. — 371, 2 den, s. § 64. — 373, 4 so, dann erst. — 
374, 3 irs = ir es (Gen. der Ursache). — 375, 2 der^ wenn einer. •— 376, 2 die 
widervart, s. zu 367, 2. 



f\K.K^Mt 



</v\^ 



42 Nibelungen. 

miio^ vil trüebe werden von der minen hant, 
Äf swie aber ich gerite in der Bürgende lant/ 
r T^ 378. Do wolt er zuo imjsprinffen, wan.da^ in.nihfe eplie 
^j^^Hildebrant sin ceUeim inVmfze^u^^^ 
"^t ,ich waen, du woldest wüeten durch dinen tumben zorn. 

niines herren hulde du hsetest immer mer verlorn.' 



^>t- 



j 
! 



379. ,Lät ab den lewen, meisten er ist so grimme gemnot. 

kurat er mir zen handen/ sprach Volker der degen guot, 

,het er die werlt alle mit siner hant erslagen, 

»' ich slahe in, da^ er^ widerspei nimmer mere darf gesagen.* 

^ 380. Desjuart vil s6re erzürnet der Bemaere muot.' 

' ■ den schilt ^ructe) Wolfhart, ein sneller helt guot: ' 

alsam ein }tS&^J^%jlJj£lS^JS^ « ^a«; ^ 

im wart eiiy gaene: ; voIgeiT" von sinen fnunden getan. 

ji 381. Swie wlter sprwige er pflg Bge für des sales want, 
doch ergäht in vor der stiege der alte Hildebrant: 
er wolt in Vor im la^en niht komen in den strit. 
si fiinden da^ si suochten, an den eilenden sit. / 

382. Do spranc zuo Hagene meister Hilbrant: 
diu swert man hört erklingen an ir beider hant. 
si wären sere erzürnet: da^ moht man kiesen sint. 
von ir zweier swerten gie der fiurröte wint. 

383. Die wurden dö gescheiden in des strites not: 
da^ täten die von Beine, als in ir kraft gebot, 
zehant dö meister Hildebrant want von Hagen dan, 
do lief der starke Wolf hart den küenen Volkören an. 

384. Er sluoc den videlaere üf den helmehuot, 
da^ des s wertes ecke unz üf die spange wuot. 
da^ vergalt mit eilen der küene spileman 
dö sluoc Wolfharten, da^ er stieben began. , 

385. Des fiurs ü^ den ringen hin wen si genuoc. 
ha^ ir islicher dem anderen truoc. 
die schiet dö von Beme der degen Wolfwin : 
ob e^ ein helt niht wäre, da^ künde nimmer gesin.' 

386. Günther der degen mit vil williger hant . 
enphie die helde maere von Amelunge lant. 
Giselher der herre diu liebten helmva^, 
der frumt er da vil manige^ von bluote röt unde na^. , 

378, 1 er, Wolfhart. — ^ Hildebrant^ s. § 65. — 380, 2 ein, s. zu 126, i. 
— 381 ; 1 pflage, s. §63.-4 suochten , näml. den Stieit. — 382, 4 der, 
vgl. diu 319, 4; den 390, 2; 394, 4. — 384, 3 spileman^ s. §65.-4 stieben, 
s. 385, 1. — 386,3 diu liehten h. wird erst durch das darauf bezügliche 
der (Z. 4) in die Konstruktion aufgenommen. 



V; 






Nibfelungen. 



387. Ritschart unde Oerbart, Helpfrich und Wie! 

die beten in nianegensttüTneii^ selten sich gespart 
^ • ^jdes) brähten si wol iÄn^T^^me Guntheres man. 



döTs^cn man Wolfprahde in strite herlichen gän. 

^88. Do vaht, alsam er wuote, der alte Hildebrant. 

vil der guoten recken vor Wolf hartes hant 

mit töde muose_v allen von swerten in da^ bluot^ 

sus rächen Eüedeg^ren die recken küene unde guot. 

389. Do vaht der herre Sigstap, als im sin eilen riet, 

hei wa^ er in dem strite der guoten heim" verschriet ^ 
den sinen viendep, Dietriches swester siin! . 

erkunde m dem stürme. nimmer he^^ers niht getuon. J^ 
^ 390. Volker der starke dö er da^ ersach, \ 

da^ Sigestap der küene den bluotigen bach 

hiu ü^ ht»*ten ringen, da^ was dem beide zorn. 

er sg^anc im hin engegne. dö bete Sigestap verlorn 

JtpS^l . Von dem videlsere vil schiere da^ leben : ^; 

*A begHßdö im siner künste ^^^ selben teil da geben, 
da^ er von sinem swerte muose ligen tot. 
^ä? r^ch der alte Hildebrant, als im sin eilen da^ gebot. 

392. ,Owe liebes herren,* sprach meister Hildebrant, 

,der hie llt erstorben vor Volkeres hant ! 

nune sol der videlaere lenger niht genesen.* 
ffij^debrant der küene, wie künde er griinmeger sin gewesen? 

\^^_j^ä^ii, Dö sluoc er. Volkeren, da^ im diu helmbant 

JKstu^ allenthalben zuo des safes 'want 
[ von heim und euch von schilte, dem küenen spileman; 
' 3ä von der starke Volker dö den ende da gewan. 

• 394. Dö drungen zuo dem strite die Dietriches man. 
si sluogen, da^ die ringe vil verre drseten dari, 
und da^ man ort der swerte vil höhe fliegen sach. 
si holten ü^ den helmen den hei^ fließenden bach. 

395. Dö sach von Tronge Hagene ' Volkeren tot. 
daß was zer höchgezite sin allergi-oe&tiu not, 

die er da het gewunnen an mag und euch an man. 

owe, wie harte Hagene den helt dö rechen began! 

396. ,Nu ensol sin niht genießen der alte Hildebrant: 
min helfe llt erslagene von des beides hant. 




389, 3 f. 8un: tuon, wie 49, 1 f. — 4 nimmer h. niht, s. § 60. — 391, 2 
siner k., mit Beziehung auf Volkers Spielmannskunst. Vgl. zu 197, 2. — 392, 1 
liebes h., beachte das Fehlen des Art. ! — 393, 3 von h, u. ouch von schilte^ 
•als ob nur diu bant vorhergienge. — 396, 2 erslagene, s. § 53. 



44 Nibelungen. 

der beste hergeselle, den ich ie gewan/ 

den schilt denCraji^er höher: dö gie er houwende dan» 

397! Die wile gie ouch Wolfhart beidiu wider und dan^ 
alleg houwende . die Guntheres man. 
er was die driten Kei%*^ nu^iyen durch da^ wal: 
da viel vor sinen banden vil manic rjecke zetal. 

398. Dö rief der herre Glselher Wolfharten an : 
,owe, da^ ich so grimnien vient je gewan! 

edel ritter küene, nu wendet gegenQnT) 

ich wil e^ helfen enden : e^ mac niht anders gesin.* 

399. Ze Giselhere körte Wolfhart in den strit. 
dö sluoc ir ietwedere vil man ege Wunden wit. 

so rehte krefticliche er zuo dem künege dranc, . 
da^ im^ bluot undern füe^en al über^ houbet spranc. 

400. Mit swinden siegen grimme der schoenen üoten kint 
enphie Wolfharten den küenen helt sint. ' 

""swie.starc der degen weere, er künde niht genesen, 

e^n dorfte künec so junger nimmer küener sin gewesen. 

401. Dö sluoc er Wolf harten durch eine brünne gqot, 
da^ im von der wunde nider schö^ da^ bluot. 

er wunte zuo dem töde den Dietriches man. 

e^ enhet an einen recken zwäre niemen getan, ^ >. 

402. Also der küene Wolfhart der wunden dv,^ nphant,.V 
den schilt den lie^ er vallen, höher an der hant 

huop er ein starke^ wäfen, da^ was scharpf genuoc: 

durch heim und durch ringe der helt dö Giselheren sluoc. 
403.- Si heten bede ein ander den grimmen tot getan, 
do enlebt ouch nu niht mere der Dietriches man. 

Hildebrant der alte Wolfharten vallen sach: 
im W8ßn vor sinem töde so rehte leide nie geschach. 
404. Dö wären gar erstorben die Guntheres man 

und ouch die Dietriches. Hildebrant was gegän 

da Wolfhart was gevallen nider in da^ bluot: 

er umbeslö^ mit armen den recken küen unde guot. 

. 405. Er wolt in ü^ dem hüse mit im tragen dan. 

er was ein teil ze swsere: er muose in ligen län. \ 

dö blicte ü^ dem bluote der rewunde man: 
er sach wol, da^ im gerne sin neve het geholfen dan. 

397, 2 alleij:, Adverb. — 398,3 gegen in, Wolfhart ist, nachdem er drei- 
mal kämpfend durch den Saal hin und zurück gegangen (397, 3), wieder bei 
der Tür angekommen. — 401, 1 eine, s. zu 126, 1. — 4 an einen r., ohne 
ein Recke zu sein. — 403, 2 der man, Gen. zu mere. — 4 vor sinem t., in 
seinem ganzen Leben. 



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cl9^<^<^ 



XJO^-^^^^Ui^ Co UJC^^jL^ l^' 0-Cy^^-tU^ 



^ij>elungen. 45 



406. Dö sprach der tötwunde: ,vil lieber ,;D^ej5 
ir mugt an disen ziten mir niht Ifruin gesin. ^ 
nu hüetet iüch vor Hagene ! ja danket e^ mich guot : 
er treit in sinem herzen einen grimmigen muot. 

407. Unde ob mich mine mäge nach töde wellen klagen, 
<len nsehsten und den besten den sujt ir von mir sagen, 
Ja^ si nach mir iht weinen, da"^ si äne not: 
vor eines künegeö banden lig iqh hie herlichqn tot. 

408. Ich hän ouch hier inne' so vei^olfön /minen lip, 
da:^ e^ wol mugen beweinen der guoten ritter wlp. 
ob iuch des iemen vräge^ so mugt ir balde sagen : ^^ 
vor 'min eines banden '' llt wöl hundert erslagen^^^^.iJÄJ^'^ 

409. Dö gedäht ouch Hägeiie an den spilman, 
<3em der küene Hildebrant sin leben aii^gewän| " ^ 
4ö sprach er zuo dem degena: ,ir gelt'i^r miniu leit. 
ir hapt uns hinne er'^mnet vil maneges recken gemeit.' 

410. Er sluoc uf Uildebrande, da^ man wol vernam 
Palmunge diesen, ' den Sifride nam 
Hagen der vil küene .. da er den helt sluoc. 
dö werte, sich der alte: V._ ©r was ouch küene genuoc. 

411. Der . Dietriches recke sluoc ein wäfen breit 
üf den helt von Tronge, da^ ouch vil söre sneit. 
do enkunde er niht verwunden' den Guntheres man: 
dö sluoc aber in Hagene durch eine brünne wol getan. 

412. Dö der alte Hildebrant der wunden reht enphant, 
dö vorht er schaden möre von der Hagen haut, 
den schilt warf über rucke der Dietriches man : 
mit der starken wunden der helt dö H^genen entran. 

413. Da was nu nieman lebender al der degene, 
niwan die zwene aleine^ Günther und Hagene. 
mit bluote gie ^Serunnen^ der alte Hildebrant : . 
«r brähte leidiu maßre da er Dietrichen vant. /aJU-*^ ^ *; ^^ 

414. Dö sach er truriclichen sitzen hie den man. 
der leide michels möre der fürste dö gewan. 
«r sach ouch HilDrande in siner brünne röt; 
dö fragt er in der msßre, als im diu sorge gebot: 

415. ,Nu sagt mir, meister Hildebrant, wie sit ir so na^ 
von dem verchbluote? oder wer tet iu da^? 

408, 2 vgl. 208, 4.-4 m%n Gen., dazu eints als Apposition. — hundert 
ist Subst., daher der Sing, de^ Verbs. — 410, 2 P. diesen, Akkus, mit Inf., 
den wir nhd. nach ,veniehmen* nicht mehr setzen können. — 411, 4 eine, 
wie 401, 1. — 412, 2 schaden^ Gen. zu mere. — Hagen aus Hagenen, — 
413, 1 lebender s. § 53. 



46 Nibelungen. 

ich wsene ir mit den gesten zem hüse hapt gestriten. ' 

ich verbot e^ iu so sere: dö het ir^ billich yermiten/ 

416. Dö sagt er sinem herren: ,e^ tet Hagene. 
der sluoc mir dise wunden in dem gademe, 

dö ich von dem recken wolde wenden dan. 

mit minem lehne ich küme dem tievel entran/ .> 

417. Dö sprach der Bemsere: ,vil reht ist iu geschehen^ 
dö ir mich friuntschefte den recken hortet jehen, 

da^ ir den fride dö brächent, den ich in het gegeben. ^^ 

het ichs niht immer schände, ir soldet fliesen daz leben.* 

418. ,Nt\^nzürnet niht so s6re, min her Dietrich, 
an mir und minen friunden der schade ißt alze rieh., 
wir wolden Rüedegeren hän getragen dän : 

des en wolden uns niht gunnen des künic tiuntheres man.* 

419. ,Sö wo mir dirre leide! ist Rüedeger doch tot, 
den muo^ ich immer klagen: dest^it^mir grö^iu not. 
Gotelint diu edele ist miner basen kint. 

ach we der armen weisen, die da ze Bechelären sint.* 

420. Eiuwen unde leides mant in dö sin tot. 
er begunde weinen ; deis i^gie) dem hislde not. 
,owe getriu^er helfe, , die ich verlorn han ! 

lane überwinde ich nimmer mere des künic Etzeln man. 

421. Megt ir mir, meister Hildebrant, . diu rehten maere sagen ^ 
wer der recke waeje, der m da hat erslagen?*; 

er sprach: ,da^ tet mit kreften der starke Gömöt. 
vor Rüedegeres handen ist ouch der helt gelegen tot/ 

422. Er sprach ze Hildebrande: ,nii sagt mlnen man, 
da^ si sich balde wäfen ;' wan ich wil dar gän.- ^ 

und heilet mir gewinnen min liehte^ wicgewant. 
ich wil selbe fragen die helde ü^ Bürgende lant.* 

423. Dö sprach meister Hildebrant: ,wer sol zuo iu gen? 
swa^ ir hapt der lebenden, die seht ir bi iu st^n. 

da^ bin ich alterseine: die andern die sint tot.* 

do erschricte er dirre maere: des gie im ^^rliohen not, 

424. Wan er leit so grö^e^ zer werlde nie gewan. 
er sprach: ,un^ sint erstorben alle mine man, 

so hat min got verge^^en, ich armer Dietrich, 
ich was ein künec gewaltic, her unde rieh. 



415, 4!het = hetet. — 416, 1 e^, Akkus. — 417, 2 dö, konzessiv. — 419, 4 
weisen, Frau und Kinder Rüedegers; weise hat mhd. allgemeinere Bedeutung- 
als heute. — 420, 4 des k. E. man, Rüedeger. — 424, 3 ich armer D. fällt aus 
der Konstruktion, ti*itt aber dadurch mehr hervor. — . 4 was Perfekt = fui.* 



^ 



Nibelungen. 47 



425. Wie künde e^ sich gefüegen/ sprach aber her Dietrich, 
,da^ si alle sint erstorben, die helde lobelich, 

von den stritmüeden, die doch heten not? 

wan durch min ungelücke, in wser noch fromde der tot. 

426. Sit'da^ es min unsselde niht langer wolt entw esen. 
so sagt mir: ist der geste noch ieman da genesen?' 

dö sprach meister Hildebrant: ,cla^ wei^ got, nieman m^r 

niwan Hagen aleine und Günther der künic her.* 

427. ,Owe, Heber Wolf hart, sol ich dich hän verlorn, 
so mac mich balde riuwen, da^ ich ie wart geborn, 
Sigslap unde Wolfwln und euch Wolbrant! 

wer sol mir denne helfen in der Amelunge lant ? 

428. Uelpfrich der vil küene, und ist mir der erslagen, 
Gerbart unde Wichart, wie solde ich die verklagen? 

da^ ist an minen ft'euden mir der Jeste tac. 

owe^ da^ vor leide nieman wol sterben mac !t n^^' 



Der Ausgang. 

429. • Dö nam der herre Dietrich selbe sin gewant; 
im half, da^ er sich wäfent, der alte Hildebrant. 

dö^ klagt ajsö sere der kreftige man, 

da^ da^ hüs erdie^en von siner stimme began. 

430. Do gewan er aber wfdere rehten beides muot. 
in grimme wart gewäfent dö der degen guot, 

einen schilt vi! vesten den nam er an die haut. 4 

si giengen balde danne, er unde meister I^ildebrant. 

431. Dö sprach von Tronge Hägene: ,ich sihe dort her gän 
den herren Dietriche: der wil uns bestän 

nach sinem starken leide, da^ im hie ist geschehen. 

man sol da^ hiute kiesen, wem man des besten müge jehen. 

432. . Jane dunket sich von Beme der herre Dietrich 
nie so starc des libes und so gremlich, 

und wil 6r^ an uns rechen, da^ im ist getan,* 

also redete Hagene, ,ich getar in harte wol bestän.* 

433j Dise rede hörte Dietrich und Hildebrant. 
er kom da er die recken beide stende vant 
ü^en an dem hüse, geleinet an den sal. 
einen schilt den guoten saist her Dietrich zetal. 

425, 4 wan durch min m., wäre es nicht um meines Unsterns willen 
geschehn, hätte es nicht mein Unstern gewollt. — 427, 4 lant, Akkus. — 
429, 1 vgl. 422, 3. — 432, 1. 2 Mag sich D. auch für noch so stark u. s. w. 
halten. — 433, 1 hörte, s. § 54. — 4 vgl. 361, 2. 



•1 



48 Nibelungen. 

434. In leitlichen sorgen sprach her Dietrich: 

,wie habt ir s6 geworben, Günther, künic rieh, 

wider mich eilenden? wa^ het ich iu getan? 
alles mines tröstes des bin ich eine b^än. 
• 435. luch endühte niht der volle an der grölen not, 

dö ir uns Rüedegßrö, dep helt ersluoget tot: 
nu hapt ir mir eH)iftitieh' aller miner man. 
Jane het ich iu ffelden solher leide niht getan. 

436. Gedenket an iuch selben und an iuwer leit; 
tot ^er iuwer friunde und ouch diu arbeit, 

ob e^ iu zieren recken beswärt iht den, muot. jj 

o'we, wie reht unsatifte mir tot der Rüedegöres tuot! 

437. Ej; geschach ze dirre werlde nie manne leider mer. 
^ir gedähtet übele an min und iuwer ser. 

swa^ ich freuden hete, diu liget von iu erslagen : 

ja enkan ich nimmer raere die mine mäge verklagen.* ta.' 

438. jJancTsiJwir niht so schuldic,* sprach dö Hagene. 
,e^ giengen zuo^^m, hüse die iuwer degene, 
gewäfent wol ze flii^e, mit einer schar so breit, 
mich dunket, da^ diu maere iu niht rehte sint geseit.* ^. «s - 

439. ,Wa^ 89I ich mer g^lpuben? mir sagt Hildebrant, 
^ dö mine recken gerten von ,'Amelunge lant, 

y-^ da^ ir in Rüedegere ' gaebet ü^ dem sal,. 
^y.v^ dö' bütet \ir n^ah spotten den minen recken her zetal.* 

440. Dö sprach der vogt von Eine: ,si jähen wolten tragen 
Eüedeger von hinne : den hie^ ich in versagen, 
Etzeln ze leide und niht den dinen man; 

^ unz da^ dö Wolfhart dar umbe schelten began.* 

441. Dö sprach der helt von Berne: ,e^ muose et also sin. 
/ Günther, künic edele, durch die zuüt« ^1" /i 

ergetze mich der leide, di mir von dir sint geschehen, 

und süene e^,. riter küene, da^ ich dir des mege gejehen. 

442. Ergip dich mir ze gisel, du und din man : 
so wil ich behüeten, so iöh aller beste kan, 
da^ dir hie zen Hiunen ieman niht entuot. 
du solt an mir niht vinden niwan triuwe und alle^ guot.* 

443. ,Da^ enwelle got von himele,* sprach dö Hagene, i 
,da^ sich dir ergseben zwene degene, 

436, 2 der, Art. zu toi, wie Z. 4; vgl. 245, 2. — 3 e^ nimmt die beiden 
ausserhalb der Konstruktion stehnden Subjekte tot und arbeit auf. — 437, 3 diu, 
grammatisch genau wäre da^. S. § 54. — 439, 4 das hat ihm aber Hildebrand i 

nicht gesagt; s. 418, 4. — 440, 1 wolten tr., das Subjekt (si) ist aus dem ' 

des regierenden Satzes zu ergänzen. — 2 stimmt nicht zu der frühern Er- 
zählung; s. Str. 371. — 441, 3 di für diu. 



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Nibelungen. . 49 

die noch so werliche gewäfent gein dir stent ' 

und noch so Ißdicliche vor ir vienden gent.* 
r 4:4l4. ,Im sult e^ niht versprechen,' • so redet her Dietrich, 
^ jGunther unde Hagne. ir beiden hapt mich 

so sere beswaeret, da^ her^e und ouch den mnot, 

und weit ir michs ergetzen, da^ ir^ vil billichen tuot. 



445. Ich gibe iu mine triuwe und sicherliche hant, 
da^ ich mit iu wider heim rite in iuwer lant. 

ich geleite iuch nach den 6ren, oder ich gelfge tot, 

und wil durch iuch verge^^en der minen groe^lichen nöt.^ 

446. ,Nu enmuotet sin niht mere,* . sprach aber Hagene. 
,von uns enzimt da^ msere niht wol ze sagene, 

da^ sich iu ergaeben zwen also küene man, 

nu siht man bi iu niemen wan eine Hildebrande stän^* 

447. D6 sprach meister Hildebrant: ,got wei^, her Hagene, 
der iu den vride (Mutet ) mit^ iu ze tragene, 

e^ kum4; noch an oiestunde, da^ ir in möhtet nemen, 

die suone ^mines herren meht ir iu lä^e n zein en.' * 

448. ,Jä naeme ich e die suone,' sprach aber Hagene, 
,e ich so lesterli<phe ü^ einem gademe 

flühe, meister Hildebrant, als ir hie hapt getan. 

ich wänt üf min triuwe, ir kündet ba^ gein vinden stän.* 

449. Des antwurte Hildebrant: ,zwiu verwi^et ^ir mir da,:^? 
nu wer was, der üfem schilde vor dem Wasgensteine sa^, 

dö im von Spanje Walther so vil der raäge sluoc? 
ouch Hapt ir noch ze zeigen an iu selbeti genuoc* 

450. Dö sprach der herre Dietrich: ,da^ enzimt niht beide lip, 
da:^ si suln scheiden sam diu alten wip. 

ich verblute iu, meister Hildebrant, da^ ir iht sprechet mer. 

mich eilenden recken twinget groe^lichiu ser. 

451. Lät beeren,* sprach her Dietrich, ,recke Hagene, 
wa^ ir beide sprächet, vil snelle degene, 

dö ir mich gewäfent zuo iu sähet gän. 

ir jähet, da^ ir eine mit strite woldet mich bestän.' ^ 

452. ,Ja enlougent iu des niemen,' sprach Hagen der degen, 7^ 
,ich enwelle^ hie versuochen ~^~^it den starken siegen. 



444, 3 da^ h. u. o. dm w., nähere Ausführung zu mich. — 4 da^, zu 
80 sere zu ziehn. — 447, 2 den vride, Objekt zu tragene, — 449, 2. 3 im 
,Waltharius' (s. zu 209,1) wird erzählt, dass Hagen sich weigerte, am 
Kampf der Mannen Günthers gegen Walther von Aquitanien, seinen Gesellen 
vom Heunenland. her,\ teilzunehmen, und untätig zusah, wie dieser elf seiner 
Vei*wandten einen naph dem andern tötete. Hildebrand legt ihm dies hier 
als Feigheit aus. — 42^2, 2 ich en welle s. § 62. 

4 



50 -' Nibelungen. 

. >. ■ 
e^ ei|si da^ mir zebreste 'da^ Nibeiun^s swert, 
mir ist zorn, da^ unser beider hie ze'gisel ist gegert/ 

453. Do Dietrich gehörte den grimmen Hagen muot, 
den schilt vil balde zucte . der snelle degen guot. 

. fttj -nj^ wie balde gein im Hagne von der stiegen spranc! 

^ ' Nibelunges swert da^ guote vil lüte uf Dietrich erklanc. 

454. Dö wesse woi her Dietrich, da^ der küene man 
vil grimmes muotqs wsere: schirmen im began 

der herre von Beme vor ahgestlichen siegen. 

vil wol erkant er Hagenen,. den vil zierlichen degen. 

455. Ouch vorht er Balraunge, ein wäfen starc genuoc. ^ . 
under wilen Dietrich mit listen wider sluoc, .^c : 
unz da^ er Hagenen mit strite doch betwanc. rJ^^^ ' 
er sluoc im eine wunden: diu was tief unde lanc. ^^ 

456. Do gedäht der herre Dietrich: ,du bist in nöt^rwigeri^ 
ich häns lützel ere, soltu tot vor mir geligen. >()c^ ' > • 
ich wil ez, süs versuochen, ob ich erfiWingeii kan 

dich mir ze einem gisel.* da^ wart mit sorgen getan. 

457. Den schilt lie^ er Valien. sin sterke diu was grö^: 
Hagen von Tronge mit armen er beslö:^. 

des wart dö betwungen von im der küene man. 
Günther der edele dar umbe trüren began. 

458. Hagne bant dö Dietrich und fuort in da er vant 
die edeln küniginne, und gap ir bi der hant « 

den küenisten recken, der ie swert getruoc. 

nach ir vil starkem leide dö wart si vroelich genuoc. 

459. Vor liebe neic dem degne da^ vil edel wip : -^ 
,immer si dir sselic din herze und ouch din lip! 

du hast mich wol ergötzet aller miner not. 

da^ sol ich immer dienen, mich ensüme der tot.* 

460. Dö sprach der herre Dietrich : ,ir sult in Iah genesen, 
edeliu küniginne. und mac da^ noch gewesen, 

wie wol er iuch ergötzet, da^ er iu hat getan ! " 

er sol des niht engelten, da^ ir in gebunden sehet sta^* 

461. Dö hie^ si Hagen füeren an sinen ungemach,J 
da er lac beslo^^en ' ' und da in niemen sach. I 
Günther der künic edele rtiefen dö began : I 

' ',war*kom der holt von Herne? der hat mir leide getäi.* 



eme: 



452, 3 da^ Nibelunges sw., so genannt nach Nibelunc, sejhem frühern 
Besitzer, von dem es Siegfried gewann. — 453, 1 Hagen aus Hagenen. — 
455, 1 ein, s. zu 126, 1. — 456, 4 da? ivart, vgl. 181, 4; 228,4. — 458, 2 
gaj) ir bi der h., gab in ihre Hand. — 460, 2 da?, näml. dass er am Leben 
bleibt. — 3 da:^ = de^ da?. 



Nibelungen. 51 

462. Do gie im hin engegene der -herre Dietrich. ^ 
Guntheres eilen da^ was vil lobelich : i^y^t/^ 
do etfoeilTouch er niht mere, er lief her für den sal. 

von ir beider swerten huop sich ein groe^licher schal. 

463. Swie vil der herre Dietrich lange was gelobt, 
Günther was so söre erzürnet und ertobt 

(wan. er nach starkem leide dö sin vient was): "^' p 

man sagt e^ noch ze wunder, daz; dö her Dietrich genas. 

464. Ir eilen und ir sterke beide warn grö:^. 
palas unde türrie von ir siegen dö:^, 

dö si mit den swerten hiuwen üf die helme guot. 
e:^ het der künic Günther einen herlichen muot. 

465. Sit twanc in der von Berne, als Hagen e geschach. p 
da^ bluot man durch die ringe dem beide fliegen sach 

von einem starkem swerte ; da^ truoc her Dietrich. 

doch het gewert her Günther nach müede loblichen sich, c^ 

466. ^^^IjkSTffi ^^^^ gebunden von Dietriches hant, "t^ 
swie künege niene sölten liden solhiu bant. 

er däht, ob er si liei^e, den künec und sinen man, 

alle, die si fünden, die müesen tot vor in bestan. 

467. Dietrich von Berne der nam in bi der hant. iJk^'^' 
dö fuort er in gebunden da er Kriemhilde vant. Uaa^ "* 

si sprach: ,willekomen, Günther, ein helt ü:^ erkant!^'^^'^ 

,nu löne iu got, Kriemhilt, ob mich iuwer triuwe des ermant!* 

468. Er sprach: ,ich solde iu nigen, vil liebiu swester min, i/-j*u^«c^ 
ob iuwer grüei^en mehte genaediclicher sin. 

ich wei:^ iuch, küniginne, so zornic gemuoty, 

da:^ ir mich unde Hagenen vil swache^ grüe^en getuot.* 

469. Dö sprach der helt von Berne: ,vil edels küneges wip, 
e^ enwart nie gisel mere so guoter riter lip, 

als ich iu, vrouwe here, an in gegeben hän: 

nu sult ir die eilenden min vil wol geniei^en län.* 

'^ 470. Si jach^ si taet e^ gerne. dö gie her Dietrich 

mit weinenden ougen von den beiden lobelich. 
Sit räch sich grimmicliche da:^ Etzelen wip : 

den ü^ erholten degnen nam si beiden den lip. 

471. Si lie si sunoer ligen durch ir ungemach, 

da^ ir sit dewedere den andern nie gesach. 



464, 2 döijfj s. § 54. — 467, 3 ein, diese Vei*wendung des Art. in der 
Anrede kennt das Nhd. nicht. — 4 des, näml. dass ich hier willkommen 
bin. — 468, 4 der substantivisch gebrauchte Inf. kann die Rektion des Verbs 
beibehalten, selbst wenn wie hier ein Attribut bei ihm steht. _ _ 



52 Nibelungen. 

unz si ir bruoder boubet hin für Hagen triioc. 
der Kriemhilde räche wai-t an in beiden genuoc. 

472. Do gie diu küniginne da si Hagen sach. 
wie rehte vinüiche si zuo dem recken sprach : 
,welt ir mir geben widere, da:^ ir mir hapt genomen, 

so megt ir noch wol lebende heim zuo den Burgonden ko men.* 



473. Dö sprach der grimme Hagne: ,diu bete ist gar verlorn, 
viL edeliu küniginne. ja hän ich des gesworn, ,^.^ 

da^ ich den hört iht zeige, die wlle da^ si l^|pn, 
deheiner miner herren, so enwirt er nieman Mreben.* 

474. ,Ich bring e^ an ein ende,* so spraclf o% edel wip. 
dö hie^ si ir bruoder nemen da den lip. '*\ 

man sluoc im ab da^ houbet : bi häre si e^ truoc \ 

für den helt von Tronge. dö wart im leide genuoc. '4 

475. Also der ungemuote sines herren houbet sach, 
wider Kriemhilde dö der recke sprach: 

,du hast e^ nach dinem willen ze einem ende bräht, 

und ist ouch rehte ergangen, als ich mir hete gedäht. 

476. Nu ist von Bürgende der edel künic tot, 
Giselher der junge und ouch Gernöt. 

den schaz wei^ nu nieman wan got^unde min : 

der sol dich, välentinne, immer gar v e^Sln sin.*, 

V 477. Si sprach: ,sö habt ir übele gelte s mich gewert.v/ 

so wil ich doch behalteil ' da:^ Sifridos swert. / 
da^ truoc min holder ' tfiedel ,' ^- . dö ich in jungist sach; 
an dem mir herzen leide vor allem leide geschach.' 

478. Si zöch e^ von der scheide: da:^ künde et niht erwern. 

dö dahte si den recken des lebenes behern. ' 

si huop e^ mit ir banden, da^ houpt si im abe sluoc. 

da:; sach der künic Etzel : dö was im leide genuoc. 

; ' 479. ,Wäfen,* sprach der fürste, ,wie ist nu tot gelegen 

^on eines wibes banden der aller beste degen, 
der ie kom ze stürme oder ie schilt getruoc! 
swie vint Ab-iah im wsßre, e:; ist mir leide genuoc* 

,480. Dö sprach der alte Hildebrant: ,ja geniui^et sis niht, 

da:; si in slahen torster swa^ halt mir geschiht, * 
swie er mich selben brahte in angestliche not, 

iedocH so wil ich rechen des küenen Trongaeres tot.* 



473, 3 iU, s. § 60. — die wile das; s. l, s. § 65. — 476, 1 der edel fc., 
Günther, obwohl auch die andern sonst Könige heissen. — 3 wan, beachte 
den Wechsel der Konstruktion, mit Nom. und Gen. (min)\ 



Oudrun. 53 

481. Hildebrant der alte ze Kriemhilde spranc, _ - 
er sluoc der küniginne eines swertes swanö. 

ja tet ir diu sorge von Hildebrande we. 

wa^ mäht si gehelfen, da:^ si vil grcei^lichen schre? 

482. Do was gelegen über al da der ^^^erilip. 
ze stucken was gehouwen do da:^ edel wip. 
Dietrich und Etzel weinen do began : 

si klagten innecliche beidiu mage unde man. 

483. Diu vil michel ere was da gelegen tdt. 
die Hute heten alle jämer unde not. 

mit leide was verendet des ktineges höchzit, 

als ie diu liebe leide ze aller jungiste git. ^^cua^^^ 

4.84. Ich enkan iu niht bescheiden, wa:^ sider da geschach: 

wan riter unde vrouwen weinen man da sach, 
dar zuo die edeln knehte, ir lieben friunde tot. 

hie hat da:; niaer ein ende: ditze ist der Nibelunge not. 



IL Aus Gudrun. 

Hildes Entfühnmff. 

1. Do die von Hegelingen wären hin bekomen 
zuo der Hagenen bürge, - dö wart ir war genomen. 
die liute wundert alle, von welher künege lande 

si die ünde trüegen. si wären wol gezieret mit ge wände. 

2. Her Wate iesch gedinges des landes herren biten. 
man mohte dö wol kiesen an sinen h^ren siten, 

den sin gewalt gereichte, da:; er da grimme waere. 

Hagenen dem künege brähte man die geste mit dem msere. 

3. Er sprach: ,min geleite unde minen vride 
den wil ich in enbieten. er büe^et mit der wide, 
der an iht beswseret die unkunden herren. 

des sin äne sorge: in sol in minem lande niht gewerren.* 

4. Dem künege si dö gäben wol tüsent marke wert 
an riehen kleinäten. er hete niht gegert 



482, 3 began, s. § 54. — 483, 4. Sprichwort. — leide, Akkus. Fem-. 

2, 3 den, wenn einen; vgl. der 11,2; Nib. 447, 2.-4 mit dem m,, mit dem 
Berichte, was sie wollten. — 3, 2 das Hängen war im deutschen Altertum 
die gewöhnliche Strafe für Friedensbrecher. -^ Af des, geht auf den folgenden 
Satz. — 4, 1 gäben, zum Dank für den gewährten Schutz. 



54 Gudrun. 

gen einem phenninge, wan da:; si liefen schouwen, 

wa:; si da veile haßten : da^ wol gezam rittern unde vrouwen. 

5. Zuo dem stade si brähten da^ kreftige guot. 
die da verborgen lägen, die beten ofte muot, 

da^ si in herten stürmen gerner weiten striten, 

danne si gelückes näcb der schoenen Hilden selten biten, 

6. Fruote bie^ üf swingen siner krame dach, 
von so richem koufe da^ wunder nie geschach 
al umbe in den landen, da:; ie burgaare 

gaeben guot so ringe, sine möhten eines tages werden Isere. 

7. Der künic ze allen stunden b6t vil michel guot. 
die ü:; erweiten recken die wären so gemuot, 

da:;; si von nieman gerten nemen ze einer marke. 

her Hagene der was riebe. ein teil in muote ir übermüete starke. 



8. Nach site in Irlande vil ofte man began 
maneger bände freude. da von Wate gewan 

den künic ze einem vriunde. Hörant von Teneriche 
durch der vrouwen liebe vant man vil ofte gemelichen. 

9. Des küneges ingesinde ze hove Schilde truoc, 
kiule und buckelsere. gesehirmet wart genuoc, 
gevobten mit den swerten, mit gabilöte geschoz^en 

vil üf guote Schilde. die jungen helde wären unverdro:;^en. 

10. Der vtirste Hagene vrägte Waten und sine man, 
obe in in ir lande waere iht kunt getan 

schirmen also starke, alsara in Irriche 

die sinen helde phlaegen. . des ersmielte Wate versraähliche. 

11. Dö sprach der helt von Stürmen: ,ich gesach e^ nie. 
der aber mich e^ lerte, dar umbe waere ich hie 

bevollen ze einem järe, da:; ich e;; rehte künde. 

swer des meister waere, miner miete ich im gerne gunde.* 

12. Dö sprach der wilde Hagene: »gebt mir da^ swert enhantt 
ich wil kurzwilen mit dem von Sturmlant, 

ob ich in müge leren der minen siege viere, 

da«; mirs der recke danke. ^ da:; lebete dö der alte Wate ^hiere. 



4, 3 gen, im annähernden Werte von. — 4 da^, auf schouioen zu be- 
ziehn. — 5, 2 im Schiffe lagen 700 Bewaffnete versteckt, die bei der beab- 
sichtigten Entführung Hildes behilflich sein sollten. — 4 nacht bei ihren 
Absichten auf. — 6, 4 sö ringe, sie verschenken es nämlich, was sonst burgare 
nicht zu tun pflegen; die wt7*e gilt als Vorzug des Adels. — sine m., s. § 62. 

— eines t., an einem Tage. -- 7, 3 ze = gen 4, 3. — 4 ein teil mit starke 
zu verbinden. — 8,4 ^emeitc/iew, Adj.; s. § 53. — 10, 3 starke, Adv. zu schirmen. 

— 12, 3 viere bezeichnet einfach eine unbestimmte kleine Anzahl. 



Gudrun. 55 

13. Der gast sprach zem künege: ,ich sol vride din 
haben, vürste Hagene, da:; du iht värest roin. 

slüegest du mir wunden, des schämte ich mich vor vrouwen.* 

Wate künde schirmen, da^ sin zer werlde nieman mohte trouwen. 

14. Die liute sähem^ gerne durch ir beider kraft, 
der künic vil schiere erkante die Waten meisterschaft. 
ein teil begunde er zürnen, weere^ im niht an ere. 

swa^ man sach ir sterke, doch hete ir Hagene da bezeiget mere. 

15. Wate sprach zem künege: ,lä^e wir nu sin 
unser beider schiimen. ich hän der siege din 
gelernet nü wol viere. ich wil dirs gerne danken.' 

er lonte im sit so hohe sam einem wilden Sahsen oder Franken. 

16. D6 sprach aber Hagene: .,und haete ich da;^ erkant, 
so wser da:; schirmwäfen niht komen in mine hant. 

ich ensach nie junger lernen also s winde.* 

der rede wart gelachet da von maneger edeler muoter kinde. 

17. Do erloubte er den gesten, swä mite si die zit 
hin getriben möhten. des volgten ime sit 

die von Ortlande. dö si begunde verdrie:5en, 

dö würfen si die steine und begunden mit den scheften schielten. 



18. Da:; kom an einen äbent, da^ in so golanc, 
da:; von Tenemarke der küene degen sanc 

mit s6 hdrlicher stimme, da^ e^ wol gevallen 

muose al den liiiten. da von gesweic der vogelline schallen. 

19. Da^ hörte der künic gerne und alle sine man: 
da von von Tenen Hörant der vriunde vil gewan. 
Quch hete e^ wol gehoeret diu alte küniginile. 

e^ erhal ir durch da^ venster, da si was gese^^en an der zinne. 

20. Dö sprach diu schoene Hilde: ,wa:; hän ich vernomen? 
diu aller beste wise ist in min ören komen, 

die ich ze dirre weite von ieman hän ervunden. 

da^ wolte got von himele, da^ si mine kamersere künden!' 

21. Dö sprächen Hagenen helde: ,herre, lät vernemen. 
nieman lebet so siecher, im möhte wol gezemen 



13,2 tht, s. §60.-3 W. stellt sich als einen Gecken hin. — 15, 4 sit, 
in der Str. 56 ff. erzählten Schlacht. — sam einem wilden S. oder F., die 
Wildheit der Sachsen und Franken, namentlich -der erstem, war in aller 
Zeit sprichwörtlich. — 16, 4 muoter k., epische Formel. — 17. 3 die von 0., die 
Hegelinge. — 18,4 gesweic^ weil die Vögel selbst zuhörten. — 21, 1 lät ver- 
nemen, lasst (eure Meinung) hören. — 2 siecher, s. § 53. — möhte = enmöhte 
s. § 62. 



56 Gudrun. 

hoeren sine stimme, diu get ü^ sinem munde/ 

,da^ wolte got von himele,' sprach der künec, ,da^ ich si seibekunde!' 

22. Do er dri doene sunder vol gesanc, 
alle, die e^ hörten, dühte e:^ iiiht so lanc. 
si hseten^ niht geahtet einer hende wile, 

obe er solte singen, da^ einer möhte riten tüsent mile. 

23. Diu tier in dem walde ir weide Heiden stßn. 
die Wurme, die da selten in dem grase gen, 

die vische, die da selten in dem wäge vlie^en, 

die liefen ir geverte. ja künde er siner vuoge wol genießen. 

24. Do bat in ir gewinnen da^ schcene magedin, 
da:^ e;5 äne ir vater wi^^en vil tougen solte sin, 
noch da^ ir muoter ieman sagete nisere, 

da^ er also tougenliche bi ir in ir kemenäten waere. 

25. Den helt bat si sitzen. ,ir sult mich beeren län,* 
sprach diu maget edele, ,da^ ich e vernomen hän : 

des lüstet mich vil sere. wände iuwer stimme 

diu ist vor aller vreude unde ob aller kurzwile ein gimme.* 

26. ,Getörste ich iu singen, vil schcene^ magedin, , 
da^ mir dar umbe naeme niht da^ houbet min 

iuwer vater, der künic Hagene, mir solte niht versmähen, 

swä ich iu möhte dienen, waeret ir mines herren lande nähen.* 

27. Si sprach: ,wer ist din herre oder wie ist er genant? 
mac er haben kröne oder hat er eigen laut? 

ich bin durch dine liebe im holt vil sicherlichen.* 

dö sprach von Tenen der küene : ,ich gesach nie künic also riehen. 

28. Unde melde uns nieman, vil schoene magedin, . 
so sagete ich dir gern^e, wie uns der herre min 

von im scheiden lie^e, dö er uns here sande 

durch dinen willen, vrouwe, ze dines vater bürge unde lande.* 

29. Si sprach: ,lä^ mich hoeren, wa^ mir der herre din 
ü;5 iuwerm lande enbiete. ist e^ der wille min, 

des bringe ich «dich wol inne, e da^ wir uns gescheiden.* 

Hörant vorhte Hägenen. im begunde da ze hove leiden. 



21, 4 si, näml. die wtse. — 22, 1 gesanc, s. § 57. — 2 so lanc, ergänze: 
als es in Wirklichkeit war. — 3 einer hend-e w.^ sonst auch ein hantwUey 
eine Spanne, ein Augenblick. — 24, 1 ir, s. § ö4. — 26, 4 wäret . . nähen, 
durch diese bestimmtere Fassung der in Z. 1 enthaltenen Bedingung lenkt 
Horant geschickt das Gespräch auf den Gegenstand, der ihm vor allem am 
Herzen liegt. — 27, 1 din, beachte den Wechsel der Anrede! — 28, 1 melde, 
wir erwarten den Konj. Prät. — 29, 2 ist e^ d* w. m., ist es nach meinem 
Willen. 



Gudrun. 57 

30. Er sprach zuo der vrouwen: ,80 enbiutet er dir da^, 
da^ dich sin herze rainnet an aller slahto ha^. 

nü lä^ in genießen, vrouwe, diner güete. 

-er hat durch dich eine genomen von allen vrouwen sin gemtiete.* 

31. Si sprach: ,nü so gevüege din lieber herre si, 
ich wil gen im nimmer des willen werden vri, 

ich gelöne im der gedanke, die er hat nach minen minnen. 

^etörste ich vor dem vater min, so wolte ich iu gerne volgen hinnen.* 

32. Er sagete heimlichen dem alten Waten da^, 
da:; diu maget edele minnet äne ha^ 

den ir vrinnt Hetelen von den Hegelingen. 

do rietens mit dem degene, wie sis mit in ze hüse sdten bringen. 

33. Ditze starke msere gar verholen wart, 
si rihten sich vil tougen zuo ir widervart 

und sageten^ ouch den degenen, die in den schiffen lägen, 

si hörten;^ niht ungerne. ja mohte si nü lange da betragen. 



34. An dem vierden morgen ze hove si dö riten. 
iteniuwiu kleider ze wünsche wol gesniten 

truogen an die geste. si weiten scheiden dannen. 

si gerten urloubes vom künege und von allen sinen mannen. 

35. Her Hagene sprach zen gestern ,wie lät ir miniu lant? 
alle mine sinne ich dar zuo hete gewant, 

wie ich iu geliebte min lant und min riebe. 

nü weit ir hinnen scheiden unde lät mich ungesellicliche.* 

36. Dö sprach Wate der alte: ,näch uns gesendet hat 
der voget von Hegelingen und wil niht haben rät, 

«r enbringe uns in sin riebe. ouch jämert nach uns sere 

die wir da heime liefen. da von gäben wir desto inere.* 

37. Dö sprach der wilde Hagene: ,sö ist mir nach iu leit. 
nü ruochet von mir nemen min ros und miniu kleit, 

golt und gesteine. ich sol iu also gelten 

iuwer grö^e gäbe, da^ mich die Hute drumbe iht dürfen schelten.* 

38. ,Wir haben eines dinges, her künic, an iuch muot 
(da:; dunket uns ere, ob ir da^ gerne tuet), 

da:; ir da^ sehet selbe, wie wir uns mtigen verkosten, 

biderber liute spise waer uns in drien jären niht gebrosten. 

39. Iuwer schoene tohter und min vrouwe iuwer wip 
sol unser habe schouwen. des ist uns der lip 

30, 1 so, ergänze dazu etwa den Vordersatz : da du es denn wissen willst. 
— 31, 3 ich gelöne im, abhängig von des willen* -— 33, 1 Ditze st m., wie 
Nib. 342, 4.-4 vgl. 5, 2 ff. ~ 39, 1 min vr., vgl. franz. ,madame'. — 2 ist, 
Futur. 



58 Gudrun. 

getiuret an ein ende. geschiht uns disiu ere, 

edeler künic Hagene, so bite wir iuch deheinev gäbe mere/ 

40. Der wirt sprach den gesten gezogenlichen ziio : 
,nü ir niht weit erwinden, so hei^e ich morgen vruo 

satelen hundert mcere mageden unde vrouwen. 
ich wil ouch mit in selbe • und wil iuwer schef gerne schouwen.*^ 



41. An dem neehsten morgen nach vruomessezit 
dö kleiten sich meide und wip wider strit, 

die Hagene vüeren wolte zuo des mores sande. 
hie mite riten wol tüsent recken guot ü;^ Irlande. 

42. Dö si nü komen wären da er diu schef vant, 
vroun Hilden unde ir vrouwen die huop man üf den sant. 
dö selten zuo den scheifen die minneclichen vrouwen. 

die kräme stuonden offen, da diu ktiniginne mohte wunder schouwen. 

43. Her Hagene sach ouch selbe, swa^ üf der kräme lac, 
vil manec kleinet riebe, diu man vil höhe wac. 

dö er und sine gesellen da^ geschouwet bieten, 

dö lie man:^ sehen die raagede, den si ir guote bouge nemen rieten- 

44. Nieraens ungemüete Waten dö wac. 

er enruohte, war da^ koeme, da:^ üf der kräme lac. 

die alten küniginne schiet man von der meide. 

üf Sprüngen' die da lägen. dö was dem künic Hagenen grimme leide. 

45. Üf zucten si die segele, die Hute sähen da^. 

die si ü^ dem scheife stielten, der wart vil maneger na^. 

si swebeten sam die vögele in dem wa^^er bi dem sande. 
der alten küniginne wart nach ir vil lieben tohter ande. 

46. Dö der wilde Hagene die gewäfenten sach, 
wie rehte grimraecliche der helt mit zome sprach: 
,nü bringet mir vil diäte die minen gerstangen! 

si müei^en alle sterben, die ich mit miner haut mac erlangen.^ 

47. Schöne sprach her Mörunc: ,nü si iu niht ze gäch! 
swa:^ ir durch striten uns immer ilent nach, 

si danne wol gewäfent .tüsent iuwer beide, 

die kel wir in die vlüete: wir geben in die wai^i^erküelen selde.*^ 

48. Dö weiten e^ niht lä^en des küenen Hagenen man. 
der grünt begunde ergli^en: striten wart getan. 



42, 2 huop matit näml. von den Pferden. — 43, 2 diu, s. § 54. — 44, 4 
die da l., vgl. 33, 3. — 47, 2 ir (Gen., abh. von sioa^) bezieht sich auf tüsent 
iu. h. Z. 3. — ilent, nach »wa:^ mit persönl. Gen. Plur. kann das Verb im 
Flur, stehn. — 3 Si, der Sing, des Verbs bei tüsent wie bei hundert Nib. 
408, 4. — 48, 2 der Meeresgrund erglänzt von den im Wasser sich spiegelnden 
Rüstungen der am Ufer Kämpfenden. 



Gudrun. 59 

erzogen sach man wäfen und ouch mit speren schleifen. 

si würfen in diu ruoder: man sach die koeken von dem stade vlie^en. 

49. Vil schiere het er gewunnen ein vil michel her. 
dö künde ern niht gevolgen üf dem wilden mer: 

diu schif diu wären dürkel und vil unbereite, 

diu da gähen solten. dem wilden Hagenen man den schaden do Seite. 

50. Done weste er wie gebären, wan das; er üf den grie^ 
mit anderm sime gesinde die wercliute hie^ 

iteniuwer schiffe gähen zuo dem vluote. 

im kömen die da mohten. er gewan vil ziere degene guote. 



51. Do e^ äbenden begunde, dö sach von Tenelant 
Hörant der degen küene (e^ was im wol bekant) 
schif mit riehen segelen. bilde lägen drinne. 

solher pilgerine hete Wate der alte lützel minne. 

52. D6 rihten sich ze strite alle die üf den sant 
mit Hilden komen wären und die von Irlant 

die maget heten gevüeret dem künige ze leide. 

vil maniger gesunder gestuont sines libes an der vreide. 

53. Nu was komen Hagene zuo in an den^ sant. 
dö wurden sper gescho^^en von guoter helde hant. 
die üf dem sande stuonden, die werten sich vil sere 

der von Irlande. da von geschach der wunden deste mere. 

54. Hagene in großem zorne spranc ü^ in die vluot. 
der degen grimme küene zuo dem stade wuot. 

dö sach man üf den recken sani snöwes vlocken swinde 
geschiei^en da mit philen. da^ tete von Hegelingen da^ gesinde. 

55. Bi im gevriesch Hagene Hetelen da^ kint. 
manegen ungesunden vrumten si da sint, 

die von Tenelanden und die von Hegelingen. 

ze Hagenen deme wilden hieben si Waten den alten dringen. 

56. Dö hete sich gesamnet da:^ volc über al, 

die vremeden zuo den künden. dö huop sich michel schal. 

Wate unde Hagene zuo einander drungen. 

die in da entwichen mohten, die dühte des in waere wol gelungen. 

57. Hagenen brast diu stange, die er in dem strite truoc, 
üf dem Waten schilde : der was starc genuoc. 



49, 1 er, Hagen. — 2 ern = er in. — 3 dürkel, weil die Feinde sie ange- 
bohrt hatten. — 50, 3 iten. schiffe, Gen. der Beziehung zu gähen. — zuo 
dem vi., mit schiffe zu verbinden; für die Meerflut bestimmt. — 51, 3 bilde 
l. d., die Segel waren mit Wappenbildern geziert. — 4 pilgerine, iron. für 
Seefahrer. — 55, 1 im, refl. — H. das^ Mnt; vgl. Giselher da^ kint Nib. 
l2i23, 1 u. ö. — ^ungesunden, s. § 53. — 56, 1 sich samnen, hier = zusammen- 
stossen. — 4- des = des da^. 



^Q Gudrun. 

joch künde ba:^ vehten in debeinen riehen 

recken al deheiner. Wate wolte Hagenen niht entwichen. 

58. D6 sluoc er durch die hüben des künic Hetelen man. 
Waten den vil ktte'nen, da^ ü^ dem helmen ran 

da^ bluot von siner wunde. dö kuolten nü die winde: 

es; was gegen äbent. man sach striten alle:; da^ gesinde. 

59. Wate galt mit zorne den grimmen verchslac, 
da:; bluotiger zehere so vil üf im lac. 

er sluoc den wilden Hagenen, da^ von des helmes bouge 

da^ swert s6re erglaste. im gebrast des tages vor den ougen. 

60. Hilte diu ^dl schoene rief trüreclichen an 
Hetelen den recken, da:; er braehte dan 

ir vater ü:; noeten von Waten derae grisen. 

er hie;; nach sinem venre da:; volc zuo dem horten stürme wisen. 

61. Hetele der herre vil herlichen streit. 

er kam ze Waten dem alten : da:; was dem helde leit. 

der recke ruofte an Hagenen: ,durch iuwer selbes ere 

lat sich den haz; verenden, da^ unser vriunde niht sterbe mere.' 

62. Hagene vrägte lüte (grimme was sin muot), 
durch wen er^ scheiden solte. dö sprach der holt guot: 
,ditze bin ich Hetele von Hegelinge lande, 

der sine liebe mage so verre nach vroun Hilden hat gesande.* 

63. Hetele der vürste den heim ab gebaut, 
den vride hört man rüefen da über al da^ laut. 

dö sprach vater der Hilden, da^ e^ gescheideii waere. 

dö hörten die vrouwen in maneger zite in nie so liebe:; maere. 

64. Dö sprach diu maget edele : ,getörste ich dar gän! 
ich hän ab leider verre wider minen vater getan, 

da^ ich minen besten vriunt niht getar enphähen. 

im und ouch den sinen waen min gruo^ harte müge versmähen.* 

65. Hörant von Tenemarke wiste si bi der hant 
und ouch der degen Fruote da si den künic vant. 
,willekomen, tohter, Hilde diu vil riche! 

ich kan des niht geladen, ich engrüe^e iuch vil willicliche.* 

66. Dö weiten si die maget niht lenger lä^en da. 
Hagene sprach ze Hilden : ,wir sulen anders wä 



59, 2 führt verch4ac näher ans. — 60, 4 nach, hinter — her. — 62, 3 duze 
hin ich H,, vgl. zu Nib. 202, 2.-4 gesande, diese Flexion des prädikativen 
Part, ist äusserst selten. -— 63, 3 der, wegen der Stellung des Art. vgl. Nib. 
436, 2. 4. — 64, 1 dar, zu Hagen. — 4 der Satz ist von dem eingeschalteten wcen 
{ich) abhän^gig, daher der Konj. Sonst steht in solchen Fällen häufiger der Ind. ; 
vgl. 102,4; Nib. 219,4; 333,4; 403,4 usw. — 65 vgl. zu dieser Str. die 
ähnliche Nib. 467. — 3 diu, s. zu Nib. 467, 3.-4 ich engrüei^e, s. § 62. 



Gudrun. 6X 

in der zit beliben, unz man da^ velt gerüme 

von den manegen töten. si habent ir tages erbiten her vil küme/ 

67. Sit dö er da heime bi ir muoter sa:^, 
der alten küniginne Hagene sagete da^, 
er künde ze nieman sine tohter ba^ bewenden. - 

bete er ir noch mere, er weites hin ze Hegelingen senden. 



Gudruns Erlösung. 

68. Nu swigen wir der degene. ich wil iuch lau vememen, 
die wol mit vreuden waeren, wie den da:^ roac gezemen, 

da^ si müei^en waschen in den vremeden landen. 

Küdi-ün unde Hildeburc die wuoschen alle zit üf einem sande. 

69. E^ was in einer vasten umb einen mitten tacb. 
ein vogel kam gevloi^^en. Küdrün dö sprach : 

,owö vogel schoene, du erbarmest mir so sere, 

da^ du so vil gevliui^est uf diseme vluote,* sprach diu maget here^ 

70. Dö sprach der vogel schoene: ,dü mäht dich wol versehen^ 
maget vil eilende: dir sol grö^ liep geschehen. 

wilt du mich vrägen von diner mäge lande, 

ich bin ein böte der dine, wan got ze tröste mich dir here sande.*^ 

71. Dö sprach diu gotes arme: ,sit dich Krist hat gesant 
uns vil eilenden ze tröste in ditze lant, 

du solt mich la^en beeren, böte du vil guoter: 

lebet noch inder Hilde? diu was der armen Küdrünen muoter.* 

72. Dö sprach der vil here: ,ich wil dir verjehen : 
Hilden dine muoter han ich gesunt gesehen, 

dö si ein her groe^er dir vrumte her ze lande, 

dan witewe oder^ künne durch lieber vriunde willen ie gesande.^ 

73. Dö sprach diu maget edele: ,bote du vil her, 
lä dich des niht verdrießen, ich wil dich vrägen mer. 
lebet noch indert Ortwin, der künec von Ortlande, 

und Herwic min vriedel? diu maere ich harte gerne bekande.' 

74. Dö sprach der vogel schoene: ,daß tuen ich dir wol kunt^ 
Ortwin unde Herwic die sint wol gesunt. 

die sach ich in den ünden üf des meres muoder. 

die ellenthaften degene zugen vil geliche an einem ruoder.* 



66, 4 ir tac, prägnant = Todestag. — 68, 2 den, dazu der Relativsatz 
die . . wueren^ die in Freuden leben sollten. — 4 einem, s. zu Nib. 126, 1. — 
69, 1 tachy mundartliche Form für tac. — .70, A- ein h. der. dine, ein für dich 
bestimmter B. — 71, 1 gotea a., s. zu Nib. 262, 1. — Krist und got (70, 4) sind 
ein und dasselbe. — 73, 3 O/ttüiw, Kudruns Bruder. — 74, 4 einem, unbest. Art.. 



62 Gudrun. 

\ 

75. Si sprach: ,sö hörte ich gerne, hast du da^ vernomen, 
sol von Tenemarke Hörant here komen 

mit den sinen helden, die mich in sorgen liefen? 

den wei:^ ich also biderben, deich armiu maget sin möhte wol genießen.* 

76. ,Dir kunrfc von Tenelande Hörant der neve din 
nf urliuge starke, er und die recken sin. 

er sol da:^ Hilden zeichen tragen in sinen banden, 
öö die Hegelinge koment zuo den Hartmuotes landen.* 

77. Dö sprach aber Küdrün: ,kanst du mir gesagen, 
lebet noch Wate von Stürmen? so wolte ich niht klagen, 
des vreuten wir uns alle, swenne da^ geschaehe, 

da^ ich euch Fruoten den alten bi minem zeichen gesaehe/ 

78. Dö sprach aber der böte; ,dir kumt in ditze lant 
Wate von den Stürmen. der hat an siner hant 

ein starke:^ stierruoder in einem kiel bi Fruoten. 
bei^^er vriunde deheiner darftü niht bi urliuge muoten.* 

79. Dö muoste von in scheiden der böte vil her. 
die eilenden vrouwen vrägten dö niht mer. 

ja was in mit gedanken liep unde swaere, 

die in da helfen solten, wä da:^ vil werde ingesinde wsere. 



80. Der tac hete ende. ze hüse solten gän 
diu eilenden magedin. dö wart in getan 
zornliche:^ strafen von der übelen Gerlinde. 

da^ lie^ si vil selten, sin zürnte mit dem edelen ingesinde. 

81. Si sprach zuo den vrouwen: ,wer git iu den rät, 
da^ ir so seine waschet die sabene und ander wät? 
mine wi^e pfelle die bleichet ir ze seine. 

diu e^ niht behüete, waene e:^ etelichiu beweine.* 

82. Dö sprach diu vrouwe Hildeburc: ,wir tuen, awa:^ wir gemügen. 
euch sult ir iuwer zühte, vrouwe, an uns gehtigen. 

uns arme^ ingesinde vriuset ofte sere. 

waeten warme winde, wir wüeschen iu vil deste mere.* 

83. Dö sprach aber Gerlint in übellichen zuo : 
,jä sult ir iuch niht sümen, swie da:^ weter tuo, 
irn waschet mine sabene vruo unde späte. 

als e^ betaget morgen, so sult ir gen von miner kemenäte. 

84. Uns nähent höchzite, da:^ habet ir wol vernomen. 
der palraetac ist nähen, uns sulen geste komen. 



77, 2 so, in diesem Fall. — 79,4 die . . solten, Relativsatz zu ingesinde; 
wegen des Plur. s. § 54. — wä, an gedanken anzuschliessen. — 80, 4 sin z., 
s. § 62. — 81, 4 diu . . behüete, Relativsatz zu etelichiu, — {ich) wcene, vgl. 
Nib. 219, 1. — 83, 3 im tcaschet, s. § 62. 



Gudrun. 63 

lind gebet ir minen beiden wi^ nibt ir kleider, 

so gescbach nie wescben mere in küneges seiden nocb zer weite leider/ 

85. Von ir si dö giengen. ßi legten von in na^ 

<iie wät, die si truogen (man solte ir pblegen ba:^!) 

niwan zwei salwiu bemede. sus künde si bedenken 

Oerlint diu vil übele lie^ si äne küsse ligen üf berten benken. 



86. Küdrün diu arme vil unsanfte lac. 
fii erbiten beide küme, wanne e^ wurde tac, 

und sliefen desto minner. si waen dar an gedsebten, • 

wanne in diu vogellin ze Ormanie guote ritter brsebten. 

87. Näcb ir gewonbeite giengens üf den sant. 
si stuonden unde wuoscben aber da^ gewant, 

<ia^ si getragen beten nider zuo den grienen. 

ir böbes gedingen mobten si vil übele nü genießen. 

88. Dö si gewarten lange, dö säbens üf dem se 
zwene in einer barken und ander nieman me. 

■dö spracb vrou Hildeburc ze Küdrün der rieben: 

,dort sibe icb vlie^en zwene, die mügen dinen boten wol gelicben.* 

89. Dö spracb diu gotes arme : ,ja enwei^ icb, wa^. icb tuo. 
trütgespil Hildeburc, rät mir dar zuo: 

sol icb von binnen wicben oder lä^en micb bie vinden 

in disen grölen sebanden? e wolte icb immer beiden ingesinde.* 

90. Dö kerten si sieb umbe und giengen beide dan. 
dö wären oucb so näben diso zwene man, 

da^ si die scboenen wescben bi dem stade säben. 

si wurden des wol innen, da:^ si weiten von den kleidern gäben. 

91. Si Sprüngen ü^ der barken und ruoften in bin näcb: 
,ir vil scboenen wescben, war ist iu so gäcb? 

wir sin vremede liute, da^ muget ir an uns kiesen. 

scbeidet ir von binnen, so müget ir die vil riebe sabene vliesen.* 

92. Si giengen in ir bemeden, diu wären beidiu na^. 
den vil edelen vrouwen was e gewesen ba:^. 

ir vabs was in zervüeret von merziscben winden. 

«5 regente oder e^ snite, we was ie den vil edelen kinden. 

93. Her wie der edele guoten morgen bot 
den eilenden kinden. des waere in dicke not : 



84, 4 verbinde: nie mere noch Z' w,, noch niemals auf der Welt. — 
85, 2 truogen, anhatten. — 3 niwan, nur. — 4 Gerlint, s. § 65. — 86, 3 ge- 
dahten, s. zu 64, 4.-4 diu t?., die Vögelein, die mit ihrem Gesänge den 
neuen Tag verkünden. — 88, 4 dinen &., für dich bestimmten B. — 90, 2 
euch, aber auch. — 93, 2 wuere, Konj. Plusquamperf. 



64 Gudrun. 

wände ir meisterinne diu was vil ungehiure. 

,guoten morgen, guoten äbent' was den minniclichen meiden tiure, 

94. ,Lät iuch niht verdriei^en und nemet unser golt. 
guoter bouge viere da^ si iuwer solt, 

da:^ ir schoene vrouwen ■ iuch niht lät betragen, 

(die geben wir iu gerne) da:^ ir uns saget des wir iuch wellen vrägen/ 

95. ,Got lä^e iu iuwer bouge beiden saelic sin. 
wir nemen von iu niht miete,' sprach da:^ magedin. 

,nü vräget, swes ir wellet: wir müe^en scheiden hinnen. 

siht man uns bi iu beiden, da^ ist mir leit von allen niinen sinnen.* 

96. ,W^s sint disiu erbe und ditze riebe laut 
und euch die guoten bürge? wie ist er genant? 
da^ er iuch äne kleider lat so swache dienen, 

wolt er iht haben ere, so solte im:^ vür guot vervähen niemen.* 

97. Si sprach: ,der vürsten einer heilet Hartmuot; 
dem dienent laut diu witen und veste bürge guot. 

der ander heilet Ludewic von Ormanieriche. 

in dienent vil der beide : die sitzent in ir lande lobeliche.* 

98. ,Wir saehen si vil gerne,' sprach Ortwin. 
,muget ir uns bescheiden, vil schoeniu magedin, 
wä wir die vürsten beide in ir lande vinden? 

wir sin zuo in gesendet. ja si wir eines küneges ingesinden.' 

99. Küdrün diu here sprach den beiden zuo: 
,ich He si in der bürge hiute morgen vruo 

ligen an ir bette wol mit vierzic hundert mannen. 

da^ ist mir ungewi:5:;en, sint si indert in der zit geriten dannen.* 

100. Ofte erblicte Herwic die juncvrouwen an. 
si dühte in so schoene und ouch so wol getan, 
da^ e^ im in sinem herzen harte siuften brähte. 

er gelihte si ze einer, der er vil ofte güetliche gedähte. 

101. Do sprach aber Ortwin: ,ist iu iht bekant 
umbe ein hergesinde, da:^ koni in ditze laut? 

in starker herverte brähte maus in ditze riebe. 

die eilenden vrouwen kömen her ze lande jämerliche.' 

102. Si sprach: ,die ir da succhet, die hän ich wol gesehen 
in grölen arbeiten: des wil ich iu verjehen.' 

ja was si^ der einiu, die Hartmuot dar brähte. 

e^ was selbe Küdrün. si waene der maere desto ba:^ gedähte. 



94, 1 und nemet, vgl. nhd. ,sei so gut und komm' (statt: zu kommen). — 
95, 1 G. lasse euch eure Ringe zum Segen gereichen : Formel des ablehnenden 
Dankes. — 96, 4 er, bezieht sich auf niemen. — so s. im?y wir erwarten das; 
s» im. — 100,3 harte, Adverb. — 101,2 hergesinde heissen hier die kriegs- 
gefangnen Frauen. — 3 si^ wegen des kollektiven hergesinde, — 102, 3 loas si^ 
einiu, s. zu Nib. 202, 2. 



Gudrun. 65 

103. Dö sprach der vürste Herwie: ,nü seht, her Ortwin. 
sol iuwer swester Küdrün indert lebende sin 

in deheinem lande üf al dem ertriche, 

so ist da^ diu selbe. ich gesach ir nie deheine sd geliche.^ 

104. ,Swie ir sit geheimen, ir sit lobelich. 
einen ich erkande, dem sit ir anelich. 

der was geheimen Herwie und was von Sölande. 

ob der helt noch lebete, so erlöste er uns von disen starken banden.* 

105.^ Dö sprach der ritter edele: ,nü sehet an mine hant, 

ob ir da^ golt erkennet; so bin ich Herwie genant, 

da mite ich wart gemahelet Küdrün ze roinnen. 
Sit ir dann min vrouwe, so vüere ich iuch minnicliche hinnen/ 

106. Si ersmielte in ir vreuden. dö sprach da^ magedin: 
,da^ golt ich wol erkande: hie vor dö was e^ min. 

nü sult ir sehen ditze, da^ min vriedel sande, 

dö ich vil arme:; magedin mit vreuden was in mines vater lande.* 

107. Er blicte ir nach der hende. dö er da^ golt ersach, 
Herwie der edele ze Küdrünen sprach: 

,dich truoc euch anders nieman, e^ enwaere küneges künne. 

nü hän ich nach manegem leide gesehen mine vreude und mine wünne.* 

108. Er umbeslö:; mit armen die herlichen meit. 
in was ir beider n^sere liep unde leit. 

er kuste, in wei^ wie ofte, die küniginne riebe, 

si unde Hildeburc die eilenden maget minnicliche. 

109. Dö sprach der herre Herwie: ,des muge wir verjehen, 
da:; uns an dirre verte ist also wol geschehen, 

da^ uns nimmer künde zer werlde ba^ gelingen. 

nü sul wir des gäben, da:; wir si von der veste bringen.* 

110. Den eilenthaften degenen was von dem stade gäch. 
Küdrün diu arme ruofte Herwigen nach: 

,e was ich diu beste, nü hat man mich zer boesten. 

wem wil du mich lä^en oder wes sol ich mich armer weise troesten?* 

111. ,Dü bist niht diu boeste, du muost diu beste sin. 
vil edele küniginne, verhil die reise min. 

e morgen schint diu sunne, ich bin vor disen seiden, 

da^ habe üf minen triuwen, mit ahtzic tüsent miner küenen beide.* 



103, 2 soZ, will es das Schicksal. — 4 ir, zu geliche. — 104, 1 Kudrun 
spricht. — 105, 1 an, Präposition. — 3 Küdrün, Dat. — 107, 3 truoc, gebar. 
— 108, 2 ir &. mare, was sie einander erzählt hatten. — 3 in = ich ne. — 
111, 1 Herwig spricht. — 4 dai^ habe üf m. t, daran halte fest im Vertrauen 
auf m. T. 



66 Gudrun. 

112. Dö sprach diu vrouwe Hildebure, diu meit ü^ trlant: 
,we8 lät ir, küniginne, ligen ditz gewant ? 
da:^ ir niht enwaschet Ludwiges man diu kleider, 
und wirt des Görlint innen, so getete si uns noch nie leider.' 

113. Dö sprach diu Hilden tohter: ,dar zuo bin ich ze her, 
da^ ich Gerlinde wasche immer mer. 
dienest also swache^ sol mir nü versmähen: 
mich kusten zwene künege und mochten mich mit armen umbevähen. 

114. Nü wil ich disiu kleider tragen zuo der vluot. 
si suln des wol genie^^en," sprach diu maget guot, 
,da^ ich mac geliehen einer küniginne. 
ich wirfe si üf die ünde, da^ si vriliche vlie^jen hinnen.* 

115. Swa:^ Hildeburc geredete, Küdrün truoc dan 
die Gerlinde sabene. zürnen si began. 
si swanc si von den banden verre zuo den ünden. 
si swebeten eine wile : ine wei^, ob sis immer mere vünden. 

116. Dö nähent e^ der nahte, da^ in des tages zeran. 
Hildeburc gie swsere zuo der bürge dan: 
si truoc ander kleider und siben sabene riebe, 
diu Ortwines swester giene bi Hildeburc ledecliche. 

117. Dö sprach diu wülpinne : ,wä sint die sabene min? 
da^ du also gewunden hast die hende din 
so rehte müe^icliche in den dinen geren, 
und leb ich dehein wile, ich wil dich andern dienest leren.* 

118. Dö sprach da^ Hagenen künne : ,ieh hän si ligen län 
da nidene bi der vlüete. dö ich si wolte dan 
mit mir ze hove tragen, si wären mir ze swsßre. 
beschouwet ir si nimmer, daz; ist mir üf min triuwe vil unmaere.' 

119. Dö sprach diu tiuvelinne : ,ja geniu2;est du sin niht. 
e da^ ich entsläfe, wie leide dir geschiht!* 
dö hiez; sis ü^ ziehen, üz; dornen besemen binden, 
der ungevüegen zühte wolte dö vrou Gerlint niht erwinden. 

120. Mit listen sprach dö Küdrün: ,da^ wil ich iu sagen: 
wird ich mit diseme besemen hint hie geslagen, 
gesiht mich immer ouge gesten bi künegen riehen, 
daz; ich trage kröne, iu wirt sin gelönet sicherlichen. 

121. Da^ ir mich der zühte müget vil gerne erlän, 
so wil ich e minnen den ich versprochen hän. 
ich wil da^ künicriche ze Ormanie bouwen. 

wird ich gewaltic immer, so tuen ich des nieman mac getrouwen.' 

112, 3 man, Dat. Plur. — 113, 3 dienest a. sw., vgl. 96,3. — 115,4 sP, 
man; wie 140,4. — 116,3 ander, mit Beziehung auf die von Kudrun ins 
Meer geworfenen. — und, und darunter? — 117,4^ ich wil, freie Fügung; wir j 

erwarten: das sollst du mir büssen. i 



Gudrun. 67 

122. Do sprach diu vrouwe Gerlint: ,sö lie^e ich minen zorn. 
und ob du tüsent sabene haßtest mir verlorn, 

die wolte ich verkiesen. e^ kaeme euch dir ze guote, 

ob du von Ormanie minnen wilt den vürsten Hartmuote.' 

123. Die dö die rede hörten, die liefen balde dan: 
dem snellen Hartmuote wart ez; kunt getan. 

bi im sä^en mere der slnes vater manne. 

dö sagete im einer maere, da^ er ze Küdrünen gienge dannen. 

124. Der sagete im oifenlichen: ,gebt mir daz; botenbröt. 
der schoenen Hilden tohter ir dienest iu enböt, 

da^ ir komen ruochet zuo ir kemenäten. 

si wil iuch nimmer vremeden: si hat sich be^^er dinge sit beraten.* 

125. Dö sprach der ritter edele: ,dü liugest äne not. 
wseren war din maere, ich gaebe dir botenbröt 

guoter bürge drie und dar zuo huobe riebe 

und sehzic bouge goldes. ja wolte ich immer leben wünnicliche.* 

126. Dö sprach ein sin geselle: ,ich hän e^ ouch vemomen. 
die gäbe wil ich teilen: ir sult ze hove komen. 

e^ sprach diu maget edele, da^ si iuch gerne minne, 

obe ir des geruochet, si werde hie ze lande küniginne.* 

127. Hartmuot der sagete dö dem boten danc. 
wie rehte vroelichen er von dem sedele spranc! 

er wände, daz; in minne haßte got beraten. 

in vroßlichem muote gienc er zuo der meide kemenäten. 

128. Dö stuont in na^^em hemede daz; herliche kint. 
mit weinenden ougen gruo^te si in sint. 

si gienc im hin engegene und stuont im also nähen, 

da^ er mit sinen armen wolte Küdrünen umbevähen. 

129. Si sprach: ,neinä, Hartmuot! des entuot noch niht. 
ja Wisent iu^ die liute, swer so da^ ersiht. 

ich bin ein armiu wesche:^ e^ mac iu wol versmähen. 

ir Sit ein künic riebe: wie zaßme ich iu mit armen ze umbevähen?* 

130. In sinen grölen zühten er stuont üf höher dan. 
er sprach ze Küdrünen: ,maget vil wol getan, 

nü du mich ruochest minnen, ich wil dich höhe mieten. 

mir unde minen vriunden mäht du, swa^ du selbe wilt, gebieten.* 

131. Dö sprach diu juncvrouwe: ,mir wart sanfter nie. 
sol ich vil gotes armiu nü gebieten hie. 



123, 3 sä^erij der Plural erklärt sich aus der kollektiven Bedeutung des 
Subst. mere. — 125, 2 botenbröt, als B, — 126, 1 ein sin g., einer seiner 
(von des Boten) Gefährten. — 129, 1 des, abh. von niht. — 130, 1 stuont 
üf h.y s. zu Nib. 316, 1. — 2 gotes a., s. zu 71,1. 



68 Gudrun. 

80 ist min gebot da^ örste nach größer arbeite, 

e da:^ ich hint släfe, da^ man mir ein schoene^ bat bereite. 

132. Min gebot da^ ander sol ditze sin, 
da:^ man mir balde bringe miniu magedin, 
swä man si vinde under Gerlinde wiben. 

in ir phieselgademe ensol ir deheiniu niht beliben.* 

133. ,Da:5 schaffe ich willicliche/ sprach her Hartmuot. 
dö suchte man ü:^ dem gademe manege maget guot, 

die mit strübendem häre unde in swachen kleiden 

hin ze hove giengen. diu übele Gerlint was unbescheiden. 

134. Dö kämen dri und sehzic da Hartmuot si sach. 
Küdrün diu edele gezogenliche sprach : 

,nü schouwet, künic riebe: weit ir da^ hän vür ere? 

wie sint erzogen die meide?* dö sprach er: jB^ geschiht in nimmer mere. 

135. Ich sol si sehen gerne bi iu gekleidet stän.* 
bades vli2;iclichen gäben man began. 

Hartmuotes künnes wart maneger kameraere. 

si ilten ir alle dienen, durch da^ si in dar nach genaedic waere. 

136. Dö si gebadet wären, dö brähte man in win, 
da^ in Ormanie niht be^2;er mohte sin. 

mete den vil guoten brähte man den vrouwen. 

wie es im gedanket würde, wie solte des her Hartmuot getrouwen? 

137. Von dannen gieuc dö Hartmuot. Schenkeln man in schuof 
unde truhs8ß2;en. da was vil kleiner ruof. 

man hie^ dö haben goume der stolzen meide riebe. 

mit trinken und mit spise phlac man der eilenden vli^icllche. 

138. Dö sprach von Hegelingen ein vil schoene meit: 
,sö wir dar an gedenken, so wirt uns dicke leit, 

sul wir bi den beliben, die uns here brähten, 

uns selben äne wtinne: des wir uns doch selten ie gedähten.* 

139. Si begunde weinen da ir vrouwe sa^. 
dö der kinde mere gesehen beten daz;, 

si gedähten in ir sorgen ir ungemaches sere. 

si weinten sumeliche. des erlachte Küdrün diu here. 

140. Si wänden, da^ si selten immer da bestän. 
dö was der vrouwen wille nindert so getan. 



132, 4 phieselg.f hier, was sonst gewöhnlich wercgadem heisst, das Arbeits- 
gemach für die dienenden Frauen. — 133,3 die . . giengen, s. § 54. — 
134,1 dri und s., formelhafte Zahl. — 137, 2 da w. v. h, mof, nämlich 
nach Bedienung, weil diese eine sehr aufmerksame war. — 138, 3 sul wir, 
Bedingungssatz statt eines Objektsatzes zu gedenken, — 139, 1 da ir v. s., 
vor ihrer Herrin. — 2 g. heten, s. zu 123, 3. — 140, 2 dö leitet einen Gegen- 
satz ein. 



Gudrun. ßg 

da^ 8i belibe gerne bi in tage viere. 

dö kam e^ an die zite, da^ si:^ Gerlinden rünten schiere. 

141. Küdrün ir gesinde vrägen dö began, 
ob ir gebettet waere: si wolte släfen gän. 

si was die naht ai eine gescheiden von ir swaere. 

dö giengen mit der meide des künic Hartmuotes kameraere. 

142. Diu kint von Ormanie diu truogen ir diu lieht, 
si beten ir gedienet da vor vil selten ieht. 

man vant da gerihtet wol dri^jic oder mere 

vil süberlicher bette: da selten ligen der ritter tohter here. 

143. Dö sprach diu maget edele: Ja sult ir släfen gan, 
ir Hartmuotes beide. wir wellen ruowe hän, 

ich und mine vrouwen, doch dise naht al eine. 

Sit wir her bekömen, so gewunn^ wir mer deheine.' 

144. Swa:^ da was der vremeden, die Bach man dannen gän, 
die wisen mit den tumben. die Hartmuotes man 

die ilten ze ir gemache ü^ der kemenäten. 

von meto und euch von wine die armen wären vli^icliche beraten. 

145. Dö sprach diu Hilden tohter: »beslie^et mir die tür.* 
starker rigele viere schö^ man dar vür. 

euch was da^ gadem so veste, swes man da begunde, 

dei^ ü^ der kemenäte bescheidenlichen nieman beeren künde. 

146. Dö Samens aller erste und trunken guoten win. 
dö sprach diu küniginne : ,vrö müget ir wol sin, 

alle mine megede, nach starkem iuwerm leide. 

ich ]ä^e iuch morgen schouwen an iuwer vil lieben ougen weide. 

147. Ich hän gekttsset hiute Herwigen minen man 
und Ortwin minen bruoder. da sult ir gedenken an: 
swelhiu wil werden riebe von mir an alle^ sorgen, 

diu si des genoete, da^ si uns nach der naht verkünde den morgen.' 

148. Dö legten si sich släfen. vrö was in der muot. 
si Westen, da^ in koeme manic ritter guot, 

die in gehelfen möhten von ir grölen sorgen. 

dar zuo stuont ir gedinge, da:^ si si saehen an dem naßhsten morgen. 



140, 3 viere, s. zu 12, 3. — 4 m, die anwesenden Leute Hartmuts. — c^, 
dass Gudrun so fröhlich war. — 141, 3 die näht a. e., vgl. 143, 3. — 142, 2 
ieht (ältere Nebenform von iht\ Objektsakkus, zu h. gedienet, das Tätigkeits- 
gebiet bezeichnend : in irgend etwas. — 144, 2 die w. mit den t., gemeint 
sind die Kämmerer und die Edelknaben. — 146, 4 an, vgl. zu 105, 1. — 
147, 3 an alle^ «., ohne alle Mühe. — 148, 3 die . . möhten, s. § 54. 



70 Gudrun. 

149. Nu hoeren wir ein msere, des habe wir niht vernomen. 
Ortwin unde Herwic wären balde komen 

da si ir recken vunden noch üf dem wilden sande. 

dö liefen in engegene die helde ü^ Hegelinge lande. 

150. Die boten si wol enphiengen und bäten in da:^ sagen, 
wa^ si msere braebten ; si seitens niht verdagen. 

dö sprach der degen Ortwin: ,nü bringe ich iu maere, 

möhte e^ sich gevüegen, der ich mit mtnen vriunden gerne enbaere. 

151. Nu beeret michel wunder, da^ hie ist geschehen. 
Küdrün mine swester die hän ich gesehen 

unde Hildeburge die maget ü:^ Irriche.* 

dö er in da^ sagete, dö beten e^ vür lüge sumeliche. 

152. ,Nü vräget Herwigen, der hat si euch gesehen, 
und also, da^ uns künde leider niht geschehen. 

nu gedenket, alle ir mäge, ob uns da^ si ein schände: 

wir vunden Hildeburgen und vroun Küdrün waschen üf dem sande. 

153. Welt ir Küdrünen helfen ü^ der not, 
so sult ir nach der wi^e diu kleider machen röt, 
diu da habent gewaschen ir vil wi^e hende. 

da mite sult ir ir dienen ; so mac si komen ü^ ir eilende.* 

154. Dö sprach Wate der aide: ,da^ kan ich raten wol. 
ich getrouwe in vor der selde gedienen, als ich sol, 

gelebe ich die zite, da^ ich in kum so nähen. 

ir helde, ir sult^ hie rümen unde sult gön Ormanie gäben. 

155. Der luft ist so heiter, so riebe und so breit 
der mäne schinet hinte : des bin ich gemeit. 

uü gäbet von dem sande, ir tiurlichen helde, 

e ej; morgen tage, da^ wir sin ze Ludewiges selde. ^ 

156. Si wurden harte unmüe^ic durch den Waten rät, 
e si zen schüfen braehten ir ros unde ir wät. 

si ilten, swa^ si mohten, des nahtes zuo dem lande. 

e da:^ e^ tagen begunde, si wären vor der bürge üf dem sande. 



157. Nu was der morgensterne hoch üf gegän. 
dö kam ein maget schoene in ein venster stän. 

si spehete, wanne e^ waere, da^ e^ tagen solte: 

da mite si grö^e miete an vroun Küdrünen dienen wolte. 

158. Dö gienc si hin widere da si ir vrouwen vant. 
,wachet, maget edele! alle^ ditze laut 

149, 1 Jiceren wir^ Imper. — 150, 2 soltens = solten si oder s. es. — 4 der 
ich . . enhare, Relativsatz statt eines Folgesatzes; s. § 64. — 153, 2 nach 
der w., nachdem sie (durch das Waschien) weiss geworden sind. — 154, 2 in, 
den Feinden. — gedienen, ironisch; vgl. Nib. 242, 4. 



Gudrun. / 71 

und disiu burc veste mit vinden ist bese^^en. 

unser vriunt da heime habent unser arm§a.^ti1b verge^j^en.' 

159. Do si da^ geredete, da^Jkit noch meistec slief. 
Ludwiges wahtsBre krefticlicheiv rief : 

,wol üf, ir stolzen recken! wäfen, herre, wäfen! 

ir küene von Ormanie, ja W8ene ich ir ze lange habet geslafen.' 

160. Ditze erhörte Gerlint, Ludewiges wip. 
dö lie^ si ligen släfen des alten küneges lip. 
dö gähte si harte balde selbe in eine zinne. 

dö sach si vil der geste. unm^^en leit was dö der tiuvelinne. 

161. Si Ute hin widere da si den künic vant. 
jWachä, herre Ludewic! din burc und euch din lant 
da^ ist umbemüret von gesten ungehiure. 

da^ lachen Küdrünen koufent dine recken hiute tiure.' 

162. Dö lie^ er ligen släfen alle sine man. 
Ludewic unde Hartmuot die zwene giengen dan 
schouwen in diu venster. dö si diu here sähen, 

schiere sprach dö Hartmuot: ,si ligent miner bürge ein teil ze nähen. 

163. Dort sihe ich vanen einen, der ist wi2;er danne ein swan. 
guldiniu bilde müget ir kiesen dran. 

den hat min swiger Hilde gesendet über ünde. 

der ha^ der Hegelinge wirt e morgen äbent vil wol künde. 

164. Noch sihe ich hie bi weiben einen vanen breit 
von wolkenbläwen siden. da:^ sl iu geseit: 

den bringet uns her Herwtc da her von Selande. 

sebleter swebent dar inne. er wil hie vaste rechen sinen anden. 

165. Nu wol üf,* sprach Hartmuot, ,alle mine man! 
wan ich den grimmen gesten der ere niht engan, 

da^ si ze miner bürge geriten sint so nähen. 

wir suln vor der porten si mit swertslegen wol enphähen.* 

166. Dö Sprüngen von den betten die man noch ligende vant. 
si ruoften, da^ man brsehte ir liebte^ wicgewant. 

si wolten deme künege helfen wem da:^ riebe. 

wol vierzic hundert degene garten sich dar inne süber liehe. 



167. Nu nähent e^ dem stnte. der helt ü^ Sturmlant 

begunde ein hörn blasen, da^ man^ über sant 

wol von sinen kreffcen hörte drl^ic mile. 
die von Hegelingen begunden zuo dem Hilden zeichen ilen. 

161, 2 wciehäj ä verstärkendes Suffix; vgl. neind. — 4 vgl. 140,4. — 
163, 3 min swiger, ironisch. — 164, 3 da her von S., gehört zu Herwic; so 
heisst an andrer Stelle Kudrun diu minnicliche da her von Hegelingen. — 
4 sebleter, mit Beziehung auf den Namen Seeland. — 167, 3 dritte nu, 
formelhaft für eine weite Entfernung. 



72 Gudrun. 

168. Do blies er ander stunde. da:; tete er umbe da:^, 
da^ iegelicher recke in den satel sa^ 

und da:^ si ir schar schicten dar si weiten keren. 

man gevriesch in den striten nie alten recken also heren. 

169. Er blies ze dritten stunden mit einer krefte grö:;, 
da^ im der wert erwagete und im der wäc erdö:^. 
Ludewiges eckesteine ü^ der müre möhten lisen. 

dö hie^ er Höranden der schoenen Hilden zeichen dannen wisen. 

170. Si vorhten Waten sere. da wart nieman lüt: 
man hörte ein ros ergrinen. da:; Herwiges trut 
stuont ebene in der zinne. stateliche riten 

sach man die küenen, die mit Hartmuoten weiten striten. 

171. Nu was komen Hartmuot unde sine man 
ze vli^e wol gewäpent ü^ der porten dan. 

von vremeden und von künden durch die venstersteine 
erglasten in die helme. ja was ouch Hartmuot da niht eine. 

172. Dö sach man den küenen riten vor der schar, 
ob er ein keiser waere, so künde er nimmer gar 
vli^iclicher werben. e^ lühte gen der sunnen 

alle^ sin gewsßte. im was noch hohes muotes unzerunnen. 

173. Dö hete Ortwinen Hartmuot erkorn. 

swie er sin niht erkande, doch heute er mit den sporn 

sin ros, da^ spranc vil wite. er reit üf Ortwinen. 

ir sper si neigten böde : da von man sach liebte brünne erschinen. 

• 174, Diu ros üf gesprungen. dö huop sich michel klanc 

von der künege swerten. man mohte in sagen danc, 

da:^ si den strit erhuoben so rehte ritterlichen. 

si wären beide küene: si weiten einander niht entwichen. 

175. Dö sach von Tenen Hörant Ortwinen wunt. 
dö begunde er vrägen, wer hsete ungesunt 
gemachet in dem strite sinen lieben herren. 

Hartmuot der lachte: ja wärens von einander vil unverren. 

176. Ortwin sagete im selbe: ,äii^ tete her Hartmuot.* 
dö gap das; Hilden zeichen von im der degen guot, 

da^ er wol künde bringen nach maneger größer ere 

ze schaden sinen vinden. des dranc er nach Hartmuoten sere. 



168, 3 si, die Führer. — 169, 2 *w, vor ihm. — . 3 möhten risenj wären 
fast gefallen. — 170,2 man hätte ein Pferd wiehern hören (so still war es) ; 
horte ist Konj. — 171, 2 ze vlii^e w. g. = Nib. 438, 3.-3 von vr, und 
von k. gehört zu helme. — 4- in, denen, die oben (m den venstern) standen, 
-r 173,3 da? = dai^ e?. . — Ai da von, von den Stössen. — 175, 4 ja . . 
unverren j so dass Hartmut die Frage gehört hatte. 



Gudrun. 73 

177. Hartmnot bl im hörte ungevüegen schal, 
er sach da:^ bluot rilichen vlie^jen hin ze tal 

vil manegen ü:^ den wunden nider zuo den vüegen. 

dö sprach der degen küene: ,den schaden sol ich minen helden büe^en.' 

178. Dö k^rte er sich hin umbe da er Höraüden sach. 
von ir beider eilen balde da^ geschach, 

da^ viur von den ringen in dräte vür die ougen. 

sich bugen swertes ecke von ir banden üf den helmbougen. 

179. Er wunte Höranden, als euch e geschach 
dem küenen Ortwinen, da^ im ein röter bach 
ylö^ ü^ sinen ringen von Hartmuotes banden. 

er was so rehte biderbe: wer solte rauoten dö nach sinen landen? 



180. Lüte ruoft dö Herwlc: »ist iemen da^ erkant, 
wer ist jener alte? der hat mit siner hant 

so vil der tiefen wunden alle^ hie gehouwen 

von sinem starken eilen, da^ e^ beweinen müe^en schoene vrouwen.* 

181. Da:^ erhörte Ludewlc, der voget ü^ Ormanin : 
,wer ist der in der herte hat gevräget min? 

ich bin geheimen Ludewlc von Ormanieriche. 

möhte ich mit den vinden gestriten wol, da^ tsete ich sicherliche.' 

182. ,Ich bin gehei^jen Herwlc: du naeme mir min wip. 
die muost du geben widere, oder unser eines lip 

muo^ dar umbe sterben, dar zuo der recken mere.* 

dö sprach der künic Ludewlc : ,dü dröust mir in mim lande gar ze söre. 

183. Du hast mir dine bihte äne not getan, 
ir ist hie noch mere, den ich genomen hän 

ir guot unde ir mäge. des solt du mir getrouwen: 

ich sol e^ also schaffen, da^ du nimmer küssest dine vrouwen.* 

184. Nach dem selben werte liefens einander an, 
die zwene riebe künege. swer^ da guot gewan, 

der holte e^ unsanfte. von ir jungelingen 

von ir beider zeichen sach man manegen guoten zuo in springen. 

185. Herwic was biderbe und küene genuoc. 
der vater Hartmuotes den jungen künic sluoc, 
da^ er begunde strüchen vor Ludewiges banden. 

er weite in hän gescheiden von sinem libe und von sinen landen. 



178, 4 von ir handen, s. zu Nib. 320, 4. — 183, 1 hihte, ironisch. Herwig 
nannte seinen Namen, ohne gefragt zu sein. — 184, 2 e^ (guot) gewinnen^ 
die Oberhand gewinnen, wie noch heute mundartlich. — 3 von ir J., an 
m, guoten anzuschliessen. — 185,2 wir leiten diesen Gegensatz etwa mit 
jdennoch, trotzdem* ein. 



74 Gudrun. 

186. WflBren niht so nähen die Herwiges man, 
die im mit vli^e hülfen» so künde er nimmer dan 
äne sin ende von im sin gescheiden. ' 

also kmide Ludewic der alte den kinden bi im leiden. 

187. Die hülfen Herwige, d'a^ er da genas, 
dö er sines valles wider komen was, 

dö blicte er harte schiere ze berge gegen der zinne, 
obe er indert ssehe dar inne st^n sins herzen triutinne. 

