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Full text of "Mittelhochdeutsche Grammatik"

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PRESENTED  TO  THE  LIBRARY 
PROFESSOR  H.  G.  HEDLER 


Ftodldr      a      )ZCrO 


MITTELHOCHDEUTSCHE 


GRAMMATIK 


VON 


m  KARL  WEINHOLD 

ORD.    PROFESSOB   AN   DER   UNIYEBSITIt   ZU   BRESLAU. 


ZWEITE  AUSGABE 


PADERBORN 

DRÜCK  UND  VERLAG  VON  FERDINAND  SCHÖNINGH 

1883 


i 

I 


JULIUS  ZACHER 


IN  ERINNERUNG  ^VERGANGENER  ZEITEN 

DND 

ALS  DENKMAL  BLEIBENDER  FREUNDSCHAFT 


GEWIDMET. 


Vorwort. 


-Nachdem  sich  eine  zweite  Ausgabe  meiner  Mittelhoch- 
deutschen Grammatik  nötig  erwiesen  hatte,  lag  es  mir  ob, 
die  erste  1877  erschienene  einer  bessernden  Durchsicht  zu 
unterwerfen.  Ich  habe  dabei  den  Vocalismus  einer  Umarbeitung 
unterzogen,  indem  ich  die  historische  Anordnung  der  früheren 
nach  den  verschiedenen  Lautzeichen  vorzog,  und  die  in  der 
mhd.  Periode  nachweisbare  Ent Wickelung  des  aus  der  althoch- 
deutschen Zeit  überkommenen  Vocalstandes  demgemäss  dar- 
stellte. In  einer  allgemeinen  deutschen  Grammatik  wäre  auf 
die  drei  Grundvocale  a  i  u  zurückzugehn  und  die  Geschichte 
eines  jeden  vorzutragen.  Bei  der  Grammatik  des  Deutschen 
in  begrenzter  Zeit  lässt  sich  das  historische  Prinzip  nicht  in 
ganzer  Schärfe  durchführen.  Ich  habe  z.  B.  den  Umlaut  e 
zwar  unter  a  abgehandelt,  das  europäische  e  aber,  das  aus 
arischem  ä  hervorgieng,  selbständig  gesezt.  Die  Brechung  des 
echten  i  zu  e  ist  bei  diesem  i  vorgeführt;  das  aus  e  ent- 
wickelte i  findet  sich  bei  dem  europäischen  e  behandelt.  Ich 
habe  z.  B.  e  (aus  ei)  und  6  (aus  ou)  in  eigenen  Gruppen 
dargestellt,  weil  sie  schon  in  dem  Althochdeutschen  als  feste 
Lautbildungen  dastehn,  und  die  Veränderungen,  denen  sie  in 
der  mhd.  Periode  unterliegen,  im  ganzen  bei  jedem  von  ihnen 
gegeben.  Durch  das  Register  wird  es  leicht  möglich  sein, 
sich  zurechtzufinden. 


VI 

Bei  den  Consonanten  Hess  ich  die  alte  Anordnung,  suchte 
aber  hier  wie  in  den  übrigen  Capiteln  zu  bessern  und  nach- 
zutragen, 80  weit  ich  vermochte.  An  Hemmungen  meiner 
Arbeit  hat  es  nicht  gefehlt. 

Das  Buch  ist  in  seiner  ersten  Gestalt  fast  von  allen 
Seiten  mit  Gunst  aufgenommen  worden.  Jezt  wo  es  zum 
zweiten  Male  ausgeht,   wünsche  ich  ihm  gleichen  Empfang. 

Breslau,  am  Annentage  1883. 

K.  Weinhold. 


Inhalt 

Seite 

Einleitung 1 — 5 

Erster  Hanpttheil.    IMe  Lautlehre. 

Erstes  Buch.    Die  Vocale 6—140 

I.  Allgemeine  vocaHsche  Erscheinungen 7—22 

II.  Die  einzelnen  Vocale  .........    ^.     ..    ..  22—140 

Zweites  Buch.    Die  Consonanten 141 — 247 

I.  Allgemeines 141  —  155 

n.  Die  einzelnen  Consonanten 155 — 247 

Zweiter  Haupttheil.    Die  Worüehre. 

Erstes  Buch.    Bildung  der  Worte 248-349 

1.  Suffixlose  Stammbildung 249-251 

2.  Stammbildung  durch  Suffixe 251—277 

3.  Wortzusammensetzung 277 — 306 

4.  Geschlecht  der  Substantiva 306—312 

5.  Steigerung  der  Adjectiva 312 — 316 

6.  Adverbialbildung 316—331 

7.  Präpositionen 331 — 335 

8.  Zahlworte 336—345 

9.  Interjectionen 345 — 349 

Zweites  Buch.    Wortbiegung 350 — 584 

Erster  Abschnitt.    Conjugation 350—473 

1.  Starke  Conjugation 351—401 

2.  Schwache  Conjugation 401—436 

3.  Mischung  st.  und  schw.  Conjugation 437 — 464 

•4.  Umschriebene  Formen 465 — 473 


VIII 

Seite 

Zweiter  Abschnitt.    Dedination 473 — 584 

I.  Nominale  Declination 474—510 

A.  Vocalische  Stämme 474—489 

B.  Consonantische  Stämme 489—506 

C.  Eigennamen 507—510 

n.  Pronominale  Declination 511 — 584 

A.  Pronomina 511 — 554 

B.  Adjectivum 555 — 584 

Nachweis .     .     .' 585—604 


Abkürzungen. 

Die  angewanten  Abkürzungen  bei  den  Citaten  sind  die  üblichen,  über 
welche  die  etwa  unkundigen  in  den  Quellenverzeichnissen  zu  den  Mittel- 
hochdeutschen Wörterbüchern  von  Benecke-MüUer-Zamcke  und  von  Lexer 
sich  leicht  Eat  holen  können,  ebenso  in  den  Verzeichnissen  vor  meiner 
Alemannischen  und  Bairischen  Granmiatik.    Ich  führe  hier  nur  einzelne, 

dort  zum  Theil  nicht  gebrauchte  an. 

AI.  Alex.  —  Alexander,  citirt  nach  Weismanns  Ausg. 
Ammenhns.  —  Neue  Mittheilungen  aus  Konrads  v.  Ammen- 

husen  Schaohzabelbuch  —  von  F.  Vetter.    Aarau  1877. 
Ans.  —  Anseimus,   in   Schades  Niederrhein.  Gedichten   248 

bis  286. 
Böhmer  —  Codex  diplomaticus  Moenofrancofurtensis,  herausg. 

von  Fr.  Böhmer.    Frankf.  1836. 
Brev.   —   Niederrheinisches   Brevier,    von   Frz.    Pfeiffer   in^ 

Glossar  zum  Selentrost  bei  Frommann  Zeitschr.  II.  III. 

ausgezogen. 
Cd.  Sil.  —  Codex  diplomaticus  Silesiae*,   herausg.   von   dem 

Vereine  f.  Gesch.  und   Alterthum   Schlesiens.    Breslau; 

nach  der  Bändezahl  citirt. 
Cod.  Sax.  —  Codex  diplomaticus  Saxoniae  regiae;  herausg. 

von  Gersdorf,  v.  Posem-Klett  und  Posse. 
Cronica,  Cron.,   auch  Kölner  Cron.  —    Die   Cronica   van 

der  hilliger  Stat  Coellen,  gedr.  bei  Joh.  Koelhoff.  1499, 

benuzt  in  dem  alten  Druck. 
Ebersb.  —  Urkundenbuch  der  Abtei  Ebersbach  im  Rheingau, 

herausg.  von  Rössel.    Wiesbaden.  I.  IL  1862—70. 
Tr.  Egyd.  —  der  Trierer  Egydius   nach  Bartsch  Ausgabe 

in  Germ.  XXVI,  1-57. 
En.  —  Heinr.  v.  Veldeke  Eneide  herausg.  von  0.  Behaghel. 

Heilbr.  1882. 
Ennen  —  Quellen  zur  Geschichte  der  Stadt  Köln,  herausg. 

von  Ennen  und  Eckertz.    Köln  1860.  ff. 
Ernst    ~    die  verschiedenen   Emstgedichte :    I.  oder  A   die 

niederrheinischen  Bruchstücke;    II.   oder  B    die    älteste 

Umarbeitung,  nach  der  Ausgabe  von  K.  Bartsch  Herzog 

Ernst.    Wien  1869.    Ernst  IV.  oder  D,  die  zweite  Um- 
arbeitung in  V.  d.  Hagen  und  Büsching  Deutsche  Gedichte 

des  Mittelalters.   I. 
hess.  Evang.    —    Fragmente   einer   Evangelienübersetzung, 

herausg.  von  Heppe  bei  Haupt  Z.  IX,  267 — 302. 


Floyris  —  Trierer  Bruchstücke  des  Floyris,  heraus^,  von 
Steinmeyer  in  d.  Z.  f.  d.  A.  XXI,  320.  ff. 

Harff  —  Die  Pilgerfahrt  des  Ritters  Arnold  v.  Harff  1496 
bis  1499,  herausg.  von  E.  v.  Groote.    Köln  1860. 

Heinr.  v.  Neust.  —  Heinrich  von  Neustadt:  Apollonius, 
von  Gottes  Zukunft.  Im  Auszug  herausg.  von  J.  Strobl. 
Wien  1875. 

Henneb.  U.  —  Hennebergisches  Urkundenbuoh,  herausg.  von 
Schöppach,  Becbstein,  Brückner.    Meiningen  1842.  ff. 

Hieron.  —  Das  Leben  des  h.  Hieronymus  in  der  Übersetzung 
des  Bischof  Joh.  v.  Olmütz,  herausg.  von  A.  Benedict. 
Prag  1880. 

Hildeg.  G.  —  aus  dem  sogen.  Gebetbuch  der  h.  Hildegard, 
herausg.  von  Keinz  in  den  Münchener  Sitz.-Ber.  1870. 
n.  114-119. 

Höf  er  —  Auswahl  der  ältesten  Urkunden  deutscher  Sprache  im 
Archiv  zu  Berlin,  herausg.  v.  L.  F.  Höfer.  Hamburg  1835. 

H.  TJ.  —  Hessische  Urkunden  herausg.  von  L.  Baur.  Darm- 
stadt 1860.  ff.    3  Bde. 

Jen.  Fragm.  —  Bruchstück  eines  Gedichtes  Unterweisung 
zur  Vollkommenheit,  herausg.  von  H.  Rückert  in  der 
Zeitschr.  d.  Vereins  f.  thüring.  Gesch.  I.  55  —  58.  Vgl. 
Vollkommenheit. 

Joh.  V.  Frankenat.  —  KhuU  über  die  Sprache  des  Joh.  v. 
Frankens t^n,  Graz  1880.  —  Der  Kreuziger  des  Johannes 
von  Frankenstein,  herausg.  v.  KhuU.    Tübingen  1882. 

Jungfr.  —  vgl.  Sp.  V.  d.  Jungfr. 

Junk.  u.  Heinr.  —  Maere  vom  Junker  und  treuen  Heinrich 
herausg.  von  Kinzel.    Berlin  1880. 

Kath.  Mart.  —  Katherinen  Passie,  bei  Schade  Niederrhein. 
Ged.  135—151. 

Kath.  Sp.  —  ludus  de  beata  Katherina,  in  Stephans  Neuen 
Stofflieferungen.     Mülhausen  i.  Th.  1846.  1,  160—173. 

Köditz  —  Leben  dös  h.  Ludwig  Landgr.  in  Thüringen,  von 
Fr.  Ködiz,  herausg.  v.  H.  Bückert.    Leipz.  1851. 

Lacombl.  —  Urkundenbuch  für  die  Geschichte  des  Nieder- 
rheins, herausg.  von  Lacomblet.    Düsseldorf  1840.  ff. 

Lampr.  Fr.  —  Syon  —  Lamprecht  von  Regensburg,  S.  Fran- 
cisken Leben  und  Tochter  Syon,  herausg.  v,  K.  Weinhold. 
Paderborn  1880. 

Mrh.  Legend.  —  Legendär  aus  d.  Anfange  des  12.  Jh.  von 
H.  Busch  in  Zachers  Z.  f.  d.  Phil.  X.  XL 

Fl.  Licht  —  Die  Offenbarungen  der  Mechtild  von  Magde- 
burg oder  das  fliessende  Licht,  herausg.  von  Morel. 
Regensburg  1869. 


XI 

Limb.  Pred.  —  Limburgsche  Sermoe aen,  über  ihre  Formen 

Cosijn  im  Taal-  en  Letterbode  V. 
Loersch  Achen.  Rdm.  —  Achener  Rechtsdenkraäler  aus  dem 

13.  14.  und  15.  Jh.,  herausg.  von  Fr.  Loersch.  Bonn  1871. 
Mantel  —  Der  Mantel  des  Heinr.  v.  d.  Tiirlin,  herausg.  von 

0.  Warnatsch.    Breslau  1883. 
Margar.  P.  —  Margareten  Passie  bei  Schade  Niederrhein. 

Ged.  83-96. 
Marienl.,  auch  Ml.  —  Marienlieder,  herausg.  von  W.  Grimm 

in  Haupts  Z.  X,  1  —  133. 
Mem.  —  Memorial  des  Strassburger  Johanniterordens,  her.  von 

C.  Schmidt  in  s.  Gottesfreunden.  Jena  1855.  S.  34—120. 
Mone  Spiegel  —  Gedicht  der  Spiegel  bei  Mone  Schauspiele 

des  Mittelalters  1,  210—250. 
Mrh.  Urk.   —    Urkundenbuch    zur    Geschichte    der    preuss. 

mittelrheinischen  Territorien,  herausg.  von  Beyer,  Eltester 

und  Görz.    Coblenz  1860.*  1865.  L  IL 
Mülh.  E.  —  Das  älteste  Rech tsbuoh  der  Reichsstadt  Mülhausen, 

herausg.  von  F.  Stephan  Neue  Stofflieferungen  I,  27—57. 
Miilh.  U.  —  Urkundenbuch  der  ehemals  fr.  Reichsstadt  Mül- 

hausen  i.  Th.,  herausg.  von  Herquet.    Halle  1874. 
Musk.   —   Lieder    Muskatbluts,    erster    Druck    besorgt    von 

E.  V.  Groote.    Köln  1852. 
Nassau  —  der  Fall  K.  Adolfs  von  Nassau,  zuerst  herausg. 

von  Massmann  bei  Haupt  Z.  III,  7 — 25. 
Nordh.  W.   —    Weistümer  der  Stadt  Nordhausen   herausg. 

von  Förstemann   in   den  Neuen  Mittheil.   d.  sächs.  thür. 

Vereins  I.  3,  15-82.    Halle  1834. 
Paris.  Tagz.    —    Die  Pariser   Tagezeiten    herausg.   von   St. 

Waetzoldt.   Hamburg  1880  und  Waetzoldts  Dissertation. 

Halle  1875. 
Repg.  Cr.  —  Die  Berlin-Blankenheimer  Handschr.  der  sogen. 

Repgauischen  Chronik  nach  dem  Druck  von  G.  Schöne. 

Elberfeld  1859. 
Roth.  —  König  Rother,  nach  Massmanns  Druck  in  den  deutsch. 

Gedichten  des  12.  Jh.    Quedlinburg  1837. 
Rück  er  t  Entw.  —  Entwurf  einer  systematischen  Darstellung 

der  schlesischen  deutschen  Mundart   im  Mittelalter  von 

H.  Rückert.     Mit  einem  Anhang  herausg.  von  P.  Pietsch. 

Paderborn  1878. 
Sachsens p.  köln.  —  Die  kölnische  Handschrift  des  Sachsen- 
spiegels von  1295. 
Salm.  —  Salman  und  Morolf  herausg.  v.  F.  Vogt.  I.  Halle  1880. 
Schachb.   —    Mitteldeutsches   Schachbuch   herausg.    von  E. 

Sievers  bei  Haupt  XVII,  161—379, 


XII 

Schone b.   —  Das  hohe  Lied  Bruns  von  Schonebek,  nach  der 

Breslauer  Rhedigerschen  Handschrift. 
Secund.  —  Secundus,  her.  von  Ph.  Strauch  in  d.  Z.  f.  d.  A. 

XXn,  389-398. 
Sei.  L.  —  Gedicht  van  der  seien  ind  dem  licham,   herausg. 

von  M.  Rieger  in  Pfeiflfers  Germ.  III,  400 — 405. 
Sei.  Tr.  -^  der  Selen  Trost,  nach  der  Stuttgart.  Hs.  herausg. 

von  Frz.  Pfeififer  in  Frommanns  Mundarten  II.  III.  citirt 

nach  den  Seiten  der  Hs. 
Tr.  Silv.  —  Der  Trierer  Silvester,   herausg.  v.  M.  Rödiger 

in  Z.  f.  d.  A.  XXII,  145.  ff.;  dazu  German.  XXVI,  57.  ff. 
Sperber  —  das  maere  vom  Sperber,  in  kölnischer  Mundart 

bei  Mone  Quellen  und  Forsch.  I.  1,  134  —  145. 
Spiegelb.  —  Das  Spiegelbuch,  aus  der  Trierer  Hs.  gedruckt 

bei  Keller  Fastnachtspiele  IV,  265—285.     Vergl.   dazu 
,  Rieger  in  der  German.  XVI,  173—211. 
Sp.  V.  d.  Jungfr.  —  Spiel  von  den  zehn  Jungfrauen,   nach 

dem  Druck  von  Stephan  Neue  Stoff  liefer.  173  —  184. 
Trebn.  Ps.  —  Schlesische  Denkmäler  des  deutschen  Schrift- 

thums  im  Mittelalter,  herausg.  von  P.  Pietsch.    I.  Treb- 

nitzer  Psalmen.   Breslau  1881. 
Tristr.  —  Tristran  Eilharts,  herausg.  in  Eilhart  von  Oberge, 

herausg.  von  Fr.  Lichtenstein.    Strassburg  1877. 
ülr.  ViTh.  —  Wilhelm  vjou  ViTenden.     Gedicht   von   Ulr.   v. 

Eschenbach,  herausg.  von  ISf.  Toischer.    Prag  1876. 
Vollkommenh. —  Unterweisung  zur  Vollkommenheit,  herausg. 

von  Bech  in  Germ.  XXII,  167.  ff.    vgl.  Jen.  Fragra. 
Vor.  Ged.  —  Deutsche  Gedichte  des  11.  u.  12.  Jh.  aus  der 

Vorauer  Handschr.  herausg.  von  J.  Diemer.    Wien  1849. 
Vorbewis.  —   dat  boich  van  den  vorbewisingen,  niederrhein. 

Gedicht ;  von  Simrock,  der  die  Hs.  besass,  mir  mitgetheilt. 
Wierstraat  —  Des  C.  v.  Wierstraat  Reimchronik  der  Stadt 

Neuss.    Nach  dem  Originaldruck  von  1497  herausg.  von 

E.  V.  Groote.    Köln  1855. 


Gr.  —  Grimm  Deutsche  GrammatikI — IV.  Göttingen  1822—37. 

AGr.  —  Weinhold  Alemannische  Grammatik.     Berlin  1863. 

BGr.  —  „  Bairische  Grammatik.    Berlin  1867. 

Mhd.  Wb.  —  Mittelhochdeutsches  Wörterbuch  mit  Benutzung 
des  Nachlasses  von  G.  Fr.  Benecke  ausgearbeitet  von 
W.  Müller  und  Fr.  Zarncke.    Leipz.  1854—1861.  3  Bde. 

Lex  er  —  Mittelhochdeutsches  Handwörterbuch.  Leipz.  1872 
—1878.    3  Bde. 


§  1.     Die  mittelhochdeutsche   Grammatik  behan-  §  1. 
delt  die  Sprache  der  Ober-  und  Mitteldeutschen  vom  zwölften 
bis  gegen  das  Ende  des  vierzehnten  Jahrhunderts. 

Die  Benennung  mittelhochdeutsch  ist  weder  alt  noch  volksthüm- 
lich,  sondern  von  J.  Grimm  nach  media  latinitas  gebildet.  Er  wolte 
damit  die  hochdeutsche  Sprache  in  der  Periode  bezeichnen,  die  zwischen 
alt-  und  neuhochdeutsch  liegt  (Haupt  Zeitschr.  VIII,  545).  Käumlich 
begriff  er  unter  hochdeutsch  die  deutsche  Sprache  von  ihrer  Südgrenze . 
gegen  Eomanen  und  Slaven  bis  an  das  niederdeutsche  Gebiet.  Kein 
Grund  veranlasst  uns,  von  dem  durch  J.  Grimm  eingeführten  Namen 
abzuweichen. 

Das  Mittelhochdeutsche  ist  die  geschichtliche  Fortentwicke- 
lung des  Althochdeutschen.  In  der  ahd.  Periode  stunden  die 
Dialecte  der  Alemannen,  der  Baiern  und  der  verschiedenen 
fränkischen  Völkerschaften  in  schriftlichem  Brauche  neben- 
einander. 

§  2.     In  dem  Mittelhochdeutschen  werden  zwei  Haupt-  §  2. 
dialecte    unterschieden:    der    oberdeutsche    und    der    mittel- 
deutsche. 

Der  oberdeutsche  Dialect  theilt  sich  wieder  in  die  bai- 
rischen  und  alemannischen  Mundarten.  Die  bairischen  sind 
über  das  alte  Herzogthum  Baiern,  über  Tirol,  Salzburg,  Oester- 
reich  ob  und  unter  der  Ens,  Steiermark  und  Kärnten  ver- 
breitet; die  alemannischen  über  das  Alpenland  zwischen  Jura 
und  dem  oberen  Inn-  und  Lechthal,  über  Schwaben  und  Elsass. 

Das  Oberdeutsche  der  mhd.  Periode  hat  die  Vorliebe  für 
Diphthonge  bewahrt  und  entwickelt  dieselben  auf  bairischem 
Boden  durch  Neubildungen  (ei  für  i,  eu  für  iu,  ou  für  ü)  noch 
weiter.  Die  Umlaute  kommen  zur  vollen  Durchführung.  Die 
althochdeutsche  Verschiebung  der  stummen  Konsonanten  bleibt 
bei  den  Lingualen  und  theilweise  den  Labialen,  während  die 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.   2.  Aufl.  1 


§  2.  Gaumenkonsoiiaiiten  in  der  Regel  auf  den  gemeingermanischen 
Stand  zurückkehren  (§§  146.  147). 

Das  Mitteldeutsche  zerfallt  in  die  fränkische  und  die 
thüringisch-ostdeutsche  Gruppe.  Die  fränkischen  mitteldeutschen 
Mundarten  breiten  sich  über  Rheinfranken  bis  an  die  Grenze 
des  Niederfränkischen  aus,  ferner  über  Hessen,  die  Wetterau 
und  Ostfranken.  Die  zweite  Gruppe  gehört  nach  Thüringen 
und  die  östlich  davon  liegenden  germanisirten  Landschaften 
samt  den  Kolonien  in  Preussen  und  Ungarn. 

Merkmale  des  Mitteldeutschen  im  Gegensatz  zum  Ober- 
deutschen sind  ausser  dem  Wortschatz  Vorliebe  für  e  und  o 
(gegen  %  und  u\  Sprödigkeit  gegen  den  Umlaut,  Abneigung 
gegen  die  Diphthonge  (daher  e  für  ei,  ö  für  ou,  i  lür  ie,  ü  für 
iu  und  tiö) ;  Dehnung  kurzer  Stammsilben,  zähere  Bewahrung 
des  Accentes  der  Endsilben  und  deshalb  Widerstand  gegen 
die  vocalische  Synkope  und  Apokope.  Die  Verschiebung  der 
stummen  Konsonanten  steht  im  Ostfränkischen  auf  dem  Stande 
des  Gemeinmittelhoohdeutschen.  In  dem  Ober-  und  Mittel- 
fränkischen  treten  im  wachsenden  Verhältnis  von  Süden  nach 
Norden  p  für  pf,  t  für  js;,  d  für  t,  k  für  ch  auf  (§  149). 
Ausserdem  macht  sich  Neigung  zur  konsonantischen  Anglei- 
chung,  zur  Umstellung  der  Liquidae  und  zur  Unterdrückung 
des  h  im  In-  und  Auslaute  bemerkbar. 
§3.  §  3.     Aus  den  Verschiedenheiten  des  Wortschatzes,  aus 

der  abweichenden  Bezeichnung  der  Laute  in  den  Handschriften 
vom  XII.  bis  in  das  XIV.  Jh.  sowie  in  den  seit  Mitte  des 
XIII.  Jh.  sich  allmählich  mehrenden  deutschen  Urkunden 
erhellt,  dass  keine  durchaus  einheitliche  Schriftsprache  der 
mhd.  Zeit  bestund.  Man  kann  nicht  von  einem  durch  das 
Schwäbische  (Alemannische)  normalisirten  Mittelhochdeutsch 
reden;  dazu  war  das  geistige  Ueberge wicht  der  Alemannen 
nicht  gross  genug;  ebenso  nicht  von  einer  am  staufischen 
Hofe  festgestellten  Mustersprache  der  vornehmen  und  gebil- 
deten Gesellschaft;  dafür  hatten  die  Hohenstaufen  trotz  ihrer 
Neigung  für  deutsche  Poesie  weder  Zeit  noch  Sinn.  Andrer- 
seits wäre  es  entschieden  falsch,  den  über  dem  landschaft- 
lichen stehnden  Schrift-   und  Sprachgebrauch   der   gebildeten 


Deutschen  im  Süden  wie  in  der  Mitte  des  Reiches  zu  läugnen.  §  3. 
Sie  trugen  das  Ideal  einer  Schriftsprache   für  ganz  Deutsch- 
land in  sich  und  suchten  es  zu  verwirklichen. 

Das  Alemannische  und  das  Bairische  stunden  sich  nahe 
genug,  um  mit  geringem  nachgeben  in  Lauten  und  Flexionen 
beim  Schriftgebrauch  eine  gemeinsame  Haltung  zeigen  zu 
können.  Ebenso  lässt  sich  ein  gemeinsamer  Typus  des  Mittel- 
deutschen nicht  verkennen.  Im  Wortschatz  wie  in  den  Laut- 
erscheinungen stehn  beide  Gruppen  von  einander  ab.  Aber 
es  wäre  unrichtig,  sich  klaffende  Abscheidungen  zu  denken. 
Wir  ziehen  zwar  mit  Recht  Dialectgrenzen,  dürfen  aber  nicht 
übersehen,  dass  an  jeder  Grenze  rechts  und  links  vermittelnde 
Striche  liegen.  Während  das  Bairische  sich  am  Lech  mit 
dem  Schwäbischen  und  am  oberen  Inn  mit  dem  Alemannischen 
auch  innerlich  berührt,  zeigt  das  Schwäbische,  noch  mehr  aber 
das  Elsässische  starke  Näherung  an  das  Fränkische.  In  den 
fränkischen  Dialecten  dann  liegt  das  absteigen  vom  Ober-  zum 
Niederdeutschen  stufenförmig  vor  Augen ;  der  köln-achensche 
Dialect  steht  dem  Niederdeutschen  am  nächsten,  ja  an  der 
Nordgrenze  des  ripuarischen  Landes  geschieht  der  Uebergang 
in  das  Niederländische  fast  unmerklich.  Gen  Osten  bildet 
das  Thüringische  eine  ähnliche  Stufe  zwischen  Fränkisch  und 
Sächsisch;  es  enthält  unter  allen  mitteldeutschen  Dialecten 
nächst  dem  ripuarischen  die  meisten  niederdeutschen  Elemente 
im  Yocalismus. 

§  4.  Diese  natürlichen  Uebergänge,  welche  an  das  gleiche  §  4. 
Verhältnis  der  indogermanischen  Sprachen  zu  einander  er- 
innern,^) erleichterten  die  Bildung  einer  mittelhochdeutschen 
Schriftsprache  für  Ober-  und  Mitteldeutsche.  In  dem  mhd. 
Consonantismus  zeigt  sich  fast  regelmässig  das  md.  g  für 
obd.  k  durchgeführt,  häufig  md.  h  für  obd.  p,  und  md.  h  in 
starkem  Wechsel  mit  obd.  eh.  In  dem  Vocalismus  finden 
die  md.  Vereinfachungen  i  und  ü  der  Diphthonge  ie  und  uo 
bei  obd.  Schreibern  gegen  ihre  landschaftliche  Aussprache 
sehr  oft  Anname.     Es  lässt  sich  daher  eine  Einwirkung  des 


1)  Job.  Schmidt  die  Verwandtschaftsverhältnisse   der  indogerma- 
nischen Sprachen.    Weimar  1872. 

1» 


§  4.  Fränkischen  auf  die  mhd.  Schriftsprache  nicht  in  Abrede 
stellen.  Umgekehrt  äussert  sich  in  sorgsamen  md.  Hand- 
schriften und  Urkunden  deutliches  streben  sowol  in  den  Formen 
das  grob  mundartliche  zu  vermeiden,  als  in  der  Vocalbezeich- 
nting  dem  obd.  sich  zu  nähern :  ^)  daher  nicht  selten  die  Di- 
phthonge ie,  iu,  uo,  üe  und  die  Umlaute  gegen  md.  Aussprache 
erscheinen.  In  allem  diesem  liegt  der  Beweis,  dass  man  das 
Bedürfnis  zur  Bildung  eines  gemeinen  Deutsch  in  Ober-  und 
Mitteldeutschland  empfand,  und  dass  solches  ein  Ziel  war, 
dem  die  Gebildeten  in  der  Blütezeit  des  mittelalterlichen 
Lebens  zustrebten. 

Unwiderlegliche  Zeugen  für  die  mhd.  Schriftsprache  sind 
Hartmann  von  Aue  und  Walther  v.  d.  Vogelweide,  die  sich 
von  hervorstechenden  mundartlichen  Eigenheiten  so  frei  hielten, 
dass  aus  ihrer  Sprache  der  Streit  über  ihre  Heimat  nicht 
entschieden  werden  kann.  Auch  Gotfried  von  Strassburg  ist 
als  Muster  vornehmer,  des  landschaftlichen  möglichst  entbeh- 
render Sprache  anzuerkennen.  Berthold  von  B/Cgensburg  pre- 
digte, da  er  allen  Deutschen  verständlich  sein  wolte,  „in  einer 
Art  hochdeutscher  Gesamtsprache."*)  Ans  der  Zeit,  da  man 
sich  die  Mundarten  gewöhnlich  in  Empörung  gegen  sprach- 
liche Zucht  denkt,  bezeugt  das  gesetzmässige  Ansehn  der 
Schriftsprache  Bumslant  in  seinem  Vorwurf  gegen  den  Marner, 
dass  er  sein  Schwäbisch  zu  stark  in  sein  Deutsch  menge :  din 
ander  rat  dir  swcebisch  melt,  din  diutsch  ist  uns  ze  drcete. 
MSH.  3,  56^  Auch  Hug  von  Trimberg  hebt  den  Gegensatz 
des  tiutsch  gegen  die  lantsprächen  hervor  und  hält  es  nütz- 
lich für  das  tiutsch,  wenn  in  verständiger  Weise  gutes  aus 
den  Mundarten  in  die  Schriftsprache  aufgenommen  werde 
(Renner  22206.  ff.). 

Die  Streitfrage,  ob  es  eine  mhd.  Schriftsprache  gab,  ist  hier  nicht 
genauer  zu  verfolgen.  Vorsichtiger  als  meist  ihm  zugeschrieben  wird, 
äusserte  sich  darüber  J.  Grimm  Gr.  I«,  330.  447.  f.  I»,  5.  Eine  Wider- 
legung der  früher  verbreiteten  Ansicht,  das  Schwäbische  bilde  die  Grund- 


^)  Vgl.  auch  Bech  die  bischöfl.  Satzungen  über  das  Eidgeschoss 
in  Zeiz  S.  11.  B.  Hildebrand  in  s.  Ausgabe  des  Sachsenspiegels  (1863) 
S.  XHI. 

*)  Wackemagel  Altd.  Predigten  S.  354. 


läge  einer  mhd.  giltigen  Hof  spräche,  versuchte  Frz.  Pfeiffer  über  §  4. 
Wesen  und  Bildung  der  höfischen  Sprache  in  mhd.  Zeit  (Wien  1861). 
Die  Existenz  einer  mhd.  Schriftsprache  überhaupt  läugnete  H.  Paul 
Gab  es  eine  mhd.  Schriftsprache?  Halle  1873.  Gegen  ihn  schrieb 
H.  Heinz el  in  der  Zeitschr.  f.  Österreich.  Gymnasien  1874.  S.  173.  ff., 
angelehnt  an  MüUenhoffs  Ansicht  in  den  Denkmälern  d.  Poesie  und 
Prosa  XXVI  ff.  (XXHI.).  Vom  geschichtlichen  Standpunct  vertheidigte 
das  bestehn  der  höfischen  mhd.  Sprache  H.  Bückert  Geschichte  der 
nhd.  Schriftsprache  I,  122—142. 


Erster  Haupttheil. 

Die  Lautlehre. 


Erstes  Buch.    Die  Yocale. 

§5.  §  5.     Die  ahd.  Yocale  sind 

kurze  a    e    i        o        u 

lange  a    e    t        o        u 

Diphthonge         ai  ei     oa    eu  iu       eo  ea  io  ia  ie       au  ou 

imiw  ue  '  ao 

Nach  der  Verwantschaft  geordnet: 
A-Klasse:    a  mit  den  Umbildungen  e  i,  o  u 

und  dem  Umlaute  e  (ä) 
ä        6  {oa  tm  uo  ue) 
I-Klasse:     i  mit  Brechung  e 

ai  eiy  Vereinfachung  S 
U-Klasse:    u  mit  Brechung  o 
ü,  Umlaut  iu 

eu  iu,  Brechung  eo  ea  (Verengung  e)  io  ia  ie 
au  ou,  ao  mit  Vereinfachung  6. 

§6.  §  6.     In  dem  mhd.  Zeitraum  besitzt 

1.  das  Oberdeutsche 
a  mit  den  alten  Umbildungen  e  i,  o  u 

und  dem  Umlaut  e  {ä) 
ä  mit  Umlaut  te 
uo  mit  Umlaut  üe 
i  mit  der  Brechung  e 
%  (in  neues  ei  bairisch  übergehend) 
ei  {ai)  mit  der  ¥ereinfachung  e 


u  mit  Brechung  o,  dazu  die  Umlaute  ü  und  ö  §  d, 

ü  mit  Umlaut  iu 

iu  mit  Brechung  ie 

ou  mit  Vereinfachung  ö,  dazu  die  Umlaute  öü  und  oe. 

2.  das  Mitteldeutsche  hat  die  Vocale 
a  mit  den  alten  Umbildungen  e  i,  o  u 

und  dem  Umlaut  e 
ä  mit  Umlaut  e 

iio  mit  den  Vereinfachungen  6  und  ü, 
i  mit  Brechung  ^  u  mit  Brechung  o 

^  ü  mit  Umlaut  m 

ei  mit  der  Vereinfachung  e         iu  mit  Vereinfachung  w,  Bre- 
chung ie,  vereinfacht  e  und  i 
ou,  Vereinfachung  ö. 
Ferner  eine  Anzahl   diphthongischer  Vocale,   die   sich   durch 
!N^achschlag  eines  i  oder  e  nach  dem  Grundvocal  bildeten 


ae 

at 

•• 

et 

•  •• 

le 

oe 

oi 

ue    m 

I.  Allgemeine  vooalisolie  Ersoheinungen. 

QuaUtät.    QnaBtität.    Tonstärke. 
1.  Yerandemngen  der  Qnalit&t 

§  7.     Die  Grundvocale  sind  a  i  u.  §  ^• 

Die  älteste  Artveränderung,  die  in  allen  europäischen 
westarischen  Sprachen  in  vorgeschichtlicher  Zeit  erfolgte,  war 
die  wahrscheinlich  durch  Einwirkung  der  Accentuation  voll- 
zogene Spaltung  von  ursprünglichem  a  der  Stamm- 
silben in  a  e  und  o.  Das  e  erhöhte  sich  dann  oft  weiter 
zu  i,  das  0  senkte  sich  zu  u. 

Im  Gotischen  blieben  e  und  o  nur  vor  r,  h  und  in  ein- 
zelnen Worten,  im  übrigen  wurden  hier  i  und  u  dafür  Regel. 

Im  Oberdeutschen  hielten  sich  e  und  o  nur  vor  a  des 
Affixes,  während  sie  durch  folgendes  i  oder,;,  zuweilen  auch 
durch  w  zu  i  und  u  gewandelt  wurden.     Doppelnasal  oder 


8 

§  7.  Nasal  +  Muta  förderten  selbst  vor  a  des  Affixes  den  TJeber- 

tritt  des  e  zu  i. 

gebam      geban    gebanti  berg(a)  weg(a)    vedar 

ganoma/n  gastolan    donar    wolla         tor(a)    wolf(a)    wort(a) 


%Ö>^Ä**  sitz(j)an  bit(j)an;  gibis  gibit 
füjan  ßlan. 


vihu,  vüu,  situ.  »ibun.  gibu  sihu 
sichur»  schilt  (sküdus).  mist(us) 
wider  (vidrus) 
guttun  gullun  hulfu/n. 


rauli,  vuri,  turi,  fuljan  fullan. 

wüUtn.   güldin, 
bindan  smmman,    fimf(a) 
hunt(a),  gabundan,  gaswumman  garunnan. 

Die  erhaltende  Kraft  eines  a  der  Affixe  ffir  e  und  o  der 
Stammsilben  beruht  auf  dem  sprachlichen  Zuge  nach  Aus- 
gleichung zwischen  Stamm-  und  Affixvocal:  e  und  o  liegen 
dem  a  organisch  näher  als  i  und  u. 

In  dem  Mitteldeutschen  beharrten  die  aus  altem  a  durch 
jene  Spaltung  hervorgegangenen  e  und  o  weit  länger  selbst 
in  den  Fällen,  wo  oberdeutsch  der  Uebergang  zu  i  und  u 
erfolgte.  Dazu  kam  noch,  dass  auch  viele  echte  alte  i  sich 
zu  e  senkten,  so  dass  sich  in  den  fränkisch  -  thüringischen 
Dialecten  eine  ungemeine  Anzahl  Worte  mit  e  und  o  in  den 
Stammsilben  finden,  was  ihnen  einen  matten  trüben  Ausdruck 
gibt.    §§  25.  32. 

Die  alte  westarische  Spaltung  des  a  erkante  zuerst  F.  W.  Wahlen- 
berg über  Einwirkung  derVocale  aufVocale,  Sigmaringen  1855.  Selb- 
ständig gab  den  Nachweis  davon  der  Däne  E.  Jessen  (1860  Tidskrift  for 
Filologi  ög  Pädagogik  I.  217),  genauer  und  ausführlicher  G.  Curtius 
(1864,  über  die  Spaltung  des  A-Lautes,  Berichte  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss. 
Ph.  h.  EL).  Scherer  nante  dies  Gesetz  Müllenhof fs  Eegel  (1868, 
Gesch.  d.  deutsch.  Sprache  7.).  Seitdem  gab  Nachweise  über  diese 
Spaltung  Fick  1873  die  ehemalige  Spracheinheit  der  Indo- Germanen 
Europas,  femer  handelte  in  besonderer  Schrift  darüber  A.  Bezzen- 
berger  über  die  A-Eeihe  der  gotischen  Sprache,  Gott.  1874.  Paul  in 
den  Beiträgen  VI,  76.  ff.  suchte  zu  erweisen,  dass  bereits  europäisches  e 
vor  Nasal  -f-  Consonant,  femer  vor  i  oder  j  der  folgenden  Silbe  zu  t 
ward,  und  femer  dass  folgendes  u  ohne  Einfluss  war.  Beachtenswert 
sind  die  Abhandlungen  des  Schweden  Leffler  Bidrag  tül  läran  om 
i'Onüydet  med  särsJcüd  hänsyn  tu  tiden  för  den  gennaniska  spräken- 
heten  in  Nord.  Tidskr.  f.  Filologi  og  Pädagogik  N.  K.  11.  (1875).  Über 
die  Accentuation  als  Grund  der  Gestaltung  des  alten  a  zu  e  und  o 
gab  Aufschluss  K.  Vemer  in  Kuhns  Zeitschr.  XXIII,  132.  ff. 


§  8.     Von  jenem   aus   altarischem  a  entsprungenen  o  §  8. 
scheidet  sich  das  aus  altem  u  durch  Einwirkung  von  Affix-a 
hervorgegangene  o:   das  o  der  Brechung,   um  J.  Grimms 
Benennung  beizubehalten. 

z.  B.  gäbtUcm  :  gdbotan  geboten,  übana  :  obana  oben,  fluta  :  floz ; 
bwtan  :  boto. 

Auch  in  dem  Diphthong  eu  iu  unterlag  u  dieser  Brechung: 
beidan  biutan  ward  zu  beotan  biotan,  deuta  diuta  :  diota, 
hiufä  :  Mofa,  tiur(a)  :  tior.  Sehr  anschaulich  zeigt  sich  diese 
Einwirkung  des  a  der  Endung  im  Fräs.  Ind.  der  ablautenden 
Zeitworte  der  Ü-Xlasse,  vgl. 

biutu  biutis  biutit,  biotam  biotat  biotant. 

Dieses  io  schwächte  sich  zu  ie;  ie  gilt  im  mhd.  als 
Brechung  von  iu. 

Auf  altes  indogermanisches  i  übte  a  des  Affixes  nicht 
dieselbe  Brechung,  denn  i  ist  stärker  als  u  und  leistete  in  der 
Regel  Widerstand.  Es  blieb  also  reines  i  in  gahUan,  gatriban, 
gasigan  (und  in  den  andern  Ptc.  Prt.  Pass.  der  I-Klasse),  in 
widar,  wiezan,  inan,  iz,  fisc  u.  s.  w.  Die  hochdeutschen 
Ausnamen,  in  denen  sich  neben  i  dennoch  ein  e  zeigt,  giebt 
§  54.  e  ist  das  von  J.  Grimm  eingefiihrte  Zeichen  für  diese 
Brechung. 

Der  Name  Brechung  wird  von  uns  nicht  in  dem  ausgedehnten 
Sinne  J.  Grimms  (Grammat.  I*,  544—553)  gehraucht,  sondern  wir  be- 
schränken ihn  auf  die  qualitative  Veränderung  von  ursprünglichem 
(indogermanischen)  u  und  i  zu  o  und  e  durch  a  des  Affixes.  Wir 
scheiden  davon  die  e  und  o,  welche  auf  altarisches  a  zurückgehn. 

§  9.     Eine  andere  Veränderung  der  Vocale  ist  der  Um-  §  9. 
laut,  worunter  wir  nach  J.  Grimm  die  qualitative  Wandelung 
des  Wurzelvocals  durch  i  (oder  u)  des  Affixes  verstehn. 

Die  älteste  Form  des  Umlauts  scheint  die  Einfügung  des 
Affixvocals  in  die  Wurzelsilbe :  aus  a  ward  ai,  aus  o  ot,  aus 
u  m.  Früh  giengen  aber  diese  mechanischen  Verbindungen 
in  die  organischen  Zwischenvocale  über,  in  die  Vocale  also, 
die  zwischen  dem  betrefienden  Wurzel-  und  Affixvocal  liegen. 

Das  Deutsche  kennt  nur  den  Umlaut  durch  i.  Ahd.  waren 
erst  vorhanden  die  Umlaute  e  (aus  a),  iu  (tiefes  langes  ü 
aus  ü),  und  Anfönge  von  ü  (aus  u),    Mhd.  entwickelte  sich  der 


10 

§  9.  Umlaut,  wenigstens  in  dem  Oberdeutschen,  vollständig,  obschon 
das  i  des  Affixes  längst  zu  irrationalem  e  entartet  war.  Hier 
kann  also  keine  Assimilation  mehr  wirken,  sondern  es  tritt 
im  Lauf  der  Zeit  eine  Analogiebildung  hervor,  unterstützt  durch 
die  bei  Tonschwächung  der  Affixe  erfolgende  Tonerhöhung 
der  Stammsilben.  Die  Umlautvocale  sind  sämtlich  höher  als 
ihre  Grundvocale. 

Dieser  mhd.  Umlaut  greift  zuweilen  fehl,  und  stösst  auch 
auf  Hindernisse,  §  20.  21.  Im  md.  entwickelt  er  sich  über- 
haupt langsamer  und  spärlicher,  welches  wahrscheinlich  mit 
der  grösseren  Tonstärke  der  md.  Afßxsilben  zusammenhängt. 

Die  mhd.  Umlaute  sind  ä  oder  e  von  a,  ce  von  a,  üe  von  uo, 
ü  von  u,  iu  von  ü,  öu  von  ow,  (B  von  6. 

§  10.  §  10.     In  dem  Umlaut  der  Stammsilbe,   so  wie  in  der 

Erhaltung  von  europäischem  e  und  o  vor  a  des  Affixes  wirkte 
der  assimilirende  Zug,  aus  dem  J.  Grimm,  Holtzmann  und 
Th.  Jacobi  Umlaut  und  Brechung  überhaupt  erklärten. 

Es  lässt  sich  in  der  ahd.  Periode  auch  innerhalb  der 
Sprosssilben  eine  Angleichung  beobachten,  die  vorwärts 
oder  rückwärts  auftritt.  Von  der  Stammsilbe  vorwärts  nach 
dem  Affix  äussert  sich  dieselbe  zb.  in  chiborganun  :  chibor- 
gonun,  Podalunc  :  Podolunc.  Häufiger  ist  die  rückwärts 
wirkende  Assimilation: 

adali  :  edüi,  püadi  :  püidi,  sihimi  :  sibini,  hungarü  :  hungirit, 
offano :  affono,  hantalön :  hantolön,  bittaru :  bitturu,  Otälo  :  OtdU>, 

Wirkung  der  vorlezten  auf  die  drittlezte  Sübe  —  hungarita: 
hungirüa,  reganöda :  regonöda,  hrosamöno  :  brosomöno,  üzsanondem : 
üzsonöndem. 

Selbst  das  irrationale  e  wirkt  assimilirend  —  bittares  :  bitteres, 
finstaremo :  finsteretno,  besamen  :  besemen,  erwechanteru  :  erwechenteru. 

In  der  mhd.  Zeit  sind  die  Vocale  der  Sprosssilben  fast 
ausnamslos  zu  e  verblichen;  daher  ist  eine  weitere  Assimila- 
tionswirkung nunmehr  unmöglich.  Auf  die  Durchffihrung  des 
irrationalen  e  wird  jener  Ausgleichungszug  sehr  gewirkt  haben. 
An  den  Spitzen  stirbt  auch  die  Yocalfarbe  zuerst  ab,  und 
von  den  Spitzen  aus  dringt  die  ansteckende  Krankheit  in 
das  innere. 


11 

§  11.     Auch   die  ConBonanten  wirken   auf  die  Qualität  §11^ 
der  unmittelbar  voraustönenden  Vocale  ändernd  ein. 

Vor  allen  zeigen  die  Liquidae  vermöge  ihrer  stark  voca- 
lischen  Natur  Neigung,  den  vorangehnden  Vocal  zu  ver- 
schieben, und  zwar  sowol  nach  der  engeren  als  nach  der 
offeneren  Lage,  indem  sie  selbst  durch  veränderte  Stellung 
der  sie  erzeugenden  Organe  aus  ihrer  normalen  Klangfarbe 
sich  nach  i  oder  u  hin  färben  können.  Besonders  l  und  r 
wirken   derartig.     Vor  ihnen  geht  a  in  0,   e  in  a,    e  in  i, 

0  in  a  und  u,  u  in  0  gern  über. 

Die  Nasale  m  und  n  wirken  durch  ihren  u- Klang  im 
allgemeinen  verdumpfend.  Vor  n  wandelt  sich  a  leicht  in  0, 
i  vor  n  und  m  in  u  oder  0,  0  in  u.  Andrerseits  heben  die 
Nasale  tiefere  Vocale,  so  wird  mitunter  0 :  a  und  u:  0. 

Mouillirtes  n  wirkt  auf  den  Uebergang  von  e  zu  i. 
Gleiches  geschieht  zuweilen  durch  d  oder  t,  die  in  diesem 
Falle  mouillirt  sein  müssen,  und  ebenso  durch  palatales  g  und  k. 

Wärend  also  die  Linguale  und  Palatale  den  Vocal  erhöhen, 
was  sich  bei  den  Lingualen  auch  in  ihrer  Neigung,  0  in  a 
und  t«  in  0  zu  erhöhen  äussert,  senken  die  Labiale  vermöge 
ihres  dunkeln  Klanges  0  zu  u  und  i  zu  u.  Dieses  gilt  nament- 
lich von  w,  das  6  zu  0  und  i  zn  u  mit  Vorliebe  wandelt. 

Die  Gutturale  verändern  ihren  Vorvocal  ebenfalls :  e  kann 
in  a,  0  in  a,  aber  auch  in  u,  u  kann  in  0  übergehn. 

Linguale  und  Gutturale  (A,  j)  sind  im  Hochdeutschen 
Feinde  der  Diphthonge  ei  und  ou:  sie  heben  i  und  u  im 
Diphthong  auf  und  erzeugen  e  und  6. 

Wichtig  ist  femer  der  vocalische  Stimmton  der  Liquidae 

1  und  r,  durch  welchen  sich  zwischen  ihnen  und  einem  fol- 
genden Consonanten  ein  selbständiger  Vocallaut  entwickelt 
(die  Svarabhakti  der  indischen  Grammatiker,  vgl.  Joh.  Schmidt 
Vocalismus  II,  1.  ff.  373.  ff.),  zb.  aram  areniy  zurende.  Es 
kann  der  Vocallaut  aber  auch  vor  die  Liquida  treten,  zb. 
süely  tiwer,  gehüer;  gelas,  herust,  und  sich  auch  dem  Wurzel- 
vocal  verbinden.  So  entstehn  namentlich  die  scheinbaren 
Diphthonge  ie  und  uo  aus  %  und  u,  §§  45.  49.  71.  Sehr  be- 
greiflich stört  dieser  vocalische  Einschub  auch  die  Quantität. 


12 

§11.  Ib  Folge   des  vocalischen  Stimmtons  des  w   zeigen  sich 

bei  demselben  gleiche  Erscheinungen,  zb.  dewcmc,  zewelf, 

2.  Veränderungen  der  Quantität. 

§  12.  §  12.     Unter  den   drei  Urvocalen   ist  a  der  schwerste, 

wie  seine  Erleichterung  zu  e  und  o,   oder  zu  %  und  u  zeigt. 

Unter  den  mhd.  Längen  sind  die  Umlaute  <b  und  oß  die 
jüngsten,  ä,  t  und  %  lezteres  theils  durch  Vereinfachung 
von  iu,  theils  durch  Dehnung  von  u  gebildet,  sind  alt;  am 
jüngsten  davon  ist  ü.  *  Der  Umlaut  dieses  ü  wird  zwar  zwei- 
lautig  {iu)  geschrieben,  ist  aber  eine  einfache  Länge. 

ä  (got.  fränk.  und  auch  obd.  in  den  ersten  geschichtlichen 
Jahrhunderten  bestund  dafür  S)  entstund  in  den  meisten  Fällen 
durch  Dehnung  von  a  unter  dem  Einfluss  von  consonantischer 
Syncope.  Die  eigentliche  germanische  Steigerung  des  a  ist  o, 
das  mhd.  fast  durchaus  in  Gestalt  der  diphthongischen  Spaltung 
uo  auftritt.  Dass  gerade  6  den  schwersten  a-Yocal  abgiebt, 
erklärt  sich  aus  der  bei  verstärkter  Hervorhebung  des  a 
noch  heute  im  Deutschen  leicht  erfolgenden  Senkung  des 
Stimmorgans. 

t  ist  theils  Dehnung  des  i,  durch  consonantische  Syncope, 
später  durch  Tonverstärkung  veranlasst,  theils  und  für  die 
alte  Zeit  am  gewöhnlichsten  Vereinfachung  von  ei,  der  Schwä- 
chung des  aL 

Bei  i  und  u  geschah  eine  Steigerung  durch  Vorschiebung 
von  a:  so  entstunden  ai  und  au.  Indem  sich  nun  a  zu  e 
schwächen  kann,  spalteten  sich  von  ai  und  au  die  schwächeren 
ei  und  eu  ab.  Durch  Verdünnung  des  e  bildeten  sich  dann 
ii  (i)  und  iu. 

Die  Gewichtstufen  von  a  i  u  sind  also 

,  ;  }       a      a  0  (uo) 
0  (u)  I  ^ 

i  i  (ei)      ai 

u  eu  iu      au 

§13.  §   13.      J.    Grimm    nante    die    Gewichtabstufung    der 

Grandvocale  Ablaut  und  sah  darin  einen  zum  Bedeutungs- 
ausdruck verwanten  dynamischen  Vocalwechsel,  der  von  dem 


13 

starken  Zeitwort  ausgeht  und  die  ganze  Sprache  durchdringt.  §  13. 
In  den  ältesten  Verben  diene  er  vor  allem,  den  Unterschied 
von  Gegenwärt  und  Vergangenheit  mit  sinnlicher  £rafk  her- 
vorzuheben. Grimm  nam  den  Fräsensvocal  (Laut)  für  wesent- 
licher und  älter  als  den  Perfectvocal  (Ablaut).  Auch  in  der 
Declination  und  in  der  Wortbildung  fand  er  den  Ablaut  zu 
intellectuellen  Zwecken  entwickelt. 

Deutsche  Grammatik  I',  556  ff.     Geschichte  d.  deutsch.  Sprache 

Cap.  xxxn. 

Franz  £opp  dagegen  erklärte  jene  Erscheinung  für  einen 
rein  phonetischen  Vorgang  ohne  ursprünglich  intellectuellen 
Wert,  für  Aeusserungen  eines  Gravitätsgesetzes :  die  Endungen 
wirken  durch  ihr  Gewicht  auf  den  Stamm ;  die  vollere  Gestalt 
desselben  hat  ihre  Stelle  vor  den  leichten  Endungen,  die 
engere  vor  den  schweren. 

Die  Gewichtvermehrung  (Guna)  erklärte  Bopp  nach  dem 

Vorgang  der  indischen  Grammatiker  durch  Vorschiebung  eines 

a  vor  i  und  u, 

Bopp  Vocalismus  6.  ff.  157.  ff.  Vergleichende  Grammatik  I*, 
§  26—28. 

§  14.     Die  für  das  sprachliche  Leben  ungemein  wichtige  §  14, 
Erscheinung,  für  welche  wir  den  Grimmschen  I^amen  Ablaut 
behalten,    war    durch    diese   Erklärungen    keineswegs    völlig 
verständlich.     Darum  folgten  weitere  Bemühungen. 

A.  Holtzmann  (über  den  Ablaut.  Karlsruhe  1844)  griff 
die  von  Bopp  behauptete  Wirkung  der  leichten  und  schweren 
Endungen  an  und  sah  in  dem  Ablaut  eine  vocalische  Assi- 
milation durch  a  der  Endung  bewirkt,  die  auf  hoch  tonige 
Silben  beschränkt  sei.     In  den  tieftonigen  oder  tonlosen  Silben 

hindere  die  Vocalschwächung  dieselbe. 

Eine  weitere  Ausführung  der  Holtzmannschen  Theorie  versuchte 
C.  Pauli  bei  Kuhn  Z.  f.  vergl.  Sprachforsch.  XH,  50—68. 

Th.  Jacobi  (Beiträge  zur  deutschen  Grammatik.  Berlin 

.  1843)    sah  ähnlich  wie  Holtzmann   eine  Assimilation  in  dem 

Ablaut,  hielt  aber  an  der  Boppschen  Lehre  von  der  Einwirkung 

der  Gewichtschwere  der  Endungen  auf  die  des  Stammes  fest, 

wobei  er  zwischen  den  Suffixen  und  den  Flexionen  unterschied. 


14 

§  14.  Grein  (Ablaut  Reduplication  etc.  Cassel  1862)  suchte  die 

Erklärung  allein  in  der  verstärkten  Artikulation  und  läugnete 
die  Einwirkung  der  Endungen. 

Corssen  über  Aussprache  Vocalismus  und  Betonung 
der  latein.  Sprache  8.  621.  ff.  wolte  in  der  indogermanischen 
Vocalsteigerung  nur  die  Kundgebung  mannigfacher  Selen- 
regungen erkennen,  welche  nach  Fülle  und  Abwechselung 
des  sprachlichen  Klanges  drängten. 

W.  Scherer  (zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache. 
2.  A.  Berlin  1878.  S.  38.  ff.  219.  ff.)  hielt  an  der  Unter- 
Scheidung  der  starken  und  schwachen  Wurzelform  fest  und 
nam  die  Steigerung  nur  für  die  I-  und  Ü-Klasse  an.  Dehnung 
und  Gunierung  geschehe  hier  in  den  starken  Formen,  welche 
den  Accent  auf  der  Wurzelsilbe  trügen  (Präs.  und  Ind.  Pf.  8g.) ; 
kurzer  Vocal  hersche  in  den  schwachen  Wurzelformen  d.  i. 
den  übrigen  Perfectformen.  Was  in  der  A-Klasse  als  Steige- 
rung erscheine,  erkläre  sich  durch  Zusammenziehung  {gäbum 
got.  gehum  aus  geghum  gaghum  gdgabum). 

Friedr.  Müller  (die  Vocalsteigerung  der  indogerma- 
nischen Sprachen,  Sitz.-Ber.  der  Wiener  Akad.  Ph.  bist.  Kl. 
LXVI.  Wien  1870)  lässt  die  Gunierung  (Vortritt  eines  a  vor 
i  oder  u  der  Stoffwurzel)  ursprünglich  nur  bei  dem  i  und 
u  geschehen;  erst  später  sei  auch  a  gesteigert  worden.  Das 
vortretende  a  bedeute  nichts  weiter  als  das  kräftigere  aus- 
holen der  im  Vocalansatz  befindlichen  Sprachorgane. 

A  m  e  1  u  n  g  (die  Bildung  der  Tempusstämme  durch  Vocal- 
steigerung. Berlin  1871)  suchte  die  Vocalsteigerung  mit  Hilfe 
der  Lehre  von  der  Vocalspaltung  (a,  e,  o)  und  durch  die  für 
das  westarische  unerweisbareVriddhisteigerung  (vgl.  Leo  Meyer 
in  Kuhns  Zeitschr.  XXI,  341.  ff.)  zu  erklären. 

H.  Paul  versteht  unter  Ablaut  die  ursprünglich  vier, 
später  drei  oder  zwei  Vocalschattirungen,  die  sich  in  den 
verschiedenen  Formen  des  gleichen  Verbums  oder  in  den  Ab- 
leitungen aus  derselben  Wurzel  zeigen  und  mit  dem  Wechsel 
der  Accentuation  in  der  indogermanischen  Ursprache  zusammen- 
hängen (Beiträge  z.  Gesch.  d.  deutschen  Sprache  u.  Literatur 
VI,  111.  ff.    Mittelhochd.  Grammatik  §  42). 


15 

Im  allgememen  herscht  zur  Zeit  bei  allem  unsichern,  §  14. 
das  über  den  Vocalismus  noch  vorgetragen  wird,  darin  Über- 
einstimmung, dass  der  Ablaut  (Abstufung  der  Yocale)  meist 
durch  den  wechselnden  Accent  der  Ursprache  erzeugt  ward, 
und  man  hat  sich '  in  so  fern  der  Grimmschen  Ansicht  wieder 
genähert,  als  man  ihn  nicht  allein  in  der  Tempusbildung  an- 
nimt,  sondern  in  der  gesamten  Eormbildung. 

§  15.     Durch   Verlängerung   der  Zeitdauer  der  kurzen  §  15. 
Vocale  entstehn  nach  und  nach  eine  grosse  Zahl  Dehnungen. 
Der  Grund  der  Dehnung  kann  dreifach  sein: 

1.  Der  Ton  auf  der  Stammsilbe  wird  verstärkt  unter 
Einfluss  der  Tonschwächung  des  AfBxes;  es  fuhrt  dies  all- 
mählich zur  Verlängerung,  §  17.  In  der  mhd.  Zeit  geschah 
es  noch  ziemlich  selten ;  indessen  lässt  sich  doch  das  Umsich- 
greifen der  Dehnung  in  hochtonigen  Stammsilben  namentUch 
vor  einfachem  Consonanten  vom  13.  Jh.  ab  genau  beobachten. 
Zweisilbige  stumpfe  Reime  wurden  von  manchen  Dichtem 
aus  den  ersten  Jahrzehnten  des  13.  Jahrb.,  so  von  Wolfram 
V.  Eschenbach,  Heinrich  v.  Türlein,  Konrad  Flecke,  Thomasin 
V.  Zirkläre  u.  a.  nach  Bedürfnis  als  klingende  behandelt; 
vgl.  Sommer  z.  Flore  43,  Hahn  kl.  Ged.  des  Stricker  S.  XII. 
Kummer  Herrand  v.  Wildon  S.  199  f.  Stejskal  Hadamar 
V.  Laber  S.  XXXIH.     Vgl.  auch  §  24. 

Aus  Tonverstärkung  erklären  sich  wol  die  schon  ahd. 
lang  gebrauchten  einsilbigen  Worte  biy  du,  nü,  neben  denen 
die  kurzen  6i,  du,  nu  fort  bestehn. 

2.  Der  Wurzelconsonant  wirkt  dehnend  auf  den  voran- 
gehnden  Vocal.  Schon  ahd.  dehnt  h  voraustönendes  a:  dhe, 
dähCy  ähte;  mhd.  kommen  Reime  zwischen  ach  :  ach  hinzu, 
ebenso  zwischen  dht  und  dht. 

Ferner  stören  die  Liquidae  vorausgehnde  Kürze,  indem 
sich  ihr  vocalischer  Nebenton  dem  Wurzelvocal  verschmilzt. 
Die  mhd.  Dichter  brauchen  häufig  Reime  von  an :  an,  in  :  in : 
er :  er,  or  :  br,  ir :  ier,  ur  :  uor, 

3.  Consonantenausfall  bewirkt  Dehnung:  a)  in  der  Stamm- 
silbe schwindet  ein  Nasal  aus  der  Verbindung  mit  andern 
Consonanten  und  es  erfolgt  Ersatzdehnung.     So  entstund  das 


16 

§  15.  ä  in  vähen,  hohen,  brähte,  dahte,  dühte,  i  in  sU  aus  sinty 
in  suid  aus  swind,  ü  in  süden  aus  sunden,  —  b)  Der 
schliessende  Stammconsonant  löst  sich  auf,  Stamm-  und  End- 
silbe verschmelzen  sich.  So  entstunden  viele  ä  und  i:  haben 
ward  zu  hän,  hagen :  hän,  jsfagel :  zäl,  slahen :  slän,  trahen  : 
trän;  in  Compositionen  im  ersten  Theil  z.  B.  tagelanc :  tälanc, 
Hadewart  :  Häwart,  —  gibet :  git,  liget :  lU,  pfliget  :  pflU, 
geschihet :  geschit;  in  Compositis  z.  B.  sige  :  ä?  vgl.  Sibant, 
Stbalt,  Sifrit 

Aus  chidet  wird  chit,  unter  Einiiuss  von  einem  durch  i 
mouillirten  d;  denn  badet  schadet  werden  zu  bat  schat 
ohne  Dehnung. 

In  hihte  aus  higihte  erfolgt  einfach  Verdoppelung  des  i  durch 
Verschmelzung  der  beiden  i  unter  Auflösung  des  palatalen  g. 

Was  e  betrifft,  so  ist  nur  in  Zusammenziehung  von  ehe 
die  Länge  sicher.  Durch  Zusammenziehung  entstandene  6  und 
ü  sind  obd.  nicht  nachweislich;  md.  lassen  sich  vot  (mhd.  voü) 
und  gevlon  (gevlohen)  durch  Eeime  belegen. 

§  16.  §  16.     Die  Minderung  des  Gewichts  in  den  Stammsilben 

begegnet  im  Verhältnis  zu  Steigerung  und  Dehnung  nicht  häufig. 

Es  gehört  hierher  das  kurze  i  in  wir  und  ir  (got.  veis, 
jtis)  für  ?  und  iu;  sodann  i  für  ie  in  iht,  niht,  imer  nimer^ 
Inder  ninder,  zuweilen  in  dirne;  md.  auch  in  den  Prf.  hüt, 
vinc,  ginc.  Sodann  ö  für  e  in  herre,  merre,  wenc  (bair.  Gr. 
§  131);  e  für  ei  in  ember,  zwen^ec,  empfetten  (bair.  Gr.  §  13); 
M  für  w  {iu)  in  huf,  frunt;  für  ü  (wo)  in  stunt. 

Eigenthümlich  wirkt  die  Inclination  auf  die  unursprüng- 
lichen Längen  ja,  du,  nü,  femer  auf  da,  wä,  swä,  so.  Im 
zweisilbigen  Auftact,  ebenso  bei  engem  Anschluss  eines  in- 
clinirten  Pronomens  wird  die  Länge  aufgehoben:  so  er  wird 
zu  sor,  du  in  zu  dun,  du  ez  zu  duz;  selbst  im  Reim  sind 
dun  duz  zulässig.  Auch  die  Negation  ne,  sowie  angelehntes 
ist  wirken  auf  jene  Worte  kürzend :  jane,  dane,  sone,  dune, 
jast,  nust,  dast,  sost. 

In  dem  zweiten  Theil  der  Wortzusammensetzungen  hängt 
die  Kürzung  mit  der  Zurückziehung  des  Tones  zusammen: 
steinmeize  wird  zu  steinmetze;  oheim  zu  ohem  zb.  H.  Trist  3620, 


17 

woraus  dem  Diefenb.  Grloss.  63®  und  einsilbiges  6m  H.  Trist.  §  16. 
5081.  5100.  Diefenbach  a.  a.  0.  entsteht.     In  den  mit  liehe 
zusammengesetzten  Adjectiven  wird   nicht   selten  in   der  un- 
flectirten  Form    das    t  gekürzt,    und   lieh   auf  -ich   gereimt. 
Die  Dichter  verhalten  sich  verschieden :  Wolfram  v.  Eschen- 
bach   braucht   nur   lieh,    Gotfried  v.   Strassburg    und  Wirnt 
V.  Grrafenberg   haben   meist  lieh,   Hartmann  v.  Aue,  Eonrad 
Fleck  und  Rudolf  v.  Ems  brauchen  überwiegend  lieh,  Hein- 
rich V.  Türlein  lieh   und  lieh   (Adv.  liehe  liehen  lieh  lieh), 
Eonrad  v.  Würzburg  fast  nur  lieh  (selbst  liehen,  Hartmann 
V.  Aue  hat  liehen  nur  im  Gregor  und  Iwein),   der  Stricker 
braucht  hur  lieh,  selbst  gelieh  reimt  er  ebenso  wie  Lamprecht 
von  Kegensburg  als  Eürze ;  H.  v.  Freiberg  hat  lieh,  Jeroschin 
lieh  und  liehen.     In  der  Nibelunge  Not  wird  lieh  und  lieh 
gereimt ;  schon  bei  den  ältesten  Lyrikern  findet  sieh  die  Eürze 
(der  Rietenburger  reimt  gelich :  mich  MF.  19,  19.  28  ebenso 
wie    weit   später    der    Meisner   sich  :  gelieh   MSH.   3,  93^). 
Walther  v.  d.  Vogelw.  braucht  an  den  zwei  Stellen,   die  er 
überhaupt  bietet,  lieh  (7,  34.  116,  39),  aber  liehe,  liehen. 

Lachmann  zu  Iwein  5522.  6405.  W.  Grimm  z.  gold.  Schm.  51. 
Hahn  zu  Otte  120.  Sommer  zu  Flore  15.  Karls  Stricker  v.  Bartsch 
S.  LXXXVm.    Wümanns  Walther  S.  57  (2.  A.  42). 

Die  weitere  Folge  dieser  Eürzung  ist  die  Zersetzung 
des  i  und  seine  Vernichtung,  wie  in  den  Zahladjectiven  zwi- 
lieh,  drilieh  geschieht,  vgl.  zwileh  Vor.  Ged.  58,  21.  iswilh 
MS.  2,  175'.  drileh  gSchm.  328.  Pass.  H.  150,  53.  mvilhen 
drilhen  (Zw.)  MS.  2,  231^ 

rieh  wird  in  Eigennamen  zb.  Dietrich,  Ermenrieh,  Fri- 
derieh,  Heinrich,  ebenso  in  Zusammensetzungen  wie  wüeterieh 
gewöhnlich  in  den  flexionslosen  Fällen  gekürzt,  in  den  Casus 
nodt  Endung  bleibt  die  Länge :  Dietrich  Dietriches,  Heinrich 
Heinriche.  Spätere  erlauben  sich  auch  vor  Casusendung  die 
Kürzung  des  Vocals.  Selbst  in  den  Compositis  mit  dem  Neutr. 
riche  kann  Eürzung  des  i  verbunden  mit  Apocope  eintreten: 
ertrich,  himelrieh,  vgl.  BGr.  §  19  und  Cäcilia  85.  113.  157. 
241.  297.  365.  611.  MSH.  3,  95^  Auch  uncomponirtes  rieh 
(riche   adj.)   wird   auf  kurzes   ich   gereimt,    zb.  Erec   1944. 

Wein  hold,  mlttelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  8 


18 

§  16.  Walth.  81,  23.  Nib.  C.  1837,  L  MSH.  1,  29^  3,  43^   MS. 

1,  182*.  Erlös.  4932.  Orend.  2072.  2433.  Ulr.  Wilh.  1174. 
1635.  2436.  2736.  Ludw.  Kr.  83.  2578.  Junk.  u.  Heinr.  1303. 
MSH.  3,  99».     Vgl.  Lachm.  z.  Iw.  5522. 

3.  YeranderungeiL  der  Tonstarke. 

§17.  §  17,     In  den  Suffixen  und  Flexionen  waren  beim  Ein- 

tritt der  mhd.  Periode  die  älteren  Yocale  fast  ausnamslos 
zersezt.      Zuweilen    hielt    sich    noch    in    Formen    der    alten 

2.  schwachen  Gonjugation  das  alte  6;  ebenso  noch  mitunter  i 
und  6  in  den  Comparativen  und  Superlativen,  und  durchgehends 
a  in  den  substantivirten  P.articipien  in  ant.  Aber  die  Regel 
bildet  jener  durch  e  gemeinhin  bezeichnete  Laut,  der  quali- 
tativ und  quantitativ  eine  Schwächung  der  echten  Vocale  ist 
Seine  wechselnde  dialectliche  Bezeichnung  durch  i,  a,  o,  u 
zeugt  für  die  unbestimmte  Vocalfarbe.  ^)     Vgl.  §  81. 

Die  Entartung  des  vocalischen  Lebens  der  Affixe  hängt 
mit  der  Yeränderung  ihrer  Tonstärke  zusammen.  Seitdem 
die  uralte  Betonung  der  Endungen  der  germanischen  Betonung 
der  Stammsilben  hatte  weichen  müssen,  war  ihre  Schwächung 
und  Abschleifung  vorbereitet. 

Der  Hochton  der  deutschen  Worte  liegt  auf  der  Stamm- 
silbe, der  Nebenton  der  Affixe  richtet  sich  nach  der  Quantität 
des  Stammes :  nach  langer  Stammsilbe  fällt  er  auf  die  nächst- 
folgende, nach  kurzer  auf  die  zweitfolgende  Silbe  dreisilbiger 
Worte:  sälbete,  tsenes  —  lobete,  kunege.  Sind  schwerere 
SufQxe  vorhanden,  so  hat  die  bedeutendste  Silbe  derselben 
den  Nebenton:  silhertn,  goünne,  valandlnne,  mänünge, 
ördenünge,  sce'legeste. 

Bei  Zusammensetzungen  liegt  der  Uochtpn  auf  dem  ersten 
Wort,  der  Nebenton  auf  der  Stammsilbe  des  zweiten:  märe- 
grave,  ängestltche.  Ausnamen  gestatten  sich  die  Dichter 
zuweilen   in   allen   Theilen    des  Verses,   z.  B.   Reimar  waz 


^)  Otfried  schrieb  y  für  diesen  unbestimmten  Vocal,  der  schon 
im  IX.  Jh.  verbreitet  genug  war :  interdum  vero  nee  a  nee  e  nee  i  nee  u 
voedUum  aonos  praecavere  potui,  ibi  greeum  y  mihi  videbatur  aseribi. 
Ad  Liuthertum  65  (Kelle). 


19 
guoter  hunst  an  dir  verdirhet  Walth.  82,  29.     herzöge  üz  %  n. 

A  

Osterrich  Liupolt  nu  sprich  Walth.  32,  5.  des  sichert  ir 
Büedgeres  hant  Nib.  1198,  4.  die  wUe  was  Hartmüoten 
Gudr.  598,  4.  ratgebmne :  kü'neginne  MSH.  2,  178\  höf- 
nager.her  Renner  5690.    Mrchtüber :  her  7020. 

Diese  Ansnamen  von  der  echten  Betonung  (schwebende, 
versezte  Betonung)  begegnen  bei  einfachen  wie  bei  suffigirten 
Worten  zb.  singet  ir  einZy  er  singet  driu  Walth.  18,  9  AC. 
wcer  ünsümic  Walth.  85,  24.    einen  ünsceligen  Itp  118,  15. 

Zusammensetzungen  der  Verba  und  Nomina  mit  Partikeln 
werden  anders  behandelt.  Hier  gilt  die  Eegel,  dass  die  echten 
Präfixe  (he,  ge,  er,  ent,  ver,  zer),  ebenso  die  unlösbaren  Prä- 
positionen (und  Adjectiva:  vol,  misse)  vor  Verben  tonlos  sind, 
^e  Präpositionen  vor,  mir  und  die  lösbar  gesezten  Präpositionen 
den  Hochton  erhalten :  z.  B.  bevelhen,  erlouben,  gebieten,  ent- 
lazen,  vergeben,  zergan,  übersehefi,  widersägev,  volbringen, 
missebieten  —  vörgän,  vergeben,  dürchgän,  hinderlegen, 
ü'berschallen,  widerbringen.  Bei  Nominibus  mit  den  Präfixen 
be,  ge,  ver  liegt  der  Hochton  auf  dem  Nominalstamm;  die 
übrigen  Präfixe  ziehen  dagegen  den  Hauptton  auf  sich  und 
das  Nomen  hat  nur  den  Nebenton.  Bas  wirkt  zugleich  auf 
die  Erhaltung  des  alten  Yocals  in  den  hochtonigen  Präfixen 
ant,  bi,  in,  ur.  Bas  Präfix  un  wird  schwankend  betont, 
ebenso  das  Adj.  al:  üngerne,  ungerne  —  älwtsre,  alwcere, 

§  18.  In  der  ahd.  Zeit,  als  die  Endungen  noch  fast  §  18. 
ausnamslos  volle  Vocale  trugen,  waren  auch  alle  Endsilben 
befähigt,  einen  Accent  (Tief-  oder  Nebenton)  zu  tragen:  thVnä, 
nuestä,  giuürtl,  ginüzzim.  Selbst  die  e  der  Endsilben  galten 
noch  als  tonfahig  und  damit  auch  als  geeignet  zum  Endreim, 
wenn  eine  hochtonige  lange  Silbe  oder  zwei  kurze  mit  Hoch- 
ton vorausgiengen ;  nur  ausnamsweise  folgt  tiefkoniges  e  auf 
hochtonige  einsilbige  Kürze,  vgl.  inne :  hunnie,  güater :  mtiater, 
firlorane  :  gibörane,  himüe  :  göte.  Diese  Ton-  und  Keim- 
fähigkeit des  e  in  den  Endungen  ist  in  der  volksthümlichen 
epischen  und  lyrischen  Poesie  des  XII.  Jh.  noch  nicht  er- 
loschen, daher  begegnen  Reime  wie  ZToten :  güoten,  Hdgene 
:  degene   in  den  Nib.,     mee're  :  wmre   MF.   26,   13.     sere : 


20 

§  18.  Berge re  26,  20.     slä'ßn  :  schaßn  27,  16.     wäides :  gold^ 
30,  27, 

Bei    dem    fortschreitenden    absterben    der   Wortspitzen 

■ 

schwindet  auch  diese  Tonfahigkeit ;  der  Ton  wird  ganz  auf 
die  Stammsilbe  gezogen  und  früher  tonfahige,  tieftonige  Silben 
werden  nun,  wenn  sie  irrationales  e  haben,  tonlos  oder  gar 
stumm. 

Tonlos  ist  das  e,  welches  auf  eine  hochtonige  lange 
Stammsilbe  oder  auf  eine  tieftonige  lange  Silbe  des  Suffixes  oder 
des  zweiten  Worttheils  folgt:  frauwe,  heüec,  gülctine,  eilende. 

Stumm  ist  das  e,  welches  auf  eine  kurze  hoch-  oder  tief- 
tonige Silbe  folgt:  leben,  vären,  nime,  gibe,  lotete,  michelen, 
edeleme.  Stummes  e  unterliegt  nach  Liquida  völliger  Ver- 
schweigung (Syncope,Apocope):  Jier,  nim,  varn,  micheln,  edelm. 

Im  Mitteldeutschen  hat  sich  die  Tonschwächung  der 
Afßxe  nicht  mit  gleicher  Stärke  wie  im  Obd.  entwickelt  Die 
md.  Dialecte  neigen  daher  weit  weniger  zur  Syn-  und  Apo- 
cope,  und  sprechen  Silben,  die  alem.  oder  bair.  tonlos  oder 
stumm  wurden,  mit  Nebenton. 

Der  Tiefton  bleibt  auf  schweren  Ableitungssilben,  schwer 
durch  Vocal  oder  durch  Position:  also  auf  den  Suffixen  cere, 
in,  inne,  ine  linc,  unc  unge,  nisse;  auf  ic  nach  langer  Stamm- 
silbe, so  dass  selbst  Reime  mit  flect.  -igen  (sae'ligen  :  gedigen, 
dürftigen : gesigen)  vorkommen;  ferner  auf  dem  Suffix  des 
Part.  Prs.  (daher  sich  auch  a  und  u  in  dieser  Form  erhalten 
konte);  auf  dem  suffixartig  gebrauchten  -sam;  zuweilen  auch 
auf  der  Superlativbildung  -est. 

Das  von  Lachmann  aufgestellte  Tieftongesetz  (Kleinere  Schriften 
388.  ff.)  ward  von  Sievers  in  Paul  und  Braunes  Beiträgen  IV,  528.  ff. 
bestritten. 

§  19.  §  19.     Aus    völliger  Tonentziehung    erklären    sich    die 

Anlehnungen  einsilbiger  kurzer  Wortformen  an  voraua- 
gehnde  Worte,  mit  denen  sie  logisch  eng  verbunden  sind; 
ebenso  die  Vorlehnungen  der  Artikelformen  namentlich 
an  das  Substantiv.  Der  tonlos  gewordene  Vocal  des  an-  oder 
vorgelehnten  Wörtchens  kann  ganz  schwinden,  und  dabei 
consonantischer  Ausfall  eintreten. 


21 

■ 

I.  Pronominal  formen:   Anlehnung  (Enclise)    a)   an  §  19. 
Yocalischen  Auslaut :  mohter^  seitez,  hetem,  dructen,  füerstun 

—  swenfieTf  wanden  —  dun  (:  sun  Engelh.  1670),  doZy  dar, 
soZy  wiez,  tuojsf,  sies;  b)  an  consonantiBchen  Auslaut:  hater, 
vander,  dranger,  hastes  (:  gastes  Iw.  B.  2668),  lohez,  taten, 
mitter  (mit  dir),  sinter  {sint  dir),  siter  {sit  ir)  —  ichz,  wirz, 
dirz,  erz,  manz,  solz,  wurbenz,  bins,  mirs,  möhiens,  muostens. 
Zuweilen  erfolgt  durch  Abfall  des  Consonanten  des  Stütz- 
wortes Verschmelzung :  ime  =  ich  ime,  in  =  ich  in,  Synizese : 
deich  =  daz  ich,  deir  •=  daz  er,  deiz  =  daz  ez,  weiz  = 
waz  ez, 

II.  Artikel:  1.  Anlehnung:  mittem  mitme  mitten, 
abeme,  anme  amme  ani'e,  anez  anz,  bime,  durhz,  hinderm 
hindren  hinders,  inme  imme  inz,  geins,  nächme,  ßfen  üfem 
üfez  üfz,  urnben,  undem  underr  underz,  üzem  üzen,  vonme 
vorne,  vorme,  vorz,  zer  zen,  zuome  zum.  —  michm,  im,  erz, 
manz,  ichz.  —  2.  Vorlehnung,  a)  die  vocalisch  auslautende 
geschwächte  Artikelform  verschmilzt  mit  dem  vocalischen 
Anlaut  des  Nomen:  derde,  dors,  dougen,  danderiu,  dosten; 
b)  die  consonantisch  auslautende  Artikelform  schwindet  bis  auf 
den  Auslaut  und  verschmilzt  sich  mit  dem  folgenden  Nomen: 
säbents,  sandern,  smorgens,  swirtes,  sJcüneges. 

III.  ist  lehnt  sich  an  vocalischen  oder  r- Auslaut  und 
verschmilzt:  sist,  erst,  mir  st,  nust,  sost.  Es  verschmilzt  mit 
Torausgehndem  daz  oder  ez  (Synizesis) :  dest,  deist,  est,  vgl. 
R.  Becker  der  altheimische  Minnesang.    S.  217.  f. 

IV.  Partikeln: -ec  in  Vorlehnung  vor  Consonant :  zwäre, 
jssamen  (Haupt  zu  Erec  812),  vor  Vocal:  zaller,  zAthßne, 
zeiner,  zirste,  zetelichen,  zerwerben,  zim  zin  zir,  zem  zen 
zer  {ze  dem  den  der).    Anlehnung:  daz,  hinz,  unz. 

Die  Worte  da  wä  swä  ja  do  so  du  nü  bt  hie  wie  swie 
werden  mit  angelehnten  einsilbigen  tonlosen  Pronominalformen, 
mit  Präfix  er  und  der  Negation  en  (ne)  nach  eigener  Schwä- 
chung zusammengezogen,  §  16.  -r-  Bei  so  ist  die  ausnams- 
weise  Zusammenziehung  seif  =  sd  helf  Lanz.  W.  4292.  Trist. 
M.  16034  zu  erwähnen. 


22 

§  19.  Die  Negation  ne  lehnt  sich  mhd.  nur  selten  vor:  nist, 

und  unter  Tilgung  des  anlautenden  Gonsonanten  neizwer, 
Anlehnung  geschieht  häufig  zh.  don,  sin,  em  mim,  e^n, 
ichn  ine  in. 

Vgl.  Grimm  Gr.  I»,  371.  IV,  368.  Mhd.  Wb.  I,  313.  435.  Wein- 
hold BGr.  §  16.  AGr.  §  19.  Lachmann  z.  Iw.  2112.  1208.  1223. 
Haupt  z.  Engelh.  38.  Sommer  z.  Flore  146.  Wilmanns  Walther  S.  54.  f. 
Bartsch  Strickers  Kari  S.  LXXXI.  ff. 


II.   Die  einzelnen  Vooale. 

J.  Grimm  Deutsche  Grammatik  I',  125 — 211. 
K.  Weinhold  Alemamiische  Grammatik  13 — 109  und  Bairische 

Grammatik  15 — 122. 

1.   Kurze  Vocale. 

§20.  §  20.     Der  Umfang  des  a   in  den  Stammsilben,   soweit 

er  in  die  historische  germanische  Zeit  nach  Abspaltung  der 
e  und  0  gekommen  war,  ist  oberdeutsch  während  der 
mhd.  Periode  noch  bedeutend.  Beschränkt  ward  er  seit  dem 
8.  Jahrhundert  durch  den  Umlaut  in  e,  besonders  bei  ein- 
facher Stammconsonanz.  Zwiefacher  Consonant,  namentlich 
doppelter  Nasal,  ferner  l  und  r  -f"  ^w^a,  M  und  andere 
Gutturalverbindung,  ebenso  tjz,  schüzten  das  a  der  Stammsilbe 
oft  vor  der  Einwirkung  des  i  der  Endung.  Zur  Regel  ward 
e  in  kurzen  Stämmen  auf  einfache  Liquida,  zb.  in  her,  her^ 
mer,  wer;  in  den  flectirten  Casus  der  Subst.  der  I- Klasse: 
G.  D.  Sg.  stete,  megede,  verte,  hrefte,  -schefte;  in  den  Plur, 
j^en,  weide,  beige,  stehe,  siege,  heche,  schefte,  geste;  hende, 
gense,  hrefte,  nehte;  in  der  1.  schw.  Verbalclasse  §  379.  f.  ^ 
in  den  Präsensformen  einiger  Verba  des  Ablauts  a :  6  (§  347) 
d.  i.  swern,  sehen,  hehen,  heven,  schepfen ;  ferner  im  Zw.  em 
(Pt.  ier  §  353). 

Die  Adjectiva  in  ja  (§  499)  zeigen  regelmässig  den  Um- 
laut des  a  der  Wurzelsilbe,  zb.  genende,  enge,  genge,  senfte. 


^)  Ich  behandle  anter  jedem  Yocal  zuerst  die  oberdeutschen,  dann 
die  mitteldeutschen  Erscheinungsformen  desselben. 


23 

herte,  veste  (das  Adv.,  in  dem  das  Affix  unmittelbar  an  den  §  20. 
Wurzelauslaut  tritt,  hat  reines  a,  also  ange,  sanfte,  harte, 
vaste  u.  s.  w.).  Ebenso  ist  der  Umlaut  in  den  Substantiven 
in  ja,  ja,  jan,  jän  durchgeführt,  zb.  bette,  gehrehte,  eilende, 
ende,  erbe,  vletze,  gelende,  netze,  weppe,  wette.  —  esche, 
hecke,  helle,  rede,  swelle.  —  erbe,  verje,  Jcempfe,  recke,  ge- 
selle, manslecke.  —  gelle,  henne,  hehse.  Desgleichen  haben 
die  aus  Adjectiven  gebildeten  schw.  Fem.  auf  altes  t,  in 
(§  458)  den  Umlaut,  zb.  elte,  enge,  erge,  blenke,  krenke, 
menge,  senfte,  herte,  Sterke, 

Von  den  Suffixen  mit  i  wirken  die  meisten  auf  a  um- 
lautend, mag  nun  i  ein  ursprüngliches  oder  jüngeres  sein; 
80  idä,  zb.  ermede,  begrebde,  gewehsede,  wermede  —  idja: 
hemde,  gemechede,  gejegede  gesetzede  getregede  —  ida  (adj.) 
fremde.  —  Ferner  ila :  zb.  enkel,  hefel,  gengel  —  ilä :  nestel 
—  ilja:  bendel  —  adj.  ilja:  edel,  frevel,  —  ina:  zb.  erin, 
lenzin  —  injä:  gestinne,  weschinne  —  adj.  ina:  bergin, 
glesin,  hebrin,  herwin,  stehelin  —  lina:  heselin,  krenzelin, 
vezzelin,  wengelin  —  iga  (adj.):  zb.  bennic,  ertec,  vellic, 
hezzec,  kreftic,  genendie,  pfentic,  schdlic,  betrehtic  —  inga: 
zb.  bertinc,  helsinc,  kerlinc  —  linga:  getelinc,  helblinc. 

In  den  Compositis  mit  liehe  erscheint  ebenfalls  der  Um- 
laut, zb.  gemelich,  genzlich,  getelich,  hezUch,  gemecJdich, 
tegelich. 

Der  Umlaut  e  ist  in  diesen  Fällen  der  Schriftsprache  des 
13.  Jh.  gemäss;  es  fehlt  aber  nicht  an  zalreichen  Belegen 
aus  Hss.  und  Urkunden,  dass  sich  reines  a  in  denselben 
Worten  in  der  Volks-  und  Umgangssprache  behauptete.  Un- 
umgelautetes  a  findet  sich  selbst  im  Keim  bei  den  Alemannen 
Ulrich  von  Zazikhofen,  Freidank,  dem  Dichter  der  guten  Frau, 
Xonrad  von  Würzburg,  Ulrich  von  Türheim,  Heinzelin  von 
Constanz,  Boner,  —  bei  den  Baiem  Wolfram  von  Eschenbach, 
dem  Servatiusdichter,  Neithart  von  Beuenthal,  Alber  von 
Kegensburg,  Heinrich  vom  Türlein,  Wernher  dem  Gärtner, 
Otacker:  AGr.  §  10.  79.  112.    BGr.  §  5. 

§  21.     Schon  §  9   ward  darauf  hingewiesen,   dass  sich  §  21. 
der  Umlaut   durch  die  Macht  der  Analogie  ausgebreitet  hat. 


24 

§  21.  im  ganzen  freilich  nait  richtigem  Gefühl  für  den  geschieht- 
liehen  Standort  des  i.  Dabei  überrascht  nicht,  dass  tiefes 
ü  (iu)  dem  i  gleich  wirkte,  und  im  13.  Jh.  umlaute  wie 
elliu,  endriu  sich  hervordrängen. 

Auf  Wirkung  der  Analogie  müssen  die  unechten  Umlaute 
gesezt  werden,  d.  h.  die  Trübungen  des  Wurzelvocals,  welche 
nicht  durch  i  des  Affixes  zu  erklären  sind.  Dieses  unechte 
Umlaut -e  erscheint  alemannisch  gern,  und  ist  auch  bairisch 
nicht  unbeliebt :  die  Liquidae  und  Gutturale,  leztere  zu  Pala- 
talen gewandelt,  erstere  durch  Nebenklänge,  wirken  anscheinend 
darauf:  vgl.  gevellen,  hehelten,  velsch  —  denne,  wenne  — 
hart  (vorzüglich  in  Namen),  wärt,  vernde,  merder  —  segen^ 
hlegen,  lecken,  vervechen  (vervahen)  —  gewaschen  (ptc.) 
AGr.  §  12.  15.    BGr.  §  12. 

In  umgelauteten  Comparativadverbien,    wie  in  dem   seit 
Ende  des  13.  Jh.   nicht  unhäiifigen  lenger,   wirkt  die  Sucht 
nach  Ausgleichung  mit  dem  Adjectiv. 
§  22.  §  22.     Schriftliche  Zeichen    für  den  Umlaut  des  a  sind 

Cy  O/j  CB,  o,  ^,  e» 

Ferner  kommt  ei  in  alemannischen  und  bairischen  Hand- 
schriften des  13.  14.  Jh.  für  diesen  Umlaut  vor,  z.  B.  ztveilf, 
eiltist,  keimphe,  einde,  kreiftig,  reiden,  veiste,  leigen,  meigde, 
AGr.  §  58.  131.  BGr.  §  80.  Vgl.  auch  unten  §  89.  Im 
Md.  ist  solches  ei  bei  weitem  mehr  entwickelt,  §  29. 

Für  e  findet  sich  seit  dem  13.  Jh.  in  manchen  Worten 
in  Folge  der  Neigung,  den  Vocal  zu  senken,  die  Schreibung  ö 
ein,  vgl.  worthörte  Nib.  C.  7127.  swölf,  schöffel  Schreiber  Urk. 
I,  185.  frömede.  hömede  Mart.  102,  82.  mönsche  Geschichtfr. 
8,  259.  höften  Schreiber  1,  185.  Dieses  ö  sezte  sich  in  der 
nhd.  Orthographie  in  einer  Anzahl  von  Worten  fest.  —  AGr. 
§  28.  117.  BGr.  §  26.  —  Statt  dieses  ö  kommt  auch  o  hand- 
schriftlich vor. 

Aus  dem  Streben,  e  einen  höheren  Klang  zu  geben,  ent- 
stund ein  dem  %  sich  nähernder  Laut,  den  die  Schreiber 
gradezu  mit  i  ausdrückten.  Dieses  i  für  e  ist  md.  stärker 
entwickelt,  §  29.  Doch  findet  es  sich  auch  oberdeutsch,  be- 
sonders bairisch.    Heinrich  vom  Türlein  und  Otacker  brauchten 


25 

stüiren,  bidirbej  wirme  selbst  im  Reim ;  sonst  lassen  sich  noch  §  22. 
schiften,   nigeln    {genigelt  Heinrich  v.  Neustadt   GZ.  3035) 
belegen:  BGr.  §  18.    AGr.  §  21. 

§  23.  Während  in  dem  Umlaut  eine  Bewegung  des  a  §  23. 
der  Stammsilben  nach  i  hin  geschieht^  vollzog  sich  mit  weit 
geringerer  Ausdehnung  eine  Veränderung  nach  u  hin  unter 
dem  Einfluss  einer  Liquida :  a  gieng  in  der  Regel  zu  o  über 
in  sol,  holn,  von,  getoon,  wonen,  dort.  Indessen  dauert  das 
alte  a  auch  ungetrübt  in  van,  gewan  und  wanen  fort.  Reime 
bezeugen  namentlich  van  för  die  Alemannen  Gotfried  von 
Strassburg,  Ulrich  von  Zazikhoven,  Walther  von  Rheinau  und 
die  Oesterreicher,  Steirer  und  Kärtner  Heinrich  vom  Türlein, 
Gundacker  von  Judenburg,  Otacker,  die  Dichter  der  Helbling- 
büchlein,    den  Teichner  und  Lutwin.    AGr.  §  11.    BGr.  §  5. 

Mundartlich  gewann  jene  liquide  Trübung  des  stamm - 
haften  a  mehr  Umfang.  Man  findet  z.  B.  toi,  olde,  ainvolt, 
golt,  lichome,  vürnoms  (vürnamens),  on,  mon,  wonde,  won, 
auffort,  gort,  wort:  AGr.  §§  25.  83.  116.  BGr.  §  22.  Die 
beiden  Vocale  a  und  o,  ä  und  6  vermischen  sich  überhaupt 
im  oberdeutschen  Volksmunde  seit  dem  12.  Jh.  nachweislich. 
Vgl.  Jänicke  im  Deutschen  Heldenbuch  (Berlin  1866)  I, 
S.  XLVIII  f.  und  unsern  §  88. 

In  dem  Adjectivsuffix  -eht  (ahti)  ist  die  Nebenform  oht 
bis  in  das  15.  Jh.  nachzuweisen,  z.  B.  bartoht,  hoveroht, 
reideloht,  roeseloht,  runiseloht,  stücJcoht  AGr.  §  248.  BGr. 
§  206. 

Mit  vorausgehndem  w  konte  sich  a  und  e  zu  o  ver- 
schmelzen :  quam,  quat,  quarter,  queln  konten  zu  kom,  kot, 
korter,  koln  werden.     BGr.  §  23.    Vgl.  auch  §  60.  88. 

§  24.     Unter  gewissen  Bedingungen  ist  a  früh  schon  zu  §  24. 
ä  gedehnt  worden. 

Die  Partikeln  da,  wä,  sä  haben  in  Folge  des  Abstosses 
ihres  alten  Suffix  trd  ihr  a  verlängert.  In  ja  kehrt  bei 
Inclination  eines  andern  Wortes  die  alte  Kürze  wieder.  Die 
Länge  in  blä,  grä,  lä;  brä,  krä,  klä,  ebenso  in  räwe  (quies) 
ist  durch  einen  suffigirten  Consonanten  (w)  und  vorausgehnde 


26 

§  24.  Liquida  bedingt.^)  In  slä  (vestigium)  entstund  ä  durch  Zu- 
sammenziehung  aus  slage. 

Dehnung  trai  früh  vor  h  ein :  aÄe,  dähe,  ähte.  In  väkeriy 
hähen,  ebenso  in  den  Perf.  brähte,  dähte  wirkte  der  schwin- 
dende Nasal  auf  Ersatzdehnung,  für  anh  trat  äh  ein. 

Diese  Neigung,    a  zu  dehnen,   machte  in  der  mhd.  Zeit 

Fortschritte;  mit  der  zunehmenden  Tonlosigkeit  der  Endung 

ward  der  Ton  der  Stammsilbe  überhaupt  erhöht  und  kurzer 

Yocal  in  offener  hochtoniger  Stammsilbe  gedehnt     Daher  die 

zahlreichen  Bindungen  von  a  und  ä  in  klingenden  und  noch 

mehr  in  stumpfen  Reimen,  welche  bairische  Dichter  schon  in 

dem  Anfange   des   13.  Jh.^),    alemannische   seit  der   zweiten 

Hälfte   sich   unbedenklich   gestatten   und   die   auf  gedehnter 

Aussprache  des  hochtonigen  a  beruhen.    Am  häufigsten  werden 

an  :  an,  ar  :  är  gebunden,  dann  ach  :  ächy  at  :  ät,  ag  :  äg, 

az :  äz,  al :  dl,  af:  äf,  am :  am,  ade :  ade ;  nur  selten  os ;  äs 

und  ab  :  ab.     Im  14.  Jh.   ist   die  Dehnung   alem.   wie  bair. 

stark  entwickelt;   ja   manche   Dichter   haben    schon    in    den 

ersten   Jahrzehnten   des    13.  Jh.    den   Unterschied    zwischen 

hochbetonter  langer  und  kurzer   Silbe   im   klingenden  Eeim 

ausgeglichen,    vgl.   §    15.      Nachweise    geben    BG-r.    §   36. 

AGr.  §  33. 

Über  klingende  Cäsuren  mit  kurzer  gehobener  Sübe  in  den  Nibe- 
lungen, der  Gudrun  und  andern  Epen  in  Abarten  der  Nibelungenstrophe 
vgl.  Lachmann  zu  Nibel.  118,  2.  2050,  4.  Müllenhoff  Kudrun  S.  115. 
Martin  D.  Heldenbuch  11.  S.  XXXH  und  Eudrun  S.  XI. 

Der  Dehnung  unterliegt  nicht  selten  a  in  fremden  Worten, 
so  in  bähest,  tävel,  femer  in  den  Endsilben  fremder  Namen, 
obgleich  keine  Regelmässigkeit  waltet,  vgl.  Grimm  Gr.  I*,  171. 

Zuweilen  folgt  ä  aus  der  Zusammenziehung  des  a 
der  Stammsilbe  mit  der  syncopirten  AfQxsilbe  unter  Schwund 
des  Stammauslauts;  so  entstehn 

^)  J.  Schmidt,  Yocalismus  II,  454. 

'')  Auf  bairischer  Einwirkung  werden  die  Eeime  bei  Eeinmar  und 
Walther  beruhen,  vgl.  bei  Reinmar  Idn  :  an  MF.  189,  10.  här  :  gar 
160,  39.  Walther  v.  d.  Vogelweide  ganjär  124,  23.  getar:wär  62,  34. 
Die  ungenauen  Eeime  bei  Hartmann  v.  Aue  (Lachmann  z.  Iw.  5522) 
unterliegen  starken  Bedenken.  —  Heinrich  von  dem  Türlein  bindet  nach 
Eeissenbergers  Zählung  über  300  mal  in  der  Krone  a  :  d ;  aus  dem 
Fragment  des  Mantels  ergeben  sich  13  a :  d. 


27 

aus  ahe:  mal,  twäl,  slän^  twän  §  24. 

aus  age :  slä,  tä-lanc  (selbst  tan  =  tagen\  zäl 

aus  abe:  hän  hos  hat  hänt  häte 

aus  ade:  Häwart  In  bat  bäte,  lat  late  gelat  ist  die 
Länge  des  a  mindestens  schwankend,  wenn  nicht  ganz  zweifel- 
haft. —  AGr.  §  33.    BGr.  §  37. 

§  25.  Die  Silben  age  oder  ege  werden  auch,  wenn  eine  §  25. 
Linguälis  die  zweite  Silbe  schliesst,  zu  ai  oder  ei  verschmolzen. 
Früh  ward  megist-  zu  meist,  magis-  zu  mais,  hd.  mer. 
Mhd.  sind  häufig  maget,  jaget  jagete  gejaget,  verekiget,  klagete 
geklaget,  saget  sagete  gesaget,  tagedinc  zu  meit,  jeit  jeite 
gejeit,  verdeit,  hielte  gekielt,  seit  Seite  geseit,  teidinc  geworden. 
Auch  fraget^  gefräget  wird  von  Baiern  und  Oesterreichern  zu 
freit,  gefreit  verschmolzen,  BGr.  §  77.  Femer  wird  megin, 
regin,  gegene,  egede,  gejegede,  getregede,  egise,  legete  zu 
mein,  rein  (jReinfrit,  Reinhart),  geine,  eide,  gejeide,  getreide, 
eise,  leite.  —  In  dem  bair.  österr.  Dialect  wird  age  ege  auch 
zu  ce  contrahirt :  zb.  tceding,  verdcet,  Mcenhart,  Icete,  BGr.  §  42. 

Die  Silbe  edet  wird  in  redet  redete  geredet  nicht  selten 
zu  reit  reite  gereit  zusammengezogen  und  von  Dichtern  werden 
diese  Formen  auch  im  Reim  verwant,  AGr.  §  56.  BGr.  §  77. 

Selten  kommen  beit  scheite  für  badet,  schadete  vor. 

•  

Auch  bei  Verschmelzung  zweier  einsilbiger  Worte,  deren 
erstes  a,  das  zweite  i  oder  e  enthält,  entstund  ei :  daz  ich, 
daz  iz,  daz  ist,  daz  er  konten  zu  deich,  deiz,  deist,  deir 
werden.     Für  deist,  deir  kommt  dest,  der  vor. 

§  26.  In  den  Affizsilben  ist  a  im  Mhd.  durchaus  zu  §  26. 
irrationalem  e  geworden,  mit  Ausname  der  substantivirten 
Participien  viant,  heilant,  välant,  wigant.  Im  Beim  wird 
viant  noch  in  den  österreichischen  Yolksepen  (Gudrun,  Biterolf^ 
Dietrichs  Flucht),  so  wie  bei  Stricker  und  Otacker  gebraucht. 
Sonst  ist  vient  häufig,  das  auch  zu  einsilbigem  vint  wird. 
Ferner  ist  a  erhalten  in  den  Suffixen  -ach  und  -sal,  ferner 
im  hochtonigen  Präfix  ant. 

In  tonloser  Stellung  wurden  die  einsilbigen  Worte  man, 
wan,  sam,  dar,  daz  nicht  selten  zu  men,  wen,  sem,  der,  dez. 
Neben  iem^n  nieman  sind  iemen  niemen  sehr  in  Brauch. 


28 

§  27.  §  27.     Im    Mitteldeutschen    bietet   a   im    Grunde 

dieselben  Erscheinungen  als  im  Oberdeutschen. 

Dem  Umlaut  widerstrebt  das  Md.,  daher  kommen  in 
den  Schriften  der  mhd.  Zeit  viele  a  gegen  gemeindeutsche  e 
vor.     Bipuarisch  und  thüringisch  sind  sie   seltener  als   nach 

8.  und  W.  hin. 

J^aUer  Hü.  I,  660.  drangen  m,  1579.  tagelich  I,  605.»)  —  hällere. 
äldim,  aMe,  versatzit  HU.  HI,  1012.  cmderwarhe  H,  587.  HI,  1163. 
Magenzen  H,  718.  —  äldern  HU.  I,  841.  kalte  (;  entwalte)  Mor.  v. 
Craon  1069.  gewande  Elis.  1233.  drangen  HU.  I,  978.  1136.  1266. 
jsartlich  Elis.  5317.  graber  Friedb.  Kr.  E.  1,  1.  frabü  Böhmer  356. 
frafel  HU.  I,  806.  shadelich  Böhmer  357.  vatere  (pl.)  Elis.  1057. 
magedin  625  (megedin  1036,  über  a  und  e  neben  einander  in  der  Elis. 
Eieger  28).  jagerie  3976.  —  handen  :  sande  Orend.  121.  :  dannen  2084. 
.-manne  2718.  gesarwe : garwe  3526.  manje : Mesopotanje  Alex.  1798. 
manige :  zisamene  2566.  zande:hande  494.  ^e^a^en :  ^estofen  4098. 
statelin  4043.  tenzaUiche  276.  gescafnisae  274.  ingagene :  tragene  162. 
inga^gen :  healagen  399.  magide  6345.  —  voalsch :  välsch  Herb.  47.  iS^an« 
(pl.) ;  a««  3257.  «antie  (f.) :  trane2«  8965.  —  oZdere  Leyser  Pr.  99,  18. 
aldiste  33.  gedrange  (n.)  103,  27.  i7eran(2ern :  wandern  Pass.  E.  42,  85. 
wizgehande  :  Tristande  H.  Trist.  3981.  gehra^e :  vaste  Pass.  E.  135,  12. 
—  handin :  dttinandin  Eilh.  Tristr.  307.  —  wart :  vart  Jerosch.  20627. 
zuzarren :  pfarren  20600.  krafte  Hieronym.  67,  1.  machtige  13,  2.  — 
alste  Lac.  IH,  60.   alderen  HI,  768.  629.   vravel  HI,  742.  Ennen  I,  218. 

Trotz  diesem  Widerstreben    hat  der  Umlaut  des  a  sich 

seit  dem  12.  Jh.  im  allgemeinen  auch  md.  festgesezt,  obschon 

er  keineswegs  zur  Durchführung  gelangte.     Belege   für  eine 

frühe  und  ziemlich  feste  Aufname  des  e  bieten  u.  a. : 

Frenkinvelt  HU.  1, 213.  —  semenüichen  Mone  Z.  7, 27.  Lempfridus 
HU.  n,  255.  Hertwicus  273.  MerUn  HL,  1042.  perrtch  I,  210.  Hede- 
toigia,  Methüdis  HU.  11,  114.  daz  geszeln  HI,  1424.  — welceda  wekkeda 
Friedb.  Er.  E.  2,  6.  engeslich  8.  wetthero  7.  misseheheda  F.  2,  10. 
erherwet  Amst.  Ml.  3,  6.  megedlich  1,  13.  gevellet.  semeliche,  eme, 
Mehtüt  HU.  I,  155.  weide,  gehenged,  hobstede,  eindregdelige  I,  515. 
phei-ner  I,  1139.  beldedich  Elis.  2365.  erteg  465.  berheftec  2180.  ^;?£re 
2686.  behegelich  Erlös.  1663.  —  verjen  Alex.  225.  creftich,  mehtih 
53.  f.  mehten  (d.  pl.  :6reÄfen)  61.  —  crcnde :  i^ferend«  Herb.  13868. 
gesteltenisse  18211.  in  Herrn,  v.  Fritsl.  oft.  —  bedreben  Herb.  8906. 
Pass.  E.  433,  55.   688,  32.  —  geweldich  Rother  3156.    beltliche  2258. 


^)  Die  Beispiele  sind  landschaftlich  von  S.  nach  N.  geordnet: 
südliches  Eheinfranken,  Mainz,  Wetterau  u.  Lahngau,  Moselland,  Hessen, 
Thüringen,  Ostdeutschland,  Bipnarien. 


29 

manichveltUch  Marienl.  50,  35.  umbermlielie  25,  33.  engestliche  31,  30.  §  27. 
menliche  25,  15.    Merien  29,  32.    hezlich  34,  30.     heschedwet  9,  10. 
dreget  9,  13.   siege  23,  4.    Vgl.  auch  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  184. 

Eine  modale  Bedeutung  erhält  der  Umlaut  in  dem  Per- 
fect  der  langstämmigen  Zeitworte  der  1.  schw.  Conj.  In  den 
verkürzten  (zweisilbigen)  Formen  der  Zw.  mit  a  in  der 
Wurzel  hat  der  Indicativ  reines  a,  der  Conjunctiv  den  Um- 
laut e.  Es  zeigt  sich  dies  vorzüglich  bei  stellen  brennen 
kennen  nennen  rennen  enden  sehenden  senden  wenden  setzen ; 
hierzu  also  die  Indic.  stalte  brante  Jcante  nante  rante  ante 
schante  sante  wante  sazte,  die  Conj.  stelte  brente  Tcente  nente 
rente  ente  scheute  sente  wente  sejste.  Seit  Ende  des  12.  Jh. 
gilt  diese  Regel  (F.  Bech  in  Pfeiffers  Germ.  XV,  129—157). 
Die  Erscheinung  greift  dann  weiter:  zu  den  Indic.  wachte 
machte  bedrachte  swachte  werden  die  Conj.  wechte  machte 
bedrechte  swechte  gebildet,  welches  regelmässige  Formen  im 
13—15.  Jh.  sind.     Vgl.  §  384. 

§  28.  Auch  im  Md.  wirkt  die  Analogie  auf  Ausbreitung  §  28. 
des  Umlauts  über  seine  eigentlichen  Grenzen,  d.  h.  auf  eine 
Trübung  des  a  in  Worten,  die  eine  gewisse  AehnUchkeit 
mit  umlautenden  haben.  So  entstunden  die  Nebenformen 
dennCf  wenne,  wene  wen  zu  danne,  wanne,  wan ;  so  die  Inf. 
Segen,  clegen,  verlengen  {poscere),  resten;  segen  namentlich 
ist  eine  md.  stark  beliebte  Form.  Auffallend  sind  die  Ptc. 
geweschen  (Böhmer  637)  und  gesdzen  (Schröer  Vocab.  1329). 
Die  Endung  -er,  ere  der  Nomina  agentis  gilt  im  allgemeinen 
als  Umlaut  wirkend,  daher  md.  Formen  wie  welUre  grRud. 
24,  1.  meiere  Pass.  H.  112, 37.  hellere  HU.  I,  833.  Franken- 
deZer  ni,  1067.  Richenbecher  1, 11,  Vlbechere  1,211.  pherrer 
HU.  I,  934.  Mülh.  R.  54.  56.  pherner  HU.  1, 1139.  merterere 
Kathar.  sp.  170.  merterer  Höfer  11,  172.  mecher  Brev.  51. 
boitzenmecher  Sei.  Tr.  58'.  grabenmecher  HU.  II,  857.  duck- 
mecher  Frankf.  Urk.  v.  1301.    Brumgezzere  HU.  II,  864. 

Das  führt  weiter  zu  unechten  Umlauten  wie  Welther 
{Welter US  Lac.  I,  323.  II,  261.  Weltirsperch  HU.  I,  93.) 
Beider  {Beldersheim  HU.  I,  116.)  und  elter  (altare)  Marienl. 
12,  28.  Höfer  6.  u.  o.   pselter  Sei  Tr.  19^     Selbst  das  ripuar. 


30 

$  28.  ever  (aber)  scheint  unter  solchem  Einfluss  umgelautet.  Als 
eine  Art  Assimilation  kann  e  für  a  erscheinen  in  den  md. 
Namen  Elhreht  Elhrdht,  Elger,  Elheid,  selbst  in  Emelger 
(Eother  2939).  Md.  beliebt  sind  ferner  Swenhild  (Suenehilt 
851  c.  Laur.  I,  612.  Sweneburga  772.  II,  518)  HU.  I,  402, 
Ennen  II,  21.  Swenolt  =  Swanhilt  Lac.  III,  949).  Eben- 
falls ist  md.  verbreitet  erheit  Arbeit  (im  Renner  verschieden 
•  betont  erbeit  6639.   erbeit  6609),  erbeiten,  ermüten,  endech- 

teclich  Elis.  9461.   entwerten. 

Beispiele  aus  dem  Frankfurter  Stadtdialect  älterer  Zeit  sammelte 
E.  Wülcker  in  Paul-Braunes  Beiträgen  IV,  16.  f. 

§29.  §  29.     Für  den  Umlaut  e   findet  sich  md.  seltener  als 

im  Oberdeutschen  (§  22)  im  14.  Jh.  und  fif.  ö  geschrieben,  so  in 

dem  Hieronymns  des  Johann  von  Olmütz  schömet,  schSpfere, 

vortröget,  Hieronymns  herausg.  von  Benedict  XLIII.  Zuweilen 

finden  wir  auch  md.  o  für  dieses  ö  geschrieben,  z.  B.  zwölfte 

Cd.  Sax.  II.  6,  69.  Muskatbl.  8,  347.     Ferner  finden  sich  für 

den  Umlaut  die  Schriftzeichen  i,  ei  und  ie»     Sie  werden  sich 

daraus  erklären,  dass  e  (wie  dies  auch  bei  dem  andern  e  [e\ 

geschah,  §  46)   einen  zwischen  e  und  i  schwebenden  Klang 

annam,    der  von  den  Schreibern   verschieden  wiedergegeben 

ward.    Über  dieselben  Zeichen  für  den  Umlaut  von  a  §  95. 

Dieses  i  zeigt   sich  namentlich   vor  Liquidis,    besonders 

vor  nn  oder  n  +  Muta. 

Hirman,  Hirburt  HU.  I,  586.  692.  irbe  684.  —  windüstein  Mrh. 
TJk.  2,  386.  irbe  Höfer  H,  101.  Hü.  HI,  1395.  hirstrasze  HI,  S.  209. 
gemyrke  HI,  1125.  —  rinneweg  Hü.  I,  1046.  gedinknisse  Höfer  H,  131. 
jsintegrebe  Hü.  I,  772.  eyntener  Böhmer  638.  vinster  Amst.  Ml.  2,  8. 
Elisab.  3163.  ;  dimter  Erlös.  460.  hirburge  Hü.  I,  1116.  irbe  816.  877. 
schime  Böhmer  343.  mirkecmrke  Elis.  7464.  gemirke  Eberbach  881. 
gewigen :  gesigen  Elis.  8378.  —  gemirken :  birken  Alex.  2795.  geniinget 
7045.  verbrinnen :  innen  Orend.  (Dr.)  1569.  1869..  frymde  Spiegelb. 
271, 12.  —  grimet :  zimet  Herb.  8266.  verbrinnen :  hinnen  8405.  blinden : 
schinden  7246.  bidirve  Ath.  D.  49.  wirken :  mirken  Herb.  62.  1810. 
heiigen :  gesigen  4126.  —  brvnnen,  Irinnen,  sinken  für  brennen,  trennen, 
senken  bei  Frauenlob,  Bech  in  German.  XXVI,  263.  f  Belege  aus 
dem  altschlesischen  bei  Bückert^  S.  34  und  Khull  Sprache  des  Joh. 
V.  Frankenst.  S.  11.  vorginclich  Leyser  Fred.  51,  25.  gedirme  Jerosch. 
9103.  vurstirbet :  gestirbet  Haupt  XI,  496.  —  himede  Eoth.  1841. 
minige  3979.  4334.    irkinnin :  inne  3911.    sinnen  :bekinnen  527.    ride 


31 

1170.  2240.  ridede  1957.  migit  2385.  intgigin  3095.  ligeten  2645.  §  29. 
^A;enne:inn«£neit  3389.  :mmn6  6129.  minne8:bekenne8  9764:,  erkennen 
:  hinnen  2571.  kinde :  eilende  Serv.  2928.  ende  :  winde  En.  33.  linde : 
ende  :  vinde  :  überwinde  MF.  64,  27.  vinden  :  scenden  Serv.  2860. 
:  senden  En.  5867.  dingen  :  enge  6430.  dinge :  lenge  8725.  dwingen  : 
gehengen  Serv.  11,  188.  drinken :  denken  En.  11001.  :  erdenken  895. 
13149.  stinken :  bedenken  9489.  kent :  mint  Serv.  809.  verwirken :  merken 
En.  11729.    merken :  wirken  Wemh.  63,  l9. 

Seltener  ist  ie;  es  scheint  auf  das  ripuarische  Gebiet 
beschränkt.  Ich  fähre  an  als  Belege  niemen  (nominare),  stiede 
Lac.  II,  517.  stiedegen  III,  22.  236.  Melde  k.  Sachsp.  III, 
39,  1.     hiegel  Sei.  Tr.  226*.     hegriefnisse  Cron.  164\ 

ei  für  e,  den  Umlaut  des  a,  ist  md.  früh  vorhanden 
und  über  alle  Landschaften  verbreitet,  wenn  es  auch  in 
Ripuarien   am  häufigsten  vorkommt.     Dem  Obd.    ist  es  nicht 

fremd,  hat  sich  aber  in  ihm  wenig  entwickelt,  §  22. 

der  eüter  Hü.  I,  666.  eidel  I,  578.  meigde  Salmansw.  hs.  199,  2. 
—  an  der  heildun  Mrh.  Uk.  n,  376.  heilbeling.  meinlich  Anzeig.  5,  300. 
obenweindich  Mrh.  Uk.  n,  383.  seinger.  einkil  HU.  IH,  S.  317.  Anm. 
Meihtüdis  H,  259.  eindreichtichlichen  Höfer  II,  107.  —  zweüfte  Böhmer 
658.  einde  HU.  1, 425.  eyrbe.  Meyrtin.  geweyrt  Eberbach  767.  Heibde 
HU.  I,  886.  hovesteide,  sceidelich.  gereidit  446.  seitzen,  seitzephand 
I,  1153.  beiste  Elis.  6474.  ze  leist  9434.  Riteysd  HU.  I,  n.  886. 
deyggen  (decanus)  Höfer  H,  109.  eyndreychteclich,  seys  (sehs)  Eber- 
bach 767.  —  zweüf  Höfer  II,  73.  Eimbricho  (1041)  Mrh.  Uk.  I,  369. 
Heiremdn  (a.  1103)  Mrh.  Uk.  1, 467.  eirzebischof,  eichtzein  Höfer  H,  54. 
leisterliche  Alex.  420.  —  geylzen  (sues)  Kath.  168.  eynde  Sp.  v.  d. 
Jungfr.  182.  Einseberg  Köditz  26,  14.  geinzlich  Höfer  II,  41.  heingin 
n,  14.  Theinde  Mülh.  E.  49.  geisten  (d.  pl.)  37.  leigi  (legen)  32.  eyrbe 
Henneb.  Uk.  II,  50.  eydil  H,  184.  heybent  Höfer  H,  164.  geintzlich  193. 
beiste.  geinsit  Haupt  XV,  378.  seyzet  Henneb.  Uk.  I,  118.  geleigin 
n,  53.  keigen  Cd.  Sax.  IE.  6,  61.  keygenwertig  Cd.  Sax.  H.  6,  35.  — 
Belege  aus  altschles.  Schriften  bei  Ktickert*  S.  99  und  im  Hieronym. 
S.  XUn.  —  zueUf  Annol.  72.  Eilbe  332.  zeinde  194.  einti  326. 
leintin  770.  einste  602.  deinkin  769.  vreinkische  394.  sceirphe  601. 
beizzirimo  561.  seide  (satietas)  862.  einde.  eirve,  beitte,  heitte  Nrh. 
Brachst.  1,  15.  25.  26.  2,  1.  Überhaupt  im  12.  13.  Jh.  in  Bipuarien 
häufig  und  auch  im  14.  15.  Jh.  nichts  weniger  als  selten;  vgl.  die 
Kölner  Eidbücher  bei  Ennen  I,  1—76.  Lac.  IH,  47.  60.  120.  247.  318. 
422.   Wierstraat.  Cronica. 

Seltener  ist  ei  für  a,  es  scheint  an  folgendes  palatales 
g  oder  an  cht  gebunden.  Die  Belege  gehören  dem  14.  15,  Jh. 
an  und  fallen  meist  auf  Ripuarien: 


32 

§  29.  eygte  Lac.  ni,  80.    eycht  greyeht  in,  459.  peuMe  in,  529.  712. 

meichten  Cronica  17.  geseichtin  (gesagten)  gesaigt  Lac.  III,  60.  up-^ 
seichte  748. 

Aasserhalb  des  Kölnischen  and  Jülichschen  kann  ich  för 
ei  statt  a  nur  aus  einer  Frankfurter  Urkunde  meygt  Böhmer 
649  und  thüringisch  Meigede  (ßückert  Köditz  162)  beibringen. 

Anhangsweise  sei   des   seltenen  eü   für  e   gedacht,   das 
u.  a.   in   zweälfte   (1323,   Eberbach  797)  erscheint   und   auf 
Einfluss  niederländischer  Orthographie  kommt.    Man  vergleiche 
auch  eu  für  ö  §  64. 
§  30.  §  30.     Der   gemeindeutschen   Senkung   des  a   zu  o   in 

soly  wol,  holen,  von,  gewon  wonen,  ebenso  im  Ptc.  geswom 
ist  das  Md.  abgeneigt.  Es  bleiben  daher  in  der  Regel  soH 
s(üt,  wale  walf  halen,   vane  van,  gewan,  wanen,  geswarn. 

wcü  Hü.  I,  376.  —  ofhalen  HU.  HI,  1130.  van  Höfer  U,  52.  53. 
want  HU.  H,  719.  HI,  1043.  —  wale  Amst.  Ml.  4,  13.  7,  20.  10,  9. 
Böhmer  647.  zu  Miene  Böhmer  648.  wal.  van  Höfer  U,  131.  van 
Friedb.  Kr.  Amst.  Ml.  gewaneheyd  HU.  I,  749.  toän  :  van  Wartburgkr. 
159,  14.  —  wal :  heval  Egyd.  1246.  wale :  sale  Alex.  3008.  :  zale  1834. 
:tale  2492.  isvalen  4897.  al:wäl  AI.  2626.  wale,  sah  van.  wanen 
Höfer  2.  wal,  van  Muskbl.  —  wal:saJ  Herb.  1012.  van: man  17475. 
—  wal :  sal  Kathr.  162.  derhale  Nordh.  W.  A.  3.  van  Höfer  11,  175. 
gewanheit  Köditz  o.  geswaren  Höfer  H,  171.  —  Fletsch  Trebn.  Psalm. 
XLIX.  —  davan :  man  Livl.  Kr.  9950.  —  val :  sal  Wemh.  9, 28.  wale : 
zale  Wemh.  2,  20.  4,  32.  Jmik.  u.  Heinr.  326.  wal  :val  MF.  65,  13. 
wale  :  dale  Hagen  2261.  £mst  A.  lY,  26.  :  sale  Hagen  2280.  :  vale 
2498.  :  male  2947.  vgl.  auch  Bartsch  über  Karl  Mein.  218.  f.  wäU 
Marienl.  o.  Bother  1976.  Ernst.  A.  o.  übhpt.  ripuar.  Begel.  holen 
Cronica  144*^.  sal  ist  Begel.  vane  AnaoL  73.  494.  davan :  man  Hagen 
2251.  van  Marienl.  u.  überhaupt,  wanen :  vanen  Marienl.  36, 15.  ;  manen 
Wemh.  19,  13.  Karlm.  467, 52.  :  ermanen  Ml.  53,  22.  van,  wanagOch^ 
walgehorin,  geswarin  Höfer  H,  115.  Vgl.  auch  Busch  in  Zachers 
Zeitschr.  X,  177.  f. 

Im  übrigen  bricht  auch  in  den  md.  Dialecten  seit  dem 
14.  15.  Jh.  die  Neigung  hervor,  a  der  Stammsilben  vor  den 
Nasen-  und  Zitterlauten,  aber  auch  vor  den  lingualen  und 
gutturalen  Muten  zu  verdunkeln.  Im  Reim  tritt  dieses  o 
für  a,  oder  das  mit  o  auf  Grund  dumpfer  Trübung  gebundene 
a  nur  mittelfränkisch  meines  wissens  auf;  sonst  begegnet  es 
in  jüngeren  Schriften  überall,  wo  die  Schreiber  der  Mundart 
starken  Einfluss  gestatten.     Einige  Belege: 


33 

hon.  hot  Hü.  III,  1063.  won  Mainz.  Mariensequ.  67.  —  wond  §  30. 
Böhmer  520.  dorvon  HU.  I,  974.  hod.  pocht  I,  749.  andlogen  1144. 
Strebekotze  I,  118.  265.  Girloch  I,  1030.  Zahlreiche  Frankfurter  Be- 
lege gab  Wüleker  in  Paul -Braunes  Beitr.  IV,  18.  f.  —  irsome  Höfer 
n,  36.  —  moldir  Henneb.  Uk.  n,  180.  —  Olbreht  C.  d.  Sax.  II.  8, 51. 
gor  Sp.  V.  d.  Jungfr.  173.  bezole  Köditz  51,  12.  —  Altschlesische  Bei- 
spiele beiRückert*  39.  Ketsch  Trebn.  Ps.  XLVIH.  —  mon  Marienl.  o. 
swonne  Eoth.  3940.  gescholden :  behalden  Karlm.  344,  14.  golde :  walde 
378,  25.  manigfolden :  holden  mfr.  Legend.  437.  manigfolt :  golt  463. 
golt :  manichvcdt  Karlm.  377,  39.  Wolter  Ennen  III,  464.  zesomene 
Lac.  ni,  236.    crozite  Eother  1694. 

§  31.  Diese  Verdumpfung  des  a  kann  einen  ganz  §  31. 
dunkeln  Klang  erreichen^  so  dass  es  als  u  bezeichnet  wird. 
Der  Schlesier  Johann  von  Frankenstein  reimte  in  seinem 
Kreuziger  banden :  Urkunden  2013.  ;  sunden  2679.  :  stunden 
10345.  Grade  im  Schlesischen  ist  w  für  a  (echtes  und  ge- 
dehntes) entwickelt,  Dialectforsch.  57.  60. 

Aus  der  Verdunkelung  von  a  und  seinem  Umlaut  e  zu 

0  und  u  erklärt  sich    das  md.  (und  nd.)   verbreitete   nomen 

und  numen  {benumen,  benomen)  für  nemnen,  nennen;  durch 

Dehnung  sezte  sich  nümen  als  herschende  md.  Wortform  fest. 
nwme  :  blüme  Schoneb.  5098.  :  richtume  Altd.  Bl.  I.  323,  599. 
;  rume  Schoneb.  3950.  :  Stüme  Jerosch.  4790.  nümen :  Blumen  Hagen 
1247.  benumen  :blümen  md.  Schachb.  809,  30.  nümet :  geblümet  FiaMen" 
lob  10,  9  (nach  Bechs  Vermutung  in  German.  XXVI,  259).  verdamt 
(1.  verdümt) :  benümt  Joh.  v.  Frankenst.  9513.  —  Vgl.  §  90  und  Lexer 
Mhd.  Wb.  I,  182.  H,  121. 

Das  0  für  e,  welches  den  Übergang  zu  ü  in  nümen 
bildet,  erscheint  auch  in  fromede,  schopfer  unter  Einfluss  der 
Labialis  des  Stammauslauts.  In  zwölf,  gewolfe  Lorsch  Achen. 
Rqu.  208  wirkte  das  w  verdunkelnd. 

§  32.  Die  Dehnung  des  alten  a  macht  in  der  mhd.  §  32. 
Periode  auch  md.  starke  Fortschritte,  vgl.  §  24.  Vor  allem 
wirkten  die  Liquidae  auf  Verlängerung  der  Kürze,  die  Lin- 
guale und  Gutturale  störten  ebenfalls  die  Quantität.  Wol 
alle  md.  Dichter  gestatten  sich  unbedenklich  Heime  zwischen 
a  und  ä, 

Veldeke  reimte  alden  :  älden,  ame  :  äme,  ane  :  äne, 
ande  :  ände,    age  :  äge,    ach  :  ach,    aht  :  äht,    ahte  :  ähte; 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.   8.  Aufl.  3 


34 

§  32.  Herbort  von  Fritslar  ande :  ände,  ar :  är,  as :  äs,  ahte :  ähte^ 
der  Dichter  des  Fassional  an :  an,  die  :  äle,  ar :  är,  aht :  äht, 
Heinrich  von  Freiberg  al :  äl,  an  :  an,  ar :  är,  age :  äge,  aht 
:  äht,  Grotfried  Hagen  are  :  äre,  age  :  äge,  der  Dichter  der 
Elisabeth  am  :  am,  amen  :  amen;  der  Dichter  der  Erlösung 
gestattete  sich  zweisilbige  stampfe  Reime  wie  ame,  agen^ 
aget  als  klingende  (Bartsch  z.  Erlös.  2739),  Heinrich  von 
Krolwitz  amen  :  amen,  an  :  an,  ar  :  är,  at  :  ät,  az :  äz,  aht 
:  äht,  der  Meisner  braucht  u.  a.  varen  :  bewaren  als  klingende 
Reime  MSH.  3,  88^  Jeroschin  reimte  al :  äl,  am :  am,  amen 
:  amen,  an  :  an,  ar  :  är,  aren :  ären,  ahe :  äbe;  ade :  äde,  at :  äty 
age :  äge,  ach :  äch,  acht :  acht,  Hug  von  Trimberg  an  :  an, 
ar :  är,  at :  ät,  as :  äs,  ach :  äch,  acht :  acht,  der  Dichter  von 
Ludwigs  Kreuzfahrt  an :  an,  ar :  är,  ahe :  äbe,  ap  :  äp,  at :  ät, 
az :  ä'js,  ac  :  äc,  ach  :  äch,  aht :  äht  Vor  n,  ch,  t,  r  wird  die 
Kürze  des  a  am  häufigsten  gestört.  Bei  dem  Reime  aht :  äht 
kann  es  fraglich  sein,  ob  nicht  die  Länge  des  ä  vor  ht  auf- 
gehoben werde.  Wahrscheinlich  ward  brahte,  dahte  kurz 
gesprochen. 

Umgelautetes  a  (e)  unterliegt  auch  der  Dehnung,  und 
nicht  weniger  als  e,  §  49.  Beide  gedehnte  e  werden  von 
md.  Dichtern  gewöhnlich  mit  e  (=  ce)  im  Reime  gebunden. 
Die  Liquidae  geföhrden  die  Kürze  am  meisten. 

z.  B.  velin:wdm  Schachb.  239,  22.  veln:weln  191,  1.  :zdn 
340,  31.  wene :  sene  Ludw.  Kr.  7632.  her  :  Mr  Jerosch.  8343.  ;  mir 
Krolw.  1741.  Ludw.  Kr.  3199.  livl.  Kr.  5092.  mer :  mer  Ernst  D.  1980. 
Secund.  368.  mer :  her  Ernst  D.  5171.  ;  gemer  Eenner  8230.  üherker  : 
mer  ülr.  Wh.  2616.  her :  wer  3600.  tnere :  here  Orend.  260.  452.  572. 
:  swere  275.  :  gewer e  Schachb.  186,  31.  here :  widerMre  Jerosch.  25768. 
geweren :  eren  Junk.  u.  Heinr.  99.  verzeren :  eren  Orend.  245.  Ernst  D. 
2272.  Junk.  u.  Heinr.  932.  kerm ;  dirnerin  Schachb.  319,  17.  verzert 
:  lert  Kenner  17102.  vert :  vorsert  Ludw.  Kr.  652.  unervert :  unver schert 
7580.  wert :  vert :  gekert  MSH.  HI,  23».  kerte :  geverte  Pass.  K.  82,  13. 
Urte :  verte  Ernst  D.  1379.  gemerte  :  virherte  Ath.  C.  51.  geverten : 
kerten  Väterb.  901.  Pass.  H.  56,  78.  —  stede :  toarhede  Servat.  2306. 
deden:8tede  Wemh.  52,  16. 

§  33.  §  33.    Durch  Zusammenziehung  entstehn  auch  md. 

manche  ä: 

aus  ab e  in.  hän  mit  seinen  Formen  §  390. 


35 

aus  age  in  ^an  (gegen)  :  bestän  Ernst  A.  Y,  57.  hän  (hagen)  §  33. 
:  klän  Fundgrub.  ^11,  307.  Aldinhän,  Pedirshän  Hü.  I,  988.  Hcmen- 
bute  Böhmer  58.  Ymmichenhdn  Hü.  I,  291.  behdte  Alex.  2506.  häl- 
krütz  ETO".  n,  796.  hdn :  hejdn  Junk.  u.  Heinr.  1242.  clän  hedäde 
Hof  er  II,  11.  mäncraft  Annol.  705.  Eoth.  591.  mdncrefte  Hartm.  Gl. 
1562.  mdtdüm  Marienl.  63,  5.  94,  35.  105,  13.  sdn  :  man  Orend.  Dr. 
958.  :  getdn  Junk.  u.  Heinr.  1828.  man  :  versdn  910.  sdn  sdde  gesait 
Höfer  II,  11.  sdn  Hü.  III,  955.  1128.  sdt :  rdt  Orend.  1258.  sdnt :  hdnt 
Mone  Anz.  3,  36.  sds :  dwds  Karlm.  113, 24.  hetdn  (hetagen) :  an  Fundgr. 
n,  327.    wotdn  Köditz  81,  4.    getrdn  Mülh.  E.  32. 

aus  ahe  —  dwdn : geddn  Wemh.  6,  26.  En.  8245.  vdn  :  gdn 
Wemh.  36,  25.  :  getdn  Ernst  D.  2128.  umhevdn :  stdn  Alex.  1383. 
intfdn  :  gesan  Annol.  398.  inphdn :  giddn  Wemh.  27,  7.  sld/n :  hdn 
Alex.  1335.  :  cldn  (dat.)  Herb.  1113.  :man  Alex.  2591.  ipldn  ülr. 
Wilh.  1279.  :stdn  Ath.  C.  88.  :  geddn  En.  8667.  :wdn  Wemh.  17,  30. 
Ascdne :  sldne  135,  4.  stdUn :  mdlin  Ath.  E.  102.  trdn :  Idn  Sp.  v.  d. 
Jungfr.  176.  :  stdn  Fundgr.  H,  327.  trdne :  dne  Ath.  A.*  23.  zdr :  dar 
HTrist.  3520.  —  In  dem  Mittelfränkischen  vomemlich  erscheint  auch 
e  für  contrahirtes  ahe  in  den  Zw.  slahen  und  vähen,  z.  B.  ersten  :8len 
mfr.  Legend.  133.  —  erget :  slet  En.  11732.  gi :  sie  Wemh.  35, 6.  sie :  we 
Hagen  4726.  ersU :  e  4496.  slent :  gent  Marienl.  27,  2.  —  Ptc.  geslen 
Hü.  I,  736.  —  ve  :  we  Alex.  3189.  fen  :  gen  mfr.  Legend.  199.  215. 
:  geschien  267.  Vgl.  auch  infen  Höfer  11,  1  (1301.  Oberwesel),  entfen 
Ml.  55,  22.  slet :  enstet  Pass.  H.  98,  23.  :  get  165,  72.  Es  könnte  in 
ven,  slen  Analogiebildung  zu  gen  sten  (neben  gdn,  stdn)  walten,  wie 
Heinzel  Greschäftsspr.  279  und  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  281  anzunehmen 
gene^  sind.  Doch  scheint  es  mir  geratener,  an  e  =  den  Contractions- 
diphth.  ai,  ei,  ie  zu  denken.    §§  33.  34. 

In  den  md.  Dialecten  entwickeln  sich  diese  Zusammen- 
Ziehungen  von  age,  ahe  je  länger  je  mehr.  Für  die  Kürze 
der  Zusammenziehung  von  ade  kann  abgesehen  von  jüngeren 
Zeugnissen  der  Beim  schatte  :  haUe  Schachb.  340^  17  sprechen. 

Dem  ä  ist  in  diesen  Fällen  ein  unechter  Diphthong  a'e 
oder  al  vorausgegangen;  der  Consonant  hatte  sich  zwischen 
den  beiden  Yocalen  aufgelöst.  Wir  können  das  namentlich 
bei  den  8ilben  age  beobachten,  md.  agi,  die  in  den  Trebnitzer 
Psalmen  deutlich  zu  a/i  (unterschieden  vom  echten  Diphthong  ai) 
werden  (Pietsch  Ausgabe  S.  LXV.  und  ßückert  *  85).  Der- 
artiges Contractions  -  ai^'  reimt  auf  den  Zehrdehnungsvocal  a^ 
=  a  in  ripuarischen  und  niederfränkischen  Gedichten,  vgl. 
die  Reime  gesait :  dait  Karlm.  217,  30.   227,  11.    240,  25. 

3* 


36 

§  33.  gesaü :  rait  345,  36.  ;  hau  Karlm.  230,  66.  vait :  dait  Hagen 
2130.  4186.  mait :  trinitait  Sei.  L.  249.  verclait:  statt  89. 
zail :  stall  217. 

Es  lag  aber  die  Entstehung  des  echten  Diphthongs  ai 
oder  ei  durch  Palatisirung  des  g  sehr  nahe  und  darum  findet 
sich  häufig  ei  als  Zusammenziehung  von  a)  age  und  b)  ege. 
Einige  Belege  mögen  für  den  häufigen  Vorgang  genügen: 

a)  sein  seite  geseit  (Inf.  sein :  Hein  wetter.  Ostersp.  301.  seist : 
geist  Pass.  H.  50,  92.  seit :  edelkeit  MF.  126,  30.  ;  selekeit  Väterb.  3575), 
klein  hleite  gekleit  (Mein :  geslein  Md.  Ged.  S.  32.  v.  1096.  wärheit : 
gekleit  MSH.  m,  10*>),  beheit  (;  wirdikeit  Eenner  2454),  hein  (hagen 
Hü.  I,  763),  treit  (:gemeit  MSH.  IH,  36».  :werdekevt  Pass.  K.  179,  71. 
treist :  volleist  Pass.  H.  255,  66.    :msheit  Elis.  8706). 

b)  in  gern  sehr  häufig  {in  die  geine :  gemeine  Herb.  1249.  2387. 
geine : gemeine  6170.  .-mne  1737.  engein: ein  2224.  2394.  :hein  5235. 
:  stein  17912.  engeine  :  eine  17591.  gemde  :  gemeinde  Erlös.  5128. 
.'bescheinde  Elis.  4412).  —  lein  leite  {uzlein :  enein  Schachb.  353,  21. 
leite  :beite  Herb.  852.  geleit:eit  Herb.  955.  :reit  Pass.  H.  36,  77. 
:  begleit  Herb.  16019.  geseit :  verleit  Väterb.  3940.  mderleit :  sneit  Herb. 
4375 ;  selbst  das  Subst.  lege  wird  zu  leie,  vgl.  grabeleie :  geschreie  Elis. 
9020).  —  beweite :  vorleite  Pass.  K.  179,  84.  beweit  (;  barmherzikeit 
Pass.  H.  274,  94.  K.  140,  44.  Schachb.  234,  18.  :  heüekeit  Pass.  K. 
12,  74.  :  Märheit  39,  23.  :  leit  Herb.  9830.  ;  bereit  Pass.  K.  223,  95. 
Väterb.  2444.  :  geseit  Karlm.  329,  29.  :  underscheit  Pass.  H.  262,  43). 
Vgl.  auch  dein  (tagen  d.  pl.)  HIJ.  I,  446.  eyde,  seynße  (1392)  Cd.  Sax. 
n.  6,  349.  altschles.  neue  (negele),  ebenso  den  Plur.  neil  im  Alsfeld. 
Passionssp.  5600.  5994,  wo  aber  auch  der  Sing,  neil  5604.  5640  erscheint. 

§  34.  §  34.     Das  Contractions-ai  konnte  sich  gleich  ursprüng- 

lichem ei  md.  zu  e  monophthongisiren.     So  finden  wir 

e  für  ei  =»  age,  z.  B.  clede  Hü.  1, 978,  gekürzt  cledde  Böhmer  765. 
metlich  Marienl.  86,  35.  geset :  Elisabet  Serv.  229.  gesed  Hü.  I,  978. 
1175.  teding  Orend.  82.  Höfer  H,  13.  (Vgl.  auch  ven,  slen  =■  vahen, 
slahen  §  33.) 

e  für  ei  =  ege,  z.  B.  sehr  allgemein  in  gen  ken  (gegen),  gen- 
wertic,  kenwerdic  (Cd.  Sax.  H.  6,  6.  1306),  begenen  Herb.  1131.  Haupt 
Z.  XV,  389.  Oft  in  wem  (Plur.  Wagen),  vgl.  femer  Ute  Trebn.  Ps. 
138,  5.   gurtelmede  Elis.  1185.    dienstmede  1192.   mede  Hü.  IH,  1502. 

Dieses  e  erhöhte  sich  zuweilen  zu  i;  so  wird  segit  (sagt) 
zu  sU  Tagzeit.  3318,  geleget  zu  gelit  gelyd  HU.  1, 1001  (Bieden- 
kopf)  und  im  Reim  finden  wir  niet  :  gelit   Karlm.  138,  39. 


37 

§  35.  Häufig  erscheint  in  den  ScHrifbeu  des  14. 15. 16.  Jh.  §  35. 
aller  md.  Landschaften,  am  häufigsten  freilich  in  Bipuarien, 
€te  für  a  und  ä,  und  in  gleichem  Werte  stehn  in  denselben 
Denkmälern  ai,  ay^  ai,  ay,  zuweilen  auch  ä  oder  ä,  neben  dem 
reinen  a.  Man  vergleiche  zb.  Lacombl.  III,  n.  608  (a.  1361), 
Wierstraat,  HarfF,  um  das  nebeneinanderherlaufen  dieser 
Zeichen  a  ae  ay  in  denselben  Worten  zu  gewaren.  Es  kann 
in  diesem  ae  sowenig  der  Umlaut  als  in  ai  der  echte  Diphthong 
erblickt  werden,  sondern  diese  Lautzeichen  gelten  einem  a 
oder  ä  mit  vocalisch  unbestimmtem  Nachklang,  der  sich  unter 
Einfluss  des  folgenden  Consonanten  erzeugen  mochte.  Die 
Schreibung  ahe  {IcJiem  Köditz  G.  79,  21)  gibt  für  die  zwei- 
lautige  Aussprache  deutlichen  Fingerzeig. 

X.  Regel  nante  diese  von  ihm  im  Niederdeutschen  nach- 
gewiesene Erscheinung  Yocalzerdehnung,  bei  Haupt  Z.  f. 
d.  A.  III,  55.  ff.,  und  H.  Rückert  wies  ihr  vorkommen  im 
Thüringischen  und  Schlesischen  nach,  Köditz  161 — 163. 
Darst.  «  80-  84. 

§  36.  Äi  für  a  und  a,  über  dessen  Bedeutung  im  §  36. 
vorigen  §  gesprochen  ist,  erscheint  in  kölnischen  Handschriften 
des  12.  Jh.i)  zuerst,  wird  im  13.  häufiger  und  gewinnt  später 
grosse  Ausdehnung.  Minder  ofl  kommt  es  in  den  andern 
md.  Landschafbeli  vor,  blüht  aber  doch  auch  hier  im  14.  15.  Jh. 
Es  scheint  wesentlich  durch  Linguale  und  Gutturale  beeinflusst. 

§  37.  Zu  diesen  Variationen  von  a  und  d  stellt  sich  als  §  37. 
gleichbedeutend  ä,  das  in  Achener  Rechtsschrifben  des  14.  Jh. 
nicht  selten  erscheint,  aber  schon  in  einer  ripuarischen  Ur- 
kunde von  1261  (Höfer  I,  6)  neben  d  und  ae  gleichwertig 
vorkommt.  In  jenen  Achener  Schriften  wechseln  ä,  ay,  äy 
mit  einander,  Loersch  Achener  Rechtsquellen  52—54.  67.  f. 
Es  vertritt  ä,  in  bäven  (neben  bSven  67.  68)  auch  gedehntes 
a  =  0.  Für  dieses  ä  zeugt  auch  eine  Sayner  Urk.  v.  1309 
bei  Höfer  II,  10. 


^)  Wenn  in  dem  defecten  Original  einer  moselländ.  Urk.  v.  919 
(Mrh.  IJk.  I,  224)  wirklich  Eristaü  steht,  so  ist  ai  noch  höher  Mnauf 
zu  datiren. 


38 

§  37.  Diesem  ä  mag  das  ä  oder  av '  gleich  zu  stellen  sein,  da» 

in  der  1333  zu  Würzburg  geschriebenen  Hs.  des  Herbortschen 
Trojanerliedes  häufig  vor  palatalem  g  erscheint:  Mägen  sägen 
wägen  jsägen,  das  ferner  in  der  Handschr.  des  Alsfelder  Passions- 
spiels für  a  und  öfter  noch  für  ä  vorkommt,  bei  Jeroschin 
auch  im  Reim  mit  anderm  au  erscheint  (13590.  23382.  25352) 
und  vorzüglich  vor  Z  aus  a  sich  bildet  (24760.  25083.  25774). 
Es  findet  sich  auch  in  schlesischen  Schriften  des  14.  15.  Jh. 
vor  Liquida  oder  Fricativa  +  ^  oder  t:  atdde,  krauft,  aufter^ 
betraucht  Rückert  Darstell.  ^  93,  wozu  sich  nachtragen  lässt 
auchte  1328.  1337    C.  d.  Sil.  IX,  235.  240. 

§  38.  §  38.     In  den  einsilbigen  Worten  man,  wan,  dar,  da^ 

entartete  das  a  durch  Tonentziehung  zu  irrationalem  e,  da& 
sich  weiter  zu  i  (min,  dir,  diz)  verdünnen  konte. 

In  den  Endsilben  trat  e  oder  i  auch  md.  an  die  SteUe 
der  alten  Vocale.  Nur  in  heilant,  wigant,  välant  blieb  a 
(vgl.  §  26)  und  oft  in  viant,  das  freilich  auch  zu  vient  vint 
vint  ward.  Reimbeweise  für  viant  geben  viande :  hande  Alex. 
1546.  :  lande  Roth.  3098.  :sande  Fass.  H.  37,63.  :  scande 
En.  7106.  Pass.  K.  132,  92.  vianden :  anden  Karlm.  330,  20. 
:  banden  Pass.  H.  143,  89.  :  handen  Alex.  2024.  ;  landen 
Ernst  D.  3870.  ;  schänden  Marienkl.  227.  :  bestanden  Väterb. 
638.  4216.  Wierstr.  1723.  .wänden  En.  9257.  iwiganden 
Ernst  A.  V,  51.    viandes :  landes  Pass.  H.  37,  81. 

E. 

§  39.  §  39.     Verschieden  von  dem  durch  Umlaut  aus  a  ent- 

standenen e  (§§  20.  27)  ist  das  weit  früher  aus  altarischem  a 
durch  Abspaltung  hervorgegangene  europäische  e  der  Stamm- 
silben (§  7),  das  wir  zum  Unterschiede  als  e  bezeichnen. 
Es  war  im  (xermanischen  sehr  verbreitet  und  blieb  im  Ober- 
deutschen vor  einem  a  der  Endsilben  des  Wortes  erhalten^ 
erhöhte  sich  aber  vor  einem  i  oder  j  und  vor  u  (vor  u 
wenigstens  oft),  ebenso  vor  nasaler  Consonanz  zu  i.  Selbst 
wenn  das  af&girte  a  in  früher  Zeit  geschwunden  war,  blieb 
e  in  der  Stammsilbe  unverändert.     Im  Mhd.  bleiben  diese  in 


39 

der  Zeit  des  vollen  yocalischen  Lebens  der  Wortsilben  fest-  §  89. 
gestellten  Unterschiede  von  e  und  i  in  der  Stammsilbe  bestehn, 
obschon   die  Yocale   der  Endungen   längst   verblasst   waren. 
Dieser  Wechsel   ist  in   der  Conjugation   wie   in   der  Stamm- 
bildung von  Bedeutung. 

In  dem  Präsens  der  ablautenden  Zw.  der  A-Elasse  scheidet 
sich  hiemach  der  $g.  Ind.  und  Imp.  von  den  übrigen  Formen : 

Pr.  Ind.  Sg.    ahd.  fftbu  gibig  gihit     PI.  gebam  gebot  gebant 
mhd.  gibe    — es   — et  geben     —et    — ent 

Imp.  Sg.  ahd.  gip    PI.  gebat    Inf.  geban    Ptc.  gebanti 
mhd.  gip  gebet  geben  gebende. 

Die  Yerba  auf  Doppelnasal  oder  JS^asal  cum  Muta  ge- 
statten dem  e  nirgends  eine  Stelle,  sondern  wandeln  es  überall 
im  Präsensstamm  in  i  zb.  swimme  swimmen  swimmende, 
brinne  brinnen,  rimpfe  rimpfen,  binde  binden,  dringe 
dringen,   trinke  trinken. 

Ebenso  führen  die  Zw.  bitten,  sitzen,  ligen,  die  mit  dem 
Suffix  ja  ihren  Stamm  bildeten,  unter  dem  Einfluss  dieses  j 
durch  alle  Präsensformen  das  i  durch:  bitte  bitten  bittende, 
sitze  sitzen  sitzende,  lige  ligen  ligende. 

In  der  Wortbildung  tritt  das  Verhältnis  von  e  zu  i  nach 
obiger  Begel  sehr  klar  heraus,  e  ward  zu  i,  sobald  eine  Ab- 
leitungssilbe mit  i  oder  j  oder  u  dem  Stamm  zutrat:  vgl. 
Adj.  ger  und  gir,  ersteres  ein  a-Stamm,  zweites  ein  ^'a-Stamm ; 
femer  wer  :  wiric,  velt  :  gevüde  {ja  Suffix),  wert  :  wirdic, 
berc  :  gebirge,  werc  :  wirken  (wircjan),  kern  :  kimm  kirnen 
(Zw.),  erde  :  irdisch  irdin,  verre  :  virric  virren  (virrjan), 
leder  :  liderin,  veder  :  gevidere,  n'ebel  :  Nibelunc  (Nibulunc), 

In  manchen  Worten  stehn  e  und  i  ohne  sichtlichen  Grund 
der  Berechtigung  für  i  neben  einander,  so  in  schif  neben 
schef,  hilfe  neben  helfe,  schirm  neben  scherm,  swiger  neben 
sw'eher. 

Die  Neigung,  e  gegen  obige  Begel  zu  i  zu  erhöhen,  äussert 
sich  auch  in  den  Nebenformen  gilf,  lirke,  verwihseln,  Ptc. 
begigen  AGr.  §  21.   BGr.  §  18. 

Festgeworden  ist  i  statt  altem  e  in  ich  mich  mir, 
dich  dir. 


40 

§  39.  Dagegen   hat  sich  e  gegen  i   behauptet  in  vehe  neben 

vihe,  wo  das  thematische  u  auf  die  Erhöhung  zu  i  wirkte. 
Aus  der  nahen  Berührung  von  e  und  i  erklären  sich 
auch  Keime  zwischen  beiden  Vocalen,  wie  sie  im  Biterolf 
vorkommen,  vgl.  wi^zen  :  verm'eszen  2160.  gemzzen  :  ver- 
mezzen  6460.  10882.  itewizzen  :  vermezzen  12506.  dicke  : 
recke  9018.    ecken  :  gelicken  10540. 

§  40.  §  40.     Fremdes  e,  d.  i.  e  in  Worten,  die  aus  dem  Latei- 

nischen oder  Romanischen  aufgenommen  wurden,  wird,  selbst 
wenn  es  auf  ce  zurückgeht,  als  e  behandelt,  und  geht  auch 
zu  i  über,  termina/re  wird  zu  termen  tirmen,  cerasum  zu 
kerse  kirse,  thesaurtis  zu  trese  trise,  census  zu  zins,  mentha 
zu  minze,  prcedicari  zu  bredigen  alem.  bridigon.  Fremdes 
i  wird  auch  zu  e:  Signum  segen,  pix  bech.  Daher  werden 
auch  die  Ausgänge  fremder  Namen  und  Worte  in  el  er  et 
ent  es  est  ec  im  Reim  mit  el  er  u.  s.  w.  gebunden,  zb. 

Frimutel :  sinewel  Parz.  230,  4.  Lond  :  snel  Erec  1643.  gugerel 
:  md  Lanz.  646.  schapel :  vel  Parz.  776,  7.  •—  Lucifer :  er  Bari.  61,  27. 
Jupiter  :  toer  Parz.  768,  30.  Posterne  :  gerne  Erec  1929.  Ecuhert 
:  gegert  tr.  Kr.  33397.  Nivers  :  gers  Wh.  413,  18.  Navers  :  spers 
Parz.  665,  7.  —  Lanzelet  :  getet  Lanz.  7829.  Orphüet  :  bret  1168. 
Gahmureten  :  erbeten  Parz.  113,  13.  :  erjeten  317,  11.  Kayleten  :  ge- 
weten  74,  28.  Mähumete  :  bete  Wh.  217,  19.  Lunete  :  bete  Iw.  5386. 
—  Hercules:  des  tr.  Kr.  12699.  Hermlesen : gewesen  12782.  Weilest 
:  brest  Lanz.  8071.    Berbester :  swester  Wh.  380,  22. 

Vergl.  aber  auch  die  Eeime  von  fremdem  e  mit  e  und  e  : 
geste :  Döleceste  Erec  1906.  Terramer :  her  Wh.  319,  11.  Terra- 
fixeren  :  seren  399,  11.     Floreten  :  staten  Trist.  5230. 

§  41.  §  41.     Der  Klang  des   alten  e  und  des  Umlaut-e  war 

verschieden:  e  war  reines  e,  e  dagegen  S,^)  und  feinhörige 
Dichter  des  12.  13.  Jh.  vermieden  daher  die  Reimbindung 
beider  möglichst.  Indessen  hielt  sich  kaum  einer  ganz  frei 
davon,  zumal  folgendes  l,  st,  ch,  ht,  g  auf  die  Gleichmachung 
des  e  mit  e  wirkten.  So  zeigen  Hartmann  von  Aue,  Walther 
von  der  Vogelweide,  Gotfried  von  Strassburg,  Wimt  von 
Gravenberg,  Konrad  Flecke,  Konrad  von  Wi^rzburg  derartige 


^)  Die  entgegengesezte  Ansicht,    dass  e  dem  a,    e  dem  i  näher 
steht,  suchte  J.  Franck  zu  erweisen  Z.  f.  d.  A.  XXIV,  218.  f. 


41 

Reime.  Alber  von  Regensburg  hat  unter  überhaupt  1095  §  41. 
Reimparen  10  solche  Reime  (Sprenger  Tundalus  7),  Wolfiram 
von  Esohenbach  erlaubt  sich  70  (A.  Schulz  Reimregister  49). 
In  den  Nibelungen  und  im  Biterolf,  bei  Heinrich  vom  Türlein 
und  beim  Stricker  begegnen  sie  oft;  gegen  Ende  des  13.  Jh. 
gelten  sie  kaum  noch  als  ungenau. 

Grimm  Gr.  I«,  139.  f.  AGr.  §  15.  BGr.  §  12.  Haupt  z.  Engelh. 
1611.    Sommer  z.  Flore  127. 

§  42.  Seit  dem  12.  Jh.  lässt  sich  unorganische  Ver-  §  42. 
längerung  des  e  namentlich  vor  r  und  h  beobachten.  Die 
klingenden  Reime  zwischen  ehe  und  ehe,  ere  und  ire  unter 
die  alten  ungenauen  zu  schieben,  geht  nicht  an:  ohne  An- 
nahme der  Dehnung  sind  sie  nicht  zu  verstehn.  Wie  tief 
dieser  Zug  im  Südosten  ging,  bezeugt  das  in  der  Wiener 
Genesis  und  Exodus  klingend  gebrauchte  Gomparativsuffix  -ere, 
wozu  sich  noch  der  Dativ  eines  Subst.  in  -er  verbindet,  vgl. 
b€js;aere :  füre  Gen.  W.  37,  4.  :  ere  Exod.  W.  92,  33.  ire : 
bösere  Ex.  98,  2.  hire :  gröisBre  100,  2.  pillichere :  heildre 
Genes.  61,  23.  —  ältere  (eetate)  :  wäre  Genes.  W.  73,  25. 
Vgl.  F.  Vogt  in  Paul-Braunes  Beitr.  II,  247.  278. 

Bei  den  bairischen  Dichtem  des  13.  Jh.  sind  Reime 
zwischen  er  :  6r,  ere  :  ire,  em  :  im,  ert  :  irt,  ehen  :  ehen 
häufig ;  vor  l,  t,  g,  ht  begegnen  sie  auch,  aber  seltener,  BGr. 
§  48.  a.  Die  Alemannen  liessen  'diese  Verlängerung  des  e 
später  und  weniger  allgemein  eintreten;  r  gefährdete  die 
Kürze  besonders,  nächstdem  h.  Seit  dem  14.  Jh.  greift  dieses 
er,  eh  =  er,  eh  auch  hier  weiter  um  sich.  Bei  Hugo  von 
Montfort  (t  1423)  werden  Reime  wie  vergeben :  Üben  6,  10. 
sehen :  beschehen  6,  39  als  klingende  behandelt :  Wackemell, 
Hugo  von  Montfort  CXLVIII. 

Das  aus  e  (altar.  a)  hervorgegangene  i  unterliegt  der 
Dehnung  allgemein  in  ivine  win  (Freund)  bei  Composition 
desselben  in  Namen:  zb.  Baldewin,  Erwin,  Ortwtn,  TrtUwin; 
ebenso  bei  Stellung  im  1.  Theil:  Winhart  Winmar  WinoU. 
Auch  sonst  zeigt  sich  im  13.  Jh.  die  Neigung,  die  Silbe  in 
zu  dehnen  in  der  Reimverbindung  mit  in  BGr.  §  51  {bin :  in, 
gewin :  in).     Als  Ersatzdehnung  nach  Ausfall  von  n  erscheint 


42 

§  42.  i  vereinzelt  in  ingeside  =  Ingesinde,  das  in  Wernhers  Maria 
162,  30  anf  ntde  reimt.  Ausserdem  tritt  Dehnung  nur  selten 
ein,  doch  vgl.  den  Reim  scMben  :  siben  Montf.  4,  75.  Bei 
dem  echten  (indogerm.)  i  können  wir  gleiches  beobachten,  §  55. 

§  43.  §  43.     Bei  Verschmelzung  zweier  Silben,  deren  vorlezte 

e  enthält,  ist  die  Entstehung  von  S  nur  aus  verschmolzenem 
ehe  zu  erweisen. 

gesehen  :  ergen  MF.  183,  13.     hegen  :  versen  MSH.  I,  289*».     sen 
'.Jerusalem  W.  v.  Bheinau  246,  4. 

Aus  dem  Satzaccent  wird  sich  die  Länge  übrigens  auch 
ergeben,  z.  B.  oh  is  not  gesche  Cd.  Sax.  IL  6,  23.  In  set 
(=  sehet)  :  bet  Frauend.  321,  18.  :  gepet  44,  8  scheint  die 
Kürze  durch  den  Beim  bewiesen,  ebenso  wie  in  Fleckes  sent 
(2.  PI.)  :  Orbent  Flore  141. 

Für  die  Zusammenziehungen  nen,  gen  ist  kurzes  e  an- 
zusetzen, vgl.  nen :  den  Eeinfr.  26319.  vernen  :  den  5423. 
gen :  den  26645.  Eufraten :  gen  24957.  wir  gent :  wir  went 
Roseng.  von  W.  Grimm  8.  93.  zu  Str.  33.  Vgl.  AGr.  §  38. 
Jänicke  bei  Haupt  Z.  XVII,  506. 

Verschmelzung  von  ege  :  ei  ist  in  Deinhart,  gephleit 
vollzogen. 

Auch  eine  Stammsilbe,  welche  aus  e  entstandenes  i  ent- 
hält, kann  mit  der  folgenden  Endungssilbe  verschmolzen  werden, 
wobei  i  zu  i  sich  dehnt.  So  werden  gibes  gibet  zu  gis  gity 
liget  pfliget  zu  Ut  pflit,  quidet :  quit,  JBrigide  zu  Bride  ver- 
schmolzen. 

§  44.  §  44.     Durch  den  Einfluss  folgender  oder  vorausgehnder 

Gonsonanten  wird  e  zuweilen  verändert. 

Im  alemannischen  Dialect  kann  folgendes  r,  Z,  h  ein  e 
der  Stammsilbe  in  a  wandeln,  har  für  her  (huc)  ist  alem. 
so  fest,  dasB  es  der  Dichter  des  Reinhart  Fuchs,  femer  Ulrich 
V.  Zazikhoven,  Rudolf  v.  Ems,  Rudolf  v.  Rotenburg,  Ulrich 
V.  Winterstetten,  der  Dichter  des  pseudo-gotfriedschen  Marien- 
gesangs, ferner  Walther  v.  Rheinau,  die  Dichter  des  Reinfried 
und  des  Staufenberger,  femer  Boner  u.  a.  unbedenklich  im 
Reim  setzen.  Vor  l  findet  sich  a  fiir  e  in  sinwcU,  salb,  Wil- 
haJm,  stacht  u.  s.  w.     AGr.  §  11.  112. 


43 

Bairisch  ist  e  selten  zu  a  geworden,  doch  sind  Wilhcdm  §  44. 
(:  galm  Otack.  c.  31.  157)  und  andre  Compos.  mit  halm  = 
heim  bekannt   (BGr.  §  6);    vgl.    ferner    den   Reim    entvach 
(=  enwec)  :  sprach  Teichner  Ls  53,  23. 

Mit  vorausgehndem  w  verschmilzt  sich  e  im  bairischen 
Dialect  gern  zu  o:  quene  wird  zu  Jcone,  quemen  zu  komen, 
qüed^n  zu  choden,  querder  :  korder,  queste  :  koste,  quec  zu 
choch.  BGr.  §  23.  Das  aus  e  entstandene  i  wird  mit  w  in 
quime  quimt  obd.  zu  kum  kumt  verschmolzen;  in  quidet 
chwidet  zu  chiut  und  chüt  (abgesehen  von  quU), 

In  woche  und  wol  hatte  sich  unter  Wirkung  des  w  altes 
e  gemeindeutsch  in  o  gewandelt. 

§  45.  Auch  das  aus  e  hervorgegangene  i  unterliegt  zu-  §  45. 
weilen  durch  einen  anschliessenden  Laut  im  Oberdeutschen 
einer  Änderung.  Folgt  r  oder  h  dem  i,  so  erhält  es  einen 
Nachklang,  welcher  wie  unbestimmtes  e  tönt,  so  dass  man  für 
i  dann  ie  hörte  und  diesen  Zweilaut  dem  echten  Diphthong  ie 
gleich  achtete.  Bairische  und  alemannische  Dichter  gestatten 
sich  seit  dem  12.  Jh.  Reime  zwischen  ih  :  ieh,  ir  :  ier  als 
volle  Reime.  Sie  werden  namentlich  bei  den  Baiern  sehr 
häufig,  BGr.  §  90,  und  ich  begnüge  mich  daher  hier  an  einer 
kleinen  Auswal: 

dir :  Gaschier  Parz.  47,  24.  :  stier  795,  29.  gir  :  hersenier  Dietr. 
Fl.  9069.  :tier  Lampr.  S.  2409.  ir  :  vier  wQast  9128.  .-schier  Frauend. 
552,  10.  :  Her  Kindh.  101,  25.  schier  :  mir  Frauend.  221, 5.  stier :  mir 
472,  19.  mir :  schier  Mai  125,  33.  geschrirn :  diern  Otack.  c.  96. 
birn :  diern  Helbl.  1,  985.  hirn  :  viern  15,  512.  girde  :  vierde  Krone 
18523.  toirde  :  Zierde  j.  Tit.  91,  4.  gezierde :  girde  Lampr.  S.  155.  — 
siech :  sich  Lampr.  S.  3626.  ;  tegdich  Lampr.  F.  3485.  —  ziehe :  vihe 
Helbl.  1,  629.  giengen :  vihe  Genes.  W.  52,  39.  ziehen :  vihen  Heinr.  Tod 
Erinn.  147.  lieht :  giht  Parz.  314,  8.  Wilh.  322,  17.  :  geschiht  Wins- 
beke  3,  3.  :  siht  Kindh.  81, 6.  Helmbr.  1644.  lieht :  iht  Krone  879.  3339. 
siht :  lieht  Lampr.  S.  217.  siht :  niht :  lieht  311.  lichte  :  ihte  Mantel  982. 
pfiihte :  lichte  Parz.  613,  11.  —  Vor  n,  den  Labialen  und  Lingualen 
kommen  diese  Beime  nur  ausnamsweise  vor.  Wolfram  erlaubt  sich  den 
Reim .  enpfienc :  sine  lied.  4,  40.  liep  :  sip  Parz.  599,  4.  Lamprecht  von 
Regensburg  F.  1470  reimte  dingen :  giengen,  wo  wir  wie  in  empfienc 
:  vinc  kurzes  i  vermuten  dürfen. 

Bei  den  Alemannen  sind  diese  Reime  seltener,  A6r. 
§  40.     Sie  zeigen  sich  hier  allein  vor  r  und  ht ;  aus  dem  ht 


44 

§  45.  schwand   dann   das  gutturale  h  und  löste  sich  in  e  auf,   iht 
ward  zu  ie: 

tier  :  wir  Freid.  5,  13.  10,  13.  140,  21.  :  mir  Boner  41,  36.  51,  15. 
68,  4.  gir  :  tier  Lieders.  50,  92.  schier :  mir  Boner  62,  43.  dierne 
:  hirne  Mart.  10,  31.  ;  stirne  25,  15.  :  gestime  gSchm.  1847.  diem :  vrn 
W.  V.  Eheinau  251,  6.  gir  de :  gezierde :  wirde  Heinzel.  Joh.  64.  —  ge- 
schiel :  geriet  Lanzel.  4674.  lieht :  verriet :  niet :  geschiet  Fenis  MF.  8, 25. 
gertht :  beschiet  Boner  57,  103.  lieht :  giht  lieders.  60,  126.  versiet 
:  diet  Lanz.  4976.  gesiet :  gediet  Boner  40,  24.  Vgl.  auch  Schoch  über 
Boners  Sprache  S.  31.  32. 

Durch  folgendes  n,  r  oder  Labialis  wird  i  mundartlich 
mit  dunklem  Nachklang  versezt,  so  dass  man  ü  hörte  und 
schrieb.  Hug  y.  Langenstein  reimte  ungewinnes  :  künnes 
Mart.  115,98.  wirsten :  fürsten  4,  108.  Andre  alem.  Belege 
AGr.  §  32.  86.  119,  bairische  BGr.  §  33.  Seltener  ist  i 
ganz  zu  u  geworden.  Doch  kommt  es  alemannisch  und  bai- 
riscb  vor,  AGr.  §  29.  BGr.  §  31.  Boner  reimte  den  Lif. 
entrunnen :  gespunnen  23,  12. 
§46.  §  46.    In  den  mitteldeutschen  Dialecten  nimmt  das 

aus  arischem  a  abgespaltene  e  noch  eine  grössere  Stelle  als 
in  den  oberdeutschen  ein.  Während  alem.  und  bairisch  das 
alte  e  nur  vor  a  des  Affixes  erhalten  blieb  und  selbst  in 
diesem  Falle  durch  starknasalen  Wurzelschluss  zu  t  sich  er- 
höhen muste,  §  39,  erhielten  die  fränkischen  Dialecte  und 
das  Thüringische  das  e  mit  Vorliebe.  Freilich  liegt  dieses  e 
mit  dem  i  unter  den  für  die  Erhöhung  zu  i  überhaupt  gün- 
stigen Bedingungen  (§7)  im  Kampf.  In  den  beiden  grossen 
oberfränkischen  Schriftwerken  des  9.  Jh.,  dem  Tatian  und 
Otfrieds  Evangeliengedicht,  hat  i  die  Herschaft,  aber  die 
dialectlichen  e  brechen  in  den  Sdss.  durch  ^).  Dasselbe  gilt 
von  den  Pariser  Yirgilglossen,  die  ich  in  das  Moselland  setze. 
Der  Schriftgebrauch  der  fränkischen  Schreiber  entschied  sich 
also  damals  für  i,  obschon  die  fränkische  Aussprache  dieser 
europäischen  Variation  des  arifichen  a  entweder  wirklich  e 
oder  zwischen  e  und  i  schwebend   gewesen   sein  wird.     So 

>)  Sievers  Tatian  S.  29.  Müllenhoff- Scherer  Denkm.  XII.  Kelle 
Otfried  II.  440.  443.  Dass  die  Isidorfragmente  in  dem  Yocalismus 
oberdeutsche  Züge  durchaus  tragen,  glaube  ich  in  meiner  Ausgabe  S.  84 
gezeigt  zu  haben. 


45 

trat  bei  den  Schreibern  Unsicherheit  ein,  ob  sie  e  oder  i  §  46. 
setzen  selten;  selbst  in  den  altniederländischen  Psalmen 
wechselt  e  und  %  in  denselben  Worten  (Cosijn  de  oudneder- 
land.  Psalmen  57.  f.),  und  später  binden  am  Niederrhein 
Veldeke,  Wemher  und  der  wilde  Mann  e  und  %  unbedenklich 
im  Reim.     Vgl.  u.  a. 

ahereUen  :  willen  MF.  62,  25.  sneUe  :  loülen  Wemh.  51,  25.  vdt 
:  seilt  En.  8772.  hüede :  helede  En.  5041.  Serv.  11, 179.  —  lenge:hrenge 
Wemh.  50, 20.  hrengen  :  lengen  En.  767.  erre  :  verre  En.  275.  Serv.  459. 
sterre  :  erre  Serv.  809.  genesen  :  risen  En.  3508.  7143.  liste  :  swester 
{suster)  En.  2255.     Oriste  :  neste  Wernh.  69,  8. 