188. Er gedähte in sinem muote: ,ach wie ist mir geschehen ! 
ob min vrou Küdrün ditze hat gesehen, 

gelebe wir da^ immer, deich si sol umbevähen, 

si tuot mir itewi^e, so ich bi miner vrouwen lige nähen. 

189. Da:^ mich der alte grise hie nider hat geslagen, 
des schäm ich mich vil sere.* sin zeichen hie^ er tragen 
hin nach Ludewige mit den sinen mannen. 

si drungen nach den vlnden: si weiten in lä^en niht von dannen. 

190. Ludewic der hörte hinder im den schaL 
dö kerte er wider umbe gegen im ze tal. 

dö hörte man üf den helmen s werte vil er diesen. 

die da bi in wären, die mohte ir beider grimmes wol verdrießen. 

191. Der Küdrünen vriedel uftder helme über rant 
erreichte Ludewigen mit eilen thafter hant. 

er wuridet in so s6re, da^ er niht mohte gestriten. 

da von muoste Ludewic des grimmen tödes da vor im erbiten. 

192. Er sluoc im ander stunde einen vesten swanc, 
das; des küneges houbet von der ahsel spranc. 

er hete im wol vergolten, da^ er was ge Valien. . 

der künic was erstorben: des muosten schoeniu ougen überwallen. 



193. Dö sprach ze sinen recken Hartmuot der degen: 
,nü wendet mit mir dannen. ir ist hie vil gelegen, 

die uns slahen wolten in den herten striten. 
nü keret zuo der bürge, unz wir be:52;erre wile erbiten.* 

^ 194. Si heten vil der degene hinder in verlän. 
wser daß lant ir eigen, si en künden hän getan 

niht beßßers in dem strite. si wolten zuo der selde. 

Wate sümte starke si mit tüsent siner guoten beide. 



186, 3 äne sin e., ausser tot. — 4 den kinden, jungen Helden (wie 
Herwig); vgl. zu 55, 1. — 187, 1 Die, näml. die H, man 186, 1. — 4 dar inne, 
s. 160, 3. — 189, 3 mit, in Begleitung. — 4 in, Ludwig. — 190, 2 tw, Herwig. 
— ze tal, s. zu Nib. 316, 1. — 194, 1 vil der d., näml. tote Feinde; s. 193, 2 f. 



Gudrun. "^S 

195. Er was unz an die porte mit größer kraft gegan, 
da Hartmuot hine wolte mit den einen man. 

si künden^ niht verenden : in zowet es harte kleine, 

si sähen ab der müre werfen mit manegem lä^steine. 

196. Dö sach in her Hartmuot vor dem bürge tor. 
er sprach: jda^ wir verdienet haben hie bevor, 

da^ wil sich wserliche hiute an uns erzeigen. 

die gesunden haben sorge. ja lit hie harte vil der veigen. 

197. Ich mac niht gevliegen: veder hän ich niht. 

ich enmäc ouch under die erde, swa:^ anders mir geschiht. 

wir mugen ouch vor den vinden niht zuo den ünden. 

den besten minen willen wil ich iu bescheidenlichen künden. 

198. Sin mac niht anders werden, ir edele ritter guot: 
erheizet von den rossen und houwet hei^ez; bluot 

ü^ den liebten ringen ; des lät iuch niht verdrießen. ^ 

si stuonden von den satelen : diu ros si hinder sich ze rugge stie2;en. 

199. ,Nu zuo, ir maeren beide!* sprach dö Hartmuot. 
,get näher zuo der bürge. e^ si übel oder guot, 

ich muo2; ze Waten dem alten. swie mir da gelinge, 

ich wil doch versuochen, ob ich in höher von der porten bringe.* 

200. Mit üf geworfen swerten begunden si dö gän, 
Hartmuot der küene unde ouch sine man. 

do bestuont er Waten den grimmen : da^ was dem beide ein öre. 

dö hörte man swert erklingen. dö starp guoter ritter dester möre. 



201. Schiere kam Ortrün von Ormanielant 
diu junge küniginne mit windender hant 

ze vroun Küdrunen. diu junge maget here 

viel ir vür die vüe^e. si klagete ir vater Ludewigen sere. 

202. Si sprach: ,lä dich erbarmen, edele^ vürsten kint, 
so vil miner mäge, die hie erstorben sint, 

und gedenke, wie dir wsere, dö man sluoc den vater dinen. 

edele küniginne, nü hän ich hiute vloren hie den minen. 

203. Nü sich, maget edele: diz ist ein grö^u not. 
min vater und mine mäge sint aller meiste tot. 

nü stet der recke Hartmuot vor Waten in größer vreise. 

verliuse ich den bruoder, so muo^ ich immer mere sin ein weise. 



195, 4 si säheriy und doch s. sie. — . 196, 4 haben, Konj. mit imperat. 
Bedeutung; vgl. sm 3,4. — ^00, ^ dem helde, Waten; es war für ihn eine Ehre, 
mit einem König zu kämpfen. — 201, 2 windender, Part. Präs. mit passiver 
Bedeutung. — 203,4 weise^ s. zu Nib. 419,4. 



76 Gudrun. 

. 204. Und la^ mich des genießen/ sprach da:^ edele kint : 

,sö dich nieman klagete der aller, die hie sint, 

du hetest niht vriunde möre . danne mich vil eine. 

swa^ dir ieman tsete, so muoste ich ze allen ziten umb dich weinen.* 

205. Dö sprach diu Hilden tohter: ,des hast du vil getan, 
ich wei^ niht, wie ich möhte den strifc understän, 

ich enwaere danne ein recke, da^ ich wäpen trüege: 

s6 schiede ich es; gerne, da^ dir dinen bruoder nieman slüege/ 

206. Si weinte angestiiche. wie tiure si si bat, 
unze da:^ vrou Kudrün in da:^ venster trat! 

si winkte mit der hende und vrägte si der maere, 
ob von ir vater lande ieman guoter dar komen waßre. 

207. Des antwurte Herwic, ein edel ritter guot: 
,wer Sit ir, juncvrouwe, diu uns vrägen tuet? 

hie ist von Hegelingen nähen bi iu niemen. 

wir sin her von Sewen. nü sagt uns, maget, wa^ sul wir iu dienen ? 

208. Sit ir ez; Kudrün, diu liebe vrouwe min, 
so sol ich iu gerne immer diende sin : 

so bin ich e^ Herwic und kös iuch mir ze tröste 

und lä^e iuch da^ wol schon wen, deich iuch von allen sorgen gerne löste.' 

209. Si sprach: ,welt ir mir dienen, ritter ü^ erkorn, 
so sult ir uns vervähen da^ vür deheinen zorn : 

mich bitent vli^icliche hie die schoenen meide, 

da^ man Hartmuoten von Waten dem alten ü^ dem strite scheide.' 

210. ,Da^ sol ich gerne leisten, vil liebiu vrouwe min.' 
lüte ruoft dö Herwic zuo den recken sin: 

,nü sult ir miniu zeichen ze Waten vanen bringen.' 

dö sach man Herwigen unde al die sine sere dringen. 

211. Ein herter vrou wen dienest wart von im getan. 
Herwic ruoft dö lüte den alten Waten an. 

er sprach : . ,Wate, lieber vriunt, gunnet, da:^ man scheide 

disen strit vil swinden : des bitent iuch die nünnicliche meide,' 

212. Wate sprach mit zorne: ,her Herwic, nu get hin! 
solt ich vrouwen volgen, war tsete ich minen sin? 

solte ich sparn die vinde? da:^ tsete ich üf mich selben. 

des volge ich iu nimmer. Hartmuot muo:; siner vrevele engelden.' 

20t, 3 du hetest, Objektsatz zu gemeinen. — 205, 2 wir ergänzen ein 
,aber'. — 206^3 si% die Untenstehenden. — 4 iemen guoter (Gen. Plur.), 
irgend einer von den Vornehmen. — 207,4 iü«^, worin. S. zu 142,2. — 
208, 1. 3 vgl. 102, 3.-2 diende (s. § 16 Anm.) sin = dienen. Die Um- 
schreibung dient zur Bezeichnung eines dauernden Zustandes. — 210, 3 
Herwigs Leute sollen zu Waten, der mit den Hegelingen in der Nähe des 
Tores gegen Hartmut kämpft, vordringen. — 212,3 die v., wir setzen keinen 
Art. Vgl. 186, 4. — üf mich 5., zu meinem eignen Schaden. 




Gudi-un. 

213. Durch Küdrünen liebe zuo in beiden spranc 
Herwic der küene. der swerte vil werklanc. 

Wate was erzürnet: er künde da:^ wol leiden, 

da^ in strite nieman in von einen vinden torste scheiden. 

214. Dö sluoc er Herwigen einen tiuren slac, 
der da wolte scheiden, da^ er vor im lac. 

dö Sprüngen sine reckeix und hülfen im von dannen. 

genomen wart dö Hartmuot vor Herwige und vor allen sinen mannen. 

215. Wate tobete sere. dö gienc er vür den sal 
gegen der porten höher. manegen enden schal 
hörte man von weinen und von swerte klingen. 

Hartmuot was gevangen. dö muoste euch sinen beiden misselingen. 

216. Swie dicke man si schiede von der bürge dan 
mit würfen und mit schü^^jen, Wate doch gewan 

die burc mit grimmen stürmen. Sit wurden üf gehouwen 

die rigele ü^ der müre. da^ beweinten dö die schoenen vrouwen. 

217. Hörant von Tenemarke da^ Hilden zeichen truoc. 
im volgten vil der recken (der hete er da genuoc) 

vür einen palas witen üf den turn allerbesten, 
den die Hegelinge indert da in der bürge westeh. 

218. Dö wart üf gehouwen vil manege^ riche:^ gadem. 
dö hörte man dar inne vil ungevüegen kradem. 

joch wären die geste niht in einem muote : 

genuoge sluogen wunden, die andern würben vaste nach dem guote. 

219. Bluot in manegem ende ü^ den gademen vlö:^. 
ir vriunde, die da:^ sähen, wie sere sis verdrö:^! 

dö kam vil sorcliche Ortrün diu here 

da si sach Küdrünen. ja vorhte si des schaden gewinnen mere. 

220. Dö neicte si ir houbet vür die schoenen meit. 
si sprach : ,vrou Küdrün, lä:^ dir wesen leit 

minen starken jämer und lä mich niht verderben. 

e2;n ste an dinen tugenden, ich muo^ von dinen vriunden hie ersterben.* 

221. ,Ich wil dich neren gerne, ob ich mit rehte kan, 
wand ich dir aller eren und alles guotes gan. 



213, 1 zuo in h, spranc, um sie zu trennen. — 4 nieman, s. § 60. — 
214, 4 genomen, gefangen genommen. — vor, vor den Augen Herwigs u. s. M. 
— 215, 2 gegen der porten, wiederholt vür den sal mit genauerer Angabe 
des Ziels. — höher, weiter weg (vom Erzähler, der sich dr aussen stehend 
denkt), weiter vorwärts. S. zu Nib. 316, 1. — manegen e., adv. Dat. — 210, 1 
si, die Hegelinge. — 4 die Torriegel waren in die Mauer eingeschoben. — 
217, 3 den t. allerbesten, den Hauptturm im Mittelpunkt der Burg. — 219, 2 ir, 
der Erschlagnen. 



78 Gudrun. 

ich wil dir vride gewinnen : du mäht lebendec wol beliben. 

s6 stant mir deste näher l\er mit dinen meiden unde wiben.' 

222. ,Da^ tuen ich harte gerne,* sprach Ortrün da^ kint. 
mit dri und dri^ic meiden ernerte si si sint. 

zw§ne und sehzic degene stuonden bi den vrouwen. 

wseren die niht entwichen, si wssren von den gesten gar zerhouwen. 

223. Dö kam euch dar gegähet diu übele Görlint. 
diu bot sich vür eigen vür da^ Hilden kint. 

,nü ner uns, ktiniginne, vor Waten und sinen mannen. 

e^ ste an dir al eine, ich waene, ej; si umbe mich ergangen.* 

224. Dö sprach diu Hilden tohter; ,nü hoere ich iuch gern, 
da^ ich iu si genaedic. wie möhte ich iuch gewern? 

ich bat iuch nie zer werlde des ir mir weitet volgen. 

ir wäret mir ungnssdic: des muo^ ich iu von herzen sin erbolgen.* 

225. Dö wart ir Wate der alte in der zit gewar. 
mit grisgramenden zenden ze haut huop er sich dar, 
mit schinenden ougen, mit ellenbreitem harte. 

alle, die da wären, vorhten den helt von den Stürmen harte. 

226. Er vienc si bi der hende und zöch si von in dan. 
Gerlint diu übele trüren dö beganl 

er sprach in tobeheite : ,küniginne here, 

iu sol min juncvrouwe iuwer kleider waschen nimmer mere.* 

227. Si heten nü gemuo^et des strites über al. 
dö kam der künic Herwic ze Ludewiges sal 

mit sinen walgenö^en nach bluote var gegangen. 

als in ersach vrou Küdrun, dö wart ör von ir minnecliche enphangen. 

228. Sin swert der degen schiere von der siten bant. 
dö schütte er sin gewsefen in des Schildes rant. 

dö gie er isenvarwer da sten zuo der vrouwen. 

er hete durch ir liebe da^ wal des tages dicke durchhouwen. . 



221, 3 lebendec, auf der Stammsilbe zu betonen. — 222, 4 entwichen, näml. 
aus dem Kampfe. — 223, 2 vür eigen, als Leibeigene. — 3 uns, G. bittet 
aus naheliegendem Grunde nicht für sich allein. — 228, 3 isenvarwer, die 
eiserne Rüstung hatte im Gesicht und an den Händen ihre Spuren zurück- 
gelassen. — 4 des tagesf, adv. Gen. — durchhouwen, vgl. einen sttc treten 
Nib. 209, 1, sonst auch eine gai^^en houwen durch dai^ gedrenge u. ä. 



Rosengärten. 79 



III. Ans dem grossen Bosengarten. 

Der Mönch Ilsan, 

1. Sie nisten sich üf balde die recken vil gemeit. 
hern Dietriches reise was manegem vil leit. 

dö huoben sich die herren gein Isenburc an die vart, 
da der münech durch rösen herü^ gezücket wart. 

2. Dö reit ze aller vorderst meister Hiltebrant. 
her Dietrich von Berne kam ime nach gerant. 
sinen schilt und sper vuorte selbe der degen her, 

also tete euch meister Hiltebrant. mit in reit nieman mer. 

3. An dem vünften morgen und eine wile davor 
dö wären die herren komen gein Isenburc an da^ tor, 
dö die müneche sungen mettine also vruo. 

die herren mit den schilten stapfeten vaste zuo. 

4. Hiltebrant begunde klopfen: , balde lät mich in! 
ich wil in disem klöster ein predegsere ouch sin.* 

der münech rief wol balde: ,wer klopfet an dem tor? 

balde luoge hinü^e, wer nu si davor! 

5. Bringet mir minen harnesch und min vil guot swert 
— swaz; sie denne suochent, des werdent sie gewert — 
und minen heim liebten!* sprach der münech Ilsän. 
jWellen sie den münech twingen, da:; wer ich, ob ich kan. 

6. Ich hän den minen harnesch,* sprach der münech Ilsän. 
,waeren ir da dri^ec, ich wolte sie bestän, 

mir breche dan da^ swert in der hende min, 

wir wellen in dem klöster von in ungeseret sin. 

7. Bälde luoge hinü^e, wer vor der porten sü* 
jherre, e^ ist ein alter, und vüeret wolve dri 

und vüeret üf dem helme ein guldin sarbant.' 

,wäfen, iemer wäfen! e?, ist min bruoder Hiltebrant.* 

8. ,Bi ime hebet ein junger üf eime snellen marc : 
mich dünket an den sinnen, e^ si ein helt starc. 

er vüeret an dem schilte einen lewen griulich.* 

,er mac ez; wol volbringen : ez; ist min her Dietrich.* 



1,4 durch rösen, vgl. 11,2; 19,2; 20, 1. — 2,3 seihe, statt eines schilt- 
Jcnehtes, — 3, 1 und^ näher bestimmend: und zwar, — 6, 3 s. § 65. — 7, 2 
vüeret, näml. im Schild. Vgl. 8, 3. — 8, 1 luhet, wofür sonst in der Regel 
habet, — 3 an dem sch.j wir sagen: in; vgl. an dem hrieve 14,3. 



80 Rosengarten. 

9. D6 trat vür die porten der münech Ilsän. 
dö truoc er ob den ringen ejne gräwe kutten an, 
dö truoc er ob den beinen zwo dicke gräwe hosen, 
er trat vür die porten: der msere wolte er losen. 

10. ,Benedicite, bruoder!* sprach meister Hiltebrant. 
,nu geleite dich der tiuvel/ sprach der münech al zehant, 
,da:^ du järlanc ritest üf des strites vach! 

du möhtest bi vroun üoten lieber haben guot gemach.' 

11. jy&j; taete ich, ob ich möhte/ sprach meister Hiltebrant. 
,i<$h muo^ nach rösen riten, man hat nach uns gesant, 
Kriemhilt diu schoene: ich wil ze ir höchgezit.* 

,e^ schinet wol, lieber bruoder, da:^ ir ein töre sit.* 

12. ,Min herre hei^jet dich biten,* sprach meister Hiltebrant, 
,da^ du ime die triuwe leistest, die du im gsebe mit der haut. 

du gelobetest im eine reise und swüere im einen eit: 
swenne er wolte riten, so weitest du sin bereit.* 

13. ,Nu mac ich niemer reisen,' sprach der münech Ilsän; 
,doch wei^ ich wol darumbe, da^ ich^ gelobet hän : 

wirret iu iht ze Berne, so wil ich mit iu varn; 
der reise dahin gein Worm^e wil ich mich bewarn.* 

14. Dö sprach Hiltebrant der alte: ^lieber bruoder min, 
brüederlicher triuwe solt du ermanet sin, 

e^ stät an dem brieve, als uns diu maget enpöt: 

mir noch mime herren tete helfe nie s6 not.* 

15. ,Ir helfet iuwerm bruoder,* sprach her Dietrich; 
und lät ir in al einen, es; stät iu lesterlich.* 

,herre, ich wil im volgen,* sprach der münech Ilsän; 

,ich belibe lieber heime, weitet ir michs erlän. 

16. Nu wil ich iuch gerne helfen,* sprach der münech Ilsän. 
,nu luoget, min her Dietrich, wa^ ich ze strite hän!* 

dö zöch er abe die kutten und warf sie in da^ gras: 

hei wie wünnecliche der münech gewäfent was! 

17. ,Wa^ traget ir under den hosen?* sprach meister Hiltebrant. 
,da^ tuen ich, lieber bruoder, min alt sturmgewant.' 

dö schouwete der von Berne des müneches Ilsän swert: 

,eines vrischen predegerstabes sit ir wol gewert. 



9, 3 oh den h., um die Beinschienen zu verbergen. — 10, 4 vrou Uote, 
Hildebrands Gemahlin. — 14, 3 es steht in dem Br. etwas Derartiges, 
dass ... — 15,1 Ir helfet, s. zu Nib. 29, 1; Gudr. 149,1. — 4 wir er- 
gänzen: jedoch. — 17, 2 da^ vertritt das vorausgegangne tragen «. d, h.; 
dazu als Objekt min a. 8t. — 4 der predegerstap erinnert an den ,Fiedelbogen' 
des Spielmanns Volker; s. zu Nib. 197, 3. 



Rosengarten. 81 

18. Swen ii* dem banne entslahet mit dem predegefstap, 
ich gibe iu des mine triuwe, e^ volget im ih sin grap. 
wisten^ bi dem Eine die snellen burgaere, 

e sie bihte spraecben, sie würden e zwivelaere.* 

19. ,l€h wil gein Worm^e riten und söhouwen des Eines vlu^, 
nach eime r6senkranze, nach ei)ler juncvroun kus. 

nu wi^^et, min her Dietrich, eg wirt da volliBbl*äht, 

da^ Kriemhilt möhte wellen^ da^ sie nie hdte gedäht, 

20. Der rösen noch der bluomen, da^ sol man glouben mir. 
Sit ir nach hiunschen recken ist worden also gir, 

so wellen wir sie län schon wen manegen werden man, 
der ir den stoup von den ougen wol abe geblasen kan. 

21. Wellet ir hie enbi^en, ir lieben herren min, 
wellet ir hie e^^en, ich gibe iu guoten win. 

die müneche müe^en^ gelten, die in dem klöster sin: 

ein ander e^^e die gersten, ich wil ir äne sin/ 

22. Dö besamente sich der abbet mit siner bruoderschaft : 
sie bäten got von himel über des müneches kraft. 

dö sprach ze der samenunge von Berne her Dietrich: 
,lät ir in niht her wider in, ich zerstoere iuch sicherlich.* 

23. Dö sprach zehant der abbet: ,da^ si iu unverseit, 
da^ ir in hinnen vüeret, da^ ist uns allen leit. 

nu hat ditze klöster des mannes iemer vrumen: 
er si lebende oder tot, er ist uns willekumen/ 

24. Dö sie da gä^en und getrunken, man zöch dar ein marc 
was Schemminges bruoder, michel unde starc. 

sin swert da^ gurte er umbe, der münech Ilsän : 

mit grimmeclichem zorne er e^ bi dem gehilze nam. 

25. Dö gienc er vür den abbet, der münech Ilsän. 

er sprach: ,vil lieber herre, iuwern urloup muo^ ich hän. 

wir müe:;en alle dienen von Berne hern Dietrich.* 
,ich gibe iu gerne urloup,* sprach der abbet sicherlich. 

26. Dö hie^ er im balde bringen sin sper und sinen schilt, 
damit er bi sinen ziten dicke hete gespilt. 

.... da^ guote ros wart von im überschriten. 
urloup nämen die herren, von dem klöster sie dö riten. 

18, 1 bezieht sich auf die Erteilung der Absolution nach der Beichte 
(V. 4). Solche scherzhafte Vergleichung der Heldenarbeit mit priesterlichen 
Verrichtungen kommt nicht selten vor, selbst wo es sich nicht, wie hier, um 
einen Priester handelt. — 20, 1 Der r. noch der bl. führt das vorausgegangne 
es näher aus. — 4 sprichwörtliche Redensart = einen munter machen. — . 
21,3 sin, Konj.: so viele ihrer . . . sein mögen. — 23, 2 da^ ir, s. § 65. — 
24, 1 ein marCi s. 26, 3. — 2 Schemminc, das in den Dietrichsepen oft er- 
wähnte Ross des Goten Witege. — 25, 4 sicherliche sprechen, versichern. 

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82 Rosengarten. 

27. D6 volgeten im vür da^ klöster die müneche unde ir man. 
sie begunden alle vluochen dem müneche Ilsän: 

,da^ du dich hast gescheiden von diner bruoderschaft, 
des muost du werden erstochen und niemer sigehaft. 

28. Er ist ein man s6 starke, wir sin mit ime betrogen: 
er hat uns mit unserm häre yil dicke umbe gezogen , 
swenne wir niht entäten, da^ er uns gebot. 

wir liten in disem klöster angeöt und^ not.* 



Der Fährmann, 

29. Do vuoren sie von den Hiuneri mit einer grölen mäht, 
da:; sie in zweinzec tagen und ouch ein t-eil der naht 

wären bi dem Rine an der stat, da Worm^e lit. 
dö huop sich umb die rösen ein engestlicher strit. 

30. Dö Hiltebränt der alte des Rines vlu^ ersach, 
also verme^^eniiche er ze den beiden sprach: 

,ir herren von den Hiunen, nu merket alle samt, 

haltet iuch wisliche in des künec Gibechen laut!* 

31. Dö stie:^ er in den anger die banier von der haut, 
dö sprach ze den recken der alte Hiltebränt: 

,ir herren von den Hiunen, nu beitet alle hie! 

al solhen starken vergen ensahen iuwer ougen nie, 

32. Als einer ist bi dem Rine, den keiine ich harte wol: 
swer wider sinen willen herüber varn sol, 

der bedarf guotes glückes, sol ime beliben da^ leben, 

nu wil ich ze ime riten, ob er uns welle vride geben. 

33. Nu ist der selbe verge ein ungevüeger man. 
er hat zwelf süne, die sint so vreissam. 

den er sol über vüeren,* sprach meister Hiltebränt, 

,von dem wil erhän vergen solt einen vuo^ und eine haut.* 

34. Dö sprach der von Berne: ,da^ wsere ein tiure^ pfant, 
solte ich ime lä^en einen vuo^ und eine haut, 

so kaBme uns diu übervart harte tiure an. 

da^ wi^^et sicherllche, ich griffe in ö selbe an.* 

35. Do sprach der münech Ilsäri: ,ich wil ein böte sin 
ze dem selben vergen noch hiute an disen Rin. 

er wsenet, ich si ein waller,* sprach der müne.ch Ilsän, 
;6wenne er minen hart ersiht, der selbe grö^e man.* 



- 28,1 wir sin, s. § 61. — 2 mit u, Mre, wir sagen: an. Vgl. Otte 295. - 
29,2 der naht, adv. Gen. ~ 33,4 vergen s., wii*. sagen: als Fährlohn. • 
34, 2 s. § 65. — 35, 3 wanet, futuriseh. 



Rosengarten. 83 

36. ,Diz ist ein seltsaen m^re*, { Wolf hart schiere sprach." 
,wie künde sich da^ gevüegei^, da^ grö^e ungeraach 

von disen helden allen . gein eime einegen man? 

wie süln wir dan zwelf helden . iemer me gesigen an? 

37. Wir. süln ime so rehte vl§hen, also man eim esel tuet, 
so er niht wil secke tragen, mit eime knütel guot, 

und süln denne sprechen: nu yüere uns über Ein ; 

da^ dirs der tiuvel l6ne, der liebe herre din!* — ^ — 

38. An den selben stunden gienc der münech zehant 
enhalp des Rines da er den verjgen vant. 

er ruoft: ,wilt du über vüeren zwelf bruoder gotelich? 
da^ wellen sie dir lönen, da^ wi^i^e sicherlich.* 

39. Jensit an dem Rine der guote verge sprach, 
dö er den münech Ilsän * mit siner kutten Bach: 

,jä, vil lieber bruoder, ich wil iuch gern über vüeren.* 

dö begunde er mit dem riemen da:^ schif vaste rtieren. 

40. Dö er kam herüber und sach, da^ er was bereit, 
er sprach: ,her münech so veiger, wa^ hat ir mir geseit? 
ritet ir wallebruoder in iuwerm lande also, 

so mac der übel tiuvel ' iuwers gebetes werden vrö. 

41. Ritet ir in iuwerin lande also sere durch got 
mit hamesch und mit ringen, da^ ist der grceste spot, 
der in tüsent jären ie me erhaben wart. 

wa^ hat ir mir gelogen, ir alter lasterbart!* 

42. Der verge zöch da:^ ruoder, üf den münech er sluoc. 
münech Ilsän mit dem harte höte liste dö genuoc: 

er underspranc dem vergen da^ breite ruoder lanc. 
sie sluogen üf einander manegeii herten swanc. 

43. Der münech zöch den vergen ze ime an den staden. 
sie begunden von herten streichen in dem swei^e baden, 

da^ da^ bluot vür den vergen üf die erde viel, 
sie sluogen mit den viusten einander in den giel. 

44. Der münech gap dem vergen einen herten druc, 
da^ er ze der erden muoste tuen einen buc. 

,numme dumme amen!' sprach der verge zehant: 

,al solher starker tiuvel wart mir nie me bekant. 

45. In stürmen und in striten wart ich nie gevalt: 
nu hat er mich betwungen so gar in sinen gewalt. 



36, 3 von ä. h, a., Umschreibung des Gen. — 38, 4 wellen, ' Konj., weil 
abh. vom folgenden Satz. — 43, 3 da^, dadurch dass. — 44, 3 numtnedumme, 
euphemistische Entstellung aus ,in nomine dominü' Die ganze Formel als 
Ausruf der Verwunderung oder als- Fluch; vgl. franz. ,hom de Dieu!' 



84 Rosengarten. 

als ich von siben jären 8i ein kleine^ kint/ 

münech Ilsän mit dem barte sprach: ^mich wunder nimt^ 

46. War dir, küener verge, diu sterke komen si. 
nu hän ich manegen Heiden so dicke gewonet bi 

mit mime scharfen swerte, da^ ich trage in der hant. 

^1 er es niht geraten, e^ geschiht im ouch zehant. 

47. Nu werfet hin da^ ruoder und grifet ze dem swert: 
ir werdet von mime libe strites wol gewert.* 

dö sluogen sie üf einander lAanegen herten sia*eich. 
münech Ilsän mit dem harte was dem strite niht ze weich. 

48. Er sprach gar «ornecliohe: ,iiu wer ich doch mich, 
nu bin ich doch eiii kempfe zweier vürsten lobelich, 

des Bemers und künec Etzeln daher ü^ Hiunenlant: 

die wellen sich lä^en schouwen, die vür«ten beide samt, 

49. Noch hiute an disem Eine mit ir beiden snel. 
du muost uns über vöeren, da^ wi^^e ane spei.* 

(zwei Verse fehlen.) 

50. ,S6 lät iuwer striten/ der verge schiere sprach. 
,sö rehte liebe geste ich nie me gesach, 

so die von den Uiunen mit ir beiden fln, 

Sit nach in hat gesendet Kriemhilt diu künegin; 

51. Solt ich mich denne setzen wider die beide vri, 
s6 möhte mir grö^iu törheit vil nahe wonen bi, 

Sit da:^ ir vrou Kriemhilt selbe hat begert. 

swa:^ ir an mich gesinnet des sült ir sin gewert.' 

52. Dö hie^ er ze den staden schiffe bereiten genuoc: 
darin trat verme^^enliche manec ritter kluoc 

mit sime gekrönten helme' gar vriliche an der stunt. 
Norpreht hie^ der verge und sprach durch den munt: 

53. ,Sit gote willekomen, ir herren ü^ Hiunenlant! 
ir wäret mir wserliche vor gar unbekant. 

hän ich iuwer keime ze leide iht getan, 

der darumb wil zürnen der sol mir^ vam län.* 

54. Dö sprächen die recken alle, sie weiten^ gerne tuen, 
also schuof im der verge selbe eine staete suon. 

darnach vuorte er über manegen werden gast: 

des schilt und ouch des harnesch gap gar liebten glast. — - 

55. Norpreht der verge anders niht enpflac 

mit sinen vil snellen schiffen unz an den dritten tac, 
wan da^ er. über vuorte künec Etzeln und sine man. 
dö sach üa; der stat ze Worm^e manec vrouwe lobesara. 

45, 3 von 8. j. mit kint zu verbinden. 



Reii^hiart Fuehs. 85 

56. Ü:^ fler stat ze Worm^e yil ^r liiute sprach; 
bl allen nnsern tagen kein ouge nie g^sacb 

s6 YÜ der stolzen heWe vUeren über Rin. 
Kriemhilt diu schcene mae wol in netten sin. 

57. Koment sie in den garten, waerhche e^ geschiht 
8olher größer ungevuoc, da^ man mir vergibt, = 
Kriembilte sin erslagen ir best^i beide zart. 

solhiu grö^iu reise nie me gebüwen wart.* 

58. Dö er über bräbte manegen stolzen degen, 
d6 spracb der künec Etzel: ,nu sült ir merken eben, 
ir vil stolzer verge, da^ wir iu nibt engeben, 
weder golt noch silber, unz wir wider s weben. 

59. Bringe ich dan her wider manegen küeneii helt 
von Kriembilte recken, so wirt iu gezelt 

min guot mit selber triuwe da^ ir mirs saget danc. 
ny lät iu bi dem Rine nibt die wile sin ze lanc* 

60. ,Acb, Yürste und lieber berre,* der verge schiere spracb, 
,gescbiht iu in dem garten hie kein ungemach 

von Kriembilte recken, daa; wsere mir sere leit. 

nu komet, swenne ir wellet, so bin ich iu bereit.' 



IV. Aus Eeinhart Fuohs. 

Beinhart und Schantecler, 

Vememet vremdiu msere, der sa^ gemeliche 

diu sint vil gewsere, i5 bi einem dorfe über ein Veit: 
von einem tiere wilde, da bat er erbe und gelt, 

da man bi mac bilde körn und birses genuoc. 

5 nemen umbe manegiu dinc. vil harte ebene gienc sin pfluoc. 

e^ keret allen sinen gerinc der was geheimen Lanzelin, 

an triegen und an kündecheit, so bäbe Ruotzela da^ wip sin. 
des quam e^ dicke in arbeit. er bäte eine grö^e klage: 

e^ bäte vil unküste erkant er muoste büeten alle tage 

10 und ist Reinbart fuhs genant. siner büener vor Reinharte. 

Nu sol ich iuch wi^^en län, sin bof und sin garte 

wä von diu rede ist getan. 25 was nibt beziunet ze fromen. 
ein gebüre vil riche da von muost er dicke komen 



57, 4 .eine solche Strecke Weges wurde nie von Reisigen bedeckt.' 
4 biy mit da zu verbinden. — 12 diu rede, näml. die vorhergehnde. — - 
17 körn u. hirses, die Gen. -Endung ist nur dem zweiten Subst. angefügt 
gilt aber für beide. — 18 pfluoCj hier in übertragenem Sinne. 



86 



Reinhart Fuchs. 



ze schaden, den er ungeme sach. 

habe Ruotzela zuo im sprach: 

,alter gouch, Lanzelin/ 
30 nu hän ich der hüöner min 

von Beinharte zehen verlorn. 

da^ müet mich und ist mir zom.f , 

meister Lanzelin w^s bescholden 

(da^ ist noch unvergolden)^ 
35 doch er des niht enlie^, 

em taete, als in Buotzela hie^. . 

einen zun macht er vi! guot, 

dar inne wänt er hän behuot 

Schanteclem und sin wip: 
40 den riet Reinhaft an den lip. 
Eines tages, ctö ^iu sunne üf gie, 

Reinhart dö niht enlie, 

em giengazuodera hove mit sinnen. 

dö wolt er einer imrainnen 
45 Schanteclem bereiten; 

euch bräht em ze arbeiten. 

der zun düht in ze dicke und ze hoch : 

mit den zenen er dannen zöch 

einen spacheii und denete sich dö. 
50 als er nieman sach, des was ervrö. 

nü want er sich durch den ha<^. 

vil nähe er Schanteclöre lac, 

sin verchvient R^inhart. 

Pinto Bin gewar wart, 
55 Schantecldr bi der want slief. 

ver Pinto schre ,her* uiide rief 

und vlouc bi eine swellen 

mit andern iren gellen. 

Schantecl^r quam gerant 
60 und hie^ si wider zuo der want 

strichen vil schiere: 

,irn dürft vor keinem tiere 

niemer iuwer warten 

in disem bezünten garten. 



65 doch bitet got; vil lieben wip, 
da^ er mir beschirme minen lip^ 
mir ist getroumet swäre, 
da^ sag ich iu ze wäre: 
wie ich in einem röten belli^ solde 
sin, 

70 da^ houbetloch was beinin. 
ich fürhte, da^ sin arbeit, 
dem heiligen engel si e^ geseit: 
der erscheine mir^ ze guote. 
mir ist swaere ze muote.* 

75 Ver Pinto sprach: ,herreunde 
trüt, 
ich sach sich regen in jenem krüt : 
mich entriegen mine sinne, 
hie ist ich enwei^ wa^ übeles inne. 
der riche got beschirme dich! 

80 mir gät über erklich, 

mir gruwet so, ich fürhte wir 
ze noeten komen, da^ sag ich dir.* 
Schantecler sprach: ,sam mir 
min lip, 
mö verzaget ein wip, 

85 danne tuon viere man. 
dicke wit* vernomen hän, 
da^ sich erscheinet, da^ ist war, 
manec troum über siben jär.* 
Ver Pinto sprach : ,lät iuwern 
zom 

90 und vlieget üf disen dorn, 
gedenket wol, da^ unser kint 
leider harte kleine sint. 
verliusesi du, herre, dinen lip, 
so niuo^ ich sin ein riuwec wip 

95 und unberäten iemer me. 

mir tuet min herze vil wundemwe, 
wan ich so sere fürhte diu. 
, nü beschirme dich unser trehtin !' 



34 Bauern nehmen es, meint der höfische Dichter, mit Beleidigungen 
nicht so genau. — 36 ern täte, s. § 62. — 39 Schantecler, franz. Ghanteclßrs 
= Singehell. S. zu V. 107. — 54 Pinte, der Name der Henne. — 56 ver. 
s. § 9b. — 65 liehen, beachte die schwache Form! — 66 mir, betont im 
Gegensatz zu ir V. 62. — 69 f. mit Beziehung auf den roten Pelz und die 
Zähne des Fuchses; s. V. 134. — 72 gemeint ist der, Schutzengel. — 80 mich 
überläuft es unbehaglich. — 81 wir ze n. fc., s. zu Nib. 233, 1. — 85 i?icre, 
s. zu Gudr. 12, 3. — 88 sihen j., formelhafte Fristbestimmung. 



Reinhai't Fuchs. 



87 



Schantecler uf den dorn vlouc, 135 

100 Reinhart in her abe tröuc. 
Pinte schiere vliehende wart ; 
under den dorn lief Heinhart. 
Schanteclör im ze höhe sa^; 
Beinhart begunde üeben ba^ 

105 sine liste, die er hat. - i40 

er sprach: ,wer ist der da üf 

stät? 
bist du da^, Sengelin?' 
,nein ich,* sprach Schantecler, 

,ich enbin : 
also hie^ der vater min.* 145 

1 1 Beinhart sprach : da^ mac wol sin . 
nü riuwet mich dins vater tot, 
wan der dem minnesten ere bot. 
wan triuwe under künne 
da^ ist michel wünne. - 150 

115 du gebäres zuo undäre, 
da:; sag ich dir ze wäre, 
din vater was des minen vrö: 
em gesa^ sus höhe nie also, 
ges£ehe er den vater min, 155 

120 em vlüge ze im und hie^e in sin 
willekomen ; ouch vermeit er nie, 
ern swunge sine vitech ie 
e^ waere späte oder vruo ; 
diu ougen tet er beidiu zuo leo 

1 25 und sanc im als ein vroelich huon. * 
Schantecler sprach: ,da^ wil 
ich tuon. 
e^ lerte mich der vater min: 
du solt grö^ wilkomen sin.* 
die vitech begund er swingen i65 

130 und vroelich nider springen, 
des was dem tören ze gäch, 
da^ gerou in sere dar nach, 
blinzende er singende wart: 
bi dem houbete nam in Reinhart. 170 



Pinte schrei und begunde sich 

mißsehaben; 
Beinhart tet niht danne draben 
und huop sich wundernbalde 
rehte hin gegen dem walde. 
den schal vernam Lanzelin; 
er sprach : ,owe der hüener min !* 
Schantecler sprach ze Beinharte : 
,war gäbet ir sus harte? 
wes lät ir iuch disen gebür be- 

schelten? 
mugt ir^ im niht vergelten?* 
,jä ich, sammir Beinhart,* 
sprach er, ,irgät eine üppige vart.* 
Schantecler was ungerne da; 
als er im entleip, dö want er sä 
den hals ü^ Beinhartes munde, 
er vlouc zuo der stunde 
üf einen boum, da er genas. 
Beinhart haite trürec was. 
zehant Schantecler sprach, 
dö er Reinharten under im sach : 
,dü hast mir gedienet äne danc. 
der wec dühte mich ze lanc, 
da du mich her hast getragen, 
ich wil dir für war sagen: 
dunebrengestmich dar wider niht, 
swa^ dar umbe mir geschiht.* 
Beinhart hörte wol den spot; 
er sprach: ,er ist tump, sammir 

got, 
der mit schaden riebet, 
da:; man im gesprich et, 
oder swer danne ist klaifens vol, 
so er von rehte swigen soL* 
dö sprach Schantecler, er wsBre 
wei^got niht alwsere, 
swer sich behuote ze aller zit 
dö schiet sich der spot und ir strit 



101 vi. wart, entfloh. — 107 Smgelin, verdeutscht aus Ghanteclin 
(chant = 5a«c), dem franz. Namen von Chanteclörs Vater. — 118 ff. mochte 
er auch noch so hoch sitzen, er flog, wenn er meinen V. sah ... — 127 
ß^, Akkus. — 133 *. wart, wie Vers 101. — 143 von Scheltworten des Bauern 
ist alle dings vorher nichtdie Rede. — 146 eine üppige r., das Gegenteil 
von ein nütziu vart V. 300. — 167 er, derjenige, wie V. 162. 



88 Reinhart Fuchs. 

nieister Lanzelin gienc da her- da^ er häte verlorn 

nach: 175 sin imbi^, da^ er Wjände hän. 
Reinharten wart dannen gäch. vil harte in hungern began. 
im was äne mä^e zorp, 



Der Fischfang. 

Reinhart zöch sich ze neste, ,wildu hie gemünchet sin 

er vorhte vremde geate. iemer unz an dinen tot?* 

ein hüs worht er balde ,ja ich/ sprach er, ,e^ tuet mir 

180 von einem loche in dem walde: not: 

da truoc er sine spise in. du weidest mir an schulde 

eines tages gienc her Isengrin 210 versageii dine hulde 

bi da^ hüs in den walt. undwoldestmirnemenda^ leben.* 

sin kumber was manecvalt: Isengrin sprach : ,ich wil dir ver- 

185 von hunger leit er arbeit, geben, 

ein laster was im aber gereit. ob du mir iht hast getan, 

Reinhart was wol beraten: da^ ich dich mügeze gesellen hän.* 

da häte er gebraten 215 ,dü mäht mir lihte vergeben,* 

8öle, die ersmacte Isengrin. sprach Reinhart; 

190 er dähte : ,ähä, diz mac vil wol sin - ,min leben werde vürba^ niht 

ein teil guoter spisen.* gespart, 

der smac begunde in wisen ob ich dir ie getaete einen wanc. 

für sines gevatem tär. woldestü mirs wi^i^en danc, 

da sazte sich her Isengrin für, zwei äles stücke gaßb ich dir, 

195 dar in er bö^en begunde. 220 diu sint hiute über worden mir.* 

Reinhart, der wunder kunde^ des wart Isengrin vrö, 

sprach: ,wan gät ir jubt^iaimen wlte begund er ginen dö. 

. stän? Reinhart warf si im in den munt. 

da sol tälanc nieman ü:^ gän, .ich waere iemer m6 gesunt,* 

da^ wi^i^et wol, noch her in. 225 sprach der töre Isengrin, 

'200 wartuostu, müedinc, den sindin? ,sold ich da hinne koch sin.* 

wan bem ir vil schöne? Reinhart sprach: ,des mahtu 

e^ ist tälanc after none. gnuoc hän, 
wir münche sprechen niht ein wort wildu hie bruoderschaft enphän: 

umb der Nibelunge hört.* du wirdest meister über die 

205 ,gevatere,* sprach her Isengrin, braten.* 



186 aber. Reinhart hatte schon früher einmal Wolf und Wölfin in einen 
Klosterkeller gelockt, wo sie sich am Weine berauschten und nachher von 
den Mönchen zerschlagen wurden. — 200 dirij Wechsel der Anrede; ebenso 
V. 248. — 201 wan, warum nicht? — hern, diese Form der 2. Plur. Präs. 
gehört besonders dem elsässischen Dialekte an. — 203 die Regel des 
hl. Benedikt (s. zu 248) legt den Mönchen nach dem letzten Abendgebet 
strenges Stillschweigen auf. 



Reinl^art F^^hs. 89 

:23o dö wart er sän beraten. da^ ir nieman ahte hat? 

,da^ lob ich/ sprach Isengrin. ^ie briioder hänt si getan darin/ 
,nü stö^,* sprach er, ,din houpt ,wol hini* sprach her Isengrin. 

herin!' d6 huoben sie sich äne zom. 

des was Isengrin bereit: 27b der tich was übervrorn. 

dö nähet im sin arbeit. si begunden da^ is 6o)iouwen: 

^85 dar in stie^ er sin houbet grö^; ein gruobe was drin gehoawen, 

bruoder Reinhart in begö^ da man wa^^er ü^ nam; 

mit heilem wa^^er, da^ ist war, da^ Isengrine ze schaden quam : 

da^ fuort im abe hüt und här. 275 sin bruoder häte sin grölen ha:^. 

Isengiln sprach : ,diz tuotwömir.* eines eimbers ich enwei^ wer da 

240 Reinhart sprach: ,w8Bnet ir vergaß. 

mit senfte paradlse besitzen ? Reinhart was vrö, da^ er in vant, 

da^ komet von unwitzen. sinem bruoder ern an den zagel 

ir muget gerne liden dise i^öt. baut, 

gevater, swenn ir liget tot, dö sprach her Isengrin: 

:245 diu bruoderschaft ist also getan, 280 ,in nomine patrislwa^soldiz sin?* 

an tüsent messen sult ir hän ,ir sult den eimber hie in län, 

teil allertegeiich. wan ich wil sturen gän, 

die von Zitiäs füerent dich und stät vil senftecliche: 

ze dem vröne himelriche, wir werden vische riebe; 

260 da^ wi^^e gewserliche.' 285 wanjch si sihe durch da^ is.* 
Isengrin wand, e^ waere war: her Isengrin was niht wis: 
beide sin hüt und sin här »sage, bruoder, in der minne, 
ruwen in vil kleine. ist iht vische hinne?* 
er sprach: ,bruoder, nü sol ge- ,jä e^, tüsent, die ich han ge- 
meine sehen.* 

255 die aele sin, die da inne sint, 290 ,da^ ist guot, uns sol wol ge- 

sit wir sin worden gotes kint. ^ schehen.* 

swer mir ein stücke versaget, Isengrin pflac tumber sinne: 

e^ wirt ze Zitiäs geklaget/ im gevrös der zagel drinne. 

Reinhart sprach : ,iu ist unverseit, diu naht kalten geriet, 

260 swa:^ wir hän, da^ ist iu bereit sin bruoder warnete in niet: 

in brüederlicher minne. 295 Reinhartes triuwe wären la^. 

hie ist niht me vische inne. er gevrös im ie ba:^ und ba^. 

wolt ir aber mit mir gän ,dirre eimber swsert,* sprach 

da wir einen tich hän, Isengrin. 

265 in dem so vil vische gät, ,dä hän ich gezelet drin 

230 ironisch. — 246 s. § 61. — 248 Zitiäs, Glteaux (Gistercium) in 
Bargund, wo im J. 1098 der Gistercienser Orden gegi-öndet wurde, der auf 
strengste Beobachtung der Regel des hl. Benedikt hielt. — 254 sol, s. § 54. 
^ 260 swa^ w. h., s. § 65. — 264 da = dar da. — 276 vei-ga?, s. § 57. — 
283 und stät, wir erwarten: (ir sult) stän. Derartige Anomalien sind aber 
im Mhd. nicht selten. — 287 in der m., s. V, 261. — 298 da, oft als ein- 
leitende Partikel in Antworten. Vgl. Iwein 230. 



90 Reinhart Fuchs. 

drii^ic aele,* sprach Reinhart, • dö gerieten si in rupfen. 

300 ,diz wirt uns ein nütziu vart. Isengrln bei^ al urabe sich, 

kündet ir nü stille gestän^ sin angest was niht gemelich. 

hundert wellen drin gän.* 335 her Birtin quam gerant, 

als e^ dö begunde tagen, sin swert begreif er zehant 

Reinhart sprach: ,ich wil iu und erbei^te vil snelle. 

sagen, üf da^ is lief er ungetelle. 

305 ich vürhte, da^ wir unser richeit er huop dö da^ swert sin: 

vil söre engelten. mir ist leit, 340 des wart vil unvrö her Isengrin» 

da^ so vil vische dinne ist. er häte vaste geladen, 

ichn wei^ hiezuo deheinen list. da^ quam im da ze schaden; 

irn muget si, waen ich, erwegen. wan wir hoeren wlse liute sagen : 

810 versuocht, ob irs muget heru^ ,swer erhebet, da^ er niht mac 
gelegen.* getragen, 

Isengrin küchen geriet : 34& der muo^ e^ lä^en under wegen/ 

da^ Is wolde smelzen niet; des muost euch Isenjgrin nü 

den zagel muost er lä^en stän. ^ pflegen. 

Reinhart sprach: ,ich wil gän Isengrin was bese^^en; 

315 nach den bruodern, da^ si balde her Birtin häte ime geme^^en,. 

komen. da 15 ern üf den rucke solde troffen 
dirre gewin mac uns allen fromen/ hän : 

vil schiere e^ schöne tac wart ; 350 dö begunden im die vüe^e engän ; 

dannen huop sich Reinhart. von dem slipfe er nider quam^ 

Isengrin der vischsBre der val im den swanc nam. 

320 der vemam vil leidiu maere: umb den val er^ niht enlie, 

er sach einen riter komen, an den knien er dö wider gie. 

der häte hunde ze im genomen. 355 diu glete im aber den slac ver- 
er quam üf Isengrines vart: kerte, 

da^ vischen im ze leide wart. da^ er im den zagel verserte 

325 der riter her Birtin hie^, ^ und sluoc in im gar abe. 

dehein tier er ungejaget lie^. si baten beide grö^e missehabe: 

hern Isengrlne da^ ze schaden dö was hern Birtines klage, 

quam : 36o da; er hat vermisset an dem slage ; 

die var^er gegen im nam. ouch kleite sere her Isengrin 

als er Isengrinen sach, den vil lieben zagel sin: 

330 zuo den hunden er dö sprach den muost er da ze pfände län. 

,zuo!* und begund si schupfen. dannen begund er balde gän. 



348 hatte so gezielt. — 354 s. § 61. 



/ 



Alexander. 



Öl 



Y. Aus dem Alexander 

des Pfaffen Lamprecht. 
Der Wimderwald, 



Do wir füren bi den mere, , 

dö rdit ih ü^er dem here 

mit (Jrin düsint mannen. 

dö hübe wir unsih dannen 
5 und wolden wundir besehjen. 

dö sähe wir verre dannen sten 

einen herlichen walt. 

da^ wunder da^ was manicfalt, 

da^ wir da vernämen. 
10 dö wir da bi quäraen, 

dö hörte wir dar inne 

manige scöne stimme, 

liren unde harfen clanc 

und den süßesten sanc, 
15 der von menschen ie wart gedäht; 

we^ er allir zesamene bräht, 

der nekun^e sih darzönietgegaten. 

vil harte wunniclich der scate 

under den boumen dar was. 
20 da entsprungen blümen unde gras 

und würze maniger kunne. 

ih wene ie walt gewunne 

also manige zirheit. 

er was lanc unde breit. 
25 der selbe walt der lach, 

als ih ü der von sagen mach, 

an einer scönen owen. 

dar moste wir scowen 

mani^en edelen brunnen, 
30 der ü^ den walde quam gerunnen 



lütir unde vil kalt, 
ih und mine helede halt 
heten da wun.diris gemach, 
da^ uns ze liebe da gescach. 

35 da^ ne wil ih so niwit verdagen, 
ih ne wil i^ ü fli^liche sagen. 

Der edele walt fröne 
was wunderlichen scöne. 
des näme wir allis goume : 

40 hö wären di boume, 

di zeigen dicke unde breit, 
näh der rehten wärheit 
(da^ was ein michil wunne) 
da ne mohte di sunne 

45 an di erde niht geschine. 
ih unde di mine 
wir liefen unse ros stän 
und giengen in den walt sän 
durh den wunniclichen sanc. 

50 di wile dühte uns harte lanc, 
bi^ wir dare quämen, 
dar wir vernämen,, 
wa^ wündiris da mohte sin. 
vil manich scöne magetin 

55 wir al da fanden, 
di da in den stunden 
spilten üf den grünen cle. 
hundirt tüsint unde mö 
di spileten unde Sprüngen; 

60 hei wi scöne si sungen. 



1 wir. Alexander berichtet in einem Briefe an seine Muttei* Olympias 
und seinen Lehrer Aristoteles über seine Erlebnisse im Morgenland. Darin 
erzählt er u. a. auch unsre Geschichte. -— den, für dem^ ebenso V. 30. 57. 
95. 133. S. auch uheren 107, einen 122, minen 154. — 22 ?e, s. § 60. — 34 ze 
lid)e, s. zu Nib. 15,4. — 36 ih ne wih wir erwarten den Konj. S. § 62. 
^ 45 geschine, die Abwerfung des ausl.-» des Inf. ist besonders mitteldeutsch. 
S. auch V. 120. 150. 



n 



AlexaQder. 



dsL^ beide deine unde grö:^ 
durh den südlichen dö^, 
den wir hörten in den walt, 
ih und mine helede balt 

«5 vergäben unse herzeleit 
und der grölen arbeit 
und alli^ da:; ungemah 
und swa^ uns leides ie gescacfa. 
uns allen dö bedühte, 

70 als i:; wol raohte, 
da^ wir genüc habeten, 
di wile da^ wir lebeten, 
frowede unde richeif. 
da vergaß ih angist unde leit 

75 unde min gesinde, 

unde swa^ uns von kinde 
ie leides gescach 
bi^ an den selben tach. 
mir dühte an der stunt, 

«0 ih ne wurde niemer ungesunt, 
ob ih dar imer müste wesen, 
so wäre ih garwe genesen 
von aller angistlicher not 
und ne forhte niwit den tot. 

85 Wold ir nü rehte verstän, 
wi i^ umbe di frowen quam, 
wannen si bequämen 
oder wilich ende si nämen, 
des mach ü wol besunder 

90 nemen michil wunder. 

swanne der winter abe ginc 
und der sumer ane ginc, 
und i:^ begunde grünen, 
und di edelen blümen 

95 in den walt begunden üf gän, 
dö wären si vil wol getan: 
lieht was ir gli^e; 
ir röte unde ir wii^e 



vil verre von in schein. 

100 blümen ne.wart nie nehein, 
di scöner wesen mohte. 
si wären, als uns bedühte, 
rehte sinewel als ein bal 
und Taste beslo^^en ubir al. 

105 si wären wunderlichen grö^. 
alse sih di blüme obene entslö^ 
(da^ merket an uheren sinne) 
so waren tJar inne 
megede rehte voüencomen. 

110 ih sag ü, als ih^ hän vernomen. 
si gi engen unde lebeten, 
menschen sin si habeten, 
unde redeten unde bäten 
rehte alse si häten 

115 aldir umbe zwelif jär. 

si wären ge^calfen, da^ is war, 
scöne an ir libe. 
ih ne sach nie von wibe 
scöner antluzze me, 

120 noh ougen also wol ste. 
ir hande unde ir arme 
wären blanc als einen härme 
unde fü^e unde bein. 
undir in ne was nehein, 

125 si ne phlege scöner hubischeit. 
si wären mit zuhten wol gemeit 
unde lacheten unde wären frö 
unde sungen also, 
da^ e noh sint nehein man 

130 so sü^e stimme ne vernam. 
Mugint irs getrüwen, 
so solden dise frowen 
alli:; an den scate wesen, 
sine mohten andirs nit genesen: 

185 swilhe di sunne beschein, 

der ne bleib ze libe nie nehein. 



61 beide cl. u. gr. wird durch ih m.. mine h. V. 64 nochmals aufge- 
nommen und näher ausgeführt. — 65 flf. beachte die wechselnde Konstruktion 
nach vergäben! — 81 s. § 65. — 86 welche Bewandtnis es mit den F. hatte. 
— 107 uheren = iuwerem. — HO als ih^ h, o., von den Jungfrauen, die 
Alexander ja erst in aufgeblühtem Zustande kennen gelernt hat (V. 54). — 
1^5 si ne phl.j s. § 62. — 126 mit z. gemeit, höfische Wendung, dem provenzal. 
cortes e gai entsprechend. — 136 der, Gen. zu nehein. 



Iwein. 93 

da^ wunder da^ was manicfalt: Diz werte, als ih ü sage, 

dö wart irscheUet der walt i65 dri fiianede unde zwelif tage, 
VOI4 der sü^er stimme, da:^ ih und mine helede halt 

140 di da sungen inne, wär^ in dem grünen walt 

di fugele und di magetin, und bi der scönen owen 

wi moht i^ wunniclicher sin mit. den lieben frowen. 

frö unde späte! 170 vil jämerliche uns dö geschach,. 
al ir llbis gewöte da^ ih verclagen nit ne mach. 

145 was ane si gewassen. dö di zit vollenginc, 

ane hüte und ane vasse unse frowede di zeginc: 

in was getan di varwe di blümen gare verturben 

näh den blümen garwe 175 und di scönen frowen stürben ;. 
rot und ouh wi^ so der sne. di boume ir loup liefen 

150 dö wir si zuns sägen ge, und di brunnen ir- fliegen 

zö zin spilete uns der lib. unde di fugele ir singen, 

sus lussame wib dö begunde dwingen 

sint der werlt unkunt. iso unfrowede min herze 
näh minen here sant ih zestunt. mit manicfalder smerze. 

155 dö si ze mir quämen freislich was min ungemah, 

unde ouh vemämen da^ ih alle tage sah 

di h^rlichen stimme, an den scönen frowen. 

da vören si mit sinne i85 owe wi si mih ruwen, 
unde slügen ir gezelt dö ih si sah sterben 

160 in den walt, niht an da:^ feit. und di blümen verterben, 
dö läge wir dar mit scalle dö schiet ih^ trürich dannen 

und froweten unsih alle mit allen minen mannen, 

der seltsenen brüte. — 



VI. Aus dem Iwein. 

Von Hartmann von Aue. 
Kälogrkints Abenteuer im Walde von Breziljän. 

,E^ geschach mir, da^ ist war, da wären die wege manecvalt; 

(es sint nü wol zehen jär) dö kört ich nach der zeswen hant; 

da^ ich nach äventiure reit, üf einen stic, den ich vant. 

gewäfent nach gewonheit, der wart vil rüch und enge: 

5 ze Breziljän in den walt. lo durch dorne und durch gedrenge 



139 (2er, Gen. Plui\, dazu der folgende Relativsatz. — 145 f. gewassetty 
vasse =^ gewahsen, vahse. — 150 sägen = sähen, — 155 si, vgl. zu Gudr. 101, 3. 

1 mir, Kälogröant erzählt selbst. — 5 beachte die Wortstellung! Wegen 
se s. zu Nib. 5, 4. In dem Walde Br. in der Bretagne bestanden die Artus- 
ritter viele ihrer Abenteuer. 



94 



Iwein. 



so vuor ich allen den tac^ 
da^ ich vür war wol sprechen. maCj 
da^ ich so grö:^ arbeit, 
nie von ungeverte erleit» 

16 und dö e^ an den äb^nt gienc, 
einen stic ich dö gevien^ : 
der truoc mich ü^ der wilde, 
und kom an ein gevilde. 
dem volgte ich eine wile, 

20 niht vol eine mlle, 

unz ich eine burc ersach : . 
dar kert ich durch min gemacb. 
Ich reit engegen dem bürgetor; 
da stuont.ein riter vot. 

25 er hete, den ich da stunde vant, 
einen mü^erhabech üf der hant: 
diz was des hüses herre. 
und als er mich von verre 
zuo ime sach riten, 

30 nüne moht er niht erbiten 
und lie^ mir niht die muoi^e, 
da:^ ich zuo sime gruo^e 
vollecliche wsere komen, 
erne hete mir d genomen 

85 den zoum unde den stegereif, 
und als er mich also begreif» 
do enpfienc er mich als schöne, 
als ime got ienier löne. 

Nu hienc ein tavele vor dem iör 

40 an zwein ketenen enbor: 
da sluoc er an, da^ e^ erhal 
und da^ e^ in die burc erschal, 
dar nach was vil unlanc, 
unz da^ dort her vür spranc 

45 des Wirtes samnunge, 
• schoene unde junge 



juncherren unde knehte, 
gecleidet nach ir rehte: 
diu hie^ mich willekomep Mn. 

50 mines rosses unde min 
wart vil guot. war genomen. 
und vil schiere sach ich komen, 
dö ich in die burc gienc, 
eine juncvrouwen, diu mich; en- 
, pfienc. 

55 ich gihe noch» als ich dö jach, 
da^ ich nie schoener kint gesach. 
diu entwäfente mich. , 
und einen schaden clage ich 
(des en wunder niemen), 

60 da^ der wäfeijri^men 
also rehte lützel ist, 
da^ si niht langer vrist 
mit mir solde umbe gän : 
e^ was ze schiere getan. 

65 ichn ruochte, sold e^ jemer sin. 
ein scharlaches mäntelin 
da^ gap si mir an. 
ich unsseliger man, 
da^ si min ouge ie gesach, 

70 dö uns ze scheidenne geschach. 
Wir zwei beliben eine, 
do verstuont sich wol diu reine, 
da:^ ich gerne bi ir was. 
an ein da:; schoeneste gras, 

75 da^ diu werlt ie gewan, 
da vuorte si mich an» 
ein wönec von den liuten ba^. 
da^ lie^ ich wei^got äne ha^. 
hie vant ich wisheit bi der jugent, 

80 grölte schoene und ganze tugent. 
si sa^ mir güetlichen bi, 



1$ und Icomy beachte den Wechsel des Subjektes! — 26 nicht um zu 
beizen, da der Burgherr zu Fuss ist. Der Falke wurde auch als Bote ge- 
braucht. — 34 erne hete g., s. §62. — 41 eine im Mittelalter verbreitete 
Art, das Hausgesinde herauszurufen. — 51 u. guot (Adj.) war ist Subjekt 
des Satzes. — 57 dies war nichts Ungewöhnliches, sondern alter Sitte 
gemäss. — 58 und, adversativ: aber, nur. — 60 der wäfenr,, Gen. zu 
lützel. — 62 langer y Komparativ. — 65 ruochte^ solde, s. § 57. — 66 schar- 
laches, Gen. des Stoffes. — 71 ztoeiy s. § 54. — 74 an, s. Nib. 47, 1. — ein 
das; seh. g.i einen der seh. Grasplätze; vgl. Gudr. 126, 1. — 76 an, zu da zu 
ziehn. — 78 vgl. Nib. 35, 3. 



Iwein. 95 

und swa^ ich sprach, da^ hörte si 120 da^ ich in danne niht vörmite. 

und antwurt es mit güete. da wider het ich keinen strit: 

e^n betwanc min gemiiete ich lobet e^ unde leist e^ sit. 

85 unde bekumbert minen lip Do släfennes zit wart, 

nie so s6re magt noch wip do gedäht ich an mine vart. 

und entuot euch lihte niemer me. 120 und dö ich niene wolde, 

ouwe iemer unde ouwe, noch beliben solde, 

wa^ mir dö vreuden benam dö wart der riterlichen magt 

«0 ein böte, der von dem wirte quam ! von mir gnade gesagt 

der hie^ uns beidiu e^^en gän: ir guoten handelunge. 

dö muose ich rede und vreudelän. iso diu stiege und diu junge 

Dö ich mit ir ze tische gienc, diu lachet unde neic mir. 

derwirtmichanderstuntenpfienc. seht, dö muose ich von ir. 

95 e^n gebot nie wirt mere da^ gesinde da^ bevalch ich gote j 

sime gaste groe^er ere. ze mines wirtes geböte 

er tet den stigen und den wegen iss da bot ich mich vil dicke zuo. 

manegen güetlichen segen, dan schiet ich und reit vil vruo 

die mich gewiset heten dar. ze walde von gevilde. 

100 hie mite sö^übergult er^ gar, da rämet ich der wilde 

da^ er mich ir nie verstieg und vant nach mitten morgen 

und mich so güetlichen lie:^ i4o in dem walde verborgen 

mit der juncvrouwen ei^^en. ein breite^ geriute 

euch enwart da niht verge^^en, äne die liute. 

105 wirn heten alles des die kraft. Da gesach ich mir vil leide 

da^ man da heilet Wirtschaft* eine swaere ougenweide, 

man gap uns spise, diu was guot, 145 aller der tiere hande, 

da zuo willigen muot. die man mir ie genande, 

Dö wir mit vreuden gä^en vehten unde ringen 

110 und da nach gesäten, mit eislichen dingen, 

und ich im häte geseit, da vähten mit grimme 

da^ ich nach äventiure reit, 150 mit griulicher stimme 

des wundert in vil sere wisente und ürrinder. 

und jach, da^ im nie mere dö gehabt ich hinder 

115 dehein der gast wsere komen, und rou mich, da^ ich dar was 

von dem er hsete vemomen, komen. 

da^ er äventiure suochte, und heten si min war genomen, 
und bat, da^ ich des geruochte, i65 sone triut ich mich niht erwern, 
swenn ich den wec da wider rite, wan ich bat mich got genem. 



105 wirn heten, s. § 62, — 106 was zur Bewirtung gehört. — 107 uns, 
K. und seiner Tischgenossin. -- 109 f. gä^en, gesalzen, s. § 57. — 123flf. K. 
verabschiedet sich schon jetzt, da er am nächsten Morgen sehr früh weg- 
reiten will. — 131 lachet, mhd. bloss als Ausdruck der Freundlichkeit. — 
134 f. meinem Wirte stellte ich mich wiederholt zur Verfügung: Höflichkeits- 
formel beim Abschied. — 136 dan, von dannen. — 142 äne die Z., auf 
deren Anwesenheit das^ geriute schliessen Hess. — 145 wir erwarten aller 
hande tiere, — 148 mit eislichen d, = eisliche; vgl. nhd. ,mit rechten Dingen.* 



96 



Iweiii. 



vil gerne wold ich von dan. 
do geeach ich sitzen einen man 
in almitten under iti: 

160 da^ getröste mir den sin. 
dö ich aver im näher quam 
und ich siii rehte war genam, 
dö vorht ich in also sere 
als diu tier ode mere. 

165 Sin mennesöhlich bilde 
was anders harte wilde, 
er was eim Möre gelich, 
michel unde als eislich, 
da^ e^ niemen wol geloubet. 

170 zwäre ime was sin houbet 
groe^er danne eim üre. 
e^ hete der gebüre ^ 
ein ragende^ här ruo^var : 
da^ was im vast unde gar 

175 verwalken zuo der swarte 
an houbet unde an barte, 
sin antlütze wol eilen breit 
mit grölen runzen beleit. 
ouch wären ime diu ören 

180 als eime walttören 
vermieset zewäre 
mit spannelangeme häre, 
breit alsam ein wanne, 
dem ungevüegen manne 

185 wären gränen unde brä 
lanc, rüch unde grä; 
diu nase als eim ohsen grö^, 
kurz, wit, niender - blö^ ; 
da^ antlütze dürre, vlach; 

190 (ouwi, wie eislich er sach!) 
diu ougen röt, zornvar. 
der munt hat ime gar 
bedenthalp diu wangen 
mit wite bevangen. 

195 er was starke gezan, 



als ein eher, niht als ein man z 
ü^rhalp des mündes tür 
ragten sl im her vür, 
lanc, scharpf, grö^, breit. 

200 im was de:; houbet geleit, 
da^ ime sin rühe^ kinnebein 
gewahsen zuo den brüsten schein» 
sin rücke was im üf gezogen, 
hoveroht und ü^ gebogen. 

205 er truoc an seltsaeniu cleit: 
zwo hiute het er an geleit; 
die het er in niuwen stunden 
zwein tieren abe geschunden, 
er truoc ein kolben also grö^,. 

210 da^ mich da bi im verdroß. 

Dö ich im also nähen quam,, 
da^ er min wol war genam, 
zehant sach ich in üf stän 
unde nähen zue mir gän. 

216 weder wider mich sin muot 
wsBre übel ode guot, 
desn weste ich niht die wärheit,. 
und was iedoch ze wer bereit, 
weder erne sprach noch ich. 

220 do er sweic, dö versach ich mich,, 
da^ er ein stumbe waere, 
und bat mir sagen maere. 
Ich sprach: ,bist übel ode 
guot?' 
er spraöh : ,swer mir niene tuot,. 

225 der sol ouch mich ze vriunde hän.' 
,mahtü mich danne wi^^en län, 
wa^ creatiure bistü?* 
,ein man, als du gesihest nü/ 
,nü sage mir, wa^ din ambet sl.^ 

230 ,dä sten ich disen tieren bi.* 
,nü sage mir, tuont si dir iht?*^ 
,si lobten^, taet ich in niht.* 
,entriuwen vürhtent si dich?* 



166 anders, im übrigen (abgesehn von dem mennesclüichen 6.). — 172 ge- 
hüre^ höfischer Begriff; vgl. fi*anz. vilain, — 198 si: die zene, aus gezan V. 195 
zu entnehmen. — 221 ein stumbe, das substantivierte Adj. wurde ursprünglich 
nur schwach flektiert. Daher mhd. auch noch ein blinde, grise (nhd. Greis) 
u. ä. — 227 s. § 61. — 230 da, s. zu Reinh. 298. — 232 si lobten?, etwa 
unser: sie würden Gott danken. 



Iwein. 



97 



,ich pflige ir, und sl vürhtent mich 

285 als ir meister unde ir herren/ 
jSage, wa^ mac in gewerren 270 
din meisterschaft und din huote, 
sine loufen nach ir muote 
ze walde und ze gevilde? 

240 wan ich sihe wol, sl sint wilde, 
sine erkennent man noch sin 

gebot. 275 

ich wände niht, da^ äne got 
der gewalt iemen töhte, 
der si betwingen möhte 

245 äne slo^ und äne baut/ 

er sprach: ,min zunge und min 280 

haut, 
min bete unde min drö 
die habent mirs gemachet so, 
da^ si bibende vor mir stänt 

250 und durch mich tuont unde länt. 285 
swer euch anders under in 
solde sin, als ich bin, 
der waere schiere verlorn/ 
jhen-e, vürhti^ts dinen zorn, 

255 so gebiut in' vride her ze mir/ 290 
er sprach: ,niene vttrhte dir; 
sine tuont dir bi mir dehein leit. 
nü hän ich dir vi! gar geseit, 
swes du geruochtest vrägen: 

260 nune sol dich niht betragen, 295 
dune sagest mir, wa^ du suochest. 
ob du iht von mir geruochest, 
da^ ist alle^ getan/ 
ich sprach : ,ich wil dich wi^^en 

län, 300 

265 ich suoche äventiure/ 
dö sprach der ungehiure: 
jäventiure? wa^ ist da^?* 



,da^ wil ich dir bescheiden ba^. 
nü sich, wie ich gewäfent bin: 
ich hei^e ein riter und hän den 

sin, 
da^ ich suochende rite 
einen man, der mit mir strite, 
der gewäfent si als ich. 
da^ priset in, ersieht er mich; 
gesige ich aber im an, 
so hat man mich vür einen man, 
und wirde werder, danne ich si. 
si dir nü nähen ode bi 
kunt umb seihe wäge iht, 
da:5 verswic mich niht 
unde wise mich dar, 
wand ich nach anders nihte envar. 

Alsus antwurt er mir dö: 
,sit din gemüete stet also, 
da^ du nach ungemache strebest 
und niht gerne sanfte lebest — 
ichn gehört bi minen tagen 
nie selbes niht gesagen, 
wa^ äventiure waere — 
doch sag ich dir ein maere, 
wil du den lip wägen, 
sone darftü niht mö vrägen. 
hie ist ein brunne nähen bi 
über kurzer mile dri: 
zwäre unde kumestu dar 
und tuostü ime sin reht gar, 
tuostü dan die widerkere 
äne grö^e din unöre, 
so bistü woi ein vrum man : 
däne zwivel ich niht an. 
wa^ vrumt, ob ich dir möre sage? 
ich wei^ wol; und bistü niht ein 

zage. 



238 sine l, s. § 62. — 244 der (auf iemen zu beziehn), s. § 64. — 
248 mirs = mir si. — 250 formelhafte Bezeichnung völliger Abhängigkeit. 

— 263 vgl. etwa unser: das ist im voraus geschehn. — 272 einen w., abh. von 
smchende. — 276 man, prägnant = vrum man V. 299; vgl. nhd. ,sei ein 
Mann!' — 277 si, s. § 63. — 278 nähen 0. hi, formelhaft (noch heute im Wallis) 
zur Bezeichnung der weitern und engern Nachbarschaft. — 288 nie niht, 
s.§60. — 292 sone darftü, formell der Nachsatz zum vorangestellten Bedingungs- 
satz, inhaltlich aber Folgesatz zu V. 290. — 294 in einer Entfernung von drei k. M. 

— 296 tust du alles, wozu man ihm gegenüber verpflichtet ist (vgl. V. 305 ff.). 

7 



98 



Iwein. 



so geßihestu wol in kurzer vrist 34o 
selbe, wa:5 diu rede ist. 

305 Noch hoere, wa^ sin reht si: 
da stet ein capelle bi, 
diu ist schoene und aber deine, 
kalt unde vil reine 345 

ist der selbe brunne: 

310 in rüeret regein noch sunne, 
noch entrüebent in die winde, 
des schirmet im ein linde, 
da^ nie man schoener gesach: 350 
diu ist sin schate und sin dach. 

315 si ist breit, hoch und als6 die, 
da^ regen noch der sunnen blic 
niemer dar durch kumt: 
irn schadet der winter noch en- 355 

vrumt 
an ir schoene niht ein här, 

320 sine ste geloubet durch da;^ jär. 
und ob dem brunne stet ein 
harte zierlicher j^in, seo 

undersazt mit vieren 
marmelinen tieren : 

325 der ißt gelöchert vaste. 
e^ hanget von eim aste 
von golde ein becke her abe: 365 
Jane waen ich niht, da^ lernen 

habe 
kein be:^^er golt, danne e^ si.. 

33p diu ketene, da e^ hanget bi, 

diu ist ü^ Silber geslagen. 370 

wil du danne niht verzagen, 
sone tuo dem becke niht me: 
giu^ . üf den stein, der da std, 

335 da mite des brunnen ein teil: 
zwäre so hästü guot heil, 375 

gescheidestü mit eren dan.^ 
hin wiste mich der waltman 
einen stic ze der winstem haut: 



ich vuor des endes unde vant 
der rede eine wärheit, 
als er mir bäte geseit, 
und vant da grö^ öre. 
man enhoeret niemer mere, 
diu werlt ste kurz ode lanc, 
so wünneclichen vogelsanc, 
als ich ze der linden vemam, 
dö ich derzuo geriten quam, 
der ie gewesen weere 
ein tötriuwessere, 
des herze wsere da gevreut. 
si was mit vogelen bestreut, 
da^ ich der este schin verlos 
und euch des loubes lützel kös. 
da wären niender zwene gelich : 
ir sanc was so mislich, 
hoch unde nidere. 
die stimme gap hin widere 
mit gelichem galme der walt. 
wie da sanc sänge galt! 
den brunnen ich dar under sach 
und swes mir der waltman jach, 
ein smäreides was der stein: 
ü^ iegelichem orte schein 
ein also gelpfer rubin, 
der morgensteme möhte sin 
niht schoener, swenn er üf gät 
und in des luftes trüebe lät. 

Dö ich da^ becke hangen vant, 
dö gedäht ich des zehant, 
Sit ich nach äventiure reit, 
e^ waere ein unmanheit, 
obe ich dö da^ verbeere, 
ichn versuochte, wa^ da^ waere ; 
und riet mir min unwiser muot, 
der mir vil dicke schaden tuot, 
da^ ich gö^ üf den stein, 
do erlasch diu sunne, diu ö schein, 



303 so gesihestu, s. zu V. 292. — 307 und aber, wenn auch. — 313 da^, 
nhd. umständlicher: von der Art, dass. — 318 schadet noch envrumt, formel- 
haft = hat keinen Einfluss. — 320 sine stiy s. § 62. — 343 gr. ere, hier nicht 
im gewöhnlichen Sinne zu nehmen; vgl. V. 496. — 371 gehört in den folgen- 
den Satz. — 374 ichn versuochte, s. § 62. — 377 ff. zur Sache vgl. die Sage 
von dem See auf dem Pilatus. 



Iwein. 



99 



und zergienc der vogelsanc, 

380 als e^ ein swarz weter twanc. 
diu wölken begunden 
in den selben stunden 
von vier enden üf gän : 
der liebte tac wart getan, 

385 da^ ich die linden käme gesach. 
grö^ Ungnade da geschach. 

Vil schiere dö gesach ich 
in allenthalben umbe mich 
wol tüsent tüsent blicke; 

390 dar nach sluoc also dicke 
ein also krefteger donreslac, 
da^ ich üf der erde gelac. 
sich huop ein hagel unde ein regen : 
wan da^ mich der gotes segen 

395 vriste von des weteres not, 
ich wser der wile dicke tot. 
da^ wai*t also ungemach, 
da^ der walt nider brach, 
was iender boum da ho grö^, 

400 da^ er stuont, der wart bl6^ 
und loubes also laBre, 
als er verbrennet wsere. 
swa^ lebte in dem walde, 
e^ entrünne danne balde, 

405 da^ was zehant tot. 

ich hete von des weteres not 
mich des libes begeben 
und enahte niht üf min leben; 
und wsere sunder zwivel tot: 

410 wan der hagel und diu not 
in kurzer wile gelac, 
und begunde liebten der tac. 

Dö diu vreise zergienc 
und e^ ze wetere gevienc, 

415 wser ich gewesen vür war 
bi dem brunnen zehen jär, 



ichn begü^^e in niemer me: 
wan ich hete^ ba^ geladen e. 
die vögele körnen widere: 

420 e^ wart von ir gevidere 
diu linde anderstunt bedaht; 
si, huoben aber ir süe^en braht 
und sungen verre ba^ dan ö. 
mirn wart da vor nie so we, 

425 desn waer nü al verge^i^en. 
aJsus het ich bese^^en 
da:; ander pardise. 
die selben vröude ich prise 
vür alle, die ich re gesach. 

430 ja wand ich vröude an ungemach 
unangestlichen iemer hän : 
seht, dö trouc mich min wan. 

Mir nähte laster unde leit. 
nü seht, wä dort her reit 

435 ein riter, des geverte 

was grimme und also herte, 
da^ ich d . wände, es; waere ein 

her. 
iedoch bereite ich mich ze wer. 
sin ros was starc, er selbe grö^; 

440 des ich vil iützel genö^. 

sin stimme lüte sam ein hörn: 
ich sach wol, ime was an mich 

zorn. 
als ab ich in einen sach, 
min vorhte und min ungemach 

445 wart gesenftet iedoch, 

unde gedäht ze lebenne noch, 
und gurte mime rosse ba^. 
dö ich da wider üf gesa^,* 
dö was er komen, da^ er mich 
sach. 

450 vil lüte rief er imde sprach, 
do er mich aller verrest kös: 



380 eij; geht auf den Inhalt der zwei vorhergehnden Verse. — 384 wart g., 
wurde (so) vei-wandelt. — 389 tüsent tüsent, d. i. tausend mal tausend. — 
396 ich wcer (Plusquamperf., wie V. 409), logisch Folgesatz zu V. 393. — 402 
verbrennet, natürlich nicht im nhd. Sinne, sondern = versengt. — 414 weteVf 
hier im Gegensatz zu ungewiter. — 424 f. s. zu Reinh. 118if. — 427 da? 
ander p.y ein zweites P. — MO = des ich engalt. Vgl. zu Nib. 160,3. — 449 
da^y ergänze davor ,so nahe'. 



100 Iwein. 

,riter, ir sit triuwelos. ob ich üf ros ie gesa^. 

mirn wart von iu niht widerseit, ernamminrosundlie^michligen. 

nnd habent mir lästerliche^ leit mir was gelückes da verzigen. 

455 in iuwer höchvart getan. done muot mich niht so s6re, 

nu wie sihe ich minen walt stän ! 490 em bot mir nie die 6re, 

den habent ir mir verderbet da^ er mich wolde ane gesehen, 

und min wilt ersterbet dö ime diu ere was geschehen, 

und min gevügele verjagt. do gebärt er rehte al diu gelich, 

460 iu sl von mir widersagt: als im allertägelioh 

ir sult es mir ze buo^e stän 495 zehenstunt geschaehe alsame. 

ode e^ muo^ mir an den lip gän. der pris was sin, und min diu 
da^ kint, da^ da ist geslagen, schäme, 

da^ muo^ wol weinen unde clagen : swa:; ich doch lasters da gewan, 

465 alsus clag ich von schulden. da was ich ein teil unschuldecan. 

ichn hän wider iuwern hulden mir was der wille harte guot: 

mit minem wi^^en niht getan: 500 done mohten mir diu werc den 
äne schulde ich grölen schaden muot 

hän. an im niht volbringen: 

hien sol niht vrides mere wesen: des muose mir misselingen. 

470 wert iuch, ob ir weit genesen!* Dö mir des rosses wart ver- 

Dö bot ich min unschulde zigen, 

und suochte sine hulde : ichn mohte niht iemer da geligen : 

wan er was men'e danne ich. 505 dö geruochte ich gen von dan 

done sprach er niht wider mich, als ein erlöser man 

475 wan da^ ich mich werte. unde gesa^ ab zuo dem brunnen. 

wand ich mich gerne nerte, der unzuht sult ir mich verkunnen, 

dö tete ich, da^ ich mohte; swie niugerne ich anders si, 

da^ mir doch lützel tohte. 510 und sse^e ich iemer da bi, 

ich tjostierte wider in: ' ichn begü^^e in niemer mere: 

480 des vuort er min ros hin. ich engalt es e so sere. 

da^ beste heil, da^ mir geschach, Dö ich gnuoc lange da gesa^ 

da^ was, da^ ich min sper ze- unde betrahte da^, 

brach. 515 wa^ mir ze tuonne wsßre, 

vll schöne sazte mich sin haut min hamasch was ze swaere, 

hinder da^ ros an da^ laut, da^ ich^ gende niht mohte ge- 

485 da^ ich vil gar des vergaß, tragen: 



453 ehrlicher Kampf wird vorher angesagt. — 454 undy konzessiv: 
dennoch. — 463 da, vgl. zu Nib. 224,4. — 471 da stellte ich ihm m. U. 
vor. — 475 werte, Konj., wehren sollte. — 480 dies war das Ergebnis des 
Kampfes. Man beachte den ironischen Ton, in dem die ganze folgende Er- 
zählung gehalten, ist. — 490 (so sehr) als das, dass er . . — 493 diu 
Instrum., abh. von gelich, — 507 ab = aber. — 511 ichn begü^^e, formell 
der Nachsatz zum yorausgestellten Bedingungssatz, aber logisch abhängig 
von unzuht V. 508: dass ich den Brunnen, und hätte ich immer dabei ge- 
sessen, jemals wieder begossen hätte. Vgl. zu V. 292. 



Parzival. 



ioi 



nü wa^ mac ich mere sagen? 530 
wan ich schütte^ abe und gienc 
dan. 

520 ich genädelöser man 
gedähte, war ich karte, 
unz mich, min herze lerte, 636 

da:; mir an minen wirt geriet, 
von dem ich des morgens schiet. 

525 swie ich dar kom gegangen, 
ichn wart niht wirs enpfangen 
danne euch des äfoents, do ich 540 

da reit: 
da^ machet aber sin hövescheit. 
wsere mir diu öre geschehen, 



als in dem laster ich wart gesehen, 
min handelunge wser gnuoc guot. 
alsus trösten si minen muot, 
er und min juncvrouwe. 
da^ si got iemer schouwe! 

Ich hän eim tören glich getan, 
diu msere, der ich laster hän, 
da^ ich diu niene künde verdagen : 
ichn wolts euch e nie gesagen. 
wsere mir iht ba^ geschehen, 
des hörtent ir mich ouch nü jehen. 
si iuwer deheime geschehen ba^, 
ob er nü welle, er sage da^.' 



VIL Aus dem Parzival. 

Von Wolfram von Esche^bach. 

Parzivals Erziehung im Walde, 

Sich zöch diu frouwe jämers halt ir sun. e da^ sich der versan, 



ü^ ir lande in einen walt 

zer waste in Soltane, 

niht durch bluomen üf die plane. 
5 ir herzen jämer was so ganz, 

sine kerte sich an keinen kränz, 

er wsere röt oder val. 

si brähte dar durch flühtesal 

des werden Gahmuretes kint. 
10 liute, die bi ir da sint, 

müe^en büwen und riuten. 

si künde wol getriuten 



ir volc si gar für sich gewan: 
15 e^ wsere man oder wip, 

den gebot si allen an den lip, 
da^ si immer ritters wurden lüt. 
, wan friesche da^ mins herzen trüt, 
welch ritters leben wsere, 
20 da:; wurde mir vil swsere. 

nu hapt iuch an der witze kraft 
und helt in alle ritterschaffc.* 
Der site fuor angestliche vart. 
, der knappe alsus verborgen wart 



519 wan, knüpft an mere an. — 530 die der Schande entsprochen hätte, 
in der man mich sah. — 533 min juncw.j vgl. franz. ,ma demoiselle*. — 
534 vgl. den Segenswunsch : Gott wende sein Angesicht auf euch ! — 541 sl, 
s. § 63. 

1 diu frouwe j Königin Herzeloyde, Gemahlin Gahmurets von Anjou, der 
auf einer Ritterfahrt nach dem Orient den Tod fand. — 4 niht gehört zu 
üf die plane (Gegensatz zu waste). — 6 s. § 6i5. — 8 durch fl., näml. vor 
Lähelin, der Parzival (Gahmuretes kint V. 9) seiner Erbländer beraubt hatte ; 
vgl. V. 327 ff. — 16 an den l, bei Todesstrafe. — 17 immer, s. § 60. — 21 
nun nehmt euren Verstand zusammen ! — 23 dieser Brauch wurde mit ängst- 
licher Sorgfalt beobachtet. 



102 • '.•:-■•*':: ' -'- : Par2ival. 
.•••••:.:- • 

25 zer waste in Soltäne erzogen, die sit mit sänge wurden geil, 

an küneclicher fuore betrogen, Der knappe sprach zer künegin : 

67; enmöht an eime site sin: ,wa^ wi^et man den vogelin?* 

bogen unde bölzelin 6& er gert in frides sä zestunt. 

die sneit er mit sin selbes hant sin maoter kust in an den munt, 

30 und schö^ vil vögele, die er vant. diu sprach : ,wes wende ich sin 

Swenne aber er den vogel erschoß, gebot, 

des schal von sänge e was so grö^, der doch ist der hoehste got? 

so weind er unde roufte sich, suln vögele durch mich freude 

an sin här kört er gerich. län?* 

35 sin lip was clär unde fier : 70 der knappe sprach zer rauoter sän : 

üf dem plan am rivier ,öwe, muoter, wa^ ist got?' 

twuoc er sich alle morgen. . ,sun, ich sage dir^ äne spot: 

erne künde niht gesorgen, er ist noch liehter denne der tac, 

e^ enwsere ob im der vogelsanc ; der antlitzes sich bewac 

40 diu süe^e in sin herze dranc: 75 nach menschen antlitze. 

da^ erstracte im siniu brüstelin. sun, merke eine witze 

al weinde er lief zer künegin. und flehe in umbe dine not: 

so sprach si: ,wer hat dir getan? sin triuwe der werlde ie helfe 

du waere hin ü^ üf den plan.* bot. 

45 ern künde es ir gesagen niht, so heilet einer der helle wirt: 

als kinden lihte noch geschiht. so der ist swarz, untriuwe in niht 

Dem maere gienc si lange nach. verbirt. 

eins tages si in kapfen sach von dem ker dine gedanke 

üf die boume nach der vögele schal. und euch von zwivels wanke.' 

50 si wart wol innen, da^ zeswal Sin muoter underschiet im gar 

von der stimme ir kindes brüst. da^ vinster und da^ lieht gevar. 

des twanc in art und sin gelust. 85 dar nach sin snelheit verre spranc. 

frou Herzeloyde kert ir ha^ er lernte den gabilötes swanc, 

an die vögele, sine wesse um wa^ : da mit er mangen hir^ ©rsch^^, 

55 si wolt ir schal verkrenken. des sin muoter und ir volc genö^. 

ir büliute unde ir enken e^ wsßre »her oder sne, 

die hie^ ei vaste gäben, 90 dem wilde tet sin schieben we. 

vögele würgen und vähen. nu hoeret fremdiu maere. 

die vögele wären ba^ geriten : swenn er erschoß da^ swaere, 

60 etsliches sterben wart vermiten: des waere ein mül geladen genuoc, 

der bleip da lebendic ein teil, als unzer worht hin heim er^ truoc. 



27 soweit diese (diu k. fuore) sich nicht in einer Lebensgewohnheit zeigen 
konnte. — 39 e^ enw.j s. § 62. — 44 vgl. 50 f. — 42 weinde = weinende; 
s. § 16 Anm. — 43 vgl. Reinh. 76. — 49 der v. schal für ,die singenden 
V.* — 52 sin gehört auch zu art. — 61 lebendic, s. zu Gudr. 221,3. — 62 
die . '. wurden, s. § 54. — 74. 75 gehn auf die Menschwerdung Christi. — 
79 söj dagegen. — 85 snelheit bezeichnet hier die Person, der die Eigenschaft 
snel zukommt; vgl. nhd. ,seine Hoheit'. — 88 des bezieht sich auf den ganzen 
vorhergehnden Satz. — 92 dai;' swcere, des Wild von solcher Schwere, dass 
damit . . — 94 als w., unzerlegt, wie es war; vgl. zu Nib; 369, 1. 



Parzival. 



103 



125 



95 Eins tages gienc er den weide- 
ganc 

an einer halden^ diu was lanc. 
er brach durch blates stimme ein 

zwic. 
da nähen bi im gienc ein stlc: 
da hört er schal von huof siegen, iso 

100 sin gabilöt begund er wegen, 
dö sprach er : , wa^ hän ich ver- 

nomen ? 
wan wolt et nü der tiuvel komen 
mit grimme zomeclichel is» 

den bestüende ich sicherllche. 

105 min muoter freisen von im sagt: 
ich wa&ne, ir eilen si verzagt/ 
Alsus stuont er in strites ger. 
nu seht, dort kom geschuftet her lio 
dri ritter nach wünsche var, 

110 von fuo^e üf gewäpent gar. 
der knappe wände sunder spot, 
da^ ieslicher waere ein got. 
dö stuont ouch er niht langer hie, 
in den phat viel er üf siniu knie. 145 

115 lüte rief der knappe sän: 

,hilf , got ! du mäht wol helfe hän.* 
Der vorder zornes sich bewac, 
dö der knappe im phade lac: 
jdirre toersche Wäleise 

120 unsich wendet gäher reise.* 

ein pris, den wir Beier tragen, 

muo^ ich von Wäleisen sagen: 

die sint toerscher denne beiersch 

her 



150 



und doch bi manlicher wer. 
swer in den zwein landen wirt, 
gefuoge ein wunder an im birt. 

Dö kom geleischieret 
und wol gezimieret 
ein ritter, dem was harte gäch. 
er reit in striteclichen nach, 
die verre wären von im komen: 
zwön ritter heten im genomen 
eine frouwen in sim lande, 
den helt e^ dühte schände; 
in müete der juncfrouwen leit, 
diu jaemerliche vor in reit, 
diso dri wären sine man. 
er reit ein schoene kastelän ; 
sins Schildes was vil wönic ganz, 
er hie^ Karnahkarnanz 
leh cons ülterlec. 
er sprach: ,wer irret uns den 

wec?* 
sus fuor er zuome knappen sän. 
den düht er als ein got getan : 
ern hete so lichtes niht erkant. 
üfem touwe der wäpenroc er- 

want. 
mit guldin schellen kleine 
vor iewederm beine 
wären die Stegreife erklenget 
und ze rehter mä^e erlenget. 
sin zeswer armvon schellen klanc, 
swar em bot oder swanc. 
der was durch swertslege so hei : 
der helt was gein prise snel. 



97 durch hl. sL, um zu »blatten', d. h. mit dem Blatte Locktöne für das 
Wild hervorzubringen. — 108 seht, Am*ede an die Zuhörer, denen das Epos 
vorgelesen wird. — konty s. § 54. — 111 wände, wegen ihrer glänzenden 
Rüstung. — 119 Wäleise, Bewohner von Valois, dem Reich der Herzeloyde. 
Wolfram nennt seinen Helden oft einfach W* — 121 pris, ironisch. Die 
Baiern waren im Mittelalter als dumm verschrien. — 126 an dem gebiert 
diu gefuoge ein Wunder: ,der ist ein Wunderkind der Geschicklichkeit'. — 
130 in, den zwei V. 132 genannten Rittern. — 137 dise dri, vgl. V. 109. — 
141 = le (li) cons ultre lac, der Graf jenseits des Sees. — 146 der Wappen- 
rock (ein gewöhnlich ärmelloser, aus kostbaren Stoffen gefertigter und pracht- 
voll ausgestatteter Übei*wurf) reichte auf die Erde, — 147 es war ritterliche 
Mode, Kleider und Reitzeug mit Schellen zu besetzen. — 153 und zwar war 
es so hallend durch Schw., denn ... 



104 Pai'zival. 

155 sus fuor der vürste riche, dö lac diu gotes kunst an im. 

gezimiert wünnecliche. von der äventiur ich da:; nim^ 

Aller manne schoene ein bluo- diu mich mit wärheit des beschiet : 

menkranz 190 nie mannes varwe ba^ geriet 

den fragte Kamahkarnanz : vor im sit Adämes zit. 

jjuncherre, säht ir für iu<?h varn des wart sin lop von wiben wit. 

160 zwen ritter, die sich nihtbewam Aber sprach der knappe sän, 

kunnen an ritterlicher zunft? da von ein lachen wart getan: 

si ringent mit der nötnuaft 195 ,ay ritter got, wa^ mahtu sin? 
und sint an werdekeit verzagt: du hast sus maneo vingerlin 
si füerent roubes eine magt/ an dinen lip gebunden, 

165 derknappe wände, swa^ er sprach) dort oben und hie unden/ 
e^ waere got, als im verjach aldä begreif des knappen hant, 

frou Herzeloyd diu künegin, 200 swa^ er isers ame fürsten vant: 
do sim underschiet den liebten de^harnaschbegunderschouwen. 

schtn. ,miner muoter juncfrouwen 

do rief er lüte sunder spot : ir vingerlin an snüeren tragent, 

170 ,nu hilf mir, hilfericher got!* diu niht sus an einander ragent/ 

vil dicke viel an sin gebet 205 der knappe sprach durch sinen 
fil li roy Gahmuret. muot 

der f üi-ste sprach : ,i€h pin niht got, zem fürsten : , war zuo ist diz guot , 
ich leiste ab gerne sin gebot. da:; dich so wol kan schicken? 

176 du mäht hie vier ritter sehen, ine mac es niht ab gezwicken.* 
op du ze rehte kündest spehen.* Der fürste im zeigete sä sin 

Der knappe fragte fürba^: swert: 

,du nennest ritter: wa^ ist da:;? 210 ,nu sich, swer an mich stritesgert, 
hästu niht gotlicher kraft, des selben wer ich mich mit siegen: 

180 sösagemir, wergit ritterschaft?' für die sine muo^ ich an mich 
,da^ tuet der künec ArtQs. . legen ? 

juncherre, komt ir in des hüs, und für den schu:; und für den 
der bringet iuch an ritters naroen , stich 

da^ irs iuch nimmer dürfet muo^ ich alsus wäpen mich.' 
schämen. 215 aber sprach der knappe snel: 

185 ir mugt wol sin von ritters art.* ,ob die hirze trüegen sus ir vel, 

von den beiden er geschouwet so verwunt ir niht min gabilöt. 

wart : der vellet manger vor mir tot.' 

157 wird durch das folgende den in die Konstruktion aufgenommen- 
Aller ist Attrib. zu schoene. Wolfram hebt bei jeder Gelegenheit die unge- 
wöhnliche Schönheit seines Helden hervor. — 164 roubes^ in räuberischer 
Weise. — 168 sim = si im, — 174 06 = aber. — 178 du nennest r., du 
sprichst den Namen R. aus. — 188 f. Der Dichter will durch die Beinifung 
auf seine Quelle den Schein vermeiden, als ob er Selbsterfundenes erzähle. 
— 196 Parzival meint die Ringe des Panzers. — 203 tragent, näml. um 
den Hals. — 205 durch s, »«., bewogen durch seinen (kindlichen) Sinn. — 
212 für, zum Schutze gegen. — an mit legen zu verbinden. ~- 214 wäpen = 
wäpenen, — 217 ir, Gen. zu niht. 



ParzivaL 105 

Die ritterzumden, da^ erhielt hat unser juncherre ersehen 

220 bi dem knappen, der vil tumpheit 255 üf disen rittern helme schart, 

wielt. sone hän wir uns niht wol be- 
der fürste sprach : ,got hüete din. wart. 

,öwi wan weer din schcene min! wir sulen der küneginne ha^ 

dir hetegot den wünsch gegeben, von schulden hoeren umbe da^, 

ob du mit witzen soldest leben. wand er mit uns da her lief 

225 diu gotes kraft dir virre leit!* 260 hiute morgen, d 6 sidannochslief/ 

die sine und ouch er selbe reit der knappe enruochte euch, wer 
unde gähten harte balde dö schö^ 

zeinem velde in dem walde. -die hirze kleine unde grö^: 

da vant der gefüege er huop sich gein der muoter 

230 frön Herzeloyden pblüege. wider 

ir Tolke leider nie geschach; und sagt irmser. dö viel sinider: 

die er balde eren sach: 265 siner werte si so sere erschrac, 

öi begunden säen, dar nach egen, da^ si unversunnen vor im lac. 
ir gai*t ob starken ohsen wegen. Dö diu küneginne 

235 Der fürste in guoten morgen wider kom zir sinne, 

bot swie si da vor wasre verzagt, 

und fragte si, ob si ssehen not 270 dö sprach si: ,8un, wer hat ge- 
eine juncfrouwen liden. 



sine künden niht vermiden, dir von ritters orden? 

swes er vrägt, da^ wart gesagt: wä bist dus innen worden?* 

240 jZwene ritter unde ein magt ,muoter, ich sach vier man 

da riten hiute morgen. noch lichter danne got getan: 

diu frouwe fuor mit sorgen : 275 die sagten mir von ritterschaffc. 

mit sporn si vaste ruorten, Artus küneclichiu kraft 

die die juncfrouwen fuorten.* sol mich nach ritters eren 

245 (e^ was Meljahkanz. an Schildes ambet keren.' 

den ergähte Karnahkarnanz, sich huop ein niuwer jämer hie. 

mit strite er im die frouwen nam : 280 diu frouwe enwesse rehte, wie 

diu was da vor an freuden lam. da^ si ir den list erdaehte 

si hie^ Imäne unde in von dem willen braehte. 

250 von der Beäfontäne). Der knappe tumj) unde wert 

Die büliute verzagten, iesch von der muoter dicke ein 

do die beide für si jagten. pfert. 

si sprächen: ,wiest uns sus ge- 285 da^ begunde si in ir herzen 

schoben? klagen. 



220 iumpheit, Gen. — 230 /Von, Gen. von frou(we). — 232 die, auf das 
kollektive volc bezogen. — 239 da^ w. g., freie Fügung; wir erwarten einen 
Objektsatz zu vevmiden. — 243 ruorten^ näml. diu ros. — 248 vgl. V. 584. 

— 278 der Schild ist das Symbol des Rittertums, Schildes ambet daher 
Ritterdienst. — 281 wie da^, diesen pleonastischen Gebrauch von dai^ kennt 
auch die heutige Volkssprache noch. — 282 Beiordnung statt Unterordnung. 

— 285 begunde klagen, Aorist. 



106 



Parzival. 



si dahte : »in wil im niht versagen : 
e^ muo^ aber vil boese sin/ 
do gedähte mer diu künegin : 
,der Hute vil bi spotte sint. 

290 tören kleider sol min kint 
ob sime liebten libe tragen, 
wirt er geroufet und geslagen, 
so kumt er mir her wider wol/ 
öwe der jaemerlichen , dol ! 

296 diu frouwe nam ein saetuoch: 
si sneit im hemde unde brudch, 
da^ doch an eime stücke erschein, 
unz enmitten an sin blanke^ bein. 
da^ wart für tören kleit erkant. 

300 ein gugel man obene drüfe vant. 
al frisch rüch kelberin 
von einer hüt zwei ribbalin 
nach sinen beinen wart gesniten. 
da wart grö^ jämer niht vermiten. 

805 Diu künegin was also bedäht, 
si bat bellben in die nahf. 
,dune solt niht hinnen keren, 
ich wil dich list ö lören. 
an unge bauten strafen 

3i'o soltu tunkel fürte lä^en: 
die sihte und lüter sin, 
da soltu al balde riten in. 
du solt dich site nieten, 
der werlde grüe^en bieten. 

315 ob dich ein grä wise man 
zuht wil l^ren, als er wol kan, 
dem soltu gerne volgen 
und wis im niht erbolgen. 
sun, lä dir bevolhen sin, 

320 swa du guotes wibes ^vingerlin 
mügest erwerben und ir gruo^. 



da^ nim: e:; tuet dir kumbers 

buo^. 
du solt zir küsse gäben 
und ir lip vast umbevähen: 
325 da^ git gelücke und höhen muot, 
ob si kiusche ist unde guot. 

Du solt ouch wi^^en, sun min : 
der stolze küene Lähelin 
dinen fürsten ab ervaht zwei lant, 
830 diu selten dienen diner hant, 
Wäleis und Norgäls. 
ein din fürste Turkentäls 
den tot von sin er hende enphienc : 
din volc er sluoc unde vienc* 
335 ,diz rieh ich, muoter, ruoeht es 
got: 
in verwundet noch min gabilöt/ 
Des morgens dö der tac er- 
' schein, 
der knappe balde wart enein, 
tm was gein Artuse gäch. 
340 Herzeloyde in kuste und lief im 
nach, 
der werlde riuwe aldä geschach. 
dö si ir sun niht langer sach 
(der reit enwec ; wemst desto ba:^ ?) 
dö viel diu frouwe valsches la^ 
345 üf die erde, aldä si jämer sneit, 
so da^ si ein sterben niht ver- 
meit. 
Ir vil getriulicher tot 
der frouwen wert die hellenöt. 
öwol si, da:^ si ie muoter wart! 
350 sus fuor die lönes bemden vart 
ein Wurzel der güete 
und ein stam der diemüete. 



286 in = ich ne. — 287 e?, das Pferd. — 292 er, s. § 54. — 297 Rela- 
tivsatz mit konsekutiver Bedeutung. — 299 das galt (damals) als T. — 300 
man vant, wir sagen: befand sich. — 301 die Adjektive gehören zu hüt. — 
303. wart, s. § 54. - 309 Attrib. zu. fürte. — 318 und wis, S; zu Reinh. 283. 
— 322 da^ nim, logisch abhängig von bevolhen sin Mi 319. — SS^ßin din f., 
s. zu Gudr. 126, 1. — 341 der werlde, verstärkend: das grösste Leid von der 
Welt. — 343 wemst d. b., wem ist nun wohler? wer freut sich darüber? 
'- 346 em St., Subjekt. '— 350 die l. b. vart, in den Himmel. — 351 f. ein, 
demonstr. 



Parzival. 107 

öwe da^ wir nu niht enhän doch solten nu getriuwiu wlp 

ir sippe tmz an den eilften spän ! heiles wünschen disem knaben, 
355 des wirt gevelschet manec lip. der sich hie von ir hat erhaben. 



Das Mahl auf der Oralhurg, 

Si giengen üf ein palas. üf ein spanbette. 

360 hundert kröne da gehangen was, e^ was worden wette 

vil kerzen drüf gest6;^en, S85 zwischen im und der vröude: 

ob den hüsgenö^en, »«r. lebte niht wan töude. 

kleine kerzen umbe an der want. ' in den palas kom gegangen 

himdert pette er ligen vant der da wart wol enpfangen, 

365 (da^ schuofen dies da pflägen) : Parzival der lieht gevar, 

hundert kulter drüffe lagen. 390 von im, der in sante dar. 

ie vier geselle^ sundersiz, er lie^ in da niht langer sten: 

da enzwischen was ein underviz ; in bat der wirt näher gen 

derfür ein , tepp^ch sinewel. und sitzen ,zuo mir da her an. 

370 fil li roy Primutel sazte i'uch verre dort hin dan, 

mohte wol geleisten da^, ; 395 da^ waere iu alze gastlich.' 

eins dinges man da niht vergaß : iSus sprach der wirt jämers rieh, 

sine hete niht betöret, der wirt het durch siechheit 

mit marmel was gemutet grö^iufiurundanimwarmiukleit. 

375 dri vierekke fiuwerrame: s. * wit und lanc zobelin,. 

dar üffe was des fiuwe^s namei 400 sus muose ü^e und inne sin 

holz hie^ lign alöe. «der pelli^ und der mantel drohe, 

so grö^iu fiuwer Sit noch e der swechestbalcwaerwolze lobe: 

sach niemen hie ze Wildenberc : der was doch swarz unde grä : 

380 jen^ wären kostenlichiu werc. des selben was ein hübe da 

Der wirt sich selben setzen b|^t \gk üf sime houbte zwivalt, 

gein der mittein fiuwerstat"^ ^ ^ von zobele, den man tiure galt. 

< *^ •>! . 

354 Sippe, Gen. zu niht, — . unn (M^.e. sp., ,bis ins elfte Glie(J.* Die 
Verwandtschaftsgrade werden nach spcBnm, gezählt. — 360 A'rowc, Gen. Flur. 
~ tcas, s. zu Nib. 408, 4. — 365 sehuefm,%\% 57. — dies da (s. zu Iwein 463) 
pfl,j die das zu besorgen hatten. — 367 wiM'dufch da enzwischen in die Kon- 
struktion aufgenommen. — 370 d. i. Anfortas, der Gralkönig. — 374 Objektsatz 
zu betüret: aus Marmor zu mauern. — wo«, s. § 54. — 376 des /*. n. = ^uwer. 
— 377 höht gemeinsames Subjekt zu wcts unj hie:^. — lign a., 'ivkakor\^ in- 
disches Aloeholz, ,im Mittelalter wegen seine« Wohlgeruches und seiner Heil- 
kraft viel genannt.* — 379 Wüdenhercy der Wohnsitz Wolframs. Der Dichter 
spielt auf seine Armut an. — 381 Der loirt, Anfortas. Beachte das sich' — 
384 die Rechnung war ausgeglichen. Das Verhältnis des Menschen zum Glück 
wird als ^in Geschäflsverhältnis aufgefasst. — 386 iöude = töunde, — 390 
Anfortas selbst hatte Parziral nach der Gralburg gewiesen. •— 394 i'uch = 
ich iuch, — 395 das hiesse euch zu sehr als Fremden behandeln. — 403 
swarz unde grä, der feinste Zobel ist stoarz tmde w^, — 406 führt des selben 
(Gen. des Stoffes) näher aus. 



108 Parzival. 

sinwel aräbsch ein borte daj^ wären juncfrouwen clär. 

oben drüf gehörte, zwei schapel über blö^iu här 

mitten dran ein knöpfelin, bltiemin was ir gebende. 

410 ein durchliuhtic rubin. • iewederiu üf der hende 

da sa^ manec ritter kluoc, 445 truoc von golde ein kerzstal. 

da man jämer für si truoc. ir här was reit, lanc unde val. 

ein knappe spranc zer tür dar in. si truogen brinnendigiu lieht, 
der truoc eine glaevin hie sule wir verge^^en nieht 

415 (der site was ze trüren guot): umbe der juncfrouwen gewant, 
an der sniden huop sich pluot 450 da maus kumende inne vant. 
und lief den Schaft unzüf die hknt, di grsBvln von Tenabroc, 
dei^ in dem ermel wider Want. brün scharlachen was ir roc : 
da wart geweinet und geschrit des selben truoc euch ir gespil. 

420 üf dem palase wit: si wären gefischieret vil 

da^ volc von dri^ec landen 455 mit zwein gürtein an der krenke, 
möht^ den ougen niht enblanden. ob der hülfe ame gelenke. 
er truoc si in sinen h enden nach den kom ein herzogin 

alumb zen vier wenden und ir gespil. zwei stöllelin 

425 unz aber wider zuo der tür. si truogen von helfenbein. 

der knappe spranc hin ü^ derfür. 46o fr raunt nach fiuwers roete schein, 
gestillet was des Volkes nftt, die nigfn alle viere : 

als in der jämer e gebot, zwuo sazten schiere 

des si diu glaevin het erniant, für den wirt die stellen. 

430 die der knappe brähte in siner da wart gedient mit vollen. 

haut. 465 die stuonden ensamt an eine schar 

Wil iuch nu niht erlangen, und wären alle wol gevar. 

s6 wirt hie zuo gevangen, den vieren was gelich ir wät. 

da^ ich iuch bringe an die vart, seht, wä sich niht versümet hat 

wie da mit zuht gedienet wart. ander frouwen vierstunt zwuo. 

435 zende an dem palas •^ 4t^ die wären da geschaffet zuo. 

ein stählin tür entslo^^en wa§: viere truogen kerzen grö^: 
da gien'gen ü^ zwei werdiu kint die andern viere niht verdroß, 
(nu beert, wie diu geprüevet sint), sine trüegen einen tiuren stein, 
da:^ si wol gaeben minnen solt, da tages di sunne lieht durch 

440 swer^ da mit dienste h^t, verholt. schein. 



407 aräbsch, d. h. von ambischem Golde. Beachte die Stellung des 
unbest. Art.! — M^ jämer, hier konkret: etwas Jammererregendes. — 421 
dri^ec, formelhafte Zahl; s. zu Gudr. 167,3. — 422 hätte das den Augen 
nicht zumuten, nicht so viel weinen können. — 423 si, die Lanze. — 435 
Z€nde = ze ende. ■— 439 dai^, davor ist etwa so getan zu ergänzen; vgl. 
zu Iw. 318. — 443 blüeinin gehört zu schapel; vgl. V. 497. — was; s. § 54. 
— 4&0 inne mit da zu verbinden. — 451 gravin wird durch ir V. 452 in 
die Konstruktion aufgenommen. — 453 des selben, einen Rock aus dem selbön 
Stoff. — 465 die, die vier genannten Frauen. — 470 zuoy mit da zu ver- 
binden. — 473 sine tr,, s. § 62. 



Parzival, 



109 



475 da für was sin name erkaiit: 

e^ was ein gränät j&chant, 

beide lanc unde breit. 

durch die lihte in dünne sneit, 

swer in zeime tische ma;;. 
48Q da obe der wirt durch rlchheit ä^. 

si giengen harte rehte 

für den wirt al ehte, 

gein nigen si ir houbet wegten. 

viere die taveln legten 
485 üf helfenbein wi^ als ein sne, 

Stollen, die da körnen e. 

mit zuht si künden wider gen, 

zuo den Ersten vieren sten. 

an disen aht frouwen was 
490 rocke grüener denn ein gras, 

von AzagouG samit, 

gesniten wol lanc unde wit. 

da mitten si zesamne twanc 

gürtein tiur, smal unde lanc. 
495 dise ahte juncfrouwen kluoc, 

iesltchiu ob ir häre truoc 

ein kleine blüemin schapel. 

der gräve Iwan von Nönel 

unde Jernls von Ril, 
500 ja was über manege mil 

ze dienst ir tohter dar genomen : 

man sach die zwuo fürstin kernen 

in harte wünneclicher wat. 

zwei me^^er snidende als ein grät 
505 brähten si durch wunder 

üf zwein twehelen al besunder. 

da^ was silber herte wi^; 

dar an lac ein spaeher vli^: 



im was solch scherpfen niht ver- 

miten, 
e^ hete stahel wol versniten. 
vorm silber kömen frouwen wert, 
der dar ze dienste was gegert : 
die truogen lieht dem silber bi; 
vier kint vor missewende vri. 
sus giengens alle sehse zuo: 
nu hoert, wa^ ieslichiu tuo. 
Si nigen. ir zwuo dö truogen 

dar 
üf die taveln wol gevar 
da:; silber unde leiten^ nider. 
dö giengen si mit zühten wider 
zuo den örsten zwelven sän. 
ob i*^ geprüevet rehte han, 
hie sulen ahzehen frouwen sten. 
avoy nu siht man sehse gön 
in wsßte, die man iiure galt: 
da^ was halbe^ plialt, 
da^ ander pfell von Ninnivä. 
dise und die ersten sehse e 
truogen zwelf rocke geteilt, 
gein tiuwerr kost geveilt. 
nach den kom diu künegln. 
ir antlütze gap den schin, 
si wänden alle, e^ wol de tagen, 
man sach die maget an ir tragen 
pfellel von Aräbl. 
üf einem grüenen achmardi 
truoc si den wünsch von pardis, 
bede wurzeln unde ris. 
da^ was ein dinc, da^ hie^ der 

Gral, 



475 da für geht auf das Folgende. — 480 da obe, wir sagen : daran. — 
483 gein nigen wegen = nigen, — 484 die t, den tafelförmig geschnittenen 
Edelstein, von dem V. 473 ff. die Rede war. — 485 ein sne, vgl. V. 490; 
Nib. 195,3. — 486 sl^ollen, Appos. zu helfenbein] wir sagen: Füsse von Elfen- 
bein. — 491 Azagouc: side von Ä, erwähnt das Nibelungenlied. — 498 f. 
die beiden Namen werden wieder erst durch ir V. 501 in die Konstruktion 
aufgenommen. — 507 da^, der Stoff der Messer. — 509 im, dem Silber, d. i. 
den silbernen Messern. — 516 tuo, s. § 63. — 522 i'^ = ich c|'. — 526 
dai^, der Stoff der Kleider; vgl.. V. 507, — hcUbe^, prädik. Attrib., zur 
Hälfte. — 529 geteilt , aus verschiedenen Stoffen zusammengesetzt. — 530 
tiuwerr = tiuwerer. — 538 w. unde ris, formelhaft zur Bezeichnung der 
Ganzheit, Vollkommenheit. 



110 



Parzival. 



540 erden wnnsches überwal. 
Bepansfi de schoy si hie^, 
. die sich der gräl tragen lie;^. 
der gral was von sölher art: 
wol muos ir kiusche sin bewart, 

545 diu sin ze rehte solde pflegen: 
diu mnose valsches sich bewegen. 

Vorem gräle körnen lieht: 
diu wären von armer koste nieht ; 
sehs glas lane, lüter, wol getan, 

550 dar inne balsem, der wol bran. 
dö si körnen von der tür 
ze rehter mä^e alsus her für, 
mit ztihten neic diu künegln 
. und al diu juncfröuwelin, 

655 die da truogen balsemva^. 
diu küngin valscheite la;^ 
sazte für den wirt den gräl. 
de^ maere giht, da^ Parzival 
dicke an si sach und dähte, 
diu den gräl da brähte: 
er het euch ir mantel an. 
mit zuht die sibene giengen dan 595 
zuo den ahzehen Ersten, 
dö liei^en si die bersten 
zwischen sich; man sagte mir, 
zwelve iewederthalben ir. 
diu maget mit der kröne 
stuont da harte schöne, 
swa^ ritter dö gese^^en was 
über al den palas, 
den wären kamersere 
mit guldin becken swaere 



560 



565 



570 



575 



580 



585 



590 



600 



ie viern geschaffet einer dar 
und ein juncherre wol gevar, 
der eine wi^e tweheln tnioc. 
man sach da rtcheit genuoc. 
der taveln muosen hundert sin, 
die man da truoc zer tttr dar in. 
man sazte iesliche schiere 
für Werder ritter viere: 
tischlachen var nach wi^e 
wurden drüf geleit mit vli^e. 
der wirt dö selbe wa^^er nam; 
der was an hohem muote lam. 
mit im twuoc sich Parzival. 
ein sidin tweheln wol gemäl 
die bot eins gräven sun dernäch : 
dem was ze knien für si gäch. 
swä dö der taveln keiniu stuont, 
da tet man vier knappen kuont, 
da^ si ir diens niht vergae^en 
den, die drobe saß^en. 
zwene knieten unde sniten: 
die andern zwöne niht vermiten, 
sine trüegen trinken unde^^endar 
und nämen ir mit dienste war. 
Hoert mer von richheite sagen, 
vier karräschen muosen tragen 
manec tiuwer goltva^ 
ieslichem ritter, der da sa^. 
man zöchs zen vier wenden, 
vier ritter mit ir henden 
mans üf die taveln setzen sach. 
ieslichem gienc ein sohriber nach, 
der sich dar zuo arbeite 



542 beachte die Fügung ! — 561 Parzival hatte ritterlicher Sitte gemäss 
beim Eintritt in die Gralburg neue Kleider bekommen, darunter einen Mantel, 
den Repanse de Schoye vorher geti*agen. Vgl. Iwein 66 f. — 564(2teÄ., Repanse 
de Schoye. — 577 mtwsen, mochten etwa. — 580 vgl. V. 367. — 581 var 
n. w,, vgl. Gudr. 227,3. — 583ff. während des ganzen Mittelalters führte 
man die Speisen mit den Fingern zum Munde; daher wusch man sich vor 
und nach dem Mahle die Hände. Zu diesem Zwecke wurden becken und 
twe/ieZn herumgereicht. — 590 kuont für kUnt — 591 diens = dienens, dazu 
als Objekt den; vgl. zu Nib. 468,4. — 592 drobey s. zu V. 480. — 595 sine 
tr.j s. § 62. — 601 zoch si, näml. die karräschen, — 603 man siu^ näml. 
diu goltva^, ~ 604 schriber, der das Verzeichnis des Tafelgeschirrs führte 
und dieses nach erfolgtem Gebrauche wieder in seinen Gewahrsam nahm. 



Parzival. 111 

und si wider üf bereite, diu werde geselleschaft 

so da gedienet waere. hete Wirtschaft vorne gräl. 

nu hoert ein ander msere. wol gemarcte Parzival 

hundert knappen man gebot: 645 die richeit und da^ wunder grö^: 

610 die nämen in wi^e tweheln bröt durch zuht in vrägens doch ver- 
mit zühten vor dem gräle. ' drö:^. 

die giengen al zemäle er dähte : ,mir riet Gumamanz 

und teilten für die taveln sich. mit grö2;en triuwen äne schranz, 

man sagte mir, diz sag ouch ich ich solte vil gevrägen nihi. 

615 üf iuwer iesliches eit, 65o. wa^ op min wesen hie geschiht 

das; vorem gräle waere bereit die mä^e als dort pi im ? 

(soi ich des iemen triegen, äne vräge ich vernim, 

so müe^t ir mit mir liegen) wie:^ dirre massenie stet.* 

^ swä nach jener bot die hant, in dem gedanke näher get 

620 da:^ er al bereite vant 655 ein knappe, der truoc einswert: 

spise warm, spise kalt, des pale was tüsent marke wert, 

spise niuwe und dar zuo alt, sin gehilze was ein rubin, 

da^ zam und da:; wilde. ouch raöhte wol diu klinge sin 

esn wurde nie kein bilde, gröi^er wunder urhap. 

625 beginnet maneger sprechen. 66o der wirt e^ sime gaste gap; 

der wil sich übel rechen: der sprach: ,herre, ich präht^ 
wan der gräl was der seelden in not 

friiht, in maneger stat, e da^ mich got 

der werlde süe^e ein sölh genuht, ame libe hat geletzet, 

er wac vil nach geliche, nu sit dermit ergetzet, 

630 als man saget von himelriche. 665 ob man iuwer hie niht wol en- 

In kleiniu goltva^ man nam, pflege. 

als ieslicher spise zam, ir muget^ wol füeren alle wege: 

salssen, pfeffer, agra:^. swenne ir geprüevet sinen art, 

da het. der kiusche und der vrä:^ ir sit gein strite dermite bewart.* 

635 alle geliche genuoc. öwö da:^ er niht vrägte dö! 

mit größer zuht man^ für si truoc. 670 des pin ich für in noch unfrö ; 

möra^, win, siropel rot, wan do er:^ enpfienc in sine hant,. 

swä nach den napf ieslicher bot, dö was er vrägens mit ermant. 

swa^ er trinkens künde nennen, ouch riuwet mich sin süe^er wirt, 

640 da:^ moht er drinne erkennen den imgenande niht verbirt, 

alle^ von des gräles kraft. 675 des im von vrägen nü waere rät. 



606 Beiordnung statt Unterordnung. — üf, auf die Wagen hinauf. — 
615 iuwer, der Dichter macht seine Hörer für die Wahrheit des Erzählten 
mit verantwortlich; vgl. V. 618. — 619 jcwcr, auf das folgende &r bezogen. 
— 620if. fuhren V. 616. 619 näher aus. — 6"24^e3J, Gen. zw. bilde: dergleichen 
wäre nie geschehn. — 626 der begeht ein grosses Unrecht. — 647 Gurnamang 
hatte Parzival in den ritterlichen Sitten unterwiesen. — 651 die wia^e, adverb. 
Akkus,: in der selben Weise. — 652 wir leiten den Satz durch , dann, in 
diesem Falle' ein. — 654 in dem g., während er so dachte. 



( 



112 



Tristan. 



genuoc man da gegeben hat: 

dies pflägen, die grifPen:; an, 

si truogen^ gerüste wider dan. 

vier karräschen man dö luot. 
680 ieslich frouwe ir dienest tuet, 

e die jüngsten, nu die ersten. 

dö schuofens aber die börsten 

wider zuo dem gräle. 

dem wirte und Parziväle 
685 mit zühten neic diu künegin 

und al diu juncfröuwelin. 

si brähten wider in zer tür 



690 



695 



da:; si mit zufat e truogen für. 

Parziväl in blicte nach. 

an eime spanbette er sach 

in einer kemenäten, 

ö si nach in zuo getäten, 

den aller schoensten alten man, 

des er künde ie .gewan. 

ich mac e^ wol sprechen äne guft : 

er was noch gräwer dan der tuft. 

wer der selbe waere, 

des freischet her nach msere. 



VIII. Aus Tristan und Isolt. 

Von Gottfried von Strassburg. 
Tristans Erziehung. 



Nu da^ da:; kint getoufet wart, 
nach kristenlichem site bewart, 
diu tugenderiche marschalkin 
nam aber ir liebe^ kindelin 

5 in ir vil heinliche pflege : 
si wolte wi:;^en alle wege 
und sehen, ob ime sin sache 
stüende ze gemache, 
sin süe^iu muoter leite an in 

10 mit also süe^em fli^e ir sin, 
da^ si im des niht engunde, 
da^ er ze keiner stunde 
unsanfte nider getraete. 
nu si da^ mit im hsete 

15 getriben unz an sin sibende jär. 



da:; er wol rede und euch gebär 
vernemen künde und ouch vernam, 
sin vater, der marschalc, in dö 

nam 
und bevalch in einem wisen man: 

20 mit dem sant er in iesä dan 
durch fremede spräche in fremediu 

laut, 
und das; er aber al zehant 
der buoche lere an vi enge 
und den ouch mite gienge 

25 vor aller slahte löre. 
da^ was sin erstiu kere 
ü;; siner friheite: 
dö trat er in da^ geleite 



677 dies pft., s. V. 365. — 681 d. h. in umgekehrter Reihenfolge. — 
682 die hersteriy s. V. 564. 

1 Tristan, der Sohn des Fürsten Ri walin von Parmenle und der Blanscheflur 
von Engelland, hatte den Vater vor, die Mutter bei seiner Geburt verloren. 
Um ihn vor Nachstellungen zu schätzen, gaben ihn Rual, der treue Marschall 
des Landes, und seine Frau für ihr eignes Kind aus. — 2 fuhrt V. 1 weiter 
aus. — 7 f. ob es ihm wohl gehe. — 10 8ües;em, derartige Wiederholungen 
sind für Gottfrieds Stil charakteristisch. — 11 niht gunnen^ nhd. nur in 
feindhchem Sinne. — 24 den, näml. den huochen. — 28 f. wdr sagen: Sorgen 
begannen ihn zu begleiten. 



Tristan. 



113 



betwungenlicher sorgen, 

30 die ime da vor verborgen 
und vor behalten wären, 
in den üf bittenden jären, 
dö al sin wunne solte erstän, 
dö er mit fröuden solte gän 

35 in sines lebenes begin, 
do was sin beste leben hin; 
do er mit fröuden blüen began, 
dö viel der sorgen rife in an, 
der maneger jugent schaden tuet, 

40 und darte im siner fröuden bluot. 
in siner ersten friheit 
wart al sin friheit hin geleit. 
der buoche löre und ir getwanc 
was siner sorgen anevanc; 

45 und iedoch dö er ir began, 
dö leite er sinen sin dar an 
und sinen fli^ so sere, 
da^ er der buoche mere 
gelemete in so kurzer zit 

50 dan kein kint e oder sit. 

Under disen zwein lemungen 
der buoche unde der zungen 
so vertete er siner stunde vil 
an iegelichem seitespil : 

55 da kerte er späte unde ft*uo 
sin em^ekeit so sere zuo, 
bi^ er es wunder künde, 
er lernete alle stunde 
hiute diz und morgen da^, 

«0 hiure wol, ze järe ba^. 
über . diz alle^ lernete er 
mit dem schilte und mit dem sper 
behendecliche liten, 
da^' ors ze beiden siten 

«5 bescheidenliche rüeren, 

von Sprunge e^ freche füeren, 



tumieren und leisieren, 
mit schenkein sambelieren 
reht und nach ritterlichem site. 

70 hie bankete er sich ofte mite, 
wol schirmen, starke ringen, 
wol loufen, söre springen, 
dar zuo schieben den schaft, 
da;^ tete er wol nach siner kraft. 

7 5 euch hoere wir diz maere sagen, 
e^ gelernete birsen unde jagen 
nie kein man so wol so er, 
e^ waere dirre oder der. 
aller hande hovespil 

80 diu tete er wol und künde ir vil. 
euch was er an dem libe, 
da^ jungelinc von wibe 
nie sseleclicher wart geboin. 
sin dinc was alle^ m; erkorn 

85 beide an dem muote und an den 
siten. 
nu was aber diu sselde under- 

sniten 
mit werndem schaden, als ich 

e:^ las, 
wan er leider arbeitsaelio was. 
Nu sin vierzehende jär vür kam, 

90 der marschalc in hin heim dö nam 
und hie^ in zallen ziten 
varen unde riten, 
erkunnen liute unde lant, 
durch da^ im rehte würde erkant, 

95 wie des landes site waere. 
diz tete der lobebaere 
so lobelichen unde also, 
da^ in den ziten unde dö 
in allem dem riebe 

100 nie kint so tugentliche 
gelebete also Tristan. 



52 vgl. V. 21flf. — 56 zuo, mit da zu verbinden; vgl. V. 70 hie . . mite, 
V. 197 da . . van, — 76 hirsen bezeichnet die Jagd mit Spürhunden, jagen die 
Treibjagd. — • 82 da?, s. zu Parz. 439. — 84 sin dinc, ähnlich wie sin 
Sache V. 7. — 86 stelde — arheitsaüic (V. 88), Wortspiel. — 87 als . . las^ 
Berufung auf die Quelle. — 98 unde do, genauere Fassung des unbestimmtem 
in den ziten. 



114 



Tristan, 



al diu werlt diu truoc in an 105 des muot niwan ze tugende stät, 
friundes ouge und holden muot, der alle untugende unmsere bat. 
als man dem billiche tuot, 



Tristans Schwertleite. 



Sit die gesellen sint bereit 135 
mit bescheidenllcher richeit, 
wie gevähe ich nü min spre- 
chen an, 

110 das; ich den werden houbetman 
Tristanden so bereite 140 

ze siner swertleite, 
da^ man e:^ gerne verneme 
und an dem maBre wol gezeme? 

115 ine wei^, wa^ ich d4 von gesage, 
da^ iu geliche und iu behage ub 
und schöne an disem msßre ste. 
wan bi minen tagen und e 
hat man so rehte wol geseit 

120 von ritterlicher werdekeit, 

von richem gersßte, 150 

ob ich der sinne haßte 
zwelve, der ich einen hän, 
mit den ich umbe solte gän, 

125 und wsßre da:^ gefüege, 

da:^ ich zwelf zungen trüege 155 
in min eines munde, 
der iegelichiu künde 
sprechen, also ich sprechen kan, 

130 ine weste, wie gevähen an, 

da^ ich von richeite 160 

s6 guotes iht geseite, 
mane haete ba^ da von geseit. 
ja ritterlichiu zierheit 



diu ist s6 manege wis beschriben 
und ist mit rede also zetriben, 
da^ ich niht kan gereden dar abe, 
da von kein herze fröude habe. 

Hartman der Ouwaere, 
ahi, wie der diu maßre 
beide ü^en unde innen 
mit Worten und mit sinnen 
durchvärwet und durchzieret! 
wie er mit rede figieret 
der äventiure meine! 
wie lüter und wie reine 
sin kristalliniu wortelin 
beidiu sint und iemer müe^en sin l 
si koment den man mit siten an, 
si tuont sich nähe zuo dem man 
und liebent rehtem muote. 
swer guote rede ze guote 
und euch ze rehte kan verstau ^ 
der muo^ dem Ouwaßre län 
sin schapel unde sin lörzwi. 
swer nü des hasen geselle si 
und üf der wortheide 
höchsprünge und witweide 
mit bickelworten welle sin 
und üf da^ lörschapelekin 
wan äne volge welle hän, 
der lä^e uns bi dem wäne stän^ 
wir wellen an der kür ouch wesen : 



107 die gesellen, die dreissig Genossen Tristans, die mit ihm den Ritter- 
schlag empfangen sollen. — 108 nämlich (wie vorher ausgeführt ist) mit 
muote, guote, hescheidenheite und höveschem sinne. Vgl. V. 485 flf. — 130 inew.^ 
an so r. wol V. 119 anzuschliessen. — 133 mane (= man ne) h., s. § 62. — 
136 mit r. zetriben^ vgl. unser »auseinandersetzen*. — 138 da von, auf niht 
zu beziehn. — 142 führt ü^en unde innen näher aus; vgl. T. 225. — 155 
iv öiä övoiv; vgl. V. 160. — 156 ff. greifen Wolfram an, vielleicht mit direkter 
Beziehung auf eine Stelle im Eingang des Parz., wo der Dichter von einem 
eben gebrauchten Gleichnis sagt: diz Mspel ist tumhen liuten gar ze sndy 
sine mugens niht erdenken, wand e^ kan vor in wenken rehte alsam ein 
schellec hase. — 161 äne v., vgl. V. 483 f. 



Tristan. 115 

wir, die die bluomen helfen lesen, ir rede ist niht also gevar, 

165 mit den da^ selbe loberis 200 da^. edele herze iht lache dar. 

underflohten ist in bluomen wis, die selben wildersere 
wir wellen wii^^en, wes ers ger : si müe^en tiutaere 
wan swer es ger, der springe her mit ir mseren läi^en gän : 
und stecke sine bluomen dar. wir enmugen ir da nach niht 

170 so nemen wir an den bluomen war, verstau, 

ob si so wol dar an gezemen, 205 als man si shoBret unde siht ; 
da^ wir:^ dem Ouwaere nemen sone hän wir ouch der muo^e 

und geben ime da:^ lorzwi. niht, 

Sit aber noch niemen komen si, da^ wir die glöse suochen 

175 der e^ billicher süle hän, in den swarzen buochen. 

so helfe iu got, so lä^e wir^ stän. Noch ist der värwsere mör ; 

wirn suln e^ niemen lä^en tragen, 210 von Steinahe Blikör 
siniu wort ensinvil wol getwagen, diu siniu wort sint lussam. 
sin rede ensi ebene unde sieht, si worhten frouwen an der ram 

180 ob iemen schöne unde üfreht von golde und ouch von siden, 

mit ebenen sinnen dar getrabe, man m5htes undersniden 
da^ er dar über iht besnabe. ais mit kriecheschen borten, 
vindaere wilder msere, er hat den wünsch von werten, 

der msere wilderaere, sinen sin den reinen, 

185 die mit den ketenen liegent ich wsBne, da^ in feinen 

und stumpfe sinne triegent, ze wundere haben gespunnen 

die golt von swachen sachen 220 und haben in in ir brunnen 
den kinden kunnen machen geliutert unde 'gereinet : 

und ü^ der bühsen gießen er ist benamen gefeinet. 

190 stoubine mergrie^en : sin zunge, diu die harphen treit, 

die bernt uns mit dem stocke diu hat zw6 volle sselekeit: 

schate, 225 da:^ sint diu wort, da^ ist der sin: 

niht mit dem grtienen meienblate, diu zwei diu harphent under in 
mit zwigen noch mit esten ; ir maßre in fremedem prise. 

ir schate der tuet den gesten der selbe wortwise, 

195 vil selten in den ougen wol. nemet war, wie der hier under 

ob man der wärheit jehen sol, 230 an dem umbehange wunder 
dane gät niht guotes muotes van, mit spseher rede entwirfet ; 
dane lit niht herzelustes an: wie er diu me^^er wirfet 



172 e^, das Beziehungswort (lorzwi) folgt nach. — 182 iht, s. § 60. — 185 
ketenen, Zauberketten als Gerät der Gaukler. — 205 als, an da nach anzu- 
schliessen. — 209 värwmre nennt Gottfried die epischen Dichter; vgl. V. 143. ~ 
210 der Verfasser eines verschollenen Gedichtes ,der Umhehanc' (s. V. 230), wohl 
einer Art Novellensammlung, in der Geschichten, wie sie auf einer Tapete 
gestickt sind, behandelt waren. — 214 f. man könnte sie zwischen griechische 
B. setzen (sie würden dazu passen). . — 232 das Messerwerfen war ein gefähr- 
liches Kampfspiel, das grosse Geschicklichkeit erforderte; daher hier bildlich 
von der Kunst des Dichters. 



116 



Tristan. 



mit behendeclichen rimen. 
wie kan er rime limen, 

235 als ob si da gewahsen sin! 
e^ ist noch der gloube min, 
da:^ er buoch unde buochstabe 275 
vür vedern an gebunden habe: 
wan weit ir sin nemen war, 

240 sin wort diu sweiment alse der ar. 
Wen mac ich nu mer ü^ ge- 
lesen? 280 
ir ist und ist genuoc gewesen 
vil. sinnec und yil rederich. 
von Veldeken Heinrich 

245 der sprach ü^ vollen sinnen. 

wie wol sanc er von minnen ! 285 
wie schöne er sinen sin besneit! 
ich wsene, er sine wisheit 
ü^ Pegases urspringe nam, 

250 von dem diu wisheit elliu kam. 
ine hän sin selbe niht gesehen; 290 
nu hoere ich aber die besten jehen, 
die dö bi sinen jären 
und Sit her meister wären, 

255 die selben gebeut- im einen pris : 
er imphete da^ erste ris 295 

in tiutescher zungen ; 
da von sit este ersprungen, 
von den die bluomen kämen, 

260 da si die spaehe ü^ nämen 

der meisterlichen fünde. 300 

und ist diu selbe künde 
so witen gebreitet, 
. so manege wis zeleitet, 

265 da:^ alle, die nu sprechent, 

da^ die den wünsch da brechent 305 
von bluomen und von risen 
an Worten unde an wisen. 
Der nahtegalen der. ist vil ; 

270 von den ich nü niht sprechen wil : 



sine hcerent niht ze dirre schar, 
dur da^ sprich ich niht anders dar, 
wan da^ ich iemer sprechen sol: 
si kunnen alle ir ambet wol 
und singent wol ze prise 
ir süe^e suraerwise; 
ir stimme ist lüter unde guot, 
si gebent der werlde höhen muot 
und tuont reht in dem herzen wol. 
diu werlt diu wsßre unruoches vol 
und lebete rehte als äne ir danc, 
wan der vil liebe vogelsanc: 
der ermant vil dicke den man, 
der ie ze liebe muot gewan, 
beidiu liebes und guotes 
und maneger hande muotes, 
der edelen herzen sanfte tuot. 
e^ wecket friuntlichen muot, 
hie von kumt inneclich gedanc, 
so der vil liebe vogelsanc 
der werlde ir liep beginnet zaln. 
nu sprechet umbe die nahtegaln 
(die sint ir dinges wol bereit 
und kunnen alle ir senede leit 
so wol besingen unde besagen) : 
welhiu sol ir baniere tragen, 
Sit diu von Hagenouwe, 
ir aller leite vrouwe, 
der werlde alsus geswigen ist, 
diu aller doene houbetlist 
versigelt in ir zungen truoc? 
von der denke ich vil unde genuoc 
(ich meine ab von ir doenen, 
den stiegen, den schcenen), 
wä si der so vil nseme, 
wannen ir da:^ wunder kseme 
so maneger wandelunge. 
ich wsßne, Orphees zunge, 
diu alle doene künde, 



245 f. sprach bezieht sich auf die epische, sanc auf die lyrische Dichtung. 
- 248 (ebenso V. 316) vgl. Nib. 219, 1. — 249 P. urspr., Hippokrene. — 
269 nahtegalen, das sind die Lyrikei*. — 272 dar, in der Richtung auf diesen 
Gegenstand, darüber. — 284 liebe, Dat» von liep n. — 297 Reinmar von 
Hagenau, Walthers Lehrer im Minnegesang; s, Lyrik V. — 299 der w. g, ist, 
für die W. verstummt ist. — 305 der, näml. doene. 



Tristan. 



117 



310 diu doenete ü^ ir munde. 

Sit da^ man der nu niht enhät, 350 
s6 gebet uns etelichen rät! 
ein sdßlic man der spreche dar: 
wer leitet nü die lieben schar? 

315 wer wlset diz gesinde? 

ich waene, ich si wol vinde, 355 
diu die baniere füeren sol : 
ir meisterinne kan e^ wol, 
diu von der Vogelweide. 

320 hei, wie diu über beide 
mit höher stimme schellet ! ^ 
wa^ Wunders si gestellet! seo 

wie spaBhe s'organieret ! 
wie si ir sanc wandelieret! 

325 ich meine ab in dem döne 
da her von Zitheröne, 
da diu gotinne Minne 365 

geblutet tf und inne: 
diu ist da. ze hove kamerserin. 

330 diu sol ir leitsßrinne sin! 
diu wiset si ze wünsche wol, 
diu wei^ wol, wä si suochen sol sto 
der minnen melödie. 
si unde ir cumpänie 

335 die müei^en so gesingen, 
da^ si ze fröuden bringen 
ir trüren unde ir senede^ klagen : 
und da^ geschehe bi minen tagen ! 375 
Nu hän ich rede genuoge 

340 von guoter liute fuoge 
gefüiegen liuten vür geleit. 
ie noch ist Tristan umbereit 
ze siner swertleite. 38o 

ine wei^, wie'ch in bereite: 

345 der sin wil niender dar zuo; 
sone wei^ diu zunge, wa^ si tuo 
al eine und äne des sinnes rät, 
von dem si ir ambet alle^ hat. 385 



wa^ aber werre in beiden, 
des wil ich iuch bescheiden. 

Si zwei hat da^ verirret, 
da^ tüsenden wirret: 
dem man, der niht wol reden kan, 
kumt dem ein redelicher man, 
im erlischet in dem mundo 
da:^ selbe, da^ er künde, 
ich wsene, mir ist alsam ge- 
schehen : 
ich sihe und hän bi^ her gesehen 
s6 manegen schöne redenden man, 
da^ ich des niht gereden kan, 
e^n dunke mich da wider ein wint, 
als nü die liute redende sint: 
man sprichet nü so rehte wol,. 
da:^ ich von großem rehte sol 
miner werte nemen war 
und sehen, da^ s'alsö sin gevar, 
also ich weite, da^ si wseren 
an fremeder liute maaren, 
und also ich rede geprüeven kan 
an einem anderen man. 

Nune wei^ ich, wies beginne, 
min zunge und mine sinne 
di enmugen mir niht ze helfe 

komen : 
mir ist von woTt<in genoroen 
enmitten ü:; dem munde 
da^ selbe, da^ ich künde, 
hie zuo enwei^ ich, wa^ ich tuo, 
ich entuo da^ eine dar zuo, 
deiswär, da^ ich noch nie getete : 
mine flehe und mine bete 
die wil ich örste senden' 
mit herzen und mit h enden 
hin widere z'filiköne 
ze dem niunvalten tröne, 
von dem die brunnen die^ent, 



313 dar, wie V. 272. — 325 vgl. V. 303. Gottfried will nur von den 
Minneliedem Walthers sprechen. — 326 da her, s. Gudr. 164, 3. — Zitheröne, der 
Kithseron, als Berg des Venus (der gotinne M.) gedacht. Es scheint eine Ver- 
wechslung mit Kythera zu Grunde zu liegen. — 348 alle^, prädik. Attrib. — 
362 r. sint, zu r. pflegen; vgl. zu Gudr. 208,2. — 371 wies = wie es; vgl. 
zu Nib. 440, 1. — 378 ich entuo, s. § 62. 



118 Tristan. 

u^ den die gäbe flie^ent Nu diz läfc alle^ sin getan, 

der Worte unde der sinne. da:; ich des alles si gewert, 

der wirt, die niun wirtinne, des ich von Worten hän gegert, 

Apolle und die Camenen, und habe des alles vollen hört, 

390 der ören niun Sirenen, 490 senft allen ören miniu wort, 

die da ze hove der gäbe pflegent, ber iegelichem herzen schate 

ir genäde teilent unde wegent, mit dem ingrüenen lindenblate, 

als si ir der werlde gunnen; gß miner rede als ebene mite, 

die gebent ir sinne brunnen da:; ich ir an iegelichem trite 

395 so volleoliche manegem man, 435 rüm unde reine ir strafe, 

da^ si mir einen traten da van noch an ir strafe enlä^e 
mit eren niemer mugen versagen. ^deheiner slahte stoubelin, 

und mac ouchich den da bejagen, e^ enmüe^e dan gescheiden sin, 

so behalte ich mine stat da wol, und da^ si niuwan üf dem kle 

400 da man si mit rede behalten sol. 440 unde üf liebten bluomen ge : 

der selbe traben der eine dannoch gewende ich minen sin, 

der ist euch nie s6 kleine, so kleine als ich gesinnet bin, 

erne müe^e mir verrihten, küm oder niemer dar an, 

verrihtende beslihten dar an sich alse manic man 

405 beide zungen unde sin, 445 versuochet unde verpriset hat. 

an den ich sus entrihtet bin. deiswär, ich sol es haben rät. 

diu minen wort muo^ er mir län und körte ich alle mine kraft 

durch den vil liebten tegel gän ze ritters bereitschaffc, 

der camenischen sinne als wei^got maneger hat getan, 

410 und muo^ mir diu dar inne 450 und seite iu da^, wie Vulkan 

ze fremedem wunder eiten, der wise, der maere, 

dem wünsche bereiten der guote listwürksere, 

als golt von Aräbe. Tristande sinen halsperc, 

die selben gotes gäbe swert unde hosen und ander werc, 

415 des wären Elikdnes, 455 da^ den ritter sol bestän, 

des oberisten trönes, durch sine hende lie^e gän 

von dem diu wort entspringent, schön und nach meisterlichem 
diu durch da:; öre klingent site; 

und in da^ herze lachent, wie erm entwürfe unde snite, 

420 die rede durliuhtec machent den kuonheit nie bevilte, 

als ein erweite gimme: 460, den eher an dem schilte; 

die geruochen mine stimme wie erm den heim betihte 

und mine bete erhoeren und oben dar üf rihte 

oben in ir himelkoeren al nach der minnen quäle 

425 und rehte, als ich gebeten hän. die fiurinen sträle; 

402 f. vgl. zur Konstruktion Nib. 431,2. — 412 dsm w., dem wünsche 

gemäss. — 413 s. zu Parz. 407. — 414 gäbe, s. V. 386. 391. ~ 431 f. vgl. 
V. 191 ff. — 438 dan gescheiden, davon entfernt, weggeschafft. — 439 si, d. i. 

diu rede. — 459 den . . beviltCt Relativsatz zu eher; kuonheit ist Gen. — 463 
nach (entsprechend) der m. qu.^ an fiurinen anzuschliessen. 



Tristan. 



119 



465 wie er im al besunder 
ze wünsche und ze wunder 
bereite ein und ander; 
und wie min frou Cassander, 505 
diu wise Tröjerinne, 

470 ir liste und alle ir sinne 
dar zuo haete gewant, 
da^ si Tristande sin gewant 
berihte unde bereite sio 

nach sölher wisheite, 

475 so si^ aller beste 
von ir sinnen weste, 
der geist ze himele, als ich e? las, 
von den goten gefeinet was: 515 
wa:^ haßte da^ iht ander kraft, 

480 dan alse ich die geselleschaft 
Tristandes e bereite 
ze siner swertleite? 
mac ich die volge von iu hän, 520 
s6 ist min wän also getan, 

485 und wei^ da^ wol: muot unde 
guot, 
swer zuo den zwein gerseten tuet 
bescheidenheit und höveschen sin, 525 
diu vieriu würkent under in 
als wol als iemen ander. 

490 ja, Vulkan und Cassander, 
diu zwei bereiten ritter nie 
ba^ ze prise danne euch die. sso 

Sit nü die vier richeite 
riliche swertleite 

495 sus kunnen geprüevierep, 
so bevelhen wir in vieren 
unsem friunt Tristanden: 585 

die nemen in ze banden, 
bereiten uns den werden man, 

500 Sit e^ niht be2;^er werden kan, 
mit dem geziuge und mit dem ' ' 
snite, 540 



da sine reitgesellen mite 
so schöne sint bereitet, 
sus si Tristan geleitet 
ze hove und euch ze ringe, 
mit allem sinem dinge 
sinen gesellen ebengelich, 
ebenziere und ebenrich: 
ich meine ab an der waete, 
die mannes haut da naete, 
niht an der an gebomen wät, 
diu von des herzen kamere gät, 
die si da hei^ent edelen muot, 
diu den man wolgemuoten tuot 
und werdet lip unde leben: 
diu wät wart den gesellen geben 
dem herren ungeliche. 
ja wei^got, der muotriche^ 
der eregire Tristan 
truoc sunderlichiu kleider an, 
von gebär« und von gelä^e 
gezieret ö^ der mä^e. 
er haßtes alle an schoenen siten 
unde an tugenden übersniten. 
und iedoch an der waete, 
die mannes haut da naete, 
dane was niht underscheidimg an : 
der truoc der werde houbetman 
in allen geliche. 

Sus was der muotes riebe 
der voget von Parmenie 
und al sin massenie 
ze münster mit ein ander komen 
und haeten messe vernomen 
und euch enpfangen den segen, 
des man in da solte pflegen: 
Marke nam dö Tristanden 
sinen neven ze banden, 
swert unde sporn strict er im an. 
,sich*, sprach er, ,neve Tristan, 



468 min frou, vgl. Gudr. 39, 1. — 472 Trist, sin g., s. zu Nib. 72,2. — 
477 der, Gen. — 481 c, s. zu V. 108. — 485 muot u. g,, stehn ausserhalb 
der Konstruktion. — 492 die = diu vieriu V. 488. — 514 wolgemuoten, 
s. § 53. — 516 diu, demonstr. — 527 undersch.y Gen. zu niht — 528 
der (wate), Gen. part. — 537 Marke, König von Kurnewal und Engelland, 
Tristans Oheim. 



120 Trojanerkrieg. 

Sit dir nu swert gesegenet ist wisiemerhöyesch, wisiemerfrö!' 
und Sit du ritter worden bist, Tristan verrihte aber dö 

nu bedenke ritterlichen pris 565 sine gesellen an der stete, 
und ouch dich selben, wer du sis; rehte als in sin oeheim tete, 

545 din geburt und din edelkeit an swerte, an sporn, an schilte» 

si.dinen ougen vür geleit: diemüete, triuwe, milte, 

wis diemüet und wis unbetrogen, ' die leite er iegeliches kür 
wis Wärhaft und wis wolge;zogen ; 570 mit bescheidenlicher« lere vür. 
den armen den wis iemer guot, und enwart ouch da niht me ge- 

550 den riehen iemer höchgemuot; biten: 

zier unde werde dinen lip, gebuhurdieret unde geriten 

er unde minne elliu wip; wart da, zewäre deist min wän. 

wis milte unde getriuwe wie si aber von ringe liefen gän^ 

und iemer dar an niuwel 575 wie si mit scheften staechen, 

555 wan üf min ere nim ich da^, wie vil si der zerbraechen, 

da^ golt noch zobd gestuont nie da^ sulen die garzüne sagen, 

ba^ die hülfen es; zesamene tragen, 

dem spere unde dem schilte ine mac ir buhurdieren 

dan triuwe und milte/ 58o niht alle^ becroieren; 

Hie mite bot er im den schilt wan einen dienest biute ich in, 
dar; des ich in sere willec bin: 

560 er kuste in imd sprach: ,neve, da^ sich ir aller ere 
nu var an allen dingen mere^ 

und gebe dir got dur sine kraft 585 und in got ritterliche^ leben 
heil ze diner ritterschaft ! ze ir ritterschefte müe^e geben l 



IX. Ans dem trojanischen Erlege. 

Von Konrad von Würzburg. 
Die Einleitung. 

Wa^solnu sprechen unde sanc? da^ beide riebe und arme sint 
man seit ir beider kleinen danc, 10 an eren worden also blint, 
und ist ir zware doch unvil, da^ si die wisen ringe wegent, 

die mit getihte fröuden spil • die wol gebluomter rede pflegent, 
5 den Hüten bringen unde geben- diu schcene ist unde wsehe. 
man siht der meister wenic leben, ich wände, swaa; man saehe 
die singen oder sprechen wol; 15 tiur unde fremde werden, 
da von mich wunder nemen sol, da^ solte man üf erden 



556 mit Gold wird der Speer, mit Zobel der Schild verziert — 566 tete 
vertritt das vorausgegangne verrihte, behält auch dessen Rektion bei. — 
574 l gärt, näml. das Pferd. 

1 sprechen u, sanc, vgl. zu Tristan 245. 



Trojanerki'ieg. 



121 



für manic sache minnen, 

der man hie gnuoc gewinnen 

und alze vil gehaben mao. 
20 den weisen ie vil höhe wac 

der keiser und da^ riche, 

dur da:; nie sin geliche 

wart under manigem steine. 

Sit man gimme reine 
25 dar umbe le künde triuten, 

da^ si niht al den liuten 

wol veile sint, so diuhte mich 

gevellic unde mügelich, 

da^ guot getihte waere 
30 ze faove niht unmsere 

durch sine tiuren fremdekeit. 

diu Schrift von ^inem vögele seit, 

der fgnix ist genennet: 

ze pulver sich der brennet, 
35 dar ü^ er lebende wider wirt, 

so da^ kein ander vogel birt 

sin fleisch und sin gebeine; 

ja lebet er alters eine, 

und wart nie sin gen6^ erkant. 
40 vlüg er üf eines herren hant, 

mich diuhte wol gefüege, 

da^ er in gerner trüege 

denn einen sperwaBre, 

der niht so fremde waere 
45 noch also tiure worden. 

ich wil den spsehen orden 

getihtes ime geliehen, 

der schiere in tiutschen riehen 

so vaste wil verswinden, 
50 da^ man küm einen vinden 

mac in der lande kreiden, 

der müge ein meister heilen 

rede und guoter doene; 

da von getihte schoene 



55 dien liuten adelbsßre 
billichen lieber wsere, 
denn ob der wisen waere gnuoc, 
die mit ir sänge waeren kluoe 
und mit ir sprechen hövelich. 

60 die nü verstaut ze rehte sich 
getihtes in den landen, 
die trüege man üf banden 
billiche enbor durch die geschiht, 
da^ man ir also wenic siht 

65 und man der vindet gnuoge, 
die triben ander »fuoge 
schön unde rehte kunnent. 
ist da^ ir mir sin gunnent, 
ich sage zwivalt ere, 

70 die got mit siner lere 
üf einen tihter hat geleit. 
sin herze simderlichen treit 
ob allen künsten die vernunst, 
daz; sine fuoge und sine kunst 

75 nach voUeclichen ören 
mac nieman in geleren, 
wan gotes gunst aleine. 
kein mensche lebet so reine, 
dem got der saelden gunde, 

80 da^ er gelemen künde 
wort unde wise tihten. 
swa^ künste man verrihten 
hie kan üf al der erden, 
diu mac gelernet werden 

»5 von liuten, wan der eine list, 
der tihten wol geheimen ist 
und iemer ist also genant, 
diz ist ein ere wite erkant 
und riliche ein wirdikeit, 

90 die got besunder hat geleit 
üf einen tihter ü^ erweit, 
sin ander lop wirt nü gezelt, 



20 der weise (orphanus), ein kostbarer Edelstein, der Hauptschmuck der 
deutschen Königskrone, angeblich so genannt, weil er nicht seinesgleichen 
hat. Der Sage nach brachte ihn Herzog Ernst aus dem Morgenland. — 23 
under manigem st., wir sagen: unter (noch so) vielen St. — 36 birt, gebiert: 
— 63 durch die g., deswegen. Vgl. Otte 197. — 65 uyidy während doch. — 
79 dem, s. § 64. — 84 diuj s. zu Nib: 437, 3, - 89 s. zu Parz. 407. 



122 



Trojanerkrieg. 



da mite in hat getiuret got. iss 
im gap sin götelich gebot 
95 als edelliche zuoversiht, 
da^ er bedarf r4tes niht 
noch helfe zuo der künste sin, 
wan da^ im unser trehtin uo 

sinn unde mundes günne, 

100 da mite er schöne künne 
gedenken unde reden wol. 
swer ander kunst bewseren sol 
den jungen und den alten, 145 

der muo^ geziuges walten 

105 und helfericher stijire, 
mit der sin kunst gehiure 
müg an da^ lieht geflie^en. 
und sol ein schütze schieben, i5o 
er muojc ^^^ bogen unde bolz. 

110 kein snider lebet so rehte stolz, 
• der sine kunst bewsere, 
gebristet im der schaere, 
da mite er schrote ein edel tuoch. 155 
ein kurdiwsener wsehen schuoch 

115 nach lobelichen Sachen 
mac niemer wol gemachen, 
hat er niht älen unde borst, 
nieman des wilden waldes vorst leo 
an ackes mac gehouwen. 

120 swer durch die werden frouwen 
riliche sol turnieren, 
den müe^en schöne zieren 
ros unde wäpenkleider; les 

ja darf er wol ir beider, 

125 sol im sin vrouwe nigen. 
tambüren, harpfen, gigen 
bedürfen ouch geziuges wol. 
swa^ künste man eht ougen sol, 170 
diemüe^en hän gerüste, 

130 mit dem si von der brüste 
ze liebte künnen dringen, 
wan sprechen unde singen: 
diu zwei sint also tugenther, 175 
da;; si bedürfen nihtes mer 



wan Zungen unde sinnes. 
der wirde und des gewinnes 
genü^^en si von schulden, 
da^ man si gerne dulden 
ze hove solte und anderswä. 
nu tuot man in ze liebe da 
vil harte lützel guotes. 
die wilden junges rouotes 
an der bescheidenheite sint 
so toup und also rehte blint, 
da^ guotiu rede und edel sanc 
si dunket leider alze kranc, 
swie si doch sin ein künstic hört, 
diu swachen schemelichen wort 
von künstelösen tören 
ba^ hellent in ir ören, 
dann edele sprüche tugentsam; 
ir muot der ist getihte gram, 
da:; brüeve ich unde kiuse: 
si tuont der fiedermiuse 
gelich, diu nahtes fliuget, 
da^ si der glänz betriuget 
an einem fulen späne, 
da^ si lebet in dem wäne, 
da^ von dem holze fiuhte 
ein wäre^ lieht da liuhte 
und ein gar endelicher schin. 
sus kan ze hove manger sin 
so vinster an dem muote 
und an wislicher huote 
so gar unmä^en tunkel, 
da^ als ein lieht karfunkel 
ein füler und ein boeser funt 
in sines trüeben herzen grünt 
vür edele sprüche schinet. 
swer sich üf tihten pinet, 
der kan sich selben teeren: 
man wil ungeme hoeren 
wol sprechen unde singen, 
unfuoge diu kan dringen 
vür aller zühte mä^e. 
dar umbe ich doch niht lä^e 



99 sinn n. mundes (vgl. zu Reinh. 17), dazu parallel gedenken u. reden 
V. 101. - 111 der, s. § 64. -^ 115 nach l s. = lobeliche ;ygl Iwein 148. 



.Trojanerkrieg. 123 

min sprechen und min singen abe. min sin der spannet unde dont 

swie kleine ich drumbelönes habe dar üf mit hohem fii^e, 

von alten und von jungen, da^ ich vil tage versli^e 

180 doch mac ich miner zungen ob einem tiefen buoche, 

ir ambet niht verbieten. 220 dar inne ich bodem suoche, 

ich wil und muo^ mich nieten den ich doch vinde küme. 

getihtes, al die wile ich lebe : zeim endelösen püüme, 

ze löne und zeiner höhen gebe dar inne ein berc versunke wol, 

185 mir selben üebe ich mine kunst. geliehen man diz msere soi, 

dur wa^ verbsere ich die ver- 225 des ich mit rede beginne. 

nunst, wil ich den grünt dar inne 

diu dicke und ofte fröuwet mich? mit worten undergrifen, 

ob nieman lebete mör denn ich, so muo^ ich balde slifen 

doch Seite ich unde sunge, hin miner zungen anker. 

190 dur da^ mir selben klunge 230 min lop da:; würde kranker, 

min rede und miner stimme schal. ob ich des hie begunde, 

ich tsete alsam diu nahtegal, da:; ich mit rede niht künde 

diu mit ir sanges döne zeim ende wol gerihten. 

ir selben dicke schöne ich wil ein msere tihten, 

195 die langen stunde kürzet. 235 da:; allen mseren ist ein her. 

swenn über si gestürzet als in da^ wilde tobende mer 

wirt ein gezelt von loube^ vil manic wa:;^er diu^et: 

so wirt von ir da^ toube sus linnet unde fliu^et- 

gevilde lüte erschellet. vil maere in diz getihte grö^. 

200 ir dön ir wol gevellet, 240 e^ hat von rede so witen vlö:;, 

dur da^ er trüren stoeret. da^ man e^ küme ergründen 

ob si da nieman hoeret, mit herzen und mit münden 

da^ ist ir also maBre, bi^ üf des endes bodem kan. 

als ob ieman da waere, da^ ich e^ hebe mit willen an, 

205 der si vernemen künde wol. 245 dar üf hat wol gestiuret mich 

seht, also wil ich unde sol der werde senger Dietrich 

dur da:; niht lä^en minen list, von Basel an dem Orte, 

das; ir so rehte wönic ist, der als ein örenborte 

die min getihte wol vernemen. mit zühten ist gesteinet; 

210 minkunstmir selben sol gezemen: 250 vor schänden ist gereinet 

wan mir ist sanfte gnuoc da sin herze sam ein lüter golt. 

mite; dur siner miltekelte solt> 

da von ich minen alten site den ich hän dicke enpfangen, 

ungerne wil vermiden : ist von mir an gevangen 

ich muo^ eht aber liden 255 vil snellecliche ein ursuoch, 

215 den kumber, des ich hän gewont. der zieren künne wol diz buoch 



186 verb. ich, sollte ich v. — 246 f. gemeint ist Dietrich de fine {an 
dem Orte), der seit 1281 Domkantor in Basel war. — 248 f. wie ein Schmuck- 
gurtel mit Edelsteinen, so ist er mit Tugenden geziert. 



124 Trojanerkrieg. 

mit rede in allen enden. überllt^i^eclichen hört 

geruochet helfe senden von strite, da^ er hie noch dort 

ein meister aller künste mir, bevant nie groe^er slahte, 

260 so kere ich mines herzen gir so die vor Troie mähte 

mit fli^e üf einen prologum, 295 vil manic ellentrlcher helt. 

der nütze werde und also friim, Däres, ein ritter ö^ erweit, 

da:^ er den liuten künne geben der selbe gnuoc vor Troie streit, 

ein bilde üf tugentriche^ leben swa^ der in kriechesch hat geseit 

265 und üf besch<3idenliche tat. von dirre küniclichen stift, 

von Wirzeburc ich Cuonrät 300 da^ wai*t mit endelicher schrift 

von welsche in tiutsch getihte ze welsche und ze latine bräht. 

mit rimen gerne rihte da wider hän ich des gedaht, 

da^ alte buoch von Troie. da^ ich e^ welle breiten 

270 schön als ein vrischiu gloie und mit getihte leiten 

sol e:^ hie wider blüejen. 305 von welsche und von latine : 

beginnet sich des mttejen ze tiutscher worte schine 

min herze in ganzen triuwen, wirt e^ von mir verwandelt, 

da^ ich e^ welle erniuwen wird ich so wol gehandelt 

275 mit Worten lüter unde glänz, von götellcher stiure, 

ichbüe^eimsinerbrücheschranz: 310 da^ ich dis äventiure 

den kan ich wol geliraen mac üf ein ende bringen, 

zeinander hie mit rimen, ich sag iu von den dingen, 

da:^ er niht für ba^ spaltet. wie da^ vil keiserliche wip 

280 ob sin gelücke waltet, Helene manigen werden lip 

und wil mir got ze helfe komen, 315 bi^ üf den tot verserte, 

s6 wirt ein wunder hie vernomen . und wa^ man bluotes rerte, 

von äventiuren wilde; da^ durch si wart vergo^^en. 

da bi man sselic bilde ir clärheit was geflo^^en 

285 und edel bischaft nemen sol. für alle frouwen ü^ erkom. 

man hoeret übel unde wol 320 des wart vil manic lip verloni, 

gedenken hie der Hute. der von ir minne tot gelac; 

swer zühte und ere triute, da^ man vil wol gehoeren mac, 

der biete herze und ören her; e diz getihte neme ein zil, 

290 so merket und erkennet er des ich nu hie beginnen wil. 



259 ein, s. zu Parz. 351 f. — 288 tritite, s. § 63. — 296 Bares, ein Trojaner, 
Priester des Hephaistos (Ilias 5, 9), galt als Verfasser einer vorhomerischen 
Ilias. Unter seinem Namen geht eine um 500 n. Chr. entstandene lateinische 
Schrift ,de excidio Trojae'v eine der Hauptquellen des Mittelalters für die 
Sagen vom trojanischen Krieg. 



Otte mit dem Barte. 125 



X» Otte mit dem Barte. 

Von Konrad von Würzburg. ^ 

Ein keiser Otte was genant, gräven, vrien, dienestman, 

des magenkrefte manic lant die da:; riche horten an 

mit vorhten undertsenic wart. 35 und den keiserlichen voget: 

schoen unde lanc was im der hart, die kömön alle dar gezoget 

5 wand er in z6ch vil zarte ; in wänneclicher presse: 

und swa^ er bime barte nu da^ gesungen messe 

geswuor, da^ lie:; er alle^ war. was an dem österlichen tage, 

er hete roetelehte^ här 4o do wären sunder leides clage 

und was mit alle ein übel man: al die tische da bermt 

10 sin herze in argen muote bran, und het man bröt dar üf geleit 

da^ er bewärte an maneger stete : und manic schoene trincva^ 

swer iht wider in getete, dar üf gesetzet umbe da^, 

der muoste hän den lip verlorn; 45 so der keiser Otte 

über swen der eit gesworn mit slner fürsten rotte 

15 von des keisers munde wart: von deme münster quaeme, 

,du garnest e^, sam mir min hart,* da:; er da wa^^er neeme 

der muoste ligen tot zehant, und er enbi^^e sä zehant. 

wand er dekeine milte vant 50 nu was durch äventiur gesant 

an siner hende danne. ein werder juncherre dar, 

20 sus hete er manegen manne der edel unde wünnevar 

leben unde lip benomen, an herzen unde an libe schein, 

der von sinen gnaden komen die liute im alle sunder mein 

was durch höher schulde werc. 55 vil höhen pris da gäben. 

Nu hete er da ze Babenberc sin vater was von Swäben 

25 in der schoenen veste wit herzöge vil gewaltic, 

gemachet eine höchgezit, des gülte manicvaltic 

und was diu zeinen Ostern. solt erben dirre aleine. 

des kömen ü^ef klöstern eo der selbe knabe reine 

vil höher eppete in den hof des tages da ze hove gie 

30 und manic werder bischof, vor den tischen unde lie 

die mit eren ilten dar: dar üf die blanken hende sin: 

ouch kömen dar in liehter schar ein linde:; bröt nam er dar in 



3 m. vorhten^ Plur., den das Mhd. bei Abstrakten überhaupt liebt; vgl. 
noch nhd. ,in Ehi'en, in Treuen, mit Freuden, zu gunsten*. — 8 rotes Haar 
gilt seit alter Zeit als Zeichen böser und ti*euloser Gemütsart. — 10 argen; 
n statt m im Dativ kommt bei unserm Dichter häufig vor; vgl. V. 20. 87 u. a. 
— 16 es^ g[e]arnm^ s. zu Nib. 245, 1. — 24 BäbenherCy Bamberg. — 27 zeinen ö., 
dieser PI. des unbest. Art. findet sich vor Fl. tantum auch sonst, so z. B. 
in ze einen pfingsten. — 40 sunder l. cl., ohne dass man über etwas zu 
klagen hatte, d. i. tadellos. — 48 was^^er n., vgl. zu Parz. 585. 



126 Otte mit dem Barte. 

65 und wolte e^ e^^en sam diu kint, zuo deme truhsse^en sprach 

diu des sites elliu sint los der unverzagete ritter dö 

und in der wille stet dar zuo, harte zomiclich also: 
da^ si gerne enbl^ent vruo. ,Wa:5 habet ir gerochen^ 

Der junge fürste wünnesam, da^ ir nu hat zerbrochen 

70 als er da^ bröt an sich genam iuwer ritterlichen zuht, 

und er ein teil gebrach dar abe, iio da^ ir eins edelen forsten fruht 

dö gienc aldä mit sime stabe als übelliche habet geslagen? 

des keisers truhsse^e ich wil iu nemelichen sagen: 

und schicte, da^ man se^e, ir werbent anders, dan ir sult, 

75 so man gesungen hsete gar. sit da;; ir sunder alle schult 

der selbe der wart des gewar, 115 geslagen hat den herren min/ 

da^ der juncherre wert ,da^ lät iu gar unmsere sin/ 

des brötes haete da gegert. sprach der truhsae^e; 

Des wart er zomic sazehant: ,mir ist da^ wol gemae^e, 

80 der site sin was so gewant, deich ungefüegen schelken were 

da^ in muote ein deine dinc; 120 und einen iegelichen bere, 

des lief er an den jungelinc der hie ze hove unzühtec ist. 

mit sime stabe, den er da truoc, lät iuwer rede an dirre vrist 

da mite er üf da^ houbet sluoc beliben algemeine : 

85 den knaben edel unde clär, ich fürhte iuch also deine, 

da^ime diu scbeitel und da^ här 125 als der habich tuot da^ huon. 

von röten bluote wurden na^; wa^ weit ir nü dar zuo tuen, 

des viel er nider ur^de sa^ da^ ich da den herzogen sluoc?' 

und weinte manegen heilen tra- ,da^ wirt bekant iu schiere 
hen. gnuoc/ 

90 da^ in der truhsse^e slahen sprach von Kempten Heinrich; 

getorste, da^ ersach ein holt, iso ,da^ ir forsten edellich 

der was ein ritter ü^ erweit alsus künnet bliuwen, 

und hie^ von Kempten Heinrich : da^ sol iuch hie geriuwen, 

sin edel muot der hete sich wan ich vertrage sin langer niht. 

95 rillcher manheit angenomen. ir tugentlöser boesewiht, 

er was mit dem kinde komen is5 nu wie getorstet ir geleben, 

von Swäben dar, als ich i^ las, da^ ir dem kinde hat gegeben 

wan er sin zuhtmeister was als ungevüege biusche? 

und er in trütlichen zöch. da^ iuwer hant unkiusche 

100 da^ man den juncherren hoch so rehte unedelliche tuot, 

als unerbermeclichen sluoc, 140 des muoi; begießen iuwer bluot 

da^ muot in sere und übele gnuoc den sal und disen vlecken.' 

und was im leit und ungemach. dö greif er einen stecken 



67 u. in, Übergang aus der relativen Satzform in die unabhängige. — 
70f. genam, gebrach, s. § 57. — 75 gesungen /i., das Objekt (messe-, vgl. 
V. 38) fehlt wie Nib. 40, 1. — 97 als . . las, in der lat. Quelle; vgl. V. 752f. 
— 98 sin zuhtmeister, vgl. Tristan 19. — 110 da^, dadurch dass. 



Otte mit dem Barte» 127 

als einen grölen reitel: sus wart der ritter dö geladet 

er sluoc in, da^ diu Scheitel vtir den keiser vreissam. 

U5 ime zerklacte sam ein ei und als er vür sin ougen quam 

und im der gebel spielt enzwei i85 und er in verrest ane sach, 
reht als ein havenschirben, mit zorne er wider in dö sprach: 

da^ er begunde zwirben ,wie habet ir, herre, sus getobet, 

alumbe und umbe sam ein topf; da:? min truhsse^e höh gelobet 

150 da^ hime wart im und der köpf von iu lit ermordet? 
erschellet harte, dunket mich; 190 ir habt üf iuch gehordet 
des viel er üf den esterich min ungenäde manicvalt: 

und lac da jsemerlichen tot. iu sol min keiserlich gewalt 

der sal wart sin es bluotes röt. erzeiget werden öere: 

155 des huop sich ein michel dö^ ir hapt mins hoves dre 

und ein lüt gebrehte grö^. ' 195 und minen pris zebrochen; 

Nu was ouch der keiser komen des wirt an iu gerochen 
und hete wa^^er da genomen der höhe mein und diu geschiht, 

und was gese^^en über tisch. da^ man den truhsse^en siht 

160 da^ bluot begunde er also vrisch von iu ze töde erlempten.* 
üf dem esteriche sehen. ^00 , nein, herre,' sprach von Kempten 

er sprach: ,wa^ ist alhie ge- der unverzagete Heinrich; 

schehen? ,lät hie genäde vinden mich 

wer hat den sal entreinet und iuwer staete hulde. 

und die getät erscheinet, gcruochet mine unschulde 

165 da^ er bluotic worden ist?' 205 hie vememen und mine schult: 
alsus begunde im an der vrist hab ich mit rehter ungedult 
sin werde^ ingesinde sagen, verdienet iuwer vientschaft, 

da^ im sin truhsse^e erslagen so lä^et iuwer magenkraft 

waere bi der zit also. mich vellen unde veigen. 

170 mit zorne sprach der keiser dö: 210 müg aber ich erzeigen, 

,wer hat an im beswaeret mich?* da^ niht diu schulde waere min, 
,da^ tet von Kempten Heinrich,' so ruochet mir genasdic sin, 
riefens algeliche. da:? ir mir niht übels tuont. 

,ja,' sprach der keiser riche, durch den got, der hiute erstuont 

175 ,hät ime der sinen. lip benomen, 2i5 an disem österlichen tage, 
so ist er uns ze vrüeje komen so günnet mir, da^ ich bejage 
her von Swäben in diz laut. iuwer keiserliche gunst. 

er werde schiere nü besant sit da:? ir habet die vernunst, 

vür min angesihte her; da^ ir von art bescheiden sit, 

180 ich wil in vrägen, war umb er 220 so eret diso höchgezit 
mir habe so vaste an im geschadet.' an mir vil armen hiute: 



160 hegnnde selien, erblickte. — also vr., s. zu Nib. 360, 1. — 168 im 
sin, s. zu Nib. 72, 2. — 171 an im, in seiner (des Truchsessen) Person. — 
176 ze vrüeje, d. h. zur Unzeit. — • 197 diu g., ähnlich wie Troj. 63. — 
199 erlemptent mit eingeschobenem p; wegen der Flexion s. § 53. 



128 Otte mit dem Barte. 

lät mich der werden liute er greif in bl dem harte lanc 

genießen, der man schouwet hie. und zucte in über sinen tisch: 

kein schulde wart so michel nie, e^ wasre vleisch oder visch, 

225 da enhoere zuo genäden teil: 265 da^ man da vür in bete bräht, 

durch da^ so latent mich da^ heil da^ wart gevellet in ein bäht, 
hie vinden und erwerben, Als er in bime harte dans, 

da^ ich iht sül ersterben.' da^ kinne wart im und der vlans 

Der keiser übel unde röt vil bares da beroubet: 

230 der rede im antwürte bot 270 sin keiserllche^ houbet 

ü^ eime grimmen herzen. wart sere entschumpfieret : 

er sprach : ,des tödes smerzen, diu kröne wol gezieret, 

den hie min truhsae^e treit, diu dar üf gesetzet was, 

lid ich mit sulcher arebeit, viel nider in den palas 

235 da:; ich niht muotes han dar zuo, 275 und al sin rilich zierheit. 

da^ ich iu keine gnäde tuo er het in under sich geleit 

umb iuwer gr6?e schulde: geswinde bi den ziten; 

min keiserlichiu hulde er zucte von der siten 

muo^ iu immer sin verspart. ein me^^er wol gewetzet, 

240 ir arnet e:;, sammir min hart, 280 da^ het er im gesetzet 

da:; min truhsse^e tot vil schiere an sine kelen hin; 

lit von iu alsunder not.' mit der haut begund er in 

Der werde ritter Heinrich vast umb den kragen würgen, 

verstuont bi disem eide sich, er sprach: ,nu lät mich bürgen 

245 den der übel keiser tete, 285 enphähen unde Sicherheit, 

da^ er benamen au der stete da^ iuwer gnäde mir bereit 

da^ leben müeste hän verlorn. und iuwer hulde werde; 

des wart im also rehte zom, ir müe^et üf der erde 

da^ er sich gerne wolte wem da^ leben anders hän verlorn. 

250 und da^ leben sin genern 290 den eit, den ir da hat geswom, 

mit wiliicliches herzen ger ; den velschet, ob ir weit genesen, 

wand er bekante wol, swa^ er od es; muo^ iuwer ende wesen.* 
bi deme harte sin gehie^, Sus lac er üf im an der zit 

da^ er da^ alle^ stsBte lie:;. . und roufte in sere en widerstrit 

255 Da von sprach er: ,nu merke 295 mit sinem langen harte, 

ich wol, er würgte in also harte, 

da^ ich benamen sterben sol; da^ er niht mohte sprechen, 

des hän ich reht^ da^ ich mich wer die werden und die vrechen 

und da^ leben min gener, fürsten alle üf Sprüngen: 

al die wile da^ ich kan.' 300 si liefen unde drungen 

260 hie mite der ü^ erweiter man algemeiniclichen dar, 

geswinde für den keiser spranc; da der keiser tötgevar 



223 der, Gen. part. — 224 f. vgl. Tristan 402 f. — 228 M, s. § 60. 
ü^ erweiter y beachte die Flexion! — 295 mit, s. zu Roseng. 28, 2. 



Otte mit dem Barte. 129 

lac under dem von Kempten ; geswinde von im üf stän ; 

an kreften den' erlempten er hsete im schiere da Verlan 

805 haetens an den stunden 345 den bart u^ sinen handen. 

von ime vil gerne enpunden. und als er üf gestanden 

Do sprach der ritter Heinrich : was von dem esteriche wider, 
jist ieman, der nu rüere mich, ; dö gienc er aber sitzen nider 
so muo^ der keiser ligen tot; üf sinen stuol von richer art: 

810 dar nach s6 bringe ich denze not, 350 da^ här begunde er und den bart 
der mich zem ersten rüeret an. streichen ünde sprach also 
Sit da^ ich niht genesen kan, zuo dem ritter aber d6: 

so kumt der wirt ze vreisen: , Ich hän iu Sicherheit gegeben, 

ich stich im abe den weisen da^ ich iu lip unde leben 

815 mit disem me^^er veste; 355 un verderbet la^e: 

euch müe^en sin die geste nu strichent iuwer strafe, 

engelten, die mich wellen slahen: also da^ ir mich iemer 
ich giu^e ir bluotes manegen vermidet und ich niemer 

traben, iuch mit ougen an gesehe. 

e da^ ich müge verderben. seo ich prüeve da:^ wol unde spehe, 

820 nu dar! swer welle sterben, da:^ ir zeim ingesinde mir 

der k^re her und rüere mich.* ze swaere Sit: Joch habet ir 
sus trätens alle hinder sich, vil harte an mir gunfuoget. 

als in diu wäre schult gebot. swer blicket unde luoget 

der keiser ouch mit maneger not 365 an minen bart, der kiuset wol, 

325 winken sere da began, da^ ich iemer gerne sol 

da^ si giengen al hin dan. iuwer heimeliche enperen: 

Diz wart getan und diz ge- mir muo^ ein ander meister 
Schach. scheren 

zuo deme keiser aber sprach denn ir, da:^ wi^^et äne spot. 

der unverzagete Heinrich : 370 min bart muo^ iemer, sainmir got, 

880 ,lät hie niht langer ligen mich, iuwer scharsahs miden: 
ob ir das; leben wellet hän. e^ kan unsanfte sniden 

mir werde Sicherheit getan, hüt unde här den künegen abe. 

da^ ich genese, ich lä^eiuchleben: vil wol ich daz; befunden habe, 
wirt mir gewisheit niht gegeben 375 da^ ir ein übel scherer sit. 

885 umb den lip, est iuwer tot.' ir sult bi dirre tagezit 

hie mite üf sine vinger bot uns rümen hof unde lant.' 

. der keiser unde lobte sä sus nam der ritter alzehaiit 

bi kaiserlichen eren da, .zuo des keisers mannen 

da^ er in lie^e bi der stunt 38o urloup und vuor von dannen. 

340 von dannen keren wol gesunt. Er kerte gegen Swäben wider 

Nu diu Sicherheit ergie, und lie sich da ze lande nider 

keiser Otten er dö lie " üf ein riche^ lehengelt. 



304 beachte die Wortstellung! — 323 wie sie dazu volle Ursache hatten. — 
332 Bedingungssatz. — 367 iuwei'h., Gen. ^ 368 das Objekt ist nicht ausggj' 






130 



Otte mit dem Barte. 



aeker^ wisen unde velt 

885 het der von KempteiV) als ich las ; 

' dar üf. lie^ er sich, wan er vms 425 

ein dienestman der EM^ben stift. 

uns seit von im diu wäre schrift, 

da^ er sich schöne gar betruoc; 

390 wan er hete gülte gnuoc 

und was an eren offenbar. 480 

dar nach über zehen jär 
kom e:5 von geschihte also, 
da^ der keiser Otte dö 

395 eins grölen urliuges pflac 

und jensit deme gebirge lac 435 
vor einer stat vil wünneclich. 
er und die sine heten sich 
dar üf gevli^2;en manege zit, 

400 wie si der veste gaeben strit 
mit steinen und mit philen. 
doch was er bi den wilen 
an Hüten also nothaft., 440 

da^ er nach tiuscher ritterschaft 

405 her ü^ begunde senden, 
er hie^ in allen enden 
den liuten künden unde sagen: 
swer iht haete bi den tagen 445 
ze l^hen von dem riohe, 

410 da^ im der snellicliche 

ze helfe kceme bi der stunt. 
da bi tet er den fürsten kunt, 
swer in wsere dienesthaft 450 

und lehen oder manschaffc 

415 haßte enpfangen under in, 
da^ er ze helfe koeme hin 
ze Fülle bi den ziten 
und ime da hülfe striten; 455 

swer des niht entaete, 

420 da^ der sin lehen haBte 
verwürket und e^ solte län. 
nu da^ diu boteschaft getan 



wart in elliu tiuechiu laut, 
dö wart ze Kempten hin gesant 
dem abbet ouch ein böte sa^ 
der im diu maere seite da. 

Als der fürste lobesam 
des keisers boteschaft vemam, 
dö wart er üf die vart bereit; 
ouch wurden schiere, so man seit, 
al sine dienestman besant 
und üf die . reise dö gemant 
mit triuwen und mit eiden. 
den ritter wol bescheiden 
von Kempten hie^ er für sich 

komen. 
er sprach: ,ir hapt da^ wol ver- 

nomen, 
da^ der keiser hat gesant 
nach liuten her in tiuschiu lant, 
und ich der fürsten einer bin, 
der im ze helfe komen hin 
über da^ gebirge soI. 
dar zuo bedarf ich iuwer wol 
und miner dienestliute: 
die mane ich alle hiute 
und iuch ze vorderst, da^ ir vart 
und die reise niht enspart, 
diu mir und iu geboten ist. 
da von sult ir an dirre vrist 
werden üf die vart bereit.' 
,ach herre, wa^ hat ir geseit!' 
sprach von Kempten Heinrich. 
,nu wi^^et ir doch wol, da^ ich 
vür den keiser niht entar 
und ich sine hulde gar 
iemer me verwürket hän. 
ir sult der reise mich erlän 
iemer durch den dienest min. 
der keiser hat die gnade sin 
vil gar von mir geleitet 



387 der s, st, des Stiftes zu Kempten; vgl. V. 424 ff. — 388 diu w. seh,, 
gemeint ist die lat. Quelle; vgl. V. 752 f. — 396 jensit d. g., d. i. in Italien. 
— 408 — 11 sind die Reichsfürsten, 413—18 die unter diesen (under in) 
stehenden üienstmannen gemeint. — 417 Pulle, ApuUen. — 433 bei ihi-er 
Treue und ihren Eiden (womit sie jene beschworen hatten). — 457 zum 
Lohn für meine (bisherigen) Dienste. 



Otte mit toaa Barte. 



131 



460 und über mich gespreitet 

slner ungenäden büne. 500 

ich hän erzogen zwene süne, 
die sende ich, herre, mit iu dar; 
6 da^ ich alters eine var, 

465 so füeret ir si b^desamt: 

gezieret wol üf strites amt 505 
keren si mit iu da hin/ 
,nein/ sprach der abbet, ,ich 

enbin 
des muotes niht, da^ ich ir ger 

470 und iuwer durch si beide enber, 510 
wand ir mir nutzer eine sit. 
min tröst und al min ere lit 
an iu bi dirre zite: 
joch kunnet ir ze strite 

475 geraten ü^er ma^en wol, 515 

und swa^ man höher dinge sol 
ze hove schicken alle wege, 
da^ mac verrihten iuwer pflege 
michels ba^ dan iemen. 

480 so nütze enist mir niemen 520 

an dirre hinevert als ir : 
da von so bite ich, da^ ir mir 
rät mit wiser lere gebet, 
ist da^ ir da wider strebet 

485 und ir mir dienstes abe gänt, 52» 

swa^ ir von mir ze lehen hänt, 

wei^got, da^ lihe ich anderswar, 

da man^ verdienen wol getar/ 

,Entriuwen,* sprach der ritter 

dö, 530 

490 ,und ist der rede denne also, 
da^ ir min l^hen lihent hin, 
ob ich iu niht gehörsam bin, 
ich var e mit iu, wi^^e Krist, 
swie mir diu reise an dirre vrist 535 

495 zuo grölen sorgen si gewant: 
e da^ ich lä^e ü^ miner hant 
min lehen und min ere, 
ö rite ich unde kere 



mit iu h^amen in den tot. 
min helfe so^ ze rehter not 
iu bereit mit wilfoit sin, 
wände ir sit der herre min, 
den ich dienstes muo^ gew^m: 
Sit ir sin niht weit enpern, 
so werde erfüllet iuwer muot. 
swa^ mir der keiser Übels tuet, 
da^ wil ich gerne dulden, 
durch da^ ich iu ze hulden 
gedienen müge an dirre vart.* 
hie mit üf sine reise wart 
bereit der ellentriche man. 
er fuor mit sime herren dan 
über da^ gebirge enwec. 
er was so küene und euch so quec, 
da^ er durch vorhte wönic lie^ : 
er tet, swa^ in sin herre hie^, 
und wart im undertsenic gar. 
si wären beide schiere dar. 
vür die selben stat gezoget, 
da der roemische voget 
lac mit sime her vil starc. 
Heinrich von Kempten alle^ bare 
sich vor des keisers angesiht 
und quam vür in ze liebte niht, 
wan er im euch den alten ha^ 
und durch die schulde sin entsag. 
So vlöch in der vil küene man : 
ein lützel von dem her hin dan 
hset er die hütten sin geslagen. 
ein bat was im dar in getragen 
an eime tage, als ich ez; las, 
wand ime nach siner verte was 
gemaches dürft; dö badet er 
in eime zubere, der im her 
was von eime dorfe bräht. 
und dö der ritter wol bedäht 
was gese^^en in da^ bat, 
dö sach er komen ü^ der stat 
ein teil der burgsere 



465 füeret ir, Imper., ebenso Iceren V. 467. — 471 verbinde ir eine 
(Gegensatz zu si beide). — 490 vgl. Nib. 337, 1. — 493 «;i>^e K., eine 
häufige Beteueinngsformel. — 520 der r. voget, der Kaiser, als Schirmherr 
Roms. — 526 und^ und- zwar. 



132 Otte mit dem Barte. 

540 und ouch den keiser maere da mite kom der blo^e helt 

stapfen gegen in dort hin. geloufen zuo dem keiser hin. 

umb die stat wolt er mit in 58o von den burgaeren löst er in 
teidingen unde kosen. und werte in also nacket; 

da von die triuwelösen zerhouwen und zerhacket 

545 burgsere haßten üf geleit wart von im der vinde gnuoc: 

mit pärät und mit valscheit, der liute er vil ze töde sluoc, 

da^ si in ze tode slüegen ; 585 die den keiser wolten slahen ; 
si wolten gerne füegen, er gö^ ir bluotes manegen trahen 

80 er mit in sprächen wolte, mit ellenthafter hende. 

550 da^ man in slahen solte ze bitterlichem ende 

und morden äne widersagen. er der liute gnuoc da treip, 

nu haete schiere sich getragen 590 und swa^* ir lebendic beleip, 
diu zit alsö^ des bin ich wer, die macht er alle fiühtic. 
da^ er geriten quam dort her, und dö der ritter zühtic 

555 gewaefens Stel unde bar. den keiser hete enpunden, 

ein tougenlichiu harmschar d6 lief er an den stunden 

was im ze läge da geleit, 595 aber in da^ bat hin wider: 
dar in er ungewamet reit dar in sa^ er dräte nider 

und wart mit vrechen banden und badet, als er tet da vor. 

560 eins strites da bestanden ; der keiser üf der flühte spor 

wan diu triuwelöse diet, rante wider in da^ her. 

diu tougen sinen schaden riet, 600 wer in mit manlicher wer 
diu wolte im briuwen ungemach. het erloeset bi der stiint, 
und dö der ritter da^ ersach da^ was im harte kleine kunt, 

565 von Kempten in dem bade dort, wan er sin niht erkande. 
da^ man da mein unde mort vür sin gezelt er rande; 

alsus begunde briuwen 605 da erbei^te er balde nider 
und da^ man an den triuwen und sa^ üf sin gestüele wider 

den keiser Otten wolte slahen, vil zorniclichen bi der zit. 

570 dö lie^ er baden unde twahen die fürsten quämen alle Sit 
vil gar beliben under wegen: vür in gedrungen schiere dar. 

als ein ü^ erweiter degen 6io er sprach: ,ir herren, nemet war, 
spranc er ü^ dem zuber tief; wie nach ich was verraten: 

zuo sime schilte. er balde lief, wan da^ mir helfe täten 

575 der hienc an einer wende, zwo ritterliche hende schin, 

den nam er zuo der hende so müeste ich gar verdorben sin 

und ein swert gar ü^ erweit; 615 und den lip verloren hän. 