Dieses  alte  e  war  nicht  bloss  in  Ripuarien  und  in  Nieder- 
franken in  vollem  Leben,  sondern  auch  in  den  oberen  frän- 
kischen Landschafken  und  in  Thüringen.  Es  ist  nicht  erst  im 
XII.  Jh.  schüchtern  herangeschlichen,  hat  im  XIIL  XIV.  Jh. 
plötzlich  grosse  Ausbreitung  gefunden  und  ist  dann  sofort 
wieder  gestorben,  wie  die  Sache  dargestellt  ward ;  sondern  es 
hat  im  Volksmunde  immer  gelebt,  hat  sogar  alte  echte  i  mit 
zu  sich  hinübergezogen  und  ist  nur  von  den  Schreibern  nicht 
zu  aller  Zeit,  nicht  in  allen  Denkmälern  (z.  £.  nicht  in  den 
Fragmenten  des  Friedberger  Xrist)  und  nicht  folgerecht  durch- 
geführt worden.  Im  Alexander,  in  der  Strassburger  Hs.  des 
Rolandsliedes,  in  Athis  und  Prophilias,  im  Gr.  Rudolf,  bei 
Herbort  v.  Fritslar,  Ebernand,  in  der  Erlösung,  im  Passional 
und  80  in  fast  allen  md.  Schriftwerken  zeigen  sich  diese  e 
sehr  lebendig.  Besonders  hervorzuheben  ist,  dass  das  e  im 
Sg.  Prs.  Ind.  der  ablaut.  A-klasse  md.  als  Regel  zu  bezeichnen 
ist.  Ganz  besonders  zäh  ist  e  im  Zw.  hrengen,  worin  es 
selbst  da  herscht,  wo  im  übrigen  i  durchgedrungen  ist,  vgl. 
W.  Grimm  Athis  S.  12.  f.  und  Wülcker  Vocalschwächung 
im  Mittelbinnendeutschen  (Frankf.  1868)  S.  25.  —  Folgende 
Nachweise  geben  für  alle  md.  Landschaften  ausgewählte  Bei- 
spiele (von  S.  nach  N.)  : 

Swenhddis  HU.  I,  402.  wese,  segel  579.  vehe  576.  650.  brenget 
684.  —  (Mainz)  bender  HU.  IE,  1173.  1220.  brengen  Hildeg.  Geb. 
15.  71.  howerdich  Höfer  H,  110.  mettel  HL,  1356.  Nebdung,  wese 
HI,  1478.  vehe,  gerehte  HI,  S.  455.  —  (Wetterau  u.  Lahngau)  schdt- 
wachte  HU.  1, 1196.   ben  HU.  I,  1222.  hemdrich  HU.  I,  S.  719.  brengen 


46 

§  46.  Amst.  Ml.  7,  8.  brengent :  lengent  Elis.  10290.  bendir  Böhmer  578. 
647.  völlebrengen  :  ersprengen  EKs.  55.  merren  :  herren  Erl.  3356. 
verwerret :  geverret  723.  wertin  HU.  I,  1037.  Skeffenberc  Hü.  I,  113. 
156.  darmede  Hü.  I,  1206.  toesin  I,  1118.  messen  (mischen) :  pfnessen 
Elis.  4375.  fehe,  geshehit  Böhmer  357.  vgl.  auch  Wülcker  in  Paul- 
Braunes  Beitr.  IV,  13.  —  (Ostfranken)  brenge :  strenge  Benner  183. 
senge  :  toiderbrenge  19448.  lengent  :  widerbrengent  22257.  wertin 
Henneb.  ü.  in,  125.  —  (Trier)  swemmen  Alex.  5348  (swimmen :  innen 
2251).  cremfen  :  remfen  1967.  nem  2418.  verneinet :  irgremet  1368. 
quelen  :  bevelen  3706.  brengen  :  lengen  1407.  sterben  (1.  Sg.)  3707. 
erdische  1400.  erre  :  verre  6694  u.  a.  (Weismann  Alex.  I.  S.  LXXXTV.  f.). 
geschehit  tr.  Egid.  164.  hemel  Muskbl.  2,  .2.  brengen  21,  60.  seden 
:  beden  25,  19.  —  (Hessen)  gevelde  :  gelde  Herb.  1864.  :  gezdde  11785. 
brengen  bei  Herrn,  v.  Fritsl.  Begel.  sehr  eckerin  189,  35.  32. —  (Thüringen) 
brenge :  lenge  Pass.  H.  258,  56.  brengen :  hengen  Pass.  H.  68,  20. 
208,  47.  K.  244, 82.  ;  lengen  Pass.  H.  54,  87.  139,  28.  lenget :  brenget 
Luppin  MSH.  2,  20».  mein  :  verheln  Ebern.  3105.  ende :  brenge  Secund. 
252.  erde :  gerde  414.  wel  (volo)  42.  98.  .347  u.  o.  nem  (imp.)  323. 
erresäl  363.  gesterne  365.  legen  120.  289.  begerdin :  erdin  Kittersp. 
1543.  wert  :  gefert  :  zert  Eothe  (Germ.  V,  228).  hleckin  :  steckin 
Eittersp.  1143.  secht :  unrecht  Pass.  K.  83,  42.  In  den  thür.  Schriften 
des  XV.  Jh.  ist  e  =  i  überhaupt  Eegel.  —  (Meissen  und  Ostdeutsch- 
land) spei :  vel  Schachbuch  345,  11.  vele  :  Mandde  Jerosch.  10174. 
hemele  :  schemele  Schachb.  366, 9.  zemt :  vernemt  248, 26.  brenge :  lenge 
H.  Trist.  4612.  verre  :  erre  Mügeln  Fab.  6,  10.  erren :  verren  Frauen- 
lob 413,  8.  degen :  angesegen  Damen  MSH.  3,  162*.  hdt :  wüt  Job. 
V.  Frankenst.  3483.  3533.  ;  gestüt  5891.  mir  :  enber  3637.  zwirn :  gern 
9347.  irre  :  verre  SS.  toirt :  bert  lllS,  verbirt :  beschert  6899,  Vgl. 
auch  Ktickert  Entwurf  ^  29.  f.  Leben  d.  h.  Hieronym.  von  Job.  v.  Olmütz 
her.  V.  Benedict  XUV.  —  (Kipuarien)  vd  :  Bei  Vorbewis.  11..  12.  vele 
:  kele  Karlm.  375,  16.  gevelde :  geschdde  Karlm.  479,  5.  heifit  Bother 
370.  vssdelgen  Cronica  105.  nem  ich  Bother  2210.  hemdriche  Marienl. 
81,  21.  glemmen  97,  10.  brengin  :  gedinge  Annol.  278.  brengen :  enden 
mfr.  Legend.  132.  :  entf engen  Marienl.  39,  6.  ;  Verheugen  86,  4.  (über 
brengen  im  Karlmeinet  Bartsch  S.  219.  f.)  drinken :  bedenken  Karlm. 
432,  21.  merre :  gestirne  mfr.  Legend.  610.  werbit  Eoth.  99.  werfit 
1163.  werd  in  2668.  geberge  3638.  Tierz  226.  toirt :  pfert  Junk.  u. 
Heinr.  449.  525.  :  geert  2007.  gevet  Both.  1475.  4303.  geve  (1.  Sg.) 
3165.  tredet  951.  pflegit  1935.  gerihte  :  gebrehte  Junk.  u.  Heinr.  1903. 
gerehte  Ennen  III,  300. 

§  47.  §  47.     Zuweilen  findet  man  in  md.  Schriften,  namentlich 

in  mittelfränkischen  i  für  e  geschrieben, 

z.  B.  sübe  Both.  197.  440.  977.    bevild  ir  730.   nimen  1188.  2001. 
Morant  308.    nimet  Morant  524.   Both.  712.    gibin  933.    given  1179. 


47 

gegivm  mfr.  Legend.  578.    liven  Both.  1189.    livete  1311.   livetm  365.  §  47. 
stribete  1039.    sigürieme  801.   ^^en  Annol.  217. 

Es  erklärt  sich  aus  dem  zu  i  stark  geneigten  Klange 
des  e,  durch  den  auch  Reime  wie  hüenernest :  ist  Junk.  u. 
Heinr.  1182.  :  Christ  1174.  :frist  1066.  mist  1104.  ver- 
mist  1098.  :  gewist  1198.  :  w-s^^  1038.  1800  als  genaue  Reime 
sich  ergeben. 

Auch  aus  den  andern  md.  Landschaften  ist  dieses  i  für 
e  zu  belegen, 

z.  B.  aus  dem  südl.  Eheingau  giben  HU.  I,  533;  aus  Wetterau 
tind  Lahngau  gesihint  Eberbach  742.  verifßnt  Höfer  9.  Frankfurter 
Belege  hat  Wülcker  in  Paul -Braunes  Beitr.  IV,  22  gesammelt;  aus 
Hessen  brist :  ist  Herb.  14151.  toigen :  ligen  5292.  hiU  Alsf.  Sp.  7353. 
hüde  6987.  hircze  hess.  Evang.  269.  Eine  Anzahl  Belege  des  i  für  e 
aus  Frauenlob  gab  Bech  in  Germ.  XXYI,  264 ;  schlesische  bei  Eückert '  34. 
Verbreitet  ist  das  Adv.  virre  virren  =  verre  värren,  vgl.  die  Eeime 
idrre :  irre  Pilat.  260  (B.  83).    :  dirre  Pass.  K.  9,  19. 

Stehend  ist  i  für  e  md.  in  wilich  wilch,  swüich  swilch 
und  dem  Präfix  ites ;  auch  in  dem  Demonstr.  giner  erscheint 
es  nicht  selten. 

Für  fremdes  e  kommt  dieses  i  vor,  namentlich  in  ripuar. 
sinte  =  sente  sanct  und  in  vinster.  Auch  im  Osten  erscheint 
sinte,  zb.  C.  Saxon.  IL  9,  129;  vgl.  ferner  den  Reim  funda- 
mint  :  kint  HTrist.  2097. 

§  48.     Für  die  Annahme,  dass  der  Laut  des  e  sich  zu  §  48. 
i  hin  bewegte  und  zwischen  e  und  i  zu  liegen  schien,    bald 
näher  an  e  bald  an  i,    dürfen  wol  auch  die  Schreibungen  ei 
tmd  ie  in  Silben  sprechen,  denen  altes  oder  auch  jüngeres  e 
(lezteres  für  gemeindeutsches  i  stehend)  zukommt. 

Dieses  ei   ist   also   ein  Schwebelaut    zwischen  e  und  i. 

Vor  dem  13.  Jh.  kommt  es  nur  vereinzelt  vor:   Weineswald 

950.  Ennen  I,  464.   steincan  Paris.  Virgilgl.  370.  jifeilt  Roth. 

2719.    reichte  1362.   heilfa  Hildeg.  Geb.  23.   anegeinnen  Nrh. 

Br.  4,  26.     Seit  dem    14.  Jh.   wird  es  häufig   in   allen  md. 

Landschaften. 

weir  (nos)  HU.  I,  570.  gegeiben.  geleigen,  kneiht  I,  578.  weic 
weige  223.  —  seilbe  Mone  Anzeig.  5, 300.  derneiben  Hü.  H,  692.  reichte, 
kneichte  HI,  1382.  Weildestein  HU.  I,  750.  neyder  741.  beit  (bit,  mit) 
n,  719.   verzeigen  (3.  PL  Pt.)  IH,  1012.  —  seylbe.  heyr,  geweyst  Eber- 


48 

§  48.  bach  767.  WtOheylni  Hü.  I,  844.  neiben  I,  1122.  gegeyhen,  geleygen 
1156.  virdreihin  (ptc.)  I,  446.  beide  (bede)  I,  479.  smeit  I,  824. 
weysent  Höfer  11,  109.  kneycht  Eberbach  878.  —  neiden  Lac.  IH,  632. 
gegeiven.  weider  HI,  172.  gescreifven,  leigit,  leisen  Höfer  II,  73.  breichen 
II,  122.  reicht  Lac.  HI,  662.  —  weigen  Hü.  I,  975.  geseigenen  Myst. 
I.  194,  37.  weilche  Herb.  12050.  waldsmeit  (1284)  Hü.  I,  246.  - 
geildes  Henneb.  ük.  I,  142.  leisen  H,  102.  geweist  U,  35.  seihen, 
reihte  II,  102.  weigen  IH,  121.  gegeiben.  leibeten,  leisen,  seihen, 
zeihende,  reihte  Höfer  H,  212.  —  veilde  Höfer  H,  41.  geüt.  breinge  42. 
^eyZ<i6  Sp.  V.  Kathar.  171.  %5en  Mülh.  R.  43.  beiti  41.  sleycht 
Köditz  G.  71,  13.  Uisin  Cd.  Sax.  IL  6,  6  (1306).  Witzleiben  6,  20.  f. 
(1355).  neymen.  geiben,  weigegelt  ebd.  106  (1442).  —  Aus  schlesischen 
Schriften  Beispiele  bei  Kückert*  99.  f.  Hetsch  Trebn.  Ps.  XLVIH.  vgl. 
auch  Hieronym.  18, 10.  21,  17  seint  {sint  ==  sit  ex  quo),  211,  22  reichten. 
—  veü  Lac.  HI,  179.  beveilen,  geschreiven  III,  47.  veilde  Lac.  HI,  51. 
gespeiU  Harff  15,  33.  beylde  16,  26.  eyme,  vorneimen.  geschreyven. 
vreyde.  weyder.  deyse.  verzeygin.  scheyckin  Lac.  H,  1065.  neympt 
Ennen  I,  26.  eir  (suus)  Lac.  H,  1064.  HI,  247.  876.  heir  247.  weirlde 
Vorbewis.  11.  vreideliche.  weider  HI,  120.  leidich.  seis  H,  376.  weyren 
(neben  werin,  wieren).  gegeyven.  veichten  DI,  167.  ghebeiden.  gegeiven. 
leivent  449.  deisme  (neben  deseme,  diesme)  HI,  180.  cdweyge.  reicht, 
kneychte  IH,  876  u.  o.  zobreichen,  wreichen  Hagen  1215.  sleichte, 
reichte  3760. 

In  den  aus  niederrheinischen  Urkunden  gegebenen  Bei- 
spielen ist  das  neben  diesem  ei  in  denselben  Schriftstücken 
erscheinende  ie  und  der  Grnndlaut  beider,  e,  mit  angeführt. 
Seit  dem  14.  Jh.  findet  sich  dieses  Nebeneinander  von  e,  ei 
und  ie  in  den  md.,  namentlich  den  mittelfränkischen  Schriften 
sehr  stark;  es  kommt  aber  schon  im  12.  Jh.  nicht  selten  vor. 
Bas  ie,  welches  gemeindeutschem  i,  md.  e  entspricht,  zeigen 
z.  £.  die  Trierschen  Bruchstücke  des  Egidius  häufig,  und 
auch  in  der  Pfälzer  Bolandhandschr.,  in  den  Bruchstücken  dea 
Gr.  Rudolf,  dann  in  der  Trierschen  Hss.  von  Eonrads  Sylvester 
und  in  der  Heidelberger  Freidankhandschr.  begegnet  es  nicht 
selten.  Belege  aus  mfrk.  Urkunden  gibt  Heinzel  Geschichte 
der  niederfränk.  Geschäftssprache  S.  238.  250.  280.  322.  335. 
353.  375.  380.  394.  399.  416;  aus  schlesischen  Schriften 
Rückert  108.  Dieses  ie  ist  md.  überhaupt  seit  dem  14.  Jh. 
verbreitet. 

§  49.  §  49.    Unter  der  Einwirkung  eines  unmittelbar  folgenden 

r,  ly  ch,  g  wandelte   sich   e  zuweilen   in   einen    nach   a  hin 


49 

liegenden   Laut,    der    schriftlich    durch    a    bezeichnet    ward.  §  49. 
Belege  geben: 

Elhracht  Hü.  I,  437.  —  Bupracht  Hü.  I,  581.  vaU  valde  HI, 
1279.  —  har  Elia.  8900.  Gylebracht  Hü.  I,  446.  Engübraeht  479. 
Albracht  852.  Frydehracht  848.  —  hare  Trier.  Egid.  71.  869.  1635. 
har :  adelar  Orend.  3571.  :  schar  2051.  sinewcU  :  hai  Alex.  1298.  wag- 
müder  Salman  212,  3.  —  dem  salben  Herb.  13609.  gespare  :  gare  5215. 
gart:  gespart  2131.  11824.  —  antwarden  köln.  Sachsensp.  hare  Eoth. 
1267.  gegen  Betern  wart :  hervart  Ernst  D.  1289.  barsten  Sei.  Tr. 
139^  Wierstr.  801.    brachin  (Inf.)  Wemh.  12,  17.    zübrachin  9,  12. 

Auch  nach  Osten  hin  lässt  sich  dieses  a  fiir  e  nach- 
weisen : 

darwart :  vart  Väterb.  2248.  bergeswart :  hart  Passion.  E.  601, 27. 
zu  Borne  wart :  gespart  livl.  Kr.  3517.  bart :  vurwart  Pass.  H.  69,  88. 
geinwart  1351.  Henneb.  ü.  I,  47.  AUtracht  H,  77.  Babihbarg  Köditz 
G.  66,  10.  salbdrytt  sälbvierde  Cd.  Saz.  H.  6,  176.  saddhof  Cd.  Saz. 
n.  8,  83;  altschles.  befale  (1.  Pro.  Ind.)  salb,  saiceam.  varre,  her- 
borge,  gaben  gegabin,  vorwaser  Eückert'  24.  f.  Über  die  Verbreitung 
dieses  a  in  heatigen  Mundarten  Weinhold  Dialectforsch.  23. 

§  50.  Mit  Yorausgehndem  w  verschmilzt  sich  e  oder  §  50. 
auch  i  md.  gern  zu  u^  daher  ich  kume  er  kumt  toir  kumen, 
Inf.  kumen,  Partie,  kumen  {o  ist  md.  seltener).  Auch,  kune 
(=  quene)  findet  sich,  im  Reim  auf  sune  Jerosch.  26427  und 
ebenso  im  Nicodemus  11^  kun:sun  (Pfeiffer  Altd.  Ubungsb. 
Seite  7). 

Nicht  selten  ist  suster  z.  B.  HU.  I,  586.  687.  III,  1013. 
1052.  1264.  Annol.  865.  Marienl.  9,  22.  u.  ö.  Auch  in  kurre 
{kirre)  wird  verschmolzenes  w  das  gewöhnliche  i  zmu  gefärbt 
haben ;  kurre  :  dürre  Pass.  K.  97,  67.  Dieser  Einfluss  des 
w  auf  i  äussert  sich  nicht  selten,  vgl.  wurt  wurst  Spiegelb. 
267.  273.  u.  0.  tmsck  HU.  n,  714.  791.  Cd.  Sax.  n.  6,  114. 
Witschen  Köditz  24,  6.    geswusterde  ebd.  2,  4. 

Besonders  wirkt  auch  n  verdunkelnd  auf  i,  vgl.  in  den 
köln.  Marienliedem  sunt,  bunt,  kunt,  unbewunt,  begunnen 
1,  21.  22.  24.  6,  5.  15.  7,  14.  27,  18.  89,  34.  Wo  sich 
Reime  von  in:un  finden,  haben  wir  die  Aussprache  des  in 
als  dunkel,  dem  un  genähert  anzusetzen,  vgl. 

minne  :  bevinden  :  bemmden  (Hasen)  MF.  52,  18 — 24.    gunnen  : 
winnen  Karlm.  95,  50.  27,  8.    nunnen :  getoinnen  280,  22.    entbinden 
:  swnden  Serv.  3252.  versunnden :  sunden  Wemh.  5, 18.  blint :  ungesunt 
Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  4 


50 

§  50.  Karlm.  335,  60.  kunt :  sint  311,  9.  stunden  :  binden  240,  58.  :  vinden 
241, 38.  munster  :  vinster  Serv.  1448.  gedinge :  dwunge  Karlm.  126,  22. 
Auch  sonst'  finden  wir,  vor  den  verschiedensten  Conso- 
nanten,  die  Neigung  in  den  mitteldeutschen  Dialecten  i  zn  u 
zu  verschieben.  Darauf  beruhen  die  Reime  ungelimp  :  stump 
Elis.  7028.  abehlim :  Jesum  Job.  v*  Frankenst.  10465.  wurde 
:  girde  3433.    gelust :  genist  423.    drucJcede :  vicJcede  Karlm. 

119,  51  und  Schreibungen  des  w  für  i  in  folgenden  Belegen: 

Godebuldisberg  Hü.  I,  608.  humelrich  Haupt  XV,  374,  38  C. 
hummel  ebd.  430.  S.  gesunde  Alsfeld.  Sp.  443.  452.  2106.  wunde  Salm. 
175,  1.  burnen  =  brinnen  und  brennen,  selbst  im  Keim  gebraucht 
.-zürnen  Pass.  K.  237,  36  bumet : zürnet  Pass.  H.  117,  59.  214,  95: 
luste  Salm.  238,  3.  argelust  Ennen  I,  9.  knusten  Myst.  I.  202,  12. 
fusch  gefuscliet  frusch  tusch  Bech  Klage  des  Bisch.  P.  v.  Naumburg 
S.  24.  fusche  Alsf.  Sp.  6261.  suben  Mone  Z.  6,  311.  stuckelig  Schröer 
Voc.  694.  ducke  Hagen  703.  Sei.  Tr.  69^.  Lac.  lU,  516.  718.  sucher 
Ennen  I,  237.    Alsfeld.  Sp.  3932.  7799.    sucherlich  3723.  6323. 

Für  e  findet  sich  diese  Verdunkelung  zu  u  auch,  vgl. 
burnen  hurnehol^  Höfer  I,  18.  herburge  HU.  I,  201.  618. 
Elis.  223.  4900. 

Dieses  u  ist  md.  für  i  häufiger  als  der  Zwischenlaut  ü, 
der  noch  am  meisten  in  wüssen  sich  schriftlich  angedeutet 
findet. 

0  für  *  ist  nur  eine  mildere  Bezeichnung  der  Verdunke- 
lung als  u.  Verbreitet  ist  bomen  =  birnen  =  brinnen; 
thüringisch  meissnisch  ist  sobin,  am  Mittelrhein  findet  sich 
geswosterde  HU.  1, 1024.  Im  nördlichen  Ripuarien  zeigt  sich 
0  für  i  gern  vor  n,  dessen  w-Ton  die  Verdumpfung  wirkte: 
bon,  blonty  "kont,  sont,  sprongen,  Formen  welche  die  Marien- 
lieder bieten,  auch  nom  (nimm)  Ml.  2, 11.  33,  36  findet  sich 
und  im  selben  Dialect  o  für  i  vor  l  in  Mechtolt  Höfer  I,  6. 
Swenolt  Lac.  III,  949.    Blitoldis  Ennen  III,  273. 

Endlich  ist  auch  des  Schwebelautes  ui  zu  denken,  der 
in  mittelfränkischen  Schriften  für  i  vorkommt,  z.  B.  suich  (vide) 
Kath.  Pass.  408.  Marienkl.  87 ;  namentlich  auch  für  das  aus 
ihe  gekürzte  i:  gesehüit  Ennen  I,  26.  geschuyd  Lac.  III,  904. 
suit  Kath.  Pass.  11.  Harff  78,  11.  u.  o. 
§  51.  §  51.     Die  Dehnung  des  e  entwickelt  sich  md.  wenig- 

stens ebenso  stark   als   im  Oberdeutschen;    sie  scheint   nach 


51 

den  Reimen  zu  urtheilen   schon   im  12.  Jh.  ziemlich  tief  ge-  §  51. 
drungen  zu  sein.     Im  13.  Jh.  hat  sie  grossen  Raum  gewonnen; 
von   Einfluss   war   darauf  vor   allem   r.     Vgl.  über   die   zu- 
stimmende Dehnung  des  Umlaut-6  §  32.     Reimbelege: 

gevelin  :  stelin  Schachb.  344,  26.  —  dem  :  widerzem  Benner  8048. 
hremen :  remen  16287.  queme  :  eme  Earlm.  295,  53.  zeme :  netnen  Job. 
V.  Frankenst.  273.  —  den  :  jen :  gesehen  MSH.  3,  94*.  :  sen  Pass.  H. 
152,  2.  den :  virsmen  Schachb.  179,  29.  —  er :  mer  Ath.  E.  15.  her 
:her  Wemh.  21,  4.  Schachb.  183,  11.  here  :  ere  Junk.  u.  Heinr.  924. 
her :  mer  Ernst.  D.  863.  mer :  er  HTrist.  3594.  der :  unmer  Renner 
8010.  er  :  ler  8030.  enber :  swer  Renner  19510.  her :  ger  MSH.  11,  180*». 
.*  zer  Ernst  D.  4702.  swer :  her  Jerosch.  8403.  Ur  :  ger  Schachb.  257, 31. 
sere :  gere  MSH.  H,  181**.  spere :  ere  Roseng.  C.  4.  ehberen :  schriheren 
Joh.  V.  Frankenst.  6189.  :weren  8211.  geren  :  latineren  8Q9S.  geherde 
:  erde  Väterb.  4390.  :  werde  Pass.  H.  78,  7.  geberden :  erden  Pass.  K. 
46,  3.  76,  62.  HTrist.  5317.  Schachb.  262,  15.  wert :  unervert  Ludw. 
Kr.  365.  Ulr.  Wh.  1848.  3176.  3679.  unervert :  gert  1170.  swerte: 
erverte  Pass.  H.  267,  18.  unvorvert :  swert  Jerosch.  11480.  Jcerte : 
geverte  Pass.  K.  82,  13.  hegerten  :  verkerten  97,  45.  —  geben  :  leben 
(klingende  Reime)  Erlös.  1431.  ^c6en :  ^eren  Orend.  207.  ; /rc^en  3583. 
greven :  hieven  Karlm.  347,  37.  schreve :  Cleven  En.  13447.  —  genedic 
:  ledic  Joh.  v.  Frankenst.  6431.  6565.  gebede :  arhede  Serv.  1536.  bevrede 
:  vede  Schachb.  268,  33.  —  gebet: stet  Ulr.  Wh.  3628.  getet :  get  Renner 
7137.  selgeret :  tet  Jerosch.  13020.  brete  :  wete  Renner  18888.  :  gerete 
Schachb.  347,  4.  stete:  bete  Schachb.  255,  11.  —  wege:lege  Jerosch. 
8566.  11455.  lege  :  pflege  Joh.  v.  Frankenst.  9771.  gelegen :  pflegen 
(klingende  Reime)  Frauenlob  Spr.  282,  13.  vrech  :  gesprech  Joh.  v. 
Frankenst.  10977.    geschehen  :  smehen  :  sehen  Frauenl.  Spr.  108,  6. 

Auch  das  aus  e  entstandene  i  erfährt  Dehnung: 
vü  :  vil  (viel)  Ludw.  Kr.  2962.  —  bin  :  din  ülr.  Wilh.  2972.  schin 
:  bin  :  sin  :  Bin  MF.  64, 20.  —  ligen :  gestigen  Elis.  3514.  stigen :  geligen 
Erlös.  2896.  ligen :  geswigen  Marienl.  41,  8.  :verswigen  Erlös.  2739. 
:  Ludewigen  Elis.  4562.  einwich :  sich  En.  9715.  Hagen  3379.  Karlm. 
424,  6.  Elis.  3366.  In  den  Reimen  gerihte  :  Mhte  Serv.  H,  2344.  he- 
rihten :  Mhten  Karlm.  165,  36.  rihte :  lihte  Wemh.  26, 26.  lihte :  gerihte 
En.  2817.  Serv.  H,  2446.  Karlm.  521,  46.  lihte :  getihte  Ebern.  4460 
wird  ungenauer  Reim  oder  Kürzung  des  i  anzusetzen  sein. 

§  52.     Durch   Verschmelzung    der    Silben   ehe    entsteht  §  52. 
md.  nicht  selten  langes  e   in  den  Präsensformen   von  jehen, 
sehen,  geschehen   und   dem  Ptc.  Perf.   dieser  Zw.,    sowie  im 
Zahlwort  zehen,  zehende.     Reimbelege  können  zum  Nachweise 
hiervon  genügen. 

/  4- 


52 

§  Ö2.  gesen  :  jen :  flen  :  verjen  MF.  133, 30  (Morungen).  gen  :jen  Secund. 

182.  get :  umbevet :  jet  122,  8.  verjent :  gent  MF.  66,  17  (Veldeke). 
Jet :  spet :  get  Frauenlob  Spr.  156,  15.  —  sen  :  gen  :  sten  :  gesehen  MF. 
1^6,  33  (Mor^ingeii).  blen  :  gesehen  Fass.  E.  234,  25.  gen  :  gesehen 
Secund.  114.  sten: gesehen  MSH.  3,  167*>.  gesehen : ergen  Ebem.  2401. 
.üfsten  1384.  gesehe  :we  Herb.  3649.  Krolw.  3801.  :me  Krolw.  2062. 
gesehet :  irget  Krolw.  3686.  :  kret  Paes.  H.  58,  77.  :  enpfet  K.  133,  52. 
:hevet  Väterb.  4145.  :undervet  Pass.  H.  154,  18.  —  hesen :  sten  Alex. 
5008.  sen:nen  (nähen)  Pass.  K.  531,  6.  :den  H.  152,3.  gesen :  sten 
Erl.  4985.  gesen  :  versten  Krolw.  4578.  trehne :  sehne  Ath.  A*,  16. 
ge :  se  {seJie)  MF.  125,  18.  se  :  we  140,  38.  blS  :  se  {mugiat,  videat) 
Fass.  K.  234,  21.  —  zene :  wene  Jerosch.  16895.  zende  :  wende  Pass. 
K.  83,  25. 

Dieses  Contractions-e  (aus  ehe)  erhöht  sich  zu  %  vorzüg- 
lich im  mittelfränkischen  (vgl.  auch  §  99): 

gesehin  (Inf.) :  Un  Karkn.  309, 64.  :  min  Eilh.  Tristr.  1513.  geschin 
Inf.  Lac.  m,  179;  3.  PI.  Cj,  Lac.  11,  435;  Partie.  Böhmer  523.  sin 
(1.  Präs.)  Marienl.  3,  6.  Haupt  L  35,  32.  (Inf.)  Annol.  217.  457.  Haupt 
9,  263.  Höfer  I,  9.  Lac.  H,  572.  1011.  Marienl.  9,  2.  vUn :  sin  Wemh. 
28,  4  (mit  Sprengers  Bemerkungen  in  den  Beiträgen  zur  deutschen  Phi- 
lologie,  Halle  1880,  S.  123).  sid  Friedb.  Kr.  F.  1,  5.  sint  Eberbach 
626.  Haupt  -9,  262.  sin  (videant)  Trebn.  Ps.  85,  17.  gesin  AnnoL 
178.  800.  (Hs.  gelten  ptc.)  :  gesin  Both.  1790.  1984.  dn  Annol.  243. 
247.    sün  zinde  Lac.  H,  744.    twOe  Sei.  Tr.  203^ 

Verschieden  von  diesem  i  für  Contractions-^  ist  das  durch 
Verschmelzung  der  Silben  ige  und  ihe  entstehnde,   das    hier 

durch  Reime  belegt  werden  mag: 

Inf.  Un :  magedin  Elis.  935.  :  sin  wett.  Ostersp.  715.  lis  :  pris 
Herb.  14076.  Jerosch.  21975.  underlU  :  zit  Väterb.  4120.  git :  gelit 
Pass.  H.  252,  76.  geiin :  kunegin  Elis.  278.  geschin :  Un  Karlm.  309, 64. 
—  git  (giM) :  dit  Erlös.  2021.  ;  zit  Krolw.  2332.  Jerosch.  15798.  gis 
(gihes)  :  amis  Ulr.  Wilh.  1135.  :pris  Wartb.  Kr.  95,  9.  —  sit :  gebU 
Jerosch.  14310.   :Zit  Marienl.  32,  15.  50,  28. 

Die  Zusammenziehungen  gist  git  aus  gibes  gibet,  quidet 
zu  quit,  pfliget  zu  pflit  sind  auch  md.  geläufig. 

§  53.  §  53.     Andre  Formen   der  Contraction   sind   ie  und  ei. 

ie  für  ehe  erscheint  häufig  in  gien  sten  geschien  =  jehen 
sehen  geschehen,  ferner  begegnet  es  in  spien  und  plien  ssz 
spehen  und  plegen,  auch  dürfen  wir  wegen  des  aus  e  ent- 
wickelten i  des  Fräsensstammes  lien  =  ligen  hierherziehen» 
Am  häufigsten  ist  dieser  Contractionsvocal  in  Ripuarien,  doch 


53 

bleibt  er  namentlich  nicht  in  den  ersten  drei  Zeitworten  auf  §  53, 

diese  Gränzen  beschränkt.    Reimbelege  verbürgen  zugleich  das 

feste  Leben  dieses  ie. 

gien  :  tüten  Karlm.  43,  31.  117,  19  u.  ö.  :  knien  98,  64.  :  zien 
171,  63.  ffie  (1.  8g.  Prs.) :  kie  :  zie  Krolw.  1839.  giet :  niet  Ed.  6489. 
gegiet :  niet  Karlm.  68,  46.  ergiet :  gebiet  280,  39.  ;  niet  168,  29.  gient 
:  verdient  Karlm.  284,  16.  —  gesie :  hie  Pasaion.  H.  93,  40.  sien :  vUen 
Wemh.  28,  4.  31,  22.  :  knien  Serv.  11,  869.  Ursula  291.  :  zien  Karlm. 
171,  63.  sie  (inf.)  :  kirchwie  Ebern.  3362.  zie: sie  Krolw.  978.  be8ie:ie 
Marienl.  64,  37.  siet :  niet  Husen  MF.  46,  36.  En.  628.  2228.  Serv. 
n,  600.  :  schiet  Väterb.  3649.  :  verschiet  Serv.  3130.  siet :  niet :  verriet 
:  gesehiet  Veldeke  MF.  66,  3.  :  niet  En.  8927.  geeiet :  niet  Alex.  4680. 
Ed.  647.  4021.  6163.  Herb.  17749.  gesien  (ptc.  gesehen)  :  knien  Junk. 
u.  Heinr.  764.  —  sien  :  geschien  Wemh.  16,  4.  Serv.  693.  geschien 
:  vlien  Anselm  164.  :  knien  147.  :  zien  Karlm.  160,  32.  160, 33.  geschien 
Hagen  D.  4040  (F.  geschein).  geschie  (inf.) :  hie  Krolw.  4463.  geschie 
:  gie  (inf;)  4637.  geschie  :  die  Hagen  F.  2247.  :  vlie  Alex.  1418.  :  hie 
Hagen  F.  3677.  Sibots  Frauenz.  339.  mastr.  Ostersp.  710.  :  nie  ebd.  260. 
:sie  Krolw.  2048.  geschiet :  niet  Wemh.  1,  4.  Ed.  7700.  Herb.  3629. 
3616.  11441.  —  gespiet :  niet  mastr.  Ostersp.  349.  —  lien :  gien  Karlm. 
36,  35.  116,  18.  :  geschien  309,  64.  :  sien  36,  26.  107,  26.  —  für  plien 
habe  ich  keine  Eeimbelege,  doch  vgl.  pliet  plient  Lac.  m,  1011.  Harff 
51,  9.  —  Angefügt  mag  werden,  dass  das  Adj.  hiderve  als  hierve  und 
beirve  (bierfste  Ennen  I,  66)  zusammengezogen  vorkommt. 

Das  als  uneigentlicher  Diphthong  zu  nehmende  ei  (et) 
erscheint  in  sein,  geschein,  gein  (jehen)  in  Mittelfranken  sehr 
häufig.  Beweisende  Reime  weiss  ich  nicht  anzuführen,  den 
einzigen  geschein :  ein  Rother  873  ausgenommen.  Die  Form 
ie  war  beliebter  als  die  Form  et.  Für  das  Leben  des  ei 
ausserhalb  Mittelfrankens  zeugen  u.  a.  bejein  Höfer  II,  n.  54. 
begeyn  n.  32.  geschein  Mülh.  R.  47.  Henneb.  ük.  II,  35. 
gescheyn  Schirrmacher  Urk.  v.  Liegnitz  n.  88. 

Zusammenziehung  von  ehe  zu  ei  erscheint  in  geyn  Höfer 
II,  n.  109.    gegein  H.  Uk.  I,  840. 

Übergang  des  Contractions-ie  in  iu  und  Verengung  des- 
selben zu  ü  muss  in  geschüt  (=  geschihet)  vorliegen,  das 
Pass.  H.  239,  52  auf  lüt  (=  Hut)  reimt.  Man  vergleiche 
hierzu  hujg  =  hie^s  Köditz  C.  35,  16  und  ü  für  Brechungs-ie 
in  ftus,  slussen,  die  Rückert  *  46  anfuhrt. 


54 


I. 

^  54.  §  54.     Das  oberdeutsche  i,  welches  aus  europäischem  e 

(altarischem  a)  entsprang,  haben  wir  bereits  §§  39.  40.  4& 
behandelt.  Hier  führen  wir  altes  indogermanisches  i  vor,  da& 
wir  am  sichersten  in  den  Formen  der  ablautenden  Zeitworte 
der  I- Klasse  und  in  den  aus  diesen  Stämmen  gebildeten 
Xominibus  erkennen,  während  sich  die  Worte  mit  aus  e  her- 
vorgegangenem i  durch  Beziehung  zu  Tempusstämmen  der 
ablautenden  A- Klasse  abscheiden  lassen. 

Altes  i  der  Stammsilbe  blieb  im  Germanischen  vor  einem 
a  der  Enduugssilbe  unverändert. 

Diese  Regel  bewährt  sich  sehr  sichtlich  in  den  Part- 
Prf.  Pass.  der  ablautenden  Zw.  der  I- Klasse:  zb.  gascinan 
gahlihan  gamitan  gasnitan  gascriwan  =  mhd.  geschinen 
gebliben  gemiten  gesniten  geschrien;  ausserdem  in  Nominal- 
bildungen wie  tripj  grif,  smit,  bu,  visch,  misse,  in  Pronominal- 
formen wie  inan  in,  iz  {ita\  in  Formwörtern  wie  widar. 

Aber  die  alte  Hegel  hatte  schon  in  althochdeutscher  Zeit 
Ausnahmen  erlitten :  es  trat  in  der  Stammsilbe  mancher  Worte 
e  vor  a  statt  i  vor  a  ein,  und  in  einigen  Worten  ist  i  ganz 
verdrängt  und  durch  e  ersezt  worden.  Neben  Pt.  wista  wissa 
steht  gebrochenes  westa  tvessa;  neben  iz  ist  ez  gewöhnlich^ 
neben  ir  herscht  er,  neben  lidec  ledec,  neben  Urnen  sezt  sich 
lernen  fest.  Festgeworden  ist  dieses  e  in  degen  (puer,  vir)^ 
esse,  Tdep  hieben  kleber,  leben,  leber,  lecken  (1.  hüpfen, 
2.  lecken),  qtiec,  stec,  siege,  sweben,  weche,  wehsei.  VgL 
Schleicher  bei  Kuhn  Zeitschr.  VII,  224.  XI,  52.  Bezzenberger 
A-Reihe  65.  Heinzel  Geschäftssprache  46.  f.,  Paul  in  seinen 
und  Braunes  Beiträgen  VI,  82.  f. 

Diese  Wandlung  von  altem  i  durch  a  des  Affixes  nennen  wir  mit 
J.  Grimm  Brechung.  J.  Grimm  begriff  unter  Brechung  zugleich  die 
Erhaltung  eines  europäischen  e  durch  a  der  Endsilben  §  39.  46.  Zum 
Unterschiede  von  dem  Umlaut- e  bezeichnete  Grimm  sein  Brechungs-e 
als  e. 

§  55.  §  55.     In  einigen  Fällen  unterlag  altes  i  der  Dehnung. 

Gewöhnlich  erfolgte  dieselbe  vor  thematischem  sich  verschmel- 
zendem J;  vijant  ward  zu  mant  vient,  vrij :  vrt,  glijan  spijan 


55 

snijan  :  glien  spien  s^^nen,  drij  :  dri,  zwij :  zwi,  sij :  sl.  In  §  55. 
hiCj  bri,  wie  erfolgte  die  Dehnung  vor  thematischem  iv\  das 
auch  in  spien  mit  j  wechselt.  In  hi  (Adv.  Praep.)  führte 
Tonverstärkung  die  Dehnung  herbei.  Im  bairischen  Dialect 
erfolgte  diese  Dehnung  des  i  vor  n  zuweilen,  wie  die  Reime 
bairischer  Dichter  von  In  :  in  zeigen,  BGr.  §  51.  Alemannisch 
kommt  sie  seltener  vor.  Als  Ersatzdehnung  tritt  i  in  Sit  ^= 
sifU  (später,  seitdem)  auf. 

Ausser  diesen  Fällen  kommt  Dehnung  eines  hochtonigen 
i  nur  selten  vor.  Den  betretenen  Weg  deuten  folgende 
Reime  an: 

vogelin  :  hin  Ernst  D.  4066.  hieniden  :  erliden  Lampr.  S.  2601. 
biten  :  ziten  Gundach.  2871.  voizet  :  fitzet  Krone  4548.  vois  :  getcis 
Lampr.  S.  907.  gewissen  :  flizen  Wolkenst.  CVHI.  1,  4.  rigel :  vigel 
Helbl.  13,  163. 

Vergl.  auch  die  Dehnung  des  jüngeren  i  (aus  e)   §  42. 

In  den  aus  dem  lateinischen  und  französischen  entlehnten 
Worten  und  in  den  zahlreichen  fremden  Namen  der  höfischen 
Epen  wird  fast  jedes  i  als  lang  genommen ;  zb.  schriben  (das 
sogar  zum  ablautenden  Zw.  erhoben  ward),  mile,  tvin,  pris, 
gtge,  pßfe,  amis,  aspis,  rävit,  hamit,  ferner  die  Bildungen 
in  -ie :  amie,  cumpanie  u.  a.,  benedien,  die  Namen  wie  Keiy 
Geori,  Deidamie,  Obie,  Paris,  Tampenis,  Ampflise,  Saladin, 
Prürin,  Davit,  Entte. 

Sehr  selten  ward  ige  zu  i  verschmolzen  in  geswigen, 
vgl.  den  Reim  bei  Neifen  37,  8  geswin :  schin. 

Von  Veränderungen  des  alten  i  in  Stammsilben  ist  noch 
die  Verdunkelung  zu  ü  oder  gar  zu  u  zu  erwähnen,  der  es 
ebenso  wie  das  jüngere  aus  e  (a)  entstandene  i  (§  45)  nament- 
lich unter  der  Einwirkung  von  vorausgehndem  w  mundartlich 
unterliegen  kann.  So  ward  wizzen  zuweilen  zu  würzen 
wüssen  und  zu  wiissen,  das  Prt.  wiste  zu  wüste,  zwischen  zu 
zwüschen  und  zwuschen:  AGr.  §  29.  32.   BGr.  §  30.  33. 

wi  verschmilzt  sich  zu  u  in  kuchen  hiiken  (erquicken), 
BGr.  §  30. 

Tiber  erhaltenes  i  in  Prä-  und  Suffixen  §  77. 


56 

§  56.  §  56.     Bei    der    ausgeprägten    Neigung    des    Mittel- 

deutschen zu  e  und  seiner  Schützung  desselben  gegen 
die  Erhöhung  zu  i,  deren  Grund  in  einer  Abneigung  gegen  i 
liegen  muss,  überrascht  es  nicht,  auch  die  Erechuug  des 
echten  i  md.  stark  vollzogen  zu  sehen.  Sie  erfolgt  nicht 
bloss  wie  im  Oberdeutschen  vor  altem  a  des  Affixes  (wie  in 
den  Ptc.  Pt.  und  in  Stämmen  auf  d),  sondern  überhaupt  gern 
und  stellt  sich  als  eine  beliebte  Senkung  des  alten  i  dar. 
Wir  beschränken  uns  auf  eine  Auswahl  von  Belegen: 

(Mainz)  ä/ren  {tribua)  Hü.  m,  n.  1401.  hender  HI,  1128.  neder- 
werther  n,  741.  smet  U,  780.  Fredeherg  I,  449.  hefreden  m,  1380. 
heschreben  n,  866.  verzegen  m,  1172.  —  (Wetterau)  uhirgreffen 
HU.  I,  n.  1139.  geschrehen  I;  419.  tiedewendig.  smedis.  wedir  I,  763. 
Frederich  Böhmer  576.  hefreden  357.  vorlehen  944.  —  (Trier)  grene 
Alex.  4160.  gdeden  Spiegelb.  279,  38.  geschreven :  hieven  Mnsk.  70, 177. 
rether  {eques)  Höfer  H,  66.  -r-  (Hessen)  ienen :  grenen  Herb.  6316. 
frede  :  rede  7303.  f reden  :  Widerreden  8052.  gewes :  Ypopedes  14259. 
—  (Thüringen  und  Ostdeutschland)  geleden :  reden  Secund.  171.  reden 
:  vormeden  228.  vortrd)en  127.  heswechen  (;  rechen)  Manuel  34.  csncer 
(M.  Sax.  n.  6,  54.  em :  Jerusalem  Jerosch.  9716.  hen :  elderen  Schachb. 
247,20.  uhirdrebin:irhehin  S26,6.  geswegin  :  gdegin  211^  2^.  hevrede 
:  vede  268,  33.  —  (Eipuarien)  leven  :  verdreven  £arlm.  326,  52.  :  hieven 
417,  64.  geven  :  hieven  486,  15.  vreden :  reden  436,  64.  segen  :  erstegen 
398,  18. 

Über  md.  i  für  e  vgl.  §  47. 

§  57.  §  57.     Durch   Dehnung   von   echtem   i    entsteht    seit 

12.  Jh.  nicht  selten  i,    namentlich  vor  Lingualis   (besonders 

vor  n).     Vgl.  auch  die  Dehnung  des  jüngeren  i   §  51.     Die 

Keimbeweise   können    schwerlich    dadurch   beseitigt   werden^ 

dass  man  die  Heime  für  ungenaue  erklärt. 

in  :  guldin  Karlm.  427,  3.  :  kindelin  472,  55.  :  sin  Ludw.  Kr. 
80.  90.  574.  1869.  u.  o.  Väterb.  30.  :win  Ludw.  Kr.  4043.  Sarrazin 
:  sin  Ernst  D.  5116.  sin :  hin  Ludw.  Kr.  2785.  4821.  vingerlin  :  hin 
Ulr.  Wilh.  1638.  vogdin  :  dalwn  Ernst  D.  4066.  —  schrihen:  hiben  Pass. 
K.  86,  83.  —  vride  :  mtde  Pass.  K.  149,  93.  smiden  :  verstniden  Herb. 
3446.  git :  mit  Herb.  10903.  :  nit  Elis.  8718.  Sifrit :  zit  Elis.  9725. 
dsigewis  En.  9956.  listen :  pristen  Ernst  D.  2630. 

Eine  qualitative  Veränderung  erleidet  echtes  i  weit 
seltener  als  das  jüngere  i  (§  50)  durch  Verdunkelung  zu  o 
oder  w.     Sie  erscheint  in  den  Casus  des  Personalpronomens  der 


57 

3.  Person :  G.  Sg.  PI.  or^  D.  ome,  A.  one  ow,  N.  A.  Neutr.  oz,  §  57. 
oder  wne,  un,  seltener  un,  uz,  unter  dem  Einfluss  von  w 
steht  dieses  u  Rir  i  im  Ptc.  geluwen,  femer  in  zwuschen, 
wofür  auch  zmchen  eintritt  oder  auch  zwoschen  erscheint. 
Verschmelzung  von  wi  zu  u  ist  auch  in  zuber  vollzogen; 
iLenner  23112  wird  zuber: über  gereimt. 

o. 

§  58.     Von  -  den  zwei  deutschen  Hauptarten  des  o  be-  §  58. 
handeln  wir  hier  das  auf  arisches  a  zurückgehnde,   welches 
von   diesem  sich   gleich  e,    obschon   seltener   als   dieses,   ab- 
gespalten hat,  §  7.     Das  zweite  o  gieng  durch  Brechung  aus 
u  hervor,  §  8,  und  wird  unter  m  §  72  besprochen. 

Wie  das  e  durch  ein  a  des*  Affixes  vor  der  Veränderung 
in  i  geschüzt  worden  war,  so  auch  das  o  vor  der  Senkung 
zu  u.  Beide,  e  wie  o,  blieben  auch  erhalten,  nachdem  das 
a  der  Endsilbe  zu  e  geschwächt  oder  ganz  geschwunden  war. 

Beispiele  des  auf  indogermanisches  a  zurückgehnden  o 
sind  volj  wolle,  wolf,  galt,  holt,  molte,  holz,  from,  gome 
{briutegome),  donen,  doner,  bor,  tor,  dorn,  hom,  hörn,  zorn, 
morty  wort,  börste,  borgen,  morgen,  sorge,  forhte,  ferner  die 
Partieipia  Perf.  Pass.  zweier  ablautender  A-Klassen;  geholn, 
gestoln,  gekomen,  genomen,  geborn,  geschorn,  gesworn,  ger 
troffen,  gebrochen,  gerochen  (ultus),  gesprochen,  gestochen, 
erschrocken,  gebrosten,  gevohten,  geflöhten.  —  geböllen,  ge-  . 
quollen,  geholfen,  erböigen,  gemolken,  gegolten,  geschölten, 
geschmölzen,  bevolhen,  verworren,  gestorben,  geworben,  ge- 
worfen. 

Vor  Doppelnasal  oder  Nasalverbindung  ward  o  der  Stamm- 
silbe, selbst  wenn  das  Affix  a  enthielt  oder  enthalten  hatte, 
zu  u  gesenkt  (sowie  e  unter  derselben  Bedingung  zu  i  sich 
erhöhte).  Deshalb  führen  die  Partieipia  Perf.  Pass.  der  3.  ab- 
lautenden A-Klasse  mit  mm,  nn,  m  +  muta  oder  n  -f  Jxmta. 
in  dem  Wurzelauslaut  nicht  o,  sondern  u  in  der  Stammsilbe : 
gebrummen,  geglummen,  geswummen,  gerumpfen,  gebrunnen, 
engunnen,     gerunnen,     gesunnen,     gespunnen,    gewunnen. 


58 

§  58.  gebunden,  geschrunden,  gestunden,  geswunden,  gevunden^ 
gewunden,  gedunsen,  gedrungen,  geklungen,  gelungen,  ge- 
sungen, gesprungen,  getumngen,  gehunhen,  gesunken,  ge- 
stunken, getrunken,  gewunken.  In  dem  Nomen  hunt  hat  u 
denselben  Grund. 

Wie  die  Nasale  wirkte  auch  i  oder  j  des  Affixes  auf 
die  Senkung  des  alten  6  zu  m.  Das  zeigt  sich  besonders  in 
der  Wortbildung.  Wenn  also  durch  ein  ^a-  oder  Ja -Suffix 
aus  einem  Worte  mit  o  in  der  Stammsilbe  eine  Ableitung 
geschieht,  so  geht  o  zu  w  hinunter.  Von  vol  wird  fulU  fülle,, 
fulljan  füllen  abgeleitet,  von  from  Zw.  frumjan  frummen 
frümmen,  von  js^orn  Zw.  zurnjan  mrnen,  von  mort  murtjan 
murden  mürden,  von  forhte  furhtjan  furhten  fürhten,  von 
holt  huldi  hulde,  von  wolle  Adj.  wullin  wullen,  von  wolf 
wulßn  Wulfen,  von  golt  guldin  gülden  gülden,  von  höh  Adj. 
hulzm  hülfen  und  das  Collectivum  gehülee,  von  dorn  hörn 
die  Adj.  dumm  hurnin  und  die  CoUectiva  gedürne  gehürne,. 
und  in  gleicher  Art  von  vogel,  das  wahrscheinlich  ein  Bre- 
chungs-o  hat,  das  CoUectiv  gevügele. 

§  59.  §  59.     Dieses  geregelte  Verhältnis  des  älteren  o  zu  dem 

jüngeren  u  erleidet  mundartlich  Ausnamen. 

Wo  0  bleiben  solte,  findet  sich  zuweilen  Senkung  zu  u; 
so  ist  elsässisch  und  bairisch  in  den  Ftc.  Perf.  Pass.  u  statt 
0  beliebt,  zb.  genumen,  verdürben,  gebruchen,  unjserbruchen- 
Itche.  Das  wirkt  auch  auf  das  aus  a  getrübte  o  (§  23),  so 
dass  sul  sulte,  wulte,  wunen  wunt  in  oberdeutschen  Hand- 
schriften begegnen,  AGr.  §§  29.  118.  BGr.  §  28.  Auch 
fremdes  o  ward  zu  u  in  kumber,  frz.  combre. 

Andrerseits  wird  o  in  Fällen,    die  seine  Senkung   zu  u 

forderten,  nicht  verwandelt.     Wir  finden  z.  B.  gereimt: 

holden  :  vergolden  Daniel  96^.  erfolt :  wolt  Otack.  c.  91.  geddt 
:  erholt  Wilh.  231,  4.  schölt :  holt  Lanzel.  5405.  verscholt :  solt  Bari. 
124,  17.  frome  :  gome  Lanzel.  2247.  gefromen  :  benomen  Karl  1279. 
antworte :  porte  wGast  9155.  wor gen :  borgen  Laber  321,  7.  :  sorgen 
Mait.  226,  16. 

Demgemäss  wird  femer  geschrieben  erfollet,  ungoltich, 
chomftich,    konig,   gebonden   gewonden   gelongen   gesongen, 


59 

vergönnen  gonst,  vermögen  u.  s.  w.     Belege  finden  sich  AGr.  §  59. 
§  24.  83.  116.    BGr.  §  21. 

Auch  fremdes  u  kann  zu  o  werden.  Neben  kupher  be- 
gegnet kopher,  vgl.  kopher :  opher  Amis  421.  Mart.  14,  78. 
;  klopher  MSH.  III,  53*.  hasche  bosch  neben  busch  kann  frei- 
lich auf  boscm,    die  Nebenform  des  mit.  buscus  zurückgehn. 

Die  Unsicherheit,  welche  auf  diese  Weise  manche  Schreiber 
durch  mundartliche  Verschiebung  des  o  und  u  fühlten,  drückt 
sich  in  dem  Zeichen  ü  aus,  das  sich  auch  hier  und  da  in 
oberdeutschen  Handschriften  für  gemeindeutsches  o  findet, 
z.  B.  briutigüm  Wackern.  Pr.  31,  23.  hüße  Griesh.  Denkm.  24. 
mühte  MSA.  269,  23. 

Aus  dem  Schwebelaut  ö  ward  einzeln  ein  wirklicher 
Diphthong  ou,  vgl.  briutegoum :  troum  tr.  Kr.  4564.  briute- 
goume  :  soume  Mart.  52,  43. 

Eine  andre  Form  des  unsichern  Doppellauts  erscheint  in 
uOy  das  aus  u  vor  Liquida  entstund.  Wir  finden  diesen 
Doppellaut  mit  wirklichem  Diphthong  uo  namentlich  bei  bai- 
rischen  Dichtern  im  Reim,  vgl. 

früm :  richtuom  Krone  22395.  ;  wistuom  Tundal.  56, 10.  ;  siechtttom 
Otack.  c.  43.  verdrümet :  geruomet  Mart  139,99.  stuonden :  gebunden 
Parz.  181,  11.  :  funden  Wh.  208,  4.  :  künden  Parz.  326,  14.  stuont 
:  funt  Parz.  352,  29.  :  kunt  218,  18.  Mai  83,  32.  Ammenhusen  806. 
:unkunt  Krone  8022.  :munt  Parz.  405,  16.  Wigam.  2534.  :pfunt 
Mantel  213.  :  wunt  Wüh.  432,  26.  stunt :  tuont  Dietr.  Fl.  9536.  hurt 
:  gefuort  Wolfd.  A.  217,  4.  antwurt  :  zerfuort :  ruort  Krone  27281. 
fuorte  :  hurte  Krone  16376.  hurte  :  fuorte  Wilh.  29,  12.  behurten  : 
beruorten  Suchenw.  6,  89.  —  BGr.  §  114.  AGr.  §  78.  111.  114.  Echtes 
u  wird  ebenso  zu  uo,  §  71. 

§  60.     Wie   zwischen  o   imd  u   Übergänge   stattfanden,  §  60. 

so   auch   in   entgegengesezter  Richtung   zwischen   o   und   a. 

Wir  lernten  §  23  die  Neigung  des  a  sich  dunkel  zu  förben 

kennen.     Umgekehrt  tritt  o  vor  r  und  l   namentlich  im  bai- 

rischen  Dialect  gern  dem  a  im  Klange  nahe,  und  so  erklären 

sich  leicht   die  Keime  zwischen  o  und  a   bei  bairischen  und 

österreichischen  Dichtern. 

gd>ar :  vor  Teichner  Ls  151,  60.  wort :  vart  gem.  Leb.  607.  Tundal. 
59,  58.  Worte  :  harte  Wemh.  170,  40.  Tund.  42,  57.  47,  7.  54,  65. 
Krone  3430.     harte  :  worte  Mantel  274.     Worten  :  barten  Tund.  43,  76. 


60 

§  60.  Worten  :  warten  Angeng.  8,  1.  orten :  sparten  Laurin  1679.  garten : 
borten  103.  137.  289.  408.  1157.  geswom :  varn  Nib.  C.  17860.  ;  bewam 
3641.  geboren :  wären  Kindh.  72,  1.  wort  :  Irmengart  Neith.  38,  6. 
;  wart  Krone  11204.  Margareta  515.  —  tool :  erhol  Frauend.  487,  8. 
;  schal  492,  6.  :  tal  483,  16.  sol :  schal  Krone  1025.  Besonders  in  den 
Helblingbüchlein  und  bei  Otacker  sind  solche  Beime  häufig.  Auch  die 
Alemannen  kennen  dieses  a ;  so  reimt  Hag  v.  Langenstein  Mart.  223,  64 
verworren :  pfarren,  gerade  wie  Walther  v.  d.  Vogelw.  34,  18.  Über 
die  Häufigkeit  bei  den  Schreibern  im  XIV.  XV.  Jh.  BGr.  §  6.  AGr. 
§  11.  79.  112. 

§  61.  §  61.     Der  Umlaut  des  u  (des  aus  o  gesenkten  wie  des 

alten  Grundvoeals)  wird  seit  dem  12.  Jh.  oberdeutsch  allmäh- 
lich durchgeführt,  sobald  die  Bedingungen  dafiir  (i  oder^  im 
Affix)  wirkten.  Doch  hemmen  manche  Gonsonantenverbin- 
dungen  im  Auslaut  der  Stammsilbe  den  Eintritt  des  ü.  Vor 
II,  nn,  l  +  muta,  m  -\-  muta,  n  +  muta,  r  +  muta,  zuweilen 
auch  vor  ck  bleibt  daher  u  nicht  selten  unumgelautet,  z.  6. 
gtddin,  vergulte,  umbe,  krumbe,  wunne,  bunde,  funde,  künde, 
sunge,  junger,  gurten,  antwurte,  geburte,  wurde,  rucke.  Reim- 
belege AGr.  §  29.   BGr.  §  29. 

Vor  Liquida  erhält  das  umlautende  ü  dialectlich  einen 
Nebenklang,  der  es  zu  Beimbindung  mit  üe  befähigte,  vgl. 
erfünde :  Urkunde :  bestüende  Krone  2110.     Vgl.  §  73. 

Durch  die  in  §  58  dargelegte  Wandelung  des  o  der 
Stammsilbe  vor  i  oder  J  des  Affixes  in  u  oder  umlautendes  ü, 
ist  der  Umlaut  ö  ffir  das  oberdeutsche  der  guten  mhd.  Zeit 
im  Grunde  ausgeschlossen.  Dennoch  erscheint  derselbe  bei 
Deminutivbildungen  in  -el  oder  -lin  und  vor  dem  Pluralsuffix 
(ir)  er.  In  diesen  Fällen  bleibt  o  in  der  Stammsilbe  und 
nimmt  auch  zuweilen  den  Umlaut  ö  an,  der  überhaupt  erst 
seit  dem  12.  Jh.  autkommt.  Wir  finden  also  stalle  stöUelin, 
holz  hoheltn  höUel,  harn  homelin  hömel,  tacke  töckel, 
art  örter. 

Allmählich  stellt  sich  auch  im  Plural  von  Masculinis,  die 
von  der  A-Klasse  in  die  I-Klasse  übertreten,  Umlaut  des  o  ein, 
z.  B.  stock  Stöcke;  ebenso  in  dem  Conj.  Perf.,  z.  B.  mähte,  töhte. 

§  62.  §  62.     Die  Zeitdauer  des  von  uns  hier  behandelten  o 

ward  seit  Anfang  des  13.  Jh.    in  der  Stellung  vor  Liquiden 


61 

yermehrt;    die  bairischen  Dichter  namentlich,   seltener  und  §  62. 
später  die  alemannischen,  gestatteten  sich  nan  Reime  zwischen 
öl :  dl,  om  :  dm,  on  :  on,  ot :  dt,   und  besonders   von  or  :  or. 
£&  genüge  an  einigen  Belegen;  mehr  sind  BGr.  §  55.  AGr. 
§  43  gegeben. 

61 :  voi  Otack.  c.  4.  wöl :  mal  Helbl.  4,  793.  —  vernomen :  chomen 
wGast  7624.  genomen :  chomen  Helbl.  8,  1106.  komen  :  bomen  Montf. 
d,v95.  —  gedon :  schon  Otack.  c.  9.  won :  Scdomon  Helbl.  7,  4.  schönest 
.-gewonest  Suchen w.  6,  11.  —  hör :  kör  Wilh.  308, 6.  enbor  :  mör  Krone 
6997.  vor .  mör  19123.  :  tör  wGast  2066.  Krone  2227.  oren  :  floren 
Suchenw.  41,  697.  toren :  verloren  Montf.  4, 154.  geboren :  hören  (hom) 
als  klingender  Beim,  Wolkenst.  XYE.  6,  1.  hört :  dort  Mantel  623. 
.wort  Tandar.  14898.  gehört: dort  Parz.  426,  22.  :  hört  Kione  20385. 
:  ort  Parz.  4,  29.  mort :  gehört  Ammenhaas.  678.  wort :  erhört  Boner 
63,  14.  :  gehört  Lampr.  F.  430. 1427.  hörte :  borte  Parz.  37, 4.  :  bechorte 
Gundach.  100.  :poHe  j.  Tit.  371,  1.  erhörte :  woHe  MSC.  1,27.  zer- 
störte :  porte  Krone  7672.  worten  :  hörten  Parz.  427,  12.  Bari.  253,  18. 
Lampr.  Fr.  1166.  :  gehörten  Walth.  v.  Eh.  28,  39.  nöt.-spot  Krone 
16922.    Ideinöt :  bot  24804.    tröst :  erlöst :  dost  Krone  19273. 

Bei  der  alemannischen  Zusammenziehung  des  Inf.  komen 
zu  kon  blieb  die  Kürze  des  o  zunächst  gewahrt;  noch  im 
fieinfried  nnd  im  8taufenberger  erscheint  kurzes  kon,  vgl. 
Jänicke  Altd.  Studien  59  und  in  Haupts  Z.  XVII,  506. 
Dichter  aber,  die  komen  als  weiblichen  Reim  brauchten,  wie 
Hug  von  Montfort,  sprachen  auch  das  einsilbige  kon  gedehnt, 
vgl.  Wackernell  Hugo  v.  Montfort  8.  CXLVIII. 

§  63.     Über  das  mitteldeutsche  o  ist  im  allgemeinen  §  63. 
dasselbe  wie  über  das  oberdeutsche  zu  sagen,  weshalb  §  58 
zu  vergleichen  bleibt. 

Mehr  noch  als  im  Oberdeutschen,  vgl.  §  59,  ist  md.,  nach 
den  schriftlichen  Aufzeichnungen  der  Periode  zu  ilrtheilen, 
die  I^eigung  entwickelt,  erstens  o  von  der  Senkung  zu  u, 
die  unter  dort  bezeichneten  Bedingungen  gewöhnlich  erfolgte, 
zurückzuhalten,  und  zweitens  o  in  Verhältnissen,  die  es  nach« 
der  Regel  rein  erhalten  sollen,  zu  u  zu  senken.  Wenn  wir 
in  den  Schriftstücken  u  und  o  in  denselben  Worten  wechseln 
sehn  und  die  unbestimmten  Zeichen  S,  ov,  ü  erwägen^  so 
scheint  ein  zwischen  o  und  u  schwebender  Laut  ftlr  das  o 
und  seine  Senkung  u  mitteldeutsch  geherscht  zu  haben,  der 


62 

§  63.  nach  Zeit  und  Landschaft  bald  einen  helleren,  dem  o  nahen, 
oder  einen  dunkleren,  mit  u  bezeichneten  Klang  hatte.  In 
den  nördlichen  mittelfränkischen  Mundarten  und  im  11.  12.  Jh. 
hat  die  dunklere  Klangfarbe  das  Übergewicht,  südlicher  und 
östlicher  und  vom  13.  Jh.  ab  überhaupt  gewinnt  die  hellere  (o) 
die  Vorhand  (vgl.  Busch  in  Zachers  Zeitschr.  X,  193.  ff.  über 
die  niederrheinischen  einschlägigen  Zustände.  Frankfurter 
Belege  sind  gegeben  von  E.  Wülcker  in  Paul -Braunes  Bei- 
trägen IV,  14.  f.  22 ;  schlesische  bei  Rückert  ^  S.  41  und  Pietsch 
Trebnitzer  Psalmen  XLIX). 

Für  md.  o  gegenüber  gemeindeutschem  u  (das  aus  älterem 

0  gesenkt  ist)  einige  Reimbelege: 

sdn  :  hevoln  Eath.  Mart.  228.  F(Me  :  wölde  Roth.  5165.  holde 
:golde  Roth.  2057.  Schachb.  212,  27.  solde  :  holde  Servat.  1145.  Junk. 
u.  Heinr.  279.  holden :  vergolden  1984.  ungeddt :  Biterdt  Elis.  196. 
irfolt :  goU  Alex.  6976.  gevolt :  golt  Herb.  1819.  gdi :  holt :  ungedolt 
MF.  62,  24.  holt :  schdt :  gedolt :  8oU  57,  37.  holt:8choU  Herb.  882. 
Wemh.  16,  11.  En.  2213.  10172.  Hagen  4420.  Karlm.  33,  2  u.  o. 
verscholt :  golt  Herb.  6615.  scholt :  golt  Karlm.  200,  23.  schdt :  Bertdt 
Jerosch.  16582.  —  gefromen :  komen  (ptc.)  Husen  MF.  42,  25.  gehorn 
:  tom  Herb.  8334.  tom :  hörn  4642.  :  irkorn  Krolwitz  692.  torne  :zome 
Hagen  908.  gebort :  gehört  Herb.  1699.  Jerosch.  17498.  Schachb.  250, 2. 
:  zifört  3509.  :  wort  PUat.  203  (380).  Herb.  11401.  dorst  :fro8t  Hartm. 
Gl.  3098.  vorste :  torste  Pilat.  417  (593).  En.  4955.  vorsten :  dorste 
En.  9965.  :  dorsten  11617.  erworge :  sorge  Herb.  2829.  erworgen  :  sorgen 
Pass.  K.  170,  73.    :  morgen  244,  74.    irworgit :  bisorgit  Schachb.  201,  26. 

Andrerseits  gibt  es  genug  Beispiele  von  md.  u  gegen- 
über gemeindeutschem  o.  Von  Reimbelegen  sind  etwa  nur 
anzuführen  urbur :  vür  Ath.  E.  143.  urburte :  vürte  A.**  26. 
urburtin :  vürtin  A.*  124.  benumen :  gefrumen  M.  v.  Craon  1287. 

Im  übrigen  aber  vergleiche  man: 

gewunlig  HU.  I,  534.  Herhurt  641.  furstmeister  696.  humuz  192. 
—  genumen,  geburen.  uffenlich  Hü.  HI,  999.  zum  H,  640.  totiche 
m,  1395.  —  huldirstrüch  HU.  I,  778.  mrgtdden  (ptc.)  I,  816.  Sybult 
fl,  847.  hulz  I,  479.  743.  944.  furhtdze  Böhmer  88.  Nydernhidz.  ctdsch. 
genuinen  Böhmer  508.  .  wtdte,  vornumen  HU.  1, 265.  Hulzhuaen.  Rudulf 
Böhmer  579.  dunrisdag  I,  201.  sulden,  wülden,  fulgeten  I,  1138. 
genumen  I,  852.  ^  beclummen  (ptc.)  Elis.  4204.  gewunheit  Eberbach  889. 
huffenunge  774.  huppengarte  HU.  I,  1143.  iduch  Friedb.'Kr.  A.  1. 
H.  1,  1.  —  zurnic  Alex.  1177.  zürne  (dat.)  1182.  tursten  1192.  surc- 
sam  Trier.  Ps.  39,  29.    hubisch  Alex.  3652.  —  kumen  (inf.)  :  frumen 


63 

Herb.  2845.  (ptc.) :  frumen  283.  369.  5985.  :  vemumen  5951.  scheHt-  §  63. 
wurt :  enphwrt  1153.  huffelich.  huffenunge  Haupt  XV,  380.  hufte 
Griesh.  Dkm.  24.  huvisc  Ath.  E.  158.  hunig  Myst.  I.  67,  25.  wuchen 
168,  30.  —  gemmen  Mülh.  K.  35.  Höfer  H,  13.  vurderst  grRud.  12, 26. 
^ul  Nordh.  W.  hesurgen  Cd.  Sax.  II.  6,  175.  muckte  Nordh.  W.  mite- 
wuche  Cd.  Sax.  II.  6,  22.  —  umbeicutten.  gehiüfm.  dbg^umin.  wurden 
<ptc.).  surge.  burne,  gewurcht.  huffeliche,  muchte.  tuchte,  vrust 
Rückert  44. 

§  64.     Wir  fügen   hier  Belege    für  die  Lautzeichen  ou  §  6^:. 
oder  ö  und  ü  an,  welche  einen  Schwebelaut  zwischen  o  und 
u  ausdrücken  sollen :  ö  den  helleren  mit  dunklem  Nachklang, 
^  den  dunkleren  mit  hellerem  Nachschlag. 

ov  oder  ö   kommt  seit  dem    11.  und  12.  Jh.   besondere 

am  Niederrhein  vor,  ist  aber  im  13. — 15.  Jh.  auch  in  andern 

md.    Landschaften   im  Brauch.     Es    erscheint   besonders   vor 

Liquiden  und  Palatalen.     Einige  Belege  mögen  gentigen: 

cöpeleweide  (1028)  Lac.  I,  164.  örvare  (c.  1100)  I,  258.  ger^ste 
Eoth.  4135.  vrovcht  3648.  mögit  Alex.  397.  Srvede,  enw^den  (1257) 
Lac.  n,  434.  nakömelinge  (1262)  517.  vrSmet,  körnen,  gezörnen  Iwein 
A.  125.  561.  864.  onschoult  schoiUtisse.  woulde,  houUz,  gehoulfen. 
wounonge.  mouchte  belegt  von  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  293.  gedulde 
:  wUde  Elia.  3410.  scholde :  hSlde  3476.  hoülde.  houf  Kückert  115,  — 
TJeber  die  häufige  Verwendung  dieses  ö  genüge  noch  zu  verweisen  auf 
die  jülich-köln.  Urkunden  bei  Lacomblet  HI.,  auf  Höfer  Urk.  II,  9.  36. 
100;  auf  Harff,  Wierstraet,  Kölner  Cronica. 

Wie  dieses  S  gradezu  in  den  Diphthong  ou  übertreten 
konte,  indem  für  das  schweben  zwischen  o  und  u  eine  feste 
Stellung  vorgezogen  ward,  mag  der  Reim  brüdegoum :  troum 
Pass.  H.  248,  17.    K.  112,  15  beweisen. 

In  denselben  Schriften,  welche  oti  oder  ö  in  der  bezeich- 
neten Verwendung  fuhren,  begegnet  gewöhnlich  auch  als 
gleich-  oder  ähnlich  bedeutend  ü.  Die  Beispiele  beginnen  im 
12.  Jh.,  vgl.  unmügelich.  hünigin  Amst.  Ml.  1,  17.  7,  15. 
sülin  Annol.  15.  güldin  208.  Mning  201.  ioürdin  68.  brüte- 
güm  Ath.  C*  48.  Für  wirklichen  zweilautigen  Klang  spricht 
der  Reim  gehurt  :  verfuort  Ulr.  Wilh.  1968.  Ich  verweise 
im  übrigen  auf  die  ripuar.  Marienlieder,  Morant,  Nassau, 
Strickers  Karl  B.,  Kölner  Sachsensp.  und  Repg.  Cr.,  Lacombl. 
II,  517.  542.  744.  1011.    III,  508.  576.  684.   Ennen  I,  8.  ff. 


64 

§  64.  230.  f.;  auf  Alex.;  auf  Elisab.  (Riegers  Ausg.  S.  48);  Böhmer 
49.  504.  f.  532.  f.  Hess.  Uk.  1,  155.  201.  Ebersbach  ü.  767, 
264.  Mone  Z.  6,  319.  f.  Henneb.  U.  H,  54.  Höfer  I,  6. 
II,  53.  Leyser  Predigten  24 — 136.  Vergl.  über  die  ent- 
sprechenden oberdeutschen  Zweilaute  ou  und  uo  §  59. 

§  65.  §  65.     Diesen  uneigentlichen  Diphthongen  ou  und  uo  für 

0  und  u  sind  einige  andre  Vertreter  von  md.  o  verwant,  die 
ebenfalls  als  ein  o  oder  u  mit  nachschlagendem  unbestimmtem 
Laut  zu  fassen  sind:  oe,  oi  und  ue,  ui, 

oe  für  0  ist  im  westlichen  Mitteldeutschland  vom  13.  bis- 
15.  Jh.  und  wol  auch  später  nicht  selten ;  oi  ist  weit  häufiger 
und  erscheint  auch  in  Thüringen  und  im  Osten.  Beide  werden 
fiir  0  (aus  arischem  a  entsprossen)  wie  für  das  Brechungs-o 
verwant.  Sie  erscheinen  oft  neben  einander  in  denselben 
Schriftstücken. 

t<6  kommt  namentlich  vor  Liquiden  vor;  zuweilen  wird 
üe  geschrieben,  z.  B.  süelen  Ennen  I,  117.  269.  schüelden 
JI,  435  (1260);  ebenso  findet  man  für  das  gleichbedeutende 
ui  auch  ii  oder  ^i ;  vgl.  hüys  (Busch)  Höfer  II,  109.  vüymph 
Henneb.  Uk.  II,  84.    küympt  Ennen  I,  15. 

§  66.  §  66.     Wenn  u  sich  aus  o  fest  entwickelte,   so   kann 

dasselbe  natürlich  vor  i  oder  j  des  Affixes  zu  ü  umlauten. 
Die  Vorliebe,  u  vor  gewissen  Consonanzen  festzuhalten  (§  61),. 

erscheint  auch  bei  md.  Dichtern  im  Reime.     Vgl.  auch  §  75» 

wunne :  brunne  Benner  128.     :  aunne  Orend.  923.  1926.   Heinr. 

Trist.  4526.    :  geumnnen  Orend.  1963.    sungen  :  wunne  439.    sunnen : 

tvunnen  Heinr.  Trist.  4442.    drucke  (d.  sg.) ;  ze  rtu:ke  Ludw.  Kr.  2224. 

Bei  der  Ausdehnung  des  md.  o  dürfte  man  ziemlich  viele 

ö  in  Stammsilben  erwarten,  wenn  das  Md.  dem  Umlaut  über* 

haupt  geneigt  wäre.    Man  findet  in  md.  Schriften  im  14. 15.  Jh* 

meist  0  in  Stammsilben  geschrieben,  die  mhd.  ö  und  ü  fuhren. 

Indessen  begegnen  auch  Umlaute,   z.  B.  erhören,  wörde,  ge* 

borde,  Döringen,  bedörft,  möle  tnölner  moller;  höve,  möchte^ 

Auf  Bipuarien  beschränkt   ist  eu  als  Bezeichnung   dea 

Umlauts  von  u  oder  o.     Es  kommt  in  Schriften  des  14.  15.  Jh» 

besonders   vor   l  vor  und  ist  Nachahmung   niederländischer 

Orthographie,   in  der  noch  jetzt  eu  diese  Verwendung   hat. 


65 

z.  £.   CeuUen  Lac.  lU,  385.     geülden  449.     aeti^de«  HL,  698.  §  66. 
Loersch  67.  zeuldener  Wierstr.  75. 157.  steulUlu^  Wierstr.  619.  JieuUzem 
791.    weulde  Lac.  m,  884.  489.  595.    ceugte  HL,  478.    meuchten  Lac. 
m,  621. 

§  67.     Die  Neigung  o,  entgegengesezt  der  Senkung  zu  §  67. 

u  hin,  offener  nach  a  hin  auszusprechen,   lässt  sich  auch  im 

Md.  beobachten,   vgL  §  60.     Dieser  mit  a  bezeichnete  Laut 

erscheint  nicht  bloss  vor  l  und  r,  sondern  auch  vor  stummen 

Gonsonanten.     Solches  a  für  o  ist  allgemein  mitteldeutsch. 

Vgl.  muntbar  HU.  I,  1335.  mumpar  HI,  1130.  —  munthar  HU. 
I,  740.  gebam  Böhmer  458.  tcardin  840.  habe  (hove)  908,  Inxbis  840, 
habereide  1090.  Dudinhaben  1217.  —  aamen :  Jcomen  Jonk.  u.  Heinr. 
1337.  —  oder,  adir  Herm.  v.  Fritsl.  o.  Cd.  Sax.  11.  6,  6.  u.  o.  Backert26. 
hob.  habestat  Höfer  11, 160.  —  überkäme  Nordh.  W.  A.  3.  —  scUdener, 
behalfen,  halczer.  stcdcz,  wart,  antwart,  adir,  wache,  gebrachen,  ge- 
sprochen Bückert  26.  f.  —  gewart  {geworht)  :  hart  Karlm.  157,  20. 
scuihin :  gisprochin  Wemh.  53,  26. 

Vor  r  nam  dieses  aus  o  entstandene  a  zuweilen  einen 
nach  i  sich  neigenden  Klang  an,  der  durch  e  7on  den  Schreibern 
ausgedrückt  ward.  So  finden  wir  derre  HU.  III,  1181.  ertverbe 
Nordh.  W.  A.  13.     Erferte  Dreferte  Swinferte  bei  Köditz. 

§  68.     Die  Dehnung  des  md.  o  (aus  altar.  a)  entwickelt  §  68. 
sieh  in  selber  Art  wie  die  des  oberdeutschen.    Seit  der  spä- 
teren  Zeit  des   12.   Jh.    gestatten    sich    die  Dichter   Reime 
zwischen  on :  on,  or :  or.    Einige  Belege  mögen  es  bezeugen : 

Un  :  van  Einst  D.  1834.  Elia.  2388.  7074.  7153.  Syon  :  von  EHs. 
9156.  won :  Ion  Ulr.  Wh.  852.  bor  :  sör  Jerosch.  25780.  dort :  gehört 
Pass.  K.  61, 17.  Ebern.  1288.  Krolw.  2790.  dort :  wort :  gehört  Meißner 
MSH.  3,  99^  dort: zustört  Pass.  K.  61,  85.  gebort : gehört  Herb.  1699. 
gehört :  mort  15823.  :wort  Veldeke  MF.  67,  6.  En.  1925.  11667.  Herb. 
410.  Krolw.  113.  Ulr.  Wh.  2503.  Pass.  H.  56,  18.  207,  22.  wort :  hört 
Ulr.  Wh.  345.  :  getört  Pass.  H,  308,  58.  hört :  gehört :  bekort  MSH. 
ni,  24^  orte :  gehörte  Ernst  D.  8935.  hörte :  worte  Pass.  H.  205,  27. 
Junk.  u.  Heinr.  370.  ;  antworte  En.^1647.  borte  :  gehörte  En.  1788. 
borten :  hörten  240.  Worten  :  förten  Herb.  1450.  ;  gehörten  En.  4518. 
Serv.  669.  711. 

Die  Dehnung  des  Brechungs-o  erfolgt  auch  vor  den  Muten 
häufig,  §  74. 

Auch  das  aus  o  gesenkte  u  erleidet,  nach  Keimen  zu 
schliessen,  Dehnung.    Wir  finden  kumen :  hlümen  Erlös.  2003. 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm,  i.  Aufl.  5 


66 

§  68.  kume :  lüme  1355.  urbur :  vür  (vuor)  Ath.  E.  143.  In  Spruch 
:  brück  Schachb.  295, 3.  brücke :  sprucke  258, 29  kann  Kürzung 
des  ü  vorliegen,  §  122. 

§  6^-  §  69.     Bei  Zusammenziehung    der  Silben   oge   entstund 

entweder  o,  für  das  wir  wol  Länge  ansetzen  dürfen,  oder  oi, 
wie  in  voit,  das  hierher  zu  setzen  gestattet  werde,  oder  ou : 
vout.  In  oi  und  ou  ist  ursprünglich  o  mit  nachschlagendem 
i  oder  u  zu  erkennen.  Die  Aussprache  des  oi  ward  aber 
ew-artig  und  die  von  ou  ging  in  au  über,  vgl.  faugt  Salm. 
1,  2  (Stuttgr  Hs.)  fougt  (alter  Druck)  faut  (Eschenburgs  Hs.). 
Der  Ausfall  des  g  ist  auch  sonst  angedeutet,  z.  B.  fatd  Mone 
Z.  6,  320.  HU.  I,  543.  II,  S.  775.  Anm.  no.  1319.  Böhmer 
543.  562.  658.  Cronica  v.  Cöln  o.,  fautye  HU.  I,  596.  III,  119. 

U. 

§  70.  §  70.     Wir  behandeln  nunmefir  das  alte  indogermanische 

u,  das  nicht  wie  das  bisher  vorgeführte  (§§  58.  f.  63)  in 
Bildungen  aus  A- Wurzeln,  sondern  aus  U -Wurzeln  auftritt. 
Es  zeigt  sich  in  den  ablautenden  Zeitworten  der  U- Klasse 
und  in  damit  zusammenhängenden  IS^ominibus  am  greifbarsten. 
Worte  mit  u  in  der  Stammsilbe,  welche  Worte  mit  iu  oder  ou 
zu  Verwanten  haben,  führen  altes  echtes  u  in  sich. 

Dieses  u  steht  also  z.  B.  in  den  Fl.  Perf.  Muhen  schuhen 
Stuben  suffen  sluffen  truffen  bluwen  Tcuwen  ruwen  suien 
du0zen  verdruezen  fluiszen  guzzen  nutzen  sckuzzen  sprusseen 
frum  kurn  verlurn  bugen  flugen  lugen  sugen  smugen  trugen 
zugen  krucken  luchen  rucken  fluken,  femer  im  Zw.  tugen 
mit  den  Nom.  tugent  tukt,  in  den  Nom.  kuf,  suf,  kluft,  ludern, 
verdruz,  guz,  genuz,  lust,  verlust,  kust,  luge,  buc,  fluc,  zuc, 
zukty  ruck,  flukt,  sukt,  trukt. 

§71.  §  71.     Auch  dieses  alte  u   konte  in  einen  Schwebelaut 

zwischen  u  und  o  übergehn,  der  so  ähnlich  dem  Steigerungs- 
diphthong uo  klang,  dass  ihn  namentlich  die  bairisch -öster- 
reichischen Dichter  des  13. 14.  Jh.  mit  demselben  gern  reimten. 
Einige  Belege,  frum :  richtuom :  ruom  Krone  22395.  vgl.  ebd.  12. 
216.  5118.  12029.  8un  :  huon  Helmbr.  772.  :  tuon  Heinr.  Pfaffenl.  278. 
Nib.  332,  1.  936,  1.  u.  o.    Jüdel  31.    Parz.  28,  24.  198,  6.  u.  o.   Wilh. 


67 

269,  28.  Krone  5031.  21606.  Biter.  1947.  6167.  Ortn.  20,  4.  Wolfd.  §  71. 
A.  6,  1.  Mai  130,  32.  Wigam.  1405.  Meier.  2469.  Walth.  v.  Eh.  136, 42. 
Otack.  c.  17.  u.  0.  Lutwin  1841.  2110.  2630.  3315.  Ammenhus.  1455. 
stuonden  :  gebunden  Parz.  181, 11.  :funden  Wilh.  208, 4.  stuont :  kunt 
Parz.  218,  18.  Mai  83, 32.  Gundach.  1644.  :  munt  Krone  25092.  :pfunt 
Mantel  212.  stunt :  tuont  Dietr.  Fl.  9636.  —  verlur  :  fuor  Otack.  c.  91. 
:  snuar  Suchen w.  22,  170.  fuorn  :  kum  Dietr.  Fl.  9031.  antwurt : 
zevuort :  ruort  Krone  27279.  vurt :  ubervuort  9139.  vuorte :  vurte  Krone 
4261.  hurten :  zevuorten  18381.  —  huöhen :  schtiben  Krone  12416.  — 
fuoz :  guz  Parz.  572,  1.  —  wöUust :  tuost  Lutwin  698.  —  sluht :  nuoht 
Helbl.  2,  1362.  zuht :  geruoht  Kol.  cod.  103,  245.  :vermdht  104,  291. 
gewuohs :  fuhs  Wilh.  61,  8. 

Anhangsweise  erwähnen  wir  auch  der  Neigung  der  voca- 
lisch  auslautenden  Worte  du  und  nu  sich  bairisch  zu  duOj 
nuo  zu  gestalten.  Demgemäss  finden  sich  die  Reime  du :  ie^fuo 
Lampr.  F.  2812.  3928.  ^uo  :  du  Parz.  368, 14.  Wilh.  148,  20. 
nu:fruo  Parz.  788,  9.  :tuo  Krone  3867.  :missetuo  Lutwin 
1089.    :  mo  Parz.  789,  19.  Meier.  6664. 

Vgl.  §  59  über  den  gleichen  Vorgang  bei  dem  jüngeren  u, 

§  72.  Vor  a  eines  Affixes  ward  echtes  u  der  Stamm-  §  72. 
silbe  zu  0  gewandelt  oder  nach  J.  Grimms  Bezeichnung  ge- . 
brechen,  §  8.  Diese  Brechung  tritt  am  deutlichsten  im  Partie. 
Perf.  der  ablautenden  Zeitworte  der  TT -Klasse  hervor,  z.  B. 
gehlohen  (ahd.  gaklohan),  gestöben,  gesoten  geboten  verdrozzen 
gegozzen  geflozzen  genozzen  geschozzen  geJcom  gefrorn  ver- 
lorn gebogen  geflogen  gesmogen  gezogen  gelogen  gekrochen 
gerochen  geflohen.  Bei  den  Verben  mit  thematischem  w 
geschieht  die  Brechung  im  Partie.  Perf.  nicht,  es  bleibt  also 
u  in  gebluwen  geruwen  geJcuwen;  dieses  u  verlängert  sich 
sogar  oder  steigert  sich  zu  iu  oder  ou,  z.  B.  Partie,  geruwen 
geriuwen  gerouwen. 

Das  Brechungs-o  erscheint  ferner  in  Ableitungen  aus 
alten  w- Stämmen,  so  in  den  Nominibus  Mobe,  schober,  lop, 
knöpf,  schöpf,  tropfe,  offen,  böge,  vogel,  herzöge,  gezoc,  ge- 
troc,  bloch,  lochj  gebot  böte,  kloz,  floz,  sprozze,  kost,  frost, 
tohter,  und  in  Zeitworten  wie  loben,  zocken,  sochehfi,  kosten. 

Zuweilen  greift  dieses  Brechungs-ö  über  die  Grenze  hin- 
über,   worauf  das  schwanken  zwischen  dem  andern  o  und  u 


68 

§  72.  (§  59)  wirken  mag.  8o  reimt  Stricker  im  Ameis  721  hom 
(fiir  hurn  PL  Perf.)  :  gesworn,  erJcom  :  verlorn  im  Karl  5845^ 
im  Daniel  63'  logen  :  gepflogen. 

Für  truhtin  ist  mhd.  troktm  durchgedrungen;  das 
schwanken  zwischen  o  und  u  erscheint  noch  in  trouUin  Vor- 
auer  Eaiserkr.  27,  22.  Jenes  trohtin  wird  weiter  zu  troMm 
geöffnet:  Vorauer  Ged.  245,17.  260,13.  370,22.  371,13. 
Karajan  92,  3.  112,  11.  trachtein  Yintler  3141,  und  dieses 
zu  trehtin,  später  trechtein  umgelautet,  der  gewöhnlichen 
oberdeutschen  Wortform  im  12. — 16.  Jh.;  vgl  Schmeller 
bWb.«  I,  645. 

Andrerseits  zeigt  sich  auch  in  den  obd.  Dialecten  hier 
und  da  die  Neigung,  gebrochenes  o  zu  u  zu  senken.  So  ist 
in  österreichischen  Urkunden  des  14.  Jh.  luben,  gelüb  ge- 
lubnu$8f  verleben  nicht  selten,  und  auch  alemannisch  kommt 
zuweilen  luben  vor.  Man  findet  trupfstal  Meran.  Stadtr.  21; 
t^t  Altenb.  ük.  106.  üb  Geschichtfr.  9,  48.  guiinne  Bari. 
D.  246,  2.  gefruste  Krone  5391.  u.  a.    BGr.  §  28.  AGr.  §  29. 

§  73.  §  73.     Der  Umlaut   des  u  z\x  ü   beginnt  im   9.  Jh.; 

im  12.  Jh.  scheint  er  schon  sehr  entwickelt  und  zwar  nach 
allem  Anschein  in  denselben  Fällen  wie  im  13.  14.  Jh.  Als 
Regel  haben  also  zu  gelten  die  Umlaute  kür,  verlür,  vür, 
vürder,  dürfteCf  vürste,  kürjge,  würze,  süne,  brünne,  sünde, 
klübe,  Schübe,  gdübäCy  üppic,  slüpfe,  hüffe,  büte,  knütel, 
rüMen,  güzze,  verdrüzee  verdrütjge,  schüzee  schütze,  slüzzel, 
büge,  lüge,  tüge,  trüge,  flücke,  brüche,  frühte,  flüMic,  Indessen 
wird  auch  Widerstand  geleistet  und  besonders  Liquida  cum 
Muta  oder  auch  ck  hindern  den  Umlaut  Doch  tritt  er  zu- 
weilen selbst  vor  einfacher  Liquida  nicht  ein,  wie  sich  aus 
Reimen  sicher  ergibt. 

für  :  Wigamür  Wigam.  764.  kur  :  wider fuor  Krotte  26288.  junger 
:  ünger  Helbl.  1,  24.  Mart.  180,  111.  trutiken :  duhken  tr.  Kr.  10122. 
Schrifbzeichen  sind  i  ü  ^6  ü  iv  vi  y,  und  schon  im  12.  Jh. 
gemäss  ungenauer  offener  Aussprache  auch  i,  vgl.  BGr.  §32. 19. 
AGr.  §  31.  22.  Wenn  sich  im  12.  13.  Jh.  zuweilen  eu  für 
den  Umlaut  ü  findet,  zb.  veunf  Vor.  Ged.  16,  3.  17,  15. 
veunfzec  9,  12.  Preunhilt  Wiener  Sitz.-Ber.  XIII,  172,  so  ist 


69 

■  • 

das  ein  ungeschickteB  Übertragen  von  eu  sss  iu  auf  den  Um-  §  73. 
laut  des  kurzen  u. 

Vor  Tf  seltener  vor  andern  Consonanten,  erhält  das  ü 
zuweilen  einen  Beiklang,  der  es  wie  üe  tönen  lässt,  weshalb 
österreichische  Dichter  solches  ü  mit  dem  Diphthong  üe  reimen : 

für :  gefüer  Krone  3475.  16Ö37.  18201.  :  erfüer  10362.  :  müer 
Helbl.  1,  951.  :8umer  1,  785.  3,  376.  erkür  :fuer  Enik.  297.  verlür 
:  ungefüer :  tür  Krone  7584.  für :  voiderfüer :  gefüer  2067.  führte :  ant- 
würte  10237.  —  ervünde:  Urkunde  :bestüende  Kione  2110.  —  büege: 
lüge  Krone  24177.  —  BGr.  §  109.  110.    Vgl.  oben  §  61. 

§  74.  In  den  m  d.  Dialecten  steht  u  an  derselben  Stelle  §  74. 
wie  in  den  oberdeutschen,  und  unterliegt  den  gleichen  Wan- 
delungen durch  Brechung  (§  72)  und  Umlaut  Es  ist  viel- 
leicht dem  Einfluss  des  schwankenden  Verhältnisses  zwischen 
dem  jüngeren  u  zu  o  (§  63.  f.)  zuzuschreiben,  dass  sich  auch 
das  alte  u  in  Fällen,  in  denen  an  keine  Brechung  zu  denken 
ist,  nach  o  hin  neigte,  so  dass  es  demselben  ähnlich  klang 
und  im  Beim  zu  o  gebraucht  ward. 

Belege,  san  :  gewon  Herb.  118.  :  Agamemnon  4858.  ;  Tenedon 
2780.  dor :  vor  Erlös.  2216.  kare :  vore  Pilat.  450  (274).  verlwn  (3.  PI.) 
:  kam  Alex.  1015.  ;  tom  Herb.  10192.  —  oUr :  Bohir  Jerosch.  4546. 
of :  hof  Md.  Ged.  94,  345.  flogen :  herzogen  Karlm.  394,  6.  henogen 
:  bogen  Herb.  8996.  gesöcht :  zockt  Hagen  2002.  mähten  :  flöchte  £n. 
11850.    gevohten  :  tohten  Hartm.  Gl.  515. 

Ausser  Beim  begegnen  solche  o  häufig.  Für  das  weiter- 
schreiten  von  o  zu  a,  das  in  dem  obd.  trahtin  (§  72)  sich 
bemerkbar  machte,  ist  wenigstens  eih  Beleg  im  Friedberger 
Xrist  (Dkm.  XXXIII,  81)  in  drathin  zur  Hand, 

Den  Beweis   für   das  Leben   von    reinem  u   können  die 

Reime  vorzüglich  geben,  in  denen  gedehntes  ti  mit  ü  (=  uo) 

gebunden  wird: 

8un :  furstendüm  Elia.  124.  2190.  :tün  Erlös.  1215.  2967.  u.  o. 
Krolw.  2370.  Jerosch.  7537.  8651.  Pass.  H.  156, 80.  Väterb.  258.  Kath. 
Marter  1466.  :  getim  Krolw.  2224.  Väterb.  556.  mne :  süne  Jerosch.  18085. 

Im  Gegensatz  zu  dem  o  für  u  hat  das  Md.  die  Neigung, 

die  Brechung  o  zu  t<  zu  senken.     Dies  zeigt  sich  namentlich 

in  den  Worten  uberüte  Alex.  4723.  -~  uffen  z.  B.  Elis.  720. 

9693.  Höfer  II,  116 ;  uffenen  Brev.  190 ;  uffenbar  Herb.  3503. 

Myst.  I.  166,  32.  u.  o.  Nordh.  Weist.;   uffenlich  HU.  I,  623. 


70 

§  74.  III,  999.  Cd.  8ax.  II.  6,  43.  —  ufte  EHs.  4221.  —  hercjsug 
Mone  Z.  6,  314.   gezugenliche  Roth.  275. 

Das  aus  u  durch  Brechung  entstandene  o  unterliegt 
ebenso  wie  das  aus  altem  a  hervorgegangene  (§  68)  seit 
dem  12.  Jh.  der  Gefahr,  gedehnt  zu  werden.  Reime  werden 
diesen  Vorgang  belegen. 

8töU  vol  Hagen  6191.  vor :  tör  Renner  2978.  bekorn :  örn  Pass. 
fl.  345,  22.  hekorten :  hörten  Ernst  D.  3488.  —  lop  :  'stop  MSH.  HI,  35»>. 
gelohet :  höbet :  tobet  Veldeke  MF.  63,  31.  gebot :  tot  Krolw.  102.  Ludw. 
Kr.  3216.  gebot :  got  livl.  Kr.  5316.  got :  gebot  Ulr.  Wh.  3020.  :  not 
Orend.  1183.  Ernst  D.  1165.  Krolw.  2981.  Renner  3700.  :töt  Orend. 
3646.  En.  2083.  Ludw.  Kr.  3998.  Renner  398.  livl.  Kr.  4574.  brote 
:  gote  Ludw.  Kr.  192.  dot :  spot  Wemh.  32,  13.  misseböt :  spöt  ülr. 
Wh.  1026.  spot :  not  Renner  23260.  kose  :  gelose  Elis.  7439.  kosen 
:  gelosen  5876.  intlösin :  hosin  Ath.  B.  52.  kost :  gelöst  Junk.  u.  Heinr. 
290.  tröst :  kost  Ernst  D.  2012.  2580.  froste :  voröste  Jerosch.  25776. 
bogen : benogen  Herb.  8996.  dennoch: hoch  Krolw.  1450.  zöch:noch 
Renner  3108. 

§  75.  §  75.     Der  Umlaut  des  reinen  u  in  ü  ist  md.  so  gut 

wie  obd.  yerhältnismässig  früh  zu  belegen:  Hüften  Annol.  212. 

triugeheit  818.      Im   allgemeinen    aber    liebt    das   Md.    den 

Umlaut  nicht  und  u  bleibt  häufig  gleich  dem  u  aus  o  (§  66) 

unverändert. 

Einige  Reimhelege  sind  jungem :  hungern  MSH.  3,  89^,  Väterb. 
2506.  kuste  :  brüste  Orend.  2472.  drucke  :  brücke  Ludw.  Kr.  3273. 
wunne :  sunne  Wartburgkr.  66,  3.   zürnen :  burnen  Fass.  H.  328,  44. 

Auch  den  Umlaut  des  Brechungs-o  oder  das  aus  reinem 
u  dialectlich  hervorgegangene  o  liebt  das  Md.  nicht  Im 
14.  15.  Jh.  finden  wir  aber  in  der  Regel  ö  geschrieben,  z.  B. 
verlöre,  löstig,  vlöget,  öffenlich. 

Irrationale  Yocale. 

§  76.  §  76.    Die  bisher  behandelten  Vocale  stehn  in  den  Stamm- 

silben der  Worte.  Hier  sind  die  ursprünglichen  Vocale  in 
der  Regel  nur  Einflüssen  ausgesezt,  welche  die  Qualität  leicht 
abändern  und  die  Quantität  in  den  Gewichtstufen  des  Ablauts 
steigern  oder  mindern.  Anders  verhält  es  sich  mit  den  Suffix- 
und  Flexionssilben  der  Worte,  ebenso  mit  den  Präfixen  und 
auch   mit   selbständigen   einsilbigen  leichten  Worten,    die   in 


71 

tonlosen  Stellen  der  Rede  stehn  oder  präfixartig  (wie  die  §  76. 
Titulaturen)  den  wichtigeren  Worten  vorgestellt  werden.  Auch 
die  zweiten  Theile  componirter  Worte  unterliegen  bei  Ton- 
entziehung der  Yocalischen  Entartung,  die  seit  der  späteren 
althochdeutschen  Zeit  in  jene  Silben  und  Wörtlein  eindringt 
Die  Farbe  der  Vocale  zersezt  sich,  die  Tonstärke  und  das 
Gewicht  werden  auf  das  geringste  gemindert  und  so  schwinden 
in  vielen  Fällen  diese  Laute  ganz.  Aus-  und  Abfall  (Syncope, 
Apocope)  verändern  die  Wortgestalt.  Vgl.  auch  §§  17 — 19 
hierüber. 

Wir  nennen  diese  entarteten  Vocale  der  bezeichneten 
Silben  irrationale.  Die  gewöhnlichste  Schwächung  wird  durch 
e  bezeichnet;  die  %  a,  o,  u,  welche  zuweilen,  besonders  in 
Schriften  von  stark  mundartlicher  Färbung,  in  den  geschwächten 
Worttheilen  auftreten,  sind  nur  als  unbestimmte,  an  die  ge* 
schriebenen  Vocale  anklingende  Laute^  und  von  keinem  höheren 
Werte  als  das  irrationale  e  zu  deuten. 

§  77.     Von  jener  Schwächung  gibt  es  nur  einzelne  durch  §  77. 
die   Tonstärke    der    betreffenden  Nebensilben    bedingte   Aus- 
nahmen, die  wir  hier  zusammenstellen. 

a  bleibt  a  in  dem  hochtonigen  Präfix  ant-  vor  Substan- 
tiven und  daraus  entspringenden  Ableitungen;  femer  in  dem 
Snfßx  -ant  der  substantivirten  Participien  heüänt,  välant 
viant,  wtgant;  sodann  in  den  Nominalsuffixen  -ach  und  -sdl; 
zuweilen  in  den  Localadverbien  dannan,  hinnan. 

ä  bleibt  als  a  bei  den  Substantiven  in  -at  und  -cUe ;  auch 
in  dem  Lehnwort  arzat, 

<B  bleibt  in  den  Masculinis  auf  -cere, 

i  bleibt  im  hochtonigen  Präfix  My  das  theilweise  zu  hi 
verlängert  ward ;  femer  in  den  Suffixen  -inne  (verlängert  m), 
-tc,  'ine  und  inge,  -i^cA,  "ist  {hengist,  herbist  und  zuweilen 
in  den  Superlativen),  -nisse. 

i  bleibt  in  dem  Nominalsuffix  -in  (das  freilich  auch  zu 
-en  geschwächt  wird)   und  der  Deminution   in  -in  und  -lin. 

0  bleibt  im  hochtonigen  Präfix  -vor;  ferner  in  dem 
Adjectivsufifix  ^oht  -ot. 

6  bleibt  als  6  oder  o  in  der  Substantivbildung  -öt,  -öde; 


72 

§  77.  ferner  theilweise  im  Suffix  der  zweiten  schwachen  Conjugation 
und  in  den  Comparationsformen  -ör  -ost, 

u  bleibt  in  den  Suffixen  "Unc  und  unge;  zuweilen  in 
'Unt,  femer  im  Doppelsuffix  'nusse  oder  umlautend  nüsse. 
Es  bleibt  auch  im  hochtonigen  Nominalpräfix  ur  und  umge- 
lautet im  betonten  Präfix  vür. 

Die  erhaltende  Kraft  des  Accents  zeigt  sich  in  der  Ent- 
artung der  angeführten  Affixe  und  Präfixe,  sobald  ihnen  der 
Ton  entzogen  wird.  Neben  vischcere  z.  B.  steht  vischer,  neben 
viant  steht  vient  mntj  neben  trehün  trehten,  neben  mänot 
mänetj  neben  titäisch  steht  tiutesch  tiutsch  u.  s.  w. 
§  78.  §  78.     Die  gewöhnlichste  Bezeichnung  des  geschwächten 

Vocals  ist,  wie  gesagt,  e. 

Von  einsilbigen  Worten  mit  diesem  e  sind  zu  nennen: 
men,  wen,  sem,  der,  dez  als  Nebenformen  von  man,  wan, 
sam,  dar,  dae  —  ver  für  titulares  vro  vrou,  z.  B.  ver  Finte 
Reinh.  56.  ver  Hersant  903.  ver  Krimhüt  Boseng.  C.  80. 
ver  Katze  D.  Myst.  I.  293,  20.  Vgl.  auch  Grimm  dWb.  IV. 
I,  1.  Sp.  72.  —  ew  für  ein  in  entviht  enander.  —  vür  (md.  vor) 
in  vorlehnender  enger  Verbindung:  verguot  Pass.  K.  188, 17. 
Ludw.  Kr.  4883.  Boner  25,  60.  Montf.  18,  205.  vemihte 
Montf.  28,  674.  29,  11.  32,  150. 

Von  den  Präfixen  sind  nur  die  hochtonigen  ant,  bi,  in, 
ur,  und  das  schwankend  betonte  un  dem  e  entgegen. 

Der  zweite  Theil  der  Composita  behält  in  gebildeter 
Sprache  seinen  echten  Vocal,  ausgenommen  in  dem  häufigen 
iemen  niemen,  ieweht  nieweht,  lieber  dialectliche  Entartungen 
AGr.  §  17.  BGr.  §  13.  Auch  in  fremden  Worten  kann 
durch  Tonverrückung  der  Vocal  der  lezten  Silbe  entarten, 
vgl.  diäken  Silv.  1347. 

Über  die  Behandlung  des  tonlosen  und  stummen  e  in 
den  Wortaffixen  hat  §  18  schon  die  Kegel  gegeben.  Unbe- 
tontes e  nach  kurzer  hochtoniger  Stammsilbe  oder  tieftoniger 
kurzer  Nebensilbe  verstummt,  besonders  nach  Liquida,  weniger 
regelmässig  nach  h  und  t.  Beispiele  für  die  regelmässige 
Apocope  und  Syncope  geben  u.  a.  nim,  var,  hil,  schin,  sihe, 
böte  —  helft,  vom,  gerte,  lobte,  michelm,  siht. 


73 

Unbetontes  e  nach  langer  hochtoniger  Stammsilbe  oder  §  78. 
nach  langer  tiefboniger  Nebensilbe  wird  noch  gehört  und  ist 
nnr  tonlos  (früher  war  es  tonfähig).  Diese  Kegel  beachten 
jedoch  selbst  die  Dichter,  und  zwar  durch  den  Versbau  ver- 
anlasst, nicht  immer,  d.  h.  sie  gestatten  sich  überhaupt  un- 
betontes e  zu  syncopiren  und  apocopiren,  brauchen  also  Formen 
wie  erte,  diende^  ruomtej  ssurnäCy  ftMcte,  und  selbst  Zioen(e), 
fuor(e)j  hdrt{e)y  $U{e),  ge8iht{e),  daht{e).  Namentlich  neigen 
die  Südostdeutschen  hierzu.  Schon  gegen  Ende  des  12.  und 
am  Anfang  des  13.  Jh.  begegnet  solche  Vernichtung  des  nicht 
stummen  e  zahlreich:  BGr.  §  15.  Lachmann  z.  Klage  27. 
Jänicke  Heldenb.  I,  S.  XL  VI.  Sprenger  über  Tundalus  21.  23. 
Wilmanns  Walther «  S.  29— 39.  Wamatsch  der  Mantel  S.  91. 

§  79.     In   den  Präfixen  be,  ge^  ver  kann    das   e  auch  §  79. 
verschwiegen  werden.     In  be  wird   es   mit  folgendem  voca- 
lischem  Anlaut  zuweilen  ganz  verschmolzen:    binnen,  bü^en, 
beinzigen  (Otacker).    Vor  Consonanten  bleibt  be,  ausgenommen 
vor  l;  wenigstens  wird  es  in  beliben  belangen  oft  syncopirt. 

ge  elidirt  am  leichtesten  vor  Vocalen  sein  e,  also  be- 
gegnen oft  gahten,  garnen,  genden,  giren,  ginnem,  girren, 
guneren.  Femer  schwindet  das  e  leicht  vor  l  n  w:  glaube, 
gliche,  glücke,  gnade,  gnoz,  gnuoc,  gwält,  gwinnen,  gwisse» 
Aber  die  Dichter  sind  von  verschiedener  Haltung.  Die  des 
12.  Jh.  lieben  die  Kürzung  (B..  Hildebrand  im  deutsch.  Wb. 
IV.  I,  1.  Sp.  1596.  f.  Rödiger  in  Z.  f.  d.  A.  XIX,  289.  f. 
Kinzel  in  Beitr.  z.  d.  Philol.  S.  29).  Walther  gestattet  sich 
solche  Formen  erst  in  seiner  späteren  Zeit  ( Wilmanns  Walther  * 
S.  38),  Neithart  syncopirt  nur  vor  w  (Haupt  z.  Neith.  58,  7), 
der  Stricker  fast  nur  vor  n  und  w  (Bartsch  z.  Karl  S.  LXXXV), 
Konrad  von  Würzburg  nur  in  dem  Wort  gnade  (Haupt  z. 
Engelh.  209),  Hartmann  v.  Aue  ist  freier  und  syncopirt  auch 
vor  m  (gmach  Greg.  115).  Im  14.  15.  16.  Jh.  gieng  man 
noch  weiter,  vgl.  BCxr.  §  14.  Grimms  d.  Wb.  IV.  I,  1. 
Sp.  1597.  S,,    über  diese  Syncope  im  Md.  ebd.  Sp.  1600. 

ver  syncopirt  yot  eischen  so  gewöhnlich,  dass  vreischen 
die  herschende  Form  ist.     In  Verliesen  verstümmelt  sich  das 


74 

§  79.  Präfix  früh  und  häufig  völlig:   vliesen  vlös  vlurn  vlust  be- 
gegnen überall. 

Auch  in  präfigirtem  dar  {der)  wird  Syncope  sehr  oft 
vollzogen:  dran,  drinne,  drüze,  drumbe,  drunder.  Selbst  r 
schwindet  darin  mitunter:  dinne,  duze, 

§  80.  §  80.     Im  Mitteldeutschen   gelten   für    die  Schwächung 

der  V^ocale    der  End-   und  Vorsilben   dieselben  Gesetze    wie 

im  Oberdeutschen.     Wir  sehen  hier  auch  i  zu  e  geschwächt 

in  den  Fem.  agent.  zb.  wirten,  deren,  clüseneren,  und  in  den 

Adj.  zb.  durnen,  linen,   wullen.     Das  zweite  Wort  in  Com- 

position  wird  durch  Tonentziehung  in  vulgärer  Rede  zuweilen 

stark  entstellt :  wingert,  tinselt,  Stfert,  Godefert  Ennen  1, 109. 

schöltest  HU.  III,  1433.   fryet  Hagen  677.    seliket  Cd.  Sax. 

II.  6,  9  (1324J.   vortel  Cd.  Sax.  II.  6,  115.    Henrech  Höfer 

I,  15.   hilech  Leyser  Pr.  101,  22.   erfreche  ebd.  61,  31.  messses 

Eoth.  2510.   hrütleft.     Titulares   vorgelehntes  vrou   entartet 

auch  md.  zu  ver,  z.  B.  ver  Eisbete,   ver  Golderad  Henneb. 

ük.  I,  166.    ver  Hadewige  Hagen  5024. 

Syncope   und  Apocope  des  e   in  tonlosen   und   stummen 

AfBxen   und  Präfixen   geschieht  md.   nach  dem   allgemeinen 

Gesetz;    aber   der  Ausnamen,   dass  auch  bloss   unbetontes  e 

schwindet,  gibt  es  frühe  und  zahlreiche. 

Bei  Heinrich  v.  Morungen  när  :  war  MF.  123,  8.  lös  :  verkös 
122,  26 ;  im  Secundus  heiser  :  Ur  216.  mir  (mcere)  :  heiser  173 ;  im 
Passional  rün  (ruhen)  :  tun  E.  226,  33.  vlüt :  züt  (vUuhet :  ziühet} 
222,  55;  im  Benner  dem:nem  3916.  tcer:gesnerr  21159.  gehet  :tet 
3664.  liep  :  diep  (n.  pl.)  14087.  Examerön  :  schon  14087.  —  Vgl. 
Jeroschin  v.  Pfeiffer  LVlll.  Ebemand  v.  Bechstein  XXI.  Schachzabel- 
buch V.  Sievers  bei  Haupt  Z.  XVn,  388. 

Stark  syncopirte  Formen  begegnen  überall  in  den  md. 
Schriften,  besonders  des  14.  15.  Jh.  häufig,  ebenso  fehlt  es 
wie  erwähnt  nicht  an  apocopirten.  Im  allgemeinen  aber  neigt 
das  Md.  dazu,  die  Nebensilben  nicht  als  stumm  zu  behandeln, 
sondern  mit  Nebenton  zu  sprechen.  Daher  finden  sich  oft  un- 
gekürzte Perfecta  wie  redete  lobete  legete  harrete  volgete 
betrübete  drouwete,  Nominalformen  wie  schiene  clegere  tüfele 
vingere  bürgere,  edele,  michele,  und  selbst  zweisilbige  Worte 
mit  kurzer  Stammsilbe,  wie  js^ale  tntde  hane  schare  here  iure 


75 

mide,  ferner  Verbalformen  wie  die  Präsentia  nenie  vare  gebe,  §  80. 
und  die  Infinitive  helen  varen  generen  geren  bewaren,  ebenso 
Participia  wie  gevaren  geboren  gestolen. 

Unzweifelhaft  hängt  das  mit  der  Erhaltung  des  Neben- 
tones der  Endung  und  diese  mit  Dehnung  der  kurzen  hoch- 
tonigen  Stammsilbe  zusammen. 

§  81.  Neben  dem  e  treten  nicht  bloss  in  der  über-  §  81. 
gangszeit  vom  Ahd.  zum  Mhd.  andre  geschwächte  Endungs- 
vocale  auf,  sondern  auch  in  der  mhd.  Periode  selbst  werden 
von  den  Schreibern  in  Prä-  und  Suffixen  wie  in  den  Flexionen 
i,  a,  0,  u  neben  dem  e  gebraucht.  Es  scheint  mir  nicht 
möglich,  diese  verschiedene  Lautbezeichnung  auf  gesetzmässige 
Bedingungen  zurückzuleiten,  wenn  auch  in  einzelnen  Fällen 
und  vielleicht  selbst  in  einzelnen  älteren  Denkmälern  der  Unter- 
schied in  der  Anwendung  z.  B.  von  e  und  i  aus  der  Ver- 
schiedenheit der  älteren  grammatischen  Formen  gedeutet 
werden  kann. 

Vgl.  die  Ansichten  von  Paul  in  s.  Beiträgen  VI,  139  und  Laistner 
ebd.  Vn,  551.  ff.;  von  Pietsch,  der  in  der  Anmerk.  zu  Rückerts  Entwurf*  • 
S.  35  und  (75)  den  Vocal  der  Stammsilbe  von  Einfluss  auf  e  oder  i 
der  Endung  glaubt. 

Im  allgemeinen  halte  ich  daran  fest,  dass  der  geschwächte 
gewöhnlich  als  e  wiedergegebene  Vocal  der  Nebensilben  einen 
80  unbestimmten  Klang  hatte,  dass  ihn  die  Schreiber  auch 
durch  andre  Vocalzeichen  auszudrücken  suchten,  wobei  mund- 
artliche Eigenheiten  und  consonantische  Einflüsse  mitbestim- 
mend wurden. 

Was  i  in  dieser  Verwendung  betrifft,  so  zeigt  es  sich 
in  alemannischen  Handschriften  und  Urkunden  vom  12.  bis 
15.  Jh.  in  Prä-  und  Sufßxen  nicht  selten;  in  bairisch- öster- 
reichischen beschränkt  es  sich  mehr  auf  das  11.  12.  Jahr- 
hundert. AGr.  §  23.  BGr.  §  20.  Vgl.  auch  Vogt  über  die 
Wiener  Genesis  in  Paul-Braunes  Beitr.  II,  231.  ff.  261.  ff. 

Mitteldeutsch  ist  die  Bezeichnung  des  irrationalen  Vocals 
in  SufQxen,  Flexionen  und  in  Präfixen  durch  i  während  der 
ganzen  mhd.  Periode  sehr  beliebt.  Namentlich  vor  den  Lin- 
gualen  scheint   dieser   dünne   und  hohe  Klang  jenes  Lautes 


76 

§  81.  entwickelt.     Interessant  ist,  dass  Dichter  sich  die  Verwendung^ 
solches  i  im  Reim  auf  vollvooalisches  i  und  t  gestatten : 

kundi  :  mundi  (Genit.)  Salom.  1,  2.  sconi :  Sdlomöni  1, 7.  tempü 
:  vü  Jerosch.  441.  capüü  :  tDÜ  Schachb.  167,  6.  schepü  :  spü  Pass.  H. 
66,  10.  vanin  :  an  in  Ath.  2,  91.  bandin  :  beJcand  in  Jerosch.  14650. 
gevangenin  :  in  Schachb.  244,  12.  sin  :  sprechin  Annol.  314.  sin : 
histörjin  Schachb.  222, 2.  ve/Uin :  trehHn  Orend.  1706.  gunnin :  kunigin 
1138.  lUin  :  mit  in  Jerosch.  15391.  jungerin  :  sin  Schachb.  175,  26. 
Ungerin :  in  208, 22.  düsint :  kint  Eoth.  490.  vUehinde :  kinde  Tr.  Egid. 
492.  muotir  :  tuot  ir  Ath.  C.  43.  Jerosch.  22046.  dir :  muodir  A.mat. 
Ml.  222.  maris :  sunderis  228.  aftermalis  :  materjälis  Pass.  H.  247,  60. 
spitalis :  Johannis  Jerosch.  1358.  rätis :  majestäHs  Pass.  H.  105, 7.  150, 43. 
lönis  :  Symeönis  97,  47. 

In  den  Präfixen  hat  sich  i  namentlich  in  int  in,  ir,  dir 
festgesezty  häufig  ist  es  in  vir,  selten  in  be  und  ge.  Die 
geschwächten  Wörtchen  men,  der,  dez  verdünnen  sich  auch 
weiter  zu  min,  dir,  die.  Ebenso  dringt  i  in  die  titularen  er 
(hirre)  und  ver  (vrou)  ein,  zb.  ir  Höfer  II,  74.  171.  vir 
Höfer  II,  32. 

Vgl.  auch  E.  Wülcker  Yocalschwächung  im  MittelbiüLnendeutschen 
59.  f.  und  bei  Paul-Braune  Beitr.  IV,  28.  Rückert  Entwurf  34.  f.  Ketsch 
Trebnitzer  Psalmen  LII.  f. 

Die  Unsicherheit  der  md.  Schreiber  darüber,  ob  sie  e 
oder  i  in  den  unbetonten  Nebensilben  zu  setzen  hätten,  drückt 
sich  in  der  Lautverbindung  ei  aus,  welche  natürlich  nicht  als 

Diphthong  aufzulösen  ist. 

In  Präfixen  ist  dieses  ei  seltener,  zb.  einttoichen  Salman  192,  4. 
eingein  Ennen  HI,  157.  hey sitzen,  beyweydemt  geyveiU  Lac.  EI,  247. 
geigeiven  ID.,  172.  veyrgieven  Eberbach  767.  —  In  Affixen:  machtein 
Hü.  m,  1012.  scheffein  1099.  Uhein  I,  616.  heischeit  Höfer  U,  107. 
dankeit  Anz.  3,  37.  —  IngeilhiU  HU.  I,  886.  seczein  948.  hupleticheyn 
I,  786.  virbumeit.  bezaleit,  leufeit,  ammeit  I,  736.  crtbeyz  881.  —  vor- 
schribein  Heuneb.  Uk.  I,  151.  virspHeit  Mülh.  B.  55.  geträveit  51. 
berichteit  37.  biclageit  40.  Schlesische  Belege  bei  Bückert  101.  Anm. 
und  im  Cod.  dipl.  Sües.  IV,  300.  —  hovitlingein  (1270)  Höfer  I,  8. 
"ärlügedein,  seitzein,  ürlügient,  bimeint  (1278)  Ennen  IQ,  157.  duseiwt 
Höfer  n,  100.  wanevnt  Lac.  III,  478.  eveir  Ennen  I,  156.  wedeyr  244. 
halveir  333.  middeHeir,  wanddeir  Lac.  IH,  180.  andeirs  48.  hundeirt 
449.  gebeszereit  Ennen  I,  158.  gestedegeit.  gemaisgeit  Bpg.  Cr.  62.  85. 
betirmet  Höfer  H,  107.  röfeit,  bibodeit  Lac.  m,  48. 
§  82.  §  82.     Ausser  i  erscheint  als  Vertreter  des  geschwächten 

Vocals  der  Nebensilben  auch  a. 


77 

•  • 

In  der  TJbergangszeit  vom  Althochd.  zum  Mittelhochd.,  §  82. 
im  11. — 12.  Jh.,  erscheint  dieses  a  in  oberdeutschen  Hand- 
schriften allerdings  vielfach  in  denselben  Endungen,  denen  a 
grammatisch  zukommt:  Aber  nicht  minder  häufig  begegnet 
es  dort,  vfo  i  e  6  u  gesetzmässig  waren,  ein  Beweis  dafür, 
dass  dem  a  der  Endungen  in  dieser  Periode  kein  gramma- 
tischer Wert  zukommt.  Es  findet  sich  im  bairisch- öster- 
reichischen des  11.  12.  Jh.  häufig  (vgL  F.  Vogt  bei  Paul- 
Braune  Beitr.  II,  231—239,  261—266);  später  wird  es 
seltener,  kommt  indessen  vor  r,  n,  t  im  13.  14.  Jh.  zuweilen 
vor,  ebenso  seit  dem  14.  Jh.  in  entarteten  zweiten  Gompositions- 
theilen,  wie  viertal,  knoßach,  elachy  mitach  (müewoche); 
BGr.  §  8. 

Alemannische  Händschriften  und  Urkunden  belegen  das 
irrationale  a  im  12.  und  13.  Jh.  oft,  besonders  wird  es  seit 
Ende  des  13.  Jh.  beliebt ;  es  erscheint  auch  noch  in  Drucken 
des  15.  Jh.,  AGr.  §  10.  79.  112. 

In  den  mitteldeutschen  Schriftwerken  tritt  jenes  a  im 
11. — 12.  Jh.  in  gleicher  Stellung  wie  in  den  oberdeutschen 
hervor.  Wir  finden  es  zum  Theil  anstatt  des  alten  a  oder  ä, 
zum  Theil  aber  als  Vertreter  anderer  Vocale,  aber  noch  so 
tonföhig,  dass  es  mit  echtem  a  gereimt  ward,  z.  B.: 

gdtan :  gewan  Annol.  318.  man:werdan  trier.  Egid.  61.  :ver- 
scheidan  67.  ;  singan  1189.  :  hehaHdan  1393.  hinnan  :  hegän  Bother 
2472.  :JM(2ian  Annol.  369.  äbant :  jotchant  ISiol,  56y  20.  :  genant 'Fnedh, 
Kr.  E.  1,  10.  düsant  :  Agolant  Earlm.  361,  55.  :  hekant  451,  17. 
:  Bölant  851,  56.  :  gemnt  Alex.  1829.  1845.  6362.  —  ?unban :  begräban 
Friedb.  Er.  E.  1, 11.  näman :  man  tr.  Egid.  638.  stündan :  man  1439. 
gnädan  (G.  PI.) :  man  1609.  strälan  (d.  pl.) :  virnam  514.  erande :  lande 
Eoth.  2904.  Stangen :  scrickande  2158.  Uande :  wigande  2621.  runande 
:la^%de  1224.  trörande: lande  1392.  :viande  1419.  weinande: landen 
4036. 

Die  Qualität  dieses  a  sowol  =  a  als  =  :r  schätze  ich 
nicht  über  das  irrationale  e.  Es  treten  diese  a  neben  e  ganz 
unregelmässig  auf  und  erscheinen  je  nach  Bedarf  im  Reim; 
sie  dauerten  auch  im  13.  14.  Jh.  fort,  als  von  einer  Erinne- 
rung an  historisches  a  in  den  Endungen  nicht  mehr  gesprochen 
werden  konnte,  und  sind  deutlich  nur  eine  hellere  vollere 
Variation  des  unbestimmten  Vocals  der  Nebensilben,  vgl. 


78 

§  82.  ifuna  ensida  helfera  doitfeda  brodera  Trier  1248   Mrh.  Uk.  DI. 

965.  gereychta  genga  geyna  eyma  eynra  weira  henda  Cöln  1325 
Höfer  n,  100.  hundart :  vart  Karlm.  344,  66.  345,  23.  adar  (oder) 
Cd.  Sax.  IL  6,  6  (1306).  kreczmar  ebd.  135  (1455).  ohant  Cod.  dipl. 
Sil.  ViU,  52.   Schirrmacher  liegnitz.  Urk.  n.  319. 

Das  a  kommt  auch  in  Präfixen  vor :  häufig  in  antweder, 
ferner  erscheint  es  im  titularen  ar  =  er  =  her  Höfer  II,  32 ; 
sodann  im  entarteten  zweiten  Theil  zusammengesezter  Worte : 
vriat  Pass.  K.  163,  66.  Godevart  (Gotfrid)  Lac.  III,  80.  335. 
Sivart  (Sigfrid)  Lac.  III,  269.  Repg.  Cr.    Syffart  Köditz  G. 

3,  24.    Drefart  ebd.  58,  28.    ErfaHe  G.  49,  12. 

§  83.  §  83.    Eine  dunklere  Klangfarbe  des  geschwächten  Vocals 

findet  sich  durch  o  bezeichnet.  Dieses  o,  das  dem  e,  i,  a, 
die  wir  besprachen,  durchaus  gleich  zu  schätzen  ist,  zeigt  sich 
schon  ahd.  yereinzelt  und  tritt  auch  in  der  Übergangszeit  auf. 
Man  vergleiche  nur  die  Wiener  Genesis  (Vogt  bei  Paul-Braune 
Beitr.  II,  231.  ff.  261.  ff.)  und  Otlohs  Gebet,  wo  es  neben 
den  Fällen,  in  denen  der  Nachklang  von  historischem  o  zu- 
gegeben werden  könnte,  altes  a  und  i  vertritt.  Bairisch  ist 
es  mir  später  nicht  aufgestossen,  wol  aber  in  alemannischen 
Schriften  des  13.  14.  Jh.,  AGr.  §  26.  116.  Noch  im  15.  Jh. 
kommt  es  häufig  vor,  vgl.  die  geistliche  vßlegong  des  lebös 
Jhesu  Christi  von  ungef.  1470  (Ph.  Wackernagel  D.  Kirchen- 
lied 1,  371). 

< 

Mitteldeutsch  ist  o  in  der  bezeichneten  Verwendung  eben- 
falls zu  belegen.  In  dem  mitte] fränkischen  Legendär  wie  im 
Leidener  Williram  ist  o  (=  geschwächtem  e)  in  den  Verbal- 
wie  Nominalendungen  sehr  beliebt,  vgl.  Busch  bei  Zacher 
Z.  X,  198 — 203.  Auch  sonst  erscheint  es  für  irrationales  e 
in  Affixen  nicht  unhäufig,  vgl.  Agamemno :  ä'andero  Annol. 
360.  stont.'kont  Eneit  5132.  :  düsont  1194.  zwitorn.hom 
Eenner  1748;  ferner  vogol  Ennen  I,  535  (Vogolo  lat.  Eigen- 
name Ennen  III,  419).  avont  Harff  156,  8.  107, 39.  pylgerom 

4,  11.  kindolin  mastr.  Ostersp.  504  u.  o.;  also  fast  überall 
unter  Einwirkung  der  Liquida;  für  die  Wirkung  der  Gut- 
turalis  zeugt  ambockt  Harff  50,  35.  217,  35. 

In  dem  Präfix  vor  =  ver  hat  sich  o  md.  allgemein  sehr 
festgesezt;    weniger  in  go  =  ge,   vgl.   aber  HU.  UI,  1024 


79 

gosaezet  gosdle  ingosygel  gomerlce  gowende  gohangen,  Höfer  §  83. 
II,  37  gowon,  Pilat.  10  gotöge,  Johann.  Hieronym.  B.  185,  17 
gobot,    Schröer  Vocab.  1062  gobort.     bo  kenne  ich  nur    aus 
Hü.  III,  1024  boscriben. 

In  dem  geschwächten  titularen  vrou  kommt  neben  ver 
und  vir  auch  vor  vor:  vor  Eve  Leyser  Pr.  48,  34.  101,  9. 
127,  13.' 

§  84.  Ein  noch  dunklerer  Klang  des  Endungsvocals  §  84. 
ward  durch  u  wiedergegeben.  Wir  finden  diese  Bezeichnung 
bairisch  in  dem  Partie.  Präs.  in  -uttde,  ferner  in  äbunt,  BGr. 
§  31,  auch  iemittunt  kommt  vor  Berth.  Pred.  I.  298,  33.  35. 
Alemannisch  zeigt  sich  in  Formen  der  2.  schw.  Conjug.,  sowie 
in  dem  PI.  Ind.  und  in  2.  Sg.  Ind.  des  schwachen  Präteritum 
zuweilen  u  (Laistner  in  Paul -Braunes  Beitr.  VII,  552.  ff.), 
wo  altes  6  wiederscheinen  könnte. 

Auch  in  den  Präfixen  be  en  ent  er  ver  ge  wird  der 
unbestimmte  geschwächte  Vocal  mitunter  alem.  wie  bairisch 
vom  12.— 15.  Jh.  durch  u  gegeben.  Vgl.  AGr.  §  30.  118. 
BGr.  §  31. 

Mitteldeutsch  ward  u  ebenfalls  in  der  angegebenen  Art 

gesezt.     Sehr  verbreitet  sind  die  Präfixformen  unt  (vgl.  über 

den  mittelfränkischen  Gebrauch  Busch  in  Zachers'  Z.  X,  204), 

vur,  zur  zu.     Selten  ist  gu  •=  ge,  doch  vgl.  guleigen  Höfer 

II,  100.    guwis  Rother  177. 

In  Suffixen  erscheint^  dieses  u  namentlich  vor  n : 
ähunt  Alex.  6667.  Herb.  5999.  9120.  Pilat.  201  (25).  Cd.  Sax.  H. 
6,  61.  67.  81.  8,  79.  84.  —  dugunt  Friedb.  Kr.  J.  2,  4.  tugunt  togunt 
Pietsch  Trebn.  Ps.  S.  LEU.  togunt  Secund.  40.  toguntlich  Cd.  Sil. 
IX,  253.  —  düsunt  :  kimt  Wemh.  27,  34.  tüsunt  :  gesunt  Pass.  K. 
65,  93.  574,  8.  :  stunt  Eol.  92,  16.  Alex.  898.  962.  Pass.  H.  114,  64. 
254,  85.  Jerosch.  10527.  Grünhagen  Schles.  Lehnsurk.  I,  96.  f.  493. 
Kückert  47.  —  fimdamunt :  grünt  Wemh.  28,  20.  —  Die  Endung  des 
.Part.  Präs.  unde  belegen  varunde  Both.  1874.  schowunde :  umhe  1350. 
2450.  weinunde :  umhe  2376.  d^'ewunde  varunde  vorluffunde  reytunde 
Eückert  47.  Pietsch  Trebn.  Ps.  S.  Lin.  Vgl.  femer  u  in  Endungen 
auf  n :  erhabun  (Ptc.)  Friedb.  Kr.  E.  2,  3.  habunt  HU.  III,  1466.  - 
wölkun  Friedb.  Kr.  H.  2,  4.  hinnun  Hü.  HI,  1403.  zussun  Mrh.  ük. 
n,  371.  Zahlreiches  Endungs-Mw  bietet  die  Kölner  Urk.  v.  1325  bei 
Höfer  n,    100.   —  In  anderer  Schlusssilbe:   eydum,   scholtus  Achener 


80 

§  84.  Stadtrechn.  apptä  Henneb.  Uk.  11, 50.  mormuUn  Bückert  48.  stammuln 
Schröer  Vocab.  262.    pragiMchj  bresslatousch,  pcianusch  Rückert  48. 

§  85.  §  85.    Der  Apocope  des  tonlos  gewordenen  geschwächten 

EndungsYocals  gegenüber  erscheint  obd.  wie  md.  die  An- 
fügung eines  e  an  flexionslose  Nominalformen  und  Verbal- 
endungen, sowie  an  Pronomina  und  Präpositionen.  Seit  dem 
12.  Jh.  gestatten  sich  bairisch-österreichische  Dichter' derartige 
unecht  erweiterte  Worte  sogar  im  Reime,  z.  B. 

geteerte  :  gerte  Wemh.  207,  12.  greife :  umhesweife  Neith.  90,  13. 
vande  :  rande  Mai  114,  22.  hige  :8<me  Gundack.  942.  gene  :  ewene 
Laber  250, 4.  — järe :  zewdre  Helmbr.  792.  —  wire :  schiere  wGast  A.  898. 

—  ddbie :  lecherie  Laber  427,  7.  —  BGr.  §  17.  290.  388.  842.  AGr.  §  20. 

Mitteldeutsch  wird  namentlich  seit  dem  14.  Jh.  im  Westen 
wie  im  Osten  das  epithetische  e  beliebt.  Es  begegnen  also 
besonders  die  flexionslosen  Casus  der  Neutra  gern  mit  Cy  wie 
järe,  lande,  diere,  mbe,  kleide,  gode,  pande,  femer  Nominative 
von  Masc.  und  Fem.  wie  rate  dUe,  Eigennamen  wie  Cünräte, 
Ludivige  in  Nom.  und  Acc.,  Pronominalformen  wie  iche,  ine, 
Perfecta  wie  vUe,  sähe,  trüge  u.  s.  w.  Vgl  W.  Grimm  Athis 
I,  17  (361).  Rieger  EUsabeth  8.  38.  F.  Vogt  Salman  8.  HL 
Pfeifier  Jeroschin  8.  LVIIL  Rückert  Entwurf  218. 
§  86.  §  86.     Der  eigenthümliche   vocalische  Nebenton 

der  Liquidae  l  und  r  (§  11)  ist  in  unsem  alten  Schrift- 
werken nicht  selten  bezeichnet  worden,  und  auch  bei  dem  w 
tritt  dieselbe  Erscheinung  zuweilen  heraus.  Wir  finden  einen 
Vorklang  und  einen  Nachklang.  Am  häufigsten  wird  e  dafür 
geschrieben. 

a)  Vorklang  vor  auslautendem  einfachem  l,  r,  n,  m: 
Süd  Vorauer  Ged.  12,  4.  sivel  Vorauer  Kaiserkr.  5,  7.  — 
fiwer  Vorauer  Kais.  5,  30.  Parz.  222,  5.  vüwer  Pass.  £.  3,  6. 
fiuwer :  ungehiuwer  Rabenschi.  698, 1.  hiuwer :  stiutoer :  iuwer 
Neith.  47,  23.  tiwer  Nib.  A.  B.  1974,  2.  Neith.  R.  immer. 
müer  Psalm  17,  32.  jähir  Cd.  8ax.  11.  6,  90.  —  nüen  Cd. 
Sax.  II.  6,  89.  friwent  Parz.  98,  16.  217,  15.  —  lahem 
Köditz  G.  79,  21.    tühem  Cd.  8ax.  IL  2,  65.    BGr.  §  94.  108. 

b)  Vor  klang  in  anlautender  Verbindung  von  muta  c.  liqu. 
oder  w:  phelegen,  veliehen,  gdas,  gelüegende  —  cheniende 

—  kerendin,  berust  —  dewcmc,  zewelf.    BGr.  §  17. 


81 

Nachklang  hinter  verbundener  Liquida.  Im  Ahd.  zeigt  §  86. 
sich  noch  oft  die  alte  Wirkung  des  vorausgehnden  Vocals 
als  bestimmend  fiir  den  liquiden  Nebenton  {aramy  halam 
XL.  8.  w.).  Mhd.  herscht  nur  e:  Buregonden,  stureme,  zur  ende 
—  arem,  hären,  hören,  zoren,  geren,  gevureht,  Dehnung  des 
vorausgehnden  Stammvocals  ist  im  Gefolge,  so  dass  Öster- 
reicher und  Tiroler  des  späteren  13.  und  des  14.  Jh.  diese 
gedehnten  Worte  als  klingende  Reime  brauchen,  vgl.  eren  : 
steren  Helbl.  11,  15.  ieren  :  hieren  {irren  :  kirn)  Suchen w. 
25,  93.  geren :  herren  Wolkenst.  LXII.  2, 10.  verloren  :  zoren 
Suchenw.  38,  78.  —  BGr.  §  17.  AGr.  §  20.  Joh.  Schmidt 
Vocalism.  II,  376 — 383. 

In  mitteldeutschen  Schriften  der  mhd.  Periode  finden 
wir  die  Svarabhakti  ebenfalls  durch  e  bezeichnet.  Beispiele 
geben  Alef,  hallevin;  Steremberg  (Henneb.  Uk.  1, 117),  koren, 
gedarest  (Salm.  82,  2).  —  bereit  (Salm.  572,  2),  gelcLS,  gelanz, 
geleder,  geleste.  —  zewei. 

§  87.  Statt  e  wird  obd.  wie  md.  auch  das  dünner  §  87. 
klingende  i  für  den  Nebenton,  namentlich  vor  l  und  r  c.  muta, 
geschrieben.  Bairisch- österreichisch  findet  man  häufig  halif, 
pelig,  chalich,  empfelichen  —  eribe,  starib,  perig,  marich, 
EricMag,  durich  —  scriphit,  Jcrefftte,  funifte;  ganiz.  Auch 
im  Anlaut  begegnet  dieses  i :  ziwelf,  vilehet  Vgl.  BGr.  §  20. 
AGr.  §§  23.  115. 

Mitteldeutsche  Belege  sind  u.  a.  Älif  Lacombl.  II,  376. 
werlit  Cd.  Sil.  IX,  254.  barin  Bother  2212.  3936.  horin 
4175.  Icorin,  schoristeyn  Lac.  III,  179.  harinscharin  Trebn. 
Ps.  118,  122.  berich  ßother  4188.  burich  4380.  Vorschlag 
vor  r:  trüirlichen  Trebn.  Ps.  41, 10.  42,  2.  gemüirte  59, 11. 
107,  11.  ndkebwir  1368.  Cd.  Sax.  II.  6,  23.  Zwischenlaut 
zwischen  h  und  t:  vlugit  Both.  ,4182. 

Eigenthümlich  dem  Thüringischen  und  Ostdeutschen  ist 
ein  zwischenklingendes  o  in  vorebil  =  vrebil  (vrevel),  vgl. 
Nordh.  W.  Mülh.  St.  Kulmer  Landr.  Schröer  Voc.  2257. 
2918  und  vorebü  :  nebil  Jerosch.  13531.  vorebbele  :  nebbele 
26494.  vorevel  Jerosch.  8809.  9122.  20405.  20576.  vorevelich 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.   3.  Aufl.  6 


82 

§  87.  9547.  vorevinflich  Tzschoppe-Stenzel  ürk.  8.  521.  Vgl.  im 
md.  Schachbuch  213,  31.  222,  10  virebilich.  Eine  falsche 
Etymologie  des  Wortes  hat  wol  auf  diese  Formen  gewirkt. 
Eine  Deutung  J.  Grimms  im  D.  Wb.  IV.   I,  1.   Sp.  171. 

In  Verbindung  mit  w  erscheint  u  zuweilen  als  Bezeich- 
nung des  Ifebenklangs,  vgl.  zuwtbil  Eilh.  Tr.  9,  65.  suwelehen 
9,  13.  -   toituwe  Alex.  7087.    HU.  III,  1392.  1453.  1488. 

2.   Lange  Vocale. 

A 

A. 

§  88.  §  88.     Das  mittelhochdeutsche  lange  ä  ist  entweder  altes 

langes  ä,    das   altgermanischem  e   entspricht,   oder   Dehnung 
von  a,  §  24. 

Die  vulgäre  oberdeutsche  Aussprache  des  langen  ä  war 
nicht  rein,  sondern  zur  Senkung  geneigt,  so  dass  ein  mehr 
oder  minder  dunkler  Zwischenlaut  zwischen  d  und  6  entstund^ 
ein  langes  ä.  Daher  und  bei  mundartlicher  geöffneter  Aus- 
sprache des  ö  um  so  erklärlicher,  begegnen  seit  der  zweiten 
Hälfte  des  13.  Jh.,  zumal  bei  den  Baiem  und  Österreichern, 
Reime  zwischen  ä  und  6;  die  Alemannen  gestatten  sie  sich 
seltener  und  später,  BGr.  §  38.  AGr.  §  34.  44.  87.  120. 
Im  14. — 16.  Jh.  ward  dann  oft  gradezu  a  für  o  geschrieben. 
Anderseits  aber,  weil  man  in  der  Aussprache  des  ä  bis  zu  o 
hinab  gieng,  vertritt  im  bairischen  und  alemannischen  Dialect 
6  nicht  selten  das  ä.  Zur  Andeutung  der  Zwischenstellung 
zwischen  d  und  6  begegnet  in  alemannischen  Handschriften 
des  14.  15.  Jh.  zuweilen  das  Zeichen  ä.  Im  elsässischen 
Dialect  ist  ä  im  14.  15.  Jh.  regelmässig  zu  6  geworden,  AGr. 
§  44.  124.   BGr.  §  56. 

Einige  Reime   mögen   oberdeutsches  o   für  d  bezeugen: 

also :  wo :  rö  Haupt  Neith.  XH.  Anm.  so  :  wo  Wigam.  5682.  vro 
:  cmderswö  MSH.  HI,  467*.  dö  :  etwo  Wolfdiet.  D.  IV,  107.  :  kro 
VI,  218.  hlo  :  kro  :  zwo  :  hrö  :  dö  :  Äo  :  wo  :  also  :  6  Helbl.  12,  33—42. 
wol: mal  4,  793.  m6l:8ol  Mumer  luth.  N.  22.  schön: man  Wolfd.  B. 
426, 11.  gewon :  stän  Wolfd.  D.  IX,  26.  kan :  frön  157.  önen :  Ionen  Laber 
264,  2.    schön  :  erlän  Montfort  18,  15.    hän :  trön  17,  29.    getan :  Ion 


83 

25,  146.    joren  :  tören  Altsw.  57,  32.     Swdben  :  loben  Helbl.  4,  306.  §  88. 
not :  rät  Wolfd.  D.  VI,  131.   brot :  wät  Altsw.  20, 19.    köt :  bröt  Wolkenst. 
XV.  1,  7.     (Der  Reim  lernen :  tören  bei  Mich.  Beham  Grerm.   3,  311 
gründet  sich  auf  hören  =  hären  =  heren). 

Auf  Kasalirung  beruht  das  grobalemannische  au  fär  d, 
das  sich  schriftlich  seit  Ende  des  13.  Jh.  nachweisen  lässt 
{an  Ulm.  Urk.  I,  183.  a.  1294.  navch  stavt  I,  216.  a.  1299. 
gravf  I,  225.  a.  1302.)  und  das  im  14.  15.  Jh.  sehr  oft  von 
Schwaben  und  Alemannen  geschrieben  ward^  AGr.  §  52.  96. 
Es  ist  kein  reines  au,  sondern  ein  nasales  a,  das  durch  den 
te-Elang  des  nasalen  Elementes  ungefähr  wie  au  lautete  und 
in  der  Schrift  ohne  moderne  phonetische  Zeichen  nicht  gut 
anders  ausgedrückt  werden  konnte :  Job.  Schmidt  Vocalismus 
I,  169. 

Kürzung  von  ä  tritt  im  bairisch-österreichischen  Dialect 
in  släfen  und  strafen  hervor   und  ist  nach  den  Reimen  des 

Teichner  im  14.  Jh.  schon  fest: 

fHaffen  :  schaffen  Lassb.  Ls.  88,  135.  sunthaft :  verslaft  233,  88. 
geslaffen  :  schaffen  53,  83.  entslaffen  (Ptc.)  :  phaffen  149,  89.  verslaffen 
(Ptc.) :  Uaffen  58, 23.  —  straffen :  schaffen  207,  7.  229,  29.  :  geschaffen 
209,  27.  hlaffen :  straffen  54,  154.  schaffen :  straffen  52,  106.  straft 
:  lantschafl  209,  13.  :  meisterschaft  150,  3.  gestraft :  lantschaß  52, 97. 
:  lughaft  53,  75.    :  meisterschaft  208,  126.    :  snusheschaft  53,  125. 

Auch  in  brähte  hrcehte  dähte  dmhte  wird  im  14.  Jh.  die 
Kürzung  vollzogen  sein. 

§  89.  Der  Umfang  des  ä  wird  seit  dem  12.  Jh.  durch  §  89. 
den  Umlaut  beschränkt.  Gewöhnlich  wird  derselbe  ober- 
deutsch durch  (B  bezeichnet;  wie  schon  im  Melker  Marienliede. 
Freilich  dringt  dieser  Umlaut  so  wenig  wie  der  der  übrigen 
langen  Yocale  und  der  Diphthonge  leicht  durch.  Erst  nach 
längerem  schwanken  wird  er  im  13.  Jh.  zur  Regel  in  der 
Schriftsprache. 

Vor  r  und  h   wird  ä    zuweilen   gegen  den  Umlaut   ge- 

schüzt;    Heinrich  vom  Türlein  kennt  den  Umlaut  des  ä  fast 

gar  nicht. 

gebäre  :  häre  Trist.  3814.  ungebdre :  häre  Krone  6454.  ;  zewäre 
11278.  wären :  gebären  Tundal.  64,  22.  bewdren :  wären  Krone  6661. 
beswärt  (Präs.) ;  bewart  Mantel  9.  :  vermärt  (Ptc.)  104.  unei*värt  (Ptc.) 
-•  bewdrt  894.    swären :  wären  Neith.  63,  4.   gewäfen :  släfen  Krone  7352. 

6* 


84 

§  89.  beraten  :  verspäten  7623.  smähen  :  nähen  Bari.  206,  24.  versmähen  : 
nähen  Gndr.  89,  3.  versmähet :  enphähet  Krone  7605.  nähste :  gähste 
Krone  5663. 

Unter  den  Fällen  dieses  Umlauts  ist  auf  die  2.  3.  Sg- 
Ind.  Frs.  der  reduplic.  Verba  mit  ä  aufmerksam  zu  machen^ 
in  denen  ee  zuweilen  auftritt:  rcetest  rcet,  Icest  l(Bt,  veehest 
vcehet,  sleefet;  das  gewöhnliche  blieb  hier  freilich  ä.  Femer  auf 
die  Ortsnamen  in  läre,  die  auf  Grund  des  alten  Stammsuffix 
ja  zuweilen  Umlaut  im  Sg.  und  Flur,  zeigen,  vgl.  Goslcere  : 
lobebcere  bair.  Serv.  2549.  Bechelceren  :  mceren  Rabenschi. 
233.  719.  iwceren  Biter.  5325;  vgl.  Haupt  zu  MF.  26,  2. 
(2.  A.).  Ebenso  auf  das  adverbiale  jsewcere,  das  neben  dem 
gewöhnlichen  zewäre  vollberechtigt  (vom  Adj.  wcere)  wenn 
auch  selten  steht,  vgl.  die  Reime  zewcere  :  riuwmre  Reinh. 
1015.  K.  iverratcere  1855.  K.  :sündcere  Warnung  3512. 
:  mmre  Tund.  41,  54.  ;  wcere  Angenge  40,  7  (Sprenger  Tun- 
dalus  S.  7). 

Die  Schreiber  setzen  den  Umlaut  zuweilen  ohne  dass  ein 
Grund  zu  erkennen  wäre,  zb.  in  cel,  mcentag,  mcesen,  plces- 
palg,  chrcedem,  mcec,  BGr.  §  42.  AGr.  §  35. 

Die  Schriftzeichen  sind  unter  Einfluss  der  verschiedenen 
Aussprache  sehr  mannigfach :  ce,  ae,  d,  ä,  S,  ^,  |,  wozu  noch 
Accente  und  Circumflexe  kommen.^)  Beliebt  ist  vom  14.  bis 
16.  Jh.  e  für  ce,  AGr.  §  39.  122.  BGr.  §  47.  Lambel  Stein- 
buch S.  XIV.  Vetter  über  Konr.  v.  Ammenhusen  IV.  Wacker- 
neil Hugo  V.  Montfort  CLIII ;  vorher  ist  es  seltener.  Heinrich 
vom  Türlein,  der  sonst  den  Umlaut  des  ä  meidet,  reimt  Krone 
22280  wcere  :  mcere :  sere.  Der  über  hundert  Jahre  jüngere 
Lutwin  reimt  in  seinem  Adam  funfinal  e  auf  ce :  sce  (=  scehe} 
:  we  2835.  mere :  ere :  swcere  3941.  mere :  wcere  2852.  wcere 
:mere  3874.    :  sere  3679. 

Als  Vorbereitung  des  Umlauts  erscheint  ai  schon  in  alt- 
hochd.  Denkmälern,  im  12.  Jh.  ist  dieses  ai  und  cei  bairisch- 
österreichisch  nicht  selten.     Es  mag  sich   zunächst   als  Ver- 


*)  Der  Schreiber  des  von  Schmeller  herausg.  Ulrichsleben  braucht 
nicht  weniger  als  14  verschiedene  Zeichen  für  den  Umlaut  des  a,  vgl. 
Schmellers  Ausg.  S.  XXI. 


85 

mittelung  des  ä  der  Stammsilbe  mit  dem  i  des  Affixes  erklären  §  89. 
und  ä  mit  nachschlagendem  i  gewesen  sein.  Für  den  Um- 
laut des  kurzen  a  kommt  ai  ebenso  vor,  §  22.  Auffallend 
ist  aber,  dass  ai  oder,  wie  nun  lieber  geschrieben  ward,  ei 
im  13.  und  den  folgenden  Jahrhunderten  ebenfalls  noch  ab 
und  zu,  namentlich  alemannisch,  weniger  bairisch,  fiir  €e  (wie 
für  e)  gebraucht  ward,  zb.  dreien,  weien,  meijen,  Icreie,  seilic, 
widerzeime,  weinen,  seltseine,  scheire,  geneidig,  silgereit, 
steit,  unmeizic,  neiste,  vgl.  AGr.  §§  49.  58.  94.  99.  127.  131. 
BGr.  §§  66.  80.  Wir  werden  hier  diphthongisches  ei  an- 
setzen müssen,  das  sich  als  Nebenform  des  Umlautes  von  a 
und  ä  hielt. 

§  90.  Für  das  mitteldeutsche  ä  gilt  dieselbe  G-rund-  §  90. 
läge  und  Entwickelung  wie  för  das  oberdeutsche.  Zunächst 
bemerken  wir  einen  starken  Zug  des  ä  der  Stammsilbe  zur  Ver- 
dunkelung. Das  ä  wird  gesenkt  gesprochen,  der  Klang  ist  nach 
heutiger  md.  Aussprache  zu  schliessen  ein  gedehntes  offenes  o, 
etwa  ö,  daher  unterschieden  von  geschlossenem  6,  weshalb  sich 
im  md.  Schachbuch  194,  29—32  die  Reimpare  hote:r6te,  enpot 
:  not  ohne  Anstoss  folgen.  Spuren  dieses  6  lassen  sich  ziem- 
lich weit  hinauf  verfolgen :  im  Breslauer  Williram  steht  XI,  15 
(Hoffmann)  gebrohta,  im  Trierer  Floris  reimt  brockte  :  ver- 
cochte  1402,  brockt :  gecöckt  1830.  2000,  zustimmend  zu  mnl. 
brockte,  brockt,  dockte  u.  s.  w.  Mitteldeutsche  Dichter  des 
13.  und  des  14.  Jh.  gestatten  sich  dieses  grobmundartliche  o 
im  Reim,  während  die  md.  Schreiber  des  13.  Jh.  es  scheuen 
und  es  eigentlich  erst  im  späteren  14.  Jh.  häufig  setzen,  vgl. 
auch  Rückert  Entwurf  40.  Pietsch  Trebn.  Ps.  L.  Wülcker 
in  Paul-Braunes  Beitr.  IV,  19.     Reimbelege: 

etswö  :  ahö  Pass.  H.  167,  95.  iesö :  Brundosio  Elis.  4566.  ;  frö 
Erl.  4727.  :  Libanö  5695.  wo :  so  Ludw.  Kr.  5751.  frö :  dö  1901.  dö  :  jö 
Md.  Ged.  92,  301.  so :  ioo  Joh.  v.  Frankenst.  8919.  wo  :  Lazaro  11163. 
mal :  8Öl  383.  quäl: pol  9155.  ndmen:hoinen  4657.  kröne :wdne  6623. 
vor  :  offenbar  5369.  unddre  :  öre  577.  gehört :  heswdrt  4105.  losen  : 
blasen  6915.  genas  :  begöz  749.  hat :  bröt  412.  rat :  not  5377.  gebraten 
:  gesoten  258.  verldzen :  gestözen  9959.  phldgen  :  gezogen  1269.  ndch 
:hdch  10043.  mochte :. brachte  8017  (vgl.  Kholl  Die  Sprache  des  Job. 
V.  Frankenstein  15).  —  stölin  :  virhölin  Jerosch.  20613.    wören :  vören 


86 

§  90.  Hagen  903.  wörn  :  vorlorn  Jerosch.  7845.  obinde :  tobinde  10969.  tot 
:  not  2006.  dirbotin  :  berötin  18523.  vorrötin :  botin  16245.  abschrotende 
:  brötende  26503.  pflogin :  bogin  23700.  zogeten  :  lögeten  22821.  rot 
:  drot  Frauenl.  Spr.  6,  16.  wön  :  gamälion  :  spön  Mügeln  Ml.  3,  1. 
noch  :  joch  Mügeln  Fab.  12,  16.  andirswö :  (dsö  Schachb.  198,  19. 
vunoör:  vor  251,  26.  :  Gregor  291,  13.  dörum  :  phüosophörum  266,  7. 
:  Macedoniorum  243,  9.  bevorn :  wörn  288,  30.  göbe :  grobe  269,  33. 
;  lobe  162,  1.  Mobin :  göbin  240,  6.  missetöt :  got  165,  3.  rote  :  böte 
194,  30.  herzogin  :  geschogin  233,  13  (vgl.  Sievers  bei  Haupt  XVll,. 
387).   gön  :  tön  (tuon)  Alsfeld.  Sp.  8091. 

Im  östlichen  Dentschland  senkte  sich  ä  zuweilen  bi& 
nach  ü  hinab.  Johann  von  Frankenstein  reimte  in  seinem 
Kreuziger  rümen  :  verdamen  6177,  nämen  :  vrumen  5349, 
verdamt :  benümt  9513.  Aus  schlesischen  Handschriften  de» 
14.  15.  Jh.  sind  wu,  hubin  (gedehntes  haben),  unfttiti  nwewer 
(=  näwer  =  nächbür)  belegt  (Rückert  47).  Eine  Chemnitzer 
Urk.  V.  1442  Cd.  Sax.  IL  6,  106  hat  wuruffe  {wäruf).  Bei 
Jeroschin  738.  8968.  19024  begegnet,  freilich  ausser  Reim, 
hevvd  =  heval  mit  Dehnung  d.  i.  bevalh.  Auch  der  Reim  im 
Pass.  H.  167,  23  vüren  :  beschüren  (=  vuoren  :  beschären) 
muss  hierher  gehören.  —  Vgl.  §  31. 

§91.  §  91.     Diesem  ö  =  a   folgte   zuweilen   ein  vocalischer 

Nachschlag,   der  je   nach  der   Höhe   oder  Tiefe   mit  e,  i,  u 

bezeichnet  ward,  woraus  sich  oe,  oi,  ö  (ov)  ergaben. 

06  für  0  =  d  ist  am  häufigsten   aus  Ripuarien  nach- 

weislich : 

ghedoen :  stoen  Serv.  649.  729  u.  o.  :  entfoen  Serv.  ü,  1087.  ver- 
stoen :  Steffoen  Serv.  1662.  goen :  sone  412.  gedoen  Loersch  aoh.  Eqa. 
106.  irstenmoele.  oevent.  genoede.  ze  roede.  vroeghen  (Jülich)  Lac.  m, 
384.  noeme  n.  602.  loessen,  moygh  236.  —  Hessen :  Alsfeld.  Sp.  wo  oe 
für  d  und  gedehntes  a  häufig  ist.  —  Meissen:  6btmde  C.  d.  Sax.  11. 
9,  166.  —  Schlesien  nicht  selten:  getoen  neben  geton  getaen  getan, 
cloen.  entphoen.  twoen  (twahen),  stod  (stcihel),  wSrheit  roet.  sloet  (sldt 
=  sldhet),  nödel,  droeschen,  Bückert  Barst.  111.  Leben  d.  h.  Hiero- 
nymus  XLV. 

Auch  oi  kann  ich  besonders  aus  ripuarischen  Schriften 
des  14.  15.  Jh.  belegen: 

hernaemoüz  Lac.  H,  608.  moil  Loersch  achen.  !kqa.  78.  goin  77. 
göin  80.  moinde  79.  afdoin,  stoin.  moisse  76.  groyschaf,  aoyaset  66. 
joir.  poifa  67.    Hartroyt  Lac.  IH,  449.   stroiase  667.   moygh  236. 


87 

Ausser  Ripuarien  traf  ich  oi  in  dem  Alsfelder  Spiel  und  §  91. 
in  schlesischen  Schriften,  vgl.  Rückert  113. 

Selten  ist  ou,  ö,  ow  für  6  =  ä;  ich  kann  es  nur  aus 
schlesischen  Handschriften  des  14./15.  Jh.  nachweisen:  goube, 
slaufen,  rowthe,  frovge  bei  Rückert  115. 

§  92.  Wir  haben  bereits  unter  dem  md.  a  §§  35—37.  33.  §  92. 
die  Zerdehnungsvocale  ae,  ai,  au  vorgeführt,  welche  fär  a 
und  auch  für  ä  in  md.  Handschriften  der  mhd.  Periode  er- 
scheinen. Es  sind  jene  ä  mit  nachschlagendem  e,  i  oder  u, 
für  welche  wir  die  unreinen  Varianten  oe  m  ou  §  91  kennen 
lernten.  Für  au  =^  ä  mag  noch  auf  die  durch  Reime  an- 
gedeutete Wandelung  in  den  eigentlichen  Diphthong  au  (§  37) 
aufmerksam  gemacht  werden. 

§  93.  Die  mitteldeutsche  Um  laut  form  des  ä  ist  e;  §  93. 
verhältnismässig  selten  wird  (ß  dafür  geschrieben.  Während  das 
Altsächsische  sowenig  wie  das  Ahd.  den  Umlaut  des  ä  kennen 
und  derselbe  sich  obd.  erst  im  12.  Jh.  entwickelt,  §  89,  be- 
ginnt er  im  Fränkischen  weit  früher.  Schon  die  altnieder- 
ländischen Psalmen  und  die  Lipsischen  Grlossen  (Cosijn  Psalm. 
61)  kennen  ihn ;  auch  in  den  Pariser  Virgilglossen  taucht  er 
auf.  In  dem  Friedberger  Krist  dient  er  zur  Unterscheidung 
des  Conj.  Perf.  vom  Indicativ  (Müllenhoff-Scherer  Denkm.*  398), 
im  Dialect  des  mittelfränk.  Legendars  hat  das  Umlaut-^  schon 
um  sich  gegriffen  (Busch  bei  Zacher  Z.  X,  282),  und  die 
mittelfränk.  Dichter  des  12.  Jh.  brauchen  es  unbedenklich 
im  Reim.  Sichtlich  wird  es  von  r,  w,  h  begünstigt.  Für 
Heinrichs  von  Yeldeke  Dialect  ist  characteristisch,  dass  er 
gleich  dem  mittelniederländischen  den  Umlaut  nicht  kennt 
(Frz.  Pfeiffer  Germ.  III,  494,  Braune  bei  Zacher  IV,  269, 
Behaghel  Eneide  S.  LIV.  Die  Reime  im  Servatius,  welche 
e  bezeugen,  werden  theils  als  Assonanzen,  theils  als  Kinder 
des  Überarbeiters  erklärt.  Der  Conj.  gedehte  wird  als  gedeckte 
unter  den  Umlaut  von  a  gebracht).     Erst  im  14.  Jh.  dringt 

der  Umlaut  e  in  die  mastrichter  Mundart  ein. 

Reime  aus  dem  12.  Jh.  gese  (=^  saje) :  irge  Wemh.  34,  34.  enic 
:  wenic  Atfi.  A.  25.  gidene :  sene  Wemh.  14,  7.  sen  (sajen) :  vlen  37, 16. 
ztoene :  unwene  Herb.  7654.  here :  scheppere  Wernh.  58,  6.    ere  :  sundere 


88 

§  93.  Wemh.  59,  24.  gebere:lere  Herb.  163.  Marienl.  21,  5.  :ere  Marienl. 
111, 26.  were :  ere  Herb.  2205.  :  herre  tr.  Egid.  103.  Marienl.  3, 19.  :  lere 
21,  5.  ;  simdere  Wernh.  59,  24.  :  sere  Wemh.  8,  1.  Pilat.  401  (225). 
hewere  :  kere  Ml.  54,  15.  heawere  :  sere  Ml.  23,  20.  geldere  :  bewere 
50,  8.  herre : merterere  tr.  Egid,  1466.  herren : gewere  569.  .-teere  1178. 
evenhere :  scepere  Wemh.  66,  19.  schölere :  here  Ml.  13,  10.  heren: 
irveren  Wemh.  55, 28.  erveren :  keren  Ml.  89,  34.  sere :  giberin  Wemh. 
67,  15.  inkerit :  irverit  Wemh.  53,  21.  lere:inbere  52,  10.  gderet : 
heweret  Marienl.  115, 14.  gemeret :  besweret  97, 13.  sere  :  swere  tr.  Egid. 
702.  geberdin :  erdin  Ath.  B.  75.  swerden :  erden  Herb.  1743.  deden 
:8tede  Wemh.  52,  16.  tete :  vlete  tr.  Egid.  1170.  gehe  :  vehe  Pilat. 
381  (205).  geschehe  :  nehe  Herb.  16845.  get :  umbevet  MF.  122,  6. 
[bedehte  :  rehte  En.  907.  3802.  gedehten :  vehten  4867.  dehten  :  gerehten 
Serv.  1089.  brehte  :  knehte  Serv.  II,  1619.  brehtes :  gesUhtes  Marienl. 
42,  2.   rechte :  brechte  Wemh.  63,  12.] 

Die  md.  Dichter  des  13.  14.  Jh.  geben  in  gleicher  und 
noch  ausgedehnterer  Art  Belege  für  den  reich  entwickelten 
Umlaut  e  des  ä.  Die  Aussprache  desselben  =  e  erhellt  schon 
aus  den  oben  angeföhrten  Beimen  des  12.  Jh.,  ferner  dass 
der  Dichter  des  Passionais  in  den  von  ihm  geliebten  vier- 
reimigen  Stellen  die  i  =  e  und  =  ce  sich  folgen  lässt,  z.  B. 
H.  262,  67  besweren  :  saubereren :  liren :  verkeren,  —  Aus  den 
Fällen  dieses  Umlauts  sind  einige  hervorzuheben.  Allgemein 
md.  ^)  ist  greve  {grebe),  dessen  Umlaut  durch  gravio  erklärlich 
wird ;  ebenso  frSgen,  nehen  (köln.  neken),  in  denen  frdgjan, 
nähjav  als  G-rundformen  anzunehmen  sind.  Später  finden 
sich  noch  vereinzelt  in  md.  Schriften  Umlaute  wie  edemen 
(Myst.  I.  37,  32).  sweger  242, 32.  meler,  bloitleser  (Harff)  u.  a. 
§  94.  §  94.     Es  wird  aber  auch  Widerstand  gegen  den  Um- 

laut des  ä  geleistet,  und  im  12.  13.^  Jh.  begegnen  in  und 
ausser  dem  Reim  unumgelaute  ä  nicht  bloss  mastrichtisch, 
sondern  auch  kölnisch  und  md.  überhaupt.  Folgende  Reim- 
belege können  genügen: 

hdle  :  stak  En.  5634.  verhole  :  male  Alex.  6563.  sdlde  :  zcdde 
Jerosch.  10632.  :  walde  16968.  unsälde :  walde  Gervelin,  MSH.  3^  38*>. 
Salden  :  naUen  Herb.  6771.  :behalden  En.  1135.  Earlm.  445,  52. 
Jerosch.  10847.  —  qtiäme :  lancsame  En.  4517.    :  name  Earlm.  380,  66. 


0  Gegen  die  Behauptung  von  Busch  bei  Zacher  X,  282,  dass  greve 
ausschliesslich  in  Mittel-  und  Niederfranken  gebräuchlich  sei,  sprechen 
schon  die  von  Lexer  Mhd.  Wb.  I,  1074  gegebenen  Belege. 


89 

bequdme :  bläme  Servat.  250.  hrütgamen :  amen  Erlös.  3842.  —  wane  §  94. 
:  äne  En.  467.  verwcmen :  Diane  En.  3517.  verwäntn  :  Jordänen  MSH. 
3,  37^  —  gebäre:  wäre  Alex.  187.  märe  : offenbare : järe : wäre : swäre 
MF.  56,  1—8.  järe : Cläre : offenbare : märe  MF.  59,  23.  järe : wäre: 
swäre  MF.  45,  29.  war :  swär  Jtmk.  u.  Heinr.  66.  swäre :  offenbare 
Alex.  7054.  wä/re:bäre  En.  9282.  :  offenbare  Alex.  5629.  :järe  MF. 
45,  31.  En.  2979.  :  zwäre  Alex.  1125.  leräre :  wären  Serv.  2876.  ge- 
bären :  wären  Serv.  II,  1040.  gebäres :  wäres  En.  9953.  mären :  wären 
Alex.  1180.  swären  :  wären  En.  1177.  Ludw.  Kr.  1929.  —  Octäve: 
vergäve  Serv.  1053.  ave  :  gäve  Karlm.  343,  55.  —  genäde :  versmäde 
(cj.)  Serv.  175.  rate  : späte : bäte  MF.  57,  26.  täte:  rate  Alex.  3346. 
En.  658.  Serv.  11,  424.  Karlm.  111,  51.  :  späte  Herb.  2790.  Karlm. 
133,  20.  gescräte :  zindäte  Herb.  4751.  linwäte  :  rate  Serv.  n,  818. 
haien :  bäten  Alex.  5117.  täten  :  versmäten  Alex.  853.  —  säge  :  dage 
Karlm.  389,  25.  träge  :  wäge  Alex.  3463.  Herb.  750.  vervahet  :  ver- 
smähet MSH.  ni,  10*. 

§  95.     Dem  Umlaut  e  stehn.  ebenso  wie  dem  Umlaut  e  §  95. 
(§  29)  einige  Nebenformen  zur  Seite:  t,  ie,  ei, 

%  das  als  Erhöhung  von  e  sich  erklärt,  ist  sehr  selten 
und  wie  es  scheint  auf  das  kölnische  beschränkt :  wifin  Annol. 
447.    wirlichm  Hagen  435.    Sei.  Tr.  63^ 

Etwas  häufiger  ist  ie ;  ich  kann  es  aber  auch  nur  mittel- 
fränkisch nachweisen: 

grieve  Höfer  H,  52.  53  (Spanheim),  brieche  n,  122  (Boppart).  — 
quieme.  wier.  grievinne  Höfer  I,  6.  grieve.  stiede  Lac.  n,  517.  offen- 
bierltch  HI,  812.  1020.  elterlichen  869.  nieste  HI,  489.  684.  Ennen 
I,  125.   Köln.  Sachsp.  I.  62,  6.  11.  2,  1.    virbrieche  Ennen  H,  403. 

Beliebter  war  ei,  das  als  ei  zu  fassen  ist  Es  kommt 
ebenfalls  am  öftersten  in  Kipuarien  vor: 

seilde  Sperber  219.  queym,  neiste  Lac.  n,  532.  iveint  Ssp.  HI. 
87,  4.  underdeinig.  steide  Lac.  lü,  48.  weir.  breige,  gescheige  H,  47. 
irveirde  Nrh.  Bruchst.  1,  14.  gesveisliche  3,  7.  seüige,  gescheigen  Lac. 
m,  758.  meizige  Marienl.  21,  35.  neist  124,  20.  besleif ersehe  Sei.  Tr. 
178\  scheyffer  Harff  37,  31.  breiehe  (;  loreche)  Hagen  677.  breichte 
(;  reichte)  6031.  —  Ausserhalb  Eipuariens :  leizist  Germ.  XVH,  340. 
—  greife  Henneb.  Uk.  I,  166.  getbe.  steite  II,  66.  gneidig  II,  102. 
steitekeit  Höfer  II,  192.  tyschgireit  220.  — -  weir.  seylgen.  besteitiget 
Rückert  100.  neigen,  geweint  Pietsch  Trebn.  Ps.  L.  seilig,  vnderteinig. 
gereit,  vnfleitikeit  Joh.  Hieronymus  XLVI. 


90 


& 


§  96.  §  96.     Das  hochdeutsche  lange  e  ist  kein  ursprünglicher 

Yocal.  Abgesehen  von  der  bereits  vorgeführten  Entstehung 
durch  Dehnung  von  e  §§  32.  33.  42.  51  und  durch  Zusammen- 
ziehung §§  34.  43.  52,  sowie  von  der  Verwendung  des  e  als 
Umlaut  von  ä  §§  89.  93,  ist  es  wesentlich  Verengung 
von  ei,  indem  dieser  Diphthong  dem  deutschen  Organ  vor 
j,  w,  h,  r  widerstrebte.  In  1.  3.  Sg.  Pf.  der  vocalischen 
\rerbalstämme  der  ablautenden  I- Klasse  kommen  auslautend 
(vor  j  oder  w  ursprünglich)  ei  und  i  vor:  schrei,  spei  sind 
aber  nur  wenigen  Dichtern  genehm ;  Wolfram,  Reinbot  v.  Dam 
und  Eonrad  v.  Wirzburg,  Wimt  v.  Gravenberg  und  Rudolf 
V.  Ems  brauchten  schrei  schre,  spei  spe  neben  einander,  die 
andern  entschieden  sich  für  S,  Der  Marner  hat  selbst  das 
Subst.  der  schre  (:  we  :  re)  MSH.  2,  248**.  Die  Vereinfachung 
des  Diphthongs  geschah  auch  in  diesen  Fällen  unter  Wirkung 
eines  ursprünglichen  ,;  des  Stammes. 

Über  jene  Grenze  hinaus  ward  obd.  ei  nur  in  wenig 
Fällen  zu  e:  in  zwene,  wenic,  bSde,  also  vor  Lingualis,  die 
in  den  obd.  Dialecten  auch  sonst  noch  die  Vereinfachung  ver- 
anlasste. Hier  finden  sich  zuweilen  hei,  helic,  en  dehen, 
wenen,  menunge,  rSne,  gesceden,  brStist,  gest;  auch  geniget 
kommt  vor.  Aber  das  sind  nur  mundartliche  Erscheinungen: 
AGr.  §  36.  122.    BGr.  §  45. 