551 äne to., ohne ihm vorher widersagt zu haben; s. zu Iwein 453. — 
566 mein unde »w., allitterierende Formel. — 568 an den tr^j während des 
Waffenstillstandes. In dieser Bedeutung erscheint triuwe im mittellat. treuga^ 
franz. treve. — 581 also n„ vgl. Nib. 369, 1. — 590 lebendiCr s. zu Gudr. 221, 3. 
— 598 w/" der fl. sp.j vgl. etwa nhd. Wendungen wie ,auf dem Kriegspfade*, 
,auf dem Wege des Verbrechens' u. dgl. — 612 helfe, Gen. zu schin. — 614 
eine im Nhd. abgekommene Fügung: wir ersetzen. den Inf. Perf. durch den 



Otte mit dem Balte. 



133 



wiste ich, wer mir kunt getan 6$5 
het also baldeclichen tröst, 
da^ er mich nacket hat erlöst, . 
ich wolte im lihen unde geben: 

620 den lip hän ich und ouch da^ 

leben . eeo 

von siner helfe stiure. 
nie ritter wart s6 tiure 
noch so vrech an allen spot. 
erkennet in ieman, durch got, 

625 der bringe in vür miii ougen her ; ees 
ich bin des offenlichen wer, 
da^ er enphähet riehen solt. 
min herze ist ime an tri u wen holt 
und mno^ im iemer gtUistie Wesen : . 

630 kein • ritter so gär ü^ erlesen 67o 
lebt weder hie noch anderswä. 
nu stuonden suiiieliche ,dä, 
die wol Westen under in, 
da^ Heinrich deme keiser hin 

635 geholfen , haßte bi der zit; , 675 

die sprächen alle wider strit: 
,wir wi^^en, herre, wol den helt, 
der iüwer leben ü^ erweit 
von deme töde erloeset hat. 

640 nu vert es; leider unde stat esa 
urab in also bi dirre zit, 
da^ iuwer ungenäde lit 
ze verre üf sinem rücke: 
er hat da^ ungelücke, . 

645 da^ er durch sine schulde esö 

vermidet iuwer hulde. 
wurd im diu seelde nü getan, 
da^ er die möhte wider hän, 
wir liefen, herre, iüch in gesehen. ' 

650 der keiser dö begunde jehen, 69o 
haet er den vater sin erslagen, 
er lie^e in sine hulde tragen 
und tsßte im sine gnade schin; 
da^ nara er üf die triuwe sin 



und üf «in ere keiserlich. 
dö Wart der ritter Heinrich 
von Kempten im genennet, 
der keiser wit erkennet 
sprach da wider sa zehant: 
,und ist er komen in diz laut, 
da^ wei^ ich gerne sunder wän. 
wer haete ouch anders diz getan, 
da^ er nacket hiute streit! 
wan er ouch die getürstikeit 
truoc in sime herzen hoch» 
da^ er bi dem harte zöch 
einen keiser über tisch, 
sin muot ist vroelich unde vrisch; 
des engilt er niemer : 
min helfe muo^ in iemer 
genaßdiolichen decken, 
doch Wil ich in erschrecken 
und übelliche enphähen.^ 

Dö hiez; er balde gäben 
und in ze hove bringen, 
mit zorniclichen dingen 
wart er für in gefüeret hin. 
seht, dö gebarte er wider in, 
als er geha^ im waere. 
,nu saget,* sprach der maere 
keiser, ,wie g^torstet ir . 
ie gestrichen her Äe-mir 
oder vür min ougen komen? 
nu hat ir doch wol vernomen, 
war umbe ich iuwer vient wart: 
ir Sit e^ doch, der mir den hart 
äne scharsahs hat geschorn 
und des grimmellcher zorn 
vil häres in beroubet hat? 
da^ er noch äne locke stät, 
da^ hat gefrumet iuwer haut. . 
da^ ir getorstet in diz laut 
ie komen, dar an wirt wol schin, 
da^ ir höchvertic wellet sin 



Inf. Präs. und bringen die Perfektbedeutung am Hilfsverb zum Ausdruck. — 
619 lihen u. gebeny häufige Formel; vgl. V. 732. — 629 giinstic, im Nhd. fast 
nur noch von Dingen; doch vgl. ,missgünstig'. — 676 mit z. dingen, vgl. 
zu Iwein 148. 



134 Otte mit dem Barte. 

695 und übermuotes ktlnnet pflegen.* wo und sin grimmellcher zom 
,genäde, herre/ sprach der degen, was deme ritter niht gevdch. 
,ich quam betwungenlichen her: ein gelt gap er im unde lech, 
da von 86 bit ich unde ger, da^ järes galt zwei hundert marc. 

da^ ir verkieset dise tat. sin manheit vrevel unde starc 

700 inin herre, ein fürste, der hie stAt, 735 bräht in in höhen ilchtuom 
bi Biner httlde mir gebot, und in ganzer wirde ruom, 

da^ ich durch keiner «Iahte not da^ man sin noch gedenket wol. 
lie^, ich enfüere her mit im. dar umbe ein ieglich ritter sol 

ich setze da^ hiut unde nim wesen sines muotes quec, 

705 üf alle mine sselikeit, 740 werf alle zageheit enwec 

da^ ich die vart ungerne reit, und üebe sines libes kraft; 
wan da^ ich muoste, sammir got, wan manheit unde ritterschaft, 
erfüllen gar sin hoch gebot. diu zwei diu prisent s^re: 

W8ere ich niht ü^ mit im komen, si bringent lop und ere 

710 min l6hen h*8ete er mir benomen, 745 noch eim iegelichen man, 
waere ich an den stunden der si wol gehalten kan 

an der verte erwunden.* und. in beiden mac geleben. 

Der keiser lachen dö began. hie sol diz maero ein ende geben 
er sprach : ,ir ü^ erweiter man, und dirre kurzen rede werc, 

715 ir Sit unschuldic, beere ich wol; 700 da:^ ich durch den von Tiersberc 
da von ich gerne lä2;en sol in rime hän gerihtet 

gegen iu den zoni min. und in tiutsch getihtet 

mir und gote sult ir sin von latine, als er mich bat 

wol tüsent warbe willekomen ! ze Strä^burc in der guoten stat, 

720 ir hapt mir swsere vil benomen 755 dar inne er ze dem tuöme 
und da^ leben min genert: ist probest und ein bluome 

den lip den müeste ich hän ver- da schinet maneger eren. 

zert, göt welle im saelde mSren, 

wan iuwer helfe, sa^lic man.* wan er so vil der tugende hat. 

sus spranc er üf und lief in an 760 von Wirzeburc ich Cuonrät 

725 und kuste im ougen unde lide. muo^ im iemer heiles biten: 
ein suone lüter und ein vride . er hat der eren strit gestriten 
wart gemachet under in: mit gerne gebender hende. 

ir z^eiger vlntschaft was da hin, hie hat diz maere ein ende, 
wan der keiser höh gebom 



703 ich enfüere, s. § 62. — 704 vgl. V. 360. — 710 s. § 65. — 722 

s. zu V. 614. — 731 gevechy geht eigentlich nur auf das persönl. Subjekt. 

— 750 wahrscheinlich Berthold von T., der 1247 als Ganonicus am Strass- 
burger Dom urkundlich erwähnt wird. 



Helmbrecht. 



135 



XI. Aus dem Meier Helmbrecht. 

_ Von Weniher dem Gärtner. 



Hie hebet sich ein msere, 

da? vil müelich waere 

ze verswigen den liuten. 

künde ich e? bediuten, 
5 wie man in da heime enphie! 

ob man iht gegen im gie? 

nein, e? wart geloufen, 

al mit einem houfen; 

eine? für da? ander dranc, 
10 vater unde muoter spranc, 

als in nie kalp erstürbe. 

wer da? botenbröt erwürbe? 

dem knehte gap man äne fiuoch 

beide hemede unde bruoch. 
15 sprach da? friwip und der kneht: 

,wi8 willekomen, Helmbreht?* 

nein, si entäten; 

e? wart in widerraten. 

si sprächen: ,juncherre min, 
20 ir Witt gote willekomen sin.* 

,vil liebe susterkindekin, 

got läte iuch immer sselic sin/ 

diu swester gegen im lief, 

mit den armen si in umbeswief. 
25 do sprach er zuo der swester: 

,grätiä vester.* 

hin für was den jungen gäch, 

die alten zugen binden, nach, 

si enphiengen in beide äne zal. 
30 zem vater sprach er: ,ddä sal,' 

zuo der muoter sprach er sä 

beheimisch : ,dobray trä. * 

si sähen beide ein ander an, 



beidiu da? wip und der man. 

S5 diu hüsfrouwe sprach: ,her wirt, 
wir sin der sinne gar verirt: 
er ist niht unser beider kint; 
er ist ein Beheim oder ein Wint.' 
der vater sprach: ,er ist ein 
Walch. 

40 min sun, den ich gote bevalch, 
der ist e? niht sicherliche, 
und ist ime doch geliche/ 
dö spracb sin swester Gotelint: 
,er ist niht iuwer beider kint. 

45 er antwurt mir in der latin: 
er mac wol ein pfaife sin.* 
,entriuwen*, sprach der friman, 
,als ich von im vemomen hän, 
s6 ist er ze Sahsen 

50 od ze Bräbant gewahsen : 

er sprach: „liebe susterkindekin.* 
er mac wol ein Sahse sin/ 

Der wirt sprach mit rede sieht: 
,bist du? min sun Helmbreht, 

55 du hast mich gewunnen da mite: 
sprich ein wort nach unserm site, 
als unser vordem täten, 
so da? ich? mtige erraten, 
du sprichest immer: „deü sal", 

60 da? ich enwei?, zwiu e? saL 
ere dine muoter unde mich, 
da? dien wir immer umbe dich : 
sprich ein wort tiutischen! 
ich wil dir dinen hengest wischen, 

65 ich selbe unde niht min kneht. 



3 ze versw., wenn man es verschweigen wollte; den hüten gehört zu 
müelich, — 5 in, den aus der Fremde heimkehrenden jungen Helmbrecht, — 
11 als, davor ist etwa ,so fröhlich* zu ergänzen. — 12 hotenbr,, s. Gudr. 124, 1. 
— 15 kneht, derselbe, der V. 47 friman genannt ist. — 21 f. es galt als Zeichen 
feiner Bildung, seine Rede flämisch (niederdeutsch) zu färben. Vgl. noch 
V. 68—72. — 30 (Jeu sal, Gott erhalte euch. — 32 dobr,, guten Morgen. — 
54 e^, s. zu Nib. 202,2. — 56 sprich^ wir übersetzen: wenn du sprichst. 



136 Helmbrecht. 

. lieber sun Helmbreht; ^sammir got der guote, 

da^ du immer sselicmüe^est sin!' ich wil iu sagen, wer ich si. 

,ey wa^ sakent ir geburekln e^ ist hie nindert nähen bi 

und jene^ gunerte wif? 103 iein wirt, der mich behalte. 

70 min parit, minen klären lif niht guoter witze ich walte, 

sol dehein gebürik man da^ ich min rede verkere: 

zwäre nimmer grlpen an/ ichn tuon e^ nimmer mere/ 

des erschrac der wirt vil söre. er sprach: »ja bin ich e^ der/ 

dö sprach er aber mere : 110 der vater sprach : ,nu saget, wer?' 

75 ,bistü^ Helmbreht min sun, . ,der da heilet alsäm ir.' 

ich siude dir noch hinte ein huon der yater sprach: ,den nennet 
und brate dir ab eine^. mir.' 

da^ rede ich niht meine^. ,ich bin geheimen Helmbreht; 

und bist du^ niht Helmbreht min iuwer isun und iuwer kneht 

kint, 115 was ich vor einem järe; 

80 Sit ir ein B^heim oder ein Wint, da^ sage ich in zewäre.' 

so vart hin zuo den Winden. der vater sprach: , nein ir.' 

ich hän mit minen kinden t ,e^.ist war.' ,sö nennet mir 

wei^got vil ze schaffen: min ohsen alle viere.' 

ich gibe euch keinem phaffen 120 ,da^ tuon ich vil schiere. 

85 nihtwan sin bare;; reht. der ich dö wilen pflegte 

Sit ir^ niht Helmbreht, und minen gart ob in wegte, 

het ich dan alle vische, der eine heilet Ouwer; 

irn twaht bi minem tische e^ wart nie gebouwer 

darcih e^^en nimmer iuwer haut. 125 so riebe noch so wacker, 

90 Sit ir ein Sahse od ein Bräbant er zaeme üf sinem acker. 

. oder Sit ir von Walheh, der ander der hie^ Raeme ; 

ir müe^et iuwer malhen nie rint so genaeme 

mit iu hän gefüeret. wart geweten under joch. 

von iu wirt gerüeret 130 den dritten nenne ich iu nochi 

95 des minen niht zewäre, der was geheimen Erge. 

und waer diu naht «in järe. e^ komt von miner kerge, 

ich enhän den mete noch den win: das; ich si kan genennen, 

juncherre, ir sult bi herren sin.* weit ir mich noch erkennen? 

Nu was e^ harte späte. 135 der vierde der hie^ Sunne. 

100 der knabe wart ze rate ob ichs genennen kunne, 

in sin selbes muote: des läfc mich genießen: 



75 f. zum Reim vgl. Nib. 49, 1. — 77 ab == aber. — 78 meine^, s. § 53. 
— 80 beachte den Wechsel der Anrede! — SI Winden, Wortspiel mit winden? 
87 Fische galten als sehr feine Speise. — 88 s. zu Otte 48. — 96 jdre, mit 
unberechtigtem e. — 97 beachte den vom Nhd. abweichenden Gebrauch des 
Art. ! — 103 iu, wir erwarten m, da Helmbrecht mit sich selbst spricht. — 
122 vgl. zu Otte 67. — 124 gebouwer aus gebür durch Diphthongierung des m, 
die .im bairischen .Dialekt schon im 13. Jahrhundert anhebt. Zum ganzen 
Satz vgl. Reinh. 118 ff. -- 136 kunne, s. § 63. 



Helmbrecht. 



137 



heilet mir daz; tor üf slie^en.l 

der Vater sprach: ,tär unde.tor, 
140 da solt du niht sin lenger vor; 

beide gadem unde schrin 

sol dir alle^ offen sin.' iso 

Unsselde si verwä^en! 

ich bin vil gar erlägen 
145 so guoter handelunge, 

als da het der junge. 

sin phärt wart enphettet, iss 

im selben wol gebettet 

von swester und von muoter. 
150 der vater gap da^ fupter 

wei:jgot niht mit zadele. 

swie vil ich var enwadele, i9o 

so bin ich an deheiner stete, 

da man mir tuo, als man im tete. 
155 diu muoter rief die tohter an: 

,dü 8olt loufen und niht gan 

in da^ gadem unde reich 195 

einen polster unde ein küsse 
weich/ 

daz wart im under den arm 
160 gelegt üf einen oven warm, 

da er vil sanfte erbeit, 

unz^ da^ e^^en wart bereit. 200 
Do der knabe erwachet, 

da^ e^^en was gemachet, 
165 und er die hende het getwagen, 

hoert, wa:; für iix wart getragen. 

ich^wil iu nennen d'ßrsten traht: 205 

wser ich ein herre in höher aht, 

mit der selben rihte 
170 wolt ich haben phlihte: 

ein krüt vil kleine gesniten ; 

vei^t und mager, in beden siten, 210 

ein guot fleisch lac da bi. 

hoeret, wa^ da:? ander sl: 
175 ein vei^er ksßse, der was mar; , 



diu rihte wart getragen dar. 
nu hoert, wie ich da:^ wig^e. . 
nie vei2;ter gans an spi:5^e 
bi fiure wart gebraten . 
(mit wiüen si da^ täten, 
ir deheinen des verdroß) : 
si was michel unde gröz;, 
gelich einem trappen; 
die sazt man für den knappen, 
ein huori gebraten, ein^ versoten,. 
als der wirt het geboten, 
diu wurden euch getragen dar., 
ein herre naemo der spise war^ 
swenn er gejeides phlaege 
und üf einer warte laege. 
noch spise maneger hande, 
da^ gebüre nie bekande 
also guote lipnar, ' 

truoc man für den knaben dar. 
der vater sprach: ,und het ich 

Win, 
des müeste hinte getrunken sin^ 
lieber sun min, nü trinc 
den aller besten ursprinc,' 
der ü^ erden ie geflös;; 
ich wei^ niht brunnen sin genöz;,. 
wan ze Wankhüseri der: 
den tregt et uns nu uiemen her/ 
Dö si dö mit freuden ga^en^ 
der wirt niht wolte lä^en, 
er fragte in der maere, 
wie der hovewise waere, 
da er waere gewesen bi. 
,sage mir, sun, wie der si; 
so sag ich dir denne, 
wie ich etewenne 
bi minen jungen jären 
die Hute sach gebären.^ 
,vater min, da^ sage mir ; 



156 vgl. V. 6 f. -- 157 M. reich, s. zu Reinh. 283. — 160 einen, s. zu 
Nib. 126. 1. — 171 Sauerkraut vertritt noch heute im österreichischen Inn- 
viertel, wo unsre Erzählung spielt, beim bäuerlichen Mahl die Stelle der 
Suppe. — 201 WanJchüsen, ein Dorf im österr. Innviertel. — 203 vgl. 
Iwein 109. — 205 er fragte, s. § 62, — 206 der hovew., Dat.; vgl. Otte 490 
und nhd. ,dem ist (= damit verhält es sich) nicht so.* 



138 Helmbrecht. 

zehant so wil ich sagen dir, 2&5 in süe;;er ougen weide. 

:2i6 swes du mich fragen wil: juncberren unde meide 

der niuwen eite wei^ ich vil.' si tanzten fröhliche, 

,Wllen dö ich was ein kneht arme unde riche. 

und mich din ene Helmbrefat, als des danne nimme was, 

der min vater was genant, 26o so gie dar einer unde las 

1220 hin ze hove het gesant von einem, der hie^ Emest. 

mit kadse und mit eier, swa^ ieglich aller gemest 

als noch tuot ein meier: wolte tuen, da^ vand er. 

dö nam ich der ritter war. dö schö^ aber der ander 

un.d marcte ir geverte gar. 265 mit dem bogen zuo dem zil. 

^2b si w^en hovelich unde gemeit maneger freude was da vil: 

und künden niht mit schalkheit, ener jagte, dirre birste. 

als nu bi disen ziten kan der dö was der wirste, 

manic wip und manic man. der waere uns nü der beste, 

die ritter lieten einen site, 270 wie wol ich etewenne weste, 

2S0 da liebtens sich den frouwen mite : wa^ triuwe und ere merte, 

eine^ ist buhurdiem genant, e e^ valscheit verkerte! 

da^ tet ein hoveman mir bekant, die valschen und di« losen, 

dö.ich in fragte der ms&re, die diu reht vwbosen 

wie e^ genennet wsere. 275 mit ir listen künden, 

235 si fiioren, sam si wolten toben die herm in dö niht gunden 

(dar umbe hörte ich si loben), da ze hove der spise. 

ein schar hin, diu ander her; der ist nü der wise, 

e^ fuor diser unde der, der lösen trade liegen kau; 

als er enen wolte stöben. 230 der ist ze hove ein werder man 

240 under minen genö^en und hat guot und ere 

ist e^ selten geschehen, leider michels mere 

da^ ich ze hove hän gesehen. danne ein man, der rehte lebet 

•als si danne da^ getaten, und nach gotes hulden strebet, 

einen tanz si dö geträten 285 als vil wei^ ich der alten site. 

245 mit. hoch vertigem gesange: sun, nu ere mich da mite 

da:; kürzt die wile lange. und sage mir die^ niuwen.* 

yl] schiere kam ein spilman; ,Da^ tuon ich entriuwen. 

mit siner gigen huop er an: da^; sint nu hovelichiu dinc: 

dö stuonden üf die frouwen 290 „trinkä, herre, trinkä trinc! 

250 (die möht man gerne schouwen), trinc das; ü^ ; so trinke ich da^. 

die ritter gegen in giengen, wie möhte uns immer werden 

bi banden si si viengen. ba^?" 

da was wunne Überkraft veniim, wa^ ich bediute. 

von frouwen und von ritterschaft ö vant man werde Hute 



221 eier, die Dativendung fehlt. — 261 gemeint ist Herzog Ernst, dessen 
sagenhafte Geschichte schon im 12. Jahrh. von einem niederrheinischen Dichter 
nach lat. Vorlage in deutschen Reimpaaren bearbeitet worden war. — 267 
s. zu Tristan 76. — 290 trinkä, s. zu Gudr. 161, 2. 



Heimbrecht. 139 

295 bi den schoenen frouwen: stümbel den, der e gesach; 

nu muo:^ man si schon wen sss slach mir dem abe den fuo^; 

bi dem veilen wine. tuo mir dem der hende buo^; 

da^ sint die hcehsten pine - du eolt mir disen haben 

den äbent und den morgen, und enen riehen vähen, 

«00 wie si da^ besorgen, der git uns wol hundert phunt. ^■ 
ob des wines zerinne, 84o »Mir sint die site alle kunt. 

wie der wirt gewinne yater min, wan da^ ich enwil, 

einen, der si als guot, ich trouwe dir gesagen vil 

da von si haben höhen muot. niuwan von den niuwen siten. 

^s da^ sint nü ir brieve und minne : ich muo^ släfen, ich hau vil 
„vil süe^e litgebinne, geriten: 

ir sult füllen uns den maser. 845 mir ist hint rnowe not/ 

ein atfe und ein narre was er, dö taten si, als er gebot, 

der ie gesente sinen lip lilachen was da fremde; 

310 für guoten wln umbe ein wip/ ein niuwewaschen hemde 

swer liegen kan, der ist gemeit; sin s wester Gotelint dö swief 

triegen da^ ist hövescheit; 85o über da^ bette, da er slief, 

er irt gefüege, swer den man unz e^ höhe wart betaget, 

mit guoter rede versniden kan; wie er nu vert, da^ wirt gesaget. 

«15 swer schiltet schalcliche, E^ ist billich unde reht, 

der ist nu tugentriche. da^ der junge Helmbreht 

der alten leben, geloubet mir, 355 ü^ ziehe, ob er iht bringe 

die da lebent alsam ir, von hove gämelicher dinge 

der ist nu in tlem banne dem vater, der muoter und der 

320 und ist wibe und manne s wester. 

ze genö^e als maere ja zewäre, unde wester^ 

als ein hähsBre. wa^ e^ alie^ waere, 

äht und ban da^ ist ein spot.' 860 ir lachtet der maere: 

Der vater sprach: ,da^ er- dem vater er br&ht ein wetzestein, 

barme got da^ nie mader defaein 

325 und si im immer gekleit, in kumpf be^^em gebaut, 

da^ diu unreht sint so breit. und eine segense, da^ nie haut 

die alten tumei sint verslagen 865 so guote gezöch durch da:^ gras : 

«nd sint die niuwen für getragen. hey welch geburkleinöt da^ was ! 

wilen hörte man kroyieren so: und bräht im ein bile, 

330 nheyä, ritter, wis et frö!" da^ in maneger wile 

nu kroyiert man durch den tac: gesmit so guote^ nie kein smit, 

„jagä, ritter, jaga jac! 87o und eine hacken da mit. 

stichä stich! slahä slach! ein fühspelz so guoter 



^7 dort, wo Wein feil ist. — 319 cteTy als ob des aüen . .der da lebet 
vorhergienge. — 355 w-r £?., nämL.M^ der mälhen (V. 92). — 358 wester 
= toestet ir. — 369 gesmitie), Prät. • von smiden, — 371 wird durch das 
folgende den in die Konstruktion aufgenommen. — guoter, s. § 53. 



140 ' 



Helmbrecht. 



den brähtesiner rauoter 
Helmbreht der junge knabe; 
den zöch er einem phaffen abe: 

375 ob er^ roupte oder stsele, 

vil ungerne ich da^ hsßle, 415 

wsßr ich 8in an ein ende komen. 
einem krämer het« er genomen 
ein sldin gebinde; 

880 da^ gap er Gotelinde, 

und einen borten wol beslagen, 4ao 
den billicher solte tragen 
eines edelen mannes kint 
dan sin s wester Gotelint. 

385 dem knehte sbhuoch mit riemen. 
die het er ander niemen 425 

so verre gefüeret 
noch mit banden gerüeret: 
so hövesch was Helmbreht. 

390 wsere er noch sines vater kneht, 
er het in lä^en äne schuoch. 430 
dem friwibe ein houbettuoch 
bräht er unde ein bendel röt : 
der zweier was der dierne not. . 

395 Nu sprechet, wie lange si 

der knabe dem vater bi.. 435 

siben tage, daz; ist war. 
diu wile dühte in ein jär^ 
da^ er niht enroupte. 

400 zehant er urloupte 

von vater und von muoter. 440 
,neinä, lieber sun vil guoter, 
ob du trouwest geleben 
des ich dir hän ze geben 

405 immer unz an min ende, 

so sitz und twach dine hende; 445. 
genc niuwan ü^ und in. 
sun, tuo die hovewise hin : 
diu ist bitter unde sür. 

410 noch gerner bin ich ein gebür 



danne ein armer hoveraan,. 
der nie huöbegelt gewan 
und niuwan zallen ziten 
üf den lip muo:^ riten 
den äbent und den morgen 
und muo^ dar- under sorgen,, 
swenn in sine vinde vähen, 
stümbeln linde hähen.' 

,Vater,* sprach der junge, 
,diner handelunge 
der soit du immer haben danc. 
doch Sit ich niht wines tranc, 
des ist mer danne ein woche: 
des gürte ich drler loche 
an der gürtel min hinhinder. 
ich muo^ et haben rinder^ 
e diu rinke geste 
an der stat, da si was e. 
e!5 werdent phlüege gesüraet 
und rinder üf gerümet, 
e mir der lip geraste 
und aber wider gemaste. 
mir hat ein richer getan 
so leide^ da^ mir nie man 
also vil getan hat: 
über mines toten sät 
sach ich in eines riten. 
möht et ers erbiten, 
er giltet mir mit houfen. 
siniu rinder müe^en loufen, 
siniu schäf, siniu swin, 
da^ er dem lieben toten min 
also zertrat sin arbeit: 
da^ ist mir inneclichen leit. 
noch wei^ ich einen riehen man, 
der hat mir leitouch getan: 
der ä^ zuo den kraphen bröt. 
rieh ich dä^ niht, s6 bin ich tot, 
noch wei^ ich einen riehen, 



377 hätte ich es erfahren können. — 386 a. niemen, füi* keinen andern; 
ander ist part. Gen. PI. = änderer. — 390 vgl. V. 114. — 394 ironisch. — 
406 tw. d. h,i d.h. iss. — 4H.üfden l, um den Lebensunterhalt zu ge- 
winnen. Sonst ist üf den l, riten = in. einen Kaxöpf auf Leben und Tod 
ziehn. — 418 6*. unde h. sind Objekte zu sorgen. — 447 es ist sozusagen 
eine Missachtung des feinen Gebäckes, gemeines Brot dazu zu essen. 



Helmbrecht. 141 

450 das; mir aicherlichen da^ ich^ immer diene hin ze dir, 

deheiner leider nie getete; dine gesellen die knaben, 

durch eines bischoves bete die dich da^ gelöret haben, 

wolt ich e^ niht enlän, 485 da^ du dem riehen manne 

da^ er mir leides hat getan.* sine habe nemest danne, 

455 der vater sprach: ,wa^ ist da^?* so er zuo den kräphen i^^et bröt ; 

,er lie die gürtel wlter ba^, die nenne mir, des ist mir not.* 
do er sa^ ob sinem tische. ,Da^ ist min geselle Lember- 

hey wa^ ich des erwische, slint 

da^ da heilet sin ! 490 und Slickenwider; die zwepe sint, 

460 da^ muo^ alle^ wesen min,^ von den ich han die Idre. 

da^ im ziuhet phluoc und wagen. noch jienne ich dir mere: 

da^ hilfet mir, da^ ich sol tragen Hellesac und Rütelschrin, 

gewant ze wihnahten, da^ sint die schuolmeister min> 

swie ich da^ mac betrahten. 495 Küefrä^ und Müschenkelch. 

465 wes wsßnt et er vil tumber gouch, nu sich, herre vater, welch 

zwäre und etelicher ouch, knaben sint an -der schar, 

der mir herzen leit hat getan? die sehse ich hän genennet gar. — 

iie^ ich da^ ungerochen stän, min geselle Wolvesdrti^^el 

so waere ich niht ein frecher. 500 üf tuot er äne slü^^el 

470 der blies in einen becher alliu slö^ und isenhalt. 

den schüm von dem biere: in einem järe ich hän gezalt 

und rseche ich da^ niht schiere, hundert isenhalt grö^, 

so würde ich nimmer frouwen da^ ie da^ slo^ danne schö^, 

wert, 505 als er von ven'en - gie dar zuo. 

zwäre, und solte ouch nimmer ros, ohsen unde manic kuo 

swert ungezalt sint beliben, 

476 gürten umbe mine siten. diu er ü^ hove hat getriben. 

man hoeret in kurzen ziten noch hän ich einen compän, 

von Helmbrehte msere, 610 da^ nie knappe gewan 

da^ witer hof wirt laere; einen namen also hovelich; 

und vinde ich niht den selben den gap im diu herzoginne rieh, 

man, diu edele und diu frie, 

480 so tribe ich doch diu rinder dan.* von Nönarre Narrie: 

Der vater sprach: ,nu nenne 515 der ist geheimen Wolvesdarm. 

mir, e^ si kalt oder warm. 



450 nhd. umständlicher: der hat mich so beleidigt, dass . . — 456 bei 
Tisch den Gürtel nachzulassen oder den Schaum vom Biere zu blasen 
(V. 470 f.) verstiess gegen die feine Sitte. — 470 beachte die vom Nhd, ab- 
weichende Fugung mit dem präpos. Akk. neben dem Objektsakk.! — 489 ff. 
dergleichen Spitznamen waren unter Raubgesellen vom Schlage Helmbrechts 
allgemein gebräuchlich. LemhersUnt = Lämmerschlund; SUckenw. = schluck 
den Widder; Müschenh = zerschlag den Kelch; Wölvesdr. = Wolfsgurgel, 
-schnauze. — 504 da^, nhd. wieder umständlicher : von solcher Beschaffenheit, 
Art, dass . . . Ebenso V. 510. — danne schö^, durch Zauberei. 



142 



Helmbrecht. 



555 



roubes wirt er nimmer vol, 

diupheit tuot im so wol, 

der enwirt er nimmer sat. 
520 einen fuo^ er nie getrat 

u^ der übele in die güete. 

im strebet et sin gemüete 

gegen der übeltaete, 

als diu krä tuot zuo der saete/ 
535 Der vater sprach : ,nu sage mir, 56o 

wie si sprechen hin ze dir, 

ieglich din geselle, 

so er dir rüefen welle.* 

,yater min, da^ ist min name, 
530 des ich mich nimmer geschame: 565 

ich bin genant Slinte^geu. 

die gebüren ich vil selten freu, 

die mir sint gese^i^en. 

ir kint müe^en e^^en 
535 ut; dem wa^^er da^ koch. 

leider tuon ich in noch: 

dem ich da^ ouge ü^ diücke, 

disen houwe ich in den rücke, 

disen binde ich in den ämei^stoc, 
540 enem ziuhe ich den loc 

mit der zange ü^ dem harte, 

dem andern ri^e ich die swarte, 

enem müUe ich die lide, 

disen henke ich in die wide 
545 bi den sparrädem sin. 

da^ die büren hänt, da^ ist min. 

swä unser zehen riten, 

ob unser zweinzec erbiten, 

da:^ ist umb alle ir öre, 
550 ob ir noch wsere mere/ 

,Sun, die du da nennest. 



570 



575 



580 



585 



swie wol du si erkennest 
ba^ dan ich, vil lieber kint,. 
doch swie rse^e si da sint, 
so got wil selbe wachen, 
so kan ein scherge machen, 
da^ si tretent, swie er wil, 
waer ir noch drlstunt als vil." 

jVater, da^ ich e tete, 
hin für durch aller künege bete 
wolte ich sin nimmere tuon. 
manege gans und manic huon^ 
rinder, kaese und fuoter 
han ich dir und miner muoter 
gefridet vor miner seilen vil: 
des ich.nu nimmer tuon wil. 
ir sprechet al ze sere 
fruraen knaben an ir ere, 
der deheiner nimmer missetuot,. 
er roube, er stele da^ guot. 
hetet ir^ niht verkallet, 
noch so vil uf uns geschallet^ 
iuwer tohter Gotelinde 
die wolte ich Lemberslinde 
mime gesellen han gegeben;. 
s6 hete si da^ beste leben, 
da;^ ie wip bi einem man 
ze der weite ie gewan. 
kürsen, mantel, linwät, 
als es; diu kirche beste hat, 
des gaebe er ir den vollen hört, 
hetet ir s6 scherphiu wort 
gegen uns niht gesprochen« 
und weites alle wochen 
ein iteniuwe^ siegerint 
e^^en, da:^ hete Gotelint.* 



519 s. § 61. — 520 einen /*., einen F. weit. — 527 ieglich din g., vgL 
Gudi*. 126, 1. — 531 Slinte^geu = slint de^ gen (Gau). — 533 die meine 
Nachbarn sind. — 534 f. d. h. ich mache si« arm; denn nur die ärmsten 
Leute machen das Mehlmus mit Wasser statt Milch an. — 549 vgl. nhd. ,es 
ist geschehn um . .* -— 556 die Schergen haben nach dem Volksglauben die 
Kraft Verbrecher., anzubinden*, d. h. durch Zauber zu bewirken, dass sie sich 
nicht mehr von der Stelle bewegen können. — 570 er r., er s*., konzessiv. 



Passional. 14g 



XII. Aus dem Passional. 

Theophilus und der Teiijel. 

Noch Bult ir wunder schouwen ich habe amtes genuoc. 

an der guoten vrouwen, da^ trage ich, als ich^ vor truoc^ . 

wie si wil helfen unde kan. da^ ich an siner stat bin/ 

e^ was ein örhafter man 4o alle der tuomherreii sin 

5 in einem lande ein bischof, wart dö umbe gewant, 

der hete über sinen hof unde erkurn in zehant 

und über da^ amt an siner stat einen andern an da^ bistuom. 
einen andern gesät, der lie^ euch Theophilum 

der was genant Thäophilus. 45 dar nach wesen an siner stat. 

10 dirre vicedominus dar under schiere ein sache trat 

den bischof harte wol verstuont, in einem ungemüete scharf, 
als die wisen noch tuont: daa; der bischof verwarf 

swa^ man da solde schaffen, Theophilum durch vintschaffc 

' den leien und den pfaifen 50 von der benanten herschaft. 

15 besunder unde in allen des schämte sich Theophilus, 

muoste er wol gevallen, da^ er niht vicedominus 

wan er so wislich vertrat als da vor solde wesen: 

da^ ambet und des herren stat, er dühte sich gar ungenesen 
dar inne er vl^lichen warp. 55 an ören unde geletzet, 

20 dö der bischof gestarp da:^ er was entsetzet 

unde die tuomherren gar von des amtes werdikeit. 

nämen an gesprsßche war, sin ungemach und sin leit 

wen man ze bischove kür, alze verre in dö vertruoc, 

si sazten in dö manegen vür : so wan e^ in grobelichen sluoc 

25 iedoch gevielen si dar an, üs; der rehten strafe hin: 

da:^ si den erhaften man im ranc nach herschaft sin sin,. 

Theophilum wolden haben. als nach dem äse tuot der rüde, 

als er des willen hete entsaben, Nu was euch in der stat ein. 

den man im dräte underschriet, jüde, 

30 sin demuot im dö geriet, 65 der in den swarzen buochen 

da^ er quam vür si alle samt; die liste künde ersuochen, 
die herschaft und da^ grö:;e amt da^ er mit tiuveln umbe gie. 
genzlich er dö widersprach: Thöophilus dö gar verlie 

,e^ waere mir grö^ ungemach*, sin herze üf dises jüden rät: 

35 sprach er, ,ob diu bürde 70 in der hoehsten unvlät 

geleit üf mich nu würde: gruop er nach arzetien, 



2 d. i. Maria. — 8 gesät, Nebenform von gesagt — 10 vicedominuSy 
woraus (mit Anlehnung an tuom) ,Viztum*. — 24 in, refl., wie V. 42. — 
39 siner, d. h. des Bischofs. 



144 



Passional. 



die in solden vrien 

von der benanten leide. 

,din sorge ich von dir scheide/ 

75 sprach der jüde, ,ob ich an dir 
gehoere, da^ du volgest mir, 115 
swa^ ich dir nutzlich rate.* 
und dö sprach jener dräte: 
,jä ich, ja, sprich, wa^ du wilt; 

«0 min herze nihtes niht bevilt, 

e^ envolge dir vil gar.* 120 

als des der jüde wart gewar, 
dö sprach er: ,sö wil ich dir sagen 
die wärheit und der niht verdagen , 

«5 wie du kumst in die werdikeit: 
gotes und der kristenheit 125 

solt du dich verzien 
und dar zuo Marien, 
tuo niuwan da^ eine, 

-90 (deswär, e^ ist doch kleine 

und lit niht grö^iu mäht dar iso 

an), 
so wirt dir genzlich undertän 
din volle herschaft als e. 
dir wirt gewaltes dar zuo me, 

^5 des dir der tiuvel helfen so!.* 135 
Theophilus sprach: ,tuo so wol 
und hilf mir in da^ ambet wider; 
ich wil mit willen werfen nider 
von mir, swa^ du hast genant.* 
100 dö rief der jüde sä zehant 140 

eime tiuvele, der quam 
und sich der sache ane nam, 
diu hie beteidinget was. 
der jüde im dö vor las 
105 disiu leitlichen wort: 145 

,wiltu*, sprach er, ,treten vort 
an diner sache?* ,jä*, sprach er. 
,sö ist des tiuvels beger, 
da^ du dich solt verzien 
110 gotes und Marien 150 



und kristenliches lebenes: 
ist da:^ du dich verebenes 
und disen drien wider seist, 
so wil haben dirre geist 
von dir ein hantveste, 
diu dich zuo im beste.* 
dö sprach sin valschiu zunge 
in rehter vestenunge: 
,ich schribe, swa^ich sol schriben, 
da^ ich ot muge beliben 
an eren, als ich e beleip.* 
hie mite er einen brief schreip 
mit siner wol vertuomten hant. 
als er dö was gowant, 
der valsche törehte gief 
slö^ an den leidigen brief 
sin ingesigel. diz volquam. 
der tiuvel disen brief nam 
und vuorte in hin ze gründe, 
da mit leides künde 
Theophilö geordent wart 
ein stat nach siner hinvart, 
da er solde sitzen 
an kelden unde an hitzen 
gepiniget in der hoehsten klage. 
Dar nach an dem andern tage, 
dö diz gelübde geschach, 
des tiuvels kunst vür brach; 
wan er mit vli^e also warp, 
unz diu ergerunge erstarp, 
diu den bischof hete enzunt 
üf Theophilum, , sinen vrunt. 
der bischof nach im sante; 
sin leit er im wante, 
wand er in vriuntlichen bat, 
da:^ er wsere an siner stat 
und des amtes pflaßge, 
wan im das; gelsege 
aller beste wsere kunt. 
sus wart im wider in der stunt 



81 e^ env., s. § 62. — 82 waii; g,, hier von der Gehörswahrnehmung. 
— 84 der (wärheit). Gen. zu niht — 87 verzien = verzihen; s. § 19 a. — 
91 es kostet keine gi-osse Mühe. — 11^ verehene$y der alte Ausgang der 
2. Sg. auf -s statt -st findet sich bes. im Md. noch häufig. — 142 vrunt, 
md. Form für vriunt. 



Passional.' 



145 



sin amt und sin ere, 190 

dar an er vür ba:^ mere 

wuohs nach des tiuvels spot. 
Nu wolde ouch unser herre got, 
155 der wlse und der milde, 

an im geben ein bilde 195 

uns Sündern vil kranken, 

das; wir niht solden wanken 

ü^ siner heiligen zuoversiht. 
160 nie wart so gr6:;er sünden pfliht, 

noch so starkiu vriuntschaft 200 

an dem menschen behaffc 

ze des tiuvels untriuwe, 

kumt er in ganze riuwe, 
165 sin breche unde velle 

mit tugentlicher eile 205 

aller hande sünden bant. 

Theophilö wart gesant 

ein vunke rehter riuwe, 
170 s6 da^ der ungetriuwe 

gesach wol offen sinen schaden, 210 

wie er sich hete überladen 

mit einer swseren bürde, 

und welher Ion im würde 
)75 nach dises lebens ende. 

dö er die missewende 215 

in im selber gesach, 

durch sin leidec herze in stach 

diu sträle höher vorhte; 
180 diu Sache ouch an im worhte, 

da^ er sich aller vröude enthielt ; 220 

herze und hende er vielt 

ZUG gote und zuo Marien; 

weinen unde schi-ien 
185 was im staßte wolveil; 

da^ grimmige urteil, 225 

da^ von gote was gegeben 

über sin vil arme:^ leben, 

hete er stsete in blicke. 



dar inne im dicke und dicke 

diu ougen über runnen. 

im wären der riuwen brunnen 

mildicliche entslo^^en : 

hie von wart ü^ gego^^en 

durch sin ougen mildiu vluot. 

Dö sin betrüebter rouot 
eine wile des gepflac, 
zeimäl er vor dem altar lac, 
da diu reine milde 
stuont an einem bilde 
und hete ir kint in ir schö:^, 
sin klagendes; siuften wart so grö^, 
in dem er unser vrouwen an rief, 
da:^ er vor müedikeit entslief 
vor dem altar, da er lac. 
die wile er dises släfes pflac, 
in des geistes schouwe 
erschein im unser vrouwe, 
diu in ernstlich^ an sach. 
mit herten werten si dö sprach: 
,eiä, du törehter man, 
wa^ hästu arges getan, 
da:^ du min kint unde mich 
verworfen hast so lesterHch 
und ouch da^ kristenliche leben, 
da^ dir ze sselden was gegeben!* 
,ö*, sprach er dö, ,vrouwe guot, 
durch din selber demuot 
so la dich nü erbarmen 
mich Sünder vil armen, 
oder ich bin ewiclich verlorn, 
verkius, vrouwe, dinen zorn 
gein miner grölen schulde; 
gewinne mir die hulde 
gein dime lieben kinde, 
da^ ouch sin zorn erwinde, 
den er ze rehte üf mich hat. 
owi, owö der missetät, 



157 krankerit s. § 53. — 160 ff. vgl. in Bezug auf die Konstruktion Reinh. 
118ff. — 163 Bestimmung zu vriuntschaft. — 165 ff. ein nicht ganz klares 
Bild und Wortspiel; wie der Krämer mit der E. diu hant hrichet (in Teile 
teilt), so hrichet (zerbricht) die. Reue diu bant (Ketten) der Sünde; unde velle 
ist störender Zusatz. — 182 Zeugma. — 190 dar inne, dabei. — 198 zeimdl 
= ze ebne mal. — betone altar! — 200 an, vgl. Roseng. 14, 3. 

10 



146 



Passional. 



in der ich bin unz her gesin!' 270 
230 dö sprach zuo im diu künegln: 

,wilt da noch versinnen dich 

und min kint unde mich 

in rehtem lobe erkennen 

und dich vür bas; nennen 275 

235 einen kristenen man 

und dar an tugenilich bestän 

mit vestenunge hie und da?* 

Ja waerlichen, ja, ja! 

ja*, sprach er, ,vrouwe guot, 280 
240 ja ich wil herze unde muot 

immer an dich wenden. 

hilf ot mir nü verenden 

gein dlme lieben kinde, 

da^ sin zom erwinde, 285 

245 in den ich yerre bin getreten/ 

dö wart Jesus gebeten 

von ir, unz er abe lie^. 

Maria hüeten in dö hie^, 

da^ er iht ander weide 290 

250 sich stricte in die leide, 

wan im disiu was verlän. 

und dö entwachte dirre man 

mit grölen vröuden genuoc: 

siner sorge er sich versluoc 295 
255 durch die schoenen gesiht. 

mit alles lobes zuopfliht 

dancte er der edeln vrouwen, 

diu in e lie^ schouwen, 

wie si ir kint vür in bat. 300 

260 ledoch nihtgenzlichvonimtrat 

sin leit, sin alte vorhte: 

daa; jener brief worhte, 

den er noch dort weste 

in des gelübdes veste, 805 

265 da^ er e den tiuveln tet. 

dö sprach er aber sin gebet 

hin zuo der edeln vrouwen: 

,ö vrouwe, lä^ beschouwen, 

ob ich armer vinde 310 



an dime lieben kinde, 
das; er min sünde mir vergit: 
den brief, der dort verborgen lit, 
der ein geziuc ist über mich, 
vrouwe min, da^ underbrich 
und schaffe mir den brief wider; 
so lit min zwifel gar dar nider, 
des min kranke^ herze pflac' 
in dem gebet er euch entlac. 
und dö begunde er schouwen 
als ^ unser vrouwen; 
des sich minrete sin not. 
unser vrouwe dö gebot 
mit gewaltes volleiste 
dem vil Übeln geiste, 
da:^ er den brief solde holn. 
des wart der tiuvel so verkoln, 
da^ er mit lüter stimme schre: 
,wäfen hiute und immer me, 
wa^ uns diu vrouwe schaden tuot !' 
doch muoste er vam in die gluot, 
swa:^ er klagte unde rief, 
er brähte wider disen brief; 
der wart gegeben Thöophilö. 
dö entwachte er und wart vro, 
wan er den brief bi im vant. 
er gienc hin al zehant 
mit vröuden vür den bisohof 
und hie^ beruofen üf den hof 
al gemein die pfafheit. 
wie in der tiuvel e versneit, 
und wä mite er was geschant, 
da^ machte er offenlich bekant, 
und wie er unser vrouwen bat, 
diu getriulich vür in trat, 
unz er entwart der sünde. 
ein offen Urkunde 
zeigte er und gap in den brief. 
da:^ volc dö mit vröuden rief 
nach reines willen gebot: 
,gelobet sistu, herre got, 



237 hie und da, d. i. fh diesem und jenem Leben, immer; also anders 
als nhd. — 247 dbe lie^, näml. den zorn, — 249 iht, s. § 60. — 263 dort, 
in der Hölle. — 264 in veste = in vestenunge V. 1 18. -— 274 da^ underbr,, 
Anakoluth. — 306 prädik. Attrib. zu brief. 



Imis. 147 

an der getriuwen muoter din, starp an dem dritten tage, 

diu getriuwe uns mac sin, sin leit, sin ungemach^ sia klage 

so wir mit ganzem muote wart von Marien im benomen, 

beveln uns in ir huote 320 als ir habet nü vemomen 

815 und in ir scherm uns Verlan.* hie bevor an den Worten min: 

Theophilus der guote man des si gelobet diu künegin! 



XIII. Aus dem Ämis. 

Von dem Stricker. 

Amts und der Bischof, 

Nu saget uns der Stricksere, ir habet überige^ guot, 

wer der erste man wsere, da:^ ir mit höfscheit vertuot; 

der liegen und triegen ane vienc, des sult ir mir ein teil geben, 

und wie sin wille vür sich gienc, 30 ir endürfet da nihfc wider streben ; 
5 das; er niht widersatzes vant. ich enwils von iu niht enbem; 

er hat hüs in Engellant ze wäre, ir müei^et michs gewem.* 

in einer stat ze Tränis dö sprach der phaffe Ämis: 

und hie^ der phaffe Amis. ,min muot der stet ze solher wis, 

er was der buoche ein wise man 35 da^ ich min guot vil wol verzer 

10 und vergap so gar, swa^ er gewan, und mich des vil gar gewer, 
. beidiu durch ere und durch got, des mir über werden sol: 
da^ er der milte gebot , waers mere, ich bedörftes wol. 

ze keiner zit übergie. ich engibe iu anders niht: 

er lie die geste unde enphie 40 geruocht ir miner spise iht, 

15 bas;, denn ieman taete, so ritet in da^ hus min 

wand er es state hsete. und lät mich iuwem wirt sin, 

sin miltekeit was also grö^, swie dicke e^ iuwer wille si, 

da:^ es den bischof verdroß, und lät mich dirre gäbe vri. 

dem er was gehörsam. 45 ich engib iu umbe disiu dinc 

20 daa; er des so vil von im vernam, nimmer einen phenninc* 
da^ lie^ er niht äne nit. da^ wart dem bischove zorn. 

er kom zem phaifen zeiner zit. ,sö ist diu kirche verlorn,* 
zuo dem sprach der bischof: sprach er, ,die ir von mir hat, 

,herre, ir habet groe^ern hof 50 umb die selben missetät.* 

25 zallen ziten denne ich; er sprach: ,des sorg ich kleine, 

da^ ist harte unbillich. äne diz dinc alterseine 



7 ze Trdnis, s. zu Nib. 5, 4. — 14 lie . . enphie, wir ei*warten die umge- 
kehrte Reihenfolge. — die geste, gemeins. Objekt. — 15 täte, s. § 63. — 
21 vgl. Iwein 78. ~ 30 widery mit da zu verbinden. — 37 des (statt da^) 
infolge Attraktion durch das vorausgehnde des. — 42 iuwern w., beachte den 
Akk.! — 45 umbe d. d., so viel als darumbe. 



148 



^mis. 



ich was iu gehorsam ie; 
- dar an versümet ich mich nie. 

$5 ouch heilet mich versuochen 

mit Worten und an den buochen, 96 
kunn ich min amt also wol, 
so ich ze rehte kunnen sol, 
des lät ouch genießen mich.* 

60 der bischof sprach : ,da^ tuen ich. 
Sit ich iuch versuochen sol, 100 

so kan ich iuch versuochen wol 
mit kurzen worten hie zehant: 
ir habet den habech an gerant. 

65 saget mir, wie vil des meres si; 
der rede enlä^ ich iuch niht vri; 105 
und bedenket iuch vil ebne e. 
saget ir mir minner oder m6, 
ich tuon iu solhen zorn schin, 

70 da^ diu kirche muo^ verloren sin.* 
,des ist ein vuoder,* sprach er. no 
der bischof sprach : ,nu saget, wer 
gestet iu des? den zeiget mir.* 
der phaffe sprach: ,da^ müe^et ir. 

75 ichn liug iu niht als umbe ein här. 
endunket e^ iuch niht vil war, 115 
so machet ir mir stille sten 
diu wa^^er, diu dar in gen, 
s6 mi^^ ich^ unde lä^e iuch sehen, 

80 da^ ir mir nach mtie^et jehen.* 
der bischof sprach zem phaffen: 120 
,sit ir:^ also wellet schaffen, 
so lät diu wa^^er vür sich gän: 
ich wil iuchs me^i^ens erlän, 

85 Sit ichs niht verenden mac. 

nu saget mir, wie manec tac las 
ist von Adam unze her?* 
,der sint siben*, sprach er. 
,als die ende hänt genomen, 

90 so siht man aber siben komen. 
swie lange disiu werlt st6, 180 

irn wirt doch minner noch me.* 



da^ was dem bische ve ungemach. 
zomicliche er zuo dem phaffen 

sprach : 
,nu saget mir aber da bi, 
welhe^ rehte enmitten sj 
üf disem ertriche. 
teilt ir^ niht vil geliche, 
ir wert der kirchen äne. 
des sagt mir niht nach wäne.' 
der phaffe sprach : jda:^ si getan, 
diu kirche, die ich von iu hän, 
diu stet enmitten rehte. 
da:^ heilet iuwer knehte 
me:;^en mit einem seile: 
reich e^ an deheinem teile 
eines halmes breit vürba^, 
so nemt die kirchen umbe da:^.' 
der bischof sprach: ,ir lieget, 
swie harte ir mich betrieget, 
doch muo^ ich iu gelouben ö, 
dann ich da^ me^^en ane ge. 
nu saget mir, wie verre 
(ir Sit ein wiser herre) 
von der erde unz an den himel si.* 
der phaffe sprach : ,ob e^ s6 bi, 
dar ruofet samfte ein man. 
herre, zwivelt ir iht dran, 
so stigt hin üf: so ruofe ich, 
und hoert ir niht vil greite mich, 
so stigt vil balde her nider 
und habet iu die kirchen wider.* 
da^ was dem bischove leit. 
er sprach: ,iuwer wisheit 
diu müet mich so sere. 
nu sagt mir aber möre, 
wie breit der himel müge ein, 
oder diu kirche ist min.* 
dö sprach der phaffe Amis: 
,de8 mach ich iuch vil schiere wls. 
als mir min kunst hat geseit. 



64 sprichwörtlich: ihr habt einen überlegenen Gegner herausgefordert. 
— 77 machet ir, s. zu Nib. 29,1. — 78 gen^ beachte den Konj.! — 79 e^, 
auch Objekt zu sehen. — 96 welcher Ort genau in der Mitte liegt. — 99 
wert ■= werdet — 116 &z, Adv. = nahe. Die Kopula fehlt. 



Amis. 



149 



so ist er tüsent kläfter breit 
und dar zuo tüsent eilen, 
weit ir si rehte zellenl 

135 (des wil ich iu wol gunnen)^ 

so sult ir die sunnen 175 

und ouch den mänen nemen abe 
und swa^ der hirael sterren habe, 
und rücket in dann über al 

140 zesamen: er wirt also smal, 

swenne ir in geme^^en hat, iso 
da^ ir mir mine kirchen lät.' 
der bischof sprach: ,ir kunnet vil ; 
da von ich niht enberen wil, 

145 ir müe^et mich da mite ^ren 
und einen esel diu buoch leren. 
Sit ir den himel geme^^en hat i85 
und den wec, der hin unz dar gät, 
und dar zuo mer und erden, 

150 nu wil ich innen werden, 
ob iu iht kunne widerstän. 
habt ir diz alle^ getan, 
da^ ir mir hie vore zeit, 190 

so tuet ir ouch wol, swa^ ir weit. 

155 nu wil ich schouwen hie bl, 
ob da^ ander alle^ war si. 
gelert ir nü den esel wol, 
so nira ich alle^ da:^ vür vol, 195 
da^ ir mir habt gesagt, 

160 und wei^ wol, da^ ir rehte jagt.* 
,nu gebt mir einen esel her; 
den wil ich lören,* sprach er. 
do wart in kurzen stunden 200 
ein junger esel vunden, 

165 den brähte man dem phaffen dar. 
der bischof sprach: ,nu nemet 

war, 
unz wenne ir in geleret hat, 205 
da^ ir mich die zit wi^^en lät.* 
der phaffe sprach : ,ir wi^^et wol, 

170 swer ein kint leren sol. 



unz man im wisheit müe2;e jehen, 
da^ enmac nimmer e geschehen, 
er müe^e leren zweinzec jär; 
da von wei^ ich vür war: 
gelere ich einen esel wol 
in dri^ec jären, als ich sol, 
Sit er sprechen niene kan, 
da muo^ es iu genüegen an.* 
der bischof sprach : ,nü lät sehen, 
deiswär, und mac es niht ge- 

^ schoben, 
ich gemache iuch harte unvrö.* 
nu dähte der phaife dö: 
,wirn geleben nimmer dri^ec jär 
alle dri, da:^ ist war, 
der esel sterbe oder ich 
ode der bischof. swa^ er sich 
vermi^^et üf mlnen schaden, 
des mac mich wol der tot ent- 
laden.* 
dö der bischof danne quam, 
der phaffe sinen esel nam; 
dem hie^ er machen einen stal, 
da er die kunst wol verbal, 
wie er in leren wolde. 
ein boese buoch er holde ; 
da^ leit er rehte vür in 
und schütte im haberen dar in 
zwischen iesliche^ blat 
und lie^ in nie werden sat. 
diz tet der phafTe umbe da^, 
da^ er die bleter deste ba^ 
gelernde werfen umbe. 
als danne der tumbe 
zwischen einem blate niene vant, 
so warf er umbe zehant 
ein ander^ unde suochte da 
und suochte aber anderswä, 
als da niht mer inne was. 
so stuont der esel unde las 



145 ir müei^et, s. § 62. Vgl. auch V. 173. 230. — 146 Beiordnung statt 
Unterordnung. — diu huoch L, lesen lehren. — 160 rehte jagen, vgl. die nhd. 
Redensart: auf der rechten Fährte sein. — 167 Attributivsatz zu die zit. — 
194 hoßse, Gegensatz zu niuwe unde vrisch V. 221. — 202 der tumhe, nicht 
,der Dumme'. 



150 Amis. 

in dem buoche unz an die stunt, und ersuochte^ buoch also gar. 

210 da^ im die liste wurden kunt, waere ein körn dar inne gewesen, 
wie er den haberen ü^ gewan. da^ het er ouch ü^ gelesen, 
da^ treip er zallen ziten an dö er niender niht envant, 

beidiu vruo und späte, 250 do begund er lüejen zehant, 

unz er wol gelernet häte so er immer lütist künde. 

215 da^ selbe blatwerfen gar. als er des begunde, 

nu quam der bischof dar dö sprach der bischof : ,wa^ ist 

und sprach, er wolde wi^^en, da^?* 

wie sich hete gevli^^en ,des wil ich iuch bescheiden ba^,' 

sin esel zuo den buochen. 255 begunde der phafTe jehen. 

220 nu begunde der phaife suochen ,er hat die buochstabe ersehen, 
ein buoch niuwe unde vrisch. ich lere in da^ ä-be-ce; 

da^ leit er vür sich üf den tisch des enhät er niht me 
unde sprach den bischof an: noch gelernet wan da^ ä; 

,herre, ich sage iu, wa:; er kan: 260 der hat er vil gesehen da: 

225 er kan blatwerfen wol.* dö sprach er^ dicke umbe da^, 

,da^ selbe nserae ich vttr vol,* da^ er^ bedsehte deste ba^. 
sprach der bischof zehant. er lernet ü^ der mä^e wol; 

,sit er sich es underwant, ich lere in, swa^ ich sol.* 

des ist so lanc niht gewesen, 265 des was der bischof harte vrö. 

230 er gelerne ouch wol lesen. alsus schieden si sich dö 

nu lät niich^ blatwerfen sehen!' harte minnecliche. 
der phaffe sprach: ,da^ si ge- nu löste got der riche 

schoben. * den phaffen von der selben not, 

als er da^ buoch üf getete 270 wan der bischof der lac tot 
nach des bischoves bete, da nach in einer kurzen zit. 

235 vuort er den esel dar. nu enlert er niht den^ esel sit. 

dö er des buoches wart gewar, nu dühte der phaffe Amis 
dö greif er sä durch gewin die Hute alle also wis, 

nach dem haberen dar in. 275 da^ si gewis weiten wesen, 

swa:^ er gei^^en het unz dar, wser der bischof genesen, 

240 da^ was ü^ einem buoche gar. er het den esel geleret. 
nu enwas da niht inne. des wart der phaffe geret 

dö warf er nach gewinne und harte witen erkant. 

her umbe ein andere^ blat 280 swer da^ msere bevant, 
und vänt ouch niht an der stat, der reit dar oder er gienc, 

245 dö warf er aber anderswar wand er die Hute wol enphienc. 



232 da^ st g., vgl. Iwein 263. 



Kobold und Eisbär. 



151 



XIV. Kobold und Eisbär. 

Von Heinrich von Freiberg. 



Swer hovelicher, maere ger, 
der neige herze und öre her: 
dem git dis äventiure 
ein lachen ze stiure. 

5 ich lache ouch, swenne des wirt zit, 

ob sorge mir die muo^e git, 

der ich von rehte ie muoste pflegen. 

Nu hoert, wie der von Norwegen, 

ein künic edel und hoch gebom, 

10 eim andern künige ü^ erkom, 
an adele sime genö^en, 
an richeit; dem großen 
und an gewalt dem starken 
künige von Tenemarken 

15 sante ein zamen wa^i^erbem. 
zwar ich wil iüeh der wärheit wern : 
er was der wi^en einer, 
ein größer, niht ein kleiner, 
dem bern da gegeben wart 

20 gein Tenemarken üf die vart 
ein wegewiser villän, 
von dem lande ein Norman, 
der in füeren solde 
und sin durch miete wolde 

25 schön üf der selben verte pflegen, 
hin fuoren si von Norwegen 
über den se, den starken, 
und quämen ze Tenemarken 
in des edelen küniges laut. 

30 dö si von stade üf den sant 
quämen beide, dirre und der, 
des bern meister und der her, 
des bern pfleger nam den bern 
bi der lannen, hin fuort ern. 

85 er sümte kleine sinen -ganc. 



wan in der äbent des tages twanc, 
da^ er ilte vaste 
gein herbergen durch raste, 
er gähte sere durch gemach, 

40 unz da:^ er ligen vor im sach 
ein schoene dorf. da hin kert er, 
im volgte an siner haut der ber. 
dö er in daa; dorf quam, 
da sach er wit und wunnesam 

45 in einem hove guot hüsgemach. 
und er den hof so schoene sach, 
er dähte in sinem sinne, 
da sae^e ein ritter inne 
oder sus ein guoter hande man. 

50 dar kßrte der villän 
mit dem bern sä zehant. 
den wirt des hoves er da vant 
gar trüric vor dem hove stän; 
er was ein guot einvaltic man, 

55 von art ein rehter gebür. 
swie ofte im hart unde sür 
wart sin lipnar mit not, 
er gap doch güetlich sin bröt 
ieslichem, der sin mochte 

60 und in mit zühten suochte. 
Mit dem bern der Norman 
den wirt dö grüe^en began. 
der wirt im dancte schöne; 
er jach: ,da^ iu got löne!* 

65 und hie^ in willekomen sin. 
er sprach: ,vil lieber friunt min, 
durch iuwer zuht tuet mir bekant : 
wa^ tieres füert ir an der hant? 
ist diu selbe creatiure 

70 gehiure oder ungehiure? 



1 ger, s. §63.-2 vgl. Troj. 289. — 7 der, auf sorge zu beziehn. — 
20 beachte die Wortstellung! — 22 von dem L, d. h. aus Noi*wegen. — 27 den 
siy s. zu Nib. 47, 1. — 2A ern = er in, — 46 und vertritt Mer eine Zeit- 
partikel; ebenso V. 198. — 60 Beiordnung statt Unterordnung. — 61 zur 
Wortstellung vgl. V. 20. 



152 Kobold und Eisbär. 

da^ eisliche kunder tische, stüele und benke 

ist e^ ein mer wunder? die sint im ringe alsam ein bal. 

muo^ichmichvorimfürhteniht?* uo e^ wirfet üf und zetal 

der Norman sprach : ,nein, herre, die schü^^eln und die topfe gar. 

niht: bt; rumpelt stsete für sich dar. 

75 e^ ist ein zamer wa^^erber. ovenbret und ovensteine, 

min herre der künic sant in her, körbe, kisten algemeine, 

der drenriche von Norwegen. 115 diu wirfet e^ hin und^ her. 

diseni küniclichen degen e^ get ot alle^ da^ entwer, 

hat er in ze presant swa:^ ist in dem hove min. 

80 her gesendet in diz laut, nu hän ouch ich die freise sin 

dem ich in füeren und bringen sol. u^d sin untät geflogen 

vil lieber wirt, nu tuot s6 wol, 120 und hän mich gar von im gezogen, 

als iuwem tugenden si geslaht, des ich mich an iuch selben zieh, 

und lät mich mit iu über naht seht, min gesinde und al min fieh 

85 bllben under dache hat e^ herü^ von im getriben 

in iuwerm hüsgemache.* und ist aleine drinne hüben. 

Der guote Tene einvaltic 125 von im ich großen kumber doL 

sprach: ,ich bin ungewaltic vil lieber gast, ir seht ouch wol, 

des hüses und des hoves min.* da^ mir hüsrät ist wilde. 

90 der Norman sprach: ,wie mac ich hän üf diz gevilde 

da^ sin?* für disen hof gehüttet. 

des antwurt im der wirt zehant; 130 zestoeret imd zerüttet 

er jach: ,der tiuvels välant ist leider al min hüsgemach.* 

und sin gespenste ist zuo mir der gast gezogenlichen sprach: 

komen ,vil lieber wirt, da^ ist mir leit. 

in minen hof und hat benomen lät mich durch iuwer hövischeit 

95 mir, swa^ ich freuden ie gewan. 135 und durch iuwer zuht hinin 

mit nihte ich da^ ervaren kan, und lät mich hint darinne sin. 

wa^ creatiure e^ sl. wa^ ob mir lihte hilf et got, 

sin hant ist swser alsam ein bli : da^ der tiuvel und sin spot 

swen e^ erreichet mit dem slage, und sin trucnüsse mich verbirt?' 

100 swie grö^ er si, swie starc sin uo ,türrt ir^ ge wägen,* sprach der 
klage, wirt, 

e^ sieht in, da^ er vellet nider. ,ich gans iu inneclichen wol. 

sin gestalt und siniu lider ob ich die wärheit sprechen sol^ 

diu moht ich leider nie gesehen, so dunket e^ mich tumplich.* 

wanda^ichdesfürwärmuo^jehen der Norman sprach: ,nu stiuret 
105 und sage e^ iu ze wunder, mich 

da^ ich gefriesch nie kunder U5 und minen bern mit spise. 

so starc noch so gelenke. ich dunke iuch tump od wise^ 



78 disem Je. d:, dem K. dieses Landes. — 84 und lät, s. zu V. 60. — 
98 ein hli, vgl. Nib. 58,3. — 119 geflogen = geflohen. — 121 zieh, wir er- 
warten ziithe. — 122' fieh = fih{e). Die Diphthongierung ist durch h be"wirkt. 
— 141 gunnen, hier = erlauben. 



Kobold Und Eisbär: 153 

ich wäg e^, swie mir^ halt ergät.* isö und euch der müede ber entslief, 

,sit ir sin niht weit haben rät/ hoert, wie ein schretel dort her 
sprach der wirt, der guote man, lief; 

150 4ch teile iu mite» swa^ ich hän. da^ was küm drier spannen lanc. 

min einvaltige^ armuot, gein dem fiur ea; vaste spranc. 

vil lieber gast, da^nemt für guot.* e^ was gar eislich getan 

der wirt e^ güetlich im erbot: i90 und het ein röte^ keppel an. 

er gap im hier unde bröt, da^ ir die wärheit wi^^et: 

155 fleisch, ruoben unde salz, e7, het ein fleisch gespi2;2;et 

er gap im eier unde smalz an, einen spi^ isenin; 

und frischer buttern gnuoc dämite den truoc e^ in der hende sin. 

ze spise nach des landes site, 195 da^ schretel ungehiure 

und sinem bem einen wider; sich sazte zuo dem fiure 

160 der im doch süwer gnuoc wart und briet sin fleisch durch lipnar. 

Bider. und e^ des bem wart gewar, 

der gast im seite grölen danc, e^ dähte in sinem sinne: 

er nam die spise und den tranc, 200 ,wa^ tuot diz kunder hinne? 

in gotes namen dar gienc er e^ ist so griulich getan, 

hin in den hof, mit im der ber. und soi ea; bl dir hie bestän, 

1 65 Der guote man von Norwegen du muost sin lihte schaden nemen. 

tet für sich den gotes segen. nein, blibens darf e^nihtgezemen. 

hin gienc er in ein bachhüs ; 205 ich hän die andern gar verjaget : 

er ahte klein üf solhen grüs, ich bin euch noch s6 niht ver- 
als im der wirt dö seite. zaget, 

170 ein fiur er bereite, e^ muo^ mir rümen diz gemach.* 

als im der hunger geriet: nitlich e^ üf den bem sach. 

sin kost er s6t unde briet. e^ sach ot dar und alle^ dar; 

dö nü diu koste was bereit, 210 ze lest erwac e^ sich sin gar 

er ä^ und tranc und was gemeit und gap dem bern einen slac 

176 und gap euch sinem bern genuoc. mit dem spi^^e üf den nac. 

dar nach diu müede in darzuo er rampf sich unde grein eg an. 

truoc, daa; schretel spranc von im hin- 
da:; er sich leit üf eine banc dan 

und der släf in des betwanc. 215 und briet sin fleischel fürba^, 

der ber was von dem gäne la^; unz da:; e^ wart von smalze na^. 

180 dö er im gnuoc des widers gä^, dem bem e^ aber eine^ sluoc ; 

er leit sich bi da^ fiur nider: der ber im aber da^ vertruoc. 

im wären müede siniu lider. e^ briet sin fleisch für sich dar, 

Dö nü der guote man gelac 220 unz da^ e^ rehte wart gewar, 

und släfes nach der müede pflac . da:; nü der brate süste 



160 sideVy im Hause durch den Kampf mit dem Schretel. — 166 er 
sprach eine Segensformel vor sich hin. — 167 ein, s. zu Nib. 126,1. — 178 
des, wegen seiner Müdigkeit. — . 180 tu». Dat. commodi. — 192 ein fleisch, 
ein Stück Fl. ; vgl. V. 98. — 204 ftf, Akkus. — 207 «^ muoi^^ wir übersetzen 
mit einem negierten Folgesatz. — 211 und gap, s. zu V. 60. 



154 Kobold und Eisbär. 

und in der hitze brüste. da:^ als harte ervorhte sich 

den spi^ e^ mit dem braten zöch des bem meister, da^ er fldch 

vaste üf über da^ houbet hoch : und in den bachoven kroch. 

225 da^ boese tuster ungeslaht 265 er kroch hin in und sach herfür 

sluoc ü!5 aller siner mäht gar trüric ü^ des ovens tür: 

den müeden bern über da:; mül. er luoget ü^ dem luoge 

nu was der her doch niht so fül, und sach die grölen unfuoge, 

er fuoE üf und lief qt^ an. diu an dem bern da geschach. 

230 da^ schretel im da niht entran. 270 da^ was sins herzen ungemach. 

er begreif e^ mit den tatzen, da^ schretel mit dem bem vaht 

bi^en, krimmen unde kratzen vil vaste hin gein mittemaht. 

begonde er e^ so grimme, zuo lest er e:; doch überwant: 

da^ e^ in grimmer stimme e^ flöch von im und verswant. 

285 und überlüt engestlichen schre: 275 war ea; quam, wer wei^ da^? 

,we herre we! we herre we!* der her was von dem stritela^, 

swie kleine im wären siniu lider, er leit sich üf den estrich wider 

e^ was doch starc und greif hin- und rast diu kampfmüeden lider. 

wider der Norman sach wol diso ge- 

dem müeden bem in den giel. schiht, 

240 e^ zezerret im den triel, 280 er quam ot ü^ dem oven niht: 

e^ bei^, e^ krazte in unde kram, mit vorhten er dar inne lac, 

da^ er vor zorne lüte erbram unz da^ er sach den liebten tac. 

und schrei in großem grimme dö alrerst kroch er herfür 

sin angeborne stimme, gar ruoi^ic ü^ des ovens tür. 

245 diu also grimmiclich erhal, 285 dö er ü^ dem oven quam, 

da^ alle^ da^ da von erschal, sinen bern er dö nam 

da^ in dem witen hove was. und fuort in ü^ dem hove hinfür. 

ob ir ietweder^ da genas, der wirt des hoves stuont vor 

für war, da^ was ein wunder. der tür, 

250 der her und diz unkunder dem gaste er guoten morgen bot. 

begonden grimmiclichen toben. 290 er het gehört wol dise not, 

iezunt lac da^ schretel oben, diu in dem hove da geschach. 

bi einer wil lac ob der ber. der guote wirt güetlichen sprach : 

si wielken^ hin unde her. ,und lebt ir noch, vil guoter man?' 

265 die zwene kampfgeverten ,jä, sit mir got des lebens gan, 

sich beide vaste werten. 295 so lebe ich geme für ba^.* 

nu bi^ä bi^! nu limmä lim! ze vil geredet, wa^ touc da^? 

nukratzä kratz Inukrimmäkrim! mit kurzen werten überslagen, 

si bi^^en unde lummen, er dancte im grö^e, hört ich sagen, 

260 si krazten unde krummen und nam urloup. hin gienc er, 

einander also grimmiclich, 300 mit im gienc der zekrazte ber. 



229 er fuoTy s. zu V. 207. — 244 Akk. des Inhalts. — 254 e^ wcUken, 
s. zu Nib. 245,1. — 257 f. vgl. Helmbr. 290. 332 f. — 293 und gibt der 
Frage mehr Nachdruck. — 297 überslagen, absol. Partizip. 



Kobold und Eisbär. 



155 



Der guote wirt, der villän, 
dö rüsten sinen pfluoc began. sso 
des pflac er unde was sin site, 
wan er betruoc sich dk mite. 

805 er fuor üf da:^ gevilde hin 
durch siner lipnar gewin. 
sinen pfluoc er da gevienc, 
ze acker er da mite gienc. 
er ment sin ohsen, hin treip er. 335 

810 nu lief da^ schretel dort her 
und trat ob im üf einen stein, 
mit bluote wären siniu bein 
berunnen üf und zetal; 
sin Übel da:; was überal 

815 zekratzet und zebi^^en; 340 

zezerret und zeri^^en 
was sin keppel, da:; e^ truoc. 
e^ rief eislich und lüte gnuoc 
und sprach dem bümanne zuo; 

320 e^ rief wol dristunt; ^hoerstu:;) 

du? 345 

hoerstu:;, du? hoerstu:^ iedoch? 
lebet din grö^iu katze noch?' 
er luoget üf und sacb e^ an. 
sus antwurt im der büman: 

825 Ja, ja, min grö^u katze, 

dir ze trutze und ze tratze 350 
lebt si, du boese^ wihtel, noch, 
sammir da:; ohsel und da:; Joch, 



fünf jungen si mir hint gewan. 
diu sint schoene und wol getan, 
lancsitic, wia; und hßrlich, 
der alten katzen alliu glich.' 
jfünf jungen?* sprach daa; schre- 

telin. 
,jä/ sprach er, ,üf die triuwe 

min! 
loufe hin und schouwe sie: 
dun gessßh so schoener katzen nie. 
besieh doch, ob e^ war sÜ* 
,pfi dich,' sprach da^ schretel, 

,pfi! 
sol ich si schouwen? we mir wart, 
nein, nein, ich kum niht üf die 

vart. 
sint ir nu sehse worden, 
si hegenden mich ermorden: 
diu eine tet mir e so we, 
in dinen hof ich nimmer me 
kume, die wile ich hän min leben.' 
diu rede quam dem büman eben. 
Da^ schretel sä vor im ver- 

swant, 
der büman kerte heim zehant. 
in sinen hof zöch er sich wider 
und was da mit gemache sider : 
er und sin wip und siniu kint 
diu lebten da mit freuden sint. 



328 vgl. sam mir min Up (Reinh. 83). — 329 jungen, s. zu Iwein 221, 
— 340 darauf lasse ich mich nicht ein. — 342 hegonden Konj., hier lediglich 
zur Umschreibung des Konditionalis. — 344 s. zu V. 60. 



LYRIK. 



I. Namenlose Lieder. 
1. 

Du bist min, ich bin din: 
des solt du gewis sin. 
du bist beslo^^en 
in minem herzen. 
5 verlorn ist da^ slü^^elin: 
du muost immer drinne sin. 

2. 

,Mich dunket niht so guotes noch so lobesam 
so diu liehte rose und diu minne mines man. 
diu kleinen vogellin 

diu singent in dem walde': dest manegem herzen liep. 

mir enkome min holde, ine hän der sumerwunne niet.' 



Springe wir den reigen 

nu, vrouwe min, 

Vröun uns gegen dem meigen, 

uns kumet sin schin. 

Der winter, der der heide 



tet senede not, 
der ist nü zergangen: 
sist wunneclich bevangen 
von bluomen rot. 



In liehter varwe stät der walt, 5 Senede liebe: wer wser alt, 
der vögele schal nu doenet. da sich diu zit so schoenet? 

Diu wunne ist worden manicvalt. her Meie, iu ist der bris gezalt: 
des meien tugent kroenet der winter si gehoenet. 



2, 1 guotes, als ob ein Gen. part. zum Subjekt niht vorläge. Das zweite 
Pi'ädikat lobesam dagegen ist von dieser Attraktion nicht erfasst. — 2 man, 
Geliebter. — 5 holde, s. zu Iwein 221. 



Kürenberg. 157 



IL Der von Kürenberg. 

Ich zöch mir einen valken möre danne ein jär. 

dö ich in gezamete, als ich in wolte han, 

und ich im sin gevidere mit golde wol bewant, 
er huop sich üf vil höhe und flouc in anderiu laut. 

Sit sach ich den valken schöne vliegen: 
er fuorte an sinem fiio^e sidine riemen, 
und was im sin gevidere alröt guldin. 
got sende si zesamene, die gerne geliebe wellen sin/ 



jEa; gät mir vonme herzen, da^ ich geweine. 

10 ich und min geselle müe^en uns scheiden, 
da^ machent lügensere: got der gebe in leit! 

der uns zwei versuonde vil wol, des wser ich gemeit.* 



Wip vile schoene, nu var du sam mir: 

liep unde leide teile ich sament dir. 
15 die wile unz ich da^ leben hän, so bist du mir vil liep. 

wan rainnest einen boesen, des engan ich dir niet. 



Dirre tunkel steme, sich, der birget sich, 

als tuo du, frouwe schoene. so du sehest mich, 

so lä du diniu ougen gen ah einen andern man: 

20 son wei^ doch lützel ieman, wie^ under uns zwein ist getan. 



Aller wibe wünne diu göt noch megetin. 

als ich an si gesende den lieben boten min, 

jö würbe ich^ gerne selbe, weer e^ ir schade niet. 

in wei^, wiech ir gevalle: mir wart nie wip also liep. 



35 Wip unde vederspil die werdent lihte zam : 

swer si ze rehte lucket, so suochent si den man. 
als warp ein schoene ritter umb eine frouwen guot. 

als ich dar an gedenke, s6 stet wol höhe min muot. 



Iff. vgl. dazu Kriemhildens Traum Nib. Iflf. — 18 ff. vgl. Walther 4, 9 ff. 
— 20 l. ieman, d. h. niemand. — 21 diu get noch wi., ist noch Jungfrau. — 
24 in = ich ne. — 28 er ist näml. selbst der ritter der vorhergehnden Zeile. 



158 



Dietmar von Aist. 



in. Dietmar von Aist. 



1. 



* Ahi nu kumet uns diu zit, 
der kleinen vogelltne sanc. 
e^ gruonet wol diu linde breit, 
zergangen ist der winter lanc. 

5 ];u siht man bluomen wol getan 
üeben an der beide ir schin. 
des wirt vil manic herze frö: 
des selben trcestet sich da^ min. 



2. 



üf der linden obene 
da sanc ein kleine^- vogellih. 
vor dem walde wart e^ lüt: • 
dö :huop sich aber da^ herze min 
5 an eine sta£, da*:^ d da was. 
ich sach die rösebluomen stän: 
die manent mich der gedanke vil, 
die ich hin zeiner frouwen hän. 



3. 



,Släfest du, min friedel? 
wan wecket unsich leider schirre 
ein vogellin so wol getan, 
das; ist der linden an da^ zwi 
gegänu* 



5 ,Ich was vil sanfte * entslafen : 
nu rüefestuT kint:- wäfen, wafen! 

• liep äne leit. mac niht gesin? 
swaa; du gebiutst, da^ leiste ich, 
friundinmin.* 



Diu frouwe begunde weinen. 
10 ,du rittst liinne und last mich einen.^ 
wenne wilt du wider her? 
owe du füerest mine fröude dar/ 



E^ stuont ein frouwe alleine also hän ouch ich getan: . 

und warte über beide v lo ich erkös mir selbe man; , 

unde warte ir- liebe. ] den weiten miniu ougen, 

so gesach si valken fliegen: . da^ nident schoene frouwen. 
5 ,sö wol dir, valke, da^ du bist! 1 owe Wan länt si mir min liep? 

du fliugest, swar dir liep ist: / jo engerte ich ir deheiner trütes 

du erkiusest in dem walde / nietr* 
ein boum, der dir gevalle. 



1,6 an, s. Roseng. 14,3. — 2,5 da, das erste relative da verstärkend; 
s, zu Nib. 224,4. --3,10 eine »allein* wird in der Regel schwach flektiert. 
— 11 f. beachte den Reim! — 4,13 wan, warum nicht? 



Kaiser Heinrich VI. 159 



IV. Kaiser Heinrich VI, 

Ich grüe2;e mit gesange die süe^en, 

die ich vermjden niht wil noch enmac. 

deich si rehte von munde mohte grüe^en, 

ach, leides, des ist vil manic tac^ 
5 swer nu disiu liet singe vor ir, 

der ich so .g«r unsenfteclichen enbir, 

e^ si wip oder man, der habe si gegrue^et von mir. 
Mir sint diu riche und diu lant undertän, 

swenne ich bi "der minneclichen bin; 
10 unde* swenne ich gescheite von dan', 

sost mir al min gewalt und min richtuom ää hin! 

senden ku'mber den zel ich mir danne ze habe. 

sus kan ich an vröuden üf stigen joch abe, 

und bringe den wehsei, wsen ich, durch ir liebe ze grabe. 
15 Sit da^ ich si so gar herzelicheh minne 

und si äne wanc zallen ziten trage * • 

, beide in herzen und euch in sinne, 

trttderwilent mit vil manger klage, 

wa^ git mir dar umbe dius liebe ze l6ne? 
20 da blutet si mir ez so rehte schöne. 

e ich mich ir veriige, ich verzige mich e der kröne. 
Er sündet sich, swer des niht geloubet, 

ich möhte geleben mangen lieben tac, 

obe joch niemer kröne kaeme üf min houbet; 
23 des ich mich äne si niht verme^^en enmac. 

verlüre ich si, wa^ bete ich danne? 

da töhte ich ze vröuden noch wibe noch manne 

und waere min bester tröst beidiu ze ähte und ze banne« 



7 Mhe gegr., beachte das Perf.! — 12 senden, s. § 16 Anm. — 14 den^ 
demonstr. — ze gr., bis an mein Grab. — 20 dd, s. zu Reinh. 298. — e^ 
bieten, s: zu Nib. 245, 1. — 25 des, näml. zu leben. 



160 Reinmar. 

V. Eeinmarr von Hagenau. '^ 
1. 

Höhe alsam diu sunne stßt daz herze min: 
Da^ kumt von einer frouwei^ älir^an staete sin 
Ir genäde. swä si si, 
si machet mich vor allem leide fri. 
5 Ich hän ir niht ze gebenne wan min selbes lip: 
Derst ir eigen» dicke mir diu schoene git 
Fröide und einen höhen muot, 
swann ich dar an gedenke, wies mir tuot. 
Wol mich des, da^ ich si ie so staete vant! 
10 Swä si wofiet, diu eine liebet mir da^ lant, 
Füeres über den wilden se, 
dar füere ich bin : mir ist nach ir so weu 

Het ich tusent manne sin^ da^ waere wol, 
Da^ ich si behielte, der ich dienen sol! 
15 Schöne und wol si da^ bewar, 

da^ mir von ir niht leides widervar. 

Ich enwart nie rehte saelic, wan von ir. 
Swes ich ir ge wünschen kan, des gan si mir«v. 
Sseleclich e^ mir ergie, 
20 dö mich diu schoene in ir genäde vie. 

2. 

Min ougen wurden liebes also vol, 
dö ich die minneclichen erst gesach, 
Da^ es; mir hiute und iemerme tuot wol. 
ein minnecliche^ wunder dö geschach : 
5 Si gie mir alse sanfte dur min ougen, 
da^ si sich in der enge niene stie^. 
in minem herzen si sich nider lie^: 
da trage ich noch die werden inne tougen. 
La stän, lä stän! wa^ tuest du, saelic wip, 

10 da^ du mich heimesuochest an der stat^ 
Dar so gewaltecliche wibes lip 
mit starker heimesuoche nie getrat 2c 
Genäde, frouwe! ich mac dir niht gestriten. 
min herze ist dir ba^ veile danne mir: 

15 e^ solde sin bi mir; nust e^ bi dir: 
des muo^ ich üf genäde lönes biten. 



1, 3 Ir gen,, Gen. zu stcete. — 8 wies = wie si, — 11 se, s. zu Nib. 47, 1. 
— 18 «>, Gen. — 2, 8 verbinde da . . inne. 



Walther. igj 



VI. Walther von der Vogelweide. 
Lieder. 



(i> 



^ Jfr sulfc sprechen willekomen : 
der iu msere bringet, da^ bin ich. 
AUe^ daaj ir hapt vernomen, 
da^ ist gar ein wint:. nü fraget mich. 
5 Ich wil aber miete: 
wirt min Ion iht guot, 
ich sage iu vil lihte, das; iu sanfte tuet, 
serht, wa^ man mir eren biete. 

Ich wil tiuschen frouwen . sagen 
10 solhiu maere, da^ si deste ba^ 

AI der werlte suln behagen: 

äne grö^e miete tuen ich das;. 

Wa^ wold ich ze löne? 

si sint mir ze herr 
15 so bin ich gefüege und bites nihtes mer, 

wan da^ si mich grüe2;en schöne. 

Ich hän lande vil gesehen 
unde nam der besten gerne war: 
Übel müe^e mir geschehen, 
20 künde ich ie min herze bringen dar, 
Da^ im wol gevallen 
wolde fremeder site. 

nü wa^ hülfe mich, ob ich unrehte strite? 
tiuschiu zuht gät vor in allen ^ 

25 Von der Elbe unz an den Ein 

und her wider unz an üngerlant 

Mugen wol die besten sin, 

die ich in der werlte hän erkant. 

Kan ich rehte schouwen 
30 guot gela^ und lip, 

sem mir got, so swüere ich wol, da^ hie diu wip 



1, 1 der Dichter fuhrt sich als Boten in dem Kreise ein, dem er sein 
Lied vorträgt. — 5 miete, das sog. botenhrdt; vgl. Gudr. Str. 124 f. — 23 ob 
ich u, st, wenn ich Unrichtiges behauptete. — 26 her wider, hierher zurück. 
Man schliesst daraus, dass das Lied in Oesterreich gedichtet sei. — 31 sem 
mir g., wie Reinh. 162. 

11 



152 " Walther. 

be^^er sint dan ander frouwen. 
Tiusche man sint wol gezogen, 

rehte als engel sint diu w!p getan. 
35 Swer si schildet, dörst betrogen: 

ich enkan sin anders niht verstän. 

Tugent und reine minne,. 

swer die suoehen wil, 

der sol körnen in unser lant: da ist wünne vil. 
40 lange müe^e ich leben dar inne ! 

2. ■ / • . . 

So die bluomen Ü2; dem grase, dringent, 
same si lachen gein der spilden sunnen, 
in einem meien an dem morgen fruo, 
Und diu kleinen vogellin wol singent 
5 in ir besten wise, die si kunnen, 
wa^ wünne mac sich da genÖ2;en zuo? 
E2; ist wol halp ein himelriche. 
suln wir sprechen, wa^ sich deme geliche, 
so sage ich, wa^ mir dicke ba^ 
10 in minen ougen hat getan, und taete euch noch, gesaehe 

ich da^. 

Swä ein edeliu schoene frouwe reine, 

wol gekleidet unde wol gebunden,- 

durch kurzewile zuo vil Hüten gät, 

Hovelichen höchgemuot, niht eine, 
15 urabe sehende ein wenic under stunden, 

alsam der sunne gein den stemen stät, — 

Der meie bringe uns al sin wunder, 

wa^ ist da so wünnecliches under, 

als ir vil minneclicher lip? 
ao wir lä^en alle bluomön stän und kapfen an da^ werde wip. 

Nu wol dan, weit ir die wärheit schouwen, 
gen wir zuo des meien höphgezite I. , 
der ist mit aller siner krefte komen^ 
Seht an in und seht an werde frouwen^ 
25 weder^ da da^ ander überstrite;. 

da^ be^^er spil, ob ich da^ hän genomen. 



2,2 spüden, s.- §. 16 Anm. — llff. zur ganzen Situation vgl. Nib. Str. 
21 ff., zu 16 speziell 23,1. -— 1*^ wol gebunden, mit schönem gehende. — . 
14 niht eine, d. h. in Begleitung andrer. -— 15 sich bisweilen ein wenig 
umblickend. Die Blicke frei umherschweifen zu lassen, verstiess gegen die 
feine Sitte. — 20 aw, Präpos. Ebenso V. 24. — 26 hängt von seht V. 24 ab. 



Walther. 168 

Owe der mich da welen hie^e, 
deich da^ eine durch da^ ander lie^e^ 
wie rehte schiere ich danne kür! 
80 her Meie, ir müeset merze sin, e ich min frotiwen da verlür. 



Herzeliebe^ frouwelin, 
got gebe dir hiute und iemer guot. 
Kunde ich ba^ gedenken din, 
des hete ich willeclichen niuot. 
5 Wa^ isol ich- dir sagen me, 
wan das; dir nieman holder ist dan ich ? da von ist mir vil we. 

Sie verwi^ent mir, da^ ich 
so nidere wende minen sane. 
Da^ si niht versinnent sich, 
10 wa^ liebe si, des haben undanc! 
Sie getraf diu liebe nie. 

die nach dem guote und nach der schoene minnent, we wie 
^ minnent die? 

Bi der schoenö ist dicke ha^: 
zer schoene niemen si ze gäch. 
15 Liebe tuet dem herzen ba^ : 
der liebe get diu schoene nach. 
Liebe machet schoene wfp : 
desn mac diu schoene niht getuo», sin machet niemer lieben lip. 

Ich vertrage, als ich vertruoc 
20 und als ich^ iemer wil vertragen. 
Du bist schoene und hast genuoc: 
wa^ mugen si mir da' von gesagen f 
Swa^ si sagen, ich bin dir holt 
und nim din gjesin vingerlin für einer küneginne golt., 

25 Hast du triuwe und staetekeit, • 

so bin ich din an angest gar,, 

Da^ mir iemer herzeleit 

mit dinem willen widervar. 

Hast ab du der zweier niht, 
30 son müe^est du min niemer werden, owe daniie, ob da^ gesQhiht! 



• 2, 27 Otoeg s. zu 8, 40. -— der, wenn einer. — 30 ir müeset m. «., ihr 
düiftet meinetwegen März sein. — 3, 2 guot, Gutes. — 10 des haben (Konj.) w., 
Verwünschung. — 16 get . .nach, steht . . nach. — 17 wip, Singular. — 
27 f. nähere Ausführung zu din. — 29 a6 = aber. 



164 Walther. 

4. 

Bin ich dir unmaBre, 

des enweij; ich niht: ich minne dich. 

Eine^ ist mir swaeiß: • 

du sihst bi mir hin und über mich. 
5 Da^ solfc du vermiden. 

ine mac niht erliden 

solhe liebe an -grö^^i schaden; 

hilf mir tragen, ich bin ze vil geJaden. 
Sol da^ sin din huote^ - 
10 da^ din ouge an mich s6 seÜen *siht? 

Tuest du mir^ ze guote, ^ 

söne wi^e ich dir dar umbe niht 

So . mit mir d^^ houbet, 

da^ si dir erloubet, 
15 und sich nider an minen fuo^, 

so du baz; enmügest^^ da^ i^i din gruo^ 
Spanne ichs alle schouwe, 

die. mir suln von schulden woi behagen, 

So bist dua; min.frouwe: 
20 da^ mac ich wol' äne rüemen sagen. 

Edel unde riche 

sint si sumeliche, 
. dar zuo trageiit si höhen muot: 

lihte sint si be^^er, du bist guoti 
29 Frouwe, nü "Ver sinne 

dich, ob Ich dir z'ihte meere si. 

Eines friundes minne 

diustniht guot, da ensi ein ander bi. ' 

Minne entouc niht eine, - 
so si sol sin gemeine, 

so gemeine, da^ si ge 

durch zwei herze und durch dekeine^ me, 

6. 

In einem zwivellichen wän 
was ich gese^^en und gedähte. 
Ich wolte von ir dienste gän j 
wan das; ein tröst mich wider brähte,^ 
5 Tröst mac e^ rehte niht geheimen, ow6 des 
e^ ist vil küme ein kleine^ troe^elin, 



4, 10 an, s. zu 2, 20. — 19 wegen «^ s. zu Nib. 202, 2. — 27 vriunt, 
zweigeschlechtig; y^\, geselle, weise. — 28 dä^(hi) ensi, s. § 62. 






Walther. 165 

so kleine, swenne ich^ iu gesage, ir spottet min, 

doch fröut sich lützel ieman, er enwi^^e wes. 
Mich hat ein halm gemachet frö: 
10 er giht, ich sül genäde vinden. 

Ich ma^ da^ selbe kleine strö, 

als ich hie vor gesach von kindeu. 

Nu hoeret unde merket, ob si^ denne tuo. 

,si tuot, si entaot, si tuet, si entuot, si tuet/ 
15 swie dicke ich^ tete, so was ie da:^ ende guot. 

da^ troestet mich; da hcöret euch geloube zuo- 

' . . eep • ■ ' ' 

Uns hat der winter geschadet über al: ^ — 
heide unde walt sint beide nü val, ' 
da manic stimme vi! suo^e inne hal. 
saehe ich die megde an der strafe den bal 
5 werfen! so kseme uns der vögele schal. 

Möhte ich versläfen des winters Äit! .^ 

, wache ich die wile, so han ich sin nlt, 
da^ sin gewalt ist so breit und so wit. 
wei2;got er lät euch dem meien den strit;^: 
10 so lise ich bluomen„ därife nü lit. 



Muget ir schouwen, wa^ dem meien 

Wunders ist beschert? 

Seht a'iPpfaffen, seht an leien, 

wie.da^ alle^ vert. 

Gröa; ist sin gewalt: 

ine wei^, .obe/er zouber künne: 

swar er Vert in siner wünne, 

dän ist niemen alt. 



Uns wil schiere wol gelingen. 
10 wir suln sin gemeit, ^ ' ' 

Tanzen, lachen unde singen 
' äne dörperheit. 

Wo wer waere unfr62 

Sit die vogel alöö * schöne 
15 schallent mit ir besten döne, 

tuen wir euch alsö!- 



Wol dir, meie, wie ,dü scheidest 
alle:^ äne ha^! 

Wie iwrol du die boume kleidest 
2ound*die heide ba^! 
Diu hat varwe me. 
,dä bist kurzer, ich bin langer,* 
also stritents üf ' dem anger, 
bluomen undä kldv 



5, 8 h ieman, wie Kürnb. 20. — • 6, 3 verbinde da . . inne. — 4 das 
Ballwerfen ist das erste Frühlingsspiel. — 9. 10 lät, UsCf mit Futurbedeutung^ 
— l^S an, s. zu 4, 10. — 8 dän = da ne. — 12 nicht nach roher, bäurischer 
Art, sondern mit zühten..— 21 erklärend zu &a^. 



166 Walther. 



8. 



jNemt, frouwe, disen kra^z/ 
also sprach ich zeiner. woj getanen maget, 
,S6 zieret ir den tanz 

mit den schoenen^ bluomen, als irs üffe traget. 
6 Het ich vil edele gesteine, 
da^ mueste i)f iuwer houbet, 
obe ir mirs gelpubet. 
set mine triuwe, da^ ich^ meine. 

Ir Sit so wol getan, 
10 da^ ich iu min schapeL gerne geben wil, 

So ich^ aller beste hän> 

wi^er unde röter .bluomen wei^ ich vilj 

Die Stent so vefre in jener beide. 

da si schöne entspringent 
15 und die vögele singent,, 

da sule wir si brechen beideu* 

Si .nara da^ ich ir bot, 
einem kinde vil gelidi, da^ ere hat 
Ir wangen wurden rot, 
20 same diu rose, da si bi der liljen stät. 
Do erschamten sich ir liebten ougen: 
dö neic si mir vil schöne, 
da^ wart mir ze löne: 
wirt mirs iht mer, das; trage ich tougen^ 

25 Mich dühte, da^ mir nie 

lieber wurde, danne mir ze muote was» 

Die bluomen vielen ie 

von dem boume bi uns nider an da^ gras. 

Seht, dö muost ich von fröuden lachen. 
30 do ich so wünnecliche 

was in troume riebe* 

dö taget e^ und muose i<3h wachen* 

Mir ist von ir geschehen, 
da^ ich disen suraer allen meiden muo^ 
35 Vast under d'ougen sehen: 

lihte wirt mir einiu: so ist mir sorgen buo^. 



8,5 vil, verstärkend zu edele. — 8 mine tr.y der Akk. hängt nicht von 
set ab. — dai^ ich^ w., dass ich's so im Sinne habe, dass das mein Ernst ist. — 
24 es, näml. lönes. — 35 under d'ougen, ins Gesicht; vgl. nhd. ,unter die 
Augen kommen'. -- 36 einiu, demonstr. : jene, die bewusste. 



Walther. 



167 



Was; obe si get an disem tanze? 
frouwe^ durch iur güete 
rucket üf die hüete. 
40 owe gesaehe ichs uöder kränze ! 



9. 



Do der sumer komen was 
und die bluomen durch da^ gras 
wünneclichen drangen, 
aldä die vögele sungen, 
5 dö kom ich gegangen 
durch einen anger langen, 
da ein lüter brunne spranc : 
vor dem walde was sin gscnOf. 
da diu nahtegale sanc. 

10 Bi dem brunnen stuont ein boum: 
da gesach ich einen troumv . 
ich was von der sunnen 
entwichen zuo dem brunnen ,» 
da^ diu linde maere 

15 mir küelen schaten baere^ 
bi dem brunnen ich gesa^, 
rainer sorgen ich vergaß, 
schiere entslief ich umbe das;. 
Dö bedühte mich zehant, 

20 wie mir dienten -elliu lant, 
wie min sele waere 
ze himel äne swaere, 
und wie der lip solte 



gebären, ^ swIq er wolte. 
25 däne was mir niht ze we. 

got gewaldes, wie^ erge: 

schoener troum enwart nie mör 
Gerne sliefe ich iemer da, 

wan ein unsaeligiu krä 
30 diu begonde schrien. 

da^ alle krän gedien, 

als ich in des günne! 

si nam mir michel wünne. 

von ir schrienn ich erschrac: 
35 wan da^ da niht steines lac, 

so waer e^ ir suonestacv 
Ein vil wunderalte^ wip 

diu getröste mir den lip^ . 

die begonde ich eiden: 
40 nü hat si mir bescheiden, 

wag der troum bediute. 

dag merken guote liute. 

zwene und einer dag sint dri; 

dannoch seites mir da bi, 
45 dag min düme ein vinger si* 



^ 



10, 



Diu weit was gelf, rot unde blä, 
grüene in dem walde und anders Wä : 
die kleinen vögele sungen da. 
nü schriet aber diu nebelkrä{\_<^ 
5 pfligt si iht ander varwe? ja: 



sist worden bleich und übergrä. 
des rimpfet sich vil manic brä.. ' 

Ich sag üf eime grüenen le: 
da ensprungen bluomen unde kle 
zwischen mir und eime se. 



8, 38 frouwe, Plur. — iur = iuwer. — 39 vgl. dazu die Stelle bei dem 
allerdings viel spätem Hadlaub: Der site ist in Oesterrich unminnencUch, 
cla^ 'schoene frouwen tragent alle hüete breit ; wan ir minnenclichen var mac 
man gar selten schouwen, so si ir hüete hänt üf geleit- — 40 owe, hier als 
Ausdruck fi-eudiger Erregtheit. — 9, 6 langen, s. § 53. — 31 gedien = ge- 
dihen. Möge es allen Kr. so gehn, wie . . *— 42 merken, Konj.: sollen sich 
merken. — 10. Beachte das Reimspiel mit den Vokalen d, e, i, d, ü. — 5 
si, näml. diu weit. — S le statt des regeh-echten leioe, ebenso V. 10 se 
statt sewe. 



168 Walther. 

der ougenweide ist da niht me. suraer, mache uns aber frö: 

da wir schapel brächen e, 25 du zierest anger unde lö. 

da lit nü rife und euch der sne. mit den Huomen' spilte ich dö, 

daa; tuet den yogellinen we. min herze swebte in sunnenhö: 

16 Dietörensprechent: ,sniä snü* ^a? jag®* der winter ifa ein strö* 

die armen liute: ,owe owü* Ich bin verlegen als Esaü: 

des bin ich swaBre alsam ein blif so min sieht här ist mir worden rü. 

der wintersorge hän ich dri: ' süe^er sumer, wä bist du? 

swa^ der und der andern si, ja ssehe ich gemer veltgebü. 

20 der wurde ioh alse schiere fri, e deich lange in sblher drü - 

wser uns der sumer nähe bi,. beklemmet wsere^ als ich bin nü, 

E danne ich lange lebte also, »^ i^^ wurde ö münch ze Toberlü. 

den kreb^ wolt ich e e^^en rö. . 

11. 

Owe, hoveliche^ singen, da der stein s6 riuschend umbe gät 

da^ dich ungefüege doene und da^ rat s6 mange unwise hat. 

Solten ie ze hove verdringen! merket, wer da harpfen süL 

da^ die schiere got gehoene! - 25 Die so frevellichen schallent, 
5 Owe da^ din wirde also geliget! der muoa; ich vor zome lachen, 
des sint alle dine friunde unfrö. Da^s in sell)(Bn wol gevallent 
da^ muo^ eht so sin : nü si also : mit als ungefüegen Sachen«, 
frö ünfuoge, ir hapt gesiget. Dietuontsamdiefröscheineimese, 

Der uns fröude wider braehte, so den ir schrien also wol behaget, 

10 diu reht und gefüege waBre, daa; diu nahtegal da von verzaget. 

Hei wie wol man des gedaehte, so si gerne sunge me. 
swä man von im seite maerej Swer ünfuoge swigen hie^e, 

E^ W8ßr ein vil hovelicher muot, was; man noch von fröuden sunge4 
des ich iemer gerne wünschen sol? 33 Und si abe den bürgen 8tie2;e, 

16 f röu wen unde herren zaeme e^ wol : da^ si <lä die Trön niht twunge. 
owe da^ e^ nieman tuotL Wurden ir die grölen höve be- 

Die dä^ rehte singen stoerent, nomen, 

der ist ungeliche mere da^waeralle^ nach dem willen min. 

Danne die e^ gerne hoerent. bi den gebüren lie^e ich si wol sin : 

20 doch volg ich der alten lere: 40 dannen ists euch her bekomen. 
Ich enwil niht werben zuo der mül, 



10, 11 der, demonstr. — 15 snid snt, vgl. Helmbr. 290. 332 f. — 17 ein hli, 
vgl. zu Kob. V. 198. — IS dri bezeichnet eine unbestimmte Anzahl: mehrere. 
— 20 alse schiere^ vgl. ,alsobald'. — 25 W = loch; vgl. V. 27 ho = höhe] 
V. 30 ru = ruch: — 28 in ein strö (in einen Strohhalm) Ja^ieii = verzagt machen ; 
vgl. unsre Redensart .einen ins Bockshorn jagen'. — 35 Toberlü^ Dobrilug 
an der Dober, ehemals berühmtes Cistercienserkloäter (gegr. 1184). ■:— 11,2 die 
neu aufkommöbde, am glänzendsten durch Neidhart (s. VIII) vertretene »Dörper- 
poesie'. — 8 frö, für frouwe. Vgl. frön V. 36. — Ünfuoge, den üblichen Per- 
sonifikationen wie' vrou Minne, Scelde, Werlt u. a. nachgebildet. S. ' auch 
zu 34,11. — 33 Swer, wenn einer. — 38 alle^, adverbial. . ' . - 



Walther. 



16-9 



J12. 



IN^ieman kan mit gertep 
kindes zuht. beherten: 
den man z'eren bringen mac, 
dem ist ein wort als ein slac, 

5 dem ist ein wort als ein slac, 
den man z*'eren bringen mac: 
kindes zuht beherten « 

nieman kan mit gerten. 
Htietet iuwer zungen: 
,to da^ zimt wol den jungen, 
stö^ den rigel fiir die ttir, 
lä kein boese wort dar füi:. 
lä kein boese wort dar für, 
stö^ den rigel für die tür: 

15 da^ zimt wol den jungen, 
hüetet iuwer zungen* 

Hüetet iuwer ougen , 
offenbare unde tougen; 
lät si guote site spehen 

20 und die boesen überseheni 



25 



30 



und die boesen übersehen 
lät si, guote site spehen; 
offenbare und tougen 
hüetet iuwer ougen. 

Hüetet iuwer ören, 
oder ir sLt tören. 
lät ir boesiu wort dar in, 
da^ guneret iu den sin. 
da^ guneret iu dön sin, 
lät ir boesiu wort dar in; 
oder ir sit tören, 
hüetet iuwer ören. 

Hüetet wol der drier 
leider alze frier, 
zungen, pu^en, ören sint 
dicke scnälchaift, Z'eren blint. 
dicke schalchaft, z'eren blint 
zungen, ougen, ören sint. 
leider alze frier 
hüetet wol der drier. 



Religiöse Gesänge. 
13. 



Allererst leb ich mir werde, 
Sit min sündic ouge siht 
Da^ here laut und euch die erde, 
dem man vil der ören gibt. 

5 Mirst geschehen des ich ie bat: 
ich bin komen an die stat, 
da got niennischlichen trat. 

Schoeniu laut rieh unde höre, 
SWÄ2; ich der noch hän gesehen, 

10 So bist dü2; ir aller öre. 

wa^ ist Wunders hie geschehen! 
Da^ ein magt ein kint gebar, 
höre über aller engel schar. 



was da^ niht ein wunder garV 
15 Hie lie^ er sich reine toufen, 

da^ der mensche reine si. 

Dö lie^ er sich hie verkoufen, 

da^ wir eigen wurden fri. 

Anders weeren wir verlorn. 
20 wol dir, sper, kriuz unde dorn! 

wo dir, beiden! deist dir zorn. 
Hinnen fuor der sun zer helle 

von dem grabe, da er inne lac. 

Des was ie der vater geselle, 
25 und der geist, den niemen mac 

Sunder scheiden: est al ein, 



13,1 jetzt erst hat das Leben Wert für mich. — 4 dem, beachte die 
Beziehung! — 10 e^, s. zu 4, 19. — 15 mne, Adj., zu ^r zu ziehn: er der 
Reine. Vgl. V. 18 wir eigen{en), Wir Leibeigene (der Sünde). — 20 sper, 
kr, u.d,, die Hauptsymbole der Passion. — 21 heiden, kollektiv: Heidenschafit. 
Gemeint sind die Sarazenen. — 26 est== e? ist. 



170 Walther. 

sieht und ebener danne ein zein, und der weise klagen mac 
als er Abrahame erschein. 4o Und der arme den gewalt, 

Dö er den tievel dö geschande, der da wirt mit ime gestalt. 
. 30 da^ nie keiser ba^ gestreit, wol im dort, der hie vergalt! 

Dö fuor er her wider ze lande. Kristen, Juden und die beiden 

dö huop sich der Juden leit, jehent, da^ diz ir erbe si: 

Daa; er herre ir huote brach, 45 Got müe:^ e^ ze rehte scheiden 
und man in sit lebendic sach, durch die sine namen dri! 

35 den ir hant sluoc unde stach. AI diu werlt diu stritet her: 

In diz lant hat er gesprochen wir sin an der rehten ger: 
einen angeslichen tac, reht ist, da^ er uns gewer. 

Da diu witwe wirt gerochen 

u. 

Uwe wir müe^egen Hute, wie sin wir verse^^en 
zwischen zwein fröuden nider an die jämerlichen stati 
Aller arebeite heten wir verge^^en, 
dö uns der kurze sumer sin gesinde wesen bat. 
5 Der brähte uns varnde bluomen unde blat: 
dö trouc uns der kurze vogelsanc. 
wol im, der ie nach staeten fröuden ranc! 

Ow6 der wise, die wir mit den grillen sungen, 
dö wir uns selten warnen gein des kalten winters zitT 
10 Da^ wir vil tumben mit der ämei^en niht rungen, 
diu nü vil werdecliche bi ir arebeiten lit! 
Das; was ie der werlte meiste strit, 
tören schulten ie der wisen rät. 
man siht wol dort, wer hie gelogen hat. 
15 Owe wa^ eren sich ellendet tiuschen landen! 
witz unde manheit, dar zuo silber und da^ golt, 
Swer diu beidiu hat, belibet der mit schänden, 
wie den vergät des himeleschen keisers solt! 
Dem sint die engel noch die frouwen holt. 
20 armman zuo der werlte und wider got, 
wie der fürhten mac ir beider spot! 

Owe e^ kumt ein wint, da^ wi2;^et sicherliche, 
* da von wir beeren beide singen unde sagen : 

13,27 sieht u- ebener, die Komparativendung gehört auch zu sieht. VgL 
zu Troj. 99. — 28 vgl, I. Mose 18:. die drei dem Abraham erscheinenden 
Engel, werden auf die Dreieinigkeit gedeutet. — 36 diz l, Palästina. Im Tal 
Josaphat soll nach der Überlieferung das jüngste Gericht stattfinden. — 
14,2 die zwei Freuden sind die irdische und die himmlische; indem sich 
die Menschen jener, die mit dem Sommer dahin ist, ganz hingaben, haben 
sie diese verscherzt. — Sflf. Anspielung auf die Fabel von Ameise und Grille. 
— 17 belibet der, näml. hie, d. h. nimmt er nicht am Kreuzzuge teil. — 2(X. 
wider got, nicht zu armman gehörig. 



i 



Walther. 171 

Der sol mit grimme ervaren elliu küaicriche. 
25 da^ hoere ich wallaer unde pilgerine klagen; 
Boume, tüme ligent vor im zerslagen : 
starken Hüten wset er^ houbet abe. 
nü suln wir fliehen hin ze gotes grabe. 

(15.) 

v y 

Owe war sint verswunden alliu miniu jär! 

ist mir min leben getroumet, oder ist e^ war? 

da^ ich ie w^ifJa^^a^ iht weere, was da^ iht? 

dar nach hän ich gesiäfen und enwei^ es niht. 

5 nü bin ich erwachet, und ist mir unbekant, 

da^ mir hie vor was ktindic als min ander hant. 

Hut unde lant, da ich von kinde bin erzogen, 

die sint mir fremde worden, reht als e^ si gelogen. 

, dip mine gegpilen waren, die sint trsege und alt. 

10 t)ereitet ist da^ velt, verhouwen ist der walt : 

wan da^ da^ wa^^er fliu^et, als e^ wilent flö^, 

für war ich wände, min ^ Unglücke wurde grö^. 

mich grüe^et maneger trage, der mich bekande e wol. 

diu werlt ist allenthalben ungenäden vol. 
15 als ich gedenke an manegen , ^ . wünneclichfen tac, 

die mir sint ^pfälleiPgar als in da^ mer ein slac, 

iemer mere ouwe. 

Owe wie jamerfiche ^ /junge Hute tuont! 

den unvil riuweciiclie ir gemüete stuont, 
20 die kunnen nü wan sorgen: owe wie tuont si so? 

swar ich zer werlte kere, da ist nieman frö; 

tanzen unde singen zergät mit sorgen gar: 

nie kristenman gesach so jämerliche jär. ^ j^ /- * ^ '^^'' 

nü merket, wie den frouwen ir gebende stät; _ '.' 
25 die stolzen ritter tragent dörpelliche wät. 'A^** - ''^" '^ 

uns sint unsenfte brieve her von Röme komen, ,, . . ' 

uns,is^^l,oubet trüren und fröude gar benomen. ^^\ 

da^-'müet mich inneclichen (wir lebten ie vil wol), 

da^ ich nü für min lachen weinen kiesen sok 

30 die Tvilden vogel die betrüebet unser klage: 

wa^ Wunders ist, ob ich da von vil gar verzage? 

,wa^ spriche ich tumber man durch minen boesen zorn? 



15,4 dar nach^ demnach. — 6 oHb min a. h., wie die eine Hand der 
andern. — 16 die, s. § 54. — 26 unsenfte 6r., Anspielung auf den Bann- 
fluch, den der Papst im Sept. 1227 gegen Kaiser Friedrich II. schleuderte. — 
/S? wir leiten den Satz etwa.dijrch ,doch' ein. 



U 



172 Walther. 

swer dirre wünne volget,. der hat jene dort verlorn 
iemer möre ouwe. 

35 Ouwe wie uns mit süe^en dingen ist vergeben! 

ich « sihe die gfUien mitten in dem honege sweben : 
diu werlt ist ü^en schoene, wi^, grüen unde röt, 

und innän swarzer varwe, vinster sam der tot. 

swen si nü habe verleitet, der schouwe sinen tröst: 

40 er wirt mit swacher buo^e gröi^er sünde erlöst. 

dar an gedenket, ritt er: e^ ist iuwer dinc; ^ 

ir traget die liebten helme und manegen herten rinc, 

dar zuo die vesten schilte .und diu gewihten swert. 
wolte got, wser ich der s^enj[nfle wert! 

45 so wolte ich notic man * verdienen riehen solt. 

joch meine i^Ji niht die^huoben noch der herren golt:' 
ich wolte i»3eWeii kröne eweclichen tragen 3^ 
die möhte ein sdwenaere" mit sime sper bejagen. 
möht ich die lieben reise gevaren über se,> - 

50 so wolte ich denne singen ,wor und niemer mere ,ouwö*. 



Sprüche. 

(16; 

Ich sa^ üf eime steine 
und dahte bein mit beine: 
dar üf sazt ich den eilenbogen: 
ich bete in mine hant gesmogen 

5 da^ kinne und ein min wange. 
dö dähte ich mir vil ange, ^^^^^ff"-^^"^*- 
wie man zer werlte solte leben: 
deheinen ratjcpnd ich gegeben, 
wie man drju dinc erwürbe, 

10 der keine^ niht verdurBeT 

diu zwei sint ere und vOTnÄS^^guot, 
da^ dicke ein ander schaden tuet; • 
da^ dritte ist gotes hulde^ ^»^^^^^•^'^'^'^^ 
der zweier Überguide. ^kcAa/-^''*^ 



15, 33 dirre, der irdischen. — 40 mit sw. &., durch die Teilnahme am 
Kreuzzug. — 43 diu gewihten sw,, beim Ritterschlag wurden die Schwerter 
vom Priester gesegnet; vgl. Trist. 541. — 46 die ?>., beachte den Ai*t.! Vgl. 
Oudr. 186,4. — 48 ein s., sogar ein S. — 16. Der Spruch bezieht sich 
wahrscheinlich auf die deutschen Zustände nach dem Tode Heinrichs VI. 
{28. Sept. 1197). — Iff. in dieser Stellung ist Walther in der Manessischen 
und Weingartner Liederhandschrift abgebildet. — 2 dahte, zu decken. — 5 ein 
min w., s. zu Gudr. 126, 1. — 10 Relativsatz statt eines e?a^-Satzes. — 11 diu 
zwei, zwei davon. ^ 



Walther. ,,^^ 17g 

15 die wolte ich gerne in einen schrin. 

ja leider des enmac niht sin, 

da^ guot und werltlich ere 

und gotes hulde mere 

zesamen in ein herze konien. 
20 stig unde wege sint in benofiieil?*'''^*^ 

untriuwe ist in der sä^e,<HkAA>I'>-^ 

gewalt vert üf der strafe: 

frid unde reht sint sere wunt. 

diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden e gesuni^- 

17. 

Ich hörte ein wa^^er diesen **'*^^'''*'*^^ 

und sach die vische fliegen, 

ich sach, swa^ in der werlte was, 

velt, wait, loup, rör unde gras. 
5 swa^ kriuchet unde fliuget 

und bein zer erde^ hinget, 

da:^ sach ich, unde sage iu da:^: 

der keine;^ lebet äne ha^. 

da^ wilt und da^ gewürme • 
10 die stritent starke stürme, 

sam tuont die vogel under in; 

wan da^ si habent einen sin : 

si enotiG^en sich ze nihte, * ^^ 

si schüe^n^ starc gerihte/*)^^^*^*^^^ 
15 si Inesentküneg unde reht, 

si setzent herren unde kneht. 

so' we dir, tiuschiu zunge, 

wie stet din ordenunge! 

da^ nü diu mBgge ir künec hat, 
20- und da^ din ere also zergät. 

bekerä dich, bekere. 

die cirkel sint ze here, 

die armen künege dringent dich: 

Philippe setze en weisen üf und hei^ si treten hinder sich. 



18 mert., jemals wieder. — 19 i» ein herze k. passt eigentlich nur auf das 
letzte Subjekt (Zeugma). — 24 diu driu . . diu zwei, jene drei . . diese zwei. 
— 17. Der Spruch fällt vor die Wahl Philipps von Schwaben zum deutschen 
König (8. Sept. 1198). — 13 dühten, Konj. Prät. — 14 si schliefen = si ensch.y 
wenn sie nicht seh. — 21 vgl. zu 10, 15. — 22 die c, die goldenen Kronreife 
der Fürsten (im Gegensatz zur Königskrone) ,^ gemeint sind natürlich die 
Fürsten selbst. — 23 die armen Ä:., die Mitbewerber um die Krone. — 24 
Philippe, Dat.; die Aufforderung ist ans deutsche Volk gerichtet. — en für 
den. — weis^ (s. zu Troj. 20) hier = Krone. 



174 Walther. 

18. 

Ich sach mit minen ougen 

mann unde wibe tougen, 

da^ ich gehörte und gesach 

swa^ iemen tet, swa^ iemen sprach.. 
5 ze Rome hörte ich liegen .. 

und zwöne künege triegenf'^^'^'t^'^ 

da voiTEiIöp sich der meiste strit, 

der e was oder iemer sit, 

dö sich begunden zweien 
10 die pfaffen unde leien. 

da^ was ein not vor aller not: 

lip unde sele lac da tot. 

die pfaffen striten sere: 

doch wart der leien mere. 
15 diu swert diu leiten si dernider 

und griffen zuo der stöle wider: 

si bienen die si t^olten, 

und niuwet den si solten. 

dö störte man diu goteshüs. 
20 ich hörte verre in einer klüs 

vil michel ungebsere: 

da weinte ein klösenaere, 

er klagete gote slniu leit: 

,owe, der habest ist zejunc: hilf, herre, diner kristenheit!* 

19. 

Diu kröne ist elter dan der künec Philippes si: 
da muget ir alle schouwen wol ein wunder bi, 
wies ime der smit so ebene habe gemachet. 
Sin keiserliche^ houbet zimt ir also wol, 
6 da^ si ze rehte nieman guoter scheiden sol: 
ir deweder^ da da^ ander niht enswachet. 
Si liuhtent beide ein ander an, 



18. Der Spruch wendet sich gegen die Stellungnahme des Papstes und 
der römischen Kirche in dem Thronstreit zwischen Philipp und Otto und 
fällt vermutlich in den Sommer 1201. — 3 f. weitere Ausführung von V. 2. 

— 6 zwene k., die beiden Staufer Philipp und Friedrich. — 10 pf. unde l, 
die Anhänger Ottos und Philipps. — 15 si, die Pfaffen. Als sie sahen, dass 
sie im weltlichen Kampf den kürzern zogen, gi'iffen sie zur geistlichen Gewalt. 

— 18 den si s., näml. Otto. — 19 soll sich auf das Interdikt beziehn, das 
alle Orte traf, wo Philipp und seine Anhänger sich aufhielten. Doch kann 
stoeren auch = zerstören sein. — 24 der habest, Innocenz III., der 1198, erst 
37 Jahre alt, Papst geworden war. — 19. Philipp ist seit Sept. 1198 gekrönt. 

— 1 st, s. § 63. — 2 verbinde da . . hi. — 5 guoter. Gen. part. 



Walther. i r^7;V: 

'S , . 

da^ edel gesteine wider den jungen süe^en manr - 
die ougenweide sehent die fürsten gerne. 
10 swer nü des riches irre ge^ 

der schouwe, wem der weise ob sime nacke ste: 
der stein ist aller fürsten leitesterne. 

20. 

E^ gienc, eins tages als unser herre wart geborn 
von einer maget, dier im ze muoter hat erkorn, 
ze Megdeburc der künec Philippes schone. 
Da gienc eins keisers bruoder und eins keisers kint 

5 in einer wät, swie doch die namen drige sint: 
er truoc des riches zepter und die kröne. 
Er trat vil lise, im was niht gäch: 
im sleich ein höchgeborniu küneginne nach, 
rös äne dorn, ein tübe sunder gallen. 

10 diu zuht was niener anderswä: 

die Düring und die Sahsen dienten also da, 
da^ e^ den wisen muoste Wol gevallen. 

21. 

Philippes künec, die nähe spehenden zihent dich, 

dun sist niht dankes mute: des bedunket mich, 

wie du da mit verliesest michels mere. 

Du möhtest gerner dankes geben tüsent pfünt, . 
5 dan dri^ec tüsent äne danc. dir ist niht kunt, 

wie man mit gäbe erwirbet pris und ere. 

Denk an den milten Salatin: 

der jach, da^ küneges hende dürkel solten sin ; 

so wurden sie erforht und euch geminnet. 
10 gedenke an den von Engellant, 

wie tiure er wart erlöst von siner gebenden haut. 

ein schade ist guot, der zwene frumen gewinnet. 




19,9 die, demonstr.; ebenso der V. 12. — lOf. Mahnung an diejenigen, 
die sich noch nicht entschieden haben, wen sie als König anerkennen wollen. 

— 20. König Philipp feierte 1199 das Weihnachtsfest in Magdeburg. — 
1 eins, s. zu Nib. 126,1. — 5 drige, Anspielung auf die Dreieinigkeit. Philipp 
war der Sohn Kaiser Friedrichs L, der Bruder Heinrichs VI. und selbst König, 
vereinigte also drei Namen in einer Person. — 8 die Königin war Irene, eine 
griechische Kaiserstochter, in Deutschland gewöhnlich Maria genannt. Darum 
legt ihr der Dichter in V. 9 Attribute bei, die sonst der Jungfrau Maria zu- 
kommen. — sleichj noch ohne den im Nhd. dem Wort anhaftenden Nebensinn. 

— 10 dtUf demonstr.: solche. — 21, 1 nähe sp., genau zusehend. — 2 dankes j 
adverbial. — 3 wie = da^, ebenso V. 6. — 10 den von E., Richard Löwenherz, 
d,en ein Lösegeld von 150000 Mark aus seinem österreichischen Kerker be- 
freite. Dass die ungeheure Summe aufgebracht wurde, schreibt Walther 
hier der früher von Richard geübten Freigebigkeit zu. 



176 Walther. 

22. 

Der in den ören siech von ungesühte si, 
da^ ist min rät, der lä^e den hof ze Dürengen fri: 
wan kumet er dar, deswär er wirt ertoeret. 
Ich hän gedrungen, unz ich niht me dringen mac» 
5 ein schar vert 115, diu ander in, naht unde tac. 
grö^ wunder ist, da^ iemen da gehoeret. 
Der lantgräve ist so gemuot, 
da^ er mit stolzen helden sine habe vertuot, 
der iegeslicher wol ein kenpfe waere. 
10 mir ist sin höhiu fuor wol kunt; 

und gulte ein fuoder guotes wines tüsent pfuirt, 
da stüend doch niemer ritters becher laere. 

23, 

Mir ist verspart der saelden tor: 

da sten ich als ein weise vor: 

mich hilfet niht, swa^ ich dar an geklopfe. 

Wie möhte ein wunder grce^er sin? 
5 e^ regent bedenthalben min, 

da^ mir des alles niht enwirt ein tropfe. 

Des fürsten milte ü^ österriche 

fröut dem stiegen regen geliche 

beidiu liute und ouch da^ lant. 
10 er ist ein schoene wol gezieret beide, 

dar abe man bluomen brichet wunder. 

und braeche mir ein blat dar under 

sin vil milte richiu hant, 

so möhte ich loben die süe^en ougen weide. 
15 hie bi si er an mich gemant. 

24. 

Mit saelden müe^e ich hiute üf sten, 
got herre, in diner huote gen 
und riten, ' swar ich in dem lande kere. 
Krist herre, lä^ mir werden schin 



22. Schilderung des Treibens am Hofe des Landgrafen Hermann vo» 
Thüringen, wo Walther vermutlich einen vergeblichen Versuch gemacht hatte^ 
sich Geltung zu verschaffen. — 8 siolzen, ironisch. — 9 kenpfe, Kunstfechter,, 
der für Miete gerichtlichen Zweikampf ausficht; er ist ehr- und rechtlos. — 
23 Der Spruch geht auf Herzog Leopold VII. von Oesterreich, der sich im 
Gegensatz zu seinem Vorgänger Friedrich dem Katholischen (t 1198 im heiligen 
Lande) Walthern anfänglich wenig geneigt zeigte. — 3 swa:j;, adverbiah 
wie sehr auch. — 11 bluomen, Gen. zu wunder, — 13 milte, Gen. zu riche. — 
15 hie hi, instrum. — 24. Reisesegen. 



Walther. 177 

5 die grölen kraft der güete din, ^ 

und pflic min wol durch diner muoter ere. 

Als ir der heilig engel pflaege 

und din, dö du in der kripfen laege, 

junger mensch und alter got, 
10 demüetic vor dem esel und vor dem rinde 

(und doch mit sseldericher huote 

pflac din Gabriel der guote 

wol mit triuwen sunder spot), 

als pflic ouch min, da^ an mir iht e^ winde 
15 da^ din vil götelich gebot. 

25. 

Swer äne vorhte, herre got, 

wil sprechen diniu zehen gebot, 

und brichet diu, da^ ist niht rehtiu minne. 

Dich heilet vater maneger vil: 
5 swer min ze bruoder niht enwil, 

der spricht diu starken wort ü^ krankem sinne. 

Wir wahsen ü^ gelichem dinge: 

spise frumet uns, diu wirt ringe, 

s6 si durch den munt gevert. 
10 wer kan den herren von dem knehte scheiden, 

swa er ir gebeine blö^e^ fünde, 

hete er ir jpch lebender künde, 

s6 gewürme de^ fleisch verzert? 

im dienent kristen, Juden unde beiden, 
15 der elliu lebenden wunder nert. 

26. 

Wa^ Wunders in der werlte vert! 
wie manic gäbe ist uns beschert 
von dem, der uns ü^ nihte hat gemachet! 
. Dem einen git er schoenen sin, 
5 dem andern guot und den gewin, 
da^ er sich mit sin selbes guote swachet. 
Armen man mit guoten sinnen 
sol man für den riehen minnen, 
ob er erßn niht engert. 



24, 9 jung als Mensch und alt als Gott. — 15 das Gebot der Nächsten- 
liebe? — 25, 2f. d. h. wenn dem Worte (sprechen etwa unser ,im Munde 
führen*) die Tat nicht entspricht. — 5 die Nächstenliebe galt zu des Dichters 
Zeit als eines der zehn Gebote. — 12 lebende^*, Appos. zu ir. — 26,4 schoenen 
sin, gute Geistesgaben. — 8 für, vgl. Troj. 17. — 9 er, näml. der rtche, 

12 



178 Walther. 

10 ja enist e^ niht wan gotes hulde und ere, 
dar nach diu werlt s6 sere vihtet: 
swer sich ze guote also verpflihtet, 
da^ er der beider wirt entwert, 
dem habe ouch hie noch dort niht lönes m^re, 

15 wan si eht guotes hie gewert. 

27. 

Die veter hänt ir kint erzogen, 

dar ane si bede sint betrogen: 

si brechent dicke Salomönes lere. 

Der sprichet, swer den besmen spar, 
5 da^ der den sun versüme gar: 

des sint die ungebatten gar an Sre. 

Hie vor dö was diu werlt so schcene, 

nü ist si worden also hoene: 

des enwas niht wiient e: 
10 die jungen habent die alten so verdrungen. 

nü spottet als6 dar der alten I 

e^ wirt iu selben noch behalten: 

beitet, unz iuww jugent zerge: 

swa^ ir nü tuot, da^ rechent iuwer jungen. 
15 da^ wei:^ ich wol, und wei^ noch mö. 

28. 

Wer zieret nü der eren sal? 

der jungen ritter zuht ist smal: 

so pflegent die knehte gar unhövescher dinge 

Mit werten und mit werken ouch: 
5 swer zühte hat, der ist ir gouch. 

nemt war, wie gar unfuoge für sich dringe. 

Hie vor dö berte man die jungen, 

die da pflägen frecher zungen: 

nü ist e^ ir werdekeit. 
10 si schallent unde scheltent reine frouwen. 

we ir hiuten und ir hären, 

die niht kunnen frö gebären 

sunder wibe herzeleit! 

da mac man sünde bi der schände schouwen, 
15 die maneger üf sich selben leit. 



26,10flf. vgl. 16,11 ff. - 13 der heider, näml. gotes hulde und ere. — 
27,4 Der spri^t, Spi-üche Sal. 13,24. — 6 ungebatten, unerkläijtes Wort 
Vielleicht soll es ungeberten (zu hern, schlagen) heissen. Vgl. 28,7. — 11 cdso 
dar, nur so zu. — 12 e^, näml. verspottet zu werden. ~ 28,5 ir g., ein G. 
in ihi'en Augen, — 10 sie prahlen mit genossner Frauengunst und beschimpfen 
die Frauen dadurch, — 11 der Dichter droht den Zuchtlosen mit Stäupen 
und Scheren, einer der entehrendsten Strafen des Mittelalters. 



Walther. 179 

Owe da^ wisheit irnde jugent, 

des mannes schoene noch sin tugent 

njht erben sol, s6 ie der lip erstirbet! 

Da^ mac wol klagen ein wiser man, 
5 der sich des schaden versinnen kan, 

Eeimär, wa^ guoter kunst an dir verdirbet. 

Du solt von schulden iemer des genießen, 

da^ dich des tages -wolte nie verdrießen, 

dun spraeches ie den frouwen wol und guoten wlbes siten. 
10 des stiln si iemer danken diner zungen, 

und betest niht wan eine rede gesungen: 

,sö wol dir, wlp, wie reine ein nam!' du betest also gestriten 

an ir lobe, da^ elliu wip dir gnaden solten biten. 



Deswär, Reimär, du riuwes mich 
15 michels harter danne ich dich, 

ob du lebtes und ich wsere erstorben. 

Ich wilß bi minen triuwen sagen: 

dich selben wolte ich lützel klagen; 

ich klage din edelen kunst, da^ sist verdorben. 
20 Du kündest al der werlte fröude meren, 

s6 duß ze guoten dingen woltest keren. 

mich riuwet din wol redender munt und din vil süe^er sanCy 

daß die verdorben sint bi minen ziten. 

daß du niht eine wile mohtest biten! 
25 so leiste ich dir geselleschaft : min singen ist niht lanc. 

din sele müeße wol gevam, und habe din zunge danc! 



29. Nachruf auf Reinmar von Hägenau; vgl. V und Trist. 297. — 8 des 
tages, mit nie zu verbinden: keinen einzigen Tag. — 9 dun spr.y s. § 62. — 
12 die Strophe Reinmars lautet: . 

So wol dir, wtp, wie reine ein nam! 
wie sanfte er doch zuerkennen und ze nennen ist! 
e? wart nie niht so lobesam^ 
swd du^ an rehte gäete kerest, so du bist, 
din lop mit rede nieman wol volenden kan, 
swes du mit triuwen phligest wol, der ist ein scelic man 
und mac vil gerne leben, 
du gtst al der werlte hohen muot: 
mäht och mir ein wenic fröude geben ? 

reine ein w., wegen der Stellung des Adj. vgl. Troj. 89. — 21 e^ keren, vgL 
zu Nib. 245,1. •— 25 leiste = leistete, Konj. 



180 Walther. 

30. 

Ich sach hie vor eteswenne den tac, 
da^ unser lop was gemeine allen zungen. 
Swä uns dehein lant iender nähe lac, 
da^ gerte suone oder e^ was betwungen. 
6 Rlcher got, wie wir nach eren dö rungen! 
dö rieten die alten, und taten die jungen, 
nü alsd tambe die rihtaere sint — 
(diz bispel ist ze merkenne blint), 
wa:; nü geschehe da von, meister, da:; vint. 

31- 

Her keiser, sit ir willekomen. 
der küneges name ist iu benomen: 
des schinet iuwer kröne ob allen krönen, 
lur haut ist krefbe und guotes vol: 
5 ir wellet übel oder wol, 
so mac si beidiu rechen unde lönen. 
Dar zuo sag ich iu msare: 
die fürsten sint iu undertän, 
si habent mit zühten iuwer kunft erbeitet. 
10 und ie der Missensere 

derst iemer iuwer äne wän: 

von gote wurde ein engel e verleitet. 

32. 

Got git ze künege, swen er wil: 
dar umbe wundert mich niht vil; 
uns leien wundert umbe der pf äffen lere. 
Si lerten uns bi kurzen tagen: 
5 da^ wellents uns nü widersagen, 
nü tuon^ durch got und durch ir selber ere, 
Und sagen uns bi ir triuwen, 
an welher rede wir sin betrogen; 
volrecken uns die einen wol von gründe, 



80,8 Uintf dunkel: dieses Gleichnis ist schwer zu erraten (ironisch). — 
81. Der Spruch fällt in die Zeit des Frankfurter Reichstages (1212), wo der 
aus Italien zurückgekehrte gebannte Kaiser Otto IV. seine Anhänger um sich 
versammelte. — 1 sit ir, s. zu Nib. 29,1. — 4 lur = iuwer. — 10 te, etwa 
= vorab. — der Missenare, Markgraf Dietrich von Meissen. — 12 von g., 
zum Abfall von G. — 82. Der Spruch verhöhnt die Doppelzüngigkeit der 
Pi'iester, die Otto IV. anfangs als den wahren König bezeichneten und nun 
den Abfall von ihm predigen. — 4f. wir übersetzen : was sie uns vor kurzem 
lehrten, das wollen sie . . — 6 tuon, Konj. mit imperativischer Bedeutung, 
ebenso sagen, volrecken. — 9 die einen, näml. rede. 



Walther. Igj 

10 die alten ode die niuwen. 
uns dunket, eine^ sl gelogen* 
zwo Zungen stänt unebne in einem rounde. 

33. 

Ich hän gemerket von der Seine unz an die Muore, 
von dem Pfade unz an die Traben erkenne ich al ir fuore: 
Diu meiste menege enruochet, wies erwirbet guot. 
sol ich^ also gewinnen, so ganc släfen, hövescher muot. 
5 Guot was ie genaeme, iedoch so gie diu ere 
vor dem guote: nu ist da^ guot so here, 
da^ e^ gewaltecliche vor ir zuo den frouwen gät, 
mit den fürsten zuo den künegen an ir rät. 
so we dir, guot! wie roemisch riebe stät! 
10 du enbist niht guot: du' habst dich an die schände ein teil ze sere. 

(u) 

Ahi wie kristenliche nü der bäbeat lachet, 

swenne er sinen Walhen seit: ,ich hän^ also gemachet I' 

Da:; er da seit, des solte er niemer hän gedäht. 

er gibt: ,ich hän zw^n Almän under eine kröne bräht, 

5 Da? si:; riebe sulen stoeren unde wasten. 
ie dar under füllen wir die kästen, 
ich bans an mtnen stoc gement, ir guot ist alle? min: 
ir tiusche? silber vert in minen welschen schrin. 
ir pfaffen, e??et hüener und trinket win 

10 unde lät die Tiutscben .... vasten.' 



Sagt an, her Stoc, hat iuch der bähest her gesendet, 
da? ir in riebet und uns Tiutscben ermet unde pf endet? 
Swenn im diu volle mä?e kumt ze Lateran, 
so tuot er einen argen list, als er e hat getan: 
15 Er seit uns danne, wie da? riebe stß verwarren, 
unz in erfüllent aber alle pfarren. 



88,1 Muore, die Mur in Steiermark. — 2 Ffät, lat. Padiis, der Po. — 
Trabet die Trave in Holstein. — «V, der Bewohner. — 9 wie r. r. st, näml. 
deinetwegen. — 10 Wortspiel: das Gut ist nicht gut, macht seinem Namen 
Schande. Vgl. bei Freidank: Da:^ guot mac wol heilen guot, da man mite 
rehte tuot — 84. Veranlassung zu diesen beiden Sprüchen war die Aufstel- 
lung des Opferstocks, die Papst Innocenz III. im Jahre 1212 angeordnet hatte, 
um Beisteuern für einen Ki*euzzug zu sammeln. — 4 Alman, die wälsche 
Bezeichnung für die Deutschen; gemeint sind Otto IV. und Friedrich II. — 
11. her Stoc, Personifikation wie her Mete u. a. — 15 verwanden, dialektische 
Form für verworren. — 16 in, den Stoc- 



laa Waither. 

ich W8ßn des Silbers wenic kumet ze helfe in gotes lant: 
grölen hört zerteilet selten pfaflfen hant. 
her Stoc, ir sit üf schaden her gesant, 
20 da^ ir ü^ tiutschen liutän suochet tcerinn unde narren. 

(35) 
,Sit willekomen, her wirt/ dem gruo^e muo^ ich swigen. 
,sit willekomen, her gast/ so muo^ ich sprechen oder nigen. 
Wirt unde heim sint zwene unschameliche namen: 
gast unde hereberge muo^ man sich vil dicke schafnen. 

5 Noch müe^ ich geleben, da^ ich den gast euch grüe^e, 
, so da^ er mir dem -wirte danken müe^e. 

,sit hinaht hie, sit morgen dort,* wa^ gougelfuore ist da:^! 
,ich bin heime' od ,ich wil heim,' da^ troestet ba^. 
gast unde schäch kumt selten äne ha^: 
10 nü büei^et mir des gastes, da^ iu got des schäches büe^e. 

36. 

Ich wolt hern Otfcen milte nach der lenge rae^^en : 
dö hat ich mich an der mä^e • ein teil verge^^en : 
waer er s6 railt so lanc, er hete tugende vil" bese^^en. 
Vil schiere ma^ ich abe den lip nach siner ere: 

6 dö wart er vil gar ze kurz als ein verschroten werc, 
miltes muotes minre vil dan ein getwerc, 

und ist doch von den jären, daij er niht enwahset mere. 
Dö ich dem künege brähte de^ me^, wie er üf schö^! 
sin junger lip wart beide michel unde grö^. 
10 nü seht, wa^ er noch wahse: erst ieze über in wol risen gnö^. 

37. 

Von ßöme vogt, von Fülle künec, lät iuch erbarmen, 
da^ man mich bi richer kunst lät alsus armen, 
gerne wolde ich, möhte e^ sin, bi eigem fiure erwarmen. 
Zäi wiech danne sunge von den vogellinen, 
5 von der beide und von den bluomen, als ich wilent sanc! 
swelch schoene wip mir denne ^aßbe ir habedanc, 
der lie^e ich liljen unde rösen ü^ ir wengel schinen. 



35. Der Spruch ist wahrscheinlich an Kaiser Otto gerichtet. — 1 dem, de- 
monstr. — 2 sprechen o. n. und dadurch den Gruss erwidern. — 4 gast «. h., 
wir erwarten gastes ii. h. — 10 des schäches^ Anspielung auf den Streit zwischen 
Kaiser Otto und Friedrich IL, den der Dichter einem Schachspiele vei*gleicht. 
— 36 jl nach der l, Kaiser Otto war von ausserge wohnlich hohem Wuchs. 
'— 4f ahe = aber. — ere hier = milte. Vgl. Otle 762f. — 8 dem Mnege, dem 
(damals zwanzigjährigen) Friedrich II. — dei^ (= das^) m., .den Masstab der 
Freigebigkeit. — 10 in, Otto. — r. (Gen.) gnö^j einem R. gleich. — 87. An 
Kaiser Friedrich II. — 1 Von E. vogt, s. zu Otte 520. — Fülle, Apulien. 



Walther, 183 

Sus kume ich sp&te und rite fruo: jgast, wd dir, w^V 
s6 mac der wirt wol singen von dem grüenen klö. 
10 die not bedenket, milter künec, da^ iuwer not zergd. 

38. 

Ich hän min lehen, al die werlt, ich h&n min l^hen! 

nü enfärhte ich niht den homunc an die zöhen, 

und wil alle boese herren deste minre flehen. 

Der edel künec, der milte künec h&t mich beraten, 
5 da^ ich dcip sumer luft und in dem winter hitze hin. 

min nächgebüren dunke ich verre ba^ getan: 

si sehent mich niht mer an in butzen wis, also si täten. 

Ich bin ze lange arm gewesen an mineu danc. 

ich was so volle scheltens, da^ min äten stanc: 
10 da^ hat der künec gemachet reine, und dar zuo minen sanc. 

39. 

Man höchgemäc, an friunden kranc, 
da^ ist ein swacher habedanc: 
ba:; gehilfet friuntschaft ane sippe. 
.lä einen sin gebom von küneges rippe, 
5 er enhabe ^unt, wa^ hilf et da;? 
mäcschaft ist ein selbwahsen dre: 
s6 muo; man friunt verdienen s^re. 
mäc hilfet wol, friunt verre ba:^. 



Swer sich ze friunde gewinnen lät 
10 und euch da bi die tugende hat, 

da:; er sich äne wanken lät behalten, 

des friundes mac man gerne schöne walten. 

ich han eteswenne friunt erkom 

so sinewel an siner staete, 
15 swie gerne ich in behalten haßte, 

da; ich in muoste hän verlorn. 



Swer mir ist slipfic als ein is 
und mich üf hebt in balles wis, 
sinewelle ich dem in sinen banden, 
30 da; sol z'unstaßte nieman an mir anden. 



9 80, anderseits, .dagegen. — 10 vgl. den ähnlichen Schlus« 35, 10. — 
88. Die im vorigen Sprach enthaltene Bitte des Dichters ist erföUt worden. 

— 1 aZ «Me »., unser ,alle Welt!* — 2 der A., bildlich für Frostbeulen. — 
9 voOe, schwache Form, wir. erwarten voBer. — stanc, vgl. unser .Stänker.* 

— 39,7 80, wie 37,9. — 12 des, demonstr. — 14 sinewel, die Kugel ist da« 
Bild der Unbeständigkeit 



184 Walther. 



alt ich dem getriuwen friunde bin 
einloetic unde wol gevieret. , 
swes muot mir ist s6 vöch gezieret, 
nü sus, nü sö^ den walge ich hin. 



(m) 



Wer sieht den lewen? wer sieht den risen? 
wer überwindet jenen und disen? 
da^ tuet jener, der sich selber twinget 
und alliu stniu lit in huote bringet 
5 ü^ der wiläe in stseter zühte habe, 
geligeniu zuht und schäme vor gesten 
mugen wol eine wile erglesten: 
der schln nimt dräte üf und abe. 

Mehtiger got, du bist so lanc und bist so breit, 
gedaeht wir da nach, da^ wir unser arebeit 
verlüren: dir sint ungenierten niaht und ewekeit. 
Ich wei^ bl mir wol, da^ ein ander euch dar umbe trabtet: 
5 s6 ist e^, als e^ ie was, unsem sinnen unbereit. 
Du bist ze grö^, du bist ze kleine: e^ ist ungahtet. 
tumber gouch, der dran betaget oder benähtet! 
wil er wirken, da^ nie wart gepredjet noch gepfahtet? 

Ich was durch wunder ü^ gevarn : 
d6 vant ich wunderlichiu dinc. 
ich vant die stüele leider laere stän, 
da wisheit, adel und alter 
5 gewaltecliche sä^en e. 
Hilf, frouwe maget, hilf, megde barn, 
den drin noch wider in den rinc, 
lä si niht lange ir s edel es irre gän. 
ir kumber manicvalter 
10 der tuet mir von herzen we. 
E:5 hat der tumbe riebe nü ir drier stuol, ir drier gruo^. 
owö da^ man dem einen an Ir drier stat nü nigen muo^! 
des hinket reht und trüret zuht und siechet schäme, diz 
ist min klage: noch klagte ich gerne me. 



89, 22 wol geo.y Gegensatz zu sinemel. — 41, 2 ged<ßht(en) w. cL n. gehört 
in den folgenden Satz. — 4 6t mir, an mir. — 5 so leitet einen Gegensatz 
ein. — 42« Der Spruch wird auf die Regierung König Heinrichs, des Sohnes 
Friedrichs IL, bezogen. Zum Inhalt vgl. Nr. 27.-9 manicvcäter, sr§ 53. 
— 11 der tumbe r., der junge König Heinrich. 



Singenberg. — Neidhart. 185 

VII. Ulrioli von Singenberg. 
1. 

Der weite vogt, des himels künic, ich lobe iuch gerne, 
da^ ir mich hänt erlägen des, da^ ich niht lerne, 
wie dirre und der an vrömder stat ze minem sänge scheme. 
Min meister klaget so sdre von der Vogelweide, 

5 in twinge da^, in twinge jen^, da^ mich noch nie getwanc. 
den Jänt si bi so richer kunst an habe ze kranc, 
da^ ich mich küme üf ir genäde von dem minem scheide. 
Sus heilte ich wirt und rite hein: da ist mir niht we, 
da. singe ich von der beide und von dem grüenen kl§. 

10 da^ staetent ir mir, milter got, da:^ es mir iht zerge. 

2. 

uns ist unsers sanges meister an die vart, 
den man e von der Vogelweide nande, 
diu uns nach im allen ist vil unverspart. 
wa^ frumet nü, swa^ er e der weite erkande? 
5 sin höher sin ist worden kranc; 
nü wünschen ime dur sinen werden höveschen sanc, 
Sit dem sin vröude si ze wege, 
da^ sin der süe^e vater nach genäden phlege. 



yill. Neidhart von Eeuenthal. 
1. 

Der walt stuont aller grise Uf manegem grüenem rise 

vor snö und euch vor ise. hörte ich süe^e wise 

derst in lichter varwe gar. singen kleiniu vogelin. 

nemt sin war, lo bluomen schin 

5 stolziu kint, ich da vant. 

und reiet da die bluomen sint. heide hat ir lieht gewant. 

Ich bin holt dem meien. 

dar inne sach ich reien 
15 min liep in der linden schat. 

manic blat 

ir da wac 

für den sunnenhei^en taq. 



1. Parodie aufWalthers Spruch Nr. 37. — 7 mmem, beachte die Flexion f 
— 10 es, Gen. zu iht -^ iht, s. § 60. — 2j4 der weitet Gen. zu stoa^. — 
6 wünscherit wir wollen w. 



186 Neidhart. 

2. 

Uf dem berge und in dem tal Die boume, die dö stuonden gris, 

hebt sich aber der yogele schal, die habent alle ir niuwe^ ris 
hiure als e vögele vol. 

grüener klö. da^ tuet wol. 

5 rüme e^, winder! du tuest w6. lo da von nimt der raeie den zol. 
Ein altiu mit dem töde vaht 
beide tac und euch die naht, 
diu spranc sider 
als ein wider 
15 und stie^ die jungen alle nider. 

3. 

,Nu ist der küele winder gar zergangen: 
diu naht ist kurz, der tac beginnet langen ; 
sich hebet ein wunneclichiu zit, 
diu al der werlde vreude git. 
5 ba^ gesungen nie die vögele e noch sit. 

Komen ist uns ein liehtiu ougenweide: 
man siht der rösen wunder üf der beide; 
die bluomen dringent durch da^ gras, 
wie schöne ein wise getouwet was, 
10 da mir min geselle zeinem kränze las! 

Der walt hat siner gilse gar verge^^en: 
der meie ist üf ein gtüene^ zwi gese^^en; 
er hat gewunnen loubes vil. 
bint dir balde, trütgespil: 
15 du weist wol, da^ ich mit einem ritter wil.* 

Da^ gehörte der mägde muoter tougen. 
si sprach: ,behalte hinne vür din lougen. 
din wankelmuot ist offenbar, 
wint ein hüetel um din här. 
20 du muost an die dinen wät, wilt an die schar.* 

,Muoter min, wer gap iu da^ ze lehen, 
da^ ich iuch roiner waete solde vlehen? 
dern gespunnet ir nie vadera. 
lä^et ruowen selben kradem. 
25 wä nü slü^^el? sliu^ üf balde mir da^ gadem.' 

Diu wät diu was in einem schrine versperret; 
da^ wart bi einem Staffel üf gezerret. 



2, 5 e^ rümen\ vgl. zu Nib. 245, 1. — 11 ff. vgl. Garmina clericonim 2,21ff. 

— 3,9 ein, s. zu Walth, 8,36. — 10 das Objekt {hlwmen) ist verschwiegen. 

— 14 bint dir, näml. daij; hoübet mit dem gebende, — 18 wankelmuot^ in 
sittlicher Beziehung. — 19 als Zeichen der verlonien Jungfräulichkeit. — 
20 in beiden Sätzen ist gän zu ergänzen. 



Neidhart. 187 

diu alte ir leider nie gesach. 

d6 da^ kint ir kisten brach, 
90 dö gesweic ir zunge, da^ si niht ensprach. 
Dar ü^ nam si da:^ röckel also balde; 

da^ was gelegen in maneger kleinen valde. 

ir gürtel was ein rieme smaL 

in des hant von Rinwental 
85 warf diu stolze maget ir gickelvehen baL 

4. 

Sumer, diner süe^en weter müe^en wir uns anen: 

dirre kalde winder trüren unde senen git. 

ich bin ungetroestet von der lieben wolgetänen : 

wie sol ich vertriben dise lange swaere zit, 
:5 diu die beide velwet unde mange bluomen wo! getan? 

also sint die vögele in dem walde des betwnngen, da:;s ir singen müe^en län. 
Also hat diu vrouwe min da^ herze mir betwungen, / 

da^ ich äne vröude muo^ verswenden mlne tage. 

e^ verveehet niht, swa^ ich ir lange hän gesungen ; 
10 mir ist also roaere, da^ ich mere stille dage. 

ich geloube niht des, da^ si mannen immer werde holt. 

wir Verliesen, swa^ wirdargesingenund gerunen, ich und jener Hildebolt. 
Der ist nü der tumbist under geilen getelingen, 

er und einer, nennet man den jungen Willeher. 
«5 den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, 

so der tanz gein äbent an der Strasse gie entwer. 

mangen twerhen blic den würfen si mich mit den ougen an, 

da^ ich sunder mines guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gän. 
We da^ mich s6 manger hat von lieber stat gedrungen 
^0 beidiu von der guoten unde euch wilent anderswä. 

oedelichen wart von in üf minen tratz gesprungen. 

ir gewaltes bin ich vor in minem schöpfe grä. 

doch so neic diu guote mir ein lützel über Schildes rant. 

gerne mugt ir beeren, wie die dörper sint gekleidet : üppeclich ist ir gewant. 

:a5 Enge rocke tragent si und enge schaperüne, 
röte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. 
Engelmär getet mir nie s6 leide an Yridenine, 
sam die zwene tuont. ich nide ir phelleilne phosen, 



8,28 ir, Dat. — 31 st, das Mädchen. — 34 verbinde in des von B. hant. 

— 4,4 beachte die starke Form der Adjektive! — 10 merey in Zukunft. — 
14 nennet, das Relativpronomen fehlt; s. V. 29. — 17 beachte die Konstruktion! 

— 23 ttber seh. rant, das Bild ist von den Kämpfen der alten Helden herge- 
nommen, vor oder zwischen denen die Gegner, über den Schild gelehnt, fried- 
liche Reden tauschten. — 27 Vriderün, eine frühere Geliebte Neidharts. 



t88 Hadlaüb. 

die si tragent: da lit inne ein würze heilet ingeber. 
80 der gap Hildebolt der guoten eine bi dem tanze ; die gezuhte ir Willeher. 
Sagte ich nü diu maere^ wie si^ mit ein ander schuofen^ 
des enwei^ ich niht: ich schiet von danne sä zehant. 
manneglich begunde stnen vriunden yaste ruofen. 
einer der schrei lüte: ,hilf, gevater Wezer ant!* 
er was lihte in grölen noeten, dö er so nach helfe schre. 
Hildeboldes swester hörte ich eines lüte schrien : , we mir mines bruoder we !' 



IX. Johannes Hadlaub. 

Wä vund man sament so manic liet? 

man vunde ir niet im künicriche, ■ 

als in Zürich an buochen stät. 

des prüeft man dick da meistersanc. 
5 der Maness ranc dar nach endliche: 

des er diu liederbuoch nu hat. 

gein sim hof mehten. nigen die singaere, 

sin lop hie prüeven und anderswä: 

wan sanc hat boun und würzen da. 
10 und wisse er, wä guot sanc noch waere^ 

er wurb vil endelich dar nä. 

Sin sun der kuster treip^ euch dar: 

des hänt si gar . vil edels sanges, 

die herren guot, ze semne bräht. 
15 ir ere prüevet man da bi. 

wer wiste si des anevanges? 

der hat ir 6ren wol gedäht. 

da^ tet ir sin: der rihtet si nach eren, 

da^ ist euch in erborn wol an; 
20 sanc, da man frouwen wol getan 

wol mite kan ir lop gemeren, 

den weiten si niht län zergän. 
Swem ist mit edelem sänge wol, 

des herze ist vol gar edeler sinne. 

25 sanc ist ein s6 gar edele^ guot : 

er kumt von edelem sinne dar. 

dür frouwen clär dür edel minne. 



4, 29 ein w. heilet, vgl. Pai*z. 377. — 5 der M., Rüdiger IL, Ratsherr 
der Stadt Zürich (gest. 1304). — 9 boun, s. § 20e. — 12 der kuster, Rüdigers 
Sohn Johannes (gest. 1297) war Gustos, d. h. Verwalter des Stiftsschatzes am 
Grossmünster in Zürich. — treip^ o. d., strebte auch darnach; vgl. V. 5. — 
19 verbinde wol an erborn. — 21 mite gehört zu da (V. 20). 



Mystiker. 189 

von dien zwein kumt so höher muot. 
wa^ W8Br diu weit, enwaeren wip niht so schcene? 
30 dar sl wirt s6 vil süe^ekeit, 
dür si man wol singt unde seit 
so guot gereit und süe^ gedoene: 
ir wuiine sanc ü^ herzen treit. 



X. Lieder der Mystiker. 
1. 

E^ kumt ein schif geladen Maria, du edler rose, 

reht üf sin hoehste^ poii;, lo aller sselden ein zwi, 
E^ bringt uns den sune des vaters, Du schoener zitenlöse, 
da^ ewig wäre wort. mach uns von Sünden fri. 

5 üf einem stillen wäge Da^ schiflin da^ gät stille 

kumt uns da^ schiffelin, und bringt uns riehen last, 

E^ bringt uns riche gäbe, i5 Der segel ist diu minne, 
die heren künigln. der heilig geist der mast. 

2. 

Got wölt, da^ ich däheime wser 
und al der weite tröst enbser. 

Ich mein da heim im himelrich, 
da ich got saeh immer und eweclich. 

Da ist gesuntheit äne we 
und weret hiut und immer m§. 

Da ist tüsent jär als hiut, 
da ist euch kein verdrießen niut. 

Da ist daß leben an den tot, 
da ist groß fröud an alle not. 

Got gesegen dich, weit, ich var da hin, 
ich var da hin gen himelrich. 

Got gesegen dich, sun, got gesegen dich, man, 
ich wil zuo got minem schöpf er gän. 

Wol üf, min s6l, und bereit dich dar, 
da wartet din der engel schar. 

Wol üf, min herz und al min muot, 
und suoch daß guot ob allem guot! 

1. Angeblich von Johannes Tauler (1300—1361), Predigermönch zu Strass- 
burg, einem hervorragenden Mystiker. — 9 rose, hier wie auch sonst Mask. 
-— 2. Von Heinrich von Laufenberg aus Laufenburg im Aargau (um 1450). 
Das Lied ist, nur wenig verändert, noch heute unter dem Volke (z. B. im 
Kanton Luzem) bekannt. 



190 



Garmina cJericonim. 



Anhang. 
Aus den Carmina clericorum. 



1. 



Ver redit optatum 
cum gaudio, 
flore decoratum 
purpureo, 
ayes edunt eantus 
quam duiciter, 
revirescit nemus, 
eantus est amoenus 
totalitär. 



Juvenes ut flores 
accipiant, 
et se per odores 
reficiant, 

virgines assumant 
alacriter, 
et eant in prata 
floribus ornata 
communiter. 



2. 



Virent prata hiemata 
tersa rabie, 

Florum data . mundo grata 
rident facie, 
5 Solis radio 
nitent, albent, rubent, candent, 
veris ritus iura pandent 
ortu vario. 

Aves dulci melodia 
10 sonant garrulae, 

Omni via voce pia 
volant sedulse, 



Et in nemore 
frondes, flores et odores 
15 sunt, ardescunt iuniores 
hoc in tempore. 



r. 



Congregatur, 
coetus iuvenum, 
Adunatur, coUsetatur 
20 chorus virginum; 
Et sub tilia 

ad choreas venereas 
salit mater, inter eaa 
sua filia. ~] 



augmentatur 



3. 



Solis iubar nituit 
nuntians in mundum, 
quod nobis emicuit 
tempus Isetabundum; 
51 et quod nunc apparuit 
dans solum fecundumj 
salutari meruit 



per Carmen iocundum. 
[ Befl. Ergo nostra concio 
10 psallat cum tripudio 
dulci melodia. ^ 

Fugiente penitus 
hiemis algore, 
spirat aether tacitus 



1. Im Ton übereinstimmend mit Nr. 3 der Namenl. Lieder. — 2. Der 
selbe Ton wie Walther Nr. 7; auch im Inhalt zeigt sich nahe Verwandt- 
schaft. 



Garmiua clericorum. 



191 



15 sestu gratiore; 
descendente cselitus 
salutari rore 
fecundatur funditus 
tellas ex humore. 

20 Sol extinctus fuerat, 
modo renitescit; 
prius invaluerat, 
sed modo tabescit 
nix quse nos obruens 

25 ex sestu liquescit; 



Exul ego clericus 
ad laborem natus 
tribalpr multociens 
paupertati datus. 
5 Literarum studiis 
vollem insudare, 
nisi quod inopia 
eogit me cessare. 

nie meus tenuis 
10 nimis est amictus, 
ssepe frigüs patior 
calore relictus. 

Interesse laudibus 
non possum divinis, 



Meum est propositum 
in taberna mori, 
ubi yina proxima 
morientis ori; 
5 tunc cantabunt laßtius 
angelorum chpri: 
»Deus sit propitiiis 
isti potatori.* 

Poculis aecenditur 
10 animi lucerna, 
cor inbutum nectare 



qui prius aruerat 
Campus revirescit. 

Filomena stridulä 
voce modulatur, 

30 floridum alaudulä 
tempus salutatur, 
[ anus, licet vetula, 
mire petulatur, 
lasciva iuvencula 

35 cum sie recreatur. J 



4. 



15 nec missaß nee vesperse, 

dum cantetur finis. 
Decus N. 

dum sitis insigne, 

postulo suflfragia 
20 de vobis iam digne. 
Ergo mentera capite 

similem Martini, 

vestibus induite 

corpus peregrini, 
25 üt vos Deus transferat 

ad regna polorum, 

ibi dona conferat 

vobis beatorum. 



5. 



volat ad superna; 
mihi sapit dulcius 
vinum de taberna, 

15 quam quod aqua miscuit 
prsesulis pincerna. 

Loca vitant publica 
quidam poetarum, 
et secretas eligunt 

20 sedes latebrarum, 

Student, instant, vigilant, 
nec laborant parum, 



5. Aus der sog. Gonfessio Archipoetae. Der Beichtiger ist der Erzbischof 
von Köln (V. 97). 



192 



Garmina clericorum. 



et vix inde reddere 

possunt opus darum. 
25 Jeiunant et abstinent 

poetarum chori, 

vitant rixas publicas 

et tumultus fori, 

et, ut opus faciant 
30 quod non possit mori, 

moriuntur studio 

subditi labori. 

Tales versus facio, 

quäle vinum bibo; 
35 nihil possum facere^ 

nisi sumpto cibo; 

nihil valent penitus 

quse ieiunus scribo, 

Nasonera post calicem 
40 carmine prseiboi 

Mihi nunquam spiritus 

poetriae datur, 

nisi prius fuerit 

venter bene satur; 
45 cum in arce cerebri 

Bachus dominatur, 

in me Phoebus irruit, 

et miranda fatur. 
Unicuique proprium 
50 dat natura munus: 

ego nunquam potui 

scribere ieiunus. 

me ieiunum vincere 

posset puer unus; 
65 sitim et ieiunium 

odi tarn quam funus. 
Unicuique proprium 

dat natura donum: 

ego versus faciens 
60 bibo vinum bonum 

et quod habent purius 

dolia cauponum; 

tale vinum generat 

copiam sermonum. 



65 Ecce, meae proditor 
pravitatis fui, 
de qua me redarguunt 
servientes tui, 
sed eorum nullius 

70 accusator fui, 

quamvis velint ludere 
seculoque frui. 

lam nunc in praesentia 
praesulis beati, 

75 secundum dominici 
regulam mandati 
mittat in me lapidem, 
neque parcat vati, 
cuius non sit animus 

80 conscius peccati. 

Sum loQutus contra me 
quicquid de me novi, 
et virus evomui, 
quod tam diu fovi, 

85 vita vetus displicet, 
mores placent novi, 
homo videt faciem, 
corda patent Jovi. 
lam virtutes diligo, 

90 vitiis irascor, 
renovatus animo 
spiritu renascor, 
quasi modo genitus 
lacte novo pascor, 

95 ne sit meum amplius 
vanitatis vas cor. 
Electe Colon isB, 
parce confitenti, 
fac misericordiam 
100 veniam petenti, 
et da psenitentiam 
culpas sie dicenti. 
Feram quicquid iusseris 
animo libenti. 



DIDAKTIK. 



I. Aus den Sprüchen Spervogels. 



Des altern. 



5. 

An dem österlichen tage 
do stuont sich Erist ü^ dem grabe, 
künec aller keiser, 
vater aller weisen 
5 sin hantgetät erlöste, 
in die helle schein ein lieht: 
dö kom er sinen kinden ze tröste. 



3. 



Weistu, wie der igel sprach? 
,vil guot ist eigen gemach.* 
zimber ein hüs, Kerlinc. 
dar inne schaffe diniu dinc. 
5 die herren sint erarget. 
swer da heime niht enhät, 
wie maneger guoter dinge der 
darbet ! 

2. 

Swie da^ weter ttieje, 
der gast sol wesen früeje. 
der wirt hat truckenen fuo^ 
vil dicke, so der gast muo^ 
5 die herberge rümen. 
swer in dem alter welle wesen 
wirt, der sol sich in der jugent 
niht sümen. 



Zwen hunde striten umbe ein bein. 
dö stuont der boeser unde grein, 
wa^ half in al sin grinen? 
er muoste^ bein vermiden. 
5 der ander der truog e^ 
von dem tische hin ze der tür: 
er stuont ze siner angesiht unjä 
gnuog e^. 

4. 

Kom sset ein büman: 
do enwolte e^ niht uf gän. 
im erzornete da^: 
ein ander jär er sich vermag, 
5 da^ er^ en egerde lie^e. 
er solle e^ ime güetliche geben, 
der dem andern umb sin dienest 
iht gebiete. 



6. 

Würze des waldes 
und erze des goldes 
und elliu apgründe 
diu sint dir, herre, künde: 
5 diu stönt in diner hende. 
alle^ himelesche^ her 

da^n möht dich niht voUoben an 
ein ende. 



1,1 Anspielung auf eine dem Dichter und seinem Publikum geläufige 
Fabel. — 3 KerlinCy Paü-onymicum zu Karl — 2. Vgl. Walther No. 35. — 
6 welky s. § 63. — 4,5 e^, das Feld. — 6 er, derjenige. 

13 



194 Spervogel. 



Des Jüngern. 

1. 

Swer einen vriunt wil suochen da er sin niht enhät, 
und vert ze walde spüren, so der sne zergät, 
und koufet ungeschouwet vil 
und haltet gerne vlorniu spil 
5 und dienet einem boesen man da e^ äne Ion belibet, 
dem wirt wol afterriuwe kunt, ob er^ die lenge tribet. 

2. 

So we dir armüete! du benimest dem man 
beidiu witze und euch den sin, da^ er niht enkan. 
die vriunt getuont sin lihte rät, 
swenn er des guotes niht enhät: 
5 si kerent ime den rugge zuo und grüe^ent in vil träge, 

die wile da^ er mit vollen lebet, so hat er holde mäge. 

3. 

Da^ ich ungelücke hän, da^ tuet mir we: 
des muose ich ungetrunken gän von eime s6, 
dar ü^ ein küeler brunne vlö^, 
des kraft was michel unde grö^. 
5 da buo^te maneger sinen durst und wart da wol ergetzet. 
swie dicke ich minen napf dar bot, ern wart mir nie genetzet. 

4. 

Wir loben alle disen halm, wand er uns truoc. 
vemt was ein schoener sumer unde komes gnuoc. 
des was al diu werlt euch vrö. 
wer gesach ie schoener strö? 
5 e^ füllet gar dem riehen man die schiure und euch die kiste. 
swann e^ gediente dar e^ sol, so wirt e^ aber ze miste. 

6. 

Swer sinen guoten vriunt vil wol behalten wil, 
den sol er vor den liuten strafen niht ze vil. 
er nemo besunder in hin dan 
und sage im, wa^ er habe getan: 
5 da enhoeret e^ der vremde niht. er zürne in da vil sere 

und halte in vor den liuten wol: des hat er immer ere. 



1. Eine Priamel. — 5 e^, das dienen. — 6 die lenge, adv. Akk. — 2,1 ar- 
müete, Gen. — 5 griie^ent in tr., vgl. Walther 15,13. — 3. Vgl. Walther 
No. 23. — 4,1 truoc, das Objekt (Frucht, Getreide) ist verschwiegen. 



Winsbeke. 



195 



IL Aus dem Winsbeken. 



1. Ein wiser man hete einen sun, 
der was im liep als manger ist. 
den wolte er leren rehte tuen 
und sprach also: ,m!n sun, du bist 
mir liep äne allen valschen list. 
bin ich dir liep sam du mir, 

so volge mir ze dirre vri&t, 
die wile ich lebe; e^ ist dir guot: 
ob dich ein vrömder ziehen sol, 
du weist niht, wie er ist gemuot. 

2. Sun, minne reiniclichen got, 
so enkan dir nimmer missegän: 
er hilfet dir ü^ aller not. 

nu sich der werlte goukel an, 
wie si ir volger triegen kan 
und wa^ ir Ion ze jungest si. 
da^ soltu sinneclich verstau: 
si wigt ze löne swindiu löt; 
der ir ze willen dienen wil, 
derst libes und der sele tot. 

3. Sun, merke, wie da^ kerzen lieht, 
die wile e^ brinnet, swindet gar: 
geloube, da^ dir sam geschiht 
von tage ze tage ; ich sage dir war. 
des nim in dinen sinnen war 

und rihte hie din leben also, 
da^ dort din sele wol gevar. 
swie hoch an guote wirt din name, 
dir volget niht wan also vil: 
ein linin tuoch vür dine schäme. 

4. Sun, gip im, der dir hat gegeben 
und aller gäbe hat gewalt: 

er git dir noch ein immerleben 

und ander gäbe manicvalt, 

mer danne loubes habe der walt. 



wiltu nu koufen disen hört, 
in sinen hulden dich behalt 
und sende guote boten vür, 
die dir dort vähen witen rum, 
e da^ der wirt versiahe die tür. — 

5 . Sun, geistlich leben in Sren habe : 
da^ wirt dir guot und ist ein sin. 
des willen kum durch niemen abe, 
brinc in ze diner gruobe hin: 

e^ wirt an saelden din gewin. 
enruoche, wie die phaffen leben: 
du solt doch dienen gote an in, 
sint guot ir wort, ir werc ze krump, ^ 
so volge du ir werten nach, 
ir werken niht, oder du bist tump. — 

6. Sun, ob dir got vüege ein wip 
nach sinem lobe ze rehter e, 

die soltu hän als dinen lip 
und vüege, da^ e^ so gestö, 
da^ iuwer beider wille ge 
ü^ einem herzen und darin, 
wa^ wiltu danne wunne me, 
ob da^ geschiht in triuwen phlege? 
saßt aber diu werre ir sämen dar, 
s6 müe^en scheiden sich die wege. 

7. Sun, du solt sinneclichen tragen 
verholn din minne vingerlin, 

din tougen niht den tumben sagen : 
da^ zwein ist reht, ze wit ist drin, 
lä dich niht überg^n den win: 
den soltu s6 ze hüse laden, 
da^ dine vinde iht spotten din. 
ahte üf die züngelsere niht, 
die werre zwischen vriunden tragen, 
und da^ in Judas aht geschiht. 



3,4 ich sage wär^ beachte die Bedeutung! — 4,1 man gibt Gott, indem 
man Arm-en gibt. — 5 habe, s. § 63. — 5,2 ist ein sin^ ist verständig; 
vgl. 11,3. — 7 an t/i, vgl. Otte 171. — 6,4 und vüege, s. zu Reinh. 283. 
Ebenso 17,2. — 7,7 iht, s. § 60. Ebenso 27,9 u. ö. — 9 tragen (ebenso 17,5), 
s. § 63. — 10 (und) da^, von ahte abhängig. 



196 



Winsbeke. 



8. Sun, swer bi dir ein maere sage, 
mit Worten ims niht underbrich, 
und swer dir sinen kumber klage 

in schäme, über den erbarme dich: 
der milte got erbarmet sich 
über alle, die erbarmic sint. 
den wiben allen schöne sprich: 
ist under in einiu saelden vri, 
da bi sint tüsent oder mer, 
den tugent und ere wonet bi. 

9. Sün, wiltu zieren dinen lip, 
so da^ er si unvuoge gram, 

so minne und ere guotiu wip: 
ir tugent uns ie von sorgen nam. 
si sint wunne ein bernder stam, 
da von wir alle sin gebom. 
^ hat niht zuht noch rehter schäm, 
der da^. erkennet niht an in ; 
der muo^ der tören einer sin, 
und hete er Salomönes sin. 

10. Sun, si sint wunne ein bemde^ 

lieht 
an eren und an werdekeit, 
der werfte an vröuden zuovensiht: 
nie wiser man da^ widerstreit, 
ir name der eren kröne treit: 
diu ist geme^^en und geworht 
mit tugenden vollic unde breit, 
genäde got an uns begie, 
dö er im engel dort geschuof, 
da^ er si gap vür engel hie. — 

11. Sun, Sit diu saBlde lit an in, 
diu nie mit lobe ir zil volma^, 

so diene in gerne, und hästu sin, 
du lebest in eren desto ba^. 
got sin an sselden nie vergaß, 
dem ir genäde wirt beschert, 
und er mit triuwen dienet da^. 
dem stet der schilt ze halse wol; 



im kumt ze löne ein blanker arm, 
da im der rieme ligen sol. 
12. Sun, dti solt wi^^en, da^ der 
schilt 
hat werdekeit und ßren vil: 
den ritter tugende niht bevilt, 
der im ze rehte volgen wil. 
die wÄrheit ich dich niht enhil: 
er ist zer werlte sunder wan 
ein höchgeme^^en vröuden zil. 
nimt in ze halse ein tumber man, 
der im sin reht erkennet niht, 
da ist der schilt unschuldic an. — 

13. Sun, wiltu ganzlich schiltes reht 
erkennen, so wis wol gezogen, 
getriuwe, milte, küene und sieht, 
so enist er niht an dir betrogen 
und kumt din lop wol vür gevlogen. 
wilt aber du leben in vrier wal, 
den tugenden allen vor verlogen, 
der rede min triuwe si din phant: 
wiltu in also ze halse nemen, 

er hienge ba^ an einer want. 

14. Sun, als din heim geneme den 

stric, 
zehant wis muotic unde halt; 
gedenke an reiner wibe blic, 
der gruo^ man ie mit dienste galt: 
sitz ebene, swende so den walt, 
als dir von arte si geslaht. 
min hant hat manegen abe gevaltr 
des selben muo^ ich mich bewegen, 
guot ritterschaft ist topelspil: 
diu saelde muo^ des siges phlegen. 

15. Sun, nim des gegen dir ko- 

menden war 
und senke schöne dinen schaft, 
als ob er si gemälet dar; 
lä^ an din ors mit meisterschaft. 



9,5 beachte die Wortstellung! — 11,1 diu^ demonstr. — 10 der rieme,^ 
der Schild wurde an einem Riemen am Halse, bezw. auf der Schulter ge- 
tragen. — 12,1 schüt, s. zu Parz. 278. — 13,1 ff. vgl. Tristan 540/58. — 
14,1 geneme d. st.^ das Band erfasst, d. h. auf dem Kopfe sitzt. — 5 swende 
den wdltf bildlich für: brich recht viele Speere. 



Winsbeke. 



197 



ie ba^ und ba^ rüer im die kraft, 
ze nageln viereji üf den schilt 
da sol din sper gewinnen haft, 
oder da der heim gestricket ist: 
diu zwei sint rehtiu ritters mal 
und üf der tjost der beste list. 

16. Sun, wiltu kleiden dine jugent, 
da^ si ze hove in eren ge, 

snit an dich zuht und reine tugent : 
ich wei^ niht, wa^ dir ba^ an ste. 
wiltu si tragen in rehter e, 
si machet dich den werden wert 
und git dir dannoch sselden me : 
ich meine guoter wibe segen: 
der ist ein so gensemer hört, 
in möhte ein laut niht widerwegen. 

17. Sun, du solt bi den werden sin 
und lä ze hove dringen dich, 
der man ist nach den sinnen min 
dar nach, als er gesellet sich. 

ze rehte swic, ze staten sprich, 
die boesiu maere dir ze oren tragen, 
Yon in din staßte^ herze brich : 
iviltu din öre, als manger tuot, 
den velschelaeren bieten dar, 
so wirstu selten wol gemuot. — 

18. Sun, be^^er ist geme^^en zwir 
denne gar verhouwen äne sin. 

e da^ diu rede entrinne dir 
ze gsehes ü^ dem munde hin, 
besnit si wol üf den gewin, 
da^ si den wisen wol behage ; 
da^ wort mac niht hin wider in 
und ist doch schiere vür den munt : 
wiltu des rätes volgen niht, 
du lebest an dren ungesunt. 

19. Sun, swer ze blicke vuoge ent- 

nimt. 



da^ decket doch die lenge niht: 
geribeniu varwe niht önzimt, 
da man den schaden blecken siht. 
diu helekäppel sint enwiht, 
diu bi den Hüten kleident wol, 
und da^ in kündekeit geschiht; 
nu ziehe er sine kappen abe, 
der also welle triegen dich, 
und merke, wa^ er drunder habe. 

20. Sun, merke rehte, wie der 

rot 
da^ isen viulet und den stäl: 
also tuot unbescheiden spot 
des mannes herze sunder twäl. 
e^ ist ein saeldenvlühtic mal 
und slichet umbe und umbe entwer 
von dem ze dem alsam ein swaL 
sun, da sol tu dich hüeten vor: 
du mäht niht sanfte von im komen, 
ob er dich bringet in da^ spor. 

21. Sun, hoch geburt ist an dem 

man 
und an dem wibe gar verlorn, 
da wir niht tugende kiesen an, 
als in den Hin geworfeyi körn, 
der tugende hat, derst wol geborn 
und eret sin gesiebte wol. 
ich hän ze vriunde mir erkorn 
den nidem ba^, der eren gert, 
vür einen höhen sunder tugent, 
der hiure ist boeser danne vert. 

22. Sun, du solt haben und rainnen 

guot 
also da^ e^ dir niht lige obe: 
benimt^ dir tugende und vrien muot, 
so stet din herze in krankem lobe, 
guot ist gitekeit ein klobe: 
swem e^ ist lieber daiine got 



15,6 ze n. v.^ die vier Nägel, weiche die Schildbuckel umstehn. — 
16,10 in möhte^ s. § 61. — 18,1 f. vom Zimmermann hergenommenes Bild. 

— 5 w/" d'Bn g, wird durch den folgenden Vers ausgeführt. — \^,\ ze hl, 
für den Anbhck, zum Schein. — 2 die lenge, adv. Akk. — 21,3 verbinde 
da . , an; ebenso 28,10 da . . von* — 9 vür in freier Weise statt danne. 

— 22 vgl. zu dieser Strophe Walther No. 26. 



198 



Winsb^ke. 



und werltlich ere, ich waene, er 

tobe, 
swen e^ also geva^^et vür, 
der ante sich der beider e, 
e danne er da^ eine yerlür. 

23. Sun, dinen guoten vriunt be- 

halt, 
der dir mit triuwen bi gestät, 
und wis in zome niht ze halt 
mit gsßhen siten, deet min rät. 
ob dir da^ guot ze nähen gät 
und ob du^ äne tugent vertuest, 
diu beidiu machent missetät. 
wirf in die mitte dinen sin, 
habe unde henge, vürhte got, 
so gät din leben mit saelden hin. 

24. Sun, merke, da^ diu mä^e git 
vil eren unde werdekeit; 

die soltu minnen zaller zit, 
so wirt din lop den werden breit, 
ist da^ den wandelbseren leit, 
wa^ umbe da^? der boesen ha^ 
die biderben selten ie vermeit. 
lebe du in tugentlicher aht 
und lä^ die krancgemuoten leben, 
als in von arte si geslaht. 

25. Sun, so dervogel e rehterzlt 
von sinera neste vliegen wil, 
sich selben er vil lihte git 

den tumben kinden zeinem spil. 
die rede ich dir geliehen wil : 
nimstu dich an des du niht mäht 
volenden und dir ist ze vil, 
da^ muostu ligen äne ere län. 
so wsere verre be^^er dir, 
und wsere e^ nie gevangen an. -- 

26. Sun, du solt selten schaffen iht 
äne diner wisen vriunde rät; 

ob dir dar an gelunge niht. 



da^ wsere niht ein missetät. 

Bwer wiser Hute löre hat 

und in mit willen volget näch^ 

dem gSt ze saelden üf sin sät. 

diu meere vil dicke zweient sich: 

da von soltü da^ beste wein 

und volge dem; da^ eret dich. — 

27. Sun, si jehent alle, e^ brenne 

vruo, 
da^ ze-ne^^eln werden sol: 
din junger muot da^ selbe tue; 
da^ kumt dir in dem alter wol. 
mit dir ich leides mich erhol: 
min tröst ist an dich einen komen^ 
din liep min liep, din leit min dol. 
got tue mich zweier sorgen bar, 
da^ dti iht werdest ungemuot 
uAd da^ din s6le iht missevar. 

28. Sun, dri^ic jär ein töre gar> 
der muo^ ein narre vürba^ sin: 
die wisen sprechent, e^ si war; 
e^ ist vil dicke worden schin 

und ist euch der geloube min. 
gewonheit ist da schuldic an: 
diu git dem libe selben pin, 
des er von kintheit ist gewon, 
e^ si im schade, e^ si im vrum^ 
da kumt er äne got niht von. 

29. Sun, du solt hoveliche site 
in dinen sinnen lä^en phaden. 
behüete dich vor einem snite, 
der tuet an eren grölen schaden ; 
da mite wart Judas überladen, 
swer in dem snite noch vunden wirt,. 
der muo^ mit im ze helle baden, 
ich meine untriuwe: uns seit diu 

Schrift, 
si si der armen sele dort 
und hie des libes ein vergift. 



22,9 der heider^ näml. gotes und werltlicher ere, — 10 daij; einet d. i. da-? 
guot. — 23,5 ze n. gät, zu sehr am Herzen liegt. — 9 habe u. henge, näml. 
die Zügel. — 24,6 wai^ u. d., was tut das? — 8 in t äht == tugentliche. — 
29,3 snitey vgl. 16,3. 



Winsbeke. 



199 



3 . Sun, du solt kiuscher worte sin 
und staeies muotes: tuostu da^, 
so habe e^ üf die triuwe min, 
du lebest in ^ren deste ba^. 
trac niemen nit und langen ha^, 
wis gegen den vinden höchgemuot, 
den vriunden niht mit dienste la^, 
da bi in zühten wol gezogen, 
und grüe^e, den du grüe^en solt, 
so hat dich sselde niht betrogen. 

31. Sun, höchvart unde gitikeit, 
diu zwei sint boese nächgebür, 

an den der tiuvel sich versneit, 
da^ im sin süe^e wart ze sür, 
sin schoene swerzer danne ein ür. 
in sieht noch hiute und immer mer 
ze helle drumbe ein bitter schür, 
der in den schulden vunden wirt, 
dem git in sinem hüse rüm 
der selbe swarze hellewirt. — 

32. Sun, wil dir lieben guot gemach, 
so muostu ^ren dich bewegen : 

an jungem manne ich nie gesach 
diu zwei gelicher wäge wegen, 
wa^ touc ein junger lip verlegen, 
der ungemach niht liden kan 
noch sinneclich nach eren Stegen? 
e^ ist mir äne zwivel kunt: 
e^ loufet selten wlsiu müs 
släfender vohen in den munt. — 

33. Sun, du solt niht gen ungebeten 
an vriundes noch an vindes rät: 

e^ mac den man in schaden weten, 
ob er da sitzet oder stät, 
da man sin gerne hete rät. 
sun, du solt so niht dringen zuo : 



vür war e^ ist ein missetät. 
kumst aber du dar von vriundes bete, 
so sliu^ die schäme vür dinen munt, 
da^ sich diu zunge iht übertrete. 

34. Sun, beidiu luoder unde spil 
sint libes und der seie val. 

der äne mä;e in volgen wil, 
si machen t breite huobe smal. 
swer lebet äne ere in vrier wal, 
der wirt den werden schiere unwert 
und hüset in dem Affental. 
swer also vliuset sine habe 
mit disen swachen vuoren zwein, 
der IsBge ba^ in einem grabe. 

35. Sun, swen sin sin verleitet s6, 
da^ er unrehte im selben tuet, 

ist er bi wisen liuten vrö, 
da sol man kiesen tören muot. 
diu riuwe ist nach der schulde guot, 
ob si von herzen rehte vert. 
ein vol in einer wilden stuot 
unü^gevangen wirt e zam, 
e da^ ein ungeraten lip 
gewinne ein herze, da^ sich schäm. 

36. Sun, twinc des dinen vrien sin, 
da^ du ze hüse rihtest dich. 

ein teil ich ungereisic bin; 

man tuet und lät unvil durch mich. 

den armen gip, snit unde brich 

mit willen diner reinen habe: 

ob allen rasten da^ rate ich. 

07; ist dir guot und wirt euch mir : 

ich hän in eren her gelebet; 

ze hüs wirfe ich den slegel dir. — 

37. Sun, swer da^ hüs nu haben wil, 
der muo^ driu dinc ze stiure hän, 



30,3 vgl. Gudr. 111,4. — 31,3ff. Anspielung auf den Fall Lucifers; vgl. 
Freid. 117f. — 32, 9 f. vgl. unsre Redensart von den gebratenen Tauben. — 
34,7 Affentalj vgl. ähnliche erdichtete Ortsbezeichnungen wie Affenberc, Gou- 
chesbercj Gouchhüsen usw. — 35,3 vro, Gegensatz zu riuwec (s. V. 5). — 
36,2 d. h. nicht viel von Hause abwesend seiest. — 36,4 tuot u. Idt, s. zu 
Iwein 250. — 10 hüs, endungsloser Dat. — den sh werfen, vermutlich ein 
symbolischer Akt bei Eigentumsübertragungen; unsre Stelle würde also be- 
deuten; ich trete meine Rechte und Pflichten als Hausherr an dich ab. Im 
Kanton Bern bedeutet die Redensart: Bankerott machen. 



200 



Winsbeke. 



guot, milte, zuht, so lit sin spil. 
ist er da bi ein vroelich man, 
der^ wol den Hüten bieten kan, 
so tuot sin bröt dem nemenden wol 
und lachent beide ein ander an. 
sun, sint dir niht die tagende bi, 
so mac der gast wol riten vür, 
swie gar er na^ und mtlede si. 

38. Sun, swer mit tugenden hüses 

phliget, 
der nimt an werdekeit niht abe, 
und also mit der mä^e wiget, 
da^ im gevolgen mac sin habe, 
und krüche der an einem stabe, 
gote und der werlte waere er wert, 
die rede ich in din herze grabe: 
wil si darinne würzen niht, 
als einem vogel, der e zit 
von neste vliuget, dir geschiht. 

39. Sun, hüsere ist ein werdekeit, 
diu bi den hoehsten tugenden vert; 
swer si mit schoenen sinnen treit, 
wie wol sich der in eren nert! 
da^ guot wirt reineclich verzert, 
da^ niht ein schade geheimen mac. 
zwene vrumen sint da von be- 
schert, 

gotes lön, der werlte habedanc: 
der disiu zwei behalten kan, 
den riebet wol sin ackerganc. 

40. Sun, zwei dinc erent wol den 

man, 
der sich wil eren mit den zwein, 
so daz; er sich behalten kan: 
da^ eine ist ja, da^ ander ist nein, 
wie zieret golt den edelen stein? 
also tuont wäriu wort den lip. 
er ist niht vleisch unz üf da^ bein, 
dem also sliphic ist der sin. 



swä *r sin ja geheimen hat, 
da^ er sin nein da schrenket.hin. 

41. Sun, vliuch, da^ dich iht binde 

ein baut, 
da^ ist gestricket in der mäht, 
da^ du gebunden bist zehant 
vor gote in krefticlicher aht. 
swer wirt in sine stricke bräht, 
so da^ in vindet da. der tot, 
we im, da^ sin ie wart gedäht! 
da^ baut ist der gedienet ban ; 
der klemmet in der helle also, 
da^ Judas nie die not gewan. 

42. Sun, dannoch ander kraft er 

treit : 
den er geva^^et an sin seil, 
er nimt im al der kristenheit 
gemeine und aller saelden teil, 
sin wundiu sele wirt niht heil; 
kumt er mit rehte niht dervon, 
ie größter wirt der Sünden meil. 
gebet, almuosen ist verlorn 
und swa^ er guotes mac getuon, 
die wile in stiebet dirre dorn. 

43. Sun, ähte ist ouch ein bitter 

krüt ; 
strafe und ir stige gerne mit. 
si mac verleiten dir din hüt, 
swie guot geleite man dir git. 
gerihtes über dich ist zit, 
swä man dich hoeret oder siht, 
die wile üf dir ir boie lit. 
da lä dich inne niht versmiden: 
dehein zunge, und ist der rihter 

guot, 
mac dich vor töde niht bevriden. 

44. Sun, ich wil dir nü niht mere 

sagen : 
der mä^e ein zil gestoben si. 



37,7 vgl. zu Iwein 131. — 8 die t., die genannten T. — 38,4 dass ihm 
die Habe nicht ausgeht. — 39,10 vgl. 26,7. — 41,4 in Jcr. aht, s. zu 24,8. 
— 7 dass Gott jemals an ihn gedacht hat (indem er ihn erschuf). — 10 die 
nötj solche N. — 43, 2 ir gehört auch zu strafe. — 5 die Stunde deines Ge- 
richtes ist da. — 8 verbinde da . . inne. — 9 undy konzessiv : wenn auch. 