In  den  beiden  comparativen  Worten  herre,  merre  tritt 
durch  das  aus  vocalischer  Syncope  erzeugte  rr  obd.  häufig 
die  Kürzung  des  e  ein;  herre,  merre  reimen  dann  auf  verre 
werre,  herren  auf  verren  gewerren,  so  bei  Hartmann,  Wolf- 
ram, Wimt,  Eonrad  Fleck,  Stricker,  Thomasin,  Otacker,  Rein- 
fried. Aus  herre  ergibt  sich  dann  in  der  Anrede  und  als  Titel 
die  Eürzung  her  (selbst  er);  über  Hartmanns  Brauch  darin 
Lachmann  zu  Iwein  5582. 

In  dem  bei  Wolfram  und  Rinkenberg  durch  den  Reim 
gesicherten  Teerren  =  keren  (Parz.  35,  13  :  herren,  M8H- 
2,  341'  ;  herren :  verren)  mag  eine  aus  rj  sich  erklärende 
Form  herren  die  Vermittelung   mit  dem  gewöhnlichen  keren 


91 

übernehmen.  Diese  vocalische  Kürzung  scheint  sich  auch  in  §  96^. 
den  Reimen  lerte :  bekerte  :  herte  in  Lamprechts  von  Regens- 
bürg  Franzisk.  991.  S.  zu  verraten.  Über  md.  kerren  §  102. 
Ausserdem  wird  auch  in  der  Form  wenc  =  wenic,  die 
sich  bairisch  zuweilen  geschrieben  findet,  z.  £.  Geisenfeld. 
Pfr.  28.  Parz.  G.  20,  26.  193,  14.  227,  17.  Lampr.  Fr.  2526, 
kturzes  e,  begründet  durch  nc  und  bezeugt  durch  die  heutige 
mundartliche  Aussprache,  anzusetzen  sein.  Und  wahrschein- 
lich auch  in  zwenjsiic,  wenigstens  in  späterer  Zeit. 

§  97.     Durch  Einwirkung    des   folgenden  r   geht   e   in  §  97. 
einigen  Worten  zu  d  über:    am  häufigsten  in  den  Prät.  von 
keren  und  Uren,  in  denen  zugleich  das  ä  gekürzt  ward,  wie 
die  Reime  beweisen: 

karterwarte  Wigal.  115,2.  hart: wart  Suchenw.  14,  171.  gekart 
:fart  3,  119.    gdart :  Gerhart  Otack.  c.  361. 

Im  Md.  sind  diese  Formen  verbreitet,  §  101.  Ausserdem 
ist  e:ä  nachzuweisen  in  ebenhäre  Milst.  114,  29. 

Eine  Bewegung  nach  andrer  Vocallage  geschieht  in  dem  t, 
das  aus  langen  e-Lauten  (5,  ee,  ce)  in  fremden  Worten  Regel 
geworden  ist:  slde  entsprang  aus  seta,  sptse  aus  spesa 
(=  expensa),  vire  aus  feriae,  Bin  aus  Rhenus,  krtde  aus 
creta,  bridigen  aus  praedicari,  pin  ptne  aus  poena. 

In  deutschen  Worten  zeigt  sich  die  Erhöhung  von  e  zu 
l  erst  in  späterer  Zeit  hier  und  da  in  den  oberdeutschen 
Mundarten:  die  Liquidae  r  und  n  wirken  darauf.  Hug  von 
Jd^ontfort  braucht  niemer  mir  im  Reim  zu  dir  11,  8;  bairisch 
kommen  später  gin,  stin  und  andres  vor,  BGr.  §  52.  Vgl. 
auch  unten  §  99. 

Auf  den  Schwebelaut  zwischen  e  und  i,  welcher  dem 
i  z=  e  vorausgieng,  weist  das  ie  in  vliehet  Nib.  B.  1930,  1 
und  spätere  Schreibungen  wie  gien  stien  wienig,  AGr. 
§§  64.  102. 

§  98.     Im  Mitteldeutschen   nimmt  das  aus  ei  unter  §  98. 
consonantischem  Einfluss  vereinfachte  e  (§  96)   ebenfalls  die 
erste  Stelle  unter  den  verschiedenen  e  ein.     Das  Fränkische 
führte  nicht  wie  das  Sächsische  dieses  e  überall  für  ei  durch, 
sondern  zunächst  nur  vor  r  h  w.     In  den  altniederländischen 


92 

§  98.  Psalmen  greift  die  Verengung  zu  e  nur  in  einzelnen  Fällen 
über  diese  Grenze  hinaus  (Cosijn  62.  f.).  Auch  in  der  mnl. 
Periode  hielt  das  Niederfränkische,  in  dem  das  ei  am  meisten 
dem  e  wich,  den  Diphthong  nicht  selten  noch  fest,  und  selbst 
das  Nnl.  wechselt  nicht  bloss  in  den  Subst.  auf  -heid  ohne 
Regel  mit  heden,  sondern  lässt  auch  in  Ableitungen  wie  Zw. 
bereiden  von  Adj.  {be)reed,  Subst.  heil  von  Adj.  heel  den  alten 
Diphthong  noch  heraustreten.  Aber  schon  die  nl.  Dichter  des 
13.  Jh.  gestatteten  sich  Reime  zwischen  S  (=  ei)  und  anderm 
e  unbedenklich.  Im  Mittelfränkischen  tritt  e  neben  ei  im 
12.  Jh.  allmählich  hervor,  so  in  dem  Legendär  (Busch  bei 
Zacher  X,  283),  im  Floyris,  in  der  Handschrift  des  Wernher 
V.  Niederrhein.  Veldeke  aber  zeigt  in  der  Eneide  niemals  e 
für  ei;  die  im  Reim  stehnden  e  des  Servatius  sind  später 
hineingekommen  (Braune  bei  Zacher  Z.  IV,  272.  f.  Behaghel 
Eneide  LVI).  Im  Karlmeinet  kdmmt  ^  im  Reim  vor,  unter 
nl.  Einfluss.  Niederdeutscher  Einfiuss  ist  es,  wenn  der  Magde- 
burger Brun  von  Schonebeck  sich  dieses  e  im  Reim  auf  ge- 
meindeutsches e  erlaubt,  z.  B.  sele  :  Mle  9184.  mSne :  zwene 
1920.  1929  oder  auf  md.  e  andern  Ursprungs,  z.  B.  werte 
(weene) :  Mene  11545.  sech  (siech)  :  hUch  674.  3066.  Sonst 
bietet  sich  e  =  ei  im  Reim  aus  unsrer  Periode  nur  bei 
Jeroschin  vor  n  und  ch,  vgl.  zwen  (dat.)  :  Pomeisen  4325. 
14215.  wenin:Pogejsiinin  18662.  wech.vorjuech  10618. 17 697, 
und  nicht  selten  in  Br.  Philipps  Marienleben  (J.  Haupt  in  den 
Wiener  Sitzungsber.  LXVIII,  163). 

Man  sieht,  wie  dieses  e  ausserhalb  Niederfrankens  für 
einen  vulgären  Vocal  galt,  der  nicht  schriftföhig  war.  ,Auch 
die  Schreiber  des  12.  13.  Jh.  erlaubten  es  sich  nur  nebenher, 
am  meisten  der  des  Rother.  Im  14.  aber  drängte  es  sich 
im  ganzen  md.  Gebiet  in  dem  Schriftgöbrauch  hervor. 

del  Hü.  I,  533.  Goshem  677.  Costhemer  223.  Frankinsten  563. 
—  dd  Hü.  in,  1511.  Helewich  Mrh.  ük.  H,  385.  helege.  hdegiste 
Hildeg.  Geb.  23.  Odensheni.  Schorshem.  Winolteshem  Hü.  II,  806. 
dekeen.  meenedich  Höfer  I,  15.  beschedinheit  Hü.  IH,  1208.  —  helic 
Elia.  2053.  heiigen  8290.  8872.  Beldirshem,  Jcene.  gemenlich.  Valkensten 
Hü.  I,  479.  renekeid.  Bredenbach  Böhmer  458.  humester  Hü.  I,  438. 
bezechende  Amst.  Ml.   3,  15.     Vgl.   auch  Wülcker  in   Paul -Braunes 


93 

Beitr.  IV,  2ö.  —  en  Alex.  200.  Ärensten  Mrh.  Uk.  I,  653.  Schärpen-  §  98. 
sten.  Lonsten  Eberbach  361.  —  hdiget  Myst.  I.  44,  18.  irwechit 
140,  31.  hemelich  Haupt  XY,  389.  wenin,  egin  385.  genegit  387. 
streck  387.  -—  bescheden  Henneb.  Uk,  11,  1.  heaen  6.  warzechen  113. 
—  gitelit  Mülh.  B.  39.  heiige.  heniburge  46.  nichenin.  schuithezi,  ge- 
schrege,  eginis  27.  hdige  Cd.  Sax.  11.  6,  9.  Für  das  schles.  Bückert  31. 
Johanns  v.  Olmütz  Hieronym.  XLIY.  —  heliche  Marienl.  115,  14.  tei 
Both.  580.  hemdich  Marienl.  70,  16.  sehen  Both.  1099.  sichenir  587. 
tcende  Floyris  266.  lederinne  Marienl.  109,  18.  suchede  5,  7.  28,  12. 
degenhet  Both.  762.  wez  Marienl.  127, 23.  westu  Both.  533.  vreslich  766. 
Jceserinne  Ml.  2,  36.  Im  Wemher  v.  Niederrhein  kommen  delen  hei 
heiig  en  sten  cledir  meste  -het  neben  deäen  u.  s.  w.  vor. 

§  99.     Wie  sich  e  zu  i  md.  erhöhte   §  29.  47,   so  be-  §  99. 
bewegte  sich   auch  zuweilen,   namentlich  vor  l  n  r,   e  zu  t. 
Es  begegnet  schon  in  den  Pariser  Virgilglossen  451.  870. 

yrher  HU.  m,  1320.  stit  m,  1115.  —  sügerede  HU.  I,  n.  939. 
irsame  I,  862.  Girhart  I,  749.  976.  Girloch  I,  1030.  git  HU.  I,  754. 
stit  Eberbach  876.  burglihen  HU.  I,  765.  —  ir  HU.  I,  993.  ire  Als- 
feld. Sp.  3731.  3807.  irlich  2629.  —  widerstist  (:gtst)  Ehem.  607.  giirt 
Tagzeit.  3613.  toir  {wer  =»  wrere)  3493.  —  altschles.  witag  syle  gin 
czyne  zwine  ire  iren  irsamkeit  miren  versiren  (wire  lire,  wo  *  =  e  = « 
ist),  fyde  Bückert  36.  f.  Femer  Girloch  z.  B.  Brieger  Urk.  v.  1328. 
Cd.  Sil.  IX,  235.  —  irsam  Vorbew.  19.   kirde  Nassau  492. 

Über  i  für  e,  das  aus  Contraction  entstanden  war,  §  52. 

Wie  verbreitet  in  den  heutigen  md.  Mundarten  i  aus  e 
ist,  gibt  meine  Dialectforschung  S.  43  an,  wo  das  kölnische 
hinzuzufügen  blieb. 

Vor  r  -\-  r  kürzte  sich  dieses  i  zu  i :  hirre  z.  B.  Cd.  Sax. 
II.  6,  91.  94,  wobei  freilich  die  Kürzung  herre  die  Vermitte- 
lung  gibt.  Kurzes  i  ist  auch  in  Kirschen  anzusetzen,  das 
altschlesisch  erscheint,  Bückert  36,  und  auch  in  dem  md. 
verbreiteten  irste,  z.  B.  HU.  in,  1065.  1103.  1382.  Eber- 
bach 876.  AM.  Sp.  2713.  2578.  4709.  6223.  Henneb.  Uk. 
II,  104.    Cd.  Sax.  II.  6,  60.  94.    altschles.  häufig. 

Selten  findet  sich  i  =  ei,  wo  e  für  ei  die  Vermittelung 

übernimmt : 

kines  Schwarzburger  Selgerätbr.  v.  1369.  onryner,  schiden,  ge- 
schiden  trier.  Spiegelb.  270.  272.  274.  verzichenisse  Höfer  I,  9.  czychine 
Rückert  38.  zwier  Grane  1984.  2079.  3037.  u.  ö.  tvnger  Darifant  146. 
Vergleiche  femer  die  ripuar.  Reime  schorenstein  :  sin  Marienl.  40,  35. 
stein :  sin  Karlm.  367,  1.  heiden :  hamiden  Karlm.  370, 37.  begit :  bereit 


94 

§  99.  332,  61.  535,  62.  ;  leit  336,  53.  zit :  leit  Schade  nrhein.  Ged.  229,  22. 
Es  wird  hier  ei  :  e  :  i  und  mindestens  die  Aussprache  et  für  ei  an- 
zunehmen sein.  Den  Beim  in  Hartmanns  Glauhen  1172  geniezen  :  ge- 
heizen  fasse  ich  als  dialectlich  gentzen :  gehizen,  üher  das  Partie.  §  356. 
Dagegen  wage  ich  nicht  Hartmanns  Gl.  1115  priester :  meister  herbei- 
zuziehen, da  ihm  einige  Assonanzen  bleiben.  Wichtig  für  Beurtheilung 
des  ei  =  i  ist,  dass  heute  noch  im  siebenbürg.-sächsischen  die  Ver- 
drängung des  alten  Diphthong  ei  durch  i  im  fortschreiten  ist :  J.  Wolff 
Natur  der  Yocale  im  siebenbürg.-sächsischen  S.  53. 

Kurzes  i  für  altes  ei  ist  in  dem  ganz  zum  mnd.  stim- 
menden Adj.  hilig  eingetreten,  das  durch  heiig  mit  der  älteren 
Form  vermittelt  wird.  Kurzes  helge  und  hilge  ist  auch  alem. 
bräuchlich,  §  123.  Jenes  hilig  hilg  war  über  Mitteldeutsch- 
land verbreitet,  vgl.  Böhmer  570.  Cd.  Sax.  II.  6,  147.  9,  156. 
Rückert  38.  Im  kölnischen  herscht  hillich  hilge  durchaus, 
der  hiligeist  =  heiligeist,  heilige  geist  Leyser  Pr.  25,  35. 
Jeroschin  reimte  hüigen :  Siciljen  25537. 

In  dem  Beim  arbeit :  isU  Eneide  2985  und  Sibots  Frauenz. 
571  bin  ich  geneigt  arhit,  also  Eeim  von  i  :  i  anzusetzen, 
indem  ich  nfrk.  arvit  arvidon,  alts.  arbiäi,  altn.  arvidi  erfidi, 
ags.  earfede  herbeiziehe  und  somit  idi  id,  nicht  eit  als  Suffix 
hier  annehme.  Das  altschlesische  erbit,  erhiten  (Zw.)  z.  B. 
1369  Cd.  Sil.  yill,  69.  1479  Anz.  f.  K.  d.  Vorz.  XXIV,  327 
kann  dieses  kurze  i  forterhalten  haben.  Andrerseits  ist  frei- 
lich im  schles.  erhit,  erhiten  ebenso  geschwächter  Vocal  fiir 
ei  der  Nebensilben  möglich,  als  er  in  schultiss,  worhyt, 
Jcristenhit,  gerechtikit  u.  s.  w.  sicher  ist :  Rückert  38.  Johanns 
V.  Olmütz  Hieronym.  22,  22. 

§  100.  §  100.     Das  eben  behandelte  e  für  ^   ist  der  entschie- 

denste Ausdruck  der  Neigung  des  e,  sich  nach  ^  zu  verschieben. 
Zwischenstufen  bezeichnen  ie  und  ei. 

ie  fvLT  gemeindeutsches  e  ist  ganz  überwiegend  ripuarisch : 
hierschaf  Hü.  I,  791.  —  stiet  (:  siet)  Kjolw.  1211.  —  siele  mfr. 
Legend.  447.  Gierlach  Lac.  HE,  559.  ierste.  hieren.  hierschaf,  mierren. 
stient  Lac.  UI,  163.  lierer  Machab.  24.  verJderen,  versieren  62.  63. 
sielicheit  köln.  Sachssp.  Prol.  176.  Ziviendch  Eother  651.  aichterlien 
Lac.  m,  335.    manlien  397.    bieder  II,  1056. 

Für  dialectliches  i  (gemeind.  ei)  ist  ie  ebenfalls  fast  nur 
aus  Ripuarien  zu  belegen: 


95 

gehiene  Eoth.  1601.  wienen  2413.  2425.  tid  595.  liede  828.  lieder  §  100. 
347.  liet  1731.  2274.  herzdiet  3033.  vriessam  2701.  gdiesten  2438. 
me^o^«  1877.  e^teZen  gedeylt  stient  steint  Lac.  III,  636.  Engdstien. 
Miene  Ennen  I,  225.  schrief  Lac.  DI,  634.  geriede  III,  187.  hieschen 
m,  869.  liesten  köln.  Ssp.  I,  9.  riechen  Lac.  U,  1056.  —  heschieden 
Henneb.  Uk.  n,  2. 

Über  ie  für  e  den  Umlaut  von  a  §  95  und  für  das  aus 
Contraction  von  ehe  entstandene  e  §  53. 

ei  für  ^  zeigt  sich  ziemlich  verbreitet  in  gein  stein 
§§  348.  353;  femer  in  deis  deit  (thust  thut)  §  358.  Sonst 
kommt  dieses  ei  in  Ripuarien  am  häufigsten  vor,  ganz  be- 
sonders vor  r: 

heirro  Annol.  9.  723.  eirlich  725.  kirti  135.  heire  Nrh.  Brachst. 
I,  0.  eirste  3,  5.  eirste,  keirde.  verleint  Lac.  ü,  744.  B4thgeir  Ennen 
n,  485.  geeirt,  heheirt  Hagen  99.  u.  o.  heirliche  1262.  Geirlaich  1230. 
meir,  heire,  eirsten  Lac.  III,  47.  weyneger  Eother  480.  leinreth  Ssp. 
Yorr.  —  Ausser  Ripuarien  ebenso,  zb.  eir  Eilh.  Tristr.  D.  94.  134  und 
stets.  —  eirhere  Henneb.  ük.  I,  166.  11,  50.  leihen  H,  184.  meir  Cd. 
Sai.  n.  8,  147. 

über  ei  für  den  Umlaut  e  (ce)  §  95. 

§  101.  Der  Wandel  von  e  zu  a  ist  durch  folgendes  r  §  101. 
und  Ä  bedingt,  und  beschränkt  sich  auf  die  Worte  häre,  läre, 
gär^  geväh  und  sä  (sS,  ecce).  Die  beiden  lezten  Belege  ge- 
währt nur  Jeroschin,  gär  ist  nur  aus  dem  Rol.  90,  5  (:  scar) 
verbürgt,  aus  dem  auch  stänhüs  {iur  stenhüs)  10,  12  herbei- 
gezogen werden  könnte.  Nur  in  häre,  läre  ist  jener  Vocal- 
wandel  weit  verbreitet.  Die  Fälle  vor  einfachem  r  sind  hier 
nicht  häufig, 

widerkäre  :  väre  Herb.  5252.  :  undäre  1398.  —  läre  :  uffenbdre 
Elis.  2074.    :  Cläre  1610.    :väre  6065.  . 

Dagegen  ist  in  den  Perfectf.  der  Verba  Mren  und  Uren  | 
das  ä  md.  Regel  ^);  dabei  scheint,  nach  den  häufigen  Reimen  \ 
mit  kurzem  art  zu  schliessen,  a  gekürzt  worden  zu  sein. 

karte :  Burendarte  Karlm.  136,  39.  :  gebarte  80,  3.  :  varte  Jerosch. 
20314.  :  harte  Alex.  1929.  Herb.  1160.  Pass.  K.  576,  32.  :paii;e  Herb. 
2795.  Pass.  K.  245,  18.  ;  scharte  Jerosch.  4896.  :  warte  6550.  :  gewarte 
Herb.  9034.     karte :  harte :  warte  Meisner  MSH.  3,  98^    karde:worde 


^)  Andre  meinen,  in  karte  lärte  sei  eine  Art  Eückumlaut  nach 
Analogie  von  märte,  swärte  anzunehmen,  Behaghel  Eneide  LTV.  Paul 
mhd.  Gr.  65.   Pietsch  Trebn.  Ps.  S.  LXXIH. 


96 

§101.  mfr.  Legend.  202.  karten  :  Garten  Jerosch.  24392.  :  partin  21125. 
:  spartin  Ludw.  Kr.  139.  Schachb.  223, 18.  :  wartin  Tristr.  725.  Schachb. 
318,  7.  :  ewarten  Pass.  K.  575,  19.  gekart :  art  Pass.  K.  7,  32.  38,  54. 
HTri8t.298.  bekart:art  Jerosch.  17813.  :vart  Pass.  H.  260, 54.  gekart 
:vart  Herb.  16919.  Väterb.  1292.  :part  Jerosch.  282.  :wart  Karhn. 
3052.  :  widerwart  Pass.  H.  179,  87.  :  zaH  Prauenl.  L.  11,  19.  bekart 
:  wart  Pass.  H.  180,  80.  verkart :  hervart  Ernst  D.  1678.  wart :  art : 
üerkart  Pass.  H.  234,  70.  verkart :  unart  266,52.  vorkart:wart  Vor- 
bewis.  18.  —  larte  :  arte  Schachb.  246, 9.  :  narte  Jerosch.  305.  :  bewarte 
Pass.  K.  120,  51.  larten  :  bekarten  Elis.  5515.  gelart  :  art  Pass.  H. 
206,  32.  K.  61,  56.  Frauenl.  Spr.  266,  2.  :vart  tr.  Süv.  534.  Herb. 
1294.  :  hai-t  Herb.  41.  :  Gerhart  Frauenl.  Spr.  130,  18.  :  gekaH  Ath. 
F.  17.  :  schart  Mügeln  Fab.  8,  16.  :  wart  Pilat.  169.  Herb.  819.  MSH. 
3,  164^.  Väterb.  3641.  Schachb.  163,  5. 

Ausser  dem  Reim  begegnen  diese  Formen  sehr  häufig. 
Für  die  Länge  des  a  könnte  das  zuweilen  erscheinende  6 
sprechen :  horte  Trebn.  Ps.  84,  4.  Stolle  30.  gekort  ebd.  69,  4. 
118,  79.  lorte  Haupt  Z.  XV,  385.  gelort  Cd.  Siles.  VIII. 
S.  40.  42. 

§  102.  §  102.     In  Bezug  auf  die  Quantitätbewahrung  oder  Ver- 

änderung ist  zu  bemerken,  dass  das  Wort  herre,  da&  im  Obd. 
gern  zu  herre  sich  erleichtert  (§  96),  md.  die  Länge  bewahrt. 
Die  gewöhnliche  md.  Wortform  ist  here,  die  oft  im  Reim 
steht:  vgl.  here  :  ire  Roth.  13.  Orend.  383.  Md.  Ged.  90,2014. 
ikere  Job.  v.  Frankenst.  4127.  .lere  livl.  Kr.  96.  Job.  y. 
Frankenst  4539.  4639.  :  mere  433.  7535.  :  sere  ülr.  Wh. 
3395.  Job.  V.  Frankenst.  4989.  :  swSre  3627.  8015.  :were 
775.  2481.  u.  0.  (Khull  Sprache  Joh.  v.  Frankenst.  S.  13). 
junch^e :  ere  Junk.  u.  Heinr.  15.  47.  59.  490.  heren :  eren^ 
Rudolf  7,  14.  9,  12.  Roth.  6.  124.  Orend.  1547.  Ernst  D. 
4659.  5217.  Junk.  u.  Heinr.  1616.  Meisner  MSH.  3,  97\ 
Damen  ebd.  3,  163\  Joh.  v.  Frankenst.  3025.  3718.  8961. 
:  glUeniren  Joh.  v.  Frankenst.  645.  :  Bomeren  7225.  :  Jceren 
987.  3295.  9487.  Apocopirte  und  syncopirte  Belege  geben 
her  :  ser  Schachb.  293,  6.  Günther  :  ser  Ludw.  Kr.  3128. 
h&rn  :  dem  Schachb.  292,  30.  Freilich  wird  auch  md.  her 
in  componirten  Namen  gekürzt,  vgl.  in  Ludwigs  Kr.  Günther 
:wer  996.  :  jser  1720.  6598.  Walther  :  her  5246.  :mer 
1692. 


97 

Diesen  Namen  in  -her  vergleicht  sich  die  md.  nachweis-  §  102. 
liehe  Kürzung  von  ger  in  Personennamen,  vgl.  Madelger :  er 
Rolandl.  58,  17.    :  herg  Salm.  730,  3. 

Kürzung  des  ^  erscheint  auch  in  kerren  =  keren  Rolandl. 
A.  129,  20.  46,  24.  134,  10.  74,  2.  17,  23,  das  sich  einzeln 
auch  obd.  findet  §  96 ;  ferner  im  Perf.  fenc  zu  van  im  Rother, 
wahrscheinlich  auch  vor  ht,  vgl.  die  Reime  rechte  :  hrechte 
Wernh.  63, 12.  knechten  :  br echten  Junk.  u.  Heinr.  920,  femer 
ehtin :  vehtin  Jerosch.  8720.  gesmecht :  recht  Joh.  v.  Frankenst. 
6637    :knecht  8309. 

Vulgäres  e  (=  gemeindeutschem  ei)  ward  häufig  gekürzt 
in  Henrich  Henze,  in  Menze ;  vgl.  ferner  elf  aus  eilif  einlif. 
helge  Höfer  II,  171.    ledder  (leiter)  Wierstr.  592. 

§  103.     Ein   andres   e,    das   in   einer  früheren  Periode  §  103. 
durch  Zusammenziehung  zweier  Silben  entstanden  war,  hatte 
schon    ahd.    sich    zum  Diphthong   gestaltet:   zu   ea  eo   oder 
ia  io  ie.     Mhd.  ist  ie  die  reguläre  Form.    Wir  finden  dieses 
ie  aus  e  in  folgenden  Fällen: 

1.  in  dem  Perfect  der  ehemals  reduplicirenden  Verba, 
also  u.  a.  in  hielt  wielt  vienc  gienc  Men  riet  lieis  schiet  hiez 
friesch  hie  lief  stiez.  Md.  ist  I  dafür  gewöhnlich,  dessen 
Länge  vor  nc  wich;  im  Rother  finden  wir  S  und  vor  nc 
kurzes  e  {venc  genc), 

2.  in  den  deutschen  Worten  vier  (got.  fidvor)  und  zier 
(lat.  decus).  In  mieta,  ahd.  miata  meta,  got.  mizdö,  wird 
merta  als  älteste  hochd.  Form  anzusetzen  sein;  nach  Ausfall 
des  r  trat  Ersatzdehnung  ein.  In  niere  war  wahrscheinlich 
der  labiale  Auslaut  der  Stammsilbe  (vgl.  griech.  veg)Q6q)  ge- 
schwunden und  zum  Ersatz  e  gedehnt,  worauf  e  in  den 
Diphthongen  sich  wandelte. 

3.  in  fremden  Worten  a)  mit  gedehntem  oder  langem  e 
oder  mit  ce :  fieber  (febris),  brief  {breve),  bieze  {beta),  Spiegel 
(speculum),  ziegel  (tegula),  krieche  (Grcecus),  b)  mit  Zu- 
sammenziehung:  priester  {presbyter),  flieme  (fleotomum, 
flebotomum), 

Wein  hold,  mittelhochd,  Gramm.   2.  Aufl.  .        7 


9.8 


L 

§  104.  §  104.     Das  lange  i  der  Stammsilben,  welches  wir  hier 

behandeln,  ist  die  alte  Länge  des  i  (ii  aus  ai  durch  ei  ent- 
standen), welche  in  den  Fräsensstämmen  der  ablautenden 
Zeitworte  der  I- Klasse  und  in  Nominibus,  die  aus  diesen 
abgeleitet  wurden,  sich  findet.  Über  i  aus  i  gedehnt  vgl. 
§  55.  57  ;  darunter  mischte  sich  gedehntes  jüngeres  i  §§  42.  51. 

Schriftzeichen  des  langen  i  sind  i,  i,  %,  ii,  ii.  Auch 
ie,  i  kommt  für  i  vor.  Nach  heutiger  schweizerischer  Aus- 
sprache zu  schliessen^  ist  wenigstens  in  alem.  Handschriften 
des  14.  Jh.  das  e  kein  Dehnungszeichen,  sondern  l  deutet 
hifer  einen  vocalischen  Nachschlag  hinter  t  an,  AG-r.  §  65. 
Schweizer-Siedler  in  Kuhns  Zeitschr.  XIII,  380. 

Kürzung  von  %  geschah  vor  ch  in  componirtem  liehe  und 
riehe  §  16.  Ferner  entstund  neben  Hier  zur  Unterscheidung 
der  Bedeutung  allmählich,  aber  nicht  folgerecht,  die  gekürzte 
Form  riter,  ritter  (eques).  Die  Dichter  selbst,  noch  mehr 
die  Schreiber  schwankten  im  Brauch  der  Quantität.  Im 
allgemeinen  scheint  ritter  als  Standesbezeichnung  in  der 
zweiten  Hälfte  des  13.  Jh.  zu  herschen,  Mhd.  Wb.  II.  1,  739. 
Die  Nebenform  reuter,  welche  wahrscheinlich  falsche  Etymo- 
logie veranlasste  oder  der  Wunsch,  die  Bedeutungsverschieden- 
heit zwischen  Reiter  und  Ritter  durch  starke  Lautverschieden- 
heit hervorzuheben,  wird  im  15.  Jh.  nicht  selten. 

Spuren  einer  Kürzung  des  i  finden  sich  auch  in  iteuns, 
itemisen,  vgl.  von  itewieise :  hiisze  Haupt  Z.  VIII,  285.  v.  331. 
—  fiizisen :  itewizzen  Gudr.  331,  2.  :  vermezzen  Biter.  12505. 
Dazu  stimmt  aus  der  md.  Erlösung  747  der  Reim  itewiz : 
vergiz,  vgl.  dazu  Bartsch  in  der  Germ.  VII,  20.  In  dem 
Reim,  kristen :  kristen  bei  Lamprecht  Franc.  2363  wird  auch 
Kürzung  des  i  im  syncopirten  Präterit.  kristen  (zu  kristen) 
anzusetzen  sein. 

über  Tausch  von  i  mit  iu  §  129. 

§  105.  §  105.    Das  i  (sowol  das  alte  echte  i  als  die  Dehnung  von 

altem  und  jungem  i)  erfuhr  im  bairischen  Dialect  Diphthongi- 
sirung  zu  ei,   ein  Vorgang,   der  mit  der  Wandelung  von  iu 


99 

(der  Steigerung  und  dem  Umlaut  -iu)  zu  eu  und  der  Diphthon-  §  105. 
^isirung  von  ü  zu  ou  oder  au  zeitlich  und  landschaftlioh 
verbunden  ist.  Dass  diese  Verschiebung  langer  Vocale  zu 
Diphthongen  bei  dem  i  begonnen  und  in  Kärnten  und  Steier- 
mark den  Ursprung  habe,  ist  zwar  behauptet  aber  nicht  be- 
wiesen worden.  In  Altbaiem  begegnen  die  ältesten  datirbaren 
Spuren,  und  eu  für  iu,  ou  für  ü  sind  mindestens  ebenso  früh 
bezeugt  als  ei  für  i.  Sicher  scheint  mir  nur,  dass  gegen  die 
Mitte  des  12.  Jh.  im  bajuvarischen  Grebiet  eine  Bewegung 
unter  den  Diphthongen  eintrat,  welche  mit  breiterer  Aussprache 
des  ei  als  ai,  des  ou  als  au  begann  und  dazu  führte,  das  i 
zu  ei,  das  ü  zu  ou  zu  steigern.  Handschriften  aus  der  spä- 
teren Zeit  des  12.  Jh.  zeigen  die  neuen  Diphthonge  neben 
den  alten  Lauten;  um  1220  ist  der  neue  Vocalismus  schon 
80  entwickelt,  dass  der  Kärntner  Heinrich  vom  Türlein  ihn 
in  seinen  Reimen  hier  und  da  einfiihrt  (früher  hat  kein  Dichter 
solches  gewagt)^),  und  dass  später  andere  österreichische  und 
bairische  Poeten  darin  nachfolgen.  Der  Sieg  des  mundart- 
lichen Vocalismus  über  die  Schriftsprache  ist  nach  der  Durch- 
führung der  neuen  Diphthonge  in  Handschriften  und  Urkunden 
zu  schliessen,  im  bajuvarischen  Gebiet  Ende  des  13.  Jh. 
unzweifelhaft,  wenn  auch  noch  im  Anfange  des  14.  Jh.  die 
alten  i,  iu,  ü  aus  der  Schrift  nicht  ganz  verschwunden  sind. 
Der  alemannische  Dialect  nimmt  in  seinen  drei  Abthei- 
lungen (alemannisch,  schwäbisch,  elsässisch)  an  dieser  Be- 
wegung keinen  Theil.  Hier  bleiben  die  alten  i,  tu,  ü  erhalten ; 
nur  im  schwäbischen  ist  die  Neigung,  das  ü  zu  ou  zu  steigern 
bemerkbar.     Über  die  Verhältnisse  im  Md.  §  108. 

§  106.  Die  ältesten  bis  jetzt  nachgewiesenen  ei  fiir  i  §  106. 
sind  Hadeweich  1158  M.BoicaXXVni.2,113.  Sweinachirchen 
1159.  ebd.  237.  Sweinahe  1160.  ebd.  242.  Prunleit  Berchtes- 
gad.  Schenk,  n.  3.  In  der  Vorauer  Handschrift  erscheinen 
von  41,  22  (Diemers  Ausgabe)  ab  einzelne  ei  ^  i,  während 
eu  =  iu  oft,   und  ö  für  ü  ziemlich    oft  vorkommen.     In  der 


^)  Die  von  Heinzel  in  seiner  Ausgabe  Heinrichs  yon  Melk  ein- 
geführten neuen  Diphthonge  halten  nicht  Stand,  vgl.  auch  Edw.  Schröder 
Anegenge  S.  3. 

7* 


100 

§  106.  Yorauer  Eaiserkronik  sind  die  drei  neuen  Diphthonge  selten. 
Die  Milstätter  Handschriil  hat  kein  ei  =^  iy  während  ^  oder 
ou  =  ü  hier  gewöhnlich  ist.  Die  Grsezer  Litanei  bietet  von 
den  neuen  Diphthongen  nur  einige  eu  =  tu.  Für  Heinrich 
von  Melk  ist  keiner  derselben  gesichert,  ebenso  wenig  för 
die  andern  Gedichte  der  Wiener  Sammelhandschrift  des  14.  Jh. : 
Angenge,  Kindheit  Jesu  u.  s.  w.  Das  Docetische  Sruchstück 
von  Wernhers  Marienleben  hat  ein  ei,  ein  eu,  ein  ow  (noch 
dazu  in  bowen),  gehört  übrigens  erst  der  zweiten  Hälfte  des 
13.  Jh.  an  (Eeinz  in  den  Münchener  Sitz.-Ber.  1869.  II.  3. 
S.  296).  Die  Greiffschen  (Augsburger)  Bruchstücke  haben 
wol  ai  für  ei,  aber  nur  die  alten  i,  iu,  ü.  In  dem  Alberschen 
Gedicht  von  S.  Ulrich  (Handschrift  bald  nach  1200),  ebenso 
in  den  von  X.  Roth  herausgegebenen  Predigten  erscheint  kein 
neuer  Diphthong;  die  ü  für  t^  sind  hier,  wie  ihre  andre  Ver- 
wendung ergibt,  nicht  als  ou  aufzulösen. 

In  den  aus  8.  Lamprechter  (also  obersteirischen)  Hand- 
schriften durch  Schönbach  herausgegebenen  Breviarien  (Z.  f. 
d.  A.  XX,  129—197)  enthält  das  älteste,  das  1150-1190 
geschrieben  sein  soll,  ein  ei  gegen  13  i,  2  iu  gegen  1  eu, 
kein  ou  oder  au  =  ü.  In  den  Stücken  der  zweiten  Nummer, 
die  auch  dem  12.  Jh.  zugetheilt  werden,  begegnet  kein  neuer 
Diphthong;  in  denen  der  dritten  stehn  31  i  gegen  8  ei  (der 
alte  Diphthong  ist  15  mal  durch  ei,  33  mal  durch  ai  gegeben), 
6  iu  gegen  6  eu,  ü  ist  unverändert.  In  der  ersten  Gruppe 
von  JKo.  4  findet  sich  kein  neues  ei  und  ou,  aber  iu  wird 
von  dem  neuen  eu  überwogen ;  die  zweite  Gruppe  hat  dagegen 
kein  eu,  aber  42  neue  ei  und  2  tei  gegen  63  alte  i.  In  der 
fünften  Nummer  steht  iu  gegen  eu  an  Zahl  zurück,  das  alte 
i  ist  nur  einmal  erhalten,  73  ei  sind  gezählt.  In  No.  5  findet 
sich  kein  neuer  Diphthong. 

Die  von  Schönbach  aus  einer  Münchener  Handschrift  des 
13.  Jh.  herausgegebene  deutsche  Benedictinerregel  (Wiener 
Sitzungsber.  Band  XCVIII)  bietet  425  ei  gegen  536  t,  158 
eu  gegen  146  iu  (und  8  ie  =  iu),  117  o  (wol  ou)  gegen  9  ü. 

In  der  St.  Pauler  Predigthandschrift,  welche  nach  Watten- 
bachs Urtheil  um  die  Mitte  des  13.  Jh.  zu  setzen  ist,  begegnen 


101 

in   der  zweiten  Hälfte   namentlich   viele    neue  ei,   das   alte  i  §  106. 
überwiegt  aber,  ebenso  wie  iu  über  eu.     Das  alte  ü  ist  nicht 
zu  ou  gewandelt. 

Suchen  wir  auf  alles  dieses  einen  Schluss  zu  bauen,  so 
wird  derselbe  dahin  lauten,  dass  der  bairische  Dialect  eu  für 
iUf  ou  für  ü  und  ^  für  ^  um  die  Mitte  des  12.  Jh.  so  weit 
entwickelt  hatte,  dass  die  Schreiber  diese  neuen  Laute  statt 
der  alten  zuweilen  unwillkürlich  sezten.  Das  nam  gegen 
Ende  des  Jahrh.  zu;  je  nach  der  Freiheit,  welche  sich  die 
Schreiber  gestatteten  und  nach  ihrer  Unterordnung  unter  den 
Dialect^  wuchs  das  Verhältnis  der  neuen  gegen  die  alten 
Lautzeichen.  Aber  bis  gegen  Schluss  des  13.  Jh.  dauerte  der 
Widerstand  der  i,  iu,  ü  fort  in  der  Schrift  wie  in  der  Sprache ' 
der  Dichter.  Diese  gestatteten  sich  Reimverwendung  der 
neuen  Laute  nur  sehr  zögernd. 

Was  im  besondern  das  neue  ei  betrifft,  so  war  Heinrich 
Tom  Türlein  der  erste,  der  es  mit  altem  ei  zu  reimen  wagte : 
im  Mantel  angeleit :  sU  716,  beit :  enzit  405,  höchzU :  geleit 
110,  ssit:  geleit  216,  in  der  Krone  arjsenl :  eniswei  8054,  samit 
:  geleit  2831,  ^U :  geleit  25566  (die  Reime,  in  denen  phleit 
erscheint,  Krone  1137.  1754.  25942  können  fraglich  sein,  da 
Heinrich  in  der  Krone  ein  schwaches  Zw.  phlegen  braucht 
und  phleit  also  aus  phleget  contrahirt  sein  kann).  Ulrich 
von  Lichtenstein,  Herrand  von  Wildon  und  der  Stricker  ge- 
statteten sich  solches  nicht,  wol  aber  bietet  der  Dichter  des 
Wigamur,  ein  wenig  gebildeter  und  volksthümlichen  Geschmack 
auch  sonst  verratender  Mann,  um  1250  zwei  Reime,  nämlich 
sein  :  kein  2660  und  kunegein  :  kein  2815.  In  den  Helblings- 
büchlein  finden  sich 

eiden :  leiden  8,  322.   leit :  streit  1,  845.   :  zeit  1,  1259.    :  vergeit 
7,  1026.   geist :  seist  10,  50.    geleist :  seist  2,  190. 

Jans  Enikel  bietet  unter  andern  vingerlein :  gestein  Fürstenb. 
302.  geleit:  weit  292.  höchiseit :  ungeleit  (Hagen  GA.  II,  537). 
angeleit :  i2eit  (ebd.  540).  leit :  weit  Weltkr.  408'.  ;  seit  413*. 
Der  Pleier  reimt  im  Tandarois  leiden :  scheiden  3798.  weit 
.-  leit  4333.  geleit :  zeit  10424 ;  im  Garel  und  Meleranz  vermied 


102 

§106.  er  diese  Nachlässigkeit.*)  Hadamar  von  Laber  (ca.  1300 — 
1360)  hat  dreimal  neues  ei  im  Reim  auf  altes:  geseinet : 
peinet  Str.  117,  7.  leide  ireide  391,  1  (63.  386.  415  sind 
nicht  hierher  gehörig).  Gundacker  von  Judenburg  vermeidet 
die  neuen  Vocale,  Otacker  braucht  wenigstens  kein  neues  ei, 
wenn  auch  neues  ou;  beides  sind  Steirer.  Auch  Lutwin,. 
der  Dichter  des  Adam,  vermeidet  neues  ei  und  eu,  hat  aber 
zwei  neue  au.  Aus  Teichners  Gedichten  (soweit  sie  mir 
zugänglich  sind)  kann  neues  ei  nur  im  Reim  proveis :  speis 
(Anm.  285  in  Karajans  Abhandlung  über  den  Teichner)  und 
dem  grob  mundartlichen  leut  :  enstreit  (PfeijGfers  Übungsb- 
163,  42)  belegt  werden.  Sie  genügen  freilich  zum  Beweise,, 
dass  Teichner  neues  ei  entschieden  sprach.  Dasselbe  gilt  für 
Suchenwirt,  obschon  er  auch  nur  in  zwei  Reimen  {erleit : 
gezweit  24,  136.  Sameit :  höchiseit  4,  257)  altes  mit  neuem  ei 
bindet 

Aus  diesem  allen  ergibt  sich,  dass  in  der  Landsprache 
des  bajuvarischen  Gebietes  neues  ei  =  i  im  13.  Jh.  schon 
fest  stund,  dass  aber  die  Dichter  es  als  einen  nicht  schrift- 
deutschen Laut  nur  ganz  ausnamsweise  sich  entschlüpfen 
liessen;  das  stärkste  Zeugnis  gibt  dafiir  das  fehlen  dieses  ei 
bei  Gundacker  und  Otacker.  Auch  die  Österreicher  dea 
14.  Jh.  (Teichner,  Suchenwirt)  verwenden  es  nur  sehr  sparsam. 

In  den  deutschen  Urkunden  der  bajuvarischen  Land- 
schaften erscheint  dagegen  seit  1280  eine  unbedingte  An- 
wendung der  neuen  Diphthonge  in  den  meisten  Fällen.  Nach- 
weise aus  Baiern,  Tirol,  Steiermark,  Österreich,  Nürnberg- 
(das  sprachlich  zum  bairischen  Gebiet  gehört)  sind  BGr.  §  78 
gegeben.  Daneben  mischen  die  Schreiber  in  vielen  Fällen 
den  neuen  mit  dem  alten  Yocalismus  und  brauchen  t  und  eif 
ü  und  ou,  iu  und  eu  neben  einander  sowol  in  Urkunden  und 
Rechtsschriften  als  in  Handschriften  von  Gedichten  und  Prosa- 
werken. In  der  Wiener  Handschrift  N.  2696  (rec.  3176)  aus  dem 
14.  Jh.,  welche  Anegenge,  Tundalus,  Kindheit  Jesu,  Urstende^ 


')  In  dem  Gedicht  Frauenlist  (v.  d.  Hagen  Gesamtabent.  n.  XXVI) 
hat  die  Cöloczaer  Handschrift  in  einem  Einschub  den  Beim  beweiste 
:  geleiste  Colocz.  Cod.  107,  384. 


103 

Jüdel,  Pfafifenleben  und  Todes-Erinnerung,  die  Warnung,  Ser-  §  106. 
vatius,  Katharina  enthält,  ist  ei  =  i  mit  geringen  Ansnamen 
durchgeüihrt  und  ai  für  den  alten  Diphthong  fast  regelmässig 
gesezt.  Die  .Unachtsamkeit  oder  Unsicherheit  des  Schreibers 
bezeugen  die  beibehaltenen  i  und  ei,  sowie  einige  cei  für 
neues  ei.  Für  altes  ou  ist  ou  geblieben,  das  zugleich  den 
neuen  Diphthong  für  ü  bezeichnet.  Dagegen  ist  iu  nur  einzeln 
durch  eu  verdrängt. 

§  107.     Für  das  mitteldeutsche  i  gilt  zunächst  das  §107. 

allgemeine  beim  obd.  i  bemerkte  §  104. 

(Über  gedehntes  %  §§*57.  51 ;  über  i  aus  Zusammenziehung  §  52). 

Kürzung  von  i  erfolgte  auch  md.  in  riter.  Als  Neben- 
form stellte  sich  im  15.  Jh.  rüter  und  gekürzt  rutter  ein. 
Über  itewijs  §  104.  Der  Meisner  braucht  gelich  kurz  im 
Heim  auf  sich  MSH.  3,  93^  In  Zusammensetzung  wird  lieh 
von  Heinr.  y.  Freiberg,  dem  Dichter  des  Fassionais,  Nicolaus 
yon  Jeroschin  u.  a.  im  Eeim  kurz  gebraucht,  vgl.  überhaupt 
§  80.  Im  Ernst  D.  2844  ist  vint  auf  sint  gereimt,  ebendas. 
3882  wie  auf  gevolgic. 

Seit  dem  12.  Jh.  findet  sich  zuweilen  ie,  l  für  langes  i 
geschrieben:  scienet  ßother  3577.  driezich  1446.  gewiehit 
virciehü  tr.  Egid.  948.  f.  967.  flie^se  1432.  meseten  1277. 
werilieches  tr.  Silv.  191. 

Spätere  Beispiele:  hie  Höfer  I,  23.  Hü.  IH,  1112.  1116.  u.  o. 
Wide,  mieme  Mone  Z.  VI,  320.  blyeben  Eberbach  767.  blieven  Lac. 
m,  172.  liep  Mülh.  E.  44.  angriefet  Höfer  II,  199.  hegriefen  HU. 
I,  563.  lieden  Höfer  H,  199.  wiet  Hü.  I,  563.  drieczen.  Heinrieche» 
uffinUechin  Mülh.  ük.  Nr.  1002.  hie,  blieben,  schrieben,  sien  Cd.  Sax. 
n.  6,  27.  Frieberk.  Siedel,  wyese.  mieU.  sien.  vlieze.  schrieber  ebd.  33. 
Schlesische  Beispiele  bei  Eückert  Entwarf  107. 

Möglicherweise  bezeichnet  dieses  ie  einen  Schwebelaut 
zwischen  i  und  e.  Denn  e  iür  %  ist  den  md.  Mundarten  der- 
selben Zeit  nicht  fremd,  wenn  auch  nicht  stark  entwickelt,  z.  B. 

dre  Rother  444.  1389.  1872.  5054.  Wülcker  in  Paul-Braunes  Beitr. 
IV,  23.  drelich  Cd.  Sax.  H.  6,  116.  127.  drefaldekeit  Paris.  Tagz.  283. 
wesfteit  Marienl.  70,  4.  —  drevaldeJceit.  czwetracht.  cztoege.  schregeten. 
hldnn.  hegrefet.  sen.  weczen  (sapientes).  lechnam  Bückert  32. 

§  108.     Die  bairische  Diphthongisirung  des  i  zu  ei,  wie  §  108. 
überhaupt  der  neue  Diphthongismus,  hat  in  den  md.  Dialecten 


104 

§  108.  während  unserer  Periode  nur  theilweise  Aufname  gefunden. 
Der  Übergang  von  i  zu  ei,  ü  zu  ou  ist  im  14.  Jh.  nur  im 
bambergischen,  deutschböhmischen  und  schlesischen  zu  be- 
obachten. 

Johann  von  Frankenstein  in  Schlesien,  der  seinen  Ereu- 
ziger  zu  Wien  1300  dichtete,  braucht  29  mal  neues  ei  im 
S.eim  zu  altem  ai,  4  mal  neues  ou  gebunden  mit  altem  (KhuU 
über  die  Sprache  des  Johann  v.  Frankenstein  S.  15.  f.).  Er 
muss  hier  aber  den  Wiener  Einflüssen  nachgegeben  haben. 
In  dem  fast  gleichzeitigen  Gedicht  von  Landgraf  Ludwigs 
Kreuzfahrt,  das  ein  geistlicher  Dichtet  im  Lande  Troppau  vor 
dem  Tode  des  Königs  Wenzel  IL  von  Böhmen  (Juni  1305) 
auf  Veranlassung  des  Herzogs  Bolko  IL  von  Münsterberg 
(reg.  seit  Nov.  1301)  verfasste,  ist  der  alte  Vocalismus  un- 
verändert. In  dem  deutschen  Trebnitzer  Psalter,  den  ich  um 
die  Mitte  des  14.  Jh.  nach  den  Schriftzügen  setze,  kommen 
bereits  mehrere  ei  und  eu  und  5  au  (aber  nur  in  demselben 
Worte)  vor  (Pietsch  Trebnitzer  Psalmen  8.  LI).  In  den  spä- 
teren schlesischen  Handschriften  des  14.  Jh.  nehmen  die  neuen 
Diphthonge  zu  und  im  15.  Jh.  verdrängen  sie  dann  die  alten 
^  ganz  und  die  w  fast  ganz  (Rückert  Entwurf  88.  f.  95.  f.) 
Genaueres  über  diese  Entwickelung  in  Schlesien  geben  die 
Urkunden.  1)  Als  Regel  ergibt  sich,  dass  die  Städte  bis  gegen 
Ende  des  14.  Jh.  den  neuen  Diphthongen  Widerstand  leisten, 
dass  die  fürstlichen  Kanzleien  in  der  zweiten  Hälfbe  denselben 
sich  fügen.  Eine  Brieger  Urkunde  von  1318  hat  ein  ow  =  ü 
(Cd.  Sil.  VIII,  13),  eine  Schweidnitzer  von  1335  nur  im 
Namen  Sweydenicz  neues  ei  (S.  16.  f.),  sonst  nichts.  Das 
älteste  Striegauer  Stadtbuch  hat  in  keiner  Aufzeichnung  bis 
1390  einen  neuen  Diphthong,  dann  dringt  ei  erst  einzeln  ein 
(ebd.  S.  87.  ffi) ;  in  einer  Urkunde  von  1393  hat  es  9  ei, 
3  eu,  1  au,  Schweidnitz  lehnt  1369  noch  das  neue  ab,  trotz 
der    herzoglichen    Kanzlei;     ebenso    Löwenberg    noch    1382. 


0  Ich  habe  eine  bestimmte  Gruppe,  die  zum  Gewerberecht  und 
Innungswesen  gehörigen  (im  8.  Bande  des  Cod.  diplom.  Siles.  gedruckt), 
welche  städtischen  und  herzoglichen  Ursprungs  sind,  zur  Beobachtung 
gewählt. 


105 

Liegnitz  hat  1 376/82  ou  einzeln  (3  mal),  eu  6  mal  (aber  im  §  108. 
selben  Wort),  und  ei  g'ar  nicht  (ebd.  S.  74.  f.).  Reichenbach 
zeigt  1369  3  ou,  4  eu,  kein  ei,  1387  16  ei  (gegen  12  i) 
aber  kein  eu  und  ou.  In  einem  für  die  Eeichenbacher  Ge- 
wandschneider und  Tuchmacher  1399  von  dem  Landeshaupt- 
mann des  Fürstenth.  Schweidnitz  publicirten  Vergleich  ist  ei 
durchgeführt,  ausgenommen  im  Stadtnamen  Rychinbach,  und 
ebenso  ou;  ü  =  ü  ist  geblieben. 

Abgesehen  von  diesen  sich  allmählich  einschleichenden 
obd.  Diphthongen  hersoht  durchaus  der  mitteldeutsche  Voca- 
lismus,  von  dem  sich  jene  fremdartig  abheben.  In  die  lebendige 
schlesische  Volkssprache  sind  die  jungen  ei  und  ou  (noch 
weniger  eu)  im  14.  Jb.  gewiss  noch  nicht  aufgenommen  worden. 
—  In  den  fürstlichen  Urkunden  der  bezeichneten  Gruppe  aus  . 
der  ersten  Hälfte  des  14.  Jh.  erscheint  kein  neuer  Diphthong. 
Eine  Urkunde  Bolkos  II.  von  Schweidnitz  von  1356  (Od.  Sil. 
VIII,  44)  hat  2  eu,  sonst  nichts.  Seine  Witwe  Agnes  (eine 
österreichische  Prinzessin)  gestattet  den  obd.  Diphthongen 
Zutritt;  eine  Urkunde  von  1369  hat  11  ei,  3  eu,  1  ou,  ausser- 
dem Österreich,  we  =  uo.  Von  1374  ab  ist  in  ihren  Urkunden 
ei  durchgeführt,  eu  ebenso  bis  auf  getruwe,  ou  bis  auf  das 
gekürzte  uff  (ebd.  72.  f.  76.  f.).  In  den  deutschen  Urkunden 
des  obersten  Herzogs  von  Schlesien,  des  böhmischen  Königs, 
herscht  der  neue  Diphthongismus,  ebenso  in  denen  der  böh- 
mischen Landeshauptleute ;  wenigstens  gilt  dies  für  K.  Wenzels 
Regierung.  ^) 

In  Böhmen  waren  die  bairischen  Diphthonge  weit  früher 
eingedrungen  als  in  Schlesien.  Aus  den  von  E.  Martin  (An- 
zeiger für  deutsch.  Alterth.  u.  deutsche  Literatur  III,  117) 
gegebenen  Nachweisen  erhellt,  dass  schon  von  1310  ab  die 
neuen  Diphthonge  in  der  Oberhand  waren ;  in  dem  Suche  der 
Prager  Malerbruderschaft  von  1348    herschen   sie   durchaus. 


*)  Es  mag  hier  angemerkt  werden,  dass  sich  in  Br.  Philipps 
Marienleben  die  10  Keime  zwischen  ei  und  i  sowie  die  6  zwischen  i 
imd  ei  nnr  begreifen,  wenn  Diphthongisirung  des  %  angesezt  wird.  Auch 
der  Reim  ouch  :  iuch  4780  weist  auf  Diphthongisirung  des  ü  (oitch 
vobis).  Für  die  Zeit  dieses  sprachlich  merkwürdigen  md.  Gedichts 
ergibt  sich  daraus,  dass  es  nicht  in  das  13.  Jh.  gehören  kann. 


106 

§108.  Wir  sind  dadurch  zum  Schluss  berechtigt,  dass  die  königliche 
Kanzlei  sie  schon  unter  Johann  angenommen  hatte,  wobei 
entsprechend  dem  in  Schlesien  beobachteten  Zustande  sonst 
der  md.  Yocalismus  blieb  und  auch  das  alte  ei  sehr  selten 
in  ai  übergieng.  Es  ist  natürlich,  dass  wir  auch  in  den  Hand- 
schriften und  Urkunden,  die  auf  einen  der  Kanzlei  Karls  IV. 
sehr  nahe  verbundenen  Mann,  Johann  von  Neumarkt  in 
Schlesien  (1347  Notar  in  der  Kanzlei,  1352  Protonotar,  1353 
bis  1374  Kanzler,  seit  1364  Bischof  von  Olmütz),  zurückgehn^ 
dieser  Lautbewegung  begegnen:  i  ist  fast  durchaus  in  ei 
gesteigert,  aber  das  alte  ei  nur  nebenher  in  ai  gewandelt; 
iu  ist  meist  zu  eu  geworden  (ausserdem  findet  sich  au  und 
u  dafür),  ü  zu  au,  wie  auch  ou  als  au  gegeben  wird  und  öu 
.  als  eu.  Im  übrigen  haben  wir  e  für  i,  o  für  m,  6  für  ä, 
e  für  (B,  i  fiir  ie,  ü  für  uo  (Leben  des  h.  Hieronymus  in  der 
Übersetzung  des  Johannes  VIII.  von  Olmütz,  herausgeg.  von 
A.  Benedikt  XLIII.  fif.).  Diesen  Zustand  zeigen  die  Urkunden 
Karls  IV.  ebenfalls  i),  während  unter  K.  Wenzel,  wenigstens 
in  den  zu  Prag  und  in  seinen  Kronländem  von  ihm  erlassenen 
Documenten  die  neuen  Diphthonge  ganz  durchgeführt  sind. 
Im  östlichen  Ostfranken  ist  Bamberg  der  Ort,  von  wo 
aus  der  neue  Diphtbongismus  sich  verbreitet.  Eine  dortige 
Urkunde  von  1303  hat  1  ou,  2  eu  (Henneb.  Uk.  I,  62),  eine 
bischöfliche  von  1308  (ebd.  65)  1  ei  neben  2  i,  1  neues  au, 
aber  für  iu  nur  ü.  In  einer  späteren  von  1316  sind  die  neuen 
ei  und  au  im  Übergewicht  (M.  Boica  XXIX,  62.  f.),  in  einer 
von  1339  (Henneb.  Uk.  II,  68)  ist  ei  =  i,  au  =  ü  und  ou, 
eu  =  iu  durchgeführt.  Auffallend  ist,  dass  in  dem  nach  Ost- 
franken  gehörigen  Herzog  Ernst  D.  3  mal  rüm,  1  mal  rümen 
im  Beim  auf  altes  ou  erscheint:  roum:boum  2429.  goum  : 
roum  3072.  4784;  ferner  gourneri :  roumen  3862,  Es  deutet 
doch  wol  darauf,  dass  dieses  Gedicht  dem  Ende  des  13.  Jh. 
näher  steht  als  dem  Anfange.  Im  westlichen  Ostfranken 
(Würzburg)  werden  die  jungen  Diphthonge  erst  gegen  Ende 
des    14.   Jh.    aufgenommen,    aber    die    alten   Vocale    dauern 

^)  E.  Wülcker  die  Entstehung  der  kursächsischen  Kanzleisprache 
Seite  13. 


107 

zunächst  daneben  fort.  Die  übrigen  mitteldeutschen  Land-  §  108. 
Schäften  verhalten  sich  dagegen  noch  abwehrender.  In  Mainz 
und  Worms  erscheinen  sie  erst  gegen  Ende  des  15.  Jh.,  in 
Frankfurt  in  der  Schrift  am  Anfange  des  16.  und  in  der 
lebendigen  Mundart  noch  viel  später  (Wülcker  in  Paul-Braunes 
Beitr.  IV,  32). 

In  der  kursächsischen  Kanzlei  treten  erst  seit  1425  Spuren 
der  neuen  Diphthonge  auf;  in  den  städtischen  Schriftstücken 
kommen  ab  und  zu  neue  Diphthonge  im  14.  Jh.  vor  (namentlich 
*  eu),  dringen  aber  nicht  durch.  Erst  seit  1470  erhalten  ei  eu  au 
in  Obersachsen  das  Übergewicht  über  i  und  ü  und  drängen  die 
alten  Laute  zurück  (vgl.  die  Urkunden  im  Cod.  dipl.  Sax.  reg. 
n.  Band  2.  3.  4.  5.  6.  8.  9.  und  E.  Wülcker  a.  a.  0.  22.  ff.), 
Thüringen  hielt  im  15.  Jh.  noch  durchaus  an  dem  md.  Voca- 
lismus  fest ;  die  wenigen  Ausnamen  kommen  nicht  in  Betracht. 
Dasselbe  gilt  für  Hessen  und  die  mittelfränkischen  Gegenden. 

Die  neuen  Diphthonge  werden  sich  von  Anfang  an  in 
der  Aussprache  von  den  alten  scheinbar  gleichen  unterschieden 
haben.  In  der  Wetterau  und  im  Lahngau  z.  B.  wird  jetzt  altes 
ei  als  ä,  neues  als  ei  gesprochen ;  obersächsisch  und  schlesisch 
ist  altes  ei  zu  e  veihengt,  neues  wird  ei  gesprochen.  Eine 
schlesische  Untermundart  spricht  altes  ei  als  ee,  neues  als  S. 

A 

O- 

§  109.    Wir  behandeln  hier  nur  das  ö,  welches  aus  ou  §  109. 
verengt  ist  und   dem   e  aus   ei   sich  vergleichen  lässt.     Die 
Reste  der  alten  Steigerung  des  a   und  die  durch  o  bezeich- 
neten mhd.  Umgestaltungen  von  uo  besprechen  wir  unter  uo 
§§  137.  139-142. 

Seit  dem  8.  Jh.  ward  der  Diphthong  au  vor  den  Lin- 
gualen d  t  jsi  s  r  n  xmdYorh'mo  verengt ;  die  Vermittelung 
bildete  ao,  das  seit  Ende  des  7.  Jh.  durch  einige  Zeit  erscheint 
(Th.  Jacobi  Beiträge  115.  f.  BGr.  §  67).  Indem  germanisches  6 
(Steigerung  von  a)  sich  hochdeutsch  zu  uo  diphthongisirte^ 
sind  die  6  der  Stammsilben,  die  man  seit  dem  9.  Jh.  findet^ 
fast  durchaus  auf  ou  zurückzuführen.     Durch  jene  Spaltung 


108 

$  109.  von  ou  in  ou  und  6  unter  dem  Einfluss  des  folgenden  Con- 
sonanten  entstunden  in  dem  Sg.  Perfecti  der  ablautenden 
Zeitworte  der  ü- Klasse  zwei  Gruppen  a)  ou,  b)  ö,  z.  B. 
a)  rou  bouc,  b)  bdt  floz  frös  zöh,  §  351. 

In  dem  Worte  frouwe  wird  zuweilen  bei  titularer  Ver- 
wendung das  einsilbige  frou  zu  frö  verengt,  z.  B.  Walth. 
17,  25.  Parz.  84,  30.  85,  15.  Weinschwelg  (Wackernagel 
Altd.  Leseb. »  919,  32). 

Der  alemannische  Bialect  hat  Neigung,  die  Vereinfachung 
des  ou  zu  ö  über  die  gemeinhochdeutsche  Grenze  auszudehnen, 
wie  manche  Zeugnisse  aus  dem  13. — 15.  Jh.  darthun,  vgl. 
AGr.  §§  42. 124.  Hug  v.  Montfort  her.  von  Wackernell  S.  CLV. 
Über  diesen  Zug  im  Md.  §  112. 

§  110.  §  110.     Die  Neigung  des  kurzen  o  sich  nach  u  zu  be- 

wegen (§  59)  äussert  sich  auch  bei  dem  langen.  Wir  finden 
ü  für  ö:  in  fremden  Worten  wird  o  und  ö  vor  n  und  r 
deutsch  zu  w,.  so  in  Anhün,  Bertün,  barün,  garzün,  cum- 
paniün,  pavilün,  prisün,  trunaün  —  -4wwr,  labür,  BedflürSy 
JBeäcürs,     Vgl.  die  Reime 

härme :  rune  Trist.  10795.  11080.  Bertünibrün  Parz.  644,  1. 
garssun  :  run  660,  27.  poulün  :  run  77,  27.  trunsfün :  hrün  Krone  14398. 
Amu/r  :  sür  Konr.  v.  Würzb.  lied  2,  16.  67  (Bartsch).  Amüren  : 
trwren  2,  53. 

Aus  den  Reimen  zwischen  6  und  uo,  die  sich  bairisch 
finden,  muss  auf  eine  dem  uo  nahe  liegende  Aussprache  des 
6  geschlossen  werden,  vgl.  frö :  zuo  Tandar.  12631.  sd:fruo 
Wigam.  1779.  gehörde :  geruorde  wGast  9452.  9486.  9506. 
Äö^ :  ^rwo^  Wigam.  2840.  Gernot :  guot  Biter.  13135.  Gemoten 
:  guoten  6209.  Auch  in  alemannischen  Handschriften  begegnet 
uo  für  6,  BGr.  §  113.  AGr.  §  78. 

Gewissermassen  umgekehrtes  uo  erscheint  in  ou  =  o, 
wo  also  die  Bewegung  von  o  zu  u  zu  einer  festen  Zwischen- 
stellung gelangt  scheint,  obschon  das  ou,  ö  auch  einen  Schwebe- 
laut zwischen  o  und  u  bezeichnen  kann.  Alemannisch  häufiger 
als  bairisch  finden  sich  im  12. — 14.  Jh.  Schreibungen  wie 
vroidiche,  frounehof,  loun,  schoun,  zirstourit,  brout,  lout, 
bouse,  erlouset,  troust,  houhir.    AGr.  §  71.  139.  BGr.  §  102. 


109 

§  111.     Der  Umlaut  des  ö  ist  m,  §111* 

Seine  Spuren  lassen  sich  bis  in  das  11.  (troistest  Otlohs 
Gebet)  und  12.  Jh.  (Melker  Marienl.  8,  4  noete,  ferner  Bei- 
spiele in  der  Vorauer  grossen  Hs.,  sowie  in  den  Windberger 
Psalmen)  verfolgen;  allein  noch  im  13.  vermeiden  oe  manche 
gute  Handschriften,  zb.  Kibel.  C,  Iwein  B.,  Parzival  G.  grund- 
sätzlich, und  auch  manche  Dichter,  zb.  Heinrich  vom  Türlein 
und  Thomasin  von  Zirklaere  verwenden  nur  unumgelautete& 
0  im  Reim;  andre  gestatten  sich  das  ebenfalls. 

schöne :  kröne  wGast  887.  Mantel  537.  Krone  12614.  :  löne  Krone 
8481.  13Ö30.  schön  .-persön  Lutwin  1277.  schone  (Subst.) :  kröne  Krone 
8285.  :löne  1371.7740.  :  paviliöne  S219,  kröne:  hone  10351.  gehonde 
:8chönde  Mart.  94,  17.  höre  :  rare  Hadam.  415,  2.  502,  7.  hören  :ören 
Tundal.  64,  6.  wGast.  9422.  hört  :  wort  Teichner  Ls.  62,  33.  nöten 
:  töten  wGast  11378.  gr öze  (AdY.) :  gestöze  Krone  25039.  enblöeen:ge- 
nözen  Mart.  94,  13. 

Als  Schriftdeutsch  wird  aber  der  Umlaut  ce  im  ganzen 
für  das  13.  Jh.  gelten  dürfen.  Die  Schreiber  des  14.  Jh, 
dehnen  ^  ihn  nicht  selten  über  die  gesetzliche  Grenze,  durch 
mundartliche  Aussprache  zuweilen  gestüzt,  auf  Worte  aus, 
die  nur  durch  falsche  Analogie  oe  statt  6  annehmen  konnten. 
In  manchen  Hss.,  wie  in  der  Wiener  Hs.  von  Wernhers 
Marienleben  und  in  dem  Graazer  Marienleben  (her.  von  Schoen- 
bach  bei  Haupt  Z.  XVII)  wird  oe  für  6  mehr  oder  minder 
durchgeführt.     AGr.  §  45.  92.  125.   BGr.  §  54.  57. 

Schrifbzeichen  sind  oe,  ob,  6,  oi,  d,  S, 

§  112.  Die  mitteldeutsche  Yerengung  des  ou  zu  6  §112. 
steht  unter  demselben  Gesetz  wie  die  oberdeutsche  §  109. 
£s  zeigt  sich  aber  die  Neigung  schon  ziemlich  früh,  auch  vor 
Labialen  und  Gutturalen  den  Diphthong  zur  einfachen  Länge 
zu  verwandeln;  indessen  muss  dieses  6  den  Geruch  des  un- 
gebildeten gehabt  haben,  denn  die  md.  Dichter  im  Westen 
wie  im  Osten  gestatten  es  sich  nur  selten  im  Keime: 

hörn  :  ström  Herb.  2044.  göme  :  bisdöme  Sery.  H,  409.  blömen : 
gömen  Prauenlob  Ml.  14,  2.  lop :  stöp  Gervelin  MSH.  HI,  35^..  gdovet 
:  hovet :  dovet  MF.  63,  31.  klög  :  hedrög  Salm.  579,  2.  ögen :  dogen 
Karlm.  536,  24.  stoc  :  böc  Joh.  v.  Frankenst.  8009.  öch :  flöch  Jerosch. 
8133.  :  Zöch  1108.  2552.  21626.  u.  o.  Pass.  K.  98,  13.  flöch  :  roch 
Pass.  K.  124,  54.   roch :  doch  Karlm.  333,  13. 


110 

I 

§  112.  Ausser  Reim  findet  sich  in  Handschriften  und  Urkunden^ 

besonders  yom  14.  Jh.  ab,  das  o  für  und  neben  ou  je  später 
um  so  häufiger,  im  Zusammenhang  mit  der  Herschaft,  die  es 
in  den  lebendigen  Mundarten  gewinnt  oder  besizt.  Vgl.  Wülcker 
in  Paul-Braunes  Beitr.  IV,  26.    Rückert  Entwurf  43. 

§113.  §  113.     Wie  bei  dem  kurzen  o  die  Keigung  erscheint, 

demselben  einen  unbestimmten,  mit  e  oder  i  oder  u  von  den 
Schreibern  bezeichneten  Laut  nachschlagen  zu  lassen,  so  auch 
bei  dem  6. 

oe  für  0, 

Südl.  Rheingau:  doester  HU.  I,  688.  —  Mainz  Worms:  loes. 
noet.  pastoer  HU.  IH,  1065.  froenen  HI,  1026.  —  Wetterau:  tSde 
(d.  sg.)  HU.  I,  1202.  —  Moselland:  besloez  Moue  Anz.  3,  27.  doeren 
(d.  pl.)  Musk.  XVn.  —  Thüringen:  hoen.  toet,  goesz.  Jcoes  Rückert 
Köditz  162.  —  Ostfranken:  toiderkoef  nb.  w^iderJcof  Henneb.  Uk.  H,  127. 
brSt  Höfer  H,  164.  toetpette  188.  nStpete  220.  doester  193.  loes 
220.  —  Ripuarien:  zoem.  doefholz  Lac.  IH,  384.  koefmenschatz 
Harflf  57,  12. 

oi  für  0    (aus  ou)   und   für  dialectl.  6  =s  gemeind.  au 

begegnet  sehr  oft,  z.  B. 

Südl.  Rheingau :  noit  HU.  I,  540.  lois  623.  doister.  pastoir  696. 
oister  402.  groize  571.  —  hoic.  hoyge  HU.  I,  223.  —  Mainz  Worms: 
froinde  HU.  H,  244.  royde  II,  748.  soide  701.  doit  HI,  1159.  hroit 
Mono  Z.  6,  18.  noit  17.  stoizzent  HU.  HI,  1297.  lois  1302.  —  hoyme 
HU.  II,  846.  hoymgarten  710.  nuzhoime  Mrh.  Uk.  H,  377.  hinder 
nozhoimun  370.  dimnehoyhit  HU.  H,  912.  hoige  Mrh.  U.  H,  369.  — 
Wetterau  Lahn-  und  Engersgau:  loy  HU.  I,  886.  doyde.  noythusin 
Höfer  n,  109.  schroitammit  Böhmer  391.  genoyze  HU.  I,  816.  herfroys 
875.  loyste  Böhmer  458.  —  froywe  HU.  I,  880.  ze  gloybene  Böhmer 
444.  deinecoif  HU.  I,  438.  firkoyft  845.  froide,  goide  Elis.  5195. 
jsoigen  ich  Friedb.  Kr.  C.  2,  22.  oigelgarthe  Böhmer  165.  oiget  Elis. 
1685.  knoheloidb  Böhmer  401.  —  Moselland:  loin  Spiegelb.  273,  9. 
loynt  57,  75.  doitfede  (1248)  Höfer  I,  2.  oich  (1288)  I,  16.  broit 
geboit  Musk.  54,  28.  floisz.  groisz  6,  59.  getroisten  58,  61.  —  Hessen: 
hoinschaft  Myst.  I.  131,  3.  Moirlute  202,  37.  sott  249,  18.  kois 
215,  40.  verlois  216,  17.  vloig  226,  19.  troyst  HU.  I,  850.  —  boytri- 
gartin  HU.  I,  1019.  froywen,  Schoywinburg.  koyffis.  toyfer  I,  1056. 
loife  (d.  sg.)  Myst.  I.  9,  23.  abgekoyft  HU.  I,  958.  —  Ostfranken: 
boimgarten  HU.  H,  119.  —  Thüringen:  boime  Secund.  451.  noyt  Eöditz 
30,  17.  toitit  Mülh.  R.  27.  oich  Cd.  Sax.  II.  8,  17  (1292).  -  vroide 
Köditz  0.  erloibe  65,  21.  roib,  roiblichi  Mülh.  R.  47.  loybi  37.  vir- 
coiphe  28.    httsvroywin.  koyf  (1299)  Höfer  24.  —  Für  Schlesien  vergl. 


111 

Eückert  Entw.  113.  —  Eipuarien:  hin  Marienl.  126, 1.  noit.  doit  122,  31.  §  113. 

troiste  121,  16.    scheine  Both.  820.    inüaich  Annol.  549.    ndt  grdjsliche 

Nrh.  Br.  2,  18.  3,  2.    hoiste  Nassau  36.   hoisJieit  Hagen  139.  groif  133 

and  sehr  oft  in  den  köln.  Schriften  und  den  alten  Drucken.  —  hoihit. 

Utoibit  Annol.  761.  f.   zoigit  781.    hoim  Ernst  A.  m,  40.   royven  Lac. 

n,  444  (1257).    meynkoif  (1258)  452.    oich  (1261)  506.    uploift  (1262) 

515.    geroivet  (1261)  Höfer  I,  6.    oich.  zoinen  Lac.  H,  537.    doyfholz 

Lac.  m,  29. 

ou  für  0  begegnet  weniger  oft.     Ich  führe  an : 

gen^z  (1178)  Lac.  H,  464.    zouh  Alex.  6983.  6996.    Eoth.  3022. 

JiÖrinth.  Wsin  Lac.  HI,  37.  hörent  54.  slouss  schouss  gous  vlouch  zouch 

Anselm.  HarfiP.   geböd  hess.  Evang.  268.  ff. 

§  114.  Mundartlich  gefärbte  Aufzeichnungen  bekunden  §  ^1^- 
«ine  gesenkte  Aussprache  des  6,  die  als  ü  wiedergegeben 
ward.  In  westdeutschen  Urkunden  des  14.  Jh.  finden  wir 
huren  gehuret  Hü.  I,  822.  770.  1088.  gehurte  1211.  £fu- 
gdiurde  III,  1445.  dudengrube  II,  776.  III,  1129.  In  schle- 
sischen  Quellen  frulich,  hruty  vorstussen,  hlusser,  Cluster^ 
bug,  Rückert  Entw.  44.  f. 

Im  kölnischen  erscheint  dieses  ü  auch  für  6  ==  gemein- 
deutschem ou:  bungart  Wierstr.  2839.  Cronica  221.  lufer 
Hagen  1070.  rußich.  1460.  kucheler  (Gaukler)  Vorbew.  24. 
In  shif,  Jerosch.  16417  zu  m/*  gereimt,  wird  kurzes  w,  das  aus 
dem  Fl.  Ff.  in  den  Sg.  eindrang,  anzunehmen  sein. 

Auch  im  Md.  ward  fremdes  6  vor  n  und  r  zu  w  (vgl. 
§  110).  Wir  finden  die  Reime  pavilün :  brün  Athis  D.  133. 
barünen  :  rünen  Karlm.  286,  20.    Amur  :  sür  Tristr.  2464. 

Diesem  ü  für  ö  schlug  besonders  im  ripuarischen  zu- 
weilen e,  i  oder  o  nach. 

ue  für  ö: 

hueren  Lac.  HI,  768.  770.  866.  906.  hüeren  Ennen  1, 21.  gehüert 
125.  gehiierent  Lac.  HI,  777.  gehuerende  869.  gehuerich  715.  toebehuer 
717.  läessen  Ennen  I,  269.  buese  Harff  227,  19.  buesheyt  101,  36.  — 
"Vielleicht  ist  auch  das  in  einer  liegnitzer  Urk.  von  1421  (Schirrmacher 
n.  523)  vorkommende  slewszhof  als  slueszhof  zu  deuten. 

ui  für  6: 

^ym  Ennen  I,  35.  zuich  Sei.  L.  211.  —  h<ä/yfd€  Ennen  I,  340. 
jsüynen  I,  353.  üyg  Repg.  Cr.  o.  —  Ausser  Bipuarien  fand  ich  in  einer 
Urkunde  des  Landgr.  Albr.  v.  Thüringen  v.  1292  einmal  vich  neben 
oich,  Cd.  Sax.  H.  8,  17.  und  in  einer  Meissner  y.  1398  stuys  ebd. 
IL  9,  159. 


112 

§114.  uo  für  ö 

kommt  ebenfalls  in  ripuarischen  Schriften  am  häufigsten  vor/  z.  B.  hüren 
hürde  Sachsp.  ProL,  Lac.  11,  1064.  IH,  22.  rät  Nassau  50.  grüz  Sachsp. 
Prol.  60.  hüse  77.  Eepg.  Cr.  Vorr.  5.  24.  269.  svoch  Rother  4153.  4247. 
Vgl.  auch  strü  Höfer  11,  123  (Münstermeinfeld). 

§  115.  §  115.   Die  der  Senkung  nach  u  entgegengesezte  Neigung 

des  0  sich  zu  a  zu  öffnen  (§§  60.  67.),  tritt  bei  6  nur  spär- 
lich hervor.  Ich  kann  für  6  aus  ou  nur  schän  (:  undertän) 
Alsf.  Sp.  3839  anführen,  einen  Keim  überdies,  der  auf  ä  für 
beide  Worte  sich  gründet.  Nur  uneigentlich  kann  sä  für  so 
im  Reim  zu  ä  Erlös.  3662.  3734.  5754.  und  ausser  Reim  in 
dieser  Handschr.  sowie  in  Frankfurter  Urkunden  öfter  (Böhmer 
470.  f.  504.  532.)  hierher  gezogen  werden. 

§116.  §  116.     Die  Abneigung  gegen   den  Umlaut  oe   ist  im 

Mitteldeutschen  noch  stärker  als  im  Oberdeutschen.  Die 
Reime  der  Dichter  beweisen  es,  und  noch  im  14.  15.  Jh. 
bevorzugen  die  Schreiber  entschieden  6  vor  oe. 

schöne  :  Bdbüöne  Ernst  D.  4677.  5046.  ;  döne  Pass.  K*  127,  64. 
Karhn.  141,  22.  .kröne  Morungen  MF.  122,  7.  Herb.  2980.  10494. 
Pass.  K.  570,  97.  Karlm.  58,  35.  Junk.  u.  Heinr.  1300.  :löne  Orend. 
1097.  1187.  Herb.  663.  2210.  ilönen  Orend.  57.  3579.  :tTÖne  Karlm. 
26,  29.  schön  :trön  Bartsch  md.  Ged.  77,  158.  schöne  {Kdc^,):gedöne 
Wartburgkr.  71,  10.  Renner  4248.  schönen :  krönen  Ehem.  73."  schönist 
:  krön  ist  MF.  133,  31.  höre  :  döre  Erlös.  275.  ören  :  gehören  Herb. 
10512.  döde:  blöde  Karlm.  419,  14.  hungernöde :  zubröde  Elis.  3486. 
snöde :  zühröde  6944.  nöden  :  göden  Orend.  480.  :  göder  697.  1395. 
nötin  :  gegenötin  Jerosch.  9196.  :  Rötin  20484.  ;  vorschrötin  10356. 
geköse  :  böse  Brandan  692.  bösen :  lösen  Karlm.  496, 16.  trösten :  hosten 
Md.  Ged.  92,  298. 

In  jungen  Handschriften  kommt  neben  S,  das  mit  unum- 
geläutetem  o  sich  dort  in  die  Worte  theilt,  zuweilen  e  (S)  für 
den  Umlaut  von  6  vor,  der  schlechten  md.  Aussprache  der  hohen 
Vocale  entsprechend;  vgl.  z.  B.  Job.  v.  Olmütz  Hieronymua 
herausg.  von  A,  Benedict  S.  XL  VI.  und  Rückert  Entw.  32.  f. 


U. 

§  117.  §  117.     Das  ü  des  Mhd.  (und  Ahd.)    ist  zum  grössten 

Theil  altes  ü  und  entspricht  dem  ü  in  den  verwandten  ger- 
manischen Sprachen,   Holtzmann   Altd.  Grammatik  I,  246.  f. 


113 

In  den  ablautenden  Zw.  süfen  sügen  lüchen  erscheint  ü  §  ia7. 
als  alte  Vereinfachung  von  iu,   ebenso  in  üf  (got.  iup).     In 
du  nü  ist  ü  verlängertes  u;   kurzes  du  und  nu   haben  sich 
noch  daneben  erhalten. 

So  wie  kurzes  u  sich  alemannisch  und  bairisch  ziemlich 
oft  zu  uo  spaltete  (§§  59.  71.),  so.  kam  auch  für  ü  nicht 
selten  tio  vor:  AGr.  §  78.  BGr.  §  114.  Den  nicht  seltenen 
Reimen  zwischen  u  und  uo  können  wir  aber  nur  wenige  von 
ü  zu  uo  anreihen.  Ich  kenne  nur  fuor :  Wigamür  Wigam. 
640.  1345.  gemuot :  tut  (=  Hut)  Georg  507.  1371.  Bärut 
:  gemuot  Dietr.  Fl.  411.  fiuoch :  buch  Lutwin  485.  Wir  werden 
auch  in  uo  für  ü  ein  u  mit  nachschlagendem  o  ansetzen  müssen. 

§  118.  Über  die  bairische  Steigerung  des  ü  zu  ou,  die  §118. 
sich  seit  dem  12.  Jh.  verfolgen  lässt,  ist  §§  105.  106  schon 
gehandelt  worden.  Sichtlich  ist  au  für  altes  ü  in  den  ersten 
Jahrzehnten  des^  13.  Jh.  der  verbreitetste  und  festeste  neue 
Diphthong  gewesen.  Das  zeigen  die  Reime  küme  :  soume 
Mantel  965.  soume :  Mme  Gndr.  1603,  4  und  die  26  Reime 
zwischen  altem  und  neuem  ou  in  der  Krone  Heinrichs  vom 
Türlein,  welcher  hier  oum  :  um,  oub  :  üb,  ouf :  uf  als  völlig 
gleichklingend  bindet^).  Wir  finden  dieses  neue  ou  ferner  ge- 
reimt im  Helmbrecht,  in  Reinbots  Georg,  in  der  Rabenschlacht, 
in  Albrechts  Titurel,  in  den  sogenannten  Helblingbüchlein, 
bei  Otacker  (der  so  wenig  wie  Wernher  der  Gärtner,  Reinbot 
oder  Lutwin  ein  neues  ei  mit  altem  ei  zu  binden  wagt),  bei 
Hadamar  von  Laber,  Lutwin,  Teichner,  Suchenwirt,  dem 
Dichter  des  Christophorus  (Haupt  Z.  f.  d.  A.  XVII) :  BGr. 
§  100.«) 

Die  gewöhnliche  Bezeichnung  des  neuen  Diphthongs  ist 
dieselbe  wie  die  des  alten:  ou,  ö,  doch  kommt  schon  im 
12.  Jh.  auch  au  für  ihn  vor.  Seit  Ende  des  13.  Jh.  drängt 
au  sich  stark  hervor,  doch  dauert  noch  im  14.  Jh.  der  Kampf 
zwischen  ou  und  au  fort,  BGr.  §  99. 


-)  Reissenberger  zur  Krone  22.  Ein  paar  der  daselbst  aufgeführten 
Reime  gehören  anderswohin. 

*)  Lutwin  reimt  1962  träumte :  soumte  und  3857  touwen  (=»  tuben) 
:  getrouwen. 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  8 


114 

§  118.  Das  alemaDiiiBche  hielt  an  dem  alten  ü  fest  und  nam  an 

der  neuen  Bewegung  nicht  Theil:   AGr.  §§  51.  96. 

§119.  §  119.     Das   Oberdeutsche    kennt   etwa  seit  ^^^  Ende 

des  10.  Jh.  einen  Umlaut  des  ü,  der  wie  tiefes  gedehntes  ü 
lautete  und  mit  iu  in  der  Regel  bezeichnet  ward.  So  steht 
also  neben  brtU  im  Gen.  Dat.  8g.  und  im  Plur.  briute,  neben 
sül  im  Flur,  siule,  neben  hüt  im  Plur.  Mute,  neben  fül  das 
Subst.  fiule,  neben  sür  siure,  neben  füst  die  Ableitung  fittste- 
linc,  neben  brün,  mn,  sür  die  schwachen  Zw.  briunen,  ziunen, 
siuren,  Widerstand  gegen  den  Umlaut  ist  Regel  in  sümen 
(schon  ahd,  süman)  und  dem  Adj.  trürec,  ferner  ist  ü  für  iu 
häufig  in  trüten,  subern  und  dem  Femin.  trüre. 

Manche  obd.  Handschriften  vermeiden  die  Bezeichnung 
des  Umlautes  iu  und  führen  reines  u  in  den  betreffenden 
Wortformen  durch,  so  Parz.  G. 

Die  bairische  Wandelung  des  Ablauts  iu  in  eu  (§  129) 
ergriff  auch  den  Umlaut  iu.  Dem  Laute  entsprechend  wird 
daher  im  13.  14.  Jh.  zuweilen  öu  von  bairischen  Schreibern 
für  den  Umlaut  des  ü  gesezt,   BGr.  §  104. 

§120.  §  120.     Für  w  im  Mitteldeutschen  gilt  zunächst  das 

allgemeine  vom  deutschen  ü  §  117. 

Auch  bei  ü  begegnen  wir  in  den  md.  Dialecten  der 
Neigung,  einen  unbestimmten,  mit  e  oder  i  oder  o  bezeichneten 
Laut  der  betonten  Länge  nachschlagen  zu  lassen. 

ue  für  ü 

Wetterau:  hues  HU.  I,  877.  —  Hessen:  vorsiiemen  £yang.  277. 
huedin  270.  —  Ostfranken:  hiMS  Henneb.  U.  H,  57.  —  Thüringen: 
Mulhuesen,  Sundershuesen  Höfer  U,  113.  fuest  Köditz  G.  19,  1.  — 
Schlesien:  Eückert  Entw.  116.  f.  —  Eipuarien:  commendtier  Lac.  DI,  622. 
Tcrueffen  (=  krüpen)  Cronica  7**.    dächte  Ennen  IU,  61. 

ui  für  ü 

Wetterau :  buimeister  Böhmer  158.  —  Moselland :  h^Us  Höfer  11, 54. 
huiaz  Spiegelb.  168, 12.  Muskatbl.  20,  33.  huyseommetur  HU.  H,  S.  827. 
—  Hessen:  kruisp  Myst.  L  184,  31.  —  Ostfranken:  huis  Henneb.  Uk. 
n,  136.  —  Thüringen:  hui  Mülh.  K.  31.  kruit  Haupt  XV,  388.  duister 
Nordh.  W.  B.  25.  —  Schlesien:  Eückert  Entw.  118.  —  In  der  Stuttgarter 
Hs.  von  Jeroschins  Deutschordenskronik  sind  die  m  -« i«  ungemein  häufig ; 
eine  Anzahl  Belege  bei  Pfeiffer  S.  LXIIL  —  Bipuarien:  duyme  Harff 
ö6,  23.     versuimede  Sei.  Tr.  69*».    luider  68»».    druit  Marienl.  124,  32. 


115 

nie,  huis  (1262)  Lac.  U,  530.   blasen,  drüy  Ennen  I,  36.   hardvüigt  77.  §  120. 

h&yt  137.    hruychen  Harfif  130,  25.   struych  132,  13. 

tio,  ä  für  M  ist  nicht  selten  und  ist  früh  belegt: 

üz  Amst.  Ml.  8,  10.    virsüment,  ^  ^«,  Hohenhüs,  däsent  (1294) 

Hü.  I,  201  (Rieger  Elisabeth  S.  48).  hüwe,  Dätschinhüse  Eberb.  N.  767. 

—  rück  Marienl.  65,  9.  erlüchdes  125,  31.  rümend  Karl  B.  168.  hHin  26. 

4i?  53.  —  Als  nicht  diphthongische  Laute  und  für  bloss  graphische 

Zeichen  wolte  Bückert  Entw.  73  diese  ü  nehmen. 

§  121.     Zuweilen  erscheint  6  für  ü;  es  beruht  auf  der  §121. 
Neigung,  ü  etwas  heller  zu  sprechen,   wie  umgekehrt  6  sich 
zu  ü  verdunkelt.     Im  Mittelfränkischen  finden  wir 

voris  flamme  Bother  4654.  troren  2512.  trorcmde  1392.  trorode 
430.  trorich  324.  379.  u.  ö.  —  kome  Hagen  1328.  —  mochte :  dachte 
Eneit  4060.  4633.  10440.  Serv.  I,  2822.  bedächte :  mochte  En.  6869.  — 
döchte  :  mochte  Tristr.  349  weist  dieses  6  auch  in  dem  zum  Mittel- 
deutschen genäherten  Niederdeutschen  auf. 

Mit  e-  und  t- Nachschlag  erscheint  auch  dieses  6  =^  ü, 
wenn  auch  sehr  selten: 

vloesch  (yellns)  Sei.  Tr.  135^.  droeghe  Lac.  HI,  457.  voü  Hagen  253. 

■  §  122.     Über  die  Gunirung  des  ü  zu  ou  (au),  soweit  §122. 
sich  dieselbe  md.  nachweisen  lässt,  vgl.  §  108. 

Kürzung  von  ü  z\i  u  lässt  sich  vor  f,  ch  und  ht  nach- 
weisen.    Häufig  erfolgte  sie  in  uf.     Vgl.  die  Reime 

uf:huf  Herb.  8930.  Craon  840.  Eracl.  3683.  MSH.  2,  188^  Pass. 
H.  68,  26.  K.  180,  7.  614,  77.  H.  Trist.  6589.  Jerosch.  22037.  Schachb. 
252,  11.   :  sluf  Jerosoh.  16417.    ttffin.-duffin  Ath.  A.  10. 

Dieses  md.  uff  öffnete  sich  auch  zu  off: 

of  Höfer  H,   101.   182.    Hü.  H,  864.    HI,   1024.  1172.    I,  761. 

off  Hü.  I,  715.  721.  984.  Spiegelb.  272,  20.  u.  o.  Köditz.  Eückert  42. 

offe  Hü.  n,  214.  634.  776.  u.  o.    op  Höfer  I,  9. 

Kürzung  nehme  ich  auch  an  für  hruch  in  den  Reimen 
Spruch  :  hruch  Schachb.  295,  3.  brücke  :  Spruche  258,  29. 
Femer  ist  sie  möglich  in  den  Heimen  luhte :  virdühie  Wernh. 
67,  5.    zuhtin :  dühte  55,  34. 

Dem  Umlaut  des  ü  waren  die  md.  Dialecte  abgeneigt. 
Wo  sich  etwa  tu  in  Hss.  jener  Zeit  findet,  ist  es  auf  obd. 
Einfluss  oder  den  Versuch,  sich  dem  Obd.  anzunähern,  zu 
schreiben.  Man  griff  dann  auch  über  die  Linie  ungeschickt 
hinüber,   wie    in  der  Alsfelder  Spielrolle,    wo  vorsimen  483. 

8* 


116 

§  122.  4495.   simen  7091.  7100.  siberlich  2848.  2162   (i  für  offen 
gesprochenes  tu)  steht. 

Annäherung  an  das  Oberdeutsche  zeigen  die  Trebnitzer 
Psalmen  mit  eu  für  den  Umlaut  von  ü  nach  bairischer  Art: 
geleutirt  11,  7.  creude  36,  2.  seule  74,  4.  cseune  88,  41. 
seume  (imp.)  39,  18. 

3.  Diphthonge. 
AI,  EL 

§  123.  §  123.     Der  Steigerungsdiphthong  des  t  ist  ai,   wofür 

schon  in  den  ältesten  ahd.  Schriften  auch  ei  geschrieben  ward. 
Seit  dem  10.  Jh.  wich  ai  hinter  ei  obd.  zurück,  yerschwand 
aber  nicht.  Seit  Ende  des  13.  Jh.  ward  es  alemannisch 
wieder  häufiger ;  im  bairischen,  wo  ei  fiir  die  neue  Gunirung^ 
des  t  seit  dem  12.  Jh.  in  Brauch  kam,  ward  ai  und  tei  seit- 
dem für  den  alten  Diphthong  vorgezogen  (§§  105.  106).  In 
der  Bezeichnung  ei  haben  wir  eine  Unüautung  des  ai  zu 
sehen  und  ihr  aufkommen  in  der  ahd.  Periode  hängt  mit  dem 
sich  ausbreitenden  a-Umlaut  auch  zeitlich  zusammen. 

Schriftzeichen  für  den  alten  Diphthong  sind  ai,  (ßi,  diy 
äi,  ai,  Si,  ei,  l  (Vor.  Ged.  60,  15.  233,  28.  277,  14.  239,  18. 
240,  2.   Kaiskr.  16,  9.  35,  3.    Gundacker  oa\. 

Über  die  Vereinfachung  von  ei  zu  ^  vor  j  w  h  r  %96\ 
ebendaselbst  über  Ausdehnung  dieses  Vorganges  vor  andern 
Gonsonanten.  Wir  haben  hier  anzumerken,  dass  in  einigen 
Worten  dieses  e  vor  doppelter  Consonanz  sich  zu  e  kürzte : 
emher  Frauend.  225,  18.  emmer  j.  Tit.  513,  4;  swenjsic; 
enpfetten  Rabenschi.  60,  6.  574,  5.  Dietr.  Fl.  3273.  Vgl. 
BGr.  §  13.  Dasselbe  geschah  in  heüec,  wofür  bereits  in  der 
1353  geschriebenen  Medinger  Handschr.  der  Offenbarungen 
der  Marg.  Ebner  die  weitere  Erleichterung  zu  i  vorkommt: 
hiligen  (138,  9  Strauchs  Ausg.). 

In  französischen  aufgenommenen  Worten  ward  ai  und  oi 
durch  ei  mhd.  wiedergegeben,  wenn  nicht  d  beibehalten  ward, 
z.  B.  finteüe,  beie  (boie),  treie  (troie),  turnei  (turnen),  gäleidey 
kunterfeit.  Auch  die  franz.  Endung  -ois  schrieb  man  im 
13.  Jh.  bei  uns  gewöhnlich  eis:   kurteis,  Waleis,  templeise. 


117 

Aus  der  offenen  Aussprache  des  alten  Diphthongs  als  ai  §  123. 
ergab  sich  bairisch  und  alemannisch,  namentlich  seit  dem 
14.  Jh.,  eine  mundartliche  Yereinfachung  zu  d.  Der  Teichner 
reimte  entweich :  sprach  Lieders.  53,  23.  In  alem.  Gedichten 
des  14./15.  Jh.  begegnen  die  Reime  hain.'mafif  schain :  an, 
stain :  man  AGr.  §  34.   BGr.  §  39. 

§  124.      In    den    älteren    mitteldeutschen    Hand- §  124. 
Schriften  steht  ai  wie   in   den   oberdeutschen    gleichzeitigen 
zur  Bezeichnung   des  Steigerungsdiphthongs  der  I- Klasse  in 
Brauch.     Im  12.  13.  Jh.  ist  ei  für  ai  gewöhnlich  geworden. 
Seit  Ende  des  13.  Jh.  tritt  ai  wieder  mehr  hervor. 

Über  die  Verengung  des  ei  zu  e,  die  im  Md.  über  die 
oberdeutschen  Bedingungen  hinausgeht,  §  98.  Kürzung  dieses 
€  zu  6  vor  doppelter  Consonanz  war  beliebt  in  Henrich,  dazu 
die  Koseform  Henee,  in  Menze  (aus  Meinhart),  zwemeg, 
helge  (zb.  Höfer  II,  171),  ledder  (Leiter)  Wierstr.  592. 

Dieses  e  erleichterte  sich  dann  weiter  zu  i.  Häufig  ge- 
schah es  in  hilig.     Vgl.  hierüber  und  über  I  für  c  =  6f  §  99. 

Im  14.  und  15.  Jh.  findet  sich  in  md.  Schriftwerken 
zuweilen  eu  für  ei  geschrieben,  was  am  Mittelrhein  auf  wirk- 
licher Aussprache,  nach  der  heutigen  zu  schliessen,  beruhen 
kann :  eugentlich  HU.  I,  505.  Wetireuhe  Böhmer  728.  Wies- 
leuben  Cd.  Sax.  IL  8,  39.  Ende  des  15.  Jh.  erscheint  solches 
eu  und  oy  auch  zuweilen  in  Schlesien,  Rückert'  106.  112  Anm. 

Wechsel  des  ei  mit  ou  zeigt  sich  in  den  thüringischen 
Ortsnamen  auf  leiben  (leben),  vgl.  Hounloubin  Cd.  Sax.  IL 
8,  57.  Ktitzeloubin  Köditz  g.  72,  4.  Ebelouben,  Älslouben 
90,  25. 

AU,  OU. 

§  125.  Der  Steigerungsdiphthong  der  TJ-Klasse  hat  gleich  §  i25. 
dem  der  I-Klasse  eine  ältere  und  eine  jüngere  Bezeichnung, 
au  und  ou*  Seit  dem  10.  Jh.  ist  ou  die  Regel,  in  dem  wir 
eine  ümlautung  des  au,  ähnlich  wie  in  ei  TJmlautung  des  ai, 
erblicken  könnnn.  au  wird  selten  bis  gegen  Ende  des  13.  Jh. 
Dann  dringt  es  wieder  stark  hervor  und  wirft  ou  im  Bairischen 


118 

§  125.  zurück,  während  sich  dieses  im  Alemannischen  länger  be- 
hauptete und  landschaftlich  darin  noch  lebt. 

ou  wird  mit  tiefer,  au  mit  heller  Klangfarbe  getönt 
haben. 

Vor  h  n  r  d  t  z  s  verengte  sich  ow  zu  o  §  109,  auch 
ein  Beweis,  dass  die  Aussprache  des  au  sich  früh  zu  ou  ge- 
senkt haben  muss.  Im  alemannischen  hat  seit  dem  14.  Jh. 
diese  Verengung  über  die  gemeindeutschen  Bedingungen 
hinüber  gegriflfen,  vgl.  u.  a.  hörnen,  trom,  ogen,  wobei  auch 
Kürzung  des  6  eintrat,  z.  B.  och,  lof,  geloffen  (Wackernell 
Montfort  CLV,  Vetter  Ammenhusen  V.)  und  häufig  in  brüt- 
hft,  brütlof  =  hrütlouf. 

Eine  andre  Eorm  der  Vereinfachung  des  Diphthongen, 
wobei  äu  als  Voraussetzung  erscheint,  ist  d.  ä  för  au  drang^ 
in  sträm  aus  stroum  allgemein  durch ;  die  Beime  zwischen  a 
und  au  bei  bair.  Dichtem  des  13.  14.  Jh.  beweisen  ferner 
das  kräftige  Leben  jener  Vereinfachung  im  bairischen  Dialect, 
nicht  minder  die  vielen  a  für  au,  welche  den  Schreibern 
besonders  im  Südosten  entschlüpfen. 

stom :  zäum  Tandar.  8398.  zoum  :  dan  Wigam.  3294.  sattm  :  präm 
Teichner  in  Pfeififers  Übungsb.  160,  102.  urlouh  :  gab  Otack.  c.  119. 
äbe  :  erlaube  Laber  80,  4.  boum  :  chdm  Teichner  E.  73.  gab  :  raub 
Ls.  231,  114.  äfft :  verkouft  Teichner  Ls.  223,  32.  sack :  ouch  Teichner 
A.  63.  u.  a. 

In  den  Zeitworten  auf  thematisches  w  wechseln  die 
schweren  u-Laute  d.  i.  ü  iu  ou.  Neben  einander  finden  sich 
buwen  biuwen  bouwen,  blüwen  bliuwen  blouwen.  Derselbe 
Wechsel  erscheint  bei  brüwen  küwen  nüwen  rüwen  trüwen. 
Selbst  in  denjenigen  Perfectformen  dieser  Verba,  welche  kurze» 
u  in  der  Stammsilbe  haben,  erscheinen  auf  Grund  der  Deh- 
nung  des  u  jene  drei  Formen:  für  Plur.  biuwen  z.  B.  findet 
man  biuwen  bliuwen  blouwm. 

Der  bairische^)  Dialect  bevorzugt  in  jenen  Zeitworten 
'Ouw-,  der  alemannische  -üw-  oder  Auw-,  BGr.  §  99.  101» 
AGr.  §  47. 


^j  Dass   dieses  ouw-  Kennzeichen   im    besondern   der  steirischen 
Mundart  des  13.  Jh.  sei,  bestreite  ich.    Es  ist  allgemein  bajuvarisch. 


119 

Dieser  Wechsel  zwischen  iu  und  ou  besteht  im  Bairischeu  §  125. 
des  11. — 14.  Jh.  auch  sonst:   triuwe  trouwe,   getriu  getrau^ 
gesoune,  frount,  vourm,  tovfel,  doute,  houte,  lotde,  routen, 
chrouce,  louhte,  BGr.  §  101. 

Schriftliche  Bezeichnungen  unsers  Diphthongs  sind  ausser 
au  und  ou  oft  ö,  zuweilen  äv,  6w,  mitunter  ^,  wie  umgekehrt 
ö  und  ov  auch  uo  vertreten.  Indem  das  ^  über  dem  v  manch- 
mal wegblieb,  findet  sich  selbst  v  tur  ov  geschrieben. 

Tiber  den  neuen  Diphthong  ou,  der  durch  die  Gunirung 
des  ü  im  12.  Jh.  bairisch  entstund,    vgl.  §§  105.  106.  117. 

§  126.     Von    dem   Umlaut   des   au   oder   ou   gehn§126. 
Spuren  im  Oberdeutschen   bis   in    das  11.  Jh.  zurück,    BGr. 
§  86.  104.    AGr.  §  61,    wenn    man   von   der  aus   awi   um- 
gelauteten  Formel   ewi   absieht,    die   schon   im   9.  Jh.    nach- 
weislich ist. 

Wie  alle  Längen  und  Diphthonge  leistet  auch  ou  dem 
Umlaut  noch  im  13.  Jh.  Widerstand;  am  leichtesten  drang 
er  in  der  Formel  ouwi  durch.  Aber  in  houbet,  gelouben, 
erlouben,  koufen,  roufen^  toufen  fand  öu  keine  Aufname ;  femer 
neben  ougen  (inf.)  kommt  sehr  selten  öugen  vor;  zu  den 
schriftgemässen  vröuwen  dröuwen  ströuwen  töuwen  finden 
sich  noch  oft  genug  die  Kebenformen  vrouwen  droutoen 
ströuwen  touwen,  zu  höu  hau,  göu  gou,  zu  vröüde  vroude, 
zu  beschöude  beschoude.  In  bairischen  Hss.  wird  noch  im 
Anfang  des  14.  Jh.  gewöhnlich  vroude  geschrieben. 

Im  14.  Jh.  gewinnt  der  Umlaut  öu  äu  weitere  Ver- 
breitung in  der  Schrift,  und  jetzt  erst  ist  ein  Plur.  löuber 
und  sind  umgelautete  Worte  wie  röuber,  stöuber,  stöubelin 
sicher.  Die  Aussprache  ward  mundartlich  zu  ei  geöffnet,  vgl. 
den  Reim  freude :  ougenweide  Lutwin  1295. 

Bei  dem  kräftigen  hervordringen  des  neuen  au  für  ü 
im  bairischen  Dialect  begreifen  sich  leicht  die  seit  £nde  jd^s 
13.  Jh.  vorkommenden  äu  öu  für  eu,  alt  iu,  Umlaut  von  au 
(alt  ü),  zb.  gröwelich,  hövser,  sövnen  BGr.  §  104.  Umgekehrt 
findet  sich  in  österreichischen  Hss.  des  14.  Jh.  archaistisches 
iu  für  öu  geschrieben,  weil  der  Schreiber  es  als  eu  dachte, 
vgl.  gestriut :  gefriut  Tundal.  62,  55.    Hut :  gestriut  Teichner 


120 

§  126.  (Mhd.  Wb.  II.  2,  207).  vriut  Kindh.  97,  79.  striut  94,  73. 
vriu  71,  32.  friude  beschiude  Angenge  26,  75.  friuden 
Gundack.  2134.    Vgl.  BGr.  §  95. 

Bezeichnungen  des  Umlauts  von  ou  au  sind  öu  öu,  du  aeu 
Su,  eu  (namentlich  in  bair.  Hss.),  6i  (namentlich  in  alem.  Hss.). 

§  127.  §  127.  Im  Mitteldeutschen  sind  wie  im  Oberdeutschen 

au,  und  ou  die  alten  Bezeichnungen  des  vollen  Steigerungs- 
diphthongs von  u.  In  der  mhd.  Periode  ist  au  in  den  Hinter- 
grund gedrängt,  aber  seit  Ende  des  13.  Jh.  tritt  es  wieder 
mehr  hervor.  Im  14.  Jh.  gelangt  es  sehr  in  Brauch,  nur  von 
w  f  b  wird  ou  mehr  geschüzt.  Auch  zeigen  einige  Land- 
schaften (Thüringen,  Meissen)  überhaupt  weniger  Neigung 
für  au,  und  hier  kommt  es  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des 
15.  Jh.  häufiger  vor. 

Über  die  Verengung  des  ou  zu  6,  die  md.  über  die 
gemeindeutsche  Linie  weit  hinübergeht,  vgl.  §  112. 

Kürzung  dieses  o  zu  o  findet  sich  auch  md.  in  och  und 
brütloft.  Die  Verengung  des  Diphthongs  zu  ä,  auf  äu  be- 
ruhend, begegnet  in  Mainz -Wormser  Urkunden  des  14.  Jh. 
als  ay,  d.  i.  a  mit  nachschlagendem  unbestimmtem  i:  baym 
HUk.  IL  S.  755.  765.  N.  919.  III,  1302.  1330.  baymgarte 
III,  1150. 

§  128.  §  128.     Im  Mitteldeutschen   ist   der  Widerstand    gegen 

den  Umlaut  von  ou  mindestens  ebenso  stark  als  im  Ober- 
deutschen.    Namentlich  bleibt  ou  in 

frouwen  (zustroute  :  fr  oute  Pass.  K.  20,  31.  gefrout :  bedrout 
Väterb.  2447).  froude,  drouwen  (;  vrouwen  Kathar.  Hart.  2518.  zestrout 
:drout  Väterb.  2426),  strouwen,  zouicen,  krowd  schrowel  Pass.  K. 
122,  63.  164, 88.  hau  (foenum),  toidirstroüben  (:  gdouben  d.  sg.)  Jerosch. 
15306,  hetouben  (:  glouhen)  Pass.  K.  187,  31.  doufen,  toufen,  bäume 
(Plur.  ;  goume  Schachb.  267,  29),  äugen  (Zw.),  bougen  {:  ougen  Jerosch. 
22173.  :  urlougen  Pass.  K.  236,  54.  ;  taugen  166,  69.  beuget :  geurlouget 
Pass.  H.  66,  89). 

Andrerseits  sezte  sich  der  Umlaut  md.  in  Worten  fest, 
die  ihn  gemeindeutsch  nicht  zulassen,  er  wird  dann  mit  eu 
bezeichnet.  Als  Umlaut  des  ou  au  findet  sich  eu  überhaupt 
md.  seit  Ende  des  13.  Jh.  und  wird  im  14.  15.  Jh.  allmäh- 
lich häufig.     Einige  Belege: 


121 

bedreun  {:leun)  Pass.  K.  166,44.  dreuwen  Herb.  18161.    dreuwe  §128. 
3425.   vervreuwet  Sei.  Tr.  70».  freude  HU.  HI,  1193.  beutne  Trebn.  Ps. 
28, 5.  Hölderheumer  HU.  H,  624.  Bosenbeumer  HU.  HI,  1 173.   5«*me«- 
hu8  n,  896.    gesteube  Trebn.  Ps.  29,  10.    reuftir  HU.  I,  806.    deufir 
I,  910.  ni,  1201.     zeunen  Ennen  I,  371.     gereuche  Trebn.  Ps.  65,  15. 

Es  erscheint  nun   auch    in  Worten,   in  denen   das  Obd. 

den  Umlaut  nicht  zulässt,  zb. 

gleüben  Mone  Z.  7,  8.  Böhmer  664.  Eberbach  767.  Muskatbl. 
8,  106.  Pietsch  Trebn.  Ps.  XLVI.  gdeuven  Lac.  HI,  384.  gdeuffm 
Harff  97,  18.  irleuben  Böhmer  545.  herleubt  HU.  I,  670.  —  fleisch- 
heuwer  Hagen  284.  —  heubet  HU.  I,  687.  649.  Pass.  H.  65,  60.  71. 
112,  66.  und  sonst  geschrieben,  obschon  das  Beim  wort  betoübet,  erlouhet, 
roubet  vom  Schreiber  mit  ou  belassen  war.  Jieubtman  Pass.  H.  241,  17. 
wetter.  Ostersp.  650.  Böhmer  253.  heubt  Trebn.  Ps.  S.  XLVI.  heuft 
Hagen  4794.  Marg.  Pass.  329.  Vorbewis.  V>.  u.  o.  heäft  (capita)  Ennen 
I,  425.  heuftherre  Lac.  III,  885.  heuftmun  608.  693.  —  deufen  wetter. 
Ostersp.  47.  83.  deufte  :  geteufte  Marg.  Pass.  317.  gedeuft :  geleuft  304. 
—  Jceufen  HU.  I,  1103.  IH,  1177.  1343.  1399.  Höfer  H,  11.  vorkeuffen 
Cd.  Sax.  n.  6,  79.  verkeuft  (3.  sg.)  Lac.  m,  574.  904.  keuften  HU. 
I,  943.  verkoeüften  Ennen  I,  133.  —  gdeufe,  gereufe  Mone  Z.  7,  11. 
teufen  Mone  7,  13.  leufet  18.  leufeit  HU.  I,  736.  bereufen.  streufen 
Mnsk.  92,  26.  —  beugen  (für  bougen)  Pass.  H.  66,  89.  Trebn.  Ps.  9,  31. 
geboygit  61,  4.    geugeler  SeL  Tr.  58*. 

Für  den  Umlaut  eu  =  öu  findet  man  zuweilen  seit  dem 
14.  Jh.  ei  geschrieben,  was  aus  der  md.  Abneigung  gegen 
hohe  Umlaute  sich  erklärt.  Beispiele  u.  a.  HU.  II,  857.  955. 
1391.  1455.  Mone  Schausp.  d.  Mittelalt.  2,  327.  Alsfeld.  Sp. 
941.  1784.  1917.  6410.    Eückert  Entw.  98. 


lU. 

§  129.  Im  ist  in  der  Regel  eine  Abänderung  von  altem  eu,  §  129. 
der  geschwächten  Nebenform  zu  dem  Steigerungsdiphthong  au 
§12.  In  der  ahd.  Periode  ist  eu  seit  800  etwa  hinter  das 
tu  fast  ganz  zurückgewichen  und  kommt  seitdem  nur  einzeln 
vor.  Der  bairische  Dialect  tritt  aber  im  12.  Jh.  wieder  gegen 
iu  auf  und  sezt  eu  in  sein  altes  Recht  ein.  Dieses  bairische 
eu  arbeitet  sich  neben  den  neuen  Gunirungen  ei  von  i  und 
au  von  ü  allmählich  entschieden  vor,  dringt  aber  nicht  in 
das  Alemannische  ein,  §§  105.  106. 


122 

§  129.  Im  Reim  haben  sich  die  bairiBch-österreichischen  Dichter 

des  13.  14.  Jh.  das  neue  eu^fär  iu  nur  selten  gestattet,  also 
eu  {tu)  selten  auf  eu  (öu)  gereimt.  Heinrich  vom  Türlein  reimt 
zwar  schon  in  der  Krone  leute  :  freute  4:778,  leuten  :  freuten 
27159;  aber  sonst  vermag  ich  nur  folgende  geringe  Belege 
zu  geben:  heut:  freut  Helmbr.  1656.  trewen  :  frewen  Otack. 
c.  429.  leut :  gestreut  Teichner  (Karajans  Anm.  257).  :  enstreit 
Altd.  Übungsb.  163,  42.  leut :  freut  Suchenw.  38, 323.  :  erfreut 

4,  139.  10,  121.  :  gefreut  9,  213.  leup :  gestreut  Wolken- 
stein LXX.  2,  14. 

Lange  haben  sich  triwe  und  friunt  auch  im  bairischen 
gegen  die  Wandelung  des  iu  zu  eu  gewehrt,  BGr.  §  84. 

Durch  suffigirtes  w  wurde  iu  vor  der  Brechung  (§  131) 
geschüzt;  es  blieb  also  in  bliuwen  briuwen  kiuwen  riuweuy 
ebenso  in  riuwe  triuwe  iuwer  erhalten  und  ward  nicht  zu  ie. 
In  den  Adj.  niuwe  triuwe  schüzte  iu  ausserdem  das  Suffix  ja. 
Ferner  blieb  iu  im  obd.  nach  einer  alten  Regel,  die  aber  seit 
dem  10.  Jh.  verfiel  (Braune  in  s.  und  Pauls  ßeitr.  IV,  557.  E,\ 
oft  ungebrochen  in  manchen  Worten  vor  Labialis  oder  vor  g : 
so  steht  Hup  neben  liep,  tiuf  neben  tief,  fliuge  neben  fliege, 
Uugen  neben  liegen;  in  geziuc  herscht  iu  allein. 

Vor  r  zerdehnt  sich  iu  durch  den  vocalisohen  Nebenton 
der  Liquida  zuweilen,  namentlich  im  Bairischen:  iu  wird  zu 
iwe  iuwe:  fiwer  hiwer  tiwer,  fiuwer  hiuwer  tiuwer.  Vor  l 
und  n  kommt  dies  selten  vor,  vgl.  jedoch  siuel  Vor.  Xaiskr. 

5,  7.  vriwent  Kelle  Specul.  94.  friwent  Parz.  D.  98,  16. 
friwende  90,  3.  niwen  Vor.  Kaiskr.  5,  23.  Vgl.  BGr.  §  94. 
AGr.  §  108  und  oben  §  86. 

Einige  alte  iu  gehn  nicht  auf  den  Steigerungsdiphthong 
zurück :  1.  das  Zahlwort  niun  entsprang  aus  nivan  ==  navan, 
friunt  aus  friünt  =  frijond,  dialectliches  niun  (nur)  aus  niwan 
(newan),  niur  aus  niwäri,  2.  In  diu  siu  so  wie  in  der 
adjectivisch-pronominalen  Flexion  -iu  geht  iu  Axifjäja  zurück; 
in  hiute  Mure  ist  hiu  Instrumental  zu  dem  Demonstr.  hi. 

über  iu,  den  Umlaut  des  ü,  vgl.  §  119. 

Wechsel  zwischen  i  und  iu  zeigt  sich  in  hiurät  neben 
hirät;   das  u  entspringt  aus   thematischem  w  =j.     In  dem 


123 

PL  Pf.  (nebst  Conj.  und  Partie.  Pf.)  von  spien,  schrien,  lihen  §  129^ 
(got.  leihvan)  tauscht  i  mit  iw  iuw  durch  Einfluss  des  dem 
Wurzel vocal  folgenden  w:  schritven  spiwen  liwen  wird  zu 
schriuwen  etc.,  dialectl.  zu  schrüwen  und  selbst  zu  schrouwen. 
über  den  Wechsel  von  üw  iuw  ouw  in  gewissen  Zeitworten 
§  125. 

Die  Dehnung,  welche  iw  (iu  vor  Vocal)  zu  iuw  gewöhn- 
lich erfahrt,  zb.  in  niwe :  niuwe,  riwe:riuwe,  kniwes :  JcniuweSr 
niwan :  niuwan,  zeigt  sich  früh.  Im  got.  trennte  sich  sogar 
iu  und  iggv  fest.  Im  Ahd.  Mhd.  wird  aber  fär  ein  dem  got. 
iggv  entsprechendes  iuw  auch  unbedenklich  iw  gesezt,  vgl. 
iwer,  triwe. 

Neben  iu  %  wird  ui,  ü,  besonders  in  alemannischen  Hand- 
schriften geschrieben:  AGr.  §  76.  110.    BGr.  §  60. 

Daraus  dass  iu  fiir  den  Umlaut  des  ü,  der  als  langes  U 
gesprochen  worden  sein  muss,  seit  dem  10.  Jh.  geschrieben 
ward,  ergibt  sich  zugleich,  dass  im  10.  Jh.  die  alte  zwei- 
lautige  Aussprache  der  Steigerung  iu,  die  aus  der  Brechung 
iOy  ie  erhellt,  schon  geändert  war.  Einen  andern  Beweis  der 
Aussprache  des  iu  als  lang  ü  geben  die  Reime  zwischen 
iu  und  gedehntem  ü,  sowie  die  Widergabe  von  französ.  u 
durch  iu. 

§  130.  In  den  Zw.  süfen,  sügen,  lüchen,  ferner  in  üf  §  ISO^ 
ißt  iu  in  sehr  früher  Zeit  zu  ü  vereinfacht  worden.  Ausser 
diesen  Worten  erscheint  ü  für  iu  namentlich  seit  dem  Anfang 
des  11.  Jh.  oft,  aber  ohne  Regelung.  Es  wird  in  alem.  und 
bair.  Hss.  während  der  mhd.  Periode  nicht  selten  gefunden, 
in  manchen,  wie  in  den  Benedictbeurer  Predigten  häufig,  in 
andern,  wie  in  Parz.  G.,  überall:  AGr.  §§  47.  93.  126. 
BGr.  §  6a 

So  brauchen  denn  auch  alem.  wie  bair.  Dichter  das  aus 

iu  vereinfachte  ü  im  Reime  mit  altem  ü,  sowie  mit  ü  für  uOr 

ungehür  :  hur  Helmbr.  1783.  gemüre :  füre  Hart.  173,  64.  — 
gemüt :  lüt  Georg  507.  1371.  Überlüt :  bedüt  W.  v.  Rheinau  63,  27. 
ItUe  (ady.) :  lüte  (dat)  Lampr.  Fr.  4482.  krute  :  lüte  Steinbach  766. 
Rüz :  üz  Helmbr.  1809.  suche  :  buche  Lampr.  Fr.  3721.  schuhen :  ver- 
lühen  (Ptc.)  Martina  197,  16. 


124 

§  130.  In  getruwe  und  frünt  trozte  im  bairischen  dieses  aus  iu 

hervorgegangene  ü  im  13.  ff.  Jh.  selbst  dem  Übergange  von 
iu  zu  eu,  indem  getruwe  und  frünt  wenigstens  in  der  Schrift 
fortgeführt  wurden.  Gekürztes  u  in  frunt  erscheint  im  Reim 
beim  Brennenberger  {enjs^undet :  gevrundet  MSH.  1,  338')  und 
lässt  sich  bairisch  bis  in  das  16.  Jh.  nachweisen  (BGr. 
§§  60.  30).  Es  ist  auch  alemannisch  zu  belegen,  vgl.  frurU 
:  unkuftt  Lieders.  N.  32,  209.  Md.  ist  es  häufig  §  132. 
^131.  §  131.     Die  mittelhochdeutsche  Form   der  Brechung 

von  iu  ist  ie.  Seit  dem  J.  1000  ungefähr  hatte  ie,  das 
sich  seit  der  ersten  Hälfte  des  8.  Jh.  nachweisen  lässt,  die 
andern»  gleichwertigen  Diphthonge  {eOy  io,  ia)  verdrängt.  Der 
grösste  Theil  der  oberdeutschen  ie  unserer  Periode  ist  die 
Brechung  von  iu  (durch  a  des  Afßxes  bewirkt).  Wie  sich 
ahd.  hiutu  zu  biotam  biotan,  ziuhu  chiusu  zu  eiohan  chiosan 
verhalten,  so  mhd.  biute  ziuhe  kiuse  zu  bieten  ziehen  kiesen. 
Den  ahd.  diota  tior  liop  sioh  entsprechen  die  mhd.  diet  Her 
liep  siech.  In  dem  Präsens  der  ablautenden  Zeitworte  der 
ü- Klasse  tritt  das  Verhältnis  des  iu  zu  seiner  Brechung 
greifbar  heraus. 

Zu  diesem  ie^  das  als  betontes  i  mit  nachschlagendem  e 
gesprochen  ward,  stellen  sich  verschiedene  andere  ie  von 
mannigfacher  Abkunft. 

In  den  Pronominalcasus  sie  die  ist  ie  aus  altem  ja  und 
ja  entstanden ;  in  dem  interrogativen  Adverb  wie,  sowie  in 
den  temporalen  Adverbien  ie  nie  aus  io  (got.  aiv). 

Tiber  das   aus  e  hervorgegangene  ie  vergleiche  §  103. 

Über  te,  das  für  i  vor  r  und  h  oft  eintrat,  §  45. 

Für  ie  findet  sich  alem.  wie  bairisch  schon  in  ahd.  Zeit, 
dann  aber  auch  im  12.  13.  Jh.  und  noch  später  mitunter  et, 
z.  B.  dei,  reime,  teir,  veir,  deit,  die  redupl.  Perf.  gei  geinCf 
bleis,  heiz,  reif,  hei:  AGr.  §§  59. 131.  BGr.  §  79.  Es  scheint 
ein  Schwebelaut  zwischen  e  und  i,  also  ein  e  mit  nach- 
schlagendem i,  das  dem  ei  ähnlich  geklungen  haben  muss, 
denn  Heinrich  v.  Türlein  reimt  Krone  24827  schiet :  reit. 

Aus  der  obd.  Aussprache  ie  und  ei  ergibt  sich,  dass  ^ir 
dem  i,    das    sich  in   alemann,   und    bairischen  Handschriften 


125 

schon  früh,  und  im  12.  13.  14.  Jh.  nicht  selten  für  ie  ündet  §  131. 
(AGr.  §  40.    BGrr.  §  52),   keine  phonetische  Bedeutung  bei- 
messen dürfen. 

§  132.  Auch  die  mitteldeutschen  Dialecte  haben  §132. 
den  Diphthong  iu  (die  Steigerungsform  von  u,  sowie  das  spora- 
disch auf  anderm  Wege  entstandene  iuj  §  129)  besessen.  Eine 
Nebenform  davon  war  ui,  das  seit  dem  7.  Jh.  nachweisbar 
wird,  im  Tatian  im  Worte  fuir  «eben  dem  sonst  herschenden 
iu  erscheint  und  bei  Williram  häufiger  ist.  Es  geht  auch  in 
der  Folge  neben  iu  in  den  Handschriften  her  (iu,  %  neben 
ui,  ti)  und  erklärt  am  besten,  dass  im  Mitteldeutschen  für 
unsern  Diphthong  einfaches  ü  sich  verbreitete.  Das  betonte 
u  blieb  hier  wie  bei  wo  bestehn,  während  der  Nachschlag  i 
und  0  schwand. 

Spuren   des   ü   für    gemeindeutsches    iu    gehn    für   das 

fränkische  zurück   bis   auf  altkristliche  Grabsteine  in  Main^ 

und  Worms.     Dieses  u  findet   sich    dann   in    Urkunden    des 

8.  Jh.,   in    den   Pariser  Yirgilglossen,    beim    Tatian,    in   den 

Lipsiusglossen    und    den   altniederländischen  Psalmen.     Auch 

bei  Williram  erscheint  es  mehrmals  neben  ui  und  iu.     Dieses 

nebenein anderhergehn  des  iu,  ui  und  u  dauert  in  der  Folge 

fort.     Jedoch  kommt  ü   im  mittelfränk.   seit  dem  11.  Jh.    in 

das  Übergewicht   und   erscheint   nicht  bloss    in  den  meisten 

md.   Hss.    des   12. — 14.  Jh.,    sondern   auch   in    der   Sprache 

mancher  Dichter  als  herschende  Form  für  den  alten  Diphthong. 

Für  das  mittelfränk.  Legendär  erweist  sich  ü  als  die  herschende 
Monophthongisimng  durch  die  Beime  node  :  lüde  407.  413.  467.  lüde : 
gude  311.  crüce :  vöze  227  (Busch  bei  Zacher  X,  290).  Veldeke  sprach 
nur  ü,  wie  seine  Keime  zwischen  ü  und  gemeindeutschem  iu  und  uo 
beweisen,  vgl.  iu :  nu  En.  8989. 0  müre :  tiure  9233.  schiure :  müre  Serv. 
I,  2189.  diure :  fuore  2161.  füere :  tiure  En.  3103.  stiuret :  fuoret  3037. 
stiurten  :  fuorten  6015.  ;  ruorten  241.  hrüde  :  liude  Serv.  2595.  liude 
:  hedüde  Serv.  II,  2213.  hüt :  Hut  En.  319.  —  Aus  Wemher  vom  Nieder- 
rhein bietet  sich  luwe :  trüwe  24,  34.  —  Die  betreflFenden  Keime  aus 
Karlmeinet  hat  Bartsch  über  Karlm.  226  gesammelt.  —  Im  Kother 
finden  wir  859  müle  :  türe;  —  im  Strassburger  Alexander  für  :  sur 
2399.  2409.  4968.  5141.  5407.  gebuwet :  vernüwet  6299.  frunt :  gesunt 
2904.  6577.—  im  Orendel  lüte:hedüte(?Qri,)^1l,  trutt7cw :  wwre  1863. 
nuwe :  stunden  767  (Druck).  —  im  Spruchgedicht  Salomo  und  Morolf 


126 

$132.  hüre:natüre  281,  frundin :  kundin  3ö.  1254.   hüde:lüde  1151.  —  im 
Ernst  A.  müre  :  türe  3,  50.    im  Ernst  D.  sur :  tür  653.  4979.  frunden 
:  unden  3643.   erkundet :  gefrundet  3791.    lüte  (Perf.) :  lüte  (liute)  5306. 
—  im  Trierschen  Egidius  wird  ü  =  iu  auf  ü  =  ü  wie  auf  ü  =  uo  ge- 
reimt, vgl.  trat :  Hut  54.  livt :  trut  1305.  livte :  trute  84.   lute :  gute  924. 
^ti^en  :  gute  1026.    dieniatlüten  :  gute  835.    ^e  ;  lanüuten  49.   —   im 
Athis  4  uud  u  auf  tu  (u,  ü)  lütis  :  gebutis  F.  134.    Muzin  :  inbuein 
D.  149.  frunt :  munt  E.  39.   frundis :  mundis  A*.  27.  frundin  :  fundin 
D.  115.    :  ungesundin  B.  129.  —  Heinrich  von  Morungen  reimte  f runde 
ifriunde) :  künde :  sunde  MF.  130,  7   (der  gleiche  Beim  auch  bei  Hetz- 
bolt  von  Weissensee  MSH.  2,  23^).     ge frunden  :  künden  131,   31.   — 
Herbort  von  Fritslar  bindet  ü  und  u  mit  iu  (ü):  hune  :  gdüne  1381. 
gebutce :  nüwe  1650.  hüwet :  vemüwet  14091.  enhute  :hüte\bb%.  frunde 
:unkunde  2355.    frimden  :  unden  4341.     :  künden  1886.  2833.  16098. 
Ebenso  finden  wir  beim  Meisner  uch :  drück  MSH.  3, 94».   sunde :  wider- 
frunde  3,   103**.     gefrundet  :  gekündet :  gesundet  99».  —   im  Eraclius 
türe :  hüre  499.   gehü/re :  türe  1310.    voUefüren  (Inf.) ;  sturen  Vorr.  131, 
also  ti  :  M  =  iu  und  w  ==  wo.  —  bei  Ebemand  von  Erfurt  ürch :  sprtuih 
3759  A.  drück  :  ück  4750.  gefrunden :  sunden  2882.  —  in  der  Erlösung 
swr  :  für  (fiur)   2331.    büwen  :  rüwen  631.    frunt  :  stunt  5654.  6586. 
:  entstunt  1261.  5430.  ;  erstunt  1592.  1632.  3976.  5200.  —  bei  Heinrich 
von  Erolwitz  dübel :  übel  4053.   irlückt :  geduckt  1613.    zuckt :  irlückt : 
geduckt  1648.    züt  (eiuhet)  :  müt  (muowet)  1458.  —  bei  Hermann  dem 
Damen  erfrunden :  sunden  MSH.  3,  164^.  gevrundet :  enzundet  166*.  — 
im  Brandan  sure :  vüre  52.    vrunden  :  stunden  141.    —   im  Passional 
und  im  Väterbuch  wird  ü  :  ü  (=  iu),  u  :  u  {=  iu)  wie  ü  (iu) :  ü  {uo) 
gereimt:   kiUe  {kuöle) :  mUe  (vitde)  Pass.  H.   146,  42.     sckvien  :  külen 
Täterb.  1092.   tüfe  :  hüfe  Pass.  H.  107,  94.  147,  77.    getrüwen :  küwen 
H.  157,  67.  trüten  :  lüten  {liuUn)  H.  210,  12.  frunt :  urkunt  H.  36,  63. 
125,  15.  200,  40.  312,  25.  E.  109,  65.    frunde :  künde  Pass.  H.  123,  67. 
:  Urkunde  H.  104, 41.  123, 62.  K.  39,  10.  117,  55.  Väterb.  915.   ;  sunde 
H.  71,  11.    K.  4,  21.    5,  68.    247,  77.     frunden  :  unden   H.   313,  72. 
: künden  H.  103,  81.   Väterb.  1771.    .Sekunden  H.  202,  80.    : sunden 
X.  104,  27.   Väterb.  451.   —   Johann  von  Frankenstein  reimt  ü  und  u 
mit  ü  (=  iu)  und  ü  (=  uo),   sowie  iu  :  uo  =  ü :  ü,   vgl.  kuöle :  fiuie 
8597.    verfüit : gekuolt  IIHS.    liumt :  sckunt  9123,    gebür  :  tiur  1091. 
sür  :  niur  1833.     stiur :  kur  2673.    büwen  :  verniuwen  5179.    Hülsen  : 
grüsen  1331.    frunt :  kunt  4017.  u.  ö.    ;  stunt  4463.  7349.  u.  ö.   ;  ver- 
wunt  4807.  —  in  Jeroschins  Deutschordenskronik  ist  u  und  ü  mit  iu  (u) 
gebunden,  vgl.  trüwe :  büwe :  getrüwe  320.  gebüwe :  ruwe  14250.   büwin 
:getruwin  9708.   geküre: müre  945.    stunt: frunt  10630.  26614.    frunt 
:  unkunt  15521.     ;  inzunt  19648.     frunde  :  Urkunde  10021.    frunden  : 

^)  Um  die  verschiedene  Natur  des  gereimten  ü  anzuzeigen,  gestatte 
ich  mir  hier  die  Zurückführung  auf  iu,  uo,  üe. 


127 

künden  206.  21581.   schunden :  (runden  10074.  —  In  der  livländischen  §  132. 
Eeimkrooik  findet  sich  3746  gehuwet  :  gerüwet  —  im  Schachbach  des 
Pfarrers  vom  Hechte  frunt :  gekunt  202,  5.    :  enzunt  323,  14. 

In  diesen  Belegen  ist  das  Wort  frunt  =  friunt  oft  aufgeführt  und 
als  kurz  wegen  der  Bindung  mit  unzweifelhaft  kurzem  unt,  unde  angesezt 
worden.  Für  die  Kürze  des  u  spricht  auch  das  westmitteldeutsche 
front  =  friunt,  z,  B.  Eother  3411.  HU.  HI,  970.  Böhmer  577.  front- 
schüft  HU.  m,  664.   Höfer  H,  179.  Lacombl.  III,  279. 

Durch  diese  ^^achweise  wird  die  Verengung  des  iu  zu  u 
in  mhd.  Zeit  für  Mittelfranken  (Ripuarien,  Limburg,  Trier), 
für  Hessen,  Wetterau,  Thüringen, -Meissen,  Schlesien,  Preussen 
und  Liviand  gesichert. 

Yor  r  tritt  auch  md.  eine  Zerdehnung  des  aus  iu  ent- 
standenen te,  wie  des  fremden  ü  ein.  Wir  finden  nicht  selten 
füwer  tüwer  müwer  geschrieben,  und  dann  Reime  dieser 
Formen  mit  -üwer  (iuwer),  vgl.  tüwer  .getrüwer  Väterb.  3341. 
Das  w  wird  auch  weggelassen,  wonach  sich  füer  tüer  müer 
stüer  für  fiur  tiure  müre  stiure  ergeben,  vgl.  Pass.  H.  und 
die  Berliner  Brandanhandschrift. 

Wie  sich  für  altes  ü  in  md.  Schriften  namentlich  des 
14.  15.  Jh.  ue  findet  (§  120),  so  auch  für  die  Monophthongi- 

sirung  ü  von  iu, 

vgl.  Wetterau :  lüede  Eberbach  767.  —  Hessen :  vuer  Evang.  270. 
ruetffe  290.  huedin  270.  —  Ostfranken:  fruende  Henneb.  U.  H,  40. 
truetoen  39.  —  Thüringen,  Obersachsen :  fuer  Köditz  G.  44, 10.  gezcueck 
Cd.  Sax.  n.  6,  34  (1368).  —  Schlesien:  vuer.  nuen.  getmelich,  czuet 
(=s  ziuhit).  luete,  geczuek,  Rückert  Entw.  116.  —  Ripuarien:  nuewe 
Harff  98,  17.   ruewe  18,  28. 

Auch  ui  erscheint  gleichzeitig  in  selber  Bedeutung.  Wir 
werden  wol  dariu  den  bekannten  Nachbar  von  u^,  uo  sehen 
dürfen,  obschon  eine  Versetzung  von  ui  =  iu  nicht  unmög- 
lich wäre.     Es  ist  seltener  als  ui  für  altes  ü  (§  120). 

Einige  Belege.  Hessen:  kuische  Myst.  I.  234,  10.  u.  o.  kuischeit 
161,  39.  u.  0.  fuirde  243,  26.  —  Thüringen:  fuir  Haupt  Z.  XV,  381. 
gekuisit  Mülh.  St.  52.    gezmc  37. 

Über  den  Übergang  von  iu  zu  eu  in  md.  Dialecten  des 
14.  15.  Jh.  vgl.  §  108. 

§  133.     Bemerkenswert  ist  die  md.  Neigung,  die  Formel  §  133. 
iuw  oder  üw  der  Worte  rüwe  trüwe  nüwe  in  ouw  zu  wandeln. 


128 

§  133.  Das  findet  sich  vorzugsweise  in  Ripuarien ;  im  Mnl.  herscht  es. 

Reimbelege : 

vrouwe :  Souwe  :  rouwen  :  untrouwen  :  schouwen  MF.  56,  10—17. 
juncfrouwe :  rouwe  Junk.  u.  Heinr.  728.  rouwe  :  vrou/we  Marg.  Pass.  416. 
Kathar.  Mart.  113.  rouwen :  frouwen  Junk.  u.  Heinr.  29.  schoutoen  : 
rouwen  Marg.  Pass.  433.  vrouwen :  berouwen  Serv.  I,  2618.  —  trouwe 
:  vrouwe  En.  2063.  Serv.  11,  2868.  Morant  278.  getrouwe :  vrouwe  Serv. 
1636.  vrouwe  :  trouwe  En.  2098.  ;  ungetromoe  Morant  82.  trouwen  : 
vrouwen  En.  458.  MF.  58,  14.  Serv.  1031.  berouwen :  trouwen  Serv. 
1476.  getrouwen :  Potouwen  Morant  232.  —  rouwe :  nouwe  Serv.  II,  899. 

—  Auch  schruwen  (3.  PL  Pt.  zu  schrien)  ward  dort  zu  schrouwen  und 
reimt :  vrouwen  Serv.  2492.  beschrouwen :  trouwen  Wierstr.  363.  Ebenso 
buwen,  vgl.  bouwen :  rouwen  Junk.  u.  Heinr.  62.   ;  vrouwen  Rother  22. 

—  Reimbelege  aus  Karlmeinet  gibt  Bartsch  S.  227. 

Auch   ausserhalb  Ripuariens   fehlen   diese   ouw   für    üw 

(iuw)  nicht.     In  nouwe  nawe  (novus)  ist   ou,   au  allgemein 

md.,    vgl.   die   Ortsnamen   Nowerode  (1260)   Eberbach  347. 

Nowenhus  HU.  I,  497.   Nawinwdlde  Cd.  Sax.  IV,  301.  und 

die    heute    noch    fortdauernden    Namensformen    Nauenheim, 

Naumburg,   Naundorf,   Naunhof.   —    Die    Reime    bezeugen 

dieses  rouwe,  trouwe,  bouwen: 

juncfrouwe :  rouwe  Tristr.  2400.  2600.  rouwen :  besckouwen  MF. 
49,  33  (Husen).  zeblouwen  :  gerouwen  Renner  746.  frouwen  :  rouwen 
Herb.  18181.  —  trouwen  (d.  pl.)  ;  frouwen  Orend.  247.  1840.  frouwe  : 
getrouwe  (1.  Prs.)  MF.  124,  24  (Morungen).  getrouwen :  scouwen  Alex. 
6958.  schouwen  :  getrouwen  Erad.  375.  —  bouwen  :juncf rouwen  Orend. 
239.  —  In  Br.  Philipps  Marienleben  sind  die  Reime  von  rouwe  rouwen, 
trouwe  trouwen  auf  vrouwen,  schouwen  nicht  selten,  J.  Haupt  in  den 
Wiener  Sitz.-Ber.  LXVm,  164.  f. 

Auch  vor  (palatalem)  g  zeigt  sich  ou  für  iu  {u)  im  Zw. 
hougen  (mit  Umlaut  später  boügen),  zb.  im  Reim  auf  ougen 
Pass.  K.  688,  2.  :  urlougen  237,  19.  femer  gebouget  162,  84. 
Adj.  gebouge  :  getouge  Pilat.  9.  ungebouge  :  urlouge  Pilat. 
609  (433) ;  urlouge,  getouge  (=  gejsfiuge),  vgl.  die  Reime 
urlouge :  getouge  Herb.  5534.    gebouge :  getouge  Pilat.  7. 

Diesem  ou  für  iu  (u)  darf  auch  drou  =  driu  ange- 
schlossen werden  im  Wetterauischen,  vgl.  drouzehin  Böhmer 
444—450.  461.  464.  468.  drou  und  iswenzigist  464.  468; 
auch  douvel  in  dauwelslache  Hü.  II,  472  (1291,  Mainz). 


129 

Sehr  entwickelt  ist  ou,  au  für  iu  ü  im  Schlesischen  des  §  183. 
14.  15.  Jh.,  wo  nicht  bloss  nouwe  nawe,  tratve  getrouwe 
getrawe,  ratoe,  sondern  auch  touwirr  (=  tiurer),  awer  (euer, 
vgL  Schles.  Lehnsurkunden  1,  99  [1431],  Script,  rer.  Siles. 
VI,  185),  vrountschaft,  loute  lawte,  auch  (euch)  auftreten, 
Rückert  Entw.  91.  f.  114.  f. 

Übertritt  von  ewe :  ouwe  vollzog  sich  in  louwe,  lawe  == 
lewe,  leo;  von  äwe.ouwe  in  rouwe  (quies)  Ath.  B.  141.  147. 

§  134.  Die  Brechung  des  iu  lautete  auch  in  den  §134. 
mitteldeutschen  Dialecten  ie,  so  wie  ie  auch  hier  in  den 
redupl.  Perfectis  und  den  andern  §  131  angegebenen  Worten 
an  die  Stelle  von  altem  e  getreten  war.  Doch  entwickelte 
sich  auch  bei  diesem  Diphthong  die  md.  Neigung  zur  Mono- 
phthongisirung,  dem  ü  für  iu  und  uo  entsprechend. 

Für  ie  trat  entweder  langes  einfaches  i  oder  e  ein. 

Wir  finden  t  für  ie  einzeln  schon  in  moselländischen  und 
Lorscher  Urkunden  des  9.  Jh.,  dann  in  den  altniederländischen 
Psalmen,  ferner  entschieden  als  lautliche  Veränderung  in  einer 
ileihe  poetischer  Denkmäler,  welche  nach  Mittelfranken  und 
Hessen  gehören  und  in  den  Ausgang  des  11.  und  Anfang 
des  12.  Jh.  fallen :  Friedberger  Krist,  Summa  Theologiae,  Lob 
Salomons,  die  drei  Jünglinge  im  Feuerofen,  ältere  Judith 
(Müllenhoff-Scherer  Denkm.  XXXVII),  Annolied,  Arnsteiner 
Marienieich.  In  den  md.  Handschr.  des  12.  Jh.  finden  wir 
dann  i  für  ie  mehr  oder  minder  häufig :  so  in  den  Fragmenten 
des  mfr.  Legendars,  in  der  Strassburger  und  Pfalzer  Handschr. 
des  Kolandsliedes,  in  dem  £.  Rother,  im  Grr.  Rudolf,  in  der 
Barmstädter  Hs.  von  Heinrichs  Summar  (wo  ie  selten  ist),  im 
»Strassburger  Alexander  (ie  und  :i  kommen  fast  gleich  häufig 
vor.  Weismann  S.  XCI).  In  dem  13.  und  14.  Jh.  gehn  ie 
und  i  in  den  md.  Schriften  in  gleicher  Weise  nebeneinander, 
ohne  eine  Regelung,  so  dass  die  Schreiber  selbst  im  Reim 
oft  ie  und  i  unter  einander  schreiben.  In  manchen  Urkunden 
und  Hss.  wird  i  fast  allein  gebraucht,  in  andern  dagegen  ie 
bevorzugt. 

Für  das  Durchdringen  und  die  Verbreitung  des  mono- 
phthongischen Zuges   von  ie   zu   E,    der   nhd.    zur  Herschaft 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.   2.  Aufl.  9 


130 

§  1S4.  gelangte,  ist  der  Gebrauch  des  aus  ie  yerengten  i  im  Reim 
entscheidend.  Wir  haben  bei  dieser  BeobachtuDg  die  kurzen 
i  vor  It,  ng,  rn,  ht  mitzuverwenden,  welche  auf  ie  zurückgehn. 
In  Lamprechts  Alexander  kni  :  dri  1992.  ginc  :  jungelinc  325. 
1620.  jungelhic :  entfinc  1911.  kinde:  ginge  1312.  Jungelingen :  gingen 
2199.  dingen  :  gingen  2159.  lihte  :  anesihte  6002.  Im  Rother  ging  : 
sint  1837.  In  Hartmanns  Glauben ,  dinc  :  ginc  1277.  kint  :  ginc  573. 
lichte :  geeichte  261.  In  Eilharts  Tristran  (A  wie  X)  erscheint  %e  mit  i, 
ing  mit  ieng  öfter  gebunden,  Lichtenstein  LXII.  f.  Im  Pilatus  363  (540) 
jungelinc  :  aneihnc.  Veldeke  bindet  En.  12337.  12387  behielt  :  schilt, 
Serv.  I,  1402  vire  :  schiere,  2032  spire  :  schiere,  En.  5795  saphire  : 
skiere,  9469  saphire :  viere,  liecht :  bicht  Serv.  I,  2429.  Herbort  von 
Pritslar  bietet  siten  :  zuschrieten  13646.  hilt :  schüt  5160.  ginc  :  dinc 
6229.  :  jungelinc  787,  :  ursprinc  671.  jungelinc :  ginc  11212,  rinc:ginc 
1464.  ;  enpfinc  5137.  enpfinc :  jungelinc  8963.  erginge :  gedinge  2329. 
ringe :  gevinge  8908.  ;  erginge  9962.  vingen :  dingen  12990.  jungdingen 
:  gingen  SS2.  singen :  gingen  8302,  gingen :  dingen  3M3,  hingen  :hr%ngen 
4633.  Aus  dem  13.  Jh.  fehlen  Zeugnisse  für  die  erste  Hälfte,  es  sei 
denn,  dass  Ebernands  v.  Erfurt  Heinrich  und  Euuigunde  so  früh  zu 
setzen  wäre,  worin  sich  findet  getoit :  rit  3371.  :berU  2001.  rbe.schit 
2041.  2503.  3225,  und  dass  Ernst  D.  so  alt  wäre,  welcher  bietet  vü 
:  kiel  4347.  4479.  niender :  rinder  4691.  lieht :  giht  5192.  vergibt :  lieht 
1942.  lieht :  beriht  2390.  In  der  Erlösung  haben  wir  vü  :  wü  6360. 
hir :  mir  3606.  dit :  git  2020.  lit  (liet)  :  credidit  2058.  lobelit :  venu 
4344.  besohlt  (beschiet) :  tremuit  5194.  Derselbe  Dichter  reimt  in  der 
Elisabeth  wirde :  zierde  9889.  git :  niet  8717.  geniezen  :  flizen  2271,  hat 
also  ie  als  i  (oder  i)  gesprochen.  Aus  Heinrichs  von  Erolwitz  Vater- 
unser ist  nur  der  Reim  diet :  gewiet  86,  der  einsilbig  sein  muss  und 
daher  als  dit  :  gevnt  zu  fassen  ist,  anzuführen.  Der  Dichter  des  Pas- 
sionals  bietet  vil  {viel) :  vil  K.  517,  7.  liecht : pflicht  H.  98,  5.  138,  40. 
K.  2,  46.  171,  83.  :  sieht  H.  140,  94.  :  gesicht  H.  122,  65.  liechte : 
gesichte  H.  171,6.  diern:mirn  K.  329, 17.  :irn  366,  14.  Im  Brandan 
findet  sich  bi  :  verlie  504.  tvibe  :  liebe  388.  0it :  schit  (schiet)  1680. 
zil :  gevU  (geviel)  1048.  kiel :  vil  285.  Aus  Rüdegers  von  Munre  Irregang 
(v.  d.  Hagen  GAbent.  no.  LV)  kommt  ie  :  si  159.  begrife  :  slife  (sliefe) 
948  in  Betracht,  aus  Heinrichs  von  Freiberg  Tristan  234  liecht :  geschieht, 
aus  Ulrichs  von  Eschenbach  Wilhelm  1850  wil :  gevil.  3246  hüt :  bevüt. 
Aus  Frauenlob  züt:hilt  235,  12.  sprincvinc  236,  11.  Die  Schlesier 
behandeln  ie  durchaus  undiphthongisch.  Johann  von  Frankenstein  reimt 
JEU  :  sie  9969.  :  knie  127.  sie  :  Petri  4971.  :  blasphemi  7459.  die  2  mal, 
hie  12  mal  auf  fremde  Worte  in  -i,  gie  2  mal  also;  und  hat  ausserdem 
die  R«me  zH  :  vil  3405.  vil :  wUt  11067.  schir:mir  3547.  :  ir  543. 
vir:  wir  10731.  mite  :margerite  10665.  Femer  i  aus  ie  (durch  Doppel- 
konsonanz entstanden)  zu  i  gereimt  in  hilt  :  schät  110^5.     dinc  :  hinc 


131 

10293.  tmrde:zirde  9081.  licht  .nicht  3909.  9829.  .gesteht  6987.  10609.  §  134. 
: geschieht  9855  (Khull  Sprache  des  Joh.  v.  Fr.  S.  13).  In  Ludwigs 
Kreuzfahrt  finden  wir  kU :  vil  3730.  vil :  wü  2963.  tir :  wir  2454.  Uf 
:  schif  872.  3318.  rif :  schif  3408.  iz  :  niz  939 ;  ferner  enthüt :  schüt 
3454.  5155  (die  Beime  auf  hanier  und  zimierde  übergehe  ich).  Jero- 
schins  Deutschordenskronik  gewährt  Benedicti  :  anevt  1337.  irgi: 
Panonnitani  18160.  cUhi  :  Petri  986.  vUin  :  aprüin  1S86.  schim  :  im 
22423.  gire  :  schire  12190.  dit :  zit  8988.  mite  :  Bagnite  18697.  diten 
:  ziten  9216.  hiz :  Cruschewiz  8375.  sich  :  Heinrich  22637.  iclichin : 
sieheji  380.  dinst :  zinst  22566.  ging  :  ding  2393.  19055.  vorgingin : 
Buringin  9289.  dims :  virne  26007.  :  gevirne  9384.  virde :  wirde  9249. 
Der  Pfarrer  vom  Hechte  in  seinem  Schachbuch  reimt  die  hie  wie  auf 
lateinisches  i,  ier  auf  ir,  iech  auf  ich  und  ierd  iern  auf  ird  im  (Haupt 
Z.  XVn,  385).  Weniger  häufig  gestattet  sich  Heinrich  Hesler  diese 
Heime  (v.  Bahder  Problem  42).  Br.  Philipp  im  Marienleben  reimt 
einigemal  liep  auf  lip  (liebe :  Übe)  und  toip  (J.  Haupt  Wiener  Sitz.-Ber. 
LXVni,  164).  Der  Dichter  -der  livländischen  Reimkronik  vermeidet 
diese  Eeime,  woraus  aber  auf  den  deutschen  Dialect  in  livland  nicht 
zu  schliessen  ist,  sondern  nur  auf  das  Bemühen  des  Verfassers  um 
reindeutsche  Eeime. 

Es  ergibt  sich,  dass  im  reinen  Auslaut,  ferner  vor  r,  l, 
dann  vor  t,  ß,  eh,  b  (p),  f,  m  diese  Monophthongisirung  im 
Reime  vorkommt,  sodann  dass  vor  liquida  cum  muta  und  vor 
cht  Kürzung  zu  i  Regel  war. 

Die  Landschaften,  aus  denen  in  der  mhd.  Periode  i  fär 
ie  verbürgt  wird,  sind  das  südliche  Mittelfranken,  Hessen, 
Wetterau,  Thüringen,  Meissen^),  Schlesien,  Preussen.  Für 
Ostfranken  sprechen  die  Reime  im  Ernst  D  und  vielleicht  der 
Reim  Her  :  gir  Renner  19035. 

In  dem  Gebiete,  in  dem  ie  zu  i  überging,  erhielt  sich 
in  der  Zeitpartikel  ie  die  alterthümliche  diphthongische  Form 
io.  Dieses  io  (unquam,  semper)  kann  ich  belegen  durch 
Myst.  I.  8, 12.  105,  6.  162, 17.  179,  11.  22.  204, 16.  244,  33. 
Haupt  Z.  XV,  387.  391.  Alsfeld.  Sp.  1584.  1689.  2418.  4665. 
Köditz  35,  23.  Leyser  Pred.  38,  24.  40,  41.  60,  6.  64,  14. 
Cod.  Sax.  II.  6,  73.  Cod.  dipl.  Siles.  VIII,  50.  64.  108  (14.  Jh.). 


1)  Thüringen  und  Meissen  werden  von  Wülcker  Vocalschwächung 
im  Mittelbinnendeutschen  51  und  v.  Bahder  vokal.  Problem  im  Mittel- 
deutschen 38.  f.  gewaltsam  aus  dieser  Reihe  beseitigt.  Man  vergleiche 
auch  das  für  beide  Lande  verbürgte  ü  ==*  tu,  ü  =  wo. 

9* 


132 

§  184.  Schachb.  271,  16.  33.   326,  24.     Im  md.  Brandan  42  reimt 
io  auf  so. 

§.135.  §  135.     Der  zweite  Ersatz  für  ie,  nämlich  i,  erscheint  in 

denselben  Gregenden  wie  i,  ausgenommen  Schlesien.  Vorzugs- 
weise  ist  dieses  S  in  Ripüarien  nachweislich.  Im  Reim  wird  es 
nur  selten  verwant.  Abgesehen  von  einer  grösseren,  uns  kaum, 
berührenden  Anzahl  im  Xarlmeinet  (Bartsch  über  KM.  224.  f.) 
kenne  ich  nur  entfinge  :  ende  mfr.  Legendär  234.  vlegen : 
bedrigen  Servat.  1317.  schüre :  junghire  Jnink.  u.  Heinr.  567. 
hengere  :  schere  Secund.  232.  vUt  (Fliess)  ;  enget  FrauenL 
ML.  32,  2.  untvle  (entfliehe)  :  owi  Frauenl.  L.  IX.  5,  4.  dem 
:  hirn  Schachb.  292, 19.  here :  schere  Philipp  Ml.  8978.  hegen 
:  vlen  (vlien)  2404.  uferte  {zierte) :  erte  65.  z&ren  :  meren  9726- 
Belege  ausserhalb  des  Reims  geben 

Demodis  Mrh.  Uk.  n,  385.    Dederich  HU.  III,  1114.    angevele 

I,  822.  —  ice  Hü.  1, 1260.  neman  795.  denist,  href  479.  ver,  verdunc 
446.-  471.  kesen  742.  796.  —  knete  Alex.  364.  eman.  breve  Höfer  n,  80. 
he.  we.  de.  ne,  verdenet,  defelisch  Spiegelb.  265.  leblich  268.  gezeret 
274.  —  reme  Myst.  I.  120,  32.  besehet  37,  35.  Nordh.  W.  A.  1.  — 
kne  Roth.  2083.  he  Marienl.  31,  11.  herumbe  81,  7.  intfenc  Roth.  235. 
entfengen  1295.    geengen  242.    schere  1214.     derfie  Ml.  60,  29.    verde 

II,  11.  verzieh  18,  22.  mergrezen  74,  19.  refen  Roth.  4096.  lezin 
1296.  stez  1636.  stezen  201.  virlesen  123.  674.  kesen  Ennen  I,  9. 
Krechen  Roth.  200.  lecht  4928.  Vgl.  auch  Busch  bei  Zacher  Zeitschr. 
X,  283.  f.  und  v.  Bahder  Problem  11.  fF.,  welcher  leztere  das  mittel- 
deutsche  Gebiet  für  die  mhd.  Zeit  in  zwei  Gruppen  theilt,  deren  eine  e  und 
i  (te)  wechselnd  brauchte,  während  die  andre  durchgehends  i  (ie)  sprach. 

§  136.  §  136.     Mit  e  für  die  Brechung  ie  tritt  in   den  Hand- 

schriften gleichwertig,  im  14.  15.  Jh.  am  üppigsten,  ei  auf,, 
worin  wir  einen  zwischen  e  und  i  schwebenden  Laut  (vgl.  §  48) 
erkennen  werden.*)  In  der  Wetterau  wird  heute  noch  für 
ie  durchaus  ei  gesprochen. 

Beypurg  Hü.  I,  211.  Deyther  606.  veiHeü  586.  —  kneibel 
Hü.  m,  1279.  —  ei,  neiman.  weivd.  gedeinen  Hü.  I,  446.  Deymudi» 
Böhmer  400.  dunnebeyr  Hü.  I,  448.  veyrde  Eberbach  767.  6re^. 
neyt.  creych  Höfer  H,  131.  —  intheUden  Höfer  H,  54.    geingen.  neit^ 


0  V.  Bahder  Problem  S.  11.  will,  wenn  ich  ihn  recht  verstehe^ 
zwei  ei  hier  scheiden,  einen  Zerdehnungslaut  (wie  in  preister  für  priester) 
und  ein  neues  aus  i  (für  ie)  gunirtes  ei. 


J 


13S 

o«>  n,  112.  eiclich  Lac.  HI,  172.  —  preister  Henneb.  Uk.  11,  100.  —  §  1S6. 
neiman  Eoth.  2567.  neirgen  42.  eyman,  hey,  dey,  hreyve  Lac.  lU, 
1065.  keil  (:  deü)  Eoth.  841.  heilden.  geinge  Lac.  III,  80.  deinstman, 
vleissen  247.  vlein  {:  geschein)  Hagen  4042.  leive  Hagen  3423.  u.  o. 
ieif.  deif  1571.  (greif:)  reif  Anselm  472.  {bleif:)  deif  Karlm.  201,  5. 
seiden  (:  reiden)  Hagen  1237.  geneiden  (:  reiden)  2627.  {seit :)  deit :  steit 
Wemh.  60,  6.  deü  Hagen  253.  neit  (:  gescheit)  1794.  3456.  u.  Ö.  heiz 
Hother  50.  386.  411.  u.  o.  (heizen :)  geizen  Marg.  Pass.  290.  geneizen 
(:geheizen)  340.  preister  {:meister)  En.  9065.  Serv.  049.  1620.  2728. 
preister  Hagen  297.  4857.  leis.  heis  Qiez.  hiez)  Hagen  290.  keinen  ver- 
leisen 632.    seich  Hagen  1594. 

uo. 

§  137.     Für  germanisches  6,  die  Steigerung  von  a,  war  §  137. 

seit  dem  10.  Jh.  der  Diphthong  uo  in  den  Stammsilben  Regel 

geworden,  der  auch  im  Oberdeutschen  der  mittelhochdeutschen 

Periode  fortdauerte.     Das  alte  6   hielt  sich  nur  noch   in  der 

Zeitpartikel  do  und  der  weiblichen  Zahlwortform  0w6.    Aber 

auch  bei  do  ward  die  Diphthongisirung  zu  dtio,  namentlich  im 

bajuyarischen,  vollzogen,  so  dass  es  selbst  im  Keim  steht : 

duo :  fruo  Gudr.  827, 1.  Biter.  1013.  Frauend.  206, 3.  Meier.  1629. 
Boner  48, 135.  :tuo  Biter.  2487.  :  zuo  Vor.  Ged.  247,  27.  Biter.  1193. 
Tandar.  2967.  Boner  29,  12. 

und   ebenso    ist   iswuo  für  zwo   bei   Baiern   und  Alemannen 

nachweislich. 

Was  die  Nebensilben  betrifft,  so  hielt  sich  das  alte  6 
in  dem  Substantivsuffix  od,  dt  §  260,  ferner  theil weise  in 
dem  StammsufBx  der  2.  schwachen  Conjugation  §  377,  und 
erscheint  auch  noch,  obschon  erlöschend,  in  den  adjectivischen 
Comparationssuffixen  or  und  ost  §  309. 

Ausser  diesen  Fällen  kommt  ö  nur  mundartlich -aleman- 
nisch in  Stammsilben  vor,  AGr.  §  41.  Schriftdeutsch  ent- 
spricht ihm  uo. 

Auch  in  Lehnworten  ging  langes  o  in  uo  über,  so  ward 
dmosna  (eleemosyne)  zu  almuosan  almuosen,  provenda  zu 
phruonda,  mhd.  phruonde  phrümde. 

Statt  MO  wird  ziemlich  früh  wegen  Unklarheit  des  nach- 
schlagenden 0  auch  ue  geschrieben,  AGr.  §§  74.  108.  142. 
BGr.  §  107,  seltener  wi,  BGr.  §  112. 


134 

§  137.  Schriftzeichen  waren  vo,  ^,  üe,  ^e,  ferner  ov  und  ö,  z.  B, 

in   der  Wiener   Genesis,   so   wie  umgekehrt  vo,  ^   für    den 
Diphthong  ov  geschrieben  wurden. 
§  138.  §  138.     HO  wird  seit    dem   12.  Jh.  nach  Analogie   der 

übrigen  Diphthonge  von  dem  Umlaut  nach  und  nach  ergriffen 
und  zu  üe.  Auch  hier  zeigt  sich  Widerstand.  In  die  Zw. 
fluochen  und  suochen  dringt  üe  gar  nicht,  in  tioben  erst 
später,  in  das  schw.  Zw.  ruofen  (Pt.  ruofte)  nur  zuweilen  ein* 
Ausser  zahlreichen  von  den  Schreibern  festgehaltenen  uo 
statt  üe  bezeugen  namentlich  auch  die  Reime,  vorzüglich  der 
bairischen  Dichter,   das  fortleben   des  reinen  Diphthongs,  zb. 

muo  :  ztw  Wigam.  1580.  luogent :  muogent  Mart.  61, 77*  erchtwl  (cj.) 
:  stuol  Otack.  c.  418.  ktwn  :  tuen  wGast  12202.  pfruont :  ttwnt  6391. 
muoden  (inf.)  :  luoden  Karl  10260.  tr.  Er.  33754.  hluote  (cj.) :  hiwte 
tr.  Er.  1688.  wuote  :  muote  MSC.  1,  45.  guoU  (f.)  :  hluote  Wigal. 
158,  12.  Wigam.  1614.  ;  muote  Wigal.  159,  37.  gemuote  (n.)  :  hluote 
195,  23.  :guote  Lamprecht  S.  1733.  fuoz :  huoz  (1.  Prs.)  Otack.  c.  29. 
suoz  (f.)  :muoz  wGast  7584.  truoge  (cj.) :  1dtu)ge  j.  Tit.  1650,  1.  ge- 
nuogen  (Inf.) :  geluogen  Lampr.  S.  2106.    :  geduogen  1466. 

Im  allgemeinen  aber  darf  ftir  die  gebildete  Schriftsprache 
des  13.  Jh.  der  JJmlaut  als  Regel  gelten,  zb.  früeje  blüejen 
glüejen  müejen  küele  grüene  küene  süenen  rüemen  vüeren 
rüeren  trüebe  güete  büezen  grüeeen  meze  vüeze  rüegen 
vüegen  wüeste  pfrüende  stüende  üehse. 

Schriftzeichen  sind  ü  üe  ue  uS  üö  üi  iv  iü  öi  üei,  auch 
iü  ui  wurden  für  den  Umlaut  des  uo  geschrieben. 

AGr.  §  75.  109.  143.    BGr.  §  109. 

§139.  §  139.      In    den    mitteldeutschen    Dialecten    ist    uo 

wie  in  den  oberdeutschen  die  aus  altem  6  hervorgegangene 
Steigerungsform  von  a  gewesen,  wie  sich  aus  ahd.  und  aus 
md.  Ilandschrift;en  durch  ihre  teo,  ü  =  altem  6  ergibt.  Dieses 
selbst  dauert  wie  im  obd.  noch  in  dö  und  zwo  fort,  wird  aber 
md.  gern  auch  hier  zu  duo  und  zwuo  diphthongisirt.  Ferner 
findet  es  sich  im  Substantivsuffix  öd  dt,  und  absterbend  in 
Formen  der  zweiten  schwachen  Gonjugation,  vgl.  §  137.  377. 

§  l^*  §   140.      Die    karacteristische    Bewegung    nach   Mono- 

phthongisirung  der  Diphthonge,  die  in  den  md.  Dialecten  seit 
Ende  des  11.  Jh.  hervortrat  und  iu  zu  ü  (§  132)  sowie  ie 


135 


zu  i  oder  i  (§§  134.  135)  vereogte^  ergriff  gleichzeitig  das  § 
uo  und  machte  es  md.  zu  ü  oder  6,  Es  ist  ein  sehr  schwan- 
kende^  Verhältnis,  das  in  dem  Nebeneinander  von  wo,  ue,  ui, 
ü,  6,  oi  und  selbst  ou  in  den  Schriften  hervortritt.  Während 
in  Niederfanken  6  das  entschiedene  Übergewicht  hat,  gelangt 
in  Mittelfranken,  Hessen  und  Thüringen  ü  im  12.  13.  Jh. 
daneben  zur  Herschaft;  im  14.  dringt  dann  6  im  Westen 
wenigstens  über  das  ü  hervor.  Vgl.  Heinzel  Geschäftssprache 
26.  100.  103.  112.  240.  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  286—289. 
Auch  hier  werden  uns  die  Beime  die  sicherste  Hilfe 
bieten.  Wir  müssen  .dabei  kurzes  u,  das  vor  nt,  nd  ans  uo 
entstund,  mitverwenden. 

ü  für  uo  erscheint,  indem  uo  auf  ü  oder  iu  gereimt  wird, 
im  mittelfränk.  Legendär,  das  sonst  ö  bevorzugt,  in  den  Beimen 
ffüde  (Güte) :  liude  311.  cruce :  vöze  ivüae  in  der  Aussprache  anzusetzen) 
228.  gehüve  (hübe) :  slöge  633  (wahrscheinlich  an  slüge  genähert  zu 
sprechen).  Der  Limburger  Yeldeke  sprach  ü  für  uo  wie  für  iu,  vgl. 
vwr :  8Ür  En.  475.  sur  :  stour  Serv.  H,  2030.  düre :  vure  1, 2152.  vüre 
:düre  En.  3103.  vuren:müren  Serv.  ü,  92.  En.  257.  704.  stüret: 
füret  3038.  stürden :  fürden  6015.  :  rürden  242.  Über  Veldekes  d==uo 
§  140.  Der  Dichter  des  Trierschen  Egidius  sprach  u,  vgl.  trut :  gut 
730.  trüte.güte  1184.  lüte.güte  924.  gute :  lantlüten  48.  dienisüüten 
gute  836.  lüten  :  gute  1026.  In  Eilharts  Tristan  i)  begegnet  stunt: 
gesunt  2717.  bestunt :  munt  3202.  bestünde  :  gunde  479.  üf stunde  : 
gunde  2821.  Im  Bother,  der  sonst  6  für  uo  hat,  findet  sich  stunt: 
June  2169;  in  Lamprechts  Alexander  erscheint  mir  ü  neben  dem  her- 
gehenden 6  nicht  verbürgt  genug  (vgl.  Beispiele  bei  Weismann  Alexander 
I,  XCiV) ;  im  Athis  steht  urbur :  mr  E.  144.  urburte  :vürte  A.  167;  im 
Grendel  neben  6  auch  ein  paf  ü,  vgl.  frü :  du  539.  hune :  lüwe  1099 ; 
bei  Herbort  du  :  zu  701.  zu  :  du  4723.  heüictüm  :  paUadium  15844. 
rum:paUadium  16627.  munt :  stunt  9299.  bestunt :  gewunt  6538.  stunde 
:Jcunde  195.  behutten :  anschütten  4446;  der  Dichter  zog  ö  vor.  Die 
Zeugnisse  aus  dem  13.  Jh.  sind,  soweit  ich  sie  sammelte,  folgende. 
Beinmar  v.  Zweter  reimt  tunt :  verwunt  MSH.  2,  215\  Der  Dichter 
des  Ernst  D.  (ein  Ostfranke)  reimt  üf :  ruof  741.  3580.  schuof :  üf 
4275.  sun  :  tum  749.  1060.  1280.  1679.  4643.  5002.  u.  ö.  kunt :  tuont 
2706.  :  bestuont  4245.  stuont :  munt  2659.  fanden :  stuonden  2179.  2255. 

^)  Die  übrigen  Niederdeutschen,  welche  in  einer  dem  Md.  an- 
genäherten Sprache  zu  dichten  suchten,  wie  Albrecht  v.  Halberstadt, 
Berthold  v.  Holle,  Brun  v.  Schonebeck  und  der  Dichter  der  Braunschweiger 
Beimkronik,  habe  ich  hier  absichtlich  ausgeschlossen,  da  sie  nur  einen 
persönlichen  Dialect  vertreten. 


140. 


X 


136 

§  140.  Der  Dichter  der  md.  Marien  Himmelfahrt  (Haupt  Z.  V.)  sprach  un 
als  ü,  vgl.  nu :  fru  528.  rü :  nu  271.  sun :  dim  276.  344.  909.  1034. 
8tunt:kunt  577.  745.  831.  1219.  1560.  :wunt  233.  bestunt.kunt  426. 
stunt :  besinnt  1044.  erstunt :  gesunt  1325.  In  der  Erlösung  zeugen  die 
Keime  ebenfalls  für  die  Behandlung  des  uo  als  w,  vgl.  du  :  zu  1411. 
1522.  1868.  3494.  nu  :  fru  1610.  2986.  :  zu  2082.  2196.  3284.  4012. 
hlürmn :  kumen  2002.  sun  :  tim  7411  (und  noch  10  mal).  :getun2Q^ 
(und  noch  3  mal).  Blanziflür  :  snür  :  amür  :  für  93.  Ahagüc  :  gnuc 
1169.  friint :  stunt  5654.  :  erstunt  1592.  In  der  Elisabeth  fru  :  nu 
4693.  9544.  nu  :  schü  3745.7398.  zu:  du  931.  1285.  :  nu  3217.4131. 
lüde:güde  431.  Gude:mude  6812.  frunt :  tunt  1719.  Im  Wartburg- 
kriege ruft :  luft  61,  4.  Im  Eraclius  volle  füren  (Inf.) :  sturen  Vorr.  131. 
Bei  dem  Meisner  üf :  geschüf  MSH.  3,  95** ;  bei  Hermann  dem  Damen 
erstunden  :  wunden  ebd.  3,  161**.  In  Heinrichs  von  Freiberg  Tristan 
büden  :  lüden  3405 ;  in  Ulrichs  von  Eschenbach  Wilhelm  v.  Wenden 
üf :  schuf  234:6.  stunt  :kunt  335.  3046.  :munt  1381.  stunde :  Urkunde 
377.  stunden :  funden  3164.  Heinrich  von  Krolwitz  hat  tü/n :  sun  23Xi  \ 
Heinrich  Erauenlob  ku<ihen  :  strüchen  Spr.  55,  12.  stunde :  sunde  Spr. 
234,  16 ;  Heinrich  von  Mügeln  Fab.  4,  16  müz  :  schuz,  Meidekr.  5b 
denarius  :  müz.  Der  Dichter  des  Passionais  verwendet  w  (—*  uo)  oft  im 
Keime,  vgl.  nu :  tu  Pass.  K.  205,  59.  du :  zu  H.  305,  12.  zu :  du  K.  43, 9. 
;  nu  K.  273,  80.  kule  (küele)  :  vule  (viule)  H.  146,  42.  richtüm  :  darum 
H.  87,  20.  Paulum  :  richtüm  K.  314,  19.  bistüme  :  kume  611,  95. 
vrume :  heüictüme  612,  62.  sichtümen :  vrumen  207,  77.  tun :  sun  Pass. 
H.  43,  59.  54,  1.  69,  10.  168,  20,  227,  56.  261,  20.  302,  17.  50.  u.  ö. 
K.  29,  10.  71,  43.  rün  :  sun  H.  145,  72.  171,  57.  vüren  :  beschüren 
H.  167,  22.  Jude :  rüde  K.  77,  34.  übervlüt :.  brüt  H.  129,  77.  glüte 
:  spute  (spie)  H.  291,  91.  Abaguc  :  trüc  H.  123,  43.  Im  Brandan  lesen 
wir  nü  :  rü  114.  üf :  geschüf  160.  tun  :  sun  1007.  irstunde  (Conj.) 
:  wunde  1329.  begunden :  stupiden  1588.  Johann  von  Frankenstein  reimt 
fremdes  ü  und  deutsches  u  ungemein  häufig  auf  uo,  das  als  ü  und 
gekürztes  u  zu  fassen  ist :  KhuU  über  die  Sprache  J.  v.  Fr.  13.  f.  zählt 
mehr  als  100  derartige  Keime  auf.  Dieses  verengte  uo  steht  im  reinen 
Auslaut  vor  w,  n,  r,  d,  z,  c,  eh.  It,  nd,  nt,  mt,  rt,  cht.  In  dem  Gürtel 
des  Dietrich  von  Glaz  wird  v.  857  büz :  kus  gereimt.  Der  Dichter  von 
Ludwigs  Kreuzfahrt  bezeugt  ü  =  uo  für  die  Schlesier  weiter,  vgl.  nu  : 
frü  1148.  6104.  6144.  6162.  zu :  du  3826.  rüm :  leopardum  7822.  tun 
:sun  303.  4330.  5030.  5448.  6538.  6656.  7689.  Assur:für  168.  üf: 
rüfdSU.  4189.  :  schuf  688.  962.  2314.  2408.  2900.  6686.  stunt :  munt 
7908.  ;  ve^wunt  5222.  bestunt :  verwunt  3060.  müz :  su^  5394.  Jeroschin 
sprach  ü  für  uo,  vgl.  die  Keime  darzü :  gebü  26366.  :  mü  7685.  zu : 
du  26014.  :  Esaü  2654.  sun  :  tun  7538.  8650.  süne :  lüne  19958.  :  sune 
18084.  päbistüm :  Innocencium  1220.  conciUum  :  irretüm  21647.  /lef- 
coztüm  :  um  25863.     vür  :  commetür  13163.     dür  :  vür  21357.     beswür 


137 

:pur  8195.  vure :  credtüre  4003.  üßuhin:  Golübin  20911.  drüf:güf  §  140. 
12540.  18759.  müde :  Spüde  23212.  lüden :  Spüden  23238.  ffüte :  Jets- 
bute  19350.  gnüc'Buc  18784.  irsiUhin :  gebrüchin  3058.  vorsücht  : 
gebrückt  2785.  -—  intstunt : kunt  14015.  runkunt  4002.  .munt  6536. 
16269.  :  stunt  1246.  2188.  8009.  ineunt :  stunt  9614.  —  stunt :  tuttt 
858.  m$nde  :  widerstunde  13936.  stundin  :  gebundin  23605.  :  toundin 
4711.  bestundin  :  begundin  20470.  stundin  :  widirsiundin  15644.  — 
voUinvurt :  geburt  9246.  9670.  15368.  15534.  22119.  26755.  Einige 
Eeime  aus  Hesler,  die  ü  für  uo  (neben  den  gewöhnlicheren  Ö)  beweisen, 
führte  V.  Bahder  (Problem  42)  an. 

§  141.     Wir  geben  jezt  zunächst  Beweise  für  ö  =  wo  §  141. 
durch  Reime. 

Im  mittelfränk.  Legendär  wird  gereimt  gezo  :  scö  676.  Petrö : 
tharzo  208.  gerömen  :  Hörnen  159.  zestorde :  vorde  658.  :  zevorde  600. 
göt :  not  760.  scoze :  soze  736.  scözen  :  sözen  728.  Nachweise  von  6 
ausser  Beim  in  jenem  Denkmal  gab  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  285.  — 
Yeldeke,  von  dessen  ü  für  uo  §  140  Belege  gegeben  sind,  bindet  noch 
öfter  ein  auf  uo  zurückgehndes  6  mit  6  oder  o  im  Beim,  dön  ist  im 
Servatius  15  mal,  in  der  Eneide  18  mal  mit  son  gebunden  (Braune  in 
Zachers  Z.  IV,  270),  ferner  reimt  dön  :  Sinön  1034.  1139.  ;  Tarcon 
8965.  :  Ion  Serv.  ü,  1074.  sköne  :  kone  En.  4579.  tö  :  vrö  Serv.  I,  306. 
cäsö  :  dartö  11,  2207.    einöde  :  armöde  Serv.  I,  1032.    vlöt :  göt  I,  2067. 

—  Im  'Karlmeinet,  wenn  derselbe  überhaupt  hier  angezogen  werden  darf, 
herscht  ö,  abgesehen  von  zu :  nu  336,  3  vgl.  Bartsch  über  KMt  S.  225.  f. 

—  Der  Bother  hat,  den  einen  §  140  angeführten  Beim  ausgenommen,  ö 
z.  B.  dön  :  lön  4120.  könen  :  frönen  1737.  nöde :  göde  1433.  3162. 
neigöde :  göde  1877.  gemöde  :  verwandelöde  3005.  göde  :  trüröde  430. 
.  gerümöden  3653.  göden  :  virscröden  4334.  :  geherbergöden  3579.  göt 
:  gedienöt  4836.  ;  geordinöt  3327.  :  gereitöt  777.  :  zesweUöt  24:i^.  :  ge- 
vazzöt  165.  :bröt  3512.  :  gebot  292.  :nöt  50.  108.  3186.  u.  o.  :röt 
2025.  2135.  Ebenso  herscht  in  Lamprechts  Alexander  o,  wie  folgende 
Beime  zeigen :  zö :  dö  1178  (Weismann).  • ;  Dario  1856.  2814.  :  Alexandrö 
1891.  :frö  2013.  dö :  frö  1206  (danach  ist  auch  frö :  zö  2820  ge- 
sichert), zeoören :  zestören  819.  wöks :  gröz  5662.  In  den  alten  Ernst- 
brachstücken findet  man  nöde :  einmöde  IV,  43.  göt :  not  11,  11.  V,  35; 
in  Hartmanns  Glauben  zö  ;  dö  1880.  dö  :  getö  bl9.  tö  :  dö  2252. 
noten  :  göten  1425.  göten :  töten  1099.  1549.  Der  Orendel,  welcher  ein 
par  ü  für  uo  hat,  bietet  mehr  ö  daneben,  vgl.  göden  :  nöden  480. 
göder  :  nöden  697.  1395.  2805.  göde  :  nöden  815.  4033.  blöt :  gebot 
73.  137 ;  vgl.  noch  Harkensee  über  Orendel  S.  71.  Von  den  rheinischen 
Dichtem  unserer  Periode  bezeugt  dann  Gotfr.  Hagen  von  Köln  ö  =  uo 
durch  die  Beime  zö  :  dö  439.  833.  1949.  5306.  stöl :  vol  6188.  sone : 
:  köne  5061.  doren :  vören  648.   wören :  vören  904.  mosten :  hosten  1384. 

—  Für  hessisches  ö  zeugt  Herbort  von  Fritslar,  welcher  dasselbe  dem  ü, 


138 

§  141.  das  er  daneben  braucht  (§  140),  vorzieht,  vgl.  zoidö  4251.  4600.  5526. 
5684.  7122.  7741.  7836.  9701  (vgl.  do  :  frö  7207.  :  so  6680.  :  ReiM 
5243).  iezö'.ffö  18011.  geawör.-vor  3382.  g€vdrt:dort  2664.  :wart 
7684.  .zerstört  18204.  enpfört : gehört  2785.  :wort  1153.  2966.  forte 
:  gehörte  5043.  6472.  10060.  13230.  orte :  zuförte  10024.  gehörte :  rörte 
1470O.  förten  :  gehörten  6676.  :  Worten  1450.  4963.  16082.  porten : 
f orten  10174.  14026.  henögen :  bogen  8996,  zogen :  genögen  9866.  16069. 
versuchte  :  mochte  2090.  Das  Alsfelder  Fassionsspiel  kann  für  spätere 
Zeit  noch  das  ö  bezeugen,  vgl.  gön  :  tön  8091.  gebot :  tot  (tuot)  110. 
got :  wolgemöt  7829.  —  Aus  wetterauischen  und  thüring.  Dichtem  kenne 
ich  kein  durch  Beim  verbürgtes  ö,  wenn  auch  die  Schreiber  o  und  oe, 
oi  haben.  Von  den  Meissnem  hat  Frauenlob,  der  auch  einige  e  =  ie 
reimt  (§  135),  ein  par  o-Reime :  kristendöme  :  Börne  :  blöme  Spr.  128, 6. 
blömen :  gömen  Ml.  14,  2.  :  körnen  Spr.  150,  3.  söne  :  kröne  416,  17. 
Bei  den  Schlesien!  herscht  ü  ausschliesslich,  und  von  den  nordöstlichen 
Dichtem  haben  nur  Br.  Philipp,  der  wahrscheinlich  zu  ihnen  gehört 
aber  seine  grossen  Besonderheiten  hat,  ö  und  zwar  durchgeführt  (J.  Haupt 
in  den  Wiener  Sitz.-Ber.  LXVlll,  163);  ausserdem  gibt  Hesler  dem  6 
den  Vorzug  vor  ü  (nach  Bahder  Problem  42). 

§  142.  §  142.     Aus  der  Vergleichung  der  §§  140.  141  ergibt 

sich,  dass  in  dem  grösten  Theile  des  md.  Gebietes,  soweit 
wir  aus  Reimen  der  Dichter  es  übersehen  können,  ü  und  6 
neben  einander  hergehn.  Im  Norden  Von  Mittelfranken  (Köln) 
waltet  0  vor,  und  auch  im  Limburgschen  und  im  Mosellande, 
wenigstens  während  des  12.  13.  Jh.,  ist  6  beliebter  als  ü. 
Für  Hessen  gilt  dasselbe.  In  der  Wetterau  aber  und  wahr- 
scheinlich in  Thüringen,  ferner  in  Meissen  und  Schlesien 
herschte  ü.  Der  Nordosten  war  zwischen  ü  (Jeroschin)  und 
0  (Hesler,  Philipp)  getheilt. 

Ausserhalb  der  Reime  ergibt  sich  6  nicht  bloss  für  Mittel- 
firanken, sondern  auch  für  das  südliche  Franken,  Mainz,  die 
Wetterau  (für  Frankfurt  vgl.  Wülcker  in  Paul-Braunes  Beitr. 
lY,  15)  und  Thüringen  durch  Handschrifben  und  Urkunden 
des  14.  15.  Jh.  neben  ü  als  Vertreter  des  gemeinmhd.  tM, 
Aber  ü  überwiegt  hier ;  für  Ostfranken,  Meissen,  Schlesien  ist 
ü  die  herschende  Yocalform. 

V.  Bahder  über  ein  vocalisches  Problem  im  Md.  S.  13.  ff.  35.  ff. 
hat  über  das  Verhältnis  von  ü  und  ö  in  ihrer  landschaftlichen  Ver- 
theilong  gehandelt  und  im  ganzen  dasselbe  Ergebnis  erhalten,  wie  ich 
oben  darstellte. 


139 

§  143.     In  dem  ü  und  6  ist  je  einer  der  zwei  Bestand-  §  148. 
theile  des  tw  einseitig  fest  geworden. 

Für  das  schwanken,  welches  diese  Fixirung  begleitete, 
zeugen  die  diphthongischen  ^Nebenformen,  die  sich  als  tie  und 
ui,  andrerseits  als  oe  und  oi  in  den  Schriften  des  14.  15.  Jh. 
finden,  und  deren  u  oder  o  zu  den  monophthongischen  ü  und 
0  in  Beziehung  steht. 

ue,  auch  üe  geschrieben,  kann  an  die  obd.  Schwächung 
von  wo  erinnern;  wir  beschränken  uns  daher  darauf  zu  ver- 
weisen, dass  es  im  nördlichen  Mittelfranken  neben  oe  und  oi 
auftritt,  abgesehen  von  den  Monophthongen  o  und  u. 

Für  ui  gebe  ich  folgende  Belege: 

Eipuarien:  duyn  Lac.  11,  532.  lU,  167.  236.  u.  s.  o.  däit  Köln. 
Sachsp.  0.  düit  {:noit)  Karl  C.  70.  düyt  Sperber  19.  müys  87.  304. 
müysse  182.  nvSi/yste  287.  zu  vüisse  Bepg.  Gr.  71.  leynbuych  Loersch 
Ach.  Bqu.  141  (neben  hoich  und  boech),  duich  77.  genuygen  Lac.  U, 
532.   genüych  Ennen  I,  350.    drüyge  36.  359.   ungevuych  Lac.  XU,  657. 

—  Mainz :  duin  HU.  H,  718.  guith  III,  1328.  gädt  Höfer  H,  53.  — 
Wetterau:  huin  Hü.  I,  758.  geduit  Böhmer  472.  guyt  508.  struyt 
HU.  I,  786.  —  Moselland :  tuin  Spiegelb.  273,  3.   guider  Höfer  H,  123. 

—  Hessen:  luü  Myst.  I.  241,  6.  mieten  (remigebant)  Herb.  17044.  — 
Thüringen :  gebruit.  guit.  tuit.  mite,  phluic  Mülh.  E.  28—37.  bluü 
Haupt  XV,  384.  guit  388.  tuit  383.  muiz  377.  muistin  373.  In  schles. 
Hss.  kommt  einzeln  dieses  ui  vor,  Eückert  Entw.  118. 

Für  oe: 

Bipuarien:  moeder  Hagen  17.  goeden  21,  goede,  moede  42,  voeren- 
332  (3.  PI.  Ind.  P.)  und  sonst  (häufiger  ist  oi,  Nebenform  auch  ue); 
ebenso  in  den  köln.  Eidbüchem  (o,  oe,  oi,  einzelne  ue,  ^i  Ennen  I, 
1 — 76.  a.  1321 — 95),  bei  Harff  und  noch  in  Eoelhoffs  Cronica,  zb. 
moene  40**.  bedroeffnisse,  bedroeven,  genoecMich»  boich.  vervloichen, 
moitwiU  d\  —  Moselland:  doen.  voegen,  zo.  genochlich  Höfer  II,  122, 
doen,  stoende,  behoeven  Aufsess  Anz.  3,  26.  f.  —  Wetterau:  soerdude. 
broeder  HU.  I,  518.  Anm. 

Für  oi: 

Bipuarien :  doit  Hagen  5.  boicJie  6.  buschdoim  125.  stoint,  dovnb 
Hagen  3123.  schoümeisterin  Sperber  24.  stoynt  221.  voirde  136. 
voisse  79.  royfent  Nassau  31.  droigen  Vorbewis.  10.  gnoich.  irdoich  12*», 
lHoien  Brev.  73.  groien  94  (vgl.  broen  Sei.  Tr.  140**).  doin,  voiren. 
moissen.  boich.  soichten  Sei.  Tr.  1.  2.  stoü  15.  oiben  222».  roif  16*, 
bedroift  16^.  hoit  15.  mois  16.  u.  a.  spSüen,  spdüknechte  Ennen  I,. 
128.    spoüknechte  129.    doin,  upvoir,  verboissen  Lac.  HI,  180.    geroi- 


140 

§  143.  liehen,  stoint.  unwoit  mois  in,  247..  Öyvende  Harff  103,  23.  gr&m 
80,  33.  stSyren  101,  40.  vSiren  115,  29.  scSypen  81,  40.  —  Engers- 
gau:  ^otdc  Höfer  n,  109.  —  Moselland:  doin.  voirvoire,  goiden  Lac. 
in,  172.  moitwiüe.  doen.  rorent.  zu  döne.  zo.  dün  Höfer  11, 140.  geschoiff 
Musk.  58,  57.    doich  67,  26. 

Heinzel  nimmt  die  oi  ui  ai  als  accentuirte  lange  Vocale,  denen 
ein  vocalisches  Element  von  erhöhtem  Eigenton  beigesezt  ward.  Er 
erklärt  sie  für  neue  Diphthonge  an  Stelle  alter  Längen,  Nfr.  Geschäfts- 
sprache 197.  ff. 

§144.  §  144.     Der   Umlaut   des   uo   ist   im   Md.   in    unserer 

Periode  kaum  entwickelt.     Die  Heime  beweisen  den  Wider- 
stand,  bei  deren  Anführung  ich  zur  Verdeutlichung  uo  statt 

des  Monophthongs  ü  schreibe: 

fuoren  (3.  PI.  Pt.) ;  ruoren  (Inf.)  Ernst  D.  4821.  muo  :  ruo  Jerosch. 
5683.  :zuo  4983.  vdfuoren  (Inf .):  sturen  (stiuren)  Eracl.  Vorr.  131. 
8un  :  kün  (=  küene)  Jerosch.  14664.  fluote  (D.  Sg.) :  gemuote  Pass.  H. 
119, 10.  guote  (N.  Sg.) :  gluote  118,  48.  gemuoten  :  wuoten  (Inf.)  118,  39. 
suoze  (Adv.)  ;  fuoze  (Plur.)  Orend.  190.  3125.  suoze  (N.  Sg.)  :  muoze 
(1).  Sg.)  Jerosch.  21806.  muozen  (D.  PI.) :  muozen  (Inf.)  Meisner  MSH. 
3, 102.  irhuohin :  betruohin  (Inf.)  Jerosch.  21139.  genuoge :  truoge  (Conj.) 
19053.  wuoste  (A.  Sg.) :  miioste  787.  vunde :  mderstuonde  (-Conj.)  13934. 
gehurt :  vuort  (3.  Sg.)  4126.     irstuonde  :  wunde  (Conj.)  Brandan  1329. 

Es  steht   also  md.  üf   vor  Doppelconsonanz    (namentlich. 

nd,  nt)  Uy  wo  sich  obd.  in  der  Regel  üe  findet. 


Zweites  Buch.    Die  Consonanten. 

* 

I.  Allgemeines. 

Die  Consonanten  nach  ihrer  natürliohen  Eintheilnng. 

Brücke  Grundzüge  der  Physiologie  und  Systematik  der  Sprachlaute, 

Wien  1856.    2.  A.  1876. 

Eumpelt  das  natürliche  System  der  Sprachlaute.    Halle  1869. 

E.  Sievers    Grundzüge   der  Lautphysiologie   zur  Einführung  in  das" 

Studium  der  Lautlehre  der  indogermanischen  Sprachen.   Leipz.  1876. 

2.  A.  Grundzüge  der  Phonetik  Leipz.  1831. 


§146. 


ArticBlations- 

VersehlussIaHte 
Explosirae 

fieibelaite  (fricatir 
oder  Spiranten 

liS 

Zitter- 
iant 

Sasil 

Diphthong 

(affricata) 

Haneh- 
Iant 

stelle 

Expl.  fortia 

(tennia) 

tonloB 

ExpL  lenis 

(media) 

tOnend 

Sp.  forUa 
tonlos 

Sp.  lex 
tOnen 

Tippen 

P 

b 

f 

VyW 

m 

Pf 

Zunge 

t 

d 

s 

f 

l 

r 

n 

z(ts) 

Gaumen 
Velar 
Palatal 

k 

9 
9 

ch 
ch' 

• 

3 

ng 

kch 

h 

§  146.  Wenn  wir  den  oberdeutschen  und  den  mittel-  §  146. 
deutschen  Consonantismus  der  mhd.  Periode  überblicken,  so 
treten  deutliche  Abweichungen  zwischen  denselben  hervor; 
ebenso  wenn  wir  die  Vergleichung  auf  den  älteren,  im  Gotischen, 
iN'ordischen,  Sächsischen,  Niederfränkischen  bewahrten  germa- 
nischen Consonantenstand  ausdehnen.  Wir  ünden  dann  bei 
Berücksichtigung  der  Mutae  (nach  altem  grammatischem  Aus- 
druck) einen  regelmässigen  Wechsel  derselben  in  folgender  Art: 


142 


|146.  1. 

Labiale :     got. 

nd. 

6 

:  md. 

J!* 

:  obd. 

p,  f>- 

» 

99 

P 

•     ?> 

P,Pf,f    ■ 

'     » 

Pf,  f. 

*"    » 

» 

f       : 

w 

f,v 

?> 

f,r. 

2. 

Linguale :    ,, 

» 

rf 

» 

d 

j> 

t. 

fy 

» 

^ 

>? 

t,  z 

» 

z. 

99 

» 

th     : 

•      » 

thy  dh,  d  : 

» 

d. 

3. 

Gutturale:  „ 

» 

^ 

•      » 

9 

w 

k,  g. 

4« 

* 
A 

k             : 
h 

7> 

ch,  k. 
h. 

Die  Mutae  der  Gaumenlaute  stimmen  also  im  Mhd.  durch- 
aus zu  den  nd.  got.,  die  der  Lippenlaute  überwiegend,  allein 
es  ist  bei  ihnen  auch  der  obd.  Stand  nicht  unvertreten ;  noch 
stärker  ist  das  bei  den  Zungenlauten  der  Fall.  Nach  der 
grösseren  oder  minderen  Annäherung  der  md.  Mutae  an  die 
obd.   gliedern   sich   die  mitteldeutschen  Dialecte   stufenweise. 

§  147.  §  147.     Die  consonantischen  Unterschiede  des  Md.  und 

noch  mehr  des  Obd.  von  den  übrigen  germanischen  Sprachen 
beruhen  auf  einer  Veränderung  der  Verschlusslaute  und  ihrer 
Spiranten  (der  Geräuschlaute),  welche  die  Wiederholung  einer 
älteren  Veränderung  derselben  Consonanten  ist,  die  das  Alt- 
germanische an  den  ererbten  Explosiven  und  deren  Aspiraten 
vollzogen  hatte.  Jac.  Grimm,  welcher  den  gesetzlichen  Zu- 
sammenhang dieser  Erscheinung  zuerst  vollständig  erkannte^) 
und  darlegte  (Gr.  I*,  584 — 5^2),  nannte  sie  Lautverschie- 
bung.    Er  stellte  folgendes  auf: 

Es  entspricht 
urverw.  med.    der  got.  (nord.  nd.)  ten.,    der  ahd.  asp. 
ten asp.,      ,.       .,     med. 


99 


99 


asp. 


99 


» 


» 


» 


med., 


99 


» 


» 


» 


ten. 


^)  Den  Nachweis,  dass  J.  Grimm  dies  Gesetz  entdeckte  und  nicht 
Kask,  wie  nahe  derselbe  auch  der  Entdeckung  kam,  gab  ß.  v.  Kaumer 
(lesch.  d.  german.  Philologie  508  —  514.  Für  Rasks  Priorität  war  E. 
Jessen  in  seinem  Aufsatz  ow  J.  Grimms  lydfremskydinqslcere  (Tidskrift 
for  Philologi  og  PsBdagogik  II,  165-  171.  Köbhv.  1861)  eingetreten,  und 
hatte  zugleich  zu  erweisen  gesucht,  dass  Grimm  durch  seine  Formu- 
lirung  des  Gesetzes  die  richtige  Erkenntnis  des  Verhältnisses  der 
german.  zu  den  urverwanten  Consonanten  nicht  gefördert,  sondern  nur 
verwirrt  habe. 


143 

Am  vollständigsten  ist  die  Verschiebung  ausgebildet  1.  im  §  147. 
Anlaut,  während  sie  in-  und  auslautend  Äusnamen  unterliegt, 
2.  bei  den  Lingualen ;  bei  den  Labialen  und  Gutturalen  stockt 
sie  durch  die  Spiranten.  Das  Urdeutsche  hatte  nämliA  keine 
Aspiraten  j[>*  Ä*,  sondern  ersezte  sie  durch  die  Spirans  f  und 
den  Hauchlaut  Ä,  die  un verschiebbar  sind.  Ferner  wies  Grimm 
darauf  hin,  dass  im  Oberdeutschen  th  durch  den  Diphthong 
ts  (0)  vertreten  wird,  dass  femer  t  in  den  Verbindungen  ft 
ht  st,  p  in  spf  k  in  sh  sich  überhaupt  nicht  verschieben  und 
tr  nicht  innerhalb  des  Germanischen. 

Das  Germanische  zeigt  sodann  eine  wiederholte  Ver- 
schiebung (zweite  Lautverschiebung).  Die  erste  behaupten 
die  Dialecte  der  zweiten  Lautstufe :  gotisch,  nordisch,  friesisch, 
angelsächsisch,  sächsisch,  niederfränkisch;  die  zweite  vollziehen 
die  Alemannen  und  Schwaben  und  die  Eaiern;  theilweise 
folgen  die  Chatten  und  Ripuarier  und  die  Thüringer. 

iü^ach  J.  Grimm  ergibt  sich  dieses  dreigliedrige  Schema 
Labiale  Linguale  Gutturale 

d    t     ^  (lat.  f) 


(uTverw.)      h    p    (p  (lat.  f) 
griech. 

got.  P    f     h 

(nord.  nd.) 

streng  ahd.  p/i  f    p 


th  d 


g     1c     X  (l*t.  h) 
k     h     g 
ch    h     k 


z     d    t 

Nicht  alle  Denkmäler  der  ahd.  Periode  zeigen  die  Mutae 
in  dieser  schematischen  Gestalt,  sondern  nur  die  alemannischen 
und  bairischen.  Aber  auch  in  diesen  finden  sich  nicht  selten 
statt  der  fortes  p  und  Je  die  lenes  b  und  ^.  Die  fränkischen 
Schriften  der  ahd.  Periode  stehn  auf  Ubergangsstufen  von 
dem  Ober-  zu  dem  Niederdeutschen,  dessen  Consonantenstand 
von  dem  Niederfränkischen  fest  gehalten  ward.  Bei  den 
Labialen  behaupten  die  Franken  durchgehends  b,  schwanken 
aber  bei  der  Verschiebung  des  p;  bei  den  Gutturalen  haften 
g  und  k  auf  dem  alten  Stande,  nur  tritt  k  in-  und  auslautend 
g'ewöhnlich  zu  ch  über;  bei  den  Lingualen  ward  das  nd.  th 
{dh)  bewahrt,  t  in  der  Regel  zu  0  gewandelt,  d  meist  fest 
g'ehalten. 

Für  den  obd.  Consonantismus  der  m  h  d.  Periode  erkannte 
Grrimm  nahe  Beziehung  zu  dem  fränkischen.   Bei  den  Lingualen 


144 

§  147.  ist  freilich    die  zweite   Verschiebung   darchgefährt,    bei   den 
Labialen  und  Gutturalen    aber  zeigt   sich   ein   entschiedener 
I^ücktritt  von  der  sogenannt   streng  ahd.  (dritten)  Lautstufe 
auf  die/ zweite,  germanische. 
Es  entsprechen  also 


mhd. 


g       k       h 


dem  got.  nd.    &      p       f 


^        ^   ^    h 


d        t        th 
t         z        d 


Vgl.  J.  Grimm  Gesch.  der  deutsch.  Sprache  Cap.  XVIL 
Deutsches  Wörterbuch  I,  1049 — 55. 

§  148.  §  148.     Die  Untersuchungen   deutscher  Gelehrter   nach 

Grimm  über  die  Lautverschiebung  haben  sich  im  wesentlichen 
der  ersten  Verschiebung  und  besonders  der  Natur  und  Ge- 
schichte  der  Aspiraten  zugewendet.  Aus  diesen  Forschungen 
ergab  sich,  dass  die  indogermanische  Ursprache  ausser  den 
Explosiven  die  weichen  Aspiraten  hh  dh  gh  sicher  besessen  hat^ 
und  dass  die  harten  Aspiraten  ph  th  kh  damals  wahrschein- 
lich in  der  Bildung  begriffen  waren.  Diesen  Geräuschlaaten 
gegenüber  verhielten  sich  die  Sprachen  bei  der  Trennung 
verschieden;  es  traten  Veränderungen  d.  i.  Verschiebungen 
ein.  In  allen  indogermanischen  Sprachen  finden  sich  Belege 
tür  die  Wandelung  der  Medialaspiraten  in  die  Medien;  nur 
ist  es  fraglich,  ob  der  Übergang  unmittelbar  geschah  (Ansicht 
u.  a.  von  Curtius),  oder  ob  tönende  Beibelaute  die  Vermitte- 
lung  machten  (Ansicht  von  Scherer,  Paul).  Im  Griechischen 
und  Slavischen  kommt  ferner  einzelne  Verschiebung  der  Medien 
in  Tenues  vor,  im  Sanskrit  und  im  Griechischen  Aspirierung 
von  Je  t  p.  Am  entschiedensten  und  vollständigsten  vollzog 
das  Germanische  diese  Verschiebung  und  gelangte  so  zu 
folgendem  Lautstande: 


Ursprache    p      b      hh 
Germ.  ph    p      h 


k       g        gh 
k^      k        g 


t        d        dh 
th       t        d 

jp*  und  i*  wurden  dann  noch  vor  der  Zeit  unserer  ältesten 

Sprachreste  mit  /*  und  A  vertauscht   und   so   ergab   sich    als 

ältester  Bestand  der  germanischen  Muten 

fph\thtd\hkg 
B.  y.  Baum  er  Die  Aspiration  und  die  Lautverschiebung.   Leipzig 
1837.  —  G.  Curtius  Die  Aspiration  der  indogermanischen  Sprachen, 


I 


145 

bei  Kuhn  Zeitschr.  II,  321—337.  —  Lottner  Ausnahmen  der  erst^  §148. 
Lautverschiebung,  bei  Kuhn  Z.  XI,  161 — 205.  —  Grassmann  Die 
Aspiraten  und  ihr  gleichzeitiges  Vorhandensein  im  An-  und  Inlaute  der 
Wurzeln,  bei  Kuhn  Z.  Xn,  81 — 138.  —  Scherer  Zur  Geschichte  der 
deutschen  Sprache.  2.  A.  S.  122-146.  146—150.  151—173.  —  Heinzel 
Geschichte  der  niederfränMschen  Geschäftssprache.  Paderborn  1874. 
S.  115 — 179.  —  B.  Delbrück  Die  deutsche  Lautverschiebung  in  der 
Zeitschr.  f.  deutsche  Philol.  1, 1.  ff.  133.  ff.  —  Paul  Zur  Lautverschiebung 
in  Paul  und  Braunes  Beiträgen  I,  147 — 201.  —  Kräuter  Zur  Laut- 
verschiebung. Strassburg  1877.  Dazu  K.  Yerner  im  Anz.  f.  deutsches 
Alterthum  IV,  334.  f. 

§  149.     Wann  die  Germanen  die  erste  Lautverschiebung  §  149. 
abgeschlossen  und  damit  einen  ihrer  karacteristischen  sprach- 
lichen Unterschiede  von  den  Slawen  Kelten  Italem  Griechen 
gewonnen  hatten,  wissen  wir  nicht.     Nur  scheint  sicher,  dass 
es  vor  der  Beseitigung  des  freien  indogermanischen  Accents 
geschah  (Vemer  bei  Kuhn  Z.  XXIII,  128.  fi:).   Der  gröste  Theil 
der  Germanen  blieb  auf  der  neuen  Consonantenstufe  stehn ;  nur 
die  Alemannen  und  Baiem,  wie  erwähnt,  begannen  die  Ver- 
schiebung noch  einmal  und  zwar  vermuthlich,   nachdem  ihre 
politische  Selbständigkeit  durch  die  Franken  gebrochen  war. 
Im  7.  Jh.  stund  das  Oberdeutsche  schon  auf  der  dritten  Con- 
sonantenstufe, und  der  Unterschied  zwischen  Oberdeutsch  und 
Niederdeutsch  trat  nun  scharf  hervor.     Karacteristisch  für  den 
oberdeutschen  Gonsonantismus  sind  z  und  ch  als  Verschiebungs- 
formen für  i  und  h  (vgl.  das  Schema  in  §  147).     Es  stellte 
sich   gleichzeitig  ein   allmählicher  Übergang   von   dem   ober- 
deutschen zu  dem  niederdeutschen  Gonsonantismus  her.    Jene 
neue   Bewegung   der  Mutae   trug  ihre  Wellenkreise    in   das 
Zänkische  Gebiet  hinüber:  die  Bewegung  kam  von  Süden,  je 
nördlicher  die  Landschaft,  um  so  schwächer  war  ihre  Wirkung. 
Die  Franken  zerfallen  in  drei  Haupttheile^):  Chatten,  Bipuarier^ 
Salfranken.     Die  Chatten  sitzen  nicht  bloss  im  alten  Stamm- 
lande,  sondern  auch  links  des  Bheins  im  Mosellande,  femer 


»)  Ich  bin  zu  derselben  Ansicht  gelangt,  welche  E.  Schröder  bei 
seiner  Besprechung  des  5.  Bandes  vod  G.  Waitz  deutsche  Verfassungs- 
geschichte in  Sybels  Histor.  Zeitschrift  XVII,  405.  f.  ausgesprochen  hat. 
Zum  Beweise  der  Besetzung  des  Moselthals  durch  die  Chatten  ist  auch 
Arnolds  Buch  Ansiedelungen  und  Wanderungen  deutscher  Stämme  I. 
bestimmt. 

Weinhold,  mittelhochd«  Gramm.  2.  Aufl.  10 


146 

§149.  südlich  links  und  rechts  des  Rheins  bis  zur  alemannischen 
Nordgrenze,  ebenso  im  ganzen  Mainthal.  In  diesen  oberen 
Landschaften  waren  Mischungen  der  Chatten  mit  den  Ale- 
mannen und  den  Baiern  eingetreten.  Hier  ward  auch  die 
oberdeutsche  Lautverschiebung  am  stärksten  empfunden  und 
der  Gonsonantenstand  am  meisten  dem  obd.  genähert.  In 
dem  altchattischen  Lande  (Hessen)  und  an  der  Mosel  blieb  die 
Bewegung  schwächer.  —  Die  Ripuarier,  die  von  der  Brohl 
bis  über  den  Einfluss  der  Erft  den  Rhein  hinab  sassen  und 
sitzen,  v^estlich  bis  über  die  Maas,  östlich  bis  an  die  Sieg- 
quellen und  das  Grenzgebirge  zwischen  Franken  und  Sachsen 
ausgebreitet,  zeigten  fast  dasselbe  Verhalten  gegen  die  obd. 
Bewegung  wie  die  Chatten.  Je  nördlicher  die  Lage  um  so 
schwächer  wirkte  der  Stoss.  —  Die  Salfranken  in  der  nieder- 
rheinischen Ebene  nördlich  der  Erft,  und  an  der  untern  Maas 
und  Scheide  empfanden  von  ihm  gar  nichts.  —  Diese  mittel- 
deutsche theil weise,  von  Süden  nach  Norden  sich  abschwächende 
Lautverschiebung  ist  ein  lebendiger  geschichtlicher  Vorgang, 
und  nicht  eine  künstliche  Übertragung  einer  Hof-  und  Schreiber- 
sprache in  die  Mundart  gewesen. 

Das  Thüringische  steht  auf  einer  Übergangsstufe  vom 
Ostfränkischen  zum  Sächsischen. 

Das  folgende  Schema  wird  den  Vorgang  in  seinem  Ab- 
stufungen veranschaulichen. 


Oberdeutsch 

P 

ph 

f 

t 

z 

d 

k 

ch 

h 

Oberfränkisch 

h 

ph,p 

f 

d,t 

z(t) 

d 

g 

ch 

h 

Hessisch 

b 

ph,  p 

f 

d 

z,t 

d 

9 

ch,  k 

h 

Thüringisch 

h 

ph,p 

f 

d 

z(t) 

d 

9 

ch,  k 

h 

Bipuarisch 

h 

P 

f 

d 

z,t 

d 

9 

k,  ch 

h 

Niederfränk. 

b 

P 

f 

d 

t 

th 

9 

k 

h 

Über  die  fränkischen  Consonantenverhältnisse  W.  Braune  Zur 
Kenntniss  des  fränkischen  in  Paul  und  Braunes  Beiträgen  I,  1 — 56. 
Meine  Ansicht,  aus  eigener  Quellenforschung  gewonnen,  steht  der 
Brauneschen  sehr  nahe.  —  Über  die  neueren  Verschiebungsgebiete  län^ 
des  Kheines:  F.  W  Wahlenberg  Die  niederrheinische  (nordrhein- 
fränkischo)  Mundart  und  ihre  Lautverschiebungsstufe.  Köln  1871. 
(Progr.  des  kath.  Gymnasiums  an  der  Apostelkirche.) 

§150.  §  150.      Die    Verschiebung    der    Verschlussconsonanten 

(Explosivae)    tritt  am  reinsten   nach   der  Theorie   im  Anlaut 


J 


147 

hervor ;  im  Inlaut  und  Auslaut  erfuhr  sie  Hemmungen.  Für  §  150. 
den  Inlaut  beruht  dies  wesentlich  darauf,  dass  die  alten 
Medialaspiraten  hier  selbst  oberdeutsch  dann  noch  fortdauerten, 
als  die  zweite  Verschiebung  im  Anlaute  längst  vollzogen  war. 
Die  Medialaspirata  erleichterte  sich  dann  zunächst  zur  Media, 
die  also  da  erscheint,  wo  im  Anlaut  die  obd.  Tennis  steht. 
Zwar  wird  von  den  obd.  Schreibern  iu  der  Regel  auch  in- 
lautend die  Tennis  gesezt,  aber  der  wirkliche  Lautwert  ist 
nicht  die  Explosiva  fortis,  sondern  ein  Mittellaut  zwischen 
fortis  und  lenis,  den  Brücke  geflüsterte  lenis  nannte. 

Im  Auslaut  kam  das  Verschiebungsgesetz  nur  gestört 
zur  Anwendung,  da  die  Media  an  dieser  Stelle  nicht  geduldet 
ward.  Oberdeutsch  gilt  die  Hegel,  dass  im  Auslaut  nur 
Explosiva  fortis  oder  fricativa  (so  wie  affricata)  stehn  kann, 
denn  die  lenis  hier  zu  sprechen,  schien  zu  schwierig.  Doch 
ward  seit  dem  14.  Jh.  von  der  alten  Regel  mehr  und  mehr 
abgewichen.  —  Auch  mitteldeutsch  steht  jene  Regel  bei  den 
Schreibern  in  Ansehen ;  sie  setzen  abqr  auch  oft  die  Media 
oder  die  durch  die  dialectliche  Aussprache  in  manchen  Fällen 
gerechtfertigte  Fricativa  als  Vertreterin  der  alten  Medial- 
aspirata. 

Beispiele  obd.  gap  md.  gab  gaf,  Plur.  gäben,  lop,  lob  lof,  Gen. 
lobes.  lamp,  Plur.  lember.  —  rat,  Gen.  rades.  tot,  töd :  tödes.  blint 
:  blindes,  —  tac,  tach  :  tages.    sie,  sig  :  siges.    junc,  jung  :  junger. 

In  Zasammensetzungen  wird  der  Auslaut  ganz  ebenso  behandelt, 
zb.  apgründe,  selpwdhsen  ripuar.  selfwahsen,  tötvar,  betrüepnisse 
ripuar.  bedroefnusae ;  jnäcschaft,  burcUte, 

§  151.     Ausserhalb  des  Grimmschen  G-esetzes  der  Laut-  §  151. 
Verschiebung    treten    einige   Fälle    homorganer   Laut- 
verschiebung auf,  die  zum  Theil  nur  mundartlich  gelten, 
zum  Theil  aber  allgemein   deutsch   sind   (Rumpelt    deutsche 
Grammatik  I,  §  40). 

1.  Verschiebung  von  Labialen. 

Anlautend  Wechsel  von  b  und  w,  besonders  im  bair. 
Dialect,  §  159.  178.  BGr.  §  124.  136.  AGr.  §  166;  in-  und 
auslautend  Wechsel  von  w  und  b  in  jüngerer  Zeit,  zb.  gräw 
:  grab  grober^  gelw  :  gelb,  farwe :  färbe,  gerwen  :  gerben. 

10» 


148 

§  151.  Vor  sufSgirtem  t  verschiebt  sich  b  b  p  des  Wurzelaus- 

lauts  zur  harten  Fricativa  allgemein  germanisch:  schaft,  gift, 
trift,  gruft,  dürft. 

2.  Verschiebung  von  Lingualen. 

Vor  allem  ist  hier  der  oberdeutsche  grammatische 
Wechsel  von  d  zu  t  in  den  kurzvocalischen  Perfectformen 
der  Zw.  liden  miden  sntden  sieden  queden  werden  zu  be- 
merken: d  geht  nach  dem  kurzen  Vocal  in  t  über.  Vergl. 
liden :  Uten  Ute  geUten,  sieden  :  suten  sute  gesäten,  seltener 
in  queden :  quäten  geqmten,  werden  :  wurten  geworten.  Das 
Md.  hat  diesen  Wechsel  von  d  und  t  nicht. 

Derselbe  grammatische  Wechsel  tritt  zwischen  s  und  r 
regelmässig  ein  in  den  Zw.  wesen,  Verliesen,  vriesen,  vgl. 
wären  wcere  (aber  Ptc.  gewesen),  verlum  verlorn,  vrurn 
gevrorn;  schwankend  bei  kiesen,  vgl.  kusen  kurn,  gekosen 
gekorn ;  ausnamsweise  im  PL  Pf.  Ind.  von  lesen  genesen  risen, 
denn  läsen  genäsen  risen  sind  häufiger  als  lären  genären  rirn. 

Eine  grosse  Zahl  der  deutschen  r  geht  bekanntlich  auf 

s  zurück,  §  206 ;  als  Wechsel  zeigt  sich  dieses  Verhältnis  in 

Ableitungen,  so  steht  neben  st.  Zw.  genesen  das  schw.  nem, 

st  vriesen  schw.  vroeren,  st.  lais-  schw.  leren. 

Den  Grund  des  gennanischen  Wechsels,  der  auch  bei  gutturalen 
Yerbalstämmen  sich  äussert  (§  152),  hat  K.  Yemer  in  dem  yariirenden 
indogermanischen  Accent  entdeckt  und  ist  durch  seine  Untersuchung 
(Kuhn  Z.  XXIII,  103 — 114)  zu  der  Begel  gelangt:  Indogermau.  k  t  p 
gingen  erst  überall  m  h  ß  f  über.  Die  so  entstandenen  tonlosen  Frica- 
tivae  nebst  der  vom  indogermanischen  ererbten  tonlosen  FricaÜTa  8 
wurden  weiter  inlautend  bei  tönender  Nachbarschaft  selbst  tönend  {g  d 
h  r  [got.  z])y  erhielten  sich  aber  als  tonlose  Fricativae  im  Nachlante 
betonter  Silbeu.  —  Vgl.  dazu  Paul  in  den  Beiträgen  VI,  538.  ff. 

Übergang  des  lingualen  Verschlusslautes  (d)  in  den  lin- 
gualen Zitterlaut  (r)  zeigt  sich  in  unserer  Periode  im  Hes- 
sischen, §  213. 

In  einer  älteren  Zeit  der  germanischen  Sprache  galt  femer 
das  Gesetz,  dass  Lingualis  vor  Lingualis-  sibilirt 
ward  d.  i.  in  5  übergieng;  so  ward  veit-t  :  veisty  möt-da : 
mosta,  mot't :  most,  hlad-ti :  last.  Dieses  Gesetz  verlor  später 
seine  Geltung  und  bei  den  vielen  schw.  Perfectis  der  Verbal- 


149 

stamme  in  d  oder  t   wirkte  es  nicht  mehr.     Aber  in  jenen  §  151. 
Fällen   blieb  es  in  Xraft   und  ahd.  mhd.  nhd.   erhielten  sich 
durchaus  wiste  weist,  mfwste  muost,  last.     Die  Nachwirkung 
Jenes  G-esetzes   äussert   sich  auch   in  den  verkürzten  Super- 
lativen beste,  teste,  groeste  von  haz,  laz,  gröz. 

§  152.     3.  Verschiebung  von  Gutturalen.  §152. 

Grammatischer  Wechsel  zwischen  h  und  g  zeigt 
sich  regelmässig  bei  den  Zw.  dihen,  zihen,  ziehen  in  den 
kurzYocalischen  Perfectformen :  digen  dige  gedigen,  zigen  zige 
gezigen,  zugen  zuge  gezogen?  Über  das  ganze  Ferfect  dehnte 
er  sich  aus  in  den  Zw.  slahen,  twahen,  gewahen,  vgl.  sluoc 
sluogen  slüege  geslagen,  twtioc  getwagen,  wuoc  getoagen. 

Mundartlich,  namentlich  md.,  erfolgt  dieser  grammatische 
Wechsel  bei  sehen,  geschehen  in  den  langvocalischen  Perfecta 
formen  sägen  Stege,  geschägen. 

Eerner  wechselt  g  und  j  im  Anlaut  einiger  Worte :  g  bleibt 
vor  i,  j  tritt  vor  den  andern  Vocalen  ein,  vgl.  gihe,  gise,  gite : 
jehen  jah,  jesen  jas,  jäten  jat.  Inlautend  ist  dieser  Wechsel 
der  Velaren  und  palatalen  Gutturale  häufiger:  md.  wird  g 
uach  Yocal  oder  Liquida  allgemein  als  j  gesprochen.  In  den 
Schriften  der  mhd.  Zeit  aus  dem  westlichen  Mitteldeutschland 
besonders  findet  sich  dafür  ofb  ch  geschrieben,  §  233. 

Auslautend  geht  g  mitteldeutsch  fast  allgemein  in  die 
Fricativa  über ;  es  wird  ch  dafür  geschrieben.  Derselbe  Vor- 
gang mit  derselben  Bezeichnung  geschah  auch  oberdeutsch,  so 
dass  hier  Reime  zwischen  g  (ch)  und  ch  ebenfalls  gebunden 
werden,  AGr.  §  224.  BGr.  §  186.  In-  und  auslautend  ver- 
schärft sich  häufig  h  zu  ch. 

Vor  sufQgirtem  t  wird  Gutturalis  des  Wurzelauslauts  sibi- 
lirt,  d.  i.  g  oder  k  wandelt  sich  in  h,  vgl.  mäht  slaht  traht 
pfliM  zuht,  brähte  dähte  dahte  (ducte  deckete),  dühte,  worhte. 

§  153.   Die  homogene  Lautverschiebung  ist  wesent-  §  153. 
lieh  ein  mundartlicher  Vorgang  und  nur  selten  gemeindeutsch. 

1.  Wechsel  der  Liquidae. 

r  und  l  —  alem.  häufig  Mrche  :  chüche,  herjen  :  hdjen, 
smieren :  smiden,  femer  im  SufQx  fremder  Worte  zb.  prior  : 
priol,  marter :  martel,  horper :  korpd. 


150 

§153.  l  und  n  —  kloblouch  :  knoblouch,   werlt  :  wernt  (eis.), 

eilende  :  md.  enlende ;  im  Suffix :  adenlich,  frevenlich. 
n  und  l  —  sniume  :  sliume,  snoede  :  sloede, 
m  wird  zu  n  allgemein  im  Auslaut  der  Flexionen  und 
auch    der    Suffixe,    ferner    oft    dialectlich    im   Stammauslaut 
§§  215.  217,  sowie  vor  t  oder  d  {kunt,  nint,  Hunde). 

Mundartlich  (besonders  bairisch)  erfolgt  Wechsel  Yon 
lingualem  und  gutturalem«  Nasal  (n  nn :  ng),  ebenso  von  gut- 
turalem  und  labialem  !N^asal  {ng  :  m),  §  215.  218. 

2.  Wechsel  der  Labiale, 
m  und  b  -—  mit  :  md.  bü. 

m  und  w  —  man  :  alem.  wan. 

w  und  m  —  wir  :  obd.  md.  mir  mer;  niuwan  :  alem. 
niuman  numen. 

3.  Wechsel  von  j  w  h  dui  vocalischem  Wurzelauslaut : 
fruoje  fruowe,  blüejen  blüetven,  müejen  muowen;  nhd.  trat 
dann  h  an  die  Stelle. 

4.  Wechsel  der  harten  Fricativen. 

kriechen :  ripuar.  kriefen  (Hagen  5940.  Sei.  Tr.  26'.  Harff 
16,  18.  Cronica  221);  slichen  :  slifen,  slaf :  slach. 

Bekannt  ist  der  Übergang  von  ft  zu  ripuar.  (und  nd.)  ehty 
zb.  graft,  hraft,  -haft,  stiften,  luft  :  gracht,  kracht,  -hackty 
stichten,  lucht.  Aber  auch  cht  (ht)  geht  zu  ft  und  selbst  zu 
st  über,  vgl.  drohtin  :  druftin  drusten;  knehte  :  obersächs. 
kneste  Leipziger  Sachsensp.  II.  66, 1.  rihtet :  ristet  ebd.  II.  72, 2. 
Ebenso  wird  ft  :  st  in  vernunst  (md.  häufig),  in  sigenunst 
(gereimt  auf  brunst  Reinfried  B.  20481,  auf  kunst  Frauenlob 
233,  5)  und  oberdeutsch  nicht  minder  in  numft  :  numst  nunst 
und  mit  Ausstoss  des  !Nasals  nusty  vgl.  Lexer  U,  917.  III,  190. 
Schmeller  bWb.  I»,  1744.  f.    Graflf  n,  1076.  f. 

5.  Wechsel  von  harten  Explosiven. 
Mitteldeutsch  geht  anlautendes  tw  in  kw  über:   twehele 

twerh  twingen  werden  zu  quehele  querh  quingen  §  227. 
Inlautend  tritt  die  homogene  Verschiebung  auf  in  schuppen  : 
schucken ;  auslautend  in  dietmarket :  dipmart  HU.  III,  1274. 
1210.  Andere  mundartliche  Fälle  dieser  Verschiebung  gibt 
aus  späterer  Zeit  B.  Hildebrand  in  Grimms  d.  Wb.  V,  5.  6. 


151 

§  154.     Consonanten  wirken  auf  Consonanten  wie  Yocale  §  154. 
auf  Yocale  in  Umlaut  und  Brechung  wirken.    Biese  gewöhnlich 
Assimilation   oder  zuweilen  Gonsonantenumlaut  genannte 
Veränderung  des  einen  von  zwei  sich  folgenden  Consonanten 
ist  verschiedener  Art. 

1.  Yöllige  Angleichung  a)  des  ersten  Consonanten: 
anme  amme,  unmtere  ummcere,  nemnen  nennen;  jswinlinc 
zwilUnc;  guotUh  guollih;  Metfrit  {Mahtfrit)  Meffrit  Meffert; 
Bichfrit  Riffrit;  hohfart  hoffart;  als  ass  (alem.);  wahsen 
weisen,  hehse  hesse,  ohse  össe  (md.).  —  b)  des  zweiten 
Consonanten:  stitnne  stimme;  wambe  wamme,  imbe  immcy 
^imber  simmer,  umbe  umme;  demjan  demmen,  hemjan  hemmen; 
seljan  seilen,  zeljan  seilen;  selbe  seile;  brenjan  brennen, 
kenjan  kennen,  brunje  brünne;  phentinc  phenninc;  gescheftic 
gescheffig.  Die  deutschen  Doppelconsonanten  gehn  meistens 
aus  dieser  Gleichmachung  hervor.  Regel  ist^  dass  Gemina 
nur  inlautend  stehn  kann,  auslautend  wird  sie  zur  Simplex: 
tiifnme  um,  manne  man,  kennen  kan,  vallen  val,  rosses  ros, 
küssen  kus. 

2.  Homorgane  Assimilation. 

Der  linguale  JKTasal  geht  vor  Labialis  in  den  labialen 
Nasal  über:  anbos  ambos,  inbiz  imbiz,  enbieten  embieten, 
enpfelhen  empfelhen,  unbris  umbris,  Reinpreht  Reimpreht, 
Honburc  Homburc  Homburg,  Babenberc  Babemberc  Bam- 
berg, Wirtenberc  Wirtemberc.  —  In  der  Wurzelsilbe  selbst : 
panp,  germ.  fimf. 

Explosiva  wird  vor  Nasal  zu  Nasal :  stibne  stimne  (weiter 
assimilirt  stimme). 

3.  Homogene  Assimilation. 

Die  Lenis  wird  vor  Fortis  zur  Fortis;  es  geschieht  be- 
sonders bei  vocalischer  Syncope:  habte  hapte,  lebte  lepte, 
uobte  uopte,  verdarbte  verdarpte,  neigte  neide,  vuogte  vuocte, 
hängte  hancte;  abends  äbents.  —  Streng  durchgeführt  ist 
diese  Assimilation  nicht  worden. 

§  155.    Unter  die  consonantische  Assimilation  gehört  auch  §  155. 
die  mhd.  nur  vereinzelt,  ahd.  durch  Notker  und  seine  Schule 
ausgebildete  Lautabstufung,    wie  J.  Grimm   sie   nannte, 


152 

§  155.  wonach  anlautende  Lenis  nach  Yocalisohem  oder  liquidem  Wort- 
8chlu88  Lenis  bleibt,  nach  anderm  Wortauslaut  aber  Fortis 
wird.  Mhd.  äussert  sie  sich  nach  den  Hss.  zu  urtheilen  an 
b  und  d,  die  nach  anderm  als  vocalischem  oder  liquidem  Wort- 
schlusS;  namentlich  bei  Anlehnung,  oft  zu  p  und  t  werden: 
ich  pat,  hundert  pette,  mac  porgen,  dasi  tu^  des  tiu.  In 
Zusammensetzungen  geht  nach  diesem  Gesetz,  selbst  wenn  der 
Schlussconsonant  ausfiel,  b  oft  in  p,  g  in  k  über:  halsperc^ 
wütprcete,  Liu(t)polt;  quecprunne,  Liu{t)lcart  h^v  g  zeigt 
sich  namentlich  nach  dem  Präfix  ent,  wenn  dieses  auch  zu  en 
geworden  war :  enkegen  enkelten  enkurten  enkän.  Dem  ent- 
sprechend ist  p  für  6:  enpieten  empieten,  enprennen.  Am 
meisten  zeigt  die  Lautabstufung  auch  ausser  Zusammensetzung 
die  Hs.  D  des  Wolframschen  Parzival. 

J.  Grimm  Gr.  I*,  381.  Gesch.  d.  deutschen  Spr.  Cap.  XVL 
Höfer  in  Pfeiffers  Germ.  XVIII,  200—206. 
§  156.  §  156,     Es  erfolgen  manche  consonantische  Ab-  und  Zu- 

thaten,  welche  den  An-  In-  oder  Auslaut  der  Worte  vor  unsem 
Augen  umgestalten.  Die  vorhistorische  Veränderung  des  ger- 
manischen Wortauslauts  durch  Abstoss  gewisser  Consonanten 
und  Vocale  der  grammatischen  Formen  haben  wir  hier  nicht 
zu  berühren. 

Wegwurf  (Apothesis). 

Am  Anlaut  geschieht  der  Wegwurf  (Aph aer es is)  in  der 
mhd.  Periode  selten;  am  häufigsten  von  j  in  jäm-er  jener :  ämer 
ener.  Manchmal  in  Nortlant  Normanie  :  Ortlant  Ormcmie. 
Über  neuere  bairische  Aphaeresis  des  n  BGr.  §  165. 

Im  Inlaut  ist  der  Ausstoss  (Ecthlipsis)  häufig;  er  be- 
ruht auf  Veränderung  der  Qualität  des  Conso*nanten,  die  bis 
zur  Auflösung  führt  So  wird  g  palatal,  dann  zu  i:  maget 
meit,  megin  mein,  regin  rein,  liget  lit;  b  und  d  werden 
mouillirt,  gehn  dann  in  blosses  j  über  und  dieses  löst  sich 
ganz  auf:  geben  gen,  gibet  git,  haben  han  habete  hate;  add 
dl  in  Albreht  Alheit  u.  s.  w.,  uodel  uol  in  Uolrich  u.  s.  w. 
Derselbe  Vorgang  wird  bei  l  m  und  n  anzunehmen  sein: 
wein  wen,  soln  son,  nemen  nen.  Der  Übergang  von  dentalem 
zu  uvularem  r  führte  weiter  zur  Vernichtung  desselben :  werU 


153 

weit,  vordem  vodern,  dornstag  donstag.  Der  iN^asal  löste  sich  §  156. 
auf,  so  im  Alemaniiischen  häufig,  zb.  eir,  iuser,  soft,  giegen 
AG-r.  §  200,  im  Suffix  künec  phennic.  Ebenso  verhallte  der 
Hauchlaut  h:  stdhel  stäl,  mahel  mal,  slahen  slän,  jehen  jen; 
vor  t :  iet  niet,  näte  brate,  et,  ot  (Partikel  und  Adjectivsuffix), 
vor  rt:  forte  worte  (forhte  worhte),  vor  st:  hoste.  Sehr  stark 
ist  die  Ecthlipsis  des  £r  in  län  müen  =  läeen  müesen. 

In  Zusammensetzungen  schwindet  der  auslautende  Con- 
sonant  des  ersten  Theils  nicht  selten,  zuweilen  aus  Euphonie, 
meist  aber  um  die  Aussprache  zu  erleichtern;  zb.  ist  t  ge- 
schwunden in  Diepolt  lAukart,  amman,  Präfix  ew-  (zb.  en- 
bieten,  engelten,  enstän),  geisUch,  krisnaht,  lussam  —  ^  in 
Stfrit  (mit  Verlängerung  des  i  durch  palatal  gewordenes  g), 
ch  in  riliche,  Bifritf  kirwihe  chilwthe,  büstahe. 

Abwurf  des  auslautenden  Consonanten  (Apocope)  wird 
nicht  selten  vollzogen.  Regelmässig  schwanden  j  und  w  im 
Auslaut;  sie  lösten  sich  in  die  verwanten  Vocale  i  und  u  auf 
und  fielen  dann  ab. 

r  fiel  ab  in  den  Partikeln  da  wä  hie,  ofb  in  ave  abe, 
dialectlich  selbst  in  schier. 

h  verhallte  häufig  nach  langem  Yocal  oder  nach  Liquida: 
na,  fä,  gä,  fld,  ho,  16,  dur,  alem.  wel  swel, 

n  verklang  dialectlich  in  der  Infinitivendung,  §  368.  395. 

t  fiel  während  unserer  Periode  von  der  Flexion  der 
3.  PI.  Ind.  Präs.  -ent  allmählich  ab.  In  grober  fahrlässiger 
Mundart  schwindet  es  auch  sonst  am  Auslaut  :§  p/ef*,  nimp, 
schrif,  nich, 

§  157.     Den  Gegensatz  zu  der  Apothesis  bildet  die  Ein-  §  157. 
und  Zufügung  eines  Consonanten. 

Die  Vorschiebung  (Prothesis)  ist  wenig  entwickelt, 
am  meisten  noch  die  Vorschiebung  eines  h  vor  vocalischen 
Anlaut,  die  wenigstens  graphisch  auftritt.  Vorschiebung  von  n 
und  t  reicht  nicht  in  mhd.  Zeit  zurück,  wenn  sie  auch  später 
oberdeutsch  erscheint.  Zu  erwähnen  ist  prothetisches  m  in 
Mortenouwe  Staufenb.  53.  992. 

Epenthesis,  Einschiebung  eines  Consonanten,  ward 
früh  vollzogen  und  lebte  auch  später.   Allgemein  germanisch  ist 


154 

§  157.  Epenthesis  einer  euphonischen  Fricativa  (f,  s)  vor  suffigirtes  t : 
a)  f  zwischen  Liquida  und  t  (i) ;  hulft,  humft,  numft,  b)  s 
zwischen  Vocal  oder  Liquida  und  ^  1)  in  Nominalbildungen: 
iluost,  geswulst  galster,  unst  gunst,  gespenste  gespinst  ge- 
winst,  brunst  kunst  runst,  turst;  2)  im  Verbum:  2.  sg.  anst 
kanst  tarst;  Prät.  (fränk.)  onsta  konsta,  md.  gonste  gegonst. 

Verbreitet  ist  femer  die  Einschiebung  eines  Nasals  in  die 
Wurzelsilbe :  m  vor  Labialis,  n  vor  Lingualis  oder  Gutturalis 

a)  zb.  dimpfen  dampf,  krimpfen  krampf,  imbe,  tump.     Über 
die  obd.  Ausbreitung  dieser  Nasalirung  AGr.  §  167.  BGr.  §  138. 

b)  winter;  dringen  dranc,  dinc,  blanc,  sinken,  trinken,  vgl. 
AGr.  §  201.  BGr.  §  168. 

Seltener  wird  r  eingeschoben,  d.  h.  der  Vocal  der  Stamm- 
silbe wird  mit  Zitterlaut  gesprochen:  wirder,  verlurst,  Nbf. 
zu  wider,  verlust. 

Häufig  wird  ein  &  j9  an  m,  d  oder  t  an  w  r  Z  5  und 
Gutturalis  epenthetisch  und  epithetisch  angeschlossen ; 
doch  bleibt  dies  eine  mundartliche  Freiheit. 

1.  lampt  lempte  isimpt  kumpt,  namblich  imber  heimbsch; 
boumb  eigentumb. 

2.  gestalde;  andel  mendlich  indewendig  minder  dunder 
morndes.  —  mintst;  ellenthaft,  wi^zentlich,  eintweder;  westert- 
hdlpf  magtjsoge,  nachtbaur.  —  dannent  nebent  allewegent, 
innert  iendert,  änderst  sust,  dennocht. 

§  158.  §  J.58.     Consonantische  Umstellung  (Metathesis)  voll- 

zieht sich  in  Stanmi-  und  Endungssilben. 

r  wird  umgestellt  in  perht  in  Eigennamen,  zb.  Albreht 
Beinpreht,  ferner  elsäss.  und  md.  in  bemen  birnen  bume, 
bersten,  dirte;  —  in  Endungen:  dunrestac,  inrethalp,  dekeinre, 
anderre  unserre.  Das  Präfix  er-  kann  nach  Vocal  oder 
Liquida  umgestellt  werden:  do  restarp,  wöl  rekande,  mir 
reiseiget.  Zuweilen  tritt  das  umgestellte  r  aus  der  Endung 
in  die  Wurzelsilbe:  dornstac;  ebenso  umgestelltes  l:  nälde 
nolde  aus  nädel. 

n  wird  in  den  Endungen  an  Stämmen  auf  Liquida  auch 
gern  umgestellt :   einne,  anderne,  wUne,  helfeme  für  einen^ 


155 

anderen  u.  s.  w.    Bairisch  und  alemaiiDisch  tritt  es  auch  in  den  §  158. 
Stamm  ein :  gsenge  sang  genged  =  gesegenen  sagen  gegend. 
s  wird  umgestellt  in  lespe  (MSH.  2,  241*)  trespe  wespe 
für  lepse  lefse,  trepse  trefse,  wepse  wefse. 


n.  Die  einselnen  Consonanten. 
1.  Die  Uppeneonsonanten  h  p  ph  f  v  w  m* 

B. 

§  159.  Oberdeutsch.  Im  Anlaut  setzen  die  alem.  §159. 
bair.  Hss.  und  Urkunden  der  mhd.  Zeit  sehr  häufig  h,  das 
dem  md.  nd.  h  gleichsteht  und  eine  Rückschiebung  des  streng- 
ahd.  p  ist.  Unter  andern  können  Windberger  Ps.,  Benedict- 
beurer  Pr.,  Milstätter  Hs.,  Wernhers  Maria  A  D,  Nibel.  CBA, 
Iwein  B,  Parzival  G  D  belegen,  wie  b  in  der  mhd.  Schrift- 
sprache Regel  geworden  war.  Ausnamen  begegnen  freilich 
genug,  und  die  Schreiber  des  14.  15.  Jh.  bevorzugen  sogar 
wieder  p,  weil  sie  der  zwischen  Fortis  und  Lenis  schwebende 
£lang  des  obd.  p  über  die  Bezeichnung  unsicher  machte. 
AGr.  §  148.   BGr.  §  121. 

So  werden  auch  fremde  früh  entlehnte  Worte  mit  an- 
lautendem p,  sofern  dieses  nicht  zu  ph  verschoben  ward,  in 
der  Regel  mhd.  mit  h  geschrieben:  bähest,  balme,  baradis, 
bäte,  bech,  bügerin,  bischof,  bir,  bühse,  bumejs,  bütze,  bre- 
digen,  briester,  brobst,  brüeven  (probare).  Auch  bei  einigen 
jüngeren  kommt  b  vor:   bris,  bappier,  bovel,  borte,  bulver. 

Über  den  Einfluss  eines  vorausgehnden  Lautes  auf  an- 
lautendes b  §§  154,  3.  155. 

Der  bairische  Dialect  liebt  anlautendes  b  zu  sibiliren; 
so  begegnen  im  14. — 16.  Jh.  häufige  w  für  b,  BGr.  §  136 
und  unten  §  178.  Den  Gegenzug  bildet  die  Wandelung  der 
tönenden  Fricativa  w  zur  tönenden  Lenis  b,  die  gleichzeitig 
sehr  oft  erscheint,  zb.  ban,  gebanheit,  bant,  gebalt,  furbär, 
sunbenden,  sinbel,  berden,  gebesen,  albeg,  ebenbeich  (eben- 
wihe),  Ludbeig,  bü,  gebinnen,  birt,  bot,  bort,  gegenburtig, 
bunden,  burm,  buehs,  verbuesten,   und  selbst  in  Verbindung 


156 

§  159.  mit  Lingualis :  tbingen,  zbai  zbir  zhischen,  sbam  shert  ge^ 

sborn,  BGr.  §  124. 
§  160.  §  160.     Inlautendes  obd.  b  ist  ein  Verschlusslaut,  neben 

dem  die  Spirans  v  (=  6*)  von  älterer  Zeit  noch  fortbestund 
§  173,  wie  die  Doppelformen  derselben  Worte  bezeugen: 
aber  ater,  haben  haven^  drchben  draven,  heben  heven,  werben 
werven,  elbiis  elvie,  wibel  toively  diube  diuve,  gelouben  ge- 
louven,  suber  süver.  Ganz  fest  geworden,  d.  h.  nicht  von 
altem  v  begleitet,  steht  b  in  graben,  habech,  hoher,  nabel, 
schaben,  geben,  leben,  nebel,  biderbe,  sterben,  gibel,  Nibelunc, 
siben,  Miben  kleiben,  beliben,  triben,  lieben,  schieben,  obe, 
loben,  toben,  houbet,  rouben,  über,  furben,  trübe,  uoben,  buche, 

Ausnamsweise  wandelt  sich  aus  f  entstandenes  v  zxi  b: 
80  kommen  zuweilen  vor  hübesch  aHeinr.  A.  74.  hübsch 
ebd.  B.  hobesch  Nib.  C.  11253,  frebel,  stoebel,  AGr.  §  155. 
BGr.  §  125. 

Häufiger  ist,  besonders  in  späterer  Zeit,  der  Übergang 
von  suffigirtem  m;  zu  6 :  grober  pläber  phäbe,  färbe  f erben, 
hauben  (houwen),  snebes,  gelber,  gerben,  Serben,  witebe,  hibisk 
(schon  Vor.  Kaiskr.  195,  7),  speiben,  ruoben.  AGr.  §  155. 
BGr.  §  125. 

Das  tonlos  werden  des  b  vor  t,  also  Übergang  von  b  in 
p  vor  t,  ist  §  154  erwähnt,  die  Epenthesis  von  b  §  157. 

Doppeltes  b  ist  oberdeutsch  nicht  häufig.  Elsässische 
Schriften  des  14.  Jh.  lieben  bb  nach  Kürzen  wie  Längen, 
2b.  abbe,  hebben,  gebben,  getribben,  obben,  lobben;  Ubbe, 
schribben.     Selten  vertritt  es  pp. 

Im  Auslaut  wird  nach  obd.  Gesetz  tönender  Verschlusslaut 

tonlos,  b  wird  also  zu  p.     Sorgsame  Schreiber  des  12.  13.  Jh. 

beobachten  die  Begel  meist  genau.     I^ur  erhält  oft  vocalischer 

Anlaut  des  nächsten  Wortes,  auch  zuweilen  m,  d,  s  die  Lenis, 

so  zb.  gab  in,  lob  unde,  treib  er,  gib  mir,  schreib  den.   Seit 

dem  14.  Jh.  gerät  jenes  Gesetz  bei  den  Schreibern  mehr  und 

mehr  in  Vergessenheit. 

Wenn  in  geistlichen  und  volksthümlichen  Dichtungen  des  13.  Jh., 
auch  bei  Wolfram  und  dann  später  im  14./16.  Jh.,  Keime  zwischen  h 
und  d,  p  (=^  h)  und  t,  ebenso  h  und  g,  d  und  g  vorkommen,  so  sind 
das  alte  assonirende  auf  Homogenität  gegründete  Beime. 


157 

§  161.  MitteldeutBch.  Anlautend  ist  md.  &  durch-  §161. 
au8  die  unverschobene  gemeingermanische  Media;  über  die 
Verschiebung  desselben  in  manchen  Mundarten  zu  p  %  165. 
Fremdes  ^  wird  wie  im  Obd.  als  b  wiedergegeben,  §  159.  Auch 
in  den  slavischen  entlehnten  Worten  ward  p  zu  h,  vgl.  buste 
(slay.  pusty)  Jerosch.  21930.  Für  anlautendes  w  kommt  b 
in  späterer  Zeit  vor,  so  im  hess.  (Alsfelder)  Passionsspiel :  bie 
1770,  Mich  3215,  bo  3450,  ferner  in  harttberg  Cod.  Sax.  II. 
6,  101,  in  schlesischen  Schriften  des  14.  15.  Jh. :  balde, 
irbegit,  schuborte  (schühworhte,  vgl.  den  heutigen  Familien- 
namen Schubert),  vorburfen,  Rückert  Darstell.  123. 

Für  m  tritt  b  auf  (der  Nasal  des  Lippenschlusses  wird 
zur  Lenis)  in  bit  =  mit.  Dieses  bit  reicht  von  dem  Worms- 
felde  (HU.  III,  1455.  Mone  Z.  6,  319.  Schausp.  d.  Ma.  I,  69) 
den  Rhein  hinab  bis  nach  Köln.  Am  frühesten  tritt  es  im 
Trierschen  Capitulare  (M.-Sch.  Denkm.  No.  LXVI),  dann  im 
Friedberger  Krist  und  Arnsteiner  Marienieich  auf;  der  Rother 
hat  es  ziemlich  oft,  zb.  2969.  3030.  3410.  3528.  3604.  4362. 
4471.  4771,  ebenso  die  Erfurter  Fragmente  des  Rolandsliedes 
(Zacher  Z.  X,  486),  die  Lachmannschen  niederrhein.  Bruch- 
stücke und  die  nrhein.  Marienlieder.  Im  trierschen  Floris 
erscheint  es  nur  einmal,  kommt  aber  hier  wie  in  Ulrichs  von 
Eschenbach  Wilhelm  2996  auf  Rechnung  des  Schreibers.  Noch 
die  Urkunden  des  15.  Jh.  zeigen  es.  Im  nördlichen  und  west- 
lichen Mittelfranken  erscheint  es  nicht  (Busch  bei  Zacher 
X,  303).  Aus  Hessen,  aus  Thüringen  und  dem  Osten  kenne 
ich  es  ebenfalls  nicht.  Nach  Oberdeutschland  reicht  es  in 
der  Verbindung  mit  dem  Instrumental  alle  in  bitalle  betalle 
zb.  im  Lanzelet  und  im  Tristan  F,  femer  im  Tegemseer 
Arzneibuch  6'  (vgl.  auch  Schmeller-Bergmann  Cimbr.  Wb.  112), 
mag  aber  hier  kaum  heimisch  sein.  Wackernagel  verglich 
zu  bit  =  mit  gr.  jiiöa  =  iiera. 

§  162.     Inlautendes   md.  b   ist  im  allgemeinen  wie  §162. 
gemeindeutsches  b  Verschiebung  der  alten  Labialaspirata  &*. 
Hieben  diesem  b  zeigt  sich  die  Spirans  v  sehr  verbreitet,  §  176. 
—  Ausserdem  tritt  b  im  Inlaut  für  v  auf,  das  an  Stelle  der 
tonlosen  Labialspirans  f  getreten  ist.     Es  finden  sich  in  den 


L 


158 

§162.  md.  Schriften  des  12.  — 15.  Jh.  nebe,  frebel  frabel  vrebellich, 
swebel,  grebe  (Graf),  swlbel  ewibeln,  höbe  (hobereide.  höbe- 
stede)  hobisch  hubesch,  oben  td)ir ;  ferner  in  fremden  Worten : 
briebe,  rebindir  (Hü.  I,  908.  rebbinter  Jerosch.  9849  = 
reventer,  refectorium),  bischobe,  tübü,  prüben.  Das  eigentliche 
Gebiet  dieses  b  ist  das  südliche  Franken,  Hessen  und  Thü- 
ringen ;  in  Ripuarien,  wo  die  Spirans  ihre  Herschaft  behauptete, 
bieten  es  die  Schriften  nur  ausnamsweise,  wie  das  inlautende 

b  überhaupt.     Die  Ostdeutschen  haben  dieses  b. 

Eeimbelege  :  graben :  gäben  Alex.  1792.  habe :  abe  Jerosch.  27695. 
neben  :  geben  Herb.  120.  5967.  :  leben  Herb.  207.  1493.  Tristr.  689. 
geneben  :  geben  Alex.  3770.  :  eben  Pilat.  347  (170).  swebel :  nebel  Pass. 
H.  287,  95.  Kristherrekr.  48*.  webel :  vrebel  Frauenlob  Spr.  268,  8.  10. 
vorebü  :nebü  Jerosch.  13531.  liebe  :  briebe  Hartm.  Gl.  919.  Herb.  1206. 
5956.  12434.  obe :  höbe  Damen  MSH.  3,  169»».  höbe :  obe  Herb.  16254. 
,•  lobe  Hartm.  Gl.  3062.  Pilat.  454  (279).  Herb.  105.  516  u.  ö.  Segrem. 
138  (Haupt  XI,  496).  bischoben :  oben  Jerosch.  25201.  gelobet :  geftobet 
Herb.  1918.  ubere  :  Gübere  Jerosch.  12167.  prubet :  trübet  Eumsland 
MSH.  2,  369». 

So  wie  V,  geht  das  nah  verwante  w  md.  zuweilen  in  b 

über.     Abgesehen   von    den   gemeindeutschen   swälbe   velben 

selben  (inf.)  varbe  gerben  herbe  verben, 

{herbe: erbe  Jerosch.  16384.  herbin : vorterbin  11655.  vorterbete 
:intverbete  110.) 

in  denen  w  auf  l  oder  r  folgt,  sind  hessisch  Jcniben  (kniewen) 
Aisfeld.  Sp.  1016.  und  schlesisch  aus  dem  14.  15.  Jh.  ebich, 
ebecUchen,  lebe,  getrübelich  zu  belegen,  vgl.  Hückert  Entw.  124. 
Cod.  Sil.  IX,  234. 

Die  Doppelung  bb  vertritt  weit  häufiger  als  im  Obd. 
einfaches  b  nach  kurzem  Yocal,  zb.  abbe,  Wcdrabbe,  ebbene, 
JEbbernandf  Ebberold,  gebben  gibbit,  hebben,  Hebbel,  selbst 
vorebbele  :  nebbele  Jerosch.  26494,  obber,  ubber.  Auf  bj  geht 
bb  zurück  in  Jcribbe,  ribbe,  gestubbe,  wahrscheinlich  auch  in 
ubbic. 

bp,  pb  für  b  vor  t  wird  aus  Unsicherheit  des  Schreibers, 
ob  er  b  oder  p  zu  setzen  habe,  entstanden  sein:  zb.  ahpit 
HU.  I,  522.    apbt,  houbpt  Köditz  G.  15,  30.  63,  2. 

VoraDgehndem  m  assimilirt  sich  b  im  Md.  sehr  gern: 
ammet,  immejs,  umme,  hummer,  tummer,  stumme  sind  recht 


159 

eigentlich  md.  Formen  dieser  Periode,  während  im  Anfang  des  §  162. 
12.  Jh.  noch  mb  vorgezogen  ward. 

Epenthetisches  6  an  m  zeigt  sich  in  ymher  Ath.  A°.  47. 
umher  grRud.  23,  7.  24,  11.  Alsfeld.  8p.  7773.  Lac.  IIl,  60. 
umh€rm&  ebd.  647.  numberme  792;  embder  Lac.  III,  180. 
incötwft^  683. 

Ausfall  von  b  (durch  v  vermittelt)  kommt  zuweilen  vor. 
Im  Orendel  wird  bidere  (=  biderbe)  gereimt  auf  nidere  2799 
und  widere  2565.  2667.  Vgl.  ferner  Orwetthere  =  Oberwettere 
hess.  TJrk.  v.  1301  (Arnold  Ansiedel.  633),  heutmanne  (1426) 
C.  d.  Sax.  IL  8,  95.  97.  brostei  Germ.  XVII,  350.  proest 
(1317)  Lac.  III,  163.  proyst  Kölner  Cronica  158^  Vgl.  auch 
meine  Dialectforsch.  72. 

§  163.  Auslautendes  b  wird  auch  md.  tonlos  und  §  163. 
daher  durch  p  in  der  Schrift  ersezt;  aber  es  ist  nicht  so  fest 
wie  oberdeutsch,  denn  den  md.  Dialecten,  deren  nördlichste 
in  den  in  Betracht  kommenden  Worten  sogar  die  Fricativa  f 
haben,  ist  die  tönende  Lenis  weit  gemässer,  die  daher  auch  von 
Schreibern  entschieden  dem  gemeindeutschen  p  vorgezogen 
wird;  so  wird  im  Athis  auslautendes  b  durchgeführt,  in  der 
Elisabeth  überwiegend  bevorzugt. 

Jenem  inlautenden  b  aus  f  (§  162)  entspricht  in  den- 
selben Gegenden  ein  auslautendes  b  fiir  f: 

hob  (mare) :  ab  Jerosch.  4851.  4902.  :  wah  22692.  —  lieh  :  tieh 
Pass.  H.  92,  7.  hrieb  :  lieb  Alex.  1438.  1900.  2433.  Herb.  1037.  2272. 
11250  ' :  niet  Alex.  2428.  2757.  4669.  —  höh :  loh  Herb.  3033.  Segremors 
(Altd.  Bl.  n,  153).  Gerwelin  MSH.  3,  36»>.  Gutäre  MSH.  3, 42''  ;  urloh 
Herb.  2376.  16105.  —   ertzhischob  (Mainz  1347)  Mülhaus.  Uk.  n.  990. 

Für  b  ward  auch  p  geschrieben  und  wie  der  Reim  hop 
:r6k  Orendel  1108.  1338.  1568  beweist,  gesprochen,  zb.  hop 
Höfer  II,  11.  HU.  I,  57&.  758.  780.  816.  836.  briep  Hü. 
I,  266.  519.  579.   Böhmer  508. 

Auch  w  gieng  in  die  Lenis  b  über,  so  in  Mb  (=  hie^), 

von  Jeroschin  auf  Üb  gereimt  und  dann  im  Nhd.  festgeworden. 

Ob  in  roh  Leyser  Pr.  62,  13.  35.  36  h  für  w  steht  {roh  =  röw) 

möchte  ich  bezweifeln.   Es  scheint  doch  das  einfache  Adj.  zu  geroh  grob. 


L 


160 

P. 

§164.  §  16^*     Oberdeutsches  p  entspricht  im  Anlaut  md. 

nd.  b.  Im  12.  13.  Jh.  weicht  es  in  den  Handschriften  meist 
dem  b  §  159,  wird  aber  im  14.  Jh.,  namentlich  in  Baiem, 
wieder  häufiger  geschrieben,  was  wahrscheinlich  auf  einem 
alten  schwanken  zwischen  Tenuis  und  Media  beruhte. 

Fremdes  anlautendes  p  ward  entweder  zu  ph  verschoben 
oder  zu  b  gemildert  §  169.  159.  Später  eingebürgerte  Worte 
behielten  p,  so  palcLS  palmat  palte  pand  pantel  panzer  pär 
pardris  parlieren  parrieren  parte  patene  patriarch  pavelün 
penitenze  permint  persön  pigment  pin  pinen  pitanz  plage 
plan  plcmke  plaz  poinder  polieren  portporte  potestät  prMät 
presant  presse  prior  pris  prisün  prophite  punct  pundz 
punieren  purper. 

Fremdes  b  wird  zu  p  in  palie  parat  patalje  paddle 
peddl  püke  purdün. 

Von  unverschobenem  anlautendem  p  in  deutschen  Worten 
kommen  in  oberdeutschen  Schriften  manche  Spuren  vor  {peffer 
plegen  plug  paffe),  die  aber  md.  Schreibern  angehören.  AGr. 
§  151.   BGr.  §  123. 

Inlautendes  p  ist  in  obd.  Quellen  der  mhd.  Zeit 
selten;  ahd.  erscheint  es  für  echtes  b  häufig,  AGr.  §  149. 
BGr.  §  122.  Über  j?  für  6  vor  d  und  t  vgl.  §  154,  über 
Ein-  und  Anschub  von  p  §  157.  Über  einzelne  dialectliche  p, 
die  echte  Tenues  zu  sein  scheinen,  und  über  unverschobenea 
(schwerUch  obd.)  p  AGr.  §  149.  151.   BGr.  §  122.  123. 

Doppeltes  p  ist  in  einigen  Fällen  Verhärtung  von  ft,  so 
in  hnappe  rappe  zur  Dififerenzirung  der  Bedeutung,  femer  in 
liupper,  diuppinne.  Gewöhnlich  entstund  es  durch  Assimi- 
lation a)  von  pj  (bj)f  so  in  weppe,  krippe,  rippe,  sippe,  luppCy 
üppic,  b)  von  tp  in  Zusammensetzungen :  Walppurg^  Rappers- 
wU,  Dieppölt,  Leuppolt,  lüppriester.  Einfaches  p  ward  dann 
gewöhnlich  für  das  leztere  gesezt. 

In  fremden  Worten  vertritt  pp  einfaches  p  nach  kurzem 
Vocal:  pappel,  kappe,  kappel,  vipper. 

Auslautendes  p  bezeichnet  tonlos  gewordenes  b,  vergl. 
darüber  §  160. 


161 

§  165.  Mitteldeutsches^  entspricht  im  Anlaut  streng  §  165. 
dialectlich  dem  nd.  p,  ist  also  die  nnverschobene  germanische 
Labialtenuis.  Durch  Einliuss  der  Schriftsprache  ist  allerdings 
hochd.  ph  daneben  verbreitet  §  171,  aber  das  p  behauptete 
in  der  Umgangssprache  wie  auch  in  den  Urkunden  im  süd- 
lichen und  mittleren  Franken,  in  Hessen,  weniger  in  Thüringen 
seine  alte  Stelle  sehr  stark.     Einige  Belege: 

Südlicher  Bheingau :  path  HU.  1, 223.  rennepad.  undirpand  HU. 
I,  647.  verpenden  668.  paffinstiicke  I,  48.  paffe  606.  palinzgreve  563. 
parre  perner  586.  —  Mainz,  Worms:  rinnepat  (1131)  Eberbach.  U.  I,  5. 
Wacherpil  (1196)  HU.  H,  19.  Pefflincheim  53.  underpanth  H,  157. 
pafßnpadde  488.  plencerin  H,  439.  pennec.  pert.  paffen,  pründe  H,  833. 
hdbtpulwe  H,  857.  stutperrich  I,  210.  päwenkecke  Mrh.  Uk.  H,  389. 
loisenpilez  387.  plygt  HU.  HI,  1330.  —  Wetterau,  Lahngau:  perd, 
penning  HU.  I,  201.  undirpand  Böhmer  253.  plüg  356.  punt.  peffir 
HU.  I,  479.  plege,  pennig,  parrere  758 ;  sehr  häufig  in  der  Elisabeth, 
wo  ph  nur  ausnamsweise  steht  (Bieger  S.  33),  während  die  Hs.  der 
Erlösung  nur  wenige  p  aus  ihrer  Vorlage  beibehielt  (Bartsch  zu  Erl. 
447).  Vgl.  femer  Wülcker  bei  Paul-Braune  Beitr.  IV,  42.  —  Moselland: 
Paffmdorf  (1185)  Mrh.  U.  H,  113.  paffe  Alex.  (Weism.)  4.  plegen  124. 
plach29d2,  plege2008,  plegen  ^676,  palenzed26.  peffer32ö.  palincgrebe 
Höfer  n,  54.  plegit  Lac.  HI,  624.  —  Hessen :  plaster  Pilat.  101.  plegen 
443  (267).  plägm  186(8).  .  Pancüche  HU.  I,  136.  paffe  Herb.  3076. 
plac  1934.  plage  3992.  plegen  Myst.  I.  86, 26.  pleger  16,  39.  penninge 
HU.  I,  850.  pat  pant  pennig  paffe  pife  planzen  plegen  plicht  Alsfeld. 
Passionssp.  —  Thüringen :  pantlosunge  Höfer  H,  171.  plege  Mülh.  K.  52. 
~  Aus  Bipuaiien  gebe  ich  keine  Belege,  da  hier  p  =  obd.  ph  noch 
entschiedener  die  Begel  bildet  als  südlich.  Aus  dem  Osten  von  Thü- 
ringen ab  kenne  ich  kein  altes  p,  obschon  die  heutigen  Mundarten 
darauf  schliessen  lassen,  so  hat  das  Schlesische  peffern,  pestern. 

Wie  tief  jenes  nnverschobene  p  im  V^estmitteldeutschen 
wurzelt,  können  Formen  wie  enpangen  HU.  I,  580.  816.  870. 
Elis.  3427.  7900.  inpähin  HU.  I,  519.  enplöhen  Elis.  A.  1082 
beweisen,  in  denen  das  durch  Einwirkung  des  vorausgehnden 
nt  zu  pf  verstärkte  f  nach  falscher  Analogie  in  p  zurück- 
geschoben ward. 

§  166.     Ganz  unbekannt  ist  nach  obd.  Art  anlautendes  p  §  166. 
gegenüber  gemeindeutschem  b  in  md.  Hss.  nicht,  vgl.  W.  Grimm 
Rolandsl.  XIV.    Athis  I,  15;  allein  es  bildet  entschieden  die 
Ausname.    Nur  unter  Einfluss  eines  unmittelbar  vorausgehnden 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.   2.  Aufl.  11 


162 

§  166.  Consonanten  nach  dem  Präfix  en  und  in  Zusammensetzungen 
wird  gemeines  b  oft  zu  p  verhärtet,  zb.  inpor  Myst.  I.  127,  17. 
inperen  81,  14.  inprant  10,  19.  ampäre  Elia.  883.  3866. 
7816.  Waltpodin  Annol.  494.  hdlspergin  125.  Jotpette 
Höfer  II,  88.  ertpidem  Myst.  I.  86,  16.  üfpläsen  ebd.  198,  6. 
crewenpuhel  Hü.  I,  566.  enpar  Ludw.  Kr.  1091.  enpir  3772. 
enporn  4030.  7388.    enpot  4616.  8126.    enpoten  7742. 

Eigenthümlich  ist  dem  Hessischen,  Thüringischen  und 
Ostdeutschen,  das  gemeinmd.  b  vor  dunkelen  Vocalen  und  vor 
r  zu  p  zu  verhärten.    Das  ist  seit  dem  14.  Jh.  nachweislich. 

pohen  Haupt  Z.  XV,  378.  Myst.  I.  97,  39.  149,  24.  u.  o.  Nordh. 
Weist.  A.  B.  0.  Köditz  C.  84,  18.  pobe  Kathar.  sp.  163.  pobere  hess. 
Evang,  284.  Polke  (Bolko)  Ludw.  Kr.  5578.  Schweidn.  Handf.  v.  1328 
bei  Tzschoppe-Stenzel  519.  poten  Pass.  K.  439,  46.  poterich  Trebn.  Ps. 
32,  7.  pokeler  Jerosch.  2345.  Trebn.  Ps.  45,  10.  purgrafe  C.  d.  Sax. 
n.  2,  7.  pusch  Pass.  K.  219,  76.  Jerosch.  14978.  24373.  Myst.  I.  150, 1. 
177,  21.  Hü.  I,  587.  Eberbach  767.  haffirpusch  Nordh.  Weist.  B.  24. 
Puschman  C.  d.  Sax.  H.  8,  151.  Pwrchard  Ludw.  Kr.  6173.  Puttirberc 
Jerosch.  17711.  pUgk  Alsf.  Sp.  5971.  pregUn  2868.  prestin  20330. 
progen  Pass.  K.  194,  86.  prüs  Jerosch.  6850.  geprüse  12154.  prüsin 
11218. 

Schlesische  Schriften  des  14.  15.  Jh.  bieten  dies  p  auch 

vor  hellen  Vocalen,  so  in  peyde  peiten  pesser  pin  piten  pitter, 

Hückert  Entw.  125.     Doch    mag  es   fraglich  sein,   ob    es   in 

diesen  Fällen  phonetischen  Wert  hat.     Der  heutige  schlesische 

Dialect  bindet  das  als  p  gesprochene  p  =  b  durchaus  an  die 

alten  Bedingungen,  Bialectforsch.  71.     Dagegen  hat  im  Dialect 

der  Oberlausitz,  sowie  in  dem  von  Meissen  und  dem  Pleissner- 

land  p   durchaus  anlautendes   gemeindeutsches  b   verdrängt; 

in  Thüringen  und  Hessen  ist  ein  zwischen  p  und  b  liegender 

Verschlusslaut  f  ft  Raumers)  zu  hören. 

§  167.  §  167.  Im  Inlaut  haben  die  md.  Dialecte  unverschobenes 

p  gegenüber  obd.  ph  oder  f.     Nach  kurzen  Vocalen  wird  es 

gewöhnlich  verdoppelt. 

holzappel  Hü.  H,  559.  888.  ougappd  Wiesb.  Gl.  2.  appd  Musk. 
3,  95.  clappirzan  Hü.  II,  770.  hellecrappe  H,  559.  crapen  Ludw.  Kr. 
5670.  slappen  Kenner  20656.  gescheppen  Amst.  Ml.  6,  17.  scheppere 
7,  13.  tr.  Egid.  1055.  schepper  Elis.  2761.  3286.  Musk.  4,  54.  Swepper- 
man  Hü.  I,  464.  zippelin  H,  774.  780.  opper  Elis.  10288.  opperit  Haupt 


163 

Z.  XV,  374.  verstoppet  Elis.  1394.  verstappen  Musk.  50,  40.  knappen.  §  167. 
trappen  50,  39.  huppengarte  Hü.  I,  1143.  kuppe  Myst.  I.  207,  18.. 
knuppen  hess.  Ostersp.  63.  —  galpeden  Alex.  5872.  Heipenstein  (1202) 
Mrh.  U.  n,  241.  kampe  Elis.  3213.  kempen.  verdempen  Musk.  80,  23. 
gelimpe  Silv.  (Trier.  Hs.)  2469.  geschimpet  4013.  ungelimpes  schimpes 
EHs.  3357.  stumpe  «HÜ.  II,  770.  —  scharpe  Elis.  2321.  Scharpenstein 
HU.  I,  223.  596.  IH,  1111.  Eberbach.  U.  262.  harpen  Elis.  173.  karpe 
Hü.  n,  427.  dorpe  hess.  Ostsp.  236.  —  respen  Elis.  6845.  herespen 
:verdespen  2328. 

Das  Ripi^arische  stimmt  durchaus  hierzu,  ebenso  das 
Thüringische  und  Ostdeutsche.  Es  kann  für  die  südlichen 
und  östlichen  md.  Dialecte  als  Regel  gelten,  dass  ihr  inlau- 
tendes p  gemeindeutschem  ph  entspricht ;  wo  sich  aber  früher 
ph  zu  f  vereinfacht  hatte,  steht  in  ihnen  f.  Sobald  im  Anlaut 
p  steht,  wird  im  In-  und  Auslaut  die  Verschiebung  f  gesezt: 

paffe^  peifer,  pifen,  peif, 

Braune  in  Zachers  Z.  IV,  285  und  in  Beitr.  I,  23.  f.  Heinzel  Ge- 
schäftssprache 233.  275.  317.  329.  331.  Busch  in  Zachers  Z  X,  298. 
Wülcker  in  Paul-Braunes  Beitr.  IV,  42.   Eückert  Entw.  126.  178. 

Doppeltes  p  steht  ausser  seiner  Verwendung  für  unver- 
schobenes  p  als  Assimilationsgemina,  gleich  obd.  pp.  Es  ist  assim. 
1)  aus  tb:  Dippurg  Mrh.  ü.  II,  372.  Luppolt  Rother  2516. 
HU.  II,  19.  Od.  Sax.  II.  6,  39.  2)  aus  chb,  cb :  queppurne 
HU.  I,  277.  445.  459.  wippilde  (1288)  Höfer  I,  18.  Marp- 
purg  Hü.  I,  1003.  —  Es  vertritt  ferner  a)  bb  zb.  wappete 
Herb.  5851.  snappin  Jerosch.  14773.  weppe  Elis.  3813.  appit 
HU.  III,  1012.  eppete  Elis.  9478.  eppetisse  5363.  uppe  7888. 
luppic  uppic  snuppic  Frauenlob  Spr.  368,  6.  ff.  —  b)  ein- 
faches b:  duppinne  Köditz  86,  27. 

Statt  pp  kommt  auch  pb  und  bp  in  der  Schrift  vor: 
1)  assimilirt  in  wipbilde  Mtilh.  R.  27.  Marpburg  HU.  1, 1047. 
Warpberg  Köditz  58,  24.  Rubpertus  Eberbach  I,  23.  2)  für 
bb:  Hipbeles  brunnen  Mrh.  U.  II,  374. 

Über  Wechsel  von  t  mit  p  (of  dem  dipmarte  zu  Mentzen 
Ingelheim  1355.  HU.  III,  1274)  §  153,  5. 

§  168.     Auslautend  ist  md.  jp  zunächst  unverschobenes  §168. 
j)  =  obd.  phj  pf.    Aber  nur  im  Ripuarischen  entspricht  dieses 
auslautende  p    durchaus    dem   nd.  p.     In   den    übrigen    md. 
Dialecten    steht  f  in  der  Regel   dem   aus  p    durch  Spaltung 

11* 


164 

§  168.  in  pf  und  f  entstandenen  f  gegenüber  und  p  nur  dem  pf. 
RipuariBch  ward  also  up  op,  haip  hehulp,  warp  werpen, 
kamp  schimp  glimp  damp  dorp  u.  s.  w.  behalten,  während 
anderwärts  f  dafür  gilt,  mit  Ausname  der  Stellung  nach  Liquida, 
in  der  p  auch  auslautend  (wie  inlautend)  4nd.  gern  haftet. 
Die  ostdeutschen  Mundarten    halten  p    nach   m   fest,   nach  t 

und  r  haben  sie  f. 

Einige  Belege  für  unverschobenes  p  ausser  Bipuarien:  steinkop 
(1291.  Mainz)  Hü.  11,  472.  Diledop  (1218.  1266)  ü,  43.  220.  tamp: 
ramp  Silv.  (Trier.  Hs.)  704.  kamp :  lamp  Tagzeiten  2078.  schimp.  gdimp 
Muskbl.  41,  66.  42, 26.  stump  Herb.  4266.  Hü.  ü,  787.  scharp  (;  erstarp) 
Elis.  1915. 

über  auslautendes  p   als  gesetzmässigen  Ersatz    von   b 

%  163. 

Erwähnung  fordert  noch  die  scheinbare  Apocope  von  p 
nach  m,  zb.  in  krum  (:  dimidium  Erlös.  5984).  tum  ^psai- 
terium  Erl.  5217).  Es  liegen  hier  aber  die  assimilirten  Formen 
krumm  tumm  zu  Grrunde.  Die  Gemina  muste  nach  der  Regel 
im  Auslaut  zur  Simplex  werden. 

Ph,  Pf. 

§  169.  §  169.      Der  labiale   Affricatdiphthong  ph,    in  jüngerer 

Zeit  mehr  und  mehr  pf  geschrieben  (daneben  zuweilen  pph 
pfh  fph  ppf  pff  fpf)  ersezt  hochdeutsch  die  tonlose  Lippen- 
aspirata, welche  durch  Verschiebung  des  gemeingermanischen 
p  entstehn  sollte. 

Oberdeutsch  kommt  ph  im  Anlaut  mit  Ausname  von 
Interjectionen  und  daraus  abgeleiteten  Worten,  "wie  phcech  phech 
phuch,  phü  phiu  phi  pMsen,  phniu,  phnehen  phnuht,  phnäsm 
phnäst  phnüsen  phniusel,  phnurren  phurren,  nur  in  Fremd- 
worten vor,  die  früh  entlehnt  und  darum  der  Verschiebung 
unterworfen  wurden:  phaffe  phacht  phcU  phalenjse  phanne 
phant  phenninc  pharre  phat  phäwe  phebe  pheffer  phellel 
pherrich  phersich  phetter  (patrinus)  phetertere  phife  phü 
phtlcere  phiesel  phingsten  phister  phorre  pJwste  phülwe  phunt 
phütze  phuol  phlanise  phlaster  phlüme  phragner  phropfen 
phrüende.  —  pheit  phose  phung,  phlegen  phliht  phiuoc, 
jyhrange. 


165 

ff 

In  entschieden  deutschen  Worten  steht  anlautendes  ph  §  169. 
nur  unter  phonetischem  Einfluss  nach  dem  Präfix  enty  wenn 
das  t  schwand,  wodurch  f  zum  Diphthong  ph  pf  sich  wandelte : 
enphähen  enphencnisse,  enphdllen,  enpharn  enphüeren,  em- 
phelhen,  enphengen,  enphinden,  seltener  enphestenen  enphliehen 
enphremden  u.  a. 

Der  Affricatdiphthong  ph  ward  bequemer  Aussprache  zu 
«chwer  und  diese  erleichterte  ihn  oft  zu  /*,  das  schon  ahd., 
bei  Notker  sogar  sehr  häufig  vorkommt  (Holtzmann  Altdeutsche 
Oramm.  I,  306)  und  das  auch  mhd.  von  nachlässigen  Schreibern 
gesezt  wird.  Dieses  f  =  ph  hatte  wieder  j)Ä  für  f  zur  Folge, 
AGr.  §  157.   BGr.  §  128. 

§  170.  Inlautendes  ohd.ph  ist  ebenso  häufig  in  deutschen  §  170. 
Worten  als  nd.  p,  dem  es  geschichtlich  gegenübersteht.  Schon 
früh  beginnt  sich  dieses  inlautende  ph  hochd.  zu  spalten,  in- 
dem nach  langem  Yocal  und  nach  {  und  r  gewöhnlich  ph 
zu  f  sich  erleichterte ;  in  den  übrigen  Fällen  blieb  es  in  der 
Regel.  So  schieden  sich  folgende  Wortreihen,  obschon  ihr 
Wurzelconsonant  derselbe  war: 

1.  aphel  haphen  klaphen  kraphe  staphen  zaphen  harphe 
schuhen  schephe  snephe  scherphe  scherphen  (daneben 
scherfe)  demphen  kemphe  stemphen  stemphel  kriphe 
kriphen  wiphel  sliphen  sliphec  gelimphen  rimphen 
schimphen  hophe  widehophe  klophen  trophe  schophen 
guphe  knüphen  ruphen  suphen  sluphen  schuphen 
stuphen, 

2.  klaffen  laffen  schaffen  släfen  wäf'en  leffel  treffen  helfen 
werfen  wurfel  greifen  grifen  rife  sleifen  sUfen  triefen 
troufe  sliefen  sloufen  tiufe  toufe  offen  koufen  loufen 
roufen  saufen  süfen  huffe  houfe  stroufen  ruofen  umefen, 

Schwankungen  zwischen  ph  und  f  fehlen  nicht,  indem 
altes  2^h  zuweilen  dem  f  den  Platz  nicht  räumen  will,  AGr. 
§  158.  BGr.  §  129.  Auch  in  entlehnten  Worten  zeigt  sich 
schwanken,  so  findet  sich  neben  opfern  auch  offern,  neben 
kupher  auch  chofer  Vor.  Ged.  370,  5  (vgl.  §  175).  Bei  dem 
lautlichen  W^echsel  zwischen  ph  und  f  wird  ph  auch  mitunter 
fär  f  geschrieben,  so  in  geschapht,  stiphten. 


166 

§  170.  Auslautendes  ph  steht  auf  demselben  Boden   wie  inlau- 

tendes. Es  ist  Verschiebung  des  gemeingerm.  p  und  spaltete 
sich  schon  ahd.  in  ph  und  f: 

1.  klaph  naph  scharph  gelph  (Nbf.  gelf)  koph  schoph 
zoph  damph  kamph  ramph  glimph  schimph  rumph 
sumph  stumph. 

2.  traf  schaf  släf  schäf  schef  schif  grif  greif  lief  rief 
tief  kouf  louf  stouf  tottf  üf  ruof  schuof  wtwf,  half 
gelf  weif  fünf  warf  wurf. 

§171.  §  171.     Mitteldeutsches  anlautendes |}%  ist  eine  dem 

Md.  ursprünglich  fremde  Affricata,  welche  bei  dem  mächtigen 
Einfluss  des  Oberdeutschen  das  dialectgemässe  p  §  165  zu 
verdrängen  suchte.  Je  nach  dem  Anschluss  der  Schreiber 
an  das  gebildete  Hochdeutsch  gestatteten  sie  dem  ph  Raum. 
Wir  finden  daher  ph  neben  p  in  denselben  Worten  geschrieben^ 
so  in  phant,  phage  (Herb.  5446).  phafe.  phalenze.  pharrer 
pherrer  pherner,  pheffer,  phenninc.  phinne,  phorte,  phunt^ 
phuhse.  phlacke  (Herb.  17923).  phründe.  Es  findet  sich  sogar^ 
zum  Zeichen  der  Unsicherheit  mancher  md.  Schreiber  über  ph 
und  p,  gegen  den  (xebrauch  philgerim  (1334.  Trier.  Lac. 
m,  279),  phrister  (1339.  Mülhauser  ük.  918). 

Mitteldeutschland  zeichnet  sich  durch  lässige  Aussprache 
des  anlautenden  ph  unvortheilhaft  aus:  es  erleichtert  den 
Diphthong  zu  /",  §  174.  Daher  wurden  auch  f  und  ph,  als 
mundartlich  gleichlautend,  mit  einander  in  der  Schrift  ver- 
wechselt. Wir  finden  ph  für  f  zb.  phire  (fiere)  Elis.  1246. 
2858.  phtne  (fine)  2110.  Pharila  1267.  bephalen  {bevolhen) 
C.  d.  Sax.  11.  8,  50.  phüten  (vulva)  Bartsch  md.  Ged.  IV,  43L 
pfunftjsigiste  Henneb. ü. II,  146.  pfuthf  147.  pfunftzehnH,  166. 
pfleysbengke  ebd.  phlid  Bartsch  md.  Ged.  II,  708.  phedere 
phurstin  gephürt  bepholhen  Rückert  Entw.  136. 

Dagegen  beruht  ph  =  f  in  Höhenphels  (1270.  Worms. 
Hü.  II,  250)  auf  Einfluss  von  vorangehndem  n,  wie  die» 
nach  dem  Präfix  en  (=  ent)  Regel  ist:  inphallen  intphan 
entphernen  enphremmen;  ferner  in  Lempfrit  (1271.  HU.  II, 
255).  Unter  Einfluss  von  t  entstund  auch  Lupfrit  =  Lütfrid 
(HU.  II,  255). 


167 

In-  und  auslautend  begleitet  ph  als  obd.  Vordringling  §171. 
ebenfalls  das  alte  md.  p.  Wie  sich  dasselbe  in  der  Schrift 
auszubreiten  sucht,  wie  aber  p  (pp)  da  haftet,  wo  im  Gemein- 
deutschen ph  blieb,  dagegen  dem  gemeindeutschen  f  weicht, 
wo  diese  Abspaltung  7on  altem  ph  sich  festsezte,  ist  schon 
erwähnt  §  167.  In  Ripuarien  haftete  das  alte  p  am  ent- 
schiedensten. Wenn  hier  der  Schriftsprache  nachgegeben 
ward,  brauchten  die  Schreiber  gern  ph  ftir  f  (=  ph  =  p)y 
und  auch  sonst  in  Mitteldeutschland  begegnet  dieses  ph, 

brüderschaph  Ennen  I,  386.  gräschaph  Lac.  HE,  433.  manschaph 
622.  buschoph  buschopf  DI,  342.  üph  Lac.  m,  622.  gescüph  Annol. 
22.  54.  dorph  Lac.  11,  342—44.  n,  744.  wurph  H,  1.  —  vormunt- 
schaph  Mülh.  E.  55,  strdphe  EUs.  3067.  7246.  nephe  HU.  I,  1142. 
schiph  Mülh.  K.  45.  hoph  Hü.  I,  984.  Höfer  I,  27.  helphe  Höfer 
I,  9.  darph  Mülh.  R.  41.  Güstorph  Tyeendorph  Höfer  I,  12.  dorphe 
Hü.  I,  780. 

Wir  finden  endlich  ph  zuweilen  auch  für  germanisches  f: 

hanropht  (1270)  Hü.  H,  275.  früher  thurphtig  Mainzer  Beichte  12. 

ebenso  für  f,  die  Verschärfung  von  v  in-  und  auslautend: 

Uphe  Rother  2335.  2429.  hüphe  (1360.  Wetterau)  Hü.  I,  942. 
—  gaph  Roth.  1864.  aphgote  Silv.  (Trier.  Hs.)  1266.  1594.  liph 
Annol.  674.  Roth.  37.  wiph  Roth.  38.  1820.  loph  :  hof  Roth.  232. 
cUph  Silv.  5199.  beidenthcdph  5200.  sebindehälph  (1376,  Wetterau) 
Hü.  I,  1088. 


P,   V. 

§  172.  Oberdeutsches  f  ist  im  Anlaut  die  unver-  §172. 
schoben  gebliebene  tonlose  labiodentale  Spirans  der  übrigen 
germanischen  Dialecte.  Für  dieses  /*  wird  schon  im  8.  9.  Jh. 
auch  V,  das  Zeichen  der  tönenden  Spirans  verwant;  seitdem 
10.  Jh.  kommt  v  neben  f  stärker  in  Brauch  und  mhd.  sezt 
sich  dies  fort,  ohne  dass  selbst  in  sehr  sorgföltigen  Hss.  eine 
geregelte  Scheidung  zwischen  f  und  v  aufzufinden  wäre.  Im 
allgemeinen  ward  v  vor  a  e  i  o,  f  vor  u  uo  iu  l  und  r  mit 
Vorliebe  von  den  Schreibern  gesezt.  Ein  phonetischer  Unter- 
schied, dass  etwa  v  als  bilabiale  Spirans,  d.  i.  nur  mit  den 
Lippen    ohne    Mitwirkung    der    Zähne    gesprochen   wäre,   ist 


168 

§  172.  nicht  zu  erweisen.  ^)  Daher  wäre  es  besser,  freilich  Grimms 
Vorschlage  Gr.  I*,  399  grade  entgegengesezt,  v  aus  dem 
Anlaute  in  unsem  mhd.  Textausgaben  ganz  zu  verweisen. 

Einen  Beweis  für  die  Aussprache  des  anlautenden  v  als 
f  gibt  auch  f  fiir  lateinisches  v,  das  zu  heutiger  ungelehrter 
Aussprache  stimmt:  fers  Nps.  143.  Fentis  Altsw.  C.  8,  17. 
fertige  Memor.  14. 

§173.  g  173      Inlautend  sind/* und  v  durchaus  etymologisch 

verschieden,  sie  gehn  aber  bei  ihrer  verwanten  Natur  in  ein- 
ander über. 

Es  gibt  drei  verschiedene  f  im  Inlaut : 

a)  das  alte  germanische  f:  in  der  Verbindung  ft  und  in 
wenigen  Worten :  rafe  nefe  ofen  (fornax),  in  denen  das  f  aber 
gewöhnlich  tönend  und  damit  zu  v  ward:  rave,  neve,  oven. 
Dasselbe  geschieht  bei  dem  f  in  hof  huof  elf  zwelf  wolf  fünf 
und  -olf  in  der  Regel,  sobald  das  f  in  den  Inlaut  tritt:  hove 
hövisch,  htiove,  ehe,  zwelve,  wölve,  Ruodolves,  fünve,  AGr. 
§  161.  BGr.  §  132.  In  niftel  ward  /  durch  folgendes  t 
geschüzt. 

b)  das  aus  dem  Diphthong  ph  vereinfachte  f  §  170. 
Auch  für  dieses  f  wird  zuweilen  v  geschrieben,  zb.  slävende 
Vor.  Ged.  256,  1.  helven  Joseph  907.  sliven  Vor.  Ged.  7,  24. 
BGr.  §  132.  Nach  kurzem  Vocal  ward  gewöhnlich  ff  gesezt : 
klaffen,  effinne,  treffen,  griffe n,  offen,  sluffen;  auch  in  fremden 
Worten:  gaffer,  pfeffer,  saffer. 

c)  Schärfung  der  labiodentalen  tönenden  Spirans  v  =  6*. 
So  findet  sich  afer  hafen  drafen  hefen  frefel  wefel  werfen 
(=  werhen)  eifer  schifer  süfer  schüfel  für  aver  haven  u.  s.  w. 
BGr.  §  132.    AGr.  §  161. 

1)  W.  Wilmanns  in  der  Berliner  Zeitschr.  f.  d.  Gymnasialwesen  XXIV, 
587.  fiF.  behauptete  phonetischen  Unterschied  zwischen  f  als  der  labio- 
dentalen, und  17  als  der  labio-labialen  tonlosen  Spirans.  Da  nun  nach 
seinen  eigenen  Beispielen  dieselben  Schreiber  im  selben  Worte  f  und  v 
verwenden,  müste  eine  merkwürdig  wechselnde  Aussprache  bestanden 
haben,  welche  die  Schreibfedem  genau  wiedergaben.  Die  unnatürliche 
gezierte  Aussprache  mancher  Leute,  die  für  /*  ein  t?  oder  gar  w  sprechen, 
gibt  ebenso  wenig  einen  Beweis  als  der  naturgemässe  Wandel  von  in- 
lautendem f  in  V.  Von  jener  entartenden  Aussprache  geben  manche  uu 
für  anlautendes  v  =  /*,  AGr.  S.  125.  Anm.  1.  Andeutung.     Vgl.  §  174. 


169 

Das  alte  inlautende  v  (fiir  6*)  ist  in  der  mhd.  Periode  §173. 
obd.  noch  erhalten,  obgleich  der  Wechsel  mit  b  es  beschränkte 
§  160.     Es  finden  sich  noch  und  werden  zum  Theil  im  Reim 
verwant : 

aver  haven  draven  heven  frevel  kever  wevd  dviz  werven  evoer 
i^chiver  wivd  diuve  hovel  hover  gelouven  suver  schüvel  beriieven»  AGr. 
§  161.    BGr.  §  134. 

Als  Schriftzeichen  kommt  auch  uu  namentlich  bairisch 
fiir  V  vor,  BGr.  §  134.    AGr.  §  166. 

Auslautendes  f  ist  von  derselben  dreifachen  Art  wie 
das  inlautende : 

a)  ist  es  gemeingermanisches  /*,  vgl.  oben  unter  a). 

b)  ist  es  Vereinfachung  von  ph,  §  170. 

c)  ist  es  die  durch  das  Auslautgesetz,  welches  tönende 
Consonanten  nicht  duldet,  bedingte  Schärfung  von  v.  Wo 
sich  inlautend  die  tönende  Spirans  behauptet  hatte,  trat  f  in 
den  Auslaut:  von  werven  (=  werben)  ward  also  warf  Kaiskr. 
371, 7.  Gundach.  1 557  gebildet,  von  diuve  düf  Walth.  105,  22 
oder  diuf  Bair.  Landfr.  v.  1281.  Dagegen  gehört  zu  werben 
warpj  zu  diube  diep.     Vgl.  AGr.  §  162.    BGr.  §  133. 

§  174.     Mitteldeutsches  /*  und  v    bieten   dieselben  §174. 
Erscheinungen  wie  die  beiden  obd.  labialen  Spiranten. 

Anlautendes  f  wird  wie  im  Obd.  von  der  Schreibung 

V  begleitet;  auch  in  den  md.  Hss.  ist  eine  feste  Regelung 
des  Verhältnisses  der  beiden  Zeichen '  nicht  ersichtlich.  Der 
Buchstabe  v  überwiegt  an  Häufigkeit  das  f; 

Weit  häufiger  als  obd.  findet  sich  für  dieses  anlautende 

V  =  f  im  13. — 15.  Jh.  uu  (w)  geschrieben,  zb. 

geuuallen  HU.  I,  1250.  geuuahen  Roth.  2664.  geuuarin  2490. 
uuarindi  Mülh.  R.  42.  geuuangen  Hüdeg.  Geb.  55.  utielt  Hü.  IH, 
1304.  utiert  Hüdeg.  G.  69.  uuindet  66.  uuiscke  24.  uuil  Roth.  2574. 
nuirlös  2570.  uueruulüchint  Hildeg.  G.  33.  werchowffet  51.  uuor  Friedb. 
Kr.  E.  1,  3.  ufion  Roth.  741.  Wolckmar  HU.  HI,  1309.  wolget  Leyser 
Pr.  59,  21.  tmgevvägen  Kathar.  Sp.  171.  vvüzen  48.  würi  48.  wleisch 
Leyg.  Pr.  43,  28.  wUzeclich  113,  36.  wKkoet  Hildeg.  G.  17.  wrowa 
12,  25.  iunwrowe  Roth.  2480.  wrauwe  Höfer  II,  73.  Schonewrowa 
(1256)  HU.  n,  148.  wrfyit  Roth.  1219.  getorumit  3770.  wrunde 
Mülh.  R.  42. 


170 

§  174.  Aus  schles.  Schriften  des  14.  15.  Jh.  gibt  ßückert  Entw. 

132.  ff.  reichliche  Beispiele.  Hat  dieses  uu  phonetischen  Wert,  so 
bezeichnet  es  den  Übergang  der  tonlosen  Labialfricativa  in  die 
tönende  labio-labiale  Spirans,  eine  ungesetzliche  Erscheinung,, 
die  als  Entartung  der  Aussprache  verurtheilt  werden  muss. 
Aus  der  nachlässigen  Aussprache  des  Diphthongs  ph, 
die  den  Mitteldeutschen  eigen  ist,  erklären  sich  die  f  für  ph^ 
die  später  namentlich  häufig  werden.  Ein  altes  Beispiel  ist 
fuj^jse  Tat.  87,  3.  Vgl.  dann  flef/en  MFriihl.  98,  18.  fnessen 
Elis.  4376,  aus  dem  15.  Jh.  schlesische  Belege  bei  Rückert 
Entw.  127.  Vgl.  §  169.  Ebendeshalb  wird  auch  ph  für  echtes 
anlautendes  f  geschrieben,  §  171. 

§  175.  §  175.   Inlautendes  md.  f  ist  wie  das  oberd.  /"dreifach: 

a)  das  unverschobene  germanische  /*,  in  denselben  Fällen 
und  mit  derselben  Milderung  zu  v  wie  obd.  §  173.  Indessen 
wird  von  md.  Schreibern  f  oft  bewahrt,  zb.  hofe  Hü.  I,  780, 
888.  hofes  hoffe  III,  1469.  hoßs  Köditz  44,  14.  hoffe  Nordh. 
Weist.  B.  24,  vgl.  auch  Rückert  Entw.  127.  Im  Gegensatz 
hierzu  wandelt  sich  /  am  Anlaut  eines  zweiten  Compositions- 
wortes  graphisch  und  phonetisch  zu  v:  Syverde  Godeverde 
(1283.  Sayn.  Höfer  I,  12)  =  Sifride  Godefride. 

Die  Verbindung  ft  geht  md.,  vorzüglich  ripuarisch,  gern 
in  ht  über,  §  234.  241 ;  h  verhallt  oft  ganz  und  so  erscheint 
rt  für  rft:  zb.  nötdurt  Marienl.  50, 16.  nötürten  Ennen  I,  30. 
bedorten  vorten  Marienl.  75,  34.  endorten  vorten  20,  10. 
Umgekehrt  tritt  ht  zuweilen  in  ft  über,  so  schon  in  den  alt- 
niederl.  Psalmen  und  den  gl.  Lips.  (druftin  Ps.  3,  13.  gl.  Lips. 
206.  209.  süfte  Ps.  1,  1.  gl.  Lips.  874.  gesifte  454),  später 
u.  a.  durchlüftigh  (Jülich)  Lac.  III,  335. 

b)  Vereinfachung  von  ph  §  171.  167.  Gern  wird  /f*  nicht 
bloss  nach  Kürzen  schon  im  12. 13.  Jh.  geschrieben:  gescheffede 
Friedb.  Kr.  G.  2,  6.  gescaffen  Alex.  4722.  kaffen  :  gescaffeii 
Pilat.  235  (59).  griffen  (Inf.)  Friedb.  Kr.  G.  2,  6.  (Cj.  Pt.> 
Alex.  2819.  uffe  Friedb.  Kr.  H.  1,  10.  Alex.  1179.  uffc. 
Dyffindal  (1297)  HU.  II,  551.  diffenbrunnen  Mrh.  U.  II,  371. 

Selbst  nach  m  und  r,  die  sonst  pf  schützen,  wird  zu- 
weilen f  statt  ph  gefunden,  zb.  cremfen  remfen  Alex.  1966. 


171 

harfen  5016.  5904.  harfe  Leys.  Pr.  24,  12.  —  In  zügestaft  §  175. 
(:  craß)  Jerosch.  11962  kann  Sibilation  wirken.  —  In  köln. 
Schriften  findet  sich  ff  für  Btrengmd.  jt)p,  gemeind.  pf:  öfter 
in  Jcuffer  Ennen  I,  88.  109.  cüffrin  köln.  Ssp.  Prol  250. 
kouffer  Sei.  Tr.  140'.  kuefferen  Harff  10,  17;  ebenso  in  offern 
Marienl.  15,  14.    6,  21.    Kölner  Cronica  51.  u.  o. 

c)  Verschärfung  von  t;,  das  die  alte  Labialaspirata  ersezte. 

Dieses  f  kommt  in    den   md.  Schritten   häufig  vor   zwischen 

Vocalen,  wie  nach  r,  l  und  vor  t  oder  d, 

danafe  Lac.  III,  624.  hafer  HU.  I,  736.  haffirpusch  Nordh.  W. 
B.  24.  vereffent  Lac.  III,  124.  effeninge,  180.  gegefen  HI,  246.  gefin 
gegefen  geschrefin  III,  266.  neffen  (juxta)  Harff  89,  38.  grefe  Ernst 
II,  234.  Böhmer  356.  lantgra/fe  Köditz  G.  21,  6.  vinffent  Höfer  I,  9. 
giffint  (12Ö1)  Lac.  H,  376.  hescriefin  (1263)  H,  530.  leifedage  Sei.  Tr.  40*. 
defelisch  Spiegelb.  27.  wife  Koth.  4740.  toifen  Amst.  Ml.  10, 18.  hofen 
Vorbew.  2».  udoffe  Lac.  HI,  904.  woffel  Erlös.  1719.  ^froi/fc  Vorbew.  44b. 
stoyffe  Ennen  I,  393.  oeffunge  (üebung)  Cronica  67**.  boeferij  Wierstr. 
2626.  berufen  Köln.  Eepg.  Cr.  38.  —  elfinne  Sei.  Tr.  18'.  —  erfe  Ernst 
A.  n,  18.  Lac.  m,  683.  biderfe  Henneb.  ü.  11,  60.  Cd.  Sax.  E.  8,  18 
(1292).  biderffe  Nordh.  Weist.  A.  13.  sturfe  Sei.  Tr.  110».  erster  ff enis 
Lac.  ni,  318.  —  geleft  Höfer  H,  66.  leeft  Lac.  m,  220.  becleiftin 
(:Ü2reift%n)  Jerosch.  9110.  liefde  (amor)  Lac.  III,  275.  geloft  (1263) 
Lac.  m,  573.  Sei.  Tr.  43»».  geloyfde  Höfer  H,  109.  bedroift  Sei.  Tr.  43**. 
bedrufft  Vorbew.  6**.   gerouft  Ennen  I,  61.  verderfde  Köln.  Eepg.  Cr.  26. 

Doppeltes  ff  zeigt  sich  auch  in  diesem  Falle  als  Ver- 
treter des  einfachen. 

Zuweilen  entstund  ff  durch  Assimilation  a)  aus  tf:  Dieffrit 
(1052)  Mrh.  U.  I,  394.  Meffrü  (1195)  Eborbach.  U.  50  (1050. 
1210)  Mrh.  ü.  I,  423.  II,  304.  —  b)  aus  ft:  gescheffig 
Köditz  C.  15,  4.  —  c)  aus  chf:  Riffrit  (1200)  Mrh.  U.  II, 
224.    hoffertig  Köditz  50,  32. . 

Ausfall  von  f  in  der  Composition  vom  Schluss  des  ersten 
Wortes  begegnet  früh  und  nicht  selten  in  gräfscaf :  gräsceffi 
M.-Sch.  Dkm.  LXVI,  5.  7.  gräshaft  (1303)  Böhmer  355. 
gräschaft  (1316.  1327)  Höfer  II,  41.  116. 

§  176.     Inlautendes   md.  v   ist   in  der  Regel  Ver-  §176. 
treter  der  alten  Labialaspirata.     Dass  statt  der  tönenden  Labial - 
Spirans  auch  die  Media  h  in  denselben  Worten  md.  vorkommt, 
hat  §  162  bemerkt.     Über  f  für  dieses  v  handelte  §  175,  c. 


172 

§  176.  Belege  für  die  Spirans  v,  gemeindeutschem  b  gegenüber, 

folgen  zunächst  aus  dem  südlichen  Franken,  dem  Mosellande, 
Hessen,  Thüringen  uod  dem  Osten.  Zuweilen  ward  w  für 
dieses  v  geschrieben. 

ave.  haven  (1272  Isenbarg)  Höfer  I,  9.  htwent  Amst.  Ml.  I,  22. 
6,  10.  havet  2,  12.  knaven  :  Bruhaven  Jerosch.  19005.  19503.  Swdvin 
:grämn  25666.  evenöde  (d.  sg.)  Mrh.  U.  H,  381.  Everbach  (1192) 
Eberbach.  ü.  48.  geven  Amst.  Ml.  10,  3.  geven:greven  Orend.  207. 
gegeven  Amst.  Ml.  6,  10.  18.  Höfer  11, 109.  geheve :  maregreve  Jerosch. 
9175.  leven  Amst.  Ml.  6,  19.  gdevef.  Mone  Anz.  3,  26.  levendich  27. 
geschreven  Muskbl.  70,  177.    strewin.'lemn  Jerosch.  23686.    byderwir 

'  Cd.  Sax.  n.  6,  34.  hiverwurz  Wiesb.  Gl.  246.   gescnveh  Amst.  ML  4,  4. 

beschriven,  sivenzich  (1272)  Höfer  1, 9.  ztvifd :  Übe  Orend.  3749.  :  Tiber 
3099.  bUven:Liven  livl.  Kr.  525.  1080.  1118.  u.  ö.  triven:Liven  908. 
wtven  :  Liven  1147.  bliven  Spiegelb.  274,  12.  verdrivet  Amst.  Ml.  1,  22. 
wiwes  10, 11.  schrivet  Nordh.  Weist.  A.  3.  lieven  Amst.  Ml.  7,  7.  Hart- 
Uvu8  (1250)  Eberbach  265.  ove  over  (1272)  Höfer  I,  9.  109.  love :  have 
Kath.  Sp.  161.  clovelouch  (1239)  Böhmer  68.  behoeven  Mone  Anz.  3,  27. 
üwü  Leyser  Pr.  66,  26.  üweraz  {koertrank  59,  18.  süvercheit  Amst. 
Ml.  5,  5.  süverlich  Myst.  I.  69,  31.  düvelen  Amst.  Ml.  7,  8.  hme  (1298) 
Höfer  I,  22.  toufen  -.gelouhen  Orend.  2833.  3267.  toufe  :  gelouben  2841. 
hmbet  .gebouwet  1005.  1059.  1661.  —  Alveradia  (1207)  Mrh.  U.  II,  266. 
selver  Höfer  I,  9.  selve  2.  Colvendensd  HU.  I,  145  (1275  Wetterau). 
^rvischaf  (1181)  Mrh.  U.  11,  89. 

In  Ripuarien  wurzelt  dieses  md.  v  in  unserer  Periode 
noch  fester.     Ich  begnüge  mich  an  Reimbelegen: 

vergäve :  Octdve  Serv.  1053.  grdven:gäven  En.  13196.  neve:geve 
3912.  :  rätgeve  Emst  A.  I,  26.  :  leve  En.  10858.  Cleven :  screve  13447. 
gegeven :  geneven  6973.  neven :  geven  Hagen  1491.  greven :  bleven  6043. 
lieve :  brieve  En.  4505.  Hagen  5320.  brieve  :  lieve  :  dieve  :  grieve  Marienl. 
27,  26.  hove  :  love  Serv.  912.  H,  1072.  Junk.  u.  Heinr.  118.  137.  190. 
420.  1281.  gelouven :  frouwen  Hartm.  Gl.  3641.  :  scouwen  ebd.  7.  2976. 
bidrüvit :  giprüvü  Wemh.  51,  11.  bedruven  :prüv€n  Junk.  u.  Heinr.  140. 
wolven :  kolven  En.  7136.  Reimbelege  aus  Earlmeinet  bei  Bartsch  über 
Karlm.  S.  237.  f. 

Im  übrigen  verweise  ich  auf  die  Fülle  von  Belegen  im 
Rother,  Annol.,  Marienl.,  Nrh.  Bruchst.,  Repg.  Cr.  (Berl.  Hs.), 
Hagen,  auf  die  Urkunden  bei  Lac.  II.  III.,  Ennen  I.  IL  Vgl. 
auch  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  300. 

Die  Verbindungen  bv,  fv  vf,  die  zuweilen  erscheinen,  be- 
zeugen das  schwanken  der  Schreiber  zwischen  v  und  h  (§  162), 
zwischen  v  und  f  (§  175),  vgl.  u.  a. 


173 

gehven,  gelobven,  nebven,  abver  (1320.  Lach)  Höfer  ü,  66.    —  §  176. 
bescrifvin,   ofve  (1262)  Lac.  11,  515.    stirfvet.  ofve  (1263)  Höfer  I,  7. 
nefve  (1260)  Ennen  II,  435.     bischofve  (1283.  Sayn)  Höfer  I,  12.    ge- 
screifven.  breifve  1320.  II,  73.  —  lantgrevfin  HU.  I,  974. 

§  177.     Das  auslautende   mitteldeutsche  f  hat  die-  §177. 
selben  drei  Werte  wie  das  inlautende  §  175.     Es  ist 

a)  gemeingermanisches  /', 

b)  Vereinfachung  von  ph  §  167.  171. 

c)  Schärfung   der   tönenden   Labialspirans  v    nach    dem 

Auslautgesetz,  das  keinen  tönenden  Consonanten  duldet.    Am 

festesten  besteht  dieses  auch  dem  !Nd.  eigene  f  in  Ripuarien^ 

zumal  in  den  Grenzlandschaften  an  Niederfranken.     Indessen 

war  es  überhaupt  fränkisch  und  auch  thüringisch,   nur  wich 

es  hier  mehr   und   mehr  zurück    und  gemeindeutsches  b  (p) 

trat  an  seine  Stelle.     Spuren  davon  sind  nachzuweisen. 

Belege  aus  Bipuarien:  Beime  af : geselleschaf  Hagen  1562. 
;  vruntschaf  4655.  traf :  gaf  Wemh.  16,  20.  draf :  gaf  Hagen  3725. 
gaf :  botschaf  Marienl.  53,  32.  :  saf  Wemh.  11,  30.  bleif  :  begreif 
Marienl.  6,  10.  18,  12.  brief.Uef  En.  4362.  10756.  u.  ö.  dief:brief 
Marien!.  17,  37.  lief :  rief  M\.  27,  25.  lief :  stief  Wierstr.  1573.  lof: 
biscof  Serv.  614.  1493.  :  hof  Eother  232.  Marienl.  16,  10.  51,  22.  Serv. 
n,  954.  1452.  2232.  Junk.  u.  Heinr.  88.  110.  2149.  Wierstr.  2496. 
rouf :  kouf  Wemh.  62,  19.  Wierstr.  1927.  atouf :  kouf  Wierstr.  330, 
half :  andirthalf  Alex.  4:296.  seif :  zwelf  Wieiütr.  1225.  erwar f :  bedarf 
Marienl.  52,  6.  Karlm.  44,  10.  starf :  endarf  En.  11967.  irstarfcwarf 
Wernh.  20, 17.  warf:  starf  Alex.  3240.  (Im  Alex,  wird  auch  zu  schreiben 
sein  175  lif:herlth,  2663  mf:sih,  2665  rouf:ouh;  doch  vergl.  hierzu 
Kinzel  in  d.  hall.  Beitr.  z.  d.  Philol.  53.)  Ausserhalb  des  Eeimes  geben 
die  poetischen  und  prosaischen  Schriften  der  mhd.  Periode  aus  Bipuarien 
überall  Belege  dieses  /*,  wofür  auch  zuweilen  ein  'ph  begegnet  §  171. 
Vgl.  auch  Braune  in  Paul -Braunes  Beitr.  I,  23.  Busch  bei  Zacher 
X,  362.  —  Im  Mosellande  trifft  man  dieselben  f:  so  af  gaf  raf 
(Rabe)  drif  lif  mf  schreif  dief  lof  urlouf  gewarf  vgl.  Tr.  Egid.  807, 
Hof  er  I,  2.  n,  1.  32.  66.  73.  80.  103.  Spiegelb.  269.  ff.  Muskatbl.  sehr 
oft.  Im  Orendel  wird  zu  schreiben  sein  231  graf:  heidenscaf,  51  graf 
.-sprach.  —  Lahn-  und  Engersgau  stimmen  zu  dem  Mosellande 
auch  hierin:  im  Amsteiner  Marienieich  gif  lif  vnf  of  lof,  Belege  aus 
Urkunden  des  14.  Jh.  bei  Höfer  H,  109.  131.  158.  —  Südlicher  kommen 
nur  einzelne  Beispiele  vor:  Wette rau  sebindehalph  HU.  I,  1088. 
Spanheim  schreif  miei  H,  52.  53.  Bickenbach  half  BJJ.  I,  533. 
—  Ausserdem  einzeln  im  Osten :   im  Passional  H.  277,  69  half :  alf; 


174 

§  177.  in  Chemnitzer  Urkunden  sente  Jacof  (1375)  Cd.  Sax.  11.  6,  40.  42. 
(1420)78.  Jocof  82.  t  Jocuff  96,  Aus  Schlesien:  traf :  af  Lndw, 
Kr.  2747. 

w. 

§178.  §  178.     Gleich   dem   inlautenden  v   ist  w  eine  tönende 

Labialspirans,  die  aber  von  dem  v  sich  dadarch  scheidet,  dass 
bei  ihrer  Erzeugung  nur  die  Lippen  thätig  sind.  Es  ist  im 
Anlaut  häufig. 

Vermehrt  ward  die  Zahl  der  mit  w  anlautenden  Worte  noch 
dadurch,  dass  aus  der  Verbindung  hw  das  h  seit  dem  9.  Jh. 
in  Aassprache  und  Schrift  völlig  schwand.  Mit  hw  lauteten 
ursprünglich  an  die  Interrogativa  wer  wae  weih  weder  war 
wä  wände  wie,  ferner  wahs  oder  was,  wetzen,  weien,  weitee, 
wel,  weif,  werben,  wile,  wispeln,  wie,  wuofen.  Das  w  in 
wahtel  ist  aus  hw  erleichtert :  quahtila  quattcUa ;  ebenso  geht 
w  in  weinen  auf  kw  zurück,  vgl.  got.  quainon,  dazu  ags. 
kvmän  md.  kwmen. 

Die  Verbindung  wr  gieng  oberdeutsch  ebenfalls  verloren, 
nur  r  blieb,  wie  sich  zeigt  in  rechen,  recke,  räche,  racker, 
ringen,  ranc,  rimpfen,  ritjsen,  rüegen;  wrase  spaltete  sich 
in  die  jüngeren  Doppelformen   rase  und  wase;    vgl.  §  180. 

Das  alte  Schriftzeichen  uu  wandelte  sich  allmählich  in 
UV  vu  vv,  woraus  w  entstund,  das  schon  im  12.  Jh.  in  deutschen 
Hss.  oft  zu  finden  ist.  In  Verbindung  mit  vorangehndem 
d  t  z  8  wird  auch  in  mhd.  Zeit  zuweilen  noch  einfaches  u 
gesezt,  zb.  tueln  dtianc  jsuei  suä  suern  suert,  was  vielleicht 
auf  dem  Übergang  des  w  in  den  Halbvocal  u  nach  der  Den- 
talis beruht.  Wenn  u  auf  w  folgt,  ist  bis  in  das  13.  Jh. 
einfaches  u  =  w  stehend,  zb.  uunder  uüf  uühsen.  In  andern 
Fällen  kann  anlautendem  v  für  w  kaum  eine  Bedeutung  zu- 
erkannt werden,  AGr.  §  163.  BGr.  §  135.  Über  w  für  an- 
lautendes v=f%  172. 

Im  Alemannischen  geht  der  Labialnasal  m  in  dem  im- 
personalen man  in  w  über :  wan  MS.  ABC.  und  AGr.  §  166, 
80  wie  umgekehrt  w  zu  m  ward  in  niumen  numen  =  niuwan  ; 
je  später  je  mehr  geschieht  dies,  AGr.  §  168,  In  eeseme  = 
jseswe  kommt  dieses  m  für  w  auch  bairisch  vor:  Lexer  III,  1097. 


\ 


175 

Im  Bairischen  ist  Wechsel  zwischen  tv  und  b  häufig :  §  178. 
h  wird  zu  w  im  Anlaut,  w  znb  §  159.  Seit  Ende  des  13.  Jh. 
begegnen  diese  6  für  m?  in  bair.  österr.  Hss.,  zb.  we-,  Warbara^ 
Walihasar;  offenwar,  Srivcer,  getvarich,  herwerg,  geworn, 
Herwort,  Mersewurch,  getvurt  BGr.  §  136.  Alemannisch  sind 
geringe  Spuren  hiervon  vorhanden  AGr.  §  166,  Vetter  über 
Ammenhusens  Schachhuch  VI. 

Ausfall  von  w  in  Compositionen  vom  Anlaut  des  zweiten 
Wortes  ergeben  die  mit  walt  und  wulf  componirten  Eigen- 
namen, in  denen  sich  dafür  olt  und  olf  festsezte;  ferner  die 
mit  wacker  {wa,cchar)  zusammengesezten  Personennamen,  wie 
Otacher,  Crundacher,  Ausserdem  ist  miteche  =  miteweche 
mitewoche  anzuführen,  BGr.  §  135. 

§  179.     Inlautendes   w    gehört    nicht    zur   Wurzel   des  §  179. 
Wortes,    sondern   ist  sufißgirt   oder  aus  auslautendem  u   des 
Stammes    zur  Deckung    des   Hiatus   vor    vocalischer  Endung 
entwickelt. 

a)  SufQgirtes  w.  Dasselbe  blieb  nur,  wenn  ein  Vocal 
oder  eine  Silbe  darauf  folgte.  Bildete  es  allein  den  Auslaut, 
so  löste  es  sich  in  den  Vocal  u,  jünger  o,  auf,  der  aber  mhd. 
nicht  mehr  bestund.  Mit  Endung  oder  Flexion  also  bläwer 
läwer  hläwe  bräwe  gräwer  lewer  rSwen  slewen  wewen  giwen 
bltwes  kliwe  sntwen  spiwen  frower  ruowe  küewe  blüewen 
müewen  (vgl.  dazu  die  unflectirten  Formen  blä  lä  klä  brä 
grä  U  ri  we  bli  frö  ruo  kuo  muo).  —  kalwer  falwer  fal- 
wische  salwer  selwen  gelwer  gilwe  milwe  farwe  garwer 
gerwen  geserwe  smerwes  smirwen  sparweere  horwes  hurwin 
mürwe  (vgl.  dazu  kal  fal  sal  gel  far  gar  spar  hör  mür), 
—  swalwe  hulwe  senwe  serweni  zeswe  ridewen.  Später  ward 
dieses  w  zu  by  %  160. 

b)  Euphonisches  w:  büwen  grüwen.  —  iuwih  iuwer, 
hiuwen  bliuwen  briuwen  griuwen  kiuwen  griuwen.  —  bouwen 
blouwen  kouwen  schouwen. 

Dehnende  Wirkung  dieses  w  auf  vorausgehnden  Vocal 
scheint  sicher:  uw  ward  zu  üw,  iw  zu  iuw,  ow  zu  ouw. 

Auslautendes  iv  gab  es  nicht,  da  es  sich  vocalisirte,  vgl. 
^  :  eo  :  S,  siw  :  seu  :  se,  gelw  :  gelv  :  gel.    Wenn  ein  solches 


176 

§  179.  w  im  14.  15.  Jh.  geschrieben  ward,  zb.  sew,  büw,  friletVy 
kuow,  80  ist  anzunehmen,  dass  entweder  ein  e  dahinterher- 
klang,  oder  dass  es  nur  eine  Schreiblaune  dieser  an  unnützen 
Buchstaben  sich  erfreuenden  Zeit  war. 

§180.  §  180.     Das  Mitteldeutsche  zeigt  bei  w  dieselben 

Erscheinungen  wie  das  Obd. 

Für  den  Anlaut  ist  die  Verbindung  wr  zu  erwähnen,  die 
im  Ripuarischen  durch  unsere  ganze  Periode  dauert  (vgl.  §  178). 

wrechen  Marienl.  49, 4.  Hagen  1216.  Earlm.  durchaus.  Sei.  Tr.  59*. 
Lac.  m,  496.  Köln.  Bepg.  Cr.  D.  19.  gewrechen  Roth.  37.  torache  Hanpt 
Z.  I.  37,  115.  Ennen  I,  33.  Brev.  46.  Bepg.  Cr.  31.  —  wrase  Lac  IQ, 
991.  —  wred  Machah.  112.  Wieretr.  412.  wrede  Köhier  Cronica  169^  — 
toringen  Brev.  133.  wringinde  Roth.  3824.  wranc  Roth.  432.  2424. 
2464.  4974.  Marienklage  119.  wrungen  UrsuL  222.  —  tprempen  Nassau 
257  (Teutonista  322  wrimpen),  —  wriven  Marienl.  5,  33.  36, 33.  Schade 
nrh.  Ged.  58,  207.  tcref  Roth.  1041.  ceicreif  Marienl.  37,  8.  —  tvröge 
Lac.  m,  905.   wrdginge  Brev.  15. 

Vereinzelt  begegnet  w  fär  b  in  ivckse  Herb.  2568.  3712. 
13955,  heute  noch  wird  es  in  Nassau  und  der  Wetterau 
gesprochen  (Weigand  deutsch.  Wb.  II,  1025).  Im  Mnd.  ist 
wcLSe  =  hase  stehend.  Ausserdem  kenne  ich  nur  wisher  (1368) 
Cd.  8ax.  II.  6,  33  (Pleissnerland).  volword  (=  volbort)  1395. 
ebd.  U.  6,  54. 

Über  w  als  Schriftzeichen  für  t;  §  174. 

Über  das  inlautende,  suffigirte  und  euphonische  w  gilt 
dasselbe,  das  für  das  obd.  §  179  bemerkt  ward.  Im  besondern 
ist  der  md.  Neigung  zu  gedenken^  sufQgirtes  j  durch  w  ver- 
treten zu  lassen. 

dorndrewe  Wiesb.  Gl.  270.  crewenpuhel  HU.  I,  563.  krewit  Myst. 
I.  169,  13.  mhoen  Elia.  3100.  Jerosch.  5716.  Böhmer  357.  Hü.  IH,  1455. 
sewen  Jerosch  5717.  Erlös.  5834.  Myst.  I.  61,  34.  214,  1.  u.  i  HU. 
I,  1063.  gesetmt  Haupt  Z.  XY,  400.  sprewen  Myst.  I.  97,  3.  wewen 
199,  5.  zurblewet  Sahnan  S.  618,  2.  vröwer  (d.  sg.  f.)  Elia.  7697. 
hlüwen  1464.  Myst.  I.  28,  23.  bloewen  Cronica  8.  hrutcel  (brogü)  Mrh. 
U.  n,  374.  Hü.  m,  1371.  früwe  Hü.  1, 615.  Salman  S.  123, 2.  morgen- 
fr&tce  Elis.  2992.  glüwen  Myst.  I.  63,  17.  218,  5.  u.  o.  müwen  Alex. 
1534.  4074.  Eüs.  10365.  Ludw.  Kr.  2775.  Myst  I.  40,  34.  u.  ö.  Ködita 
34,  1.   müwet  Leyser  Pr.  39,  22.    müwesal  Böhmer  781. 

Über  j  für  w  §  238. 


177 

§  181.     Das  Md.    lässt  auch   wurzelhaftes  h  durch  iv  §181, 

vertreten. 

vlmvet :  ruicet  Frauenlob  Spr.  269,  16.  flüwe:rmüe  Hagen  3680. 
geflüicen  :  rüwen  Schade  nrh.  (jed.  104,  13.  Sluwet  Hildeg.  G.  17. 
vluicen  Kölner  Cronica  83.  entfluwen  20.  ruwen  Salm.  S.  666,  2.  — 
sMwe  Salm.  701,  5.  schöwe  Alsf.  Sp.  3271.  schritschüwe  Haupt  Z. 
XV,  385.  —  schüice :  rüwe  Secund.  ö07.  schüiüin :  trüwin  Jerosch.  23931. 
:  ungärüwin  19SS0.  schüwe :  untrüwe  Frauenl.  Spr.  297, 17.  verschüwet 
Spr.  268,  17.  —  hmvinizuwin  Jerosch.  11274.  Wahrscheinlich  gehört 
•auch  duiwen  Sei.  Tr.  193**  (=  diwhen)  hierher.  Vgl.  auch  schüwen 
Herb.  3160. 

w  für  g,  lezteres  als  palatal  zu  fassen  und  daher  dem 
w  für  j  analog,  erscheint  in  Arnshcmve  :  Turgouwe  Ludw. 
Kr.  5588 ;  wol  auch  in  sldwe,  woraus  slauive  ward,  Tristr. 
D.  4480.  4483. 

Als  Zerdehnungsmittel  ist  w  verwant  in  füwer,  gehüwer 
Pass.  H.  229,  50.  tüiver  56,  62.  u.  ö.  nüwen  Cd.  Sax.  II. 
8,  148  (1439)  vgl.  nüen  ebd.  150.   nun  155. 

Das  ßuffigirte  w  schwindet  nicht  selten  aus  dem  Inlaute : 
z.  B.  rue  Marienl.  23,  37.  rüen  17,  12.   ruig  24,  26.   trüe  24,  4 ; 
fraue  Salm.  776,  2.    schatiete  260,  2.    bleichfaren  562,  3.     Selbst  aus 
der  Composition  fäMt  w  aus:  dunninge  =  dunwenge  Brev.  72. 

Vom  Auslaute  schwindet  es,  sobald  die  vocalische  Endung^ 
die  dem  Worte  zusteht,  apocopirt  wird: 

riu  :  niu  MSH.  2,  27**.  rü  :  mü  Jerosch.  5684.  :  m  Schachzab. 
298,  29.  :  zwü  324,  19.  gezou :  hrou  Schachz.  314,  2.  stval :  nahtegal 
Morungen  MF.  127,  36.    gegher  {gegerwe)  Ennen  I,  185. 

Auch  md.  findet  sich  gegen  die  ältere  feinhörige  E,egel 
im  14.  15.  16.  Jh.  auslautendes  w  geschrieben,  zb.  huw  Lac. 
III,  684.  druw  Böhmer  750.  ruw  Harff  147,  21.  hauw  Lac. 
in,  905 ;  sogar  hentschuw  Böhmer  749. 

Zuweilen  wird  w  für  inlautendes  v   §  176   geschrieben. 

M. 

§  182.     Der  labiale  Nasal  ist  im  Anlaut  häufig.    Inner-  g  is2. 
halb  der  Wurzel   schoss  m  zuweilen   vor  h   oder  jp  auf,    so 
m  imhe,  umhe,  tump,   Jcrump,  dampf,  stumpf;   alemannisch 
erscheint  diese  Nasalirung  öfter,  zb.  siumften  neben  siuften, 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.   2.  Aufl.  12 


L 


178 

§  182.  Ausfall   von    wurzelhaftem   m   erfolgt   seltener,    u.  a.   in 

componirtem  -yiurnft,  zb.  vernuft,  teilnuft. 

Die  Verbindung  mb  unterliegt  obd.  der  Assimilation  zu 
mm  in  der  Regel  nicht ;  es  bleibt  also  wamhe  wempel,  lamp 
lember,  hrump  Tcrumbe,  imbe,  umbe.  Ausnamen  kommen  aber 
vor:  so  brauchen  Hartmann  von  Aue,  Wolfram  von  Eschen- 
bach und  Walther  v.  d.  Vogel  weide  wamme  im  Reim  auf 
amme  Greg.  763.  Parz.  113,  10.  Walth.  4,  40.  Durchgeführt 
ist  die  Assimilation  in  Tdimmen  ahd.  chlimban. 

Allgemein  erfolgt  Angleichung  von  mj  zu  mm  in  demmen, 
hemmen,  frummen;  von  mn  in  verdammen,  nemmen,  stimme; 
ebenso  wird  nm  in  den  Dativen  Sg.  M.  N.  der  Fronomina  und 
der  Adjectiva  auf  n  der  Wurzel  oder  des  Stammes  gewöhnlich 
assimilirt,  zb.  einme  dinnie  getänme  offenme  zu  eimme  dimme 
getämme  offemme,  wo  aber  in  der  Regel  nur  ein  m  geschrieben 
wird,  also  eime  dime  getäme  offeme.  Femer  entsteht  mm 
bei  Anlehnung  des  verstümmelten  Dat.  deme  an  schliessendes  n: 
anme  vonme  inme  werden  zu  amme  vomme  imme. 

Mehr  mundartlich  sind  Angleichungen  wie  gib  mir  :  gim 
mir ;  ferner  Verschmelzung  der  Silbe  -ben  zu  m,  zb.  raben : 
ram  (in  den  Personennamen  Adelram,  In§ram,  Walram, 
Wolfram),  hulben :  hulm,  lebentic :  lemtic,  vgl.  auch  den  Reim 
salmen  :  allenthalben  Heinrichs  Todesgeh.  76  und  B6r.  §  139. 

Durch  hombrgane  Assimilation  (§  154^  2)  entsteht  m  aus 
n  vor  Labialen,  zb.  amblic,  embor  embieten  empfelhen,  imbiz, 
umbescheiden  ummcere;  schimbeerlich,  Irmfrit,  Limburc, 
Lamperg;  Babemberc,  botembrot. 

über  den  Wechsel  von  m  und  w  §  178. 

Ausläutendes  m  geht  alemannisch  wie  bairisch  gern  in 
den  lingualen  Nasal  n  über,  §  215.  Allgemein  germanisch 
geschah  dies  in  den  Flexionen. 

Grobbairisch  ist  der  Wechsel  des  labialen  Resonanten 
mit  dem  gutturalen  (ng)  im  Suffix  -ung,  zb.  samnum,  bestce- 
tigum  BGr.  §  139. 

§183.  §  183.      Aus   dem  Leben   des   mitteldeutschen  m 

ist  folgendes  zu  erwähnen. 


179 

mb  assimilirt  sich  md.  mit  Vorliebe  zu  mm:  vgl.  ammet  §183. 
iammicktlüt  Ath.  C*  162)  lamme  (Myst.  I.  3,  6.  u.  o.)  imme^si 
(Elis.  239.  3446)  ummcy  krumme  (Athis.  Rother  1244.  Rudolf 
14,  25.  Pass.  K.  101,  14.  Krolw.  482.  Jerosch.  7901.  u.  o.), 
kummer  (:  sumer)  Morungen  MF.  140,  34.  Jerosch.  18387). 
Summer  (modius,  Sei.  Tr.  10*).  erstummen.  —  Auslautend  wird 
dieses  mm,  wie  jede  Gemina,  vereinfacht. 

lam :  hram  Jerosch.  8495.  —  um :  bischtum  ebd.  25749.  :  ewangelium 
26391.  alum  :  Fabianum  Pass.  K.  100,  25.  :  Mercurium  159, 86.  drum 
:  heilictüm  Jerosch.  6394.  —  krum  :  dimidium  Erlös.  5984.  —  stum : 
Pärum  Pass.  K.  143,  58.  —  tum  :  pscdterium  Erlös.  5217. 

Durch  homorgane  Assimilation  entsteht  auch  md.  gern 
m  aus  n  vor  Labialis  in  denselben  Fällen  wie  obd.  §  182. 
Ich  gebe  im  besondem  Belege  für  ummaht  Rudolf  23,  28. 
amvorbvochelich  Henneb.  TJ.  I,  166.  Hennemberc  ebd.  I,  116. 
150.  Hartemberc  I,  150.  Steremberc  I,  ll7.  122.  Waldem- 
berch  Cod.  Sax.  IL  6,  39.  —  schimbere  Höfer  II,  92.  — 
lympat  Ennen  III,  398.  —  Umbät  {b  für  w)  Diefenb.  Gl.  269. 
Fastn.  Sp.  440.  lymmet  Cd.  Sax.  IL  6, 122.  —  mumbor  mumber 
Lac.  III,  163.  261.  299.  mumpar  HU.  III,  1130,  ganz  assi- 
milirt mummer  mommer  Karlm.  5,  36.  54.  u.  o.  —  Lemfrit 
HU.  I,  289.  Gumpreht  Lac.  III,  748.  —  In  mundbor  Land- 
frit  GundbreM  fiel  wie  in  dem  Präfix  ent-  der  linguale  Ver- 
«chlusslaut  vor  der  Wandelung  des  Nasals  aus. 

Auch  in  selbständigen,  aber  im  Satz  eng  verbundenen 
Worten  assimilirte  sich  n  an  Labialis,  vgl.  disem  brief  (a.  sg.) 
Henneb.  U.  I,  22, 

In  der  Verbindung  rn  geht  n  gern  zu  m  über,  so  in 
türm  türme  vgl.  Alex.  1214.  1196.  Krolw.  G.  566.  u.  ö.  Myst. 
L  198,  35.  237,  14.  Köditz  95,  30.  im  Reim:  stürme  Alex. 
4220  (aber  :  mrne  ebd.  1181). 

Auf  der  Homogenität  der  Resonanten  (BGr.  §  139)  be- 
ruhen die  Reime  zwischen  mm  und  ng, 

imme  :  Pfenninge   Orend.  673.     grimme  :  ringe   ebd.  1055.  1616. 
grimmen  :  jungelingen  Ernst  A.  V,  19.    gesungen  :  umme  Orend.  842. 
kummer  :  hunger  Vorbewis.  33.    medelidunge  :  vemumen  42\ 
und  in    entfernterem   Grade   auch   die   Reime   zwischen   mp 
und  nt,  zb. 

12* 


180 

-§  183.  wunt  :  tump  :  stunt  :  mtmt  Husen   MF.  49,  13  —  19.      wander : 

kumher  ebd.  44,  4.  52,  20. 

Vgl.  über  Reimbindung  von  mm  :  nd  §  218. 

über  fe  für  m  in  hit  =  mit  §  161.  Für  lo  zeigt  sich 
auch  md.  m  in  nument  {nuwen  nuwan)  Salm.  539,  2  und  in 
zesem,  zesme  (Schachb.,  Trebn.  Ps.),  später  in  mir  wer  für 
wir  wer  §  468. 

2.  Die  Zungeneonsonanten  d  t  z  8  l  r  n» 

D. 

§184.  §  184     Oberdeutsches  d  entspricht  in  der  Regel  im 

Anlaut  der  gemeingermanischen  Lingualaspirata  th.  In  frühen 
ahd.  Denkmälern  kommt  dieses  alte  th  noch  vor,  ist  aber  nicht 
wirklich  alemannisch  oder  bairisch,  sondern  aus  fränkischen 
Vorlagen  abgeschrieben,  AGr.  §  170.  BGr.  §  144.  Holtzmann 
Altd.  Gr.  281.  ff. 

Einige  Worte  verschieben  ihre  anlautende  Media,  die  aus 
altem  th  entstanden  war,  zur  Tennis:  tinne,  tusent,  trübe^ 
twahen  twehele,  twerh  twern  twirl,  twingen  twengen.  Bei 
twahen,  ttverh,  twingen  ttvengen  trat  seit  dem  14.  Jh.  eine 
weitere  Verschiebung  zu  ^ic;  ein.  In  diutsch  diute  wird  im 
12.  13.  Jh.  das  echte  obd.  d  gern  mit  t  vertauscht,  vielleicht 
unter  Einwirkung  des  franz.  tudesque  tyois,  des  mit.  teudiscus. 

Im  elsässischen  Dialect  tritt  zu  dem  obd.  d  {^=  germ.  th) 
noch  das  md.  nd,  d  (=  germ.  d,  obd.  t),  indem  der  elsässische 
Consonantismus  wesentlich  md.  Natur  hat,  was  sich  aus 
der  starken  fränkischen  Mischung  in  den  Elsässem  erklärt 
Elsässisch  gelten  also  anlautend  dag  dal  gedän  dete  deü 
dief  doufen  dilgen  dohter  döt  dör  doub  dragen  drinken  drüt 
dugent  duner  AGr.  §  179. 

Wenn  sich  in  bairischen  Schriften  zuweilen  d  iiir  obd.  t 
im  Anlaut  findet,  BGr.  §  145,  so  ist  damit  ein  zwischen  d 
und  t  liegender  Zungenschlusslaut  gemeint,  die  reine  obd. 
Tennis.     Entsprechend  wird  t  für  d  gesezt. 

Fremde  Worte  mit  anlautendem  t  erhalten  mhd.  zuweilen 
d:  dalmüt  daphart  dön  doenen.  Vgl.  b  für  fremdes  p  §  159, 
g  für  fremdes  c  §  219. 


181 

§  185.     Inlautendes  obd.  d  entspricht  in  der  Regel  §  1S5. 
german.  th  oder  dh  und  der  daraus  hervorgehnden  Lenis  d, 

—  über  den  grammatischen  Wechsel  von  d  und  t  §  151. 
Widerstand  hiergegen  zeigt  sich  in  den  Reimen  Lamprechts 
von  Regensburg  mide  (Conj.  Perf.)  :  fride  Fr.  1189.  vermide 
:fride  S.  1978. 

Ausserdem  kommt  inlautendes  d  als  Vertreter  von  t  nicht 
selten  nach  langem  Yocal  vor;  die  Rindung  im  Reim  mit 
echtem  d  sichert  es: 

A 

kemenäden  :  Aden  Lanz.  3485.  wärheide :  beide  5086.  gescheiden 
:  arheiden  MSH.  2,  V62^.  strides  :  rüdes  Tund.  45,  75.  lidet :  hidet 
Dietr.  Fl.  1143.  hluode :  miiode  Mai  86, 28.  mueder  :  prueder  Wolkenst. 
85,  1.  13. 

Der  lange  Vocal  (zuweilen  auch  gedehnter,  AGr.  §  180. 
BGr.  §  146)  scheint  von  Einfluss  auf  die  Erhaltung  der  alten 
Media,  ebenso  anstossende  Liquida  l  n  r,  wie  zahlreiche  Reime 
bezeugen.     Daraus  eine  Auswahl: 

aide  :  holde  Lanzel.  2740.  zcdde  :  walde  ebd.  3940.  gespcUden : 
hUden  Parz.  603,  10.  scheiden :  melden  Walth.  105,21.  gezelde :  vtlde 
Lanz.  2834.  Dietr.  Fl.  570.  engüde :  wilde  fjaber  435,  7.  schüde.'toilde 
Lanz.  5318.  sölde:  holde  Tund.  65,  11.  :  golde  63,  81.  erholde :  solde 
Iw.  B.  2795.  —  dulden  :  hulden  Bari.  275,  23.  verdulden  :  scht4Men 
trKr.  656.  —  erJcande  :  ande  Trist.  11796.  besande  :  lande  Greg.  25. 
nande:  lande  Gudr.  971,  4.  mandel :  wandel  Mantel  693.  Krone  8213. 
erkt^nden :  standen  Mantel  528.  Krone  263.  zetranden  :  handen  Lanzel. 
5312.  minde :  gesinde  Mantel  99.  hindert :  pinden  Suchenw.  31,  139. 
winder  :  linder  Mai  52,  1.  vinde :  hinte  Rabenschi.  516,  3.  enzunde  : 
stunde  Trist.  1312.  Krone  18513.  ermundert :  gesundert  Angenge  7,  53. 
suonden  :  stuonden  Gundach.  3262.  —  gerde:  e^'de  Mai  205,  36.  werde 
:  verkerde  Neith.  34, 4.  kerde  :  erde  :  erde  Krone  17546.  erden :  gerden 
Wigam.  609.    hekerden :  werden  Mantel  225.    vierde :  zierde  Flore  200. 

—  AGr.  §  180.   BGr.  §  146. 

Auslautendes  d  muss  nach  der  Regel  zu  t  werdeu. 
Abweichungen  hiervon  gestatten  sich  die  Schreiber  besonders 
nach  Liquida  seit  Ende  des  13.  Jh. 

§  186.     Epenthetisches  d  findet  sich  zuweilen  nach  t  zur  §  i86. 
Deckung  des  Hiatus;  es  wird  in  diesem  Fall  als  mouillirtes 
d  (dj)  für^'  zu  fassen  sein:  frceuden  Fundgr.  L  72,  5.  hluoden 
(Inf.)  St.  Pauler  Pred.   44,  15.      blüdemic  Lampr.  S.  2857. 


182 

§  186.  gltdinc  (;  mdinc)  MSH.  2,  384*,   eine  Ableitung  von  glien  ; 
im  Md.  ist  dieses  d  ebenfalls  da  §  189. 

Beliebt  ist  die  Anfügung  eines  d  an  linguale  Liquida: 
nötgestalde ;  iender,  minder  (;  kinder  j.  Tit.  106,  4),  dundetf 
quendel,  andel  AGr.  §  182.  BGr.  §  148. 

An  Wurzeln  auf  d  oder  t  wird  bei  unmittelbarem  (durch 
Syncope  veranlasstem)  Antritt  eines  t  der  Endung  der  Wurzel- 
auslaut d  elidirt:  fint,  ivirt,  ermort,  ver schult,  geschant,  geschcU. 
Femer  fallt  d  vor  den  Suffixen  -l  -n  -r  bei  vocalischer  Syn- 
cope mundartlich  gern  aus:  Alheit  Albreht  Alram,  Uolrtch 
Uolman  sind  allgemein  verbreitet,  grob  dialectlich  aber 
enschulgen,  ern,  wern,  ivorn,  ornung  u.  s.  w.  AGr.  §  182: 
BGr.  §  148. 

Doppeltes  d  wird  elsässisch  im  14.  15.  Jh.,  nach  md. 
Gewohnheit,  §  188,  gern  fiir  einfaches  nach  kurzem  Vocal 
geschrieben,  zb.  schadde,  eddel,  nidder,  widder,  odder.  Selten 
erscheint  es  obd.  für  tt,  AGr.  §  181.   BGr.  §  147. 

Wechsel  von  nd  mit  ng  weist  das  Alem.,  namentlich  das 
Elsässische  auf,  zb.  langvogt,  vollengen,  tüseng,  ze  vrümeng,. 
AGr.  §  180. 

Anfügung  eines  d  an  auslautendes  n  wird  seit  dem  14.  JL 
nicht  selten:    niemand,  ahvegend,   dajswischend ;  später  und 
seltener  ist  Abfall  des  d  von  n  r  l,  zb.  un,  alman,  wir,  ol, 
AGr.  §  183.   BGr.  §  149. 
§187.  §  187.     Mitteldeutsches   d   entspricht   im  Anlaute 

altem  d  und  altem  th.  Die  Zwischenstufe  zwischen  th  und  d 
war  wahrscheinlich  dh,  wie  aus  Isidor  und  manchen  Spuren 
in  Tatian  sich  schliessen  lässt.  Belege  für  d  =  d  geben  zb. 
dag,  gedän,  däden,  dal,  deil,  dilgen,  dief,  dier,  död,  doMer^ 
doufen,  duoch ;  für  d  =  th :  du,  da  denne,  danc  denken,  decke^ 
der  du  daz,  derve,  ding,  dicke,  dinsternisse,  diet,  doh,  dorf, 
dorn,  dri,  dürfen,  durh,  dünne,  düsent,  dwahen,  dwerh^ 
dwingen,  dwengen. 

Für  die  alte  Media  d  tritt  in  md.  Schriften  unter  obd. 
Einflass  nicht  selten  und  je  länger  je  mehr  t  ein,  ohne  dass 
dies  folgerichtig  geschähe.  Das  aus  der  Aspirata  erleichterte 
d  bleibt  dagegen  mit  Ausname  von  twingen  (wofür  seit  15.  Jh. 


183 

md.  quingen  besonders  thüring.  und  ostdeutsch  beliebt  wird),  §  187. 
twengeUf   twahen,   twerhy   in  denen    ebenfalls  tw  zu  qu   sich, 
verschiebt,    §  227.     Die  lebendigen  Mundarten   halten   auch, 
mit  Ausname  des  Schlesischen,  das  erste  d  fest. 

Über  Verschiebung  von  md.  d  zu  t  %  198. 

Ausnamsweise  mildert  sich  die  unverschobene  anlautende 
Verbindung  tr  zu  dr:  drecken  Elis.  1615.  dröst  HU.  1,1156. 
III,  1251.  ungedrüwe  Friedb.  Kr.  C.  1,  21..  drüwen  (d.  pl.) 
Ehs.  3211.    drüivelich  1601.    drüt  mfr.  Legend.  38.  255. 

§  188.     Inlautendes  md.  d  entspricht  altem  d  (obd.  t)  §  188. 

sowie  altem  thy  dh  (obd.  d).     Es  ist  durchaus  Regel  in  allen 

md.  Landschaften  während  der  mhd.  Periode  und  steht  auch 

in   dem    elsässischen    Dialect   in   beiden  Werten   (fiir  obd.  d 

und  t)  fest.     Md.  sind  also  vader  gesaden  rode  däden  ädern 

bede  hede  gerede  spede  geliden  gemiden  siden  strlden  zide 

bereide   leiden  verbieden  gerieden  gode  hode  höden  nöden 

verscröden  gordel  drüde   lüde  güde  Müde,     Reime   können 

den  festen  Gebrauch  bezeugen : 

ddim:  gnaden  Tr.  Egid.  1711.  scade:  Stade  Eneit  116.  staden: 
scaden  7435.  unstaden :  beladen  Elis.  1725.  vader :  gader  Erlös.  1203. 
unfläde  :  gnade  Elis.  7473.  gnade :  hdde  10072.  drdde :  ungenäde :  spdde 
Frauenl.  Spr.  358,  1.  räde:  gnade  Erl.  303.  irbäden :  genäden  Jerosch. 
18572.  gendden :  beräden  Junk.  u.  Heinr.  374.  gebede :  rede  755.  stede 
:  rede  Elis.  288.  Erl.  2388.  irivdede  :  helede  Alex.  1875.  bereiden : 
deiden  Elis.  3821.  5697.  beiden :  scheiden  Junk.  u.  Heinr.  379.  cristen- 
heide :  scheide  Erl.  931.  breidet :  cleidet  1043.  frideimide  Elis.  3322. 
Erl.  1368.  .vermide  Pass.  K.  93,  16.  lide  (pt.  cj.)  :lide  Herb.  5208. 
liden:  leiden  HTrist.  3095.  erliden :  befriden  Pass.  K.  69,  21.  geliden 
:  befriden  65,  49.  :  zufriden  Junk.  u.  Heinr.  719.  geliden  :  smiden : 
befriden  Frauenl.  Spr.  320,  2.  gliden  :  vermiden  Pass.  H.  115,  88- 
ungeniden  :  smiden  Renner  14586.  gewidere :  widere  Alex.  6606.  siden 
'.geliden  Elis.  951.  striden  :  miden  Erl.  3944:  liden  :  riden  Junk.  u. 
Heinr.  360.  snidin  :  sidin  Ath.  B.  69.  Lycomide  :  stride  En.  7434. 
zide :  gesmide  Elis.  377.  dide  :  schide  Jerosch.  21876.  töde :  nöde  En.  22. 
brödes.'tödes  Krolw.  -2914.     müder  :br oder  Orend.  333. 

Der  grammatische  Wechsel  von  d  und  t  kann  md.  hier- 
nat3h  nicht  erfolgen.  Die  scheinbare  Erweichung  von  t  durch 
vorangehndes  l  n  r  im  obd.,  die  in  der  That  aber  nur  Er- 
haltung alter  Media  durch  jene  Liquidae  ist  (§  185),  ist  md. 


184 

§  188.  vollkommen  an  ihrem  rechten  Platze.     Einige  Beispiele  mögen 

die  regelmässige  Erscheinung  bezeugen : 

Salden  :  behalden  En.  1136.  wcUde  (Conj.)  :  holde  Herb.  14523. 
einfälde :  tccUde  Ernst  D.  3511.  sande :  lande  Servat.  279.  L.  Kreuzf.  335. 
lande :  erfände  Wemh.  25,  34.  besande :  lande  Orend.  409.  2409.  ver- 
wände :mande  En.  8870.  sande :  toigande  Ernst  D.  705.  .-lande  1621. 
erkande :  lande  Ludw.  Kr.  5568.  vianden :  wänden  En.  9258.  bestanden 
:  sanden  2762.  gezelde :  velde  En.  6036.  Ludw.  Kr.  3994.  :  gdde  En. 
6817.  tcerde : begerde  (Perf.)  Junk.  u.  Heinr.  2051.  holde:  weide  En. 
3604.  Serv.  1095.  «coZde :  ^oWc  Orend.  328.  soZde :  </oWe  Ludw.  Kr.  1368. 
senden  :  golden  Orend.  3782. 

^        Sehr  häufig  wird  md.  dd  für   einfaches  d  nach  kurzem 
Vocal  geschrieben : 

a)  hadde  bedde  stedde  midde  (präpos.)  ridde  gewidder  gebodde 
underwisedde  harddo  (Eriedb.  Kr.  C.  1, 21)  horddent  (G.  1, 11)  hiddden: 
selbst  nach  Längen  kommt  dd  vor:  rädde  stdden  göddir  müdde.  — 
b)  eddel  entwedder  vedder  redde  gereddet  vridde  nidder  sidder  loidder 
bidderbe  odder  goddes  judde. 

Belege  fiir  dd  (obd.  tt)  =  dj  geben 

bedde,  tcedde,  redden,  dridde,  overmiddes,  smidde,  bidden,  schudden. 
§  189.  §  189.     Epenthetisches  d   findet  sich   an  vocalisch  ans- 

gehnden  langen  Wurzelsilben:  zwiden  Herb.  12105.  Pass. 
K.  251,  31;  vgl.  zwien  Jerosch.  318;  henediden  Sei.  Tr.  91*. 
benedtdong  Wierstr.  878.  vermaledidung  Kölner  Cronica  8^; 
broede  (Brühe)  Sei.  Tr.  27^  Aus  heutiger  köln.  Mundart  führe 
ich  an  moeden  froeder  früder  =  mühen  früher  froher.  Das  ä 
ist  als  mouillirtes  d  zu  nehmen,  das  geradezu  für  j  gebraucht 
ward;  deutlich  liegt  die  Auflösung  des  d  durch  dj  hindurch 
zu  j  im  achenschen  leje  =  Uden  vor  Augen.    Vgl.  §  186. 

Verbreiteter  ist  epenthetisches  d,  welches  sich  an  l  und 

namentlich  an  n  anschliesst: 

nötgestalde  (vgl.  W.  Grimm  zu  Ath.  E.  72)  mit  Umstellung  not- 
Stadel  Rother  3544.  —  wiltbande  Lac.  lU,  1000.  anbeginde  Köditz  G. 
12,  7.  inden  Spiegelb.  279,  8.  mynder  266,  35.  geginde  Hü.  I,  512; 
selbst  im  Reim  sind  solche  Formen  verwant  im  Trierer  Spiegelbuch 
vgl.  mynde :  sunde  265, 20.  van  hinden :  findefi  272, 6.  —  vorgeschrebinde 
(Ptc.  P.  P.)  Cd.  Sil.  IX,  235. 

Ausstoss    des    d   geschieht   unter   Begünstigung    von 

benachbartem  l  r  n,  d,  i.  in  Folge  von  Assimilation: 

Alf  Lac.  in,  301.  396.  Aleit  Höfer  I,  12.  HU.  H,  148.  882.  857. 
lllbert  HU.  H,  44.  574.  Eberbach  I,  103.   alen  HU.  1, 963.  Repg.  Cr.  30. 