Freidänk. 201 

du enmaht sin alles niht getragen : wis wärhaft, zühtic eunder wanc ; 

nun ü^ den ragten allen dri, manc tugent ir vlu^ nimt von den 
lege si dem herzen nähen bi, drin ; 

ob e^ niht be^^er werden mac: behalt si wol, hab immer danc/ 
wirt gotes minne nimmer vri, 



IIL Aus Freidanks Bescheidenheit. 

Ich bin genant Bescheidenheit,, 
diu aller tugende^ kröne treit. ' 
mich hat berihtet Fridanc 
ein teil von sinnen, die sint kranc. 

Von OoU. 

6 Gote dienen äne wanc swa^ ieman in der vinster tuot, 

deist aller wisheit anevanc. od in dem herzen wirt erdäht, 

Swer umbe dise kurze zit da^ wirt doch gar ze liehte bräht. 

die ewigen vröude git, AI diu werlt Ion enpfät 

der hat sich selbe gar betrogen so von gote, als sie gedienet hat. 

10 und zimbert üf den regenbogen. Vil selten ieman missegät, 

Swer die sele wil bewarn, swer siniu dinc an got verlät. 

der muo^ sich selben läi^en varn. Wir suln mit allen sinnen 

Swer got minnet, als er sol, got fürhten unde minnen. 

des herze ist aller tugende vol. 35 Der werlde drö unde ir zorn 

15 Swer äne got sich wil begän, ist hin ze gote gar verlorn, 

der mac niht staeter ßren hän. man muo^ im flöhen unde biten; 

Swer got niht fürhtet alle tage, er färbtet niemens unsiten. 

da^ wi^i^et, deist ein rehter zage. , Diu aller kleinste gotes geschaft 

Swelch mensche lebt in gotes 40 vertriflfet aller werlde kraft. 

geböte, got geschuof nie halm so swa- 

20 in dem ist got und er in gote. eben, 

Got hcehet alle güete den ieman müge gemachen: 

und nidert höchgemüete. der engel, tiuvel noch der man, 

Gote ist niht verborgen vor, ir kein^ ein flöch gemachen kan. 

er siht durch aller herzen tor. 45 Got hat allen dingen gegeben 

25 E^ si übel oder guot, die mä^e, wie si sulen leben/ 



44, 6 davor ist etwa zu ergänzen : und sieh zu . . — 10 behalt 5. w., wir 
machen daraus einen Bedingungssatz. 

4 zu einem guten Teil mit unzulänglichen Kräften. — 7 s. zu Neidh". 4,4. 
10 vgL unsre Redensart »Luftschlösser bauen*. — ^3 vor gehört als Präp. vor 
gote. — 42 Relativsatz statt eines Folgesatzes. — 43 Genetive, durch ir zu- 
sammengefasst. . 



202 



Freidaiik. 



6ot be^^er mä^e wider git, 
dan wir im mei^^en zaller zlt. 85 
die Hute snident unde maent 

50 von rehte, als sie den ackerssent. 
Got rihtet nach dem muote 
ze übele unde ze guote. 
ein iegelicher lön enpfät 9o 

dar nach, als im sin herze stät. 

55 der wille ie vor den werken gät 
ze guote und euch ze missetät. 

V^ ^ Got, der durch alliu herze siht, 

J den möhte al diu werlt niht 95 

erbiten eins unrehtes: 

60 ern wil niht tuen wan siebtes. 

^ein kleine kint erbaete in wol, 

des man in ze rehte biten sol. 

Got zweier slahte willen hat, 100 
die er, uns beide wi^^en lät: 

6b er tuot wol alle^» da^ er wil, 
er verbeuget euch unbildes vil; 
und rseche er halbes, da:^ er mac, 
so stüend diu werlt niht einen tac. 

105 



Got alliu dinc geschaffen hat: 
70 nieman er gar wi^^en lät, 
wa^ krefte in sinen dingen si; 
da ist meisteil alle^ waenen bi. 
Si jehent, got habe der werlde 110 
gegeben 
michel ere und senfte^ leben ; 
75 doch ist ir senfte nie so grö^, 
unsenfte si da hüsgenö^. 
selten mir ie liep geschach, 
da enwaeren dri^ec ungemach. 
Diu zit saelde nie ge wan, 115 

80 da man gotes vergi^^et an. 
Man vergi^^et gotes dicke' 
von süe^em aneblicke. 

Got manegen dienst enpfähet, 



da:^ tören gar versmähet: 

die brosmen sint vor gote wert, 

der nieman obe dem tische gert. 

Wir geheimen alle gote me, 
dan iemer mit den werken ergß. 

Durch Sünde nieman läi^en sol, 
erii tuo doch eteswenne wol: 
niemens guottät wirt verlorn, 
wan"^ der zer helle wirt gebom. 

Swer niht rehte mac geleben, 
der sol doch nach rehte streben. 

Got niht unvergolten lät, 
swa:; ieman guotes begät; 
dekeiner slahte missetät 
er ouch ungerochen lät. 

Gotes gebot niht übergät 
wan der mensche, den er ge- 
schaffen hat. 
vische, vögele, würme und tier 
hänt ir reht ba^ ^anne wir. 

Got hörte Möyses gebet, 
da^ er den munt nie üf getet: 
swes noch ein reine^ herze gert, 
des wirt e^ äne wort gewert, 
des mundes bete ist leider kranc 
äne des herzen fürgedanc. 

Mennegeliches gewi^^enheit 
vor gote sine schulde seit. 



Wist got alle^, da^ geschiht, 
e er iht geschtiefe, od wiste ers 

niht? 
die wjsen jehent, er wiste e^ wol, 
da^. ie was unde geschehen sol. 
got himel und erden umberinc 
geschuof und dar in alliu dinc. 
got geschuof ein engel, der sit wart 
ein tiuvel durch sin höchvart; 
dar nach geschuof er einen man: 



60 skhtes, als Gen. pari, zu niht aufgefasst. Doch vgl. Nib. 476, 3. — 
72 verbinde da . . hi; ebenso da , , an V. 80. — wmnen, im Gegensatz zu 
wi?^en. — 75 f. zur Konstruktion vgl, Reinh. 11 8 ff. — 78 dri^ec^ formelhafte 
Zahl; s. zu Gudr. 167,3. — 92 vgl. V. 131 ff. — der = des der, - 101 tier 
bedeutet in der alten Sprache nur die wild lebenden Vierfüssler. — 102 hant, 
halten fest. In dieser Bedeutung sind sonst die kontrahierten Formen sehr 
selten (§ 50 Anm.). — 104 nie, verstärkte Negation. 



Frei dank. 203 

120 die zwen nieman versüenen kan. t45 Got alliu dinc geschaffen hat 

got wiste ir strit wol und ir ha^, von nihte: swer die kraft verstat, 

e ers geschüefe, und über da^ den dunket da^ ein wunder niht, 

geschuof si got. wer schuldic sl, da^ slt geschach und noch ge- 
da^ scheide ouch got; der was schiht. 

da bi. mich dunket piht ein wunder gar, 

125 Wer mac den strit gescheiden i60 da^ ein maget Krist gebar: 

under kristen, Juden, beiden, nieman da^ für wunder habe, 

wan got, der sie geschaffen hat da^ Krist erstuont von dem grabe, 

und alliu dinc an iemens rät? swer tuon mac alle^, da^ er wil, 

der wiste wol ir aller strit, dem ist des wunders niht ze vil. 

130 ö ers geschüefe, und ouch ir nit. 155 got lät uns zlallen ziten sehen 

War umbe ein mensche si manc grö^ wunder, wil mans je- 

verlorn, hen. 

da^ ander si ze genaden erkom, wir sehen der himele zeichen 

swer des fraget, döst ze vil : sweben, 

got mac und sol tuon, swa^ er wil. da^ diu gänt umbe, jbAs si leben, 

ia& swa:; got mit sinre geschepfede sunne, mäne, sternen schin: 

tuet, 160 wa^ mac gelich dem wunder sin? 

da^ sol uns alle:; dünken guot. von dorire mac man wunder sagen: 

wa^ mac der haven sprechen, er tuot da^ ertrich alle^ wagen, 

wil in sin meister brechen? got himel und erde lät zergän 

als lützel muge wir wider got undwildernächeinschoenef^hän. 

140 sprechen, kumt uns sin gebot. 16d so diz alle^ samt geschiht, 

swie der haven vellet, so ist^ wider der ersten kraft 
er wirt vil lihte erschellet; ein niht. 

er valle her oder hin, Gotes wunder sint so grö^, 

der schade gät ie über in. des menschen sin ist gein in blö:;. 



Got hat drier slahte kint, 
170 da;^ kristen, Juden, beiden sint: , 

die hänt ouch drier slahte leben 

und jehent, diu habe in got gegeben. 

diu leben sin krump oder sieht, 

si wellent alle haben reht. 
175 wa^ got mit den kinden tuo, 

da hoBrt niht tören frage zuo. 

si wellent ir gelouben hän; 

mine kristen wil ich niemen län. 

swer mit goto wil bestän, 
180 der muo^ kristen glouben hän. 



122 über da^, trotzdem. — 13| mensche als Neutr. noch ohne jede üble 
Nebenbedeutung. - 168 s. § 61. 



204 Frei dank. 

Wäjiffe lige des meres grünt 
oder diu erde, wem ist da^ kunt? 
/ si jehent, der himele der sin dri 
und diu erde mitten drinne si. 

185 deist ein michel wunder, 
da^ himel ist obe und under, 
und doch diu erde stille stät, 
so der himel umbe gät. 
swer mich des bescheiden wil 

190 nach wäne, deist ein kindes spil. 

in gotes hende e^ alle^ stät, 

der alliu dinc geschaffen hat. 



Von der Seele. 

Wie diu s6le si getan, Von winden wunders vil ge- 

da^ seit mir niemen äne wän. schiht, 

193 Ob alle söle möhten sin die nieman grifet noch ensiht: 

in einer hant, son künde ir schin die sele mugen wol michel sin 

nieman grifen noch gesehen; 220 und hänt doch hie vil kleinen schin. 

wie möhte ein wunder groe^er Der nebel füllet witiu laut, 

' geschehen? und enwirt sin niemer vol ein 

' Si jehent, e^ si der sele leit, hant; 

200 swä sie der lip ze Sünden treit: wir mugen der geisteniht gesehen, 

waer diu sele an schulde, doch muo^ man größer krefte 

si verlür niht gotes hulde. in jehen. 

Diu sele ist zallen stunden 225 Helle und himelriche 

zem libe so gebunden, diu sint mir kunt geliche. 

205 da:^ sie zuo im muo^ haben pfliht, ich wei^ ein teil des hie geschiht, 

swa^ guots und Übels von im wie^ dort stö, des enwei^ ich niht ; 

geschiht. wie e^ dort geschaffen si. 

Min lip von anders nihte lebt, 230 da ist mir alle^ waenen bl. — 

wan da^ ein sele drinne swebt. Man sol miden unde län 

Wie diu sele geschaffen si, manegiu dinc durch argen wän. 

210 des Wunders wirde ich niemer fri. Maneger an den stemen siht 

wannens kume od war si var, und seit, wa^ wunders schiere 

diu strafe ist mir verborgen gar: geschiht: 

hie enwei^ ich selbe, wer ich bin. 235 sag er mir ein dinc, deist näher bi, 

got gitdie sele, der nems euch hin; wa^ krüts im sime garten si; 

215 diu vert von mir als ein blas seit er mir ze rehte da^, 

und lät mich ligen als ein äs. ich geloube eins andern deste ba^. 



190 ein Tc. spil, ein kindisches, törichtes Unterfangen. — 226 geliche^ 
d. h. beide gleich wenig. ~ 227 des, s. § 64. — 230 vgl. V. 72. äl^e^ ist Adv. 
— 233 f. bringt zum vorigen ein Beispiel. — 234 wa^ w. seh. g., Objektsatz 
auch zu siht. — 238 eins, s. zu Nib. 126,1. 



Freidank. ' 205 

Vo7i der Reue. 

Swer mit Sünden si geladen, ich mein, so:; flii^et tougen 

240 der sol sin herze in riuwe baden. 850 vom herzen zuo den ougen; 

Biuwe ist aller Sünden tot, diz wa^^er hat vil lisen flu^ 

sus koment die Sünder ü:;er not. und hoert got durch der himeledu^. 
Swä got die wären riuwe siht, Der zäher, der von herzen gät, 

da wirt alliu Sünde ein niht. der leschet manege missetat, 

245 S wie grö^ si iemens missetat, 255 die der munt niht mac gesprochen, 

got dannoch mar genäden hat. noch der tiuvel tar gerochen. 

So wa^^er hin ze berge gät, Swer sine stinde weinen mac, 

so mac des Sünders werden rät: deist der Sünden suontac. 



Von Königen imd Fürsten, 

Lant und Hute geirret sint, da von ist witze worden turap. 

260 swä der künec ist ein kint, Die fürsten hänt der esele art: 

und sich die fürsten flii^ent, si tuont durch niemen äne gart, 

da:; si fruo enbi^ent; 285 Maneger durch sin missetat 

da wirt selten wol geriht, sins knehtes kneht ze herren hat. 

Salomön des selben gibt. lehn wei^ niergen fürsten dri, 

265 In küneges rate nieman zimt, der einer durch got ein fürste si. 

der guot fürs riches ere nimt. Der fürsten ebenhere 

Ein herre niemer mac genesen, 290 stoert noch des riches öre. 

wellent ime die sine vient wesen. Swer mit gemache gerne si. 

Der fürsten herze und ouch der wone den fürsten selten bi. 

ir leben Swer mit den fürsten wil ge- 

270 erkenne ich bi den rätgeben: nesen, 

der wise suochet wisen rät, der muo^ ein löser dicke wesen 

der töre sich zen tören hat. 295 oder lange sin ein gast; 

Ein wiser herre gerne hat sin dienst frumt anders niht ein 

witen Munt und engen rät. hast. 

275 Man merket bi dem rate wol, So der wolf nach miusen gät, 

wie man den herren haben sol. unde der valke keveren vät, 

Ein fürste der mac wol genesen, und der künec bürge machet, 

wil er ze rehte meister wesen. 300 so ist ir leben geswachet. 

Swelch fürste frides und rehtes Möht ich wol minen willen hän, 

gert, ich wolte dem keiser^ riebe län. 

280 der wirt goteunde der werlde wert. So ebene nie kein künec gesa^, 

Der herren löre ist leider krump, im enwürre dannoch eteswa^. 



252 vgl. die »Harmonie der Sphären*. ~ 264 Pred. Sal. 10,16. - 265 f. 
vgl. Walther 33, 5 ff. — 274 witen fr., wie rät kollektiv zu fassen. — 299 weil 
er der Burgen zu seinem Schutze bedarf. 



206 ' Freidank. 

805 Maneger lebt mit eren. Merket, wie diu werlt ste: 

dem ich da:; hoere verkdren; man siht nu lützel rehter e; 

nieman doch gevelschen mac 845 und nseme ein herre ein wip durch 
gotes wort und liebten tac. got, 

Ob e^ der keiser solte swem, da^ wser nu ander herren spot. 

310 ern kan sich mucken niht erwern ; swer wibes gert, der wil ze hant 

wa^ hilfet herschaft unde list, liute, schätz, bürge und lant. 

Sit der flöch sin meister ist ? swelch i> durch gJtekeit geschiht, 

Der keiser sterben muo:; als ich, 850 diu enmachet rehter erben niht. 
dem mac ich wol genöi^en mich. manc grö^iu herschaft nü zergät, 

815 Swelch herre sterben muo^ als da;; sie niht rehter erben hat. 

ich, Ich sihe aller slahte leben 

wes möhte der getroesten mich, wider sinen orden streben, 
so mich da:; biever ane gät, 355 Tiuschiu lant sint roubes vol : 
und er den zanswem hat, gerihte, voget, münze und zol 

und er neweder^ mac gewern? diu wurden e durch guot erdäht, 

820 dem wil ich selten hulde swern. nu sint si gar ze roube bräht. 
Des eigen wolt ich gerne sin, swa^ ie man guotes üf geleit, 

der der sunnen git so lichten schin. seo ze be:;^ern die kristenheit, 
Swer alliu dinc wei^, §s ge- . die hoehesten und die bersten 
schehen, die brechen t e^ zem ersten, 

dem herren sol man eren jehen. Die fürsten twingent mit ge- 

325 Von dem ich hoere de^ beste walt 

sagen, velt, stein, wa^^er unde walt, 

des wäfen wolte ich gerne tragen. 865 dar zuo beidiu wilt unde zam ; 

E^n hat nieman eigenschaft si tseten lüfte gerne alsam, 

wan got mit siner kraft: der muo^ uns doch gemeine sin. 

lip, sele, ere unde guot möhtens uns der sunnen schin 

830 deist alle:; lehen, swie man tuot. verbieten, euch wint unde regen. 
Seit ich die wärheit zaller zit, 370 man müeste in zins mit golde 
so funde ich manegQn widerstrit; wegen, 

dar umbe muo^ ich dicke dagen : doch möhtens alle bilde nemen, 
man mac ze vil der wärheit sagen . da^ mucken, fliegen, flcBhe, bremen 
335 seit ich alle:;, da^ ich wei^, sint in vint alg eim andern man, 

so müeste ich büwen fremden krei^. der nie schätz noch lant gewan. 
Swer die wärheit fuorte 875 ir herschaft dunket mich ein wint, 

und die ze rehte ruorte, sit boese würme ir meister sint. 

die hoehsten tasten ime den tot; Mich dunket, solte ein ieglich 

340 si brechent, swa^ in got gebot. man 

Vil selten äne riuwe ergät guot nach sinen tugenden hän, 

unreht hirät. so würde manic herre kneht, 



306 da^, näml. dass er mit eren lebt -— 320 dem, einem solchen (Herrn). 
— 323 es = e si. — 345 durch got, so, wie Gott es befiehlt, aus Liebe. — 
358 ze r. bräht, in Raub verwandelt. 



Freidank, 207 

880 manc kneht gewünne herren swelch herre Hute ungerne siht, 

reht. da ist ouch eren Schalles niht. 
Als ich die werft erkennen kan, 895 Vil verzihen unde vil gebiten, 

son wei:^ ich keinen liehen man, da:; gezimt niht herren siten. 
da^ ich sin guot und sinen muot Swer niemen getar verzihen, 

wolte haben, swie er tuot. der muo^ geben unde lihen. 
385 Swä die halme ein herren weint Swer alle^ muo^ ermieten, 

und sie ir hoehste^ künne zelnt, 4oo der mac niht vil gebieten, 
so mac der schoup wol wesen frö : Gebieten machet höhen muot, 

erst tiurer dan ein ander strö. da:; vorhtlich flöhe niht entuot. 
Swer wa^^er in den se treit, So richer künec nie kröne ge- 

890 deist verlorn arebeit. truoc, 

Diu wa^^er niergen die^ent, em hete doch armer mäge ge- 
wan da si sere flie^ent: nuoc. 

Von Rom. 

405 Alles Schatzes flu:;^e gänt da^ hat got durch ir valsch ge- 

ze Röme, da^ si da bestant, tän. 

und doch niemer wirdet vol ; Sant Pöter kam an eine stat, 

da^ ist ein unsselic hol. 480 da ein lamer almuosen bat. 

so kumt ouch alliu sünde dar, nu merket, wie sant Peter sprach, 

410 die nimt man da den liuten gar ; dö er den siechen ligen sach : 

wä si die behalten, ,silber und golt ist fremede mir, 

des muo^ gelücke walten. da^ ich hän, da:; gibe ich dir.^ 

Eoemesch sent und sin gebot 435 also gap er ime ze stunt; 

deist pfaffen unde leien spot. er sprach : ,stant üf und bis ge- 

415 aehte, ban, gehörsame, sunt.' 

die brichet man nu äne schäme. gsebe noch ein bähest so, 

got gebe e^ uns ze heile, des wser diu kristenheit al frö. 

benne sint wol veile; Maneger hin ze Röme vert, 

swer ouch valscher eide gert, 44o der roup dar und dannen zert 

420 der vint ir guotiu pfennewert. und gibt, der bäbst hab im ver- 

Wä sint si nü, der Röme was? geben, 

in ir palasen wehset gras. swa^ er gesundet habe sin leben, 

da nemen die fürsten bilde bi, und swem er schaden habe getan, 

wie stsete ir lop nach töde si. des hab em alles ledec gelän. 

425 Röme twanc e mit ir kraft 445 swer des gibt, der ist betrogen 

aller herren hörschaft; und hat den habest an gelogen, 

nu sint si Schalken undertän : Dem bähest anders niht enzimt. 



386 ir haihste:^ h, ihre vornehmsten Verwandten. — 393 siht, näml. als 
seine Gäste. — ■ 398 geben unde ?., s. zu Otte 619. — 411 st\ die den Leuten 
die Sünden abnehmen. — die, näml, die Sünde. — 412 wir sagen: das mag 
Gott wissen. — 420 der findet sie um billigen Preis. — 427 sij die Bömcere. 
— 440 dar u, dannen, auf dem Hin- und Rückwege. 



208 Freidank. 

wan da^ er Sünden buo^e nimt ; der hof hat wanege^ veile, 
er mac wol dem riuwaere des der habest niht engert. 

450 senften sine swsere. — ze Börne ist dicke miete wert; 

Sünde nieman mac vergeben ze Röme ist alles rehtes kraft 
wan got eine ; dar sule wir streben. 490 und alles valsches meisterschaft. 
diu gnade eim esele wol gezimt, Der roemesch hof engert niht me, 

da^ er eim ohsen sünde nimt. wanda^ diuwerlt mit werren ste; 

455 der ablä:; dunket tören guot, ern ruochet, wer diu schäf be- 

den ein gouch dem andern tuot. schirt, 

Möhte mich der bähst erloesen da:^ eht im diu wolle wirt. 

wol, 495 Beschorniu schäf sint niergen 

ob ich eim andern gelten sol, wert, 

so wolte ich alle bürgen län da man guoter wollen gert. 

460 und wolt mich an den bähest hän. Des bäbstes ere ist manicvalt. 

Hete ein man mit siner haut e^n waere niergen der gewalt, 
verbrennet liute und dri^ec laut, der ää ze Eöme ist, anderswä: 
den gewalt hat der bähest wol, 500 unreht waere grce^er da. 
swa^ buo^e er drumbe liden sol, laege Röme in tiuschen landen, 
465 da:; ern der buo^e wol eriät, die kristenheit würde ze schänden, 

ob er die ganzen riuwe hat; maneger klagt, swa:; dort ge- 

swer lebet in des bäbsts geböte, schiht: 

derst Sünden ledic hin ze gote. dem lie^e man hie 's häres niht. 
Der bähest ist ein irdesch got 505 Swa^ ze Röme valsches ist, 
470 und ist doch dicke der Römer spot. da^ gelobe ich niemer ze langer 
ze Röme ists bäbstes ere kranc : frist ; 

über fremediu laut gät sin ge- swa^ ich da guotes hän gesehen, 
twanc. dem wil ich iemer guotes jehen. 

sin hof vil dicke wüeste stät, Ze Röme ist manicvalscherlist, 

swenn er niht fremeder tören hat. sio dar an der bähst unschuldic ist. 
475 Swenn alle krümbe werdent Ze Röme vertmanctüsent man, 

sieht, die der bähest niht beschirmen 

so vindet man ze Röme reht. kan, 

Da:; netze kam ze Röme nie, sin werden her und dar gezogen, 
da mite sant Peter vische vie ; das an der sele werdent betrogen 
da^ netze ist nü versmähet. 516 und dar nach an dem guote; 
480 roemesch netze vähet deist u:; des bäbstes huote. 

Silber, golt, bürge und laut; der bähst da niht erwenden mac 

da^ was sant Peter unbekant. stelen, rouben naht und tac. 

Der bähest sol des ere hän: swie vil da tören leids geschiht, 
vor im niemer wirt getan 520 e2;n länt die andern drumbe niht. 

485 dehein unreht urteile. 



453 diUf demonstr. — 458 gehört in den folgenden Satz. — 462 dri^ec, 
s. zu V. 78. — 513 sin werden^ s. § 62. — 514 das = da st. — 516 m^ d. b. h., 
ausserhalb des päpstlichen Schutzes. — 520 c^, näml. nach Rom zu gehn. 



Barlaam und Josaphat. 209 

Vo7i der Zunge, 

Da^ wirste lit, da^ iemen treit, diu füeget manege misset&t. 

da^ ist diu zunge^ s6 man seit. Diu zunge triuwe scheidet, 

Diu zui)ge reii^et managen strit dai^ liep liebe leidet, 

und dicW lange wernden nit. 645 Diu zunge manegen Sret; 

626 Swa^ wir übels h&n vernomen, diu zunge reht verkdret. 

deist meisteil von der zungen Von der zungen da^ ergienc, 

komen. da^ Krist an dem kriuze hienc.'^ 

Diu zunge reii^et manegen zorn, Von der zungen dicke kumt, 

da lip mit sele wirt verlorn. &6o da^ beide; schadet unde frumt. 

E^ hänt die Übeln zungen Für schände wart nie be^^er 

630 die guoten ü^ gedrungen. ^ list,^ 

Diu zunge reibet manege not ; dan der der zungen meister ist. 

die nieman endet wan der tot. Diu zunge hat die meiste pfliht 

Diu zunge manegen schendet : an guote und übele, swa^ geschiht. 

sie stümmelt unde blendet. 666 Sw$ diu zunge rehte tuet, 

535 Diu zunge hat dehein bein da enist kein lit so guot. 

und bricht doch bein unde stein. Diu übele zunge scheiden kan 

Diu zunge stoeret manic laut liebe^ wip und lieben man. 

und stiftet roup unde brant. Diu bcese zunge ist ein vergifte 

Von der zungen meisteil vert, 56o da? seit Davit an siner schritt. 

540 da:; so maneger meineit swert.' Manc zunge müeste kürzer sin, 

Swer eine tibele zungen hat, stüende bt^ an dem willen min. 



IV. Aus Barlaam und Josaphat. 

Von Rudolf von Ems. 

Parabel vom Mann und dem Einhorn. 

Die dirre weite volger sint in ein abgründe tief 

unde ir dienstlichiu kint, viel er über eine want. 

die geliche ich einem man, in dem valle ergreif sin hant 

der not von einem tiere gewan : i5 ein boumelin, da hienc er an ; 

6 da? was ein einhüme grö?. da? vriste disen selben man. 

sin lüejen also lüte dö?, er habete sich vil vaste 

da? e? den man brähte in not. ze des boumelines aste ; 
er vorht im unde vlöch den tot. die vüe?e bäte er gesät 
e? jaget in äne milte zuht. 2o an eine wunderenge stat. 

10 dö er was in sorgen vluht da? was ein kleiner erdewase, 

und vor dem einhümen lief, gewurzet äne kraft mit grase; 



536 vgl. ,Stem und Bein schwören.* — 560 Psalm 139,4. 
19 gesät, Nebenform zu gesagt 

14 



210 



Barlaam und Josaphat. 



dar üf enthielt er sihen val. 
diu selbe stat was also smal, 

25 da^ er dar an niht mohte gestän, 
swenn er da:; boumel müeste län. 
Swie er da stuont in größer not, 
er wände, im waere der tot 
mit yride gar benomen da. 

30 dö kömen zwo miuse sä: 

einiu was swarz, diu ander wi^, 
die karten allen ir vll:; 
an der stüden wurzel gar. 
si nuogen also vaste dar, 

35 bi^ diu würz vil nach sich lie, 
von der kraft diu stüde gie. 
diz was ein ängestlich geschiht: 
er mohte des erwenden niht, 
si weiten der würze angesigen. 

40 dö . sach er einen trachen ligen 
tief under im in dem tal, 
der dinget üf des mannes val. 
e:; was ein ängestlicher stric, 
er truoc vil leiden aneblic: 

45 diu ougen und der ätem sin 
wären beidiu viurin. 
er tet vil wite üf den munt: 
dö dranc da^ viur sä zestunt 
mit größer flamme, als er sich vlei^, 

50 als ü:; einem ovene hei^ 
ü:; sinem witem munde, 
vil söre in der stunde 
mit grimme blangen began, 
da^ er verslunde disen man. 

55 üf sinen val was er bereit, 
ginende, als ich hän geseit, 
als er in wolde slinden. 
dem man begunde swinden 
herzevreude: da^ tet not, 

60 als im diu vorhte gebot. 

Dö der man diz ungemach 
under im an dem trachen sach 
und den wüetenden einhürnen 
ob im so sere zürnen, 



65 dö er nach im lüte schrei, 
und da^ der stüden würz enzwei 
von den miusen nach geschahen 
was; er dähte, ob in enthaben 
möhte disiu kleiniu stat, 

70 da er häte hin gesät 

die vüe^e durch des valles vrist. 
als er disen kleinen list 
in sinen gröi^en noeten vant, 
er sach des endes sä zehant. 

75 aldä moht er sich niht entsagen : 
ü^ der wende sach er ragen 
vier gröi^er würme houbet. 
vreude er wart betoubet, 
wan er des tödes was gewis. 

80 ein slange heilet aspis, 
der vil grö^e vrävele hat, 
swenne er lebendes iht bestät.* 
der wurden im da vier erkant 
bi sinen vüei^en in der want, 

85 die den wasen undergruoben 
und vli^ecliche schuoben, 
der under sinen vüe^en lac 
und sin mit unstsete phlac, 
wan er so sere began 

90 mit helfe entwichen disem man. 
dö disiu viervalte nOt 
dem man so gröi^e vorhte bot, 
er sach ü^ einem aste, 
samftö, niht ze vaste, 

95 ein kleine honicseimes gän. 
al sin not begund er län: 
er habete sich dar sä zestunt 
und lie:; im triefen in den munt. 
swar er sach, da was not: 

100 er sach nähen im den tot. 
swie vorhteclich was diu gesiht, 
er lie der honictropfen niht. 

Ist dinen- sinnen iht ze snel 
ze merkenne diz bispel, 

105 so wil ich dir^ ze tiute sagen, 
die rehten bischaffc niht verdagen. 



36 der, Gen. — 41 toH, in allgemeinerer Bedeutung als nhd. = Tiefe, 
Abgrund. — 51 witem, s. § 53. — 52 in, den trachen: — 80 aspis, griech. aa/tCg, 



Beispiele und Fabeln. 211 

diu gruobe, dar in viel der man, der gSn dem man üf tet den munt, 

da soltu die weit merken an, bezeichent der helle grünt 

diu mit so maneger arbeit und des tiuvels angesiht, 

110 uns ir stricke hat geleit. « diu yorhtlicher swaere gibt, 

der einhüme dest der tot, is5 Der vier slangen houbet sint 

der mit ängestlicher not vier tugende, von den al diu kint, 

alle^ menschenkünne jaget, diu von menschen sint bekoraen, 

bi^ da:; sin name an im betaget. lip und leben hänt genomen. 

115 da^ boumelin, da^ ist da^ leben, der vier Elementen kraft, 

da^ uns allen ist gegeben, i4o von den diu gotes meisterschaft 

ieglichem nach s!ner mäht. den llp al der menscheit 

der liebte tac, diu trüebe naht hat ze samene geleit, 

bezeichent diso miuse zwo, da^ ist diu ungewisse stat, 

120 die jene würzen nuogen so, üf die der man bäte gesät 

da^ der stüden kraft zergienc, 145 durch vristen sine vüe^e. 

darandermanmitvorhtenhienc. der weite unstaetiu stieije 

alsus genaget wider strit si dir bi dem honige kunt, 

unser leben disiu zlt. da^ jenem trouf in den raunt, 

125 ir nagen da^ hat endes niht, und durch da^ kleine tröpfelin 

e man si abe genagen siht iso vergaß er al der noete sin. 

unsers lebenes wurzelkraft, hie si dir bilde bi gegeben, 

da unser leben ist an gehaft. da^ du dirre weite leben 

merke euch in den sinnen din, rehte erkennest, wie si stät.' 

130 da^ der trache viurin, 



V. Beispiele und Fabeln. 

1. Aus des Strickers Beispielen. 

Der Kater als Freier. 

Swes herze noch besei^^en wart 10 ,nu rät mir, vrouwe, wa^ ich tuo. 

mit wunderlicher höchvart, ich wei^ wol, da:; du wise bist 

da^ ist reht alle^ ein wint: und kanst vil mangen guoten list: 

ein katere,^ einer katzen kint, dar umbe suoch ich dinen rät. 

5 der überhöhtes alle, ich sage dir, wie min dinc stät. 

die sint Ädämes valle 15 ich hän me tugende eine 

mit höchvart wurden bekant. danne alle^ da^ gemeine, 

der gie da er eine vohen vant; da von du ie gehörtest sagen, 

der sprach er kündiclichen zuo: ichn dörfte nimmer gedagen, 



108 verbinde da . . an, 151 hie , . ht, — 118 f. wir würden die umge- 
kehrte Fügung erwarten: tac und naht als Obj., mime als Subj. — 136 tugende, 
Kräfte = elementen V. 139. 

14 min dinc, vgl. zu Tristan 84. 



212 



Beispiele und Fabeln. 



solte ich dich wi^^^en lan, 

80 wie vil ich höher tagende han; 
e^ enfunde niemens sin 
so edeles niht, als ich bin. 
swie gerne ich nu nseme 
ein wip, diu mir wol zaeme, 

25 die enmac mir niemen vinden. 
doch enwil ich nimmer erwinden. 
dir sint vil grö^e witze bi: 
wa^ nu da^ edeleste si, 
da^ du iender kanst erkennen, 

80 da^ soltu mir nennen. 

des tohter wil ich nemen e, 
dann ich gar äne wip beste/ 

. diu vohe kündicliche sprach : 
,swa^ ich edeles ie gesach, 

85 'den get diu sunne allen vor. 
si sweiraet so wünneclich enbor 
unde ist schoene und also hei^, 
da^ ich so edeles niht enwei^.* 
er sprach : ,der tohter muo^ ich hän. 

40 si ist hoch und wol getan 
und hat so wünneclichen schin: 
si mac wol vil edele sin. 
nu sage mir von der sunne me : 
ist iht dinges, da:^ ir widerste? 

45 da^ soltu nennen iesä.' 

diu vohe sprach: ,entriuwen ja: 
ir widerstet der nebel wol. 
der ist so größer kreffce vol, 
da^ diu sunne niht geschinen kan, 

50 swäs Ir der nebel niht engan.* 
der kater sprach: ,ist da^ also, 
so bin ich des nebeles tohter vro. 
Sit er s6 grö^e kraft hat, 
da^ er der sunne widerstät, 

55 so gevellet mir sin tohter ba^. 
nu sage, ist aber iender da^, 
da:; dem nebele ane gesige, 
vor dem er sigelös gelige?* 



,ja,* sprach diu vohe zehant. 

6<^ ,dir ist der wint wol bekant: 
der ist des nebeles meister wol. 
waer des nebeles ein lant vol, 
ST^enne sich der wint rüeret, 
er verjaget und zefüeret 

85 d^n nebel in vil kurzer frist, 
da^ nieman wei:;, wa er ist.' 
der kater sprach: ,da;; ist guot. 
so wil ich wenden minen muot 
ap des windes tohter umbe da^. 

70 wie ode wä gefüere ich ba^, 
Sit im diu ere ist beschert, 
da^ er so gyralticlichen vert? 
des wil ich siner tohter zuo, 
e danne ich iender wirs getuo. 

75 ist iht dinges in der krefte, 
da:; des windes meisterschefte 
. mit siner kraft widerste? 
da^ soltu mir sagen e, 
als liep ich dir ze friunde si.' 

80 ,jä,* sprach diu vohe, ,ich wei^ 
hie bi 
ein grö^ alt oede steinhüs: 
da hat der wint mangen süs 
und mangen stö^ an getan 
und muose e^ doch lä^eu stän. 

85 swie vil er da^ gestürmet hat, 
e^ hat die kraft, da^ e^ noch stät.* 
der kater sprach : ,sam mir min lip, 
sone wil ich kein ander wip 
wan des steinhüses kint, 

90 Sit der kreftige wint 
da^ stürmet naht unde tac 
und doch da niht gesigen mac. 
des hüses tohter wil ich nemen : 
diu muo^ mir aller beste gezemen. 

95 hat aber iht dinges die kraft, 
da von da^ hüs schadehaft 
immer mere werde? 



24 diUi s. § 54. — 35 den . . allent grammatisch genau wäre dem . . 
allem; s. § 54. — 39 der (näml. der sunnen) t — 42 s. § 61. Dasselbe 
V. 134, — 50 swäs = swd es. — 74 wirs getuo, indem ich mich unter meinem 
Stande vermähle. — 82 f. verbinde da . . aw, 99 da . . von. 



Beispiele und Fabeln. 213 

mt des iht üf der erde? du hast dich selben geafFet 

da sage mir von etewa:^.' und hast ze vil geklaffet 

100 ,ja,* sprach diu vohe, ,ich wei^ und hast mit worteh getobet, 

noch da:;, uo da^ du dich hoeheir hast gelobet 

da^ dem steinhüse ane gesiget, dann iht, da^ in der werlde sl. 
da:; e^ da nider geliget. ~ nu bin ich tiuwer dan din dri 

ob der erde und dar under und wei^ der tiere dannoch vil, 

ist miuse ein michel wunder: den ich mich niht geliehen wil, 

105 die hänt die müre so durchviarn, 1 45 diu verre tiuwer sint dann ich. 

da^ si des niemen kan bewarn, kanstu niht erkennen dich, 

inan möe^e si schiere vaÜen so sich et eine katzen an. 

sehen. du enkanst niht, wan da^ si kan ; 

da^ wil von den miusen ge- swa^ si ist, da^ bist ouch duo. 

schehen.* töo da von tuo dlnen munt zuo. 

der kater sprach: , ich bin geil du suochest einen tören: 

110 und hän ouch sselde ünde heil, väch dich bi den dinen oren, 

da^ ich die rede vemomen häri. so hast du in vunden iesä_: 

so wil ich elliu wip län er ist vil voUecliche da/ 

und wil der miuse tohter nemen. 155 dö kerte der katere wider 

iedoch lä mich e verneinen, und lie sin höchgemüete nider, 

115 ob si äne sorge leben. dö er bevant, wer er was, 

ist in iht meisters gegeben?* und was vil vrö, da^ er genas. 

,jä,* sprach diu vohe sä zestunt« Also geschiht dem tumben man, 

,dir ist diu katze wol kunt: leo der da^ niht bedenken kan, 

diu ist der miuse meister gar. wer er ist und war er sol. 

120 swä si ir werdent gwar, dem erget e^ selten wol. 

da fliehent si durch grö^e not. swenn er sich so vergähet, 

swa^ si ir gevsehet, die sint tot. da:; er diu dinc versmähet, 

diu mac sich dir geliehen wol. 1 65 diu im ze mä^e waeren 

diu ist also richer tugende vol und saelde und öre baeren, 

125 und ist als edele, als du bist. und so tumbe saelde suochet, 

swa^ an dir ze loben ist, da:; er der dinge ruochet, 

da:; ist buch voUeclich an ir. der er niht muoten solte, 

du hast dich des gerüemet mir, 170 ob er sich erkennen wolte: 

e^ envinde niemens list der hat sich selben übersehen. 

130 so edeles niht, so du bist. dein sol ze rehte geschehen, 

nu merke rehte dine kraft: als dem kateron geschach, 

diu katze ist also tugenthaft der im ze hoher wirde jach, 

an muote und an libe, 175 da^ wart im missepriset, 

diu zimt dir wol ze wibe; und wart des underwiset, 

135 dun mäht ouch höher niht komen, da^ er der katzen was gelich. 

ich hän da^ für war vemomen : do erkande er unde schämte sich. 

107 man m., s. § 62. — 108 wily hier zur Umschreibung des Futurs. — 
122 die, vgl. V. 35. — 134 s. § 64. — 141 si, beachte den Konj.! — 142 
tiuwer, Kompar. — 178 sich auch zu erkande. 



214 Beispiele und Fabeln. 

also muo^ sich ein man schämen, swie lange sich ein katere wert, 
180 dem man sin reht und einen namen ist im ein katze niht beschert, 
mit schänden zeiget unde saget, i85 so mac er michel wirs gevam. 
swenn er ze höferte jaget. ein man der sol sin reht bewam. 



Der Mann und der Waldgeist 

Hie vor was ein winter kalt. des er vil kurzlich engalt. 

dö was velt unde walt 215 dö da^ der waltschrate gesach, 

mit 8n§ gar bevallen; er nam den win unde sprach: 

190 den het der frost allen ,ginc ü^ hin balde in den sne : 

gehortet, als er wol kan. dir enwirt des minen niht me. 

dö lief ein umberäten man dö ich dir gap minen win, 

durch einen walt äne phat. 220 dö weit ich vil gewis sin, 

des wart er an den füe^en sat: du wierest einer ahte. 

195 die täten im wirs danne wo. nu bistu zweier slahte: 

er viel dicke durch den sne du wärmtest e die hende din 
und stiurte sich denne mit der unde küelest nü den win. 

haut, 226, Sit du zweier hande bist, 

. unz er den val überwant. dune belibest hinne deheine frist.' 

da^ treip er unz an die stunt, also stie:; er in hin für 

200 da^ er die hende in den munt und slö:; er zuo sine tür. 

vor froste beide samt bot Als sol man si ü^ alle jagen, 

und buchte dran : des gie in not. 230 die zweier slahte zunge tragen, 

da^ ersach ein waltschrate. die vor dem manne wol sprechent 

dö erbarmt in sin unstate und da:^ hinder im zebrechent 

205 und hete im gerne die benomen, mit ungetriuwen worten, 

da^ er ü^ dem walde wsere komen. die sol man vor der triuwen 

er fuorte in mit im in sin hol ^ ' phorten 

und bräht im einen napf vol 235 besliei^en harte sere. 

wines; der was vil hei^. man sol in niemer möre 

210 dö des der arme man enbei:^, von herzen geminnen, 

dö bruot e^ in an den munt. an swem man des wirt innen, 
do begunde er blasen sä zestunt da;^ er zweier slahte ist : 

und wolden win machen kalt; 240 da^ ist ein ungetriuwer list. 

180. 186 reht, vgl. Freid. 102. — 196 durch, causal. — 211 hruot{e), Präl. 
von brüejen. — 213 wolden = wolde den. — 214 vil k., in ganz kurzer Zeit. 
— 234 wir erwarten : den sol man vor (oder ; vor den sol man) die tr. ph. usw. 



Beispiele und Fabeln. 215 

2. Fuchs und Krebs. 
Ein krebe:^ gie ü^ einem bache 85 ir wert iuch mit unfuoge ; 
im selben ze gemache also täten hie vor genuoge, 

bi einem stade üf ein gras. die verzagten umbe ein kleine guot. 

vil guot sin kurzwile was, koeme e^ mir in den muot, 

5 der er sich fröuwen begünde. ich bestüende iuch äne wän 

dar nach in kurzer stunde 4o von Lüne unz in Tuscän, 

kom ein fuhs gegangen dar, swie ich krieche . oder swanze. 

. der nam sines kriechens war; louft ein halbe mile oder ein ganze; 

er sprach vil spotellche: des ist uns beiden niht zevil.* 

10 ,her krebe^, wie get ir so müe^ec- ,ein mile diu si unser zil/ 

liehe? 45 BUS sprach der fuhs sä zestunt. 

wer hat iu die snelheit benomen, si verpfanten e^ umbe ein pfunt. 
oder wenne weit ir über die wise dö sprach der krebe^ raßre: 

komen? ,ich wil iu durch min ere 

an iuwerm gange ich mich verstau, ein grö^e vorgäbe geben, 
ir kunnet wol hinder iuch gän 5o verwidert ir die, sam mir min leben, 

15 michel ba^ denne vor.* so mac hie loufes niht ergän.* 

der krebe^ der was niht eintör; er sprach: ,wie ist diu vorgäbe 
er antwurte im zehant. getan?* 

er sprach : ,her fuhs, iu ist niht der krebe^ sprach : ,die mache ich 

erkant dir stiege: 

ze rehte min natiure: dine hindern füe^e 

20 ich bin edel unde tiure; 55 suln an minem munde stän, 

ich bin sneller unde lihter so mac der vorsprunc niht ergän; 

und loufe ouch gedihter und als ich spreche: ,nü wol hin!* 

denne ir und alle^ iuwer künne. so loufet; da^ ist iuwer gewin. 

. swer mir des enbünne, mim wone denne guot glücke bi, 

25 den müe^e der tievel kratzen und eo so istwaetlich, da^ichversümetsi.* 
roufen. dem fuhs geviel diu rede wol. 

her fuhs, weit ir en wette loufen? er sprach : ,ich bin der iuvolgensol, 
ich besten iuch gerne umbe ein swa^ ist iuwer wille.* 

pfunt.* er sprach: ,nu stet stille, 

dö sprach der fuhs sä zestunt: 65 ich kör iu gerne min afterteil. 
,ich getet nie niht so gerne. iu gebe der tiuvel danne heil, 

80 weit ir loufen von Bulle ze Beme ? ir gewinnet an mir rehte niht, 
oder ze Bräbant in da^ lant?* e^ koeme danne von ungeschiht.* 

dö sprach der krebe^ zehant : als er sin afterteil her für gestalt, 

,nein ich, lieber herre ; 70 der krebe^ niht langer entwalt, 

da^ zil w8Br uns ze verre. die schsereerim in denzagelslö^; 



3 ein ffi'a^, s. § 52. — 29 nie niht, s. § 60. — 30 von Apulien nach 
Verona. ■— 31 zur Wortstellung vgl. § 51. — 40 Lune, das heutige Garrara. 

— 43 deSf grammatisch von (ist) zevü abhängig, logisch das Subj. des Satzes. 

— 56 so kann ich dir nicht gleich anfangs zuvorkommen. 



216 Beispiele und Fabeln. 

der was so michel und so grö^, nu seht, wä von oder wie. 

da:; er sin niht wart inne. ja was ich hiute sä hie. 

dö sprach der krebe;; mit sinne: wiesitirsömüe:5eclichenkomen?' 

75 ,nu loufet hin an dirre stimt, 90 do da^ der fuhs hete vemomen^ 

oder ir verlieset da^ phunt.* dö truret er vil sere 

dö lief er also sere, und sprach dö niht mer© 

da^ er da vor niemere wan: ,0:5 ist billich, da^ ich iuch 

im so rehte we getete, wer: 

80 unz er was üf der zilstete. iuch brähte ave nämelich her 

dö warf er sich umbe; 95 der tievel ü^ der helle.* 

er sprach: ,wä nu, kreb^ der Da^ merke, swer der welle, 

tumbe? da:^ bispel ist durch da:^ geseit, 

ir sümet iuch ein teil ze vil.' da^ liste unde kündecheit 

dö sprach der kteb^ dort von bringent den man dicke hin. 

dem zil: 100 lernet wisheit utide sin; 

85 ,herre, wa^ sol disiu rede sin? des gewinnet ir frum und ere. 

ir sümet iuch, da^ ist wol schin. hie enist der rede niht mere. 



3. Aus Boners Edelstein. 

Affe und Niiss., 

Eis mäls ein äffe kam gerant si sin junc, alt, arm oder rieh, 
da er vil guoter nu^^isn vant. die durch kurze bitterkeit 

die haßte er ge^^en gerne: versmahent lange säe^ekeit. 

im was geseit, der kerne wenn man da^ viur enzünden wil, 

ö waere lustlich unde guot. 80 so wirt des rouches dicke vil, 

beswsöret wart sin tumber muot, der tuet in den ougen we. 
dö er die bitterkeit bevant wer denn da zuo niht blaset me, 

der bretschen und darnach zehant unz e^ enzündet werde wol 
. begreif der schalen hertekeit. und hitze geb reht als e^ sol, 

10 ,von nu^^en ist mir vil geseit,* 25 da^ viur vil genzeclich erwirt, 
sprach er, ,dast mir niht worden da^ e^ noch lieht noch hitz gebirt. 
kunt; als ist e^ ouch umb geislich leben: 

si hänt verhoenet mir den munt/ wel mensche gote sich wil geben, 
hin warf er üf der selben vart der mno^ hän grö^e^ liden; 
die nu^, der kerne im niht enwart. 30 vil dingen muo^ er miden ; 
iB Dem selben äffen sint gelich, der rouch vil manger hertekeit 



72 michel u. grö^y gross und dick! — 73 er^ der Fuchs. ^— 82 ^r. derty 
s. § 52. — 94 am = abe[r), — 96 s. zu Nib. 224,4. — 99 hin, zum Ziele. 

1 Eis, aus eim. — 2 nu^s^en, vgl. dingen V. 30, kinden V. 46 u. ö. — 
11 dost = da:^ ist — 13 üf der s. v., auf der Stelle. 



Beispiele und Fabeln. 



217 



im an dem an vanc ist bereit, 
e da^ da^ viur der minne 
anzünde sine sinne, 
35 und im trcestlich müge wesen 
beide sterben und genesen. 



her an mac gedenken wol 
der mensche» der got dienen sol: 
der sol durch kein red abe län, 
40 er sol an staetem dienst bestän. 



Die Maii$ und 
E^ ist von güeti der natür, 
da^ meistic alle kreatür 
mit vli^e minnent iriu kint, 
diu von ir lip geboren sint, 

45 einiu minner, diu ander me: 
ir kinden schade tuet in we. 

Ein müs mit großem vli^e zoch 
ir kint, alsam ein muoter noch 
ir kinden tuot. dö da^ zit kan, 

50 da^ si solt umb ir spise gän, 
sisprach: »nuhoeretit, miniukint! 
wel vriunt oder vigent sint, 
da^ mugent ir niht wi^i^en wol. 
da;5 laut ist alle^ vr eisen vol; 

56 da volgent ir dem rate min 
und latent iuwer loufen sin 
und belibent in dem hus.* 
sus schiet von in diu alte müs.- 
die jungen regen sich began ; 

60 si mohten sich bi niute enthän, 
si. liefen in, si liefen ü^. 
dö kam ein haue in da^ hüs 
gevlogen mit den hennen sin. 
vil stolz was sines kambes schin; 

65 sin sporn im süfer stuonden an. 
die miuse wunderen began, 
wer der herre möhte wesen. 
si wänden vor im niht genesen, 
nu vluhens hin, nu vluhens har. 



ihre Kinder, 

70 der hau nam ir vil kleinen war. 
d6 da^ gestoe^ als6 zergienc, 
der haue zuo der tür ü^ giene 
in den hof nach siner nar; 
die hennen zogten mit im dar. 

75 als bald dö er kam vür die tür, 
die miuse liefen bald her vür; 
si weiten gar an vorhte wesen, 
da^ si i^ärn vor dem han genesen : 
des twanc si ir tumber muot. 

80 d6 lac ein katze bi der gluot 
vil senfteclichen unde slief. 
diu schar der miusen um si lief, 
si sähen al die katzen an : 
dö was vil geislich getan 

85 ir gebserd und euch ir schin. 
si gedähten : da:^ mac gar wöl sin 
ein senfte^ tier, kluoc unde zart, 
dö liefen üf der selben vart 
die jungen miuse in und ü^. 

90 mit dem so kam diu alte müs 
geluffen ü^ dem walde. 
die jungen vluhen balde 
wider an die selben stat, 
da si diu alt geladen hat. 

95 diu alt sprach : ,hänt ir min gebot 
behalten?* ,jä wir, samer got!* 
sprächen die jungen alle. 
,har kam mit großem schalle 



33 der minne, der göttlichen Liebe. — 40 logisch Objektsatz zu ahe län. 
Vgl. V. 232/3. — 41 güeti, im Alemannischen sind die vollen Vokale von 
Ableitungs- und Flexionssilben bewahrt, soweit sie im Ahd. lang wären 
(ahd. guoti); vgl. wunderon V. 66 {= ahd. wuntaron), tierli V. 108 (= ahd. 
iiorili), innan V. 138 (= ahd. inndn). — 43 iriu, beachte die Flexion! Sonst 
gilt auch bei Boner noch das genet. ir (§ 34); vgl. z. B. gleich V. 46/9. 
— 49 han, s. §. 20 e. — 59 hegm, s. § 54. — 60 bt w., um keinen Preis. — 
61 si liefen (Konj.), s. § 62. — 88 s. zu V. 13. — 96 samer (aus sammir) g,y 
eigentlich wäre sam uns zu erwarten: die Formel ist aber bereits erstan-t. 



218 Beispiele und Fabeln. 

ein krcenterherremitslnen sporn; Dis blschaft beeret wol die an 

i 00 wir vorhten sere sinen zorn (e^ 3in yrouwen oder man), 

und vluben bald in unser hus.* las die lebent üf der erde 

,,neinä!' sprach diu alte müs, also, da^ ir gebaerde 

,er tuot iu niut, er lät iuch gän; und ir werc sint .ungelich. 

ir mügent vor im wol gestan.* wer mac vor den gehüeten sich? 

105 die jungen sprächen aber dö boesiu werc, gebaerde guot 

(des wart diu alte niht vil vrö): iso triegent manges menschen muot. 

«wir sähen bi 9em viure e^ gät dick der in schäfes wät, 

ein tierli was gehiure. der eins wolfes herze hat, 

e^ bäte gar geislichen ^chin : den an den werten nieman, 

110 sin houbet.üf die yüe2;e sin wan an den werken erkennen kan. 

hat e^ geneiget unde slief. 185 e^ treit manc mensche eis engeis 

wenn unser deheine zuo zim lief, schin, 

dar umb e^ nie geruorte sich/ und hat doch tiuvellichen sin. 

diu alte sprach : ,we mir, da^ ich der ist als ein besniter mist, 

115 ie wart geborn! arme gediet, der innan vül und smeckend ist; 

erkennent ir die katzen niet? und ist ein grap gemälet wol, 

der groeste vigent, den wir hän, Uo der inwendic ist wurmen vol. 

da^ ist diu katze. latent stän ein üfreht leben da:^ ist guot. 

und vlient, als liepiusida^ leben! wer sich vor Sünden hat behuot, 

120 ir senfte^ bilde kan wol geben und wort und werc geliche sint, 

iu der gallen bitterkeit. der mac wol werden gotes kint. 

vlient ir niht, e^ wirt iu leit.* 



Der Jiide und der Schenk. 
145 Eis mäls ein Jude wolte gän der Jude truoc unmä^e 

dur einen walt. dö muost er hän vil goldes üf der selben vart. 

geleite, wan der walt was vbl i60 der schenke des wol inne wart. 

morder; da^ wist der Jude wol. in sinem muote er sere vaht 

zuo dem künge er dö kan (wan stunt und stat vil dieben 

150 und batgeleit. ,da^ soltduhän!* macht), 

sprach der künic und gebot wie er dem Juden tset den tot. 

sinem schenken üf den tot, er gedäht : ,du kunst ü^ aller not, 

da^ er in sölt geleiten wol. les wirt dir dai^golt. wer wile^ sagen, 

,da^ tuen ich, als ich billich sol,* oder wer mac üf dich denne 
155 sprach der schenke, dö zehant klagen? 

nam er den Juden an sin hant du bist allein; hab guoten muot! 

und vuort in üf die strafe. umb dise:; mort dir nieman tuot.^ 



99 krcenter, d. i. g[e]krcenter. — 108 ein t was p., wegen der Auslassung 
des Relativs vgl. Neidh. 4,14. — 119 vlient ^ kontrahiert aus vliehent. — 
139 vgl. grapmdlunge, epitaphium. — 140 der, beachte die Beziehung! — 
143 lose Anknüpfung; wir schalten nach und »wessen' ein. — 152 üfdent, 
bei Todesstrafe. — 162 Sprichwort; beachte die allitterierende Verbindung 
Stunt und Hat. — 164Äwws*, kontrahiert aus kumest; vgl. nint V. 275 aus nimet 



Beispiele und Fabeln» 219 

dö der Jude da:^ ersach, vil senffceclich er zuo zim sprach : 

170 vil tief er siufzet unde sprach : ,sag an, schenk, wa:; meinestu, 

,ich zwivelniht, und wei^ e^ wo], das; du hast gelachet nu, 

da^ disei; mort got offnen sol. d6 du an seehe da:^. rephuon?' 

e da^ e^ würd verswigen gar, 200 er sprach: ,herre, da^ wil ich 
die Vögel machten^ offenbar, tuon.* 

175 die hie vliegent, sanier got!' und seit im, wie er hat getan 

da^ düht den schenken gar ein dem Juden, mit dem er solte gän, 

spot. und geleiten in dur den walt, 

dö er da^ swert hat ü^ gezogen da sin untriuwe was manicvalt. 

undinwoltslän, dökamgevlogen 205 als6 wart offenbar da^ moi*t 

ein rephuon u^ denr bürsten dar. demkünge.da^tet sin selbes wort, 

ISO dö sprach der schenke: , Jude» nim der da^ mort ouch hat getan. 

war! des muost er an den galgen gän. 

den tot, den ich dir nu an tuon, haet er da^ rephuon niht gesehen, 

den wirt öffnende da^ rephuon.' 210 des mordes hset er nilit yerjohen. 

er sluoc den Juden und nam da:^ er wart erhangen, da^ was wol ! 

guot dur guot man nieman morden sol. 
und gienc heim imd hat höhen Wer unreht tuet dur gitekeit, 

muot. wirt der erhangen, wem ist da:^ 
185 dar nach niht lange wart gespart, leit? 

da^ manc rephuon gesendet wart 215 von schulden der verderben sol, 

dem künge, und wurden schön des herz verrätunge ist vol. 

bereit. wer dur got wü übel tuon, 

der schenke eine^, als man seit, den sol melden dag rephuon, 

truoc vür sinen herren dort. als disem schenken ist beschehen. 

i»o do gedäht er an des Juden wort, 220 dag was vil woi, des muog ich 
dag er an sinem töde sprach, jehen. 

dö er dag rephuon vliegen sach. kein mort got ungerochen lät: 

vil sör er lachen began, wer böslich tuet, sin Ion enphät 

des moht er sich niht über hän. hie der mensche oder dort, 

195 und dö der künic dag ersach, als uns lört der heilgeti wort. 



Der törichte Schüler. 
225 Von einem ritter seit man dag, 230 dag er diu buoch und ouch die 
dag er in grögen eren sag, schrift 

in richtuom und in wirdekeit. vil kleinen doch geriet entstän. 

sinen sun hat er geleit der ritter wolt niht abe län, 

ze schuol. nu kam ers üf die trift, er haßt vil gern ein pfaffen guot 

169 ersach^ wie V. 283 von der Gehörs Wahrnehmung. Der Schenke hat 
,laut* gedacht (V. 164). — 182 wiH 0., = sol 0. (V. 172), Futur. Vgl. zu 
S. 224,17. — 189 er ist Schenke und Truchsess zugleich. — 197 wa^ meinestu, 
was geht dir durch den Kopf? — 203 «. g, in, vgl. zu Otte 67. — 213 Wer 
= swer. — 231 geriet, bloss umschreibend wie V. 266. 



220 Beispiele und Fabeln. 

ü^ im gemacht ; da^ was Bin muot. da was noch witze noch vernunst. 

2d& ze schuol sant er in g^n Paris ; d6 er den mänen an gesach, 

an künsten solt er werden wis. er gienc hin in bald unde sprach:: 

mit grö^^em kosten er da was, 275 , eis dinges mich grö:5 wunder nint,. 

doch er mht vil der buochen las. des ich mit vli^ mich hab besint,. 

er vant da siner gesellen yil, da^ der niäne so glich üf gät 

240 die uobten al der gouchen spil. deih mänen, den ich in der stai 

ze Paris lebt er mangen tac, ze Parissach, des wundert mich : 

da^ er vi! kleiner witzen phlac. 280 einander sint si gar gelich. 

sin zerung was unmä^dn. grö^, er muo^ sin gar ein wiser man,, 

des sinen vater s^r verdroß. der si zwen underscheiden kan/ 

245 d6 er ze lande wider kan dö der ritter da^ ersach, 

und h6chkunst solt gelemet hän, ze sinen vriunden er dö sprach- 

sin vater wart unmäi^en vrö : 285 ,von sach ist minem herzen zom.. 

ein jgrö^ Wirtschaft bereit er dö. kost und erbeit sint verlorn 

sin vriunde luot er algelich, an iiiinem sun, da^ dunkt mich 

250 vrouwen, man, arm unde rieh. wol, 

dö si zösemen kämen dar, wan er ist aller töfheit vol.* 

si nämen al des phafPen war. der vater und die vriunde si» 

sin gebserde wären kluoc, 290 muosten in län ein narren sin. 

nach phaffen siten er sich truoc. Wer von natür ist unbesint 

253 nu sach er an die stubentür; und minner hat witzen deni^ 
da was ein loch geboret dür, ein rint, 

da was ein kuosweif in geslagen. den mac diu schuole ze Paris 

do geriet der höhe phaffe sagen : an sinnen niemer machen wis^ 

,min herz grö^ wunder hat ge- 295 ist er ein esel und ein gouch, 

nomen, da:^ selb ist er ze Paris euch, 

260 wie durda^ loch diu kuosikomen, wä diu natür verirret ist, 

und in der tür beliben ist wa^ schickt da höher phaffen list? 

der sweif.* und in der selben vrist wa^ hilft, da^ einer ze schuole vert 

gienc er von den liuten ü^ soo und grö^ guot äne nutz verzert? 

und stalt sich vür sis väter hüs er hoert vil höher meister lesen,. 

265 und kapfet vast den himel an. ein tör muo^ er doch iemer wesen^ 

der mäne geriet gar schön üfgän. . guotiu buoch er gwinnet wol, 

vil vaste sach er uiüb sich dö : guot phaffe er niemiBr werden sol : 

sin vriunde wurden alle vrö : 305 hie heim ein rint, ein nan^e dort. 

si wänden des wol sicher wesen, töreht ir werc und tump ir wort 

270 er haßt astronomie gelesen suUen wesen; da gelas 

und waereinherreirigröi^erkunst. nie kein phaffe vürba:^. 



240 gouchen, s. zu V. 2. — 255 an, Präp. — 264 sis aus stns. Vgl. zu 
y. 1. — 279-g:eP., vgl. zu Amis 7. — 283 ersach, s. zu V. 169. — 285 von 
sach, mit Grund. — 290 vgl. zu Amts 42.' 




PROSA. 



I. (jeistliche Prosa. 

Aus einer Predigt Bruder Bertholds von Regensburg, 

Da^ dritte ist da^ uns da irret, da:^ wir den nidern sunnen ouch 
niht gesehen mügen, da^ ist der mane. Da^ kiimt etewenne, da^ 
der mane neben den sunnen ist, wan der sunne ist hohe oberhalp 
des niänen. Wan der siben planeten ist ieglicher hoch ob dem an- 

5 dern, iedoch so ist der mane der aller underste unde der aller niderste 
steme, der an dem himel ist. ünde kunret etewenne, da^ der mane 
des sunnen schln underget unde da^ der sunne üf da:; ertriche niht 
geschinen mac. Wan der mane ist rehte alse breit: als da^ ertriche 
waere geteilt in an ein:; dri^ic teil, so ist der mane als breit als der 

10 teile eine:;. Ob da:; also ist, da:; lä:;en wir hin ze den meistern, die 
da von lesent. Wie höhe aber ie von einem sternen zuo dem andern 
si unde wie breit ieglicher si, da:; bevelhen wir gote. Wan so verre 
ist uns da:; wol kunt, da^ etewenne der mäne dem sunnen sinen schin 
underget, da^ wir des sunnen diu zwei teil küme gesehen, alse vement 

15 an sant öswaldes tage : d6 hete der mäne de^ vierdige teil wol ver- 
decket, da^ man sin niht gesehen mohte ; und ouch eins andern mäles, 
an der mittewochen in den kriuzetagen vor den pfingesten. Und d& 
vor eins, dö hete er den simnen vil nähe verdecket, des da lanc ist, ^ 
unde wänden die ungelerten liute, diu werlt wolte zergen. Da:; habent 

20 die meister wol experimentet, die von den sternen da lesent, da^ des 
nu nieman da fürhten darf. Wan als der mane des sunnen schin 
undergßt, da^ wert danne niht lange, e da:; der sunne den mänen 
überloufet ; s6 schinet er danne wider, als da^ geschiht. Aber etewenne 
bi der naht geschiht e:;, da^ wir sin niemer innen werden, etewenne 

25 bi dem tage, da^ wir sin von nebel oder von wölken niemer innen 
werden. Und also ist der mäne da:; dritte dinc, da^ uns des nidern 



.1. Drei Dinge sind es nach B. hauptsächlich, die uns den Anblick der 
Sonne {des nidern sunnen) rauben: ertriche, nebel und mäne; ihnen entsprechen 
drei Sünden, die vpr allen andern uns am Anblick Gottes {des höhen sunnen) 
hindern : gltikeit nach guote, höchvart und übermuot und ungeloube. — 9 an 
ein^ d/r.^ d. i. 29. Vgl. lat. undetriginta. — 13 dem s. sinen seh., s. zu Nib. 72,2. 
— 14 diu zwei teil, zwei Drittel. — 15 an sant 0. t, 5. August. Die hier 
erwähnte Sonnenfinsternis fand am 5. August 1263 statt. 



222 Berthold von Regensburg. 

sunnen irret, da^ wir sin ouch under wilen niht gesehen mügen. Manie 
ander dinc ist, da^ uns des nidern sunnen irret: aber disiu driu dinc 
irrent uns des sunnen aller meiste, den wir da sehen und aller witest 

30 in der werlte und aller breitest. Und also irrent uns driu dinc des 
waten sunnen, da^ wir den niemer mdr gesehen mügen. Da:; aller 
erste ist gitikeit, da^ ander ist höchvart. So ist nu da^ dritte, da^ 
den mänen da bezeichent, da^ heilet ungeloube. Nu seht, wie manie 
tüsent menschen da mite verirret wirt, da^ sie den höhen unde den 

85 wären sunnen niemer mere gesehent ! Da^ ist diu wite unde diu breite 
unde diu grö^e heidenschaft, unde daniioch jüden unde ketzer. Nu 
lät e^ iuch erbarmen, da^ sich got über iuch erbarme, da^ so manic 
mensche von unglouben verdampt wirt. ünde der mäne bezeichent 
unglouben da von, da^ der unglouben s6 maniger leie ist. Die beiden 

io habent s6 vil unde so maniger leie unglouben, da:; des nieman an 
ein ende komen mac. ünde die jüden gloubent in einem hüse, da^ 
sie in einem andern niht engloubent ; und er gloubet s6 kranc dinc 
von gote, da:; er:; sinen kinden ungerne seite. Wan sie sint ze ketzern 
worden unde brechent ir e an allen dingen. E:; sint ir z weife zuo 

45 gevarn und habent ein buoch gemachet, da^ hei:;et dalmut. Da^ ist 
alle^ sament ketzerie, unde da stet s6 verfluochtiu ketzerie an, da^ 
da:; übel ist, da:; sie lebent. E^ seit unde seit so boesiu dinc, diu 
ich ungerne reden weite. Fraget mir einen jüden, wä göt si unde 
wa^ er tue, so sprichet er: ,er sitzet üf dem himel unde gent im 

50 diu bein her abe üf die erden.* Owe, lieber got, so müestest du zw6 
lange hosen hän nach der rede. Unde da von bezeichent der mäne 
den unglouben, wan der mäne so gar unstaete ist in. so maniger lüne. 
J]r ist hiute junc und elter morgen; hiute nimet er abe, morgen nimet 
er zuo ; nu kleine, nu grö^ ; nu get er höhe an dem himel, morgen 

55 get er nider; nu hin, nu her, nu sus, nu so. Da^ selbe sint un- 
gloubige liute, so beiden, so jüden, so ketzer. Die habent ouch den 
aller meisten unglouben, der ie gehört wart. Sie habent wol anderthalp 
hundert ketzerie, der eine niht gloubent alse die andern.^ Swenne ir 
einer hat funden ein iteniuwe ketzerie, unde swelhe der selbe ie nach 

60 im hat bräht in die selben ketzerie, diu ketzerie heilet danne alse 
jener, der sie von erste da vant. Ein hei^ent Pöverlewe und ein 
Arriäni unde Eünkeler unde Manachei unde Sporer unde Sifrider und 



34 wirt^ s. zu Gudr. 47,3. — 39 maniger Z., prädik. Gen. — 42 er, Über- 
gang in den Sg. wie Z. 67 (in). 172. — 46 da . . aw, darin; vgl. Roseng. 14,3. — 
47 diu . . woltey s. § 64. — 49 f. vgl. Jesaias 66,1; Apostelgesch. 7,49. — 

61 Pöverlewe, franz. pauvres de Leun (Lyon), lat. pauperes de Lugduno. — 

62 Rünkeler, lat. Runcharii^ Buncariolit von mitteUat. runcariaj ödes imbe- 
bautes Feld. Diesen Namen erhielt die Sekte wahrscheinlich von den örtem,. 
wo sie sich gewöhnlich versammelte. — Sporer {Speronistae), so genannt, weil 
ihre Sekte angeblich von einem sporcere (vgl. 126) gestiftet worden war. — 
Sifrider j eine den Waldensern nah verwandte Sekte; über den Ursprung 
des Namens ist nichts bekannt. 



Berlhoid von Hegensburg. 22S 

Arnolder. Und also habent sie so maniger leie namen, d&^ e^ nieman 
vollenden mac. Aber swie maniger leie namen sie haben, s6 hei^ent 

C5 sie überal ketzer. ünde da^ tet onser berre ane sache niht, daa^ er 
sie ketzer hie^. Na war nmbe bies^ er sie niht hünder oder miuser 
oder Yogeler oder swiner oder geiler? Er bie^ in einen ketzer. Da^ 
tet er dar umbe, da^ er sich gar wol beimelicben gemachen kan, 
swä man in niht wol erkennet, als onch diu katze : diu kan sich gar 

70 wol euch zuolieben unde heimlichen, und ist dehein so getan kunder, 
da^ heimelich ist, da^ so schiere grölen schaden habe get&n, und 
aber aller meiste und aller schierste in dem sumere. S6 hüete sich 
alliu diu werlt vor den katzen. So g^t sie hin unde lecket eine 
kroten, swä sie die vindet nnder einem züne oder swä sie sie vindet, 

75 unz da^ diu krote bluotet: so wirt diu katze von dem eiter indurstic, 
unde swä sie danne zuo dem wa^^er kumt, da^ die Hute e^^ea oder 
trinken subi, da^ trinket sie unde unreinet die liute also, da;; ete- 
liebem menschen da von widervert, da^ e^ ein halbe^ jär siechet 
oder ein ganze^ oder unze an sinen tot oder den tot da von gähens_^ 

80 nimt. Etewenne trinket sie sd vaste, da^ ir ein zäher ü^ den ougen 
vellet in da:^ wa^i^er, oder da^ sie drin niuset. Swer da^ iht niu^et ^ 
ge^^en oder getrunken, der muo^ den grimmigen t6t da von kiesen. 
Oder sie niuset an eine schü^^ele oder an ein ander va^, da man 
ü^ e^^en oder trinken sol, da^ ein mensche grölen schaden unde 
[85 siechtuom da von gewinnet oder zwei oder vier, oder swie vil menschen 
in einem hüse sint. ünde da von, ir hörschaft, tribet sie von iu, 
wan ir ätem ist halt gar ungesunt und ungewerlich, der ir halt üijer 
dem halse get. Heilet sie ü^ der küchen triben oder swä ir sit, 
wan sie sint tötunreine. Unde da von sd heilet der ketzer ein ketzer, 

90 da'^ er deheinem kunder so wol glichet mit siner wise sam der katzen. 
So gSt er alse geistlichen zuo den liuten unde redet also süe^e rede 
des Ersten unde kan sich alse wol zuo getuon, rehte alse diu katze 
tuot, unde hat den menschen dar nach so schiere verunreinet an 
dem libe. Also tuot der ketzer: er seit dir vor alle stiege rede von 

95 gote unde von den engein, da^ du des tüsent eide wol swüerest, 
er W8ßre ein engel. So ist er der sihtige tiuvel. Und er gibt des, 
er welle dich einen engel lä^en sehen unde welle dich iSren, da^ du 
got liplichen sehest, unde seit dir des so vil vor, da^ er dich schiere 
von dem kristenglouben hat gescheiden unde da^ din niemer rät wirt. 
100 Unde da von heilet er ein ketzer, da^ sin heimelicheit als schedelich 
ist als einer katzen, und alse vil schedelicher. Diu katze verun- 
reinet dir den lip: s6 verunreinet iu der ketzer söle unde llp, der 
deweders niemer mer rät \<^i rt. Und er ist halt als schedelich : unde 
hsBte ich eine swester in einem ganzen lande, da ein ketzer inne 

/-> 

63 ÄrnoMer, Anhänger des Arnold von Brescia. — 78 e^, s. zu Freid. 132. 
— 104 ein, Zahlwort. 



224 Berthold von, Regensburg. 

105 waei-e, der hsöte ich »ngest öiwan vor dem einigen ketzer: der ist 
halt so scfaedelich. Und also hüete sich ailiu diu werlt Yor im. Ob 
göt wil, ich hän kristenglouben alse vestecliche, als von rehte ein 
ieglich kristenmensche haben sol: und e da;; ich niwan vierzehen 
tage in einem hüse wolte sin mit wii^i^enne, da ein ketzer inne waere, 

110 ich wolte e in einem hüse sin, da fünf hundert tiuvel irine wsßren, 
ein ganze^ jär. Wie, ketzer, bist du iendert hie? Nu enwelle der 
almehtige got, da;^ deheiner vor mir sl ! Sie gent euch niht ze frumen 
steten, wan da sint die liute verstendic und hoerent an dem ersten 
wol, da:; er ein ketzer waere : sie gent zuo den wilern unde zuo den 

115 dorfen gerne unde halt zuo den kinden, die der gense hüetent an 
dem velde. Und etewenne giengen sie gar in geistlichem gewande 
l/ und swuoren niht durch dehein dinc ; unde da bi wart man sie er- 
kennen. Nu wandelent sie ir leben und ir ketzerie rehte als der 
mäne, der sich da wandelet in so manige wise. Also tragent nu 

120 die ketzer swert unde me^i^er, lange^ här, lange^ gewant, unde swerent 
die eide nu. Sie haeten etewenne den tot ö geliten, wan sie sprächen, 
got der haßte in eide verboten. Und ir meister habent sie in nu 

/ erloubet, daj; sie eide sweriy^BL unsaeliger ketzer, hat dir e^ got 
^ verboten, wie mac dir^ dai^Hptf meister iemer erlouben? welch 

125 der tiuvel gap im deh gewal^^j^m schuochsiuter oder einem weber 
oder einem spör^r, der din meister ist? wie mohte dir der. erlouben, 
da:; dir got verboten hat? Da sol er ie zwelf kristen ze ketzern 
machen: da mite sol er den eit haben gebüe^et. Pfi, unsaeliger ketzer! 
ob man dich danne e üf ^ner bürde verbreimete, e darine du einigen 

130 ketzer gemachest! /Nu seht, wie verdampt ir gloube und ir leben 
ist! So sprechent eteliche ketzer unde gloubent sin, da^ der tiuvel 
den menschen g^hüefe; s6 geschüefe unser herre die sele drin. 
Pfi, verfluochter ketzer! wanne würden sie ie so gemeines muotes 
oder wanne vereinten sie sich mit einander? Nu seht, ir saeligen 

136 gotes kinder, da^ iu der almehtige got sele unde lip beschaffen hat. 
Unde da^ hat er iu under diu ougen geschriben. an da^ antlütze, 
da^ ir nach im gebildet sit. Da hat er uns rehte mit geflörierten 
buochstaben au da^ antlütze geschriben. Mit großem fli^e sint sie 
gezieret unde geflörieret. Da:; verstet ir gelerten liute wol, aber 

140 die ungelerten mügent sin niht versten. Diu zwei ougen da^ sint 
zwei 0. Ein H da^ ist niht ein rehter buochstabe, e^ hilfet niuwan 
den andern : als HOMO mit dem H da^ sprichet mensche. So sint 



117 wart erkennen (statt erkennende), eine heute abgekommene Um- 
schreibung zum Ausdruck der in der Vergangenheit eintretenden oder bevor- 
stehenden Handlung. Unser sog. Konditional (,ich würde erkennen*) ist eig. 
der dazu gehörige Konj. Die entsprechende Form für die Gegenwart ist ich 
wirde erkennende bezw. erkennen (unser nhd. Futurum); vgl. Boner 182 und 
Z. 231. — 129 ob hier (wie sonst daif) einen Wunschsatz einleitend. 



Berthold von Regeiisburg. 225 

diu zwei ougen unde die bräwen dar obe gewelbet unde diu nase da 
zwischen abe her: da^ ist ein M, schöne mit drin stebelinen. So 

145 ist da:; ore ein D, schöne gezirkelt unde geilörieret. So sint diu 
naselöcher unde da^ undertät schöne geschaifen reht alse ein kriechsch 
E, schöne gezirkelt unde geflörieret. So ist der munt ein T, schöne 
gezieret unde geflörieret. Nu seht, ir reinen kristenliute, wie tugent- 
liche er iuch mit disen sehs buochstaben gezieret hat, da^ ir sin 

150 eigen sit unde da^ er iuch geschaffen hat! Nu sult ir mir lesen 
ein und ein M und aber ein zesamen: so sprichet e:; HOMO. 
So leset mir ouch ein D und ein E und ein I zesamen: so sprichet 
e^ DEI. HOMO DEI, gotes mensche, gotes mensche ! Ketzer, du 
liugest! Nu sich, wie ketzerliche du gelogen hast! E^ wart halt 

135 nie so getanes niht, da^ der tiuvel ie geschuof, wan sünde unde 
schände: die geschuof er des ersten an im selben unde dar nach 
iemer mör, swä er da^ mohte geraten, da^ tet er. \ Der almehtige 
got geschuof alliu dinc unde geschuof diu ze nutze unde ze guote. 
In principio creavit deus celum et terram etc. AUe^ da^ sich rüeret 

160 üf ertrlche, e^ si sihtic oder urisihtic, da^ hat got geschaffen. Et 
omnia per ipsum facta sunt, et sine ipso factum est nihil. E^ wart 
eht nie niht an in geschaffen. Nu sich, du ketzer, wie du liugest! 
Sit du gibst, da:; dich der tiuvel geschaffen habe, so var ouch zuo 
dem tiuvel. Du hast aber dinen herren, den tiuvel, tiuvelichen an 

165 gelogen: des sol er dir vil wol gelönen, im zerinne danne alles des 
fiuwers, da:; er iendert hat. Nu seht, ir kristenliute, wie schentlichen 
glouben sie habent, diso valschen diebe des kristenlichen glouben, 
der reinecliche unde schöne über alle glouben liuhtet, als diu sunne 
tiberliuhtet alliu lieht ! Ir reinen kristenliute, da von hüetet "iuch 

170 vor disen ketzern, die also zuo iu sliefent sam die katzen und iuch 
ertceten wellent mit ir krotensämen, der unreinen ketzeriiehen lere, 
die er in sich gel ecket hat sam diu katze da^ eiter von der kroten. 
Unde sa zehant so diu katze die kroten also gelecket, ßö beginnet 
sie al zehant dorren unde get ir da^ här ü^ unde wirt alse wider- 

175 zaame und alse ungenaeme, als ir an ir wol seht, da^ sie etewenne 
küme die lenden nach ir geziuhet. Unde da von hüetet iuch vor 
den katzen und ouch vor den ketzern, wan sie bede schedelich sint 
an libe und an sele. Da^ iuch die ketzer iht verunreinen, da be- 
schirme uns alle samt der almehtige got vor. Wan swer ir ketzerliche 

180 vergift in sich lecket, der muo^ eht iemer mer dorren an libe und 
an söle und an aller der saelikeit, die er iemei* mer gewinnen solte 
an libe und an sele. Da von hüetet iuch vor in mit allem fli^e 
und mit allen iuwern sinnen. ,Bruoder Berhtolt, wi« süUe wir uns 
vor in behüeten, so lange da^ sie guoten liuten so gar gliche sint?' 

185 Seht, da^ wil ich iuch leren, den werten, da^ ir iuch iemer mere 
desto ba^ gehüeten künnet. Ir sult sie halt ouch an siben werten 

15 



226 ßerthold von Hegensburg. 

erkennen. Von swem unde swenne ir der siben werte ein:^ erhoeret, 
vor dem sttlt ir iuch hüeten, wan der ist ein rehter ketzer, und ir 
sült den pfarrer an sie wisen oder ander gelerte Hute, ünde merket 

190 mir disiu wort gar eben unde behaltet sie iemer raer unze an iuwem 
tdt. Ich weite halt gerne, da^ man lieder da von sünge. Ist iht 
guoter meister hie, da:^ sie niuwen sanc da von singen, die merken 
mir. disiu siben wort gar eben unde machen lieder da von: da tuet 
ir gar wol an; unde machet sie kurze unde ringe unde da^ sie kinde- 

195 gelich wol gelemen mügen; wan so gelernent sie die liute alle ge- 
meine, diu selben dinc, unde verge^^ent ir desto minner. E^ was 
ein verworhter ketzer, der machte lieder von ketzerie unde lerte 
sie diu kint an der strafe, da;^ der liute desto mer in ketzerie vielen. 
Unde dar umbe saehe ich gerne, da^ man diu lieder von in sünge. 

200 Nu merket alle, samt da^ erste: swer da sprichet, e^ miige dehein 
Sman bi sifter hüsfrouwen geligen äne houbetsünde, der ist reht ein 
arger ketzer. Se, unssßliger ketzer, nu sazte doch got die heilige 
. e in der heiligen stat, in dem paradise, da^ diu zal der engelkoere 
erfüllet würde. Da^ ander ist: swer da sprichet, e^ müge dehein 

205 rihter nieman ertoeten äne houbetsünde. Se, unsseliger ketzer, so 

möhte nieman genesen, solte man schedeliche liute niht von der werlte 

nemen. Ir rihter, swen ir mir mit rehtem gerihte von der werlt 

j^emet, ich gibe iu als wenic buo^e drumbe also iuwerm swerte. Da^ 

dritte: swer gibt, da^ die siben heilikeit unde der wihebrunne niht 

210 kraft enhaben, der ist gar ein ketzer; wan da hat got die heiligen 
kristenheit mite gevestent und erloeset von dem ewigen töde. Da:^ 
vierde: swer da gibt, da;^ ein priester, der selbe in houbetsünden 
ist, da:^ der nieman von sinen Sünden enbinden müge, der ist euch 
ein ketzer. Da^ fünfte: swer da sprichet, man sülle der wärheit 

216 niht swem und e^ si houbetsünde, swer der rehten wärheit swer. 
Da^ sehste: swer da sprichet, der die schrift nie geleret wart unde 
wil doch ü^ der schrift reden, also da^ er sprichet: ,e^ sprichet sant 
Gregorius, sant Augustinus, sant Bernhart oder ein prophete oder 
ein e wangeliste,* oder swa^ er also ret ü^ der heiligen schrift eigen- 

220 liehe, unde der schrift niht kan, noch sie nie gelernte, den habet 
für einen ketzer, wan da:^ hat in geleret sin meister der ketzer. 
Da^ sibende: swer da sprichet, swer zwene rocke habe, der suUe 
durch got einen geben: swer des niht tuo, si ewicliche verlorn. Pfi, 
unsaeliger ketzer ! so möhte halt nieman behalten werden, weder geist- 

225 liehe noch werltliche liute: ja ist einem etewenne not, da^ er den 
dritten dar zuo habe. Seht, also maniger leie i&t ir ungloube und 
ir wise. Nu bitet got alle samt mit inneclichem herzen, da^ er uns 
beschirme vor allem ir unglouben unde vor andern Sünden, unde 



192 guoter m., part. Gen. Plur. — singen, beachte den Konj.! -- 199 
diu lieder, im Nhd. ohne Art.! Vgl. Gudr. 186,4. — 220 unde, konzessiv. 



Zürcher Jahrbuch. 227 

swer sich da vor niht gehüetet habe, da^ diß hiute wäre riuwe ge- 
230 winnen und ir herze bekören und also reinigen mit der wären riuwe, 
da:; sie den wären sunnen Swicltche sehende werden in den ewigen 
freuden. Da^ uns da^ allen samt widervar, mir mit iu und iu mit mir, 
da^ verlihe uns der vater unde der sun unde der heilige geist. Amen. 



IL Q-esoliichtliohe Prosa. 
Alis dem ältesten deutschen Jahrbuch von Zürich, 

Die. selben gräfen wärent von Rom in diz land komen, und wärent 
von guotem und altem geschlecht zuo Rom, und wärent dennocht nit 
als rieh und als mächtig, als si aber adenlich mit ir täten wärent. 
Ei; fuogt sich, da^ ir einer von disem geschlecht geistlich was, und 
5 kam von Rom in diz land und ward bischof zuo Strasburg, wan da^ 
selbe bistuom in den zlten in großen eren was, und brächt also sinen 
bruoder mit im heru^. Der selbe herre was ein hübsch, adenlich, 
weltlich man, da:^ in manniglich in dem lande lieb häte, edel und 
gepüren. Also fuogt sich ouch eins mäls, da^ der selbe jungherre 

10 reit jagen und heilten in dem lande überal, und reit mit andern edlen 
bi^ in da^ Ergöu. Also warf der jungherre sin vederspil nach einem 
andern vogel, und wolt also sin vederspil hetzen; da^ vederspil gieng 
üf in die lüft, da:; ir keiner wiste, war e^ komen was. Also suochten 
si den ganzen tag und künden im nit nach komen. Der herre lie:; 

16 nit ab, er wolt sin vederspil suochen; also morgens fundent si den 
habich üf einem hübschen büchel. Der herre was frö, und gefiel im 
der büchel vast wol, und het in wol gelust da ein veste ze machen. 
Und sprach zuo den edlen und sinen dienern : ,ist e^ hie nit ein ganzer 
lust? möcht ich e^ an minem pruoder und' herren hän, ich wölt ein 

20 hus hie machen.* Also momdes brächt er eg an den bischof von 
Strä:;burg und seit im von der hübschen gelegenheit und bat in, da^ 
er im hülfe, s6 wölt er ein hübsch schloß machen. Der bischof was 
bereit sinem bruoder ze helfen, und was im lieb, da^ sin bruoder lust 
zuo dem lande häte, wann er in dar in brächt häte. Also huob der 

25 jungherre an ein hüs ze machen, und namt da:; Habspurg (Habiches- 
burc), und gewan er den* namen dar nach, wan er häte vor einen 
welschen namen, und ward dar umb gehei:;en von Habspurg, wan er 



231 8. werden, s. zu Z. 117. 

1,1 Die seihen gr., die Vorfahren der Habsburger. — 11 Ergöu, Aargau. 
— 19 könnte ich von meinem B. und H. die Erlaubnis erhalten. 



228 Zürcher Jahrbuch. 

den habich üf dem selben burgstal funden bäte. Also half der bischof 
sinem bruoder vast und gab im grö:^ guot, wan er was mächtig. Und 

30 also teilt' der von Habspurg da:^ guot under alle herren, ritter und 
knechte, die im land da umb gese^^en wären t, da;; si alle sin dien er 
und friunde wserint und gehörsam zuo sinen Sachen, und leit also 
den minsten teil an sin veste, die er büwet, und an sin selbes nüz. 
Eins mäls fuogt sich, da^ der bischof von Strä^^burg wolt soeben, 

35 wa^ sin bruoder gebüwen het, und kam also mit vi! herschaft zuo 
sinem bruoder gen Habspurg. Do der bischof die vesti sach, d6 sprach 
er zuo sinem bruoder: ,bruoder, mich dunkt, du habest noch gar wenig 
gebüwen der hilf und ich dir getan hän/ Der von Habspurg ant- 
wort sinem bruoder: ,herre und bruoder, morn süllent ir erst recht 

40 sechen den büw, den ich getan hän' ; wan er bäte heimlich nach allen 
sinen dienern und friunden geschicket. Momdes dö die herren üf 
stuonden, d6 lag da^ feld vol folkes und bäten ir gezelt üfgeschlagen, 
heiTon, ritter und knechte. Der bischof wände, er wser belegen. ,Nein, 

. herre,' sprach der von Habspurg, ,da^ sint min müren, die ich gebüwen 

45 hab ; swie guot min hüs wser, da^ hulf mich niut, het ich kein friund 
in dem lande: die sind mir beholfen zuo allen minen noeten. Ich bin 
frömd im lande, nu hab ich mir selbe niuwan friund gemacht.* Da^ 
gefiel dem bischof wol und was sinem bruoder willig zuo helfen. 

2. 

E^ fuogt sich eins mäls, da^ ein junger gräf von Habspurg mit 

50 sinem diener reit beiden und jagen in einer ouwe ; dö hört er ein 
schellen, glich als man dem sacrament vor treit. Also reit er ernst- 
lich dem getoen nach und wolt ie luogen, wa^ da^ waere, da^ er also 
da^ glöggelin in der wite hört: dö fand er einen priester mit dem 
sacrament an einem wa^^er, und bäte der priester da^ sacrament vor 

55 im gestelt und bäte sich also nider gesetzet und wolte sin schuoch ü^ 
ziechen, und wolt also mit dem sacrament durch den bach waten. 
Dö der herre den priester sach, dö fragt er in, wa^ sin geverte 
waere, oder wa^ er da in der wildi taete? Der priester antwort im 
und sprach : ,ich trag da^ heilig sacrament und wolt zuo einem siechen 

r.o menschen, da^ in gröi^er krancheit lit, und wolt also den naechsten 
weg gän, dar umb da^ der kranc mensch nit versümt wiird; so bin 
ich an disen bach komen, so vind ich kein steg und muo^ also mit 
dem sacrament waten.* Also fiel der von Habspurg von sinem pfärd 
nider üf siniu knie und bat got siner gnaden und hie;^ den priester mit 

65 dem sacrament üf sin pfärd sitzen und sin sachen nach siner nötturft 
werben. Dö nu der priester mit dem sacrament wider heim kam, 

36 toestiy s. zu Boner 41. Vgl. noch wildi Z. 58, ordnet Z. 72, waltin Z. 93. 
— 38 der hilf, Gen. mit konzessiver Bedeutung : trotz der H. ; und vertritt das 
Relativum. — 60 (ia^, s. zu Freid. 132. — 61 kranc wechselt hier bereits 
mit siech (59). 



Schwabenspiegel. 229 

dö wolt er dem jungen herren sin pfärd wider bringen, und häte da^ 
für ein grö^e gnäd und tugent von dem von Habspurg ; also sprach 
der von Habspurg: ,da^ welle got nit, da^ ich oder miner diener 

70 keiner mit wii^^en da:^ pfärd iemer mer überschrite, da^ minen herren 
und Schöpfer getragen hat; bedünket iuch, da^ ir e^ mit got und 
recht nit haben mügent» so ordnot e^ zuo gotes dienste, wann ich hän 
e^ dem geben, von dem ich lib. sele, er und guot zuo lochen ha b.* 
Der priester sprach : ,nu müe^ got er und wirdigkeit hie in zit und 

75 dort in ewigkeit an iuch legen!* Diser priester was wis und wol ge- 
lert und ward dar nach des bischofs von Meinze kanzler und gar gewal- 
tig. Diser priester seite etwa dicke dem bischof von Meinze und andern 
herren des gräfen von Habspurg frorakeit und redlikeit und von sinen 
adenlichen täten, die er von im gesechen und getan het, und brächt 

80 also in die fürsten, da:^ die fürsten dem von Habspurg nach fragten und 
so vil redlikeit gnd manheit von dem von Habspurg hörten, da^ si 
in zuo einem roeraschen künge erwalten, wan si in allen landen keinen 
geschicktem noch adellichem erfragen künden, und der sich des richs 
getörste und wolt underziechen ; wan da:^ roemisch rieh was in den 

85 selben ziten XXHI jär an roemschen künig und keiser gestanden, und 
was der buoberie mit roub, mord und anderm so vil in allen landen, 
da^ nieman von einer stat in die andern wandlen torst, und häten die 
fürsten und herren da:; best an sich gezogen, so da^ heilig roemisch 
lieh iendert häte, und luogt iederman im selben zuo und lie^ent da^ 

90 roemisch rieh undergän. Also kam gar grö^ klegt für (Jen bäpst, 
wie e^ so übel in den landen gienge. Do gebot der selbe bäpst ä '^ 
Gregorius der zechent den curfürsten, da:^ si einen roemschen künig /^' 
waltin, als e^ an si von alter komen wsere; tößtiad si da^ nit in 
einem zil, so wolt er dai^ rieh versorgen mit einem künge. Also walten 

95 die curfürsten des selben mäls gräf ßuodolfen von Habspurg. 



in. Bechtliclie Prosa. 
Aus dem Schwabenspiegel. 

Got geschuof des ersten himel unde erden, dar nach den menschen 
unde sazte in in da^ paradis. der zebrach die gehörsam uns allen ze 
schaden, dar umbe gienge wir irre sam diu hirtelösen schäf, da^ wir 
in da^ himelrich niht mohten unz an die zit, da^ uns got den wec 
5 dar wiste mit siner marter. unde dar umbe solde wir got immer loben 
und eren von allem unsern herzen unde von aller unserre sele unde 
von aller unserre mäht, da^ wir nu so wol ze den ewigen freuden 



73 vgl. Freid. 329 f. — 79 beachte den Subjektswechsel! — 4: got, s. zu 
Gudr. 71,1. 