185 

Harff  40,  8.  (dste  III,  1012.  ElverveUch  Lac.  III,  507.  Winohheim  §  189. 
(neben  Winoldesheim)  (1261.  1262.)  HU.  I,  48.  HI,  1543.  —  birve  heirve 
Ennen  I,  47.  Lac.  II,  1065^  HI,  57.  601.  birhe  Höfer  H,  11.  bierhe 
HTJ.  m,  1168.  aniuer  Haupt  XV.  375,  52.  C.  —  ivinsche  (windische) 
Köln.  Eepg.  Cr.  19.  Deutlich  zeigt  sich  der  Ausstöss  als  Assimilation  in 
innewenig  Henneb.  U.  II,  81.  inwenig,  ußicenig  Cd.  Sax.  II.  6,  82. 
uzeicenig  Köditz  G.  33,  26,  in  welchen  Worten  -wennig  die  gewöhnliche 
Schreibung  ist,  ferner  in  den  aus  Partie.  Präs.  gebildeten  Adjectiven  in 
-endinc,  zb.  lebenige  Secund.  417.  482.  blickening,  glüeweningy  ligening, 
stinckening,  ueineninc  u.  s.  w.,  worüber  Bech  in  Germ.  XXVI,  273.  f. 
gehandelt  hat. 

Assimilation  ist  auch  der  Grrund  des  schwindenden  d  in 
Compositionen,  wenn  auch  die  Schrift  die  Assimilation  nicht 
bezeichnete  oder  nur  durch  Verhärtung  des  Anlauts  des  zweiten 
Theils  andeutete,  l  und  r,  h  und  g  scheinen  besonders  darauf 
zu  wirken. 

qualich  Köln.  Cronica  180.  Bdbodo  (1279)  Ennen  IH,  147.  Baboyde 
Lac.  HI,  748.  Tyebertus  (1121)  Mrh.  U.  1, 507.  Tipoldus  (1238)  Ennen 
n,  188.  Lupertus  (1216)  ebd.  63.  Lufrit  Hü.  II,  7.  Lukart  Hü.  III, 
1296.    Borich  (1313.  1326.)  Lac.  IH,  124.  210. 

§  190.  Im  Auslaut  blieb  d  nach  md.  Regel  im  allge-  §190. 
meinen  unverändert;  selbst  unverschobenes  t  wird  zuweilen, 
namentlich  im  Ripuarischen,  durch  d  gegeben :  dad  Annol.  222. 
Nrh.  Brachst,  immer.  Arnstein.  Ml.  6,  4.  Höfer  I,  10.  did 
Annol.  242.  id  Nrh.  Brachst.  I,  5.  u.  o.  Ennen  I,  1.  (1326. 
Engers)  Höfer  II,  109.  (1327.  Boppard)  ebd.  122.  wad  Höfer 
ebd.  —  Das  obd.  Beispiel  wirkte  auf  Einführung  des  t  für 
schliessendes  md.  d,  indessen  weicht  dieses  t  seit  dem  14.  Jh. 
wieder  zurück. 

Epithetisches  d  an  auslautendem  n  ist  auch  md.  nach- 
weislich. 

§  191.  dh,  die  tönende  Lingualaspirata,  die  in  der  §  191. 
ahd.  Periode  in  einer  Reihe  von  md.  Schriftdenkmalen,  am 
consequentesten  im  Isidor,  verwant  wird  (Holtzmann  Altd. 
Gr.  1,  281.  f.  Isidor  herausg.  von  Weinhold  S.  86),  begegnet 
in  mhd.  Zeit  nur  ausnamsweise,  zb.  Rother  3077.  3092.  4633. 
Hü.  I,  15.  1261.  II,  35.  Lac.  I,  462.  554.  II,  95.  Um  so 
auffallender  ist  der  häufige  Gebrauch,  den  der  md.  Schreiber 
der  Hamburger  Hs.  der  Braunschweiger  Reimkronik  (um  das 


186 

§  191.  J.  1300  nach  Weiland,  Mon.  Germ.  bist.  Deutsche  Chroniken 
II,  453)  in  allen  Stellungen  von  dfi  gemacht  hat. 

T. 

§192.  §  192.     Oberdeutsches  t  ist  im  Anlaut  Verschiebung 

der  gemeingermanischen  Media.  In  der  Verbindung  tr  ist  t 
entweder  unverschobene  Tennis*,  wie  in  triu  (Baum),  triuwe 
trüen  trost,  treten,  trecken,  trahen,  trahten,  troc  trügel, 
trüllen;  oder  es  entspricht  tr  germanischem  dr,  wie  in  tragen, 
treffen,  trahen,  trinken,  triugen,  trör,  troum,  trucken,  tniebe, 
truht,  trüren. 

In  dem  Anlaut  einiger  Worte  ist  t  an  die  Stelle  von  d 
(=  th)  getreten,  so  in  tinne  trübe  tüsent  twahen  twerh 
twingen  §  184.  Ausserdem  zeigt  das  Alem.  und  Bair.  die 
Neigung,  anlautendes  d  in  ^  zu  wandeln,  zb.  in  tach  tecken 
verterben  tuner  ttdden  türre  betiuten  tritte  tringen,  AGr. 
§  169.  BGr.  §  140.  Dieses  t  steht  sehr  oft  nicht  unter  dem 
Gesetz  der  Lautabstufung  §  155,  wonach  anlautendes  d  nach 
anderm  Auslaut  als  Vocal  oder  Liquida  tonlos  ward,  sondern 
scheint  auf  einem  neuen  Versuch  weiterer  Lautverschiejbung  zu 
beruhen;  vgl.  L.  Tobler  bei  Kuhn  Z.  XXII,  127.  f.     Die  Laut- 

• 

abstufung  scheint  grade  auf  d  am  wenigsten  Einfiuss  zu  haben : 
es  kommt  allerdings  werden  tach  Walth.  62,  36.  hiez  ter 
Parz.  162,  6.  daz  tu  198,  11.  verlos  ten  161,  4.  vert  tä 
4,  1  u.  a.  vor,  allein  selbst  in  Parz.  D.  ohne  Festigkeit.  Nur 
in  destiu  deste,  bei  völliger  Anlehnung  also,  ist  dies  t  Regel 
geworden,  ebenso  bei  Enclisis  von  du  an  die  2.  Sg.,  zb.  bistu, 
gistu,  gibstu  u.  s.  w. 
§193.  §  193.     Im  Inlaut  finden  sich  einige  unverschobene  ^.* 

ausser  in  den  Verbindungen  ft  ht  st  steht  germanisches  t  in 
Winter,  biter,  oter,  gitec,  ferner  neben  der  Verschiebung  z  in 
antlüte  antlütte,  siuften  neben  siufzen,  satte  (neben  sazte) 
namentlich  elsässisch    AGr.  §  171.  172. 

In  der  Regel  entspricht  aber  auch  inlautendes  obd.  t 
gemeingermanischem  d.  Nur  ist  die  Verschiebung  nicht  immer 
ganz  durchgeführt:  die  Media  d  blieb  zb.  zuweilen  nach 
langem  Vocal  und  gern  nach  Liquida  §  185.     Indessen  trat 


187 

auch  nach  Liquida  obd.  die  Tenuis  für  echte  Media  {d  aus  §  195- 
th  blieb  überhaupt  unberührt)  gern  ein;  so  sind  alten  halten 
spalten  gestalten  walten  gelten  schelten  selten  mute  molte 
solte  wolte  die  gewöhnlichen  obd.  «Formen  dieser  Worte, 
schilte  dulten  nicht  selten.  Die  Verbindung  nt  ist  namentlich 
bairisch  im  12.  13.  Jh.  beliebt,  zb.  schenten  hente  senten 
wenten  hinten  sunte  BGr.  §  141.  AGr.  §  171 ;  in  rt  (=germ.  rd) 
dagegen  haftet  t  überhaupt  fester,  zb.  garte  warten  js;qrten 
berte  herte  gerte  verte  swerte  scherten  hirte  wirfe  orte  worte 
geburte  vurte  gurten, 

Einfügung  von  t  geschieht  in  Zusammensetzungen  bei 
auslautendem  n  und  r  des  ersten  Theils  sehr  oft:  allenthalben 
eilen thaft  wi^isentheit,  ^ehentvaltiCj  westerthalp ;  seltener  bei 
anderm  Auslaut,  doch  vgl.  ahtgot  magtzoge  nachtpür,  wo 
falsche  Volksetymologie  hineinspielt.  Grob  mundartlich  ist 
sonstige  Epenthese,  zb.  mintst,  erkantnus,  erloubtnust  u.  dgl. 
AGr.  §  175.   BGr.  §  142. 

Ausfall  von  t  erfolgt  zuweilen  vor  affigirtem  s:  tiasch, 
nichs;  ferner  in  Zusammensetzungen:  angesUch  geislich  erns- 
lieh,  kosper  achper:  wilprcete,  hanschuoh,  Diepolt  Liupolt, 
Liuhart. 

Doppeltes  t  steht  a)  für  einfaches  t,  b)  für  tj  zb.  in 
bitten  mitte  smitte  bette  retten,  antlütte  hütte  schütten.  Ferner 
entsteht  es  durch  Zusammenrückung  in  den  schw.  Perfectis 
der  Zw.  mit  Wurzelauslaut  d  oder  t  zb.  schatte^  rette,  bette, 
leitte,  htiotte.  Nach  Längen  wird  die  Doppelung  gewöhnlich 
nicht  geschrieben :  leite,  huote. 

§  194.  Auslautendes  t  ist  dreifachen  Wertes :  1)  ist  §194. 
es  urfverschobenes  gemeingermanisches  t  in  den  Verbindungen 
ft  ht  st^  ferner  in  dem  Ptc.  gesät  (zu  setzen),  das  alemann. 
Dichter  (Hartmann,  Gotfried,  Rudolf,  Konrad  v.  Würzburg, 
Ulr.  V.  Türheim,  Hug  v.  Langenstein,  Walther  v.  Eheinau) 
gern  im  Reim  brauchen  auf  bat,  mat,  stat ;  bei  den  Baiern 
ist  es  selten,  doch  haben  es  der  Stricker  und  Lamprecht  von 
Regensburg  im  Reim  verwa^t  Zuweilen  hielt  sich  altes  t  in 
antlüt  antut,  selten  in  hurt,  vgl.  aber  kurt :  geburt  Lamprecht 


188 

§194.  Fr.  4753.  JcurtUch  M.  Himmelf.  119.  AGr.  §  176.  BGr.  §  141. 
2)  ist  ansl.  t  obd.  Tenuis,    3)  tonlos  gewordenes  d. 

Abfall  von  t  kommt  nicht  selten  in  den  Schriften  seit 
dem  12.  Jh.  zum  Ausdruck.  Die  Reimverwendung  solcher  ver- 
stümmelter Formen  beweist,  wie  sie  selbst  den  Gebildeten 
zumal  nach  s  im  Munde  lagen: 

wisen  {tcisent) :  risen  Beinh.  F.  1103.  geican :  gestän  Boner  10, 28. 
trös :  erkös :  lös  Eietenburg  MF.  18,  26.  28.  19,  1.  endelos :  trös  Walth. 
72,  24.  lös :  trös  Wolfd.  D.  VUI,  14.  gröz :  trös  Montf.  18, 185.  27, 197. 
gas:  was  Ulr.  Trist.  318.  980.  zerbras:gras  Sigen.  42.  vas:laz  Mont- 
fort  24,  133.  dllermeis :  wetz  Sevelingen  MF.  14, 23.  veis :  tceiz  Ammen- 
husen  Schluss  153.  gans :  Urjans  Parz.  524, 20.  erhans :  Alischans  WiUi. 
38,  2.  guus :  uns  Ulr.  Trist.  187.  Dietr.  Fl.  8732.  hinuf :  gruf  Montf. 
12,  13.    mich :  nich  Altsw.  66,  14.    :vernich  Montf.  29,  9. 

In  gewöhnlicher  nachlässiger  Rede  war  dieser  Abfall 
des  t  sehr  häufig;  darum  kommen  bei  den  Schreibern  u.  a. 
vor  wil,  war,  nimp,  chraf,  scaph,  nich,  lig,  pflig  AGr.  §  177. 
BGr.  §  143.  Wackernell  Montfort  CLXI.  CLXXIV.  CLXXVIII. 

Im  Gegensatz  hierzu  erfolgt  oft  Epithesis  von  t  an  den 
Wortauslaut  auf  w,  r,  s,  z,  f,  ch,  zb.  niemanty  niuwent,  innent, 
nehent,  zwischent,  allewegent,  niergent,  mornent,  wUent  — 
iendert,  üjsert,  innert — '  adamast :  glcLSt  Montf .  18,138.  sust 
(sehr  oft,  Mhd.  Wb.  II.  2,  758.  im  Reim  :flitst  bair.  Servat. 
1228.  :chust  Otack.  c.  32.  :  tust  Montf.  15,,90),  im  Suff,  nus 
:  gelichnust,  vanchnust  u.  s.  w.  —  nuzt,  unnuzt  —  kouft  vgl. 
Bech  in  Germ.  XXVII,  174.  —  dannocht  —  AGr.  §  178. 
BGr.  §  143. 

§  195.  §  195.     th  kommt  in  ahd.  Zeit  in  sehr  alten  obd.  Hss. 

in  seiner  gemeingermanischen  Bedeutung  vor,  stammt  aber 
aus  fränkischen  Vorlagen;  Holtzmann  Altd.  Gr.  281.  f.  Für 
die  mhd.  Periode  gilt,  dass  th,  wenn  es  vorkommt,  wie  seit 
dem  14.  Jh.  häufiger  geschieht,  gemeindeutsches  t  vertritt, 
zuweilen  auch  d.  In  die  Vorauer  Hs.  ist  es  aus  den  md. 
Vorlagen  gekommen.  Im  In-  und  Auslaut  finden  sich  auch  die 
Wucherbildungen  tth,  dth.  AGr.  §  170.  173.  176.  BGr.  §  144. 
Zu  erwähnen  ist  auch  die  nicht  seltene  Umstellung  von 
ht  \xi  th,  die  schon  ahd.  begegnet,  zb.  gedäth  MSA.  253,  18. 
unmathlich  Haupt  Z.  VIII,  107.  ^nieth  Vor.  Ged.  129,  8.  lieth 


j 


189 

320,  1.     pigithe  Diut.  2,  301.      sith  MSA.  253,  4.     tother  §195. 
Wack.  Pr.  53,  144.     Vgl.  §  202. 

§  196.    Was  das  mitteldeutsche  t  betrifft,  so  sind  §196. 
zunächst  die  Belege  lurunverschobenes  gemeingermanisches 
t  auszusondern. 

Im  Anlaut  ist  unverschobenes  t  nicht  häufig,  abge- 
sehen von  den  auch  obd.  nachgewiesenen  Worten  mit  gemein- 
german.  ir  §  192.  Es  sind  nur  anzuführen  tuschen  (twischen)^ 
das  in  ganz  Franken  herscht,  in  den  südlichsten  Gauen  von 
zusehen  aussen  begleitet ;  hess.  getouge  (obd.  ge^oinve)  Herb. 
5334,  getougen  (obd.  ge^ouwen)  Pilat.  10,  einmal  uhertellich 
Myst.  I.  58,  30  (vielleicht  aus  nd.  Vorlage?),  nordthüring. 
und  ripuar.  toi  neben  ssol :  Mülh.  R.  49.  Lac.  I,  537.  III,  22. 
180.  422.  582.  Ennen  I,  122.  Sei.  Tr.  181'.  Wierstr.  3018. 
Kölner  Cronica  212,  ripuar.  tiois}  zb.  Kölner  Cronica  132.  169. 
twelif  Strassb.  Lit.  570. 

In-  und  auslautend  haftet  das  altgerm.  t  zäher.  Im  all- 
gemeinen freilich  ist  m  d.  die  Verschiebung  der  Liogualen 
erfolgt  und  ^  die  Regel  für  nd.  ^.  Es  widerstehn  nur 
die  Eormwörter  und  einige  andre  Wörter  ziemlich  fest.  In 
den  nordwestlichen  Grenzstrichen,  nördlich  von  Köln  und 
westlich  von  Achen,  wird  der  Verschiebung  am  meisten  wider- 
standen. Aber  für  Ripuarien  gilt  so  gut  wie  fiir  das  Mosel- 
land und  Hessen,  dass  ^  das  unverschobene  t  überwiegt ;  fiir 
Thüringen  und  den  Osten  ist  Regel,  dass  t  nur  nebenher 
auftritt   und   für   die   südlichen  fränkischen  Grenzstriche   gilt 

dasselbe,  §  149. 

Belege  für  inlautendes  altes  t  ausserhalb  des  nördlichen  Mittel- 
franken: Sitten :  schütten  Orend.Dr.  1029.  satte  Orend.2073.  Ostersp.607. 
Höfer  n,  131  (Hammerstein),  satten  :  hatten  Alex.  1046.  gesette :  hette 
Alex.  437.  setten  (1248.  Trier)  Höfer  I,  2.  —  süßen  Arnst.  Ml.  8,  17. 
kurte  horte  (Adj.)  Hü.  I,  S.  437  (Seligenstadt).  Höfer  I,  18  (1288. 
Mainz),  iurte  (Prt.  .-anttvurte)  Herb.  722.  3567.  7328.  8642.  kurtin 
(D.  PL)  Ath.  B.  21.  (Inf.)  D.  114.  kurtliche  Elis.  377.  —  Thüringen 
und  Osten :  säte  :  hate  Jerosch.  23288.  satin  :  tätin  ebd.  9069.  9212. 
25151.  besatin :  hatin  9SS4.  undirsette :  bestette  26281.  feZw^ew  (opfern) 
Livl.  Kr.  4685.  blütekirl  4683.  einer  körten  zit  Secund.  435.  verkurte 
:  aniwtirte  Pass.  K.  78,  40.  bekurten  :  geburten  Krolw.  350.  antwurten 
:  verkurten  Pass.  H.  106,  5.   verkorten :  antworten  Ebern.  1440.   vorkorte 


190 

§  196.  Nordh.  W.  B.  25.  —  In  Eipuarien  ist  satte  und  kürten  Kegel,  ausser- 
dem begegnen  durch  den  Beim  verbürgte  folgende  Fälle  über  das  ge- 
wöhnliche md.  Mass: 

stitrten  :  hurten  Hagen  5741.  verlöten :  mdten :  kartäten :  Straten 
Veldeke  MF.  57,  2—8.  mdten  :  preläten  Serv.  U,  901.  liete :  riete 
Eoth.  1175.  letten  :  ketten  Wierstr.  1434.  voeten  :  groeten  Serv.  618. 
2287.  2609.  grutenimte  Wemh.  24,  20.  :  sühten  Morant  47.  grute 
:sühte  Wemh.  23,  28.  —  Vgl.  femer  swete  Koth.  891.  vöte  1146. 
schüttet  Ennen  I,  245.  schottele  Ennen  III,  140.  Harff  119,  10.  Kölner 
Cronica  128. 

§  197.  §  197.     Im   Auslaut    findet    sich    unverschobenes    t 

häufiger,    namentlich  bemerkenswert  ist  sein  zähes  haften  im 

pronominalen  Neutrum.     Wir  beginnen  hier  von  NW. : 

Eipuarien  it  dat  dit  wat  Kegel,  ebenso  das  Ptc.  gesät  besät. 
Ausserdem  mögen,  indem  wegen  dieser  Keime  in  der  Karlmeinetcompi- 
lation  auf  Bartsch  über  Karlmeinet  S.  236.  f.  verwiesen  wird,  folgende 
Belege  zeugen :  hlat :  stat :  gehat  Vigldeke  MF.  60,  33.  hat :  vat  Hagen 
3782.  Wierstr.  1444.  schat :  stat  Hagen  2200.  beschat :  stat  2063.  2209. 
geschiet :  niet :  siet :  liet  MF.  60,  12.  riet :  liet  Serv.  H,  1868.  verdriet 
:geschiet  Wierstr.  1552.  2154.  zit:vlit  ebd.  225.  1266.  schit:zit  2683. 
othmüt :  gibüt  (gebuozt)  Wemh.  22,  12.  blöt :  döt  Wierstr.  2557.  grot 
:  gemöt  1774.  :nöt  1086.  :  döt  Hagen  2284.3772.  schöt :  döt  Wierstr. 
344.  :  not  477.  hüt :  üt  Wierstr.  1030.  krut :  üt  945.  malt :  alt  Wierstr. 
1307.  stolt  :  qolt  1058.  —  Aus  dem  Rother  ausser  Keim:  6a*  1180. 
dat  0.  wat  505.  scat  190.  dit  o.  did  972.  heit  1372.  weit  94.  Im 
Alexander  stat  :  bat  2461.  ;  entsat  449 ;  vgl.  Kinzel  in  d.  Hall.  Beitr. 
z.  d.  Phil.  40.  52.  —  Mo  seil  and:  dat  wat  it  Kegel  (Höfer  I,  2. 
n,  32.  80.  Lac.  III,  172.  632),  auch  die  neutrale  Adjectivendung  in  -et 
findet  sich  Höfer  II,  103.  Im  14.  Jh.  dringt  z  hier  in  die  Urkunden 
€in.  —  Lahn- und  Engersgau,  Wetterau:  dat  Höfer  I,  12.  H,  109. 
131.  158.  dad  Arnst.  Ml.  6,  4.  dit  Hü.  I,  201  (1294.  Frankf.)  Höfer 
II,  131.  Haupt  Z.  Vin,  156.  258.  ivat  Höfer  II,  109.  allet  I,  12.  bü 
Eberbach  800.  876.  vielleicht  auch  Morolt  1151.  3976.  4134.  —  Hessen: 
dat  dit  (cf.  Pronomina  §§  478.  480).  kort :  wort  Alsf.  Sp.  3540.  — 
Ostfranken:  bit  her  Henneb.  ü.  II,  .120.  kurtUchen  Job.  v.  Würz- 
burg Wh.  V.  Oesterr.  82^  — Mainz,  Worms:  Nüwesat  (I2ß4:.  Worms) 
HU.  II,  205.  dit  (1358.  Dalsheim)  HU.  HI,  1304.  bit  Höfer  I,  15. 
II,  205.  833.  III,  999.  1026.  1065.  1135.  1163.  1304.  1421.  Böhmer  758. 
—  Südlicher  Kheingau:  dit  HU.  I,  540.  608.  700.  722.  bit  daz 
I,  534.  —  Thüringen:  dit :  Berit  Pass.  H.  283,  80.  284,  89.  : glit 
275,  90.  :nescivit  128,  91.  :  rit  K.  60,  11.  243,97.  :trit  H.  160,  73. 
162,  59.  ditte  Mülh.  U.  973  (1346).  gesät :  stat  Pass.  K.  94,  26.  49,  30. 
106,  82.  Ebern.  1006.  Kathar.  M.  608.    :trat  Pass.  K.  7,  26.  217,  10. 


191 

248,  48.  hesat :  stat  Pass.  H.  246,  13.  ummesat :  rat  Kath.  M.  167.  §  197. 
stolt :  holt  ebd.  162.  kurt :  gehurt  Pass.  H.  142,  29.  K.  78,  88.  478,  36. 
494,70.  Väterb.  3119.  ihuhuH  Atb.  C*  29.  Pass.  H.  143,  25.  : gegurt 
Ath.  D.  161.  —  Meissen:  versat :  pfat  Frauenl.  Spr.  289,  19.  dit 
(c.  1405)  Cd.  Sax.  II.  8,  77.  flet  Frauenl.  ML.  32,  2.  kurt :  gehurt 
Krolw.  257.  4778.  Ev.  Nicod.  1040.  —  Nordosten:  dat:hat  Jerosch. 
10338.  hesat  iS.Frt.)  :  stat  15S71.  gesät  {Tic.) :  stat  9262.  m.  o.  :mat 
11857.  :ra*  11700.  :  getrat  2b6^\.  «mdirsat (Subst.);waM3315.  :  Conrdt 
16477.  schat :  stat  18807.  dit :  ahit  27562.  :  Davit  19092.  :  damit  25585. 
:gesmit  8914.  :  snit  J4894.  :  Sifrit  23297.  iwidirtrü  9559.  16574. 
:wit  14894.  :wit  23297.  stert :  wert  4383.  16754.  kurt :  gehuH  2Q^9^. 
Hvl.  Kr.  429. 

§  198.     Ausser   dem   un verschobenen   t   findet   sich  im  §  198. 
Mitteldeutschen   t   anStellevond,    d.  i.   sowol   von    der 
echten  Media  als  dem  Ersätze  für  th,  §  187.  f. 

t  für  alte  echte  Media  ist  nicht  häufig  und  scheint  unter 
Einfluss  von  u  zu  stehn :  tuft  Krolw.  4470.  tum  Krolw.  4601. 
Leys.  Pr.  96,  12.  Kath.  164.  getunget  Alex.  4557.  tunhel 
Alex.  6895.   Krolw.  1605.    vertunkeln  Alex.  137. 

Dagegen  begegnet  t  für  d  ==  th  oft:  regelmässig  in 
verterhen  Alex.  4044.  5190.  5203.  7078.  Ath.  A.  132.  F.  3. 
Herb.  2915.  9823.  Leys.  Pr.  42.  Myst.  I.  3,  3.  u.  o.  Secund. 
262.  475  Krolw.  livl.  Kr.  6346.  6483.  6594.  u.  o.  vorterpnis 
Cd.  Sax.  II.  6,  174.  Ferner  in  tamp  Silv.  704.  tacht  Myst. 
I.  27,  23.  temütecUche  19,  31.  Ticico,  Tilmannus  (1294) 
Cd.  Sax.  II.  9,  31.  Ticemannus  (1295)  ebd.  9,  34.  Titzeman 
Höfer  II,  171.  torf  HU.  I,  1101  (Wetterau).  tühte  Silv.  4799. 
tunken  (1327.  Thüringen)  Höfer  II,  117.  turst  Myst.  1. 162, 12. 
tursten  Ludw.  Kr.  2031.  getrangen  HU.  I,  1136  (Wetterau). 
tröwen  Myst.  I.  257,  10.    trüget  (drucket)  Silv.  5199. 

Auch  in  fremden  Worten  begegnet  dieses  t  flir  d :  techant 
Henneb.  U.  II,  48.  techenie  II,  108.  tuomtechant  II,  124 
(Würzburg),  tekarij  tümherre  Cd.  Sax.  II.  2,  1.  In  tihten 
hat  sich  t  allgemein  deutsch  festgesezt.  —  Auch  für  slav.  d 
kommt  es  vor  in  Ortsnamen  zb.  Toherlü  (Dobrilug).  Toheran, 

Im  Altschlesischen  begegnen  dieselben  Beispiele  für  die 
Verhärtung  lingualer  Lenis  im  Anlaute,  vgl.  Kückert  Entw.  140. 
Da  nun  die  heutige  schlesische  Mundart  (Dialectforschung  75), 


192 

§  198.  die  sonst  nicht  wie  die  meissnische  harte  und  weiche  Explo- 
siva vermischt,  in  denselben  Fällen  entschiedenes  t  (eigent- 
lich fi)  spricht,  so  scheint  ein  wirklicher  phonetischer  Vorgang 
durch  die  Schrift  hier  verbürgt.  An  „eine  Bewahrung  von 
oberdeutschem  t^^  kann  natürlich  nicht  gedacht  werden. 

§199.  §  199.     Inlautend  kommt  t  für  d  ebenfalls  vor,  selbst 

schettelich  ist  geschrieben  Spiegelb.  278,  21.    Auch  an  Liquida 

ist  es  geschlossen,  welche  die  Lenis  sonst  schüzt,  zb. 

melten  Ennen  I,  121.  geweltygest  Spiegelb.  272,  12.  twalte  Ernst 
A.  U,  23.  gewylteniss  Harff  84,  24.  wolti  Annol.  411.  halte  sculte  755.  f. 

—  wante  mfr.  Legend.  703.  vianti  Annol.  376.  lantin  206.  lanie  ^cidir- 
wante  401.  403.  bikante  208.  rante  Ernst  A.  II,  26.  gescente  I,  35. 
begonten  Hagen  93.  untir  Höfer  II,  136.  fruntelych  Spiegelb.  273,  14. 
suntelych  279,  5.  vorwuntin  (Ptc.)  Köditz  50,  33.  —  gewurte  {:  gehurte) 
Alex.  128.    pferte  Köditz  25,  10.    firtung  1410.  iC.  d.  Sü.  IV,  252.  f. 

Als  Zeichen  des  Schwankens  zwischen  t  und  d  darf  die 
Verbindung  td  gelten,  die  md.  schon  früh  (Lorscher  Urk.  des 
9.  Jh.)  und  dann  namentlich  im  südlichen  Rheinfranken  und 
der  Wetterau  bis  in  das  14.  Jh.  für  md.  d,  obd.  t  sehr  be- 
liebt war.  So  finden  sich  ratde  hüflatdech  stetde  dömitde 
mitdebrüder  spitdal  snitde  witder  bilde  Dytderich  Godte- 
lindis  gebütdet  fütder  gütder  —  altden  geltdes  hiltde  solide 
LüpoUde  werltde  genantde  wintder  gartde  hartde  swestder 

—  auch  in  Zusammensetzungen :  urtdeilin  valtdor  mäntdag 
sontdag. 

Auch  für  tt  (md.  dd)  begegnet  td  zb.  hatde  bilden  mitdel. 
Cosijn  Psalmen  S.  71  hat  diese  Verbindung  daraus  erklärt^ 
dass  die  erste  Silbe  wie  Wortschluss  betrachtet  sei  {an-mü- 
dön,  gemil'deldn) ;  Paul  Beitr.  VII,  129  nimmt  ebenfalls  Con- 
sonantendehnung  hier  an,  wie  er  es  nennt. 

dt  wird  in  den  früheren  Jahrhunderten  der  mhd.  Periode 
weit  seltener  als  td  gebraucht. 

II  dient  zunächst  für  t  nach  Kürzen  und  Längen ;  dann 

ist  es  md.  sehr  häufig  Assimilation  von  hl: 

attinhaUh  (1310.  Speiergau)  Anzeig.  5,  304.  gereute,  reitten  {rihten 
Rheingau)  Hü.  I,  579.  rettem,  verrettet  (1287.  Daun)  Höfer  I,  15. 
geslette  Friedb.  Kr.  G.  2,  20.  Erenhretteatein  (1139)  Mrh.  U.  I,  564. 
Gisührette,  knette,  reite  (1316)  Höfer  II,  73.  knette  (1334.  Thüringen) 
ebd.  175.    dottir  (1395.  Köln)  Lac.  III,  1011.    zutten  Ernst  A.  I,  4. 


193 

Ausfall  des  t  ist  theils  in  Sprechbequemlichkeit  gegründet,  §  199. 

wie  in  muchs  (mohtes)  Spiegelb.  281,  23.   lussam  Alex.  5155, 

hssam  Roth.  743.     erneslich  Elis.  3987.    epschin  (eptissin) 

Miilh.  U.  973;  theils  durch  Assimilation  vorbereitet: 

brulofft  Harff  196,  21.  brülucht  Ostersp.  757.  Dimar  (1276) 
Henneb.  ü.  I,  41.  Lipolt  Eother  92.  101.  Diepdt  Kenner  14381  (mit 
der  Deutung  Diepolt  Nidunc  Hnt  hoese  Jcristen),  achpere  Herb.  18452. 
Secund.  213.  Hüborgehüsin,  WcUpurge  Henneb.  U.  H,  60.  Warperg 
Köditz  45,  24i  wübraet  Sei.  Tr.  5^  lancgräve  (1360)  Cd.  Sax.  H.  8, 
35.  183.    cingrefe  Böhmer  356.    unbetrachlich  Secund.  381. 

Einschiebung  geschieht  zwischen  die  Compositions- 

theile,  vorzüglich  bei  auslautendem  n,  zb.  beidenthMen  gr.  ßud. 

20,  7.    degentUche  10,  4.    innentliche  Roth.  2271.    intgegen- 

wart  3365.  virwenentUche  Rud.  20, 10.   entbor  Alsf.  Sp.  5654 

und  hier  selbst  nach  dem  negat  en  zb.  entsaltu  1511.   entwöl 

3357.     Ausser  nach  -n  begegnet  dieses  epenthetische  t  öfter 

in  abtgot. 

§  200.     Im   Auslaut  vertritt  t   in  md.  Schriften  zu-  §200. 
weilen  nach  obd.  Regel  d.    Gewöhnlich  wird  aber  die  Media 
behalten,  vgl.  §  190. 

Md.  beliebt  ist  A  p  o  c  o  p  e  des  auslautenden  t ;  als  frän- 
kische Eigenheit  erwähnt  dies  Hug  von  Trimberg  in  einer 
bekannten  Stelle  des  Renner  22252 : 

wan  Te  tmd  eN  und  eRre 
sint  von  den  Franken  verre 
an  manegen  Wortes  ende. 

Besonders  häufig  schwindet  t  nach  s:  a)  in  der  Super- 
lativendung : 

ze  lezzes  Amst.  Ml.  10,  4.  d  jungis  Annol.  658.  ce  eres  Nrh. 
Bruchst.  4,  26.  aUer  trüwelichis  Roth.  99.  121.  drüwdiches  Elis.  564. 
holdes  467.  wehes  502.  dugenttiches  (;  gltches)  3529.  jemirlichis  Haupt 
XV,  373.  krenkis,  gehrechlichis  404.  schieris  Genn.  XVII,  344.  Henneb. 
TT.  n,  1.   lütes  Myst.  I.  153,  38.   allergUchis  126,  7. 

b)  ferner  fallt  in  Verbalformen  t  nach  s  oft  ab: 

is  oft.  weis  hess.  Evang.  274.  kans  :  gans  Herb.  11301.  kans 
mastr.  Ostersp.  678.  Earlm.  445,  57.    tars :  Mars  Fass.  H.  280,  42. 

c)  auch  vom  Stamm  schwindet  t  zuweilen  nach  s: 

vas :  daz  Orend.  16.  vorlös :  untrös  Tristr.  108.  mitetois :  gdichenis 
Joh.  V.  Prankenst.  823.  :vin8temis  4215.  :  desiderabilis  8907.  :biz 
1335.   diens  :  zins  Jerosch.  22566. 

W«inhold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  13 


194 

§200.  Abfall  nach  z: 

gesatz  Hü.  I,  737.  Köditz  G.  20,  15.    gesatz :  schätz  Joh.  v.  Fran- 
kenst.  2057.   ztdetz :  gesetz  1163. 
nach  r : 

wir  Alex.  4724.   hunder  :  stunden  Orend.  430.  806. 
nach  2: 

wiel :  geviel  livl.  Kr.  5860.  Joh.  v.  Frank.  9277.  vil :  wiel  11067. 
nach  n: 

tüsin  Höfer  II,  13.  düsen :  kirnen  Orend.  630.  mugen :  tugen  Joh. 
V.  Frank.  4979.  erkan :  Duriän  Orend.  3818.  Vgl.  femer  den  Abfall 
des  *  in  der  3.  PI.  Indic.  -ent  §  396. 

nach  m: 

lam  :  verdam  Joh.  v.  Frank.  10967. 
nach  b: 

iotb  :  trib  Joh.  v.  Frank.  783.  houb  :  stoub  7295.    ;  urloub  284. 
nach  p: 

unvirdarp  HU.  I,  201.   amp  ebd.  782. 
nach  /; 

cra/*;  ira/"  Jerosch.  18885.  heidenschaf :  graf  OTQnd,  232,  geHof: 
buschof  Hagen  2856.  luf :  uf  Jerosch.  26013.  auf :  üf  Pass.  K.  544,  10. 
kumf :  stumf  Jerosch.  12911.  darf  Alex.  6081.  Bartsch  üb.  Karlmein.  238. 
nach  ck: 

geatrick :  dick  Joh.  v.  Frank.  9379. 
nach  ch  (h):  / 

vah(t) :  sach  Orend.  1430.  Mnah(t)  :  mach  3173.  andäch :  geschach 
Joh.  y.  Frank.  9609.  stach :  darnach  5483.  ungemach :  nach  Tristr.  2396. 
kra>ch :  mach  Vorbewis.  8.  nach :  geschach  16**.  brach  Alex.  1396.  6821. 
maich  Böhmer  349.  na4:h  Secund.  391.  mastr.  Ostersp.  659.  knech, 
rech  106.  458.  ich  Eöditz  C.  11,  3.  nich  Böhmer  123.  500.  Myst.  I. 
154,  23.  hauwemarch  Hü.  I,  747.  gemarck  Köditz  G.  59,  1.  Vgl. 
anch  Pietsch  Trebn.  Ps.  LXI.   Eückert  Entw.  215. 

Anfügung  von  t  geschieht  auch  md.  besonders  an  die 
Linguale  n  und  s: 

nimanty  nebent,  irgent  nirgent,  davorent,  nochtant  ripuar.  oft, 
levent  (Rother  4680),  davant  (:  hant  Wierstr.  730).  —  sust :  gdust 
Väterb.  1579.  alsust :  brüst  Pass.  K.  101,  89.  :  Verlust  244,  52.  umme- 
sust:  tust  Väterb.  1135.  :  gelust  Pass.  K.  460,  42.  :  vertust  442,  68. 
Ludw.  Kr.  4019.  —  Andere  Fälle  zb.  darnacht  Roth.  1491.  napt  Sei. 
Tr.  163».    rompt  135». 

§201.  §  201.     Bei  der  häufigen  Verwendung  des  Zeichens  th 

in  md.  Schriften   des  12.   und   der  ff.  Jh.    verdient   dasselbe 


> 


195 

besondere  Erwähnung.     Ee   entspricht   nur  selten   der   alten  §201. 
Lingnalaspirata,  sondern  ist  gewöhnlich  schriftlicher  Vertreter 
Ton  t  und  d. 

Anlautend 

Für  Aspirata  th:  gethäht.  thare.  thetherthat,  thin, gethetiken, 
terthienen.  thigev.  thiet,  thing.  thoh.  thurfen.  thurh.  thurst,  thu,  thriu 
mfr.  Legendär,  vgl.  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  306.  tho  Both.  1466.  thin 
Both.  1078.  Thiederich  Roth.  1023.  1089.  Hü.  I,  1051.  Thümcmnus 
(1288)  HU.  II,  427.  Thitze,  Thile,  thütsche  Mülh.  U.  926.  thutzsch 
Böhmer  483.  thorn  766.  thüsent  Höfer  H,  44.  176.  Hü.  I,  949.  —  Für 
«chtes  d:  thön.  thüre.  threnken  mfr.  Legendär,  tkctg  Bother  2905.  3285. 
Hü.  I,  1121.  Mülh.  ü.  835.  Cd.  Sax.  H.  2,  62.  gethdn  Bother  3306. 
thun  Hü.  I,  1032.  Cd.  Sax.  U.  6,  43.  theil  Hildeg.  G.  65.  theaUh  24. 
theüung  Hü.  IH,  735.  thische  Leys.  Pr.  40,  33.  Thierolfus  Hü.  U, 
53.  132.  thocter  Both.  319.  2985.  thor  Cd.  Sax.  H.  6,  42.  thode 
Hildeg.  G.  46.  thörheit  Leys.  Pr.  38,  2.  thüre  Bother  1422.  thürliche 
Leys.  Fr.  38,  15.  —  Für  unverschohenes  t:  tholnere  Ennen  I,  9 
<1321).   thuschen  Hü.  H,  718.  HI,  1384.  Eherbach  767. 

Inlautend  für  d  (t): 

ethlichir  Bother  381.  Tethirich  1027.  Bietherich,  1993.  2789.  u.  o. 
hfthe,  Ditheric  Höfer  1, 26  (Thüringen  1299).  iMthewe  Mülh.  B.  43.  sithe 
(jrieeh.  D.  15.  dthe  Hü.  U,  1128.  rithir  866.  versceithe  mfr.  Legend.  241. 
reithe  670.  hreither  Bother  2637.  breithe,  lüthe  Cd.  Sax.  H.  2,  62. 
erheUhere'{l2Q8)  Hü.  I,  189.  Sigehoiho  (1161)  Hü.  H,  10.  Reimbotho 
(1187)  Mrh.  ü.  n,  125.  gothishüs  (1298.  Thüringen)  Höfer  I,  22.  oth- 
möte  Roth.  361.  Lütheger  Mülh.  ü.  926:  lütherliche  835.  Vtha  (1331) 
Hü.  m,  1000.  rüthen  (1289)  Hü.  I,  199.  tcingarthen  (1299)  11,  574. 
v)er{hin  Both.  2948.  teirthen  Hü.  I,  586.  geinwortheg  (1327)  Mono 
Z.  6,  311.  an<«7Mr*Äen.  gehurthe  (1315)  Höfer  H,  35.  verkoyfthe  (Köln 
1360)  Höfer  I,  29.  vesthen  (1304)  Lac.  HI,  29.  methetoochin  (1364) 
Cd.  Sax.  n.  6,  23. 

Belege  für  inl.  th  ^==  Aspir.  th  aus  dem  mfr.  Legendär  bei  Busch 
in  Zachers  Z.  X,  307. 

Auslautend: 

rath  mfr.  Legend.  90.  path  Hü.  I,  223.  aith,  saith  (1291)  I,  199. 
wirih  mfr.  Legend.  282.  657.  eyth,  gevreith  Lac.  HI,  60.  leith  Both. 
3422.  heyzzith  Hü.  I,  743.  geredith  768.  x?ie/i  Leys.  Fr.  40,  22.  Ennen 
I,  239.  goth  mfr.  Legend.  178.  690.  Both.  360.  Köditz  oft.  Watzelen- 
ro«h  (1235)  Eberbach  178.  noth  Both.  3461.  töth  2742.  werstath,  hith, 
underwysith,  guith,  Crisvelth,  hisigüth,  hanth,  kunth  (1328)  Hü.  III, 
963.  —  warth  Amst.  Ml.  2,  4.   mfr.  Legend.  733. 

13» 


196 

§201.  Wucherformen  dieses  nachgewiesenen  th  sind 

thd:  atethde,    leithdun.    ebenothde.    toingarthde   Buprechtsberg. 

Mrh.  Uk.  n,  367-380. 

tht:  Othtin  (1335)  Hü.  I,  877.    lüthte  köln.  Sachsp.  Prol.  171. 
tth:  hatthen  Hü.  I,  266.     Dittherich  Köditz  G.  4,  5.     ritther 

Hü.  I,  199.  201.  584.  625.  749.   Otthirherg  H,  321. 

§202.  §  202.     Nicht  unhäufig  ist  th  für  ht,  vgl.  §^195. 

hrath  Friedb.  Kr.  A.  16.  drathin  G.  1,  5.  nath  E.  1,  10.  G.  2,  16. 
hrathen,  nath  (1294)  Hü.  I,  201.  gerath  I,  623.  rethe  (1263.  Sayn) 
Haupt  IX,  262.  (1270)  Höfei  I,  8.  retheme  genethe  Hü.  I,  543.  kneüh 
567.  578.  Mülh.  E.  55.  atheü,  methig,  rethe  (1332)  Böhmer  515.  Hemer 
Hildeg.  G.  23.  mothe  Ennen  I,  236.  tothir  Griesh.  D.  15.  dother  Hü. 
I,  743.  duth  Friedb.  G.  1,  20.  süthen  (:  grüthen)  Morant  46.  ver- 
nunthich  köln.  Sachsp.  Prol.  6.  virworth  Mülh.  E.  27.  —  Besonders 
häufig  ist  dieses  th  =  ht  m  den  Trierer  Psalmen  (herausg.  mit  dea 
Windbergem  von  Graff.    Quedl.  1839). 

Auch  für  dieses  th  begegnen  Wucherverbindungen : 

thd  =-ht:  dothderltn  (1307)  Hü.  H,  679. 

tht  =  ht:  dothter  (1359)  Hü.  I,  939. 

tth  =  ht:  ritthan  Friedb.  Kr.  A.  13.  rettho  C.  2,  22.  wetthero 
E.  2,  7.  motthen  G.  1,  20.  2,  20.  geritthe  J.  2,  1.  atthent.  retthis 
Hü.  I,  201  (1294.  Frankf.).    Lüthenatein  I,  433.    retthe  Böhmer  349. 

z. 

§  203.  §  203.    Die  Oberdeutschen  hatten  die  alte  Lingualaspirata 

th  verloren  und  dafür  den  Affricatdiphthong  js  (ts)  angenommen^ 
welcher  bei  der  zweiten  Verschiebung  der  Mutae  an  Stelle 
des  gemeingermanischen  t  trat,  über  obd.  Reste  des  unver- 
schobenen  t  §  192. 

Ausser  ^  wird  im  Anlaut  vor  e  und  i  noch  im  12.  13.  Jh. 
gern  c  geschrieben;  im  14.  15.  Jh.  werden  c^  und  t^  üblich 
(über  CJS^,  CJSC,  czcis  in  schlesischen  Schriften  Eückert  Entw. 
149.  f.);  seltener  sind  zc  und  ish.  Auch  sc  erscheint  im 
13.  14.  Jh.,  worin  örtliche  Aussprache  des  e  als  scharfes  s  zu 
erkennen  sein  mag;  sogar  schw  findet  sich  im  zw,  AGr.  §  193. 

Die  Aussprache  des  anlautenden  z  war  in  gebildeter 
Rede  durchaus  ts ;  mundartliche  Abweichungen  waren  scharfes 
s,  wie  umgekehrt  z  für  anlautendes  s  vorkommt,  AGr.  §  184. 
BGr.  §  150. 


'  \ 


197 

Merkwürdig  wäre  z  ixLX  \  das  alem.  Schreiber  in  zwrz  §203. 
=  }i.wrz  und  zazer  =  ketzer  im  13.  14.  Jh.  selten  freilich 
setzen  (R.  Hildebrand  im  D.  Wörterb.  V,  4)  und  das  an  fries. 
und  slav.  Veränderung  der  Gutturaltenuis  erinnern  könnte 
{k  würde  zuerst  palatal  und  dann  zu  ts  assibilirt),  wenn  nicht 
z  hier  bloss  für  c  verschrieben  ist,  wie  in  fiumfzez  Griesh. 
Pr.  II,  116. 

§  204.  In-  und  auslautend  hat  sich  z  in  zwei  ver-  §204. 
«chiedene  Laute  gespalten:  in  jgr  und  scharfes  5,  gleich 
wie  ph  in  ph  und  f  zerspielt,  z  blieb  in  vielen,  nicht  auf 
durchgreifende  Regel  zu  bringenden  Fällen,  hauptsächlich  nach 
kurzem  Vocal,  femer  nach  l  n  r,  und  wo  es  auf  tt  =  tj 
zurückgeht.  Im  übrigen  wandelte  es  sich  in  die  scharfe 
Lingualfricativa  s,  AGr.  §  185.  BGr.  §  151.  Für  diesen 
Reibelaut  blieb  aber  z  als  Schriftzeichen;  auch  zz,  seltener 
e;;  ward  gesezt;  seit  Mitte  des  13.  Jh.  kam  auch  ss  dafür 
auf,  selbst  einfaches  s;  im  14.  Jh.  wird  sz,  das  übrigens 
schon  früher  sich  findet,  häufig.  Auslautend  wird  einfaches  s 
seit  14.  Jh.  oft  geschrieben ;  es  verdrängte  das  alte  z  allmäh- 
lich ganz  aus  dieser  Stelle. 

Das  Alem.  hatte  für  das  alte  z  (ts)  Vorliebe  und  be- 
hauptete es  gegen  die  gemeindeutsche  Vereinfachung  zu  5 
vielfach,  AGr.  §  185.  In  manchen  Worten  schwankte  der 
Laut  überhaupt,  so  in  reizen,  wize,  in  diz  und  hirz,^) 

Zwischen  dem  zu  scharfem  s  gewordenen  z  und  zwischen 
SS  oder  s  gestatten  sich  manche  Dichter  des  13.  und  14.  Jh. 
Reimbindung,  welche  durch  die  harte  Aussprache  des  obd.  s 
sich  erklärt: 

a)  Inlautend:  glasen  :  gazzen  Helbl.  1,  1294.  underbläsen: 
gesdzen  Virgin.  411,  8.  messe :  vergeeze  Staufenb.  465.  mezze  :  presse 
Hart.  159,  57.  gesezzen :  genesen  Lutwin  3681.  weisen :  neizen  Montf. 
25, 161.  mizzen  :  vermissen  Virgin.  480,  8.  giezen  :  fliesen  Krone  18117. 
rossen  :  merftozzen  982.   :  heslozzen  Montf.  31,  150. 

b)  auslautend:  gras  : naz :  daz  Neifen  48,  19.  gras : helmwaz 
Wolfg.  D.  m,  24.    ;  daz  V,  132.    :  vergaz  IV,  20.    glas  :  daz  VI,  14. 


*)  Auch  zur  Unterscheidung  der  Bedeutung  scheint  die  doppelte 
Aussprache  benuzt  worden  zu  sein,  vgl.  den  Beim  toizzen :  vizzen  Lam- 
precht Syon  682  mit  meiner  Anmerkung  hierzu. 


198 

§  204.  gelas  :  baz  Wolfd.  D.  X,  55.  Cädl.  236,  550.  Yljas  :  vergcus  Wolfd. 
0.  76.  was: baz  Rügen  374.  tr.  Kr.  49184.  Virgin.  70,  11.  Wolfd.  B. 
454,  55.  :daz  Tund.  41,  38.  Wolfd.  0.  3,  3.  Virgin.  923,  4.'Cäcü.  54. 
Heinz.  ML.  130.  Ammenh.  608.  Steinbuch  134.  :vergaz  gGerh.  1753. 
Wolfd.  D.  IX,  149.  :haz  IV,  73.  Cäcü.  68.  :laz  Wolfd.  D,  IV,  1. 
Virgin.  807,  11.  :maz  Ammenh.  320.  :naz  Wolfd.  D.  V,  81.  palasr 
saZ' Wiga,m,  2510.  :haz  Wolfd.  D.  IX,  9.  Tarias  :  daz  X,  26.  az : 
genas  Ammenh.  135.  baz  :  was  Virgin.  959, 1.  etewaz  :  was  Mantel  292. 
daz: glas  Steinb.  6.  :was  Virgin.  19,  11.  Montf.  2,  75.  33,  21.  saz: 
genas  Wolfd.  D.  334.  :  gras  Virgin.  23,  4.  :  was  Krone  25579.  Virgin. 
1014,  4.  Boner  53,  9.  Ammenhus.  788.  des :  nez  Otack.  c.  8.  einez  r 
meines  Uelmbr.  774.  gebeines :  dekeinez  Mart.  39,  62.  gewis  :  diz  Cäcil. 
472.  ungewis  :  diz  Heinz.  R.  290.  ris  :  wis  :  fliz  Lobges.  18,  8.  ßz: 
tagewis  Montf.  37,  36.  wiz  :  pris  Wolfd.  V,  59.  :  Treferis  V,  172. 
;  wis  Steinbuch  252.  484.  kos  :  gröz  :  genöz  MSH.  1, 136.  kos  :  eitgenoz 
Wolfd.  B.  454,  73.  verkös.:  verdröz  Boner  64,  1.  verlos  :  slöz  Wigal. 
288,  30.  sigelös :  gröz  Wolfd.  D.  HI,  38.  IV,  8.  Virgin.  101,  4.  triuwe- 
lös:  gröz  Wolfd.  0.  156.  blözilös  Boner  81,  14.  gröz:  kos  Wolfd.  0. 
521,  7.  ;  verlos  Wolfd.  D.  V,  87.  ;  ras  D.  124.  :  huotdös  Boner  78,  5. 
:  tröst  Montf.  18,  185.  sus  :  fluz  Mart.  153,  38.  Ammenhus.  772.  hus 
:  üz  Tund.  43, 56.  Helmbr.  1710.  Steinbuch  494.  :  drüz  Wolfd.  D.  IX,  91. 
Ammenhus.  488.    üz:hijts  Montf.  33,  53.    münz: uns  Otack.  c.  5. 

Germanisches  Gesetz  ist  die  Sibilirung  von  Lingaalis  vor 
affigirtem  t;  daher  geht  auch  js:  vor  diesem  ^  in  ^  über.  Also 
wird  bei  Kürzung  der  Superlative  beste  teste  groeste  aus  be^e 
leiste  groezte;  alem.  findet  sich  saste  kreiste  swiste  für  sazte 
kragte  swizte,  AGr.  §  185.  In  weist  wiste,  muost  muoste 
lebt  die  vor  der  Verschiebung  des  ^  zu  ^a^  bereits  bestandene 
Form  einfach  fort. 

Aus-  und  Abfall  des  z  wird  in  der  mhd.  Periode  io 
läzen  lies  beliebt :  län,  lie ;  alem.  auch  in  müezen :  müen. 

In  neuen  Textausgaben  wird  gewöhnlich  nach  Grimms  Vor- 
gang z  durch  Zf  die  Abspaltung  zu  scharfem  s  durch  ^  bezeichnet. 
§205.  §  205.     Das  mitteldeutsche  ^  gibt  zu  denselben  War- 

nehmungen  Anlass  wie  das  obd.  —  über  die  grösseren  Reste 
von  un verschobenem  t  vgl.  §  196,  wo  auch  gesagt  ward^ 
dass  die  Verschiebung  des  alten  ^  zu  ^  für  das  Mitteldeutsche 
(Ripuarische,  Chattische,  Thüringische)  als  Regel  gilt  und  t 
nur  eine  Ausname  ist. 

Als  Schriftzeichen  kommen  im  Anlaut  vor  z,  c,  zc,  cz, 
tz,  sc,  sz,  zh,  zcz;  vor  w  scz  {sczwischen  Cd.  Sax.  II.  8,  23), 


199 

auch  blosses  s  {swinge,  swiende  Lac.  III,  47.   smschen  Herb.  §  205. 
1123.  Spiegelb.  284,  33)  und  vergröbert  seh  oder  gar  tsch: 
mit  Auflösung  des  wi  zu  u  findet  sich  schuschen  HU.  I,  1211. 
n,  758.   Böhmer  461.  u.  o.    tschuschen  HU.  I,  647. 

Im  In-  und  Auslaut  erfolgt  dieselbe  Spaltung  in  jsf 

« 

und  5  (-gr  und  2)  wie  obd.  Als  Schriftzeichen  kommen  für 
erhaltenes  js  vor  ^,  ^^,  c^,  tcj^  (Höfer  II,  13.  Cd.  Sax.  II.  8, 
173.  Nordh.  Weist.  A.  24),  sc  (Rother  317),  ^cz  czcis  (Rtickert 
Entw.  149),  cz^c  (Cd.  Sax.  II.  8,  26).  Für  das  scharfe  s  be- 
gegnen z,  sodann  zs  (oft,  zb.  Marienl.  22,  30.  44,  11.  Lac. 
III,  236.  HU.  I,  668.  811.  II,  735.  III,  1208.  1279.  Böhmer 
520.  Rückert  Entw.  154)  sz  (zb.  Böhmer  253.  282)  sc  (HU.  II, 
851)  zc  (HU.  I,  570)  ssz  (HU.  III,  1306.  1351.  Wülcker  in 
Paul-Braunes  Beitr.  IV,  45)  scz  (Kath.  M.  167)  zz  (Böhmer 
713.  714)  SS  (Lac.  III,  537.  542  a.  1263.  1264.  HU.  III, 
1212.  1274.  1295.  1380.  1385.  u.  0.)  s  (Höfer  II,  13.  32. 
109.  HU.  I,  576.  700.  Trierer  Spiegelb.  267,  12.  269,  6. 
273,  20.  280,  1.  u.  0.)  sh  (Lac.  III,  163)  seh  (Vorbewis. 
ll^  40^    Kölner  Cronica  8.  10.  u.  0.  in  geheischen  hiesch). 

Auslautendes  z  (Abspaltung  zu  s)  wird  mit  echtem  s 
auch  md.,  wenn  gleich  seltener  als  obd.  gereimt: 

furhaz  :  gras  Salm.  491,  2.  daz  :  was  556,  2.  Junk.  u.  Heinr. 
436.  1500.  saz.-laz  Secund.  17.  :wa8  Junk.  u.  Heinr.  1528.  gesaz : 
gras  ebd.  558.  gras  :  vergaz  Salm.  500,  5.  diz  :  is  Schachb.  304,  2. 
:gewis  375,  23.  hüs  :  üz  Hartm.  Gl.  1698.  1806.  3200.  J.  u.  Heinr.  154. 
büz  :  kus  Dietr.  v.  Glaz  Gürtel  857.  müz  :  sus  Ludw.  Kr.  5395.  Reime 
aus  Karlmein,  bei  Bartsch  über  KM.  256. 

Inlautender  Keim :  wizzin  :  trubnissin  Schachb.  314,  11.  unvir- 
drozzin  :  rossin  325,  28. 

Sibilation  von  wurzelhaftem  z  vor  unmittelbar  affigirtem 

t  erfolgte  nach  dem  Gesetz  besonders  häufig  in  saste  gesast, 

auch  in  beste  teste, 

best :  zelest  Marienl.  121, 21.  leste :  beste  Morungen  MF.  123, 10. 14. 
ze  leste  :  veste  Alex.  3413.  Herb.  5382.  —  Vgl.  auch  vaste :  hazte  Schachb. 
166,  5.  vergizt:ist  346,  32.  tr6st:gen6zt  161,  5.  haste  reiste  gereist 
Köditz  36,  3.  6.   79,  25. 

Zu  gedenken  ist  noch  des  Einflusses,  den  linguale 
Liquida  {l  n  r)   auf  folgendes  s  und  z  übt:    s  wird    durch 


200 

§205.  liDgnalen  Beisatz   zu  ^,   s   dagegen   durch   Auflösung   seines 
^-Elementes  zu  s, 

8  wird  zu  8:  hoUs  (1313)  HU.  n,  741.  Sdkdmrg  Köln.  Bepg.  Cr.  42. 
gatue  Lac.  m,  801.  geruHich  Lac.  m,  187.  965.  Henneb.  ü.  11,  104. 
Cd.  Sax.  n.  9,  129.  Cran8z  (1281)  Ennen  m,  178.  munsse  HU.  I,  529. 
viersich  Lac.  IH,  486. 

8  wird  zu  z:  vormale  Cd.  Sax.  n.  8,  42.  Judzgericht  9,  131.  Eren- 
velts  (1276)  Ennen  m,  112.   mammaü  HU.  I,  579. 

Im  Kipuarischen  herscht  die  Neigung,  e  nach  r  in  tsch 
zu  wandeln :  ertschehischof  Köln.  Repg.  Cr.  62.  Lac.  III,  278. 
280.  422.  950.    lurtsche  Xarlm.  333,  55.  Köln.  Gronica  155. 

In  läzen  wird  auch  md.  das  z  syncopirt  und  apocopirt : 
lan,  las  (:hä8  Herb.  8655.  10540.   :  j^aZo^  Elisab.  7458),  lie. 

S. 

§206.  §  206.     Die  linguale  Fricativa  theilt  sich  phonetisch  in 

eine  tonlose  (fortis)  und  eine  tönende  (lenis).  Dürfen  wir 
aus  heutiger  obd.  Aussprache  schliessen,  so  war  im  Anlaut 
das  s  die  Fricativa  fortis ;  sie  wird  von  den  Phonetikern  mit 
8  bezeichnet.  Unsere  alte  Schrift  wählt  dafür  f,  nicht  bloss 
im  Anlaut  sondern  auch  in-  und  auslautend.  Seit  dem  14.  Jb. 
sezt  sich  im  Auslaut  s  dafür  fest,  das  aber  an  den  andern 
Wortstellen  nur  selten  verwant  wird.  —  Über  das  Zeichen 
z  für  s  im  nfrk.,  md.  und  besonders  schlesischen  Rückert 
Entw.  152.  f. 

Die  anlautenden  Verbindungen  sp  sw  st  sl  sm  sn  hatten 
ursprünglich  reines  s,  das  aber  allmählich  zu  seh  übergieng. 
Bei  sl  lassen  sich  die  Anfänge  dazu  durch  die  Schreibung 
sei  bis  in  das  9.  Jh.  verfolgen ;  fiir  das  14.  Jh.  ist  die  Aus- 
sprache schp  schw  schl  schm  sehn  nachgewiesen,  bei  st  ist 
die  gleiche  Vergröberung   sehr  wahrscheinlich.   AGr.  §  190. 

sc  (sk)  gieng  vor  e  und  i  wol  schon  im  9.  Jh.,  nach 
der  damals  auftretenden  Schreibung  seh  zu  schliessen,  in  den 
cerebralen  Reibungslaut  über,  obschon  se  noch  im  12.  Jh.  das 
gewöhnliche  in  der  Schrift  ist,  im  13.  Jh.  noch  oft  vorkommt 
und  selbst  im  15.  Jh.  noch  auftritt.  In  der  Schrift  haften 
die  alten  Zeichen  gegen  die  Aussprache  oft  lange,  wie  unsere 
nhd.  st  sp  beweisen.     Die  grade  nicht  häufige  Schreibung  sg 


201 

wird  andeuten,   wie   der   dem  s  verbundene  velare  Gruttural  §206. 
sich  in  den  palatalen  wandelte,  worauf  sich  dann  weiter  seh 
entwickelte.   Im  12. — 14  Jh.  wird  för  seh  auch  sh  geschrieben, 
AGr.  §  192.  BGr.  §  157. 

In  alem.  Hss.  des  12. — 14.  Jh.  steht  zuweilen  s  für  sc 
(seh),  zb.  Satz  sepfen  sif  sriben  versrdten  —  harnese  ehüsir 
wunses  fleisUch  küsUeh  mennesUeh  —  mennis  hovis.  —  Schwer- 
lich ist  hier  s  gesprochen  worden ;  ich  glaube  vielmehr,,  dass 
die  alem.  Schreiber  s,  das  sie  inlautend  und  auslautend  als 
seh  sprachen,  einfach  für  seh  schrieben.  Wenn  sich  Hart- 
mann Ton  Aue,  Ulrich  von  Zazikhofen,  Rudolf  von  £ms  Reime 
erlaubten  wie  leiste  :  glaste  Erec  1 780.  erlaste :  glaste  Bari. 
323,  25.  wüste :  gelüste  Lanz.  2208.  wunsten  :  kunsten  3152 
(andere  Beispiele  BGr.  §  154.  190),  so  beruhen  diese  dialect* 
lieh  reinen  Reime  nicht  auf  s  für  seh,  sondern  auf  der  Aus- 
sprache des  st  als  seht:  laschte  glaschte,  wünschte  kunschte 
n.  8.  w.  In  den  Fremdworten  harnasch  vdlsch  hat  sich  seh 
für  s  in  der  Schrift  festgesezt.  Vom  In-  und  Auslaut  mag 
jenes  als  seh  gemeinte  s  auf  den  Anlaut  übertragen  sein. 
seh  für  st,  das  alem.  nicht  unhäufig  ist,  zb.  maschbotim, 
Uuotharsch,  geischelich,  rösch,  hrünscJdich,  erklärt  sich  durch 
Ausfall  des  t  aus  seh  =  st. 

Über  md.  s  für  seh  §  210. 

§  207.  Für  inlautendes  s  kommt  zunächst  der  gram-  §207. 
matische  Wechsel  zwischen  s  und  r  in  Betracht,  §151. 
Der  Wechsel  geschieht  in  mhd.  Zeit  noch  in  dem  Perfect 
der  Zw.  wesen  genesen  lesen  rtsen  kiesen  vriesen  Verliesen. 
In  was  wären  waere  ist  der  Wechsel  fest,  ebenso  in  verlm 
verlurn  verlür,  fros  frurn  frür;  alem.  geht  selbst  im  Sg.  Pf. 
und  im  Präsens  zuweilen  s  in  r  über,  AGr.  §  196.  In  ge- 
nesen lesen  risen.  kiesen  behauptet  sich  das  s  noch  neben  r, 
bei  risen  kiesen  seltener,  bei  genesen,  lesen  häufiger:  also 
rim  kum  genäsen  läsen,  seltener  risen  ktisen  genären  lären. 
AGr.  §  196.  BGr.  §  161. 

Germanisches  Gesetz  war  die  Sibilation  wurzelhafter 
Lingualis  vor  affigirtem  t,  wonach  also  d  t  z  vor  ^  zu  ^ 
wurden   §  151 ;   femer  die  Einschiebung  eines  euphonischen 


202 

§207.  8  zwischen  vocalischen  oder  liquiden  Wurzelauslaut  und  das 
Suffix  t-   §  157. 

Doppeltes  s  ist  in  wenigen  Worten  alt;  auslautend 
wird  es  gesetzlich  stets  vereinfacht:  gewisse  gewiß,  -nisse 
nis,  misse  mis,  rosse  ros,  küssen  ktis. 

Auf  assimilirtes  st  geht  ss  zurück  in  wisse  wesse  (Pt.  zu 
wijs^en). 

Aus  hs  wird  ss  im  Elsässischen,  gemäss  dessen  md. 
Earacter  gern  angeglichen,  zb.  wassen,  wessel,  hesse,  sesste 
(gewöhnlich  seste),  osse,  busse ;  ausserhalb  des  Elsasses  kommt 
diese  Assimilation  obd.  nur  selten  vor,  AGr.  §  1^1.  BGr.  §  156. 

Aus  Is  entsteht  ss  mundartlich  in  ass  AGr.  §  194.  BGr. 
§  156.  Durch  Umstellung  wird  ss  selten  erzeugt,  doch  vgl. 
die  Gen.  disse  Erec  317.  Greg.  1776.  Kl.  C.  1368.  u.  o.  und 
hüsse  Wernh.  Mar.  171,  34 

Durch   geschärfte   Aussprache   von   einfachem  s   erklärt 
sich  die  Schreibung  lessen  dissen  verliessen  btwssen.    Selbst 
auslautend  wird  späterhin   dess,   hauss  rofss  alss   vnss  ge- 
schrieben. 
§208.  §  208.      Das   mitteldeutsche  s   gewährt   dieselben 

Erscheinungen  wie  das  obd. 

Die  Verbindungen  sl  sm  sn  sp  sw  st  wurden  in  der 
mhd.  Periode  ebenfalls  schon  mit  cerebralem  Reibungsgeräusch 
als  schl  schm  u.  s.  w.  ausgesprochen.  Für  sohl  gehn  die  An- 
deutungen weit  zurück,  vgl.  skltwg  Ludwigsl.  52.  scluvun  Paris. 
Virgilgl.  296.  scläphun  Mainz.  B.  6.  scloch  Rother  562. 
scleich  2503.  sclufßn  4073.  besdagen  1574.  u.  a.  VgL  aus 
späterer  Zeit  sclideweg  (1344)  Hü.  Ill,  1161.  schlose  (1383) 
I,  700.  ingeschlossen  (1391)  III,  1490.  Ferner  schmäh 
(1287)  Hü.  III,  1550.     beschwierin  (1263)  Ennen  II,  468. 

über  sc  seh  §  210. 

Der  grammatische  Wechsel  vollzieht  sich  md.  ebenso 
wie  obd.,  §  207 ;  nicht  minder  die  Sibilation  der  Linguale  vor 
suffigirtem  t,  und  ebenso  die  Einfügung  eines  euphonischen  s 
zwischen  vocal.  oder  liquidem  Wurzelauslaut  und  suffigirtem  t 
Für  dieses  leztere  sind  im  besondern  zu  erwähnen  die  Perfect- 
formen  gonste  gegonst  von  gönnen,  und  die  Feminina  begunst 


203 

(zb.  Pass.  H.  56,  25.  K.  112,8.  Jerosch.  12689),   munst  (Elis.  §208. 
1962.  3127.  6160.  u.  ö.),  Jcumst  (in  kumstic  Krolw.  2034.  3647), 
vernunst  Qbrunst  Pass.  K.   153,  39.     :  gunst  Frauenl.  Spr. 
331, 19.  :  kunst  Pass.  K  86, 11.  Jerosch.  19560.  Krolw.  2997), 
heginstnus  Altd.  Neujahrsbl.  70,  23. 

Ein  jüngerer  euphonischer  Einschub  von  s  geschieht  md. 
in  antstveder  Myst  I.  23,  16.  u.  ö.  entzwar  Köditz  8,  9.  20,  20. 

Interessant  ist  in  st  für  ht,  das  sich  dem  ft  für  ht  und 
ht  für  ft  vergleicht,  die  Verschiebung  der  Sibilanten.  Schon 
im  got  vaurstvja  erscheint  sie,  ferner  im  altfränk.  trust,  trustiSy 
und  in  den  altndl.  Psalmen  18,  10  drusten;  dann  im  Leip- 
ziger Sachsensp.  (Ausg.  v.  1863)  S.  73  kneste,  76  ristet. 

Wie  in  der  Verbindung  ht  das  h  nicht  selten  schwindet, 
§  242,  so  schwand  auch  in  altschles.  Schriften  zuweilen  in 
der  Verbindung  st  das  s:  geytlich,  sechte,  durchluchtite,  leit, 
seit,  hasset,  Rückert  Entw.  195.  253. 

§  209.     TJber  ss  gilt  im  allgemeinen   das  für  das  Obd.  §  209. 

bemerkte.     Im  besondern   aber  niuss  die  starke  Neigung  hs 

zu  ÄS  zu  assimiliren,  hervorgehoben  werden. 

wassen  Alex.  4950.  Herb.  1739.  gewassert  Alex.  5148.  Pilat.  352 
(176).  Herb.  2972.  Marienl.  89,  12.  gewasse  Lacombl.  I,  461.  HI,  187. 
wesset  Alex.  1502.  Myst.  I.  56,  1.  woissen  Sei.  Tr.  141*.  weiss  Harff 
38,  27.  gewasses.  flasses  Elis.  3010.  missewasses  HU.  I,  1024.  —  assa 
Wiesbad.  Gl.  58.    assel  Herb.  5016.  Elis.  3536.   —   vasse  Alex.  5149. 

—  tvessel  Eberbach  881.  HU.  HI,  1125.  1372.  I,  758.  1019.  Henneb. 
ü.  n,  14.  Ebern.  426.  Lac.  UI,  57.  210.  —  sess  Vorbew.  2.  Harff  62,  8. 

—  0886  Hü.  in,  957.  Myst.  I.  43,  24.  Ossendorp  (1176)  Lac.  I,  461. 
Ossinheim  Hü.  I,  934.  —  vosses  Mrh.  U.  H,  387.  fosspat  HÜ.  I,  957. 
fussegräben  HI,  1169  (Worms),  husse  Anzeig.  3,  27.  —  Eeimbelege 
gewassen  :  passen  Erlös.  455.  wöss :  gröz  Alex.  5662.  ossen  :  trossen 
Wierstr.  1294.    hussen  :  küssen  Herb.  9240.    :  schlissen  Wierstr.  725. 

Assimilation  von  Is  zu  ss  wird  auch  md.  ausgeführt  in  asse 
zb.  Elis.  2576.   Höfer  II,  54.    asso  Kölner  Cronica  16^ 

SS  für  einfaches  s  begegnet  auch  in  den  md.  Schriften 
des  14.  15.  Jh.  nicht  selten,  auch  ss  findet  sich  dafür;  zb. 
fassenach  HU.  1,  758.  wessen  (neben  wesen,  wezen)  I,  944. 
Gissele  HU.  I,  1051.  Ledernhosjse  I,  963.  fSchsse,  wohssen. 
ahssen  Alex.  4889.  4952.  5342.    lasjsi.  alsz  Böhmer  782. 


204 

§210.  §  210.     Die  Verbindung  sc  dauert  schrifUich  im  13.  Jh. 

und  noch  später  fort,  ist  aber  fär  die  mhd.  Periode  und  auch 
gewiss  fiir  einen  Theil  der  ahd.  als  seh  zu  sprechen,  das  sich 
zuerst  vor  und  nach  e  und  i,  dann  auch  bei  den  andern 
Vocalen  durch  Wandelung  des  k  in  Falatalis  entwickelt  hat. 
Im  Leidener  Williram  und  im  mfrk.  Legendär  ist  sc  Regel, 
aber  seh  wird  daneben  nicht  selten  gebraucht  Im  Amsteiner 
Marienieich  überwiegt  schon  seh  über  sc;  im  Strassburger 
Alexander  ist  sc  zwar  noch  Regel,  aber  SiJi  kommt  vor  e,  % 
ei,  a,  0,  ti  vor;  in  den  Wiesbadener  Grlossen  stehn  sce  scei 
sei  sca  scü  neben  sehe  schei  schu.  Im  Annol.  werden  sc  und 
seh  gebraucht;  im  Kölner  Sachsensp.  von  1297  steht  immer 
seh,  und  nur  zuweilen  sc  in  scap. 

Ausser  sc  und  seh  wird  mitunter  sg  {g  =  cÄ),  öfter  sh 
geschrieben;  auch  die  Wucherverbindungen  ssh,  ssch,  sschs 
begegnen.  Nach  l  n  tritt  zuweilen  t  als  lingualer  Zusatz  an, 
zb.  meintsche  Schillinge  HU.  III,  1267.  hüntsch  win  III, 
S.  103.  Anm.  mentsch  Musk.  8,  263.  wuntsch  36, 14.  feilschen 
8,  201.  geseltschaf  Ennen  I,  30.  költsch  I,  25.  117. 

Sehr  häufig  ist  in  den  Schriften  aller  md.  Landschaften 
besonders  im  14.  15.  Jh.,  aber  schon  früher,  die  Verwendung 
von  Sj  SS,  sz  fär  seh. 

Anlautend : 

sarpenstein  HU.  I,  223.  grasaf,  heyrsaf  Höfer  H,  109.  lantsaf 
Harflf  210,  25.  szeffen  HU.  HI,  1161.  »illinge  I,  577.  sultheiz  I,  223. 
irsrecket  Roth.  1275.  irsraken  Myst.  I.  137,  34.  sribit  Mone  Z.  VI,  311. 
srift  HU.  I,  943.  8nen  Anzeig.  3,  37.  Belege  aus  Johann  v.  Olmtitz 
Hieronymus  in  der  Aasg.  von  Benedict  LH.  Beispiele  für  sz  «=»  seh  aas 
den  Patschkauer  Psalmen  bei  Eückert  Entw.  154. 

Inlautend : 

dressen  HU.  I,  895.  gelesset  Griesh.  D.  17.  heisent  Böhmer  357. 
tileisis  Griesh.  D.  16.  romesse  Wiesb.  Gl.  229.  swevisse  Köln.  Sachsp.  L 
18,  1.  disse  Elis.  2790.  vermisset  4832.  zwissen  HU.  I,  582.  Ludw. 
Kr.  361.  zwusser^  HU.  I,  623.  zussen  U,  955.  zwossen  HU.  I,  847. 
rechttüsserin  Alsf.  Sp.  5244.  vnkeusser  Hieronym.  UI.  wüste  Kölner 
Oronica  52»>.  er  forste  Köditz  G.  19, 29.  —  Das  älteste  Beispiel,  das  ich 
kenne,  bieten  die  Pariser  Virgilgl.  174  frosse,  —  Beimbelege:  messen: 
pfnessen  (mischen  :  pfiieschen)  Elis.  4375.  disse  :  gewisse  ebd.  1717.  2923. 
fnissen  :  gissen  4469.    zussen :  kiissen  Erlös.  2901.    verlast :  gleist  Elis. 


205 

2862.  Erlös.  3005.     miste  :  geniste  Frauenlob  Spr.  375,  6.    gemisten :  §  210. 
listen  Hol.  106,  2. 

Auslautend : 

fis  Elia.  1109.  viswise  HU.  I,  223.  vismart  HI,  955.  fris  Elia. 
541.  frisz  Köditz  G.  90,  11.  rislich  86,  28.  Vederwiss  (1266)  HU. 
H,  215.  vederwusz  11,  714.  vederwus  II,  791.  fleis  Elia.  1635.  Grieah. 
D.  16.  Myat.  I.  64, 26.  fleishowere  (1267)  Eberbach  403.  ies  Elia.  5841. 
vries,  hies  Herb.  8313.  frois  Böhmer  464.  wüs  tr.  Silv.  290.  bus  Höfer 
H,  109.  durhtenbus  (1252)  Eberbach  272.  wuns  Elia.  5811.  —  hobis 
:  lobis  Triatr.  5066.  hubes  Elia.  167.  kindes  1543.  criechis  Alex.  1207. 
1209.  —  vleislich  Marienl.  38,  19.  küslich  Elia.  637.  unvorksUch 
Myat.  I.  143,  23.  irdeslich  Elia.  10131.  mendicho  Friedb.  Er.  G.  1,  2. 
iiKiiflZfe^  Mone  Anz.  3,  35.  u.  o.  gotisheit  Myat.  I.  26,  10.  judesheit 
mastr.  Oaterap.  700. 

Wir  können  dies  häufig  vorkommende  s  för  seh,  für  das 
hier  eben  nur  ^ine  verhältnismässig  kleine  Zahl  von  Belegen 
aufgeführt  ist,  nicht  wie  das  alemannische  §  206  aus  der 
heute  noch  lebendigen  mundartlichen  Aussprache  erklären,  die 
dort  seh  für  s  sprach,  sondern  müssen  wol  wenigstens  für 
Anlaut  und  freien  In-  und  Auslaut  Tausch  des  cerebralen 
Reibungslautes  mit  dem  lingualen  annehmen.  Auf  einen 
Wechsel  der  beiden  Laute  weist  auch  seh  für  s  hin,  das 
zuweilen  geschrieben  ist: 

schipschaft  Köditz  G.  40,  20.  schiezit  Eath.  M.  165.  schufczunge 
Trebn.  Pa.  78,  11.  —  eptischen  Cd.  Sax.  n.  8,  146.  —  persckon  Sei. 
Tr.  115».  Harflf  35,  26.  145,  3.  Hirschen  {hersen)  Trebn.  Pa.  tciscUcTie 
Both.  4476.  wiscMiche  3966.  etsMiche  Trebn.  Pa.  138,  14.  bischtüm 
Hü.  m,  1294.  1330.  Cd.  Sax.  II.  8,  153.  schüsst^id  Cd.  Sax.  n.  6,  59. 
buschdöm  Hagen  125.  Sei.  Tr.  139*.  —  ysh  (Eia)  Trebn.  Pa.  148,  8. 
huysch  Köln.  Cronica  80.   Hoenvdsch  HU.  I,  671.   Juüsch  Alaf.  Sp.  4677. 

seh  für  st  wird  sich  durch  seht  mit  Verschweigung  oder 
Vernachlässigung  des  t  erklären. 

schüre  Köditz  G.  50,  13.  dynschedagh  Lac.  in,  965  (vgl.  heutiges 
köln.  boach  =  boacht  es  borat). 

L. 

§  211.     l  ist  ein  lingualer  Reibelaut  wie  s,    aber  von  §211. 
diesem  verschieden  dadurch,  dass  der  Verschluss  vom  an  der 
MundöfFnung   vollständig  ist,    während    hinten   eine   Öffnung 
bleibt,    durch  welche   die  Luft  an   den  Backen  entlang   nach 
vorn  strömt  (Brücke  41). 


206 

§211.  Unter  die  anlautenden  einfachen  l  mischte  sich  im  Obd. 

seit  dem  9.  Jh.  eine  Zahl  solcher,  die  aus  hl  entstanden,  indem 
h  schwand.  Dieses  secundäre  l  beginnt  die  Worte  laden 
last,  lochen  Zw.,  lanhe,  leip,  Idter,  le,  limmen,  Unen,  liezen 
16^  lui3,  lity  Ivmtunt,  losen,  laufen,  lüt  lüter,  liiejen. 

Tausch  von  n  miil  zeigt  die  Formel  sn  in  snoede  sloede, 
sniume  sliume;  Mattend  kommt  zuweilen  (alemannisch)  wemt 
für  werlt  vor. 

Häufiger  wechselt  r  mit  /  besonders  alemannisch:  chilche 
für  hirche,  helfen  für  herjen,  schalmHizen  für  scharmütsen 
AGr.  §  194;  salworht  für  sarworht  BGr.  §  158.  r  für  l  tritt 
auf  in  huderwät  (ülr.  v.  Türheim  Trist.).  Häufiger  tauscht 
r  mit  l  im  Suffix :  engstel  (Heinr.  v.  Neustadt  GZ.  475),  Aorpel, 
karkel,  horpel,  martel^),  ebenso  in  ankel,  marmol,  TriA^ 
priol  priolin,  trisol. 

Es  zeigen  sich  daher  auch  in  Reimen  Berührungen  zwischen 
l  und  n,  l  und  r;   vgl.  Wackemell  Montfort  CLXIV. 

Umstellung  des  l,  sodass  es  aus  dem  Suffix  in  den 
Stamm  trat,  erfolgte  in  alem.  nälde. 

Ausfall  geschah  alem.  in  soln,  wellen  wein  (:son,  wen), 
ferner  österr.  in  werlt:  Thomasin  von  Zircläre  reimte  dieses 
wert  (=  werlt)  auf  ert  wG.  9685.  furwerd  9658,  vgl.  auch 
wertlich  Karajan  98,  15.  101,  13. 

In  hischof  ward  l  in  den  vom  Volk  auf  den  bekannten 
Namenstheil  ^olf  bezogenen  zweiten  Theil  des  Wortes  in 
Baiern  und  Österreich  im  12. — 15.  Jli.  gern  eingeschoben: 
6S  entstund  also  bischölf» 

Die  Doppelung  II  ist  gewöhnlich  aus  Z;  assimilirt,  so 
in  den  schw.  Zw.  qtiellen  seilen  stellen  swellen  twelleti 
wellen  zellen  stillen  füllen  und  in  den  Subst.  eilen  geselle 
helle  wille. 

Seltener  ist  II  aus  Ih  entstanden:  weller  soller,  bevellen, 
verswellen;  noch  seltener  aus  Ib:  seller. 

Regressive  Assimilation  aus  nl:  jsmllinc,  Tcüllinc,  eigel- 
lieh,  aus  tl:  guollich. 

^)  Dass  martel  nicht  md.,  marter  obd.  Form  war,  wie  behauptet 
ist,  hat  schon  W.  Grimm  über  Freidank  S.  39  gezeigt. 


207 

§  212.  Im  Mitteldeutschen  bietet  l  dieselben  Er-  §212. 
scheinungen  wie  im  Obd.  Im  besondern  ist  hervorzuheben 
Wechsel  zwischen  l  und  n:  b)  l  für  n  in  sieche  Harff 
143,  21,  in  dem  hess.  Ortsnamen  Sumelesvelt  (13.  Jh.)  für 
älteres  Suminesvelt  (Arnold  Ansiedel.  630),  ferner  in  orgal 
Brev.  46.    b)  n  für  ?  in  enlende,  wernt  §  218. 

Wechsel  zwischen  Z  u  n  d  r ;  a)  Z  für  r  in  dem  hess. 
Ortsnamen  Brungolsheim  =  BrungSrsheim  (13.  Jh.  Arnold 
ADsiedel.  630),  in  martilie  Wernh.  61,  6.  Marienl.  31,  2. 
gemartilt  Repg.  Cr.  18.  mertelunge  Vorbew.  42.  heveische 
(Hebamme)  Sei.  Tr.  156*.  prielin  (1290)  Böhmer  252.  priolin 
(1346)  Mülh.  U.  973.  preolin  Hü.  I,  805.  Rodele  {Rhodanus) 
Myst.  I.  204,  4.  Trielscher  (1288)  Höfer  I,  16.  b)  r  für  l: 
lixtzer  Rol.  232,  14.    pf eller  (oft),    armusen.  Ennen  I,  245. 

Umstellung   des   l   erfolgte   in   splüter   Ath.   G*  32 
{spliUern  :  rittem)   aus   spilter,   femer    mit   Einfügung    des 
safßgirten  l  in  den  Stamm   in  näMcy   der  gewöhnlichen  md. 
Form  des  Wortes  (im  Reim  :  Salden  Herb.  6772),  vgl.  auch ' 
ingesilg  Henneb.  ü.  II,  87. 

Ausfall  geschah  zuweilen  am  Niederrhein  in  werlt: 
weritlich  Annol.  702.  weretlich  (1272.  Isenburg)  Höfer  I,  9. 
Lac.  III,  180.  wertlich  Lac.  III,  462.  Auch  die  Reime  diet 
:  hielt  Karlm.  478,  36.  enthielt  :  niet  255,  5.  spielt :  niet 
248,  27  halte  ich  für  rein,  indem  das  l  vor  t  schwand,  vgl. 
heutiges  achen.  att  zu  köln.  alt  ald  (schon),  und  das  gewöhn- 
liche ass  as  aus  als. 

Doppelung  vertritt  zuweilen  einfaches  l,  zb.  walle  = 
wale  wol  Roth.  3404.  Gewöhnlich  entstund  es  wie  obd.  (§  211) 
durch  Assimilation  von  Ij,  zuweilen  von  Ih:  bevellen  Nordh. 
W.  A.  4,  auch  von  nl:  mallich  Lac.  III,  516.  Loersch  ach. 
Rqu.  81.  Harff  o.  allermällich  zb.  1380  Wetterau.  Hü.  I, 
1121.    1320   Thüringen  Höfer  II,  69. 

Die  Reime  zwischen  II  und  Id  werden   auf  Grund   der 

leichten  Assimilation  von  Id  zu  II  auch  wol  für  mehr  als  für 

Assonanzen  genommen  werden  dürfen, 

helde  :  heUe  Orend.  313.  snelle  :  velde  1726.  2790.  mlde  : 
«tau  3094. 


208 

R. 

§213.  §  213.    Der  linguale  Zitterlant  ist  häufig  nnd  ist  zu  vielen 

Verbindungen  geschickt  Unter  den  mit  r  anlautenden  Worten 
sind  eine  Anzahl,  die  früher  hr  hatten,  das  seit  dem  9.  Jh. 
auch  aus  der  Schrift  schwand :  rctben,  rame  (G-estell),  rey  ref^ 
respen,  retten,  reine,  reisten,  rinc,  rint,  rimpfen,  berinen, 
rife,  m,  riet,  riuwe,  ros,  rou,  ro,  ruf,  rucke,  rüsten,  ruoch 
(garrulus),  ruofen,  ruom,  ruot  (in  Personennamen  zb.  Ruodolf), 

Auf  wr  geht  r  zurück  in  rechen  recke  ringen  rise  rist 
riden  reit  risen  rüegen. 

In-  und  auslautend  giengen  viele  r  aus  ^  hervor:  tar 
turren,  derren  dürre,  irre,  merren,  arn  amen,  kar,  her  (bacca), 
nem,  ^e,  hire,  ger,  mer,  leren,  tier,  are,  hoeren,  ror,  trör, 
femer  in  den  Pronominalformen  mir  wir,  dir  ir,  in  den 
Adjectivflexionen  des  Nom.  M.  Sg.,  Gren.  Dat.  Sg.  F.,  Gen.  PL 
und  in  dem  ComparativsufGx.  über  den  grammatischen  Wechsel 
in  Yerbalformen  §  207. 

Umstellung  des  r  erfolgt  a)  in  Stämmen:^)  allgemein 
in  berht:breht  in  Namen,  alem.  in  kirse :  kriese,  elsäss.  in 
brinnen  brunne  :  bimen  bume,  in  dritte  :  dirte.  Mit  Ein- 
fögung  des  umgestellten  r  in  den  Stamm :  damstac  dumstac. 
b)  in  er  des  Präfixes  nach  vorangehndem  Yocal  oder  voran- 
gehnder  Liquida:  da  restarp,  ne  rekande,  wol  regap,  un- 
rekawt,  er  rebarmde;  in  er  des  Suffixes  a)  im  Inlaut  des 
Wortes  inrethalp,  dunrestac,  b)  im  Auslaut:  alre  kelre, 
deheinre  minre,  irre. 

Ausfall  von  r  erklärt  sich  dadurch,  dass  es  guttural 
ward.  Seit  dem  12.  Jh.  ist  weit  für  werlt  namentlich  bair. 
österr.  nachweislich;  im  13.  Jh.  wird  es  im  Reim  schon  ge- 
braucht : 

wdt :  geU  MSH.  I,  298^  Bari.  96,  21.  lao,  3.  :  eneOt  Hehnbr. 
1779.    weite  :  gelte  ülr.  Trist.  3665. 

Im  14.  Jh.  ist  weit  schon  häufig.  Ausserdem  geschieht 
diese  Ecthlipsis  des  r  vor  Lingualen  und  der  Verbindung /I: 

1)  Beispiele  von  zum  Theil  vorgerm.  zam  Theil  urgennan.  Meta- 
thesis  von  Liquida  (vorzagsweise  r)  und  Vocal,  verbunden  theils  mit 
Unterdrückung  des  ursprünglichen  Vocals  theils  mit  Yocaldehnang» 
legte  J.  Schmidt  Gesch.  des  Vocalism.  11.  453—463  vor. 


209 

80  in  vodern  voder  (Österreich,  nicht  selten  Mhd.  Wb.  3,  381),  §  213. 
donstag,  -hat  als  Namenstheil  =  hart,  in  wän,  mader,  este, 
daß  dofte  duft.    AGr.  §  197.   BGr.  §  162. 

Abfall  des  r  geschah  regelmässig  in  da,  wä,  sä,  hie,  i, 
oft  in  m^,  ferner  in  ave,  iene  (irgend). 

Einschiebung  eines  r,  das  als  gutturales  auftritt, 
geschah  seltener,  zuweilen  in  wirder  und  verlurst,  vgl.  auch 
huerch  =  buech,  btwch  Fundgr.  I.  144,  40.  —  Verschieden 
davon  ist  das  euphonische,  Hiatus  deckende  r:  nurä,  järä 
järiä,  (Über  das  r  in  bim  birt  §  363,  in  schrirrt  spirn  §  354). 

Aus  falscher  Nachbildung  des  Comparativs  erklärt  sich 
das  in  Hss.  des  13.  14.  Jh.  vorkommende  r  in  dester  bajs, 
vgl.  Mhd.  Wb.  I,  316^   Grimm  D.  Wb.  II,  1032.  f. 

Doppeltes  r  ist  theils  Vertreter  von  einfachem  r  nach 
kurzem  Vocal  zb.  in  starren,  snarren  snurren,  kerren,  storre, 
theils  ist  es  durch  Assimilation  entstanden :  von  rs  in  merren, 
irre,  dürre,  dorren,  turren,  vrahrscheinlich  auch  in  werren^ 
wirren.  Aus  rj  entstund  es  in  iserren ;  aber  im  allgemeinen 
ist  einfaches  r  in  den  schw.  Zw.  1.  Kl.  beliebter :  nern  swern 
wern  hören  fiteren.  Durch  Metathesis  ergab  sich  rr  bei 
Auslaut  des  Stammes  in  r  und  bei  Flexion  in  r  oft,  zh,  anderre 
unserre  wederre,  irre,  erre  herre  mirre  tiurre,  mit  Anglei- 
chung  von  5  an  r  in  dirre.  Manche  rr  sind  dunkler  Her- 
kunft, so  in  narre  gesehirre. 

§  214.     Mitteldeutsch   gilt  für  das  anlautende  r  zu-  §214. 
nächst  dasselbe  wie  obd.     Nur  die  Verbindung  wr  hat  sich 
in  Ripuarien  durch  die  mhd.  Periode  hindurch  erhalten,  §  180. 

über  r  aus  s  ist  dasselbe  wie  obd.  zu  sagen. 

Zur  Umstellung  des  r  ist  das  Md.  in  Stämmen  ge- 
neigter als  das  Obd. 

a)  r  tritt  vom  Wurzelanlaut  an  den  Auslaut: 
Unim  Marienl.  40,  32.  Sei.  Tr.  24^.  96^.  vvrUrnm  tr.  Silv.  430. 
hume  Amst.  Ml.  8,  9.  HU.  H,  87.  I,  816.  Böhmer  253.  Trebn.  Ps. 
hemen  Lac.  in,  444.  hürnen  Höfer  I,  18.  Salm.  405,  3.  Cd.  Sax.  11, 
6,  78.  Köditz  12,  29.  ;  zürnen  Elia.  6961.  hörnen  Köditz  19,  5.  Bein- 
hertshom,  Mellehorn  2,  3.  77,  17.  —  dirte  Höfer  I,  22.  Lac.  HI,  163. 
Köditz  oft.  derteil  Hü.  HI,  1151.  —  gevirstin  ßother  811.  virschin 
Ath.  C*  35.  virsser  Lac.  IE,  496.  kirstan  Cd.  Sax.  II.  8, 29.  kirstene 
Wein  hold,  raittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  14 


210 

8  214   Marienl.  90,  11.     kmtkirgten  Ennen  I,  27.     kirstdach  Lac.  HI,  432. 

*  kerstendöm  Eepg.  Cr.  37.  -  huri^  Marienl.  36, 27.  Sei.  Tr.  25..  Rückert 

Entw  185.  horste  Schade  nrh.  G.  36, 57.  borst  Harff  56, 24.  -  fcolkefir 

hurst  Köln.  Repg.  Cr.  84.   armhorst  Alex.  2107.   armhurst  Lac.  HI,  432. 

b)  r  tritt  vom  Auslaut  an  den  Anlaut  der  Wurzel: 

Henhret  Annol.  722.  vrosten  Roth.  1587.  vrocht  (:  tocÄ*)  Karlm. 
344  45  fruchten  Harfif  99,  15.  Köhi.  Cronica  46.  gewrocht  Roth.  681. 
Eniien  I,  227.  gewracht  Roth.  1105.  Wierstr.  430.  stragk  Rückert 
Entw.  185.   herhrige  ebd. 

In  den  Aiffixen  geschieht  die  Umstellung  wie  im  Obd. 
Infigirung  des  affig,  r  in  den  Stamm  geschieht  in  dornstag 
=  donerstag,  zb.  Cd.  Sax.  IL  6,  77. 

Nicht  Metathesis,  sondern  Erhaltung  des  Suffixausgangs 
bei  Syncope  des  Vooals  liegt  vor  in  den  thüring.  Ortsnamen 
auf  ere  (ara)  bei  liquidem  Wurzelschluss,  zb.  Melre  (1270) 
Mülh.  TJ.  207.  Munre  Haupt  Z.  XV,  469.  Cornre  Mülh.  U. 
(1250.  1348)  109.  1004.  Vgl.  die  vollen  Formen  ^wftara  1146 
Mülh.  ü.  40.  Ämmera  1338.  ebd.  n.  856.  Bachere  1291.  ebd. 
378.    Egere,  Beigere  1282.  n.  299.    Wertere  1257.  n.  147. 

Vor  ch  ward  r  selbst  guttural  und  verhallte:  gewacht 
Elis.  515.  geimcht:flucM  Erlös.  56.  widerwochtekeü  Elis. 
8800.  voMe  mastr.  Ostersp.  392.  402.  455.  fochten  Alsf.  Sp. 
1855.  1902.  u.  ö.  Ebenso  scheint  vor  t  allein  Ausfall  des  r 
anzusetzen  im  Reim  rate  :  bekärte  livl.  Kr.  242. 

Am  Auslaut  schwand  r  regelmässig  in  dem  Präfix 
jgir  zur;  ferner  in  den  schweren  einsilbigen  Worten  wie  im 
Obd.  §  213,  nur  in  er  hielt  das  Md.  das  r  fest ;  ferner  thür. 
osterländ.  in  wi  {wir),  auch  in  mi  di.  Hug  v.  Trimberg  im 
Renner   22252    bezeichnete   Apocope    des    r    als    fränkische 

Eigenheit  (§  200). 

Euphonisches,  Hiatus  zwischen  vocalischem  Aus-  und 
Anlaut  deckendes  r  erscheint  in  bisturunschuldic  Erfurter 
Judeneid  (vgl.  auch  wolar  abur  Ludwigsl.  57),  nurä  Eilh. 
Tristr.  8,  87.  3947. 

Ein  aus  c2  entstandenes  r  tritt  in  hess.  Ortsnamen  auf: 
Wolvolderore  1269,  Norfelde  1282,  wozu  das  heutige  Hessisch 
in  mere  rare  harre  weitere  Belege  bietet,  Arnold  Ansiede- 
lungen 633.     Es  ist   hier  freilich   kein   volles  r  anzusetzen, 


211 

sondern  der  im  Nd.  bekannte  Zwischenlaut  zwischen  d  und  r,  §  214. 

der  am  Gaumen  gebildet  wird,  Nerger  Grammat.  des  mecklen- 

bürg.  Dialects  147.  f. 

Assimilation  von  dr  zu  rr  geschieht  zb.  in  smeirre  (fabro) 

I         Hagen  4986.  Tirnch  1176. 1197.  Lacombl.  I,  460.  555.  (1217) 

I         Ennen  II,  67.    Dierrich  Rol.  41,  16. 

I  Aus  rn  wird  rr  mit  Vorliebe  angeglichen  in  sterre 

I  sterre  :verre  Alex.   6896.   Elia.  3967.   Erlös.   1307.  2536.   3202. 

:herre  Erlös.  123.  1334.  5075.  5115.    :werre  Hartm.  Gl.  761.    sterren 

:  Tterren  Erlös.  123.  3214.   :  werren  Pilat  221  (45). 

sterro  herscht  schon  bei  Otfr.  and  Tatian  und  geht  durch 
alle  md.  Schriften  des  12. — 14.  Jh.  durch.  Übrigens  kommt  md. 
auch  Sterne  vor  vgl.  morgensteme  :  verne  :  gerne  Morungen 
MF.  134,  36.  gerne  :  Sterne  Krolw.  1493.  steme  :  geberne 
Jerosch.  15577.  stern :  gern  Frauenl.  Spr.  317,  3.  Dagegen 
behielt  das  Md.  in  verne  (procul)  das  rn  gern,  während  das 
Obd.  es  assimilirt,  zb.  verne :  gerne  grßud.  V\  9.  MF.  135, 1. 
M8H.  2, 24'.  Indessen  kommt  auch  md.  verre  vor,  vgl.  verre  : 
herre  Tristr.  4507.  Erlös.  5298.  :  sterre  (vgl.  oben).  :  werre 
Pass.  K.  134,  29.  Jerosch.  15087.    :  here  Orend.  221.  2561. 

N. 

§  215.     Der  linguale  Resonant  ist  in  allen  Wortstellen  §215. 
häufig.     Zu  den  alten  Anlauten  mit  n  sind  einige  jüngere  n 
getreten,  die  aus  hn  durch  Auflösung  des  h  entstunden;  seit 
dem   9.  Jh.   wird  hn   auch    in   der  Schrift   obd.   aufgegeben. 
Diese  Worte  sind  nac  napf  nigen  nw  nol  nutten  nuz. 

Vorgeschobenes  n  zeigt  sich  in  nitniuwe,  einer  Neben- 
form zu  iteniuwe,  Mhd.  Wb.  II.  1,  390.  Lexer  Wb.  II,  88. 
In  noufart  dagegen  ist  n  Rest  der  vorgelehnten  Präposition 
en  (in):  es  geht  zurück  auf  enouwefart. 

n  fvLT  l  trat  ein  im  Landnamen  Niflant  =  Lievlant  (Grudr., 
Wh.  V.  Österr.,  Sachsenheims  Mörin,  vgl.  Martin  z.  Grudr.  211, 1). 

In-  und  auslautendes  n  ist  beweglich  und  veränderlich. 

Umstellung  nach  liquidem  Wurzel-  oder  Stammauslaut 
ist  bei  der  Endung  en  häufig:  sulne  edilne  varne  unsirne 
heiferne.  —  In    dem   negativen   proclitischen   en  für  ne  ist 

14« 


212 

§215.  keine  Metatheeis,  sondern  es  entstand  im  11.  12.  Jh.  aus  dem 
proclitischen  n  für  ne  vor  Yocal^  zuerst  in  dem  häufigen  enist. 
In  der  zweiten  Hälfte  des  12.  Jh.  findet  sich  en  schon  vor 
consonantischem  Anlaut;  in  der  Regel  schliesst  dabei  das 
Yorausgehnde  Wort  consonantisch :  er  enist,  ich  enkafij  ez 
enwil,  doch  kommt  auch  en  nach  Yocal  vor :  nu  enwelle,  ja 
enwas.     Grimm  Gr.  UI,  711.    Mhd.  Wb.  IL  1,  320. 

Über  Wechsel  von  n  und  l  §  211. 

Im  Inlaut  schwindet  n  nicht  selten.  In  den  Stamm- 
silben wirkte  n  auf  den  vorangehnden  Vocal  nasalirend  und 
darauf  trat  Dehnung  des  nasalirten  Yocals  ein.  Entweder 
schwand  dann  die  I^asalirung  wieder^  n  aber  blieb;  oder  n 
fiel  aus,  während  der  Vocal  nasalirt  blieb ;  oder  Näselnng  samt 
dem  n  wurden  aufgegeben  und  nur  der  gedehnte  Yocal  blieb 
bestehn  (J.  Schmidt  Zur  Gesch.  des  indogerm.  Yocalismas  1. 1). 
Allgemein  ist  der  lezte  Fall  in  sU  =  sint  (GoDJunct);  selten 
in  ingestde  =  ingesinde,  vgl.  den  Reim :  nide  Wernh.  Mar. 
162,  30.  Im  alemannischen  der  Schweiz  ist  der  Schwund 
von  n  und  Näselung  (samt  Dehnung  von  kurzem  Yocal)  regel- 
mässig vor  den  Spiranten  erfolgt,  z.  B.  saß,  üsir,  ducke 
(dünken),  zuweilen  auch  vor  d  und  t  (Staub  in  Frommanns  Z. 
f.  Munda.  YH,  25.  354.  364.  f.  381).  —  In  den  Nebensilben 
lässt  sich  nur  im  fremden  permint  (permit :  lU  Georg  3943) 
Dehnung  sicher  nachweisen.  Im  übrigen  führte  der  Ausfall 
des  n  zur  Zersetzung  des  Suffixes :  künec,  phennic,  vereinig, 
harmug;  tüset,  sagese,  AGr.  §  200.  BGr.  §  166.  Ein  Beispiel 
des  Ausfalls  im  compon.  Wort  gibt  das  häufige  Beimar  = 
Beinmär  Reginmär. 

Abfall  des  n  ist  ebenfalls  auf  nasales  verklingen  ge- 
gründet. Wir  finden  geschrieben  ma,  le;  Teichner  reimte 
g^  :  sne  Lieders.  67,  49 ;  lilachen  fiir  linlachen  ist  schon 
im  13.  Jh.  verbreitet,  Lexer  Wb.  I,  1928.  Namentlich  aber 
ward  das  n  im  Infinitiv  angegriflfen,  und  in  andern  Flexionen 
auf  -en  wirkte  dieselbe  Neigung.  Alemannische  und  bairische 
Dichter  des  13.  14.  Jh.  (von  denen  des  12.  abgesehen)  ge- 
statten sich  Reime  zwischen  e  und  der  Endung  -en  (==  2). 


213 

gesitze :  hitze  Flore  193.  scheide  :  beide  362.  entrinne  :  gewinne  §  215. 
lieders.  83,  146.  scMbe :  lihe  50,  75.  kere  :  here  MF.  313,  8.  prise : 
toise  Freid.  85,  22.  mache  :  sache  Flore  1150.  sehe  :  geschehen  Virgin. 
702,  11.  besten  :  weste  Steinb.  995.  kästen :  vaMe  315.  recken :  Ecke 
Eckenl.  2,  3.  läge  :  vrdgen  115,  8.  reine  :  weinen  Cädl.  59.  —  erzdien 
:  heUe  Tund.  46,  43.  gesellen :  welle  wGast  492.  smelzen :  geheize  Krone 
15174.  kndben  :  abe  Wigam.  4416.  sagen :  tage  Gudr.  1020,  1.  lande 
:erkanden  9,  3.  banne  .-mannen  Helbl.  6,  52.  lange :  bevangen  Tund. 
o4,  80.  brennen :  denne  Tund.  45,  41.  herze :  smerzen  Eaben.  380,  3. 
beginnen :  friundinne  Mantel  853.  kuneginne :  getcinnen  Dietr.  Fl.  2142. 
künde :  gunnen  Helbl.  4,  848.    betwungen :  zunge  Tund.  53,  24. 

Die  Reime  der  Dichter  des  12.  Jh.  zwischen  en  und  e 
müssen  auch  aus  diesem  Gesichtspunkte  beurteilt  werden.  — 
AGr.  §  350.  370.  202.  BGr.  §  167.  Vgl.  auch  Lambel  Stein- 
buch XV.    Wackernell  Montfort  CLXV. 

§  216.  Im  Gegensatz  zu  dem  schwinden  des  n  mittels  §  216. 
l^asalirung  des  vorausgehnden  Vocals  steht  die  Einfügung 
eines  n  in  Wurzel-  und  Affixsilben,  die  auf  Nasalirung  der- 
selben beruht.  Die  Ursprünglichkeit  nasalirter  Stämme  ist 
noch  eine  Streitfrage ;  für  dieselbe  trat  Job.  Schmidt  z.  Gesch. 
des  Vocalismus  I,  51  —  66  ein.  Hier  ist  nur  auf  die  in  der 
mhd.  Periode  sich  äussernde  Neigung  des  Alemannischen, 
Vocale  der  Stämme  und  Suffixe  in  Nasalvocale  zu  wandeln, 
hinzudeuten,  die  namentlich  seit  dem  14.  Jh.  Yon  den  Schrei- 
bern gemäss  der  Mundart  bezeichnet  wird,  zb.  verjenhen, 
senhetij  meinst,  linse,  siunßen,  chiunsch,  tungende,  guonlich ; 
Lieders.  N.  49,  50  steht  funst  {=  füst)  im  Reim  auf  hunst. 
Von  den  Suffixen  wird  namentlich  ic,  alem.  und  bair.,  nasal: 
w^inCy  heüinc,  Übring;  ewencUch,  minnencUch,  snellencUch 
u.  a.   AGr.  §  201.  301.   BGr.  §  168. 

Über  die  Infigirung  von  n  des  Suffixes  in  den  Stamm 
vgl.  BGr.  §  170.  Als  Beispiele  dienen  gemenget  :  gesegnet 
j.  Tit.  188,  1.    gesegent  :  gesprengt  Lutwin  2126. 

Im  Auslaut  geht  n  nicht  selten  aus  dem  verwanten 
labialen  Resonanten  hervor:  n  spricht  sich  leichter  als  m. 
So  wich  m  durchaus  in  der  Flexion  des  Dat.  Plur.  dem  n 
schon  in  ahd.  Zeit ;  in  dem  Suffix  m-  muste  es  später  weichen : 
vaäem,  gadem,  besem,  buosem  werden  zu  vaden  gaden  hesen 


214 

§  216.  huosen.  Bei  dieser  Unsicherheit  des  auslautenden  m  in  seiner 
Stellung  erklären  sich  leicht  die  zahlreichen  Reime,  die  sich 
die  alemannischen  Dichter  des  13.  14.  Jh.,  aber  auch  nicht 
selten  die  bairischen  zwischen  m  und  n  gestatten.  Allerding& 
Hartmann  von  Aue  erlaubt  sich  diesen  Reim  nur  in  seiner 
frühern  Zeit  im  Erec,  in  einem  Liede  und  im  1.  Büchlein; 
Gotfried  von  Strassburg  und  selbst  Wolfram  von  Eschenbach 
meiden  ihn,  Walther  v.  d.  Vogelweide  braucht  ihn  ein  einzig- 
mal in  einem  Liede  (63,  3)  und  einmal  in  einem  Spruche 
(106,  26) ;  aber  Ulrich  von  Zazikhofen,  Rudolf  von  Ems,  Hein- 
rich V.  d.  Türlein,  der  Stricker,  Konrad  von  Würzburg,  der 
Teichner,  von  untergeordneten  zu  schweigen,  ferner  die  volks- 
thümlichen  Epiker  brauchen  ihn  unbedenklich  nach  a,  i,  u 
und  nach  den  schweren  Vocalen  ei  und  wo.  Vgl.  die  Reim- 
sammlungen AGr.  §  203.    BGr.  §  169. 

Aber  nicht  bloss  auslautendes  n  :  m  nach  Vocal  wird 
gereimt  auf  Grund  des  Übergangs  von  m  zu  n,  sondern  auch 
die  Verbindungen  amt  :  ant,  emt  :  ent,  imt  :  int,  umt  :  unt, 
arm :  arn,  femer  inlautendes  emme :  enne,  imme :  inne,  ome : 
one,  uome :  uone  werden  gebunden.  Diese  lezte  Freiheit 
gestatten  sich  Alemannen  (Wackerneil  Montfort  CLXVI)  und 
Baiern  (BGr.  §  169).  Die  Baiem  reimen  auch  nn  mit  dem 
Gutturalresonanten  ng  und  der  lingualen  Verbindung  wrf, 
BGr.  §  170,  und  auch  bei  späteren  Alemannen  kommt  zu- 
stimmendes vor: 

dannen  :  bevangen  Angenge  21,  1.  mannen  :  ergangen  Gudr. 
1508,  4.  erchenne :  lenge  Otack.  c.  357.  dingen :  gewinnen  Karl  1542. 
ringe :  kuninginne  Gudr.  692, 4.  bringen :  hinnen  Tund.  44,  70.  sinnes 
:  dinges  Angenge  11,  34.  gewunne  :  getwunge  Ang.  3,  10.  brunnen  : 
sungen  Wigam.  4406. 

finden  :  hinnen  Stricker  Dan.  127*».  :  erwinnen  wGast  12964. 
simde  :  kunne  Tundal.  44,  58.  künde  :  brunne  Laber  113,  4.  unden  : 
kunnen  Gudr.  842,  4.  versunnen  :  gebunden  Laurin  1219.  —  Vgl.  über 
entsprechende  Eeime  bei  Hug  v.  Montfort  Wackemell  CLXVn,  der 
ebendaselbst  Montfortsche  Reime  zwischen  ng  und  nd  nachweist.  Über 
diese  md.  sehr  beliebten  Eeime  §  219. 

Aus  der  Verwantschaft  von  m  und  n  folgt  nun  auch, 
zusammen  mit   der  nahen  Verwantschaft   des  n  und  ng    im 


215 

Dialect,  die  Reimbindung  mm  und  n^,  die  bairisch  zuweilen  §216. 

nachweislich  ist  (auch  md.  §  183): 

Strimme :  ringe  RabeD.  243,  6.  4ö3,  1.    stimme :  singen  Tiind.  63, 40. 

Doppeltes  n  vertritt  zuweilen  einfaches  n  nach  £ürzen, 
entsteht  durch  Anfügung  des  Suffix  n-  an  die  in  n  ausgehnde 
Wurzel,  zb.  in  rinnen,  oder  gründet  sich  auf  Assimilation, 
namentlich  von  njy  zb.  in  brennen  kennen,  kenne,  minne, 
hriinne,  dünne,  von  nt :  channusse  und  von  nd :  zb.  phe^inen 
:  erkennen  Lieders.  28,  505.  unnen  Montf.  2,  122,  von  mn: 
nennen,   BGr.  §  171.   AGr.  §  204. 

Antritt  von  unechtem  n  erfolgte  seit  13.  Jh.  in  nun, 
nuon,  das  in  volksthümlichen  Epen  und  von  Dichtern  des 
14.  15.  Jh.  auch  im  Eeim  gebraucht  wird,  vgl.  Jänicke  zu 
Wolfd.  D.  X,  4.    Wackernell  Montfort  CLXV. 

§  217.     Für  mitteldeutsches  n   ist    zunächst    das  §217. 
über  den  Anlaut  §  215  gesagte  giltig. 

Prothetisches  n  zeigt  sich  nur  einzeln  im  späteren  Kipua- 
rischen :  naß  Pontus  und  Sidonia  (Lexer  Wb.  II,  15),  nernsticheit 
Kölner  Cronica  n,  178^ 

Ausfall  in  Folge  der  Wandelung  von  Vocal  -f-  w  in 
Nasalvocal  mit  Dehnung  des  Vocals  und  folgender  Aufhebung 
des  n  sowol  als  der  Nasalirung  erscheint  auch  md. :  am  ver- 
breitetsten  in  Crüd-  und  Swid-  in  Personennamen,  ausserdem 
einzeln  in  swide  Brev.  141\  ingeside  Rol.  115,  1.  226,  18. 
Die  Kürze  des  Yocals  bleibt  unberührt  bei  dem  Ausstoss  des 
n  in  vunßigeste,  zb.  fufcygeste  (1359)  Cd.  Sax.  II.  6,  22. 
Ebenso  in  cofent  cavent  (Convent)  zb.  Cd.  Sax.  II.  6,  78.  348. 
—  kölsch  (kölnisch)  oft  im  14.  15.  Jh.  —  ellede  (eilende) 
gereimt  auf  helede  Jerosch.  17593.  —  Häufig  wurden  die 
tonlosen  Affixe  von  n  befreit,  namentlich  vor  g :  morges  Junk. 
u.  Heinr.  286.  294.  phennig  pheng  (zb.  im  Schwarzburger 
Seigerätsbrief  von  1369),  koneg,  irrege  (1338.  Henneb.  U.  11,54). 

Assimilation  des  n  erscheint  in  mallich  §  212. 

Auslautendes  n  schwand  ebenfalls;  im  ganzen  fränkischen, 
thüringischen  und  mittelostdeutschen  Gebiete  herscht  die  Nei- 
gung dazu,  daher  Reime  zwischen  e  und  en  im  12. — 14.  Jh. 
ohne  weiteres  gestattet  sind: 


216 

§217.  tu  (Inf.) :  nü  Uvl.  Kr.  2888.  Krolw.  252.   s*  :  dri  613.  0Ü:mü  124. 

e  :  verste  155.  fri  :  min  Husen  MF.  44,  5.  —  erhaben :  sage :  vertragen 
:verdagen  MF.  44,  31—39.  sagen  :  klage  :  tage  51,  35.  tage: klagen 
Kenner  23096.  maden  :  schade  Herb,  6889.  anstaren  :  geware  Alex.  361. 
bewarn  :  gar  Kenner  7819.  westirbarn :  gar  Jerosch.  17347.  tveren :  here 
Alex.  1883.  2391.  :  mere  2247.  wecken  :  bette  5315.  meiden  :  vdde 
Kenner  14431.  lernen  :  gerne  21359.  erwenden  :  ende  MF.  51,  23. 
strenge  :  brengen  Kenner  183.  keren  :  betelere  Herb.  8342.  bekeren  : 
mere  Alex.  6776.  teilen  :  heile  3762.  scheiden  :  heiden  :  beide  :  leide 
MF.  47,  9 — 15.  scheiden  :  leide  Renner  23605.  heiden  theide  Jerosch. 
7085.  :  geweide  22281.  geschinen  :  mine  Alex.  5048.  bliben:libe  Alex. 
313.  Kenner  23721.  beUiben  :  Übe  19040.  wiben :  lide :  miden  MF.  50, 
36—51,  2.  mide :  ntde :  wiben  50,  27—31.  prisen  :  wise  Kenner  17825. 
krönen  :  schone  Kenner  2475.  huote  :  muote  :  guoten  MF.  51,  5 — 9. 
verwuoten :  behuote  51,  13.  —  Keime  aus  Earlmeinet  bei  Bartsch  über 
KM.  228.  ff.,-  aus  Heinr.  v.  Krolwitz  in  lisch  Ausg.  S.  11—16,  aus  dem 
Kreuziger  des  Johann  v.  Frankenstein  bei  Khull  über  Job.  v.  Fr.   19. 

Die  Apocope  des  n  erscheint  auch  sonst.  Sie  äussert 
sich  zb.  in  me  =  men,  man  Friedb.  Kr.  G**.,  femer  am  Schlass 
des  ersten  Compositionstheils  in  leman  lelüde  (lehen-  len-) 
Jeroschin  16639.  1359  Cd.  Sax.  IL  8,  34.  1369  Lac.  III,  687. 
machen  Pass.  H.  92,  17.  1321  HU.  II,  857.  Uwäit  Ennen 
I,  101.  351;  ferner  bei  präfigirtem  en:  a)  Präpos.  en:  ewech 
Sei.  Tr.  64*.  Loersch  ach.  Rqu.  157.  HarfiP  22,  2.  b)  bei 
negativem.  6w;  egein  ripuar.  häufig,  c)  bei  en  =  en  =  ein: 
ewenich  Sei.  Tr.  22^    Harff  184,  3.   185,  39. 

Ausserhalb  des  Reims  erscheint  jene  Apocope  des  n  beim 
Infinitiv  wie  in  andern  Endungen  in  den  Hss.  und  Urkunden 
häufig;  es  genüge  auf  die  Hs.  des  Herm.  v.  Fritslar,  welche 
Pfeifier  Myst  I.  benuzte,  zu  verweisen.  Die  md.  Dialecte 
haben  fast  sämtlich  diese  Eigenheit  bewahrt.  Ygl.  meine 
Dialectforschung  68.  126. 

Nasalirung  begegnet  im  Md.  seltener  als  im  Obd.  Schrift- 
liche Zeugnisse  davon  geben  a)  in  Stämmen:  plangen  Elis. 
4887.  diensdag  (1264)  Ennen  II,  512.  dinsdag  Höfer  I,  12. 
259.  smunzen  Elis.  267.  2568.  gnung  (1359)  HU.  III,  1320. 
Alsf.  Sp.  oft.  meinst,  meinster  Alsf.  Sp.  regelmässig,  leinster 
415.  b)  im  Suffix  -ic :  selinc  Hildeg.  Gr.  23.  inne-  usjs^ewenning 
(1325)  Höfer  II,  101.  maning  Myst.  L  251,  21.  wening 
142,  20.    Leyser  Pr.   67,  18.     Icbinding   Köditz  G.  52,  32. 


217 

iangending  Henneb.  U.  II,  130;    ferner  in  der  Verbindung  §217. 
-encUch  an  componirten  Adj.,  zb.  Jcuonenclich  Arnst.  Ml.  4,  13 
und  besonders  in  köln.  Schriften  des  14.  15.  Jh. 

§  218.  n  tritt  zuweilen  ein  fiir  l;  der  linguale  Resonant  §218. 
ersezt  den  lingualen  Reibungslaut :  anlautend  in  Nieflant  für 
Lieflant  (Livl.  Reimkr.),  ferner  inlautend  in  enlende  f  =  eilende) 
Elia.  4342.  4679.  u.  ö.  Heinr.  Trist.  341.  3551.  6726.  Altd. 
Ijfeujahrsbl.  67,  48.  enelende  MF.  51,  29  (von  Lachmann  her- 
gestellt), tr.  Egid.  58.  Elis.  3650.  Ebern.  2230.  Frauenl. 
Spr.  15,  12.  421,  8.  Jungfr.  sp.  173.  Köditz  17,  14.  46,  13. 
Cd.  Sax.  II.  8,  15.  inelende  Elis.  4366.  vorenelenden  Köditz 
54, 8.  —  Engenlant  Myst.  I.  221,  35.  222,  4. 11. 14.  Engengis 
(13.  Jh.  hess.  Ortsname)  Arnold  Ansiedel.  631.  —  wernde 
(1332)  Böhmer  516.  werntlich  Böhmer  768.  Hü.  I,  742.  982. 
1082.  J139  (wetter.)  HU.  II,  830.  III,  1093.  1112.  1210. 
1333.  1360  (Worms.  Mainz).  Vorbewis.  14.  werentlich  Hagen 
562.  Lac.  III,  180.  516.  680.  718.  Ennen  III,  487.  Repg.  Cr.  21. 
Loersch  ach.  Rqu.  133.  Kölner  Cronica  141^  Das  Ungeheuer 
werlint  Haupt  Z.  XV,  374.  378.  380.  403.  404.  409.  Dativ 
werlnte  Germ.  XIX,  311.  werlnde  Trebn.  Ps.  60,  5.  120,  8. 
ist  aus  werlit  und  wernt  erzeugt.  Mit  Wechsel  von  nt  und 
ng  nk:  werinklich  (1315.  Coblenz)  Höfer  II,  32.  werenklig 
(1333.  Sayn)  Höfer  II,  158.   Lac.  III,  504  (Achen). 

w  für  m:  im  Anlaut  natte  Harff  99,  29.  Im  Inlaut: 
ripuar.  müne  (1261.  1263)  Höfer  I,  6.  7.  möne  (1357)  Lac. 
III,  573.  moene  608.  moyne  Ennen  I,  35,  heute  noch  bonnisch 
Mohn.  Im  Auslaut,  abgesehn  von  der  Flexion  des  Dat.  PI. 
und  von  dem  Suffix  -m-  {vadem,  gadem,  eidem,  buosem,  besem) 
geht  m  im  Md.  zwar  nicht  so  stark  wie  obd.  in  n  über,  aber 
doch  ganz  nach  demselben  Zuge.     Vgl.  die  Reime 

man  :  quam  Wemh.  28,  1.  ginani :  giwan  36,  29.  nam  :  verban 
Husen  MF.  47,  18.  vernam  :  dan  Herb.  3540.  gewan  ■:  quam  3624. 
hequam  :  gewan  Pass.  H.  183,  82.  vreisam  :  ran  Brandan  1421.  stän 
:  grüzsam  Herb.  282.  dan :  län :  lobesam  Frauenl.  Spr.  372, 15.  Ähraäm  : 
slän  Wemh.  10,  33.  gen :  Jerusalem  16,  6.  23,  7.  gemein :  heim  Junk.  u. 
Heinr.  1925.  heim :  grein  livl.  Kr.  1543.  Arnstein  :  heim  1686.  heim : 
ein  Elis.  1300.  :  sein  wetter.  Oster^p.  301.  sun :  furstendüm  Elis.  124. 
2190.    Doppelung  :  minne  :  gimme  Dietr.  v.  Glaz  Gürtel  852.  —  Ausser 


218 

§218.  Reim:  quan  (1289)  Hü.  IQ,  199.  Winöldishein,  Hagenhein  (1328. 
Worms)  HU.  n,  953.  Budenshein  (1346.  Bingen)  IE,  1190.  Spainhein 
Lac.  m,  624.  höngart  Sei.  Tr.  167»».  büngart  Lac.  HI,  397.  Harff 
49,  39.   Wierstr.  2839. 

§219.  §  219.     Das  Md.  hat  grosse  Neigung  die  linguale  Ver- 

bindung nd,  nt  in  den  gutturalen  Resonanten,  schriftlich  ng, 

zu  wandeln. 

schönekinch  (1300.  Seligenstadt)  Hü.  I,  314.  onversehenglich 
(Trier)  Mone  Anzeig.  3,  27.  langgräfe  Henneb.  ü.  IE,  119.  wening, 
schining  Mülh.  E.  30.  34.    Beumong  HU.  HI,  1304.  1438. 

Daraus  erklären  sich  die  beliebten  md.  Reime  von  nd :  ng, 

deren  älteste  Belege    die   im   mfränk.  Legendär  sind,   Busch 

bei  Zacher  X,  315.     Vgl.  ausserdem: 

hant :  danc  Orend.  592.  :  lanc  1422.  gedranc :  gewant  Roth.  277. 
dranc  :  hant  Herb.  2022.  mgant :  spranc  Orend.  1008.  spranc :  insamt 
Roth.  2163.  lange  :  bekande  MF.  49,  16.  landen  :  ergangen  49,  20. 
Stangen  :  handen  Roth.  2732.  erstanden  :  ergangen  Mone  altd.  Seh. 
139.  143.  gegangen ;  üfgestanden  Fundgr.  II.  301, 23.  gevangen :  banden 
303,  3.  wangen :  schänden  Vorbew.  38.  —  engel :  henden  Orend.  1696. 
—  hint :  jungelinc  Orend.  1456.  jungelinc :  sint  Roth.  2155.  ingesinde 
:  Tengdingen  Roth.  5023.  swinde  :  bringen  Orend.  970.  2076.  3146. 
kinden  :  dwingen  3136.  bringen  :  vinden,  dingen  :  vinden  Mone  Seh. 
d.  Ma.  2,  179.  stunt  :junc  Roth.  2170.  jung :  stunt  schles.  Menol.  22*. 
künc  :  fründ  Mone  Seh.  2,  179.  unbetwungen  :  bevunden  MF.  50,  37. 
künden :  zudrungen  Herb.  10205.  stunden :  zudrungen  6892.  jungem 
:besunder  Fundgr.  H.  324,  3. 

Über  die  neuere  Verbreitung  dieses  ng  =  nd  in  dem 
md.  (xebiet  vgl.  meine  Dialectforsch.  69. 

Indem  also  nd  wie  ng  gesprochen  ward,  kommt  auch 
nt,  nd  gradezu  für  ng  in  md.  Schriften  vor: 

jungelint  Roth.  2155.  ingint  2176.  abegiende  Henneb.  U.  I,  125. 
ledegunde  köln.  Sachsp.  IH,  91,  irwegunde.  ofgande,  nidergande 
Rückert  Entw.  198.   gerunde  Trebn.  Ps.  80,  13. 

Auf  gutturalen  Klang  des  nn  lassen  die  Reimbindungen 

desselben  mit  ng  schliessen: 

mannen  :  gegangen  Roth.  1880.  2372.  ;  gevangen  2792.  2802. 
.'Stangen  5020.  .-hangen  nrh.  Marienkl.  32.  minne : jungelinge  Ernst 
n,  53.  .'Pfenninge  Dietr.  v.  Glaz  Gürtel  844.  minnen :  bringen  Roth. 
2227.  :  dingen  Wemh.  69,  25.  kwneginnen :  springen  Orend.  874.  1124. 
sinnen  :  bringen  1012.  minnit :  swingit  Wemh.  69, 11.  intrunne :  junge 
Roth.  2360.  junge :  gewunnen,  sungen :  wunne  Orend.  435 — 38.  bekorunge 
:sunnen  Vorbew.  11. 


219 

Auch  das  einfache  n  klang  wie  ein  gutturaler  Resonant,  §  219. 
vgl.  dincdm  Roth.  2252.  jungelinc :  sin  Orend.  1470;  und 
ausser  Reim  gin  (=  ging)  Roth.  1557.  1942.  junvrowe  2523. 
anegene  Trebn.  Ps.  39,  8.  vgl.  auch  Rückert  Entw.  123.  Dazu 
halte  man  die  phonetischen  Schreibungen  Mertingstag  (1346. 
Bingen)  Hü.  III,  1190.  fungve  (1316.  Wildgraf)  Höfer  II,  36. 

Wenn  sich  nn  und  nd  im  Reime  decken,  so  geschieht 
das  in  Folge  der  Assimilation  von  nd  zu  nn. 

danne :  kande  Orend.  2084.  minne  :  sinne  :  inne  :  gesinde  Husen 
MF.  50,  10—15.  minne :  hevinden  52,  18.  gewinne :  vinde  Roth.  1442. 
schinden  :  binnen  Earlm.  140,  23.  vorbinden  :  gewinnen  Vorbew.  38. 
entrunnen :  stunden  Orend.  432.  500.  1676.  :  wunden  1426.  Vergl. 
Schreibungen  wie  spinndmage  Cd.  Saz.  H.  6,  113. 

Selbst  mm  :  nd  findet  sich,  vgl.  stimme  :  kinde  Orend. 
1458,  vgl.  §  216  sowie  die  md.  Reime  imme  :  kuniginne 
Orend.  3162.  pflegerinne  :  imme  Md.  Ged.  87,  101.  XJber 
Keime  zwischen  mm  und  ng  §  183. 

3*  Die  Ganmeneonsonanten  g  k  eh  J  h* 

Q. 

§  220.  Seit  dem  11.  Jh.  ungefähr  zog  sich  im  Ober-  §220. 
deutschen  das  k  der  zweiten  Verschiebung  wieder  zurück 
und  machte  dem  g  der  ersten  Verschiebung  Platz.  In  der 
Regel  entspricht  also  anlautendes  g  unsrer  Periode  auch  obd. 
dem  anlautenden  genieingermanischen  g;  die  Ausnamen  sind 
selten,  AGr.  §  206.  BGr.  §  172.  In  einigen  Worten  kommen 
g  und  k  neben  einander  vor:  glocke  neben  klocke,  gratte 
neben  kratte,  gripfen  neben  kripfen,  grimmen  neben  krimmen^ 
grimpfen  neben  krimpfen. 

Auch  auf  fremde  mit  c  anlautende  Worte  übt  dies  her- 
vordrängen des  germanischen  g  über  k  seinen  Einfluss:  es 
wird  geschrieben  gaffer  galander  gamäleon  gamahiu  gamille 
gemer  (camarium)  gollier  govenanz  gugel  gulter  gumpän 
gumpost  guster.  Doch  überwiegt  k  in  kerner  kollier  kompost 
kovenanjsf  kulter  kumpän. 

Nach  dem  Präfix  ent  {en)  verhärtete  sich  g  in  der  Regel 
zu  k :  enkän  enkelten  etikeneen  enkesten  enkinnen  enkurten. 


220 

§220.  Zuweilen  verschmilzt  sich  auch  g  des  Präfixes  ge  nach  voca- 
'    lischer  Syncope  mit  w  und  s  des  präfigirten  Wortes  zu  hartem 
Tcw  {qu)  und  ks  (x),  freilich  nur  in  vulgärer  Rede,  zb.  quinnefiy 
quis,  xel,  Hildebrand  im  D.  Wb.  IV.  1,  1109. 

Wechsel  von  g  und^*  erfolgt  im  Anlaut  der  Zw.  jehen 
jesen  jeten :  g  tritt  vor  i  ein,  j  bleibt  vor  den  andern  Vocalen, 
also  gihe  gise  gite,  jah  jas  jat,  Schv^ankend  wird  g  und  j 
gefunden  im  Zw.  gern  jern,  in  getisen  jetisen.  Zuweilen 
erscheint  dies  g  für  j  mundartlich  auch  in  andern  Worten 
und  vor  den  andern  Vocalen:  gener  gegeit  gämer  gunc 
gudesch:  AGr.  §  215.  BGr.  §  176. 

§221.  §  221.     Inlautendes  obd.  g   ist  zunächst   die  echte 

tönende  Explosiva,  an  deren  Statt  ahd.  sehr  oft  h  geschrieben 
ward.  Bei  Ausstoss  des  Suffixvocals  ward  g  vor  der  Perfect- 
endung  -te  des  schw.  Zw.  tonlos  und  daher  in  der  Regel  c 
geschrieben,  zb.  lecte,  neide,  isiocte,  oucte,  fuocte;  auch  vor 
dem  't  der  3.  Sg.  Ind.  Prs.  geschah  es,  vgl.  dazu  den  Reim 
pflict :  Benedict  Helbl.  5,  57  und  die  Schreibung  ck  in  tovckt 
Gundach.  1954.     Es  ist  homogene  Assimilation. 

Nach  älterem  Gesetz,  dessen  Kraft  in  jüngerer  Zeit 
erlosch,  ward  g  vor  suffigirtem  t-  sibilirt :  daher  nicht  bloss 
die  Feminina  mäht  slaht  traht  pfliht  sondern  auch  die  Per- 
fecta brähte  mohte,  vgl.  §  152. 

Über  den  grammatischen  Wechsel  zwischen  Ä 
und  g  in  den  Perfectformen  von  slwhen  twahen  gewahen 
(ganzes  Perfect),  dihen  Aken  ziehen  (Perfect  ausser  1.  3.  8g. 
Ind.)    vergl.  §  152.     Dieses   g    ward   auch   von    den   besten 

Dichtern  mit  altem  g  im  Reim  gebunden : 

erslagen :  jagen  Wh.  118,  15.  :bejagen  Parz.  607,  25.  :  gejagen 
Iw.  1122.  .-sagen  Trist.  5091.  :gesagen  Iw.  1037.  : tragen  Iw.  5617. 
Wernh.  Mar.  157,  40.  —  tragen :  getwagen  Trist.  4658.  Parz.  172,  1. 
—  gedigen :  gesigen  Parz.  335, 12.  :  geswigen  Wh.  114,23.  :  versteigen 
MF.  180,  24.  verdigen  :  geswigen  Iw.  7433.  gezigen  :  ligen  Engelh. 
3616.  :  verligen  Iw.  2789.  hezigen  :  verswigen  Wh.  154,  5.  —  gezogen 
:  geflogen  Trist.  5575.  erzogen :  gesmogen  Trist.  6665.  :  betrogen  MF. 
183,  20.  Walth.  57,  7.  Parz.  224,  25.    luge :  zuge  Trist.  9580. 

Der  Wechsel  tritt  zuweilen,  obd.  freilich  sehr  selten  gegen 
md.,  auch  in  den  Zw.  sehen,  geschehen,  jehen  auf: 


221 

gesägen  :pfldgen  Parz.  164,  7.  —  geschegen  .-pflegen  Mart.  16, 108.  §  221. 
-  Ptc.  vergigen  (von  verjehen)  Wack.  Pr.  17,  1.    Geschichtfr.  6,  244. 

Ferner  sezte  sich  ^  fiir  Ä  ziemlich  fest  in  vlehen,  vgl. 
vUgen  Wernh.  Mar.  147,  24.  Nib.  ABC.  2202,  1.  Erec  8639. 
Iw.  E.  3315 ;  selbst  im  Reim  ;  gelegen  Otack.  c.  309.  ;  wegen 
c.  365.  Auch  in  den  Steigerungsformen  von  näh  und  höh 
ward  mundartlich  h  durch  g  ersezt,  A6r.  §  214.  BGr.  §  177. 

Nach  e  oder  i  ward  ^  oft  palatal  und  löste  sich  dann 
zu  i  auf,  wodurch  der  Diphthong  ei  und  die  Längen  e  und  l 
entstundjen;  auch  nach  a  finden  wir  diese  Auflösung  des  g^ 
es  entsteht  dann  ä  und  ai:  §  24.  25.  33.  34.  52. 

Auflösung  des  g  geschah  auch  im  dativischen  Adv.  morne 
(nicht  im  Subst.  morgen),  vgl.  morne :  verlorne  Ulr.  v.  Türh, 
Wilh.  83*.  enmornen  :  morfien  Bari.  173,  19  und  alem.  in 
mun  für  mugen. 

Vertreter  von  j  ist  g  auch  im  Suffix  an  vocalischen 
Verbal-  und  Nominalstämmen,  vgl.  bigen  (apes),  frige,  bligin, 
zweiger  (Gen.),  spigen  (Inf.),  fruoge,  ferner  im  themat.  Suffix 
der  Zw.  1.  schw.  GL,  zb.  wcegen,  mcegen,  blüegen,  glüegen, 
müegen,  nergen,  werigen  Werigant,  vigant,  ebenso  im  st. 
Zw.  swerigen;  ferner  in  den  schw.  Nom.  winege,  brünege, 
verge,  scherge.  Es  scheint  dies  kein  bloss  graphisches  g^ 
sondern  für  den  grösten  Theil  von  Oberdeutschland  ist  e& 
auch  ein  phonetischer  Übergang  von  j  zu  g;  nur  Elsass  und 
Niederschwaben  sprechen  das  g  inlautend  palatal.  AGr.  §  215. 
212.  BGr.  §  178.  177. 

Über  Wechsel  von  snfflgirtem  g  und  w,  der  besondere 
im  Elsässischen  erfolgt,  vgl.  AGr.  §  216.  BGr.  §  178. 

gg  geht  aus  Assimilation  von  gj  hervor  in  leggen,  liggen 
(zuweilen  für  das  gewöhnliche  ligen),  lügge.  Nicht  selten 
vertritt  es  kk,  zb.  in  egge,  manslegge,  brugge,  rugge,  auch 
ein  Beweis  der  velaren  Aussprache  des  g.  Es  kommt  auch 
umgekehrt  ck,  kk  flir  gg  vor,  zb.  lukke  Vor.  Ged.  249,  9. 
Nach  n,  l  zeigt  sich  Neigung,  das  gr  zu  Ä;  zu  wandeln :  rinke, 
vertilken. 

Auslautendes  ^r  ward  in  der  Regel  tonlos,  es  wandelte 
sich  in  k  (c) :  mac  tac  slac  wec  sie  truoc  balc  rinc  berc  burc. 


222 

5  221.  über  Reime  zwischen  diesem  c  =  g  und  den  andern  Arten 
des  auslautenden  c  §  228.  Seit  dem  14.  Jh.  wird  g  im 
Auslaut  häufiger.  Über  die  Wandelung  von  auslautendem  c 
zu  ch  §  234. 

§222.  §  222.     Mitteldeutsch  war  g  nie  zu  k  verschoben, 

daher  auch  keine  Reste  der  Tennis  wie  im  Obd.  nachweislich 
sind.  Im  Gegentheil  erscheinen  sogar  Spuren,  dass  k  als  g 
gesprochen  ward,  wie  heute  noch  in  md.  Gegenden :  gundigte 
Leyser  Pr.  25, 5.  Fremde  Worte  mit  anlautendem  Je  erhalten 
mit  Vorliebe  g  zum  Anlaut. 

Der  Wechsel  von^  und  g  im  Anlaut  der  Zw.  jehen 
jesen  jeten  erfolgt  wie  obd.  §  220.  Als  Vertreter  des  j  findet 
sich  g  öfter,  zb.  hegagen  Mone  Altd.  Schausp.  103,  63.  gehen 
(1.  Präs.  Ind.)  wetter.  Ostersp.  340.  gener  (oft).  gSrlich  Germ. 
XI,  321.  XIX,  309.  Lac.  III,  379.  Henneb.  Uk.  II,  140. 
Cd.  Sax.  II.  6, 17.  Rückert  Entw.  126.  gämerUche  Roth.  3704. 
gemmerlich  Alsf.  Sp.  2651. 4950.  gamer  Hieronym.  A.  170,  25. 
gamern  Alsf.  Sp.  2650.  lergunge  Michelsen  Rechts-Denkm.  273 ; 
hierzu  ist  das  köln.  get  für  jet  {ieht)  zu  vergleichen,  früh 
nachweisbar  in  getisudt  (ieteswat)  Marienl.  20,  38.  u.  ö.  get 
Sei.  Tr.  23*.  HarfT  51,  2.  Kölner  Cron.  90,  sowie  heutige 
thüring.,  osterländ.  und  voigtländische  g  fiir  j;  vgl.  Bech  in 
Germ.  XXVII,  172. 

Dieses  g  ist  palatal.  Palatales  g  für  ch  hat  sich  mittel- 
fränkisch festgesezt  in  dem  unbest.  Pron.  engein,  ältere  Form 
negein  mfr.  Legend.  163.  289.  430.  670.  762.  Floyris  104.  312. 
nigein  Annol.  304  {nejein,  thegein  Triersch.  Capit.  MüUenh.- 
Scherer  Dkm.  LXVI).  ingein  (1263)  Lac.  III,  530.  engein 
(1261.  1298)  Lac.  II,  506.  1011.  Marienl.  3,  17.  10,  28.  u.  c, 
später  gein  (bei  Harff  herschend). 

Für  die  von  Ripuarien  den  Rhein  hinauf  reichende  pala- 

tale  Aussprache  des  anlautenden  g  zeugt  auch  die  Schreibnng 

gh,  die  vor  e  und  i  auftritt,  selten  vor  anderm  Vocal: 

neghein  Leidener  Willir.  3.  gheyn.  eingheyn  (1328)  Lac.  HI,  236. 
ghene  (1363)  Loersch  ach.  Rqu.  71.  gheleget  (1297)  Köln.  Sachsp.  I.  3, 2. 
im  Präf.  ghe-  überhaupt  in  den  ripuarischen  Schriften  sehr  häufig.  — 
Ghippeshorn  (1235.  Bingen)  Mrh.  U.  I,  303.    Ghensebom,  Gheinheim, 


223 

Ghehauwenstucke  (1317)  ebd.  n.  738.     anegheen  Hü.  I,  1211.    gher  §222, 
(137Ö.  Friedberg)  I,   1079.    ghing,   ghingm  Elia.   1772.  1603.    ghein 
(gegen)   Hü.  HI,  1432.    ghelSset.  ghegunnen  (1318.  Bheingau)  I,  371. 
—  ghenge  und  gyhe,  ghehaht,  ghegeben  1393.    C.  d.  Sax.  H.  9,  150. 
ghanz  (1381)  129. 

Seltener  ist  j  für  anlautendes  g,  §  240. 

§  223.  Inlautendes  md.  g  ist  nach  allem  zu  schliessen  §223. 
palatale  Gutturalis.  Elsass  und  Niederschwaben  schliessen  sich 
in  Folge  der  fränkischen  Mischung  ihrer  Bevölkerung  hierin 
Mitteldeutschland  an.  Die  Schreibung  gh,  ferner  die  Ver- 
wendung von  g  für  ch,  von  ch  für  g  deuten  diese  phonetische 
Natur   des  g  an   und  die   gegenwärtig  geltende  Aussprache 

bestätigt  sie. 

gh  für  g  geschrieben :  daghe  Hü.  I,  371.  633.  taghe  Henneb.  ü. 
n,  104.  C.  d.  Sax.  n.  9,  129.  150.  draghen.  hesaght.  vuyghen  Loersch 
ach.  Rqu.  70.  ungejaghet  Sei.  Tr.  118*>.  keghen  Nordh.  Weist.  B.  25. 
geleghen.  eyghen.  hurghen  C.  d.  Sax.  11.  9,  150.  Seleghenstat  (1289. 
Wetterau)  Hü.  I,  263.  Sighelo  (1297.  Worms)  H,  543.  gesighen.  under- 
dighen  Ebern.  489.  enighe  Ennen  I,  9.  etoighe  Musk.  2,  102.  herghe 
Hü.  m,  1432.  stanghe  (1230)  Eberbach  155.  Inghüheim  Hü.  H,  790. 
volghen  Trierer  Spiegelb.  25. 

g  für  ch:  in  Bipaarien  sehr  häufig,  u.  a.  maget  Marienl.  4,  35. 
10,  12.  tnage  15,  37.  spräge  Ennen  I,  28.  lantspräge  Both.  5028. 
spregen  Marienl.  121,  9.  Lac.  HI,  163.  spnget  Ml.  113,  11.  breige 
(brsßche)  Lac.  III,  47.  eygen  Hagen  2914.  gelige  Both.  4908.  Bigolfus 
(1297)  Ennen  HI,  434.  strygen  I,  115.  entmgent  Marienl.  52,  22. 
erflige  (1263)  Lac.  H,  530.  kugen  Ennen  I,  346.  wilgir  (1169)  Lac. 
I,  433.  tcilge.  sulge  HI,  912.  Im  Kölner  Sachsensp.  v.  1297  und  der 
Berliner  Hs.  der  Bepgauschen  Cron.  ist  dies  g  =  ch  sehr  häufig.  —  Ausser 
Bipuarien:  ngis  (Coblenz)  Lac.  HI,  172.  wygen  Spiegelb.  285,  5.  — 
guüigen,  genzligen  (Büdesheim)  Eberbach  876.  geystligen,  groezligen 
(Mainz)  Hü.  m,  1065.  Panneküge  U,  762.  regen  (Worms)  Hü.  I,  633. 
JEmigo  (1148)  cod.  Laaresh.  I,  251.  Hazegenstein  (1270.  Seligenstadt) 
Hü.  I,  192.   zeigen  Pilat.  37.    rcmgen  Bud.  11,  17. 

gg  für  ch:  maggen  (1327)  Höfer  H,  115.  gemaggin  Ennen  I, 
53.  235.  deiggen  (dechant)  1326.  Engers,  Höfer  H,  109.  gebroggin 
Ennen  I,  54.    doigge  115.   sügger  237. 

Dazu  stellt  sich  gh  für  ch: 

platinmagher  (Mainz)  Hü.  U,  865.  weighen  Musk.  8, 192.  glighest 
44,  68.  —  lighe  sehr  oft.  welghe  Musk.  59,  9.  sidghe  75,  44.  kirghen 
(1385)  Hü.  I,  1155. 

ggh  für  ch:  vagghe  (1231)  Eberbach  I,  162.  sagghen  Lac.  IH, 
886.   spregghen  (1258)  Ennen.  11,  377.   wegghe  I,  43. 


224 

§223.  Für  die  palat^le  Aussprache  des  g  ist  endlich  Doch  die 

Verbindung  gt  =  ht  anzufahren,   die   am  meisten  in  ripua- 

rischen  Schriften  begegnet: 

nagt  Rother  3285.  tregtin  3208.  igtes  3274.  dagte  Ernst  A.  5,  30. 
slagte  ebd.  10.  mogte  ebd.  5.  13.  tnagt  Ennen  III,  157.  —  (gt  =  ht  ^ft) 
geschrigte  Lac.  in,  120.  261.  Ennen  I,  137.  gestigte  Lac.  III,  163. 
vercögte  Bepg.  Cr.  85.  vercögt  Lac.  in,  190.  geloegte  HI,  163.  — 
eintregtiglichin  Cd.  Sax.  11.  6,  43.    uf geragt  ebd.  67. 

§224.  §  224.     Der  grammatische  Wechsel  zwischen  h  und  g 

vollzieht  sich   in    der  gemeindeutschen  Weise   §  221,    greift 

aber  ziemlich  stark  über  die  gewöhnlichen  Grenzen  hinüber. 

Auch   in    den  Präsensformen   von  jsiihen,   im  Prt.   von  Uhen,. 

ferner  in  enphähen  sehen  jehen  geschehen  fliehen  tritt  rad. 

^  ftir  A  auf. 

vorziginde :  liginde  Jerosch.  17643.  vorczygin  C.  d.  Sax.  11.  2,  1. 
—  geligen  (1298)  Höfer  1, 22.  (1331)  HU.  1, 533.  gdiegen  (Prs.)  (1292) 
C.  d.  Sax.  n.  8,  17.  gdegin  H.  2,  2.  lege  (Cj.  Pt.)  Köditz  47,  13.  — 
emphägen :  wäge  Orend.  624.  —  segen  Hü.  HT,  1075.  sägen :  vrägen 
En.  435.  723.  6699.  :  dragen  Hagen  3459.  :  jagen  Jerosch.  26625. 
'.lägen  Alex.  1999.  4895.  Tristr.  4580.  En.  1181.  1436.  3287.  :  mägen 
Tristr.  979.  En.  4050.  .plagen  Tristr.  4094.  Alex.  6313.  MF.  62,  37. 
En.  6852.  ;  irslagen  Jerosch.  13626.  ;  wägen  Alex.  3220.  besagen :  wäge 
Alex.  2556.  säge  :  läge  En.  1244.  7715.  gesäge  :  dage  Hagen  969.  sege 
:plege  Alex.  2948.  gesege  mfr.  Legend.  282.  :plege  Alex.  2164.  2009. 
hesege :  gelege  Jerosch.  19992.  aneseges :  geleges  Marienl.  40, 25.  Gleiche 
Keime  im  Earlmeinet  verzeichnet  Bartsch  über  KM..  S.  239,  altschles. 
Belege  Rückert  Entw.  155.  Pietsch  Trebn.  Psalm.  LXXV.  —  geschege 
(1283)  Lac.  H,  786.  Eberb.  I,  843.  Lac.  IH,  180.  589.  Musk.  45,  37. 
misschege  Ennen  I,  33.  geschegen  Lac.  IH,  561.  —  vergigen  (Ptc.  zu. 
ver jehen,  %  durch  Einfluss  des  Palatals)  ;  ligen  Krolw.  2806.  :  verswigen 
2880.  —  geflogen :  gezogen  HTrist.  5587.   vgl.  auch  Trebn.  Ps.  LXXV. 

Ausserdem  findet  sich  ^  für  &  in  höh  und  näh  nähen^ 
einzeln  in  den  schw.  Zw.  gähen,  spehen,  schuhen. 

Synagoge  :  höge  En.  8278.  ogen  :  högen  Karlm.  536,  26.  höge 
Lac.  m,  60.  höger  Marienl.  8,  33.  högeste  53,  27.  högste  Cd.  Sax. 
n.  6,  105.  gehoget  Marienl.  119,  6.  —  negin :  inkegin  Jerosch.  6576^ 
cf.  §  230.  —  gägethe  Roth.  4199  (gäckete  4211).  —  spegere  Tristr.  D. 
3529.  —  schuge  :  ungevuge  Orend.  671.  :  schugen  Kirchbergs  mekl. 
Reimkr. 

Die  palatale  Art  dieses  g  erklärt  diesen  Wechsel,  ebenso 

die  Verwendung  von  g  für   suffigirtes  j,   zb.  in  mgeid. 


225 

iidge,  frige,  sehrigen  gesehreige,  spigen,  eiger,  vgl.  auch  die  §  224. 
zerdehnte  Form  vigirtag  Altd.  Neujahrsbl.  53,  38.    Anch  für 
fremdes  j  findet  es  sich,  zb.  meige,  meiger,  vinge,  Marge  und 

in  der  Endung  ie,  zb.  arj^edige,  vogedige,  benedigen. 

Beimbelege :  leigen  :  r eigen  Elia.  3168.  geMge  :  getMge  Eoth.  35. 
vigende  :  ze  frigende  Elia.  4161.  stigen  :  schngen  Benner  3632.  rügete 
(ruderte)  :  vugete  Pass.  E.  125,  84.  historgen  :  verbargen  Jeroschin 
2916.  21469. 

So  wie  j  und  w   einander   vertreten,    so   erscheint   nun 

auch  das  för  j  verwante  md.  palatale  g  statt  w,  zb. 

wage  Jerosch.  6059.  rügdich,  rüget  Leyser  Pr.  33,  14.  rügen 
Cd.  Sax.  n.  6,  163.  gerügeclich  Cd.  Sax.  n.  6,  152.  8,  50.  gerugee- 
liehen  11.  9, 115.  gedoigit :  geurlaigit  Jerosch.  20800.  vngedeuget  Altd. 
Neujahrsbl.  68,  48.  Vgl.  anch  die  Zerdehnungen  fügir  (ignis)  Altd. 
Neajahrsbl.  53,  34.  vugr,  ungehugr  Jerosch.  H.  10193.  hüaeomdügir 
:tugir  Jerosch.  9055. 

Hierbei  muss  auf  die  Reime  zwischen  g  und  v,  g  und  w 

hingewiesen  werden: 

Im  mfrk.  Legendär  wird  g  mit  v  häufig  gebunden,  Busch  bei  Zacher 
Z.  X,  316.  Femer  ave  :  gesogen  Ernst  A.  IV,  33.  dagen  :  haven  Marg. 
Pass.  420.  dragen :  begraven  nrh.  Marienkl.  110.  grävin:mäg%n  Ludw. 
£r.  822.  kven  :  degen  Ernst  A.  IV,  55.  59.  have :  gelogen  Eoth.  15.  — 
gröwen  :  herzogen  Orend.  637.  äugen  :  beachoutoet  1148.  Turgouwe  : 
Amshouge  Ludw.  Er.  5589  (Es.  Amshautce), 

§  225.     Die  palatale  Natur   des  md.  g  fuhrt  leicht  zur  §  225. 
Auflösung;  dies  veranlasste  jene  Zusammenziehungen  der 
Silben  ige  ege  age  oge  zu  Längen  und  Diphthongen  wie  im 
Obd.  §  221.    Ferner  schwindet  g  zwischen  i  und  e  im  Suffix 
wenigstens  in  der  Schrift;  phonetisch  wird  ein  leiser  Palatal 

übrig  geblieben  sein. 

menie  :  Babihnie  Orend.  397.  kunie :  Bäbüonie  2583.  :  Montelie 
2527.  —  sundier,  manichvdldier  Nrh.  Bruchst.  3,  20.  4,  25.  ingesid^ 
besiden  (1248)  Höfer  I,  2.  gegenwertier,  ewier  Höfer  H,  104.  zwevd- 
dien  Myst.  I.  131,  38.  unvemumftien  Schachzab.  176,  21.  hochvertien 
199,  33.  202,  5.  bestendie  Eöditz  68,  13.  Vgl.  B.  Hildebrand  im 
DWb.  IV.  I,  1107. 

Seltener  geschieht  gleiches  dem  g  nach  dem  Stammvocal,. 
doch  ist  der  Schwund  hier  auch  nach  a  nachweisbar: 

daes  (1248.  Trier)  Höfer  I,  2.  Siebodo.  Siemar  1071.  Mrh.  ü. 
I,  429.  Igen  Spiegelb.  271,  32.  schwyen  269,  29.  —  ouist  {otigest^ 
August)  1263.  Ennen  H,  482,  daraus  entsteht  ouM,  aust. 

Wein  hold,  mittelhoehd.  Gramm.   8.  Aufl.  15 


226 

§225.  Auch  zwischen  r  und  n  schwindet  g, 

mome :  zorne  Herb.  9827.  Meisner  M8H.  3|  lOO».  —  ieren  Herb. 
13035.  18000.  fiteren  :  troijieren  Hetb.  10115.  15417.  neren  Alex.  6710. 
nime  Schachb.  332,  30.   C.  d.  Sax.  H.  8,  98.  u.  ö. 

Anders  ist  der  Vorgang,  wenn  g  vor  oder  nach  n 
schwindet:  es  verschmilzt  sich  dann  mit  n  zum  gutturalen 

Resonanten.     Die  Belege  sind  aus  Ripuarien: 

segnen  :  senede  Marienl.  46,  38.  —  lougnen :  verlornen  Sei.  Tr.  53*. 
le&nften  Ennen  1, 181.  verleunt  Harff  104^  35.  lounede :  eounede  WerDh. 
18,  6.  loende :  zoende  Schade  nrh.  Ged.  35,  43.  loune  :  zäune  Marienl. 
108,  13.  —  jongfrou  :  jonfrawe  Harff  25,  39.  jonffer  Sei.  Tr.  15. 
Kölner  Cron.  8.  junferlich  Harff  26,  6. 

Über  gg  gilt  dasselbe  wie  im  Obd.  §  221 ;  bei  manchen 
Schreibern  war  es  für  einfaches  g  sehr  beliebt,  Pfeiffer  Jero- 
schin  S.  LXVII;  vgl.  auch  wegge  Annol.  849.  Assimilirt 
ist  gg  aus  gj  in  leggen  liggen  huggen;  femer  aus  tg  in 
langgrgbe  Hü.  I,  1217.    dnggrebe  I,  984.    Luggart  I,  540. 

§226.  §  2^6.     Auslautendes  md.   g  wird   im    12.  13.  Jh. 

häufig  nach  obd.  Art  als  c  in  der  Schrift  gegeben;  indessen 
bleibt  es  sehr  oft  g,  worunter  der  md.  Aussprache  gemäss 
palatale  Fricativa  zu   verstehn  ist.     Den  Beweis   dafür  gibt 

die  Verwendung  von  g  für  ch  und  A. 

g  für  ch:  kcägbumer  (Mainz)  Hü.  HI,  1091.  geumrdig  (Shein- 
gan)  i,  534.  lyghove  (Mainz)  Hü.  II,  748.  eighom  (1255)  Eberbach 
I,  304.  röcMog  Wiesb.  Gl.  38.  wiraug  (1235.  Bingen)  Eberbaoh  903. 
Frankfurter  Belege  bei  Wülcker  in  Faul -Braunes  Beitr.  lY,  38.  f.  — 
völg,  8chalg,  dang,  kräng,  werg  Elisab.,  darin  die  Reime  marg :  verbarg 
532.  3369.  tverg :  herg  1310.  1873.  —  zuig :  dich  Amst.  Ml.  3,  16.  ig 
5,  2.  dig  2,  19.  sig  4,  13.  oug  2,  21.  üg  2,  9.  10.  ig  Ernst  A.  I, 
47.  u.  0.  dig  I,  59.  jog  I,  51.  oug  Annol.  495.  Ennen  H,  435.  Lac 
in,  167.  Belege  aus  dem  Legendär  und  andern  mfränk.  Quellen  bei 
Busch  in  Zachers  Z.  X,  317.  In  Herrn,  t.  Fritslars  Werk,  auch  bei 
Eöditz  begegnen  diese  g  =^ch  zahlreich. 

g  für  ch:===h:  Högheim  (Worms.  Mainz)  Hü.  11,  407.  558.  sag 
Amst.  Ml.  2,  23.  3,  15.  irsag  Bother  693.  gesitg :  sprach  ebd.  4101. 
sag  :  sprag  Morant  551.  gescag  Amst.  Ml.  3,  14.  geschag  (1276) 
Haupt  IX,  263.  fM)g  Amst.  Ml.  1,  12.  4,  5.  schug :  gevug  Orend.  671. 
durg  Amst.  Ml.  1,  21.  u.  o.  Emst  A.  I,  30.  Marienl.  2,  1.  15,  17. 
Ennen  m,  157.  Elis.  3369. 

g  erscheint  auch  an  Stelle  von  1c,  das  dem  obd.  ch, 
welches  sich  in  ch  und  h  spaltet,  entspricht,  zb.  sag  Secund.  30. 


227 

ikg  Cd.  Sax.  II.  6,  44.     schog  IL  6,  20.  46.  8,  28.     starg  §226. 
Secund.  285.    werg  Cd.  Sax.  II.  6,  39. 

K. 

§  227.  Das  k  der  mittelhochdeutschen  Periode  entspricht  §  227. 
auch  in  oberdeutschen  Schriften  dem  gemeingerman.  Je, 
nicht  dem  k  der  sogenannt  strengahd.  Denkmäler.  Es  ist 
also  an  die  Stelle  des  strengalthochdeutschen  ch  getreten  und 
gewissermassen  eine  £>ückschiebung.  Alemannisch  wird  es  im 
11.  12.  Jh.  häufig  neben  ch ;  im  13.  Jh.  ist  k,  ohne  erkenn- 
bare Regel,  alem.  dem  ch  vorgezogen,  ohne  aber  dasselbe  zu 
verdrängen,  und  dies  Verhältnis  dauert  im  14.  15.  Jh.  fort. 
Die  bair.  österr.  Schreiber  halten  an  dem  alten  obd.  ch  fester 
und  bei  ihnen  überwiegt  ch  dem  k  in  unsrer  ganzen  Periode. 
Im  15.  16.  Jh.  brauchen  sie  gern  kh,  womit  die  Guttural- 
affricata  gemeint  ist.    AGr.  §  219.   BGr.  §  180^ 

Die  anlautende  Verbindung  kw,  durch  qu  bezeichnet, 
gibt  vor  u  und  dem  daraus  entstandenen  o  stets  das  w  auf, 
vgl.  quctm  kumft  kamen.  Vor  a  e  und  i  t  schwindet  das  w 
oft,  zb.  kam,  kec,  kerren,  kirre^  kit  (=:  quidet).  Mit  a  ä  ii 
tritt  aber  auch  oft  Verschmelzung  des  w  zxjl  o  6  uü  {tu)  ein : 
quime  wird  zu  kume,  quirne  :  kurne,  quicken  :  kucken,  quidet 
:  hüt  kiut,  quam  :  kom^  quat :  kot,  quämen  :  körnen,  qmden 
:  hoden.  Mit  e  verschmilzt  sich  w  nicht  selten  zu  o :  queden 
hden,  quec  koc,  qüeln  koln,  quene  kone,  querder  korder, 
qmste  koste. 

§  228.  Inlautendes  obd.  k  geht  ebenfalls  auf  ahd.  §228. 
ch  zurück.  Dieses  spaltete  sich  wenigstens  seit  dem  9.  Jh. 
in  ch  und  k,  nicht  nach  fester  Regel;  aber  im  allgemeinen 
sezte  sich  k  (nach  Kürzen  kk  ck  geschrieben)  fest  in  wacker 
vackel  nact  hecken  decken  blecken  vlecke  hecken  lecken  recke 
recken  stecken  smecken  stecken  strecken  wecken  blicken  dicke 
schicken  schricken  sticken  stricken  klocken  locken  isocken 
drucken  rucke  slucken  stucke  trucken  rucken.  Die  Verbin- 
dung nch  verhärtete  sich  auch  regelmässig  zu  fik,  während 
die  Fricativa  in  Ich  rch  haftete. 

15* 


228 

^228.  In  backe   neben   backe  schuf   die   Verschiedenheit    der 

Bedeutung  die  doppelte  Form.  Im  Adj.  dürkd  ist  das  aus  h 
entstandene  cJi  zum  harten  Verschlusslaut  geworden. 

IJber  alemannisches  k  für  gemeinobd.  ch  im  In-  und  Aus- 
laut vgl.  AGr.  §  208.  Bairisch  kommt  dieser  scheinbare  Rest 
älteren  Gonsonantenstandes  weit  seltener  vor,  BG-r.  §  181. 

Auslautendes  mhd.  k  ist  doppelter  Art:  1)  aus  ch 
zurückgeschoben,  aber  wie  es  scheint  später  und  schwankender 
als  im  Inlaut.  Im  allgemeinen  sezte  sich  k  für  ch  fest  in 
nac  gesmac  erschrac  vlec  kec  blic  stric  boc  roc  stoc,  femer 
nach  n  in  banc  gedanc  kranc  stanc  tranc  wanc.  2)  ist  k 
die  regelrechte  Verhärtung  von  ^,  sobald  dasselbe  in  den 
Auslaut  tritt,  §  221.  Für  c  oder  k  wird  zuweilen  ck  ge- 
schrieben, zb.  lack  Nib.  A.  2079,  3. 

Reime  zwischen  den  beiden  c  (für  ch  und  g)  gestatten  sich 
fast  alle  Dichter.  In  der  Nibelunge  Not  wird  nur  ng  :  nch 
gereimt;  auch  Reinmar  erlaubt  sich  nur  diese  Bindung  und 
nur  einmal  MF.  158,  18.     Walther  braucht  diese   Reimung 

öfter,  ausserdem  zweimal  ag  :  ach. 

lac  :  sac  Iw.  2585.  :  erschrac  Walth.  95,  5.  Trist.  9129.  Parz. 
126,  1.  131,  3.  Wh.  228,  27.  gGerh.  4630.  :  smac  Iw.  6447.  Paiz. 
186,  9.  Wh.  62,  11.  mac:  erschrac  Wh.  93,  1.  :8ac  Parz.  364,  11. 
tiac'wac  Bari.  72,  23.  pflac :  erschrac  Walth.  84,  13.  :sac  Wh. 
407,  25.  slac :  smac  Trist.  7280.  7840.  quec :  wec  trKr.  6826.  sie :  stric 
Engelh.  4891.  :  blic  Parz.  146,  9.  druc :  fltic  gGerh.  4850.  balc :  schale 
Parz.  18,  7.  183,  19.  Mart.  122,  14.  danc :  lanc  Walth.  83,  12.  Nib. 
874,  2.  :gelanc  Walth.  97,  1.  :ranc  Seinmar  MF.  158,  18.  :8atie 
Nib.  750,  2.  Walth.  28,  5.  62,  24.  Trist.  4761.  :  underswanc  gGerh. 
1434.  :  betwanc  Parz.  585,  3.  Trist.  5291.  lanc :  gedanc  Walth.  114,  4. 
Iw.  2121.  gedanc  :  lanc  wGast  8806.  misselanc  :  danc  Iw.  2593.  spranc 
:undanc  Iw.  5403.  bancerklanc  Nib.  616,  2.  :  spranc  gGerh.  4568. 
Uanc  :  lanc  Trist.  3337.  gGerh.  3575.  kranc  :  lanc  Parz.  339,  23. 
gGerh.  3744.  :  sanc  Walth.  14,  2.  27,  22.  :  twanc  Walth.  10,  35. 
gGerh.  2058.  tranc  :  Manc  Wh.' 176,  Id,  :Za«c  Trist.  11688.  :  spranc 
Nib.  922,  2.  stanc  :  betwanc  Iw.  3843.  marc  :  verbarc  Wh.  63,  29. 
Stare  :arc  Trist.  5977.  :  verbarc  Boner  31,  21.  halsberc :  werc  Trist. 
4933.  6545.  Gouchesberc :  werc  Boner  65,  55. 
§229.  §  229.     Mitteldeutsches  k  hat  seine   alte  gemein- 

germanische  Stelle  im  Anlaut  nie  verändert  und  auf  das  obd. 
ch  in  seinem  Übergange  zu  k  ebenso  eingewirkt,  wie  md.  g 


229 

auf  den  Rückgang  des  ahd.  k  zu  g.     Wo  ch  =  altem  Ä;  in  §  229. 
ffld.  Schriften   im    Anlaut    auftritt,    verrät   es    obd.   Einfluss. 
li^eben  h  ward  c  als  Schriftzeichen  gebraucht. 

Bemerkenswert  sind  einige  md.  h  als  Vertreter  gewöhn- 
licher Media.  Allgemein  von  der  Wetterau  bis  Schlesien 
findet  sich  das  auch  obd.  beliebte  kegeriy  zusammengezogen 
kein,  zb.  HU.  I,  974.  958.  Höfer  II,  14.  Nordh.  Weist.  A. 
Eöditz.  Sachsensp.  (Leipz.  Hs.)  I.  2,'  2.  III.  88,  5.  Jeroschin 
durchaus,  kegenwirdig  (1299)  Höfer  I,  24,  keginwertig  Cd. 
Sax.  IL  6,  40.  kenwerdig  (1306)  Cd.  Sax.  II.  6,  6.  inken- 
werdic  Mülh.  R.  27.  keinwertig  Henneb.  U.  II,  54.  Cd.  Sax. 
IL  6,  40.    Rückert  Entw.  159. 

Ausser  kegen  erscheint  dieses  A;  für  ^  einzeln  in  bekoUte 
Herb.  8855.  Binekouwe  (1215)  Eberbach  I,  90.  Hü.  III,  1065. 
1089.  kugel  Myst.  I.  83,  25.  Vilmar  hess.  Idiot.  216.  koukeUre 
mfr.  Legend.  43,  koukeler  Altd.  Neujahrsbl.  60,  20,  keukeler 
Trebn.  Ps.  57,  6,  kücheler  (Gaukler)  Vorbewis.  24,  kouchdist 
mfrk.  Legend.  95.  eükuker  Köditz  46,  2.  —  Dass  g  nach 
eni  (in)  zur  Tennis  wird,  ist  allgemein,  vgl.  u.  a.  inkeit  Mülh. 
R.  49.  Ebenso  wird  ^  zu  A;  in  Zusammensetzungen  unter 
Einfluss  von  t  (gebliebenem  sowie  nach  Assimilation  geschwun> 
denem)  am  Auslaut  des  ersten  Theils,  zb.  der  Leitkestere 
Mrh.  ü.  II,  385.  Lukkardis  (1276)  Hü.  n,  296.  Lukart 
(1337)  Hü.  III,  1296.  Ruckerus  (1296)  Hü.  1, 198.  Rukerus 
(1219)  Böhmer  28.  30. 

Besonders  md.  ist  k  aus  ch  -\-  g  in  näkibür  Mülh.  R. 
27.  u.  0.  näkebur  Jerosch.  8213.  livl.  Kr.  146.  358.  u.  o. 
Ladw.  Kr.  657.  Beheim  Evang.  Luc.  1,  58.  14,  12.  nakebwir 
Cd.  Sax.  IL  6,  23  (1364).  nackebur  Köditz  42,  30.  Vgl.  Bech 
zu  den  Zeizer  Satzungen  1,  61.    Lexer  Mhd.  Wb.  11,  7. 

Geschrieben  wird  für  c  und  k  im  14.  15.  Jh.  zuweilen  kh 
besonders  in  mittelrheinischen  und  thüringischen  Schriften. 

Die  anlautende  Verbindung  kw  {qu)  haftet  im  Md.  zäher 
als  im  Obd.,  die  Verschmelzung  des  w  mit  folgendem  Vocal 
ist  hier  weit  seltener.  Bei  quemen  bleibt  das  w  durch  das 
ganze  Perfect. 


230 

§229.  Dialectlich  stark  entwickelt  ist  qu  für  tw  %  153.  187: 

quahen  Diefenb.  n.  gl.  230.  quüg  Germ.  VI,  269.  queheU 
Myller  Samml.  III.  38, 49.  quehel  Flore  H.  4330.  —  quaUen 
itwalm)  Altes  Heldenb.  547,  33  (Kellers  Druck).  —  quingen 
quanc  bequanc  heqimngen  Germ.  VI,  269.  —  querch  Kaspars 
Sigenot  21.  querhes  Wolfd.  D.  X,  57*.  —  quirnstein  Pass. 
K.  440,  56.     Vgl.  meine  Dialectf.  85. 

§230.  §  230.     Inlautendes  md.  k  entspricht  in  der  Regel 

dem  obd.  Tc,  welches  aus  der  ahd.  Fricativa  zurückgeschoben  ist^ 
und  dann  auch  dem  gemeingerm.  Ä,  so  in  acker,  hacke,  bacJcen^ 
Schalkes,  danken,  denken,  dünken,  marke,  merken,  wirken. 
In  einer  andern  Wortreihe  namen  die  md.  Dialecte  an  der 
obd.  Verschiebung  des  k  zu  ch  Theil,  §  235.  233. 

Von  unverschobenem  in- und  auslautendem  k  hielten 
sich  in  diesen  Worten  nur  einige  Reste  selbst  in  Ripuarien,. 
Tgl.  im  mfrk.  Legendär  ik  (Busch  bei  Zacher  X,  317),  im 
Rother  sprac  3055.  riclichen  3048.  strüke  4202.  sulke  3753- 
femer  das  Zw.  süken,  zb.  Marienl.  38,  30.  Nassau  507.  Lac. 
II,  537.  III,  489.  496.  516.  589.  1000.  Ennen  I,  39.  Loersch 
ach.  Rqu.  54.  Höfer  II,  115.  Sei.  Tr.  52*.  177^  Kölner 
Cronica  144**;  das  Zw.  reiken  Ennen  I,  310.  425.  Lac.  III^ 
504.  1011.  Harff  3,  34.  Kölner  Cronica  22,  —  Nach  Süden 
hinauf  lassen  sich  einzelne  unverschobene  k  in  Namen  be- 
sonders aufzeigen : 

Wetterau:  Storkelin  (1223.  1310)  Böhmer  43.  391.  Serekesbach, 
GunthardeskyrJcen  (1270)  HU.  I,  136.  Eicolveskerken  (1306)  I,  448. 
Easeke  (1353)  I,  877.  —  Mainz:  gen  der  hölzesbecke  (1295)  HU.  I^ 
210.  Hennekin  (1338)  IH,  1093.  —  Rheingau:  Heyleke  HU.  I,  586. 
Heüke  642. 