230 Schwabenspiegel. 

kaemen, ob wir wolden ; da^ hie vor manigen heiligen patriarken unde 
Propheten tiure was. diu genäde unde diu sselikeit ist uns kristen 

10 liuten nu widervaren, da^ wir nu wol da;^ himelrich mugen verdienen, 
unde swer des nit entuot unde diu gebot unsers herren zebrichet, 
da^ riebet er billichen an im. unde dem er den gewalt yerlihen hat, 
da^ ist der päbst : der sol an gotes stat rihten unze an den jungisten 
tac. so wil danne got selbe rihten kleine unde grö:^, übel unde guot, 

15 alle^ da:^ hinnen dar niht gerihtet ist. unde dar umbe wil man an 
disem buoche leren alle die, die gerihtes pflegen sullen, wie si ze 
rehte rihten stillen nach gotes willen, als manic heiliger man, die in 
der alten e und in der niuwen e rihter wären unde also hänt ge- 
rihtet, daij si mit ir gerihte die ewigen vreude hänt bese^^en. Unde 

20 swer euch anders rihtet, wan an disem buoche stet, der sol wi^^en, 
dag got vil zorniclichen über in wil rihten an dem jungisten tage. 
Sit nu got des frides fürste heilet, so lieg er zwei swert hie üf erderiche, 
dö er ze himel fuor, ze schirme der kristenheit. diu lech got sant 
Peter beidiu, dag eine mit geistlichem gerihte unde dag ander mit 

25 wereltlichera gerihte. Dag wereltliche swert des gerihtes dag lihet 
der päbst dem keiser, dag geistliche ist dem päbest gesetzet, dag er 
da mit rihte. Dem päbest ist gesetzet ze bescheiden! icher zit ze riten 
üf einem blanken pherde, unde der keiser sol dem päbest den Stegreif 
haben, dag sich der satel iht winde, dag bezeichent als yil: swag 

30 dem päbest widerstet, des er mit geistlichem gerihte niht betwingen 
mac, dag sol der keiser unde ander wereltlich gerihte betwingen mit 
der 8ßhte. Als ein man ist in dem banne sehs woohen unde einen 
tac, so sol in der wereltliche rihter ze sehte tuen, unde swer ouch 
in der aehte ist sehs wochen unde einen tac, den sol man ze banne 

35 tuon. dize reht sazt« sanctus Sylvester der päbest unde der künic 
Constantinus, sant Elenen sun, diu dag heilige krinze vant. Die zw6ne 
sazten disiu reht unde anderre rehte ein miohel teil an disem buoche ; 
unde dag ein iegelicher kristen mensche sol dristunt in dem järe dag 
vogetdinc suochen, so er ze sinen jären voUenkomen ist, so er eines 

40 unde zweinzic jär alt ist: so sol er dag vogetdinc suochen in dem 
bistuom, da er inne geseggen ist, oder in dem lande oder in dem 
gerihte, da er guot inne hat. 



Von der Königswahl, 

Den künic sullen dri phaffen fürsten unde vier leien fürsten kiesen. 

der bischolf von Menze ist kanzler ze diutschen landen ; der hat die 

45 ersten stimme an der kür. Der bischolf von Triere ist kanzler über 

dag künicrich Arel; der hat die andern stimme an der kür. Der 

bischolf von Kollen der ist kanzler ze Lamparten unde hat die dritten 

17 die, s. § 54. — 29 iht s. § 60. - 44 hisclwlf, Nebenform zu hischof. 
— Menze f Mainz. — 46 Ärel, das arelatische Königreich. — 47 Kollen, Köln. 



Schwabenspi egel. 231 

stimme an der kür. Da^ sint driu fürsten ampt; diu hoerent ze der 
kür. under den leien fürsten so hat der phalenzgräve von Eine die 

50 Ersten stimme an der kür; der ist des riches truhssB^e, unde er sol 
dem künige die ersten schü^^el tragen. Der herzöge von Sahsen hat 
die andern stimme an der kür under den leien; der ist des küniges 
marschalc unde sol dem künige sin swert tragen. Der marcgräve von 
Brandenburc der hat die dritten stimme an der kür unde ist des 

55 riches kamerer unde sol dem künige wa^^er geben. Der herzöge von 
Beiern hat die vierden stimme an der kür unde ist des riches ßchenke 
unde sol dem künige den Ersten becher tragen. Dise vier sullen tiutsche 
man sin von vater unde von muoter oder von eintwederme. unde 
swenne si wellent kiesen, so sullen si gebieten eine spräche ze Franken- 

60 fürt. Die sol der bischolf von Meinze gebieten bi dem banne, unde 
der phalnzgräve von Riiie bi der sehte, si sullen dar gebieten ir ge- 
sellen ze dem gespreeche, die mit in da welent, unde der andern 
fürsten als vil, als si ir gehaben megen. Dar umbe ist der fürsten 
ungerade gesetzet: ob vier an einen Valien unde dri an den andern, 

65 so sol ie diu minner menige der merem volgen. da^ ist an der kür 
reht. E da^ die fürsten kiesent, so sullen si üf den heiligen sweren, 
daz si durch liebe noch durch leide noch durch guotes miete, da^ in 
geheimen si oder gegeben si, noch durch niht wellen, da^ gevserde hei^e, 
wan als vil in ir guot gewi^^en sage. Swer anders weit, wan als an disem 

70 buoche stöt, der tuet wider got und wider reht. unde wirt ir einer 
dar nach überreit, als reht ist, da^ er guot dar umbe habe gelobet 
ze nemen oder hat genomen: da^ ist simonie; der hat sine kür ver- 
loren unde sol sie nimmer mer gewinnen unde ist da zuo meineide. 
da^ sol geschehen, da der künic einen hof gebiutet. Dar sol man 

75 dem selben euch gebieten, er si leien füröte oder phaffen fürste. unde 
kumet er niht dar, man sol im anderstunt ze andern hoven gebieten, 
unde kumt er ze den dritten niht, so sol man in meineide sagen ; 
unde swa^ er von dem riebe hat, da^ ist dem riebe ledic, unde der 
künic sol in ze sehte tuen, unde ist e^ ein phaffen fürste, der künic 

80 riht über in als über einen leien, unde sol dem päbeste schriben, wie 
übel er gevaren habe, unde wie er sine triuwe an der kristenheit 
gebrochen habe; unde hei^e da^ bewaeren vor dem päbeste. der sol in 
danne von allen sinen phaflichen eren scheiden unde sin bischtuom 
einem andern län; unde sol dar nach leben, als in der päbest heilet 

85 leben, wan der päbest hat vollen gewalt unde mac im genäde tuen unde 
mac im sin bischtuom wider lä^en ^ unde sine pheflich ere, da^ stet 
an sinen genäden. unde wirt. der künic der selben schulden überkomen, 
s6 ist er ze unrehte an dem riebe. Da^ sol man über in klagen dem 
phalzgräven von dem Eine. Nieman mac geziuc über in sin umbe 

90 die schulde wan die fürsten, si sin geistlich oder werltlich. 

55 wa^^er gehen, s. zu Parz. 583. — 71 vberreit, zu überreden-, s. § 19b. 



232 Schwabenspiegel. 

Vom gerichtlichen Zweikampfe. 

Der rihter sol lihen dem, dem man da schuldegot, einen schilt 
und ein swert. und als man da hin komet, da der kamph ist, so so! 
der rihter zw^ne boten geben zuo in beiden, die sehen, da:^ man si 
nach rehter gewonheit gärwe. leder und linin dinc söln si an legen, 
95 als vil so si wellent. houbet und füei^e söln in blo^e sin, und an den 
henden süln si hän dünne häntschuohe lederln unde blö^iu swert in 
den banden und ir ietweder eine^ umb sich oder zwei: da^ stat an 
ir kür; und einen sin wellen schilt an der haut, da niht wan holz 
und leder an sie. Die vehten sont mit buggelern, als etwa gewon- 

lOQ heit ist, die süln isenin sin. Si söln tragen an rocke äne ermel. euch 
sol man den liuten vrid gebieten bi dem halse, und da^ si nieman 
irre an ir kamphe. Ir ietwederm sol der rihter einen man geben, 
der eine stange trage: der sol die da über den haben, der da ge- 
vellet. und gibt er, so. ist er überwunden, mag er wider üf, man sol 

105 in üf län. Swedere der stange muotet, wan sol im si understo^en: 
da^ sol der rihter erlouben. einen rinc sol man machen: der sol zwein- 
zeg schuohe oder fünfundzweinzeg wit sin, nach deslandes gewonheit; 
und swedere dar ü^ fliuhet, der ist sigelös. Diu swert, diu si tragent, 
diu söln äne ortbant sin. vor dem rihter suln si beide gegärwet gän 

110 und sweren, der eine, da^ e^ war sie, dar umbe er in beklaget habe; 
und sol der ander sweren, da^ er unschuldig sie; und da^ in got so 
helfe ze ir kamphe. die sunnen sol man in mit teilen geliche, so 
si erste zesament gänt. wirt der überwunden, üffen den man da klaget, 
wan sol über in rihten. wirt der sigelös, der üifen den man klaget, 

11& wan rihtet euch über in. Swer den andern an sprichet kampflichen 
umb den tötschlag, swedere da sigelös wirt, dem gat e^ an da^ houbet. 
Ist e^ umb lemi, e^ gat im an die haut, umb ander wunden, die niht 
ze verhe gänt, sol nieman kemphen. 



91 schuldegot, s. zu S. 228,36. — 93 sehen, beachte denKonj.! — 99 
sont (aus sölnt) = sülriy söln 100/1. — 103 vgl. unsre Redensart: einem die 
Stange halten. — 105 wan = man. 



WÖRTERBUCH. 



Yorbemerknng. Aus den gebrauchten Abkürzungen hebe ich folgende 
heraus: stm. = starkes Maskulin, stf. = starkes Feminin, stn. = starkes Neutrum, 
stv. = starkes Verb ; ebenso swm., swf., swn., swv. = schwaches Maskulin usw. 
Die Rektion der Verben ist häufig durch Beisetzung des entsprechenden Kasus 
von ein (für das persönliche Objekt) und ein dinc (füi* das Sachobjekt) bezeich- 
net, z,B, einem eines diinges); tr., intr. = transitiv, intransitiv. Zusammen- 
setzungen, auch lose, suche man unter dem 1. Teil; trennbar zusammengesetzte 
Verben also unter dem betreffenden Adverb. Von Verben mit der Vorsilbe ge-^ 
die nicht unter ge- stehn, ist das Simplex nachzuschlagen, ä s. unter e, eu 
unter öii» 



d interj.: zur Verstärkung an Impera- 
tive und Partikeln angehängt. 

abe^ ab präp. mit dat. : herab von, von 
Aveg; caus. wegen. 

abe^ aft^adv. : herab, hinweg. aöeÄer, 
herunter. Vor Verben: -ervehten, 
durch Kampf abgewinnen, -gän, 
verschwinden; eines d. vei^weigern, 
nicht halten, -homen^ eines d. ab- 
kommen, ablassen von. -läi^en, -län^ 
(ab)lassen, loslassen, -schüttenj ab- 
werfen, abziehn. -stän, eines d. ver- 
zichten auf. 'üüeren, wegnehmen. 

abe, ab s. aber. 

abelotif stm. : Ort, wo das Wild aus 
dem Walde läuft. 

übenden swv.: Abend werden. 

aber^ aver^ ab(e) adv. und conj.: aber- 
mals; dagegen, aber, ober sprechen, 
entgegnen. 

ceber stn.: schneefreier Ort. 

abgründe stn. : Abgrund. 

achmardi stn. : kostbarer orientalischer 
Seidenstoff von grüner Farbe. 

ackerganc stm.: Ackerbau; bildl. für 
Lebensarbeit. 



aches stf.: Axt. 

adelbcere adj.: adelich, edel. 

adelUch^ adenlich adj.: dasselbe. 

ajfen swv.: tr. zum Affen, NaiTen 
machen. 

after präp. mit dat.: hinter, nach; 
after wegen, hinweg. . 

afterriuwe stf.: Reue hinterher. 

afterteil stn.: Hinterteil. 

agra? stm. : saure Brühe. 

ahl interj. des Schmerzes, des Ver- 
langens, der Bewunderung. 

aM(e) stf.: 1. Meinung, Gesinnung, Be- 
achtung ; ahte hdn eines d,j beachten. 

— 2. Art, Stand, Geschlecht. 
ähte, cehte stf. : Acht. 

ahten swv. : schätzen, holten für ',e^ahtet 

mich ringe, kümmert mich wenig. 

al (flekt. aller usw.) adj,: all, ganz. 

— mit alle (alter instr.), gänzlich, 
ganz und gar. — über al, insge- 
samt, ganz und gar. 

al (unflekt. acc. n.) adv., verstärkend 
• vor Präp., Adj., Adv.: ganz. Z. B. 
al durchs al sunder ^ al über; al 
rot, al solh; al balde^ al besimder, 
aldä., algeliche, algemeine (alle zu- 
sammen), in almitten (ganz in der 
Mitte), alsam (ganz so, ganz wie), 

16 



234 



aU — balsemva?. 



al umbe (ringsum), äl0e (allzu), al 
gemäl, (ü zehant usw. 

(üd conj.: öder. 

ällmthcUben (auch in a.) adv. : auf, 
von allen Seiten. 

aller (gen. pl. von äl), verstärkend vor 
Superlat. und Adv.: aller erste, 
alre{r)stt zuerst, nun erst, nun erst 
recht. — dller tegelich, alltäglich. 

alles gen. adv.: gänzlich, durchaus. 

alle^ acc. adv. : immerfort ; durchaus. 

also, aUse, als adv. : 1. so, ebenso; ver- 
stärkend : ganz, sehr. -^ 2. ganz wie, 
wie, als, als ob ; temp, als, wenn ; 
caus. weil. 

alters-elne adv. : ^von der Welt ver- 
lassen, ganz allein. 

alwcere adj.: albern. 

amheU amt stn.: Dienst, Amt, Beruf; 
strttes a., Kriegsdienst; Schildes «., 
Ritterdienst, -stand. 

aw, ane präp. mit dat. oder acc: an, 
in, auf, zu, gegen, bis. 

an, ane adv.: an, in, zu, auf. Vor 
Verben : -erblicken, anschauen, -ffän^ 
ein d, gehn an, sich machen an. 
-geben, einem ein kleit anlegen, ^ge- 
sigen, einem besiegen, -gewinnen, 
einem etw. abgewinnen, -grtnen, 
anknm*ren, anfletschen, -hoeren^ tr. 
angehören; angehn. -kapfen, an- 
gaffen, anstaunen, -honten^ einen 
kommen zu, sich nähern; zu stehn 
kommen, -lä^en, loslassen, in Be- 
wegung setzen, -legen^ refl. sich an- 
kleiden, sich rösten, -liegen^ einen 
Lügenhaftes über einen aussagen. 
'loufen, einen auf einen zu laufen, 
angreifen, -nemen, refl. mit gen. sich 
aneignen, -sprechen', einen kampf- 
lichen zum Zweikampfe herausfor- 
dern. 'Stricken, anbinden,anschnüren. 
-tragen, tragen; mit dopp. acc. ent- 
gegenbringen, -trtben, tun, ausüben. 
-vehten, anfechten, beunruhigen. 

ande swm. : Kränkung, Leid; mir ist 
a., leid, weh. 

anden swv. : ahnden, rügen. 

anderhalp adv. : auf der andern Seite.* 



anders adv.: sonst, im übrigen. 

anderswä adv.: anderswo. 

anderswar adv.: anderswohin. 

ane, an präp.: ohne, ausser. — adv. 
frei, ledig, beratflStrin den Verbin- 
dungen eines d, ane sin, werden. 

anelich adj.: ähnlich. 

änen swv.: refl. sich entäussern, ver- 
zichten. 

ange adv. (zu enge) : genau, sorgfaltig. 

angesiht stf.: Anblick. 

angestUch adj.: Angst erregend, ge- 
fahrlich, schrecklich. — adv. -liche^ 

antlutze^ -Mtee, -litee stn.: Antlitz. 

antw'erc stn.: Maschine, Winde. 

antworten swv. : eines d» antworten. 

ar{e)beit, erbeit stf.: Mühsal, Not, 
Sorge. ^ 

ar(e)beiten swv. : refl. sich mühen, sich 
anstrengen. 

arbeitscelic adj.: durch Mühsal be- 
glückt; mit Mühsal beladen. 

~arc adj.T böse, geizig. • 

arm adj.: armselig, gering. 

armen swv.: arm sein oder werden. 

armman stm^. : armer Mann. 

armuot stfn. : Armut; ärmhche Habe. 

amen swv.: ernten; büssen. 

art stmf. : Art, Natur, Stand, Ge- 
schlecht. 

arseäe stf.: Arznei. 

äventlure stf.: 1. Zufall; durch ä., zu- 
fällig. — 2. (wunderbare) Begeben- 
heit, Abenteuer, Wagnis. — 3. Er- 
zählung davon, Abschnitt eines 
Epos. 

aver = aber. 

ävog interj.: sieh! (franz. ah voi). 

B (s. auch P). 

bäbe swf. : altes Weib. 

bachhüs stn.: Backhaus. 

bäht stn.: Um'at, Kot. 

balc (p-) stm. : Schwertscheide. 

balde adv.: mutig, kühnlich; eifrig, 

heftig; schnell, sogleich. 
baldecUch adj.: kühn. 
balsemva? stn.: Balsamgefäss. 



halt — hestän. 



235 



halt adj.: kühn, schnell, eifrig zu (mit 

gen.). 
hanier stf.: Banner. 
hanke^i swv. : refl. sich tummeln. 
bar adj.: nackt, bloss; einen eines d. 

bar tuon, entledigen, befreien. 
barn stn. : Kind. 

base swf. : Base, Schwester des Vaters. 
bast stm. : bildl. niht ein 6., gar nichts. 
ba^ compar. adv. : besser, mehr (auch 

verstärkend bei andern Kompar.); 

abseits. 
becröieren swv. : ausrufen (als gar zun 

beim Turnier). 
bedfhs^ (= m da^) conj. : während. 
bedenken swv.: tr. denken auf, dem 

Gedächtnisse einprägen, sorgen für. 

— hedäht, besonnen. -— refl. mit 

gen. überlegen, sich besinnen. 
bedeuten swv.: mitteilen, berichten. 
bßgän stv. : tun, üben, — refl. leben. 
begeben stv.t refl. mit gen. aufgeben. 
begrifen stv.: ^greifen, (um-)fassen. 
begürten swv.: umgüi*ten. 
behoben swv.: behalten, behaupten. 
behagen swv. : gefallen. 
behalten stv. : bewahren, rein erhalten; 

aufbewahren, verwahren; befolgen. 
behefien swv. : verbinden, verpflichten. 
behelfen stv. : part. beholfen, behilflitih. 
behendeclich adj.: schnell, geschickt. 
behern swv. : mit gen. berauben. 
beJierten swv.: fest machen, kräftigen, 

erzwingen. 
behüeten swv. : sich hüten vor, verhüten. 
beide, bede num. : beide [beidiu) . . unde, 

sowohl . . als auch. -— bedenthaU>{en), 

adv., auf beiden Seiten. — bedesamt, 

beide mit einander. 
bein stn.: Knochen; Bein. 
bdten swv.: warten. 
beiden swv.: mit Falken jagen. 
bejahen swv. : erjagen, erwerben. 
bekenifji^en swv.: (er-)kennen, erfahren. 
beklagen -swv. : anklagen. 
bekamen stv.: kommen; einem be- 
" gegnen. 

bdigen fetv.:' belagern. 
bdli^ (|>-) stm.: Pelz. 



benahten swv.: die Nacht zubringen. 

benamen (= bi namen) adv. : im vollen 
Sinn des Wortes, wirkhch. 

beraten stv. : einen mies d. ausrüsten, 
versehen, versorgen. — refl. mit gen. 
sich entschliessen zu. 

bereden swv.: zur Sprache bringen. 

bereiten swv.: bereit machen^ aus- 
rüsten; part. bereit{et)i gerüstet; 
angebaut (vom Felde). — einen eines 
d; zufügen. 

bereitschaft stf.: Ausmstung. 

berc stm.: ee berge, hinauf. 

berihten swv.: herrichten, ordnen. 

bärn stv.: (Frucht) tragen, (hervor-) 
bringen. — part. bernde mit gen. 

bem swv.: schlagen, klopfen. 

besagen swv.: vei-stärktes sagen. 

besamenen swv.: versammeln. 

beschaffen stv.: erschaffen. 

beschehen stv. : = geschehen. 

bescheiden stv. : auseinandersetzen, aus- 
legen, berichten {einen eines d.). — 
part. bescJieiden, verständig. 

bescheidenheit stf. : Verständigkeit, 
Einsicht. 

f)esc}ieide9ilich Sidj. : verständig; gebüh- 
rend, festgesetzt. — adv. -liche^n), 
in kundiger Weise; deutlich. 

bescheiten stv. : beschimpfen, schmähen. 

beschern stv.: kahl scheren. 

beschouwen swv.: sehen. 

besehen stv.: nachsehen, prüfen. 

b'es{e)me swm.: Besen. 

besenden swv. : beschicken, holen lassen. 

besinnen st. und swv.: refl. mit gen. 
sich überlegen, nachdenken. 

besitzen stv.: umlagern, bildl. in Not 
bringen; in Besitz nehmen. 

bestallen stv.: einen borten durch- 
wirken (mit Gold und Silber). 

beslie^en stv.: um-, aus-, zuschliessen. 

besUhten swv. : ausgleichen. 

besnaben swv.: straucheln, fallen. 

besntden stv.: zm*echtschneiden. 

best superl. : einem des besten jehen, 
den Preis zuerkennen. 

bestdn^ -sten stv.: 1. intr. Stand halten, 
bleiben. — 2. tr. besetzen ; angreifen. 






Cl ^ ) 



a/c 



236 



besteti — blint. 



bestehen, es mit einem aufnehmen; 
zukommen, gehören. 

besten swv.: binden, schnüren. 

besunder adv.: einzeln, besonders. 

beswceren swv.: beleidigen, betrüben. 

hetagen swv.: tagen, offenbar werden; 
den Tag zubringen; betaget (vom 
Tage beschienen) werden. 

bete stf.: Bitte, Befehl. 

beteidingen swv. : verabreden, vertrag- 
lieh festsetzen. 

betihten swv.: erdichten, mit Über- 
legung herstellen. 

betäuben s\vv.: vreude {gen,) betoubet^ 
gegen Fr. unempfindlich. 

betragen stv. : refl. sich nähren. 

betragen swv. : unpers. mit gen. lang- 
weilen, verdriessen. 

betrahten swv.: bedenken, erwägen, 
ausdenken. 

betriegen stv.: betrügen, täuschen, 
verblenden. 

betrüeben swv.: (be-)trüben, erzürnen; 
aufstören. 

bettedach stn. : Betttuch. 

betüren swv. : zu teuer dünken. 

betwingen stv. : bezwingen, bedrängen, 
betrüben. 

betwungenlich adj.: erzwungen, un- 
freiwillig. — adv. 'liehen, 

bevälien stv.: umfassen, einnehmen. 

bevelhen ^iy.: übergeben, anvertrauen. 

beviln swv. : unpers. mieh bevilt eines 
d. mir wird zu viel, lästig; es ver- 

. driesst mich. 

bevinden stv. : erfahren, kennen lernen. 

bevollen (= bt vollen) adv. : völlig. 

bevor adv.: vorher, vorhin. 

beoriden swv. : tr. Frieden und Schutz 
verschaffen. ^ 

bewarn swv.: bewahren, (mit^ dem 
Saki'ament) versehen, ausrüsten ; ver- 
hüten, unterlassen. — refl. mit gen. 
sich hüten, sich vorsehn. 

bewceren swv.: wahr machen, aus- 
üben; beweisen. 

bewegen stv. : refl. mit gen. verzichten 
auf; sich entschliessen zu. 

bewenden swv. : verwenden, anbringen. 



bewisen swv. : zurechtweisen, belehren. 

beeeichenen swv.: bildlich vorstellen. 

bi präp. mit da.t.: räuml. (auch mit 
acc.) bei, an (..vorbei), in, auf, zu; 
vor Zahlen: ungefähi-; zeitl. während, 
binnen; instr. durch; caus. wegen, 
aus, von. 

U adv.: bei, nahe. Vor Verben: -sin, 
einem nahe sein, innewohnen, -stäth 
warten, beaufsichtigen. -wonen, 
innewohnen; zur Seite stehen. 

biben swv.: beben. 

biderbe adj. : tüchtig, bieder, vornehm. 

bickelwort stn.: ohne Überlegimg hin- 
geworfenes Wort {picket, Würfel). 

bieten stv. : tr. und refl. anbieten, dar- 
reichen, (aus-)strecken ; verursachen ; 
e? einem b., ihn behandeln; sich 
vür einen b., sich ze fuo^e ö., zu 
Füssen fallen. 

biever stn.: Fieber. 

bilde stn.: Bild, Zeichen; Vorbild, Bei- 
spiel; des bilde, dessengleichen. 

bU(e) stn.: Beil. ** 

bilkche{n),p-Ady.: von Rechts wegen, 
mit Grund. 

birsen,p- swv. : (mit Spürhunden) jagen. 

birsgeward stn.: Jagdkleidung. 

hirsgetomte stn.: dasselbe. 

Uschaß^stf.: Beispiel, Gleichnis, be- 
lehrende Geschichte, Fabel; Aus- 
legung davon. 

Hspel stn.: ^ Uschaft 

btten stv.: mit gen. warten, zögern. 

bitm- siv.: bitten; über einen, einem 
(eines ä.) &., füi' einen (um etw.); be- 
fehlen. 

bläi'Wery SLd].: blau. 

blangen (= bei-) swv.: unpers. mich 
blanget eines d,^ mich verlangt, 
gelüstet nach. 

blas stm.: Hauch. 

blatw'erfen stn.: das Umschlagen der 
Buchblätter. 

blechen swv. : sichtbar werden. 

bUalt, P' stm. : (golddurchwirkter) Sei- 
denstoff. 

blic stm.: (An-)Blick; Blitz. 

blint adj.: blind; dunkel. 



blinzm — danc. 



237 



hlinzen swv.: blinzeln. 

hliuwen stv.: bläuen, schlagen., 

hlö^ adj. : nackt, entblösst, unbehaart, 
unbewaffnet, arm und dürftig. 

blüemen swv.: mit Blumen zieren, 
schmücken. 

hlüemin adj. : von Blumen, mit Blumen 
geschmückt. 

hluot stf.: Blüte. 

hoie swfm.: Fessel. 

böhelin stn. : Demin. zu boh, Bolzen. 

borst stnm. : Borste. 

ftorfe p-^m.: gewirktes Band, Borte. 

bcese^^i^ schlimm, schlecht, gemein, 
feige, wertlos, gering. 

bcßsUchen^ böslich adv.: schlecht; gar 
nicht. 

botenbröt stn.: Botenlohn. 

bouc stm.: (Arm-)Ring. 

bö?Gh stv.: schlagen, klopfen. 

brä stswf. : Braue. • 

brocke swm.: Spürhund. 

bräht stmf.: Lärm, Schall. 

brmift stm.: brennendes Scheit. 

brechen stv. : da^ herze von einem los- 
reissen ; d&n wurf, über das Ziel des 
Wurfes hinausdringen. 

bredigcere stm.: Predigermönch. 

brehen stv.: glänzen, funkeln. 

breit adj.: breit, gross, weit. 

breiten swV.: verbreiten. 

breme swm.: Bremse. 

brengen mitteld. für bringen. 

bresten stv.: brechen, hervorbrechen. 

hretsche swf. : grüne Schale der Nuss. 

brief stm.: Brief, Urkunde, Bulle. 

brieven swv.: aufschreiben. 

bringen swstv. : bringen, tragen; ör. 
ze verändern in; in einen veran- 
lassen. 

br innen stv.: brennen. 

brinnendic Sidj.: brennend. 

briuwen stv.: brauen, anstiften. 

brosme swf.: Brosame. 

brüejen swv. : brühen, brennen. 

brunne swstm.: Quell, Brunnen. 

bruoch stf.: Hose um Hüfte und Ober- 
schenkel. 

br uoder Schaft Sit : religiöse Genossen- 



schaft; öf. enphän, in eine solche 
. aufgenommen werden. 
bi'üt stf. : Braut, junge Frau. 
buc stm.: Sturz. 
bü<^el stm.: Hügel. 
buckelmre stm.: Schild mit Buckel. 
büe^en swv. : gut machen, ausbessern, 

(den Durst) stillen; einem eine^d^, 

befreien. 
bühurt stm.: ritterliches Kampfspiel, 

wobei Schar gegen Schar reitet. 
buhurdieren swv.: den B. reiten. 
büliute pl. : Ackerknechte. 
büman stm. : Bauer, Ackersmann. 
büne stf.: Bühne, (Zimmer-)Decke. 
buoch stn., meist im pl. : Buch, bes. die 

hl. Schrift. 
buo^y buo^e stf.: Besserung, Abhilfe, 

Busse; ze buo^e^stän, büssen; mir 

ist buo^ eines d, ich bin frei von ; 

einem eines d. buo^ tuon, ihm helfen 

von, ihn befreien von. 
burcsif. : Burg, Stadt. Dazu burgcere stm. 
burcstal stn.: Burgstelle, Burg. 
büsch stm. : Schlag (mit dem Knüttel). 
busüne swf. : Posaune. 
butee swm.: Kobold, Popanz. 
büweni bouwen stv. : (das Feld) bebauen ; 

bewohnen. 

C s. K und Z. 
D (s. auch T). 

da, älter dar (abgeschwächt dar, der., 
dr-, d') loc. adv. : demonstr. da, dort, 
relat. wo ; auch zur Verstärkung des 
Relativs. Sehr häufig vor Präp. und 
Adv. (manchmal durch andre Wör- 
ter davon getrennt) : da bi ; da von 
(darum, deswegen) ; da mite, der mite; 
dar under (da-, inzwischen); dar 
inne, drinne; drobe, drumhe, drüfe; 
dinne usw.; oft bloss verstärkend: 
da ze, da her. ■ 

dagen swv.: schweigen. 

danc sim.: 1. Gedanke, Wille, Absicht; 
gen. adv. dankes, freiwillig; äne 
(mtnen) danc, wider (meinen) Wil- 
len. — 2. Dank; einem d. sagen 



238 



danewert — i^bene. 



eines d.^ loben, preisen; d. haben 

eines d.^ gelobt, gepriesen werden. 
danew'ert adv. : seitwärts, hinweg. 
danne^ denne, dan adv.: dann, damals; 

denn; nach einem Komparativ: als; 

nikt c?., nichts als. 
dannen, danne^ dan adv. : hinweg, von 

dannen; vorwärts. 
dannochj dennocht adv. : damals noch, 

noch, ferner; dennoch. 
dar s. da. 
dar, älter dare adv. : demonstr. dahin, 

dorthin, dazu ; relat. wohin. 
darben swv. : mit gen. entbehren. 
da^ (n. von der) conj.: dass, so dass, 

wenn, damit, weil ; vor verneintem 

Satze: ohne dass. 
declachen stn.: Bettdecke. 
d'egen stm. : Mann, Held. 
dehein, dekein adj. pron.: irgend ein, 

kein (mit oder ohne Negation). 
deven swv.: refl; sich dünn machen. 
derren swv.: döiTen, austrocknen. 
deich = dai^ ich, 
deist, dest = daii; ist 
deis-i deswär = da? ist war, fürwahr. 
des (gen. von da?) adv. : daher, deshalb^ 

dadurch, in bezug darauf; seitdem. 
deste{r) adv.: desto. 
dew'eder pron.: irgend einer (oder 

keiner) von zweien. 
dicke adv.: oft. 

diemüete adj.: demütig, bescheiden. 
diemüete, -muot stf.: Demut. 
dienen swv.: aufwarten; verdienen; 

durch Dienst vergelten. 
dien(e)st stmn. : Dienst, Ehrenbezei- 
gung. 
dienstlich adj. : dienstbar, dienstbeflis- 
sen. -— adv. 'liehen, 
dierne stf.: Magd. 
diet stf.: Volk, Leute. 
diesen stv. : laut schallen, rauschen. 
ditic stn. : Sache, Angelegenheit ; Lage, 

Verhältnisse; oft nm* umschreibend. 

an allen dingen, in jeder Hinsicht. 
dingen swv. : hoffen. 
dinsen stv. : zeiTen, reissen. 



diupheit stf.: diebisches Wesen, Dieb- 
stahl. 

dö temp. adv. : (demonstr.) damals, dann ; 
dagegen; (relat.) als; wähi-end doch. 

dol stf.: Leiden. ^ 

doln swv.: (er-)dulden. 

don stm.: Gesang, Lied. 

donen swv.: sich ausdehnen, sti*eben. 

dÖrpellhch adj.: bäurisch. 

dörper ^im, : Bauer, roher, ungeschlach- 
ter Mensch, Tölpel. 

dörperheit stf.: rohe, bäurische Art. 

dort, dort adv. : dort her, heran, herbei. 

dö? stm.: Schall, Lärm, iSetöse. 

drcBJen swv.: sich wirbelnd bewegen. 

dräte adv. : schnell, eilig^ 

dringen stv. : tr. flechten, weben ; drän- 
' gen ; intr. sich drängen, andringen. 

drö stf. : Drohung. 

drühCj dru stf.: Fessel, Falle. 

duo = dö, 

dwrch^ dur, dür präp. :räuml. und zeitl. 
durch, hindurch ; caus. um . . willen, 
wegen; d. da?, weil, damit. 

durchhouwen stv.: hauend dringen 
durch. 

dur(ch)liuhtec adj.: durchscheinend, 
strahlend. 

durchvarn stv.: durchbohren. 

durchvärufen swv.: (dichterisch) aus- 
schmücklen. 

dürfen^ dürfen v. prät.-präs. : Grund 
haben, brauchen, bedürfen; können. 

dürft stf.: Bedürfnis. 

dürhel adj.: durchlöchert. 

du? stm.: Schall, Geräusch. 



E. 



e (älter er) adv. : eher; zuvor, früher, 
vormals. — präp. : vor. — conj. (auch 
mit da?) : ehe, bevor. 

e (älter ewe) stf. : Gesetz ; Ehe ; diu alte, 
niuwe e, altes, neues Testament. 

eben adj.: gleich, glatt. 
i ebene adv. : gleichmässig, passend, be- 
quem, gelegen; sorgfältig, genau. 
— ebengelich, ganz gleich. — eben- 



ecke — entstän. 



Mre stf., gleich hoher Stand. — 
^enjsiere, gleich schmuck. 

ecke stf.: Schneide. 

edele adj. : edel, kostbar. 

edelkeit stf.: Adehchkeit. 

egen swv.: eggen. 

egerde swf. : Brachland ; en e, läUj brach 
liegen lassen. 

eht, et, oi adv. : nur, eben, nun einmal, 

. doch; oft kaum zu übersetzen. 

ehie num.: Nebenform von ahte. 

da interj. der Freude, der Klage. 

eidfenswv.: in Eid und Pflicht nehmen. 

eigen adj.: hörig, leibeigen. 

eigenliche adv.: ausdrücklich. 

eigenschaft stf.: Eigentum (Gegensatz 
zu lehen). 

ein unbest. art.: oft in demonstr. Be- 
deutung = der. 

eine adj. adv. : allein (verstärkt dl eine); 
beraubt (mit gen.). 

eines, eins gen. adv.: einmal, einst. 

einhilrne swm.: Einhorn. 

einic adj.: einzig. 

einlcetec adj.: aus einem Metall. 

eintw'eder pron.: einer von beiden. 

einvdltec adj.: einfach, schlicht. 

eischen stv.: heischen, verlangen. 

eislich adj.: schrecklich," furchtbar. — 
adv. -lich(e). 

eiten swv. : brennen, schmelzen. 

euer stn.: Gift. 

eich stm. : Elentier. 

eilen stn.: Kraft, Mannheit, Mut. 

eilende adj.: (land)fremd, heimatlos. 

eilende stn. : Fi-emde, Verbannung. 

eilenden swv. : refl.in die Fremde ziehen. 

dlenthaft adj.: mutig, mannhaft. 

ellentrtche adj.: -dasselbe. 

en = ent-, in; s; auch ne. 

entern stv.: eines d. entbehren, ver- 
zichten. 

enbinden stv.: befreien, erlösen. 

fjlM^m ^tv • pq°^n^ trinken; früh- 
stücken. 

enblanden stv.: e^ einem Mühe und 
Arbeit bereiten, zumuten. 

enbor adv.: empor. 

enbceren swv.: erheben. 



enbunnen v. prät.-präs.: missgönnen. 

end conj.: ehe, bevor. 

ende stnm. : Ende, Ziel, Ort ; gen. adv. 
des endes^ dahin; an ein e., bis zu 
Ende, vollständig; eines d. an ein e. 
Jcomen^ es vollständig erfahren, auf- 
zählen. 

endelich adj. : eifrig, zuverlässig, sicher. 
— adv. end(e)liche. 

ene swm.: Grossvater. 

enein (= in ein) : e. werden, (mit sich) 
einig werden, sich entschliessen. 

ener pron.: jener. 

engän stv.: ausgleiten. 

engelten stv.: mit gen. den Lohn er- 
halten, büssen, Schaden haben. 

ängesüich adj. = angestlich. 

enhalp präp. : jenseits. 

enhantf -hende (= in h.) adv. : in der 
Hand. 

enke swm.: Knecht. 

enmitten (= in m.) adv.: in der Mitte. 

enpfähen stv. : in Empfang nehmen, an- 
nehmen, gastlich aufhehmen, be- 
grüssen. 

enpf allen stv. : entschwinden, verloren 
gehen. 

enpfettmi swv. : entkleiden, ausschirren. 

enpfinden stv.: wahrnehmen, fühlen. 

ensamt adv.: insgemein, zusammen. 

entheben swv.: aufi-echt halten. 

enthalten stv. : aufhalten; refl. entsagen. 

enthdn swv.: refl. sich enthalten. 

entliben stv.: einem loslassen. 

entUgen stv.: entschlafen. 

entnemen stv.: entleihen. 

entreinen swv. : veninreinigen. 

entrihte n ,swv. : in Unordnung bringen. 
• minuwen (=m tr.) adv.: fürwahi-, traun! 

entsagen swv. : refl. sich losmachen, 
befreien. 

entsckumpfieren swv. : misshandeln, 
entehren. 

entseben stv.: eines d. iiine werden, 
merken. ' 

entsitsen stv. : tr. sich entsetzen, fürchten. 

entslähen stv. : einen einem d. befreien. 

entslie^en stv.: aufschliessen. 

entstän stv.: verstehen. 



240 



entswehtn — erstnecken. 



entsweben swv.: einschläfern. 

entwachen swv.: erwachen. 

entwdlen swv.: säumen, zögern. 

entw'er adv.: in die Quere, verkehrt, 
hin und her. 

entw'erden stv.: eines d, frei werden. 

tntwerfen stv.: zeichnen, malen. 

entwern swv.: entledigen, berauben. 

entwesen stv. : eines d. ohne etw. sein. 

enwadde (= in w.) adv. : hin und her. 

enw'ec (= in w.) adv. : hinweg. 

enwette (= in w.) adv. : um die Wette. 

enwlht s. toiht. 
,enzünden swv.: zornig machen. 

eppeie, plur. von cU^t stm. 

er, proklitische Form für herre, 

erargen swv. : schlecht, geizig werden. 

erbarmen swv. : einem erbarmen, rüh- 
ren. 

erbarmic adj.: barmherzig. 

erbeii stf.: = arebeit. 

erbeiten swv.: emcs d» erwarten. 

erbei^en swv.: (das Pferd) fressen 
lassen; vom Pferde steigen, absitzen. 

erbeigen stv. : aufgebracht, zornig wer- 
den. — part. erbolgen, zornig. 

erben swv.: sich vererben. 

erbieten stv.: e? einem erweisen, be- 
handeln. 

erbiten stv.: eines c?. ei*warten. 

erbiien stv. : einen eines d. durch Bitten 
zu etw. bewegen. 

erbrimmen stv.: brummen. 

erbunnen v. prät.-präs. : mit gen. miss- 
gönnen, berauben. 

erdewase swm.: Stück Rasen. 

erdie^en stv.: ertönen, ertosen, auf- 
schreien. 

erdürsten swv.: verdursten. 

ere stf.: Ehrgefühl; Ansehen, Ruhm; 
Preis, Zierde ; Herrlichkeit; nach er en, 
der Ehre gemäss, ehrenvoll. 

eregir adj.: nach Ehi*en strebend. 

eren swstv. : ackern, pflügen. 

erenborte swm.: Schmuckgürtel. 

ergehen swv.: ereilen. 

ergän, -gen stv.: geschehen; ausgehen, 
zu Ende gehen. 

ergerunge stf.: Ärgernis. 



ergetzen swv. : einen eines df. vergessen 
machen, entschädigen, laben^ 

erglesten swv. : erglänzen, aufleuchten. 

ergli^en stv.: dasselbe. 

ergrinen stv.: wiehern. 

erheben stv.: heben; anheben; refl.sich 
aufinachen. 

erheUen stv.: erschallen, ertönen. 

erhbln swv.: tr. erwerben; refl. mit gen. 
sich erholen von. 

erhoßren swv.: verstärktes hceren. 

erkennen swv. : wissen, kennen, kennen 
lernen ; anerkennen. — part. erken- 
nety erhant^ bekannt, berühmt 

erkiesen ^i\,' ei-wählen; erblicken. 

erklengen swv.: erklingen machen. 

erklich adj.: ekelhaft, übel. 

erkrimmensi\.: zerkratzen, zerfleischen. 

erkuolen swv.: kühl, kalt werden. 

erlachen swv.: auflachen. 

erlangen swv.: tr. erreichen; unpers. 
zu lange dünken, langweilen. 

erlägen stv. : einen eines d. erlassen^ 
befreien. 

erlernen swv.: lähmen. 

erlengen swv.: verlängera. 

erleschen stv.: erlöschen. 

erhüben swv.:, erlauben, zugestehen. 

erlotifen stv. • (laufend) einholen. 

erlüten swv.: laut werden. 

ermanen swv.: antreiben. 

ermen swv.: arm machen. 

ermieten swv.: erkaufen, bezahlen. 

ermordern swv.: ermorden. 

ernern swv.: erretten. 

ernstliche adv.: ernst, eifrig. 

erraten stv.: verstehen. 

errtchen stv. : vei-stärktes rechen^ 

errlten stv. : (reitend) einholen. 

erscJiamen swv. : refl. in Scham geraten. 

erscheinen swv. : zum Vorschein brin- 
gen, zeigen, offenbaren, tun ; refl. 
wahr werden. 

erschellen stv.: erschallen, ertönen. 

erschellen swv.: erschallen machen, 
blasen; zerschellen, spalten. 

erscMnen stv. : (auf-)leuchten, glänzen. 

erschricken swv.: = erschrecken. 
. ersmecken swv. : erwittern. 



ersmielen — gebel. 



Ui 



ersmielen swv.: zu lächeln anfangen, 

lächeln. 
ersprengen swv.: aufjagen. 
erspringen stv.: entspringen, hervor- 

spriessen. 
erst (superl. zu er) : des ersten, von 
erste, eem ersten, zuerst; an dem 
ersten^ von Anfang an. — adv.ersf{e), 
zum ersten Mal ; zuerst, jetzt erst. 
ersterben stv. : sterben. 

ersterben swv.: töten. 

erstrecken swv.: ausstrecken, ausdeh- 
nen. 

ersuocJien swv. : durchsuchen, ausfindig 
machen. 

ertöben swv.: rasend, wütend werden, 
(des muotes) von Sinnen kommen. 

ertosren swv.: zum Toren, veri'ückt 
machen. 

ertwingen stv. : erzwingen, sich ge- 
waltsam aneignen.. 

ervarn stv.: durchfahren, erforschen. 

ervin ^en stv. : kennen lernen, erfahi'en, 
erkunden. 

ervüllen swv.: füllen, voll(zählig) ma- 
chen. 

ervürhten swv.: verstärktes vürhten. 

erwägen swv.: erschüttert werden, 
schwanken. 

erwegen stv. : emporheben ; refl. eines 
d. sich entschliessen zu. 

erweln sviv.: part. erweit, auserwählt. 

erwenden swv. : abwenden, verhindern. 

erwerden stv.: verderben. 

erwihen stv.: ermatten, ei-schöpfen. 

erwi ndßn stv . : ablassen, verzichten, 
nachlassen, "Stufhören. 

erziehen stv.: herausziehen, zücken; 
behandeln. 

ersornen swv. : einemin Zorn versetzen. 

erzürnen swv.: in Zorn geraten. 

est(e)rich stm.: Fussboden. 

et s. ehU 

ei{e)lich, €t(e)slich^i'on,: einer, mancher. 

ei{e)wd adv.: ii-gendwo, hier und da; 
vor Adj. und Adv. ziemlich, sehr. 

etevoenne, eteswenne adv. : zu einer Zeit 
(in Vergangenheit oder Zukunft); 
einmal, dann und wann. 



ete(s)wer pron.: jemand. 
experimenteil swv, : durch Erfahrungs- 
beweise dartun. 



F. s. V. 
G. 

gäbilöt stm.: kleiner Wurfspiess. 

gäch adj.: eilig, schnell, ungestüm; 
mir ist gäch, ich habe es eilig. 

gadem stn. : Gemach, Kammer. 

gcehe adj, = gäch, 

gähen swv. : ei^^n ; . eines d. eilen mit, 
beschleunigen». 

gähes^ gähens, gcehes gen. adv. : schnell, 
plötzlich. 

galm stm.: Schall. 

gar {-wer) adj.: feilig. — adv. gänz- 
lich, ganz und gar, vollständig. 

gart stm.: Stachel, Treibstecken. 

garwe^ gare adv. = gar. 

garzünstm.: Edelknabe, Schildknappe. 

gast stm.: Fremder, fremder (feind- 
licher) Krieger. 

gastlich adj. : nach Art eines Fremden. 

gaten swv.: ffuo an die Seite stellen, 
vergleichen. 

ge- (vor Vokalen, Liquiden und in der 
Jüngern Sprache auch vor andern 
Lauten oft g-) tritt häufig vor ein- 
fache Verben: 1. verstärkend, na- 
mentlich vor Infinitive nach den 
modalen Hilfsverben kunnen, mü- 
gen» türren usw. — 2. verallge- 
meinernd, in negativen oder fragen- 
den Sätzen mit ee, nie, niemer usw. 
— 3. zur Bezeichnung der vollende- 
ten Handlung; das Präsens erhält 
dann die Bedeutung des Fut. ex. oder 
Perf., das Präteritum die des Plus» 
quamperf. (s. § 57). 

g(e)arnen swv.: = amen. ^^' 

gebär stm.: Art des Benehmens. 

gebcer.de stf.: Gebärde, Benehmen. 

gebären swv. : sich gebärden, sich be- 
nehmen. 

gebe stf. : Gabe, Geschenk, Belohnung. 

gebel stm.: Schädel. 



242 



geben — genagen. 



geben stv.: zuo beigeben; ein ende g., 
ein E. nehmen. 

gebende stn. : Stirn- (undWangen)binde, 

V Kopfschmuck der Frauen. 

gebieten stv, (i gebieten, befehlen; laden. 

gebinde stn. = gebende, 

gebrehte stu.: Geschrei, Lärm. 

gebr'este swm.: Mangel. 

gebrestefi stv.: mangeln, fehlen; unpers. 
mir gebristet eines d, 

gebur stm., gebüre swm. : Bauer, roher 
Mensch. 

gebürekin stn.: Bäuerlein. 

gebürik adj.: bäurisch. 

geburkleinöt stn.: Baüemkleinod. 

gedanc stm.: Denken, Gedanke. 

gedefiken swv.: verstärktes denken, 

gediet stf.: Volk. 

gedihen stv.: gedeihen ; ichgedihe übeley 
mir ergeht es übel. 

gedihie adv.: häufig, oft. 

gedinge swm. stn.: Hoffnung, Zuver- 
sicht. 

gedinge stn.: Übereinkunft, Vertrag. 

gedmne stn.: Gesang. S. dön. 

gedrenge stn.: Gedränge; Dickicht, 

gegaten swv. : = gaten, a» ^*' i < - ^ ' 

flfe^ew, ^reiw, ^en prffp. mit dat. : nach 
. . hin, nach, zu, entgegen, gegen- 
über, verglichen mit; vor Infinitiven : 
um zu. 

geha^ adj.: feind. 

geheilten stv. : verheissen, versprechen. 

gehilee stn.: Schwertgriff. 

gehiure adj. : lieblich, angenehm, zahm. 

gehceren swv.: hören, gehören. 

gehügen swv.: eines d. gedenken, be- 
dacht sein auf. 

gehünde stn.: sämtliche Hunde. 

geil adj.: fröhlich, mutwillig, üppig. 

gein = gegen. 

geis{t)lich adj. : geistig; geisthch, fromm. 
— adv. 'liche(n). 

gejägede stn.: Jagd. 

gel l-wer) adj.: gelb. 

gelcege stn.: Lage, Verhältnisse. 
. gelangen swv.: mich gelanget eines d.y 
mich dünkt etw. lang ; ich verlange 
• nach. 



geld^ stn.: (Körper-)Bildung, Gestalt, 

Benehmen. 
geUgenheit stf. : Lage. 
geleite swm.: Führer. 
gelenke adj..* gelenkig, gewandt. 
gelenke stn.: der biegsame Teil des 

Leibes oberhalb der Hüfte, Taille. 
gelf s, gUpf, /^/^^'-^^-c^i-^?^^ 
gdich adj.: gleich. — adv. gellch{e\ 

gleicher Massen, übereinstimmend, 

entsprechend. 
geliehen swv. : tr. gleich stellen, ver- 
gleichen; refl. und intr. gleichen. 
gelicheii swv. : gefallen. 
gelieben swv. : lieb, angenehm machen. 
geliep adj.: einander lieb. — Subst. | 

pl. Liebende. | 

geligen stv.: darnieder liegen. 
gelingen stv. : unpers. mit dat. Erfolg, 

Glück haben. i 

gelle swf.-: Nebenweib. 
g'elpf,, gelf adj. : glänzend, lebhaft. 
gelt «tn.: Vergeltung, Ersatz; Zkjsgut. 
gelten stv.: (zurück-)zahlen, bezahlen, 

vergelten, entgelten; antworten; ein- 
tragen, einbringen. 
gelücjce stn. : Glück ;^(glücklicher) Zufall. 
geltist stm.: Begierde, Gelüsten. 
gemach adj. : gleich ; Wunders g., was 

einem V^under gleich ist, 
gema ch stmn. : Ruhe, Bequemlichkeit: 

Wohnung, Haus. ^~ 

gemcU adj. : hunt verziert. 
gemceij;e adj.: gemäss, angemessen. 
gemeine adj.: gemeinsam, allgemein, 

übereinstimmend. — adv. zusammen, 

insgemein. 
gemeine stf.: Anteil, Gemeinschaft. 
gemeit adj.: freudig, froh. 
gemelich adj.: fröhlich, lustig, spass- A 

haft, ausgelassen. — adv. -liehe, ^^ 
gemerken swv.: bemerken, sehen. ^ 
gemuot adj.: gesinnt, gestimmt j^ 
gen = gegen, ^^ "^^ 

genäde stf.: Geneigtheit, Gunst, Huid; 

Dank. 
genddelos adj.: unglückselig. 
genaden swv. : gnädig sein. 
genagen, gn- stv. : nagen. 



genceme — gemioge. 



243 



genceme adj. : angenehm, willkommen. 

genern swv. : verstärktes nern, 

genesefi stv.: am Leben bleiben, mit 
dem Leben davon kommen, aus- 
kommen. 

genieien swv.: refl. mit gen. sich be- 
fleissen, erfreuen. 

gemessen stv. : eines d, Genuss, Nutzen 
haben von. 

genöte adv.: eifrig, eindringlich. 

gencete adj. : eines d, eifrig, beflissen. 

genö? sim., genöte swm.: (Standes-) 
genösse; mit gen. oder prön. poss. : 
gleich; z.B. stn g,^ seinesgleichen. 

geno^en swv. : zugesellen, an die Seite 
stellen, vergleichen. 

genullt stf.: Genüge, Fülle. 

genuoc adj. (auch subst. mit gen.): 
hinreichend; viel. — adv. genuoc, 
gentioge, genugsam, sehr. 

ger stf.^: Begierde, Verlangen. 

ger stm. : Wurfspiess. 

gercßte stn.: Beirat; Vorrat, Ausrüs- 
tung, Ausstattung. 

geraten stv.: (an-)raten, verhelfen zu; 
(vor Infin.) anfangen, auch bloss das 
Verb, finit. umschreibend:' eines rf. 
entraten, verzichten. 

gere swm. : Schoss. 

gereichen swv.: erreichen. 

gereit adj.: bereit(et), gerüstet. 

gereiiei adv. : schnell, alsbald. 

gerich^im.: Rache, Strafe. 

gerinc stm.: Ringen, Streben. 

geriien part. adj.: beritten. 

gerillte stn: urbar gemachtes StückLand. 

gern swv. : emesc?. begehren, verlangen. 

gerstange swf.: Ger(sGhaft). 

gerücken swv.: = rücken. 

gerünen swv. : = rünen. 

geruochen swv.: eines d. beachten, 
belieben, geruhn, sich entschliessen ; 
begehren, wünschen. 

gerüste stn.: Gerät, Werkzeug. 

gerwen swv. : bereit machen, rüsten. 

geschaft stf.: Geschöpf. 

gescMhen stv. : mir geschiht ze schei- 
denne, ich muss scheiden. 

geschepf(e)de stf. : Geschöpf. 



geschiht stf. : Ereignis ; Sache ; von ge- 
schihte^ von ungefähr. 

geselle swm.: Genosse, Freund, Gelieb- 
ter. 

geseUecUche adv. : zur, in Gesellschaft. 

gesiht stf.: Anblick, Erscheinung.^ 

gesinde stn.: Gefolge, Dienerschaft. 

gesinnen stv.: an einen eines d, ver- 
langen. 

gesläht adj.: angeboren, angemessen. 

gesprceche stn.: Unterredung, Berat- 
ung. 

gesprochen stv.: einem über einen 
sprechen. 

gestän, -st^n stv.: (be-)steliBn, stehen 
bleiben, Stand halten (eines d.); ab- 
gehen ; einem beistehen, helfen ; 
ein^em eines d, beipflichten, erlauben. 

gesten swv.: kleiden, schmücken. 

gestö^ stn.: Stossen, Drängen. 

gestüele stn.: Stuhl, Thron. 

getelinc stm.: Geselle, Bursche. 

getiht^ stn. : Dichtung, Dichtkunst. 

getoutaet part. adj.: betaut, tauig. 

getrüwen^ getrouwen swv.: glauben, 
trauen, (sich) zutrauen ; ei-warten, sich 
versehen (eines d.). S. noch trüwen. 

geturren v. prät-präs. : = turren, 

getürstikeit stf.: Kühnheit. 

getwartC sim.: Zwang, Gewalt. 

getw'erc stn.: Zwerg. 

gevähen stv.: fangen, ergreifen, er- 
reichen; ze sich wenden zu. 

gevar adj.: gefärbt, aussehend, be- 
' schaffen. 

gevcerde stf.: Hinterlist, Betrug. 

gevarn stv.: = varn. 

gevech adj. : feindlich. 

gevelle stn. : abschüssige Gegend. 

geverte stn. : Fahrt (auch deren Zweck), 
Weg; Auftreten, Gebahren. , 

gevieret part. adj. : quadratus; bildl. V^ 
fest, beständig. 

gevreischen stv. : erfahren, vernehmen, 
kennen lernen. 

geviiege adj. : schicklich, höflich, artig, 
geschickt. — adv. gevuoge. 

gevügde stn.: die Vögel. 

gevuoge stf.: = viioge. \ 



\ 



244 



gewcßfen — guot 



geuxBfen stn.: die WafiTen, Rüstung. 

gewaltecliclie(n) adv.: mit Gewalt. 

gewcBre adj.: wahr, zuverlässig. 

qewairltche adv. : in Wahrheit, sicher- 
lich. 

gewcBte stn.: Kleidung, Rüstung. 

gewerlicken a^v. : w^j^jiivp ; hphiUqnjn ___ 

gewern swv. : einen eines d. gewähren, 
bezahlen, leisten. S. noch wem. 

gewern swv.: refl. mit gen. sich er- 
wehren. S. noch tf^rn, 

geworren stv. : einem im Wege stehen, 
schaden. 

gewinnen stv. : (den Sieg) gewinnen, 
erwerben, bekommen, erreichen, er- 
greifen, holen; den lip g.^ geboren 
werden; einen vür sich g.^ vor sich 
kommen lassen. 

gewi^^enJieit stf.: Gewissen. 

gew&n adj.: gewohnt. 

gezan adj.: gezähnt. 

gezemen stv.: mit dat. geziemen, an- 
gemessen sein; mich gezimet eines 
d*y ich finde Gefallen an. 

geziuc stm.: Zeug, Stoff'; Werkzeug; 
Ausrüstung. 

geziuc stm., gezitige swm. : Zeuge. 

ge0Ogenl%zhe{n) adv. : anständig, artig . 

gickelvech adj. : buntscheckig. 

gief stm. : Tor, Narr. 

giel stm.: Maul, Rachen. 

gimme stf.: Edelstein, Juwel. 

ginen swv.: das Maul aufsperren. 

gir stf.: =ger; mir wirdetgir, mich 
verlangt. 

gtsel stm. : Geisel. 

gitekeit stf.: Habgier, Geiz. 

glänz adj.: glänzend hell. 

glast stm.: Glanz. 

glcevin stf.: Speer, Lanze. 

glesin adj.: von Glas. 

glete stf.: Glätte. 

glt?e stf.: Glanz. 

gloie swf. : Schwertlilie. 

glöse stf.: Glosse, Auslegung. 

golivar adj.: goldfarbig. 

göltva^ stn.: goldenes Gefass. 

gotelich adj.: göttlich; gottesfürchtig^ 
fromm. 



gotinne stf.: Göttin. 

gouch stm.: Kukuk; Bastard; Narr. 

gougel^gotikel sin. : zauberisches Blend- 
werk. 

gougelfuore stf.: Gaukelei, unbestän- 
diges Wesen. . 

goume stf.: prüfendes Aufmerken; 
goume hdn, nSmen eines d., acht 
haben auf, wahrnehmen. 

grä('Wer) adj.: grau. 

gräl stm.: Schüssel; das wunderbare 
Kleinod auf Muntsalväsche (die 
Abendmahlsschüssel Christi, in der 
nachher auch das Blut des Erlösers 
aufgefangen wurde). 

gram adj. : zornig ; feindUch. 

grane swf.: Barthaar. . 

grdnät sjm. ; s. jächant 

grdt stm.: Gräte. 

grem{e)lichi gremilich adj.: grimmig, 
schrecklich. — adv. -liehe. 

grie^ stm.: (Ufer-)Sand, Strand. 

grimme adj.: grimmig, wild, furcht- 
bar. — adv. grimme. 

gnnen stv. : das Maul verzerren, knur- 
ren. 

grts adj.: grau, greis. — adv. grise, 

grise stf.: graue Farbe. 

grisgramen swv. : (mit den Zähnen) 
knirschen. 

griu(we)lich adj.: Grauen erregend, 
schrecklich. — adv. griuUche. 

gröblichen adv.: heftig, sehr. 

grö^j; adj.: gross, dick. — adv. j^rd^6, sehr. 

grcß^^Uch adj. : gross. — adv. -liche(n)r. 
sehr, aufs höchste. 

grünt stm.: (Ab-)Gi*und, Hölle; von 
gnmde, gründlich. 

gruoben swv. : eine Grube graben. 

gruonen swY.: grün werden. 

giietlichein) adv.: gütig, freundhch. 

guft stm.: lautes Schreien, Übertrei- 
bung. 

gugel stf.: Kapuze. 

giUte stf.: Einkommen; Zinsgut. 

gunnen v. prät.-präs. : einem eines d, 
(ver-)gönnen, erlauben^ 

guot adj: : gut, tüchtig, vornehm ; etw. 



ffUOt 



hermm. 



245 



fürguoi nemen, vorlieb nehmen mit; 
einem giiot sin, behilflich sein. 
guot stn.: Gutes; Gut, Vermögen; 
durch guot, in guter Absicht; se 
guoiCy zum guten. 

H. 

Jiabe stf. : Hafen. 

Jmbech^ -ich stm.: Habicht. 

habedanc stm.: Dank, Lob. 

haben swv. : (inne-)haben, (fest-)halten, 
behalten, erlangen; })ehandeln, hal- 
ten für. S. § 50. 

habere swm,: Hafer. 

haft stm. : Band, Fessel ; haß gewinnen, 
haften bleiben. 

hähcere stm.: Henker. 

halbes gen. adv.: halb. 

halpful stn.: Halbschwein. 

halsp'erc stm., -perge stf. : Panzer füi* 
Hals und Brust; Panzerhemd. 

halt adv. : eben, nämlich, nun einmal; 
besonders verstärkend nach swer, 
swa^y swie usw.: auch. 

handeln swv. : behandeln; unterstützen. 

handehmge stf.: Behandlung, Bewir- 
tung. 

hant stf.: Hand; ein helt se sinen han- 
delt^ tapferer, tatkräftiger H. — Art, 
Sorte ; aller hande, maniger hande^ 
guoter hande (von guter Art, vor- 
nehmem Stande). S. noch enhani, 
behaut 

hantgetät stf.: Geschöpf. 

hantveste stf. : (schriftliche) Versiche- 
rung, Urkunde. 

härm stm.: Hermelin. 

harmschar stf.: Leid, Not. 

harnasch stmn.: Harnisch. 

harpfe swf. : Harfe. 

harpfen swv. : Harfe spielen. Auch tr. 

harte adv. (zu herte) : stark, sehr. 

haven stm.: Topf. 

havenschirben stf.: Topfscherbe. 

Äa^ stm.: Hass, Neid; äne has;, fried- 
lich, gerne, aufrichtig. 

heben stv.: tr. anfangen. — refl. sich 
erheben, sich aufmachen, anfangen, 
entstehen. 



heia interj. vor Ausrufen. 

heiden stm.: Heide, Sarazen. 

heiliheit stf.: Sakrament. 

heim stn. : dat. adv. heime, zu Hause ; 
acc. adv. heim, hein, nach Hause. 

heimelich adj.: vertraulich, zutraulich, 
liebevoll, zahm. — adv, ••ltche{n). 

heimeliche gif.: VertrauHchkeit. 

heimelicheit stf.: dasselbe. 

heimelichen swv. : refl. sich einschmei- 
cheln. 

heimesuoche stf.: Heimsuchung.. • 

heilen stv.: (ver-)heissen, geloben; 
einen heilten liegen, der Lüge zeihen. 

hei adj.: helltönend; glänzend. 

h'elekäppel stn. : unsichtbar machendes 
Mäntelchen. 

hSlfe stf.: Hilfe. 

helfenbein stn. : Elfenbein. 

helfertche adj.: hilfreich. 

helle Sil: Hölle. 

hellemör stm.: Höllenmohr, Teufel. 

hellen stv. : ertönen, erklingen. 

hellewirt stm.: Teufel. 

heim stm., Mime swm. : Helm. 

helmhouc stm. :~ H^mspange": 

helmehuot stm. : Eisenhut. 

helm{e)va? stn.: Topf heim. 

h'elmgespan stn. : Helmgespänge, Helm- 
bänder. 

helmschtn stm.: Helmglanz. 

Min stv.: einen, einem ein d. (ver-) 
hehlen, geheim halten. 

Mngen sw\.: hangen lassen (Gegens. 
haben). 

Mr stn.: Heer; einem einherwesen, 
ihm überlegen sein. ^~ 

herberge stf.: Herberge, Lagerplatz. 

herb'ergen swv.: sein Nachtlager neh- 
men, ein Lager aufschlagen. 

her(e), har adv.: räuml. (hier-)her; 
zeitl. bisher. 

her{e) adj.: hehr, erhaben, herrlich, 
heilig; stolz, übermütig. 

hergeselle swm.: Kampfgenosse. 

hergesinde stn.: Heergefolge. 

herlich Siäij.: hei*rlich, stattlich, vor- 
nehm. — adv. -Uche{n). 

hermin adj.: von Hermelin. 



246 



Mvre 



hurt. 



Mrre, herre, (proklit.) her swm. : Herr. 

herschaft slf. : Herrlichkeit, hohe Macht, 
hohes Amt; vornehme Gesellschaft. 

herte adj. : hart, fest. 

herle stf.: Häiie; Kampfgedränge. 

herte stf.: Schulter(blatt). 

hertekelt stf. : Härte. 

hervart stf.: Kriegszug. 

hermchen stn.: Feldzeichen, Fahne. 

htrsdeit adj.: herzlich leid, schmerz- 
lich (öegens. herzeliep). ' 

Mrjselust stm. : herzliches Wohlgefallen. 

hie(r) ädv.: hier; vor andern Adv.: 
räuml. hie engegene, Jüeheime ; zeitl. 
hie (be)vor usw. 

Mnaht adv. : diese Nacht. 

hinde swf.: Hindin. 

hirider präp.: hinder sich, zurück. — 
adv. hinten, zurück; hinder gehaben, 
sich hinten halten. 

hin{e) adv. : (hin-)weg, fort, dahin. Vor 
andeni Adv. : hindan (weg, von dan- 
nen, aiif die Seite), hinhinder (zu- 
rück), hinnider (hinunter), hin vür 
(nach vom hin hinaus), hin widere 
(zurück) usw. Vor Verben: hin 
bringen y ans Ziel bringen, -hel- 
fen, forthelfen, retten, -lä^en, ze 
(zur Entscheidung) überlassen, -le- 
gen, beiseite legen, entfernen. -tH- 
ben, (die Zeit) vertreiben, -tuon^ 
aufgeben. 

hin[e)vart stf.: Hinreise, Hinscheiden. 

hinne = hie inne, 

hinnen, hinne adv.: von hinnen; zeitl. 
k.dar, bis dahin; h,vUr, hinfort. 

Mnt{e) adv. = htndht, 

Mrät stm. : Vermählung, Verlobung. 

hirz stm.: Hirsch. 

hoch adj.: stark, laut, gehoben, stolz; 
höhiu spil, mit hohem Einsatz. — 
adv. höhe ; compar. (üf)hdher, weiter 
weg, zurück. 

höchgemäc adj.: wer vornehme Ver- 
wandte hat. 

höchgemüete stn. : hochsti-ebender Sinn ; 
Stolz, Hochmut. 

hochgemuot adj.: hochsinnig; hochge- 
stimmt; stolz. 

höchgezU, hochztt stf.: Fest. 



höchkunst stf.: hohe Kunst, Wissen- 
schaft. 

hochspränge adj.: hochspringend. 

hdcMr<Jigende part. adj.: hochgemut, 
stolz. 

hdchvart., hdvart stf.: Hochsinn; Hof- 
fart, Übermut. 

höchverten swv.: hochmütig sein. 

höchvertic adj.: stolz, übermutig. 

hcßhen swv.: erhöhen, erheben. 

hol stn.: Höhle, Loch. 

hoene adj.: verächtüch. 

hcenen swv.: schmähen, entehren, er- 
niedrigen. 

horden swv.: sammeln, anhäufen. 

hceren swv.: ze gehören zu. 

hornunc stm.: Februar. 

hose swf.: Langstrumpf, Bekleidung 
der Unterschenkel. 

hoiibet stn.: Haupt, Kopf. 

hoiibetlist stm.: höchste Kunst. 

houbetloch stn. : Itopfloch am Gewände. 

houbetman stm.: Hauptperson. 

Houbetsünde stf.: Haupt-, Todsünde. 

hof stm. : Hoftag (auch als Gericht). 

hovelich, hövelich Sidj.: bofgemäss, hö- 
fisch, fein, artig. — adv. -lichein). 

hovereise stf. : Fahrt zu Hofe. 

hoveroht adj.: bucklicht. 

Iiövesch adj. : = hovelich. 

hövescheit^ höfscheit, Jitibischeit stf.: 
höfisches, vornehmes, feines Wesen ; * 
Artigkeit. 

hovespilsiii,: höfisches, ritterliches Spiel. 

hovewise stf.: höfische Art. 

hübe swf.: Haube, Helm. 

hübesch = hövesch. 

hüetel stn.: Hütchen; um den Kopf 
gewundenes Tuch. 

hüeten swv.: acht haben, sich hüten. 

huf stf. : Hüfte. ^ 

hiäde stf.: Huld; Ergebenheit, Treue. 

huobe stf.: Hufe, Stück Land. 

huöbegelt stn.: Abgabe von einer huohe, 
Grundzins. 

huon stn.: Hahn oder Henne. 

hti>ote stf.: Hut, Bewachung, Vorsicht. 

hurst stf.: Gesti-äuch, Dickicht. 

hurt stf.: Flechtwerk aus Reisern, 
Hürde. 



ÄMS — juncß'ouwe. 



247 



Jms stn.: hüs hän, wohnen. 
Jiüsere stf. : Gastlichkeit. 
hüsgemach stn.: Wohnung. 
hüüen swv.: seine Wohnung aufschla- 
gen. 

r. 

ie adv. : (auf die Vergangenheit bezogen) 
je, immer; jedenfalls, durchaus; auch 
bloss zur Verstärkung vorgesetzt. 

iedoch adv.: doch, dennoch, jedoch; 
auch. 

ieg(e)Uch, iegesUch pron. : jeglicher, 
jeder. 

iekt = iht, 

ieman, iemen pron.: irgend jemand. 

iemer^ immer adv.: (auf die Zukunft 
bezogen) je (wieder), (füi*) immer; 
iemer^ immer me(re\ je wieder, für 
immer. 

iender(t)^ inder(i) adv.: irgend (wo), 
überhaupt. 

iesä adv.: sogleich. 

ieslich^ islich pron.: jeder. 

ietwtder, iew'eder pron. : jeder von bei- 
den^ 

iew'ederthalben adv. : auf beiden Seiten. 

ieee adv.: jetzt. 

iej^nt adv.: jetzt. 

ieztio adv.: (gerade) jetzt, eben. 

iht stn.: irgend etwas; auch: irgend 
ein; z^hte, irgend, einigermassen. 
— adv.: in irgend einer Hinsicht, 
etwa. 

impeten^ impfeten swv. : impfen, pfro- 
pfen. 

in (geschwächt m § 8) präp. : in, an, auf, 
bei, zu, gegen. — adv. in, ein. 

in adv.: (hin-, her-)ein. 

indurstic adj.: sehr durstig. 

ingeber stm.: Ingwer. 

ingesigel stn. : Siegel. 

ingesinde stn.: Dienerschaft, Gefolge. 

ingrüene adj.: kräftig grün. 

inne, innen^ innan adv.: inne, innen, 
inwendig. — Vor Verben: inne(n) 
bringen, kennen lehren, zur Einsicht 
bringen; inne(n) w'^rden^ kennen 
lernenj gewahr werden. 



inre präp. mit dat. : innerhalb, binnen. 

irre adj. : irre gän eines d.y unsicher, 
verlustig sein. 

irren swv.: in Verwirining bringen, 
stören, hindern, vei-speiTen. 

isenhaU stn. : eisernes Kistchen zur Auf- 
bewahrung von Wertsachen. 

tser stn.: Eisen. 

itel adj.: leer, ledig; verstärkend vor 
Adj.: ganz. 

itemuwe adj.: ganz neu. 

itewis; stmn., itewi^e stf. : Vorwurf, Ver- 
weis, Tad^l. 

itewi^en swv. : vorwerfen, tadeln. 



ja: fürwahr; nämlich. 

jächant stm. : grdndt J., hyacinthus 
gi'anatüs, orientalischer Rubin. 

jaget stn.: Jagd(beute). 

jämer stmn.: Leid, Kummer. 

jämerlich, jcemer(c)Uch adj.: schmerz- 
lich, leidvoll, kläglich. — • adv. 
liche(n). 

jdmern swv. : unpers. mit acc. schmerz- 
lich verlangen nach. 

jär stn.: ze järe, übers Jahr. 

jctrlanc adv.: in diesem Jahre, jetzt. 

jegede stn. : = jaget 

jegermeister stm.: Meister im Weid- 
werk. 

jehen stv. : eines d, sagen, sprechen, 
behaupten, bekennen, bekunden ; sich 
für besiegt erklären ; einem eines d* 
zugestehen, zuerkennen (der eren, 
des besten), zu eigen geben. 

j6: fürwahr. 

joch conj.: und, auch ; doch ;joch—unde, 
sowohl — als auch. — interj.: ja doch, 
wahrlich. 

jugent stf.: Jugend; junger Mensch. 

junc adj.: superl. letzter. — adv. (ze) 
jtmgest^-istfZxileizij zum letzten Mal. 

juncherre swm.: junger HeiT, Junker, 
Edelknabe. — Demin. -herrelin. 

juncfrouwe swf.: junge Herrin, Fräu- 
"^lein. 



US 



kalten — kriuzetact 



K. 

kalten swv.: kalt werden.. 

kamertere, kamerer. simri Kämmerer, 
Schatzmeister. 

kamercßrinne, -in stf.:. Hofmeisterin. 

kapfen swv. : offenen Mundes, schauen, 
gaffen. " . 

kappe swf. : Mantel mit Kapuze. 

karc adj.: klug, schlau; geizig, . 

karräsche swf.: Wagen. 

kastelän stn. : kastilisches Ross. 

kein pron. : = dehein. 

keiserlich adj.: herrlich. 

kelbenn adj.: kälbern. 

kein swv.: stossen, 

kemenäte stswf.: heizbares Gemach, 
Schlafgemach, Frauengemach. 

kempfe swm,: Kämpfer, besonders der 
Berufsfechter. 

keppel stn.: Mützchen. 

kere stf.: Wendung, Umkehr, Gang. 

keren swv. : (sich) wenden, zuwenden, 
richten auf (üf, se), gehen. 

kerge stf. : List, Schlauheit. 

kerzstal stn.: Leuchter. 

ketene stf. : Kette. 

kevere swm.: Käfer. 

kiel stm. : grosses Schiff. 

kiesen stv.: (prüfend) sehen, wahrneh- 
men, merken; (er) wählen. 

kindegeUch: jedes Kind. 

kint stn. : Kind, Jüngling, junger Ritter, 
Jungfrau; von kinde, von K. auf. 

kiusche adj.: keusch, sittsam; massig. 

kiusclie stf.: Keuschheit. 

klä(we) stf.: Klaue, Kralle. 

klaffen swv.: das Maul aufreissen, 
schwatzen, prahlen. 

kläfter stf. : Mass der ausgebreiteten 
Arme. 

klagen swv.: (be-)klagen;ff/*emm' an- 
klagen. 

klä7' adj. : glänzend, schön, herrlich. 

klärheit stf.: glänzende Schönheit. 

klegede, klegte stf.: Klage. 

kleinät, Meinet stn.: Kleinod. 

kleine adj.: fein, zierHch; wenig, 
(iron.) gar kein ; ein kleine, ein wenig. 



— adv. kleine(n), Wenig, gering, 
(iron.) gar niöht. 

klobe swm. : gespaltenes Holzstück zum 
Vogelfang, Fangholz. 

klösenmre stm.: Klausner. 

kluocadi.: fein, zierlich, schmuck 5 klug, 
weise. 

knappe swm.: Knabe, junger Edel- 
mann vor dem Ritterschlag, Kriegs - 
knecht, Diener. 

kneht stm.: Knabe, Jüngling, Knappe, 
Krieger. 

knöpf stm. : Knauf. 

koch stn.: Brei, Mus. 

kochcere-i kodier stm.: Köcher. 

kocke swm.: breitgebautes Transport- 
schiff, mit rundlichem Vorder- und 
Hinterteil (im Gegensatz zu den 
länglichen Galeeren). 

kol swm.^ Kohle. 

kolter s. kuUer, 

komen stv.: einem entgegenkommen, 
begegnen, ergehen, zuteil werden: 
geschehen ; einem, an einen zukom- 
men. 

kosen swv.: sich besprechen. 

koste stf. : Wert, Kosten ; Kahrung. 

kost{e)lich, kostenlich adj. : kostbar, 
köstlich. 

kouf stm. : Handel ; Ware. 

koufen swv.: bezahlen, entgelten. 

krä swf.: Krähe. 

kradem stm. : Lärm, Gietöse. 

kraft stf. : Macht, Menge, Fülle. 

krame stf.: Krambude. 

kranc adj, : schwach, schlecht, gering, 
arm; gebrechlich, krank. 

krancgemuot adj. : schlecht gesinnt. 

kräpfe swm. : hakenförmiges Backwerk. 

kreftic adj.: gewaltig, gross. 

krei? stm.: Gebiet, Bezirk. 

krenke stf. : der dünnste Teil des Kör- 
pers zwischen Rippen und Hüfte. 

krimm&n stv.: kratzen, krallen. 

kripfe swf.: Krippe. 

kristen adj. : chrisÜich. — Subst. Christ. 

kristen stf.: Christenheit, -tum. 

kriiizetac stm.: pl. Tage, an denen 
Kreuzgänge gehalten werden. 



kropieren — leitevrouwe. 



249 



Jcro^ieren swv. : nifen. 

kröne stf. : Kronleuchter. 

krote swf. : Kröte. 

krümbe stf.: Krümme, Krümmung. 

krump adj.: krumm; ungerecht, schlecht 

kuchen^ küchen stf.: Küche. 

küchen swv.: keuchen. 

kulter yholter stm. : Steppdecke. 

küme adv.: mit Mühe und Not, kaum. 

kumpänie stf.': Gesellschaft. 

kumpf stm. : hölzernes Gefäss für den 
Wetzstein. 

künde adj.: kund, bekannt. 

kilnde^kunde stf.: Kunde, Bekanntschaft. 

kündecheit stf.: Klugheit, List, Ver- 
schlagenheit. 

künden swv.: verkündigen. 

kunder stn.: Geschöpf, (Un-)Tier. 

kündic adj. : bekannt ; listig. 

kündicUchen adv.: klug, listig. 

^2^/]? stf.: Ankunft. 

künne^ kunne stn.: Geschlecht, Ver- 
wandtschaft; (persönl.) Spross, Kind, 
Verwandter; Art. 

kunnen v. prät.-präs.: wissen, können, 
kennen, verstehen ; k> mity sich ver- 
stehen auf. 

kunst stf. : Wissen, Kenntnis, Weisheit, 
Geschicklichkeit. 

künstic adj.: kunstvoll; verständig. 

ktmt adj,: bekannt, einheimisch. 

kuolen swY,: kühl sein oder werden. 

kür stf.: Prüfung, Erwägung; Wahl, 
spez. Königswahl; Stimmrecht. 

kurdiwcener stm.: Schuhmacher. 

kürsen stf.: Pelzrock. 

kurztitoile stf. : (gesellige) Unterhaltung, 
Vergnügen. 

ktirzewtlen swv. : Kurzweil ti-eiben. 

kureliche adv.: in kurzer Zeit, bald. 

küsse{n) stn.: Kissen. 

L. 

laden stv.: (be-)laden; einladen. 
laden swv.: (ein-)laden. 
läge stf.: Hinterhalt, Nachstellung. 
lam adj.: gelähmt; bildl. (mit geji. 

oder an) arm, beraubt. 
län s. lallen, , 



lancsiUc adj.: lange Seiten. habend. 

langen swv.: lang sein oder werden. 

lanne swf.: Kette. 

leere adj.: leer, ausverkauft. 

lant stn.: «ee Zawrfe, heim. 

last stm.: Last, Ladung, Menge. 

laster stn. : Schmach, Schimpf, Schande. 

lasterhart stm.: Schandbart (Schimpf). 

lästerlich adj. t schmählich, scliimpf- 
lich. —/adv. -?icÄe. 

?a^ adj.: lässig, träge, mMewalscheite, 
valsches L, ohne Falsch, getreu. 

lä^eny län stv. : frei-, loslassen ; zurück-, 
hinter-, verlassen; unterlassen, auf- 
geben ; geschehen lassen ; überlassen; 
niederlassen; sich /., nachlassen; 
es; l., sich benehmen; sin l., auf 
sich benihen lassen; «rar, stcete ?., 
wahr machen, dabei bleiben. 

lä^stein stm.: Stein, der gegen den 
Feind geschleudert wird. 

lii'Wes) stm.: Hügel. 

leben swv.: (er-)leben. 

leben stn.: bi lebene, am Leben. 

ledicUche adv.: frei, ungehindert. 

legen swY,: a» verwenden, zuteil wer- 
den lassen ; 0e schuole /.,1n die Schule 
schicken. . 

leger y läger stn.: Lager. 

lehengält stn.: Lehen, Zinsgut. 

Idide adv.: betrübend, schlimm, zu Leid; 
mir ist ?., traurig zu Mute; einem 
L tuon, wehe tun, beleidigen. 

leide stf. : Leid,* Betrübnis. 

leideCr adj. : böse, verhasst. 

leiden swv.: intr. leid, zuwider, ver- 
hasst sein oder werden; tr. verleiden. 

leie stf.: Art, -lei. 

leie swm.: Laie, Weltlicher. 

leinen swv.: lehnen, sich anlehnen. 

leisiBren, leischi&i*en swv.: das Ross 
mit verhängtem Zügel laufen lassen. 

leisten s>N\.: befolgen, vollführen, tun ; 
gewähren. 

leit adj.: betrübend, unlieb, verhasst. 
— Subst. n.: Leid. 

leitcerinne stf.: Führerin. 

leiten swv.: lenken; übersetzen. 

leitevrouwe swf. : Führerin. 

17 



250 



leiflich — mäder. 



leitUch adj.: leidvoll, schmerzlich. 

leme^ -i stfr: Lähmung. 

lere stf.: Unterricht; Weisheit; der 
buoche l, Wissenschaft. 

lernen swv.: erfahren. 

Umwiffe, stf. : Studium. 

leschen stv.: erlöschen. 

leschen swv.: tr. auslöschen. 

l^en stv.: sammeln; vorlesen, vorti-a- 
gen; studieren. 

lest (superl. von las;): letzt. 

lesterUche adv.: = lästerliche,^^ 

letzen swv.: schädigen, verletzen. 

Übel ^Demin. zu lip) stn. : kleiner Leib. 

liebe adv.: Gegensatz zu leide, 

liebe stf.: Wohlgefallen, Freude, Lust; 
durch eines ?., einem zu Liebe, um 
eines willen. 

lid^n swv.: intr. lieb sein, gefallen; 
tr. lieb, angenehm machen. 

liegen stv.: lügen, betrügen; einem 
belügen; an einen ?., verleumden. 

lieht adj.: licht, hell, glänzend. — - 
Subst. n.: Licht. 

liep adj. und subsL n. : Gegensatz zu leit, 

liet stn.: Strophe, Lied. 

l%hen stv. : (ver-)leihen, als Lehen geben^ 

lihte adv. : leicht, vielleicht, wahrschein- 

^ lieh. 

lihte stf.: Leichtigkeit. 

Ula^chen stn.: Leintuch. « 

limmen stv.: binimmen, knm'ren. 

linde adj.: weich. 

linwdt stf.: Leinwand. 

lip stm. : Leib, Leben ; sehr häufig zur 
Umschreibung der Person: min 
Up = ich; ze Übe, am Leben. 

lipnar stf. : Nahrung, Lebensunterhalt. 

list stm.: Geschicklichkeit, (Zauber-) 
Kunst; Weisheit, Klugheit, Schlau- 
heit; kluge, schlaue Handlung; 
Mittel. 

liste swf. : Leiste, Borte. 

listic adj.' geschickt, klug, schlau. 

listwürktere stm.: Künstler. 

Ut stnm. :" Glied. ^ 

litg'ebinne stf.: Schenkin. 

Hut stmn.: Volk; pl. Leute. 

lobebcere adj.: lobenswert, löblich. 



lobdich, lobilich adj. : dasselbe. 

loben swv. : loben, gutheisseri ; geloben; 
verabreden. 

lobesam adj.: = lobelich, 

loberis stn.: Ehrenzweig, -Kranz. 

loc stm.: Locke, Haar. 

loch stm.: Wald, Gehölz. 

löchern swv.: mit Löchern versehen. 

lop stmn. : Lob, Ruhm ; ge lobe, löblich, 
preiswert. 

Idrschapelektn stn.: Lorbeerkiänzlein» 

lörzwi stn.: Lorbeerzweig. 

lös adj.: lose, ausgelassen, zuchtlos. 

löscere, -er stm, : Heuchler, Schmeichler. 

lösen swv.: sich zuchtlos benehmen. 

losen swv. : horchen, lauschen. 

löt stn.: Blei, Gewicht 

hüben swv.: La^^b bekommen. 

lougen swv.: flammen, lohen. 

lougen(en) swv. : leugnen ; äne loiigeny 
unleugbar, gewiss. 

lucken swv.: locken. 

It^em stm.: Lärm, Geschrei. 

ludern stmn.?: ein unbekanntes Tier. 

lüejenswY.: brüllen. 

lüne stf.: Mondphase, Veränderlichkeit. 

luoc stmn.: Loch, Höhle. 

luoder stn.: Schlemmerei, lockres Le- 
ben. 

luogen swv.: schauen, spähen. 

Itissam (= litötsam) adj. : lieblich, an- 
mutig, angenehm. 

Itist stm.: Lust, Freude. 

Ifistlich adj.: dasselbe. 

lüsten swv.: mich lüslet eines d», ge- 
lüstet nach. 

lüt adj. : l werden eines d., verlauten 



lüterliche adv. : hell, klar- 

lütertranc stm. : über Kräuter und Ge- 
würze abgeklärter Rotwein. 

li^teel adj.: klein, wenig. — adv. wenig; 
nichts, nicht, nie. 



mäc stm.: Bluts-, Seitenvei-wandter. 
m4cschaft stf.: Vei-wandtschaft. 
mäder stm.: Mähder. 



magedin — michel. 



251 



magedin, -im stn. : Demin. zu maget 

magenkraft stf.: grosse Kraft, Macht, 
Majestät. 

mag(e}t stf.: Jungfrau, Magd. 

mahelen swv. : verloben, vermählen. 

mäht stf.: Kraft, Anstrengung. 

mM stn.: Zeichen, Zielpunkt, Merk- 
mal; Mal; se wMe, auf einmal, zu- 
sammen ; ee einem male, el(n)8 mäU, 
einst, einmal. 

malen swv.: verzieren, schmücken. 

malhe swf.: Ledertasche, Mantelsack. 

man stm. : Mensch, (Lehens-, Dienst-) 
Mann; man. 

mäne swm. : Mond. 

man{e)'c^ man{i)g^ meng adj.: viel, 
manch) 

manen swv. : eincfi eines d. erinnern. 

manneg(e}lich, m^anniglich adj.: män- 
niglich, jedermann; 

mändt, m4net stm.: Monat. 

mari'Wer) adj.: mürbe, reif. 

marc stn.: Streitross. 

marCf marke stf.: halbes Pfund (Sil- 
bers oder Goldes). 

mcere adj. : bekannt, berühmt, heiTlich ; 
lieb, wichtig, isage mcere, grosser 
Feigling (Schimpfname). 

mcere stn.: Kunde, Bericht, Nachricht ; 
Erzählung, Geschichte ; Sache, Ding; 
mcere sagen, berichten, erzählen^ 
(der) mcere wägen, fragen, Auskunft 
verlangen. 

marmsl stm.: Marmor. 

marmelin adj.: von Marmor. 

marmelsiein stm.: Marmor. 

marschcUc stm. : ein Hofbeamter; Auf- 
seher über Stall und Gesinde. 

maser stm.: Becher aus Maserholz. 

massente stf.: Gefolge, (ritterliche) 
Gesellschaft. 

mästen swv.: fett werden. 

mä^e stf.: Mass, zugemessener Anteil, 
Richtschnur, Art und Weise; das 
rechte Mass, Masshalten, Vermei- 
dung des Zuviel und Zuwenig (eine 
der ersten ritterlichen Tugenden); 
^e mäi^e, angemessen, in gebühren- 



der Weise, massig; ü^ der mAs^e^ 
ü^er TViäs^en, über die Massen. 

megeitn == magedin. 

meier stm. : der im Namen des Grund- 
herrn die Bewirtschaftung der Güter 
beaufsichtigt; Pächter. 

meil stn.: Fleck, Makel. 

mein adj.: falsch, betrügerisch. 

Tnein stmn.: Falschheit, Frevel. 

m^ine stf.: Sinn, Bedeutung. 

meineide adj.: meineidig. 

meinen swv.: tr. denken an, im Sinne 
haben, bezwecken; lieben. 

meisteCj meistic adv.: meist(ens). 

meisteil adv.: meistenteils. 

meister stm., -inne stf.: Lehrer, -in, 
Gelehrter; Dichter. 

meistersanc stm .: Gesang eines meister s, 
ausgezeichneter G. 

meisterschaft stf.: grosse Kraft, Ge- 
walt, Kunst; einem m. halten, ihn 
beherrschen, im ^aume halten. 

m^t stf. = maget 

melden swv.: angeben, verraten. 

menen swv. • vorwärts treiben, führen. 

mennegelich = mannegelich. 

mennischlichen adv.: wie ein Mensch:* 

m^nseheit stf.: Natm* eines Menschen. 

menschenkünne stn. : Menschenge- 
schlecht. 

mer{e), me, nochmals gesteigert mirer, 
merre, m^rre 1. adj.: mehr, grösser, 
stärker. — 2. subst. mit gen. : mehr. 
— 3. adv. : mehr, ausserdem ; sonst, 
früher schon; länger, weiter, fortan. 

m^ergrie^e swm.: Perle. 

merken swv. : Acht geben, beobachten, 
bemerken, erkennen. 

merwunder stn. : wunderbares Meertier. 

met(e) stm. : Met, aus gegomem Honig 
bereitet. 

mett%n(e) stf.: Frühmesse. 

wc^ stn.: Mass. 

me^^en stv.: ab-, ausmessen; einem 
zumessen, (Schläge) geben ; gestalten ; 
erwägen. 

michel adj.: gross. — adv. sehr, viel; 
michels vor Kompar. : um vieles. 



mMen — war. 



miden slv.: tr.(ver-)meiden, unterlassen 
(auch refl. mit gen.). 

mies stn. : Moos; Haar. 

miete stf. : Lohn, Geschenk ; Bestechung. 

mietefi swv. : belohnen. 

milte adj. : barmherzig, freigebig. 

mUtey mütekeit stf.: Freigebigkeit. 

minne stf.: Erinnerung, Andenken; 
Liehe; in der w., um Gotteswillen. 

minnecUch adj.: lieblich. — adv. -It- 
chein), hebevoll, Mebenswürdig. 

minner^ minre 1. adj. : kleiner, ge- 
ringer. — 2. adv.: weniger. 

minnern, minren swv.: vermindern. 

minneving erlin stn.: Ring als Liebes- 
zeichen. 

mislich adj.: verschiedenartig. 

missedienen swv.: einem beleidigen. 

missegän stv. : fehl gehen, übel gehen. 

missehabe stf.: Klage, Trauer. 

misseTidben swv.: refl. sich übel ge- 
bärden. 

misseprtsen swv.: einem schmähen, 
tadeln. 

misseiuon an. v.: übel handeln. 

missevar adj.: missfarbig, entfärbt. 

missevarn stv.: einen falschen Weg 
einschlagen. 

missewende stf.: Unheil, Untat, Fehler, 
Tadel. 

mit(e) präp. : mit, bei, samt, nebst ; 
durch; oft = und zwischen Sub- 
stantiven; mit dem, mittlerweile. 

mit(e) adv.: mit, damit, dadurch; einem 
mite gän^ zur Seite gehen, folgen, 
sich nach ihm richten. 

mitte adj.: in der Mitte befindhch; 
mitter tac, Mittag. 

mittel adj.: mittler. 

möra^ stn. : Maulbeei'wein. 

moere stm.: Pferd. 

morndes, morn{e) adv,: morgen, am 
nächsten Tage. 

msrt stn.: Mord, 

mortlich adj.: mörderisch. — adv. 
'liehe, durch Mord. 

mortrache ^Sidjr. sich durch Mord rä- 
chend, mordgierig. 



müede stf.: Müdigkeit. 

müedinc stm.: lästiger Geselle; Un- 
glücklicher; Tropf. 

müejen swv.: plagen, bekümmern, ver- 
driessen. 

müelich adj.: beschwerlich, verdriess- 
lich. -— adv. -'U€he(n)^ mit Mühe, 
schwerlich, kaum. 

müe^ecUchen adv. : mit Müsse, langsam. 

müejen v. prät-präs.: können, dürfen, 
mögen (in Wunschsätzen), sollen, 
müssen; ichmuo^, mir ist bestimmt. 

mügelich adj.: geziemend, billig, 

mügeti, mugen v. prät.-präs.: vermö- 
gen, können, dürfen, sollen, mögen. 

mügge swf.: Mücke. 

mül stm.: Maultier. 

müllen swv.: zermalmen. 

münchen swv.: zum Mönche machen. 

muoder stn. : Bauch, (gewölbte) Ober- 
fläche des Meeres. 

muot stm.; Sinn, Gesinnung, Stim- 
mung,* Entschluss, Verlangen, Ab- 
sicht, Wille ; m. han, denken, eines 
d. (auch 8U0) im Sinne haben, Lust 
haben , beabsichtigen , begehren, 
hoffen, rechnen auf. 

muoten swv. : eines d. begehren, stre- 
ben nach, 

muotriche adj.: wohl-, hochgemut. 

muoten swv.: eines d. ablassen von. 

mü^erhabech stm.: Habicht, der sich 
bereits gemausert hat. 