Ein  anderes  k  erscheint  in  neken  (nahen),  das  nieder- 
fränkisch so  gut  wie  ripuarisch,  thüringisch  und  schlesisch 
vorkommt,  und  im  alts.  näkön,  mnd.  näken  neken  ganz  ebenso 

auftritt. 

ginekeda  altniederl.  Ps.  54, 22.  ginäcont  54, 19.  —  neken  Marienl. 
65,  26.  85,  21.  Ennen  J,  64.  Karlm.  51,  11.  56,  46.  80,  41.  109,  54. 
147,  34.  221,  10.  u.  ö.  Sei.  Tr.  114^  203».  221^  Harflf20,  40.  Kölner 
Cronica  40».  —  Pass.  H.  232,  18.  —  Trebn.  Ps.  31,  9.  87,  4.  —  Etickert 
Entw.  160. 


231 

Das  h  des  Wnrzelauslauts  hat  sich  hier  vor  ursprünglich  §  230. 
folgendem  w  (got.  nehv-)   in    den  Verschlussiaut   gewandelt, 
wie  c  für  A  vor  t  und  s  öfter  nachweislich  ist: 

acthe  Eoth.  4166.  hräcte  3646.  bräctin  2627.  rectis  3920.  frmte 
(Breisig)  Lac.  m,  636.  Mectildis  (1146)  Mrh.  ü.  I,  595.  nactwache 
hess.  Evang.  298.  irluctis  Myst.  I.  174,  30.  gerietet  Henneb.  ü.  11,  69. 
altschles.  rect  attfectung  manslect  fluctig  Bückert  Entw.  161.  —  fucsczagd 
Cd.  Sax.  n.  8,  139. 

In  negen  (nahen)  scheint  dagegen  g  unechter  gramma- 
tischer Wechsel  mit  h  (§  224);  ^gl.  negin :  inkegin  Jerosch. 
6576.    Trebn.  Ps.  26,  2.  37,  12.  54,  19. 

§  231.     Nach   lingualer   Liquida    wird    g    durch  §231. 
Einfluss  des  lingualen  Elements    zuweilen  zu  k  verhärtet: 

Elkerhüsen  Eherbach  596.  Hü.  I,  429.  453.  841.  wdkern  Myst. 
I.  107,  8.  vertüken  Griesh.  Dkm.  17.  —  gevanken  Marienl.  25,  31. 
gevenkenisse  Lac.  III,  180.  gehenkenisse  III,  124.  hrenket  Marienl. 
28, 14.   sinkent  9,  19.  23.  —  irken  Rückert  Entw.  160.    galgkeperk  200. 

über  diese  noch  heute  fortdauernde  Erscheinung  Dialect- 
forschung  83. 

Verbreitet  ist  die  Verschiebung  von  ^  zu  Ä  in  loukenen: 

louke  (Imp.)  Salm.  398,  4.  geloukenen  Myst.  I.  147,  2.  gelöken 
Herb.  440.  virloukinot  Tr.  Silv.  469.  verloukenen  Pass.  K.  164,  46. 
280,  81.  641,  30.  vorloukin  Tzschoppe-Stenzel  U.  489.  lökinen  Mülh. 
E.  27.  36.  Nordh.  Weist.  A.  1.  verUuken  wetter.  Ostersp.  669.  672.  Alsf. 
8p.  2109.  3290.  3596.    lenken  Lac.  III,  1020. 

Vereinzelt  kommt  dies  k  für  g  auch  vor  in  gejsükenisse 
betrokenisse  Rückert  Entw.  161.  cloicke  (prudentes)  Kölner 
Cronica  4. 

Ausfall  des  k  zwischen  r  und  t  ist  sehr  häufig  in 
)narct  {market,  zunächst  ist  für  diesen  Vorgang  marchet  an- 
zusetzen), vgl. 

mart :  vart  Orend.  738.  :  hart  Wierstr.  2179. 2484.  —  Ausser  Reim 
u.  a.  deme  merte  HU.  I,  1122.  dipmart.  vismart  HU.  HI,  1274.  1375. 
weclienmart  Lac.  III,  754.  jdrmart  Köditz  40,  18.  kornmartgasse 
(Worms)  Hü.  HI,  1289.  martenmeister  (1288.  Mainz)  Höfer  1, 18.  mart- 
jkcke  Köditz  87,  24. 

Interessant  ist  die  Einschiebung  von  k  zwischen  ü 
und  t  in  lüde  (=  lüte,  liute)  Roth.  4677.  Barin  liegt  das 
älteste  mir  bekannte  Beispiel  dieser  einer  Wurzel  auf  t  infi- 
girten  gutturalen  Explosiva^  welche  dem  heutigen  Kölnischen 


232 

§281.  und  Siebenbür^sch- Sächsischen  sehr  wol  bekannt  ist  (Wolff 
Gonsonantismus  der  siebenb.-sächs.  Mundart,  Hermanstadt  1873. 
8.  60.  70).  Wahrscheinlich  ward  zuerst  das  t  mouiUirt,  das 
mouillirende  Element  (j)  verhärtete  sich  hernach  und  trat  von 
dem  Wurzelauslaut  in  den  Inlaut.  Vgl.  übrigens  auch  BGr.§  184. 

Echte  Gemina  hk  entstund  darch  Assimilation  a)  progressiv 
aus  hj:  dekkit  Annol.  86.  dikke.  rekkin  289.  f.  stukkelin 
802.  wekkeda  Friedb.  Kr.  E.  2,  6.  dikke  Arnst  Ml.  5,  15. 
b)  regressiv  aus  tg:  Lucgardis  (1235)  Eberbach  1,303.  Luc- 
gart  (1312)  Hü.  I,  471.  Lukkardis  (1276)  HU.  IL  296. 
Rukkerius  (1191)  HU.  II,  16. 

§232.  §  232.     Das  auslautende  md.  k  oder  c  ist  gleich  dem 

obd.  doppelter  Art :  1)  aus  ch  entstanden,  2)  durch  tonloswerden 
von  g  erzeugt.  Oft  wird  hier  in  der  Schrift  g  beibehalten: 
so  stehn  in  der  .Lorscher  Beichte,  um  ein  altes  md.  Denkmal 
zu  nennen,  drei  ausl.  c  gegen  vier  ausl.  g.  Zuweilen  wird 
auch  für  k  -=  g,  namentlich  im  14.  15.  Jh.,  gk  oder  ck  ge- 
schrieben, zb.  oberick  Cd.  Sax.  IL  6,  78.  widerwertigk.  tagk 
ebd.  178.   magk,  schuldigk.  wegk  179.    Beide  k  werden  auch 

von  md.  Dichtern  im  Beim  gebunden,  zb. 

erschrac:  lac  HTrist.  4961.  :8lac  Erlös.  &175.  :tac  MF.  126,4. 
Kenner  14174.  mcu: :  nac  Benner  5082.  :  sac  5144.  smac  :  mao  Elis. 
10009.  Erlös.  1232.  :  tac  Elis.  1047.  1073.  pflac :  erschrac  Erlös.  2596. 
:  8mac  HTrist.  6635.  Elis.  9413.  loec  :  flec  HTrist.  5471.  hranc  :  twanc 
HTrist.  5041.  .'sanc  MF.  139,  20.  8anc:danc  Erlös.  1088.  verbare: 
Stare  Erlös.  4863.  berc  :  were  3032.  were :  Friberc  HTrist.  81.  Magde- 
bure  :  Türe  Ludw.  Kr.  1233.    Popenbure :  Türe  984. 

Zuweilen  begegnet  in  den  Schriften  auslautendes  c  ftir  ch 
und  selbst  für  fricatives  h: 

a)  für  ch:  sprac  Ernst  A.  IV,  9.  Steinbac,  Kyncenbae.  Gartcarts- 
de  (1258.  SchiflFenberg)  Hü.  I,  116.  ungemac,  die.  untzallic,  unvert- 
zagelie,  rie  Eückert  Entw.  161. 

b)  für  h:  .geseac  Friedb.  Kr.  F.  2, 5.  geschae.  nac.  sie.  nac  Rückert 
Entw.  161.  doc  Myst.  I.  173,  14.  bevalc  :  marschale  Jerosch.  24366. 
dure  Roth.  4447.  HU.  II,  721.    dure :  iure :  durc :  hure  Jerosch.  25136. 

Dass  hier  wirklich  die  tonlose  Explosiva  gesprochen  sei. 
glaube  ich  nicht;  vielmehr  nehme  ich  tonlose  volare  Gruttural- 
fricativa  an,  welche  die  Schreiber  durch  c  ausdrückten. 


233 

§  233.  Die  harte  ^tturale  Fricadva  des  Obd.  ist  Ver-  §  233. 
Schiebung  der  gemeindeutschen  Explosiva  fortis  k.  In  der 
mhd.  Periode  drängte  sich  k  im  Anlaut  wieder  in  seine  alte 
Stelle  ein,  ohne  jedoch  das  ch  beseitigen  zu  können  §  227; 
in  Alemannien  wird  seit  dem  13.  Jh.  allerdings  von  den  Schrei- 
bern k  mehr  als  ch  gebraucht,  in  Baiern  aber  überwiegt  ch, 
AGr.  §  219.  BGr.  §  180. 

Einzeln  vertritt  ch  in  unechter  Verschiebung  c  =  g;  ara 
festesten  sezte  sich  dies  falsche  ch  in  den  sagenbertihmten 
Frauennamen  Chrimhilt  und  Chütrün,  BGr.  §  180. 

Für  h  ward  ch  früh  am  Anfang  des  zweiten  Theils 
zusammengesezter  Namen  gebraucht,  mhd.  namentlich  in  den 
mit  hoven  zsges.  Ortsnamen,  zb.  Prunnunchoven,  Zeeinchoven, 
woraus  dann  koven,  kon  ward. 

Inlautendes  obd.  ch  spaltete  sich  in  ch  und  k  §  228, 
ohne  dass  eine  bestimmte  Regel  über  die  Wahl  des  einen 
oder  des  andern  Lautes  hervorträte.  Nach  n  geht  ch  gewöhn- 
lich in  k  über,  nach  l  und  r  haftet  es  dagegen.  Als  Schrift- 
zeichen sind  ausser  ch  zu  verzeichnen  hh,  hch,  chh ;  für  k  =  ch 
werden  gebraucht  cch,  seit  14.  Jh.  kch,  chk,  ckch,  geh,  ckh, 
gkh,  gk,  cg,  Andeutungen,  dass  die  Affricata  gesprochen  ward. 

Häufig  erscheint  im  Inlaut   dialectlich    ch  für  h   sowol 

zwischen  Vocalen  als  vor  Lingualen.     Die  guten  Dichter  des 

13.  Jh.   gestatten  sich   aber   dieses  ch   nicht  im  Reim;    erst 

seit  der   zweiten  Hälfte   des  13.  Jh.    kommen   solche  Reime 

bei  nachlässigeren  vor,  zb. 

jachen  :  sprdcJien  WvRheinau  55,  39.  sacken  :  sprächen  Lieds. 
219,  9.  hi'ache  :  geschtBche  WvRheinau  65,  12.  scBche :  brteche  Hadlaub 
MSH.  2,  278^.  enpfächen :  machen  Teichner  im  Lds.  67,  97.  spechen  : 
gerechen  Lds.  50,  260.  gdiche :  österwiche  Helbl.  8,  298.  alterwichen 
:  riehen  2,  765.    ziechen  :  siechen  Teichner  Lds.  140,  58. 

Ebenso  wird  cht  für  ht  mit  echtem  cht  von  Dichtern 
geringeren  Kunstgrades  im  Reim  gebunden: 

nacht  :  gemacht  Amis  2350.  trachte  :  machte  Lampr.  S.  2166. 
preschte  :  machte  Gundach.  148.  geswacht :  acht  Suchenw.  36,  65.  ge- 
schieht :  spricht  Mantel  342.   nicht :  bricht  wGast  2690.  plichte :  gerichte 


234 

§233.  Tand.  57,   78.      geschickte  :  blickte  Mart.  278,  34.      zuckte  :  leuchte 
Tund.  62,  78. 

Vgl.  ausserdem  AGr.  §  222.   BGf.  §  183. 

Reime  zwischen  ch  und  f  im  Inlaut  lassen  sich  seit  dem 
14.  Jh.  alemann,  nachweisen,  Wackernell  Montfort  CLXXII. 
Reime  zwischen  cht  und  ft,  die  sonst  nur  md.  (§  236)  er- 
scheinen, kommen  seit  Ende  des  13.  Jh.  einzeln  bei  aleman- 
nischen Dichtern  vor:  Reinfr.  6991. 15629. 19711.  Boner  49,  7. 
Vgl.  auch  §  234  und  Schoch  Sprache  Boners  15. 

Über  Einschiebung  eines  Gutturallautes  (ch)  vor  s  und  t 
im  bairischen  BGr.  §  184. 
§234.  §  234.     Auslautendes   obd.   ch   hat   dreierlei   Wert 

1)  ist  es  die  echte  obd.  Fricativa  (für  nd.  k),  die  sich  in  ch 
und  c  spaltete  und  für  die  in  ahd.  Zeit  häufig,  aber  auch 
noch  mhd.  zuweilen  h  geschrieben  ward,  zb.  ih  mih  hillih 
sprah  btwh  werh;  2)  Vergröberung  von  A,  in  der  gebildeten 
Sprache  übrigens  fester  als  inlautendes  ch  für  h;  3)  Ver- 
schiebung von  auslautendem  c  =  g,  Dass  Hartmann  v.  Aue 
dieses  c  (g)  wie  ch  sprach,  hat  Lachmann  z.  Iw.  4098  nach- 
gewiesen.    Im  übrigen   gebe   ich  Reimbelege   für  das  Leben 

dieser  drei  ch  und  ihre  phonetische  Gleichheit. 

Keime  zwischen  ck  und  ck  =  k:  sackihrack  Nib.  814, 1.  Gudr. 
57,  2.  Karl  3646.  :  dach  Walth.  62,  26.  Ortn.  97,  4.  :  gemack  Nib. 
1248,  3.  Erec  1860.  Iw.  5928.  Trist.  11900.  :  rack  Nib.  19,  1.  :  sprach 
Nib.  62,  1.  Wolfd.  A.  129,  4.  Erec  30.  Pantal.  170.  jach  :  gemach 
Nib.  1141,  1.  :  sprach  624,  1.  geschach :  brach  MSH.  1,  166.  Stricker 
Ged.  4,  2.  :  sprach  Walth.  72,  26.  Neith.  45,  37.  :  gemack  Iw.  1780. 
:  Stack  Nib.  1833,  3.  slack  :  obedach  Georg  470.  gebreck :  speck  Montf. 
28,  29.  gick:dick  Trist.  11349.  vergick  :  dich  Helbl.  2,  1078.  sich: 
rieh  Krone  7515.  dock: lock  Neith.  9,  9.  bevälck : sckaleh  Lanzel.  1179. 
empfalck  :  Engdsckalck  Fraaend.  314,  29. 

Beimo  zwischen  ck  und  ck  =  c(g) :  mack :  ungemack  Mantel  230. 
tack:sprack  Gudr.  1166,  1.  :  gemack  Mart.  88,  96.  sweick :  bestreich 
Iw.  3474  BDE.  streick  :  seich  Dietr.  Fl.  6636.  ckarch  :  sarek  Mart. 
284,  6.    ;  starck  Otack.  c.  753.    berck :  werck  Biter.  4058.  Ortn.  176,  2. 

Beime  zwischen  ck  =  k  und  ch  =  c  (gj:  pflock  :  sack  Iw.  Dd. 
4431.  Mai  51,  10.  sla>ck:näck  Otack.  c.  800.  tack :  geschack  Gundach. 
2622.  gesckack  :  tack  Lutwin  3869.  widerwack  :  sack  Biter.  7362. 
gedeick  :  sweick  Krone  3555.  berck  :  verck  Nib.  2147,  3.  Eaben.  810,  4. 
burck  :  durck  Lanzel.  5523.  —  BGr.  §  187.  AGr.  §  224.  225  geben  mehr 
Belege. 


235 

Keime   zwischen   auslautendem   ch  und  f  bieten   Boner  §234. 
59,  51.  75,  11.    und  andre  späte  alem.  Dichter,   Wackemell 
Montfort  CLXXII. 

Dialectlich,  namentlich  alemannisch,  begegnet  c  und  k  für 
CÄ,  AGr.  §  208.  BGr.  §  181. 

Abfall  von  ch  kommt  am  ersten  Theil  von  Composi- 
tionen  obd.  zuweilen  vor,  zb.  riltche,  buostapy  kirwihe  chilwih, 
mümarcht;  seltener  an  einfachen  Worten,  am  häufigsten  noch 
bei  ich,  wenn  die  Negation  ne  oder  auch  eine  Pronominalform 
angelehnt  und  Verschmelzung  vollzogen  wird :  ine  in  Walth. 
C.  114, 11.  ir  Parz.  G.  269,  22.  Ferner  bei^'o  fiir^'öcA  sowol 
allein  stehend,  zb.  Walth.  72,  7.  102,  35.  MF.  41,  6.  als  mit 
inclinirter  Negation  Jone  Jon  Walth.  73,  4.  89,  27.  In  der 
Senkung  des  Verses  begegnet  di  =  dich  Frauen d.  45,  1 ;  im 
Beim  iu  {sloc.)  :  spriu  Walth.  18,  7.  :  getriu  Otack.  8.  84^ 
wenn  man  nicht  in  diesem  Fall  Tausch  mit  der  dativischen 
Form  ansetzen  will,  vgl.  §  474. 

Angefügt  als  gutturaler  Nachschlag  tritt  ch  auf  in  alem. 
lach  Iah  MS.  I,  13^   II,  17\  89^  98^  167'.  188^ 

§  235.   Mitteldeutsch  kommt  c^  im  Anlaut  sehr  selten  §235. 
vor;  denn  das  gemeingerm.  k  ist  am  Wortanfang  in  den  md. 
Dialecten  an  seiner  alten  Stelle  geblieben  und  nur  durch  obd. 
Einfluss  hat  ch  in  den  Übergangslandschaften  nach  Süden  hin 
in  der  Schrift  Eingang  gefunden,  §  229. 

Indem  g  md.  und  namentlich  am  Mittel-  und  Nieder- 
rhein p  a  1  a  t  a  1  ward,  begegnet  zuweilen  ch  für  anlaut.  g,  vgl. 
chegene  darchene  Mrh.  U.  II,  388.  Eütcher  (Jülich)  Lac.  III, 
483.  Liuchart  (1036)  Mrh.  ü.  I,  359.  Lüchardis  (13.  Jh.) 
Eberbach  I,  287.   Lac.  II,  480. 

Inlautend  ward  md.  die  Verschiebung  des  k  theil- 
weise  vollzogen  und  inlautend  ch  steht  dann  obd.  ch  gleich 
(§  230.  233j;  die  geringen  Beste  von  uri verschobenem,  vom 
oberdeutschen  Lautstande  abweichenden  k  vgl.  §  230.  In  ripuar. 
Schriften  erscheint  zuweilen  ch  für  gemeind.  k  hinter  Liquida 
nach  strenghochd.  Art,  zb.  drinchen,  merchen,  wirchen. 
Zuweilen  auch  zwischen  Vocalen :  koucheler  kouchelist,  nachot 
nacht j  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  318. 


236 

$  236.  Schrifbzeichen  sind  ausser  ch :  hch  chch  chg  geh  hh,  fiir 

die  Spaltung  k:  chk  che  Jceh  cch. 

Aus  der  palatalen  Aussprache  des  inlautenden  md.  g 
ergab  sich  (§  223)  die  Verwendung  von  g  fiir  ch  bei  den 
Schreibern.      Umgekehrt   nun    finden   wir   eh   für  g    häufig 

nach  allen  Yocalen  und  gern  vor  t  und  d  gesezt. 

Am  häufigsten  in  Bipaarien:  dache  Both.  1728.  versacke :  sacke 
Karlm.  263,  65.  predechere  Lac.  11,  634.  virlouchinan  Annol.  812. 
geetedichit  Ennen  I,  11.  einiche  Lac.  11,  630.  heiUche  Marienl.  9,  6. 
geweldiche  36,  18.  barmherziche  11,  18.  maniche  Bother  2740.  ouchen 
Marienl.  9,  1.  u.  o.  douchen  104,  30.  gehuchen  44,  36.  lüchen  {ltu)gen) 
:  fluchen  :  ruchen  :  snehen  :  buchen  Yeldeke  MF.  66,  7.  —  gelacht :  macht 
Marienl.  10,  27.  :  gewracht  Wierstr.  492.  bdacht :  cracM  Alex.  2792. 
Jacht :  bracht  Wierstr.  1811.  gesacht :  gebracht  Earlm.  336, 68.  gesachte 
:  dachte  Hagen  1241.  lechten  :  Jenechten  3399.  anelechten  :  gedeckten 
Alex.  436.  inschuldichde  Bepg.  Gr.  22.  volchten  Hagen  1086.  Harff 
160,  9.  bor  cht.  besorcht  Ennen  I,  33.  verburchde  Hagen  1189.  — 
Ausser  Bipuarien:  eychencUche.  dache,  dynstachs  (Engers  1326)  Höfer 
n,  109.  lustichen,  eweches,  Sachen,  tochendych.  sundychen,  mochen. 
arches.  karches  trier.  Spiegelb.  266 — 284.  gesacht  Spiegelb.  276,  21. 
f rächt  Musk.  68, 46.  neicht  68,  61.  versmcht  8, 24.  —  gelacht :  gemacht 
Elis.  8605.  ummelacht :  acht  1883.  widerachte :  üflachte  1380.  —  lachte 
(Mainz)  Hü.  HI,  440.  gelacht  1274.  belachten  1330.  lechte.  siecht 
vertrecht  Mone  Z.  YII,  16.  —  burchere  grBud.  12,  23.  Einzelne  Belege 
bei  Bückert  Entw.  164.  f.  —   Ludewiche :  Francrtche  Jerosch.  22069. 

Zuweilen    wird    chg    für    dieses    eh  =  g    geschrieben, 

schwankend  aus  g  und  eh  gemischt,  zb. 

einigche.  entschuldigcher  (1263)  Lac.  H,  630.  dochgentsam  Schade 
nrh.  Ged.  63,  40.  tSgelichgest  C.  d.  Sax.  H.  8,  162.  Buechüberchge 
Henneb.  ü.  H,  60. 

§236.  §  236.     Auch  für  h  wird  ch   der  vulgären  Aussprache 

gemäss  geschrieben,  sowol  zwischen  Vocalen  als  vor  t,  zb. 

geschdchen  Myst.  I.  64,  11.  gewechen  21,  6.  flöchenen  68,  28. 
Judinbuchü  (1267.  Köln)  Lac.  H,  434.  —  cht  für  ht  begegnet  in  md. 
Hs.  sehr  häufig,  man  vgl.  Athis,  grBud.,  Herbort,  Passion.,  Uvl.  Bkr., 
Herrn,  y.  Fritslar.  cht  für  das  aus  Sibilation  einer  gutturalen  Explosiva 
entstandene  ht  belegen :  machte  :  dachte  Elis.  6646.  rächten  :  machten 
Wierstr.  104.  strachte.  gesmachte  hess.  Evang.  271.  284.  schichte :  ver- 
richte Elis.  376.   gedruckt  Lac.  HI,  928. 

So  wird  denn  auch  cht  fiir  das  durch  homogene  Ver- 
schiebung statt  ft  auftretende  ht  geschrieben,  §  243.  Dieses 
in  Niederfranken   und  Altsachsen    allgemein   verbreitete    cht 


237 

begegnet  im  Md.  besonders  in  Ripuarien,  kommt  aber  ver*  §236. 
einzelt  auch  sonst  im  westl.  Md.  vor;  wir  finden  es  nament- 
lich in  achter,  hacht  gehackt,  gracht,  kracht  verkrechdigen, 
brütlacht,  gelachter,  geschrichte,  gestickte  stickten,  gicht 
{kirchgickt  Lac.  III,  462.  642),  nickte^  gelockte  (gelofde), 
gekocht,  locht  lucht,  krocht  (kruft  Harff  19,  18.  181,  15), 
sückten.     Vgl.  die  Reime 

gedrückt :  gracht  En.  6858.  ;  stacht  Herb.  6197.  gracht  :  bracht 
Wierstr.  1595.  hacht :  gesacht  Weberschi.  29.  ernesthacht :  nacht  En.  6017. 
entnacht :  emesthacht  2784.  aigehacht :  innebracht  Iw.  A.  6925.  toere- 
hacht :  gedacht  En.  6379.  hesacht :  behacht  Karlm.  250, 25.  craß :  niaht 
Wemh.  1,  5.  22,  15.  kracht  :  bedacht  Herb.  5598.  :  dracht  Marienl. 
106,  1.  :enmaM  9,  11.  :  gemacht  Vorbew.  36.  :  nacht  En.  9267. 
Wemh.  1,6.  vorgisaht :  schaft  11,23.  judischaf :  geschach  51,30.  — 
gidichtin :  stiftin  Wemh.  33,  5.  Uhte  :  gestifte  Alex.  5979.  stickte : 
berichte  En.  289.  gescrichte :  gedickte  En.  9497  (gesenkte  1261.  Höfer 
I,  6.  gescrichte  1264.  Ennen  II,  54.  gescrigte  Lac.  III,  120).  stickten 
:  berichten  En.  1977.  3678.  13370.  —  gelohte :  mochte  Marienl.  80,  13. 
gelockte :  mochte  Karlm.  324,  28.  :  dockte  345,  38.  mrlouchte :  vircoufte 
Wemh.  10,  9.  lufti  :  virdühte  67,  5.  vrüht :  lukt  (vrut  :  lüt)  38,  15. 
luckt  :  duckt  Earlm.  333,  51.  :  gesucht  Wierstr.  1605.  bürg :  dürft 
Ernst  A.  V,  69.  burch :  durkt  Alex.  1204.  :  dürft  2113.  2125.  2193;  vgl 
auch  worf :  burk  Alex.  1225.  forchte  :  dorckte  {dorfte)  Eneit  2910. 
bedorchte  :  worchte  5665.  bidorftin  :  vorktin  Wemh.  26,  3.  bedürften 
:  vorkten  Jonk.  u.  Heinr.  174.  bedorckten :  forckten  En.  6353.  worckten 
:bedorchten  4086.  —  Ausserhalb  Bipuariens:  krackt  1120.  Mrh.  Uk. 
I,  502.  gestickte  (Sponheim)  Lac.  HI,  624.  ummackt :  scacht  Ath.  F.  161. 
sukt :  luft  E.  V.  Munre  Hagen  GA.  LV,  120.  vorkte :  dorfte  868.  krackt 
:  versmcu:kt  Fass.  H.  276,  30.  :  vackt  Jerosch.  18838.  creckte  Fass.  H. 
39,*  19.  Vgl.  auch  die  hessischen  Ortsnamen  Scaktun  c.  1120.  Scakte- 
back  1276,  Amold  Ansied.  632. 

§  237.    Im  Auslaut  hat  das  md.  ck  denselben  dreifachen  §  237. 
Wert  wie  das  obd.  1)  =  ck   2)  =  c(g)  3)  =  k.     Auch  die 
md.  Dichter  brauchen  die  drei  ck  im  Reim  auf  einander. 

1)  Reime  zwischen  ck  und  ck^=  k  —  sack  :  dack  Herb.  1834. 
Fass.  K.  117,  12.  ;  brack  Erlös.  1831.  :  sprack  Orendel  (40  mal).  Fass. 
K.  208,20.  Elis.  697.  Erlös.  1770.  besack :  dack  Ludw.  Kr.  1466.  gesack 
:  sebrack  Wemh.  3,  14.  :  gemack  13,  6.  bejack :  ungemack  Elis.  3789. 
gesckack :  brach  Wemh.  12, 4.  Krolw.  1378.  :  gemack  Herb.  1574.  2574. 
:  ungemack  Elis.  1122.  :  sprack  Herb.  1347.  2552.  11319.  :  stach  Herb. 
12919.  Fass.  K.  116,  62.  sich :  mick  Herb.  3935.  11914.  Höerdöck: 
joch  Jerosch.  20017.    scküch :  tück  HTrist.  2914. 


238 

§237.  2)  zwischen  ch  und  ch  =  g  —  lach:  brach  Orend.  96.     .-stach 

Herb.  9979.  :  trach  Orend.  1267.  mach  :  brach  Alex.  268.  :  gemach 
Marienl.  110,  5.  -.sprach  Alex.  335.  Herb.  1732.  tach: gemach  Herb. 
91Ö0.  :  sprach  3274.  wach :  sprach  13154.  stach :  dach  Wemh.  17,  34. 
.-  lach  Junk.  u.  Heinr.  1118.  bech :  wech  En.  5266.  gebrech :  wech  Wierstr. 
1362.  dich  :  hungerich  Marienl.  66,  16.  mich  :  trürich  Orend.  2382. 
manich  :  ich  Ludw.  Kr.  2668.  sibinzich  :  rieh  Alex.  1816.  stritich : 
wunderlich  273.  herlich  :  gwäldich  94.  einmch  :  sich  En.  9715.  gelich 
:  tujtch  6092.  broich :  bedroich  Wierstr.  442.  ouch  :  gebouch  En.  8653. 
:louch  3634.  4582.  8103.  :  endouch  10542.  flouch:rouch  3211.  7008. 
boech :  droech  4642.  buch  :  ginüch  Wemh.  16, 19.  28,  32.  genüch :  düch 
Junk.  u.  Heinr.  221.  drüch:düch  Wemh.  4,  2.  6,  18.   sluch:  fluch  12,2. 

3)  Keime  zwischen  ch  =  h  und  ch  =  g  —  sachilach  En.  1220. 
2458.  Wemh.  26, 14.  Hagen  327.  1069.  :gesach  Alex.  913.  mach :  sach 
Husen  MF.  54,  38.  En.  10375.  plach  :  sach  En.  1311.  6219.  p^ach  : 
dach  :  sach  :  mach  Veldeke  MF.  61,  18—23.  geschach  :  dach  Wemh. 
21,  2.  :  slach  Herb.  5770.  sach :  dach  Alex.  1982.  Husen  MF.  48,  25. 
En.  223.  1298.  10501.  mäch  :  nach  Alex.  5586.  durch :  burch  Alex.  1106. 
§238.  §  238.     Ausfall  von  ch  erfolgt  unter  Einfluss  benach- 

barter Lingualis: 

vor  t  in  Bipuarien  (wie  noch  heute)  —  brät  :  geddt  mastr. 
Ostersp.  56.  :  gesät  69.  besoet :  goet  Earlm.  410,  46.  :  gemoet  295,  4. 
sute  nrh.  Bruchst.  4,  20.  Aldemart :  vart  Weberschi.  423.  Isenmart  : 
geschart  419.    buntwertermdster  Ennen  I,  83.   boiswortich  91. 

vor  «  —  tegeUs : pris  Ebem.  3165.  jeirlis  (1325.  Trier)  Hofer 
n,  103.  gas :  äs  Ebem.  3465.  verweselen  (Assimilation)  Lac.  UI,  549. 
nestin  Eöditz  24.  29.    twers  Ebem.  3885. 

vor  «  —  rechUin  und  redelin  (-liclien)  Mülh.  U.  1003.  mam 
(equis) :  foärn  Jerosch.  18369. 

Crem  schwindet  ch   am  Ende   erster  Compositionstheile : 

brämaende  (1383.  Jülich)  Lac.  IH,  876.  schaitzavel  Ennen  I,  342. 
näher  Köhi.  Cronica  17.  Bipertus  (1219.  1230)  Böhmer  28.  54.  Bylindis 
EJJ.  I,  195.  868.  heüidom  Repg.  Cr.  40.  —  marstal  Alex.  302.  fctr- 
messe  Myst.  I.  145,  17.  kirwUre  (1202.  Worms)  Hü.  H,  195.  kirspd 
(1261.  Köln)  Höfer  I,  6. 

Abfall   von  echtem  ch  ist  nicht  häufig  nachzuweisen; 

ich  führe  an 

knie :  die(ch)  En.  7800.   wel  Elis.  7873.   wil  Böhmer  532. 
Dagegen  schwindet  das  aus  h  entstandene  ch  sehr  ofl,  §246. 
Im  Gegensatz  hierzu  zeigt  sich  ch  als  palataler  Nachlant 

hinter  Vocal 

fr(nch  (früh)  Harff  34,  3.  59,  37  und  heute  noch  kölnisch  froeck; 
olich  Harff  24,  33.  191,  30.    Vgl.  dazu  öleij,  das  zuweilen  vorkommt. 


239 

Verschiebung  von  f  zu  ch  im  Auslaut  entspricht  dem  §298. 

cht  für  ft.    Die  hess.  Ortsnamen  Häldoreh,  Oberendorch  (1273) 

fdr  'dorph  darf,  Arnold  Ansiedel.  632,  und  die  als  reine  Gon- 

sonanzen  zu  beurteilenden  Reime  belegen  es: 

stach  :  drach  Marienl.  25,  15.  judinscaf:  giscach  Weroh.  51,  31. 
pUxch :  wirtscaf  Alex.  2932.   starch :  hidarf  Wernh.  59,  19. 

J. 

§  239.     Die    weiche    gutturale    Fricativa    unterliegt    so  §239. 
wenig  wie  f  und  s  der  Verschiebung.    Über  den  Wechsel  von 
anlautendem  j  und  g  §  220;  über  mundartliche  Ausdehnung 
desselben  AGr.  §  215.  BGr.  §  176.  198. 

In  jämer  und  jener  unterliegt  j  der  Aphsresis ;  nament- 
lich ener  ist  alem.  und  bair.  beliebt. 

Als  Schriftzeichen  gilt  i,  so  dass  also  die  verschieden  zu 
sprechenden  iemer  und  iener  (ille)  gleich  geschrieben  werden. 
Ausserdem  wird  gi  verwant  (AGr.  §  215)  und  seit  14.  Jh. 
mitunter  auch  y. 

Inlautendes y  ist  Suffixconsonant  und  in  den  Zw.  1.  schw. 
Gonj.  so  wie  in  den  Nominalstämmen  auf  ja  ja  jan  jän  ur- 
sprünglich zu  finden.  In  der  mhd.  Periode  ist  es  nur  selten 
erhalten  (§  377.  458.  460.  462.  503). 

Aus  themat  i  entstund  j  in  küejc,  Nebenform  zu  küe, 
PI.  zu  kiM. 

Auslautendes  j  ist  seit  alter  Zeit  unmöglich,  da  es 
sich  bei  Apocope  des  begleitenden  Vocals  zu  i  (e)  vocalisiren 
muss:  winja  wird  zu  wini  wine,  sconja  zu  $cdni  schoene. 

§  240.  Über  mitteldeutsches  j  gilt  dasselbe  wie  über  §240. 
das  obd.  Über  den  Wechsel  mit  g  vgl.  §  222,  ebendaselbst 
über  die  palatale  Aussprache  von  anlaut.  g,  aus  welcher  auch 
die  Schreibung  j  für  g  sich  erklärt  in  Joeelinus  (1174.  Trier) 
Mrh.  U.  II,  61.  jauch  Musk.  8,  26.  jaucJceler  93,  58.  u.  sonst 
Aas  gleichem  Grunde  wird  auch  inlautend  j  für  g  gesezt: 
pleiere,  arte  (1248.  Trier)  Höfer  I,  2.  menie  Roth.  3053. 
livl.  Kr.  8709.  Myst.  I.  4,  39;  vgl.  auch  die  Eeime  menje  : 
venje  (venia)  Elis.  599.  716.  Erlös.  1130.  menjen :  Armenjen 
Jerosch.  15654. 


240 

§  240.  Wechsel  zwiBchen  w  und  j  zeigt  sich  in  gerjen  =  gerwen, 

vgl.  lattewerjen :  gerjen  Erlös.  3420.  —  Über  w  für  ^'  §  180^ 
w  fäT  g  §  181. 

H. 

§241.  §  ^41.    Germanisches  h  ist  1)  Hauchlaut  (spiritus  asper)^ 

in  Interjectionen  und  daraus  gemachten  Worten.  Ein  milderer 
Hauchlaut  (spiritus  lenis)  ist  das  prothetische  h  vor  anlau- 
tendem Vocal,  das  sich  noch  in  der  mhd.  Periode  besonders 
bei  alem.  Schreibern  findet,  zb.  häbenty  hich,  höstertac,  hüa,. 
vgl.  AGr.  §  230.  BGr.  §  190.  2)  ist  h  germanischer  Ersatz 
der  alten  Gutturalaspirata  Js^;  es  ist  unverschiebbar,,  obd.  h 
steht  also  an  derselben  Stelle  wie  das  gotische  und  nd.  Die 
Zahl  der  mit  diesem  h  anlautenden  Worte  ist  sehr  gross. 
Geschmälert  ward  sie,  indem  h  aus  den  Verbindungen  hl  hn 
hr  hw  seit  dem  9.  Jh.  schwand.  Aphaeresis  des  h  vor  Vocal  ist 
mhd.  selten,  AGr.  §  231.  BGr.  §  191,  am  häufigsten  noch 
in  titularem  unbetontem  her,  zb.  er  Sifrit  Nib.  A.  363,  1. 
er  Hagene  836,  1.    er  Dietrich  Laurin  75. 

Inlautendes  h  hat  dieselben  zwei  Bedeutungen  wie  da^ 
anlautende.  Als  Hauchlaut  ist  es  ausser  in  den  Interjections- 
Wörtern  dort  zu  nehmen,  wo  es  Hiatus  decken  soll,  wie  in 
Michahel,  Raphahil.  Gewöhnlich  ist  h  auch  hier  der  Ver- 
treter der  Gutturalaspirata,  wie  schon  die  Vergleichung  der 
verwanten  Worte,  welche  k,  g,  ch  enthalten,  in  den  einzelnen 
Fällen  erweisen  kann.  In  nähe  und  den  Zw.  sehen  und  lihen 
steht  h  für  hw,  älteres  hw. 

über  den  grammatischen  Wechsel  von  h  und  g  §  221. 

An  langvocalischen  Wurzeln  vertritt  h  zuweilen  das  Suffix 
j,  zb.  drtshen  friher  muohen  bluohen  AGr.  §  232.  BGr.  §  192. 

Indem  sich  dem  Hauchlaut  ein  gutturales  Element  ver- 
band, ward  h  zn  ch  %  233.  Umgekehrt  gieng  ch  iu  h  über. 
Sehr  häufig  findet  sich  solh  und  wdh,  weniger  häufig  marhe^ 
ausnamsweise  nur  mdhen  Ziethen  gewaltedihen  suohen,  AGr. 
§  235.   BGr.  §  192. 

Verschieden  hiervon  ist  die  gesetzmässige  Sibilation  (zu  h) 
von  ch,   ebenso  von  k  und  g  vor  unmittelbar  sufiBgirtem  t. 


241 

die  in  einer  älteren  Periode  geschah  und  allen  germanischen  §24U 
Sprachen    angehört,    zb.   mäht  pfliht  gehuht,   geloht  mähte 
(mohte)  brähte  —  andäht,  dahte  rahte  stahte  strahte  erwahte 
hliUe  schrihte  ruhte  zukte  dühie  —  ruohte  suohte  worhte. 

Dieses  sibilirte  h  -{-  t  wird  im  Reime  unbedenklich  mit 

altem  h-\-t  gebunden,  muss  also  diesem  gleich  gelautet  haben. 

Man  vergleiche 

hedaht :  naht  Greg.  762.  gGerh.  1816.  Krone  4080.  gemäht :  naht 
Lanzel.  4790.  Moie  1085.  mähte :  ahte  Pantsd.  875.  :  sHahte  trEr.  294. 
:  mähte  Gundach.  3711.  erschraht :  mäht  Gudr.  59,  1.  ersmahte :  (ihte 
Iw.  3885.  gesmahte  :  ahte  Lanz.  3967.  brähte :  nähte  Flore  5150.  bUhte 
:mMe  Milst.  Gen.  14,  6.  Flore  6338.  :rthte  Mai  92,  27.  :  genhte 
Iw.  3506.  geschihte :  gesihte  Biter.  7803.  druhte :  ziihte  Dietr.  Fl.  902. 
verruhte :  zuhte  Mart.  181,  44. 

Dass  übrigens  ein  alter  Lautunterschied  zwischen  ur- 
sprünglichem ht  und  dem  durch  Sibilation  entstandenen  ht 
bestanden  haben  muss^  ergibt  sich  daraus,  dass  in  jenem  das  A, 
dessen  flüchtigere  Natur  sich  auch  durch  den  alten  Ausfall  in 
hster  und  mist  bekundet,  durch  benachbarte  Lingualis  leicht 
au%ehoben  wird,   während   dies   in   dem   andern   nur  selten 

geschiebt.     Keimbelege : 

slaht  :  hat  Lanz.  3901.  :  äbbcU  3863.  bräht  :  stät  wGast  3331. 
nihtnnü  Heinz.  J.  39,  5.  Montf.  24,  117.  :sit  Lieds.  138,  100.  Montf. 
17,  18.  Uht :  dt  wGast.  3247.  nieht :  diet  Walth.  103,  33.  Lanz.  5953. 
flieht :  riet :  liet  MSB.  129.  nieht :  riet  Lanz.  460.  :  schiet  Wigam.  3626. 
sihst :  bist  Jüdel  365.  behuot :  verstwht  wGast  1948.  gesehuoht  :  guot 
Lanz.  5185.  forht :  ort  Parz.  222, 26.  unerforht :  dort  Ecke  120.  forhte 
:porie  Lobges.  33,  8.  porten  :  forhten  Parz.  182,  6.  troesten :  hoehaten 
Lampr.  Fr.  2505.  S.  708.  höhsten  :  erlösten  j.  Tit.  1594,  1.  .-trösten 
275,  1.   nähst  :  vast  Otack.  c.  441. 

Ausfall  des  h  sezte  sich  auch  fest  in  forne,  fume,  Neben- 
form zu  forhen  Forelle.  Im  j.  Titur.  reimt  fume  auf  turne 
3402,  2.  4186,  2. 

Zwischen  Vocalen  schwindet  h  weit  leichter,  zb.  enpfäen 
versmäen  gescheen  verlien  höer  hüel,  und  so  findet  sich  im 
Reim  selbst  verzien  :  gestoien  Erec  1338.  Daraus  ergeben 
sich  dann  mit  vocalischer  Syncope  die  contrahirten  Formen 
van  enpfdn  slän  stäl  Jen  gesehen  sen  vlen  Jen  stet  zien, 
AGr.  §  234.  BGr.  §  194,  die  freilich  md.  gewöhnlicher  sind. 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  16 


242 

§  241.  In  Zasammensetzungen  bleibt  h  vom  Anlaut  des  zweiten 

Theils  zuweilen  weg,  zb.  Ertemüde,  wäreü. 

Über  spätalemannische  Reime  zwischen  ht  (cht)  :  ft  §  233. 

§242.  §  242.     Auslautendes  h  ist  Vertreter   der  Gruttaral- 

aspirata;  in  sih  sah  Uh  gieng  hv  (kv)  dem  h  voraus.  Über 
den  Übergang  auch  des  auslautenden  h  in  die  Gutturalfricativa 
und  die  Reimung  dieses  ch  (=  h)  mit  echtem  ch  (=  altem  k) 
§  234.  Dass  zuweilen  h  für  echtes  ch  noch  mhd.  geschrieben 
wird  (ahd.  begegnet  es  oft),  ist  §  234  erwähnt  worden. 

Im  Gegensatz  zu  dem  Übergang  in  ch  verhallte  rein 
gebliebenes  h  leicht  nach  langem  Vocal,  sowie  nach  l  und  r, 
wie  die  Reime  auf  Worte  mit  rein  vocalischem  Ausgang  am 

deutlichsten  zeigen. 

gä :  da  aReinh.  1730.  Wigam.  1087.  na  :  da  Iw.  964.  Frauend. 
51,  27.  Ammenhus.  1219.  geve :  we  Lanz.  879.  fle  :  me  Frauend.  144,  17. 
U:JcU  Walth.  75,  32.  :me  Dietr.  Fl.  6152.  hie:  hie  Greg.  2453. 
enpfie :  gie  Wigal.  23,  23.  gevie :  lerne  16,  10.  verme :  gie  86,  10.  schie 
:gie  Lanz.  1649.  ho  :  dö  Lanz.  765.  Neith.  63,  5.  Engelh.  2594.  :  drö 
Krone  3750.  4568.  :f)rd  Erec  1431.  Walth.  17,  37.  41,  15.  44,  6. 
Wigal.  87,  17.  Krone  1422.  22947.  Mai  18,  36.  Lutwin  1857.  :  so 
Greg.  562.  Walth.  66,  38.  117,  2.  Lutwin  3673.  3821.  3835.  :  stro 
Walth.  76,  13.  fro  :  ho  :  dö  Krone  23716.  16  :  dö  Erec  2036.  .•  vro 
Walth.  76,  11.  80  :  ro  Walth.  76,  9.  gezo  :  dö  Lanzel.  4541.  beval: 
zal  Boner  98,  67.    dur  :  tur  99,  32. 

AGr.  §  236.  BGr.  §  195. 
§243.  §  243.     Über   das   mitteldeutsche  h   ist  folgendes 

zu  bemerken. 

Gern  tritt  im  Md.  h  vor  vocalischen  Anlaut^  namentlich 
vor  e  und  t.  Am  ausgebildetsten  und  phonetisch  sicher  ge- 
schah es  in  dem  Pronomen  3.  Person  her  §  476.  Ferner 
trat  h  sehr  häufig  vor  das  Präfix  er-  zb.  hervaren  (1248) 
Höfer  I,  2.  herkante  HU.  III,  1338.  herclagit  1395.  herfroys 
875.  herleubt  herkennet  herstorben  I,  670.  687.  718.  herlost 
hermorden  Myst.  I.  11,  17.  175,  6.  herhörest  Kath.  sp.  168. 
in  dem  Alsfeld.  Sp.  nicht  selten.  Andre  Belege  des  prothe- 
tischen  h  sind  his  Roth.  459.  her  den  1849.  h^en  1180.  herve 
Höfer  II,  36.  herbin  HU.  III,  1163.  heyn  heyme  Höfer  II,  37. 
heit  (1257)  Lac.  II,  435.  heischen  (1388)  III,  934.  heischinge 
(1332)  III,  261.     Vgl.  auch  Rückert  Entw.  166. 


243 

Seltener  ist  der  Abfall  (Apheeresis)  des  anlautenden  echten  §  243. 
h;  er  beschränkt  sich  auf  unbetonte  8ilben :  irweder  Secund.  252. 
erabe  grRud.  11,8.  Köditz  29, 19.  emidere  13,  26.  emedere 
Kath.  sp.  168.  emäch  vgl.  Bech  Germ.  XXVII,  164.  Rückert 
Entw.  166.  Anm.  Titulares  her  vor  betonten  Namen  wird 
oft  zu  er,  zb.  livl.  Kr.  7871.  8297.  8311.  10174.  u.  ö.  Höfer 
n,  32.  74.  75.  171.  Henneb.  U.  II,  77.  Cd.  Sax.  IL  6,  47. 
55.  67.  u.  0.  8,  52.  79.  Köditz  1,  15.  31,  3.  4.  51,  15.  52,  16. 
Über  das  schon  im  15.  Jh.  nachweisbare  titulare  nominatiye 
em,  kern  vgl.  Bech  Germ.  XXVII,  164.  Ferner  schwindet  h 
zuweilen  an  fremden  Worten :  abit  Jerosch.  9581.  u.  ö.  umerale 
HU.  II,  857.  Auch  nach  dem  Präfix  ent  schwand  h:  intalten 
(1287)  Höfer  II,  857.  HU.  II,  721. 

Inlautendes  h  vergröberte  sich  auch  md.  in  vulgärer 
Rede  zu  ch,  §  236 ;  andrerseits  kommt,  obschon  selten,  h  fiir 
ch  vor,  zb.  gerühit  (1320)  Höfer  II,  73.  In  hahelcrüce  (13.  Jh. 
Mrh.  U.  II,  388)  möchte  ich  nicht  h  für  palatales  g  ansetzen, 
sondern  h  als  diseretisches  Zeichen  nehmen. 

Die  Sibilation  der  Gutturalen  vor  t  erhielt  sich  in  alter 
Verbindung  auch  md.  nach  allgemeinem  Gesetz.    Reimbelege: 

geiaht :  naJU  Alex.  2823.  :  mäht  Wernh.  18,  27.  :  hrc^  mastr. 
Ostersp.  876.  mäht: gesaht  Wernh.  23,  2.  42,21.  hedaht:naht  Herb. 
12660.  Erlös.  2889.  geraht :  mäht  Herb.  12971.  hestaht :  vaht  6776. 
gegtraht :  mäht  Filat.  580  (440).  :  naht  Herb.  13400.  gemacht :  braht 
Ladw.  Er.  2476.  :  gedaht  Erolw.  553.  :  näht  Ludw.  Er.  5003.  7537. 
naht  :  gewaht  Herb.  4630.  bewacht :  gedaht  Ludw.  Er.  2435.  :  naht 
Krolw.  596.  —  mähte :  Iahte  Elis.  92.  3538.  —  erwehten :  lehten  Elis. 
1607.  —  geachiht :  ntht  Elis.  2084.  :pfliht  Erlös.  2817.  .-gesiht  Elis. 
3287.  ^  mohte  :  drohte  Herb.  8934.  sohte :  tohte  HTrist.  5027.  geruht 
:zukt  Püat.  353  (177). 

Die  homogene  Verschiebung  ft  zu  ht  ist  im  ripua* 
rischen  Gebiete  am  häufigsten  nachzuweisen,  ausser  diesem 
seltener.  Da  meist  cht  für  ht  der  Aussprache  gemäss  gesezt 
ward,  haben  wir  den  Vorgang  schon  §  236  belegt. 

§  244.     Inlautendes  h,  wenn  es  nicht  zur  Guttural-  §244. 
fricativa  überspringt,  schwindet  leicht. 

Zwischen  Vocalen  geschieht  der  Ausfall  sehr  oft;  dabei 
erfolgt  nicht  selten  Vernichtung  des  zweiten  Vocals  verbunden 

16* 


244 

§244.  mit  Dehnang  de8  ersten,   wenn  er  kurz   war.      Reimbelege 
können  für  den  Umfang  unß.  die  Tiefe  des  Vorgangs  zeugen. 

stal :  gemäl  Krolw.  1220.  van :  stän  Pass.  E.  170,  15.  enpfän  : 
hän  Husen  MF.  49,  23.  :  Idn  52,  38.  vdnde  :  iraldnde  Ath.  A.  85. 
bevät :  hat  Ulr.  v.  Eschenb.  Wh.  2850.  vervät :  Pfät  MF.  49, 7.  enpfdt :  rät 
Pass.  E.  131, 25.  undervät :  hat  Pass.  H.  209,48.  gän :  ha/n :  bestän  Krolw. 
2460.  erhan :  stän  Pass.  H.  209, 66.  sän :  stän  Pass.  29, 90.  102,  66.  :  toän 
MF.  45,  33.  anesän :  gän  Friedb.  Er.  G.  2,  2.  gesän :  gän  obd.  F.  1 ,  13. 
ersän :  begän  Pass.  E.  97, 21.  :  verlän  H.  216, 90.  sas :  was  Alex.  4435. 
Orend.  1643.  geschan :  hän  Jerosch.  13459.  slän :  getan  Pass.  H.  290,  63. 
:plän  209,  56.  gegän  :  slän  mfr.  Leg.  146.  erslän :  sän  Eath.  Mart. 
1233.  :  stän  20.  :  getan  Pass.  H.  43, 82.  versmät :  rät  Pass.  E.  129,  67. 
;  wät  Jerosch.  18291.  versmäte  :  rate  Pass.  E.  179,  91.  versmäten  : 
täten  Alex.  854.  versmäst :  hast  Pass.  E.  179,  4.  turnt :  gidän  Wemh. 
6,  25.  när :  war  Morungen  MF.  123,  8.  Earlm.  374,  2.  gas :  Satanäs 
Erolw.  3867.  —  vemen :  besen  Ernst  D.  3378.  trene :  seltsene  Wemh. 
57,  20.  dretistet  Erolw.  1480.  gevet  :  slet  :  stet  Veldeke  MF.  65,  26. 
—  se  :  ge  MF.  125, 18.  :  fle  132,  3.  5.  :  we  140,  38.  gese :  zerge  136,  84. 
vlen  :  sten  Erolw.  1355.  zwene :  vlene  Munre  Hagen  GA.  LY,  134.  flet 
:  entstet  Pass.  H.  265,  90.  vlete:Agnete  Pass.  E.  111,  67.  bede  :  vede 
Pass.  E.  189,44.  den:  Jen  Ulr.  y.  Eschenb.  Wh.  3906.  gesehen :  ergen 
Ebern.  621.  Erolw.  1372.  geschiet :  diet  MSH.  3, 101».  stet :  niet :  verriet : 
geschiet  Veldeke  MF.  56,  3-9.  58,  4— 9.  —  dien :  abbatien  Ebern.  486. 
:  vrien  MSH.  3,  168*».  gedien  :  vrien  Ulr.  v.  E.  Wh.  3839.  lie  :  drie 
MSH.  3,  100».  Marie  :verUe  94^  schrie  :fme  102^  schriet :  geartet : 
gevriet :  gewiet  160*.  tien.'blien  En.  9927.  :  vrien  4000.  :geometrieH 
9410.  —  vie :  zie  (Inf.)  Renner  7205.  zien  :  Uen  (Pt.)  Pass.  E.  209, 24. 
;  in  Wilh.  v.  Wend.  2117.  :  hin  Jerosch.  8696.  knien  :  zien  Pass.  H. 
259, 16.  :  entflien  259,  76.  entfiien :  spien  (Pt.)  Pass.  H.  79,  9.  bezien  : 
spien  Pass.  H.  74,  37.  —  verlin  :  gebenedin  Marienl.  4,  4.  verein :  min 
Husen  MF.  53,  31.  :  Marin  Hagen  277.  kirchwi :  si  {sie,  sihe)  Ebern. 
3361.  reite  (wihete) :  nite  Ebern.  1993.  vorzit :  zit  Jerosch.  8656.  gewU 
:gebenedit  Marienl.  7,  3.  :dU  Erolw.  87.  :mt  Jerosch.  25879.  :rU 
Ebern.  3371.  :beschit  302.  :  sit  Pass.  H.  290,  91.  :besit  Pass.  K. 
244,  13.  H.  327,  3.  :zit  Pass.  E.  119, 15.  —  tuon  :  schuon  Hagen  GA. 
LV,  246.  geschuot :  muot  H.  v.  Freiberg  Michelsb.  34.  vlid :  zvUt  Pass. 
E.  222,  55.  —  hör  :  kor  Ebern.  717.  1954.  :  vor  Jerosch.  22423.  ;  tor 
11832.  : /ScÄawipt^or  Md.  Ged.  93, 329.  hoste  :joste  Mh.B,!!.  .tröste 
Ath.  F.  100.  Eath.  Mart.  2812.  hosten  :  trösten  Md.  Ged.  92,  299. 
:  getrösten  Ebern.  1475.  Über  das  Zw.  Iwren  (erhöhem)  Nachweise  aus 
Passional  Jeroschin  Hesler  durch  Bech  Germ.  "VH,  97. 

Ebenso  dem  Md.  eigen  ist  die  Verschweigung  des  h 
vor  t  und  5,  zuweilen*  auch  nach  l  und  r.  Einige  Belege 
1)  ausser  und  2)  in  dem  Heim: 


245 

1)  brat  Henneb.  ü.  11,  102.   gdater  Sei.  Tr.  148».    Erhretenstein  §  244. 
(1160)  Mrh.  U.  I,  681.     knet  Eoth.  3343.   Hü;  I,  747.  1142.    reüich 

flu.  I,  747.  eintreteg  Mone  Z.  VI,  311.  liet  Amst.  Ml.  1,  11.  2,  1.  3. 
thoter  Koth.  3254.  muten  (mochten)  1287  Daan.  Höfer  I,  15.  wasmut 
Hü.  n,  559.  w<i8zinsich  Höfer  I,  6.  Lac.  IH,  715.  toinwas  Henneb.  U. 
n,  53.  wasin  Höfer  H,  1.  tcüs  Elia.  126.  tcüsen  898.  jungefos  HU. 
n,  560.   fois  I,  385. 

2)  niet :  diet  Orend.  2334.  Herb.  2152.  3447.  Ebern.  556.  :  liet 
Herb.  97.  1657.  ;  liep  MF.  48,  13.  Koth.  118.  ;  geniet  Herb.  977.  :  riet 
Klat.  389  (213).  Herb.  1884.  :  verriet  Orendel  48.  :  schiet  Pilat.  55. 
Herb.  675.  941.  1216.  Ebern.  2397.  :  gesdet  Floyris  329.  :  schriet 
Herb.  1461.   ot :  got  Jerosch.  8863.   :  mot  10299.   :  spot  Pass.  K.  99,  14. 

—  heoeln  :  heln  Alex.  6853.  En.  1521.  5950.  ülr.  v.  Eachenb.  Wh.  1785. 
.•  queln  Alex.  3705.  :  stein  Pass.  H.  69,  36.  hevele  :  quele  :  stele  Morungen 
MF.  142,  6.  ;  sele  Ebern.  1704.  :  stele  ülr.  Wh.  434.  bevoln  :  döln 
En.  4966.  6961.  Hagen  2320.  Kath.  M.  382.  :  hole  En.  3209.  :  verholn 
En.  1903.   Marienl.  1,  17.    Pass.  H.  156,  2.     :verstoln  Kath.  M.  371. 

—  Berte  :  gerte  Elia.  44.  vorten  :  Berten  Eoth.  4781.  porte  :  varthe 
Wemh.  65,  29.  worte :  forte  Annol.  598.  Herb.  17451.  Elis.  464.  Erlös. 
6372.  antworte :  forte  Tnstr,  1S42.  forten:porten  Orend.  SS77.  Wemh. 
€5, 30.  Hagen  2156.  Elis.  44.  :  Worten  Herb.  8244.  Elis.  1219.  unverfort 
:  wort  Elis.  3226.  Worten  :  unervorten  3220.  verwort :  hört  Wartburgkr. 
127,  8.  --  marn  (equis)  :  warn  Jerosch.  18369. 

Über  den  grammatischen  Wechsel  von  h  und  g  §  224. 

§  245.     In   Zusammensetzungen  wird   h  sowol  am  An-  §245. 
laut  des  zweiten^  als  am  Auslaut  des  ersten  Theils  zuweilen 
gespart,  zb. 

ellentaft  Ernst  A.  V,  54.  wizzintapht  Mtilh.  E.  33.  erapht  39. 
wdraftich  Nordh.  Weist.  B.  2.  wanafftich,  lyffaftich  Harff  2,  6.  3,  4. 
üzirtalp  Mülh.  E.  31.  beidentalp  44.  Gerart  Lac.  II,  542.  Aleid  572. 
^«7«*«  Eud.  20,  18.  hovischeit  Ath.  F.  19.  menscheit  Pass.  K.  81,  15. 
gewissen  Cd.  Sax.  II.  8,  18.  tcoreide  Höfer  I,  2.  paffeit  boisseit  Eepg. 
Cr.  21.  27.  hüscheü  Köditz  G.  2,  5.  trüender  Höfer  I,  6.  —  Höslade 
(1080)  Lac.  I,  229.  högezit  End.  7,  7.  högezydes  Lac.  IH,  180.  hozit 
Leyser  Pr.  87,  36.  homüt  102,  3.  hömeister  Jerosch.  17142.  höverdich 
Sei.  Tr.  46^   tcinachten  Cd.  Sax.  IL  6,  124. 

Im  Gegensatz  hierzu  begegnet  Einschub  von  h 
1)  zwischen  Vocalen  zur  Deckung  des  Hiatus 

leihtm  (d.  sg.  13.  Jh.)  Mrh.  ü.  H,  379.  zweihen  Hü.  I,  1122. 
zweyhinge  (1263)  Lac.  H,  532.  Fryhensehen  Hü.  I,  1143.  geswihe 
I,  601.  vysscherihe  (1273)  Lac.  IH,  742.  Michahel  Hü.  I,  942.  Henneb. 
ü.  I,  178.  Rafahel  Myst.  L  208,  34.  Beyhern  Lac.  HI,  644.  —  Dagegen 
wird  in  folgenden  Fällen  h=sw  stehn :  siehe :  flehe  Eenner  2017.   sehen 


246 

§  245.  :  drehen  9595.     iheiich  Böhmer  519.     frohen  Alex.  2082.   Elis.  7757. 
bescöhetis  Soth.  835.   muhen  Alsfeld.  Sp.  731. 

2)  als  diacrltisches  Zeichen  zwischen  zerdehnt  gesprochenen 

Diphthongen  und  zerdehnten  Längen  (wirklichen  Längen  oder 

gedehnten  Kürzen)  seit  14.  Jh.  nachweislich: 

zwehin  (1320)  Höfer  U,  73.  —  mehe  Köditz  G.  14,  20.  mehir 
Nordh.  Weist.  B.  25.  Cd.  Sax.  U.  6,  40.  105.  8,  121.  —  ehir  Köditz 
g.  30,  3.  —  gehen  (1367)  HU.  HI,  1880.  gOiin  Köditz  Gg.  20,  29, 
28, 29.  73, 12.  gegehen  Cd.  Sax.  H.  8,  78.  —  aUhin  (1461)  Nordh.  Weist. 
B.  25.  vorstehen  (1880)  Cd.  Sax.  H.  8,  50.  1389.  Cd.  Sax.  ü.  6,  48. 
stehet  Brieger  ürk.  v.  1896.  Cd.  Sü.  IX,  253.  stehit  (1414)  Cd.  Sax. 
n.  6,  78.  (1444)  Cd.  Sax.  TL  8,  173.  Vorsteher  Cd.  Sax.  U.  6,  60  (1401). 
—  gehen  [gen  =  gegen)  1313.  Hü.  H,  741.  Cd.  Sax.  n.  6, 113.  —  kehel 
(gula)  Köditz  G.  95,  19.  —  wehere  Cd.  Sax.  II.  6,  108  (Währung).  - 
lantwehere  (1357)  Cd.  Sax.  n.  2,  1.  —  gehener  (ille)  1408.  Cd.  Sax.  H. 
6,  66.  —  seher  (M.  Sax.  n.  6,  113.  —  lihen  (lin,  ligen)  £li8.  861.  - 
fryhe  CJd.  Sax.  H.  6,  63.  —  fyher  Cd.  Sax.  n.  9, 127.  —  mohel  (mola) 
1487.  Cd.  Sax.  H.  8, 139.  —  lahem  (lam)  Köditz  G.  79,  21.  jähir  CJd. 
Sax.  n.  6,  90.  smahel  ebd.  H.  6,  118.  tÜhem  (Dom)  1365.  Cd.  Sax. 
n.  2,  65.  tuohen  (faoere)  Henneb.  U.  n,  128.  nuhen  (novem)  HU.  I, 
1154.   fifher  Cd.  Sax.  H.  8,  845.    nrnher  H.  6,  59. 

Als  Dehnnngs-  oder  Längenzeichen  ist  h  ziemlich 

früh  in  md.  Schriften  nachzuweisen ;  in  Affixen  kommt  es  vor 

ohne  jede  Bedeutung. 

gerahten  Hü.  I,  607.  giht  (git)  Mrh.  U.  H,  388.  gescheiht  (1263) 
Lac.  n,  532.  aller  wehgdich  (1262)  Lac.  H,  517.  wehse  (pratam)  Cd.  Sax. 
n.  8,  189.  sciMt  Both.  998.  scohne  112.  hühdin  Annol.  288.  tüht 
lieyser  Pr.  32,  41.  —  geredeht  (1371)  Hü.  I,  669. 

§246.  §  246.    Auslautendes  md.  h  ist  in  der  B.egel  echtes  K 

Statt  ch  wird  es  in  unserer  Periode  md.  selten  gebraucht,  nur 

im  Strassburger  Alexander  öfter,  zb.  mih  stah  sprah  22.  1722. 

1723.  1938;  ebendaselbst  auch  fär  ch  =  c(g),  auch  im  Reim 

zb.  tah :  gimah  5936.  mehtich :  creftich  54.  durh  :  burh  2071. 

Vgl.  ferner  gevohltche  Roth.  1765.    virceh  Höfer  I,  2. 

h  schwindet  md.  nicht  selten  im  Auslaut  nach  langen 

Vocalen  und  nach  l  und  r;  in  den  nördlichen  Dialecten  de» 

Gebietes  ist  der  Abfall  Regel,  Tgl.  Braune  bei  Zacher  Z.  iy,281. 

Busch  ebd.  X,  319.     Eine  Auswahl  Ton  Reimbelegen: 

gevd :  Pdtixenä  Herb.  11263.  gd :  da  livl.  Er.  8620.  :  Elend  Herb. 
2401.  :  Fentesüed  14861.  nd :  hrd  Md.  Ged.  85,  50.  :  da  En.  123.  5655. 
Herb.  17962.  Ebern.  2029.  Yäterb.  2700.    :  Andrid  Alex.  2466.    :  aromatd 


247 

En.  8247.  :  Magdalena  Pass.  H.  390,  85.  :  Indiä  Ernst  D.  2928.  §  246. 
:Meded  Herb.  566.  :jä  MF.  137,  26.  :€npfä  Ebern.  1913.  :8ä  Pass. 
a  390,  ö.  :  stä  Alex.  4772.  :  verstä  Pass.  H.  372,  62.  :  swd  MF.  51,  32. 
.wo  En.  10282.  :zwd  Herb.  3880.  —  geve :  ge  MF.  52,  19.  :me 
Hagen  4876.  :  Spalante  En.  5854.  ;  we  Ernst  I,  24.  fle  :  e  HTrist. 
5944.  Jerosch.  17290.  ;  we  Frauenl.  Spr.  289,  19.  spe  :  me  Md.  Ged. 
84,  4.  virze  :  me  Wemh.  1,  20.  :me  MF.  65,  9.  :  we  Marienl.  17,  30. 
—  vie  (pecus)  :  hie  Pass.  H.  54,  15.  :Ue  Pass.  K.  161,  43.  vie  :  sie  ' 
Ernst  D.  2925.  Ludw.  Kr.  1052.  2936.  6244.  :  Wie  Ludw.  Kr.  1004.  6392. 
:de  (inf.)  Renner  7205.  flie  :  hie  MSH.  3,  96*».  Hagen  4707.  :gie  Pass. 
K.  247,  87.  hie  :  zie  (duco) ;  gk  (profiteor)  Krolw.  1837.  rUderzie  :  hie 
Pass.  K.  140,4.  —  fld:frd  Herb.  2046.  :  so  Hagen  4906.  hö.dö  Elis. 
1307.  Erlös.  4031.  Ebern.  1432.  Jerosch.  10420.  livl.  Kr.  5747.  :frö 
En.  594.  Elis.  3783.  MSH.  2,  24».  Pass.  H.  391,  25.  livl.  Kr.  6318. 
:  Paynö  PUat.  293.  :  so  MF.  63,  6.  En.  967.  Püat.  42.  Herb.  9774. 
Erlös.  1772.  Ebern.  75.  Krolw.  4725.  MSH.  3,  b\  Frauenl.  Spr.  238,  4. 
ho :  fro  :  so  Meningen  MF.  122,  12.  frö  :hd:dd  :  so  MF.  132,  28. 
133,  22.  —  zö  :  angdö  nrh.  Tundal.  126.  :dd  Jerosch.  17370.  :fr6 
Morant  78.  ;  Kimenow  Jerosch.  16778.  :  so  Herb.  17781.  —  nü :  dru 
Junk.  a.  Heinr.  486.  —  schü :  du  Erlös.  3925.  :  nü  EHs.  3745.  :  tu 
Uhr.  Wüh.  447.  ;  zu  Herb.  14420.  Elis.  8288.  hantschü  :  zu  Tristr.  4638. 
->  heoal :  al  Elis.  1183.  Kath.  Mart.  550.  :  sal  Wemh.  66,  27.  Elis. 
4028.  Junk.  u.  Heinr.  2106.  :  scal  Wemh.  12,  24.  hevü  :  zil  Ulr.  Wüh. 
4850.  —  twer :  ger  Jerosch.  16650.  for :  Clinsor  Elis.  202.  dur :  vur 
Hagen  3605. 


Zweiter  Haupttheil. 

Die  Wortlehre. 


Erstes  Buch.    Bildung  der  Worte. 

§247.  §  247.     Als  Kern  und  Keim  der  Worte  hat  die  gram- 

matische Forschung  einsilhige  Lautverbindungen  oder  selbst 
einzelne  Yocale  aufgestellt,  welche  den  Namen  Wurzeln 
empfingen.  So  weit  dieselben  wirklich  waren,  sind  sie  als 
Worte  einer  sehr  alten  Sprachperiode  anzunehmen,  welche  die 
Flexion  noch  nicht  kannte.  Ein  guter  Theil  der  angesezten 
Wurzeln  erscheint  aber  nur  als  Abstractionen  der  Gramma- 
tiker, die  von  ihnen  zur  Veranschaulichung  der  Wortbildung 
aufgestellt  sind. 

Unter  den  Wurzeln  schied  Bopp  zwei  Klassen:  Verbal- 
wurzeln, aus  denen  die  Verba  und  Nomina  entstunden,  und 
Fronominalwurzeln,  von  denen  die  Pronomina  und  pronomi- 
nalen Form  Wörter  abstammen.  Die  Verbal  wurzeln  sind  von 
M.  Müller  prädicative,  die  Pronominalwurzeln  demonstrative, 
von  andern  wieder  anders  genannt  worden.  Doch  ist  die 
Zweitheiligkeit  der  Wurzeln  überhaupt  angefochten  und  der 
Ursprung  der  Pronomina  selbst  in  verbalen  Wurzeln  gesucht 

worden. 

B.  Delbrück  Einleitung  in  das  Sprachstudium.  Leipzig  1880. 
Seit«  73—84. 

Aus  den  Wurzeln  giengen  zunächst  Wortstämme  her- 
vor. Dies  konnte  geschehen  a)  durch  Reduplication,  b)  durch 
Steigerung  oder  Schwächung  des  Wurzelvocals,  c)  durch  Ver. 
änderung  der  Gonsonanten:  am  Anlaut  durch  Zusatz,  Abfall 
oder  Umstellung,  im  Inlaut  durch  Nasalirung  oder  Umstellung, 
am  Auslaut  durch  Verschiebung,  d)  durch  Anfügung  eines 
vocalischen  oder  consonantischen  Suffixes. 


249 

Der  Antritt  eines  Suffixes  verbindet  sich  häufig  mit  einer  §  247. 
der  übrigen  Arten  der  Wurzelveränderung.     Auch  kann  an 
das  Suffix  noch  ein  zweites  oder  drittes  antreten  (secundäre 
Sttffixbildung) 

Durch  Anfügung  der  grammatischen  Formen  (Flexionen) 
an  die  Stämme  erwachsen  die  Worte. 


1.  SufOxlose  Stammbildung. 

§  248.  Meines  Erachtens  liegt  es  ausser  den  Grenzen  §248. 
der  mittelhochdeutschen  Grammatik,  hier  die  deutsche  Stamm- 
iHldnng  näher  zu  behandeln,  selbst  wenn  dieselbe  schon 
sicherer  festgestellt  wäre,  als  zur  Zeit  der  Fall  ist.  Ich 
begnüge  mich  daher  mit  der  Hinweisung  auf  die  einzelnen 
Erscheinungsarten. 

Die  Eeduplication  der  Wurzel  hat  in  dem  germa- 
nischen Verbum  Verwendung  gefunden,  ist  aber  geschichtlich 
nachweisbar  nur  in  dem  Perfect  einer  Zahl  alter  langsilbiger 
abgeleiteter  Zeitwarte,  in  den  sogenannt  reduplicirenden,  §  356. 
Die  E;edupli<3ationssilbe  ist  nur  im  Gotischen  klar  erkennbar. 

In  der  Nominalbildung  fand  die  Keduplication  nur  be- 
schränkte Verwendung :  sie  machte  den  Begriff  intensiver,  so 
in  ßfcdter  (papilio),  wiwint  (turbo),  in  welchen  Worten  die 
Hochtonigkeit  der  reduplicirten  Silbe  zur  vocalischen  Dehnung 
fahrte.  —  Ausserdem  ist  wol  nur  gucJcuk  (Zw.  guckuken 
Renner  5862)  anzuführen. 

§  249.  Steigerung  und  Schwächung  des  W^urzelvocals  §249. 
dient  in  ausgedehnter  Weise  zur  Bildung  von  Stämmen.  Die 
Ablautformeln  u  e(i)  a  ä,  a  6  —  Hai  —  u  iu  au  —  dienen 
nicht  bloss,  die  thematischen  Formen  der  grösten  Zahl  der 
starken  Zeitworte  zu  scheiden,  sondern  auch  zu  der  Stamm- 
bildnng  einer  grossen  Zahl  abgeleiteter  (schwacher)  Verba. 
Sie  differenziren  femer  viele  Nominalstämme. 

W.  gab:  Zeitformen  gibe  gap  gäben;  Nominalbildungen:  Subst. 
gebe  gäbe,  gif-t  Adj.  gibe  gäbe,  —  W.  band:  Ztf.  binde  bant  bunden; 
Nominalbildungen  Subst.  bint  bunt,  binde,  bant,  Adj.  bunt.  —  W.  far: 
Ztf.  far  fuor,  fueren;  Nominalbildungen  Subst.  far  n.  f.  fair(ej  schw.  m. 
ferje  schw.  m.  fart  f.  ferte.fertec  Adj.  geferte  n.  schw.  m.  fiwre  f.  gefüere 


250 

§249.  Adj.  —  W.  snid:  Ztf.  sfdde  sneit  8mten,  sneiten,  sniteen;  Nominal- 
bildungen  snit  m.  snite  f.  sniz  m.  smde.  sneite  f.  Secondäre  Bildung^ 
snücsre  snitzare,  meitec.  —  W.  fltU:  Ztf.  fliuze  floz  fiueeefi,  floezen; 
Nominalbildangen  fluz  m.  flozze  f.  fliez  m.  n.  flieze  f.  floz  n.  Secun- 
däres  Adj.  flüzzec. 

Ein  Verzeichnis  der  german.  ablautenden  Zw.  mit  dazu 

gehörigen  Nominalbildangen   hatte  J.  Grimm   Gr.  II,  8 — 63 

aufgestellt,  auf  das,  trotzdem  darin  vieles  hinfallig  ward,  noch 

verwiesen  werden  muss. 

§250.  §  250.     Veränderung  des  Wurzelconsonanten 

zum  Zweck  der  Stanmibildung  geschieht  im  Deutschen  am 
Anlaut  nicht  häufig.  Abfall  von  s  vor  folgendem  Conso- 
nanten  vollzieht  das  Germ,  nicht  oft;  Belege  dafür  geben 
aber  nuere  (märi  :  W.  smar  J.  Schmidt  Vocalismus  U,  284), 
Valien  :  W.  spät,  vis-t :  W.  spds,  vrech  :  W.  sparg,  denen  danen 
doner  :  W.  stan.  —  Verstärkung  des  consonan tischen  An- 
lauts zeigt  Strom  :  W.  sru.  —  Ferner  ergeben  sich  Anlaut- 
änderungen durch  Metathesis  innerer  Liquida.  So  gehört 
ruojen  ruoder  zu  W.  ar,  lüqjen  (hluojan)  zu  W.  kal,  rinnen 
zu  W.  rn  am,  recken  zu  W.  arg,  brüejen  zu  W.  bhur,^  glat 
gluot  grüene  zu  W.  ghar,  kreejen  zu  W.  gar,  kraß  zu  W. 
garbh,  knode  zu  W.  gandh. 

Im  Inlaut  brachte  die  eben  erwähnte  Versetzung  der 
Liquida  Veränderungen ;  ausserdem  ist  der  Nasal  hier  wichtig. 
Derselbe  trat  entweder  aus  dem  Präsensstamm  in  die  übrigen 
Zeitformen,  oder  die  nasallosen  Formen  wirkten  auf  seine 
Unterdrückung  auch  im  Präsens.  Ersteres  geschah  zb.  in 
binden  trinken,  zweites  in  stechen. 

Schwand  der  Nasal,  so  ward  der  vorangehnde  Vocal  in 
der  Regel  gedehnt  Dadurch  entstunden  eine  Menge  von 
langen  l,  und  Übertritte  aus  der  a-B,eihe  in  die  t-E.eihe  der 
ablautenden  Zw.  waren  die  Folge.  (Joh.  Schmidt  Vocalismoa 
I,  47-67.) 

§251.  §  251.      Die    Veränderung    des    consonan  tischen 

Wurzelauslauts  durch  Verschiebung  dient  vielfach  zur 
Begriffveränderung.  Namentlich  werden  dadurch  in  den  Zeit- 
worten eine  Menge  intensiver  Neubildungen  gefordert.    In  den 


251 

Yolksmundarten  ist  je  länger  je  mehr  diese  Intensivbildnng  §25ll 
sehr  beliebt  worden. 

Beispiele  aus  dem  Mhd.  für  die  Auslautverschiebung : 

Jcncibe  knappe,  reiben  rappen ;  vcUten  valzen,  vant  vam;  schaffen 
schepfen;  weben  toebbe  weppe  wappeln;  trecken  trecken, 

grifen  gripfen,  sUfen  alipfen;  smiden  smitte  smüzen  »nx%en; 
mtden  sneiten  snitzen;  Uichen  blicken,  nigen  nicken. 

kliehen  klopfen  md.  kloppen,  triefen  tropfen,  schieben  schu:; 
schätze,  apriezen  sprützen,  fliegen  flücke,  smiegen  smticken,  biegen  bück 
bühd,  ziehen  zogen  zucken,  tüchen  tucken,  höh  houg. 

2.  Stammbildnng  durch  SufQxe. 

§  252.  Der  gröste  Theil  der  deutschen  Stämme  wird  §252. 
durch  Suffixe  gebildet,  d.  i.  durch  an  die  Wurzel  antretende 
Bestimmungselemente,  welche  Lautkörperchen  von  pronomi- 
Baler  Herkunft  sind,  in  denen  sich  wol  Stämme  aber  keine 
Worte  erkennen  lassen.  Die  Stammbildung  durch  Suffixe  ist 
daher  keine  Wortcomposition,  wenn  auch  eine  Composition. 

Der  durch  SufSx  gebildete  Stamm  kann  zugleich  eine 
der  im  vorigen  Abschnitt  bezeichneten  Veränderungen  erfahren 
haben.  Es  kann  femer  an  den  durch  ein  Suffix  gebildeten 
—  primären  —  Stamm  ein  zweites  SufSx  und  selbst  noch 
ein  drittes  treten.     Es  entstehn  dann  secundäre  Stämme. 

Wurzel  mag,   primärer  Stamm  tnah-t,   secundärer  Stamm  mah-t'ic. 
„      toac,         „  „       w'eh-8,  ,,  „       weh-s-el, 

„      pak,  „  „       fingier,  „  „       fing-er-l-inc. 

A.  Verbale  Stasvnbildong  duroh  Suffix. 
§  253.     Fast    sämtliche    starke    Yerba   setzen    an    die  §25S. 
Wurzel   das  Sufßx  a,   welches  scheinbar  als  Bindevocal  fiir 
die  Flexionen  dient     Ausgenommen  sind  die   §  254  ange- 
führten starken  Yerba,  femer  die  Präsentia  bin  gän  stän  tuen. 
Vgl.  Bopp  Vergleichende  Grammatik  §  109',  1. 

§  254.     Einige  alte  Verba  hatten  das  SufBx  ja  im  Prä-  §  254. 
Bens,   im  Perfect   gaben  sie  es  auf.     Die  meisten  von  ihnen 
haben  als  Präse'nsvocal  o,  im  Perfect  6  (uo).   Im  Mhd.  behielten 
sehr  wenige  derselben  das  j;  einige  haben  noch  die  Wirkung 
desselben,   den   Umlaut  e,   §  351.     Die   übrigen   schwächten 


252 

§  254.  den  Präsensvocal  zu  i  und  traten  in  die  ablautende  A-Glasse 
ein:  got.  bidjan  sitan  ligan  mhd.  bitten  sitzen  ligen. 

Ursprünglich  gehörten  auch  die  Zw.  säjan  wäjan  (mhd. 
stejen  weejen)  zu  dieser  Gruppe.  Indessen  traten  sie,  nachdem 
die  Suffixe  Ja  und  aja  vermischt  wurden,  zu  der  1.  schw.  Conjug. 
über ;  ihnen  folgten  drcejen  bajen  ncejen  flcejen.  In  dröuwen 
vröuwen  ströuwen  war  j  ebenfalls  das  ursprüngliche  Suffix, 
tauschte  aber  durch  Einiluss  des  Wurzelvocals  mit  w. 

%  265.  §  255.     Das  Suffix  aja  bildete  aus  Verbal-  und  Nominal- 

stämmen, primären  und  secundären,  eine  grosse  Zahl  jüngerer 
Zeitworte,  die  sich  im  Lauf  der  Zeit  nach  Analogie  der  älteren 
noch  vermehrten:  die  schwachen  Terba,  wie  J.Grimm  sie 
genannt  hat.  Jenes  Suffix  naro  irä  Germanischen  dreifache 
Gestalt  an :  i,  o,  ai  (e),  Bopp  vergl.  Gr.  §  109*,  6.  Mhd.  sind 
die  drei  Vocale  zu  e  geschwächt,  und  nur  geringe  Heste  von 
i  und  6  vorhanden  §  381.  fi".  Die  schwachen  Zw.  bezeichnen 
überwiegend  das  hervorbringen  einer  Eigenschaft  oder  Thätig- 
keit,  ferner  das  versehen  mit  einer  Eigenschafk,  das  beschäfbigt- 
sein  mit  einer  Thätigkeit,  endlich  das  sein  mit  oder  in  einer 
Thätigkeit  oder  Eigenschaft. 

In  der  1.  schw.  Conjugationsklasse  (Suffix  i,  j)  über- 
wiegen die  Bildiingen  aus  Adjectivstämmen,  die  Bedeutung  ist 
meist  fäctitiv:  das  hervorbringen  der  Eigenschaft  am  Object 
wird  bezeichnet.  Auch  Bildungen  aus  Substantivstämmen 
sind  häufig ;  sie  bezeichnen  das  hervorbringen  des  Inhalts  des 
Substantivs.  Die  Yerbalstämme,  aus  denen  Verba  1.  schw.  Gl. 
abgeleitet  werden,  haben  intransitive  Bedeutung  und  zeigen 
die  Form  des  Sg.  Perf.  zb.  zamjan  lagjan  fuorjan  beüjan 
sceinjan  stoubjan  flözjan. 

Die  Zeitworte  2.  schw.  Cl.  aus  Adjectivstämmen  lassen 
sich  in  der  Bedeutung  von  denen  der  1.  Cl.  kaum  untere 
scheiden.  Mehrsilbige  secundäre  Adjectivstämme  haben  ent- 
schiedene Neigung  zu  der  Suffixform  o,  und  dasselbe  ergibt 
sich  für  die  secundären  Substantivstämme. 

Die  Neubildungen  2.  Cl.  aus  Yerbalstämmen  verstärken 
den  Begriff  des  primären  st.   Zw.     So  verhält  sich  hlaufan 


253 

zu  hlaufan,   tribon  2u  trtban,    korön  zu  kiosan,    dözon  zu  §255- 
äiosan,  fantön  zu  fintan  als  Intensivbildung. 

Die  Zw.  schw.  3.  Cl.,  meist  aus  Adjectivstämmen  ge- 
bildet, bedeuten  gewöhnlich  ein  sein  oder  werden.  Bildungen 
aus  Verbalstämmen  sind  hier  ebenfalls  vorhanden ;  sie  wenden 
den  Begriff  des  st.  Zw.  in  das  intransitive  oder  mediale,  vgl. 
hangen  darbin  stechen  bogen, 

Tb.  Jacobi  Die  Bedeutung  der  schwachen  Conjugationen,  in  seinen 
Beiträgen  zur  deutschen  Grammatik.  Berlin  1843.  S.  131—196. 

§  256.    Die  Stämme,  an  welche  das  karacteristische  Suffix  §  256. 
der  schw.  Conj.  antritt,  sind  häufig  secundäre  Stämme.    Wir 
finden  an  ihnen  die  Suffixe  -m  -l  -r  -n  -^  -s. 

Die  Beispiele,  welche  hier  folgen  i),  wollen  nicht  erschö- ' 
pfend  sein,   aber  die  Bildungen  möglichst  genügend  belegen. 

Suffix  -m-,  iterative  Bedeutung:  lusemen,  bidemen 
(=  bibemen). 

Suffix  'l'y  intensive  und  iterative  Bedeutung  (ahd.  -t7öw, 
'iljan)  : 

heteln  hlinzdn  hraatdn  bregeln  duzein  vündeln  gikdn  grüebdn 
hingein  hirzeln  hördeln  keimein  kipeln  koppeln  krisßln  mischein  niseln 
öugdn  rammeln  rumein  rumpeln  schübeln  schüteln  siffeln  spratzeHn 
sprinzdn  stameln  striffeln  sungdn  siveibeln  toetdn  trampdn  triffein 
trutschdn  hetumbeln  tütdn  wehdn  wegdn  wiegeln  winteln  wispeln 
zahdn  zartein  zioirhdn. 

Suffix  -r-,  intensive  Bedeutung: 

hriustern  blödem  glinstern  glunkern  klunzern  knustern  kutern 
lendern  pumpern  ddfern  slenkern  slotern  smetern  snatem  snüdtrn 
temern  Verwaltern  wdkern  zmnzern  zwispern  Zwittern  zwitzern. 

Die  den  französ.  Zw.  in  -ier  nachgebildeten  Zw.  in  -i^en, 
theils  Lehnworte  (von  Infinitiven  in  -ier,  -ir,  -er)  theils  Ana- 
logiebildungen, die  seit  dem  12.  Jh.  aufkommen  und  von  den 
höfischen  Epikern  stark  gebraucht  werden,  mögen  an  dieser 
Stelle  erwähnt  werden.  Ein  Verzeichnis  gab  J.  Grimm  im 
Anhang  zu  seiner  Abhandlung  über  das  pedantische  (Kleine 
Schriften  I,  354—363);  wir  führen  hier  nur  eine  Auswahl  an: 

a)  Lehnworte :  aMieren  halzieren  hehurdieren  disputieren  faüieren 
feitieren  florieren  furrieren  hardieren  conduwieren  cunrieren  kroßeren 

1)  Es  versteht  sich,  dass  Ableitungen  von  Nominalstämmen  mit 
den  betreffenden  Suffixen  hier  ausgeschlossen  blieben. 


254 

§  266.  leischieren  vemcjieren  parlieren  parHeren  punieren  schumphieren 
sambelieren  tjostieren  trufieren  furnieren, 

b)  Analogiebildungen:  denzieren  dütieren  gknzieren  halbieren 
hantieren  hofieren  pflanzieren  sameHieren  schenkelieren  sprenzdieren 
stolzieren  swanzieren  wcHkieren  wanddieren  wedelieren  zwitzieren. 

Suffix  -n-  erscheint  nur  selten,   obschon   Ableitungen 

von  Nominalstämmen  auf  -n  häufig  sind.     Selbständige  Verbal- 

bildungen  mit  diesem  Suffix  sind 

verdamnen  dienen  lernen  rechnen  warnen,  ferner  die  Intensiva 
und  Iterativa  bibenen  Tdagenen  glihsenen  ndhenen  rthsenen  wintenen. 

Suffix  'Z'  bildet  Intensiva  und  Iterativa  im  Ahd.  und 
in  den  obd.  Mundarten  zahlreicher,  als  in  den  mhd.  Schriften 
nachweisbar  ist.     Mhd.  Beispiele  sind 

duzen  —  gdzen  heizen  schdzen  smelzen  wetzen  —  ergremzen 
premzen  —  blinzen  Münzen  lunzen  zmnzen  —  irzen  storzen  —  blebzen 
nafzen  —  gagzen  gegzen  blekzen  tokzen  wakzen  ächzen  pfuehzen 
schiu(h)zen  wuchzen  —  blinkezen  bockezen  flogezen  flockezen  grogezen 
heschizen  himelizen  kachezen  rukezen  smackizen  wiphizen, 

Suffixfolge  -l  +  iZ' :  weterlitzen ;  -n  -|-  ät-  ;  snarrenzen. 

Suffix  'S'   bildet  Intensiva  und  Iterativa.     Über  die 

Häufigkeit  gilt  dasselbe  wie  bei  -z.     Belege: 

brünsen  veüsen  gelsen  geüsen  glimsen  heiUen  hersen  gelihsen 
phehaen  rehsen  rensen  trühsen,  —  gttesen  richesen  riuwesen  (riusen) 
ruomesen  gewaltesen, 

B.  Nominale  Stammbildung  durch  Soffiz. 
Yocalisehe  Slftmme. 

§257.  §  257.   Eine  grosse  Zahl  von  Nominalstämmen  wird  durch 

Antritt  des  Determinativelementes  a  gebildet.  Die  Substantiva 
sind  der  Bedeutung  nach  theils  Nomina  agentis  theils  Nomina 
actionis.  Die  Masculina  und  Neutra  der  A-Declination  sowie 
die  meisten  Adjectiva  (im  männl.  und  neutr.  Geschlecht)  sind 
Stammbildungen  in  -a;  die  Feminina  bilden  ihren  Stamm 
durch  Suffix  -a. 

Die  Suffixe  a  und  ä  treten  nicht  bloss  an  Wurzeln,  son- 
dern auch  an  Stämme;  es  gibt  also  primäre  und  secundäre 
Nomina  in  a  und  ä. 

Diese  Nomina  in  -a  werden  einmal  begleitet  von  ver- 
wanten  Bildungen  in  -ja  §  446.  451,  andrerseits  erweitem 
sie  sich  gern  durch  Antritt  eines  secundären  -n  (§  273).    Am 


255 

durchgreifendsten  geschieht  dies   bei  den  Adjectiven,   indem  §257. 
jedes  Adjectiv  in  -a  oder  -ja  die  Nebenform  in  -an  oder  -jan 
annehmen  kann,  §  456. 

In  der  mhd.  Periode  ist  der  Übertritt  auch  der  Sub- 
stantiva  ans  der  starken  in  die  schwache  Declination  häufig, 
der  auf  jene  Neigung  zurückgeht,  §  459.  461.  463. 

§  258.  Seltener  als  durch  a  werden  Nominalstämme  §258. 
durch  Antritt  von  i  oder  u  gebildet.  Aus  der  geschichtlichen 
Zeit  können  wir  nur  substantivische  t-  und  t<-Stämme  nach- 
weisen: die  I- Stämme  geben  nur  männliche  oder  weibliche 
Snbstantiva,  die  Ü-Stämme  fast  nur  männliche,  das  Femininum 
und  Neutrum  kam  bei  ihnen  früh  zum  absterben.  Eine  Ver- 
längerung  des  Femininsuffix  geschah  hier  nicht,  es  erscheint 
also  kein  i  und  u  {iu)  neben  %  und  ti. 

In  der  mhd.  Zeit  ist  weder  a  ä  noch  %  u  ungetrübt 
erhalten,  sondern  überall  irrationales  e  der  Themavocal.  Die 
Auflösung  der  alten  Verhältnisse  hatte  früh  durch  ITbertritte 
aus  der  einen  in  die  andere  Klasse  begonnen,  die  schliesslich 
zur  Vernichtung  der  Ü-Elasse  und  zu  Vermengungen  der  A- 
und  I-Klasse  führten,  §  446.  ff. 

§  259.     Undeutsch  sind  die  wegen  ihrer  Verbreitung  im  §  259. 
Mhd.  zu  erwähnenden  Substantivbildungen  in  -1^,  welche  seit 
dem  12.  Jh.  durch  französischen  Einfluss  sich  einbüirgem  und 
zu  einer  Menge  Analogiebildungen  fuhren. 

Lehnworte  sind  zb.  amie  banekie  vesperte  vüanie  goMe  mcUie 
massenie  partie  probtide  prophede,  Analogiebildungen  appetie  pabeatie 
vogtie  vürstie  Jcamene  (sogar  mit  persönlicher  Bedeiitang  Kammerfrau ; 
Tgl.  das  nhd.  Frauenzimmer)  ribaldte,  femer  areeme  buobenie  lächenie 
samenie  —  bucberie  dörperie  vcUscherie  vischerie  vrezzerie  heiterte 
jegerte  ketzerte  luoderie  rouberie  tenterie  waMerie  zegerie.  —  Besonders 
zahlreich  werden  diese  Feminina  im  14.  '15.  Jh.  in  den  kölnischen 
Schriften. 

Abgeleitete  Zw.  in  -ien,  wie  henedien,  merzten,  später 
mdledieny  verketzerten  büi*gerten  sich  weniger  ein. 

Substantiva  in  -eie  begegnen  selten:  abbateie  appiteie, 
gcdreie,  vogteie,  Jcöufeleie  (Renner  4732). 


256 

Oonsonantische  Stämme. 
Labiale  Suffixe. 

§  260.  §  260.     Um    die    consonantischen    Suffixe    au   primären 

Stämmen  völlig  festzustellen,  wird  noch  von  den  Linguisten 
sicherer  gearbeitet  werden  müssen  als  bisher.  Auch  in  den 
folgenden  Beispielen  ist  vielleicht,  soweit  es  sich  um  primäre 
Bildungen  handelt,  nicht  alles  gleich  sicher. 

Labiale  Suffixe  sind  mit  Ausname  von  w-  und  m-  nicht 
stark  verwant. 

Suffix  'Ih  wird  anzusetzen  sein  in  weben  schieben,  ferner 
in  halbe,  selbe,  gewelbe,   in  jsimber,  derbe,  scharbe  scherbe. 

Suffix  jp  ist  nur  etwa  im  Md.   durch  festhalten  älterer 
Consonantenstufe  nachweislich,   so  in  gdlpen;    hochd.   ist   es 
*^  Pfj  f  verschoben.     Wir  dürfen  es  ansetzen  in  gelpf  gelf, 
streife  schuf,  scarpf. 
§261.  §  261.     Das   Suffix   w-    (indogerm.   va,   van)    ist    zum 

grossen  Theil  im  Mhd.  der  vocalischen  Auflösung  erlegen, 
tritt  aber  noch  in  flectirten  und  mit  secundärem  Suffix  er- 
weiterten Formen  kenntlich  hervor.     Es  gehören  hierher 

Subst.  Masc.  st.  JcU  le  se  sne,  —  Msc.  schw.  spar,  grüwe.  — 
Neutr.  re  bU  hü,  md  smer  (smirwe)  hör  (hurtoin)  sar  (geserwe) ;  gehüwe. 
—  Fem.  hra  {Jbräwe)  Md  (kläwe)  selp  (mivala  ahd.  seula).  Voll  erhalten 
ist  das  Suffix,  durch  vorausgehndes  Stamm -a  geschüzt,  in  den  st.  und 
schw.  erscheinenden  Femin.  senewe  sene,  hdwe  hidwe  svHÜwe  narwe 
varwe  toitewe, 

Adject.  triuwe  niuwe,  blä  grd  frö  rö  sie,  käl  väl  sal  gel  schel, 
gar  var  mar  mürwe,  zese  hese. 

In  dem  Masc.  schate  (got.  skadtis)  ist  an  Stelle  des  Suffix  u  daa 
Suffix  wa  getreten :  ahd.  scato  Dat.  scatewe  Acc.  pl.  scetiwi,  mhd.  schate 
schatewe  (schw.  Zw.  schatetven  schetewen  Adj.  schatewic).  Ähnlich  ward 
rite  (febris)  nach  dem  schw.  Yb.  ridewen  zu  schliessen  behandelt. 
§262.  §  262.     Suffix  -W- 

Masc.  -ma:  houm  somn  schüm  tiwm,  galm  hälm  twaHm  undm 
heim  melm,  hai*m  härm  varm  swarm  schirm  mwrm  (Heinr.  v.  Neustadt 
Apollon.  3171.  4927)  stürm  wurm,  —  Masc.  -man:  säme  Mtne  scMme 
gome  guome,  schelme. 

Neutr.  -ma:  heim,        Adj.  -ma:  tvarm. 

Fem  in.  -md:  goume, 

Masc.  -ama:  bodem  buosem  eidem  —  Masc.  -am an:  beseme 
deiseme  glideme  roseme  mdewe,    Adj.  -ama:  zesem,  tuosem. 


257 

Suffix  -m  an  bereits  suffigirtem  Stamm:  §262. 

-dama:  Msc.  brääem  hlädem  krädem,  vadem  ludern.   Adj.  tödem. 
'tuma:  Msc.  dtum, 
-saman:  Masc.  hrohseme, 
-arama:  Adj.  heisram,  ^ 

Linguale  Suffixe. 

§  263.     Suffix  -d-  (germ.  ä  p)  tritt  an  vocalische  und  §263. 
liquide  Wurzeln   unmittelbar,   im  übrigen   fugt  es  sich  voca- 
lischem  Stamm  (in  a,  ja  :  i)  reichlich  an.     Ahd.  war  die  Zahl 
dieser  Bildungen  noch  grösser  als  mhd. 

Masc.  -da:  tot,  hdt  munt  braut.  Neutr.  ^da:  mät,  kint  rint. 
Neutr.  'dja:  Mde,  gehlüede. 

Fe  min.  -da:  erde,   -djä:  bürde,    -dän:  büde. 

Adj e ct.  'da:  balt.    Adj.  dja:  wilde  linde  swinde. 

Zw.  -dj:  bliioden  blühen  S.  Paul.  Pr.  44,  16.  frcBvden  Fundgr. 
I.  72,  5. 

Msc.  -adan:  ande  (ahd.  anado).  Neutr.  -adja:  büde.  Adj. 
-adja:  fremde  (ahd.  framadi). 

Fem.  -adi:  maget. 

Zahlreich  sind  die  Subst.  in  id-;  es  sind  zum  grösten 
Theil  Bildungen  aus  schwachen  Verbalstämmen  1.  Cl.,  deren 
i  also  auf  aja  zurückgeht.  Am  häufigsten  sind  die  Feminina^ 
welche  ebenso  wie  der  eine  Theil  der  Neutra,  abstracte  Be- 
deutung haben. 

Masc.  'idan:  juckedewiülede.  —  Neutr.  -ida:  houbet.  Neutr. 
-idja:  hemde;  götide  jungede  stierede  (aries.  Ijeyser  Pr.  62,  11).  — 
Mit  Präfix  ge  a)  Abstracta :  gejegede  {gejeide)  gelübde  genudde  ge- 
mechede  gescheffede  gesetzede  getregede  (getreide)  gevarde  gewizzede 
gewonede  (Lac.  n,  435).  b)  CoUectiva  (zuweüen  in  persönliche  Ver- 
einzelung überspringend) :  plüuogide  Par  Pfiugochsen  —  geveterde  (per- 
sonl.)  gemachede  (Gemahl)  geschühede  (geschüde  Pass.)  gestülde  ge- 
swisterde  ungewetterde.  Im  bair.  Dialect  begegnen  Collectiva  mit  ver- 
längertem Suffixvocal  'idja  (später  eit):  diehteride  (nepotes)  gevetride 
gemecUde  gestdsteride  BGr.  §  207.  In  vingeride  (Neith.  42,  13.  60,  28) 
hat  das  Suffix  deminutive  Bedeutung,  vingeride  =  mngerin  vingerlin, 
—  Feminina  ida:  gebcerde  erbermde  gebürde  diibede  (Böhmer  567. 
äüvede  köln.  Sachsp.  11.  13,  3)  dunnede  effede  ermde  etvede  gevcerde 
(jevehde  gefengede  bevüde  froeude  gefroerde  frumede  fullede  gahede 
gerde  girde  begrebde  gremde  grozede  gehebede  geheimde  verhengede 
missehegede  hitzede  hoehede  hoende  gehoerde  gehügde  klegede  klemde 
krumde  kurzede  kuolde  lemde  lengede  liefde  (Lac.  III,  266.  582)  ver- 
manede  gemeinde  gemerkede  mogede  (Hü.  I,  593)  benemede  genennede 
Weinhold,  mlttelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  17 


258 

§263.  nerde  genüegede  pinde  gerüerde  gesalhede  gescheffede  (geschepfede) 
schemde  geschickede  schoende  heschöude  aneschouwede  gesegede  serde 
gesippede  siuchede  (süchede)  versmahde  gesteUede  sterkede  sürde  he- 
swarde  urteüde  tiurde  (türde)  getrebede  betrüebede  trurde  uobede 
gewcmde  bewۧrde  geweJisede  welede  gewerde  wermde  toitzede  gewizzede 
gewonde  zierde  gezierde. 

Zu  der  Bildung  durch  german.  Suffix  -ipa  vgl.  v.  Bahder 
Die  Verbalabs tracta  S.  156.  ff. 

Mit  dem  Suffixvocal  der  2.  schw.  Conj.  begegnen  eben- 
falls Nominalbildungen  durch  -d-: 

Masc.  '6 da:  bannot  biböt  brdchöt  mdnöt  suftöt  wizzöt.  Nament- 
lich alemann,  sind  diese  Masc.  beliebt,  AGr.  §  249.  —  Neutr.  -öda: 
wizzöt,  —  Neutr.  ödja:  ebenöde  einoede  heimöde  kleinoede  wisoede, 
—  Fem.  'ödin:  mittelöde. 

Durch  das  Suffix  -da  (got.  ßa,  urspr.  ta)  wurden  die 
Participia  Perf.  Pass.  der  schw.  Zw.  gebildet,  deren  Suffix 
im  Ahd.  noch  nach  dem  Classenkaracter  als  i-da,  ö-da,  e-da 
anzusetzen  ist. 

Es  ist  endlich  das  zusammengesezte  Suffix  -nd-  anzu- 
führen : 

in  dem  M sc.  -nda:  arant;  Neutr.  -ndja:  erindeernde;  Fem. 
-ndi :  jugent  mugent  tugent ;  Z  a  h  1  w.  -u  nc^^  a :  tüsent.  Femer  in  dem 
Partie.  Präs.  der  st.  und  schw.  Zw. 

Dagegen  sind  anders  zu  beurteilen  die  Masc.  in  -aldei 
-oldei :  guggaldei  kot^soldei,  zwei  persönliche  Nomina,  und  die 
drei  Tanznamen  hoppdldei  troialdei  wänaldei.  Zu  Grunde 
liegen  hier  die  Personennamen  auf  olt  (=  walt)y  so  dass 
also  in  jenen  Worten  Wortcomposition  mit  Anfügung  eines 
vocalischen  sonst  nicht  auftretenden  Suffixes  vorliegt. 

In  den  Ortsadverbien  ennent,  mittent,  nahent,  vernent, 
sament  ist  möglicherweise  das  alte  Localsuffix  da  (gr.  ^a) 
mit  vorgeschobenem  Nasal  erhalten,  das  sich  ohne  Nasal  in 
samet  samt  zeigt. 

§264.  §  264.     Suffix  't'  ist  im  Mhd.  entweder  unverschobenes 

oder  aus  d  verschobenes  t, 

1.  Unverschobenes  t  besteht  a)  in  Stämmen  auf /'s  A 
in  unmittelbarer  Anlehnung  an  den  Auslautconsonanten,  ferner 
b)  in  der  euphonischen  Verbindung  ft  st. 


259 

a)  S  t  a  m  m  a  u  8 1  a  u  t  f:  M  s  c.  -ta:  haß  scaft  stifl  wiß  louft  §  264. 
ruoft  wuoft  ramft  werft  gewer ft.  —  Masc.  -tan:  nefte.    Fem.  -ti: 

graft  klaft  kraft  gift  grift  schrift  stift  trift  guft  gruft  kluft  dürft. 
Adj.  -ta:  haft  keift,    -tja:  awifte  samfte, 

b)  Stammaaslaut  s:  Masc.  -ta:  bläst  glast  frost  geist  jest 
last  list.  -ti:  gast  dunst  runst  Fem.  -ti:  mast  vreist  leist  genist  wist 
kust  verliist  wahst.    Neutr.  -ta:  nest,    Adj.  -tja:  veste  toüeste, 

ünverschobenes  t  besteht  auch  in  der  Suffixverbindung  st, 

^e  hinter  vocalischer  Wurzel  und  hinter  vocalischem  Suffix 

Stämme  bildet: 

'Sta:  Msc.  dräst.  —  Adj.  -star:  Mster. 

'Sti:  Fem.  hliwst. 

'ista:  Msc.  hengist  herbist. 

'Usti:  Msc.  dienest  emest.    Fem.  angest. 

-eistä:  Fem.  ganeiste. 

c)  Stammaaslaut  h:  Masc.  -ta:  braht  späht  kneht  speht 
pfnuht.  Fem.  -tä:  wahte.  -ti:  mäht  naht  slaht  gewäht  daht  eht  giht 
pfliht  geschiht  gesiht  gehuht  genuht  fluht  zuht.  Neutr.  -ta:  bäht  lieht. 
'tja:  gegihte  gewürhte,  Adj.  -ta:  reht  sieht  berht  geslaht.  -tja:  dihte. 

Unverschoben  ist  t  auch  in  dem  häufigen  qualitativen 
Adjeetivsuffix  ahtja  (mhd.  eht,  ohte,  obd.  mit  Ausstoss  des 

h  oft  et  ot).     Beispiele: 

einzeht  eckeht  fleckeht  gibeUht  glatzeht  hovereht  hogereht  kropfeht 

leimeht  murreht  narr,  schar,   steck,  strif.  sttick.  stumpf,  tör,  wann. 

wazzer.  wegg.  wormeht.  zUeht,    Gern  tritt  das  Suffix  an  Stämme  in  -d ; 

diese  Adj.  bezeichnen  die  Näherung  an  den  Stammbegriff:   krumpeleht 

krüsdeht  lenzel.  roesel.  roetel,  runzel.  schächzabeU.   schtbd.  spreckd. 

sprickel.  zwirbeleht.    In  späterer  Zeit  sind  diese  Bildungen  häufiger; 

^m  schliesst  sich  auch   noch   das  Suffix  -ec  an   eht  oder   -leht   an, 

AGr.  §  248. 

Für  die  Nebenform  -oht  -ot  -loht  sind  Beispiele: 
bartoht  busch.  hak.  hover.  hüb.  knurr,  löcher,  ör.   ort.  schar. 

toroht.  —  buscheloht  veistel.  voesel.  gelbl.  klunzl,  lund.  munzl.  rädd. 

ringel.  rinkd.  roesd.  roetd.  sprickel.  süed.  trutel,  wispd.  zispel.  zwisdoht 

AGr.  §  248.  BGr.  §  206. 

2.  Ünverschobenes  t   hinter  euphonischem  f 

oder  s  an  liquidem  Wurzelausgang: 

a)  ft:  Fem.  -ti:  hulft  brumft  kumft  numft  zumft. 

b)  st:  Msc.  'ti:  durst.  Fem.  -ti:  hülst  geswtdst  anst  unst  ge- 
spanst  brunst  begunst  kunst  munst  vemunst  turst.  In  harst,  hurst, 
gerste  ist  s  in  den  Stamm  infigirt.  Neutr.  -ta:  gespunst.  -star: 
Ifeutr.  galster.    Adj.  gelster  dvnster  winster. 


260 

§265.  §  265.     Verschobenes  t,  md.  t,  d;  nd.  d. 

Unmittelbar  der  Wurzel  angeschlossen: 

Msc.  -ta:  muot  walt  velt  seilt  sint  wint  hunt  gart  wirt  ort  hört, 
'ti:  drät  unvlät  sprdU  -tan:  garte,  Fem.  -tä:  motte  rinde  scande 
scharte,  -tjä:  Mite  sünde  herte  (Schulter),  -ti :  stat  sät  tat  hluot  gluot 
bruot  gruot  brüt,  sctUt  vart.  Neutra  -ta:  hluot  gelt  kint.  Adj.  -ta: 
lüt  alt  kalt  schart,    -tja:  driete  staete. 

An  Yocalischen  Stamm  geschlossen : 

Masculina  und  Feminina  in  ät,  äte  sind  obd.  und  besonders  md. 
beliebt,  sie  sind  Nomina  actionis  und  meist  aus  Verbalstämmen  abgeleitet. 

Msc.  ä-ta  (mhd.  gewöhnlich  zu  et  geschwächt):  höwat  hdsat 
sterbat.  Fem.  ä-tä  (ät  äte)  dienat  vezzat  vülat  vinsterat  vriat  irrat 
jagat  kHutterat  martirat  murmelat  predigat  scheltat  schreUxt  toufat 
wehseUd.  —  heimate  verlobaie  martirate  merate  murmdate  predigate 
scheltate  teüate  wandelate  zweiate.^)  AGr.  §  247.  BGr.  §  205.  — 
Adj.  -ta:  nacket. 

Fem.  i'tä  (i  aus  dem  Suffix  der  1.  schw.  Cj.):  hoehete  melkete 
geniiegete  veizete  imhete,  zum  Theil  Nomina  abstracta  zum  Th.  Nomina 
actionis. 

Fem.  -o-*a,  -ö-tjä:  ebenot  gegenöt.  —  gegenote.  Neutr.  -ötja: 
einote  heimöte  Tdeinoete. 

Fem.  -ei-ti:  arbeit. 

§266.  §  266.     Suffix  -^-    (nd.  t-)    tritt    a)  unmittelbar   an 

vocalische  und  liquide  Wurzel,   b)  im  übrigen  an  yocalischen 
Stamm. 

a)  Masc.  -za:  bolz  falz  ßz  kdz  trimz  stürz  schürz  schitihz.  — 
-zan:  smerze.  Neutr.  -za:  salz  hdz  harz,  -zän:  herze .  Femin. 
-zän:  gaze  galze  heize  stolze  lunze  runze  warze  würze,  -zi:  wirz  würz. 
Adj.  -za:  holz  malz  stolz  swarz  kurz. 

b)  Der  Stammvocal  ist  zuweilen  syncopirt:  Masc.  -za:  krebz 
hirz  (hiruz)  simez  binez  dbiz  hornuz;  -zan:  lengeze  lenze,  Neutr. 
'Za:  obez.  -i-zja:  durch  dieses  Suffix  werden  theils  Nomina  actionis 
theils  Collectiva  gebildet,  wie  durch  idja  §  263  und  nd.  üja.  Die 
Bildung  ist  besonders  ripuarisch  häufig,  begegnet  aber  auch  sonst  md. 
a)  Nomina  actionis  mit  Übergang  in  den  Begriff  des  hervorgebrachten : 
geburgeze  (Bürgschaft.  Eberbach  n.  878).  geboze  (Gebäu.  Ennen  I,  44. 
Lac.  m,  420).  gebröchze  (Bruch.  Harff  238,  13).  gedingeze  (Henneb.  U. 
m,  139.  Eepg.  Gr.  85.  D).  gedeüze  (Paris.  Tagz.  767).  himelze  gehimtlze. 
gejageze  (Amsb.  ü.  1133).  gemcelze,  geremze  (Harff  19,  13).  geruofee 
(Pusilje  124).     gewulfze  (Wölbung.    Sei.  Tr.  68*.  220»».   Harff  31,  15). 


1)  Wackemagel   altd.  Pred.   S.  301.  Anm.    vermutete   für   diese 
Endung  -ate  roman.  Ursprung. 


261 

b)  Collectiva :  geherchze  gebirchs  (HarfF.  Cronica  40*.  gehirchte  127**).  §  266. 
gdfeifize  (Brev.  19ö.  Harff.  Kölner  Cronica).  vorgeburchze  (Harff  216,  35). 
gedierze  (HarfF.  Kölner  Cronica).  gevogelze  (Trier.  Ps.  77,  31).  gehundeze 
(Amsb.  ü.  1103).  gekomze  (Nordh.  Ges.  120).  gekräutze  {gekretze 
Annal.  Glogov.  a.  1473  Krautwerk).  geUnze  (Landschaft.  Harff).  gemürze 
(Hü.  I,  1138.  Harff).  gesteinze  (Sei.  Tr.  47*>.  Brev.  160).  Vgl.  Bech  in 
Uerman.  X,  395—398.   XIV,  431.  f.   XXH,  290-293.  , 

Adj.  -aza:  einez.    Fem.  -eizä:  ämeize,    -eizi:  erweiz, 

Adj.  -eizja:  agaleize. 

über  intensive  und  iterative  schw.  Zvr.  mit  Suffix  -z-  §  256. 

Das  Suffix  'js:-  dient  auch  zur  Bildung  zahlreicher  hyper- 
koristischer  Personennamen.  Es  schliesst  sich  an  den  Stamm 
des  ersten  Theils  des  ursprünglichen  Compositums :  zb.  Alhizo 
Hugizo  Sigieo  {%  für  a  und  u),  Bichua,  Beginjso ;  auch  kann 
dieser  erste  Theil  verändert  worden  sein,  zb.  Itegizo  Ebeza 
Imiza  (Irmintrut)  —  Luzo  Nizo  Tiezo  Uozo  Frizo  Volzo 
Hazo  Walzo  Ranzo,  Mazza  Bezo,  Sizo  Wezo  Änze,  Vgl. 
über  diese  Namensformon  Frz.  Stark  Die  Kosenamen  der 
Germanen.  Wien  1868.  S.  57.  f.  63.  75—90. 

Doppeltes  Suffix  -w  +  ^  •  Fem.  -n  +  ^^  *  vischenze. 

§  267.     Suffix  -5-  an  vocalische  oder  consonantische  §267. 

Wurzel  geschlossen: 

Msc.  -sa:  hals  vlans  grans  vlins  runs  zers  trefs  lefs  flähs  fuhs 
lühs.  'S  an:  turse  trefse  ohse  wahse.  Fem.  -sd  {sän):  gruose  wefse 
ohse  hdhse  egedehse.    Neutr.  -sa:  gras  fahs  sahs. 

An  vocalischen  Stamm  (ursprünglich)  geschlossen: 

Msc.  i  +  sa:  vels,  %  +  san:  egese,  Fem.  i  +  sd:  hüse  kebse 
öehise  (üehse).  Msc.  u  +  sa:  nickes,  Fem.  w-f  sa.*  nixe,  Doppel- 
snffix  -«  +  sa:  segense  sense. 

Im  Fränkischen,  besonders  im  ßipuarischen,  begegnen  im 
14  15.  Jh.  eine  Menge  schwache  persönliche  Feminina  in  -se, 
aus  Masculinis  in  -er  gebildet,  deren  volle  Endung  wahrschein- 
lich -esse  war  und  nach  J.  Grimms  Vermutung  Gr.  II,  328 
aus  rem.  -esse  entlehnt  ist.  Durch  Einfluss  des  r  gieng  -se 
oft  in  -sehe  über.  Nicht  selten  schliesst  sich  diesem  -se 
noch  das  weibliche  Suffix  -inne  an,  so  dass  eine  doppelte 
Suffigirung   an  dem    männlichen    Stamme    in   -er    ausgeführt 

wird.      Beispiele : 

burgerse   HU.  lU,  1173.    Lac.  III,  516.    Loersch  76,    burgersse 
I,  1261,    burgersen  I,  1067,    burgerssin  I,  721,    burgerschen  Mone  Z. 


262 

§  267.  VI,  15.  densersche  Sei.  Tr.  86^.  dienersche  Brev.  94.  vindersche  Brev.  87- 
frevelerschen  Mone  Z.  VI,  15.  noithelpersche  Brev.  137.  kamerersge 
Karlm.  211,  50.  kemherse  (WoUkämmerin)  Loersch  77,  kemherssche 
Ennen  I,  373.  cleigersche  Ennen  1, 181.  verkundersche  Kölu.  Cronica  3**. 
lerersche  Brev.  95.  meisterse  Hü.  in,  1242.  meistersin  1, 971,  meistirsen 
I,  889,  werkmeystirzsen  Böhmer  635,  meysterschen  HU.  I,  932.  vur- 
munderse  Ennen  1, 181.  noepperse  (attaminatrix)  Ennen  I,  376.  peUen- 
ersen  Alsf.  Sp.  1931.  prioerse  Höfer  H,  197,  priehe  Hü.  III,  1141. 
roubersche  IH,  995.  wijssagerse  Harff  29,  13.  wairsegersse  Kölner 
Cronica  160.  hisleifersche  Sei.  Tr.  180».  sundersche  Köln.  Cronica  145*'. 
tümerschin  Herb.  9303.  Selbst  werterschen  (Ehewirthin)  ward  gewagt 
(Mainz,  ürk.  v.  1325,  Höfer  H,  101),  ebenso  heveische  (Hebamme)  von 
hevel  =  hever,  Sei.  Tr.  156*;  und  auch  aus  Mannsnamen  bildete  dieses 
rheinisch  beliebte  Suffix  Weibemamen,  so  Gyaelerse,  die  Frau  des  Gy- 
seier,  Ennen  IH,  363  (Köln  1293). 

§  268.  §  268.     Häufig  im  ganzen  wurden  Substantiva  weibl,  und 

neutr.  Geschlechts  mhd.  durch  das  Suffix  nüsse  nisse  ge- 
bildet. Während  im  Ahd.  noch  die  Suffixe  issa,  ussa  ohne 
Yorausgehndes  n  erscheinen,  wenn  sie  auch  bereits  sehr  stark 
hinter  die  jüngeren  Bildungen  -nissa,  nassi  nissi  nussi  zurück- 
weichen, haben  die  obd.  und  md.  Denkmäler  der  mhd.  Periode 
nur  nüsse  nisse*  Es  sind  Ableitungen  aus  Nominal-  wie 
Verbalstämmen,  im  Geschlecht  zwischen  Femininum  und  Neu- 
trum sich  theilend  (Grundformen  Fem.  nissä  nissm,  Neutr, 
nissjä),  die  gewöhnlich  ein  Sein  oder  einen  Zustand  bezeichnen,, 
seltener  eine  aus  dem  Zustand  entspringende  Handlung.  Über 
das  Suffix  vgl.  Sievers  in  Paul-Braunes  Beiträgen  V,  140.  L 
Kögel  ebd.  YII,  181.  ff.  v.  Bahder  die  Verbalabstracta  109.  ff, 
—  Oberd.  wird  der  Vocal  u,  umlautend  w,  vor  dem  ss  vor- 
gezogen, md.  i.^)  Bei  den  obd.  Dichtern  des  12.  13.  Jh.  ist 
dieses  Suffix  nicht  beliebt,  manche  wie  Gotfried  von  Strass- 
burg  meiden  es,  auch  in  der  Nibelunge  Not  begegnet  es  nicht. 
Die  md.  Dichter  lieben  es  mehr;  besonders  häufig  aber  ward 
es  wegen  der  Fähigkeit,  abstracte  Begriffe  sprachlich  aa»- 
zudrücken,  von  den  theologischen  und  philosophischen  Schrift- 
stellern des  14.  15.  Jh.  benuzt. 


^)  So  liest  Iw.  A  1131  ihrem  Dialect  gemäss  vancnisse,  Iw.  BI> 
oanchnusse.  Johann  von  Frankenstein,  der  Schlesier,  gibt  in  seinem 
Kreuziger  dem  Suffix  -nus  unter  Einwirkung  des  Wiener  Dialects  melur 
Raum  als  dem  -nis,   KhuU  über  die  Sprache  Joh.  v.  Frankenst,  S.   14. 


263 

Das  grammatische  Geschlecht  des  Suffixes  lässt  sich  nicht  §  268. 
überall  erkennen,  da  die  Endung  e  auf  a  oder  t  fuhren  kann 
und  dasselbe  Wort  gewöhnlich  im  Fem.  wie  im  Neutrum  vor- 
kommt.   Schon  bei  Hartmann  im  Erec  und  in  Wirnts  Wigalois 
begegnen  die  verkürzten  Formen  in  -nus  (Lachmann  zu  Iwein 

1131,  Haupt  zu  Erec  9631).  —  Einige  Belege: 

-nisse:  verbuntnisse  erhattn,  verdamn.  dinstern.  bedütn.  geväln. 

vancn,  irvam,  vinstern,  enphencn,  irfuntn.  begancn.  vergiftn.  behegn, 

gehencn.  hindern,  gehugn.  irrn,  bekantn.  gelichn,  liepn.  phlegn.  ent' 

qukken,  vorrcßtn,  nuwen.  beruomen.  scafn,  geschefn.  beschirmn.  senften. 

hespotn.  gestcUtn,  stiln.  vorstöm.   besuochen,  beswern,  (Beschwörung). 

getrogn,   betruobn,    twern.   betwingn,   ubeln.   gewepn,   wiltn,   zoübern. 

gezucnisse. 

-nus 86  nüsse:  verdamnusse  verdroznusse  vancnüsse   gdbnusse 

hehältn,  erkantn.  kummern.   liebnusse  (Böhmer  214)  verlorn,  gestüpn, 

besuochn.  (Versuchung)  trügen,  geziugn.  verziehnüsse. 

Von  altem  -nesse  (nd.  beliebt)  zeigt  sich  eine  Spur  im 
thüring.  hindirnesse  (Höfer  II,  18). 

An  gekürztes  -ntis  tritt  obd.  epithetisches  t;  selbst  im 
Reim  werden  von  späteren  diese  Formen  gebraucht,  so  reimt 
Walther  v.  Rheinau  97,  27  übergangnust :  gelust. 

§  269.     Suffix  'U  tritt  fast  ausnamslos  an  vocalischen  §269. 
.  Stamm  in  *a  -i  (ja)  -u.     Diese   Vocale    sind   mit   Ausname 
des  Doppelsuffixes    -sal    mhd.    zu   e   geschwächt ;    altes    ila 
verrät  sich  aber  in  vielen  Fällen  noch  durch  den  Umlaut  des 

Wurzelvocals. 

Msc.  -ala  -ula  =  mhd.  el:  a)  lebende  Wesen:  karl  —  vogel 
humbel  gisel  goumel.  b)  Abstracta :  mangel  wandet  zadel  zivivel.  c)  un- 
persönliche Nomina  agentis:  angel  bieget  brangd  hamel  snabd  stivel 
sprizel  stadel  Staffel  wadel,  —  gebel  hagel  haspel  nabel  nagel  nebel 
satel  schamel  sedel  stcthel  tobet.  —  Neutr.  -a2a:  adel  vasel  lamel 
mal  (mahel)  wasel  segel  spreckel  ruodel  stuodel.  —  Fem.  -alä:  sele, 
ahsel  buckel  dehsel  vackel  gabel  hasel  hatel  (Geiss,  im  Beim  zu  satel 
Renner  2477)  wahtel  nädel  spenel  swegel  trendel  zwisd  schuf d  —  Staffel 
semel  quenel  nezzel  ttcehel  wisel  gurgel  spurkel  wurzel, 

Adj  ect.  -ala:  berhtel  ägezzel  gogel  behagel  (md.  nd.)  itd  krumpel 
stechd  sticket  swankel  triegel  tunket  wadel  warbel.   -alja:  edel  frevel. 

Doppelsuffix  'is-al,  Masc.  -isala:  wehsd,  gruozsäl  (Wemh. 
166,  8),  trüebesal  (Myst.  I,  317).  —  Fem  in.  -isatä:  nuwescU  (Serv. 
2694.  3020).  4 salin:  irreseli  sumeseli  (Griesh.  Pr.  149.  146).  Am 
häufigsten  sind  Neutr.  in  -t»aZa:  (shtesal  bruotesal  chuntesal  (Sumerl.) 


264 

§  269.  gedwengesaH  {gettcancsaX)  flühtesäl  giversal  (Elis.  3570)  griuwesäl  irsal 
kummersdl  labesal  muogesal  {müesal)  pfrangs,  tobes,  zi^hts,  zuntes. 
zwide8al(E\i8.)  —  isalja:  lemdse  köln.  Sachsp.  n.  16,  3  (im  ndsächs. 
Text  lemnisae), 

Msc.  'ila,  Nomina  agentis,  a)  persönlicher  Art:  büel  breckel 
(fridebr.)  briuwel  bü/rgel  bütel  dörpel  drahsel  eninkd  äbervengd  friedet 
gengd  grübet  göumel  hirtel  (Jerosch.)  igd  köufel  löufd  vorreisel  seheffd 
(scabinus)  schiuhd  üzsetzel  sprenzel  vortenzd  tregel  treibel  tmdertribel 
triegd  hortübel  tceibel  toergel  voibd  mael  icinzuril  (aus  vinitor  geformt) 
zogd,  'ilan:  sidel  griuwd  (griüle)  kützd.  b)  unpersönlicher  Art: 
bengd  bendel  biegd  biutel  britel  buhel  dremd  druzzel  eckd  enkel  vezzd 
vlegel  griffd  grindd  gürtel  hiniel  kegel  kiuwd  Tdeckel  knebel  knottfd 
knütel  kröwel  leffd  meizel  menel  nüschel  reizet  ridel  risd  schenkd 
schübd  schütel  seigel  düzd  spedel  sprenget  spräzzd  stempfei  stigd 
strigd  stumet  stützet  swengel  swubet  twirt  wedel  weizd  winket  würfet 
zeppet  zwicket  züget  zündet,    4t an:  ermet  krüset  tümpfd. 

Neutr.  'ita:  bihd  (bil)  gouget  sprinket  wefet,  -ilja:  samen- 
trugete  (symbolum  Haupt  Z.  VIII,  141). 

Fem.  -ilä  4t an:  drischet  eichd  höhet  hecket  hiufet  iuwd  (iule) 
langet  nestd  niftet  riutet  schüzzel  sichet  siuwele  {siute  Pfriem)  spin$id 
sprindet  stiget  stupfet  sturzd  windet  worbet, 

Adject.  'ita:  dürJ^et  veset  krieget  michet  mittet  genuogil  (Köditz 
8,  30)  swankd  timet  (Montfort)  übd  wadet  zwischd. 

§270.  §  270.     Eine  besondere  Stellung  unter  den  mit  -Z-  ge- 

bildeten Substantiven  nehmen  die  Deminutiva  ein.  Aus 
jejiem  Subst.  kann  durch  das  Suffix  -ila  -üja  ein  neutrales 
Deminutiv  gebildet  werden ;  wenigstens  thun  dies  die  oberd. 
Dialecte,  von  den  md.  neigen  sich  nur  der  meissnische  und 
schlesische  dazu.  Die  volle  Form  -ili  (ilja)  bewahrte  das 
Alemannische  noch  in  mhd.  Zeit  zuweilen,  wie  die  Plur. 
vischeliu  vogeliu  kindeliu  kömliu  tüechliu,  ebenso  die  Schweiz. 
Demin.  in  -U  Gen.  Us  bezeugen.     AGr.  §  270. 

Die  gewöhnliche  mhd.  Form  dieser  neutralen  Deminutiva 
ist  -el;  sie  wird  auch  von  den  Dichtern  gern  gebraucht,  unter 
den  mitteldeutschen  am  häufigsten  von  Heinrich  von  Freiberg. 

Einige  Belege:  beind  btuomet  brüstet  buochet  diechd  vlänsel 
vriuntd  vunkd  gränset  hatmd  hendel  kindd  krenzet  tembd  mmnel 
mundd  muomet  röckd  rössd  schiffet  sitzet  sunet  tierel  tiubel  tockei 
triebet  wempet  wenget  wurmet.  —  Von  Abstractis  führe  ich  an :  gdüstel 
j.  Titur.  224, 4.  HTrist.  714.  prisd  HTrist.  3557.  schedd  Rabenschi.  419. 
wenket  MSH.  1,  113*».    Vgl.  auch  umbebticket  Laber  J.  497. 


265 

Nach  Substantivßtämmen  in  -er  wird  der  Vocal  syncopirt :  §  270. 
vingerl  BGr.  §  243.    tohterl  Neith.  ß.  22,  9.    Dazu  entstunden 
unechte  Analogiebildungen  im  Bairischen  schon  seit  dem  13.  Jh., 
vgl.  beischerl  Helbl.  1,  1014. 

Durch  dasselbe  Suffix  t  -f  ^"  werden  aus  männl.  und 
weiblichen  Personennamen  zahlreiche  hyperkoristische 
Namen  in  ilan,  ilän  (ilo,  ila  mhd.  el,  de)  gebildet,  indem  das 
Suffix  theils  an  den  voll  erhaltenen  theils  an  den  veränderten 

ersten  Theil  des  componirten  Namens  trat. 

Oberdeutsche  Beispiele :  M  a  s  c.  Sigel  Merkel  Wigel  Hetel,  Dietzel 
Heinzel  Küenzeh  —  Fem.  Berhtel  Gisel  Jiutei,  Diemel. 

Mitteldeutsche  Beispiele  (aus  wetter.  Urkunden)  Masc.  Gumple 
Happele  Henkle  Markle.  —  Fem.  Fickele  Gisle  Hebele  Concele  Merkele 
Sippele. 

§  271.    Das  Suffix  -r-  schliesst  sich  im  Ahd.  an  Stämme  §271. 
m  a  i  u;   mhd.  finden  wir  natürlich   mit  geringer  Ausname 
-er  als  Form  dieses  verbreiteten  Bildungsmittels. 

Mse.  -ara:  acker  anger  eher  eter  vinger  gater  hader  hamer 
hover  jämer  klüter  (md.)  sumer  slummer  spelter  (spliter)  tener  (palma. 
vola)  Werder  wider  imwcher  zäher  zouher,  -aran:  hoher  kever  schiver. 
-ura:  swäger  sweher. 

Sehr  zahlreich  sind  die  Bildungen  von  Nominibus  agentis 
durch  a-rja  aus  primären  und  secundären  Verbal-  und  Nominal- 
stämmen. Diese  Endung  lautete  im  Got.  areis,  alts.  ags.  ere ; 
im  Ahd.  stehn  ari  und  äri  neben  einander,  in  den  verschie- 
denen Schriftwerken  mit  verschiedener  Erscheinung :  im  Isidor 
findet  sich  nur  m,  im  Tatian  kommen  eri  und  äri  vor,  Otfried 
hat  ari  und  äri,  Notker  nur  äre.  Mhd.  gelten  dem  entsprechend 
ere  und  tjere  neben  einander.  Wie  schon  ahd.  sich  beobachten 
lässt  (namentlich  bei  Otfried),  wirkte  die  Quantität  des  Stammes 
auf  die  Quantität  des  Suffixes :  hatte  der  Vocal  desselben  den 
Nebenton,  so  ward  er  tonlang;  bei  Unbetontheit  blieb  er  kurz. 
Die  Dichter  ziehen  des  Reimes  wegen  das  vollklingende  -cere 
(bei  Österreichern  vom  Ende  des  13.  Jh.  €er)  vor.  In  Prosa 
und  der  Umgangssprache  überwog  die  Form  ^er, 

a)  aus  Verbalstämmen:  aehtcere  bad.  becker  briuwer  bietcere  dien, 
felsch,  fluoch.  folg.  frier  giler  hazztsre  heil.  helf.  huot.  jeg.  unkiuscher 
macheere  moHer  minn.  merk,  mord,  münz,  nid,  pfend,  riht,  rit,  riuw. 
raub,  schepf.  seng,  slich.  smeich.  snid,  snurr.  wetersorg,  spil.  stmd. 


266 

§  271.  tiht.  trieg»  touf.  turn,  tusch,  twing»  wall,  wescher,  —  betelare  bregler 
(Kenner  1158)  videl,  gisel.  goukel,  hechd.  itel,  lechel.  martd.  metzd. 
wehsd,  wispeh  wurfel. ;  velschelare  hordel,  köufel.  listel,  tenzel.  tüttelare. 
—  lusemer.  —  harmencere  glthsencere  schaffenare  smeichencere.  — 
senedcere,  —  snarrenzare.  —  klingescere  riuwestere  ruomescBre  ge- 
waltescere.  —  gewcätigtere. 

b)  aus  Nominalstämmen:  bihttere  burgtere  vamere  (vener)  vorst 
vreiser  hört.  huob.  knoter  (Jerosch.)  krdmer  kunster  lower  mdd,  obzer 
schilt,  schuökere  —  eselare  slüzzel.  schamelcere  (Apollon.  186)  übdare 
gädeml.  törlcsre.  —  havencere  kürsen.  lachen,  lügen,  pfragen.  trugen, 
wagen,  wäpencere,  bogencere  vnlken.  garten,  kesten.  kirchen.  klosen, 
loden.  muln,  wochenare,  huobner  keUener  (kdner)  marmere  pherner 
(parochus)  ülner  (Töpfer)  walden.  wilden,  zolner.  —  kamercere  ledercsre 
lu>oder.  wunder,  wuocher.  zoubercere  —  behendegcere. 

Die  sachlichen  Mas c.  in  'Cere,  -er  sind  Lehnworte,  die 

sich  der  deutschen  Form  anschmiegten,  oder  sind  Nachbildungen 

wie  buckelcere. 

kerkenare  (Rother  o.)  pfetercere  trahtcere  (tr echter)  zentenare.  — 
karner  keller  kerker  morser  pfiler  sehter  soler  spicher  ujier  wiler. 

Sachliche  Fem  in.  -arä  und  -arän: 
veder  vezzer  heher  leber  riester  schulter  slenker. 
Feminina  in  arjä,  den  männl.  Nomin.  agentis  in  arja  ent- 
sprechend und  im  Alid.  vorhanden,  hat  das  Mhd.  nicht,  sondern 
es  zog  der  Deutlichkeit  halber  vor,  eine  weitere  Bildung  durch 
-inne  aus  jenen  Msc.  in  -{ere,  -er  herzustellen,  §  274. 

Neutr.  -ara: 

eiter  leder  leger  luoder  süber  wazzer  zerper  zimber. 
Neutr.  in  -arja  erscheinen  nur  in  den  aus  neutr.  Subst. 
in  ara  abgeleiteten  CoUectivis  wie  geligere  gewitere. 

Adj.  ara: 

bitter  heiter  kleber  lecker  lüter  mager  mitter  schecker  sdtite^' 
seiger  sicher  (urspr.  -ur)  swanger  tiger  (nd.  deger)  timber  zanger. 

§272.  §  272.     Eine  Anzahl  Nomina  werden  durch  das  Suffix 

tar  gebildet,  es  sind  Nomina  agentis.  Im  German.  gehören 
die  Verwantschaftsnamen  vatcr  bruoder,  muoter  swester  tohter 
hierher;  ferner  vielleicht  winter  und  das  schw.  Msc.  hamster 
(euphon.  s  vor  tar  an). 

tar  ist  wol  auch  anzusetzen  in  den  Adj.  glander  bister 
(md.,  t  vor  t  sibilirt),  ferner  in  gelster  dinster  finster 
winster. 


267 

Das  Suffix  tra  bildet  sachliche  Nomina  meist  instru-  §272. 
mentaler  Bedeutung,  ausserdem  einige  Abstracta.  Sachliche 
Bedeutung  ist  sichtlich  in  den  Neutr.  vluoder  viioter  horter 
körder  ruoder,  den  Fem.  (Sufif.  trä)  oder  blätere  hader  hdlßer 
leiter  muolter  riester  riter  (Sieb).  Abstracta  sind  alter  lahter 
(in  gelehter)  gehilder  und  mit  eingeschobenem  s :  galster  lasier 
(aus  lahster).  Ferner  gehören  wahrscheinlich  hierher  weter 
wunder,  holster  (aus  holstern  stolpern  HTrist.  2910  zu  ziehen), 
vielleicht  auch  das  Msc.  doner  (donder). 

§  273.     Suffix  -n-  §273. 

Masc.  -na:  am  harn  zorn.  ^nu  dorn,  -nan:  steme,  -ana: 
degen  hagen  haven  morgen  oven  raben  regen  trahen  wagen.  Neutr. 
-na:  harn  hörn  körn,  -nja:  hirne.  -ana:  bouchen  isen gamen  lachest 
lehen  tcäfen  icolken  zeichen.  -Jana:  eilen  {aljan).  Adj.  -ana:  eben 
offen  tougen  trucken,  -nj  a :  kleine  reine  grü^ne  schoene,  gerne  virne. 
Ferner  bildete  das  Suffix  a-nja  die  germ.  Infinitive. 

Durch  das  Suffix  -na  werden  auch  die  Partie.  Per  f. 
Pass.  aller  st.  Zw.  im  Germ,  gebildet,  das  Suffix  schliesst 
sich  dem  Stammvocal  a  an. 

Eine  besondere  Bedeutung  gewann  das  Suffix  -na  in  der 
Function  zur  Erweiterung  der  nominalen  Stämme  in  a.  Es 
entstunden  in  ältester  Zeit  schon  eine  Menge  Nomina  agentis 
in  -ana  parallel  mit  den  Nomina  agentis  in  -a.  Ganz  beson- 
ders wichtig  ward  dies  Suffix  für  das  Adjectiv,  indem  es 
jedem  Adjectiv  in  -a  antreten  konnte,  um  dem  Adjectiv  sub- 
stantivische Bedeutung  zu  verleihen.  In  späterer  Zeit  ward 
diese  Substantivirung  mit  der  Vorsetzung  des  Demonstrativs 

(bestimmter  Artikel)  vor  das  Adjectiv  verbunden. 

H.  Osthoif  zur  Geschichte  des  schwachen  deutschen  Adjectivums. 
Jena  1876. 

Das  Suffix  -na  bildet  ferner  Ortsadverbia  wie  dah  hin, 
oben  niden  uzen  verren  wUen  ästen  westen  norden  Süden, 
dannen  hinnen  ennen  wannen  innen,  samen. 

§  274.     'ina   ist   Suffix   in   trehtin   Nbf.   trohtin;    der  §274. 
Suffixvocal  wird  hier  sowol  gedehnt,  zb.  trehtin :  min  Orend. 
2813.  Flore  2242  :sin  Trist.  2665,  als  geschwächt,  zb.  trehten 
:vehten  Iw.  4775.  Orend.  1706    :  rehten  Glaub.  758.     Suffix 
'inä  erscheint  in  dem  Fem.  lugene  lügen. 


2r 

§  271.  UM.  trieg.  touf,  tum.  tusch,  tv  nlicher    weiblicher  ^ 

(Kenner  1158)  videl    gisd    gr  .  ^^^^    ^^^ 

wehsei.  wispel.  wurfel.  \  velsc'  ^ 

-   lusmer.   -   harmm^  .  dreifache  F^ 

senediere.   —    snarrenzr^  \  ^'  Form  t- 

wcdtesißre.  —  gewaltig^  J   ^  b  das  ' 

b)  aus  Nominp?  *    --    ^  ie 


schilt,  schudlare  j  \    "*■ 
gädeml  tdrlaer'  >  ^ 


na 
.ae  brau 


loden.  mul  ,  im  Iwein  inn^ 

(parochn«^  .onbach  und  Wirnt  von  c 

luoder.  ^^^^  ^^jj^  Türlein,  Heinrich  von  Jbi 

^dchenbach    die    drei   Formen    neben    einandt. 
^^^  on  Wirzburg  und  der  Dichter  des  Passionais  brauchen 

^t;  und  in,  Stolle  inne  und  in,  Walther  v.  d.  Vogelweide 
inne,  einmal  in;  Reinmar  von  Hagenau  in,  einmal  inne.  Hug 
von  Trimberg  verwendet  im  Reim  immer  in.  Die  Mittel- 
deutschen erlauben  sich  auch  die  geschwächte  Endung  -en 
im  Reim,  zb.  lidigiren  (;  seren  Pilat.  99),  clüseneren  (;  meren 

Blis.  6479). 

Einige  Beispiele  aus  der  unbegrenzten  Zahl  zur  Vertretung  der 
Arten:  gestinne  gotinne  maginne  (Elis.  5368)  mrtinne  wülfinne;  vür- 
stinne  herzoginne  gravinne  hempfinne  (Pass.)  rätgebinne  maninne  (luna) 
geseUinne  (Lac.  m,  346)  und  selbst  gellinne  (Herb.  16359)  aus  dem 
weiblichen  gelle  (aemula),  so  wie  triutinne  (dem  Yolksepos  namentlich 
angehörig),  durftiginne  Kalskr.  82,  9.  stumminne  Megenb.  15,  3.  — 
välandinne  viendinne  vriundmne,  menninne  (virago)  dienstmenmnne 
(Heinr.  v.  Neustadt  Apollon.  18145).  —  küneginne.  mzaginne;  arzatinne; 
esdinne.  Namentlich  werden  die  Feminina  zu  den  Masc.  agent.  in 
-are  -er  durch  dieses  Suffix  hergestellt,  also  u.  a.  gebieterinne  bur- 
gerinne  rüegerinne  lidigerinne  meisterinne  minnerinne  senedcerin  be- 
sliezerin  sündarinne  gewalterinne  zouberinne  u.  s.  w. 

Suffix  ina  bildet  ferner  eine  grosse  Zahl  von  Adjec- 
tiven  der  Eigenschaft,  besonders  den  Stoff  bezeichnend.  Im 
Deutschen  tritt  das  SufRx  in  der  Regel  gedehnt^  als  in,  auf, 
obwol  auf  bewahrte  alte  Kürze  des  i  die  geschwächte  Form 
en,  die  obd.  und  besonders  md.  nachweisbar  ist  (blien  :  eien 
En.  9928.  glesen  :  gelesen  Alex.  3399.  gülden  :  schulden 
Secund.  66.    steinen :  weinen  En.  2230.   :  geweinen  Lamprecht 


"x 


s. 


271 


^m\l 


^e^den :  be 
steht   eher 
^as  neben  -^nus 

a)  Eigenschaft 
vidlin. 

■^Itoff  zb 

^  6/ 


§276. 


4. 
.9 

1 


^    c 


^  öer  die  schw.  x 
üutiva  in  4n,  -Un  §  282. 

Suffix  'Si  +  wa:  üehst,. 

Suffix  -ar  +  wa:   Msc.  ftuc 
Fem.  dierne  (diwarnä). 

Das  Adj.  nüehtern   ist  wahrscheinlich 
nocturnus. 


^geschwächt  zu  i  oder  w)  sich 
:  .  ist  der  Nasal  sehr  alt,  wie 
chen  Suffixes  -inkas  und 
'  Vocalismus  I,  83.  106). 
■  '^hen  der  Nasal  durch 
'  '  eint  schon  ahd.  neben 
,  in  auch  namentlich 
findet  sich  schon 

r 

.  ^     erst  im  14.  Jh. 
,   ^anc   erhalten, 


s  abgeleitet: 

309  Mainz, 

nc  heUinc 

Terosch. 

vrem, 

deii- 

nc. 


Gutturale  Suffixe. 
§  275.     Suffix  -g-. 

Bei   unmittelbarem  Anschluss    des  g    an   vorausgehnd 
Liquida  ist  die  Sufifixnatur  desselben  fraglich ;  l  und  r  können      ' 
durch  Metathesis  in  den  Wurzelauslaut  versezt  sein,   wie  in 
arg;  bei  ng  ist  der  Nasal  secundär  und  der  Guttural  zuweilen 
\        zur  Wurzel  gehörig   wie  in  fang  hang  slinge,  wol  auch  in 
ring.     Es  folgen  daher  hier  nur  eine  Reihe  Worte  mit  lg- 
ng-  rg-  im  Stammauslaut,   ohne  dass  über  die  Natur  des  g 
entschieden  werden  soll. 

Masc.  balg;  gcdge.  — -  drang  fang  gang  klang  sang  sträng  ring 
urspring  berg  twerg  schür g,  —  Neutr.  marg,  wange.  Fem.  volge 
mnge  zunge  sorge  zarge. 

Adj.  lang  jung,  enge  strenge.  —  arg  karg  kurg  murg, 
^     An  vocalischen  Stamm  schliesst  sich  das  Suffix  -ga  sehr 
zahlreich  zur  Bildung  von  Adjectiven ;  es  sind  meist  Nominal- 
stämme, aus  denen  diese  Ableitungen  geschehen,    a-ga  ist  die 
älteste  thematische  Form,  das  a  schwächte  sich  zu  e  und  i ; 
von  der  im  Got.  neben  -a^r-  zahlreich  vorhandenen  gedehnten 
Endung  -ig-   ist  hd.   keine  sichere  Spur.     Die  mhd.  Dichter 


268 

§274.  Eine   sehr   grosse  Menge   persönlicher   weiblicher   Subr 

stantiya  bildete  das  Suffix  -anjä  (innä  inne)  aus  persönlichen 
Masculinis.  Im  Mhd.  hat  dies  Suffix  dreifache  Form :  inney 
gekürzt  in,  gedehnt  in.  Die  einsilbige  Form  trat  zuerst  im 
Nom.  Sg.  ein ;  wo  sie  sich  festsezte,  blieb  das  Wort  unflectirt. 
Die  Dichter  brauchen  nach  Bedürfnis  die  eine  oder  andere 
Form :  im  Gr.  Rudolf  und  im  Orendel  wird  inne  und  in 
gefunden;  in  der  Nibelunge  Not  in  und  in  im  Reim,  in  der 
Gäsur  auch  inne;  Hartmann  von  Aue  braucht  im  Free  über- 
wiegend in,  daneben  auch  inne,  im  Iwein  inne  in  in ;  ebenso 
haben  Wolfram  von  Eschenbach  und  Wirnt  von  Grävenberg, 
Heinrich  und  Ulrich  von  dem  Türlein,  Heinrich  von  Freiberg, 
Ulrich  von  Eschenbach  die  drei  Formen  neben  einander. 
Konrad  von  Wirzburg  und  der  Dichter  des  Passionais  brauchen 
inne  und  in,  Stolle  inne  und  in,  Walther  v.  d.  Vogelweide 
inne,  einmal  in;  Reinmar  von  Hagenau  in,  einmal  inne,  Hug 
von  Trimberg  verwendet  im  Reim  immer  in.  Die  Mittel- 
deutschen erlauben  sich  auch  die  geschwächte  Endung  -en 
im  Reim,  zb.  lidigeren  (;  s&ren  Pilat  99),  clüseneren  (:  meren 

Elis.  6479). 

Einige  Beispiele  aus  der  unbegrenzten  Zahl  zur  Vertretung  der 
Arten:  gestinne  gotinne  meeginne  (Elis.  5368)  toirtinne  wulfinne;  vür- 
stinne  herzoginne  grcemnne  kempfinne  (Pass.)  rätgebinne  mceninne  (luna) 
geseUinne  (Lac.  III,  346)  und  selbst  geUinne  (Herb.  16359)  aus  dem 
weiblichen  gelle  (aemula),  so  wie  triutinne  (dem  Volksepos  namentlich 
angehörig),  durftiginne  Eaiskr.  82,  9.  stumminne  Megenb.  15,  3.  — 
välandinne  viendinne  vriundinne,  menninne  (virago)  dienstmenninM 
(Heinr.  v.  Neustadt  ApoUon.  18145).  —  küneginne,  totzaginne;  arzcUinne; 
esdinne.  Namentlich  werden  die  Feminina  zu  den  Masc.  agent.  in 
'{Bre  -er  durch  dieses  Suffix  hergestellt,  also  u.  a.  gebieterinne  bur- 
gerinne  rüegerinne  lidigerinne  meisterinne  minnerinne  senedarin  be- 
diezerin  sündtßnnne  gewalterinne  zovberinne  u.  s.  w. 

Suffix  ina  bildet  ferner  eine  grosse  Zahl  von  Adjec- 
tiven  der  Eigenschaft,  besonders  den  Stoff  bezeichnend.  Im 
Deutschen  tritt  das  Suftix  in  der  Regel  gedehnt^  als  in,  auf, 
obwol  auf  bewahrte  alte  Kürze  des  i  die  geschwächte  Form 
en,  die  obd.  und  besonders  md.  nachweisbar  ist  (blien  :  eien 
£n.  9928.  glesen  :  gelesen  Alex.  3399.  gülden  :  schulden 
Secund.  66.    steinen  :  weinen  En.  2230.   ;  geweinen  Lamprecht 


269 

S.  3356.  weiden  :  bescheiden  Alex.  158)  noch  hindeutet     Im  §  274. 
Sanskr.   steht   ebenso  ina  und  ina  neben  einander,    im  lat 

tnus  neben  -nus,  Bopp  vergl.  Gr.  §  835.  f. 

a)  Eigenschaft  überhaupt  zb.  undurftin  froutvin  fnefmin  wtbin 
widvin  moUn. 

b)  Stoff  zb.  oXberin  ahormn  abkampen  (Apollon.  15181)  bastin 
biimn  bligin  bliumUn  buckin  durnin  distelin  eicMn  eichumtn  escMn 
erin  vdsin  visehin  vitirin  vuhsin  glesin  gtddin  hterin  haberin  henmn 
hesin  hülzin  hundin  humin  irdin  iserin  iwin  keilber.  kupfer,  leim, 
lember,  lider,  linin  luhs,  marmel,  merder.  pelz,  pfeü,  purper.  rinder, 
sch<ef,  achirb,  sid.  süber,  stein,  stehet,  tennin  weit,  wehs,  %ourm,  zobdin. 

Über  die  schw.  Fem.  in  in  §  462,  femer  über  die  Demi- 
nutiva  in  -in,  -Un  §  282. 

Suffix  'Si  +  nä:  üehsene, 

Suffix  -ar  -f-  na:  Msc.  büern  ^witern.  Neutr.  isem 
Fem.  dierne  (diwarnä). 

Das  Adj.  niiehtern  ist  wahrscheinlich  entlehnt  aus  lat. 
noctumus. 

Gutturale  Suffixe. 

§  275.     Suffix  -jr-. 

Bei  unmittelbarem  Anschluss  des  g  an  vorausgehnde  §275. 
Liquida  ist  die  Suffixnatur  desselben  fraglich ;  l  und  r  können 
durch  Metathesis  in  den  Wurzelauslaut  yersezt  sein,  wie  in 
arg ;  bei  ng  ist  der  Nasal  secundär  und  der  Guttural  zuweilen 
zur  Wurzel  gehörig  wie  in  fang  hang  slinge,  wol  auch  in 
ring.  Es  folgen  daher  hier  nur  eine  Reihe  Worte  mit  lg- 
ng-  rg-  im  Stammauslaut,    ohne  dass  über  die  Natur  des  g 

entschieden  werden  soll. 

Masc.  balg;  galge,  —  drang  fang  gang  Mang  sang  sträng  ring 
urspring  berg  twerg  schür g,  —  Neutr.  marg,  wange,  Fem.  völge 
Zange  zunge  sorge  zarge, 

Adj.  lang  jung,  enge  strenge,  —  arg  karg  kurg  murg, 

»  An  Yocalischen  Stamm  schliesst  sich  das  Suffix  -ga  sehr 
zahlreich  zur  Bildung  von  Adjectiven ;  es  sind  meist  Nominal- 
stämme,  aus  denen  diese  Ableitungen  geschehen,  a-ga  ist  die 
älteste  thematische  Form,  das  a  schwächte  sich  zu  e  und  i ; 
von  der  im  Got.  neben  -ag-  zahlreich  vorhandenen  gedehnten 
Endung  -ig-   ist  hd.   keine  sichere  Spur.     Die   mhd.  Dichter 


i 


270 

§  275.  brauchten  -ec  und  -ic  neben  einander  (Lachmann  z.  Iwein  651, 
Haupt  z.  Engelh.  2647);  ic  wirkte  Umlaut  durch  Kraft  der 
Analogie,  i)     Beispiele : 

a)  Ableitungen  von  Subst.  bennic  hlest.  hluot.  hruot.  erhünst.  hurt, 
gehurt.  (Kristherrekr.  51*)  demüet.  diuh.  dürft,  dum.  durst.  gevcsr. 
vell,  gotic  vliz.  flüht.  flüzz.  forht.  freid.  frost.  fürht.  fürt,  giht  gir. 
git.  einvert.  gras.  grit.  grüez.  heil.  hend.  gehulf.  gehuht.  hunger.  üec 
jämer.  j(er,  klaff,  kumft.  unkust.  leid,  louft.  gelust.  mäht.  mal.  nuBZ. 
med.  minn.  mord.  morgen,  muor.  muot.  müez.  gentsd.  nid.  not.  genvM. 
vemumfi.  unpfent.  räm.  rtet.  riht.  rit.  rimc,  ron,  rouh,  runs.  ruom. 
geruow.  scel.  schall,  schem.  sehend,  schimel.  schuld,  gesdl,  ser.  siun. 
slim.  widerspcBu.  spür,  stiur.  strit.  süht.  sünd.  sweiz.  taet.  teil.  tod. 
touwec  geturst.  trur.  ulm,  gewalt.  wazzer.  ivilL  winter.  tüitz.  wuot.  zäh 
zit,  zorn.  zühtec. 

b)  von  Adjectiven :  blüdemec  gebög.  virr.  vollec  vruot,  güet.  kund, 
michelic  meist,  durhnehtec  reinec  unschelb.  slew.  spitz,  stat.  süez.  tödem. 
üppec.  —  herhaftec  diensth.  ehaft.  schälch.  teüh.  tiuvelh.  wandelh. 
wärh.  zagehaftec. 

c)  von  Participien:  bluotendic  hrinnend.  büezend.  ezzend.  gebend, 
glüend.  habend,  hebend.  (HU.  1, 1083. 1203)  krädemend.  lebend,  legend, 
sinkend,  siufzend.  sldfend.  stinkend,  spehend.  tobend,  wcddend.  wallend, 
wellend,  wüetendic.  —  undertcenic,  susddnig  (Cronica  100).  Vgl.  über 
diese  Partie,  sowie  über  ihre  md.  Form  ending,  -ening  Bech  in  Germ. 
XXVI,  271.  ff. 

d)  von  Verbalstämmen:  erbarmic  birec  enbunnic  beväh.  gevölg. 
glüejic  hand.  heb.  hoff,  gehoer.  bekenn,  beker.  gelang,  leb.  lidec  ledec 
geleit.  mid.  vermüg.  genenn,  genig.  bescheff.  sen.  slipf.  siufz.  snuiht. 
sntd.  hinderstell,  vertrag,  betreht.  trink,  weig.  well.  wend.  erwirbec. 
Aus  der  3.  Sg.  Pr.  ist  bilden  die  Mystiker  (Eckart,  Heinr.  v.  Nördlingen) 
istic  =*  essentialis,  istikeit  essentia. 

e)  von  Adverbien  und  Präpositionen :  gestric  morgenie  übernehtic. 
—  cenec  überec.  —  iezec  (Erlös.  1912). 

f)  von  Zahlworten :  einec  zweiec  driec.  —  vierdec  (Berth.  I.  401, 2). 

Aus  diesen  Adj.  in  -ec  -ic  wurden  schwache  Zw.  abgeleitet 
wie  hundegen  ledigen  stcetegen  scelegen,  welche  zu  Analogie- 
bildungen führten  wie  hriuisigen  muotmä^igen  erübrigen 
reinegen  ersiufisegen,  die  indessen  erst  in  der  späteren  mlfd. 
Zeit  häufiger  werden. 


4  Die  md.  Dichter  lieben  die  Adj.  in  -ec  nicht  und  ziehen  die 
Zusammensetzungen  mit  -liehe  vor,  vergl.  W.  Grimm  z.  Athis  D.  97. 
Lichtenstein  Eilhart  liSXXIII. 


J 


271 

§  276.     Suffix  -ng-,  §276. 

In  dem  an  Stämme  auf  a  (geschwächt  zu  i  oder  ü)  sich 
anschliessenden  Suffix  -nga  -ngä  ist  der  Nasal  sehr  alt,  wie 
die  Vergleichung  des  nordeuropäischen  Suffixes  -inJcas  und 
des  lat.  'Uus  zeigt  (Joh.  Schmidt  Vocalismus  I,  83.  106). 
In  jüngerer  Zeit  schwindet  im  Deutschen  der  Nasal  durch 
Tonschwächung  der  Silbe,  zb.  Jcunic  erscheint  schon  ahd.  neben 
chuninc,  mhd.  wird  künec  herschend,  wenn  auch  namentlich 
md.  kuninc  Jconinc  noch  begegnet;  pfennic  findet  sich  schon 
im  9.  Jh.,  Graff  III,  343,  wird  häufiger  aber  erst  im  14.  Jh. 

Die  Grundform  -anga   ist  nur  im  Adj.  alanc   erhalten, 

die  Schwächungen  -ing-  -ung-  blühen  dagegen. 

inga  Msc.  a)  persönlicher  Bedeutimg  aas  Nominibus  abgeleitet: 
amerinc  hartinc  britUinc  hucJcinc  (geräucherter  Hering,  1309  Mainz, 
HU.  n,  702)  edelinc  eselinc  vrischinc  gemzinc  glidinc  grisinc  heUinc 
hemdinc  herinc  (aus  hälec  entstellt)  kuninc  leitinc  {pfatleitinc  Jerosch. 
16646)  müedinc  nidinc  schiuhelinc  sidelinc  siurinc  murrinc  sprem, 
sprinzel.  Stichel,  törinc  wemplinc  (penis).  b)  unpersönlicher  Bedeu- 
tung :  heisinc  pfenninc  stichelinc  (Stachel)  windinc  zendrinc  zwilhinc. 
«)  abstract:  hailihc. 

Zahlreicher  noch  sind  die  an  vorangehndes  Suffix  -l  sich 

anschliessenden  Worte  in  -inga^)  zb. 

a)  persönlicher  Bedeutung :  barlinc  emerl.  mndel.  getel.  griul. 
hungert,  jungel.  Jcehesl,  kemerl,  konelinc  (künl.  kiUlink)  kumel.  ligerl. 
schevelinc  (schäbiger  Kerl,  Hagen  1931)  schiuhl.  smcehel.  wcBpel.  (Hü. 
I,  481.  685)  üzwurfel.  zwinelinc  (zvyillinc).  —  b)  unpersönlicher  Be- 
deutung: heckelinc  vierdelinc  (vierlinc)  vingerl.  viustel.  helbel.  hendel. 
kniewel.  meizl.  riutel.  schebel.  (Handschuh)  scherl.  schutl,  schuzl.  silberl. 
snitel.  spitzt,  weidl.  wiflinc. 

Feminina  in  ingä  zeigen  sich  md.  als  Nebenformen  zu 
ungä,  vgl.  §  277. 

Adjectiva  in  -inga  sind  selten  und  mehr  nd. :  un- 
durftinc  (Tr.  Egid.  123)  eininc  vcerinc  hcelinc  hoinc  (Lac. 
HI,  865)  stillinc;  etwas  häufiger  sind  die  in  -linga:  blinde- 
linc  fleischt,  nüehterl.  sunderlinc.  Besonders  sind  sie  in 
adverbialer  Form  nachweislich :    ein^elingen  vcerlingen  verl. 


*)  J.  Schmidt  Vocalism.  I,  84  vermutet  mit  Rücksicht  auf  die 
slav.  Suffixbildung  iniku,  dass  t  auf  n  zurückgehe.  —  Über  die  Suffixe 
'Unga,  -inga  vgl.  auch  v.  Bahder  Verbalabstracta  163 — 192. 


272 

§276.  vinsterl.  flugl,  gcehl.  hendel.  kreid.   lüterl.  niuwel.  ruckel. 
sitel.  twirhel.  hinderwertUngen. 

§277.  §  277.     Masc.  in  -««n^a;   billunc  vier  dune  homunc 

ntdunc. 

Fem.  in  -ungä  werden  sehr  zahlreich  aus  meist 
schwachen  Verbalstämmen  abgeleitet,  mit  der  Bedeutung  einer 
Handlung  oder  eines  aus  der  Handlung  entspringenden  Zu- 
Standes.  Zwar  schon  ahd.,  namentlich  bei  den  Übersetzern  und 
Glossatoren  verbreitet,  blieben  sie  doch  mhd.  der  poetischen 
Sprache  entschieden  unangenehm  und  kommen  am  meisten 
bei  den  geistlichen  Dichtern  und  den  Prosaikern  der  jüngeren 

Zeit  (14.  15.  Jh.)  voi^. 

Eine  Auswahl  von  Belegen:  anderunge  erarnunge  atz.  barm» 
bezzer,  vorhüd,  hint  gebrüch,  hmo.  verdamn.  erdempf,  gedenk,  dol, 
hedriick.  end,  erger.  vervazzunge  (Hü.  I,  1075)  übervar.  virm,  voll, 
vorder,  vrdg.  füht.  gemd.  gast,  ger.  beger.  grab.  Handel,  hazz.  enthob, 
heisch,  hell,  jämer.  verjeh.  irr.  her,  bekor.  erlab,  lad.  uzleg.  lern,  Itb, 
gelichs.  liht,  erliuht.  erloes,  erloub.  mdhel.  man.  mand.  mäz.  meid, 
mtirmel.  na/r,  vernüw.  phand.  bered.  reit,  beriht,  satz.  bescheid.  schid. 
schiff,  verschin.  schirm,  schund,  besneid.  sen.  sldf,  besorg,  straf,  suber, 
süfl.  süm,  sunder.  vertub,  troest.  truw.  Heb.  wandet,  warn,  bewar, 
wehsei.  wein,  bewer.  werf.  werk.  werr.  wes.  winn,  wih.  wis.  zer,  verzih. 
beziug.  zweiunge.  —  bibenunge  vestenunge  lehenunge  offen,  rechen, 
schepfen.  samen,  schuldenunge  (Mülh.  ü.  885)  wvK)sten.  bezeichenunge, 
—  queUesungCf  schuntsalunge.  —  unzagunge,  zühtigtmge, 

Md.  Nebenform  ist  onge,  ausserdem  inge,  das  neben  onge  in  den 
ripuar.  Urkunden  und  Schriften  des  13. — 15.  Jh.  sehr  häufig  ist  (nml. 
inghe,  nd.  inge)  aber  auch  sonst  md.  vorkommt,  vgl.  woninge  Alex.  4683. 
avesteUinge  vorderinge  weringe  Höfer  I,  9.  (1272.  Isenburg)  irrige  (mit 
Ausfall  des  Nasals)  Henneb.  ü.  H,  54  (1338). 

§278.  §  278.     Suffix  -A- 

hat  sich  unverschoben  in  Verbindung  mit  $  erhalten.    Nomina 

mit  Stammauslaut  s  -^  ha  sind 

M  s c.  asch  fisch  tvisch  frosch  tounsch.  N  e  u  t r.  fleisch,  F  e m.  »fe  a  : 
asche  (?skjd:  esche).    Adj.  rasch  risch  vrisch,  -skja:  kiusche. 

Das  Suffix  ka  erscheint  ferner  mit  vorausgehndem 
Suffix  s  bekleidet,  das  Bopp  vergl.  Gr.  §  952  für  einen  eupho- 
nischen Vorschlag  nam,  in  der  Adjectivbildung  -ischj  zu  der 
auch  die  substantivirten  Msc.  e^zisch,  mennische  mensche, 
Fem.  valwisehe  rcetische  und  Neutr.  hiwische  Mwisch  gehören. 


273 

Die   Adjectiva  in   -isch   (a '\- s-ka)    werden    aus   Sub- §278. 
stantiven  abgeleitet  und  bezeichnen  das  sein  in  der  Art  und 
Eigenschaft  des  Substantiven  Begriffs.     Der  Voca),    der  auch 
als  e  erscheint,  wird  zuweilen  syncopirt. 

Einige  Belege:  hiurisch  eUnsch  engelisch  girisch  heidenisch  hei- 
misch heUisch  himelisch  hövisch  {hübeMh  hübsch)  kindisch  kleff,  knepp. 
ird.  meigesch  (meisch)  merz,  mord,  nerr,  nid.  risisch  rouhisch  tiutsch 
toerisch  tubisch  (Köditz)  unwirdesch,  Bezeichnungen  der  nationalen  oder 
Geschlechts-Zugehörigkeit  zb.  arabisch  hiunisch  israhelisch  kriechisch 
roemisch  weihisch  (welsch)  windisch. 

Mit  eingeschobenem  n  bilden  sich  die  nicht  häufigen 
Nebenformen  in  -enisch,  zb. 

heUensch  irdensch  kindensch  risenisch. 

§  279.    Das  Suffix  -ch-  wird  in  der  Schrift  zuweilen  mit  §279. 
-Ä-  verwechselt.  Die  Vergleichung  mit  dem  nd.  lehrt  die  Unter- 
scheidung beider,  da,  h  =  nd.  h,  ch  =s  nd.  Je  auch  im  Suffix  ist. 

'Ch  am  Wortauslaut  hinter  Liquida  mag  nicht  immer  Sufßic 
sein;  ich  begnüge  mich  hier  Belege  von  solchem  ch  zu  ver- 
zeichnen.    Für  ch  ist  öfter  k  eingetreten. 

Masc.  schälch,  schw.  balke.  Fem.  marche,  schw.  birke  lerche; 
müch.    Neutr.  folc,  werch.    Adj.  toelc  starch  lirc  Iure. 

An  vocalischen  Stamm  angeschlossen  erscheint  das  Suffix  in 

Msc.  botech  retech  habech  kranech,  schw.  M.  enke  (enicho).  Fem. 
morache  (morche)  snorche  {snoraehä).    Adj.  ebich. 

Ausserdem  dient  das  Suffix  zur  Bildung  von  Deminu- 
tiven. Die  obd.  Dialecte  brauchen  es  freilich  wenig  dafür, 
obschon  die  Personennamen  in  -icho  Acha,  so  wie  das  Wort 
anicho  anche  (avus)  jene  Bedeutung  des  Suffixes  auch  für  das 
Alemannische  und  Bairische  sichern,  AGr.  §  273.  BGr.  §  245. 
In  den  mitteldeutschen  Dialecten  kommt  das  Suffix  allein,  ohne 
weitere  Begleitung,  auch  nur  höchst  selten  vor;  ich  weiss 
wenigstens  nur  noisich,  Deminutiv  zu  no^,  aus  Leyser  Pred. 
154  anzuführen.  Aber  mit  Anffigung  von  -m  tritt  es  häufig 
auf,  sowol  bei  hyperkoristischen  Personennamen,  zb. 

Diezechin  Contzchin  Epchin  Gudechin  (f.)  Heinzechin  Hennechin 
Hezzechin  Lozzechin  (HU.  I,  5.  721.  836.  865.  971.  1205.  1210.  1225. 
m,  1203.  1492.  1496.  Böhmer  679) 

als  bei  Verkleinerungen  von  Appellativen.    Dieselben  kommen 
in  allen  md.  Landschaften,   besonders  seit  dem  14.  Jh.  vor; 

Weinhold,  mittelhochd.  Oramm.  2.  Aufl.  18 


274 

§27^.  die  md.  Dichter  aber  ziehen  im  12.  13.  Jh.    die  Deminutiva 

durch  "l,  'lin  vor. 

beinichin  veläechin  vogelchin  fischechen  frouchin  ge^^echen 
glocJcichin  gotechen  holzchin  hovechen  hüsichin  hundichin  kapellichen 
keXbichen  Jcindichin  knechtichen  lemmechin  meidichin  mennechin  ridder- 
chen  (1268.  HU.  11,  236)  schefichin  stetichin  atubechin  tochterckin. 

Bemerkenswert  ist  die  Verkleinerung  der  pluralen  Form, 
zb.  Tcleidercken,  welferchen  Beheim  Evangel.  S.  38. 

Dem  dialectischen  Zuge  gemäss  ward  das  auslautende  -n 
in  vulgärer  Rede  verschwiegen,  wie  heute  noch  im  rheinischen 
Franken;  zu  diesen  Singularen  in  -e  bildeten  sich  dann  neu- 
trale nasallose  Plurale  in  -er;  das  älteste  mir  bekannte  Bei- 
spiel ist  hlaesger  Harfif  154,  35  (38  blaesgen). 

Verbindung  dieser  Deminutivform  -chen  mit  der  Form  -el, 
so  dass  diese  zunächst  an  den  Stamm  tritt,  ist  in  ganz  Mittel- 
deutschland seit  dem  13.  Jh.  vorzugsweise  bei  gutturalem 
Stammauslaut  verbreitet  gewesen,  zb. 

stuckilchin  (1290)  Böhmer  263,  stuklichen  (1357)  Hü.  HI,  1296. 
pleckilchen  (1376)  III,  1421.  vogelgin  Sperber  74.  jongeigen  Sei.  Tr.  97'. 
her  geigen  Harff  21,  13.  163,  15.  hruggelgen  183,  12.  kirchdgen  20,  33. 
hoichelgyn  Kölner  Cron.  74.   droppelchin  41. 

Die  umgekehrte  Verbindung  ich  -j-  li  ist  höchst  selten, 
aber  nachzuweisen  in  eniklein  nasalirt  eninkel  BGrv.  §  245, 
und  heute  noch  im  nordböhmischen  -ichel. 

§280.  §  280.     Suffix   -A-   erscheint,    urverwantem    -ka  ent- 

sprechend, ebenfalls  in  der  Stammbildung.  Hinter  Liquida 
am  Wurzelauslaut  ist  die  Suffixnatur  des  h  nicht  durchaus 
sicher.     Ich   begnüge   mich    auch  hier   einige  Belege   dieses 

Vorkommens  zu  geben: 

Masc.  beveJh  elh  schelh  varh.  Neutr.  mark  verh,  Fem.  mälhe 
salhe  smelhe  merhe  vorhe.    Adj.  twerh  schelh. 