N. 

nac stm.: Nacken, Hinterkopf. 

nach präp.: nach, hinter . . her, zu, 

gemäss, nach Art, um. -^ adv. njach; 

nahe; (viln.) beinahe; eiHem nach 

jthen^ zustimmen. 
nächgebure swm.: Nachbai-, 
nähe, nähen adv. : nahe, in der (die) 

Nähe; {vil w.) beinahe. 
nähen(en) swv.: nahe sein, sich nähern. 
nahtselde stf.: Nachtquartier. 
name swm.: Name, Stand, Wesen, 

Person; auch bloss umschreibend. 
nar stf.: Nahrung, Unterhalt. 



ne 



ort. 



253 



n(e), proklitisch {e}n: Negatibnspar- 
tikel (§ 60). 

n'ebelkfä stf. : .Nebelkrähe, 

nehein pron.: kein. 

neinä: verstärktes nein. 

nei^wer, -wa^ (aus w€ weis; wer, wa^): 
irgend wer, was. 

nemelicheny nämelich adv.: ausdrück- 
lich; fürwahr. 

nemen B>iv,x gefangen nehmen; unter- 
nehmen; wählen; den tötn.^ sterben. 

nemmen swv. (prät. namte): = nennen. 

nern swv.: erhalten, retten, nähren. 

}%'eve swm.: Neffe, Oheim, Vetter. 

neweder pron.: keiner von beiden. 

niden stv. : tr. hassen, beneiden. 

niden(e) adv.: unten. 

nider adv. : hin-, herunter, nieder. Vor 
Verben: -getreten, auftreten, -komeny 
zur Erde fallen. 

nidei'n swv. : erniedrigen» 

nie adv.: (auf die Vergangenheit be- 
zogen) nie; häufig bloss verstärktes 
7iiht, 

nieman^ niem&n pron.: niemand. 

niem^r{e)y nimme adv.: = niht mere; 
nie mehr, noch nie. 

niemer, nimmer adv.: (auf die Zu- 
kunft bezogen) nimmer, nie ; gehäuft 
niemer, nimmer mere^ nie mehr. 

niene^ nine adv. : nichts, nicht. 

niener^ niender^ ninderif) adv. : nir- 
gends ; keineswegs. 

niergen adv.: nirgends. 

nieten ^WY, : rell. mit gen. eifrig sein, 
sich befleissen. 

nie^efn stv.: geniessen. 
r^nigen stv.: einem sich verneigen. 

niht (aus niwiht, niowiht; daher die 
Nebenformen niuwet, niwit, niwet^ 
niet^ niut) stn.: 1. als subst. mit oder 
ohne' gen. : nichts, verstärkt nihtes 
niht, mit nihte^ durch nichts, auf 
keine Weise; ze nihte^ für nichts. 
— 2. als adv. acc. (auch nit): nicht, 
mit oder ohne ne (§ 60). 

nimme s. niemere. 

nit stm. : Hass, Groll, Neid. 

mtliche adv.: feindselig. 



niugerne adj.: neugierig. 

niunvaU adj*: neunfältig. . 

niuwany nitvan adv. und conj. : nichts 
als, nur; ausser, ausgenommen. 

niuwe adj.: neu. 

niu{we)liche adv.: neulich, eben erst. 

niuwen swv. : emeuen.' 

niuwewaschen adj.: frisch gewaschen. 

ni{u)wit, -wet s. niht. 

noch adv.: noch jetzt, noch einmal, 
noch je, bisher; dennoch; noch . . 
nocÄ, weder . . noch. 

not stf. : Drangsal, (Kampfes- )Not ; Not- 
wendigkeit, dringendes Verlangen, 
dringender Grund ; äne not, unnötig, 
umsonst; mir ist, wirdet^ gät not 
eines d.,, ich habe nötig, bedarf, 
habe dringenden Grund, muss. 

nöthaft adj.: bedrängt, arm. 

nötic adj.: dürftig, arm. 

nötnunft stf. : gewaltsame Entführung. 

nü, nu adv. : nun, jetzt ; daher, so ; ver- 
stärkend vor Imperativen. — conj. 
(auch nu da^)-. als nun, daj 

nütse adj.: nützlich. 

mi8 stm. : Nutzen, Ertrag. 



oh{e)j op conj.: wenn (auch), falls, ob; 
vielleicht dass; wa^ che, wie? 
wenn . ., vielleicht. 

oh{e) präp. mit dat. : oberhalb., über. 
— adv. : oben ; einem ohe ligen^ ob- 
siegen. 

od(e\ oder conj.: oder. 

oedelich&n adv.: in eitler, törichter 
Weise. 

offenbare adv.: öfifentlich. 

offenen swv.: an den Tag bringen. 

ojfenlichen adv. : frei und offen, öffent- ^ 
lieh. 

Oßheim stm.: Mutterbruder. 

orden stm.: Stand; auch bloss um- 
schreibend. 

ordenen swv.: anweisen, bestimmen. 

organieren swv.: orgeln, musizieren. 

ors stm. : = ros, Ross. 

ort stn.: Spitze, Ecke. 



254. 



orthant — rät. 



ortbant stn. : eisernes Band, Beschläge 

an der Spitze der Schwertscheide. 
ot = ehL 
oüchy ocK^nj. : noch, überdies, ferner, 

ebenfalls; aber (auch), andei*seits, 

dagegen. 
ougen swv.: zeigen. 
ougenblic stm. : Blick. 
ougenweide stf. ; Anblick. 
ouwe stf.: Aue. 
o{u)wey o{ii)m interj, der Klage, des 

Wunsches, des Erstaunens. 
ovenbret stn.: Ofenbank. 
ovenstein stm.: Kachel. 

P (s. auch B). 

palas stm.: Hauptgebäude der Burg 
mit einem grossen Gemach (soZ), 
das als Empfangs- und Speisesaal 
diente; (Speise-)Saal ; Palast. 

pantel stn.: Panther > 

pärät stf.: Betrug. 

parit, niederd. Form für pfert 

permint stn.: Pergament. 

pfaden swv. : (sich) einen Weg bahnen. 

Pfaffe swm. : Geistlicher (nicht ver- 
ächtlich); ds.z\i pfaflich, pfeflich adj. 

pfafheit stf.: Geistlichkeit, Priester- 
schaft. 

pfahten swv. : gesetzlich, kanonisch be- 
stimmen; ermessen. 

pfal{en)zgräve swm. : Pfalzgraf. 

pf€ll{e)y pfellel, pfeller stm.: feiner 
Seidenstoff"; Gewand, Decke daraus. 

pfellerin adj. : von pfeller. . 

pf enden swv. : (aus-)pfänden, berauben. 

pfennewert (aus pfennincw'ert) stn. : 
was für einen Pfennig zu haben ist. 

pfi interj.: pfui! 

pfieselgadem stn.: heizbares Frauen- 
gemach. 

pflege stf.: Obhut, Fürsorge, Leitung, 
Sitte. 

pflegen stv. : eines d. sorgen für; be- 
sorgen, unter sich haben; betreiben, 
umgehen mit, (aus-)üben, tun, auch 
bloss umschreibend {des spi'unges 
pfl,, springen; des Wurfes pfl.^ wer- 
fen ; der suone pfi,^ sich versöhnen ; 



übermuotes pfi., übermütig sein; 
//nee^ewp^., grüssenusw.); besitzen, 
haben; Gewohnheit haben. 

pfliht{e) stf.: Pflege; Verbindung, Teil- 
nahme; pfi, haben, teilhaben. 

pflüm stm, : Strom. 

pfiuoc stm.: Pflug, (persönl.) Pflüger; 
Geschäft, Gewerb. 

pfose swm.: Gürteltasche. 

pin(e) stmf. : Strafe, Not, Mühe. 

pinen swv.: refl. sich abmühen. 

plan stm., plane stf. : Ebene, Aue. 

port stn.: (Schiff's-)Rand. 

parte swf.: Pforte. 

predien swv. : predigen. 

presant stf. : beschenk. 

presse stf.: gedrängter Haufe. 

pris stm.: Lob, Ruhm; geprlse, preis- 
wert, vorzüglich. . 

prisen swv.: lobenswert machen. 

prüeven, br- swv.: erkennen, wahr- 
nehmen, beurteilen, zählen; dartun; 
bereiten, schmücken. 

prüevieren swv.: zurecht machen. 

Q. 

quec adj. : lebendig, munter, keck, mutig. 
quemen stv. = komen, 

R. 

^ räche stf.: Rache, Strafe. 
ragen swv.: in die Höhe stehen; an 

einander r., zusammen stossen. 
ram(e) stf.: Stickrahmen. 
rämen swv.: eines d. zielen, streben. 
rant stm.: Schildbuckel, Schild (auch 

schüdes rant). 
rasten, resten swv.: rasten, ausruhn. 
rät stm.: 1. Rat(schlag), Beratung, 

Überlegung, Entschluss ; eines d. se 

rate werden, übeilegen, beschliessen. 

— % Anschlag, Verrat ; mit rate, in 
verräterischer Weise. — 3. Vorrat. 

— 4. Hilfe, Abhilfe, Befreiung; eines 
ivirdei rät^ ibm wird geholfen; mir 
ist rät eines d., ich werde davon 
befreit; eines d- ze rate tuon^ etw. 
beseitigen. — 5. Verzicht, Entbehr- 
ung; eines d> rät tuon^ es entbehren 



raten — rot. 



können; eines d. rät Mn, entraten, 
verzichten, entbehren. 
-raten stv. : (an-)raten, beraten, einen 
Anschlag machen, veranlassen, be- 
wirken ; (einem oder üf einen) ein 
d. raten, (gegen einen) auf etwas 
sinnen; einem an den lip raten, 
nach dem Leben trachten. 

rätgebe swm.: Ratgeber.. 

rce^e adj.: scharf, wild, kecL 

rechen stv. : rächen, strafen. 

recke swm. : (Verbannter); herumziehen- 
der Krieger, Held. 

rede stf.:* Rede, Erzählung; (in Rede 
stehende) Sache; durch kein r., um 
keinen Preis. 

redeUch adj.: beredt; tüchtig. 

redelicheit stf.: Tüchtigkeit, Recht- 
schaffenheit. 

rederiche adj.: beredt.. 

reht stn.: Recht, Pflicht, Gesetz, An- 
recht, Anspruch, Stand; mi* r'ehte^ 
auf rechte Weise; nächrehie, nach 
Gebühr; von rehte, von Rechts 
wegen; sie r'ehtCy mit Fug und Recht, 
von Rechts wegen, in der rechten 
Weise, nach Gebühr, zur rechten 
Zeit. 

rehte adv. : recht, gerade, genau, ganz, 
sehr. 

reichen swv.: holen, bringen. 

reien swv.: (den Reigen) tanzen. 

reine adj.: makellos, gut, schön. 

reinecUche(n) adv. : rein ; herrlich ; 
aufrichtig; auf die rechte Weise. 

reinen swv.: reinigen. 

reise stf.: (Kriegs-)Zug. 

reisen swv.: einen Kriegszug unter- 
nehmen. 

reit adj.: gelockt, kraus. 

reitel stm.: Prügel, Knüttel. 

reitgeselle swm.: Kriegsgenosse, Ka- 
merad. 

reizen, reiben swv.: wecken, erregen. 

rennen swv. : schnell reiten, sprengen. 

reren swv.: hluot vergiessen. 

resten swv.: = rasten. 

retvunt adj.: zum Tode vei-wundet. 

ribbalin stn.: eine Ai-t Stiefel. 



riben stv.: geribeniu varwe, durch 
Schminke erzeugte Farbe. 

nch{e) adj.: mächtig, vornehm, reich, 
gross. 

riche stn.: Herrschaft; (deutsches) Reich ; 
(pefsönl.) Reichsoberhaupt (auch m.). 

richeit stf.: Reichtum, Macht. 

riehen swv.: reich machen. 

rieme swm.: Ruder. 

riechen stv.: rauchen. 

rife swm.: Reif. 

rihte stf.: Gericht. 

rihten swv.: zurecht machen (mit 
rimen r., in Reime bringen), ein- 
richten, anbringen; gestalten; Recht 
sprechen ; wenden, lenken ; refl. sich 
aufrichten. 

nlich (aus Hchelich) adj.: reich(lich), 
kostbar, herrlich. — adv. -Itchein). 

rtm stm.: Reim; pl. Reimpaai*. 

rimpfen stv.: rümpfen, krümmen, zu- 
sammenziehen. 

rinc stm.: Kreis, abgegrenzter Platz 
zu Gericht oder Kampf; Panzemng, 
im Plur. : Ringpanzer. 

ringe adj. adv. : leicht, gering, wohlfeil. 

ringen stv. : sich abmühen, sich eifrig 
beschäftigem 

rinke swf. : Schnalle (z. B. am Güi-tel) 

rinkeloht adj. : mit Schnallen versehen. 

rts stn.: Reis, Zweig. 

risen stv.: fallen. 

,rtt(Sr~'siiä,: Reiter. 

riter^ riter, ritter stm.: Ritter. 

riierltche adv.: herrlich, schön. 

riter Schaft stf.: ritterlicher Brauch, 
Stand; Ritter. 

riuhe stf.: Rauch-, Pelzwerk. 

riuschen swv.: rauschen. 

riuten swv.: (aus-)reuten, urbar machen. 

riuwcere stm.: Reuigei-, Büsser. 

riuwec adj.: bekümmert, beträbt. 

riuwecUch adj.: dasselbe. — adv. 
'liehe. 

riuwe stf.: Schmerz, Betrübnis, Reue. 

riuwen stv. : leid sein, schmerzen, ver- 
driessen, reuen. 

rivier stm.: Bach. 

rot stm. : Rost. 



256 



rot — • schapel. 



rot adj.: rot(haarig); treulos. 

rceteleht adj.: rötlich. 

rouben swv. : berauben. 

rück adj.: haaricht, struppig, rauh. 

rücke, rucke, rugge stm.: Rücken. 

rüde swm.: Hund. 

rüefen swv., riiofmi stv. : rufen. 

rüeren swv. : in Bewegung setzen, an- 
treiben, geltend machen; umwerfen; 
berühren, erreichen, 

rümen swv. : räumen, verlassen (g^ r., 
den Platz räumen, weichen) ; säubern. 

7*ünen swv.: (zu-)raunen, flüstern. 

runee swf.: Runzel. 

ruochen swv.: mit gen. sich kümmern, 
begehi-en, wünschen; (vor Infin.) wol- 
len, mögen, geruhen. 

ruore stf.: (losgelassene) Meute. 

ruowe stf.: Ruhe. 

ruowen swv.: ruhen. 

ruo^var adj.: russfarbig, schmutzig. 

rü^en swv.: rauschen, schnarchen. 

s. 

sä adv. : = sän; verstärkt sä zehant, 
sä zestunt. 

saben stm.: feine, ungefärbte Lein- 
wand; Kleidungsstücke daraus. 

sacke stf.: Streitsache; Angelegenheit, 
Sache, oft bloss umschreibend; Ur- 
sache, Grund. 

sactuoch stn, : (grobes) Tuch, woraus 
man Säcke macht. 

sagen swv. : erzählen, vorlesen, nennen, 
erklären für. 

saks stn.: Pfeilspitze. 

sal stm. : Gebäude mit einem einzigen 
grossen Räume ; Saal, Halle. 

sali'Wer) adj.: trübe, schmutzig. 

scBlde stf.: Gluck, Heil, Segen. 

sceldenvlühüc adj. : das Glück fliehend. 

scelderiche adj. : glückselig, segensreich. 

scekc, 'ic adj.: beglückt, gesegnet, 
selige,' .Tortrefflich ; glückbringend. 

smlecUch adj. : dasselbe. — adv. -liehe, 

scelekeit stf.: Vollkommenheit, Heil, 
Seligkeit. 

salsse swf.: (gesalzene) Brühe. 

sam(e), sem adv. und conj. : (eben)so; 



(so)wie, gleichwie, wie wenn; in 
elliptischen Beteuerungen = so wahr: 
sam mir (samer) got [helfe]; sam 
mir min Itp (so wahr ich lebe), 
min hart (bei meinem ß.) ; sam mir 
BeinJiarty so wahr ich R. heisse. 

sam präp. mit dat.: (zusammen) mit. 

sambelieren swv.:.^em Rosse die 
Schenkel geben. 

sam(e)nen swv. : (ver-)sammeln, ver- 
einigen. 

sarmnt, samet^ sami adv.: zu-, bei- 
sammen. — präp.: mit. 

sam(e)nunge stf.: Versammlung; Die- 
nerschar. 

samfie s. sanfte, 

samit stm. : Sammet. 

sän ^dv. : sogleich, alsbald. 

sanfte^ samfte adv.: leicht, bequem, 
ruhig) angenehm; langsam. 

sant stm.: Ufer(sand). 

sarbant^irCLi Schlange (als Helmzier). 

sat adj. : müde, 

sä^jfe stf.: Versteck, Hinterhalt,^ 

schaben stv.: schaben, nagen. 

schächcere stm.: Räuber. 

scMchen swv.: rauben. 

scJiade swm. : ee schaden komen, zum 
Schaden gereichen, schaden. 

schaffen stv. und swv. : bewirken, tun, 
besorgen, bereiten, ordnen, bestim- 
men, zuweisen ; e? sch,^ es treiben. 
— part. gescJhaffen, beschaff'en. 

Schaft stm. : Speer(schaft). 

schal stm. : Schall, Jubel, Lärm ; Ruhm. 

schale stm.: Knecht, gemeiner, hinter- 
hstiger Mensch, Bösewicht. 

schalchaft adj.: zum Bösen geneigt, 
bösartig. 

schalcheit stf.: niedrige Gesinnung und 
Handlungsweise. 

schalcliche adv.: böse, hinterlistig. 

schallen swv.: singen, jubeln, lärmen, 
prahlen; {üf einen) schmähen. 

schalte, swt: Stange zum Fortstossen 
des Schiffes. 

schämen swv.: refl. sich schämen. 

schapel stn, : Kranz von Blumen oder 
Bändern als Kopfschmuck. 



schaperün — senfte. 



257 



scJiaperün stm. : Mäntelchen mit Ka- ' 
puze. 

soharpf, scherpfe adj.: schai-f. 

scharsahs stn.: Schermesser. 

schart adj.: schartig, zerhauen. 

scJief stn. : = schif, Schifif. 

scheiden stv. : scheiden, (sich) trennen, 
entfernen; (oft mit e^, den Streit) 
entscheiden, schlichten; refl. auf- 
hören. 

sch'elch stm. : Riesenhirsch. 

schelken swv. : beschimpfen. 

schellen stv. : schallen, tönen. 

schelten, scheiden stv.: schmähen, ta- 
deln. 

schemelich adj.: schmählich, schänd- 
lich. 

sehenden swv.: zu Schanden machen, 
beschimpfen. 

sch'erm' Sita,: = schirm. 

sch'ermen swv.: = schirmen, 

Schemen swv.: (ver-)spotten. 

scher pfen swv.: schärfen. 

schichen swv.: ins Werk setzen, aus- 
richten, gestalten, (vor-)bereiten, 
ordnen, rüsten. 

schiere adv. : schnell, bald, gleich. 

Schlesien stv.: schiessen, werfen, stos- 
sen; danne seh., aufspringen, 

schiltsteine stn. : Edelsteine im Schild. 

schimpf stm.: Scherz. 

scMn adj. : sichtbai^, deutlich ; seh, wer- 
den, offenbar werden, sich zeigen; 
sch, tuonj offenbar machen, zeigen, 
erweisen. 

schiti stm.: Glanz; Aussehen, Gestalt. 

schtnen stv.: glänzen; sich zeigen; 
sdi. lä^en, zeigen. 

schirmen, schermeh swv. : eine-m eines 
d. schützen vor; sich mit dem Schilde 
decken, fechten. 

schirmwäfen stn. ; Fechterschwert. , 

schccne adj. : glänzend, schön, herrlich. 
— adv. schöne^ schön, fein, artig, 
geziemend; völlig. 

schcene stf. : Schönheit. 

schcenen swv. : verschönem, schmücken. 

schoup stm.: langes Stroh.. 

schouwe stf. : pi-üfendes Schauen, Bhck. 



schouwen swv.: prüfend ansehen, be- 
trachten. 

schräm stm.: Bruch, Riss; äne sch.^ 
ganz, vollkommen. 

schrenken swv.: schräg, über Kreuz 
setzen oder legen, flechten. 

schretel stn, (Demin. von schrote swm.) : 
Hausgeist, Kobold. 

schribcere, -er stm.: Schreiber; Tafel - 
aufseher. 

Schrift stf.: (heilige) Schi-ift; schrift- 
liehe Quelle. 

schroten stv.: schneiden, tuocth zu- 
schneiden. 

schuften swv. : galoppieren, 

schulde, schult stf.: (meist\ im pl.) 
Schuld, Vergehen ; Ursache! Grund ; 
äne sch., ohneGnind; von sci\ulde{n), 
mit Grund, mit Recht; vcn eines 
schulde{n\ auf eines Verarjfassung, 
um eines willen. 

schuldegen swv.: anschuldigen. 

schuochsitäer stm.: Schuster. 

schupfen swv. : stossen, anti-eiben. 

schür stm.: Hagel; bildl. Leid, Ver- 
derben. 

se, pl. set interj.: sieh da! da! 

seblat stn.: Blatt der Seerose. 

s'edel stm.: Sitz. 

segense stf.: Sense. 

seine adv.: langsam, träge. 

seUnoahsen adj. : von selbst gewachsen, 
geworden. 

selde stf.: Wohnung. 

seile swm.: = geselle. 

selp pron. adj.: selbst, selb. — Er- 
starrte Kasus : selber, -e», -es. 

selten adv. ; selten, häufig = nie. 

s'eltscene adj.: seltsam, wunderbar. 

sen(e)lich adj.: sehnsüchtig, schmerz- 
lich, traurig. — adv. -Uche, / 

senen swv.: schmerzlich verlangen, sich 
sehnen; tr. in Liebesschmerz ver- 
setzen. — part. senenie, sen(e)de, 
schmerzlich (meist vom Liebes- 
schmerz). . |§ . 

senfte adj.: leicht, bequem, ruhig, an- 
genehm. 



258 



senfte — soum. 



senfte stf. : Ruhe, Bequemlichkeit ; mit 

s. = sanfte, 
senftecUche adv.: ruhig, still, milde. 
senften swv.: angenehm machen,lindeni. 
o senl stm.: geistliche Versammlung, 

synodus. 

Iser stn., sere stf. : Schmerz, Qual. 
ser{e) adv.: heftig, sehr. 
set s. se. 
setzen swv.: einsetzen; sich s. gegen 

einem, sich widersetzen. 
Sicherheit stf. : (eidliche) Versicherung. 
sicherlich adj. : zuverlässig, sicher; 
sicherliche hant geben = Sicherheit 



sid s. stt, 

sidelen swv. : Sitze errichten, ein Lager 
bereiten. 

sider adv. : später, nachher, seitdem. 

siech adj.: krank. 

siechen swv. : krank sein oder werden. 

siechheit stf., -tuom stm.: Krankheit. 

sigenunft stf.: Sieg. 

sihtic adj.: sichtbar, leibhaftig. 

sin stm.: (sehr häufig im pl.) Sinn, 
Verstand, Weisheit, Gedanke, ver- 
ständige Überlegung, Einsicht, Mei- 
nung, Absicht. 

sinie)wel adj,^ rund. 

sinew'ellen swv. : wie eine Kugel rollen. 

singcere stm.: Sänger. 

sinnec adj.: veiständig, klug, weise. 

sinnecUche adv..: dasselbe. 

sinnen swv.: part. gesinnet, mit sin^ 
nen begabt. 

sint adv. und präp.: = sU^ 

Sippe stf.: (Bluts-)Vei*wandtschaft. 

siropel stm.: künstlicher, mit Sirop 
angemachter Rotwein. 

sUf sid 1. adv.: seitdem, nachher, 
später; gleich darauf. — 2. präp.: 
seit. -— 3. conj. (auch Sit da^): 
tempor. seit(dem) ; caus. da, weil. 

Site stm.: Sitte, Brauch, Gewohnheit, 
Art und Weise; Anstand. 

sitzen stv.: 1*. sitzen, ansässig sein, 
wohnen (Jilhfig geseijf^en sm)y leben ; 
5. über, besitzen. — 2. sich setzen. 

siufteUy siufzen swv.: seufzen. 



slä (aus slage) stf. : (Huf-)Spur, Fahi-te. 

slac stm.: Schlag; Beschlag. 

slahen stv.: (er-)schlagen ; schmieden. 

slahte stf.: Schlacht; G^eschlecht, Art, -lei. 

sieget stm.: Schlägel, Hanup€fn 

slegerint stn.: Rind zum Schlachten. 

sieht adj.: gerade, glatt, schhcht, gut 
und recht. 

slichen stv.: leise gehen. 

sliefen stv.: schlüpfen. 

stiegen stvr: (schliessend) befestigen. 

sUfen stv. : gleiten, sinken lassen. 

slinden stv.: verschlingen. 

slipf stm. : Aulgleiten. 

slipfic adj.: gliitt, schlüpfrig. 

smac stm.: Geschmack; Geruch, Duft. 

smäreides stm. : Smaragd. 

smecken swv.: (übel)riechen. 

smielen swv.: lächeln. 

sn'el adj.: streitbar, kräftig, gewandt; 
eifrig; sch^vierig. 

sntden stv.: (schneidend) verwunden; 
(Kleider) an einen sn., anpassen. 

snit stm.: Schnitt, Zuschnitt. 

s6 adv.: 1. so, also, so sehr, sehr; in 
diesem Falle, dann; darum; ander- 
seits, dagegen. -— 2. wie; als, so 
als, so wahr als; so dass; temp. als, 
wenn, während, sobald als; condit. 
wenn; concess. während doch; ver- 
allgemeinernd: sw'er (aus so wer), 
wer immer, gehäuft swer so usw.; s. 
SW-, — so . . 50, so . . wie ; sowohl 
. . als auch. 

soldencere stm. : Söldner. 

solch (aus so-lich), sulch, selch pron. 
adj.:. solch. 

soln V. prät.-präs.: schuldig sein, be- 
stimmt sein, sollen, müssen, dürfen, 
wollen; häufig zur Umschreibung 
des Fut., auch des Konj. 

solt stm.: Lohn; dur(ch) . . sölt, um 
. . willen. 

sorcliche adv.: mit Besorgnis, Angst. 

sorge stf.: Besorgnis, Furcht; Gefahr, 
Not; s. hän, sich hüten. 

sorgen swv.: in sorge sein. 

soum stm.: so viel als ein Saumross 
zu tragen vermag. 



spache — sträle. 



259 



spache swm. : Span, Scheit, Latte. 
spcehe adj.: klug, schlau; kunstreich, 
schön; wunderbar. 

spcehe stf.: Weisheit, Kunst. 
spanbette stn. : (zusammenlegbares) 
Bett, Ruhebett. 

spanne stf. : Breite der ausgespannten 
Hand. 

spannen stv.: üf gespannt sein. 

sparn swv. : schonen ; zögern, aufschie- 
ben. 

sparräder stf.: Krampfader; Sehne? 

späte adv. (zu spcete): spät. 

spehen swv. : (aus-)spähen, achten auf, 
erkennen, urteilen. 

spei stn.: erdichtete Erzählung; un- 
nützes Gerede. 

sperwcere stm.: Sperber. 

spiUi swv. : sich lebhaft bewegen, fun- 
keln, (zuo) lebhaft verlangen nach; 
Kampfspiel üben, sicji vergnügen. 

spi^ stm.: Bratspiess. 

spi^^en swv.: an den spi^ stecken. 

spor stn.: (Fuss-)Spur, Fährte. 

spar swm.: Sporn. 

sporcere, spörer stm.: Sporenmacher. 

Spot stm.: 1. Spott, Hohn; M sp. am, 
den Sp. lieben; ane, sunder sp., 
im Ernst, gewiss, aufrichtig. — % 
Scherz; e^ ist ein sp^y lächerhch. 

spräche stf.: Besprechung, Beratung. 

sprächen swv.: sich besprechen. 

sprechen stv. : einem von einem, über 
einen sprechen; ze einem nennen; 
an eines ere spr., sie mit Worten 
angreifen; da^ sprichet, bedeutet, 
heissL 

spreiten swv.: ausbreiten. 

Spruch stm.: Rede, Wort. 

sprunc^Vca.: von sjpr2m^e,imvollenLauf. 

spilm swv.: der Fährte .des Wildes 
nachgehen. 

Stade swm.: Gestade. 

Staffel stm. : Fuss eines hölzernen Haus- 
gerätes, z.B. eines Stuhls, Tisches. 

siahcl, stäl stm. : Stahl. — adj. : stählin. 

stän, sten stv. : stehen, stehen bleiben, 
Stand halten; sich befinden, sein; 
ani^tehen, geziemen; sich stellen, 



treten; dannen st., sich entfernen; 
st. lä^en, sein lassen, bleiben lassen ; 
st, an, ankommen auf, abhangen 
von; st. nach, zuOy gerichtet sein* 
auf, verlangen nach; st. von, auf- 
stehen, absteigen von ; e^ stät einem, 
es steht, verhält sich mit ihm. 

stapfen swv. : (mit schweren Schritten) 
schreiten. 

Stare adj.: stark, gross, gewaltig; un- 
liebsam, gefährlich. — adv. starke^ 
gewaltig, sehr. 

stat stn.: Gestade. 

stat stf.: Stätte, Stelle, Ort; Stadt; 
an der stat, stete, auf der Stelle. 

8tat{e) stf!: 1. passende Gelegenheit, 
Umstände, Lage ; st. hän eines d., in 
der Lage sein etw. zu tun; eestaten, 
zur rechten Zeit, gelegen. — 2. Hilfe. 

State adj. und adv. : beständig, dauer- 
haft, treu. 

stcete stf.: Beständigkeit, Treue. 

stcetekeit stf.: dasselbe. 

stateliche adv.: ruhig, gemach. 

stceien swv.: beki'äftigen, bestätigen. 

Stegen swv.: gehen, steigen; streben. 

steinen swv.: mit Edelsteinen besetzen. 

stellen swv. : anstellen, vollbringen, 
verüben, tun. — part. gestalt, ge- 
staltet, beschaffen. 

sterben swv. (causat. zu sterben): töten. 

sterrCy St'erne swm.: Stern. 

süc stm.: Steig, Weg, 

stierruoder stn.: Steueri-uder. 

Stift stf.: (geistliche) Stiftung, Gottes- 
haus; Unternehmung. 

siiure stf. : Unterstützung, Gabe, (Aus-) 
Steuer; ze st. geben., schenken, ge- 
währen. 

stiuren syfy.i tr. lenken, leiten {uf)', 
versehen, ausstatten {mit). — refl. 
sich stützen, sich helfen. 

Stolle swm.: Stütze, Fussgestell (z. B. 
eines Tisches). — Demin. stölleltn. 

stoeren swv.: in Vei-wirrung bringen, 
zerstören. 

stoubin adj.: von Staub. 

strafen swv.: tadeln, zurechtweisen. 

sträle stf.: Pfeil, Strahl. 



260 



streichen — sweifen. 



streichen swv.: glatt streichen, strei- 
cheln. 

strenge adj. : stark, tapfer ; hart, herbe. 

stric stm.: (Fall-)Strick, Schlinge. 

strichen stv.: streichen, eilig gehen, 
ziehen, fliegen. 

strichen swv.: zusammenfügen, ver- 
knüpfen, flechten; bestricken. — refl* 
sich verstricken. 

strit stm.: Streit; Widerrede, Einwen- 
dung; einem, str. geben, mit Kampf 
zusetzen ; den str. la?en, nachgeben, 
das Feld räumen ; tolder str.y um die 
Wette. 

sirUecltchein) adv.: streithaft; eifrig. 

strtien stv.: einem es aufnehmen mit, 
widerstehen; sich eifrig bemühen 
um {an), 

stHÜichdid].: zum Streit gehörige 

stro stn.: Stroh(halm)- 

struben swv.: starren, sich sträuben. 

strüchen swv. : straucheln. 

stümheln^ stümmeln swv.: verstüm- 
meln. 

stump adj.: stumm. — stumbe swm. 

stumpf adj. : verstümmelt ; schwach. 

stunde^ stunt stf.: Zeit(punkt), Mal; 
in niuwen stunden^ neulich ; under 
stunden^ zuweilen ; bt der stunt, zu 
der Zeit; an der stunt, an den 
stunden, euo der stunde, augen- 
blicklich, sogleich; in kurzer stunt, 
bald ; seiner stunt, einmal ; ander 
stunde, ander stunt zum zweiten Mal, 
abermals; ze dritten stunden^ zum 
dritten Mal; ^ns^wt*^, dreimal ; t;/er- 
stunt, viermal usw. S. noch zestunt. 

stuot stf.: Gestüte. 

sturen swv. : stochern, (Fische mit der 
Trampe) aufstören. 

Sturm stm.: Kampf. 

stürmen swv. : (be-)stüi*men ; kämpfen. 

sturmgewa/nt stn.: Kampfrüstung. 

sturmhüene adj.: kampfmutig. 

Sturmvane swm.: Kriegsfahne. 

suber, süfer adj. und adv. : sauber, rein- 
lich, hübsch. 

süberlich adj. : dasselbe. — adv. : -liehe, 

süenen swv. : sühnen,zur Sühne bringen. 



Süe^e adj.: süss, lieblich, gütig. 

stiege stf.: Süssigkeit. 

sumelich pron., gewöhnl. im pl. : einige. 

sumen swv. : tr. aufhalten,, verzögern, 
hindern. — refl. zögern, säumen, sich , 
verspäten. 

sumer stm.: Sommer. 

sun stm.: Sohn. 

Sünden swv.: sündigen; refl. sich ver- 
sündigen. 

sunder adv.: besonders, abgesondert, 
einzeln. — präp. mit gen. oder.acc: 
ohne. — conj.: sondern. 

sunderlich adj. : ganz besonder. — adv. 
-Uche(n)j besonders. 

sundersiz stm.: besondrer Sitz. 

sunne swfm.: Sonne. 

suoöhen swv.: auf-, heim-, besuchen; 
angehn um. 

ßuone stf.: Sühne, Versöhnung, Friede. 

^uon{e)tac stm. : Tag des - (jüngsten) 
Gerichts, letzter Tag. 

s^s adv.: so, auf solche Weise; sonst, 
auf andre Weise. 

spiS stm.: Saus. 

susen swv.: sausen, zischen. 

$usterkindeMn nd. = swesterJcinddin. 

ßW' (aus so W') in swä, stoar, swanne, 
swenne, swannen, sweder^ swdch 
swer, swas;, swie. Das vorgesetzte 
so hat vei^allgemeinemde Bedeutung, 
wie im Lateinischen das angehängte 
'Cunque. S. noch so.. 

swach adj.: schlecht,' gering,, ai-mselig. 
wertlos. — adv. swache, 

swachen swv.: swa^h sein oder wer- 
den; erniedrigen, kränken. 

swal{we) swf.: Schwalbe. 

swanc stm. : Schwung, Hieb, Streich. 

swanzen swv. : hin und her schwanken. 

swoere adj.: schwer, beschwerlich, un- 
angenehm; bekümmert. 

swcere stf.: Schwere; Kummer,Schmerz. 

swceren swv.: schwer werden. 

swarte stf.: behaarte. Kopf haut 

Sweben swv. : sich in Luft oder Wasser 
fortbewegen, schwimmen, schiffen. 

sweher stm.: Schwiegervater. 

sweifen stv.: schwingen. 



stveim 



triegen. 



261 



sweim stm.: Schweben, Schwanken; 
ße sweime, schwankend, in unsichern 
Wendungen. 

sweimen swv. : sich schwingen, schwe- 
ben. 

swei:; stm.: übertragen = Blut* 

swelle swf. : Balken. 

stoenden swv. : verschwinden machen. 

swern stv. : schwören (eines d.) 

swertleite stf. : Ritterschlag. 

swichen stv^: einem im Stiche lassen. 

swiger stf.: Schwiegermutter. 

swinde .adj. und adv. : kräftig, heftig, 
ungestüm, geschwind ; furchtbar, 
schlimm, verderblich. 



T (s. auch D). 

tac stm. : Tag ; Zeit ; tages, am Tage. 

tagezit stf.: Tageszeit, Tag. 

tdl stn.: Tal, Tiefe. S. noch zetah 

tälanc (^us tagelanc) adv.: von jetzt 
an (deti Tag hindurch); jetzt. 

tarribdre swf.: Handtrommel. 

•tan stm.: (Tannen-) Wald. 

tarnJcappe swf. : unsichtbar machender 
Mantel. 

tegd Qim.i Schmelztiegel. 

teidingen §wv.: unterhandeln. 

teil sima.: Teil, Anteil; ein ^., ein 
wenig; ziemlich, sehr (viel); zum 
Teil. _ 

teilen swv.: ver-, aus-, einteilen; teil- 
haben an; {mit) einem t.f mitteilen, 
zu teil werden lassen; spil ^., die 
Bestimmungen eines Wettstreites (ge- 
teiliiu spil) treffen. 

iischlachen stn.: Tischtuch. 

tixire, tiuwer adj. : kostbar, vortrefflich, 
ausgezeichnet, vornehm ; selten ; mir 
ist t, geht ab, ist versagt. — adv. 
hoch und teuer, sehr. 

tiuren, tiuwem swv. : ehren, auszeich- 
nen. 

tiurlich adj.: = tiure, 

üiiUere stm.: Deuter, Ausleger. 

üute stfn.: Deutung ;5^e tiiite, deutlich, 
auf deutsch. 



tiiiiisch,^ tiut{e)sch^ Husch, d- adj. : 
deutsch. 

tiutiscJien adv. : deutsch. 

tiuvel, tievel stm.: TeufeU 

tiuvellich, tievellich adj.: teuflisch. — 
adv. 'lfche{n). 

tjost(e) stf. : ritterlicher Zweikampf zu 
Pferd mit dem Speere. 

tjostieren swv.: mit dem Speer gegen 
einen rennen. 

tobeheit stf.: Raserei, Wut. 

tobeliche{n) adv.: rasend, wütend. 

toben swv. : nicht bei Verstand sein, 
sich unsinnig, toll gebärden. 

topelspil stn.: Würfelspiel. 

topf stm. : Kreisel. 

toreht, -oht adj.: töricht, närrisch. 

teeren, swv. : betrügen, äffen^ 

tcer{i)sch adj.: — toreht 

tote swm.: Pate. 

tdtgevar adj.: totenbleich. 

tötriuwescere stm. : todestrauriger 
Mensch. 

tötunreine adj.: lebensgefährlich un- 
rein. 

tougen adj. und adv. : hieimlich, geheim. 

/ow^m(c) stf.: Geheimnis.* 

tougenlich adj., -Uche(n) adv. : = tou- 
gen. 

totip adj.: taub, stumpfsinnig, toll; 
leer, öde. 

iöu{we}n swv.: sterben. — ipa.rttöu{n)de. 

trcege adj.: träge, verdrossen. — adv. 
träge. 

tragen stv. : (an sich, in sich) tragen, (an 
sich) haben, hegen, auftragen, davon 
ti-agen, ertragen, dulden; vride tr., 
halten; bringen, (Frucht) hervorbrin- 
gen. — refl. sich benehmen ; sich fügen. 

trähen stm.: Träne, Tropfen. 

traht(e) stf.: aufgeti*agene Speise, Ge- 
richt. 

trahten swv. : uw^e nachdenken über. 

trappe swm.: Trappgans. 

traz stm.: Trotz; üf mtnen tr.., mir 
zum Trotz. 

trehtln stm.: Herr, Gott. 

trUen stv.: (be-)treten, wandeln. 

triegen stv.: (be-)trügen. 



262 



triel — über. 



trid stm.: Schnauze, Maul. 

trift stf. : Tun, Treiben ; üf die t ka- 
men, es (so) treiben. 

ir'mcva^ stn.: Trinkgefäss. 

triuten swv.: Heb haben, liebkosen. 

triuÜnne stf.: Geliebte, Gemahlin. 

triuwe stf.: Treue, Versprechen. 

tröst stm.: Zuflucht, Schutz. 

ircesten swv. : sich eines d* tr,^ seine Zu- 
versicht setzen, sich verlassen auf. 

trucleen adj. : trocken. 

irumüsse stn.: teuflisches Blendwerk. 

irüebe stf.: Trübheit, Finsternis. 

trügenheit stf. : Betrügerei, Falschheit. 

truhsce^e swm.: Hofbeamter, dei- die 
Speisen aufträgt. 

irüt adj.: lieb, trauti — stmn.: Lieb- 
Hng, Geliebte(r). 

trütgespil swf.: traute Gespielin. 

trütUchen adv.: liebevoll. 

trüwen, trouwen swv. : (eines d,) glau- 
ben, hoffen, veimuten ; sich getrauen; 
einem vertrauen; einem eines d. zu- 
trauen. 

tuft stm. : Dunst, Nebel. 

tugeny lügen v. prät.-präs.: taugen, 
nützen, angemessen sein, zukommen. 

tugenty fugende stf.: (meist im pl.) 
Tüchtigkeit, Vorzüglichkeit, feine Le- 
bensart. Dazu: tugenther^ erhaben; 
tu^entlich, tüchtig, fein gesittet, edel ; 
tugentlös, elend, erbärmlich; tugent- 
fiche; tugentsam, 

tülle stn.: Röhre, womit die eiserne 
Pfeilspitze am Schaft befestigt wird. 

tump adj.: töricht, einfältig, unklug, 
unerfahren, jung. 

tumpheitsit: Torheit, einföltiges We- 
sen. 

tumpUch adj.: = iump, 

iuom stm.: Dom. — tuomMrre swm. 

ttion an. v.: tun, machen, handeln, 
bewirken, verursachen; triuwe t^ 
erweisen, vride U machen; mitsubsL 
Obj. zusammen oft statt eines ein- 
fachen, den Begiiff des Subst. ent- 
haltenden Verbs, z.B. gäbe t = g'd- 
hen, siegen L = s'egenen, urteilet 
= urteilen, tot t = tosten, bü t 



= huwen\ einem(ein) strafen, schel- 
ten t; mit Inf. zur Umschreibung 
des einfachen Verbs, z. B. weinen t., 
wagen t. = weinen, wagen usw., 
mit prädikativem Adj. = machen, 
z. B, (sieh) bekamt t^ Imre t; als Ver- 
treter eines vorausgegangnen Verbs 
(wobei ttwn die Rektion desselben 
beibehält); ^^ guotj wol t, sich im 
Kampfe auszeichnen; einem t, ein 
Leides tun; einem liebe, leide t.y 
Freude, Leid bereiten ; sich nähe L 
zuo einem, sich anschmiegen; guo 
einem d. t.^ Abhilfe schaffen ; getan 
werd-en, geschehen. — absol. auch: 
sich verhalten, sich gestalten, sein; 
wol t, gütig sein. — part. getan, be- 
schaffen. 

turn stm.: Turm, Schatzkammer. 

turnieren swv. : das Ross wenden, tum- 
meln. 

turren v. prät.-präs.: sich getrauen, 
wagen, dürfen. 

tuster ^tn. : Gespenst. 

twahen stv. : waschen. 

twal{e) stf.: Zögerung, Verzug. 

twehele swf.: Handtuch. 

twellen swv.: säumen, zögern* 

tw'erch adj.: quer, schief. 

twingen (d-) stv.: zusammenpressen, 
(die fast) ballen; (be-)zwingen, be- 
drängen, quälen. 



u. 



N 



ubel adj.: böse, schlimm, schlecht. — 
Subst n.: Übel, Unheil, böse Ge- 
sinnung. 

iibde adv.: auch iron. = gar nicht. 

übele stf.: Schlechtigkeit. 

übeUichen adv.: = iibele. 

über präp.: über, über . . hin(weg), 
über . . hinaus, jenseits, trotz ; wäh- 
rend, nach. 

über adv.: (hin-, her-) über. — Vor 
Verben: -hdn^ refl. mit gen. sich 
enthalten, -watlen, (von Tränen) 
überfliessen. -werden, übrig bleiben. 



übergän — underscheidunge. 



263 



übergän^ -gm fetv.: tr. übertreten; 
übermannen. 

üöergrä adj.: über und über grau. 

Übergülte, -gulde stf.: was mehr wert 
ist als etw. andres (gen.). 

Übergülten swv.: überbieten, -treffen. 

überhoehen swv. : ^überragen, -trefifen. 

überic adj.: übermässig. 

überkomen stv..: einen eines d. über- 
weisen, überführen. 

Überkraft stf.: Oberfluss. 

überlaufen stv.: laufend überholen. 

übermüete, -muot adj.: übermütig. 

übermüete stf., -muot stfm.: stolzer, 
hochfahrender Sinn, Übermut. 

überreden swv. : widerlegen, überführen. 

überschrtten stv. : (ein Pferd) besteigen. 

übersehen stv.: nicht achten auf; refl. 
sich vergessen, schlecht für sich 
sorgen. 

Überslahen stv.: schnell hinweggehen 
über; in Kürze erzählen. 

übersniden stv.: (im Kleiderschnitt) 
übertreffen. 

nberstrtten stv.: überwinden, -treffen. 

übertreten stv.: refl. gesetzte Schran- 
ken übertreten, sich vergehen. 

überflü^i^ecUch aijj. :überfliessend,über- 
reichlich. 

überwäl stm.: Übersti-ömen, -fluten; 
erden wtmsches Ä., was alle irdische 
' Vollkommenheit übertiiffl. 

überwinden stv.: überstehen; verwin- 
den, verschmerzen. 

Heben swv.: pflegen, treiben; zeigen. 

üf (auch üffen) präp. : auf, bis auf, bis 
zu, zu, gegen; in Bezug auf; in der 
Absicht, Erwartung auf ; (in Beteue- 
rungen) bei. 

üf (auch üffe) adv.: (hin-)auf, in die 
Höhe, oben. Vor Verben: -bereiten, 
diu goltva^ überzählen und verwah- 
ren, -bieten, in die Höhe strecken. 
'binden, den Mim aufsetzen und 
festbinden, -^an, aufsteigen, -legen^ 
aufbringen, ausdenken, -nemen, zu- 
nehmen, -rümeny wegtreiben, -fil- 
sten, refl. sich zum Aufbruch rüsten. 
-soumen, aufladen, -swingen, (eine 



Bude) aufschlagen, -zücken, schnell 
aufziehen. 

üfreht adj.: aufrichtig, ohne Falsch. 

UTnb- s. auch unb-. 

umbe präp. : um, für, wegen, in Bezug 
auf. 

uwbe adv. : (her-)um, wegen. Vor Ver- 

• ben : -gän, sich drehen ; mit zu tun 
haben, zur Verfügung haben, -wer- 
fen, refl. sich rasch umwenden. 

umbemüren swv.: ummauern, um- 
scbliessen. 

umberinc stm.: Umkreis. 

umbesweifen stv. : umschlingen. 

unangestlichen adv.: ohne Gefahr, sorg- 
los. 

unbehuot (umb-) part. adj. : unbehütet, 
ohne Deckung. 

unberäten (umJb-) part. -adj.: hilflos, 
arm. 

unbereit (umb-) part. adj.: nicht zu- 
gän^ich; nicht fertig. 

unbescheiden part. adj. : ungebührlich, 
rücksichtslos. 

unbesin{ne)t part. adj.: unbegabt. 

imbetrogen part. adj.: ohne Falsch, 
aufrichtig. 

unbilde stn.: Unbill. 

undanc stm.: er liabe %l, sei verwünscht! 

undäre adv. : ungehörig, unfreundlich. 

und{e) conj. : und, und doch, und 
zwar; sehr häufig als Einleitung von 
Bedingungssätzen ; Vertreter des Re- 
lativpronomens und andrer relati- 
ver Partikeln. — und . . und, so- 
wohl . . als auch. ^ 

ünde stf.; Woge. 

under präp.: unter, zwischen. — adv. 
unten, zwischen; hier under, hier 
zwischen, hierbei. 

underbrechen stv.: dazwischenti'eten, 
verhindern. 

undergdn stv. : tr. dazwischen, in den 
Weg treten. 

undergrifen stv.: hinunter gi^eifend 
erfassen. 

underscheiden stv. : auseinandersetzen, 
erklären. 

underscheidunge stf.: Unterschied. 



^u 



underschroten — unstate. 



undei'sohröten sty. : auseinandersetzen, 
mitteilen. 

undersniden stv.: (ein Gewand aus 
mehreren Stoffen) zusammensetzen, 
mischen. 

understän stv. : dazwischen treten, ver- 
hindern. 

tmderstd^en stv.: dazwischen stossen. 

undertät stn. : Nasenknoi-pel (zwischen 
den Nasenlöchern). 

undervie stm. : trennender Faden ; 
Zwischenraum. 

under flehten stv.: durchflechtön. 

underwtlent adv. : zuweilen. S. noch 
wtle, 

underwlnden stv.: refl. mit gen. sich 
einlassen auf, über sich nehmen. 

underziehen stv.: refl. mit gen. über 
sich nehmen. 

uneb(e)ne adv.: unpassend. 

unerbermecUchen adv.: erbarmungslos. 

uneren swv. : entehren, schänden» 
. ,-. unerkant part. adj.: unbekannt. 
.N^/- unervorhten part. adj.: furchtlos. 

ungeahiet part. adj.: unfasslich. 

ungebmrde stf.: Jammer, Wehklagen. 

tmgebcere stf.: dasselbe. 

ungehiure adj.: unfreundlich, wild, 
unheimlich, schrecklich. 

ungev^ach adj. : ungestüm, unbequem, 
lästig. 

Ungemach stmn. : Unruhe, Unbequem- 
lichkeit, Leid. 

ungemüete stn. : Missmut, Verdruss, 
Zorn, Leid. 

ungemuot acy.: missmutig, zornig, 
traurig. 

ungenäde stf. : Mühsal, Trübsal, Elend. 

ungenceme adj.: unangenehm, wider- 
wärtig, hässlich. 

ungenande stf.: was man zu nennen 
sich scheut, unheilbare Krankheit. 

ungenesen part adj. : krank ; gekränkt. 

ungerade stf.: ungerade Zahl. 

ungereisic adj.: zm- Ki-iegsfahrt un- 
tauglich, unrüstig, schwach. 

ungeschihtstt: Missgeschick, unglück- 
hcher Zufall. 



ungesellediche adv. : in unfreundlicher 

Weise. 
ungeseret part. adj. : unverletzt, unbe 

heUigt. 
ungeslaht adj. : bösartig. 
ungesühte stn.: Krankheit. 
ungetelle adv.: ungf schickt, plump. 
ungeiriuwe adj.: treulos, verräterisch. 
ungetrm{we)Uche adv.; dasselbe. 
ungeverte stn. : . unwegsame Gegend, 

Unwegsamkeit. 
ungefüege adj. : ungeschickt, ungezogen. 

roh; unhandlich, übermässig g^ross. 

gewaltig. 
ungefüege stf,: Unschicklichkeit,^ In- 
. gebühr, Unheil. 
ungevuoc stm.: Unfug, Unheil. 
ungefuoge adv.: überaus, gar sehr. 
ungewerlich adj.: gefährlich. 
ungewiss^en part. adj.; unbekannt. 
unkiusche adj. : unrein, roh, frech. 
unkunder stn.: Untier. 
ufikunt adj.: unbekannt, fremd. 
unkust stf.: Bosheit, Falschheit. 
unmcere adj.: unlieb, zuwider, gleich- 
gültig. 
unmäi^en, -mä^e adv.: übermässig. 

ausserordentlich, sehr. 
unminne stswf.: Feindseligkeit. 
unmUgdich adj.: unmöglich; überaus 

gross. 
unmuot stm.: gen. a,dv.unmuotes,m- 

mutig, betrübt. 
unr'eht stn.: ee unrehte^ mit Unrecht, 

unrechtmässiger Weise. 
unreinen swv.: verunreinigen. 
unruoch stm.: Gleichgilligkeit, Leid. 
unsmlde stf.: Unglück, Unheil. 
unscetec adj.: unglücklich, verflucht. 
unsanfte adv.: weh, schwer. 
imscJiameUch adj.: dessen man sich 

nicht zu schämen braucht. 
unsenfte adj . : un angenehm ,unerfreulich. 
unsenfte stf.: Ungemach. 
unsenfiecltchen adv. : auf schmerzliche 

Weise. 
unsihüc adj.: unsichtbar. 
unslten stn.: ungestümes Benehmen, 

Wut. 
unstate stf.: Hilflosigkeit; Schaden. 



ünstcete — velwen. 



unstcete stf. : Unbeständigkeit. 

itnn^gevangen part. adj.; ohne einge- 
fangen zu werden. 

unv'etre{n) adv.: unweit, nah. 

unvcrspart part. adj. :. nicht erspart. 

imversunnen part. adj. : bewusstlqs. 

iinoll adv. : selten ; gar nicht. 

unolai stf.: Schmutz. 

unfrowede, 'Vröude stf.: Betrübnis. 

nnfiioge stf.: Unziemlichkeit, unpas- 
sendes Benehmen, Unfug. 

unfuogen swv.: unpassend handeln. 

unwtse stf.: schlechte Melodie. 

iiniviiee stf.: Unverstand. 

iinz{e) präp. und conj.: bis (zu) ; (auch 
ur\z das;) bis dass, so Jange als ; tihz 
her, bisher. 

unzerworht part. adj.: unzerlegt. 

tinstiht stf. : Ungezogenheit. 

iinzühtec adj. : ungezogen, ungesittet. 

fippec adj.: überflüssig, unnütz, eitel. 

ür stm.: Auerochse. 

tirliap stm.: Anfang, Ursache. 

urUuge. stn. :. Krieg. 

Urlauben swv.: sich verabschieden. 

itrloup, 'lop stm. : Erlaubnis (zu gehen), 
Urlaub, Abschied. 

ürrlnt stn.: ~ ür, 

ursprinc stm.: Quell, Ursprung. 

ursiiocli stm.: Versuch, 

ti^ präp.: aus, (infolge) von. — adv. 
(hin*, her-)aus; ü^her, heraus. Vor 
Verbeji : -dringen, verdrängen, -er- 
kennen^ part. üij: erhant = ü? er- 
körn, ü:^ erlesen, -komen^ ausziehen. 
-ziehen, auskramen. 

ü^e, üs^en adv. : aussen* 

üi;er präp.: = w^. 

V. P. 

vach stn.: Fang(netz). 

vadem stm.: Faden. 

vähen, van stv.: (er-)greifen, fangen, 

eirinehmen*4 
vahs, Vas stn.: (HaUpt-)Haar. 
val('Wer) adj.: fahl; falb, blond, gelb. 
välant stm., välenünne stf : Teufel, -in. 
valde stf.: Falte, Einschlagtuch für 

Prachtgewänder. 



Valien stv. : einejn zufallen j zuteil wer: 
den ; an einen, an ein d, (vei*-)fallen 
auf. 

valsch stm.: Untreue, Falschheit, Be- 
trug. 

valscheit^ valschekeit stf. :. dasselbe. 

van = von. 

yaneswm.: Fahne. 

var{-wer) adj.: gefärbt, aussehend. 

var stf.: Weg, Fahrt. 

vären swv. : eines nachstellen, gefähr- 
den. 

vcerlichie) adv.: hinterlistig, in böser 
Absicht. 

varn stv. : sich (hin und her) bewegen, 
gehen, (her-)kommen, (aus-)ziehen, 
wajid^rn, fahren, reiten; vor sich 
gehen; sich befinden, leben, sich 
benehmen; ich var wol, mir ergeht 
es wol ; V. lassen, aufgeben. — - part. 
varn de, beweglich, vergänglich, 

vart stf: Fahrt, Reise; Weg, Fährte; 
an, üf die v. bringen, dahin, dazu 
bringen, berichten ; üf der v., so- 
gleich. 

varwe stf.: Farbe, Aussehen, Gestalt. 

vast{e) adv. (zu veste) : fest, dicht, . 
stark, sehi'. 

vaste swf : Fasjenzeit. 

va^ stn.: Gefäss. 

vech adj.: bunt. 

vedergpil stn.: zur Vogelbeize abge- 
richteter Vogel, Jagdvogel. 

veige adj.: dem Tode verfallen, tot; 
verdammt. 

veigen swv.: töten. '^. 

veile adj.: feil; wol v., leicht käuflich. 

veilen swv.: (ver-)kaufen. 

feine swf: Fee. 

feinen swv. : durch Feen begabt werden* 

veii^t adj.: fett, feist. 

veilen swv.: zu Fall bringen. 

velschelcere stm.: Verleumder. 

velschen swv.: (ver-)falschen, für falsch 
erklären; herabwürdigen, verleum- 
den; (einen Eid) zurücknehmen. 

velscher stm.: Treuloser, Betrüger. 

veltgebü stm.: bebautes Feld. 

velwen swv.: fahl machen. 

18 



venre — verschroten. 



venre stm.; Fähnrich. 

vtnster sin. : Fensternische, Öffnung 
in der Mauerkrone (zinne), 

v'enster stein stm.: steinerner Fenster- 
rahmen. 

verbern stv. : unterlassen, aufgeben, 
♦ meiden, verschonen. 

verbieten stv.: (den Gebrauch, ßesitz 
von etw.) untei-sagen. 

veifbösen swv. : schlecht machen ; ver- 
letzen. . 

verch stn.: Sitz des Lebens, Leben. 

v'erchbluot stn.: Lebens-, Herzblut. 

v'erchslac .stm.: tödlicher Schlag. 

verchvient stm.: Todfeind. 

vBrchtvunt adj. : zum Tode verwundet. 

verdagen swv.: verschweigen. 

verdrießen stv. : trUch verdriu^et (eines 
d.)i mir ist unbehaglich ; ich unter- 
lasse etw. 

verdringen stv.: verdrängen. 

verebenen swv.: refl. sieh vergleichen, 
sich verstehen zu. 

verenden swv. : zu Ende bringen, voll- 
bringen; intr. und refl. ein Ende 
nehmen. * 

vergdhen swv.: übereilen. 

vergän stv.: einen entgehen. 

verge swm. : Fährmann. 

vergeben stv.: hingeben, aufgeben; 
einem vergiften. 

vergelten stv. : bezahlen, büssen. 

vergtß?en stv.: refl. sich versehen. 

vergift stfn.: Gift. 

verheln stv. : verheimlichen, verbergen. 
— pari. adv. verholn, heimlich. 

verhoenen swv. : herabsetzen, entehren, 
verderben. 

verhouwen stv.: niederhauen, töten. 

verirren swv.: tr. in die Irre führen, 
irre machen, vei-wirren; eines d* 
hindern, berauben ; verirret sin^ irre 
sein, sich irren. 

verjehen stv.: (einem eines d.) zuge- 
stehen, sagen. 

verhallen swv.: durch Geschwätz ver- 
wirken. 

verkeren swv.: eine falsche Richtung 
geben, ins Entgegengesetzte verkeh- 



ren, verdrehen, verstellen. 

verki&smi stv. : fahren lassen, verzich- 
ten, verschmerzen, verzeihen. 

verklagen swv.: zu Ende (be-)klagen, 
verschmerzen. 

verkoln part. adj. : von Schmerz ge- 
quält. 

verkosten swv.: refl. sich verköstigen. 

verkrenken swv. : schwächen, Vernich- 
ten. 

verkunnen v.prät.-präs. : einen eines d. 
nicht zuti-auen. 

verläsen stv.: loslassen, zurücklassen, 
erlassen, unterlassen, überlassen, an- 
heimstellen. 

verlegen part. adj..: (durch zu langes 
Liegen) in Trägheil versunken, er- 
schlafft. 

verleiten swv.: irre führen, verführen. 

Verliesen stv.: tr. verderben; vergeb- 
lich tun ; (aus den Augen) verlieren. 

verme^^en stv.: refl. mit gen. sich er- 
kühnen, sich herausnehmen. 

verme^^eniiche adv.: kühplich. 

vermiden stv.: tr. lassen von, unter- 
lassen ; verschonen ; absol. versagen, 
nicht treffen (von Waffen). 

vermiesen swv. : mit H|loos (bezw. Haar) 
sich überziehen. 

vermissen swv* :. nicht treffen. 

vememen stv.: verstehen. 

vernent adv. : im vorigen Jahre. 

Vernunst, -nunft stf.: Einsicht, Klug- 
heit. 

vernt adv.: = vernent, 

verpf enden swv.: (eine Wette) durch 
ein Pfand sichern. 

verpflihten swv.: refl. sich verbinden 
mit, sich hingeben an (^e). 

verprisen swv.: refl. zu viel preisen, 
den Preis verscherzen. 

verrätunge stf.: Verrälerei. 

vtrre, verren adv.: fern, weit(-hiii. 
-her), von weitem, viel, sehr. 

verrihten swv.: L in Ordnung bringen, 
einrichten, ausgleichen, vollbringen. 
— 2. verwirren, stören. 

verschroten stv.: zerhauen, durch 
Schneiden verderben. 



/ 



versehen — viiir 



m. 



oer sehen slv.: sich (eines d.) voraus- 
sehen, hoffen, rechnen auf, Zuversicht 
haben, auf den Gedanken kommen. 

versieden stv. : kochen. 

versinken stv. : sich {eines d,) zur Be- 
sinnung, zu 'Verstände kortimen, be- 
greifen, verstehen, (be-)merken; sich 
einbilden. 

versitzen stv.: sich auf den falschen 
Platz setzen {verse^i^en sin), 

versiahen stv.: versperren; in Verfall 
kommen lassen; sich eines d. sich 
entschlagen. 

'i^ er Sünden stv.: vei-schlingen. 

versitzen stv. : verbrauchen; zubringen. 

versmäJien swv. : verächtlich, gering- 
fugig dünken. 

versmcehen, -stnähen swv.: gering 
schätzen. 

versmäfüiche adv.: verächtlich, gering 
schätzig. 

versmiden swv. : fest schmieden. 

versniden stv.: zerhauen, verwunden, 
(be-)trugen. 

versöln swv.: verschulden, verdienen- 

versprechen stv. : verreden, von sich 
weisen. 

versiän^ -sien stv.: vertreten; verneh- 
men, wahrnehmen; refl. (mit gen.) 
sich verstehen auf, erkennen, (be-) 
merken. 

versuenen swv.: aus-, versöhnen. 

versumen swv.: versäimien, vernach- 
lässigen, (versümet dn) zu spät kom- 
men ; refl. nachlässig sein, sich ver- 
späten. 

versuochen swv. : untersuchen, erpro- 
ben; auf-, heimsuchen; refl. sich 
suchend verirren. 

verswenden swv.: verbrauchen, hin- 
bringen. 
' vert adv. : = ^nj^en t. 

vertragen stv. : tr. irre führen, ver- 
leiten ; {einem ein d.) ertragen^ hin- 
gehen lassen, sich gefallen lassen. 

ver treffen stv.: übertreffen. 

vertdemen swv.: verdammen. 

vertuon an. v. : aufbrauchen, verzehren. 



vervähen stv. : aufnehmen, anrechnen, 
auslegen. 

verwcUken stv. : zusammenwalken, ver- 
filzen. 

värwcere stm.: Färber, Maler; bildl. 
vom epischen Dichter, 

vermäßen stv.: verwünschen. 

värwen swv.: färben, malen. 

verwenden swv.: an-, unterbringen. 

verwerfen stv.: Verstössen; entsagen. 

verwidem swv.: zurückweisen. 

verwitwen swv.: zur Witwe machen. 

verwisien stv.: vonverfen, vorrücken« 

verwürken swv.: part. verworht, ver- 
dammt, verflucht. 

verzagen swv. : mutlos, traurig werden ; 
{an) aufgeben, verzichten; ir eUen 
ist verzagt, sehr klein. 

verzern swv.: aufbrauchen, verlieren. 

verzihen stv.: versagen, abschlagen; 
refl.' mit gen. verzichten, aufgeben, 
entsagen. 

veste stf.: Festigkeit, Befestigung, Be- 
kräftigung. 

vesteclich adj. : fest, stark, standhaft. 

vestenen swv. : fest machen, bekräftigen. 

vestenunge stf.: = veste, 

viddcere stm. : Fiedler. 

vient^ vigent, vint stm.: Feind. 

fier adj. : stolz, stattlich, schön. 

vier^ic adj. : da? v. teil, Viertel. 

Vierecke adj.: viereckig. 

vierpalt adj.: vierfältig, vierfach. 

figieren swv.: treffen. 

vil 1. subst. n. (mit oder ohne gen.): 
viel(es). — 2. unflekt. adj. — 3. adv.: 
viel, vielfach; sehr, gar. 

vUlän stm.: Bauer. 

vind€ere stm.: (Er-)Finder, Dichter. 

vingerltn stn.: Fingerring. 

vinster stf.: Finsternis, Dunkel. 

virren swv. : entfernen, fern halten. 

fischieren swY.i befestigen, fest gürten. 

vitech stmn.: Fittich. 

viulen swv. : faulen machen, zerstören. 

viur, viuwer stn.: Feuer. — viurtn 
adj. : feurig, von Feuer. — viu{we)r' 
rame stf.: Feuergestell, Kamin. — 
vin{we)rstat stf. : Feuerstätte, Herd. 



vlans — vrist 



vlans stm.: Mund, Maul. 

vVecke swm. : Platz, Stelle. 

vlehe stf.: dringende Bitte, Flehen. 

vleheUf vlegen swv. : (an-)flehen, bitten. 

Vliesen = Verliesen, 

vlie^en stv. : fliessen, schwimmen. 

vUnsherte adj. : kieselhart, 

vli^ stm. : mit, ze vUi^e, eifrig, sorgfältig. 

vU^ecliche adv.: sorgfältig. 

vli^en stv:: (refl.) Eifer und Sorgfalt 
verwenden, sich befleissen. 

florieren swv.: (ver-)zieren. 

vlö^ stm.: Strömung, Fluss. 

vluht stf. : ze flühten loufen, sich eilig 
auf die Flucht machen. 

vlühtesal stf.: Flüchtung, Sicherung. 

vluot stmf.: Flut, Meer. 

vog{e)U voit stm.: Vogt, Schirmherr, 
Fürst. 

vogetdinc stn. : vom Vogte gehaltenes 
Gericht. 

vohe swf. : Füchsin. 

vol adj.: voll(ständig), vollkommen, 
ganz. — adv. vol, volle, vollen. 

volbring&n an. v.: es; wol v. = e? 
wol iuon (s. unter tuon). 

vol(e) swm.: Füllen. 

voletiden swv. : zu Ende erzählen, voll- 
ständig aufzählen. 

vol-, vollengän stv. : in Erfüllung gehen. 

volge stf. : Nachfolge, Zustimmung. 

volgen swv.: nachfolgen. Schritt halten. 

volger stm.: Anhänger. 

vol-j vollenhomen stv.: gänzlich kom- 
men; vollendet, ausgeführt werden, 
geschehen. — part. vollenhomen, 
ausgebildet, ausgewachsen. 

volle swm.: Fülle, Vollständigkeit. — 
adv. den vollen^ mit vollen, in Fülle, 
im Überfluss, vollkommen, völlig. 

voUeelich adj. : vollständig, vollkom- 
men, reichlich. — adv. -liehe. 

volleist stm. : Fülle ; Beistand, Hilfe. 

volUc adj. und adv. :voll(ständig), reich - 
Uch.' 

vollöben swv.: vollständig loben, aus- 
loben. 

volmt^^eyi stv.: völlig ausmessen. 

volrechen swv.: vollständig erklären. 



volsingen stv.: zu Ende singen. 

volftpr^chen stv.: zu Ende sprechen. 

vo», van präp. : von, von . . weg, von 
. . her(ab), von . . an; aus, durch, 
vor, wegen; auch zur Umschreibung 
des Gen. 

vor präp. : vor, durch, wegen. — adv. 
vor, vorn, voran, vorwärts, vorher, 
zuvor. Vor Verben: -behalten, vor- 
enthalten, -verlieg en, verleugnen vor. 
-zeln,, vorsagen. 

vorgäbe stf. : Vorteil, Vorsprung. 

vorhte stf.: Fu rghk 

vorht{ec)Uch adj. : fm-chtsam ; furchtbar. 

vort adv.: vort trttBn^ weiter gehen, 
beharren bei. 

vrä? stm.: Vielfrass. 

vrSch adj.: mutig, kühn, keck. — adv. 
vreche. 

vreide stf.: Gefahr. 

vr eischen (aus ver-) stv. : vernehmen, 
erfahren. 

vreise stswf.: Gefahr, Verderben, Not, 
Schrecken ; Schreckliches. 

vreislich adj. : schrecklich, entsetzlich. 
— adv. -licfie{n), 

vreissam^ -san adj.: dasselbe. 

vrem(e)de adj.: fremd, seltsam, unge- 
wöhnlich, selten. 

vrem{e)den swv.: tr. fernbleiben, meiden. 

vremdekeit stf.: Seltenheit. 

vrevel{e)jVrävel adj.: kühn, verwegen; 
übermütig, frech. 

vrevele, vrävele stf. : Kühnheit, Gewalt- 
tätigkeit. 

vrevellichen adv.: = vrevel, 

vri adj.: ledig, ungebunden, zuchtlos; 
vri lä^en, vermeiden. 

Wide stm. : Friede, Schütz, Sicherheit. 

vrid&n swv.: schützen; e^ v., Frieden 
stiften. 

vriedel stm.: Geliebter. 

vrien's^\.: frei machen. 

vr lesen stv.: frieren. 

vrilicJte adv.: frei, ungehindert. 

vriman stm.: nicht leibeigener Knecht. 

vrisch adj. : munter, kräftig. 

vrist stf.: Zeit; ze tanger vr., lange, 
auf lange hinaus; Aufschub, ReLtungf. 



'meisten — wan. 



269 



vrlsien swv. : auf-, erhalten, retten. 

vriunt stni.: Freund, Geliebte(r), Ver- 
wandter. — vriuntUche adv.: als 
Freund, in friedlicher Absicht. — 
vrkintschuft stf.: Freundschaft, Ver- 
wandtschaft. 

vriwtp sin.: nicht leibeigene Magd. 

vrom- s. vrum-- , 

vrofi, ordne (uiidekl.) adj. : heilig, herr- 
lich. 

vrösch stm.: Frosch. 

wände stf.: Freude, Kurzweil. 

vroitwe (pJroklit. vroVy vro, ver) swf. : 
Herrin, Gebieterin, Frau. 

frowede stf.: = itn^öude. 

vruht stf.: Sprojse, Kind; der scßlden 
vr., die höchste Vollendung. 

vrum adj.: nützlich, förderlich; tüch- 

' tig, wacker, gut, brav. ^ 

vrum stm., vrume, vrome swm.: Nu- 
tzen, Vorteil ; /se vromen, hinlänglich. 

vrumen, vromen swv. : intr. frommexi, 
nützen; tr. (be-)fördern, schicken, 
bewirken, machen, tun. 

vnimkeü, vromkeit stf.: Tüchtigkeit. 
^wiio adv. (zu vrüeje): früh. 

vüegen swv. : verbinden, zuteilen^ be- 
scheren, verschaffen ; refl. sicli schi- 
cken, sich fügen, geschehen. fO^x/vJ 

vüerefh swv. : (mit sich) führen, bringen, 
tragen, besitzen. 

vimt ^tm. : dichterische Erfindung. 

vuoge stf.: Schicklichkeit, Anstand; 
Geschicklichkeit, Kunst(fertigkeit). 

vaore stf.: Lebensweise. 

vuo^ ' sim.: von mio^e üf^ von Kopf 
bis zu Fuss. 

vür präp. : vor (. . .hin, . . her), (zum 
Schutze) gegen, für, statt, als, mehr 
oder lieber als, vorbei an, von . . 
an, seit. — vür sich, vorwärts, bei 
Verben der Bewegung. 

vür adv. : vor, vorwärts, voraus, vor- 
über, hervor, hinaus; z.B. vor Ver- 
ben : 'brachen, hervorbrechen, sich 
geltend machen, -gdny einher-,' yor - 
ühergehem vor sich gehen, -komen^ 
herankommen, sich einstellen, -n- 
ien^ vorüberreiten, -senden^ voraus- 



senden, setzen^ refl. den Sinn rich- 
ten auf. -tragen, ans Licht bringen, 
aufbagen. -vUegen, herbeifliegen. 

vürba:^ adv.: weiter(hin), ferner. 

vürgedanc stm. : vorherige Überlegung. 

vurt stm.: P^urt, Weg. ^^ 

w. 

wä adv.: wo; nach sehen, schon wen, 
hceren — nhd. wie. 

wäc stm.: Woge, Flut. 

wachen swv. : (auf-)wachen. 

wäfen, wäpen stn. : WaBe^ (bescrmters" 
das Schwert); Wappen. Als Not- 
und Weheruf: ach ! wehe ! 

wäfen{en)y wäpen{en) swv.: waflCnen, 
wappnen. 

wäfen-, iväpenkleit stn. : Rüstung. 

wäfenrieme swm.: Riemen zum Fest- 
binden der Rüstung. 

wäfen-^ wäpenroc stm.: über dem 
Papzer getragenes Oberkleid. 

tväge stf.: Wage; Wagnis; an die w. 
lallen, wagen, aufs Spiel setzen. 

wcege Sid},: gewogen, hold; tüchtig. 

wagen swv.: tr. bewegen, schüttelh. 

W(jehe adj.: sch^n, kunstreich. 

wcejen swv.: wehen. 

loal stn.: Walstatt, Kampfplatz. 

wal stf.: Wahl; Art und Weise. 

Walch stni.: Wälscher. Dazu wal- 
hisch, welsch adj. 

walgen swv.: sich wälzen, rollen. 

walgenö^ stm.: Kampfgenosse. 

walken stv.: e? w.^ drauflos schlagen. 

wallcere, waller stm.: Pilger. 

loallebruoder stm.: dasselbe. 

walten stv.: eines d. in seiner Gewalt 
haben, besitzen, gebrauchen; sorgen 
für, pflegen, behandeln. 

waltman stm. : Waldmensch. 

waltreise stf.: Jagd. 

walischrate swm.: Waldgeist. 

waltiöre swm.: Waldmensch. 

wan adv., nach Negationen: als, aus- 
ser; niht wan, nichts als, nur; in 
positiven Sätzen : nur, ausgenommen, 
nur nicht; ivan {da^) ausser dass, 
nur dass ; wenn nicht ; elliptisch : 



270 



wan — wenden. 



wäre nicht (gewesen). — conj. : son- 
dern, aber, jedoch. 

wan s. wände, wanne. 

wan = man, 

wan stm.: Vermutung, Gedanke, Ab- 
sicht, 'Wahn, (trügerische) Hoffnung ; 
tmn hän eines d,j hoffen ; äne, sun- 
der wan.; untmglich, ganz gewiss, 
wahrlich ; nach wäne, aufs Unge- 
wisse, aufs Geratewohl. 

wanc stm.: Wanken, Weichen, Unbe- 
ständigkeit; einem einen w. tuon., 
untreu werden ; dne, sunder w., 
ohne zu wanken, fest, ununterbro- 
chen, stets. 

wand(e), wan 1. Fragewort: warum; 
wände ne^t wanne, wan, warum nicht ; 
wan im Ausruf: o dass doch! (lat. 
utinam). — %. conj.: deim, weil. 

wandelbcere adj. : wankelmütig, fehler- 
haft, böse. 

wandelier&n swv. : wechseln, variieren. 

wandeln swv.: verändern. 

wandelunge stf.; Wechsel, Variation. 

wcenen swv.: glauben, meinen, ver- 
muten, hoffen; über das eingescho- 
bene wcene {ich) vgl. zu Gudr. 64,4. 

wanne stf. : G^treideschwinge. 

wanne s. wände, wannen. 

wann{e\ wan, wenne pron. adv. : wann, 
wenn. 

wannen, wanne pron. adv.: woher. 

wdpen s. wäfen. 

war pron. adv.: wohin. 

war(e) stf. : Acht, Aufmerksamkeit ; 
w. n'emen eines d.t achten auf, be- 
achten, wahrnehmen, Rücksicht neh- 
men, in Obhut nehmen, sorgen für. 

war adj.: wahr. — Subst. n. : Wahrheit, 
10. sagen, die Wahrheit sagen; ge 
wäre, iswär{e)^ in Wahrheit, fürwahr. 

warbe stf.: Drehung; Mal. 

waerlicJiein) adv. : wahrlich. 

toarnen swv.: refl. sich vorsehen. 

warte stf.: Anstand, /Ansiellort (auf 
der Jagd). 

ivarten swv.: {einem., eines) ausschauen, 
Acht haben, warten auf. 

wase swm.: Hasen. 



waste stf.: wüstes Land. 

wasten swv.: verwüsten. 

wai stf.: Kleidung, Rüstung. 

waten stv.: waten, gehen, dringen. 

wcetlich adj. : schön, statüich ; leicht 
möglich, wahrscheinlich. — adv. 
-li€he{n). 

wa:j;ij:erber swm.: Seebär. 

w'ec stm. : den w. Jiän, weiter kommen: 
jge wege sin, dahin sein ; under 
wegen (unterwegs) lä^en., bleiben 
lassen, unterlassen; alle wege, in 
jeder Hinsicht, überall, immer. 

weder pron.: welcher von beiden; 
weder . . ode, ob . . oder. 

wegen stv.: 1. intr. sich bewegen, ein- 
dringen; Gewicht, Wert haben; r/e- 
hcher wäge w., sich gleichkommen ; 
I einem helfen gegen {vür), — 2. tr. 
bewegen, wägen; schätzen, anschla- 
gen {Mhe^ringe) ; ein d. wiget mich, 
kümmert mich, ich kehre mich dar- 
an ; aufwiegen, helfen ^egen ; einem 
zuwägen, zuteilen, geben. 

wegen swv.: bewegen, schwingen. 

wegewise adj.: des Weges kundig. 

weihen swv.: sich hin und her bewe- 
gen, flattern. 

weidi adj.: nachgiebig, schwach. 

weide stf.: Weide, Nahrung, Futter; 
Tagreise, Weg ; M|il, ander w., zum 
zweiten Mal. ^ 

weideganc stm.: den w. gän, auf die 
Jagd gehen, -f -^ 

weidenliche adv. : jagdgemäss, stattlich. 

weinen swv.: tr. (be-)weinen, weinen 
um. 

weise swm. : Waise ; s. zu Troj. 20. 

weisen stm.: Kehle (Otte 314). 

wel adj.: rundX 

weihen swv. : wölben. 

toelich, wilich, toelch, wel pron.: wie 
beschaffen, welch. 

wellen an. v. : wollen ; glauben, meinen : 
auch zur Umschreibung des Futurs. 

we^iden swv.: tr. rückgängig machen, 
abwenden ; beendigen ; einen eines d. 
abhalten , verhindern ; an einen 
einem zuwenden; gewant sin ee, 



fvenen — wilde. 



271/ 

J 



ausschlagen. — intr. sich wenden ; " 
sich enden. 

wenen swv.: gewöhnen. 

wengel stn. : Demin. zu wange stswn. 

wenne s. wanne, 

wer swm. : Gewährsmann, Bürge ; des 
bin ich w.^ das verbürge, verspreche 
ich. 

loer stf.: Gegenwehr, Widerstand. >^ 

werben stv. : intr. sich (im Kreise) be- 
wegen; sich umtun, tätig sein, han- 
deln, verfahren, sich bemühen, sich 
bewerben (wacÄ). — li*. insWerk setzen, 
tun, betreiben, ausrichten; vriunt- 
schaft w., verwandtschaftliche Be- 
ziehungen anknüpfen. 

werc stn. :^ Werk, Arbeit; auch bloss 
umschreibend. 

werde adv. (zu wert) ; in würdiger 
Weise. 

tverdeclich adj. : würdig, ehrenvoll, 
herrlich. — - adv. 'Uche(n). 

w'erdekeä stf. : Würde, Ehre, hohes 
Ansehen, HeiTÜchkeit. 

werden stv.: (geboren) werden ; zu teil 
werden, widerfahren, gereichen; mit 
part. präs.: anfangen, in der Jüngern 
Sprache auch zur Umschreibung des 
Futurs. 

werden swv.: wert machen, ehren, 
vervollkommnen. 

werlicJie adv.: wehrhaft, streitbar. 

werlt^ weit stf. :Wi}lt Dazu w'erUlich adj. 

'wern swv. : währen, dauern. 

lo'ern swv. : einen (eines d-) gewähren, 
leisten, willfahren, verschaffen, (be-) 
zahlen, belohnen. 

wem swv. : verteidigen, schützen, (ab-) 
wehren, fem hallen. 

werre stf.: Verwirrung, Zwietracht, 
Streit. 

werren stv.: einem vei-wirren, stören, 
hindern, verdriessen, schaden. 

wert adj. : wert, angesehen, edel, herr- 
lich, kostbar. — Subst. m. : Wert, 
Ansehen. . » v 

wert stm.: Insel, Werder. CXm^ CM.) 

w'es adv. gen. (von wa?) : warum, wes- 
halb. 



wesche swf.: Wäscherin. 

w'esen stv.: bleiben, sein, geschehen; 
mit gen. angehören. 

w'esen stn. : Wesen, Sein, Aufenthalt. 

w'eien stv. : binden, ins Joch spännen. 

weten swv.: tr. treiben. 

weter stn.: Wetter, Witterung. 

weite stn. : ze wette, um die Wette. 

wie stm. 5 Kampf. 

wicgewant stn.: Kriegsrüstung. 

wiclichen adv. : kriegerisch, tapfer. 

wider präp. mit dat. oder acc. : wider, 
gegen, zu, gegenüber, verglichen mit. 

wider(e) adv. : (ent)gegen, zm*ück, wie- 
der(um); wider unde dan, hin und 
her. — Vor Verben : -bringen^ zurück-, 
abbringen, -slahen, den Schlag zu- 
rückgeben, swehen, zurückfahren 
(mit dem Schiffe), -wenden^ zurück- 
kehren. 

widerkere stf.: Rückkehr. 

toiderkomen stv. : eines d. sich erholen. 

widersagen swv. : Fehde ankündigen ; 
widerrufen. 

widersaz stm. : Widerstand. 

widerspei stn.: Wiedererzählung. 

widersprechen stv.: ti*. ablehnen, aus- 
schlagen. 

widerstrit stm.: Widerstand; Wett- 
streit ; eti{= in) w., um die Wette, 
eifrig. 

widerstriten stv. : tr. sich widersetzen, 
leugnen. 

widervart stf.: Rückkehr. 

widerwegen stv.: tr. aufwiegen. 

widerwinden stv.: umkehren. 

widerzceme adj.: widerlich, ekelhaft. 

wie adv. : wie, wieso, warum ; auch = 
da^, 

wige swm.: Weih. 

wihebrunne swm. : Weihwasser. 

wthen swv. : weihen, einsegnen. 

wihi stn. : (geisterhaftes) Wesen, Wicht, 
kleines Ding, etwas; enwiM (aus 
ein wiht)y nichts. 

wihtel stn., Demin. zum vorigen: Ko- 
bold. 

wilde adj.: wild, fremd, seltsam. 

wilde, 'l stf.: Wildnis, Wildheit. 



272 



tvildercere — würzen. 



wildercere slm.: Wilderer, Jäger. 

tvtle stf.: Zeit, Weile; bi den wilen, 
um diese Zeit; imder wUen, zu- 
weilen, unterdessen. — adv. ^en. 
der wUe, zu der Zeit, inzwischen. — 
adv. acc. die toile, die Zeit hindurch, 
währenddessen. — als conj. (auch (cU) 
die wUe da:;, die imle unz): so lange, 
während, indem. — adv. dat. pl. 
wilen, vor Zeiten, vormals. 

wilich s. welich. 

loille swm. : Wille, Absicht, Wunsch, 
Entschluss; mit willen, bereitwillig, 
gern; ze willen, willig, gehorsam; 
durch . . ivillefi, um . . willen, wegen. 

winden stv.: tr. auf-, einwickeln; refl. 
sich drehen; inü*. sich um-, abwenden. 

wine stm, : Fieund, Geliebter, Gemahl. 

winster adj.: link. 

Wint stm.: Wende, Slave. 

wini stm.: (niht) ein w., nichts. 

wirde stf.: Würde, Ansehen, Ehre. 

wirdikeii stf. ^ werdekeit. 

wirs adv.: schlimmer, schlechter, we- 
niger. 

wirt stm.: Hausherr. 

tvirischaft stf.: Bewirtung; Gasterei, 
Fest. 

wischen swv. : (ab-)wischen. 

wis(e) adj.: (mit gen.) verständig, er- 
fahren, klug, gelehrt ; einen eines d. 
wis machen, J:)erehren, bekanntma- 
chen mit. 

wis(e) stf.: 1. Art, Weise; adv. acc. 
manege wis, auf manche All; in . . 
wis, nach Art, wie. — 2. Melodie. 

wtsen swv.: einen (eines d.) anweisen, 
unterrichten ; (an-)führen , leiten , 
weisen. 

wis^t stm.: Büffel.. 

wtslich adj.: = wis. 

wit, Wide stf.: Strang aus gedrehten 
Reisern. 

iott adj.: weit, gross. — adv. wit(e), 
wlten, weit(-hin), weit umher. 

mte stf.: Weite, Ferne. 

Witweide adj. : weit umher weidend. 

witze stf. : (meist im pl.) Wissen, Ver- 
stand, Besinnung, Weisheit. 



witzecliclie adv.: verständig, klug. 

wiu (instr. von wa?)i von will, warum; 
ze will, zwiu, warum, wozu. 

m^e stf.: weisse Farbe. 

wUen stv. : voi-werfen, zum Vorwurf 
machen. 

w/l'^en v.prät.-präs.: wissen, verstehen, 
kennen, erfahren. 

wol adv.: gut, wohl, mit Recht, sehr, 
gewiss, ungefähr; wolmich^ w.mir, 
Heil mir! 

wonen swv.: gewohnt sein. 

wort stn. : den Worten, unter der Be- 
dingung, in der Absicht. 

wortwise adj.: redegewandt. 

widpinne stf. : . Wölfin. 

wunder stn.: 1. Verwunderung, Neu- 
gierde; mich hat w. eines d., ich 
(ver-)wundere mich, möchte gern 
wissen. — 2. Wunder, Wunderbares; 
ze 10. sagen, als ein Wunder er- 
klären; ze tvundere, auf wunder- 
bare Weise. — 3. ausserordentliche 
Menge, Unzahl, Fülle. 

wunder{n)- als Verstärkung vor Adj. 
und Adv.: wunder alt-, wundern- 
haldje, tounderenge, wunderküene, 
wundernwe. 

wunderlich adj.: wunderbar, seltsam. 
— adv. -liehen, 

wünne, wtinne stf. : Freude, Lust, 
Wonne. Dazu vmnneclich, wunnec- 
lieh adj. 

wünnevar adj.: wonnig anzusehen. 

wünsch stm.: Wunsch; das Höchste, 
was man wünschen kann, der In- 
begriff aller Vollkommenheit, das 
Vollkommenste , Schönste , Beste ; 
ze wünsche, vollkommen, im höch- 
sten Grade, nach Wunsch. 

wünschen swv.: das Vollkommenste 
nennen; eines d. wünschen. 

wuof stm. :, W^ehgeschrei, Klagei 

würgen swv.: (er-)würgen. : 

Wärken swv. : (be-)wirken, tun, machen, 
verfertigen. 

würze stswf.: Wurzel, Kraut, Gewürz. 

würzen swv.: wurzeln. 



zadd — ziuift 



273 



£:adel stm. : Mangel ; mit eadele, man- 
gelhaft. 

zage swm. : Schwächling, Feigling, er- 
bärmlicher, elender Mensch. 

eagel stm.: Schwanz. 

gaher stm.: Zähre. 

0ät interj.i ha! heissa! 

zäln swv.: (auf-)zählen, erzählen, ver- 
künden. 

eansw'er swm.: Zahnschmei-z. 

zanty zan stm.: Zahn. 

zart adj.: lieb, fein. —- adv. zarte, 
sorgfältig. 

ze, Z' präp. : zu, in, an, bei, auf, nebst, 
gegen, für, als ; verstärkt zuo ze, 

ze- s. zer-. 

zehant adv.: sogleich, alsbald. 

zein stm.: Rohr, Stab, Stäbchen. 

zeige swm.: Zweig, Ast. 

zeln swv. : zählen, rechnen, am-echnen, 
betrachten als (ze); zuzählen, zuer- 
teilen; aufzählen, erzählen, sagen, 
nennen. 

zemen stv. : geziemen, zukommen, wohl 
anstehen; gefallen^ 

zerbrechen stv.: verletzen, übertreten, 
vernichten. 

^erbr^sten, ze- stv.: entzwei brechen. 

sergän stv.: ein Ende nehmen, ver- 
gehen. 

zerklecJcen swv.: zerschellen, bersten. 

zerleiten, ze- swv. : auseinander führen, 
.verbreiten. 

zern swv.: tr. auf-, verzehren, leben 
von. 

zerrinnen, ze- stv.: zu Ende gehen, 
ausgehen, mangeln {mir zerinnet 
eines d.). 

zersioUlen, ze-' stv.: (auf-)schwellen. 

zerteilen swv.: aus-, verteilen. 

zertriben, ze- stv. : auseinander treiben ; 
breit treten. 

zerung'e stf.: (Ausgaben für den) Le- 
bensunterhalt, Aufwand. 

zermereuj ze- swv.: zerstreuen, in 
Unordnung bringen. 



zesamen^e), -sameni^ -semne^ -semen 
adv. : zusammen ; z, gdn, sich gegen- 
seitig angreifen. 

zese ("lüer) adj.: recht. 

zestunt adv.: auf der Stelle, sogleich. 

zetal adv.: hinab, herab, nieder. 

ziehen stv.: tr. (er-)ziehen, pflegen; 
(herbei-)führen, bringen; nidem ; refl. 
sich begeben, {von) sich entfernen, 
{an) sich beziehen, benifen auf. 

ziere adj. : schmuck, stattlich. 

zierheit stf.: Zierde, Schmuck. 

zierlich adj.: = eiere. ^ 

zil stn. : Ziel,(bestimmte)Zeit,Frist,Ende. 

zilstat stf.: Ziel(-stätte). 

zimbern swv.: zimmern, bauen. 

zimieren swv. : mit dem Helmschmuck 
{zimier)t überhaupt rittei'lich schmü- 
cken. 

Zinsen swv.: hin-, preisgeben. 

zirkeln swv.: abzirkeln. 

zit stf.: Zeit; in der z., inzwischen; 
ze einer ^.., einmal, einst. 

zite adv.: zeitig. 

zit&nldse swm.: eine Frühlingsblume, 
Krokus yoder Narzisse. 

zobel stnpf. : Zobelpelz; dazu zobelin, 

zecken swv. : zerren, reissen. 

zogen $wv. : ziehen, gehen. 

zol stm. : den zol nemen von., als Zeichen 
der Hörrschergewalt. 

zorn stm. : mir ist, - wirdet z., mich 
erzürnt, ich werde zornig. 

zornecUchein) adv.: zornig. 

zornlich adj.: dasselbe. 

zorrivar adj.: zornig aussehend. 

zouwen swv. : von statten gehen, ge- 
lingen. 

zacken, zucken swv.: rasch und mit 
Gewalt ziehen, ergreifen, entreissen. 

zuht stf.: Erziehung; Behandlung, 
Züchtigung; Wohlgezogenheit, feine 
Lebensart, sittsames, edles Beneh- 
men, Höflichkeit, Anstand. 

zühtec adj.: wohlgezogen, artig, höf- 
lich, gesittet* 

zühteeliche adv.: dasselbe. 

zuhtmeister stm.: Erzieher. 

zunft stf.: Schicklichkeit, Würde. 



274 



ztinge — zivzvellich. 



eimge swf. ; Zunge, Sprache, Volk. 

eüngelcerc stm.: Schwätzer, Verleum- 
der. 

euo 1. adv. (hin-, her-)zu. Vor Verben; 
-grifen, Hand anlegen, anfingen. 
'lieben, refl. sich einschmeicheln. 
'luogön, im sdben für sich selbst 

. sorgen, -sprechen einem zu einem 

sprechen, -iuon, refl. sich zütraiu- 

lich nähern, sich einschmeichele^. 

-vähen, anfangen, -vam, ans Werl\ 

.^.gehen. 2. präp. = ge. \ 

möpßihi stf.: Gemeinschaft, Verbin- 
dung; mit eines d. mopfl»^ in Ver- 
bindung mit. 



euoversiht stf.: Zuversicht; Unterstütz- 
ung. 

zürnen swv.: einen auszanken. 

zwär(e) s. war. 

zweien swv.: refl. verschieden sein, 
zwiespältig sein, sich entzweien. 

ew% stn.: Zweig, Reis. 

zwir adv.: zweimal. 

zwirben swv.: sich im Kreise drehen. 

zwiu s. wiu^ 

ewivalt adj.: zwiefach, doppelt. 
^zwiveUere stm.: Zweifler. 

mveilich adj.: unsicher, verzv^ifelt, 




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