Häufig  dient  an  Stämmen  in  a  das  Suffix  hja  zur  Bildung 

von  collectiven  !N^eutris.     Dieselben  begegnen  obd.  (namentlich 

bairisch)  wie  md.     Sie  gehn  oberdeutsch  in  ahe  ehe,  apocopirt 

ach  und  ech,  mundartlich  eich  aus,   md.  meist  in  ehe,  ripua- 

risch  auch  in  ihe,  ich: 

Obd.  chindahe  Wien.  Genes.  70,  11.  mttahe  Vor.  Ged.  148,16. 
semedehe  Sumerl.  22,  33.  stüdcehe  {:  gesahe)  Angenge  22,  1.  —  aWer- 
nach  pu8ch(ich  domach  vedrach  (Earaj.  106,  7)  ermelach,  scheppelach 


275 

(D.  PI.  ermdehen,   scheppelehen    Berth.  I.  84,  25)    grasach    reisach  §280. 
roerach  samelach  gespreidach  atüdach  weidach.  —  pirchäch  (:  gesprtBch 
Otack.  c.  377)  plunAräch  (;  snuech  ebd.  c.  360).  —  struzeich  St.  Paul. 
Pred.  43,  13. 

M  d.  hirchehe  1145.  Mainz.  Eberbach  1, 10.  vennehe  (arundinetam) 
1208.  ebd.  I,  63.  heseleJie  Mrh.  ü.  11,  374.  lindehe  1266.  HU.  I,  1323. 
Böhmer  469.   stockehe  Mrh.  U.  11,  374.    widehe  (wydeche)  Mülh.  U.  892. 

—  gestiche  (Menge  der  Gäste)  Both.  3854.    vederich  Annol.  204. 

Die  Keime  Herborts  von  Fritslar  beweisen,  dass  dieses 
Suffix  -ehe  durch  Dehnung  reimfahig  auf  ihe  geworden  war, 
wie  auch  obd.  gleiche  Dehnung  und  Reimbindung  mit  -^ehe 
erfolgte : 

*  buschehe  :  nehe  Herb.  10577.    gertehe  :  wehe  1979. 

Es  findet  sich  daneben  auch  Zusammenziehung  von  ehe 
zu  iy  vgl.  buschS  Herb.  1762. 

Dieses  coUective  Suffix  wird  nicht  selten  durch  Einschie- 

bung  eines  -?-  zwischen  Stamm  und  -ehe  (-ach,  -ich)  erweitert ; 

es   geschieht   obd.   wie   md.     In  Bertholds  von  Regensburg 

Predigten  begegnen  diernlech  fischelech  volkelech  (gen.  -leches 

84,  25)  Jcvechtelech  lüppelach  (II.  172, 12)  tüchelech  (Dat.  -lehe 

PI.  'lehen  397,  9)  gewendelech  zouberlech.     Ferner  ISbelach 

(Collectiv  des  abstracten  lop)  Berth.  173,  4.  320,  8.  397,  9 

(Dat.  lehe).     Ausserdem  griezelach  Griesh.  Pr.  1,  32.    Sterne- 

lach  33.    gercetlach  Schwabensp.  480. 

Md.  gevertelehe  (:wehe)  Herb.  17429.    gesindelehe  (:wehe)  1577. 

—  tierlich  Benner  1354.  8tr4pelich  (Gestrüppe)  Henneb.  U.  H,  172. 

Aus  dem  collectiven  Sinn  dieser  -lach,  -lieh  ergibt  sich 
leicht  die  Function  derselben  als  Plurale  zu  den  Deminu- 
tiven in  'le  im  Alem.  Bair.,  A6r.  §  263.  BGr.  §  245,  wie 
im  Fränkischen,  Grimm  Gr.  III,  674.  Spiess  fränk.  henneb. 
Mundart  35. 

§  281.  Suffix  -j-  wird  für  die  Stammbildung  besonders  §281. 
der  Nomina  (über  die  verbale  Stammbildung  vgl.  §  254.  255) 
sehr  stark  verwant.  Von  Nominibus  werden  besonders  Adjec- 
tiva  mit  Suffix  -ja  gebildet,  das  mhd.  als  blosses  e  erscheint, 
zb.  genceme  geeceme  mcere  gehcere  swcere  undcere  rceze  drcete 
stcete  (hier  Suffix  t  -{-  ja)  trcege  waege  gcehe  zmhe  derbe 
eilende  strenge  veige  reine  kleine  mitte  nütze  hüele  gefuore 
süeze,  §  503. 

18* 


276 

§281.  Auch  in  der  Substantivbildung  tritt  ^*a  oft  hervor: 

Masc.  mne  erbe  wecke  rücke,  hirte  endCf  femer  die  Nomina 
agentis  in  arja  {(Bre,  er  §  271).  —  Neutr.  zb.  erbe  bette  wette  vletze 
netze  weppe  lüppe  stüppe  antlutze  göu  höu  und  in  zahlreichen  compo- 
nirten  Neutris  wie  angenge  abgründe  antwurte  vürbüege  underbende 
Urkunde;  femer  in  den  CoUeetivis  mit  Präfix  ge  wie  gebirge  geböume 
gedinge  geveUe  gehürne  gemerke  gesinde  gewcefene;  in  den  Collectivi& 
in  ede  §  263,  in  ehe  §  280.  —  Fem.  Ja  zh,  helle  geUe  ecke  gerte  sippe 
minne  brünne  wunne;  esche  hecke  hürde  lippe  roere  schiure  ünde 
üehse,  femer  in  den  persönlichen  Femininis  in  -inne  {anjä). 

Das  Suffix  Jan  zeigt  sich  in  den  schwachen  Masc.^ 
zb.  veter  geverte  geselle  lantsceze  schultheize, 

Feminina  in  jän  sind  unsicher  in  vielen  Fällen,  da 
alte  Feminina  in  ja  erst  in  jüngerer  Zeit  zum  Übertritt  in 
die  schwache  Form  durch  Anname  des  Sufßx  -n  neigen. 
Sicher  ist  das  Sufüx  -jän  in  den  zahlreichen  aus  Adjectiven, 
seltener  aus  Substantiven  abgeleiteten  abstracten  schw.  Femin. 

in  i,  in,  in  denen  übrigens  das  -n  ebenfalls  jung  ist,  §  462. 

W.  Schlüter  Die  mit  dem  Suffix  ja  gebildeten  deutschen  Nomina. 

Göttingen  1875. 

§282.  §  282.     Eine  besondere  Verwendung  erhielt  das  Suffix 

ja  zum  Ausdruck  der  Verkleinerung  in  den  Neutris  auf  i. 

Es  ward  durch  n  erweitert  und  mit  Vocaldehnung  entstund  in. 

J.  Grimm  Gr.  DI,  667—76.  683—86. 

Von  der  einfachsten  Form  in  -i  gibt  es  aus  mhd.  Zeit 
meines  wissens  nur  den  einen  Beleg  eni  (avus),  ausserdem 
finden  sich  vulgäre  jüngere,  AGr.  §  269.  Die  einfache  erwei- 
terte Form  4n  erscheint  in  dem  obd.  und  md.  in  volksthüm- 
liehen  Dichtungen  und  bei  den  Lyrikern  oft  nachweisbaren 
Worte  magedin  megetin  (Haupt  z.  Erec  27,  wozu  aus  md. 
Gedichten,  zb.  Rother,  Orendel,  Passional  Nachträge  genug 
zu  geben  wären) ;  ferner  in  vingerin  (zb.  Floris  2741.  Bother 
392  :  in,  3869  ;  honigin,  3901  :  ConstanUn),  abgesehen  von 
den  hyperkoristischen  Namen  in  -in,  BGr.  §  242. 

Gewöhnlich  ist  aber  jenes  Suffix  -ja  mit  einem  andern 
deminuirenden  Suffix  vereinigt,  indem  es  entweder  an  -?-  oder 
an  -ch"  angelehnt  ward. 

Die  Form  -ili  ist  nur  vulgär  alemannisch  in  der  mhd. 
Periode    noch    in   Brauch,    auch    die    alem.    Plurale    in  -Hu, 


277 

•    bairische  in  -leu  weisen  auf  die  alte  Grundform  4ja  zurück,  §282. 
Grimm  Gr.  III,  670.   AGr.  §  270.   BGr.  §  243. 

Gewöhnlicher  und  der  gebildeten  Schriftsprache,  nament- 
lich den  Dichtern  gemässer,  you  den  höfischen  Epikern  aber 
erst  allmählich  angenommen,  sind  die  Deminutiva  in  -lin,  die 
von  Substantiven  der  mannichfachsten  Bedeutung,  selbst  von 
Abstracten  abgeleitet  werden,  zb. 

mefdin  fröuwelin  kinddin  dtemelin  tohterlin  twergeltn  schüelerlin 
tierlin  vihelin  pferdelin  lemhelin  vogelin,  —  hettdin  hiuselin  tischelin 
huochltn  wegerdin  türlin  stückelin  hevelin  nestdin  toürzeUn,  vingerlin 
henddin  hiuflin  hrüsteltn  megelin  hdgdin.  —  gänsterlin  muoseltn 
tropfelin.  —  nuerlin  toortdin  zeichevdtn.  —  dankelin  Walth.  100,  20. 
dunkdin  Trist.  13068.  erlin  Benner  18380.  vröudelin  Walth.  52,  22. 
gnaddin  Lampr.  S.  2972.  hohvertdtn  Berth.  83,  20.  397,  15.  varhtd. 
280,  13.  köstelin  Benner  1329.  kriegeUn  Benner  4353.  lohdtn  Walth. 
35,  3.  ungemechelin  Berth.  427,  27.  muotdin  Trist.  17913.  geniezUn 
Kenner  4733.  schedelin  Haupt  Neith.  229.  sinndin  MSH.  11,  355*>. 
troestdin  Walth.  66, 2.  tückdin  Benner  6280.  gewcdteUn  MSH.  m,  104*. 
wunderlin  Parz.  656,  7.   zomelin  Walth.  62,  12. 

Es  kann  dieses  Deminutiv  nach  den  Umständen  auch 
herabsetzende  Bedeutung  erhalten,  wie  in  minnerlin  MSH. 
ni,  154'. 

Über  die  Deminutive  in  -chtn  §  279. 

3.  Wortzusammensetzung. 

§  283.  In  der  Stammbildung  durch  Suffixe  vollzog  sich  §  283. 
zwar  eine  Zusammensetzung,  allein  der  antretende  Theil  war 
kein  Wort,  sondern  ein  blosses  Bedeutungszeichen  ohne  logische 
und  grammatische  Selbständigkeit.  In  der  Wortcomposition 
dagegen  verbinden  sich  zwei  Worte :  das  erste  in  Stamm- 
form, das  zweite  mit  Flexion.  Das  erste  ist  das  beschreibende 
Element,  der  individualisirende  Theil,  der  den  Begriff  des 
zweiten  bestimmt;  das  zweite  ist  das  generelle  Glied,  der 
bestimmte  Theil,  der  dafür  den  formalen  Ausdruck  der  Satz- 
beziehung übernimmt. 

J.  Grimm  Gramm.  H,  405—985.  Wemhold  AGr.  §§  288—314. 
BGr.  §§  221—238.  —  F.  Justi  über  die  Zusammensetzmig  der  Nomina 
in  den  indogerman.  Sprachen.  Göttingen  1861.  —  L.  Tobler  Über  die 
Wortzusammensetzung  nebst  einem  Anhang  über  die  Verstärkimgen  der 
Zusammensetzungen.   Berlin  1868. 


278 

§284.  §  284.     Die  beiden  componirten  Worte   behaupten  sich 

in  der  Regel  in  voller  Bedeutung,  wenn  auch  durch  die  gegen- 
seitige Beziehung  und  die  Bestimmung  des  zweiten  durch  den 
ersten  Theil  oft  ein  ganz  neuer  Begriff  hervorgeht. 

Nur  in  gewissen  Fällen  überwiegt  das  Bedeutungsgewicht 
des  ersten  Theils  das  des  zweiten  so  stark,  dass  das  formal 
ungeschwächte,  die  Satzbeziehung  auch  ferner  vermittelnde 
zweite  Wort  zu  der  logischen  Unbedeutendheit  eines  Afßxe» 
herabsinkt.  Es  sind  die  Substantiva  mit  heit  schaft  tuom, 
die  Personennamen,  die  ihnen  ähnlichen  Benennungen  wie 
lügehart  nagehart  vrihart  wagehart  selphart,  und  die  Adjec- 
tiva  mit  baere  haft  liehe  sam,  später  auch  mit  mceeie. 

Eine  Mittelstufe  nehmen  einige  adjectivische  Zusammen- 
setzungen mit  löse  ein,  in  denen  das  zweite  Wort  den 
negativen  Sinn  des  ersten  nur  verstärkt:  argelös  (sehr  arg^ 
zb.  MS.  2,  130^)  gäheUs  (leichtsinnig  MF.  212,  35);  ahd. 
Belege  verwanter  Bedeutung  bei  Grimm  Gr.  II,  565.  f. 

Diese  nur  verstärkende  Bedeutung  übt  auch  zuweilen 
der  erste  Compositionstheil.  Nicht  gemeint  sind  hier  die  Par- 
tikeln iw,  durh,  he,  ge,  ur,  üz,  das  Subst.  bor,  die  Adv.  al 
sunder  vol  wöl  sin,  die  Zahlw.  ein  dri  vier  niune,  welche 
an  sich  diese  Bedeutung  haben ;  sondern  Worte,  die  erst  nach 
besonderer  Entwickelung  des  Gesamtbegriffs  der  Composition 
zu  dieser  abgeschwächten  Bedeutung  gelangen,  wie  diet  {diet- 
degen  -vaste  -zage)  got  {goteliep  -leity  häufiger  in  uneigent- 
licher genitiv.  Verbindung,  zb.  gotesarm)  vinger  (vingerzam) 
megin  mein  {meinstrenge)  sne  {sneblane  -dicke)  Spiegel  (sp.- 
lieht)  strö  {-dicke)  tot  {-arm  -vinster  -stum  -trüebe)  werU 
{'Wunne  -zage)   wunder  {-alt  -balt  -küene  -scharpf). 

Ygl.  über  verstärkende  Zusammensetzungen  im  Deutschen  überhaupt 
L.  Tobler  in  Frommanns  Zeitschr.  f.  deutsche  Mundarten  V,  1—30. 
180—201.  302—310,  und  in  der  Schrift  über  die  Wortzusammensetzung 
104—138. 

Wesentlich  für  die  echte  Wortzusammensetzung  ist  die 
blosse  Stammform  des  ersten  Theils.  Ist  der  erste  Theil 
flectirt,  so  gibt  es  uneigentliche  Composition,  blosse  Zusammen- 
rückung,  die  in   der  Verbindung   von  Accusativ   oder  Dativ 


279 

mit  Imperativ  oder  der  Zusammenfügung  ganzer  Sätze  noch  §284, 
greifbarer  wird. 

§  285.     Die  logische  Beziehung   des   ersten  zum  §285. 
zweiten  Theil  kann  sehr  verschieden  sein. 

Selten  ist  sie  paratactisch :  zwei  Worte  werden  coor- 
dinirt  neben  einander  gestellt,  ihre  Begriffe  sind  gleich  stark 
und  ihre  Beziehung  ist  nur  copulativ  {dvandva  der  Sanskrit- 
Grammatiker)  zb.  alt/sierec,  edelarm,  li&pgenceme,  brünreit, 
gemuotsaelec,  lindweichy  rötwiz,  senftsüeee,  tumpwise;  viel- 
leicht auch  das  Substantiv  magenkraft. 

Gewöhnlich  ist  die  Beziehung  syntactisch,  in  der  man 
wieder   appositioneile    und   casuelle  Beziehung   unterscheidet. 

In  der  rein  appositioneilen  Beziehung  (karmü' 
dhäraya  der  Sanskritgrammatik)  ist  das  erste  Wort  das  Attri- 
but des  zweiten.  Hierher  gehören  die  meisten  Zusammen- 
setzungen von  Adj.  mit  Adj.,  zb.  dlbar  lütbreche  voilebreit 
hrünvar  vcdvehse  Meinvüege  bittergrimme  ebengröz  ebenhire 
arclistec  Uehtgemäl  alrot  hohsprünge  lancstcete  altwise  halp- 
zogen;  ferner  viele  Zusammensetzungen  von  Subst.  mit  Subst. 

kintparn  haberhröt  zorndrö  nötdurft  dbentezzen  helmvaz  isergolze 
heimholde  winehulde  himelhort  degenkint  hdrlachen  minneliet  aschman 
lügemcßre  wehselrede  himelriche  verhser  hergesinde  nitspü  ehersmn 
meintät  zwivelwdn  hetewip  stahdzein  sumerzit 

Ebenso  viele  Zusammensetzungen   von  Adj.   mit  Subst.: 
volbat  trutgehette  hohgedinge  vnhfleisch  blävuoz  juncfrouwe  sunder- 

haz  mittelhof  lancUp  armman  niumare  höhgemüete  ebennaht  niuweriute 

smalsdt  trütgespü  tunkelsterne  grdwerch  kwrzwüe  höhzit 

Seltener  ist  Adverb  mit  Subst.  verbunden,  zb.  iemerleben 
woltat, 

Adv.  mit  Adj.  zb.  boregröz  missevar  wolveil  ertegic. 

Pronom.  mit  Adj.  oder  Partie,  zb.  samwitzec,  selpwesende 
selpwitzec, 

Zahlwort  mit  Subst.  zb.  einhürne  zwtlouf  drispitz,  mit 
Adj.  zb.  einvar  einöuge  driecke  viervar. 

Von  der  rein  appositionellen  Zusammensetzung  unter- 
scheidet sich  die  vergleichend  appositionelle:  das 
zweite  Wort  wird  dem  ersten  verglichen,  zb. 

Subst.  mit  Subst.  tötsldf. 


280 

§  285.  Subst.  mit  Adj.  hendehlöz  tötbleich  spannebreit  wihekal  gotformec 

schimdgrd  loupgrüene  heUeheiz  steinherte  vriunthölt  winterkcUt  spiegel- 
lieht winderraze  magetreine  röseröt  sturmrüschende  bercswcere  swert- 
toahs  rdbenswarz  snetoiz  viurwüt, 

Adj.  mit  Adj.  tumpküene  (kühn  wie  ein  unerfahrener). 

§  286.  §  286.     Die  zweite  Art  des  syntactischen  Verhältnisses 

der  Compositionstheile  ist  die  casuelle  (im  engeren  Sinne 
tatpurusha  der  Sanskritgrammatik). 

Accnsativisches  Verhältnis  des  ersten  zum  zweiten 
Theil : 

Subst.  mit  Subst.  rätgebe  manslecJce  ewarte  herzöge,  tempeltrete 
merwatcere  simnewende,  leitvertrip  sigenumft  lanttver. 

Adj.  mit  Subst.  zb.  wärsage  quätspreche, 

Subst.  mit  Adj.  oder  Partie,  zb.  schefbrüche  gotvorhtec  niugeme 
sturmgite  swnerlanc  mortrmte  wäcwise,  minnegernde. 

über  Verbalzusammensetzung  mit  casueller  Beziehung 
§  300. 

Dativisches  Verhältnis  (entfernteres  Object,  nament- 
lich Zweck): 

Subst.  mit  Subst.  kindelpette  videlboge  klagebote  suonebrief 
hüsere  sturmvane  fröudehelfe  schatehuot  betehüs  schiltkneht  ezzichkruoc 
seimesse  lipnar  bintrieme  frideschilt  wegespise  kerzstap  briutestuol 
tanzmse  herzeichen, 

Verbalstamm  mit  Subst.  zb.  heveamme  sitzebanc  giezvaz  vegeviur 
suochhunt  warthüs  grabisen  tamkappe  brennopher  rihtestuol  renne- 
gewant  Sprichwort. 

Subst.  mit  Adj.  zb.  nötveste  goiliep  herzeliep  honecmaze  mortraze 
redespcehe,  angestbare  (und  alle  Adj.  mit  beere),  gedanchaft  (und  alle 
Adj.  mit  liaft),  adelUch  (und  alle  Adj.  mit  liclte). 

Instrumentales  Verhältnis: 
Subst.  mit  Subst.  zb.  hantgetät  hantveste  huofslac, 
Subst.  mit  Adj.  zb.  erbeigen  lobemcere  zähernaz  hitzer  dt  sigesalec 
ruomwcehe  wätziere. 

Locatives  Verhältnis  (durch  an,  in  aufzulösen): 

Subst.  mit  Subst.  kinnebein  armbouc  hellegrunt  nöthelfer  himelhüs 
veltmüs  wdlphat  hovewise  hüswurz. 

Subst.  mit  Adj.  zb.  gruntboese  waleveige  hufhalz  mtiottriiehe 
herzeiibel  lideweich  hovewert  ähselmt. 

Adv.  mit  Subst.  herkere. 

Adv.  mit  Adj.  innewendic. 


281 

Ablatives  Verhältnis  (woher):  §286. 

Subst.  mit  Subst.  zb.  totleibe  hovemare  vatermäc  wurmmel  vjüle' 
tore  himeUou  hdlewiht 

Subst.  mit  Adj.  zb.  adelfrt  minneglüende  strttmüede  schameröt 
mnnetßunt, 

Adv.  mit  Subst.  zb.  osterwin  siinäerwint,  danvart  hinlouf. 

A^v.  mit  Adj.  zb.  hinlazic. 

Genitivisches  Verhältnis: 

Subst.  mit  Subst.  zb.  brunnäder  ougaphel  minneviur  hüsvrouwe 
nahtegaU  lantgräve  hungerjär  herbstmänot  hereenot  lantreht  tagereise 
vogdsanc  toerltsüeze  tagesteme  dderstöz  bür^etor  spinneweppe  volctvic 
muotwiRe  wolfzan, 

Subst.  mit  Adj.  zb.  friuntlös  buozewirdec  wetertoise. 

§  287.  Es  gibt  ferner  eine  Compositionsgattung,  in  §287. 
welcher  die  Wortverbindung  als  Niederschlag  eines  possessiven 
Satzes  erscheint,  der  durch  das  zu  ergänzende  Particip  habend 
aufzulösen  ist  {bahuvrihi  der  Sanskritgrammatik).  Hierher 
gehören  zahlreiche  Personennamen  wie  Adaiger  Ruotger, 
Sigfrit  Irminfrit,  Reinmunt,  Hermuot  Wahsmuot,  Berhträt 
Fasträt j  Lüdwic;  Merkmalsnamen  wie  muosbart  blatvtiojs 
irreganc  isenhuot  weiheeagel,  und  namentlich  Adjectiva  wie 
harvuoz  wurmceze  (Wurmfrass  habend)  harmherze  eilende 
ebenmceme  einmüete  einrcete  bogenrucJce  reinesteete  gran- 
Sprunge  meintcete  eintrehte, 

§  288.  Für  die  Form  der  echten  Composition  ist,  wie  §288. 
§  284  angab,  wesentlich  die  Stammform  des  ersten  Theils. 
Die  Nomina  in  a  i  u  traten  also  mit  diesem  Stammvocal  dem 
zweiten  Gliede  vor.  Im  übrigen  zeigt  bereits  der  älteste  histo- 
rieche  Stand  unserer  Sprache  folgende  Änderungen.  Die  Femi- 
nina in  ä  {6)  zeigen  in  der  Composition  nur  a  als  Stammvocal ; 
die  Stämme  in  ja  ja  namen  statt  dieses  Suffixes  den  Vocal  i 
in  der  Composition  an,  ebenso  die  Stämme  in  jan  und  jän, 
wie  denn  auch  die  Nomina  in  -an  das  n  aufgaben,  und  die 
Feminina  in  -an  ebenfalls  nur  a  behielten. 

Im  Gotischen  findet  sich  in  der  Regel  der  thematische 
Vocal  in  der  Composition,  es  kommen  aber  auch  bereits 
Zusammensetzungen  ohne  Vocal  vor.  Im  Ahd.  ist  vocallose 
Composition   schon   gar  nicht   selten;    ausserdem   vermischen 


282 

§288.  sich  die  thematischen  Vocale,  d.  h.  a  vertritt  auch  i  und  u 
(nahtagala,  fridabert)  so  wie  t  für  a  und  u  und  o  für  i 
und  a  begegnen  (tagisterno  ganädilos  Sigihert  —  wegowiso 
sunnofeld  turowart). 

In  der  mhd.  Zeit  ist  e  an  die  Stelle  der  alten  Thema- 
Yocale  getreten;  seine  leichte  Natur  begünstigt  aber  ^ie  um 
sich  greifende  Neigung,  die  beiden  Worte  ohne  Vocal  an 
einander  stossen  zu  lassen.  Namentlich  geschieht  dies  ebd. 
bei  den  alten  Stämmen  in  a,  während  das  aus  ä  und  ja  oder 
ja  herrührende  e  fester  haftet.  In  der  gewöhnlichen  Rede, 
wie  Predigten  und  Rechtsschriften  sie  überliefern,  ferner  in 
volksthümlichen  Dichtungen  ist  vocalische  Zusammensetzung 
beliebter  als  bei  den  höfischen  Poeten.  Die  Mitteldeutschen,  bei 
denen  die  Tonverstärkung  der  Stammsilbe  weniger  energisch 
geschah  als  bei  den  Oberdeutschen,  bewahren  das  -e  des  ersten 
Stammes  im  ganzen  treu. 

Die  Belege  für  die  Wortzusammensetzung  im  Mhd.,  die 
nun  folgen,  sind  nur  Beispiele;  nach  einer  erschöpfenden 
Sammlung  zu  trachten,  wäre  fiir  den  Umfang  dieses  Buches 
unausföhrbar  gewesen. 

A.  Zuiammengesezte  Substantiya. 

Die  Beispiele  sind  nach  dem  zweiten  Wort  gereiht. 
§289.  §  289. 

a)  Substantiv  mit  Substantiv. 

hrunndder  grasaffe  tagalt  ougaphd  helleharn  nunnebant  mtbalc 
kinnebein  eüenboge  narreboc  klagebote  armhouc  heUebrant  suonebrief 
haberbröt  järbuoch  horndöz  zorndrö  dümeUe  hüsere  liberbe  tötval  sturm- 
vane  eldervater  hdmvaz  hantveste  minneviur  wazzerflUz  wegevreise 
nahtvrouwe  weideganc  mergarte  rätgehe  nahtgengel  heUegluot  isergohse 
lantgräve  heUegrunt  zoumhaft  isen/uilte  lichame  nöthdfer  hruothenne 
weterherre  heimholde  himdhort  Unhose  isenhuot  imchüs  arnusen  hunger- 
jdr  vimtkint  loterkleü  schütkneht  ertknoUe  tresterkorp  magenkraft 
lianekrät  ezzichkruoc  wiüekür  wangeküssen  harlachen  wurmldge  tötleibe 
herzdeit  herzdiehe  minneliet  sumerlote  vatermäc  hüsgemach  sippenioi 
spüman  hovemare  schifmeister  wurmmd  selemesse  nahUninne  gras- 
mucke  senfmül  zornmuot  zuhtmuoter  vdtmüs  lipnar  erhenöt  sigenumft 
walphcU  hairät  hirät  wehsdrede  sturmrecke  kinnereif  tagereise  hoveribe 
ertriche  wunschdris  äbentröt  bluotrunst  pfennincsaWe  wüsalde  klagesane 


283 

nähtsckäch  hirnschal  hoveschdlc  harmschar  koufschoitz  wegeaclieide  §289.  ^ 
mnnescMn  bUcschöz  houbetschülde  schritschuoh  tötgesdU  herzeser  her- 
gmnde  huofslac  tötslaf  manslecke  herzesorge  endespü  wegespise  goukel- 
sprüize  tagesterne  äderdöz  brütstuöl  misdsuht  kebissun  erbesünde 
stoertswanc  endetac  wuoftdl  lobetanz  meintät  herzetohter  bürgetor  iviUe- 
töre  mütou  tempeltrete  minnetranc  sehirmwafen  zmvelwdn  ougewanc 
ewarte  krdmwät  burcwec  sperweide  sunnewende  spinneweppe  lantwer 
vdcwie  heileimht  dancwiUe  wunschwint  trügetme  dröwort  hüswurz 
diäzage  wölfzan  herzeichen  stahelzein  sumerzit  herzöge, 

b)  Adjectiv  mit  Substantiv. 

vcibcU  hergebeine  trutgebette  volbort  sicherbote  nähgebür  missedäht 
höhgedinge  alierbe  sundervarive  wihfleisch  altfrouwe  halpful  bldvuoz 
irreganc  missegrif  samegunst  sunderhaz  sunderher  juncherre  volle- 
hertunge  mittelhof  missehoffenunge  siechhüs  trütkint  ebenkrisien  nider- 
hnt  blözlege  eUende  misselinge  lancUp  sunderlist  armman  niumcere 
ebenmdze  tolmuot  höhgeniüete  trutmuot&i*  ebennaht  vronerast  halpritter 
niuweriute  wärsage  smdlsät  quecsilber  trütslac  gdhspise  sunderspräche 
tufikelsteme  trutsun  siechtage  guottät  merteil  lütertranc  missetriutoe 
missetröst  ebenwäc  tcitweide  missetoende  grdwerch  boesetoiht  kurzwile 
iritoip  samtoitze  mitteicoche  itelwort  holwurz  sunderziter  höhzit 

c)  Adverb  mit  Substantiv. 

danvart  dankere  danreise  dannenscheide  dannenwanc,  herkere, 
hinvluz  hinganc  hingeber  hinkere  hinkunft  hinlouf  hinescheide  hinwerfe 
hifmenkire,  inwertwirkung.  —  fruoimbiz,  iemerld>en  iemerlieht  iememöt 
kmerkuo  (Cd.  Sax.  11.  6,  75)  iemerrint.  —  nordermer  österwin  sunder- 
wint  westerriche.  —  samenkunft  samentheit  'Schaft.  —  wolanst  -Up 
'lu8t  'tage  -tat  'tüülecheit. 

d)  Yerbaistamm  mit  Substantiv. 

Der  Verbalstamm  bezeichnet  den  Zweck:  heveamme  sitzebanc 
Jcratzhart  suochbracke  giezvaz  vegeviur  mengart  gebhart  {klinghart 
slinthart  glihsenhart  nagehart  nemehart  smeichart  Namen  im  Benner) 
suochhunt  drabehunt  gräbisen  ezzeloube  nagemüs  brennopher  bintrieme 
tempfsac  kapfespü  wallestap  leitesterne  lebetage  scetuoch  rennegewant 
Sprichwort.  Die  st.  Zw.  treten  also  in  der  Präsensform  ohne  themat. 
Vocal,  die  Zw.  mit  ja  und  die  schw.  Zw.  mit  themat.  -c  vor  den  zweiten 
Theil.  Abweichungen  von  der  Regel  geben  zb.  kratzbart  suochbracke 
mengart,  ezzeloube, 

e)  Zahlwort  mit  Substantiv. 

eimber  einhürne  einlant  einouge  einsidel  -traht  -wie.  —  zuibar 
(zvher)  zwigelt  zwilouf  -spüde  -traht  -wurft,  —  drivuoz  -gülte  -holz 
•spitz,  —  dritten,  —  vierbein  vierteil,  —  sibenstirne.  niunouge. 
zwdßote. 


L 


284 

§290.  §  290.     Wir  sondern  die  Zusammensetzungen  mit  heit 

Schaft  tuom  tac  (tage)  ab,  weil  diese  zweiten  Worte  ihre 
eigentliche  Bedeutung  in  der  Zusammensetzung  einbüssten  und 
nur  die  Function  von  Affixen  erhielten.  Die  mit  ihnen  herge- 
stellten Composita  bezeichnen  eine  Eigenschaft,  einen  Zustand. 

heit  (ahd.  heit.  m.  f.  persona  sexus  ordo).  Beispiele: 
a)  Tnit  Subst.  affenheit  degenheit  fräzh,  frevüh,  fuoch.  jugenh. 
küngh.  kristenh,  loterh.  lugenh,  mageth,  manh,  morth,  nthth,  pfaß. 
scheuch,  schamh,  trugh,  trugenh,  tvanch.  wüleheU,  —  b)  mit  Adj.  un- 
gemein häufig;  besonders  werden  von  den  theolog.  philosoph.  Schrift- 
stellern des  13.— 15.  Jh.  mit  Adj.  in  -ec  unzählige  abstracto  Subst. 
durch  -heit  gebildet:  zb.  baltheit  hlözh,  hösh.  voUeh.  vreuüh,  vrih. 
viUh,  gogelh,  guoth,  herh,  hoveschh.  judeschh,  kalth,  kiuscheh.  kranch. 
kuonh.  kneppischh,  lanch.  läzh,  leckerh.  gelichh,  lösh,  nacheit.  schoenliS) 
smäh.  späh,  stilh.  stolzh,  geswinth,  tiurh,  tobeh.  trdcK  truoph,  gewarh. 
wish.  gewonh,  zageh.  —  armecheit  haldech.  barniherzich,  unbehaftech, 
broedech.  vorbedcehtech.  diusterk.  dorperich.  geduUech.  edelk,  einech. 
endek,  vestek.  freidek,  frümek,  girek.  gitek.  grimmik,  güetek.  hertech. 
ingegeistech.  ihtik,  inner ch,  imcendek.  irrek,  istekeit  (essentia).  itelk. 
jämerk.  kidrech,  lidich.  lihtek.  gelustech.  lüterk.  manhaftech.  missech. 
senftmüetech.  genendek.  remek.  senftek.  simiek.  gespenstek,  statek,  ver- 
stendik.  gesundek.  süezek.  türstek.  üppech.  uzercheit  Die  volle  Form 
dieser  Zusammensetzung  ist  -echeit,  icheit,  gewöhnlich  wird  ekeit  iktit 
geschrieben.  —  elicheit  (das  h  von  heit  wird  in  der  Eegel  weggelassen, 
in  jüngerer  Zeit  wird  A;ei^  angesezt  statt  heit)  gt^rechUchkeit  behegelieh. 
vaterlichh,  vihelicheit  grüwelichk.  heimelich.  knehüichk,  widerloufliehk. 
minnlichk.  redelichk,  ruowelichk.  besebelichh  unseüichk,  vorterplichk, 
betritoplichk.  iötUchk.  iceselich.  wielicheit  zitlicheit  —  c)  mit  Participien: 
verdrozzenheit  eigenheit  üferhabenheit  geldzenheit  ndheligenh.  geschaffenh. 
bescheidenh.  abgescheidenh.  beslozzenh,  verstandenh,  üferstandenh. 
wiegetänh.  vertrogenh.  trunkenh.  betvegenh,  gewizzenh,  unverwizzenh. 
beworrenheit.  —  d)  mit  Verbalstamm:  versmceheit  swicheit,  gelihsenh. 
bezeichenheit  —  mit  Infinitiv:  mugenheit  vermugenheit  Wesenheit.  — 
e)  mit  Partikel  und  Adverb:  niderheit  obenheit  umme  und  ummekeit 
wölheit.  —  f)  mit  Zahlwort:  einheit  zweiheit  driheit.  —  Für  die  Ver- 
breitung dieser  Zusammensetzungen  mit  -heit  bei  den  Mystikern  nament- 
lich können  die  uneigentlichen  Verbindungen  zeugen  dine^heit  Myst.  Ü. 
öO,  38.  319, 19.  sinesheit  Myst.  I.  252,  32.  ü.  319,  19.  636,  7.  Haupt 
Z.  8,  213.  iresheit  Myst.  II.  50,  35.  gotesheit  I.  252,  31.  sdbesheit 
n.  393,  24. 

*).  Die  Adjectiva  in  -ja  verbinden  sich  sonst  ohne  Thema  und 
daher  ohne  Umlaut  mit  heit  (bösheit  kuonh.  trdch.),  schoene  macht  eine 
Ausname,  indem  es  Umlaut  hat. 


285 

schüft j  md.  in  der  Eegel  schaf  (ahd.  scaft  f.  creatura  §290. 
snbstantia  modus). 

a)  mit  Siibst.  zb.  boteschaft  bruodersch,  gehwrsch,  degensch,  eschaft 
erhesch,  gevatersch,  vedesch,  vientsch.  vriuntsch.  hantsch,  heidensch, 
honsch,  konesch,  künnesch.  lantsch,  Uhensch,  mäcsch,  mahelsch,  mansch. 
niatsch,  (Gasterei.  Ennen  I,  10)  meistersch.  vormuntsch,  nevesch.  ge- 
nözsch.  rittersch,  sdlesch,  gesellesch,  sippesch,  wersch.  winesch,  Wirt- 
schaft. —  b)  mit  Adj.  zb.  hildeschaft  eigensch.  Iih-sch.  holtsch.  kuntsch. 
UUersch,  gemeinsch.  berdtsch.  gertitsch,  trütschaft. 

tuom  (ahd.  [creatio]  Judicium  [modus]): 
a)  mit  Subst.   bischtuam   ewartttiom    vürstent,    heilt,   herzogent. 
keisert.  lächent.  magetuam  meistert .  scheffentuom.  —  b)  mit  Adj.  eigen- 
tuom  vrtt.  heilect,  hert.  irret,  nact.  rieht,  siecht,  mst  wizzentuom. 

tac,  gewöhnlich  in  schwacher  Form  tage,  bezeichnet 
das  Leben  in  gewissem  Zustand,  überhaupt  einen  Zustand 
meist  mangelhafter  Art: 

lebetac  -tage  —  irretac  lamtac  riuwetac  schelmetac  siechtac  toetac, 
mctage  nacketage  siechtage  Sterbetage  stmitage  wetage. 

f)  Partikel  mit  Substantiv. 

§  291.  Die  Partikeln,  welche  dem  Subst  zu  fester  Ver-  §  291. 
bindung  vortreten,  sind  gröstentheils  Präpositionen,  welche 
eine  örtliche,  zeitliche  oder  geistige  Richtung  des  Substantiv- 
begriffs bezeichnen.  Es  sind  zum  Theil  uralte  der  Selb- 
ständigkeit ledig  gewordene  Partikeln,  zum  Theil  wirkliche 
Präpositionen.  Die  Gestalt  des  Präfixes  ist  mitunter  ver- 
stümmelt Die  unselbständigen  Präfixe  sind  meist  unbetont, 
die  übrigen  tragen  gewöhnlich  den  Hochton. 

ä-  negative  Partikel,  wahrscheinlich  eins  mit  dem  a  pri- 
vativum  des  Sanskrit  und  des  Griechischen  (über  das  bloss 
euphonische  n  im  skr.  und  griech.  an  Bopp  VergL  Gr.  §  538.  f.). 
An  sich  negative  Begriffe  werden  durch  das  Präfix  verstärkt. 

abulge  äg€i)elheit  ägez  ägunst  äkraft  äkrüt  aJcust  ämäht  ämehti- 
keü  äsmac  äsprdche  dwasel  äwehsd  äwerch.  —  älaster  dswich  ägetroc, 
—  Die  sinnliche  Bedeutmig  ab,  beiseite  tritt  hervor  in  äkamp  (Adj. 
abkampen  ApoUon.  15181)  äsanc  äschric  dschröt  dswich, 

übe,  ab  {ojto  ab  got  af)  hochtonig:  ab  hinweg,  negirend. 

dbburt  ahunst  abegtmst  abewitze.  —  abgot  (entstellt  abtgot)  abe- 
bruch  dbeval  abevart  abgründe  abeläz  abeleite  abeloese  abelouf  aberum 
dbsaz  abschröt  abesnit  abesprunc  abetrunne  äbeivanc  abezuht. 


286 

§291.  aber  aver^  hoch  tonig:  gegen,  negativ. 

aberhdke  aherwette.  —  aberlist  aberwandeh  (In  aberäht  äberban 
aberglonbe  ist  aber  entstellt  aus  ober). 

after,  hochtonig:  nach,  hinter. 

aftergir  (hinterlistige  Gier)  afterhuote  afterkint  -kome  -kose 
'kumelinc  -kumft  -riuwe  -ruom  -slac  -snü  -spräche  -wort. 

ane,  an,  hochtonig:  an,  auf  (ava). 

anebete  -blic  -böz  -brunst  -däht  -dunst  -val  -vanc  -vart  -vehtunge 
•ganc  -genge  -gin  -grif  -habe  -hap  -haft  -hanc  -gehoerde  -hurt  -laster 
-leite  -schiht  -schin  -schouwe  -siht  -gesiht  -sitz  -spräche  »sprunc  -stöz 
-traht  -trit  -want  -nveigunge  -wert,  -—  Mit  vorgestelltem  ge  zu  gan  ver- 
schmolzen in  ganerbe f  ganknabe  (conservus,  genknabe  Wiener  Sitz.-Ber. 
XCVm,  974). 

äne  nur  in  späteren  Quellen  (den  Mystikern,  Megenberg, 

Wolkenstein)  gleich  dem  negativen  ä: 

ä/ne-endicheit  anmacht  änsin  änewitze.  —  BGr.  §  225,  6.  ] 

anU  (gr.  avxi,  ante,  got.  anda),  hochtonig:  gegen,  ent- 
gegen. 

antbare  {ampcßre)  antvanc   -heiz  -houbet  -läz   -litze  lutze  lutte       : 
{antlutze  ist  obd.,  antUtze  md.  beliebt,  indessen  kommt  jenes  auch  md. 
und  dieses  auch  obd.  vor,  W.  Grimm  zu  Ath.  E.  105)  andouge  antreite 
-sage  -wart  -werc  -wich  -wurte.  i 

In  der  Yerbalzusammensetzung   wird   ant   durch   Tonentziehong        j 
zu  ent,  welches  auch  in  den  jüngeren  Substantivbildungen   aus  jenen 
Verben  behalten  wird,   zb.  enthabunge  enthebede  enthalt  enthaltmsse 
entredu/nge  entsprinc  u.  s.  w. 

he-  (skr.  api  gr.  ijcl)  unbetont,  in  dieser  Form  meist 
vor  jüngeren  Substantiven. 

bedahtekeit  bediute  -vüde  -giht  -gin  -gir  -girde  -grebede  -grif 
-gunst  -hält  -haltnisse  -hältunge  -hebede  -hugede  -huof  -jac  -kerde 
-kerunge  -klibunge  -korunge  -kumbersal  -nemede  -redunge  -rinc  -ruoch 
-schowede  -sitzunge  -trähtunge  -trüebede  -twinc  -twungenheit  -wegunge 
•zeichenungt  -ziht  -zoc, 

ht'  dieselbe  Präposition  wie  he,  durch  den  Hochton  aber 

ist  die  alte  Qualität  des  Yocals  geschüzt  worden. 

a)  wmbe:  Uhte  {a.ns  bigihte)  bivilde  (neben  bevüde)  bigraft(TLe}m 
begrdft)  bischaft  bisez  bisezze  (Miswachs)  bisorge  bitraht  biziht  (n.  besiht) 
b)  bivanc  -ganc  -garte  -gurtel  -lant  -name  -rede  -gerihte  -släfe  -sorge 
-spei  -spräche  -stal  -sträze  -trit  -wec  -wonunge  -zunge. 

§292.  §  292. 

durh,  hochtonig,  meist  in  jüngeren  Worten. 
durhcehter  -bruch  -vart  -vluz  -ganc  -kere  -schin  -gesiht  -dae. 


287 

er-  vgl.  ur,  §292. 

ver-  (ahd.  far,  fir,  skr.  ^ara  gr.  nagd  got.  /afr)  md.  vir, 

zuweilen  vor,  unbetont,  vor  Subst.  selten,  am  meisten  noch  in 

jungen  Bildungen. 

xerhuoc  -gift  -giht  -kere  Aust  -numft  -zioiveL  —  verendunge  ver- 
hencnässe  verhengunge  vermanunge  vorretnisse  versmeehede  vortrüwiinge 
verdhunge, 

vore-  vor-  (ahd.  vora  got.  faura  skr.  puras)  betont, 
die  md.  Form  des  obd.  in  vür  auftretenden  Präfixes.  Obd. 
zuweilen  auch  für  vür  gebraucht. 

vorbilde  vorbote  -burc  -bedahte  -var  -vehtcere  -vorhte  -gäbe  -helle 
'houbet  'behuge  -top  4oube  -louf  -mac  'tnunt  -rede  -renner  -sage  -smac 
•spreche  -sprunc  -stat  -strit  -tanzel  -gewerbe  -mse  -unser  -wurf  'Zeichen, 

vram-    (got.  fram    skr.  parama)    hochtonig:    weiter, 

vorwärts. 

framleite  framspuot, 

vür-  (ahd.  furi,  von  selber  Herkunft  wie  vor)  [vgl.  md. 
vor)  hochtonig. 

vürban  -hanc  -bot  -büege  -danc  "Vanc  -vart  -ganc  -grif  -holz 
'kauf  -loube  4ouf  -munt  -satz  -schöpf  -smac  -snälle  -span  -gespenge 
-spreche  -trahtunge  -gewage  -witze  -wurf  -gezoehe. 

ge-  md.  zuweilen  gi-  (ahd.  ga,  gi,  dunkler  Herkunft, 
mit  cofif  §vv  unverwant,  vgl.  Joh.  Schmidt  bei  Kuhn  Z.  25, 103 ; 
auch  Benfeys  Vergleichung  von  ved.  gha  scheint  sehr  zweifel- 
haft) ;  unbetont.  Das  Präfix  verstärkt  1)  den  Begriff  des  Wortes, 
2)  bezeichnet  es  das  Zusammensein,  betheiligtsein,  bei  !N^eutris 

das  coUective. 

a)  Hervorhebung,  Verstärkung :  M  a  s  c.  gebär  -braht  -danc  -dranc 
•dwaiic  -val  -heiz  -Idz  -Unc  -lust  -mach  -niez  -ranc  -rieh  -sin  -site 
'Smac  -sprinc  -suoch  -twinc  -walt  'Werp  -win  -wuoc  -ziuc,  —  gebreche 
•breste  'dinge  -loube,  —  Fem.  gebite  -burt  -ddht  -diet  -dult  -vaerde 
•vroerde  -giht  -hebede  -hoerde  -hugede  -huht  -loube  -mäht  -näde  'nist 
-nuht  -pfliht  -räde  -schaft  -scheffede  -schiht  -schrift  -schulde  -gesegede 
-siht  'Spanst  -sunche  -tat  -trüwunge  -tuht  -turst  -wähst  -wer  -umrht 
-Zierde,  —  Neutr.  gebet  -biet  'bot  -bu  -drosch  -giht  -lit  -schaf  -schoc 
'Sloz  -trip  -zoc.  Femer  zahlreiche  Bildungen  in  -ja,  meist  aus  schw. 
Verbalstämmen  abgeleitet,  seltener  aus  Nominibus;  sie  bezeichnen  eine 
Handlung,  zuweilen  das  durch  die  Handlung  hervorgebrachte.  Bei- 
spiele :  gebacke  gebäge  -beize  -bilde  -biuwe  -biuze  -blerre  -bletze  -brache 
-braste  -brehte  -bruote  -dense  -dinge  'diute  -doene  -doeze  -drenge  -vehte 
•veUe  -genge  -gerwe  -gihte  'giude  -hege  -hiuze  'kose  -läge  -laze  -leite 


288 

§■292.  'lende  4iuht€  -Hute  'laufe  -lühe  -lüclce  'male  -menge  -merke  -nasche 
-reize  -renne  -rinne  'ruofe  -rüste  -sceze  -schelle  -schicke  -schirre  -schreie 
-schurge  -slende  -smelze  -smide  -snerre  -sprenge  -spüele  'Stelle  -stüU 
-stüze  -swenze  -tihte  -tiusche  -trecke  -twenge  -weihe  -werbe  -loette  -wide 
-ziniber  -zouwe  —  gedcehte  -vreeze  -spräche  -wilde, 

b)  Gemeinsamkeit  (Masc.  Fem.);  Menge  (Neutr.):  Masc.  -(meist 
schw.  Declin.)  gelmr  geerbe  gevater  geverte  -gate  -helfe  -huöber  (Eberb. 
Urk.  I,  299)  -hüse  -liebe  -loufte  -mahel  -mar  -mdze  -nanne  -nebe  -nöz 
-reise  -schöl  -sedele  -seUe  -släfe  -span  -spü  -strite  -swte  -wete»  —  Fem. 
gebette  -mahde  -niftel  -rdeze,  —  Neutr.  gebeine  -bende  -bette  -birge 
-bäume  -büebe  -digene  -edele  -verte  -videre  -vugele  -hilze  -holzede  (Lac. 
I,  650)  -hunde  -hurne  -hüside  -loete  -miure  -nibele  -niste  -rate  -rieme 
-rigene  -serwe  -sidele  -spenge  -steine  -stime  -stiUle  -stüppe  -sühte 
-wafen  -wate  -würme  -zite  -ziuge. 

über  die  Syncope  des  Vocals  im  Präfix  §  79;  die  Syn- 
cope  kann  bis  zur  völligen  Apheeresis  des  Präfixes  führen,  die 
für  gewisse  Worte  {geselle  -selleschaft  gespil  gestehe  geschaft 
gemach  genia^ze  gebette  gebcere  gehente  gebot  geburt  gebirge 
gewmfen  gewerp  [auch  das  Adj.  gewaltic]  gedanc  gelit  ge- 
heiis)  metrisch  zu  erweisen  ist,  Haupt  zu  Erec  1969.  Manche 
Dichter  freilich  (Grotfried  von  Strassburg,  Rudolf  von  Ems, 
Konrad  von  Wirzburg)  lassen  diese  Kürzung  nicht  zu.  Die 
obd.  Volkssprache  neigt  noch  jezt  zu  dieser  Aufhebung  des 
Präfixes,  BGr.  §  14,  wie  sie  es  früh  gethan  hat,  Grimm  dWb. 
IV.  1,  1608.  Das  Md.  hat  wie  das  Nd.  Abneigung  gegen 
das  Präfix  ge  und  tilgt  es  daher  gern :  Grimm  Gr.  11,  734.  ff. 
W.  Grimm  über  Preidank  S.  52.  Bech  in  German.  XXVI,  263. 

gegen  (gein),  substant.  Präposition,  die  auch  als  hoch- 
toniges  Präfix  verwant  wird. 

gegenbiet  -gäbe  -hart  -herte  -hurt  -kouf  -lauf  -rede  -reise  -renne 
•sidel  -stöz  -strit  -stuöl  -stüele  -traht  -wort  -wurf, 

§293.  §  293. 

hinter  hindeTy  als  Präfix  verwantes  präpositionales 

Localadverb,  hochtonig:  im  Rücken,  zurück. 

hinderbein  -degen  (Hagen  3664  Hintermann)  hinderganc  -huot 
-hüs  -koese  -läge  -list  -loch  -nuere  -rede  -sceze  -sedel  -slac  -stiure  -swanc 
•swich  -teil  -trit  -tür  -werf. 

in-  {kv,  in)  hochtonig;  durch  den  Hochton  öifolgt  allmäh- 
lich Dehnung,  die  jedoch  für  das  13.  Jh.  noch  nicht  sicher 
ist  (AGr.  §  298).  . 


289 

inäde^'e  inbiz  -hlic  -bot  -bruch  -butve  -gedanc  -druc  -val  -vatic  §293. 
'Vart  'vluz  'gäbe  -ganc  -grimt  -gulde  -guz  -holde  'ker  -kneht  -leger 
'leite  -lende  -gercete  -saze  -schin  -achouwe  -sigel  -gesinde  -slac  -stant 
-getuome  -geweide  -wisunge  -ziht, 

ite-  it"  (ahd.  ita-)  selbständig  nicht  vorkommendes  Präfix, 
Wiederholung,  Verstärkung  bezeichnend;  hochtonig. 

iteroche  itetvcege  itewiz, 

mite-  mit  (got.  mip,  Zend.  mad)  erst  in  jüngerer  Zeit 
mehr  gebrauchtes  Präfix,  hochtonig. 

mitebarmen  -burgare  -danc  -dön  -erbe  -vart  -volgare  -vrouwunge 
-gäbe  -ganc  -giht  -gülte  -heller  -heÜunge  -kempfer  -kneht  -leben  -lidunge 
-genieze  -pfliht  -ritter  -scheffe  -geselle  -sltsfel  -slüzzd  -spiUere  -wist  -woner, 

näh  Ady.,  nach  und  bei,  hochtonig. 

ndhban  -böte  -erbe  -giht  -huote  -jage  -jehe  -klaffer  -klage  -klanc 
-kome  -künde  -rede  -reise  -rihter  -gerihte  -riuwe  -slac  -swanc  -tac  -var 
-mrt  -volge  -wint  -zöge,  —  nähbur  -name  -slüezel. 

nid  er  (Localadverb^  vgl.  skr.  ni  slav.  na)  hochtonig: 
niederwärts,  unten. 

niderburc  -val  -vart  -ganc  -gurt  -gürtd  -guz  -hemde  -hüs  -kleit 
'läge  -lant  -läz  -lege  -mort  -muot  -säze  -slac  -stic  -sweif  -swif  -teil 
'Wane  -getcant  -wät  -wint  -zuc, 

übe-  ob'  (skr.  upa  gr.  vjto  sub)  oben,  über;  hochtonig. 

obedach  -man  -name  -süber  -zin. 

ober-  über,  ober;  hochtonig;  vgl.  über. 

oberälUe  -ban  -dach  -hant  -hemde  -kdner  -kemerer  -lant  -lefze 
-man  -scheppe  (md.)  -se  -snäbel  -werch, 

über-  (skr.  upari  vjtig  super  got.  ufar)  md.  obir,  mit 

ober  eng  verwant;  a)  örtlich  über,  b)  steigernd:  über  das  Mass. 

a)  Überbein  -bort  -brä  -bu  -dach  -don  -dön  -duz  -val  -vanc  -vart 
-vhot  -vluz  -ganc  -grif  -gülde  -guz  -hanc  -hant  -hübel  -hoehe  -kere 
-kleit  -lende  -louf  -mät  -müeder  -roc  -saz  -schür  -sehe  -slac  -soum 
-sprunc  -sticke  -suoch  -swal  -tür  -wal  -wac  -wer  -gezimber.  —  b)  iJiberäz 
-Iraht  -drö  -ere  -glänz  -her  -heü  -hitze  -hört  -huor  -Idaf  -klage  -kraft 
-krüphe  -last  -leiste  -lede  -liebe  -mäht  -mdze  -mez  -muot  -mutete  -not 
-genöz  -genuht  -rüste  -sage  -tranc  -trinker  -unst  -wdn  -imUe  -wuwne 
-wünsch  -ziere  -zins  -zuht. 

üf-  (got.  ufj  gr.  vjto,  sub)  von  unten  nach  oben,  oben- 
auf; hochtonig. 

üßlic  -bruch  -vart  -vluc  -gäbe  -ganc  -gebunge  -gift  -halt  -hap 

'habe   -haltunge    -hüs    -louft    -runst    -satz    -satzunge    -schup    -sitzer 

-dac  -sluz  -sprunc  -erstandunge  -erstentnisse  -swanc  -trac  -trit  -wal 

'Zuc  -zuht, 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.   2.  Aufl.  19 


290 

§293.  umbe-   md.  umme  um    (lat.  amb-   gr.  äiiq>i   skr.  ab^i) 

um^  hemm;  hochtonig. 

umbevach  -vanc  -vart  -gane  -grif  -hoc  -hanc  -leere  -kleU  -kreie 
-list  'lauf  -rant  -rede  -reif  -reise  -irere  -sage  -steze  -sezze  -scheide 
-schouwe  -slcu:  -sprunc  -strich  -stwch  -swanc  -sweif  -sweim  -swif  -trah^ 
-tribe  -trit  -wec  -weif  -wort  -zirkd, 

§294.  §  294. 

un-  (got.  fin-  lat.  in-  gr.  skr.  an-)  gewöhnlich  hochtoniges 

privatives  Präfix. 

unart  -bäte  -bilde  -geburt  -gedane  -dinc  -diet  -bedrozzenheü  4 
-ere  -vcisel  -geveUe  -geverte  -vlät  -völe  -vrume  -vuore  -gunst  -güete 
-gehabe  -hant  -heü  -holde  -kiusche  -leng'e  -liumunt  -gemcuih  -mäht 
•ffumheit  -mäze  -minne  -genäde  -gerate  -ruoch  -stdekeü  -bescheidehheU 
-geschiht  -schidde  -schult  -stüemekeit  -tat  -triuwe  -trost  -tugent  -wert 
•wüle  -gewin  -getoitere  -verwizzenheit  -zuht 

Der  Begriff  des  übermässigen,  welchen  das  Präfix  in 
heutigen  obd.  Dialecten  zuweilen  trägt,  AGr.  §  300.  BGr. 
§  227,  tritt  schon  im  mhd.  ungelt,  unJeunder,  ungesuht  (Walth. 
20,  4.  Neith.  170,  77)  unmeisze  auf,  vgl.  A.  Höfer  in  Pfeiffers 
German.  XIV,  201—205.  Nur  verstärkende  Bedeutung  hat 
un  in  unruochelosikeit. 

unter-  under-  (got.  undar  lat  inter  skr.  cmtar)  a)  unter, 

b)  zwischen;  hochtonig. 
^  a)  underväl  underganc  -gieH  -gurt  4az  -genöz  -satz  -sdze  -schid)e 

-sluf  -ströu  -swanc  -teü  -tiefe  -tuoeh  -wurf  -zoc.  —  b)  underbant  -bifU 
-böte  -breche  -bruch  -dige  -vcU  -viz  -gane  -heftdin  -kauf  -köufd 
-list  'reit  -scheit  -dac  -snit  -spräche  -stöz  -tat  -trahte  -tribd  ^rü 
-wende  -wort. 

uo-  höchst  seltenes  Präfix:  nur  in  uomät  (uemety  Nach- 
maht)  uosejsjsel  (Lanzel.  6023,  nicht  Rücksessel,  sondern  Auf- 
satz, Plicken  =  ersezzede  der  Heidelb.  Hs.,  Bächtold  über 
Ulrich  von  Zazikhoven  S.  43).  Die  Bedeutung  von  uo  ist 
wahrscheinlich  auf,  zeitlich  und  örtlich.  Ygl.  Bächtold  in 
der  Germania  XIX,  426. 

ur-  (got.  US,  ur-  vgl.  Kuhn  Zeitschr.  V,  211.  L.  Meyer 
got.  Sprache  S.  563)  aus,  hervor,  hinweg;  gewöhnlich  hochtonig 
und  dadurch  in  der  vocalischen  Qualität  erhalten.  Vor  Verben 
und  daraus  gebildeten  jüngeren  Nominibus  unbetont,  wird  es 
zu  er  (Ausname  etwa  urlosare  Wernh.  Mar.  199,  15). 


291 

urbor  'bot  -bu  -däht  -dane  -drutze  -flüht  -gane  -gift  -giht  -gründe  §  294, 
'haft  'hap  -künde  -kumft  -lac  -liuge  -hite  -Ictster  -leip  -löse  -loup  -nrns 
'Sache  -sage  -säte  -schin  -sldkt  'Sprinc  -stende  'Suoche  -teil  -gewin. 

Der  ans  hinweg  sich  ergebende  negative  Sinn  tritt  in 
urbunstf  urholz  (nutzloses,  unfruchtbares  Holz)  ursinnekeit 
hervor;  das  volle  an  Art  und  Alter  in  urane,  urJeint,  urful; 
urlaster, 

üe-  (got.  üt  skr.  iid)  aussen  und  hinaus  bezeichnend ; 
hochtonig : 

üzbldst  'burger  -vart  -vliez  -vluc  -vluz  'Voget  -ganc  'guot  'guz 
'hunft  'Hute  -man  'reise  'Setzel  -sprune  'trae  -tregd  -trit  -toetiad  'Zoc. 

wider-  (got.  vipra)  gegen;  selten:  zurück,  wieder; 
hochtonig. 

widerblic  -bot  'breche  -brüht  'dienst  'dön  -driez  -väl  -vart  -vehe 
-vehte  -vluz  -vreise  -gäbe  -galm  -gelt  -ghut  -hap  -haft  -holde  -hiuze 
-hugunge  -kere  -knote  -kraft  -kriec  -kumft  -liebe  -Ion  -louf  -nuere  -muot 
-wüete  -murmel  -parte  -pfliht  -qude  -rede  -reise  -ruof  -sache  -satz 
'Schüt  -Schrift  -slac  -späht  'Spdn  -spd  -spor  -spräche  -stöz  -sträze 
-strebe  -stric  -strit  -stürz  -stutz  -swal  -swanc  -teü  -trip  -trit  -trotz 
^rc  -wanc  'Want  -wende  -wart  -wehsd  -werde  -wer  -wint  'Wort  'Vmrf 
-zuc  'Zügel, 

zer-  ze-,  md.  jsur-  su-^  nnv  in  jüngeren  aus  Zw.  oder 
zusammengesezten  Adjectiven  gebildeten  Substantiven. 

jSTMO-  hinzu,  neben;  hochtonig. 

zubröde  (Zubrot  Elis.  3486)  zuobuoze  -vart  -vrouwe  -vuoge  -gäbe 
-ganc  -gelt  -grif  -klage  -verläz  -lende  -louf  -man  -name  -numft  -nutz 
-pfliht  -sät  -schütz  -versiht  -släfe  -sunne  -tcd  -warte  -unp  -zuht, 

B.  ZnsammeBgeieBte  Adjeotiya. 
§  295.  §295. 

a)  Adjectiv  mit  Adjectiv. 

eddarm  albar  cäbrehende  lütbreche  vöäebreit  brwnvar  valfehse 
witvengec  rincverte  ältvrenkisch  aJgar  swarzgeL  niugeme  bittergrimme 
ihengröz  vrischgrüene  höhgültic  rötguldin  wizgehande  missehare  eben- 
here  rehtherze  ebenjunc  tumpküene  süchelage  arclistec  wislos  höhgemäc 
liehtgemäl  mittdmaze  aUmüede  höhgemuot  stolzmüete  liepgename  klein- 
ouge  lancrache  tumpraze  brimreit  ebenriche  alröt  bleichsal  genuocs4ßlec 
seltstene  lancseime  tötsiech  lütersnel  höhsprunge  reinistcste  edelsüeze 
meistteilec  wisetief  lindweich  witweide  rotwiz  wanwitze  ebenziere 
haJpzogen. 

19» 


292 

§295.  Ferner   Zusammensetzungen    mit   beere   haß   liehe   santy 

die  sich  freilich  häutiger  mit  Substantiven  verbinden. 

beere  (das  sich  erheben,  zielen  nach  dem  Inhalt  des  ersten  Wortes 
bezeichnend):  irrebare  verholenb.  lihth,  lütb.  liiterb,  offenb.  trütb.  warb. 

haft:  blintMft  eigenhaft  V(Ü8chhaft  {gewbhiilich.  vcdschaft,  A  wird 
gespart)  geüh,  irreh.  unerlösth.  gemuoth,  sicherh.  gesunth,  swarzh, 
timberh.  töth,  wärh.  wizzenh.  gewonJiaft.  —  liutSiBlechaft.  —  Gewöhnlich 
ist  in  der  späteren  Zeit  der  mhd.  Periode  die  Verbindung  -haftec,  §  275. 

liehe  lieh  in  sehr  zahlreichen  die  Angleichong  an  den  Inhalt 
des  ersten  Adj.  bezeichnenden  Worten,  oft  wird  nur  eine  geringe  Modi- 
fication  des  Hauptadj.  ausgedrückt.  Über  die  Kürzung  lieh  §  16.  —  ällich 
ellich  and,  baitl.  bitterl.  blintl.  bloedel,  Uoezl,  boesl,  edeU.  ermd.  vaJschl, 
vril,  vrcel.  gächl,  gend,  gogeU.  grenU.  grimmel,  grcßzl,  guoü,  (guöllidi) 
hertl.  hohl,  jufid.  karcl.  kiuscM.  Mierl.  krend,  kunU.  kurzl  küenl.  Uhtd, 
liepl.  gemeihl.  mid*  richl.  (rUidi)  rincl.  ruawel.  scharpfl.  siedd.  sicherl, 
slehth  sndl.  stiU.  suozh  swcsrl.  tiurl.  träd.  trutl,  tumpl.  iibell  toackerl. 
werü,  tcüü,  icidich.  —  erbolgenHich  verbundenl,  gedigerU,  verdrozzetd. 
eigetd,  völlenkwnehl,  verldzenl.  gdegenl,  vermezzenl,  berdtefU.  verstandenl, 
versunnetd,  trunkenl,  verwegenl,  wizzentl.  unerwordenl.  beworrerU.  über- 
wundenl.  gezogenlich,  —  affedich  ahtech  bcUded.  bUdecl.  andahted, 
emzed.  endecl.  ered.  geveUech  vliistecl.  volled.  vrumecL  vunded.  un- 
geehed.  giudecl,  grimmed.  güfted.  heüecl,  heimed.  lielfed.  behended. 
herted.  herzecl.  hezzid,  hürted,  jämerd.  inned,  kiusched.  listed,  durh- 
liuhtecl,  genuezecL  mehtecL  minned,  müezed,  genaded.  nided.  genuhted, 
vernumfted.  oßded.  otmuoted.  reined,  bereited.  riuwed,  rtwwed.  gesdUd. 
senftecl.  sihted,  sUeted.  stiUecl.  swmded,  geturstecl.  gewäUed.  tväned.  un- 
verwended.  wiUed,  wünned.  zühtedich,  —  In  den  md.  Schriften  waren 
diese  Adj.  in  -edich  weniger  häufig  als  im  Obd.,  W.  Grimm  zu  Athi» 
D.  97,  sie  breiteten  sich  aber  auch  hier  im  13.  14.  Jh.  aus.  Ein  grosser 
Theil  von  ihj^en  beruht  nicht  auf  Adj.  in  -ec,  sondern  ist  durch  Ana- 
logie entstanden.  Über  die  nasalirte  Nebenform  -endieh  §  216.  217.  — 
höveschlich  kindesUch  unwirdesehlich,  —  egbarlUih  erbaerl,  vruTUbari, 
kostbaerl.  ma/nbarl  genisb,  schtnb.  aläfb,  straf b,  stritbaerlich.  In  späterer 
Zeit  begegnen  auch  Zusammens.  mit  -sandidi,  zb.  vridsamlich  irreaand. 
gewarsamlich. 

8 am  nicht  häufig  mit  Adj.  zusammengesezt:  geheUesam  hers. 
irres,  lancs,  liMes.  gemeins.  sats,  tunkeis,  wertsam. 

§296.  §  296. 

b)  Substantiv  mit  Adjectiv  (und  Particip). 

wurmtsze  tcunderbalt  erenbernde  totbleich  muoterbldz  gruniboese 
spanbreit  spiegelbrün  sdiefbrüche  wöücenbriistic  erbeigen  wibeHoal 
karkelvar  walveige  mietegern  vreudegernde  notveste  addvri  wunder- 
gäbe  hantgar  äzgeü  frwrtgir  sturmgite  sdhimelgrä  loubgrüene  hnfhais 


293 

gimeheil  helleheiz  vlinsherte  toineholt  kintjunc  winterkalt  wunderhüene  §  296. 
mmerlanc  spiegeUieht  herzdiep  spiegellüter  labrnntBre  gelidemcßze  reise- 
müede  muotemacket  dancfneme  8weiznaz  .rederate  mortrtBze  schifreh 
{Frz.  Pfeiffer  zu  Megenberg  S.  707)  miigetreine  wcueerriche  schameröt 
sturmruschende  vnpstBlec  verheer  tötsiech  nassnitec  wortspahe  grati' 
Sprunge  Ivftesüeze  bluotsuhtic  bercswiere  verhtief  muottruebe  herzevbel 
stoertwahs  ruomwcehe  handeweich  hovewert  viurwilt  buozwirdec  wäcwise 
ühselmt  silberwiz  minnewunt  wätziere. 

Häufig  werden  Subst  mit  h(ere  haß  liehe  sam  componirt. 

htere  verbindet  sich  dem  consonantisch  auslautenden  oder  mit 
Themavocal  bekleideten  Stamme.  Dazu  kommen  schwach  genitivische 
in  -e«,  zb.  ereribare  vröudenbeere  seeldenb.  sunnenb.  wunnenb.,  sowie 
die  seltenen  stark  genitivischen  kampfesbmre  Farz.  209,  20.  lobesbtere 
Wilh.  25,  30,  in  denen  btere  wie  ein  selbständiges  Wort  erscheint. 
Neben  den  Adj.  in  -btere  stehn  schon  im  13.  Jh.  solche  mit  geschwächtem 
-her,  die  auf  -bd/r  Nbf.  zu  bisre  sich  zurückleiten.  —  Einige  Belege  der 
Oompositionsgattung :  adelbare  ahtebare  angestb,  dancb.  dienestb.  drob. 
€gd>,  eiterb,  erb.  vrideb.  vröneb,  vröudeb.  vrühtb.  goteb.  gruozb,  g-ilnsteb. 
heüb.  heUeb.  herzeb.  Juyveb.  hungerb.  hurteb.  kampfb.  klagb,  kosteb. 
kriuzeb.  kronb.  künsteb.  kürb.  kusseb.  lasterb,  liehteb.  lobeb.  löneb. 
düsteb.  magetb.  manb.  meienb.  pflanzb.  rätb,  redeb,  reiseh.  riuweb. 
sehadeb.  schalb,  schiücb.  schimpf  b,  schinb.  sendeb.  sigeb,  sitmeb.  siufleb. 
stiureb.  stritb.  sündeb.  tötb.  toufb.  trimceb.  tugentb.  wandelb.  wirdeb. 
wunneb.  zeichenb,  zornb.  zuhtbare.  —  Auch  mit  beerec  kommen  Com- 
positionen  vor:  egesbcerec  riuwebarec. 

haft:  angesthaft  arth,  buh,  buozh.  gedähth.  gedanch.  dienesth. 
eh.  eith.  ellenth.  endeh.  erh.  emesth.  välschh.  viurh.  vlizh.  vröudeh. 
ganch.  gelth.  girh,  hegeh.  heüh.  hdfeh.  herh,  herzeh.  hügeh,  houbeth. 
kerkerh,  klageh,  kriech,  legerh.  Itph.  geloubh.  lügeh.  manh.  nanih.  nöth. 
ordenh.  guelh.  redeh.  sacheh.  sageh.  sceldeh.  schadeh,  schalch.  schameh. 
scharh,  schuldeh.  sedelh.  sezh.  sigeh,  sihth.  spoteh.  stahdh.  stateh.  süchh. 
s&ndeh.  gesunth.  teiUi.  tiuvelh.  {sibendmelh.  Friedb.  Kr.  F.  1,  22)  törh. 
trügeh.  tugenth.  wandelh,  werchh.  weideh.  wich,  wunder h,  wuocherh. 
zalh.  zinsh.  zmvelhaft.  —  Die  Zs.  mit  hafiec  sind  jünger,  kommen  zwar 
theüweise  schon  ahd.  und  im  12.  Jh.  vor,  breiten  sich  aber  erst  im 
14.  Jh.  mehr  aus.  Einige  Belege:  adelhaftec  diensthaft.  ehafU  ganch. 
durhgrunth.  hanth.  klageh.  mäzh.  schalch.  teüh.  wandelh.  zeichenhaftec. 

liehe  lieh:  addlich  angestl.  ansihtl.  arbeitl.  arü.  betel.  bildel. 
bül.  blid.  gebrüchl.  burgh  geburth  vürdahtl.  degenl.  diel,  dincl,  gedönel. 
darperl.  dröl.  düfl.  egesl.  (eisl.)  endel.  enstel.  ercl.  vcerl.  gevaterl.  vienth 
vleischl.  viel»  vorMel.  vreisl.  vrevelh  vridel,  vriuntl.  gevuoll.  girl.  gotel. 
grevel.  hazl.  behegel.  helfl.  herl.  herrenl.  herzel.  gehör saml.  hovel.  hurtl, 
huorl.  jämerl.  kampfl.  klegd,  kostl.  kusl.  antläd.  lipl.  lobel.  geloubl. 
lügenl.  magenl.  meinl.  magetl,  ma^tuoml.  gemechl,  manl.  menschl,  mcezL 


294 

§296.  minnel,  mortl,  müel.  muoterl,  nöÜ,  ordefd,  pfafl.  pflegl,  pird,  reigeL 
rüterl,  rüenü,  schau,  sehedel.  schüU.  schriel.  geseü.  sigd.  sinnd,  süd. 
döü.  sturmd.  sumerl,  sufd.  simtl,  tegd,  tierl,  tiwodl.  toerl,  tugentL 
urteiU.  wachl.  wand,  wazzerl.  wd,  weidd,  werltl.  w%pl.  wirtl.  umaUieh 
zeichenl.  zarfd.  ztthüich. 

YerBchieden  von  dieser  echten  Zusammensetzung  ist  die 
Vorrückung  eines  Gen.  Plur.  vor  gelich  oder  KcÄ,  wodurch 
der  pronominale  Begriff  jeder  gewonnen  wird:  kinde  gelich 
jedes  Kind,  dingdich,  järgelich,  lendelidi,  aller  manne  gelich 
allermenglich  allermehlich  mengelich  mänedich  mätdichy 
aller  ritter  gelich  rittergeUch,  sühtdich,  tiergeUch. 

sam.  Adjectiva  aus  einem  Subst.  und  sam  zusammen- 
gesezt  sind  weniger  häufig  als  die  mit  licJie  componirten.  Im 
12.  Jh.  begegnen  sie  öfter  als  im  13.;  manche  Dichter,  wie 
der  Dichter  der  Klage,  Walther,  Wolfram,  Wimt  von  Gräven- 
berg  meiden  sie;  Hartmann  hat  sie  wol  im  Erec,  Gregor,, 
armen  Heinrich,  1.  Büchlein,  aber  nicht  im  Iwein  und  2.  Büch- 
lein. Andere  dagegen,  so  Gotfried  von  Strassbui^  und  Konrad 
von  Wirzburg,   brauchen  sie  gern,   vgl.  W.  Grimm  z.  Atbi» 

D.  20.    Haupt  z.  Engelh.  1185.  z.  Erec  214. 

arbeitsam  eiss.  ers.  gevaUes,  vorhtes.  vreiss,  vrides.  vrühts.  griuwes, 
gruozs.  heüs.  hons.  gehörs.  klages.  leüs.  lohes.  lusts.  minnes.  morts. 
muots.  genözs.  genuhts,  ruoms.  schades.  schames.  sinnes.  sorcs.  teäs. 
trösts.  trüges.  trures.  tugents.  wunnes,  ziersam. 

§297.  §  297. 

c)  Fronomen  mit  Adjectiv. 
samwüzec  selpwesic. 

d)  Adverb  mit  Adjectiv. 

hifdazic  -nemec.  —  innewendic  üzewendic.  —  innerlich  üzerlich, 

—  samenthaft  'lieh.  —  hardnderbe  -gröz  -guot  -holt  -lanc  -mcBre 
'Senfte  -tiure  -tois.  —  ertegic.  —  missevar  -meüec  -müete  'Z<Bme.  — 
wolgebtere  wolveil  'gesmac  -tan. 

e)  Yerbalstamm  mit  Adjectiv. 

frdgebare  unerforschb.  jagd).  sageb.  simftdt.  siMchd).  tragd>aere, 

—  arhaft  (arabüis  HU.  1, 419.  Böhmer  263)  berhaft  ld>eh.  tardh.  ioane' 
Itaft.  —  ragehvffe.  —  erbemdich  bieglich  bUpl.  volbrenglich  verderpi, 
verdient,  ezzl.  bevinü.  hebd.  hinderl.  lachel.  lebel.  tmlidd.  merl.  nennd. 
verseht,  sprechd.  vertügel.  vertuend,  tveinl.  wesd.  zthUch,  und  mit 
Einschiebung  eines  unechten  n:  vürbergenlich  unverbreehenl.  btUoenl. 
mndevd,  behagerd.  lachenl.  versehevd.  sterberd.  sträfenl.  treffenl.  betriugetä. 


295 

troestenl.    toeidenl.    verwerrenl.   toesenl.    verzagetd,    bezeidhehlieh.    —  §297. 
vermeinsam, 

f)  Zahlwort  mit  Adjectiv. 

einh(ßre  einborn  einvcUt  einvar  emvormec  einhaft  einhd  ein- 
heüec  einjehtic  einkriege  ewdich  einloetec  eitdütze  einmuote  einnehme 
eingenote  einöuge  einrihtec  einschüt  -trehtec  •wiUec.  —  einedUch.  — 
zißigebel  -lieh  -slehtic  -apel  -spüt  —  drieeke  -valtec  -houptec  -lieh 
'Sinnec  -spitzec  -zinkeht, —  Vierecke  -var  -lieh -örtec  -schroetec  -tage 
'tegec,  —  niunherzic, 

§  298.  §298. 

g)  Partikel  mit  AdJQctiy  (über  die  präfigirten  Par- 
tikeln §§  291—294). 

ä'  hochtonig. 

ddosme  ägezzd  -lanc  -setze  -smeckie  -stiure  -sunder  -mtzec. 
ahe-  ab'  hochtonig. 

äbegengic  abgezzec  dbehtBre  -hendic  -holt  -läge  -Imze  Aip  -rinnec 
dizec  'teüec  -trünne. 

ane-  an-  hochtonig. 

andenke  anveUec  anegengic  anelich  -minne  -niBme  -ratec  -schin 
•seige  -spräche  -wart  -ziehlich. 
ant'  hochtonig. 
antfähs  -saze  -s^ezic, 

he-  unbetont. 

begar  -hagel  -flogen  -hende  -kennic  -qucsme  -reite  -ringe  -scMbe 
-Sippe  -statec  -stendec  -toenke. 

bi'  hochtonig:  biderbe, 

hochtonig  und  mit  langem  i:  Hgeloubec  -gesdlec  -gestendie  -wegec, 

durh'  dur-  hochtonig  vor  einfachen,  tieftonig  vor  ab- 
geleiteten und  zusammengesezten  Adjectiven. 

a)  örtlich  durch:  durhbrünstec  -veUec  -gengic  -griftic  -gründe 
-liuhJtec  -nehte  -schinec  -sihtec  -sieht  -zündec.  —  b)  die  Durchdringung 
mit  der  Eigenschaft  bezeichnend :  durhvlach  -vruhtec  -ganz  -grate  -heiz 
'hitisehe  -klär  -liüht  -listec  -lustee  -lüter  -rein  -scheUec  -senftec  -siech 
•spitzec  -suber  -trehtic,  —  durhgrunthaftec. 

ver-  unbetont,  nur  in  abgeleiteten  Adjectiven,  zb. 

vergiftec  -nünftec  -rihtec  -tragic. 

vor-  betont. 

vorbedäht  -bedtehtec  -gar  -name  -besihtic  -wage, 

vür-  betont. 

'&ürd<BhÜich  -naeme  -besihtic  -trehtic. 


296 

§298.  ge-  unbetont;    das  Präfix  bezeichnet   a)  die  Verbindung 

oder  Ausstattung  mit  dem  Begriff  des  Substantivs,  aus  dem 
das  Adjeetiv  abgeleitet  wird,  b)  hebt  es  den  Begriff  des  zu 
Grunde  liegenden  Adj.  hervor. 

a)  gehart  -veder  -vriunt  -vüege  gehant  gehende  gehär  -haz  -herze 
'hom  -Up  'tnäc  -man  -maze  -minne  -muot  -noete  -rede  -schuoh  -»inne 
'Sippe  -Site  -sitme  -slaht  -zagel  -zan.  —  b)  geberht  -derbe  -dihte  -vtere 
-vage  -giwt  -heil  4iep  -Urne  -rat  -reht  -ringe  -ruch  -rume  -sieht  -spraBche 
-triuwe  -wäre;  femer  gehouge  gedrenge  gelenge  gdenke  genende  gevölgec 
gehtdfic  geriuwec  geruomic,  —  Eine  den  Stammbegriff  verstärkende 
Bedeutung  hat  ge  wol  auch  in  gemach  gemeine  gemeit  genuoc  gereeh 
gereit  gesunt  gewar. 

Die  Ableitungen  und  Zusammensetzungen  mit  ^ominibus, 
welche  das  Präf.  ge  haben,  sind  ausserdem  zahlreich,  zb.  ge- 
bresthaft  gedultec  geloublich  getiihtec, 

gegen  hochtonig. 

gegenwart;  sonst  nur  in  Ableitungen  von  Subst.  mit  gegen. 
hin  der  hochtonig. 

hinderstdlec  und  Ableitungen  wie  hindergengec  -listec  -reddich, 
in-  hochtonig,  a)  mit  örtlicher  Bedeutung  b)  verstärkend, 
a)  inborn  indenJce  ingendic  inheimisch  inlih  inwart  inwendic.  — 
b)  indurstec  in/viuric  ingar  ingrüene  ingruntUch  inguot  inhitzec. 
ite-  hochtonig. 
iteniuwe. 

mite-  hochtonig. 

miteewic  -hellic  mitelös  mitesam  miteware. 
näh'  hochtonig. 

ndhriete  nähgrifec  'Vlühtec  -ratec  -wendic. 
nide-  hochtonig. 
nidewendic. 
nid  er-  hochtonig. 
niderbrüstec  -veUic. 
obe-  hochtonig. 
obewendiCj  Nebenf.  obenwendic. 
über-  hochtonig  a)  örtlicli  b)  über  das  Mass,  über  und 

über  =  durchaus. 

a)  übervluetec  -gare  -swenke  -wage  -wertec  -icündec,  b)  über- 
vinster  -völ  -grä  -gröz  -guot  -her  -hitzec  -kostlich  -kreftic  -lieht  -lui 
-menschlich  -sceUc  -sat  -sinnec  -wesenlich. 

üf'  hochtonig. 

üfreht  -rihtec  -rüstec  -wert. 


297 

§  299.     un-  in  der  Regel  hoch  tonig,  doch  auch  zuweilen  §299. 
anbetont,    kann  mit  negirender   oder  doch  verringernder  Be- 
deutung vor  jedes  Adjectiv  und  adjectivisch  gebrauchte  Particip 
treten.     Besonders  gern  verbindet  es  sich  den  Ad.  in  -ja,  in 
-ic  und  mit  liehe. 

Über  die  privative  Bedeutung  von  un  äussert  sich  Hug 

von  Trimberg  in  seinem  Renner  9160  —  85  also: 

ein  lasterhlech  daz  heizet  un^  daz  durh  tiutschiu  lant  nu  get 
und  vorn  an  mangen  worten  stet,  der  lob  ez  nidert  unde  swacht  und 
ez  gar  zenihte  macht,  des  hän  ich  leider  vil  geziuge^  dies  mir  gesten 
daz  ich  niht  liuge:  unselc  unsinnc  unst(Bte  unreine^  unedel  unertic 
ungemeine,  ungedultic  und  unordenlich,  ungehorsam  und  unhovelich, 
unbillich  unzimelich,  unmenschlich  unkristerüich,  unversunnen  unerlich, 
nnveterlich  unmuoterlichy  unswesterlich  unhrüederlich,  unvriuntlich 
ungeseRich,  untugentlich  unendelich,  unvlmtic  unkiusch  unlustic, 
unheimlich  uiitriu  unkustic,  unwert  unwis  und  ungelert,  unglöubic 
unde  unhekert,  unbescheiden  unredlich,  unwiUc  ungntedic  unfridlich 
—  noch  vindet  man  der  worte  vü,  der  ich  niht  mer  schriben  wil. 

Auch  bei  verbaler  Verwendung  des  Part.  Perf.  Pass.  ist 
die  Präfigirung  von  un  zulässig,  zb.  dajs^  hän  ich  ungedienef 
noch  Parz.  362,  7.  da^  hän  ich  unverschuldet  noch  Flore 
3897.  du  hast  min  unvergez^sen  Trist.  9455.  dai^n  wirt  dir 
unvergolten  Stricker  kl.  Ged.  6,  52.  Der  active  Sinn,  in 
den  das  Part,  zuweilen  übertritt,  wird  durch  un-  nicht  be- 
eiüträchtigt :  vgl.  ungeiszen  unervorht  ungesungen  ungetihtet 
unbetrogen  ungewtjszen,  Grimm  Gr.  IV,  69—71.  f.  Da  Verba 
die  Verbindung  mit  un  nicht  eingehen,  so  ist  die  Fähigkeit 
des  Partie,  dafür  besonders  beachtenswert. 

Die  in  heutigen  Mundarten  nachweisliche  steigernde  Be- 
deutung von  un-  kann  ich  nur  an  unplot^lich  Köditz  61,  25 
nachweisen;   AGr.  §  305.   BGr.  §  232. 

unter-  und  er-  hochtonig. 

a)  unter:  underhöric  undertä/n  -tcenec  undertoendic,  b)  zwischen: 
undertdn  (Trist.  2390).  —  Konrad  v.  Megenberg  braucht  under  zur 
Übersetzung  des  lat.  sub :  underbleich  -pitter  -gel  -rot  -swarz, 

uo-. 

Nur  in  uohaldic  fPundgr.  II.  216,  9)  nachweislich  =  tviderhäldic, 
proclivis. 

ur-  hochtonig,  mhd.  sehr  im  schwinden  gegen  den  ahd. 

Gebrauch. 


298 

§299.  heraus  hervor:  urdrütze  urdrützec  urez  (Benner  19580).  —  ver- 

stärkend  (herausgehn  aus  dem  gewöhnlichen  Mass):  ureigen  urldare 
urkleine  urmcBte  urweche,  —  negativ  (herausgehn  aus  der  Eigenschaft) : 
urJcleffe  urlende  uraorge  Ursprache  urware  urwise, 

ÜZ'  hochtonig;  herausgehn  aus  dem  gewöhnlichen  Mass. 

uzliep  üzwert, 

wider-  hochtonig. 

widergenge  -muot  'Soeze  -spane  -sperre  -stdle  -zam  -ZiBme.  — 
widerhüdec  -hruhtic  -heldic  -heUic  -sazic  -setzte  -spanic  -stendic 
-wartic  -wendic. 

zer-  zur-  unbetont,  nur  in  Ableitungen  oder  Zusammen- 
setzungen mit  componirten  Adj. 

zh.  zergancUch  —  zurtodnic, 

ZUG'  hochtonig. 

zuokünftic  zuolih  WvKh.  27,  21.  zuotaetic  zuoveUic, 

0.  Zusammengewsste  Zeitvorte. 

§300.  §  300.     Die  Zeitworte   verbinden  sich   am  liebsten  mit 

Partikeln  oder  Präpositionen;  die  stärkere  Bestimmung  ihrer 

Thätigkeit  oder  ihres  seins  durch  Nomina   widersteht  ihnen. 

Jene  präpositionalen  Präfixe  bezeichnen  nur  die  Richtung  oder 

die  Stärke  des  Begriffes. 

Substantiva  mit  Zw.  componirt   sind  im  Grunde  nur 

lösbar  vorgerückt.     Logisch  scheiden  wir  dabei  appositionelle 

Verbindung   wie  kintwesen  meitwesen  miltekosen  vrosangen 

wänsangen  meinswem,  und  casuelle  Verbindung.     In  dieser 

sondert   sich    accusatives  Verhältnis,   zb.  jämerbem  ebrechen 

sippebrechen  rätvrägen  mceresagen  messevrumen  minnegem 

fröudemachen  teilnemen  fiuwerniuwen  stritscheiden  sumber- 

slahen   härslihten   heimesuochen    kapeltreten  —   dativisches 

(Ziel):  Spottelachen  schantlachen  lobsprechen  släf trinken  — 

genitivisches  (Grund) :   minneglüen  jämerschricken  vröuden- 

weinen  —  instrumentales:  radebrechen  vingerdiuten  veder- 

slahen   hantslahen   zagelweiben   vinger zeigen   —    locatives: 

hellebrennen  knievallen  winkelsehen. 

Adjectiva,  die  sich  mit  Zeitworten  fester  verbinden, 

sind  nur  volle,  misse,  seltener  eben  sunder  und  das  Adv.  wdl, 

volle-  vol-,  md,  voUen- vdn- :  voUebringen  -buwen  -vam  -vikren 

-gän  -gründen  -harren  -Herten  -langen  -leisten  -lohen  -loufen  -machen 


299 

-mezzen  -reden  -recken  -rihten  -riten  -rüemen  gesogen  -speken  -spün  §300. 
-sprechen  -stän  -tihten  -treten  -trinken  -truwen  -tuon  -wthen  -würken 
-ziehen. 

misse  -(Men  -bieten  -bmuen  -denken  -dienen  -dthen  -dunkeh 
-enden  -vaUen  -vam  -vüegen  -vüeren  -gän  -geben  -glauben  -grifen 
-gründen  -haben  -hagen  -halten  -handeln  -hellen  -hüeten  -jehen  -keren 
-komen  4äeen  -Uchen  -lingen  -louben  -machen  -niezen  -prisen  -raten 
-reden  -sagen  -schehen  -sehen  -sprechen  -stän  -stellen  -tragen  -treten 
-tuon  -warn  -wenden  -wenken  -toürken  -zemen  -ziehen  -zieren, 

eben  -doln  -heUen  -hiuzen  -loufen  -mäzen  -menden  -tragen, 

sunder  -klagen  -meinen  -sprächen. 

wol  -kochen  -sprechen  -tuon. 

Ein  genitivisches  Substantiv.  Adv.  erscheint  mit  Yerbam 
componirt  in  dingesgeben,  Berth.  Pr.  I.  40,  4.  175,  21.  Es 
ist  aber  eine  trennbare  Zusammenrückung. 

Von  den  zusammengesezten  Verben  ganz  zu  trennen  sind 
die  verbalen  Ableitungen  von  zusammengesezten  Nominibus, 
wie  u.  a. 

offenbeeren  herbergen  manecvaUen  herverten  höhverten  jdherren 
slekmitden  unruochen  botschaften  unsinnen  unsubern  hovetanzen  arc- 
W(ßnen  muottvülen  kurzwilen  vünvitzen. 

§  301.  Bei  der  Composition  der  Partikeln  mit  Zeit-  §301. 
werten  trennt  sich  die  unlösbare  der  Partikeln  ä-be-ent-er- 
der-ver-ge-'ite'jser  (Grimm  Gr.  II,  797-— 865)  von  der  lös- 
baren mit  Präpositionen.  Von  diesen  verbinden  sich  durh 
hinter  über  umbe  under  wider  (Gr.  II,  875.  flf.)  fest,  sobald 
ihre  Bedeutung  abgeschwächt  ist;  in  nachdrücklicher  adver- 
bialer Bedeutung  lösen  sie  sich  vom  Yerbum  ab.  Die  übrigen 
Präpositionen  und  Ortsadverbien  haben  nur  ein  adverbiales 
Verhältnis  zu  dem  Zeitwort  und  stehn  von  ihm  gesondert, 
wenn  auch  gewöhnlich  unmittelbar  vor  oder  hinter  ihm. 
Grimm  Gr.  II,  879.  ff. 

a)  Untrennbare  Partikeln  mit  Yerbiini. 
§  302.  §  302. 

a-  hochtonig,  selten,    da  derselbe  Begriff  durch  ar  (er) 

bezeichnet  w^ird. 

dkösen  äsprächen  ästiuren  ävnchen. 

be-  md.  bi-  be,  in  sehr  zahlreichen  Verbindungen, 

betont  die  Kichtung  auf  das  Object  bei  Transitiven:   bedenken 

-decken  -dingen  -diuten  -dringen  -driuzen  -vähen  -vaUen  -vinden  -gen 


300 

§  302.  -giezen  -graben  -grifen  -grüezen  ^gürten  -haben  -halten  -heften  -henken 
•hem  -hdn  -hügen  -hüllen  -hüeten  -jagen  -jehen  -kewnen  -keren  -kerkdn 
'klagen  -körn  -laden  -langen  -legen  -leiten  -liegen  -litihten  -Hüten  -lüchen 
•merken  -minnen  -niden  -raten  -reden  -refsen  -rihten  -riten  -riezen 
-riuwen  -roitben  -i'uachen  -rüsten  -samenen  -schaben  -scheiden  -schein 
-scheiden  -schinen  -schauwen  -schrien  -schütten  -sehen  -senden  -setzen 
-singen  -sitzen  -sWten  -sliezen  -smden  -snitzen  -sperren  -springen  -sten 
-stiften  -strichen  -soufen  -sufen  -suochen  -swceren  -trahten  -trecken 
-triegen  -trüren  -ttoingen  -u/nsubern  -taenen  -wallen  -weüen  -wenden 
-toinden  -tvisen  -würken  -ziehen  -zihen  -zwagen.  —  Instnimentale  Be- 
deutung (versehen  womit):  bebreiten,  beburggüten  (Henneb.  ü.  11,  112) 
bedürnen  begedemen  behüsen  bekleiden  -liewen  -liumunden  -regenen 
-rigeln  -salben  -sinnigen  -touwen  -ziugen  -ziunen.  —  Privative  Bedeu- 
tung (bei  Seite):  begeben  behaupten  benemen  sich  bewegen^  begliten 
(ausgleiten  Leyser  Pr.  65,  5).  —  Bei  Intransitiven  verstärkt  be  den 
Begriff:  beginnen  -hagen  -kliben  -körnen  -Üben  -nahten  -rinnen  -schehen 
-slifen  -snaben  -stän  -tagen. 

Vgl.  A.  Hittmair  Die  Partikel  be  in  der  mittel-  und  neuhoch- 
deutschen Verbalcomposition.    Wien  1882. 

ent-,  häufig  en-  vor  Labialen  und  Gutturalen  (folgende 

Media  wird  dann  oft  zur  Tennis,  f  zu  pf),  md.  int-,   ripuar. 

int'  ont'  unt-,  —  Unbetont. 

Die  ursprüngliche  Bedeutung  gegen  lässt  sich  noch  erkennen 
zb.  in  enbieten  (etnpieten)  enblanden  engelten  (enkelten)  enthoben  ent- 
halten entheizen  enkleiden  entlihen  empfelhen  entreden  entsagen  ent- 
werfen, entgegen  in  empfdhen  empfinden  entnemen  entseben  enstän. 
—  Verstärkung  inchoativer  Bedeutung:  enbrinnen  -brennen  -flammen 
-liuhten  -schinen  -släfen  -springen  -sweUen  -wachen  -wecken  -zünden; 
enphlegen.  —  Aus  entgegen  ergibt  sich  privative  Bedeutung  (hinweg, 
von)  und  Verstärkung  privativer  Bedeutung:  entänen  entbinden  [enpinden) 
enbesten  enblecken  enblüemen  enbrechen  entdecken  enterben  enpfloehen 
enpfaUen  enpfarn  enpfremden  entfröun  enpfüeren  entgenzen  engesten 
-gurten  -heften  enhenden  -keren  -kleiden  entladen  -läzen  -Üben  -luchen 
•raten  -reden  -rinnen  -risen  -rüsten  -sagen  -schuldigen  -schütten  -setzen 
-sin  -sinnen  -sliezen  -spannen  -spenen  -tragen  -tuon  -wahsen  •%Dd>en 
-wegen  -wellen  -wenden  -wem  -werren  -wesen  -toichen  -wilden  -wischen 
-wonen  -zihen  -ziehen, 

er-  md.  ir-  her-  hir-,  unbetont 

Die  Grundbedeutung  ist  aus,  hervor :  zb.  erähten  er  amen  -beigen 
-bellen  -biten  -bieten  -blicken  -brechen  -bürn  -denen  -denken  •diezen 
-vehten  -verren  -vinden  •vliegen  -vlehen  -vrischen  -vüllen  -gän  -g^)en 
-giezen  -graben  -heben  -hügen  -kennen  -liechen  -loesen  -louben  -mieten 
-nern    -quemen   -ringen   -rinnen   -schiezen    -schrecken   -sehen   •spehen 


301 

-sperren  -spriezen  -sprengen  -stän  -sterben  -suochen  zwingen  -teilen  §  302. 
•traHen  -triegen  -wdhsen  -waüen  -wegen  -wenden  -winden  -zeln  -zielen. 
Daraus  ergibt  sich  verstärkende  Bedeutung  a)  bei  Transitiven:  die 
Thätigkeit  steigert  sich  bis  zum  erreichen  des  Ziels :  erarbeiten  erbeiten 
-beizen  -blenden  -drumen  -effen  -varen  -vinstern  -viuhten  -vüUen  -geüen 
-geizen  -greinen  -hoehen  -üen  -Hein  -itefiiuwen  -Mengen  -hüelen  -lernen 
'linden  -mcsren  -mieten  -müeden  -murdefi  -niuwen  -oesen  -offenen  -säten 
-scheinen  -slahen  -slichen  -stecken  -toeten  -treten  -wellen  -werben  -ziugen. 
Bei  Intransitiven  wird  der  Begriff  des  werdons  verstärkt :  eraffen  -alten 
-armen  -balden  -bidemen  -blinden  -bliugen  -blasen  -dorren  -dursten  , 
-mrhten  -glüejen  -gouchen  -hitzen  -jungen  -lamen  -mannen  -schämen 
-siahefi  -stummefi  -swarzen  -tagen  -toben  -touwen  -wachen  -warmen 
-wüden  -zamen. 

Bei  manchen  Verben  entsteht  der  Begriff  zurück,  wieder 
zb.  in  ergeben  ergeteen  -höln  -län  -quicken  -setzen  -winden 
-ziehen  (Trist.  19421;. 

der-  md.  dir-,  mit  er  durchaus  derselben  Bedeutung 
(nach  Kuhn  Zeitschr.  V,  210.  f.  auch  derselben  Herkunft  aus 
anis;  er  [got.  us]  entstünde  aus  a-s,  der  [dis]  aus  -nis).  Es 
i^t  Yor  dem  11.  Jh.  (Müllenh.-Scherer  Denkm.  XXX,  6)  nicht 
nachgewiesen,  seit  dem  13.  Jh.  kommt  es  obd.  (namentlich 
bairisch)  und  md.  ziemlich  häufig  vor,  im  14.  15.  Jh.  drängt 
68  im  östl.  Mitteldeutschland  er  in  den  Hintergrund.  Es  ist 
noch  heute  bair.  oberpfalz.  ostfränk.  lausitz.  schles.  gäng  und 
gäbe,  in  Thüringen  aber  (nach  Regel  Ruhlaer  Mundart  79) 
fast  erloschen.  —  Öchmeller  BWb.  1«,  531.  BGr.  §  234. 
AGr.  §  308. 

Einige  Beispiele  aus  obd.  Quellen: 

derarbeiten  derbringen  derbeizen  -malen  -gräwen  -heben  -kennen 
-lachen  -legen  -Uuhten  -loesen  -louben  -sehen  -seihinen  -slahen  -sterben 
-wdn  -werben  -winnen  -zucken. 

Aus  md.  Quellen: 

dirbUen  derfrdgin  derfuUen  dirhaldin  -holin  -kennen  -Idzin 
-manin  -mordin  -slän  -stechin  -sten  -sticken  -wein  -wisen, 

§  303.  §303. 

ver-  md.  vir-  vor-  vur-,  unbetont.  Aus  der  Grundbedeu- 
tung bei,  neben  entwickeln  sich  die  verschiedenen  Bedeutungen, 
die  das  Präfix  dem  Vb.  gibt :  a)  bei,  zu,  b)  bei  seite,  c)  auf- 
hörend zu  sein  oder  zu  thun,  d)  das  Mass  überschreitend,  über. 


302 

§303.  a)  verbesten  -hlenken  -danken  -decken  -denen   -dürnen   -ebenen 

•vollen  -vieren  -gelten  -graben  -haben  -harnten  -jähen  -jehen  -Urnen 
-müren  -mßjen  -nemen  -riben  -rigeln  -riMen  -ruochen  -schdken  -schrägen 
•setzen  -slähen  -sliezen  -sorgen  -spannen  -sperren  -starren  -suochen 
-wahsen  -walken  -wieren  -tcizen  -toürken  -Zinsen  -zwicken,  —  b)  ver* 
dringen  -vam  -vüeren  -gdn  -geben  -haben  -jagen  -keren  -läzen  -leiten 
-schieben  -schupfen  -spannen  -tragen  -treffen  -trtben  -waUen  -wanken; 
verdenken  •gunnen  -kiesen  -kaufen  -sprechen  -swern  -tragen  -warten, 
—  c)  verbaUen  -bem  -boln  -blasen  -brennen  -derben  -diezen  -döuwen 
-drumen  -eiten  -vellen  -klagen  -kouwen  -liesen  -loüben  -nihten  -pflegen 
-riuwen  •schämen  •serten  -sinken  -slinden  -sitzen  -sniden  »spün  -stechen 
-süfen  -swinden  -tanzen  -topein  -tuon  -werden  -welken  -werten  -toürken 
-zern,  —  d)  vergdhen  -laden  -ligen  (sich  v.)  -mezzen  (sich  v,)  verminnen 
-salzen  -schrien  -släfen  -fitzen  -stampfen  -trähten  -wepfen. 

In  Ableitungen  aus  Nominibus  verstärkt  ver-  den  Begriff 
des  zu  etwas  werden  oder  machen. 

veraffen  -alten  -argen  -boesen  -dieben  -dorpem  -dorren  -einbtBren 
-eilenden  -veilen  -giseln  -heilen  -herten  -herwen  -huleen  -kapfen  -kargen 
•kebsen  -kleinen  -krenken  -liitzeln  -müeden  -rüemen  -sdwen  -spaten 
-Stäben  -steinen  -sujochen  -swerzen  -tören  -tauben  -wilden  -witewen  -zagen, 

ge-,  unbetont  (nur  im  Partieip.  Pass.  der  Lehnworte  in 

-ieren  hochtonig)  tritt  unzähligen  Verben  vor.     Es  gibt  1)  als 

wortbildendes  Präfix  eine  verstärkende  oder  den  Verbalbegriff 

abschliessende  Bedeutung;    2)  dient  es   dem   Ausdruck    der 

Vergangenheit,  indem  es  a)  vor  einfachen  Zw.  den  Begriff  des 

Präterit.  steigert,  dem  Präsens  unter  umständen  den  Begriff 

des  Perfects   und   dem  futuren   Präsens   die  Bedeutung   des 

Futur,  exact.  verleiht,  b)  indem  es  in  negativen  Sätzen  dem 

von  einem  Präteritopräsens   (namentlich  Icunnen  mugen  soln) 

abhängigen  Infinitiv  die  Bedeutung  eines  Inf.  Perf.  gibt. 

Grimm  Gr.  II,  848.  L.  Tobler  über  die  Bedeutung  des  deutschen 
ge-  vor  Verben,  in  Kuhns  Zeitschr.  XIV,  108 — 138.  AI.  Beifferschoid 
über  die  untrennbare  Partikel  ge-  im  Deutschen  I.  1.  ge  bei  Infinitiven. 
Breslau  1872.  und  im  Ergänzungsband  der  Zeitschr.  f.  deutsche  Philol. 
319-446. 

Zu  bemerken  ist,  dass  manche  Verba  mit  ge-  die  unzu- 
sammengesezten  gleichbedeutenden  Verba  aus  dem  Gebrauche 
ganz  oder  wenigstens  überwiegend  verdrängt  haben.  Dies  gilt 
für  gehorwen  gelouben  gelücJcen  genenden  genesen' geschehen 
gesigen  gesinen  gestemen  gewahen  gunnen,  —  Über  die 
vocalische  Syncope  in  ge  §  79.  —  Ableitungen   von  mit  ge 


303 

zages.  Nominibus,  wie  gelimpfen  gemeinen  genäden  genozen  §  303. 
genüegen  gewaltigen  kommen  hier  nicht  in  Betracht. 

ite-  hochtonig,  nur  in  iteruchen,  itewtzen. 

un-  ist  kein  verbales  Präfix.  Es  zeigt  sich  nur  in  Zw., 
die  Yon  mit  un-  präfigirten  Nomin.   abgeleitet  sind.     Ebenso 

ur-;  die  verbale  Form  dieses  Präf.  ist  er  (ar). 

zer-  ze-y  md.  zir-  zi,  zur  zu  zo-  (got.  tus  nord.  tar 
gr.  dvg  skr.  dus,  in  allen  diesen  Sprachen  mit  der  Bedeutung 
schwer,  übel,  miss-)  gibt  im  Deutschen  den  Verben  die  Be- 
deutung der  Ab-  und  Auflösung;  negative  Begriffe  steigert  es. 

zerbern  -hlcejen  -bHuwen  -brechen  -breiten  -dennen  -drinden 
•drumen  -väüen  -vam  -vliezen  -vüeren  -geben  -gen  -heUen  -houwen 
'Idzen  -liden  -matten  -rennen  -reren  -rinnen  -riten  -riuten  -rizen 
-Sißjen  -scheiden  -schricken  -schrinden  -schroten  -senden  -serten  -slahen 
■sniden  -spenen  -spreiten  -sprengen  -springen  -sprizen  -spröutoen 
•stoeren  -stoüben  -swellen  -teilen  -trechen  -trennen  -treten  -triben  -tuon 
-werfen  -werren  -wirken  -ziehen. 

b)  Trennbare  Partikeln  mit  Yerbum. 
§  304.   Die  trennbaren  Partikeln,  welche  mit  dem  Verbum  §  304. 
eine  engere  Verbindung  eingehn  können,  sind  durh  hinter  über 
umbe  under  wider.     Sie  sind  in   dieser  engeren  Zusammen- 
setzung unbetont;  nehmen  sie  eine  adverbiale  Bedeutung  an, 
80  werden  sie  hochtonig  und  stehn  in  loserem  Verhältnis. 

durh- 

dwrhahten  -born  -brechen  -bresten  -dringen  -vam  -verwen  -gdn 
-giezen  -glOejen  -graben  -gründen  -hessen  -houwen  -jeten  -legen  -lesen 
-liuhten  -loben  -loufen  -merken  -mezzen  -mischen  -rinnen  -sehen  -slahen 
•smelzen  -spehen  -sprechen  -stechen  -stözen  -strecken  -strichen  -süezen 
-triben  -watjen  -waten  -weben  -wieren  -würken  -zeisen  -zieren  -zun 
-zünden  -zwien. 

hin  der- 

hinderbrechen  -denken  -gern  -grifen  -körnen  -legen  -riten  -schrenken 


über-  md.  ober-  ripuar.  over- 

Überbern  -bizen  -brehten  -breiten  -büegen  -denen  -denken  -drengen 
-em  -ezzen  -varn  -vehten  -vliegen  -vliezen  -vriesen  -gern  -gelten  -gern 
-gesten  -giezen  -gimmen  -giuden  -goumen  -gülden  -güeten  -haben  -hähen 
-hern  -herten  -heven  -hitzen  -hoehen  -hoeren  -hugen  -jehen  -kempfen 
'kergen  -kamen  -kroenen  -krüpfen  -laden  -leben  -legen  -lesen  -linden 
'loben  -loufen  -maln  -mugen  -oben  -reden  -regenen  -ringen  -riten  -ruofen 


304 

§  304.  -sagen  -schallen  -schoenen  -schrenken  -sehen  -sinnen  -dahen  -siihten 
-spiln  -sprechen  -springen  -siegen  -stecken  -stözen  -strd>en  -strichen 
-striten  -süezen  -teilen  -tragen  -treten  -trinken  -twingen  -uoben  -vehten 
-vieren  -loachen  -wallen  -wegen  -werden  -wilden  -winden  -wundem 
-zun  -ziehen  -zieren  -ziugen.  Die  Bedeutung  ist  über  etwas,  über  das 
Mass.  In  manchen  Worten  bezeichnet  über  auch  nur  das  Ziel,  zb.  in 
überdenken  und  zuweilen  in  überhoeren,  übersehen. 

umbe-  md.  umme-  um- 

umbedrcBJen  -vähen  -varn  -vUhten  -vliezen  -vüeren  -gän  -graben 
•grifen  -gurten  -haben  'hohen  -luüsen  -kreizen  -legen  -ligen  -liuTden 
-mezzen  -riten  -slahen  -sliezen  -snurren  -sperren  -sweifen  -swingtn 
-teüen  -tragen  -treten  -tüUen  -turnen  -ivürken  -zinnen. 

under- 

a)  herunter,  unter:  underdrumen  -graben  -leinen  -neigen  -slaheti 
-smucken  -stiuren  -telben  -tuon  -zucken. 

b)  dazwischen :  tmderbinden  -bmoen  -dringen  -vähen  -varn  ^vlehten 
-grifen  -komen  -nemen  -rennen  -rihtefi  -sagen  -schaffen  -scheiden 
-schieben  -schiezen  -schroten  -sehen  -setzen  -slahen  -sniden  -spicken 
-springen  -stän  -stcingen  -teüen  -treten  -weben  -toisen  -wurken, 

c)  untereinander,  gegenseitig;  reflexiv:  sich  underbägen,  -bilden 
-dringen  -vähen  -kennen  -küssen  -minnen  -nemen  -schelten  -sehen 
•stechen  -werren. 

In  Übersetzungen  lateinischer  Verba  entspricht  es  dem 
Sitb:  zb.  underdienen  subministrarey  undervolgen  subsequi, 
undervüegen  mbjungere. 

Lose  adverbiale  Stellung  nehmen  ein  abe  an  dar  van 
vor  vür  gegen  hin  in  mite  nach  nider  obe  üf  üz  zuo. 

Über  die  Verwandelung  einer  Präposition  in  ein  Adverb,  das  zu 
dem  Yerbum  in  ein  freieres  Verhältnis  tritt  und  das  Intransitivum  in 
Transitivum  wandelt,  vgl.  mit  Bezug  auf  an,  in,  üf,  durh,  umbe,  über, 
vür,  hinder,  wider  Grimm  Gr.  IV,  862—871. 

§  305.  §  305.     Wesentlich  fär  die  echte  Zusammensetzung  ist, 

dass  der  erste  Theil  in  Stammform  dem  zweiten  vortritt; 
unwesentlicher  ist,  dass  das  eine  Wort  selbst  schon  componirt 
ist,  wie  in  nah-gebür,  minne-gesprinc,  char-vrttac,  leü'Vertripy 
hove-gumpel-man,  tot-unreine;  blierz-berc,  Utgeb-hüs,  Stuart 
tuom,  genöZ'Schaft,  wortwehsel-Uch.  Selten  sind  beide  Worte 
Composita,  wie  in  Meinvel-hitzeröt  (Frauend.  433,32).  J.  Grimm 
nannte  diese  Verbindung  mehr  als  zweier  Worte  zu  einem 
Compositum  Decomposition.     Gr.  II,  924.  ff. 


305 

Eine  nicht  häufige,  nur  von  Dichtern  und  dichterisch  §  305. 
gestimmten  Mystikern  gebrauchte  Art  ist  die  Verbindung 
zweier  auf  ein  generelles  drittes  sich  gleichmässig  beziehender 
Worte,  die  durch  und  mit  einander  zu  verknüpfen  sind:  die 
Composition  eines  beiordnenden  Compositum  (dvandvä)  mit 
einem  hierdurch  näher  bestimmten  Wort,  zb.  liljerdsevarwe 
Walth.  68,  2  Lilien-  und  Rosenfarbe,  vröudehelfdos  Walth. 
54,  37  freude-  und  hilflos,  vröudentounnedich  Eckart  Myst. 
n.  385,  36  freuden-  und  wonnevoll,  mhtesUegelich  Parz. 
167,  4  züchtig  und  sittig,  lügetrügelich  Bari.  223,  23  lüg- 
nerisch und  trügerisch,  wunneiroestdtch  Myst.  I.  365,  27 
wonniglich  und  tröstlich. 

§  306.  Wenn  ein  Wort  in  flectirter  Form  einem  zweiten  §  306. 
verbunden  wird,  so  geschieht  nur  Zusammenrückung.  Diese 
nneigentliche  Composition  erfolgte  am  frühesten  und 
hänfigsten  durch  Vorstellung  eines  Genitivs  vor  ein  durch  ihn 
näher  qualificirtes  Wort :  in  Ortsnamen  und  bei  Übertragung 
lateinischer  Composita  findet  sie  sich  zuerst.  In  der  mhd. 
Periode  ist  diese  genitivische  Verbindung  längst  fest  geworden 
und  ganz  nach  Weise  der  echten  Composition  zum  Ausdruck 
eines  durch  einen  andern  bestimmten  Begriffs  verwant:  so 
hotenbrot  landesherre  goteshüs  müncheskldster  herskraft 
tumeiesman  mansname  sündenstankesswebd,  hendewerch 
sunnenscMn  sensenworp,  aUerseine  gotesarm  kreftelos.  Auch 
schwache  Genit.  PL  werden  in  dieser  Art  mit  Subst.  oder 
mit  Adj.  verbunden,  zb.  pfaffenfürste,  erenhort,  sündenstanc; 
erengir  fröudenflüJitic  sceldenriche  zühtenriche.  Nach  deren 
Analogie  bilden  sich  dann  adject.  Composita  wie  sturmemüedey 
wundernküene  und  andre  Compos.  mit  wundern. 

Seit  dem  12.  Jh.  beginnt  auch  bei  Vorrückung  eines  weib- 
lichen Genitivs  sich  ein  -s  nach  Analogie  des  männlichen  und  neu- 
tralen Gen.  einzufinden ;  häufiger  wird  es  aber  erst  später.  Die 
ältesten  Belege  werden  sein  suonstac  Milst.  Ged.  30, 10.  Earaj. 
Ged.  96,  3.  suonestac  Lanzel.  8848.  Freid.  AC.  35,  27.  36,  16. 
tnuweshmde  Lieders.  138, 156.   Vgl.  AGr.  §  312.  BGr.  §  237. 

Über  die  Verbindung  der  Genitive  gotes,  mines,  dmeSy 
sines,  ires,  selbes  mit  heit  §  290. 

Wein  hold,  mlttelhochd.  Gramm.  8.  Anfl.  80 


306 

§307.  §  307.      Das   Mhd.    weist    ferner    Zusammenrücknngen 

imperativischer    und   anderer   Sätze    zu   Personennamen  und 

lebendigen  Appellativen  mehrfach  auf.     Wir  finden  bei  Neit- 

hart  die  Namen  Wetzenrant,  in  unechtem  Liede  HebenstrU; 

im  Helmbrecht  Slintezgeu  Müschenkdch  RiUelschrin  Letnber- 

slint   Slickenwider;     im    13.  Helblingbüchlein    Brichenvrit 

Durhdenswelh  StantJndervleschen  Aehtdersel   Müschenrigd 

Endänriu  Strütensac,  im  15.  Getrütsinniht ;  im  Gedicht  von 

Dietrichs  Gesellen  (Virginal)  Vellenwalt  BümenwaU  ScheUen- 

walt;  im  Renner  Hugs  von  Trimberg  Fleckenkelch  Swellen- 

grübel  Slickenpfil   Schiuhenpfluoc  Vegenbiutel  Ltsrenbiiäd 

L(Brenstal  Lcerenschrin  Füllensac  Schiuhentac  Zuckenrigd 

Rümentisch  SUfenspiee  HebenstrU  Nagengast  Schindengast 

ZerrezsUif  Stenkezvaz  Rümezlant  Zuckezswert,  Sparhetbiinc 

Setzpfantf  Nimvol  Leipniht  VüUin  Stigüf  Wolenper,  Durh- 

denpvsch,  Vzundin, 

Viele  dieser  Personennamen  waren  nicht  bloss  allegorisch, 

sondern  wurden  wirklich  gefuhrt.    Von  ihnen  aus  entstunden 

auch  die  Appellativa,  welche  Satzcompositionen  sind,  wie  habe- 

danc,   rümegazze   (Schwertname,    Neith.  49,  20),    leckespis 

(Gutschmecker,  Berth.  Pr.  85,  25),  netzenguomen  (Wein,  Altd. 

Bl.  1,  404),   rehtverkire  vHuntverlitis  cMerguotentätverkius 

(MSH.  II,  355^)  scheuhhunt  (Wild,  Megenberg  133,  4). 

Vgl.  über  diese  Satznomina  Grimm  Gr.  U,  961.  f.  1020.  (von  Mense- 
bach)  Zur  Becension  der  deutscheu  Grammatik,  unwiderlegt  herausg. 
von  J.  Grimm.  Cassel  1826.  S.  40.  f.  Ferner  AGr.  §  313.  BGr.  §  238. 
Fr.  Becker  die  deutschen  Satznamen  Basel  1873. 

4.  Vom  Gesohleoht  der  Substantiva. 

§  308.  §  308.   Die  grammatische  Bezeichnung  des  Geschlechts  an 

deml^omen  ist  eine  Eigenthümlichkeit  der  indogermanischen  und 
semitischen  Sprachen ;  ausserdem  hat  sie  nur  das  Aegyptische. 

Da  das  Adjectivum  abhängig  ist  von  dem  Substantivurn 
(oder  Pronomen),  so  ist  nur  das  Geschlecht  der  Substantiva  für 
das  Verfahren  bei  der  Geschlechtsaustheilung  von  Bedeutung. 

Das  lebendige  nach  seinen  beiden  natürlichen  Geschlechtern 
trennt  sich  von  dem  leblosen;    diesem,  dem  negativen,  wird 


307 

das  geschlechtlich  noch  unentwickelte,  neutrale,  in  der  Sprache  §  308. 
beigerechnet.     Allein  in  der  Sprache  giht  es  nicht  bloss  ein 
natürliches  Geschlecht,    sondern  von   besonderer  Wichtigkeit 
ist  das  grammatische. 

Das  natürliche  G-eschlecht  zeigt  sich  an  den  Benennungen 
lebender  Wesen:  aber  nur  bei  den  Menschen  und  grösseren 
Thieren. 

Der  Geschlechtsunterschied  kann  hierbei  auf  verschie- 
denem Wege  zum  Ausdruck  kommen:  einmal  dadurch  dass 
fnr  die  verwanten  männlichen  und  weiblichen  Wesen  ganz 
verschiedene  geschlechtlich  sich  trennende  Worte  gebraucht 
werden,  wie  in  kneht  und  maget,  stier  und  Jcuo,  eher  und 
süj  hirz  und  hinde,  ram  und  owe,  hoc  und  geiz  (hierbei 
kann  sogar  für  das  weibliche  Wesen  neutrales  Geschlecht 
vorkommen,  wie  in  wtp  neben  man) ;  zweitens  dadurch  dass 
dasselbe  Wort  durch  verschiedene  grammatische  Bildung  den 
Geschlechtsunterschied  bezeichnet,  wie  got.  frauja  fraujö, 
^d.  wini  winja,  mhd.  mark  merhe,  hon  henhe.  Zur  Unter- 
stützung dieses  grammatischen  Unterschiedes  dienen  SufQxe, 
welche  weibliche  Wesen  bezeichnen:  inne  estre  ese,  vgl. 
känec  küneg-inne,  ags.  vebber  vebb-estre,  md.  becker  becker-se. 
Grimm  Gr.  HI,  337.  ff 

Schon  in  der  Übertragung  des  neutralen  Geschlechtes 
auf  lebende  Wesen  liegt  eine  Abstraction ;  noch  stärker  wird 
diese  dufch  Anwendung  des  sinnlichen  männlichen  oder  weib- 
lichen Geschlechts  auf  die  sehr  grosse  Zahl  Worte,  die  etwas 
unlebendiges  oder  durchaus  abstractes  benennen.  In  der 
ältesten  Zeit  wird  dabei  kindlich  lebhafte  Phantasie  thätig 
gewesen  sein,  indem  das  starke  thätige  dem  männlichen,  das 
schwächere  leidende  dem  weiblichen  verglichen  ward.  Aber 
diese  Auffassung  stumpfte  sich  bald  ab,  das  formale  Element 
gewann  allein  die  Herschaft :  über  die  Zugehörigkeit  zu  einem 
der  drei  grammatischen  Geschlechter  bestimmte  fortan  nur 
die  Endung  des  Wortes. 

Wichtig  ist  nun  die  Warnehmung,  dass  der  formale  Ge- 
schlechtsunterschied bloss  an  den  a-Stämmen  voll  entwickelt 
ist,  dass  bei    den  i-  und  i«- Stämmen  sich  Masc.   und  Fem. 

20» 


L 


308 

§  308.  nicht  unterscheiden ;  ferner  dass  für  denselben  Gegenstand  die 
Benennung  in  Folge  geringer  Formveränderung  doppeltes 
Geschlecht  haben  kann,  zb.  halsberc  -berge,  baue  bouge,  borst 
börste,  urdrute  urdrütee,  drüh  drühe,  und  dass  eingebürgerte 
Fremdwörter  nach  Analogie  ähnlicher  deutscher  ihr  gramma- 
tisches Geschlecht  erhalten,  nicht  nach  ihrer  Bedeutung. 

Im  Ahd.  sind  durch  die  verschiedenen  Endungsvocale 
die  Geschlechtsunterschiede  noch  einigermassen  kenntlich ;  im 
Mhd.  erlischt  aber  auch  dieses  Kennzeichen.  Und  da  aus 
der  Bedeutung  keine  Regel  über  die  Zugehörigkeit  zu  den 
Masc.  Fem.  oder  Neutris  zu  ziehen  ist,  so  muss  das  Geschlecht 
der  einzelnen  Substantiva  allein  durch  das  Gedächtnis  ge- 
merkt werden. 

Über  das  sprachliche  Geschlecht:  J.  Grimm  Gramm,  m,  311— 563^ 
Heyse  Lehrbuch  der  deutschen  Sprache  I,  443 — 462  Hannover  1838. 
Pott  das  grammat.  Geschlecht  in  der  Ersch  und  Grubersch.  Encyclop.^ 
dazu  Steinthal  in  Kuhn  mid  Schleicher  Beitr.  I,  292 — 307.  Oswald 
das  grammat.  Geschlecht  mid  seine  sprachl.  Bedeutong  Paderb.  1866^ 
dazu  Steinthal  in  der  Zeitschr.  för  Yölkerpsychologie  und  Sprachwissen- 
schaft V,  96—106. 

§309.  §  309.     Die    Gleichheit    der   grammatischen    Endungen 

unterstüzt  das  schwanken  mancher  Worte  zwischen  verschie- 
denen Geschlechtern,  wobei  die  Dialectverschiedenheit  auch 
von  Einfluss  ist.  Ich  stelle  im  folgenden  ein  Verzeichnis  mir 
bekannter  Abweichungen  von  dem  gemeinmhd.  Wortgeschlecht 
zusanmien.^) 

1.  Als  Masculina  kommen  vor 

a)  die  gemeinmhd.  Feminina 

äht  (alem.  Reinfr.  3752)  —  ätne  alem.  —  ämeijse  (Bertlu 
1. 560,  21.  £f.)  —  angest  (elsäss.  md.  zb.  grRud.  22,10.  Schonebek 
290.  Marienl.  18, 11.  Lac.  III,  422)  —  aH  bair.  (Wolfr.)  elsäss. 
(aReinh.)  —  asche  (bair.  elsäss.  südfränk.)  —  6a»  (Bahn,  MS.  2, 
175*.  217'.  231*.)  —  bank  (obd.  nicht  selten,  auch  md.  zb.  RoL 
47,  8)  —  biule  (bair.)  —  bluot  (Blüte,  obd.  md.)  —  brutlouß 


')  Für  die  obd.  Worte  verweise  ich  auf  die  Belege  in  AGr. 
§  274—276.  BGr.  §  239—241.  Für  das  16.— 17.  Jh.  hat  J.  Kehrein 
Grammat.  der  deutsch.  Sprache  im  15. — 17.  Jh.  11.  §  280  eine  Sanun- 
lung  gegeben. 


309 

(Konr.  V.  Wirzb.)  —  diet  (md.  Roth.  Eneit  G.  9264)  —  (?i/  §  309. 
(köln.  Harff  192,  5)  —  dro  (MS.  2, 49')  -  drüh  (Freid.  36, 14. 
Eeinh.  F.  8.  310.  311.  W.  Grimm  z.  Ath.  D.  148)  —  ungedtdt 
(Colocz.  Cod.  113.  V.  633.  Bartsch  Md.  Ged.  32  v.  1101)  — 
eren  (Ernte,  md.,  Bech  zu  Vilmar  Idiot  S.  VI.)  —  iwe,  e 
(ripuar.  Hagen  5905.  Selen  Tr.  Marienl.  42,  5)  —  vär  (Wolfr. 
Herb.)  —  zuoftuht  (Marg.  Ebner  von  Strauch  XCVII)  —  vluot 
(Lanzel.  Gudr.  Georg.  Montf.)  —  varhte  (Herb.  8244)  — 
i)r%st  (md.)  —  glotz  (Neith.)  —  goutn  (Wolfd.  D.  IX.  57,  2) 
gm,me  (Lieders.  39, 27)  —  gunst  (alem.  bair.)  —  happe  (alem.) 

—  kogel  (Gugel,  Heinr.  v.  Neust.  GZ.  435)  —  host  (alem.) 

—  hote  (Pilat.  270  [94]  vgl.  Vilmar  Idiot.  214)  —  kraft  (Marg. 
Ebner  von  Strauch  XCVII)  —  hrul  (cirrus,  Haupt  XI,  500)  — 
hur  (Haupt  Zeitschr.  XI,  500)  -  mane(Mäne,  Eneit  5244.  Tristr. 
6341.  6543.  7493)  -  motte  (bair.)  —  ruiht  (Alex.  4624)  — 
narwe  (Herb.  13683)  —  rdere  (Megenberg)  —  pm  (Mhd.  Wb. 
n.  2,  519')  —  riuwe  (alem.  ripuar.)  —  rose  (Walth.  89, 14)  — 
sät  (Boner  23,  23)  —  schäme  (Elis.  6496)  —  seite  (Wack.  • 
Pr.  3,  31)  —  slä  (Gundach.  3494)  —  stift  (alem.  md.)  — 
sträl  (MSH.  3,  417»»)    sträle  (Krone  212.  Frauenlob  439,  5) 

—  suche  (Köditz  90,  30.  91,  13)  —  tjost,  just  (Jänicke  zu 
Wolfd.  D.  VII,  155, 3)—geturst  (Marg.  Ebner  v.  Strauch  XCVI). 

b)  die  gemeinmhd.  Neutra 

adel  (md.  neben  Neutr.)  —  bam  (bei  Beziehungen  auf 
männl.  Wesen,  BGr.)  —  hier  (Birlinger  alem.  Sprache  151)  — 
bli  (bair.)  —  ende  (geistl.  Dicht,  d.  12.  Jh.,  Tundal.,  Nib.  N. 
zuweilen,  Gudr.,  Ulr.  v.  Lichtenst.,  in  adverb.  acc.  Form  auch 
sonst)  —  ere  (Wigal.  7078,  sonst  daz  er,  aes)  —  vahs  (Herb. 
596)  —  vliez  (Lichtenstein  Eilhart  LXXXVII.  Pass.  K.  3,  90. 
192,  9.  sonst  daselbst  N.)  —  Joint  (bei  Beziehungen  auf  männl. 
Wesen,  BGr.)  —  hister  (Hagen  1160)  —  leben  (Alexander. 
BrOther.  Mfränk.  Legend.)  —  Ww^  (geistl.  Dicht,  d.  12.  Jh.,  Bother.) 

—  lob  (Iw.  15.  Nib.  Not  [neben  N.]  MS.  1,  168.  177.  MF. 
192,  18.   Alex.  6459.  Amst.  Ml.  10,  21.   Marienl.  Wierstr.) 

—  16z  (Bari.)  —  luoc  (Wemh.  Mar.,  Krone)  —  meil  (Lampr. 
Syon  1938)  —  paradis  (Mfr.  Legend.  422.  693)  —  segel 
(Tristr.  2323.  Renner  12355.  Wolkenst.)  —  ser  (Lampr.  S. 


310 

§  309.  1480.  Silv.  4288)  —  stat  (ripa,  obd.  und  md.  als  M.  und  N. 
gebraucht,  das  N.  scheint  zu  überwiegen)  —  tal  (md.  I^rL 
Tundal.  112.  Roseng.  C.  1694.  1719.  1765.  Erlös.  1025, 
Hagen  313.  Sei.  Tr.  Harff)  —  twerc  getwere  (Lichtenstein 
Eilhart  LXXXV.  Haupt  Zeitschr.  XI,  500)  —  wal  (Jänicke 
z.  Wolfd.  B.  295,  2)  —  wandet  (obd.  M.  N.,  N.  überwiegt)  — 
wunder  (Alex.  2842)  —  zil  (Spiegelb.  276,  9)  —  jsouber 
(Hartm.  B.  1,  1347.  Krone  25365.  MSH.  I,  64')  —  ewig 
(Amst.  Ml.  3,  16). 

§310.  §  310.     Als  Feminina  kommen  vor 

a)  die  gemeinmhd.  Masculina 

back  (md.  elsäss.  schwäb.)  —  erthidem  (alem.)  —  hlt4ome 
(md.  und  Trist.  11529.  Suchenw.)  —  diebstal  (Ammenhus.  549) 

—  dil  (md.)  —  distel  (Voc.  optim.)  —  unvlät  (Pass.)  —  vlo 
(Boner  48,  1)  —  vrome  (alem.)  —  gruoee  (Alexand.  4360) 

—  gürtel  (Wigal.  178,  33.  Heinr.  v.  Türl.  [Mantel  u.  Krone]. 
Lampr.  Fr.  4448.   Jänicke  z.  Wolfd.  B.  27,  4.    Renner  3384. 

•  Heinr.  v.  Neust.  ApoUon.  6745.  15262.  Wolkenst.  LH.  3,  1) 

—  higürtd  (Heinr.  v.  Neust.  Apoll.  19166)  -r  hake  (Meran, 
Stadtr.)  —  hart  (md.)  —  hanehrat  (Herb.  1256.  2586)  —  la^ 
(Herb.)  —  volleist  (zw.  M.  u.  F.  schwankend)  —  fe^(md.)  —  Ion 
(Myst.  1. 183,15) —  gelouhe  (geistl.  Dicht  d.  12.  Jh.,  Hohenburg. 
Hohenl.  139, 4.  ff.  Lanzel.  Silv.  AGr.  BGr.)  —  brütlouf  (alem.) 

—  luft  (md.)  —  lust  (Trist.  Köditz)  —  mäne  (Alex.  3224. 
MSH.  2,  236^  BGr.)  -  übermuot  (BGr.)  -  rät  (Wacker- 
nagel in  seiner  Waltherausgabe  XXXVI.  Lampr.  Fr.  2978. 
Schonebek  6916)  —  underscheit  (Myst.  1. 187, 10)  —  schettewe 
(elsäss.)  —  schojg  (AGr.  BGr.,  md.,  schoze  Roth.  2262)  — 
si  (md.  zb.  HTrist.  4056.  Jerosch.  Myst.  I.  222, 38)  —  slange 
(st.  F.  Angenge  16,  80.  Tund.  51,  60.  schw.  F.  md.  zb.  Alex. 
5676.  Renner  6358.  Myst.  I.  206,  36.  aber  auch  bair.  zb. 
Suchenw.  36,  4.  21.  41,  470.  und  alem.  zb.  Pfeiffer  TJbangsb. 
149,  772.  Historienbib.  v.  Merzdorf  117)  —  smeree  (Exod. 
Alex.  5197.  Jeroschin.  Trebn.  Ps.)  —  sunne  (österr.  Mhd.  Wb. 
IL  2,  743.  md.  zb.  Annol.  584.  Alexand.  216.  Marienl.  47,  4. 
98,  1.  Egid.  289.  Erlös.  40.  2991)  —  gewalt  (md.  gewöhn- 
lich; BGr.). 


311 

b)  die  gemeinmhd.  Neutra  §310. 

her  (Urst.  114,  16.  j.  Tit.  478.  Helbl.  4,  421)  -  biet 
(bair.)  —  huoch  (md.  Arnst.  Ml.  2,  11.  22.  Elia.  2465.  viel- 
leicht Roth.  407)  —  vinster  (fenestra,  Harfif  169,  24)  —  giU 
(md.)  —  künne  (alem.)  ~  laster  (Alex.  1775)  —  löe  (elsäss.) 

—  mcBre  (md.  zb.  Sperber  1,  305.  315.  Elisabeth;  einzeln  im 
Parziv.,  vgl.  Zarncke  im  Mhd.  Wb.  II.  1,  78)  —  mae  (bair.)  — 
rippe  (md.)  —  gesiM  (alem.)  —  urteil  (alem.  bair.)  —  wcd 
(AGr.,  Jänicke  zu  Wolfd.  B.  295,  2;  Renner  7483.  Roseng. 
C.  334.  1848)  —  wange  (Todes  Gehügde  324  nach  Massm. ; 
Diemer  and  Heinzel  dem  w,  —  Ebern.  3707.  A.)  —  zouher 
Hartm.  Büchl.  1,  1347. 

§  311.     Als  Neutra  kommen  vor  §311. 

a)  die  gemeinmhd.  Masculina 

(tcker  (alem.  als  Ackermass)  —  cdp  (md.)  —  hast  (Erec 
2799.   Roseng.  C.  1937)  —  inibijs  (Roth.  1298.  Reinh.  175) 

—  hörst  (Lohengr.  Renner)  —  hu  (agricultura,  Helmbr.  560, 
gebü  elsäss.)  —  unvlat  i[Krone)  —  vliee  (Wasserlauf,  md. 
zb.  Jerosch.  4585.  12115)  —  g<xter  (md.)  —  hegin  (md.)  — 
hoc  (Wigal.  Heinr.  v.  Neust.  Apoll.  11220.  Teichner,  Suchenw.) 

—  harn  (Tegerns.  Arzn.)  —  hart  (alem.  vgl.  Birlinger  Alem. 
8pr.  152)  —  jämer  (alem.)  —  kämpf  {h^xr.)  —  kl&  (Jänicke 
z.  Wolfd.  D.  V,  67)  —  m  (Rother  811.  1071.  1360.  Eilh. 
Trist.  3663,  vgl.  Lichtenstein  Eilhart  LXXXV.  Pilat.  398)  — 
licham  (ripuar.  zb.  Sei.  Tr.  113*.  Cronica  71)  —  Ion  (geistl. 
Dicht,  d.  12.  Jh.,  Gudr.,  Winsbeke,  Alex.  7150  u.  sonst  md.) 

—  urloup  (bair.  alem.)  —  mist  (Reinh.  203.  209.  Elis.  6685) 

—  miiot  (alem.  bair.)  —  pfat  (Hahn  Ged.  41,  45.  48,  33. 
Walth.  40,  6.  Wigal.  4983.  Lampr.  Fr.  3984.  Bari.  78,  14. 
HTrist.  3665.  Suchenw.  24,  14)  —  morgenrot  (Leyser  Pr. 
95,  1)  —  sdl  (bair.)  —  sanc  (bair.  und  alem.  zb.  Griesh.  Pr. 
U,  2)  —  sant  (alem.  und  md.)  —  scho^  (sinus,  Ulr.  Trist. 
566)  —  snit  (bair.)  —  ursprinc  (bair.  zb.  Lampr.  S.  3461. 
Vintler.  ferner  md.  Renner  195)  —  stoup  (Mart.  124,  32)  — 
swil  (Herbort)  —  tadd  (Krone  1971)  —  tranc  (alem.)  — 
wehsei  (md.  zb.  Ebern.  426.  1031.  Jerosch.  18345.  21874. 
Henneb.  U.  II,  14). 


312 

§311.  b)  die  gemeinmhd.  Feminina 

art  (Frauenl.  161,  3)  —  diet  (Judith  127,  21.  Milst  Gen. 
125,  7.  Lanz.  WP,  8309.  und  md.  zb.  Roth.  964.  Ath.  A.*  132. 
EUö.  6977)  —  Versen  (Miht  Ged.  17,  37)  —  vrist  (Genes. 
74,  43)  —  hrutloft  (md.  Alex.  3806^.  3839.  brütlofte  Alex. 
3854.  Leyser  Pr.  73,  3)  —  milz  (Megenberg)  —  ochise  Ath. 
C.  112.  uohsen  WGrimm  zu  Ath.  C.  112.  —  geschihte  (md. 
EUs.  5275.  Köditz  92,  30)  —  tinne  (MS.  1,  90\  Flore  1843) 
—  jgU  (alem.  bair.  md.  Annol.  757.   Erlös.  68). 

5.  Steigerung  der  Adjeotiva. 

§312.  §  312.     Wenn  das  Verhältnis  des  Grades  des  Attributs 

in  dem  Adjectiv  vergleichend  ausgedrückt  werden  soll,  so 
geschieht  es  durch  grammatische  Formen,  die  sich  dem  Ad- 
jectivstamm  verbinden.  Es  sind  die  Steigerungsformen  des 
Comparativs  und  Superlativs. 

Als  Sufüx  des  Comparativs  erscheint  in  mhd.  Zeit  er, 
des  Superlativ  est;  Nebenformen  sind  ir  ist,  or  ost,   worin 
sich  die  ahd.  Doppelform  erhielt.    Gotisch  findet  sich  ebenfalls 
im  Comparativ  entweder  ijs:'a(n)  oder  o;er-a(n), 
im  Superlativ  entweder  iS't(a)  oder  ds-t(a). 

Bas  Steigerungsmittel  ist  also  is  oder  ös,  woran  sich  im 
Superlativ  das  aus  tama  verstümmelte  ta  fügte.  Im  Com- 
parativ wandelte  sich  s  zu  r,  im  Superlativ  ward  es  durch  t 
erhalten. 

is  Hihrt  auf  das  im  Skr.  Griech.  Lat  ebenfalls  zur  Stei- 
gerung verwante  Suffix  jans  (Bopp  vergl.  Gr.  §§  298*.  303), 
aus  welchem  wie  im  lateinischen  und  im  griechischen  Super- 
lativ der  Nasal  schwand,  jas  schwächte  sich  zu  is;  es  trat 
unmittelbar  an  den  consonantischen  Wurzelauslaut  mit  Unter- 
drückung des  Staromvocals. 

Die  Nebenform  ös  aber  scheint  Erhaltung  des  Stammvocals 
a  vorauszui^etzen :  aus  a  -f-  jas  entstund  mit  Syncope  des  j 
germ.  os.  Wenigstens  finden  wir  im  Got.  die  Formen  6za(n) 
öst(a)  nur  an  Adjectivstämmen  in  a.  Auch  ist  die  Zahl  der 
also  steigernden  Adjectiva  dort  nicht  gross,  worin  ein  Hinweis 
auf  eine  jüngere   erst  entstehnde  Weise  liegt.     Von  Super- 


313 

lativen  in  öst  gewähren  unsre  got.  Schriftreste  sogar  nur  zwei  §  312. 
Belege :  armöst,  lasivost.  Im  Ahd.  ward  diese  Eorm  beson- 
ders in  abgeleiteten  und  zusammengesezten  Adjectiven  der 
älteren  vorgezogen,  Grimm  Gramm.  III,  571 — 73.  Eine  ge- 
regelte Wahl  der  einen  oder  andern  Form  ist  nicht  zu 
entdecken. 

Die  Flexion  des  got.  Comparativs  ist  durchaus  schwach, 
das  Fem.  hat  die  Stammform  -ein :  aldiza  -ieei  -izo,  frödösa 
-ozei  'özö;  der  Superlativ  hat  wie  alle  Adjectiva  entweder 
st.  oder  schw.  Endung.     Grimm  Gr.  IV,  519. 

Im  Ahd.  ist  die  schwache  Flexion  des  Comparativs  noch 
Regele  obschon  Ausnamen  begegnen ;  die  Feminina  gehn  nach 
der  a^-Klasse:  altiro  4rä  -irä,  heroro  -örä  orä.  Mhd.  be- 
gegnet zwar  auch  noch  die  schw.  Flexion  des  Comparativs 
ohne  Verbindung  mit  dem  bestimmten  Artikel;  aber  die 
Neigung  des  Comparativs  sich  der  allgemein  adjectiv.  "Weise 
anzuschliessen,  ist  gewachsen.    Grimm  Gr.  IV,  519.  f. 

Bereits  in  der  späteren  ahd.  Zeit  beginnt  die  Abschwächung 
von  i  und  6  (Übergang  durch  o)  in  e.  Doch  blieb  natürlich 
der  Umlaut  in  der  Stammsilbe  und  breitete  sich  sogar  noch  aus. 
Mhd.  finden  wir  nicht  bloss  zu  den  Adjectivstämmen  in  -ja, 
wie  herte  senfte  rceze  ncehe  schoene  süeze  die  Steigerungen 
herter  hertest  schoener  schoenest  u.  s.  w.,  sondern  auch  zu 
den  Stämmen  in  -a  wie  smal  arm  alt  gros  hlöis  die  Steige- 
rungen smelr  smelst,  groezer  groezest  u.  s.  w.,  obschon  bei 
Doppelconsonanz  des  Stammauslauts  und  bei  schwerem  Vocal 
schwanken  waltet ;  es  begegnen  also  elter  alter ,  lenger  langer ^ 

groezer  grozer  u.  s.  w.  neben  einander.     Nie  lautet  trüter  um. 

Vgl.  langer  :  anger  Parz.  162,  10.  Walth.  51,  34  {lenger  Walth. 
114,  28).  langir  :  swangir  Ath.  F.  55.  armer  Greg.  901  Lachm. 
ermer  CE. 

Ein  Comparativ  des  Partie.  Präs.  ist  selten.  Belege 
dafür  geben  die  Comparative  geTandir  (;  andir)  Ath.  C*  90. 
erkanter  Lieders.  421,  91.    geruoter  Lohengr.  126. 

§  313.     Gegenüber  der  gemeindeutschen  Entartung  der  §  313. 
Comparationsvocale   i   und    6   zu   e   erhielten   sich   die   alten 
Yocale  hier  und  da  im  Mhd. 


314 

§313.  In    dem    Gomparativsuffix    freilich    schwindet    i    wegen 

Leichtigkeit  der  Silbe,   aber  im   Superlativ  wird  es  oft  ge- 

schüzt,  und  nicht  bloss  im  12.  Jh. 

Aus  dem  12.  Jahrh.  Beispiele :  oherist :  ist  Wemh.  Mar.  149,  5. 
öberiste :  liste  148, 4.  schönist :  krön  ist,  lönist  MF.  133, 31  (Morangen). 
erist :  Crist  Eoth.  63.  minnist :  bist  2923.  :  ist  Heinr.  Erinn.  984.  :list 
Klage  759.   vorderist :  list  litan.  S.  888. 

Auch  im  13.  14.  Jh.  begegnen  besonders  bei  Baiern  und 

Österreichern  die  Superlative  in  -ist,  zb.  im  Reim 

minnist: list  Biter.  84Ö4.  :vrist  Otack.  c.  759.  773.  boesist:li9t 
Teichn.  233,  58.  hoehist :  geprist  Otack.  c.  723.  liebist :  vrist  c.  703. 
fordristen :  vermisten  c.  154.   tiuristen :  Christen  c.  412. 

Vgl.  ferner  BGr.  §  246.  AGr.  §  282.  Das  Mitteldeutsche, 
welches  das  irrationale  e  der  Affixe  gern  zu  i  erhöht,  hat 
die  Superlative  in  -ist  besonders  an  langstämmigen  Adjectiven 
mit  Vorliebe  bewahrt;  zahlreiche  Beispiele  geben  u.  a.  der 
ßother,  Alexander  und  die  niederrhein.  Marienlieder. 

Die  Comparation  in  6  ward  mit  Vorliebe  in  alemannischen 
dem  Volksdialect  nahe  stehnden  Schriften  bewahrt.  Noch 
über  die  mhd.  Zeit  hinaus  finden  sich  Coroparative  wie  Tdaror 
meror  und  namentlich  Superlative  wie  miltost  hartost  glichost 
lengost,  nidrost  ohrost  gnedigost  heiligost,  irbSrost  haindichost 
AGr.  §  284.  In  den  bair.  Österreich.  Schriften  begegnen  diese 
Formen  selten:  für  den  Comparativ  zeugen  herore  Karaj. 
'  38,  10.  tiuror  41,  21.  gröiszorev  Dietr.  V\.  W.  2818.  oheror 
oheroren  minnoren  Sonnenburger  Urbar  (14.  Jh.  Archiv  für 
österr.  Geschichte  XL,  64.  69.  102) ;  der  Superlativ  erscheint 
im  Reim,  zb. 

oberdst :  untröst  Kaiskr.  905.  1115.  oberosten  :  kosten  Servat.  103. 
vorderöst :  tröst  Kaiskr.  11243.  Nib.  1466, 1.  1957, 2.  Biter.  6073.  11114. 
Haupt  Z.  I.  275,  216. 

Mitteldeutsche  Gedichte  des  11.  12.  Jh.  bieten  diese  alter- 
thümliche  Superlativendung  auch   noch   in   einzelnen  Fällen; 

langore  Ezzo  7,  5.  —  vorderöst :  tröst  Rol.  8,  8  (Karlm.  404,  7). 
Rother  2650.  4141.  Alex.  2202.  2332.  Orend.  3711. 

Wirklich  lebendig  scheint  die  Comparation  in  -ö-  ausser- 
halb Alemanniens  und  vielleicht  Tirols  seit  dem  12.  Jh.  nicht 
mehr  gewesen  zu  sein. 


315 

§  314.     Syncope  und  Apooope  des  geschwächten  Vocals  §8l4w 

des  Steigerungssuffixes  wird  nach  der  Regel  vollzogen, 
smdre  erger,  »meiste  ermest  wnderste. 

Die  Stämme  in  -r  syncopiren  auch  gegen  die  Regel :  irste 
herste  schierste  tiurste;  es  wird  daher  auch  in  den  Compara- 
tiven  erre  herre  schierre  tiurre  Syncope  und  nicht  Metathesis 
des  Suffixes  anzusetzen  sein,  gleich  wie  in  edelre  schoenre 
eigenre. 

Auslautendes  h  der  Wurzel  föUt  vor  dem  Comparations- 
sufSx  md.  besonders  gern  aus :   när  näste,  hör  hoste  §  244. 

Femer  lieben  einige  Adjectiva  auf  -z  seit  Ende  des  12.  Jh. 
Kürzungen  der  Superlativform,  indem  sich  te  unmittelbar  (ohne 
das  Suffix  is)  der  Wurzel  verbindet:  beste  leste  groeste  zu 
ba£^  las:  groz.     Über  5  für  jer  vgl.  §  204.  205. 

Über  Abstoss  von  t  in  der  Superlativendung  im  Obd., 
namentlich  aber  im  Md.,  vgl.  §  194.  200. 

§  315.  Von  einer  besonderen  Steigerung  des  Adverbs  §315. 

ist  nicht  zu  sprechen.     Die  Adverbien  des  Comparativs   und 

Superlativs   sind   mnlautlose   und   eines   Endungsvocals   bare 

Formen   der  Steigerung,    indem    das   aus  -o   entstandene  -e 

apocopirt  ward, 

zb.  Miher  höhest,  schöner  schönest,  näher  nähest  {nahest  MF.  40, 13. 
C.  nehest  ist  unrichtig  ebenso  wie  das  Adverb  lenger  Walth.  25,  30). 

In  den  sogenannt  anomalen  Steigerungen,  d.  i.  bei  den 
Adjectiven  guot  übel  michel  lütjsel,  die  ihren  Gomparativ  und 
Superlativ  aus  andern  Stämmen  bilden,  stehn  die  Comparativ- 
adverbien  in  stark  gekürzter,  z.  Th.  wurzelgleicher  Form. 


guot^) 

hezzer 

Adv.  baz           bezziste,  beste 

übel 

wirser 

„     mrs          wirseste 

michel 

merer 

„     mer  me     meiste 

Adv.  vü 

merre  mir 

lützel 

minner 

,y     min           minneste  minste. 

§  316. 

Von  andern 

Steigerungssuffixen  sind   im  Mhd.  §316. 

nur  einzelne  Trümmer  erhalten. 

^)  Zu  guot  findet  sich  für  die  geistliche  Bedeutung  des  Wortes 
auch  die  regelmässige  Steigerung :  Comp,  guoter  Wackem.  Pr.  46,  169. 
Pass.  K.  293,  8.    Superl.  gmtester  Wack.  Pr.  91,  1. 


316 

§  316.  a)  Mit  dem  alten  Comparativsuf&x  tara  gebildet  wurden 

(mder  weder  vürder; 

b)  mit  dem  Superlativsuffix  -ma  das  Adj.  (und  Subst) 
vrume  (W.  fra  =  pro),  sowie  die  Pron,  sam  sum  ( W.  sä) ; 
ferner  das  im 'erleschen  begriffene  mitteme  (Adv.  en  mittemen 
Griesh.  Pr.  1,  162.  2,  9). 

6.  Adverbialbildung. 

§  317.  §  317.     Die  Adverbia  sind  Bestimmwörter  des  Attributs 

(Heyse  System  der  Sprachwissenschaft  her.  von  Steinthal  §  197) 
und  ihrem  Begriffe  nach  theils  materiell  theiis  formell.  Die 
materiellen  Adverbia  sind  entweder  concret  oder  abstraet: 
die  ersteren  drücken  die  Qualität  aus  und  sind  Gasusformen 
von  Nominibus;  die  andern  deuten  Art  und  Weise  nur  an 
und  entspringen  aus  Pronominalstämmen;  zugleich  bezeichnen 
sie  die  syntactischen  Verhältnisse. 

Die  formellen  Adverbia  bestimmen  a)  die  Quantität  (Zahl- 
adverbia),  b)  Zeit  und  Ort,  c)  logische  Verhältnisse.  Die 
Adverbia  dieser  lezten  Art  sind  Raumadverbia,  die  als  bei- 
ordnende  Conjunctionen  dienen. 

Indem  wir  hier  zunächst  die  materiellen  (nominalen) 
Adverbia  auffuhren,  lassen  wir  anhangsweise  die  im  Begriff 
nahe  stehnden  verbalen  Redensarten  folgen,  welche  in  ihrer 
gekürzten  Form  zum  Theil  adverbiale  Form  zu  haben  scheinen. 
Nach  ihnen  reihen  wir  die  formalen  (pronominalen)  Adverbia 
auf.    Die  Zahladverbia  fähren  wir  bei  den  Zahlworten  an. 

A.  Nominale  AdTerbien 

(im  Anhang  die  verbalen  Phrasen), 
a)  Adjectivische  Adverbien. 
§  319-  §  318.    Die  adjectivischen  Adverbien  sind  sämtlich  Casus- 

formen ;  sie  gehn  theils  auf  e  (o)  aus,  theils  sind  es  Genitive 
Dative  Instrumentale  Accusative  eines  st.  Adjectivs. 

1.  Die  Adverbialendung  e  ist  Abschwäohung  von  o, 
das  sich  durch  das  Gotische  als  6  erweist.  Es  geht  wahr- 
scheinlich auf  die  indogerm.  Ablativflexion  ät  zurück,  die  auch 
in  den  skr.  Adv.  in  df,  griech.  ooq  (cot),  lat.  e  (sd)  erhalten 


317 

ist :  Bopp  vergl.  Gr.  §  989.    Leo  Meyer  got.  Sprache  §  462.  §  318. 
Scherer  zur  Gresch.  d.  dentschen  Sprache  *  597.  f.  —  Paul  in 
Genn.   XX,   105   und  H.  Osthoff  bei  Kuhn   Z.   XXIII,   90 
erklärten  das  germ.  adv.  o  für  die  weibliche  Accusativendung 
eines  a-Stamms. 

Jenes  o  tritt  ohne  weitere  Vermittelung  an  den  conso- 
nantischen  Auslaut  des  Stammes. 

6  :  0  :  e  ist  der  vor  Augen  liegende  Weg,  den  jene  Ad- 
verbialendung nam.  In  den  Gedichten  des  11.  12.  Jh.  kommen 
noch  Reste  des  o  vor;  so  steht  es  in  dem  Wiener  Exodus 
und  der  Milstätter  Genesis,  femer  im  Yorauer  Joseph  noch 
im  Reim  (BGr.  §  248) :  erchomenUcho  :  do  Exod.  91,  36. 
Mast.  126,  23.    trüerdicho  :  do  Joseph  217. 

Auch  die  md.  Dichtungen  weisen  es  auf,  zb.  Friedb.  £r. 
C.  1,  4.  21.  E.  2,  10.  F.  1,  6.  10.  G.  1,  2.  6.  14.  AnnoL 
154.  315.  316.  624.  Alex.  5298.  Die  jüngsten  Belege  stammen 
meines  Wissens  aus  alem.  Fredigthandschriften :  diccho  emisigo 
fasto  verro  rechto  unsanßo  bülicho  harto  wärlicho  wirdio- 
licho  Wackem.  altd.  Fr.  XIH,  1.  4.  28.  53.  XVII,  2. 16.  XVIII, 
33.  36.  XIX,  4.  5.  XX,  34.  61  {schiero  Griesh.  Fr.  1,  68 
steht  für  schieror). 

Im  allgemeinen  ist  im  12.  Jh.  e  überall  in  Ober-  und 
Mitteldeutschland  an  Stelle  von  o  im  Adverb  getreten.  Für  e 
zeigt  sich  md.  auch  i  durch  die  Tonerhöhung  der  Endvocale, 
zb.  diJcJci  Annol.  493.  vüi  410.  810.  u.  ö.  harti  835.  drädi  837. 

Da  0  mit  Unterdrückung  jedes  Suffixes  demAdjectivstamm 

sich   verbindet,    kann   der  Vocal   desselben   nicht  umlauten. 

Adjectiv  und  Adverb   scheiden  sich  daher  unter  Umständen 

durch  Umlaut  und  Nichtumlaut,  zb. 

Adj.   enge    herte    senfte    veste    swtere    undaere    dr<ßte    sptete 
Adv.  ange    harte   sanfte   vaste   swäre    undäre    dräte    späte 
Adj.   trtBge    wtshe    schoene    trüehe    grüene    küene    süeze 
Adv.  träge    wähe    schone      truoibe    gruone   kuone   suoze 

Eine  Ausname  macht  das  Adv.  sttete,  das  fast  durchaus 
mit  Umlaut  erscheint,  obschon  stäte  bairisch  vorkommt. 

Manche  Adjectiva  lieben  diese  Adverbialbildung  -e  nicht, 
80  die  mit  Suffix  -g,  für  welche  sie  zwar  bis  in  das  12.  Jh. 


318 

§  318.  and  auch  in  jüngeren  Yolksthümlichen  Sprachdenkmälern  nach- 
weislich ist,  AGr.  §  285,  nicht  aber  in  der  gewählten  Sprache 
der  höfischen  Dichter. 

Apocope  des  adverbialen  -6  erfolgt  zunächst  nach  der 
Regel;  allein  die  Ausnamen  sind  sehr  häufig,  besonders  bei 
Oberdeutschen,  die  unter  dem  Einfluss  des  zu  Kürzungen 
geneigten  Dialects  stehn.  Doch  auch  md.  begegnen  sie  selbst 
in  der  Reimstelle,  obschon  das  Mitteldeutsche  sonst  Tonlosigkeit 
oder  Yerstummung  auch  dieses  Endvocals  nicht  liebt. 

Vgl.  vast  :  last  Jerosch.  7806.  lanc  :  getranc  md.  Sohachzabelb. 
272, 24.  schon :  Ion  Frauenlob  425,  6.  Jerosch.  3491.  :  Syon  Jerosch.  822. 
kunincUch  :  mich  Alex.  3301.  ritterlich  :  sich  HTrist.  4305.  innedich 
:  ich  HTrist.  4322. 

Die  apocopirten  Adverbia  auf  -lieh  breiten  sich  seit  Ende 
des  13.  Jh.  aus.  Früher  trugen  die  beliebten  Adv.  auf  -liehe 
und  liehen  dazu  bei,  viele  einfache  Adverbia  ausser  Brauch 
zu  setzen. 

In  den  Athisfragmenten  stehn  Adverbia  in  -en  statt  der 
gewöhnlichen  in  -e  im  Reim,  zb.  tiefin  :  liefin  A*  49.  angin  : 
gevangin  B.  3.    Es  sind  augenscheinlich  Formübertragungen. 

§319.  §  319.     Besondere  Erwähnung  unter  den  Adverbien  in 

altes   0    verdienen    wegen    ihrer    syntactischen    Verwendung 
aleine,  eht  cht,  wan, 

aleine  dient  zur  Einleitung  von  Concessivsätzen. 

eht  et  eff  oht  dt  ot  ist  eine  obd.  Verstümmelung  von 
echerodo  (Adj.  echerodi  dünn,  zart),  dessen  Gestalt  das  Not- 
kersche  echert  und  die  md.  Adv.  ecJcer  (Ka,r\m.)  ecJcers  (Hansens 
Marienl.)  ockert  (Leyser  Pr.)  ockers  (Pass.  Erlös.)  treu  genug 
bewahrten.  Die  Bedeutung  ist  beschränkend  und  hervorhebend ; 
als  Satzverknüpfung :  wenn  nur.  In  den  alemann.  (Gries- 
haberschen)  Predigten  kommt  eht  als  Vergleichungspartikel 
in  positiven  und  negativen  Sätzen  vor. 

wan,  Adv.  des  Adj.  wan  ler,  eitel,  md.  wene  (Egid.  620) 
wen;  unecht  erweitert  unter  Einfluss  von  causalem  wände 
wanne  zu  wefide  (Egid.  285),  wend  (Ath.  E.  47),  wand  (Silv. 
1627.  3376.  4000),  wanne  wenne  (Mhd.  Wb.  KI,  479).  Die 
Bedeutung  ist  nur;  ausgenommen,  ausser,  sondern;  wan  dae 


319 

ausgenommen  dass,  wäre  nicht.  £b  stirbt  im  14.  Jh.  allmählich  §  319. 
ab  und  wird  durch  dan  oder  newr  nur  ersezt  —  Mit  prä- 
figirtem  ni  ne  bildet  wan:  nitoan  niuwanj  newan,  zsgezog. 
niun,  nun;  aus  nieht  wan  entstund  niewan  nihwan,  nichts 
als,  nur  nicht.  Vgl.  über  wan,  niwan  Lachmann  zu  li^ib. 
852,  3.  1952,  4.  2081,  2  und  zu  Iwein  2968. 

2.  Genitivische  Adverbien. 

§  320.     Die  adverbiale  Verwendung  des  Genitivs  Neutr.  §  ^20. 
Sg.  stüzt  sich  wahrscheinlich  auf  die  ablative  Function,  welche 
der  deutsche  Genitiv  früh  übernam.     Es  sind  Adverbia  der 
Qualität,  der  Quantität  und  der  Ausdehnung  in  Raum  und  Zeit. 

zb.  aMes,  anders,  verddhtes,  eines  (einest),  deheines  (irgend  einmal), 
veiles  unveiles,  vemes,  gähes  gaihes  Nbf.  gähens,  vergebenes,  halbes, 
toiderhisres,  hinteres,  unholdes,  krumbes,  langes  urdanges,  geltches, 
Wies,  michels,  mittes,  vumames  fvumamens  vurnomens),  niuwes 
(muwens  niuns),  gerihtes,  sehelhes,  schipfes,  unverschuides,  slehtes 
imslehtes,  sneUes,  stcstes,  strackes,  twerhes,  uberiges,  wdres,  intoertes 
innerwertes  hinderwerts  niderwerts  üfwertes  underwertes  zöwardes 
(mfr.  Legend,  vgl.  alts.  towardes),  —  jarliches  (jtergeUches)  mänedee- 
Uches  tegeUches, 

Mit  Präposition: 

van  aldes  (Lac.  in,  401.  720.  van  oAdz  Wieistr.  977),  in  ehendes, 
van  ers,  zevorders  (Ennen  n,  436.  oder  ist  eevorderst  anzunehmen?) 
zuvergeves  Hagen  4340.  Brev.  41.  52.  overmitz  (Ennen  in,  88.  ^ermitz 
Lac.  m,  376.)  vermitz  Hagen  222.  van  nüwes  (Lac.  m,  47.  576.  744.) 
van  nu/wens  (1275.  Ennen  m,  88.  van  nüens  Marienl.  33, 16.)  enrihtes 
zeriMs  (Lac.  HI,  589.  657).   entwerhes. 

Mit  unorganischem,  nur  scheinbar  genitivischem  s  (in 
falscher  Analogie  von  -ens  =  es):  van  verrens  (Sei.  Tr.  167*. 
van  verns  Machab.  389.  van  verrunte  Harff  133,  1).  hevorens 
(Lac.  III,  180). 

Vgl.  Grimm  Gr.  III,  90.  AGr.  §  286.   BGr.  §  250. 

3.  Dativische  Adverbien. 

§  321.     Die  adverbiale  Verwendung  des  Dativs  gründet  §  321. 
sich  auf  seine  instrumentale  Function. 

Der  einfache  Dat.  Sg.  des  Adj.  ist  mhd.  nicht  zu  erweisen, 
nur  mit  Präposition  begegnen  zb.  von  billtchem,  von  erstem, 
jsfuo  dem  lengesten. 


320 

^  321.  Die  dativ.  Adverbien  sind  meist  plurale,  so  die  zahlreichste 

Klasse  derselben,  die  in  -ßcAcn,  welche  seit  8.  Jh.  nachweis- 
lieh  sind  {smählthhim  61K.  75)  und  im  13.  Jh.  namentlich 
als  bequeme  Reimformen  sehr  beliebt  wurden.  Ausserdem 
gehören  hierher  eivzigen  einzehten  einjsen,  einzelen  (md. 
alenzüen  beliebt),  dräten,  späten,  harten,  mitten.  Die  Adv. 
verren,  mten  sind  nicht  dativisch,  sondern  durch  das  Local- 
Suffix  -na,  nän  gebildet. 

Von  Präpositionen  abhängig :  heinzigen  ^einzigen  enhein- 
sen,  belangen  Mlangen,  von  unlangen,  in  almitten,  enzwischen 
Gr.  III,  94.   AGr.  §  286.   BGr.  §  250. 

Von  den  instrumentalen  Adverbien  erhielt  sich  nur 
mitalle  betälle. 

9 

4.  Accusative  Adverbien. 
§  822.  §  322.    Sie  gründen  sich  auf  die  Verwendung  des  Accus, 

zur  Bezeichnung  der  Erstreckung  in  Raum  und  Zeit 

Durch  das  Ahd.  ergibt  sich,  dass  die  Adv.  in  -ingen, 
Aingen  alte  Accus.  M.  Sg.  sind,  ebenso  nahen. 

Häufiger  wird  der  Acc.  8g.  N.  adverbial  verwant:  vil 
getiuoc  meist,  lützel  winic,  sieht,  lanc  (järlanc,  tadanc  talanc, 
ie  lanc,  hiutelam),  sU  (Nebenf.  svnt,  comparativ.  Adverb  sider- 
md.  seder  als  Adv.  Fräpos.  und  Conj.  gebraucht  Die  drei 
Formen  sit  sint  sider  werden  in  manchen  Dichtungen,  so  in 
Nib.  Not,  neben  einander  verwant). 

Von  Präpositionen  abhängig :  eneben  entwerh,  in  geliche, 
bi  ein,  vürbaz  vürwär,  überal  Oberein  uberla/nc  überlüt, 
underein,  zerest  zejungest  zelest. 

b)  Substantivische  Adverbien. 
Grimm  Gr.  m,  127—161.    AGr.  §§  277—280.    BGr.  §  249. 

1.  Genitivische  Adverbien. 
§323.  §  323.    Gen.  M.  Sg.  äbendes,  des  äbents.  borges.  danken 

Undankes,  drdbes.  fluges,  sametkoufes.  morgens  (momdes)^ 
unmuotes.  eines  mundes.  roubes,  schäches,  urschütes,  slages. 
stapfes.  strites,  sumers,  tages.  eines  zuges,  alzuges  alzoges 
(dltois  Karlm.  86,  23.  altüs  [althüs^  Leyser  Pr.  108,  10. 
mnl.  altoes  altoos).  —  PL  kurzer  tage,  der  tagen,  beider  taege 


321 

(livl.  Kr.  2700.  heider  wegefi  4050)  dller  wegen  (Jerosch.  aller  §  323. 
wegine  Ath.  B.  152)  mancher  wegen  (Jerosch.)  Zu  der  auf- 
fallenden schwachen  Flexion  wegen,  die  im  altn.  vegna  sich 
ebenfaUs  findet,  vgl.  Gr.  IV,  585.  797.  —  Mit  Präposition: 
vor  äbendeSy  wider  äbents.  von  alders  (Ennen  III,  88.  1, 121. 
Lac.  III,  22.  563j.  widerbaches.  widerherges  {widerpirges 
Lassberg  Lieds.  50,  30).  achtermals  {Lac.  III,  180).  von 
morgens,  ze  morgens,   vor  tages. 

Gen.  F.  Sg.  Ohne  Artikel  oder  Attribut  nur  in  den  mit 
nichtfemininer  Endung  bekleideten  nahtes,  notes.  Im  übrigen 
vgl  derhalpy  deheiner  kraft,  der  mdjse,  der  nehte,  der  naht, 
der  zU;  kurzer  langer  maneger  stunt. 

Mit  Präposition  in  den  nichtfeminin  flectirten  hinachts 
(Lac.  III,  489).  zeha^its  (Lac.  II,  744.  III,  236.  zuhantz 
m,  180.  450). 

Gen.  N.  Sg.  dinges.  des  endes,  heiles,  Unheiles,  järes. 
des  mäles,  eines  mdles.  meines,  weites,  eines  zites. 

Mit  Präpos.  wider  wazzers  (Laesberg  Lieds.  50,  108). 

2.  Dativische  Adverbien. 

§  324.  Dat.  M.  8g.  morgene  morne.  gater,  algater  (md.).  §  324. 
dancwillen.  —  PI.  alwegen  (allewen),  —  Mit  Präpos.  zeberge, 
endanke,  zeväre.  zevlize,  envluge.  zevrumen.  be-  en-  mitvollen, 
begater  (Manuel  63),  zegater  {zegader  Frauenl.  352,  10. 
zugatir  Ath.  D.  47).  enmornen,  benamen.  berücke,  zerucke, 
besinne,  zespotte,  enwadele,  ab-  en-  zewege,  öfter-  under- 
wegen,   zewunsche. 

Dat.  F.  Sg.  maze.  note.  nehte.   Hierher  gehört  auch  obe 

ob  (ahd.   oba  uba   übe')    entstellt  aus  ibu  ibo,   Dat.  zu  iba 

(Zweifel),  Bedingungspartikel  und  Partikel  zweifelnder  Frage 

(über  deren  Auslassung  Wackemagel  Fundgr.  I,  293.  Anm.  b. 

Lachmann  zu  I^ib.  1775,  1).     Die  mannigfachen  Formen  in 

mhd.  Zeit  sind 

übe  Fundgr.  U.  10,  2.  Bol.  91,  4.  obe  ob  gemeiomhd.,  ove  ripuar. 
und  südl.  Grenzstrich :  Lac.  U,  572.  450.  Ennen  I,  9.  Höfer  I,  2.  12.  28. 
ofe  Ernst  A.  11,  38.  of  Roth.  259.  3044.  3284.  Lac.  II,  517.  m,  15.  450. 
Höfei  I,  6.  n,  53.  80.  Ennen  HE,  475.  Am'st.  Ml.  8,  5.  off  Cronica ; 
entstellt  ofte  HU.  I,  993  (Hessen).  Die  gewöhnlichste  md.  Form  ist 
Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  21 


322 

§  324.  abe  (we,  ab  af :  ave  Höfer  U,  28.  123.  131  (avo  Capital.  6.  11.  20.  22). 
af  Spiegelb.  275,  28.  abe  Hü.  I,  792.  Mask.  68,  24.  ab  Both.  2366. 
Bad.  13,  13.  Spiegelb.  283,  19.  Myst.  I.  4,  19.  a.  o.  Schachzabelb.  o. 
Schonebek  o.  Maskbl.  3,  62.  34,  7.  83,  3^  Höfer  11,  41.  69.  136  (Thü- 
ringeiO.  Sp.  y.  Jangfr.  o.  Eöditz  o.  Henneb.  U.  I,  125.  —  elsäss.  alem. 
ebe  Nie.  v,  Basel  146.  211.  ebbe  Mersw.  20.  30.  a.  o.  ebe  Mone  Z. 
7,  467.   öbe  Chron.  d.  St.  IX,  1117*. 

Dat.  F.  Plur.  undurften.  ällenhalben  beidenhalben. 
mazen,  nehten,  tioten.  Unschulden,  al  den  stunden,  triuwen. 
wUen.  —  Mit  Präposit.  o.  Dat.  Sg.:  eediute.  enerde.  iener 
(io  in  ero)j  niener.  an  der  vart,  enverte.  begarwe,  he-  en- 
gegene.  enhende  eehant.  ee-  üzer  mäee,  eendht  he-  eenote. 
mit  genuht  enrihte.  hesUe.  ee  sttßte,  ze  stete,  an  der  stunde' 
"Stunt,  ze  stunt.  entriuwe.  ze  der  wtle,  zeinerwile.  zezeche, 
bezUe  enzU.  —  Dat  PI.  in  beidenthalben  (Ath.  C.  50). 
behanden.  üzer  mazen,  in  den  sacken,  besiten,  in  andir  sitin 
(Ath.  C.  90).  zestunden.   entriuwen.   bewileny  underwüen. 

Dat  N.  8g.  heime.  —  Dat.  PL  drin-  manegen-  swelhen 
enden.  —  Mit  Präpos.  ze  järe.  von  Jcinde.  ze  lande,  öfter- 
ze  male,  zetai.  enteil,  zewäre  zwä/re.  enwette.  ze  wunder. 

Von  instrumentalen  Adverbien  erhielten  sich  freilich 
nur  yerstummelt  hiure  (hiu  järu)  Mute  {hiu  tagu). 

3.  Accusativische  Adverbien. 

§325.  §  325.     Acc.  M.  8  g.     ie  {eo,  got.  aiv)  zu  jeder  Zeit, 

jemals ;  bei  Gomparativen  immer,  je.  Doppeltes  durch  Copula 
verbundenes  ieundie  {ientie,  ientiu  iendiu,  ienti).  Mit  Negation 
nie  {ni  io)  niemals,  niomier;  nie  mire  nicht  länger;  niene 
starkes  nicht;  nichts,  ie  wirkt  verstärkend,  enclitisch  särie; 
proclitisch  iener  (md.  iergen  =  ie  wergin)  negativ  niener 
(niergen);  iedoch.  ienoch.  iesä.  iewä.  iezuo;  ieman.  ieweder 
iedeweder.  ielich.  iewiht  iht;  nieman.  niewiht  niekt  niht.  — 
den  ende.  äUen  tac.  aUeti"  dehetnen-  manegen  uns.  vollen. 
—  Plur.  alle  tage,  alle  wege.  —  Mit  Präpos.  widerberc. 
dne-  sunder  danc.  in  manegen  ende,  in  aUen  vltz.  ane- 
sunder  haz.  über  rucke,  an  den  svnt.  äne-  sunder  spot. 
äne-  en-  sunder-  wider  strit.  vür  den  tac.  äne-  sunder  wanc. 
äne-  sunder  wän.  enwec.  in  atten-  manegen  wis.  äne  zart. 


323 

Acc.  F.  Sg.  alle-  deheine  vart.  alle-  lange  vrist.  ein-  §325. 
merhcdp,  einkleine  enMeine.  hinaht  hinte  hinte.  die-  eine 
rihte.  dise  süte.  ein-  deheine-  lange  stunt,  äne-  sunder  twäle. 
anderweide.  anderwerbe,  diewile.  deheine-  neheine-  manege 
wis.  —  Mit  Präpos.  Ober  ecke,  über  mäht,  durh  not. 
enouwe.  besit.  an  die  stunt.  enwäge.  äne  wende,  äne  wer. 
in  alle  wis. 

Acc.  N.  8g.  heim,  einteil.  —  Mit  Präpos.  Überhoubet. 
enlant. 

c)  Yerbale  Bedensarten'mit  adrerbialer  Bedeutung. 

§  326.  ich  wcene,  vor  einem  abhängigen  Satze  syn-  §326. 
tactisch  (ich  wcen  man  von  deheinem  künege  mere  sage  Nib. 
1307;  2.  ich  wcen  nie  ingesinde  groezer  mute  ie  gepflac 
Jfib.  42,  4)  oder  paratactisch  {ich  wcene  wol  si  was  sin  wip 
Iw.  6450.  ich  wcen  mir  ist  alsam  geschehen  Trist.  4837), 
auch  ohne  Pronomen  (Ja  wcene  diu  naht  welle  uns  niht  wem 
mir  Mb.  1787,  2).  —  wäne  ich,  wcene  ich,  ohne  Pronomen 
wcene,  wcen,  dem  Satz  eingeschoben,  der  die  Meinung  aus- 
drückt: swer  mine  varwe  wolde  ^ehen,  die  wcen  ich  ie 
erbliche  Parz.  299,  24.  dar  an  lit  wcen  ich  groezer  kraft 
Iw.  5279.  er  wcen  an  ir  niht  anders  niwan  lougen  vant 
»ib.  1193,  4.  —  Grimm  Gr.  IV,  218.    Mhd.  Wb.  ni,  496.  f. 

ich  weiz  am  Anfang  untergeordneter  Sätze  in  geist- 
lichen Dichtungen  des  11. 12.  Jh.  nicht  selten:  Haupt  Z.III,  187. 
Diemer  zu  Joseph  36.  —  Das  negative  ich  neweiz  (zsg.  neiz) 
gibt  Interrogativen  indefinitive  Bedeutung:  neizwer  -waz, 
neizwar  -wä  -wie.    Gr.  III,  72.  f.  AGr.  §  323. 

ich  meine,  mit  objectivem  Satze,  die  persönliche  Meinung 
hervorhebend :  j.  Tit.  44,  4.  46,  4.  125,  3. 

halt  (zu  unterscheiden  von  dem  adject.  Adv.  halt,  potius, 
als  Conj.  sed)  ich  halte  dafür:  in  Schriften  und  Volksdialecten 
erscheint  auch  noch  die  volle  Form  ich  halt,  halt  ich :  Schmeller 
BWb.  I«,  1099.  Grimm  Wb.  IV.  2,  273.  Weinhold  Beitr.  zu 
e.  scUes.  Wb.  32.  halt  steht  am  Anfang  von  Sätzen,  welche 
die  Meinung  aussprechen  (halt  in  allen  diutschen  riehen  kom 
mir  nie  deheiner  zuo  Weinschwelg  306,  halt  sol  ein  istich 

21« 


324 

§326.  mensche  sich  erbarmen  Leyser  Pr.  8,  23)  oder  wird  ihnen 
eingeschoben  (ich  räch  halt  andere  lüte  dinch  Vor.  Ged. 
307,  25.    si  warn  halt  sm  in  jämers  dol  Parz.  430,  10). 

got  weijsf,  goteweiz;  weiz  got,  versichernd  und  be- 
theuernd gebraucht,  zb.  Karajan  Ged.  111,  7.  Fundgr.  IL  39,37. 
Rol.  300,  10.  Elis.  7790.  —  Vgl.  Grimm  Gr.  III,  243.  AGr, 
§  328.  BGr.  §  262.  Mhd.  Wb.  I,  555.  Lexer  I,  1052.  - 
Ganz  gleich  wird  wizze  Christ  gebraucht,  Gr.  UI,  243- 
Mhd.  Wb.  I,  883.  —  got  erkennen  ellipt.  betheuernde 
Redensart  Iwein  1679.  —  tveregot,  bittend  und  mahnend 
in  imperativischen  und  fragenden  Sätzen,  im  12.  Jh.  noch 
beliebt,  im  13.  Jh.  abgekommen.  Ein  Beleg  noch  Neith.  37,  8. 
Vgl.  Gr.  III,  243.  Mhd.  Wb.  III,  581.  BGr.  §  262.  —  got 
segene,  verwundernder  elliptischer  Ruf,  Trist.  13694.  herre 
got  gesegene  Lanzel.  905.  —  got  gebe  mit  concessivem  Sinne^ 
erscheint  erst  im  15.  Jh.,  zb.  Teufels  Netz  3118.  Sachsenheim 
Mörin  66.  1521.  5904;  es  dient  auch  Interrogativa  indefinit 
zu  machen,  Gr.  III,  74.   AGr.  §  323. 

so  helfe  got  (seife  got);  so  mir  got  (daz  heilige 
lieht  u.  a.),  sam  mir  got  {der  Itp  u.  a.),  ellipt.  betheuemde 
Ausrufe:  Mhd.  Wb.  I,  556.  II.  2,  44.  460.  Schmeller  BWb, 
n«,  206. 

got  qiittf  got  spricht  so  zu  sagen,  gleichsam.  Diese 
im  Obd.  heute  noch  geläufige  Formel  (Schmeller  I*,  961- 
Lexer  .kämt.  Wb.  119.  Tobler  appenz.  Idiot.  229)  ist  aus 
dem  15.  Jh.  belegt:  gleich  als  got  spricht  Lexer  Mhd.  Wb. 
I,  1052. 

daz  ist  war,  mit  Synizese  deiswär  deswär,  betheuemd^ 
Gr.  III,  243.   Mhd.  Wb.  I,  314.  III,  519. 

wcere,  in  voller  Form  ez  wcere,  gewöhnlich  mit  ^N^egation 
neweere  (selten  enwcere)  es  wäre  denn,  ausgenommen,  nur. 
Durch  Verlegung  des  Tons  auf  ne  entsteht  schon  im  13.  Jh. 
in  lässiger  Rede  newer  niwer;  durch  Verschmelzung  von  iw 
zu  ü  entsteht  nüer  mir;  bair.  neur.  Vgl.  Grimm  Gr.  III,  244. 
Mhd.  Wb.  III,  767.   Schmeller  I«,  1755.   AGr.  §  267. 


325 

S.  Pronominale  AdverUen. 

§  327.     Die  pronominalen  Adverbia  werden  durch  Suf-  §327. 
fixe  aus  Pronominalstämmen  gebildet. 

Von  den  personalen  Stämmen  gibt  nur  der  der  dritten 
Person  Adverbia.  Aus  dem  St.  sva  entstund  so  (altn.  ^ä 
got  sve).  Basselbe  bedeutet  demonstrativ  so:  messend,  ver- 
gleichend und  hinweisend,  und  vertritt  in  dieser  lezten  Bedeu- 
tung zeitliche  und  causale  Partikeln.  Am  Anfang  von  Sätzen 
^ieht  es  aus- dem  vorangehnden  Satz  die  Folgerung.  Relativ 
bedeutet  es  als,  wie :  vergleichend,  zeitlich,  folgernd  (so  dass). 
Es  übernimmt  auch  die  Vertretung  des  Belativpronomens. 

In  hypothetischen  und  concessiven  Sätzen  gibt  so  Interro- 
gativen, die  es  einschliesst,  unbestimmten  Sinn.  Mhd.  ist  das 
erste  so  in  der  Regel  dem  Fragewort  durch  Vorlehnung  ver- 
schmolzen und  das  zweite  so  bleibt  oft  weg:  so  wer  so,  so 
wae  so  wird  also  mhd.  in  der  Regel  zu  swer  so,  swaz  so, 
oder  zu  blossem  swer  swas.  Im  14.  Jh.  wird  bereits  das  Inter- 
rogativ indefinit  neben  den  mit  so  gebildeten  Formen  verwant. 
Vgl.  §  496.  Grimm  Gr.  III,  44.  AGr.  §  321.  BGr.  §  367. 

so  mit  lieh  verbunden  gab  solih  solh  (sölh  seih)  md. 
stdich  sulh;  mit  getan:  so  getan,  später  sotän. 

Aus  sva  entspringt  durch  die  Suffixe  n-  und  tra  das 
als  Adverb,  Conjunction  und  Präposition  verwante  sunder 
(got  sundro). 

Möglicherweise  ist  auch  sus  (so,  sonst)  aus  dem  St.  sva 
gebildet;  doch  liegt  auch  der  St.  sa  nahe. 

Zweifelhaft  ist  ferner  der  Ursprung  von  selbe  (got.  silba) 
ans  sva  (sva  liba  :  siliba  .\  silba  Gr.  III,  6.  vgl.  Scherer 
zGdSpr.*  496).  Das  Wort  gibt  das  Adverb  selp  eben,  und 
verstärkt  durch  Genit.  selbes  das  locale  da,  woraus  sich  der 
spätere  selbständige  Gebrauch  als  Ort-  und  Zeitadverb  (dort, 
damals,  selbt  seit)  erzeugte. 

Aus  der  Wurzel  a  wird  bei  Nasalirung  des  Vocals  und 
durch  das  Suffix  ti  die  Copula  gebildet:  ande  findet  sich 
noch  im  Leydener  Williram,  in  dem  mittelfränk.  Legendär, 
auch  öfter  im  Rother  (1134.  1296.  2252.  2263.  4797);  das 
nmgelautete  nfränk.  ende  end  erscheint   im  Floyris   und  in 


326 

§327.  jülichschen  Urkunden  des  13.  Jh.;  in  de  ist  ripuar.  herschend^ 
einzeln  kommt  es  auch  in  moselländ.  Urkunden  vor  (Höfer  I,  2. 
II,  66.  84;  für  die  ältere  Zeit  belegen  es  hier  die  Strass- 
burger  Eide,  das  Capitularfragm.,  Ludwigsl.,  fränk.  Geb.  [MSch. 
Denkm.  LVIII] ;  auch  in  Sayner  Urkunden,  Höfer  1, 12.  II,  158). 
Die  gemeinmhd.  Form  ist  unde,  zu  und  und  unt  auch  im 
Verse  verkürzt,  vgl.  W.  Grimm  über  Freid.  S.  43—47.  Lach- 
mann z.  Nib.  934.  z.  Iw.  59.  4365.  Haupt  z.  Engelh.  463. 
Ausser  zur  Copula  dient  unde  zur  Verstärkung  von  Partikeln, 
nimmt  die  Bedeutung  von  „und  sonst,  und  jedoch,  indessen'^ 
an,  und  dient  zur  Anknüpfung  relativischer  Sätze. 
§828.  §  328.     Aus  dem  Demonstrativstamm  ta   (got.  nd.  tha, 

obd.  da)  werden  eine  Reihe  pronominaler  Adverbien  abgeleitet 

danne  (ahd.  danta,  dannd),  geschwächt  denne,  gekürzt 
dan  den  (Gr.  III,  165—168)  zeitlich:  dann,  damals,  cauaal: 
denn,  relativ  als,  wenn;  nach  Comparativen  Vergleichungs- 
partikel. —  Vor  noh :  dannoh  dennoh  damals  noch,  adversativ 
dennoch. 

Eine  weitere  Bildung  ist  danan,  verstärkt  dannan^ 
gewöhnlich  dannen  danne,  gekürzt  dane  dan:  local  von  da 
(Verbindungen :  von  dannen,  dannen  von,  dan  von,  danwert; 
herdan,  hindan),  causal:  daher,  deshalb,  relativ  weshalb. 

Durch  das  Suffix  tra  scheint  gebildet  dar,  da  {dar 
kommt  ohne  folgendes  Locaiadverb  md.  noch  zuweilen  im 
12.  13.  Jh.  vor;  regelmässig  erhielt  sich  r  vor  vocalisch  an- 
lautendem angelehntem  Adverb :  daran  därinne  därumbe  u.  a.). 
Die  Bedeutung  ist  da,  dort,  relativ  wo.  Das  ä  kürzt  sich 
zu  a,  dar  schwächt  sich  bei  Tonlosigkeit  zu  der  dir  sowol 
in  Verbindung  mit  Localadverbien  als  nach  Personal-  und 
Demonstrativpronominibus  in  relativer  Bedeutung.  Tonlos  den 
Ortsadverbien  vorgelehnt  bleibt  von  dar  oft  nur  der  Anlaut  d 
in  vulgärer  obd.  und  md.  Rede  übrig :  dinne,  düee,  dobe,  düfe. 
AGr.  §  316.  Anm. 

Durch  das  Suffix  tra  scheint  gebildet  dare  dar  (ahd. 
dara),  die  Sichtung  wohin  in  Baum  und  Zeit  bezeichnend. 
Zusammensetzungen  sind  daran  -in  -über,  dardurh  -vür  -näh 
-wider.     Eine  Weiterbildung  aus  dar  durch  Anfügung  eines 


327 

locaüven  d  (ta)   scheint  in  dort  (mnndartl.  dert,  dort,  md.  §328. 
dorte)  ahd.  darot  daret  doret  vorzuliegen. 

Ein  alter  weiblicher  Accusativ  des  Demonstrativams  scheint 
do,  welches  sächsisch,  ags.  nnd  fränkisch  (Otfr.  Isid.  Tat.) 
im  9.  Jh.  in  vollem  Brauch  ist,  obd.  aber  erst  allmählich 
Aufname  fand;  Gr.  lU,  169.  Es  hat  nur  zeitliche  Bedeutung: 
dann  damals  darauf,  relativ  als.  Aus  der  Bedeutung  darauf, 
nun  ergibt  sich  seine  Verwendung,  um  fortschreitender  Er- 
zählung oder  einer  Frage  Nachdruck  zu  geben.  Über  duo 
für  do  §  137.  139. 

Aus  dem  Demonstrativstamm  ta  entstund  auch  die  be- 
schränkende und  eiitgegnende  Partikel  doh  doch  {gotpauh) 
doch  dennoch,  obgleich.  Wahrscheinlich  ist  doh  aus  doh  ge- 
kürzt und  got.  ßäith  ags.  peäh  alts.  thoh  altn.  p6  anzusetzen : 
do  -|-  uh,  ßau  -)-  MÄ  d.  i.  ^a  -f-  «I  -f-  ^hy  vgl.  Bezzenberger 
gotische  Adverbien  95.  102   und  auch  Scherer  zGdSpr.^  505. 

In  starker  Verwendung  als  Conjunction  steht  der  neu- 
trale Accusativ  da^s  (vgl.  lat.  quod)  zur  Einleitung  aller  Arten 
untergeordneter  Sätze.  Das  in  gleicher  Art  verwante  got. 
ßatei  legt  die  Vermutung  nahe,  dass  auch  dajsf  för  dazi  steht, 
dessen  lezte  Spur  im  bair.  Muspilli  (9.  Jh.)  aufbaucht. 

Der  neutrale  Genitiv  des  wird  mhd.  adverbial  mit  der 
Bedeutung  deshalb,  daher  gebraucht.  Mit  Präposition  erscheint 
er  in  den  Zeitadverbien  afler  des,  in  des,  innen  des,  vor  des, 
under  des;  mit  Zeitadverb  e  des,  sU  des. 

Aus  demselben  Demonstrativstamm  ist  auch  abgeleitet  das 
ripuarische,  einzeln  auch  ins  triersche  reichende  dus,  so,  sonst: 
thus  Heinrichsl.  5.  dus  Marienl.  25,  25.  30.  aldus  Lacombl. 
n,  434.  II,  1064.  ni,  180.  Hagen  70.  134.  234.  u.  o.  Haupt 
Z.  L  37,  109.  Mastr.  Ostersp.  29.  58.  Vgl.  mnl.  dus  (Moltzer 
middelnederl.  dramat.  Poezie  S.  9.  Anm.  3)  mnd.  dtiS  alts.  ags. 
thiAS  fries.  thtis  dus.  —    Grinam  Gr.  III,  63. 

§  329.    Aus  dem  Demonstrativstamm  sa  wurden  gebildet  §  329. 
durch  das  Superlativsuffix  ma  sam,  mhd.  als  Pronominaladj. 
sehr  selten  (Lexer  Mhd.  Wb.  II,  590),  dagegen  als  Adverb 
und  Conjunction  (so,  wie,  wie  wenn)  noch  lebendig.  —  Eine 
Weiterbildung  durch  Suffix  -fM,  ist  das  Adj.  samen,   dazu 


328 

§  329.  das  häufig  gebrauchte  Adv.  samen  (allensamen,  beidensamen, 
he-  en-  besamen),  Nebenformen  sind  sament  (ahd.  samant) 
und  samet  samt  (got.  samaß   alts.  ags.  samad  samed). 

Durch  das  Suffix  trä  entstund  die  Zeitpartikel  sär  sofort, 
sodann.  Diese  alte  Form  des  Adverbs  stirbt  im  12.  Jh.  ab: 
Beispiele  aus  der  Wiener  und  Milstätter  G-enesis  verzeichnet 
BGr.  §  253.  Im  Salman  findet  sich  sär  zweimal  im  Reim 
730,  2.  778,  2.  Im  Obd.  wird  sa  die  gewöhnliche  Form 
(wie  da  für  dar,  wä  für  war),  ,  Nebenform  ist  8 an,  das 
bairisch  nicht  selten  auch  im  Reim  im  13.— 14.  Jh.  erscheint 
(BGrr.  a.  a.  0.,  Wolfram  v.  Eschenbach  hat  es  18  mal  im  Reim, 
Lamprecht  von  Regens  bürg  12  mal),  und  das  besonders  md.  in 
festem  Brauche  steht :  Pfeiffer  in  Germ.  VI,  642.  Lexer  Mhd. 
Wb.  n,  602.  Unecht  erweitertes  säne  braucht  Hug  v.  Trim- 
berg  einmal  im  Reim  (;  äne  Renner  71,  sechsmal  hat  er  sän), 
—  Durch  präfigirtes  ie  wird  sa  verstärkt  zu  iesä. 
§  330.  §  330.    Aus  dem  Demonstrativstamm  hi  (indogerm.  ci,  Ät), 

dessen  Casusformen  die  Zeitadverbien  hinaht  (hinet,  hint 
Mnte),  Mute  und  hiure  bilden  halfen,  wurden  mehrere  Orts- 
adverbien  gestaltet. 

Durch  Suffix  na  hin e  hin  von  hier,  hinweg;  zahlreichen 
Ortspartikeln  und  Präpositionen  vorgestellt :  hin  -abe  an  durh 
vür  in  näh  über  üf  umbe  wider  ise,  hin  -dannen  dan  wert; 
erweitert  (hinana)  hinnan  hinnen  hinne  von  hier,  fort,  das 
sich  ebenfalls  in  jüngerer  Zeit  mit  Localpartikeln  verband: 
hinnen  -dar  -vür  -hin. 

Durch  die  Suffixe  ta  +  ra  entstund  hinter  hinder,  als 
Präpos.  mit  G-en.  Dat.  Acc.  verbunden,  zusammenges.  hinder- 
wert; durch  ta  +  wöt  hinden  (got.  hindana  ahd.  hintana). 

Die  beiden  Adverbien  here  her  (ahd.  hera)  hierher, 
bisher,  und  hier,  hie  md.  he  (ahd.  hear  Mar  hier)  sind  wie 
es  scheint  durch  Suff,  trä  gebildet,  hera  würde  auf  hedra 
(vgl.  altn.  hedra  ags.  hider  got.  hidri)  zurückgehn;  fiir  den 
Diphthong  in  hier  ist  bis  jezt  keine  genügende  Erklärung 
gefunden,  vgl.  u.  a.  Bezzenberger  Gotische  Adverb.  116.  ft 
J.  Schmidt  Yocalismus  II,  422.  ff. 

hie  verschmilzt  sich  mit  inne,  üze  üisen  zu  hinne,  hüse  hüeen. 


329 

§  331.     Auf   den    Demonstrativstamm   na   geht   wahr-  §331. 
scheinlich  das  Zeitadverb  nu  zurück,  verlängert  nü,  mit  an- 
gefugtem n  nun.     Die  auf  nu  beruhende  Nebenformen  nuo 
(bei  Wolfram  namentlich)  und  nuon   werden  von  denen  ge- 
mieden, welche  nü  im  Keime  brauchen. 

Mit  enclit.  ch  (h)  bildete  sich  noh,  Zeitadverb  und  gegen- 
sätzliche wie  beschränkende  Partikel  (Leo  Meyer  got.  Spr.  199 
verglich  gr.  vv  xev,  skr.  nu  kam  nun  wol,  nun  eben).  Ver- 
bindungen sind  ie  noch  ausserdem,  immer  noch,  noch  denne. 

Die  zusammengesezten  Demonstrativa  geben  auch  einige 
Adverbien  her:  aus  dise  {tja  -|-  sja)  ist  freilich  nur  disent 
gebildet,  wie  aus  jene  (ja  +  wa)  jenen  enent  ennen  ennent 
ennet  und  ener  ennert  AGr.  §  317.  B6r.  §  253. 

Auf  demonstr.  ana  +  ja  führt  ali-,  das  adverbial  im 
genit.  alles  (anders),  verbunden  aiswä  aiswar  (BGr.  §  254) 
und  in  alem.  aide  aide  (alder  ölder),  oder,  fortlebt. 

Das  gemeinmhd.  ode  (aut,  sive),  md.  zuweilen  ade  {athe 
Capitul.  3.  fif.)  erhält  an  od  er,  das  vielleicht  nach  Analogie 
von  weder  gebildet  ward,  einen  Nebenbuler.  oder  erscheint 
zwar  schon  ahd.  (Grafif  I,  147),  wird  aber  erst  seit  Anfang 
des  13.  Jh.  häufiger,  drängt  ode  zurück  und  hat  es  im  14.  Jh. 
fast  unterdrückt.  Für  oder  ist  die  gemeinmd.  Form  ader 
(gekürzt  ar  Höfer  II,  37.  har  36),  selten  uder  (Boiandsl.  und 
bei  manchen  md.  schreibenden  Niedersachsen),  ihmin^.  eder  edir 
(Tristr.  V,  24.  Berth.  Crane  2810.  2917.  Höfer  I,  24.  26. 
II,  13.  Mülh.  R.  29.  u.  o.  Nordh.  Weist.  A.  B.  Kath.  o. 
Jungfr.  173).  Dieses  ode  (ade,  ede)  stimmt  zu  ahd.  eddo  edo 
odo  ags.  edda  altnord.  e9a  eöe  got.  aippau,  über  dessen  Her- 
kunft noch  Unsicherheit  waltet:  Grimm  Gr.  III,  60.  Leo  Jieyer 
got.  Spr.  493.   Bezzenberger  Adverb.  93.  f 

In  Ripuarien,  seltener  im  Mosellande,  einzeln  im  Engers- 
gau  begegnet  für  und  neben  ode  das  mit  alts.  efäo  eftho 
afrs.  ieftha  verwante  ofte  zb.  Lac.  III,  444.  1064.  Karlm. 
202,  60.  229,  65.  oft  Lac.  II,  1011 ;  mit  unterdrücktem  t 
ofve  Lac.  II,  515.  ove  Ernst  A.  II,  8.  Morant  120.  Höfer  I,  5. 
G.  9.  11.  II,  80.  84.  88. 109.  Ennen  I,  9.  II,  377.  u.  o.  III,  487. 
köln.  Ssp.  I,  28.   Lac.  I,  534.  744.  1064.  II,  435.  III,  167. 


330 

§  381.  Eberbach  810.  ove  Höfer  II,  9.  ^ue  Ennen  I,  242.  ave  Höfer 
I,  8.  Lac.  III,  247.  gewöhnlich  of  (schon  Amst  Ml.  10,  23) 
off,  af  äff.  Mnl.  ist  ofte  stehend.  Vgl.  auch  Busch  in  Zachers 
Z.  X,  397. 

Vor  Interrogativen  findet  sich  ein  Präfix,  das  indefiniten 
Begriff  ertheilt:  ahd.  ethes  eddes  eteSj  eta  ete,  mhd.  etes  eis  ete 
{etewer  -waz  -wie  'Wä  -war  -wanne,  femer  etelich),  zu  dem 
von  J.  Schmidt  bei  Kuhn  Z.  XXII,  318—325  das  slav.  jede 
lat.  ed"  vedisch  adas  mit  gleicher  Function  nachgewiesen  ward. 
Es  ist  sonach  von  eddo,  oder,  zu  trennen.  Das  ißeswanne 
der  Wiggertschen  Psalmen  (zweites  Scherflein  S.  11)  ist  nichts 
als  eine  durch  Einwirkung  von  ifthe  eftho  (oder)  verschuldete 
falsche  Form  für  itheswanne. 
§382.  §  332.     Von  dem  Interrogativum   (St.  Tca,  germ.  hwa) 

wurden  der  Gen.  wes  und  der  Instrum.  wiu  (bair.  weu) 
adverbial  gebraucht.  Aus  wiu  entsteht  durch  Verschmelzung 
mit  enclit.  ie  (ahd.  eo)  wie  (ahd.  w^o  wieo  wio). 

Dem  danne  §  328  gleich  gebildet  ist  wanne,  verkürzt 
wan;  Trübung  des  a  zeigt  die  im  Alem.  namentlich  beliebte 
Form  wenne,  gekürzt  wen;  zeitlich  und  bedingend  in  ihrer 
Bedeutung.  Eine  erweiterte  Bildung  ist  wannen  (ahd. 
hwanan  hwanna)  von  wo. 

Das  Suffix  trä  bildete  war  (hwar)  wohin,  das  Suffix  tra 
dagegen  war,  wo,  das  sich  nur  höchst  selten  noch  im  12.  Jh. 
findet  und  als  wä  erscheint.  Nur  bei  Anrückung  vocalisch 
anlautender  Localadverbien  oder  Präpositionen  erhielt  sich 
das  r,   zb.  war  an  Iw.  2716.    war  umbe  Myst.  I.  114,  14. 

An  war  fügte  sich  mit  indefiniter  Bedeutung  das  Sufßx 
gi  (Gr.  III,  33.  ff.):  hwergin  (Otfr.)  irgend  wo;  mit  präfig. 
ie  md.  i  er  gen  irgen  er  gen,  negativ  niergen  nirgen  nergen, 
Obd.  sind  dafür  iener,  niener  (io-  nio  +  in  ero)  in  Brauch. 

Durch  das  SufBx  da  (dha)  entstund  wände  (ahd.  huanta), 
wand  ward,  assimilirt  wanne,  gekürzt  wan,  md.  wend^  (Ath. 
A.  32.  B.  122.  C.  40. 114. 127.  E.  89.  F.  58.  67.  Rud.  11, 20). 
w&nä  (Ath.  A.  32)  wmt  (Alsfeld.  Sp.  3790.  3982.  7753) 
wen  (Ath.  Roth.  Alex.  Aegid.  Schonebek  vgl.  W.  Grimm 
z.  Ath.  A.  32):  weil,  denn. 


331 

Das  Keatmm  des  durch  Comparativsaffix  tara  gebildeten  §  882. 
Interrogativs  weder  (welcher  von  beiden)  wird  als  disjunctive 
Fragepartikel  verwant. 

7.  Präpositionen. 

§  333.  In  Folge  der  Verringerung  der  Casus  und  der  §  833. 
Abschwächung  der  sinnlichen  Bedeutung  derselben  ist  schon 
ahd.  die  Verwendung  der  Präpositionen  in  yoUem  Grange, 
durch  welche  die  verschiedenen  Beziehungen  des  Subjects 
zum  Object  deutlich  hervorgehoben  werden.  Einige  alte  Prä- 
positionen sind  abgestorben  und  nur  noch  als  Präfixe  in  der 
Gomposition  erhalten. 

a)  Echte  alt^  Pr&positionen,  ursprünglich  meist  pronominale 

Casnsformen. 

abe,  ab  md.  abe,  ave  af  (lat.  cib  gr.  axo)  Präp.  c.  Dat. 
von,  herab  hinweg,  causal  aus,  wegen.  —  Ableitung  aus  der- 
selben Pronominal  Wurzel  after  (ahd.  aftar  vgl.  got.  afta^ 
aftarö)  Adv.  und  Präp.  c.  Dat.  Acc.  Gen.  Instr.  hinter,  nach : 
örtlich  zeitlich  modal. 

ane  an  (gr.  ovo)  c.  Dat.  Acc.  räumlich  zeitlich  geistig.  — 
Aus  der  Verbindung  von  af  mit  an  ist  vielleicht  die  Präpos. 
van  von  entstanden  (Gr.  III,  262),  welche  dem  deutschen 
Festlande  eigen  ist,  Angelsachsen  und  Skandinaviern  fehlt, 
auch  got.  nicht  nachweislich  ist  und  daher  erst  nach  Abtren- 
nung der  Angeln  und  Sachsen  von  der  alten  Heimat  entstanden 
scheint,     über  das  alte  a  in  van  §  23.  30. 

äne  (verwant  mit  gr.  avsv  skr.  an(i)  ohne,  c.  Acc.,  selten 
€.  Gen.;  als  Conj.  ausser, 
t    ant  ent  als  Präp.  ausser  Brauch. 
ar  als  Präp.  erloschen. 

bi  gewöhnlich  gedehnt  bi  (gr.  knl  skr.  api)  c.  Dat.,  md. 
auch  c.  Acc.  (W.  Grimm  z.  Ath.  D.  48.  Tristr.  X,  711.  7459. 
Mhd.  Wb.  I,  112.  f.,  auf  die  frühere  obd.  Verbindung  c.  acc. 
weist  das  im  12.  Jh.  noch  übliche  zeitliche  bedae  hin) :  räum- 
lieh  die  Annäherung  bezeichnend,  zeitlich  die  Dauer ;  auch  causal 
c.  Dat.  und  Instr.  pron.  —  Aus  bi  ajs  oder  bi  ze  verschmolz 


332 

§333.  sich  biz  Adv.  Conj.,  als  Präpos.  mit  an  üf  gegen  verbunden, 
das  obd;  hinter  unz  an  Häufigkeit  zurücksteht,  aber  doch  bei 
Gotfried  von  Strassburg  Wirnt  Neithart  Lichtenstein  Rudolf 
von  Ems  Konrad  von  Wirzburg  nachweislich  ist  Md.  tritt 
neben  6t>  mit  un verschobenem  t  bit  auf,  §  197. 

bit  =  mit  §  161. 

ver  (ahd.  far  fir  gr.  jtagd  skr.  parä)  als  Präp.  erloschen. 

vore  vor  (ahd.  fora  got.  faura  skr.  puras)  Adv.  Präp., 
als  Präp.  c.  Gen.  Dat.  räumlich  zeitlich,  c.  Dat.  auch  causal.  — 
Adverb.  Verbindungen:  bevor  md.  bevure,  envor,  auovor. 
Localadverbien  aus  vor  gebildet  a)  vorne  forn  (ahd. /bma) 
Zusammensetz,  bevorne  bevorn  (;  erJcorn  Ath.  B.  107.  :  hom 
Ulr.  Wilh.  1390),  jsfevorn,  beide  md.;  genit.  Adv.  von  vomes 
Eihteb.  14.  —  Erweiterung  vornan  vomen,  —  h)  vorty 
md.  weit  beliebter  als  obd.,  vgl.  W.  Grimm  z.  Ath.  B.  106; 
jüngere  Erweiterung  vorten.  Verbindungen  hinnenvort,  vort- 
mer,  vorinw. 

Durch  das  Comparativsuffix  tara  ward  vordere  vorder, 
md.  vurdir  gebildet,  Adj.  Adv.  —  Aus  derselben  Wurzel 
entstund 

vür  md.  vur  vor  (ahd.  vuri)  Adv.,  Präpos.  c.  Acc,  vor 
etwas  hin,  vorbei ;  für,  zum  besten ;  um,  Stellvertretung  und 
Gleichheit  bezeichnend.  —  Comparativbildung  vurder  vürder, 
Superlativbildung  vürste. 

vranh,  nur  noch  als  Adv.  im  Brauch.  —  Zssetz.  vramort 
(=  vramwert)  vorwärts. 

hinder  (Comparativbildung  zu  hine)  Adv.,  Präp.  c.  G.D.  A. 

in  (lat.  in  gr.  kv  skr.  an)  Adv.,  Präp.  c.  Dat.  Acc,  räam- 
lieh  und  zeitlich.  —  Die  Verlängerung  in  dient  nur  als  Adv. 
Die  Präpos.  iw,  welche  Lachmann  Nib.  235,  4.  259,  4.  363,*4. 
821,  4  aus  metrischen  Gründen  ansezte,  ist  sonst  aus  dem 
12.  13.  Jh.  nicht  nachgewiesen.  Später  (15.  16.  Jh.)  ist  ein 
für  in  nürnbergisch  und  ostmitteldeutsch  im  Brauch.  —  Durch 
Suff,  -na  entstund  innen  (ahd.  innana  innän)  Adv.,  Präp. 
c.  G.  D.  Instr.,  mit  vorgelehnten  Präpositionen  binnen  Adv., 
Präp.  c.  G.  D.,  eninnen  (md.  zb.  Rother  1302.  Rud.  14,  6. 
25,  20.  25,  4.  Glauben  3166),  enbinnen  inbinnen  (inbinnigen 


i 


333 

Xeyser  Pr.  53,  30)  vgl.  W.  Grimm  z..  Ath.  A.  32.  —  Com-  §  333. 
parat.  Bildung  inner  Adv.,   Präp.  c.  G.  D.  Instr.,   Nebenf. 
inrent  inrunt, 

§  334.     mite  mit  md.  met  (got.  miß  zend.  mad)  Präp.  §334. 
c.  Dat.  Instr.  md.  zuweilen  unter  nd.  Einfluss  c.  Acc.  (Schone- 
bek  3635.  Lac  II,  515.  köln.  Sachsp.  Prol.  96),  GremeiuBchaft 
Verbindung  Mittel  bezeichnend.  —  Über  die  mrhein.  Nebenf. 
bit   §  161. 

fiide  als  Präpos.  in  der  Schriftsprache  erloschen.  Ad- 
verbiale Weiterbildungen  nidene  niden,  als  Präpos.  c.  Dat. 
beniden;  nidere  nider,  als  Präpos.  benidere  (Haupt  Z. 
XV,  382). 

übe  ob  (ahd.  oba  vgl.  vjco  skr.  upa  lat.  st4b)  Adv-, 
Präp.  c.  Dat.  Acc.  über.  Ort  und  Grund  bezeichnend.  —  Weiter- 
bildung durch  Suffix  na:  ebene  oben  Adv.,  selten  c.  Dat.  Mit 
proclinirtem  be  md.  b ebene  beben  nd.  boven  Präp.  c.  Dat. 
Acc,  mit  vorgelehntem  en:  enbebene  enboben,  —  Weiterbildung 
obenan  ebenen,  von  oben.  —  Aus  derselben  Wurzel  durch 
Suffix  ra 

über  viber  md.  ober  ever  (got.  ufar  gr.  vjt^Q  lat.  super 
skr.  upari)  Adv.,  Präp.  c.  Acc,  md.  auch  c  Dat :  räumlich, 
zeitlich,  persönliches  Verhältnis  bezeichnend. 

sam  Präp.  c  Dat.  (alem.)  —  sament  samt  Adv.,  Präp.  c  D. 
vgl.  §  329. 

sunder  Adv.,  Präp.  c  Acc,  Conj.  —  Comparativbildung 
zu  sun  d.  i.  sva  +  wa. 

t^  (got.  uf  lat  Sfsb  gr.  vjto  skr.  üpa)  Adv.,  Präp.  c.  A.  D., 
räumlich  (übertragen  auf  ein  Ziel  des  strebens),  zeitlich.  Er- 
weitert üfe  Adv.,  Präp.  c  Acc.  Dat.,  mit  Suffix  na  üfen 
Präp.  c  Acc.  Dat. 

umbe  um  md.  umme  um  (ahd.  umMy  got.  nicht  vorhanden, 
lat.  ambi  gr.  afig)i  skr.  abhi)  Adv.,  Präp.  c  A.  Instr. :  räumlich 
zeitlich  um;   Grund  und  Zweck,  ebenso  Tausch  bezeichnend. 

unde  Adv.  unten;  durch  Suffix  na  entstund  un'den 
Adv.,  durch  das  Comparativsuffix  tara 

under  (got  undar  lat  inter  skr.  antar)  Adv.,  Präp.  c 
D.  A.  Instr.  (under  diu)  Gen.  (under  des):  unter,  zwischen. 


334 

§834.  unte   (got.  und)-  sehr  selten   (Vorauer  Ged.   365,   11 

untere,  md.  und  als  Conj.  Pilat.  311.  Tri8tr.3772.  5907.  6963); 
gewöhnlich  ist  unjs^e,  unz  (got.  unU  alts.  unti)  Adv.  Conj. 
bis,  so  lange  als;  verstärkend  vor  den  Präpos.  an  durh  in 
üf  zuo.  Vielleicht  ist  unze  unz  aus  uni  +  ze  oder  unt  +  az 
verschmolzen,  wie  hiz  ans  hize.  Wurzel  scheint  an  zu  sein 
wie  in  unde  under. 

ur  nur  als  Präfix  mbd.  im  Brauch. 

üz  (got.  üt  skr.  üd^  Adv.,  seit  12.  Jh.  auch  als  Präp. 
c.  Dat.  gebraucht,  aus,  heraus,  hinaus.  —  Weiterbildungen  üze 
Adv.;  üzen  Adv.,  Präp.  c.  D.  A.,  mit  be  verschmolzen  büzen 
(md.),  enbüzen  (vgl.  binnen,  enbinnen);  üzen  an.  Durch 
Suffix  ra:  üzer  Präp.  c.  D.,  erweitert  üzeront  üzerent  üzert. 

wante  wente  (nd.  md.)  assimil.  wanne  (Myst.  I.  3,  5. 
Henneb.  ü.  II,  126)  apocop.  went,  md.  gewöhnlich  gekürzt  zu 
wan,  wen  W.  Grimm  z.  Ath.  A.  32.  Rud.  D^  21.  bis,  Adv. 
Oonj.  Vgl.  ai  wante  Roth.  1287.  wanne  her  Henneb.  U.  II,  126. 
wen  biz  Ath.  A.  94.  101.  von  6win  wan  zen  Swin  Roth.  4411. 
—  Mhd.  Wb.  III,  504. 

wider  (got.  vipra,  Comparativbildung  aus  W.  vi)  Adv., 
Präp.  c.  D.  A.  selten  c.  G.,  räumlich  zeitlich  persönlich  gegen 
(gegenseitig,  vergleichend).  —  Erweitert  widere  (ahd.  widari). 

ze  (ahd.  za  zi  ze,  alts.  ti  te,  got.  du  mit  gestörter  Yer- 
schiebung,  vgl.  slav.  do.  Möglicherweise  gehört  dieses  germ. 
Adv.  und  Präp.  zu  lat  ad  skr.  adhi,  Grimm  III,  254  und 
Leo  Meyer  got.  Spr.  116.  351,  so  dass  ze  und  az,  got.  du  und 
ai,  zwei  verschiedene  Gestaltungen  desselben  Wortes  wären). 
Adv.,  Präp.  c.  D.  Instr.,  nur  md.  zuweilen  c.  Acc. :  zu,  nach. 

zuo  md.  zu  Adv.,  seit  10.  Jh.  auch  als  'Präp.  c.  D.  zu- 
nächst vor  Pronominibus  gebraucht,  in  welcher  Stellung  es 
auch  mhd.  wesentlich  bleibt.  Die  md.  Schriftsteller  brauchen 
es  dann  ohne  weiteres  wie  ze,  um  die  Richtung  worauf  oder 
die  Zufiigung  wozu  zu  bezeichnen.  Häufig  wird  es  seit  Notker 
dem  ze  verstärkend  vorgestellt:  zuo  ze.  —  Adverbiale  Ver- 
bindungen ie  zuo  (grade  darauf,  grade  jezt,  jezt)  iezd  (Griesh. 
Pr.  2,  138  u.  später)  ie  ze,  Nebenf.  iezunt  izunt  izent  -en  -it 
(«päter  itzunds  itzunden  itzunder). 


• 


335 

b)  Jüngere  Prftpositioneii. 

§  335.  §335. 

durh  (gotßairh  skr.  tiräs,  verwant  ist  lat.  tratis)  Adv., 
Fräp.  c.  A-oc,  räumlich  zeitlich  causal. 

eneben  (md.  in  eben)  mit  Aphseresis  neben  Adv.,  Präp. 
c.  Gr.  D.  A.  —  Zusammensetz,  beneben. 

er  (die  md.  giltige  Form)  e  (die  obd.  herschende,  doch  ^ 
braucht  Heinrich  v.  Türlein,  der  in  der  Krone  nur  i  hat,  im 
Mantel  zweimal  211.  222  Sr  im  ßeim)  (got  air  compar.  airis 
ahd.  eiris,  gr.  ^qi  Leo  Meyer  got.  Spr.  492.  Ahrens  bei  Kuhn 
Z.  3,  171)  Adv.  eher,  früher,  Fräp.  c.  Gr.  D.,  Conj.  eher  als. 
Verbindungen  er  daz  i  daz,  i  danne  er  dan. 

gegen  älter  gagen,  zsg.  gein  gin,  md.  oft  kegen  kein 
kin :  Adv.,  Fräp.  c.  Gen.  (Jänicke  z.  Biter.  682)  c.  Dat.,  selten 
und  meist  md.  c.  Acc.  (Weismann  z.  Alex.  5703.  Lichtenstein 
Eilhart  LXXXVII),  räumlich  zeitlich  modal.  Verbindungen 
be-  en-  zegegene,  köln.  tegegen  tgegen  tgaen  Adv.  aber  auch 
präpositional  gebraucht. 

lengSy  genitiv.  Adv.,  als  Fräpos.  c.  Gen.  seit  14.  Jh. 
nachgewiesen,  Bech  in  Germ.  XX,  50. 

overmiddes  overmids  overrnüz,  mit AphsBres.  vermiddes, 
als  Fräpos.  c.  Dat.  Acc.,  kölnisch  seit  13.  Jh.  im  Brauch. 

näh  nd .  (got.  nShv  nihva),  Adv.  (Adj.  ntehe^  nähi), 
Fräp.  c.  Dat.,  räumlich  zeitlich  modal. 

Sit  Ady.  (got.  adj.  seipus  spät)  Conj.,  Fräp.  c.  Gen.  Dat. 
Instr.,  Nebenf.  sint  (nrh.  sont  sunt)  Adv.,  Fräp.  c.  Gen.  — 
Comparativ  sider  Adv.,  Fräp.  c.  Dat,  Gonjunction. 

wegen  ist  mhd.  noch  nicht  Fräposition.  Diese  Ver- 
wendung entwickelt  sich  aus  dem  Adv.  von  wegen,  das  durch 
ein  Fossessivum  (von  mtnen  dinen  sinen  w.)  oder  einen 
Genitiv  seit  Mitte  des  13.  Jh.  näher  bestimmt  wird,  Jänicke 
z.  Wolfd.  B.  236,  1. 

innewendic  Adv.,  Fräp.  c.  Gen.  Dat.,  nidewendic 
ohewendic  c.  Gen.  md.  gebraucht. 

zwischen  (md.  zusehen  zussen  nd.  tuschen  tussen) 
dativ.  Adverb  (mit  Fräpos.  en-  under-zwischen),  Fräp.  c. 
G-en.  Dat.  Acc. 


336 

8.  Zahlworte. 
§336.  §  336. 

A.  Die  Grundzahlen.     AGr.  §  326.    BGr.  §  258. 

1.  ein,  adj.  flectirt  einer  -iu  -eis, 

2.  Masc.  isivene  md.  Nebenf.  /sweine  (Elis.  3860.  Lac. 
in,  172),  Fem.  ^wö  Nebenf.  ^wuo,  md.  JSfwü;  zwä  (bair.  weiter. 

^  [zwä:  da  Elis.  8529]  ripuar.).  Neutr.  zwei  md.  zwe.  zwei 
kommt  md.  auch  für  M.  F.  und  indeclinabel  in  allen  Casus 
vor,  so  im  Strassburger  Alexander,  vgl.  Kinzel  in  den  Hall.  Beitr. 
zur  d.  Philol.  S.  69.  f.,  thüring.  (Nordh.  Weist.  B.  18)  und 
schlesisch,  ßückert  Entw.  249.  —  Gen.  zweier  {zweijer  Ath. 
F.  124.  zweiger  Vorauer  Ged.  21, 12.  Konr.  Silv.  1.  zuwaigere 
Vor.  Ged.  372,  14.  zwSgir  Haupt  15,  401).  Herman  Damen 
reimt  mit  falscher  Analogiebildung  Gen.  zwier  auf  drter  MSH. 
3,  165*,  sowie  er  den  Dat.  drein  im  Reime  auf  zwein  sich 
gestattet.  —  Dat.  zwein,  zerdehnt  z wehin  (Höfer  II,  73), 
gewöhnlich  md.  zwen.  Die  unechte  adject.  Form  zweien  wird 
im  14.  Jh.  beliebt.  —  Acc.  M.  zwine.  Fem.  zwo,  ziüuo  (im 
Reim  ;  kuo  Renner  14345.  :  darzuo  2668)  md.  zwue  (Eöditz  g.); 
zwü  md.  oft,  zwä  ripuar.  häufig  (auch  zwae  geschrieben,  zb. 
Lac.  III,  621).  Nach  falscher  Analogie  mit  zwene  findet  sich 
zwone  Henneb.  XJ.  II,  147.  —  Neutr.  zwei  md.  zwi  {zve 
Alex.  1390).     Vgl.  auch  Lexer  Mhd.  Wb.  III,  1210. 

3.  Masc.  Fem.  drie  dri,  ripuar.  Masc.  dre  (Roth.  1389). 
Neutr.  driu  bair.  dreu  md.  drü  (Elis.  3905.  Böhmer  253. 
515.  HU.  I,  155.  Lac.  H,  530.  Ennen  I,  21.  156)  wetter. 
Nbf.  drou  Böhmer  464.  —  Gen.  dri  er  driger,  älter  driero 
Friedb.  Kr.  G.  2,  22.  driere  (Ennen  II,  435.  Lac.  II,  542).  - 
Dat.  drin  md.  dren;  verlängert  drin  (im  Alex.  :in  1237.  :m 
180)  bair.  drein,  Adject.  Form  drien  seit  12.  Jh.  neben  drin 
drin  vorkommend  (: schrien  Wemh.  Mar.  207, 41).  Herrn.  Damen 
drein  :  zwein  MSH.  3,  164.  —  Acc.  wie  Nom.  (im  Roth.  444. 
1872.  5054  wird  Masc.  dre  von  Fem.  drie  unterschieden). 

4.  vier,  fl^ct  M.  F.  viere  (ripuar.  veire  md.  vere)  N.  vieriu 
viere.  —  Gen.  viere,  vierer  (Trist.  H.  W.  4563.  Lampr.  Syon 
P.  230),  vierre  (Trist.  F.  4563.  Lampr.  Syon  L.  230.  Ennen  UI, 
158).  —  Dat.  vieren. 


337 

5.  vimf  vinf  (noch  im  12.  Jh.);  vumf  vümf  vunf,  flect.  §336. 
mnfe  (Eud.  28,  7.  Lac.  III,  292.  683)  vunve  (Lac.  II,  435.  III, 

425.  funffe  Alsf.  Sp.  3200)  md.  vonf  (Böhmer  533.  649.  Höfer 
II,  103)  —  Gen.  vunver  (Roth.  484)  vünver  (Frauenlob  420, 1). 

6.  sehse  sehs  md.  sesse  seisse  ses  seis  (Gen.  -er  Dat.  -en), 

7.  sihen  flect.  sibene  -iu;  md.  sivene  seven  seivene 
sehen,  bair.  und  md.  auch  suben  (BGr.  §  258.  HU.  I,  1071) 
thüring.  soben  (Köditz  G.  g.). 

8.  ahtoutve  ahtetve  ehtewe  (AGr.  §  326),  ehte  eht 
(alem.  bair.  md.),  md.  !Nebenf.  eihte  eichte  (Alsfeld.  Sp.  3200) ; 
gemeinmhd.  ahte  aht. 

9.  niune  m'«*w  . (zerdehnt  niwen  newen  BGr.  §  258. 
AGr.  §  326.  md.  nowen  zb.  1376.  Tzschoppe-Stenzel  Urk.  599. 
nigon  mfr.  Legend.  362  ist  rein  mfrk.)  bair.  neun  md.  nüne 
{isüne  Herb.  7947)  nun, 

10.  zehene  ^ehen,  md.  zusammengezog.  zene  {: gene 
Karlm.  39,  46)  ^^w,  ziene  (Karl  A.  228)  zien  jsein,  zine 
(:Wine  Jerosch.  19205)   JSfin  (Annol  243.  247.  Lac.  II,  744). 

11.  einlif  einlef,  eilif  eilf,  rfi/* (Pass.  H.  32, 52),  gekürzt 
elf;  flectirt  einleve  eilve. 

12.  zwelify  sswelef  (Nib.  A.  65,  3)  iswelf,  alem.  und  md. 
zweüf,  elsäss.  md.  zwölf  zwtdf  (AGr.  §  326.  Elis.  328.  2945. 
4116.  Höfer  II,  36.  137.  Muskatbl.  8,  4.  Karlm.  150,  11. 
409,  37.  54). 

lif  in  einlif  und  zwelif  bedeutet  zehn,  es  führt  auf 
urgerman.  lipa  =  slavolith.  lika  =  indogerm.  dakan,  Bopp 
Gr.  §  319. 

Die  Zahlen  von  13 — 19  werden  durch  Zusammensetzung 
mit  zehen  gebildet. 

13.  driuzehen  drizehen  md.  drüzehen  drüzen  drüzein 
(Höfer  II,  32.  54.  131.  Lac.  III,  172.  505)  drüzien  (Lac, 
III,  124.  210.  Vorbewis.  P.)    drüzin  Höfer  II,  1. 

14.  vier zehen  md.  virzehen  virzen  vierzien  (köln, 
Sachsp.  I.  2,  2)  vierzein  (Ennen  III,  158)  veirzein  (Repg, 
Cr.   67)  Virzehen  (Höfer  II,  134)   verzen  (Lac.  III,  124). 

15.  vumfzehen  vunf  zehen  -zene  {:  gene  Karlm.  436,  37) 
vonf^ehen, 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  22 


338 

§336.  16.  sehsjzehen  sehzehen    md.   seszehen  -jsen  sescein 

(Annol.  706)  seiszein  (Höfer  II,  131)  sesenzein  (Ennen  1, 11. 
Lac.  III,  505). 

17.  sibenzehen. 

18.  ahtzehen  ahzehen  achzene  (tr.  Silv.  612),  bair.  zu- 
weilen ohzehen,  md.  efdzehen  eichtzen  (Höfer  II,  80)  eychzein 
(Lac.  III,  172)   eichtzien  (Lac.  III,  901). 

19.  niunzehen  md.  nünzen,  nuenziene  (Lac.  III,  384) 
nuyntzeyn  (Harff  174, 15).  Selten,  in  bair.  Quellen  nachweis- 
lich, wird  19  durch  Subtraction  von  20  ausgedrückt :  ein3  min 
zweinzich  BGr.  S.  262. 

Die  Bruchzahlen  zwischen  den  ganzen  werden  durch  die 
Ordinalzahl  mit  dem  Adj.  hdlp  hergestellt:  anderhalp  Trist. 
2902.  dritehcdf  Roth.  3335.  vierdehalp  Nib.  419, 2.  vümphk- 
hdlp  1210,  1.  sehstehalp  Leyser  Pr.  64,  3  u.  s.  w.  Das  auf 
diese  Art  gebildete  Adj.  wird  flectirt  oder  unflectirt  mit  dem 
je  nach  Umständen  im  Sg.  oder  Plur.  gesezten  Subst.  ver- 
bunden, zb.  anderhalber  hende  Trist.  2902.  drüehalfjär  Roth. 
3335.  vierdehalbez  unde  drizic  jär  Berth.  Pr.  I.  292,  31. 
in  den  vierdehalben  unde  drizic  jdren  292,  33.  vierdehalp 
messe  Nib.  419,  2.  vümphtehalben  tac  Nib.  1210,  1. 
§337.  §  337.     Die    Zehnzahlen    von   20—100    werden    durch 

Zusammensetzung  mit   zic  zec,   zuc  zoc    (got.  tigjtis   PI.  zu 
tigm  =  tihun  =  dakan)  gebildet. 

20.  zweinzic  -zec,  zwinzic  -zec,  md.  zwienzich  Roth. 
651.    zwintzich  Lac.  III,  494. 

Eine  zerdehnte  Form  mit  euphon.  r  zwerunzic  Geschichtfr. 
2,  246  (Glarus  1324).  Das  später  sich  festsetzende  zwanzic 
zeigt  sich  Mon.  Boica  27,  290  (1385).  Cd.  Sax.  II.  6,  120 
(1449). 

30.  drizic  -zec,  bair.  dreizzich.  Schon  im  13.  Jh.  er- 
scheint alem.  ss,  s  für  ^  (drisigge  1289.  Schreiber  TJ.  1, 110), 
doch  wird  scharfes  z  daneben  fortgeführt  (österr.  dreytzich 
1332.   Notizbl.  6,  464). 

40.  vier  zec  -zic,  md.  vir  zuc  (Friedb.  Kr.  H.  1,  8) 
virzich,  verzieh  (Eberbach.  U.  843.  Marienl.  18,  22)  veirzich 
Hagen  1389. 


339 

50.  vunfzic  vunfeuc  (Friedb.  Kr.  G.  2,  21)   vunßich  §33: 
(Hagen  1392)   vonfcich  (Eother  3358). 

60.  sehszic  md.  seszich,  seszoch(W\W\v,  vratisl.  XXIV, 27. 
seszogh  lugdun.  ebd.)  seisHch. 

70.  sibenzic  -zec^  sibenzoc  (-zock  :  noch  Annol.  161), 
md.  sivenzich  sievenzich  ostfränk.  sohenzic  {sobinczk  Henneb. 
ü.  II,  147),  bair.  Nbf.  subenzich  BGr.  S.  263. 

80.  ahtzic  -zec  ahzic  (Alex.  3476.  achzich  Roth.  4736. 
(Mich  ^bll)  md.  ehtzich,  eihzig  {eitzig  Ennen  III,  302). 
90.  niunzic  -zec  bair.  neunzic  md.  nünzich. 
100.  zehenzic  im  12.  Jh.  noch  ziemlich  häufig,  vgl. 
Eilh.  Tristr.  IX,  175.  Alex.  1562.  zehevzich  Alex.  382 
zenzech  Rol.  6,  24.  zenzec  Wack.  Pr.  19,  2.  cenzic  Roth. 
2592.  4089.  zehenzic  Erec  1917.  Die  Form  zehenzuc  findet 
sich  Friedb.  Kr.  G.  2,  21  geschrieben,  nach  dem  Reim  auf 
noh  ist  wol  zehenzoh  anzusetzen.  Vgl.  Mhd.  Wb.  III,  858. 
BGr.  §  258.   Haupt  z.  Erec  1917. 

Das  alte  einfache  hunt  ist  mhd.  noch  nachweisbar  in 
drithalphunt  (1275.  Ulm.  ürk.  1, 122).  driuhunt  (:gewunt 
Otack.  c.  157,  wahrscheinlich  auch  drühunt :  stunt  Orend.  806). 
vi  er  hunt  {:  stunt  Rol.  232,  15  so  zu  bessern),  zehenhunt 
Orend.  430.  funfzehenhunt  (:  stunt  Orend.  430  so  zu  bessern). 
Das  gewöhnliche  ist  hundert  md.  hundirt  hundrit 
(Roth.  5019.  Alex.  1118.  1808.  hundrith  898.  5392.  hunterü 
Annol.  263.  hunderit  Haupt  Z.  15,  388)  hundart  {:vart 
Xarlm.  344,  66.  345,  23),  hondert 

200 — 900  neutrale  Vorzahl  mit  hundert:  zwei-  driu- 
vier-  etc.  hundert. 

1000.  zehenhuntOrQMdiAiO.  zehenhundert  8di,\m.726,4:. 
Engelh.  2677.  tr.  Kr.  21786.  WvRh.  210,  38.  —  Das  gewöhn- 
liche ist  tüsent  bair.  tousent  md.  düsent.  In  dem  Suffix 
erscheint  noch  das  alte  u  zuweilen  alem.  und  md.  vgl.  AGr 
§  326  und  unsern  §  84,  ferner  tüsunt :  hunt  Kaiserkr.  13456» 
du  sunt :  hunt  Wernh.  27,  34.  Karlm.  471,  28.  :  stunt  Rol. 
92y  16.  Alex.  898.  962.  1526.  Karlm.  347,  13.  :wunt  Hester 
1867.  düsont :  stont  En.  1194.  hont :  düsont  5132.  Neben- 
formen tu  sin  t  alem.  und  md.  (AGr.  a.  a.  0.,  ;  hint  Roth.  490), 

22* 


340 

§337.  tüsinc  iüseng  tüsung  tüsig  alem.,  düsing  md.,  ripnar.  düsant 
:  Agolant  Karlm.  361,  55..  ;  bekant  451,  17.  :  Rolant  351,  56, 
:  gesant  Alex.  1829.  1845.  6362.  Zuweflen  wird  t  apocopirt: 
thsen  Vor.  Kaiskr.  478, 12.  tüsen  (:  behüsen)  Heldenb.  (Keller) 
25,  40.  tüsin  Höfer  II,  13.  düsm  Höfer  II,  37.  Das  n  wird 
auch  syDCopirt:  tüset,  md.  düset. 

1100.  einlif  hundert  Rol.  171,  14.  eilf  hundert  tr. 
Silv.  610. 

1250.  drizehendhcdp  hundert  Mechtilds  fliess.  Licht  S.  2 
(Ausg.  Y.  Morel). 

2000.  3000.  ff.  Durch  neutr.  Vorzahl  mit  tüsent:  zwei- 
driu'  vier-  vumfdüsint  (Roth.  395).  zwelf  tüsent  (mit  zwdif 
düsinden  Alex.  1871).  fiunfzech  tusunt  Xaiserkr.  Vor.  412,  2. 
zehenzic  füsint  (Alex.  1407).  hundirt  tüsint  (Alex.  1494). 
hundert  tüsent  (Berth.  I.  292,  37).  tüsent  hundert  (MSH. 
2,  326*).    druhundert  tüsint  (tr.  Süv.  630). 

Seltener  werden  die  tausende  durch  die  Multiplication 
der  Zehner  mit  hundert  ausgedrückt,  zb.  zweinzic  hundert 
Gudr.  697, 3.  drizic  h.  Gudr.  282,  2.  viftich  handert  En.  975. 
ahzic  h.  Gudr.  1400,  2. 

Die  Zwischenzahlen  zwischen  den  Zehnem  werden  durch 
die  den  Zehnem  mittels  unde  vorgesezten  Einer  bezeichnet, 
für  1  wird  in  vulgärer  Rede  das  neutrale  einez  einz  ge- 
braucht: einz  unde  zweinzic,  sibene  unde  drizic,  vierdhaibes 
unde  vierzic. 

Bei  8  oder  9  +  ^  ''^rd  auch  die  Subtraction  zuweilen 
angewant,  zb.  einz  min  drizic,  in  zwein  min  ahzic  tagen 
AGr.  §  258. 

Bei  grösseren  Zwischenzahlen  kann  die  kleinere  vor- 
oder  nachgestellt  werden :  fünfzec  unde  hundert  Greg.  1594. 
sehs  hundrit  und  sehszich  Alex.  1808. 

Bei  Zwischenzahlen  zwischen  den  Tausenden  kann  die 
Hundertzahl  genannt  werden,  zb.  2500  fünf  und  zwenzie 
hundirt  Hü.  I,  867. 


j 


341 

B.  Ordinalzahlen. 

§  338.     AGr.  §  326^   BGr.  §  259.  §338. 

1.  Der  Superlativ  von  er:  er  est  e  erste  md.  irste  (HU. 

I,  742.    Schonebek.  o.    Lac.  III,   187.  636.  Kölner  Cronica) 
eirste  Ennen  I,  1.  u.  o.   Lac.  III,  697.   Harff  o. 

2.  ander,  —  zweite  kommt  erst  im  15.  Jh.  auf,  in 
köln.  Schriften  siweide  Sei.  Tr.  121'.  Wierstr.  665.  Harff  o. 
Cronica  o.    t^wede  Cronica  145. 

Die  übrigen  Ordinalzahlen  werden  aus  der  Grundzahl 
•durch  die  Suffixe  ta  und  da  (te^  de)  gebildet,  flectiren  ur- 
sprünglich schwach,  werden  aber  mhd.  schon  als  Adjectiva 
behandelt  und  sind  daher  auch  st.  Flexion  fähig. 

3.  dritte  drite,  md.  dridde,  dride,  drete  (Kath.  sp.  167. 
hess.  Evang.  278.  300),  mit  Metathesis  dirte  elsäss.  (AGr. 
S.  309)  md.  (Höfer  I,  22.  24.  Mülh.  R.  27.  45.  Köditz  Gg.  o.), 
dirde  (:  wirde  Rumsland  MSH.  2, 370^  ausserdem  u.  a.  Karlm. 
302,  37.  340,  16.  köln.  Repg.  Cr.  21.  u.  ö.  Lac.  III,  163.  621. 
Ennen  I,  388.  u.  ö.)  derde  (Lac.  II,  506.  'lll,  405)  derte 
{dertin  :  gefertin  Rittersp.  690). 

4.  vierde  vierte  md.  virde  verde  (Höfer  II,  3.  Marienl. 

II,  11.  56,  9)  veirde  (Repg.  Cr.  25.  41.  Ennen  I,  388.  Höfer 
I,  2)  —  obd.  Erweiterung  vierdig  BGr.  §  259. 

5.  vinfte  (12.  Jh.,  noch  köln.  Repg.  Cr.  51)  vunfte  vumfte, 
mit  Umlaut  vünfte;  md.  vunfte  vonfte  (Marienl.  57,  25.  HU. 
I,  742).    vunffste  Kölner  Cronica  19*. 

6.  seh  st  e,  alem.  nicht  selten  sehte  AGr.  ,S.  309,  md. 
seste  (Marienl.  10,  7.  11,  19.  Karlm.  172,  49.  HU.  I,  963. 
Muskatbl.  8,  166)    seiste  (Marienl.  116,  17.  Haupt  15,  382). 

7.  sibente  sibende  md.  sibinde  sivende,  sebinde  HU.  I, 
1088.  Haupt  15,382.  Musk.  8,  196.  Cd.  Sil.  IX,  256.  sevende 
köln.  Sachsp.  I,  38.  Harff  o.  —  bair.  Nbf.  subente  BGr.  §  259, 
alem.  sübunde  Ulm.  Uk.  I,  196.  sübenste  Griesh.  Pr.  I,  136, 
thüring.  sobinde  Köditz  g.  5, 18.  —  sevenste  Köln.  Cronica  20^ 

8.  ahtode  ahtede,  nasalirt  achtonde  achtende  AGr.  S.  309. 
BGr.  §  259;  gewöhnliche  mhd.  gekürzte  Form  ahte  achte; 
md.  ehte  echte  (Marienl.  117,  9.  70,  1.  HU.  I,  1146)  eichte 
Lac.   III,  595.    ahte  achte.     Eine  rheinische    auf  niederländ. 


342 

§  338.  Einflu88  ftihrende  Superlative  iSTebenform  achteste  erscheint  im 

14.  15.  Jh.    vergl.  AGr.  8.  309.    C.  Schröder  in  Genn.  15, 
419.  ff. 

9.  niunte  niunde,  nivende  Lampr.  F.;358.  bair.  neunte 
md.  nunde  {:frunde  Elis.  990.  7523). 

10.  jsehente  -de  zsg.  jsfinde,  md.  zeihende  (HU.  U,  65) 
zeinde  (Lac.  III,  237)   ziende  (Lac.  II,  786.  III,  180.  397) 

.  zmde  (Lac.  III,  744).  —  zehenste  ist  elsäss.  im  14.  15.  Jh. 
beliebt  AGr.  S.  310.  Germ.  15,  419. 

11.  einlifte  -lefte,  eüifte  (Parz.  G.  820,  18),  eüfte 
(Annol.  249.  Lac.  IH,  378.  881)  elfte  (Parz.  D.  128,  30) 
elfde  (Entekr.  128,  38). 

12.  zwelifte  zwelfte,  md.  Nebenf.  zweilfte  Lac.  III,  814, 
zwölfte  Cd.  Sax.  IL  6,  69.  Muskatbl.  8, 347.  —  zwelfste  Germ, 

15,  422. 

13 — 19.  driuzehende  drtzehende  md.  drtUehende 
'Zende  -zeinde  -ziende  -zinde;  vier  zehende ;  vinf zehende  Vor. 
Ged.  286,  29.  vunfzehende,  fonfczehinde  HU.  I,  1113  u.  s.  w. 
Die  Superlativbildung  in  -ste  drängt  sich  auch  hier  zuweilen 
ein:  drizehenste  HU.  1, 1091.  viertzeheste,  nünczeheste  Germ- 
15,  423. 

Von  20 — 90  wird  die  Superlative  Endung  -ste  regelmässig 
zur  Bildung  der  Ordinalien  verwant,  also  -zigeste  -zigiste, 
alem.  auch  -zigoste  AGr.  S.  310,  zb.  zwenzigeste  zweinzigisttt 
zwenzegeste  Cd.  Sil.  IX,  235.  zwanzigist  Myst  IL  478,  3.  — 
drizigeste  vierzigeste  vunfzigeste  sehzigeste  u.  s.  w.  —  Zu 
vunfzigeste  md.  Nebenform  fufcygeste  (1359)  Cd.  Sax.  H. 
6,  22.  —  Im  14.  15.  Jh.  erscheint  md.  unter  Einfluss  der 
kleineren  Ordinalzahlen  -te  für  -ste:  zwenzichte  Musk.  72,  3. 
drissichte  Lac.  III,  275.  veirzichte  Lac.  III,  429.  vonfzichte 
Lac.  III,  528. 

100.  zehenzigiste,  —  Das  von  hundert  gebildete 
Ordinale  hundertist  lässt  sich  erst  seit  Ende  des  13.  Jb. 
nachweisen,  BGr.  §  259.  AGr.  §  310.  Leyser  Pr.  63,  35. 
Gekürzte  Formen  sind  hundrist  hundrost  hunderst,  a.  a.  0. 
Eine  Weiterbildung  hundertigest  erscheint  bei  Nie.  von  Basel. 
Die  Nebenform  in  te:  hundirte  Köditz  1,  7. 


J 


343 

1000.  tüsendeste,  tüsentist  (Berth.  Pr.  1. 223, 10),  tüsentste  §  338. 
(Berth.),  köln.  duysentzende  Lac.  III,  163  (1317). 

Bei  den  Zwischenzahlen  wird  nur  der  Zehner  als  Ordi- 
nale gebildet,  der  Einer  bleibt  in  der  Grrundform,  zb.  im  eins 
und  achtjsigstem  järe,  in  dem  jswei  und  achtzigesten.  Selten 
steht  auch  der  Einer  als  Ordinalzahl:  in  dem  dritten  und 
achtzigisten, 

C.  Zahladverbia. 

§  339.    AGr.  §  326.  c.    BGr.  §  260.  §339. 

1.  eines  genit.  Adv.,  mit  zutretendem  t:  einest  -ist  -ost. 

2.  md.  zwis  (:  dris  Pass.  H.  58, 79.  :pris  Pass.  K.  473,92. 
:  wis  ebd.  157,  90.  225,  11)  Nebenf.  zwies  Pass.  K.  8,  92. 
zweies  Jerosch.  11183.  —  Gewöhnlicher  ist  zwiro  zwire 
zwir  (im  Reim  :  dir  gir  mir  ir  AGr.  8.  310.  BGr.  §  260; 
md.  zwer  (Köditz  C.  73,  14.  zweyr  G.),  czwer  Cd.  Sax.  II. 
6,  54.  —  Erweitert  zunrent  zmren,  zwiement  Z.  f.  d.  Phil. 
XII,  153;  zwirocht  Sachsenh.  Mörin  4672.  —  Dieses  zwir, 
älter  zwiro,  noch  älter  zwiror  (Otfr.)  entstund  aus  zwisvar, 
vgl.  altn.  tvisvar  tysvar;  var  erklärt  sich  durch  skr.  vara 
Zeit,  Mal,  Bopp  Gr.  §  309.  —  Selten  wird  anders  für  zwei- 
mal gebraucht,  zb.  Elis.  835. 

3.  md.  dris  (:t{;i5  Pass.  K  614,10.  :ztois  Pass.H.  58,80), 
Nebenf.  dries  Pass.  K.  44, 40.  146,  5.  588,  78.  Jerosch.  14584. 
Jenens.  Martyrol.  25'.  65^  —  drir  ist  erloschen.  Dafür  sezte 
sich  Zusammensetzung  mit  stunt,  mit  werbe  werve  werf  warbe 
warp  warf,  mit  weide,  seltener  mit  vart,  später  mit  mal  fest. 

Dasselbe  gilt  för  die  andern  Zahlen.  Zusammensetzungen 
mit  stunt  zb.  dri stunt  sehstunt  vierzecstunt  tüsentstünt, 
zwelfstunt  zwelftüsent  (Berth.  I.  505,  12).  Alem.  ward  stunt 
zu  sto  verstümmelt:  dristo  sibensto  hunder  st  o  AGr.  S.  311. 

driwerbe  driwerp,  hundertwerbe  (Krone  24434),  tüsent- 
warbe  (Eogelh.  4715.  Berth.  125,  5)  tüsentwarp  {:verdarp 
Engelh.  2380).  Diese  Verbindung  ist  md.  sehr  beliebt ;  ripuar. 
-warf  vgl.  sevenwarf:  bedarf  Eu,  12295.  dritichwarf:  bedarf 
9907.     Vgl.  auch  Lexer  Wb.  III,  695. 

Die  Bildung  durch  Compos.  mit  weide  (Ausfahrt,  Fahrt) 
ist    md.    ebenfalls    beliebt,    vgl.    drieweide   Myst.   I.    96,   3. 


344 

§  339.  vierweide  (v.^ehen  dae  sint  vierjsic  Myst.  I.  102,  22).  mrziC' 
weide  Myst  I.  149,  25> 

Selten  ist  in  dieser  Zeit  vach  in  Zahladverbien.  Der 
Teichner  (Lieders.  LVIII,  89)  hat  den  Gen.  PL  drier  vacher 
=  dreimal. 

stunt  werbe  weide  werden  auch  mit  der  Oixlinalzahl 
verbunden:  anderstunt —  anderwarbe,  anderwarf  {: darf)  Pass. 
H.  81,  52.  drittewarp  W.  v.  Rheinau  132,  19.  —  anderweide 
(Athis  B.  18.  Elis.  7353.  Pass.  H.  88,  43.  im  Pass.  K.  6  mal 
Hü.  I,  978.  Köditz  12,  29  ;  andre  md.  Belege  bei  W.  Grimm  zu 
Ath.  B.  18).   dritteiveide  (dritteweid :  gemeit  Elis.  835). 

mal  wird  mit  Cardinalzahlen  im  13.  Jh.  erst  spärlich 
verwant,  doch  vgl.  drizicmäl  Silv.  2289.  Alter  sind  die 
dativ.  adverb.  Formeln  meinem  male  Keimöle  zeimäl^  ze  drin 
malen  u.  s.  w.,  ferner  mit  Ordinalzahlen  zem  andern  male, 
ze  dem  dritten  male.  Auch  später  findet  sich  noch  die  dati- 
vische Form,  zb.  achtmulen. 

D.  Zahladjectiva. 
§340.  §  340. 

a)  Ableitung  durch  -ic:  einic; 

durch  -sJc:  zwisk  zwisch^  W eiterhüdiViiig  zwischel,  zin- 
schelie.  zwisel,  zwiselisch  sind  vielleicht  Nebenformen  hierzu. 
Die  andern  Adj.  sind  erloschen. 

b)  Zusammensetzung  mit  lieh 

einlih;  zwilih  zwilichj  mit  Schwächung  des  zweiten  Theilß 
zwileh  (Vor.  Ged.  58,  21)  zwilh  (MS.  2,  175*) ;  drüUh  drilch 
(gSchm.  328.  Pass.  H.  150,  53.  K.  79,  91)*;  vierlieh  (Frauen- 
lob 367,  9;  ebendaselbst  366,  10  quadrilich). 
mit  valt 

einvalt  zwivalt  drivalt  sibenvalt  zehenvalt,  —  mit  valtic 
^alteclich:  einveltec,  zwwalteclich  viervaltecUch, 
mit  spilde,  spelteclich 
zwispilde  vierspilde,  —  vierspelteelich. 
Zu  erwähnen  ist  ferner  die  genitivische  Verwendung  von 
leie  lei  (st.  u.  schw.  Fem.:  modus)  und  von  hant  zur  Ver- 
tretung von  Zahladjectiven : 


345 

einer   leie,    dr%er   leie,   vier   leige,    ebenso    aller    leie,  §340. 
maneger  leie    (schw.    bei    Steinmar   maniger  leien  :  meien 
M8H.  2,  175^). 

einer-  zweier-  drier-  vier-  vünf-  sehser-  niuner-  gehen- 
hande. 

9.  Interjeotionen. 
Grimm  Gr.  III,  288—310.    AGr.  §  327.  328.    BGr.  §  261.  262. 

§  341.  §341 

Eigentliche  Interjectionen  (Schallrufe). 

ä  Verwunderung  und  Schmerz.  —  Enclitisch  wird  ä  Sub- 
stantiven Imperativen  Partikeln  und  Interjectionen  häufig  ver- 
bunden (Mhd.  Wb.  I,  1.  Zingerle  in  German.  VII,  257—267). 
Das  verstärkte  Wort  wird  gewöhnlich  einfach  wiederholt,  zb. 
sperä  sper,  wäfenä  wäfen,  dringä  drinc,  neinä  nein,  fiä  fl. 
Es  kann  auch  ein  anderes  Wort  dazwischen  treten:  bekerä 
dich  beMre,  bliuwä  herre  bliu,  heia  nu  hei. 

Zwischen  vocalischen  Auslaut  der  Partikel  oder  Inter- 
jection  und  ä  tritt  zuweilen  euphonisches  r:  nurä  Eilh.  Tristr. 
8,  87.  3947.  Herb.  9953.  wGast  11360.  norä  MSH.  II.  80'; 
järäjä,  järiä  (in  bair.  österr.  Quellen,  vgl.  Lachmann  z.  Nib. 
446,  3.    Jänicke  z.  Bit.  7873,  auch  im  Rother). 

ah,  ach  Ausruf  des  Schmerzes  (ach  der  riuwecliche 
Spruch  Engelh.  5577),  zuweilen  der  Verwunderung,  überhaupt 
der  lebhaften  Empfindung.  Verdoppelt  a^h  ach,  Diemer  z. 
Joseph  249,  Lexer  Wb.  I,  17 ;  daraus  scheint  achlach  Lieds. 
225,  118  entstellt;  —  ach  und  we  Wh.  392,  10  —  ach  mit 
Genit.  des  Grundes  der  Erregung,  zb.  ach  leides  MS.  I,  1'. 
Mantel  27,  16.  ah  les  Diut.  3,  38.  ach  miner  not  MS.  I,  37^ 
ach  mines  libes  Trist.  1213.  —  Substantivisch  wird  ach  ziem- 
lich oft  (als  N.)  gebraucht,  zb.  iemer  werndez  ache  MS.  2,  233^. 
in  werndeis  ache  23  P.  daz  ime  nimer  sseran  ochis  noch  achis 
Roth.  4559.  vgl.  Parz.  302,  12.  Bari.  131,  2.  Boner  58,  84. 
—  Abgeleitetes  Zw.  achen, 

ähä,  dhi  Staunen,  lebhafte  Erregung  überhaupt. 

deilidurei  faledirannurei  lidundei  faladaritturei 
MSH.  1,  110,  Refrain  bei  Heinrich  v.  Stretlingen. 


346 

§341.  ei    Freude    Schmerz    Verwunderung,    auch    Verlangen, 

Vorwurf.  Verstärkt  durch  ä:  eiä,  gern  vor  Vocativen  oder 
zur  Einleitung  erregter  Redesätze. 

fi  hönenderReizruf  im  Kampf;  fia  fi,  Ygl.phiphiuphuk, 

ha  ha  ha  Hetzruf.   —    hähä  Lachruf  (Walth.  38,  4). 

har  antreibender  Ruf  Grimm  D.  Wb.  IV.  2,  473).  Au» 
dem  frzs.  Zetergeschrei  hara  harou  sind  entlehnt  die  bei 
Lyrikern  vorkommenden  Interjectionen'Aara^ow  MSH.  3, 267*. 
har  norä  jou  MSH.  2,  80*.  —  harbä,  harhälörifä  MSH. 
1,  15*"  (Johann  von  Brabant). 

hei  erregter  Ruf  der  Freude  Trauer  Verwunderung,  des 
Stolzes  und  Begehrens.  Verstärkt  heia,  heiähei,  heia  nu  hei 
(MS.  2,  61*).  otve  unde  heia  hei  Parz.  103,  20.  —  hei  wie, 
hei  wae  als  unhöfisch  von  Haupt  z.  Erec  1730  dargestellt. 

hi  verwant  dem  hei  an  Bedeutung. 

hiu  Freudenruf  (Jüngl.  34).  ähiu  HTrist.  4476.  Jerosch. 
18927. 

ho  erst  spät  nachweisbarer  Ausruf  der  Überraschung 
oder  des  Spottes. 

hoi  Klageruf,  Ruf  des  Staunens  und  der  Freude,  oiähoi 
(in  geistlichen  Gedichten  des  12.  Jh.). 

hü  anfahrender  Ruf;  ähü,  —  hui  =  hiu  und  hei, 

hurra  MSH.  3,  188^  vgl.  urrä. 

hu  SS  Hetzruf. 

t  selten  allein  vorkommend,  zb.  Trist.  10207.  i  da  Pass. 
X.  17,  3.  181,  49.  494, 3.  Enclitisch  mit  andern  InterjectioneD 
verbunden:  owt  outvi,  wohri  woh  (Parz.  584,  25),  zäi, 

inä  erregter  fragender  auch  abweisender  Ruf. 

jö  Weheruf.  —  ja  heil  Elis.  4720.  wdfen  umer  achä  jo 
EUs.  4721.  Abgeleitetes  Zw.  j ölen  zb.  MHimmelf.  1224.  — 
Verschieden  von  diesem  jo  ist  das  aus  joh  (versichernder 
Partikel)  durch  Apocope  des  Gutturals  entstehnde  jo. 

jü  Jubelruf,  Windb.  Ps.  94,  2.  jü  heia  hei  Wolkenst. 
63,  3.  jü  jutz  70,  1.  —  Abgeleitete  Zw.  jüwen  Windb.  Ps. 
65,  1.  jüwezen  vgl.  jüivezunge  Windb.  Ps.  94,  2. 

juch  Jubelruf  (Hadamar  v.  Laber  562);  abgeleitete» 
Zw.  juchezen,  in  späteren  Quellen  Lexer  Wb.  I,  1484. 


347 

lodircundie  M8H.  3,  445*.  §341. 

nüträ  ermutigender  Zuruf  (Dietr.  FL,  Otack.). 

6  Belege  für  diese  (von  Lachmann  z.  Walth.  76,  2.  z.  Iw. 
349  dem  13.  Jh.  noch  abgesprochene  und  aus  dem  Lat.  ent- 
lehnt geglaubte)  Interject.  seit  dem  12.  Jh.  im  Mhd.  Wb.  II. 
1,  425.     Proclitisch  o  we,  6  wty  6  wach,   b  woch,  b  wurrä, 

och  Schmerzruf.  och  och  leider  arme  En.  9659.  och 
unde  b  Reinh.  1555.  och  und  ach  Stricker  kl.  6ed.  48,  38. 
we  unde  och  Georg  1078.  —  Substantivisch  gebraucht  für 
Wehe  Roth.  4559. 

oi  oy  Annol.  447.    Erlös.  1617.    oiä  hoi  Karaj.  36,  11. 

ou  Schmerzruf,  häufig  mit  enclit.  i:  owi,  ouwl;  zuweilen 
ou  proclitisch  vor  we :  ouwe,  Vermischungen  mit  b  wi,  b  we 
Hegen  sehr  nahe.     Gr.  III,  293.    Mhd.  Wb.  III,  541. 

ph(e,  phe,  phei  (Frauenl.  415,  10),  phi  mit  Acc.  des 
Objects:  phi  dich.  —  phiu,  phü:  Ekel-  und  Hohnrufe;  ebenso 
phah,  pheh  (bei  Eerthold  beliebt),  phuh.  —  phasch. 

prutz  Lexer  Wb.  II,  303.  tprütsch  MSH.  2,  232*.  — 
Zacher  ZfdPhil.  IV,  309.    German.  XXI,  399.  XXV,  88. 

seh  och  schuch  Interject.  des  Frostes,  Garm.  bur.  234,12. 
Reinh.  F.  597.   schoch  schohb  Falkenhetze  (Hadamar  v.  Laber). 

sc  hü  schü  Scheuchruf  (HTrist.  4678).  —  schuywi 
schuy  Frauenl.  Spr.  55,  12. 

sim  verwunderter  Ruf  am  Anfang  von  Sätzen  (österr.). 
BGr.  S.  272.    Lexer  Mhd.  Wb.  II,  925. 

tandaradei  Walth.  39,18.  vgl.  tender  lender  lenderlin 
Neith.  XLVI,  27.  35. 

taranüretun  taranüritun  tundeie  Neith.  3,  7. 

uch  Wehruf  (ein  jcemerlicher  spruch  der  ist  geheimen 
ach  und  uch,  darzuo  me  wS  unde  och  Georg  1078). 

urrä  hurra  Neith.  von  Haupt  XLVI,  19.  wurrä 
b  wurrä  wey  Neith.  XXIV,  13.     Vgl.  hurrä. 

wach  honender  Ruf  (hess.  Evang.  284.  Alsfeld.  Sp.  5760); 
Schmerzruf  hinter  b:  b  ivach  Nassau  17.  b  wach  ind  wäfen 
Karlm.  462,  32.  b  we  bwach  151,  58.  b  we  ind  b  wach 
143,  7.  b  wach  und  b  wb  Marienkl.  17.  Karlm.  143,  62. 
Vgl.  Lübben  Mnd.  Wörterb.  V,  569*. 


348 

§341.  wech   iveh   fragender  verwunderter  Ruf  (Berthold  Pr. 

96,  28.  107,  2.  447,  31.  u.  ö.).  —  wach,  wuch  ebenso: 
Alex.  4502  (Weism.).  Roth.  4103.  Wigal.  5581.  wohri  woch 
Parz.  584,  25.  Schmerzruf  6  woch  Mainzer  Mariensequ.  47. 
Wigal.  10156. 

wi  Wehrnf:  we  wi  unde  och  Greg.  1078  (nach  Lachm. 
Conjectur).    Verbunden  mit  6 :  6  wi ;  Freudenruf  Annol.  746. 

woy  (Neith.  Otack.). 

0ä  (frz.  ga)  Schlachtruf  Krone  871.  —  Lockruf  für  Hunde, 
HTrist.  4565.  zä^ä  Hetzruf  Reinh.  789.  m  zä  za  zä  Lockruf 
zum  Fressen  Trist.  3013.     zäl  Walth.  28,  4. 

zähl  zähiu.  {zey  Nib.  A.  1812,  1  ist  doch  nur  Schreib- 
fehler für  hey  BC.) 

zickä  (cichä  MSH.  3,  447')  Helbl.  13,  42. 

ziu,  zu   Hetzruf  (Parz.   651,  11).      zu  zu   Schreckruf 
(Ja£fe  Monum.  Mogunt.  659). 
§342.  §  342. 

üneigentlichelnterjectionen    (im   Ausruf  ver- 
wante  Nominal-  und  Verbalformen). 

ja  Versicherungs-  und  Bejahungswort,  in  Ausrufen  der 
Freude  und  des  Schmerzes  gebraucht,  verstärkt  durch  ä  mit 
euphon.  r  järä,  mit  zweitem  ja :  järd  ja,  daraus  järiäy  vgl.  d. 

joh  joch,  versichernde  Partikel,  nach  Apocope  des  h  jOy 
im  Ausruf  zuweilen  verwant:  Roth.  1238.  tr.  £gid.  1027. 1580. 
MF.  8,  9.  32,  11.  33,  35.  106,  14.  Walth.  102,  35;  mit 
angelehnter  Negation  Jone  Jon  zb.  Roth.  2910.  MF.  8,  15. 
37,  17.  318,  2.   Walth.  89,  27. 

heil,  als  Weh-  und  Zetergeschrei  vorzüglich  in  Hessen 
verwant:  jo  heil  alle  Elis.  4720.  heil  alle  MSH.  2,  91^  92' 
(Tanhäuser).  Alsfeld.  Sp.  1118.  4619.  4668.  —  Lexer  Wb. 
I,  1211.    Grimm  RA.  877.    Vilmar  kurhess.  Idiot.  158. 

ach  leides!  MF.  5,  19.  —  leider  (ahd.  leidör)  com- 
parat.  Adverb,  Bedauern,  Schmerz  ausdrückend.  Mit  Dat.  der 
Person:  leider  mir,  leider  uns. 

lewes  Vor.  Ged.  238,  20  (Uwes  Fundgr.  L  149,  9), 
lis:  ah  les  Diut.  III,  38  (entstellt  achlach  Lassb.  Lieders. 
N.  225,  118)  Klageruf.    Genit.  zu  le,  Grabhügel? 


349 

neinäy  nicht  bloss  verneinender  abweisender,  sondern  auch  §  342. 
aufmunternder  Zuruf,  Germ.  VII,  258.  Vogt  zu  Salman  212, 1. 

nu,  im  Ausruf  durch  ä  verstärkt:  nuä  Herb.  9953,  mit 
euphon.  r  nurä  vgl.  ä  §  341;  pro-  und  enclitisch  bei  Local- 
partikeln :  nu  dar-  her-  dan-  när,  —  Fragender  Ruf  wä  nu  ? 
(Gr.  III,  302.  759.  Mhd.  Wb,  II.  1,  421). 

se  (got.  sai)  sieh  da,  nimm  hin!  Benecke-Müller  Mhd.  Wb. 
IL  2,  275'.  Lexer  Wb.  II,  841.  seh  (Berth.  74,  5.  Jerosch. 
2465).  —  Nebenf.  sä  Jerosch.  2263. 

süsä  imperativ.  Ausruf:  a)  Ausruf  der  Freude,  Bewun- 
derung, zb.  MSH.  1,  206^  2,  233^  3,  266'.  Konr.  v.  W.  Turn. 
1124.  —  b)  beschwichtigend  (wie  pst!)  so  süsä  süs  Rupr. 
V.  Würzb.  zwei  Kaufl.  327.  süsä  süsä  sä  Ring  35,  10.  Vgl. 
auch  das  süsä  ninne  der  Wiegenlieder,   Lexer  Wb.  II,  85*. 

träte  trutz!  Trotz  sei  dir  geboten,  vgl.LexerWb.il,  1499. 

wä  hinweisend,  wä  nu  ?  verwunderte  ellipt.  Frage,  Gr.  III,. 
302.  759;  wan  aus  wä  nu  verschmolzen,  Alsf.  Sp.  1770.  4546. 

iväfen  Ruf  zu  den  Waffen:  Not-  und  Klageruf,  oft  durch 
ä  verstärkt:  wäfenä,  wäfenä  wäfen^  tci  unde  wäfen. 

wan  aus  wanne,  wände  ne  (warum  nicht)  gekürzt,  in 
wünschendem  Ausruf  (utinam)  mit  folgendem  Conj.  Perf.,  vgl. 
Mhd.  Wb.  III,  500.    Lachmann  zu  Nib.  442,  5. 

we  Schmerz  Unwillen  Staunen  bezeichnend ;  we  we,  we 
unde  we.  we  wird  mit  Dativ  (selten  Acc.)  der  Person  und  mit 
Gen.  des  Grundes  verbunden,  zb.  we  mir  dises  leides  Nib. 
953,  2.  —  Mit  vorgelehntem  ö  oder  ou :  6  we,  ou  we  Schmerz,. 
Verwunderung,  erstaunte  Freude. 

wenc  gekürzt  aus  wenic  (miser,  infelix)  klagender  Aus- 
ruf, verbunden  mit  ach,  hoy,  ja,  nu, 

wol  auffordernd,  aufmunternd.  Gern  mit  Ortspartikeln 
verbunden:  wol  dan-  her-  hin-  üf, 

eeter,  iseter,  jsiether  (MSH.  2,  21*),  dunkeln  Ursprungs- 
(Mhd.  Wb.  III,  873),  bei  Ober-  und  Mitteldeutschen  Not-  und 
Klageschrei,    ach,  zeter  unde  wäfen  Mone  Seh.  d.  Ma.  2,  192. 

Im  Ausruf  werden  auch  die  verbalen  Formeln  weizgot 
gotweiz,  wizze  Krist,  wer  got,  got  segene,  so  helfe  got,  sam 
mir  got,  sam  mir  min  Up,  so  dir  got  (§  326)  gebraucht. 


Zweites  Buch.    Wortbiegnng. 

§343.  §  343.     Zum  Ausdruck    der  Beziehungen   und  Verhält- 

nisse, in  welche  die  Worte  stoif liehen  lebendigen  Inhalts 
(Verba,  Nomina,  Pronomina,  Zahlwörter)  treten  können,  dienen 
grammatische  Form  Veränderungen  der  Worte,  welche  als 
Flexionen  bezeichnet  werden.  Dadurch  kommen  zum  Ausdruck 
bei  dem  Verbum  die  Vorstellungen  der  Zeit,  der  verschiedenen 
Aussage  (Modus),  der  Zahl,  der  Person,  des  handelns  oder 
des  leidenden  seins ;  bei  dem  !N^omen  die  Vorstellung  der  Zahl 

und  die  Beziehungsverhältnisse  (Casus). 

Heyse  System  der  Sprachwissenschaft  herausgegeben  von  Stein- 
thal 415.  fiF. 

Erster  Abschnitt.    Die  Conjugation. 

§344.  §  344.     Das  deutsche  Zeitwort  ist  an  Formen  verarmt. 

Es  besizt  nur  eine  selbständige  Genusform:  das  Activ;  das 
Passiv  und  Medium  müssen  durch  Umschreibung  ausgedrückt 
werden.  Femer  hat  es  nur  zwei  Tempusformen  erhalten :  das 
Präsens  zum  Ausdruck  der  Unvollendung,  also  für  Gegenwart 
und  Zukunft,  das  Perfect  zum  Ausdruck  der  Vollendung; 
Unterschiede  in  der  Vollendung  werden  nicht  selten  durch 
zusammengesezte  Formen  bezeichnet.  Das  deutsche  Zeitwort 
besizt  drei  Modi:  Indicativ,  Optativ  und  Imperativ,  zwei  Numeri: 
Singular,  Plural,  und  die  drei  Personen.  Aus  dem  Präsens- 
stamm werden  durch  Nominalsuffixe  der  Infinitiv  und  ein 
Particip  gebildet;  ein  zweites  Particip  mit  perfectisoher  und 
meist  passiver  Bedeutung  entsteht  aus  dem  Verbalstamm  durch 
die  Sufßxe  na  und  ta, 

§345.  §  345.     Die   germanischen   Verba   zerfallen   nach   ihrer 

Tempusbildung  in  zwei  Hauptklassen  1)  die  starken  Verba, 
wie  J.  Grimm  sie  benannt  hat,  deren  älteste  und  zahlreichste 
Abtheilung  den  Stammvocal  ablautet,  während  eine  zweite  da& 


351 

Perfect  durch  Reduplication  herstellte;  2)  die  schwachen  §345. 
Verba,    die  aus  Stämmen  starker  Verba  oder  der  Nomina 
mittelst   eines  Suffixes    abgeleitet    wurden    und    ihr  Perfect 
durch  Zusammensetzung  bildeten. 

Die  starken  Verba  gliedern  sich  nach  dem  Wurzelvocal 
sowol  in  der  ablautenden  als  der  ehemals  reduplicirenden 
Abtheilung  in  a-  i-  w-Klassen.  Ihre  Flexionen  sind  die  gleichen ; 
dieselben  treten,  ausgenommen  in  den  Präs.  gän  stdn  (län) 
Un  ttion,  durch  einen  thematischen  Yocal  an. 

Die  schwachen  Zeitworte  zeigen  noch  ahd.  eine  dreifache 
Gestalt  des  Suffixes,  wonach  eine  i-  ö-  ^-Klasse  geschieden 
werden.  Mhd.  ist  ausser  geringen  Resten  des  6  das  unbe- 
stimmte leichte  e  ihr  gemeinsamer  Suffixvocal,  dessen  Erhal- 
tung oder  Unterdrückung,  je  nach  der  Quantität  des  Stammes, 
Abtheilungen  der  schwachen  Conjugation  ergibt. 

I«  I>ie  starke  Ooii]ixgra.tioii. 

A.  Die  TempusbilduxLg. 

1.  Die  ablautenden  Slassen. 

§  346.  In  den  §§  12 — 14  ist  über  die  Abstufungen  §346. 
der  Grundvocale  a  i  u  gehandelt  und  bemerkt  worden,  dass 
der  Ablaut  (wie  J.  Grimm  diese  Steigerung  und  theil weise 
Erleichterung  der  Yocale  nannte)  in  der  grösten  Zahl  der 
starken  Verba  ffir  die  Tempusbildung  hochbedeutend  sei. 
Man  unterscheidet  eine  ablautende  a- 1-  w-Klasse  der  starken 
Conjugation.  Die  Zeitworte  der  i-  und  w-Klassen  haben  das 
einfache  kurze  i  oder  u  in  dem  PL  Pf.  Ind.,  ferner  im  ganzen 
Conj.  Pf  und  im  Part.  Pf.  Pass.,  die  Steigerungsvocale  ai  {ei) 
und  au  (ou)  im  Sg.  Pf.  Ind.,  die  ermässigte  Steigerung  i  und 
iu  (iu  theilweise  zu  ie  gebrochen)  im  ganzen  Präsens. 

Dagegen  haben  die  Zeitworte  der  a-Klassen  vier  ver- 
schiedene Vocalstufen.  In  dreien  steht  a  im  Sg.  Perf.  Ind., 
die  Schwächung  e  oder  i  im  Präsens ;  für  den  Plur.  Perf 
(mit  Conj.  Perf)  und  das  Partie.  Perf  Pass.  weichen  die 
Klassen  ab,  je  nach  der  Stammconsonanz.  Die  Verba  mit 
einfachem  Consonantenauslaut  haben  im  Plur.  Ind.  Perf.  (und 


352 

§  346.  dem  Conj.)  ä ;  ihnen  schlössen  sieh  die  Verba  in  k  ch  f, 

st,  htj  hs  an ;  dagegen  führen  die  Verba  in  Liquida  +  Liquida 
oder  -f-  Muta  in  dem  PL  Perf.  und  Conj.  Perf.  u.  Das  Partie. 
Perf.  Pass.  der  Verba  in  einfacher  Muta  oder  Spirans  hat  die 
Schwächung  e  im  Stamm,  in  allen  übrigen  Zeitworten  die 
Schwächung  o  oder  u.  Die  vierte  a-Klasse  hat  a  im  ganzen 
Präsensstamm  und  im  Partie.  Perf.  P.,  dagegen  6,  mhd.  uOy 
im  Perfectum. 


Präs. 

Pf.  Sg. 

PL 

Ptc 

Perf.  P. 

e-i 

a 

a 

^ 

••   • 
e-i 

a 

ä 

o(v) 

e-i 

a 

u 

o(u) 

a 

HO 

uo 

a 

a)  Die  ablautenden  Zeit  werte  der  a- Klasse. 

§  347.  §  347.    Im  Sg.  Präs.  Ind.  ist  das  alte  a  zu  i  geschwächt; 

die  ältere  Schwächungsform  e  erhielt  sich  vor  den  a-haltigen 
Flexionen  des  PL  Ind.  und  Imp.,  des  Inf.  und  des  Partie.  Präs. ; 
ebenso  herscht  e  im  Conj.  Prs.  Der  Sg.  Imp.  folgt  dem  Sg. 
Präs.  Ind.  Im  Ptc.  Pf  Pass.  hielt  sich  e  ebenfalls  vor  dem 
a  der  Endung. 

Prs.  Sg. .  ^rifce     PL  geben     Cj.  gebe     Inf.  geben     Ptc.  gebende,  geben, 
ahd.  gibu  gebam  gebe  geban  gebanti,  geban. 

Dem  Md.  eigenthümlich  ist  das  e  auch  in  dem  8g.  Ind. 
Präs.  Das  Nhd.  folgte  darin  dem  Md.,  während  die  obd. 
Volksdialecte  das  t  in  1.  Sg.  Ind.  bis  heute  behaupten  {ick 
gib  nim  triff). 

Die  Zw.  bitten  sitzen  ligen  wandelten  wegen  ihres  ur- 
sprüngl.  Stammsuffix  ja  (got.  in  bidjan  erhalten)  das  e  überall 
im  Präs.  in  i  (bitte  bitten  bittende) ;  ebenso  erhöhte  sich  e 
vor  m  und  n  -\-  m  und  n  oder  +  Muta  überÄÜ  im  Präs.  zu  i 
{binde  binden  bindende,  glimme  glimmen  glimmende). 

Die  Entstehung  des  ä  im  PL  Pf.  Ind.  zweier  a-Klassen 
ward  von  Holtzmann  (Ablaut  32 — 40)  und  Scherer  (G-dSpr. 
2.  A.  231.  f )  in  Ersatzdehnung  gesucht.  Das  Perfect  auch 
der  ablautenden  Zeitworte  der  a-£lasse  hatte  ursprünglich 
eine  Reduplication  vor  der  Stammsilbe.  Im  Sg.  fiel  sie  wegen 
Tonlosigkeit  ab;    im  Plur.   dagegen  trat  der  Accent  auf  sie 


353 

zurück,  während  die  Stammsilbe  tonlos  ward  und  ihr  Vocal  §347. 
in  Folge  dessen  ganz  schwand.  Darauf  trat  Ersatzdehnung 
des  Vocals  der  Reduplicationssilbe  unter  Vernichtung  des 
coDsonantischen  Anlautes  der  Stammsilbe  ein :  so  entstund  e 
hd.  d.  Aus  gägahumäs  ward  gaghumäs  geghma  gehum 
ahd.  gabumes. 

In  dem  Conj.  Pf.  wird  ä  gewöhnlich  durch  das  urspr.  j 
des  Modussuffixes  zu  m  umgelautet. 

§  348.  §348. 

1.  Abtheilung:    im   Auslaut   einfache  Muta 

(ausser  i,  ch,  f)  oder  Spirans. 

Grimms  Kl.  X,  später  II. 

Präs.  i  e  Pf.  Sg.  a        PI.  ä  (Conj.  ce)       Part.  P.  e 

got.  gtba  gaf  gehum  giban 

PL  gibam  Conj.  gebjau 

ahd.  gibu      pittu         gap  gäbum  geban 

gebam  pittames  Conj.  gdbi 

mhd.  gibe  bitte  gap  gäben  gegeben 

geben  bitten  Conj.  gaibe 

Zu  dieser  Klasse  gehören :  bitten  ligen  sitzen  —  brehen  . 
(zweifelhaft,  da  keine  Präsensf.  sicher  zu  belegen  ist)  ej^jsen 
vrezsen  geben  verg'ezzen  jehen  jesen  jeten  (vor  i  geht  j  in  g 
über:  gihe  gise  gite  §  220),  kneten  kresen  lecken  (nur  die 
Ptc.  erlechen  Perlechen  sind  zu  belegen ;  ursprünglich  gehörten 
alle  st.  Zw.  in  -ch  dieser  Kl.  an,  sie  traten  aber  in  die  fol- 
gende Kl.  §  349  über.  Doch  kommt  von  stechen  noch  ripuar. 
das  Ptc.  gestechen  vor,  vgl.  im  Reim  :  sprechen  Karlm.  129,  3. 
153,  2.  iwrechen  Karlm.  53,  53.  107,  51.  201,  56-,  ferner 
Wierstr.  1147.  2018.  Harflf  169,  10.  Kölner  Cronica  186. 
Das  e  des  Partie,  ward  durch  ch  gestört;  vor  Tc  blieb  der 
rechte  Vocal,  zb.  ags.  gesprecen  got.  vrikans,  w-enn  nicht 
gutturaler  Nasal  wirkte,  wie  in  got.  brukans  stugqans,  vgl. 
auch  J.  Schmidt  Vocalism.  1,  50)  lesen  (neben  das  richtige 
Ptc.  gelesen  drängt  sich,  freilich  spät  und  selten,  ein  Ptc. 
gelosen  ein,  v.  Liliencron  bist.  Volksl.  n.  4,  69,  das  gleich 
gepflogen  gewogen  gewoben  durch  falsche  Analogie  aufkam; 
umgekehrt  bildeten  sich  die  Ptc.  ungestemen  gezemen  für 
gestomen  gezornen)    mezzen  genesen  pflegen    (für   das  Ptc. 

Weinhold,  mlttelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  28 


354 

§  348.  gepflegen  tritt  namentlich  md.  gepflogen  geplogen  auf,  vgl. 
:  herzogen  Karlm.  406,  26.  :magezogen  Pass.  H.  83,  29. 
;  gelogen  160, 45.  :  gezogen  Pass.  H.  36,  24.  :  erzogen  HTrist. 
5483.  Mhd.  Wb.  II,  497.  Lexer  Wb.  II,  252 ;  gepflegen  ist 
aber  noch  die  Eegel)  queden  (durch  Einflu8s  des  w  besondere 
österr.  die  Nebenf.  quoden  hoden,  Pf.  quot  chot  hat,  im  Prs. 
3.  Sg.  chiut  chüt  =  quit  =  quidet)  reden  (sieben,  nur  im 
Ptc.  gereden  erhalten)  geschehen  sehen  treten  weben  wegen 
Wesen  weten. 

Über  den  grammatischen  Wechsel  von  s  mit  r  in  lesen 
genesen  wesen  vor  a  §  151.  207 ;  über  md.  ^  für  ä  in  sehen 
geschehen  §  152.  224. 

Der  Wechsel  des  Präsensvocals  {e  i)  ist  §  347  berührt, 
ebendaselbst  ist  erwähnt,  dass  sich  in  bitten  ligen  sitzen  das 
ältere  e  unter  Einfluss  des  ursprünglichen  Suffix  ja  durch- 
gehen ds  zu  i  erhöhte. 

Im  Md.  ist  das  Verhältnis  ursprünglich  dasselbe  wie  im 
Obd.,  d.  h.  i  steht  im  Sg.  Prs.  Imp.,  e  in  den  übrigen  Präsens- 
formen. Aber  seit  dem  12.  Jh.  drängt  sich  e  in  2.  3.  Sg. 
und  selbst  in  1.  Sg.  ein. 

1.  Sg.  Ind.  86  (=  sehe) :  we  MF.  54,  9.  :  owe  MF.  128,  4.  :  me 
Ebern.  162.  sehe  Herb.  8663.  Myst.  I.  7,  4.  u.  o.  Haupt  17,  351.  sehen 
Roseng.  C.  1078.  --  lesen  :  wesen  Elis.  10251.  lesen  Sei.  Tr.  78».  genesen 
:  wesen  Alex.  3707.  —  gehe  Alex.  3311.  5530.  geben  Eoseng.  C.  1449. 
geven  Vorbew.  11.  begeven  Amst.  Ml.  6, 18.  geb  1081.  1303.  HU.  H,  857. 
Höfer  n,  70.  —  jehen  Elis.  5793.    bejehen  Höfer  H,  169. 

2.  Sg.  gebest  Jungfr.  sp.  181.   anesehes  hess.  Evang.  278. 

3.  Sg.  sehet  Rud.  21,  16.  Roseng.  C.  437.  set:get  MF.  136,  29. 
:  vorsmet  Jen.  Pragm.  102.  —  jet  (giht)  :  get  MF.  122,  8.  spet  :  get 
Franenl.  Spr.  156,  15.  —  geshehü  Böhmer  357.  geschet :  irget  Krolw. 
3686.  :  krei  Pass.  H.  58,  77.  ;  enpßt  Pass.  K.  133,  52.  :  bevH  Väterb. 
4145.  ;  stet  Jungfr.  sp.  182.  —  gebet  Höfer  H,  59.  Köditz  75,  5.  — 
lest :  getvest  Earlm.  322,  15.  535,  41. 

Manche  Schreiber,  wie  der  der  Elisabeth,  lassen  das  e 
nur  in  1.  Sg.  zu,  wie  dies  im  Nhd.  fest  geworden  ist.  Auf- 
fallend ist  im  obd.  Pfaffenl.  528  pflegt  (;  lebt),  in  Lamprechts 
Syon  1272  jeht  (;  reht).  Vom  14.  Jh.  ab  werden  in  Baiem 
ähnliche  Fälle  häufiger,  BGr.  §  265.  Anm.     Im  Elsäss.  erklärt 


355 

eich  dieser  Vorgang  aus  der  starken  fränk.  Beimischung  des  §  34d. 
Bialects,  AGr.  §  331. 

Dem  eindringen  des  e  in  den  Sg.  Präs.  steht  i  für  e 
in  den  übrigen  Fräsensformen  gegenüber,  das  md.  mehrfach 
erscheint.  So  finden  sich  die  Inf.  gibin  Eoth.  933,  given  1179. 
sihen  Annol.  217.  wigen :  ligen  Herb.  5292.  ;  gestigen  Pilat. 
466.  :uber$tigen  MSH.  2, 123*.  :  gewigen  Erlös.  1041;  ferner 
3.  PI.  Ind.  gigen  (=  jehent) :  gedigen  Nicod.  129.  vergigen 
:  swigen  110  (Pfeiflfers  Altd.  IJbungsb.  S.  3).  Dasselbe  i  fär  e, 
das  wir  als  einen  Schwebelaut  zwischen  e  und  i  deuten  (§  47), 
zeigt  sich  im  Ptc.  Per  f.  Pass. :  gegiven  mfr.  Legend.  578. 
vergigen  (=  verjehen)  Krolw.  2806.  2880. 

§  349.  §349. 

2.  Abtheilung:  im  Auslaut  einfache  Liqu.  oder  starke 

Consonanz  (f,  ck,  eh.  —  seh,  st,  ht,  hs). 
Grimm  Kl.  XI.  später  U. 

Präs.  i  e  Pf.  Sg.  a      PI.  ä  (Conj.  ce)  Ptc.  P.  o 

got.  nima  nam  nemum  numans 

ahd.  nimu  nam  ndmumes  ganoman 

nemam  nämi 

mhd.  nim  nam  nämen  genomen 

nemen  name  md.  genumen 

Zu  dieser  Klasse  gehören :  h'em  gern  quemen  (herschend 

ist  Inf.  kamen  md.  Jcumen,  Prs.  kum  oder  kom,  Ptc.  gekomen, 

im  Pf.  steht  kam  kam   PI.  kämen  körnen  neben  dem  meist 

md.  quam  quamen)    queln  (Nbf.  koln)  nemen  schem  stein 

Sternen  (im  Prs.  belegt,  das  Ptc.  ungestemen  [:  vernemen  Virgin. 

394,  11.   823,  4]    tritt  in  die  vorige  Kl.  über,   vgl.  Jänicke 

zu  Staufenb.  675)  swern  tweln  z'&men  (Ptc.  gee'emen  Klage 

970).  —  brechen  bresten  dehsen  leschen  (?)  rechen  schrecken 

sprechen  stechen  (über  ripuar.  Pt.  gestechen  §  348)   trechen 

trefen  vehten  (im  PL  Pf.  neben  vähten  auch  md.  vuhten  Annol. 

3.  250.  657.  Athis  C.  33,  62.  Iw.  A.  5405.  vuhte  (Cj.)  Iw. 
A.  5299.  vuhten  (Cj.  PL)  6711.  vohten  Alex.  895.  1745. 
1982.  1985.  vohten  :  dohten  Hagen  3718)  vlehten  (PL  Pf. 
vlohten  hess.  Evang.  284)  dreschen  (PL  Pf.  nicht  zu  belegen, 
nach  ahd.  dhruscun  Graff  V,  264  schwankte  das  Wort  früh 
in  die  folgende  KL)    leschen  (PL  Pf.  nicht  belegt). 

28» 


356 


§  349.  Das  überschwanken  in  eine  andere  Abtheilung  der  a-Klasse 

erscheint  also  bei  st'emen,  js^emen,  bair.  auch  bei  quemen  (ptc. 
kernen  BGr.  §  266),^)  ferner  bei  stechen  vehten  vlehten  und 
wahrscheinlich  bei  dreschen.  Über  spätere  Ausdehnung  dieser 
Übertritte  AGr.  §  331\    BGr.  §  266. 

Das  Ptc.  geschafften  (;  ensafnen  Herb.  4382)  ist  zu  einem 
st.  Zw.  Schemen,  sich  schämen,  zu  bringen  und  steht  für 
geschonten,  ebenso  wie  genamen  Lac.  II,  1064  liir  genomen  und 
verlaschen  {onverlasken :  a^hen  En.  8408)  für  verloschen. 

Der  regelmässige  Vocal  des  Ptc.  Pf.  P.  dieser  Abtheilung 
ist  0,  dafür  herscht  aber  md.  u,  §  63,  das  auch  bair.  beliebt 
ist,  BGr.  §  266. 

Für  den  Wechsel  des  Präsensvocals  e  :  i  gilt  dasselbe 
wie  in  der  vorigen  Abtheilung.  In  den  md.  Dialecten  dringt 
das  e  des  PI.  auch  in  den  Sg.  Ind. 

1.  Sg.  quelen :  hevelen  Alex. 3706.  nemen  Roseng.  C.  1462.  Sei.  Tr.  8^ 
sprechen  :  vrechen  Earlm.  458,  66.  sprechin  Boseng.  C.  322.  Elis.  1193. 
HU.  m,  1012.  spreche  Haupt  9, 262.  :  gebreche  HTrist.  239.  Sprech  ick 
Ath.  A.  83.  Sprech :  gelech  Wierstr.  1345.  fehteti  Eoseng.  C.  86.  1683. 
vechte  :  rechte  Karlm.  523,  38. 

3.  virnemet :  irgremet  Alex.  1368.  nemit  Jen.  Fragm.  106.  eeimi 
:56r€mitEitter8p.91.  cremet  Köditz  13,22. 26,11.  sprechtKbditLG.60,S2, 

Selbst  die  2.  Imp.  Sg.  erscheint  mit  e:  nem  Alex.  2418.  2677. 
4477.  jehe  Alex.  5496. 

§350.  §  350. 

3.  Abtheilung:  im  Auslaut  doppelte  Liquida  oder 

Liqu.  c.  Muta. 
Grimm  Kl.  XH.  später  I. 


Präs.  i  e 

Pf.  Sg.  a 

PI.  U 

Ptc.  u  (o) 

got.  bifida 

band 

bundum 

bundafis 

vairßa 

varß 

vaürßum 

vaürßans 

ahd.  bintu 

bant 

buntum 

bunt  an 

bintam 

wirdu 

wart 

wurtuf7i 

toortan 

werdam 

mhd.  binde 

bant 

bunden 

bundeu 

binden 

wirde 

wart 

wurden 

worden 

werden 

')  Vgl.  auch  schon  in  den  fränk.  Virgilgl.  467  erquemoner  (c 
ist  erquomener  zu  lesen?). 


357 

Wie  binden  gehn  die  Yerba  auf  mm  nn  oder  m  und  §350. 
n  +  Muta,  in  denen  sich  nirgends  das  alte  e  des  Präsens- 
stammes hielt,  sondern  überall  zu  i  erhöhte :  brimmen  brinnen 
dimpfen  dinsen  drinden  dringen  be-en-ginnen  glimmen 
grimmen  hinken  klimmen  Jclimpfen  klingen  krimmen  krimpfen 
limmen  lingen  rimpfen  ringen  rinnen  schinden  schrinden 
singen  sinken  sinnen  slinden  spinnen  springen  stinken 
swimmen  swinden  swingen  trinken  trinnen  (entrinnen) 
twingen  vinden  winden  winken  winnen.  Im  Ptc.  Perf.  Pass. 
haben  diese  Verba  w. 

Wie  werden,  also  mit  i  nur  im  Prs.  Sg.  Ind.  Imp.  und 
mit  e  in  den  übrigen  Präsensformen  gehn :  beigen  bellen  bergen 
delhen  (nur  Ptc.  bedolhen  j.  Tit.  Lohengr.)  verderben  dr'ellen 
{nur  Ptc.  gedrollen)  gellen  gelten  helfen  hellen  kerren  knellen 
melken  quellen  schellen  schelten  scherren  s'elken  (bei  Herb, 
und  im  Pilat.  PI.  Pf.  solken  Ptc.  gesolken)  sm'eUen  sterben 
Sterzen  (PI.  bestürmen  Ptc.  gesturjsen  belegt)  swelhen  und 
swelgen  swellen  swerben  t'elben  bevelhen  verzen  (nur  Inf.  be- 
legt, ahd.  auch  Prs.  8g.)  welgen  wellen  werben  werfen  w'erren. 
Im  Partie.  Perf  Pass.  haben  diese  Zeitworte  o. 

Auch  in  dieser  Abtheilung  ist  md.  bei  den  Zw.,  welche 
nicht  m  oder  n  im  Wurzelauslaut  haben,  e  in  den  Sg.  ge- 
drungen.    Man  vergleiche 

1.  Sg.  hevdhe  Elia.  5819.  hevele  Alex.  3710.  Köditz  54,  11.  u.  ö. 
hevdhen  Roseng.  C.  662.  hevelen  Amst.  Ml.  6,  20.  Höfer  I,  13.  :  heien 
Xarlm.  228,  7.  heveln  :  kein  Ebero.  2891.  —  helfe  Elis.  3182.  helfen 
Uoseng.  C.  1313.  —  vergelt  ich  Roseng.  C.  1836.  —  {utierthe  nl.  Ps. 
61,  3.)  werd  ich  Ath.  F.  31.  werden  Roseng.  C.  1609.  Marienl.  3,  12. 
21,  33.  —  werbe  Roseng.  C.  422. 

2.  Sg.  werdes  hess.  Evang.  271. 

3.  Sg.  heifit  Roth.  370.  hevelet  hess.  Ev.  276.  hevelt  Köditz  44, 21. 
erglemmet  {:  klemmet)  Pass.  H.  118,  58.  werbit  Roth.  99.  sterbet  Nordh. 
Weist.  A.  §  4.    werdit  Jungfr.  Sp.  178.    wert  Köditz  o. 

Schon  im  12.  13.  Jh.  lässt  sich  einzeln  die  später  durch- 
greifende Störung  des  Vocalverhältnisses  im  Perf.  nachweisen. 
Sie  begann  im  Md.  und  damit,  dass  das  u  des  Plurals  in  den 
Sg.  eindrang:  man  ward  is  dicke  wol  gewar  gr.  Rud.  12, 16. 
—  bevul  (=  bevcdh)  Jerosch.  6073  im  Heim  zu  stül,  ausserdem 


358 

§350.  738.  8968.  19024,  leful  Cresc.  (Altd.  Bl.  I,  301).  Später  ver- 
drängte umgekehrt  das  a  des  Sg.  theilweise  den  Fluralvocal^ 
vgl.  Gr.  I«,  984.  AGr.  §  331.  BGr.  §  267.  Heyse  Ausf. 
Lehrgeb.  d.  deutsch.  Spr.  I,  706.  f. 

In  dem  Conj.  Pf.  kann  das  uin  ü  umlauten;  allein  weder 
das  Obd.  (AGr.  §  29.  BGr.  §  29)  noch  das  Md.  lieben  den 
Umlaut  namentlich  vor  verstärkter  Liquida.^) 

Im  Ptc.  Pf.  tritt  für  gemeindeutsches  o  md.  gern  u, 
namentlich  vor  l  und  r  ein:  iehulfen  virguldin  wurden  ge- 
würfen^  vgl.  schon  altnl.  Ps.  2,  \'i  gebvHgan  18,  8.  14  betouUen. 
Dagegen  hebt  sich  das  u  des  PI.  Pf.  Ind.  zuweilen  zu  o: 
solJcen  {:  wölken  Herb.  17087)  halfen  bevolhen  missehollen 
scharren. 

übertritt  zur  ersten  Abtheilung  §  348  im  Ptc.  Pf.  zeigt 
bewellen  (;  castellin)  bei  Jerosch.  5752. 

§351.  §  351. 

4.  Abtheilung:  im  Präsensstamm  und  im  Partie.  Perf. 

Pass.  a,  im  Perf.  ua, 
Grimm  Kl.  VII.  später  HI. 
Die  zu  dieser  Klasse  gehörigen  Zw.  haben  den  Wurzel- 
Yocal  a  im  Präs.  erhalten  und  ihn  nicht  wie  die  Verba  der 
drei  ersten  Abtheilungen  zu  e  (i)  geschwächt ;  ebenso  fährt 
ihn  das  Ptc.  Pf.  P.  Im  Perf.  tritt  kein  Vocalwechsel  zwischen 
Sg.  und  PI.  ein,  sondern  der  gesteigerte  Stammvocal,  alt  6, 
diphthongisirt  zu  uo,  bleibt  im  Ind.  und  Conj.  Sg.  Plur.  un- 
verändert, ganz  wie  bei  den  reduplicirenden  Verben  der  Vocal 
in  den  activen  Perfectformen  durchgeht.  Diesen  gesteigerten 
Perfectvocal  ö,  später  uo,  deutete  Bopp  Vgl.  Gr.  §  602  aus 
Verschmelzung  des  a  der  Beduplications-  und  der  Stamm- 
silbe :  aus  dddrag  fäfar  ward  drög  (truoc)  för  (vuor).  Bopp 
vergl.  Gr.  I,  208.  II,  357  hat  auch  zuerst  das  Suffix  ja  als 
karacteristisches  Stammzeichen  dieser  Klasse  erkannt ;  dasselbe 
fiel  im  Perf.  ab,  zeigt  sich  aber  im  Präs.  noch  theils  als  j 
theils  verrät  es  sich  durch  den  Umlaut  des  Stammvocals. 


')  Die  ü  der  Textaasgaben  im  Cj.  Pf.  sind  keineswegs  sicher. 
Lachmann  z.  Iw.  1615  sachte  für  Hartmann  wenigstens  schwanken 
zwischen  u  and  ü  za  erweisen. 


359 

Die  Boppsche  Erklärung  ward  von  Th.  JacoM  Beiträge  zur  deutsch.  §  351. 
Grammat.  68  weiter  ausgeführt.  Holtzmann  Ablaut  58.  f.  nahm  langes 
ä  als  Stammvocal  an  und  erklärte  die  Entstehung  des  6  im  Perf.  aus 
der  Festsetzung  des  Tons  auf  der  Stammsilbe  (zb.  rarddhima)  ehe  das 
d  zu  a  geworden  war.  Amelurig  Tempusstämme  S.  29.  fT.  sezte  für 
das  Präsens  ä  an,  für  das  Perf.  a,  welches  nach  Abfall  der  Keduplications- 
silbe  gesteigert  ward.  Scherer  GdSpr.  2.  A.  249—259  nahm  Wechsel- 
wirkung zwischen  dem  a  des  ursprünglich  reduplic.  Präsens  und  d  (öj 
des  Perf.  an,  ohne  eine  befriedigende  Erklärung  des  ganzen  Vorgangs 
zu  finden.  Das  redupl.  Präsens  hatte  Delbrück  (Z.  f.  d.  PhiloL  I,  125) 
zuerst  herangezogen.  Vgl.  auch  Kluge  z.  Gesch.  d.  germ.  Conjug.  66.  ff. 
162.  ff.,  welcher  für  das  Perf.  ursprünglich  Abstufung  des  Sg.  und  Plur. 
ansezte. 

Zu  dieser  Klasse  gehören  im  Mhd. 

a)  mit  Spur  des  Suffix  ja :  heben  (got.  hafjan  ahd.  hefjan) 
—  sehen  (be-  entseben)  —  swern  (swerigen  Karaj.  30,  1. 
ahd.  swerjen  swerran),  —  Ferner  ist  schern  nach  dem  Pf. 
schür  {:vür  Pass.  K.  142,  42)  aufzustellen,  als  Nebenf.  des 
gewöhnlichen  schern  (schar  schären  schorn). 

b)  ohne  Umlaut,  ausgenommen  in  2.  3.  Sg.  Ind.  Prs. : 
bachen  (backen)  blappen  (ptc.  erblappen  Frauenl.  447,  20) 
graben  laden  laffen  (nur  Ptc.  erlaffen  als  klassenmässig 
erhalten)  maln  nagen  schaben  schaffen  (got.  sJcapjan  ahd. 
sceffen)  slahen  spanen  tragen  twahen  varn  gewahen  wahsefi 
(got.  vahsjan)  waschen  (alem.  und  md.  weschen)  waten. 

In  2.  3.  Sg.  Ind.  Prs.  ist  der  Umlaut  gewöhnlich,  also 
grebest  grebt,  tregest  tregt,  sieht  irslet  (Eoth.  2862),  twehet 
(Hildeg.  Geb.  49,  52),  vert,  ledet,  wehset  u.  s.  w.  Einige 
Reimbelege  aus  obd.  und  md.  Dichtern: 

melt :  erweit  Stricker  Ged.  11, 12.  vert :  gert  Schoneb.  3581.  ;  beschert 
Walth.  54, 16.  toidervert :  verhert  Engelh.  1649.  überledet :  redet  Engelh. 
2383.  tregt :  gelegt  Manuel  219.  :  regt  Parz.  698,  5.  negt :  gelegt  Erlös. 
1813.    :  tregt  Lamprecht  Syon  2322. 

Der  Umlaut  ist  aber  nicht  strenge  Regel,  vgl.  Vertrages: 
tages  Kindh.  Jes.  101,  75.  varst :  bewarst  Parz.  9,  9.  :  sparst 
267,  13  (dagegen  braucht  Wolfram  nur  vert). 

Eine  merkliche  Spur  des  Suffixes  bewahrt  auch  die  2.  Sg. 
Imp.  in  ihrem  Ausgang-e:  hebe  trage  lade  schaffe  wahse  u.s.w. 
In  var  mal  swer  schwindet  das  e  freilich  nach  dem  Gesetz 
durch  Apocope. 


360 

§351.  Der   Perfectvocal    ist   md.   zuweilen   undiphthongirtes   ö, 

daneben  geht  je  nach  der  Landschaft  md.  ü  =  uo  her.     Vgl. 
über  dieses  6,  ü  §  140—142. 

Durch  Einfluss  gleichklingender  Worte  zeigt  sich  bei 
swern  Störung  im  Ptc. ;  anderseits  wird  wegen  durch  gewahen 
im  Pf.  gestört. 

Das  Ptc.  zu  swern  lautet  zwar  noch  zuweilen  geswarn, 
selbst  im  Reim  :  varn  Nib.  C.  2086,  1.  Biter.  3445.  ;  unervarn 
Dietr.  Fl.  4069.  :  bewarn  Nib.  BCD.  421,  6.  Helbl.  2,  50. 
4,  653.  geswarn  Schwabsp.  Bb.  147.  geswaren  Höfer  II,  171. 
Lac.  III,  442.  691 ;  herschend  ist  aber  gesworn  geworden 
unter  Einfluss  des  Ptc.  von  swern  (dolere);  in  dieses  Zw. 
drängt  sich  im  Pf.  für  das  richtige  swar  aus  swern  die  Form 
swuor  ein  {swür  Pass.  K.  454,  17).  In  gleicher  Art  sezt 
sich  unter  Einfluss  von  gewuoc  von  gewahen  in  wegen  {wige 
wac  wägen)  das  Pf.  gewüc  zuerst  md.  (Pass.  Jerosch.  Mhd. 
Wb.  III,  630^)  fest  und  verdrängt  schliesslich  die  richtige 
Form.  Störung  unter  Einfluss  anklingender  Formen  unserer 
Klasse  erscheint  auch  im  Pf.  bluonden  von  blanden  statt 
blienden,  Grimm  I^,  941. 

Der  grammatische  Wechsel  zwischen  h  und  g  in  dem 
Pf.  der  Zw.  slahen  twahen  gewahen  (sluoc  sluogen  geslagen 
u.  s.  f.)  ist  §  221.  224  dargelegt.  Über  die  durch  Ausstoss 
von  h  entstehnden,  namentlich  md.  beliebten  Formen  slän 
twän  §  241.  244. 

§  352.  §  352.     Besonders  zu  behandeln  ist  das  zu  dieser  Klasse 

gehörige  Zw.  st  an  standen,   Pf.  stuont   PI.  stuonden,    Ptc. 
gestän  gestanden. 

Dieses  Zw.  bildet  seine  Formen  aus  der  W.  stä  und 
aus  dem  secundären  Stamm  stant, 

a)  W.  stä 
gibt  nur  das  Präsens  und  das  Partie.  Pf.  P.  her.   Die  Endungen 
fügen  sich  unmittelbar  an  den  Stamm. 
Prs.  Ind.  Sg.  stän  stds  stät    PL  stän  stät  stänt      Cj.  stä 

Imp.  stä    PL  stät    Inf.  stän  Ptc.  Präs.  stände,  Pass.  gestän. 

Für  die  karacteristische  Endung  -w  der  1.  Sg.  Ind.  ist 
zu  bemerken,  dass  der  Versuch,  dasselbe  zu  beseitigen,  seit 


361 

dem  12.  13.  Jh.  obd.  wie  md.  erscheint,  vgl.  die  Reime  ste  :  e  §  352. 
Iw.  4793.  :  me  Greg.  1244.  wS  :  beste  :  ge  MF.  123,  17^ 
(Morungen).  verste :  ge  (Conj.)  Ulr.  Wilh.  2584.  :  me  HTrist. 
3371.  :  we  Ulr.  Wilh.  784.  stä  :  Ämmond  Schonebek  347. 
verstä:  nä  Pass.  H.  372,  62.  vorstä :  fantasiä  Schoneb.  1752. 
Spätere  Belege  AGr.  S.  323.    BGr.  §  271. 

Ein  Perfect  ist  nicht  nachweislich,  denn  stie  (Sieiger- 
tüchl.  231,  2)  ist  eine  falsche  Analogiebildung  nach  gie. 

Über  das  Ptc.  gestdn  ist  zu  bemerken,  dass  es  von  den 
höfischen  Dichtern  des  13.  Jh.  gemieden  wird,  bei  volks- 
mässigen  Dichtern  und  den  späteren  Poeten  aber,  zb.  Pleier, 
Otacker,  im  Reim  erscheint,  vgl.  Benecke  z.  Iw.  3694.  BGr. 
§271.  Die  md.  Dichter  haben  es  neben  gestanden  im  Reim, 
vgl.  gestdn  :hän  Herb.  9321.  :  cappeldn  Morant  175.  :  wdn 
Erlös.  4957.  üfgestdn:  gdn  MSH.  I,  15^  bestdn  :  hän  Herb. 
5709.  :ldn  livl.  Kr.  3120.  :sdn  Alex.  2777.  :wdn  1229. 
entstdn  :  hdn  Herb.  15208.  irstdn :  man  Annol.  558.  verstdn 
:  hegdn  livl.  Kr.  1963. 

Eine  sehr  verbreitete  Nebenform  ist  sten.  Der  Grund 
dieses  e  für  a  ist  noch  nicht  gefunden.  Scherer  GdSpr.^  265, 
der  den  reduplic.  Präsensstamm  stastdmi  ansezt,  nam  steim 
als  Vorstufe  von  stem  sten  an  und  erklärte  es  durch  An- 
lehnung an  die  Flexion  der  3.  schw.  Conjugation.  Dagegen 
spricht,  dass  in  diesen  Formen  ei  später  als  e  auftritt.  Bezzen- 
berger  A-Reihe  S.  55  sah  in  dem  e  ein  Überbleibsel  des  alten 
e  =  d.  —  Im  Ahd.  sind  die  a-Formen  bei  stdn  den  e-Formen 
an  Alter  und  Verbreitung  entschieden  überlegen;  im  Tatian 
kommt  kein  sten,  sondern  nur  zuweilen  stdn  neben  stantan 
vor.  Zu  gdn  findet  sich  bei  Otfried  und  im  Tatian  die  e-Form. 
Altsächsisch  überwiegt  e  in  2.  3.  Sg.  Prs.  von  stdn  bedeutend ; 
zu  gdn  kommen  keine  ^-Formen  im  Heljand  vor.  Die  andern 
alten  germ.  Dialecte  zeigen  e  nicht;  selbst  im  Altfries,  steht 
nur  stdn  gdn  neben  stonda  gunga,  erst  neufries.  findet  sich 
steafi  gean.  e  ist  also  eine  jüngere  Variation  des  d,  die  von 
2.  3.  Sg.  Ind.  und  von  dem  Conj.,  nach  der  Festigkeit  des 
Mhd.  in  diesem  Modus  zu  schliessen,  ausgieng.  Man  hat 
sten  gen   für  besonders  md.   erklären  wollen,   allein   das   ist 


362 

§352.  irrig.  Obd.  kommt  sten  neben  stän  häufig  vor,  wird  auch 
im  Reim  benuzt,  im  Conj.  überwiegt  e  das  ä  bedeutend,  A&r. 
§  332,  BGr.  §  231,  Mhd.  Wb.  IL  2,  568 ;  das  heutige  Bai- 
risch  hat  stän  sogar  ganz  aufgegeben.  Umgekehrt  ist  md. 
stän  neben  sten  auch  im  Reim  in  Verwendung;  im  Nl.  des 
13.   14.  Jh.   ist   stät   sogar   die    herschende   Form,   daneben 

kommt  stet  und  steit  ziemlich  häufig  vor. 

Belege  fürmd.  a  in  st  aw:  1.  Sg.  Ind.  bestem  :hän  Salm.  621, 1. 
an :  verstdn  Junk.  u.  Heinr.  204.  verstä :  nä  Pass.  H.  372,  62.  —  3.  Sg. 
Ind.  stät :  ergdt :  umhevät :  sldt  MF.  68,  6.  stät :  hat  MF.  60, 15.  Herb. 
108.  14235.  Pilat.  140.  Erl.  283.  1465.  Meisner  MSH.  3,  96».  101**. 
:  lät  Erl.  6184.  :  rät  Salm.  427,  1.  livl.  Kr.  980.  1368.  :  rät :  gät :  hat 
MF.  143,  8  (Morungen).  ;  hat  133,  12.  :  wät  Alex.  3488.  gestät :  rät 
MF.  67,  9.  —  3.  PI.  stänt :  empfänt  Erlös.  5884.  :häiü  Herb.  15393. 
bestän  :  gevän  Alex.  2641.  verstänt  :  hänt  Väterb.  2816.  —  Conj.  1. 
hestä:  grä  Roth.  3370.  —  3.  Sg.  stä:dä  Herb.  4082.  :nä  Alex.  4771. 
:  rota  Wemh.  55,  5.  virstd :  citherä  Erl.  5205.  —  3.  PL  stän :  gedän 
MF.  64,  28  (Veldeke).  Erl.  4635.  :  enpfän  MF.  65,  31.  —  Imp.  2.  Sg. 
verstä  :  da  MSH.  3,  101»>.  2.  PL  stät :  dät  Ebern.  4418.  —  Inf.  stän : 
Aspriän  Roth.  2721.  :  gedän  Roth.  2790.  En.  4854.  Herb.  2822.  Ebern. 
218.  MSH.  1,  15»».  livl.  Kr.  3370.  Junk.  u.  Heinr.  957.  Marienl.  75,  20. 
:  gedän  :  wän  :  ergän  MF.  64,  26.  :  missedän  Elis.  6241.  :  underdän 
Amst.  Ml.  4,  19.  :wölgetän  Salm.  101,  2.  104,  2.  verstän :  getan  livl. 
Kr.  2399.  :  umhevän  Alex.  1383.  ;  hän  MF.  129,  16.  132,  12.  Eilh.  295. 
Pass.  H.  244,  40.  Ebern.  924.  bestän  :  hän  grRud.  d»>.  livl.  Kr.  1822. 
stän :  län  Herb.  16238.  :  man  Roth.  2775.  Salm.  70,  3.  203,  5.  Orend. 
612.  1964.  tr.  Silv.  748.  :sän  Alex.  2196.  2583.  5624.  Rud.  27,  18. 
Herb.  1939.  3757.  :  Salmdn  Salm.  82,  2.  209,  5.  :  slän  En.  1059.  :  wän 
Wemh.  15,  26.  MF.  125, 32.  Erl.  551.  stä :  elementä  Glaub.  326,  gestä 
:  Mar  ja  Jungfr.  sp.  181 .  —  Ptc.  Prs.  stände  :  gände  Hagen  2260. 
:  wände  En.  5161.  —  Im  Part.  Pf.  P.  herscht  gestän,  e  ist  höchst  selten, 
zb.  Hierusalem :  bisten  Annol.  82.  irsten  hess.  Evang.  286.  insten :  me 
Jungfr.  sp.  183.  (Aus  der  Genesis  Wien.  Fundgr.  II.  57,  37.  Müst. 
80,  22  ergibt  sich  Ptc.  besten,  später  versteen  BGr.  S.  262.) 

Wir  bemerken  femer,  dass  im  Eother  nur  stän  und  gän  im  Reim 
stehn,  im  mfränk.  Legendär  und  im  Alex,  stän  und  sten,  im  Salman 
überwiegt  stän,  ebenso  beiWemher  vom  Niederrhein;  im  Passional  und 
in  der  Erlös,  wird  stän  bevorzugt,  in  der  livl.  Kr.  ist  sten  im  Reime 
selten.  Wimt  v.  Gravenberg,  ein  Osterfranke,  braucht  im  Reim  auf  andre 
Worte  stän  und  gän;  die  beiden  Zw.  auf  einander  gereimt  erscheinen 
stets  als  sten  :  gen  (auch  Pfeiffer  69,  40.  84,  22.  112,  18.  188,  9  ist 
so  zu  schreiben).  Ebenso  steht  sten  in  1.  Prs.  :  gen  202,  3.  :  Manien 
221,  6.    In  der  3.  Sg.  reimt  Wimt  stät  mit  hat  rät,  auch  gät  mit  rät, 


363 

8tät,  aber  öfter  get  mit  stet  (44,  40.  76,  27.  113,  2.  122,  35.  164,  23.  §  362 
194,  30)  und  die  e-Form  wird  gesichert  durch  die  Keime  mit  der 
Wirntschen  Form  der  3.  sg.  Ind.  K.  Mt  :  stet  10,  39.  34,  19.  38,  35. 
98,  34.  180,  3.  hetiget  81,/40.  91,37.  199,22;  femer  durch  stet :  glet 
147,  19.  28.  In  der  2.  sg.  gest :  hestest  143,  14.  Im  Conj.  nur  ste  ge 
im  Beim  :e  me  we.  —  Heinr.  v.  Freiberg  brauchte  nach  Bedürfnis  ä 
oder  e,  vgl.  die  sich  folgenden  Eeimpare  Tristan  :  gän,  sten :  gen  Trist. 
5443—46;  aber  es  überwiegen  bei  ihm  die  a-Eeime. 

Das  Bestehn  der  a- Formen  von  stän  bei  den  Mittel- 
deutschen ergibt  sich  hieraus  zur  Genüge.  Bei  den  Ober- 
deutschen herscht  ä  im  Ind.,  e  im  Conj.  Aber  auch  bei  ihnen 
ist  ä  ebensowenig  für  den  Ind.  die  ausschliessliche  Regel,  al& 
bei  den  Mitteldeutschen  e.  Besonders  beachtenswert  ist  die 
Neigung  der  Baiern-Österreicher,  die  Infin.  der  Verba  stehn 
und  gehn,  sobald  sie  auf  einander  reimen,  mit  e  zu  wählen* 
So  reimen  in  der  Nib.  Not  sten :  gen,  während  ausser  Reim 
stän  und  sten,  gän  und  gen  neben  einander  begegnen,  im 
Ind.  ä,  im  Conj.  e  herschen.  Auch  der  Stricker,  der  sonst  ä 
liebt,  bindet  im  Inf.  nur  sten  mit  gen  (Hahn  kl.  Ged.  S.  XI) 
und  der  Suchenwirt  reimt  nur  sten  auf  gen,  braucht  auch 
ausser  Reim  die  Formen  in  e  durchaus,  Koberstein  Suchenw. 
3,  18.  Der  bairische  Dialect  ist  also  dem  neueren  e  zuge- 
neigt, und  so  ist  die  vermeintlich  md.  Eigenheit  Wolframs,. 
sten,  gen  zu  brauchen,  eben  auch  etwas  bairisches.  Dass  er 
übrigens  ä  nicht  ganz  mied,  wie  behauptet  ward,  beweisen 
die- Reime  stät:rät  Parz.  417,  30.  ergät:hät  12,  2.  zergät 
:hät  3,  10.  470,  30. 

Nebenform  zu  sten  ist  stein,  hauptsächlich  durch  2.  3.  Sg. 
steis  steit  vertreten.  Es  scheint  dass  auf  diese  Bildung  die 
Analogie  von  deis  deit,  geis  geit  einwirkte,  die  als  Zusammen- 
ziehungen von  däßs  däjit,  gäjis  gäjit  zu  fassen  sein  werden 
(Möller  bei  P.-Br.  Beiträge  VII,  469).  Wie  bei  gein  hat  sich 
auch  bei  stein  dann  eine  jüngere  Nebenf.  stien  stin  ein- 
gefunden, stein  ist  zwar  obd.  nicht  unerhört,  AGr.  §  332. 
BGr.  §  271,  aber  doch  wesentlich  md.  und  sowol  am  Mittel- 
und  Niederrhein  (an  diesem  besonders),  als  in  Thüringen  und 
Ostfranken  nachweislich.  Die  andern  Formen  des  Präsens- 
stammes  finden   sich  immer  neben  der  in  -ei»     Wie  Otfried 


364 

}352.  stät  stet  steit  neben  einander  brauchte  (Kelle  Otfr.  II,  10), 
80  auch  spätere,  zb.  reimte  Hartmann  im  Glauben  6  mal  in  ä, 
5  mal  in  e,  3  mal  in  ei.  Im  sogen.  Wernher  vom  Nieder- 
rhein ist  die  3.  Prs.  Sg.  steit  im  Reime  verwant,  stät  nur 
einmal,  stet  gar  nicht.  Der  Inf.  sten  kommt  keinmal  im  Reim 
vor,  stein  1  mal,  stdn  3  mal. 

Sg.  1.  stein  Haupt  15,  378.  —  2.  steist  Musk.  71, 116.  —  3.  steit 
:  arbeit  Glaube  3178.  :barmhercicheit  Marienl.  30,  30.  :bittercheit 
Wemh.  19,  31.  :breit  Alex.  172.  :  deit  Alex.  148.  Wemh.  60,  6.  Mastr. 
Ostersp.  1132.  :  eit  Junk.  u.  Heinr.  378.  :  veit  Wemh.  63,  22.  64,  5. 
:  geleit  Karlm.  29,  16.  :gemeit  Kathar.  sp.  162.  :  gereit  Hagen  2191. 
5465.  Karlm.  353, 16.  ;  godeheit  Wemh.  64,  8.  :  idilcheit  36, 9.  :  cristen- 
heit  Glaub.  1051.  ;  leit  Mastr.  Ostersp.  1486.  :  manheit  Marienl.  9,  38. 
-•  müdicheit  Wemh.  10,  30.  :  müzicheit  Alex.  32.  :  richeit  Wemh.  9,  26. 
:  sicherkeit  Wemh.  25,  6.  Karlm.  261,  61.  :  unstatikeit  Stolle  MSH.  3, 4*>. 
:  toisheit  Schoneb.  3619.  —  Friedb.  Kr.  D.  2,  2.  Annol.  162.  644.  Roth. 
3183.  3299.  Höfer  I,  9.  12.  H,  123.  Lac.  H,  376.  434.  506.  534.  HI,  60. 
167.  247.  279.  u.  o.  HU.  I,  882.  UI,  1075.  1141.  Henneb.  U.  II,  49. 
Mülh.  R.  29.  36.  47.  —  3.  PL  steint  Hagen  4655.  Ennen  I,  51.  H,  73. 
Lac.  H,  515.  532.  HI,  442.  563.  u.  o.  Höfer  I,  9.  12.  Hü.  HI,  1075. 
Kölner  Cronica  o.  stein  Haupt  15, 373.  —  Inf.  steyn  HU.  1, 624.  —  Ptc. 
steynde  HU.  I,  542.  —  Mnd.  sind  die  2.  3.  Sg.  Prs.  steist  steit  neben 
Mast  stät  verbreitet. 

Belege  für  st  in:  2.  sg.  widerstist :  gist  Ebem.  607.  —  3.  sg.  stit 
:  git  (giht)  Schoneb.  3553.  stit  Eberb.  Urk.  876.  878  (1330).  HU.  HI, 
1115.  1125  (1339). 

Das  Streben,  sten  in  den  Präsensformen  den  Verben  mit 
Bindevocal  gleich  zu  bilden,  führte  zu  den  zerdehnten  Formen 
stehen^  die  md.  seit  dem  14.  Jh.  nachweislich  sind,  vgL  §  245. 

5353.  §  353. 

b)  Stamm  stant. 

Präsens  stände  ist  der  gebildeten  Schriftsprache  nicht 
genehm,  nur  Eonrad  Fleck  erlaubte  sich  den  Conj.  stände  im 
Reim,  Sommer  z.  Flore  998;  stände  lebte  aber  in  dem  alem. 
Dialect,  wie  Spuren  in  Schriftwerken  des  12.  Jh.  und  in  der 
alem.  Prosalitteratur  des  13.  14.  Jh.  beweisen,  AGr.  S.  324. 
Strauch  Marg.  Ebner  XCIX.  Lexer  Wb.  II,  1135.  Bairisch 
wird  es  gemieden.  Mitteldeutsch  scheint  es  selten ;  der  Conj. 
stände  findet  sich  Salm.  31,  1. 


365 

Der  Imperat.  stant  standet  dagegen   ist  neben  stä  stät  §353. 
durchaas  im  Brauch,  Mhd.  Wb.  II.  2,  567^     Sehr  selten  ist 
aber  wieder  Inf.  standen;   ich   kenne    nur  stauten  :  kanten 
Vor.  Ged.  356, 13.    verstanten  :  enplanten  348,  28  und  under- 
stenden  Basl.  Rqu.  1,  348. 

Das  Ptc.  Präs.  standende  taucht  erst  spät  auf,  AGr.  S.  324. 
Dagegen  ist  Ptc.  Pf.  Pass.  gestanden  wie  oben  erwähnt  in 
der  gebildeten  Sprache  des  13.  Jh.  sehr  beliebt. 

Das  Perf.  stuont  Cj.  stuonde  stüende  herscht  aus- 
schliesslich als  Form  der  Vergangenheit  des  Vb.  stän;  md. 
stünt  stunt  Cj.  stünde  stunde  Nbf.  stont  stonde.     Wir  finden 

md.  die  Reime 

3.  8g.  Ind.  stimt :  dünt  Erlös.  2945.  Hagen  3123.  stunt  ifrunt  Elia. 
1978.  Erl.  1261.  1593.  5200.  ijunc  Roth.  2169.  ikunt  Orend.  75.  Ulr. 
Wilh.  335.  :  munt  Ernst  D.  2659.  Nassau  155. 165.  :  gesunt  Tristr.  2717. 
besinnt :  wunt  3202.  :  gewunt  Herb.  5538.  :  verwunt  Ludw.  Kr.  3060. 
stunt :  verwunt  Orend.  140.  Ludw.  Kr.  5222.  —  3.  PL  stunden :  gebunden 
Alex.  5329.  :  stunden  bS2'^.  —  Cj.  stunde :  irvunde  Alex.  5641.  :  künde 
Herb.  195.  Ulr.  Wilh.  377.  bestünde : gunde  Tristr.  479.  bestunden: 
gebunden  Alex.  1450. 

Die  alte  Quantität  des  ü  ist  md.  durch  die  Verbindung  nt 
gefährdet,  vgl.  auch  §  140.  Wenn  aber  Wolfram  v.  Eschen- 
bach, Heinr.  v.  Türlein  und  andre  Baiern  stuont  auf  funt 
hunt  munt  pfunt  wunt,  stuonden  auf  gebunden  fanden  he- 
gunden  künden  reimen  BGr.  §  114,  und  auch  der  Alemanne 
Konrad  v.  Ammenhusen  stünt :  hunt  bindet  806,  so  ist  hier 
dialectliches  uo  für  u  vor  Liquida  und  A,  §  71,  und  eine 
mundartlich  begründete  Reimbindung  anzusetzen. 

In  Ripuarien  und  bei  md.  schreibenden  Niederdeutschen 
findet  sich  auch  aus  dem  unnasalirten  St.  stat  das  Perf.  stüty 
vgL  die  Reime  stüt :  hlüt  Annol.  527.  ;  gehüt  Eilhart  9,  109. 
stot :  göt  Roth.  1845.  hestüt :  gut  Ernst  A.  II,  32.  gestüt :  gut 
Alex.  3384.  —  Mnl.  ist  stoet  neben  stont  beliebt,  vgl.  ferner 
got.  stop.  Auch  obd.  finden  sich  Spuren  des  nasallosen  stuot 
stuoden  AGr.  S.  324.   BGr.  §  271. 


§  354. 

Präs.  i 

Pf.  ei  (e) 

PL  i 

got.  beida 

baip 

bidum 

ahd.  bitu 

beit 

bitutn 

dihu 

deh 

mhd.  bite 

beit 

biten 

schrie 

schrei  schre 

schrien 

'366 
b)  Die  ablautenden  Zeitworte  der  t- Klasse. 

Grimm  Kl.  YHI.  später  IV. 

Ptc.  P.  i 

bidans 

gäbitan 

gebiten 
geschriwen 
schriwen  schrirn  geschrirn 

dihe  deh  digen  gedigen 

Zu  dieser  Klasse  gehören  a)  biten  hizen  blichen  brisen 
hriten  vUzen  glichen  (Wolfd.  Virgin.)  glUen  glizen  grifen 
grinen  kinen  kliben  hrigen  (md.)  beliben  liehen  nigen  pfifen 
riben  riden  berinen  riten  rizen  schiben  schinen  schiten  schizen 
schrtben  schriten  sigen  slichen  slifen  sluen  smUen  splUen 
spriten  sügen  strichen  striten  swichen  swifen  swigen  swinen 
iichen  triben  tvichen  wtfen  wizen;  b)  liden  miden  niden 
riden  schiden  sniden;  c)  risen;  d)  glten  schrien  spien; 
e)  dihen  lihen  rihen  sihen  (nur  Ptc.  ge-  be-  ersigen  belegt) 
wihen  (nur  Ptc.  erwigen  nachgewiesen)  ^ihen. 

Für  den  consonantischen  Auslaut  kommt  zunächst  der 
grammatische  Wechsel  von  d  mit  t,  s  mit  r,  h  mit  g  in  den 
kurzvocalischen  Perfectformen  in  Betracht :  Abth.  b)  Uten  miten 
niten  riten  schiten  sniten  Ptc.  geliten  u.  s.  w.  §  151 ;  Abth.  c) 
rim  gerirn  §  207;  Abth.  e)  digen  gedigen  u.  s.  w.  §  221.  224. 

Was  den  kurzen  Wurzelvocal  im  Perf.  betrifft,  so  er- 
scheint md.  e  für  t  §  46.  Es  findet  sich  im  NW.  selbst  im 
Reim,  vgl.  resen :  wesen  Alex.  496  (Vor.  Ged.  195, 1).  gebleven 
:  leven  Vorbew.  40.    zur  essen  :  besessen  16^. 

Bei  den  W^urzeln  in  h  oder  in  Vocal  unterliegt  das  ei 
des  Sg.  Pf.  Abänderungen.  Im  Obd.  geht  ei  vor  h  stets  zu 
€  über,  also  Abth.  e)  deh  leh  zeh  u.  s.  w.  Die  Mitteldeutschen 
dulden  ei  vor  Ä,  zb.  gideih  Alex.  142.  hess.  Ev.  300.  leich 
Köditz  43,  27.  verzeich  Sei.  Tr.  23^  vertzeich  HU.  I,  1107, 
mit  Apocope  des  h  virlei  :  geschrei  Schachb.  302,  3.  virzei 
:  enzwei  345,  33.  In  den  vocal.  Wurzeln  mit  altem  sufßg.  w 
(Abth.  d)  stehn  ei  und  e  neben  einander  im  Brauch.  Die  Dichter 
verwenden  im  Reim  ei  und  e,  so  Wirnt  v.  Gravenberg,  Rudolf 
V.  Ems,  der  Dichter  des  Passionais  und  Väterbuchs  wie  der 


367 


von  Ludwigs  Kreuzfahrt,    oder  entscheiden    sich    für  ei,    so  §354. 
Wolfram,  Reinbot  von  Dum,  Konrad  von  Wirzburg,  oder  für  e, 
wie  Hartmann  von  Aue  und  der  Redactor  der  Nibelunge  Not. 

In  dem  Plur.  dieser  Zw.  (Abth.  d)  wirkt  das  alte  Suffix 
-w;  auf  das  i  der  Wurzel :  es  entsteht  iuw  oder  üw  aus  iw, 
wobei  Uhen  als  ursprünglich  lihwen  (got.  leihvan)  gleich  spien 
und  schrten  steht :  zb.  schriwen  schriuwen  schrüwen,  besonders 
alem.  AGr.  S.  326  und  md.,  vgl.  PI.  Pf.  schrüwen :  zunüwen 
Elis.  4709.  spüen :  müen  Pass.  H.  297, 27.  —  Cj.  Pf.  lüwe :  trüwe 
Wernh.  24,  34.  virlüwe :  trüwin  16,  27.  Ptc.  geschrüwen : 
trüwen  Wierstr.  363.  verschrüwen  :  trüwen  Marienkl.  104. 
bespüen :  getrüen  Marienl.  25, 34.  verlüwen :  getrüwen  Hagen 
4277.  In  den  bairischen  Pluralformen  schrirn  spirn  BGr.  §  268, 
wozu  sich  auch  md.  zustimmendes  findet,  vgl.  schrerin  Jerosch. 
11406  S,  erscheint  ein  Rest  sigmatischer  Aoristbildung,  vgl. 
V.  KnoT)lauch  bei  Kuhn  Z.  I,  573.  Joh.  Schmidt  ebd.  XXV,  599. 

In  jüngerer  Zeit  begann  eine  durchgreifende  Störung  der 
Ablautverhältnisse  des  Pf.,  indem  der  Vocal  des  PI.  den  des  Sg. 
verdrängte,  wobei  theilweise  auch  Dehnung  des  i  erfolgte,  vgl. 
Grimm  Gr.  18,983.  AGr. §333.  BGr.§268.  HeyseLehrb.  1,712. ff. 
Das  älteste  Beispiel  gibt  meines  wissens  blip  :  lip  Schoneb.  698. 


c)  Die  ablautenden  Zeitworte  der  t«- Klasse. 

Grimm  Kl.  IX.  später  V. 


§  355. 

Präs.  iu  ü 

Pf.  ou 

6         PI.  u 

Ptc.  0  uw 

PI.  ie 

got.  biuda 

bauß 

budum 

gabudans 

tiuha 

tduh 

taühum 

gataühans 

lüka 

lauk 

lukum 

galukans 

ahd.  fliugu 
fliogam 
hiutu 

flouc 

flugum 

gafiogan 

bot 

butum 

gabotan 

biotam 

mgu  sugam 

souc 

sugum 

gasogan 

mhd.  vliuge 

vlouc 

vlugen 

gevlogen 

vliegen 

suge  sugen 

souc 

sugen 

gesogen 

Mute  bieten 

bot 

buten 

geboten 

vriuse  wiesen 

vrös 

vrurn 

gevrorn 

ziuhe  ziehen 

zoh 

zitgen 

gezogen 

bliuwe 

blou 

blüwen 

geblüwen 

bliuwen 

bliuwen  blouwen 

•bliuwen  -blouwen 

§355. 


368 

§355.  Zu    dieser    Klasse    gehören    a)  biegen    vliegen    Hieben 

kriechen  (köln.  hriefen)  Hecken  liegen  riechen  schieben  sliefen 
smiegen  stieben  triefen;  —  b)  sieden;  —  c)  bieten  diesen 
verdrießen  vliegen  gießen  nieisen  rieben  schieben  spriesen;  — 
d)  vriesen  kiesen  Verliesen  niesen;  —  e)  vliehen,  ziehen;  — 
f)  bliuwen  briuwen  Jciuwen  niuwen  riuwen,  vielleicht  auch 
driuwen  md.  drüwen  wachsen,  vgl.  Ptc.  üfgedrouwen  FrauenL 
158, 19  (ahd.  trouuen  Diut.  1,  269*  ist  schw.  Zw.)  —  g)  lüchen 
süfen  sügen. 

Für  den  consonantischen  Auslaut  kommt  der  grammatische 
Wechsel  von  d  mit  t  (Abth.  b)  sieden  suten  §  151,  von  s 
mit  r  (Abth.  d)  vrurn  gevrorn  kurn  gekorn  verlurn  verlorn 
§  207,  von  h  mit  g  (Abth.  e)  jnugen  geisogen  §  221.  224  in 
Betracht. 

Der  Yocal  des  Präs.  iu  unterliegt  im  PI.  Ind.  (und  im 
Cj.  wie  im  Inf.  und  Ptc.  Präs.)  der  Brechung  mit  Ausname 
der  Zw.  in  -w,  welche  iu  überall  bewahren :  biute  PL  bieten 
Oj.  biete  Inf.  bieten /^io,.  bietende.  Im  Md.  dringt  schon  im 
12.  Jh.  das  streben  hervor  nach  Ausgleichung,  indem  die 
Brechung  auch  auf  die  1.  Sg.  Ind.  übertragen  wird:  biete 
grRud.  3,  9,  und  aus  dem  13.  Jh.  schiebe  :  liebe  Pass.  H^ 
281,  22. 

Die  Zw.  lüchen  süfen  sügen  haben  seit  ältester  Zeit  ein- 
faches ü  in  allen  Präsensformen,  als  Best  alter  undiphthongi- 
sirter  Länge.  Hier  kann  sich  natürlich  keine  Brechung  äussern. 

Im  Sg.  Pf.  vereinfacht  sich  ou  vor  Lingualis  und  h  zu  6: 
sot  bot  gojs  vros  vlöh  §  109.  112.  Im  Md.  finden  sich  schein- 
bar Spuren,  dass  ou  vor  h  blieb:  zouh  Alex.  6983.  6996. 
Roth.  3022.  Allein  dieses  ou  ist  nicht  der  alte  Diphthonge 
sondern  ö  mit  nachschlagendem  dunkelm  Laut,  §  113. 

Die  vocalischen  Stämme  in  -w  (Abth.  f)  behalten  im 
Sg.  Pf.  den  Diphthong  ou.  Sie  neigen  sich  dazu,  die  plurale 
Stammformel  uw  zu  dehnen  oder  auch  zu  steigern:  blüwen- 
bliuwen  blouwen,  §  125.  Diese  Formel  wirkt  selbst  auf  das 
Zw.  vliehen  ein,  welches  im  Ripuar.  statt  uh  im  Plur.  üw  ouw 
zeigt,  als  ob  der  Stammauslaut  hv  (wie  in  Wien)  gewesen 
wäre:   3.  PI.  vlüwen  Roth.  4263.    Wierstr.  328.     : schüwen 


369  . 

Hagen  919.  ivlotiwen  Kölner  Cronica  19**;  Ptc.  intflüwen:  §355. 
rüwen  Hagen  4789.  entflüwen  :  getrmven  Karlm.  128,  18. 
gevlüen  :  trüen  Marienl.  29,  12.  geflouwen  Machab.  724. 
Harff  20,  5.  Den  Gegensatz  zn  diesen  sich  ausbreitenden 
Formen  bietet  einsilbiges  vlun  (3.  PI.)  Roth.  2741,  das  aller- 
dings als  vlün  anzusetzen  sein  wird. 

In  den  kurzvocalischen  Perfectformen  dieser  Klasse  hat 
das  Md.  statt  u  das  ihm  gemässe  o,  zb.  PI.  Ind.  verlorn  : 
körn  Alex.  1015.  enboten  :  röten  995.  genozisen  :  gefloiszen 
(Ptc.)  6769.  zogen  :  hogen  Pilat.  334;  Cj.  missehote  :  böte 
Alex.  6175.    irzoge  :  herzöge  6178. 

Das  Ablautverhältnis  wird  im  Pf.  auch  in  dieser  Klasse 
später  gestört :  der  kurze  Vocal  des  PI.  drang  in  den  Sg.,  bei 
den  Zw.  mit  6  im  Sg.  aber  trat  dieses  6  in  den  Plural :  Grimm 
Gr.  12,  983.  AGr.  §  334.  BGr.  §  269.  Heyse  Lehrb.  I,  715.  f. 
Die  ältesten  Beispiele  geben  sluf:  uf  Jerosch.  16417,  slof:  of 
Frauenl.  Spr.  204,  1. 

2.  Die  früher  reduplioirenden  Elassen. 

§  356.  Eigenthümlich  den  Zeitworten,  welche  den  ehe-  §  356. 
mals  reduplioirenden  Klassen  zufallen,  ist  im  Präsensstamm 
und  im  Ptc.  Pf.  Pass.  ein  gesteigerter  Vocal  (wo,  ei,  ou  [ö]), 
femer  ä  vor  l  oder  vor  n  -\-  l  oder  n  öder  Muta,  auch  ä  in 
nasalem  Stamm.  Im  Pf.  herscht  mhd.  und  in  der  lezten  ahd. 
Zeit  ie,  in  älteren  Denkmälern  finden  sich  ia  ea  io  eo  und 
in  sehr  alten  Quellen  e.  Die  Reduplicationssilbe  hat  von  allen 
germ.  Dialecten  nur  das  Gotische  deutlich  bewahrt,  in  dem 
sich  zu  den  Präs.  halda  faha  slepa  hvopa  haita  auka  die 
Perfecta  haihald  faifah  saizlep  hvaihvöp  haihäit  aiauk  finden. 
Dem  Stamm  ward  sein  consonantischer  Anlaut  mit  einem  aus 
a  geschwächten  e  {ai),  bei  vocalischem  Anlaut  dieser  Vocal  e 
allein  vorangestellt.  Von  Consonantenverbindungen  ward  mit 
Ausname  der  festen  Verbindungen  st  sk  hv  nur  der  erste  Con- 
sonant  in  die  Eeduplicationssilbe  herübergenommen.  In  dem 
Sg.  Perf.  teta  tete  zu  tuon  ist  die  Reduplicationssilbe  te  auch 
ahd.  deutlich  erhalten,  §  362. 

Weinhold,  mittelhochd,  Gramm.  2.  Aufl.  24 


370 


§366.  Die  reduplicirenden  Verba  sind  abgeleitete   (Ad.  Moller 

Die  reduplicirenden  Verba  im  Deutschen  als  abgeleitete  Verba. 
Potsd.  1866).  Ursprünglich  ist  die  ßeduplication  allen  alten 
germ.  Zeitworten  im  Perf.  zugekommen.  Sie  schwand  aber 
bei  der  älteren  ablautenden  Abtheilung,  deren  Stammsilbe 
auch  im  Perfect  hochtonig  blieb,  und  erhielt  sich  nur  bei  den 
jüngeren  langstämmigen.  Dies  führte  zu  einer  Vorrückung 
des  Hochtons  von  dem  Stamm  auf  die  Reduplication,  wodurch 
sich  dann  eine  Schwächung  des  Vocals  der  Stammsilbe  ergab, 
die  schliesslich  die  Vernichtung  desselben  veranlasste.  An 
die  Stelle  des  kurzen  Reduplicationsvocals  trat  zum  Ersatz 
der  Zerstörung  des  Stamms  ein  langes  e,  das  auch  in  andern 
Fällen  solche  Ersatzverwendung  hat,  und  dieses  &  diphthongi- 
sirte  sich,  wie  es  auch  sonst  thut,  zu  ea  eo  ia  io  ie. 

Th.  Jacobi  Beiträge  zur  deutschen  Grammatik  55 — 64.  Scherer 
z.  Gesch.  d.  deutschen  Sprache  2.  Ausg.  279.  Sievers  in  Paul  u.  Braunes 
Beiträgen  I,  504—512.  Kluge  z.  Gesch.  d.  germ.  Conjugat.  52.  ff.  70.  ff. 
Osthoff  in  Paul-Braunes  Beitr.  Vm,  540—567.  —  Joh.  Schmidt  Voca- 
lismus  II,  444.  ff.  nimmt  für  die  reduplic.  Zw.  mit  a  ä  ai  im  Präs.  als 
Perfectvocal  e,  für  die  mit  ö  uo  au  ü  dagegen  eo,  iu  an,  wie  auch 
Scherer  GdSpr.  280.  f.  für  die  Verba  mit  innerem  6  au  ü  nicht  Tilgung, 
sondern  nur  Kürzung  des  Wurzelvocals  (fe-o,  e-u)  ansezt. 

a)  Die  reduplicirenden  Zeitworte  der  a- Klasse. 

Abtheilung  ä  vor  verstärktem  l  oder  n  oder  vor 

Gutturalnasal. 
Grimm  Kl.  I. 


§357. 


357. 

Präs.  ä 

got.  valda 
faha 

ahd.  waltu 
fähu 

mhd.  walte 
vähe 


Pf.  ie  md.  i  (e) 

vaivald 
faifdh 

wialt 
feng  fiang^ 

wielt 


Ptc.  Pf  ä 

valdans 
fahans 

gawaltan 
fangan- 

gewalten 
gevangen 


vtenc  me 

Zu  dieser  Klasse  gehören  bannen  enhlanden  vallen  valten 
halsen  halten  sahen  schalten  spalten  spannen  walken  wallen 
walten  walzen  —  vähen  hähen  —  gän:  —  ern. 

Das  Zw.  ern  Pf.  ier  Ptc.  gearn  gehörte  ursprünglich 
schwerlich  hierher.     Das  Präsens  weist  auf  einen  Stamm  arja ; 


371 

der  Grund  des  Übertritts  zu  den  reduplicirenden  ist  dunkel.  §357. 
Vgl.  Kluge  z.  Gesch.  d.  germ.  Conjug.  85.  137. 

In  2.  3.  8g.  Ind.  Frs.  dieser  Klasse  äussert  sich  nicht 
«elten  Umlaut,  vgl.  §  368. 

In  den  Zw.  vähen  hähen,  deren  ä  zweifellos  ist,  schwand 
im  Präs.  der  Nasal,  ebenso  in  der  Perfectform  vie(h)  hie(h). 
Die  volle  nasalirte  Stammform  herscht  im  PL  Pf.,  im  Cj.  Pf. 
und  im  Ptc.  Pf.  Ps. :  viengen  vienge  gevangen,  Mengen  Menge 
gehangen.  Übrigens  dauern  auch  mhd.  die  ahd.  allein  vor- 
handenen vollen  Formen  vienc  Menc  fort,  md.  ving  hing,  im 
ßother  fenc  fengen,  mit  kurzem  i  oder  e,  wozu  altn.  feng, 
geng  zu  vergleichen  sind.  Wolfram  braucht  nur  vienc  hienc, 
nie  vie  hie  im  Reim.  Kürzung  des  ie  zu  i  in  vinc  erweist 
für  ihn  der  Reim  enpfinc :  sine  Lieder  4,  40.  Vgl.  ginc  = 
gienc  weiter  unten.  Md.  sind  die  einsilbigen  zusammen- 
gezogenen Formen  van  väst  vät  gevän  beliebt. 

Zu  dieser  Kl.  gehört  auch  gän  gangen,  das  Seiten- 
stück zu  stän  standen.  Im  Präs.  ist  die  erweiterte  Stamm- 
form gange,  die  zu  got.  gaggan  stimmt,  nicht  geschwunden, 
wenn  sie  auch  seltener  und  mehr  dialectlich  (alem.)  beliebt 
ist,  als  gän,  Ahd.  steht  gangan  gleichfalls  neben  gän;  im 
Perf.  findet  sich  ahd.  nur  genc  Jceanc  gianc  gienc,  kein  gie, 
das  eine  jüngere  nach  vie  hie  gemachte  Form  ist. 

Mhd.  finden  sich  1)  von  gä  folgende  Formen :  im  Präs. 
mit  unmittelbarem  Anschluss  der  Endungen  an  den  Stamm: 
Ind.  1.  Sg.  gän,  gen,  Cj.  (gä)  ge,  Imp.  gä  ge,  PL  gät  get, 
Inf.  gän  gen,  Ptc.  gände  gende,  Ptc.  Pf.  P.  gegän,  selten 
gegen  (Vorauer  Ged.  249,  20.  Herb.  12544.  thüring.  er  gen : 
gesehen  Ebern.  622.  missegen :  gesehen  Kath.  sp.  165.  bigen 
Mülh.  R.  47).  —  Die  jüngere,  erst  im  Beginn  der  mhd.  Zeit 
anhebende  Perfectform  ist  gie,  gegen  welche  sich  im  allge- 
meinen obd.  und  md.  Abneigung  äussert  und  die  nach  dem 
15.  Jh.  wieder  erlischt.  Im  Rother  steht  gie  im  Reim  {:hie 
3949.  :  lie  2369,  so  zu  bessern),  auch  im  Orendel  wird  gie 
im  Reim  gebraucht,  Heinr.  von  Morungen  reimt  es  auf  enpfie 
(MF.  125,  25),  im  Alexander  findet  sich  sogar  der  Plur.  gien  : 
hesien  1042  gereimt;    dazu  gehören   auch   mit  Einschiebung 

24* 


372 

§357.  eines  dieeretischen  h  oder  ^  die  Formen  gihen :  jsihen  Alex. 
210.  :  geflihm  121.  giegen  Leys.  Pr.  18,  25  (obd.  Hs.) 
gigen  Vor.  Ged.  150,  18.  191,  19.  Cj.  Pf.  giege  Mone  Z. 
15,  212.  Eine  2.  PL  gmt  erscheint  in  dem  Ged.  von  d.  Tag- 
zeiten 1232.  Es  ergibt  sich  also,  dass  gie  selbst  mit  Plural- 
und  Conjunctivformen  im  12.  Jh.  nach  Entwickelung  strebt^ 
und  dass  Mitteldeutschland  auch  für  diese  abnormen  Formen 
empfanglicher  Boden  war.  Aber  auch  die  Oberdeutschen  des 
13.  Jh.  bedienen  sich  der  bequemen  Reimform  gie  häufig 
genug,  und  der  Steirer  Otacker  wagt  c.  439  selbst  eine  2.  Sg^ 
du  gie  (:  die)  im  Reim,  ebenso  wie  Gundach.  634  eine  2.  Sg* 
enphie,  —  Neben  gän  steht  die  Nebenf.  gen,  worüber  im 
allgemeinen  schon  §  352  gesprochen  ist.  Abzulehnen  ist,  dass 
g^n  wesentlich  md.,  gän  wesentlich  obd.  sei.  Der  Friedberger 
Krist  hat  gän  und  gen,  ebenso  Lamprechts  Alexander  und 
das  mittelfränk.  Legendär.  Im  Rudolf  werden  beide  Formen 
im  Reim  verwant  (W.  Grimms  Ausg.  S.  9j,  im  Rother  und 
Athis  herschen  die  a- Formen,  im  Orendel  werden  sie  im 
Reim  gebraucht,  im  Salm  an  wird  gän  im  Reim  dem  gen  vor- 
gezogen, in  Hartmanns  Glauben  stehn  3  a-  3  ^-  3  ei^Yormen. 
Herbort  bevorzugt  entschieden  gä'n,  stän,  der  Dichter  der 
Erlösung  ebenfalls,  nicht  minder  Heinrich  von  Erolwitz  und 
der  livländische  Reimkronist.  Im  Passional  finden  sich  viele 
gän  stän  u.  s.  w.  im  Beim.  Der  Dichter  von  Ludwigs  Kreuz- 
fahrt braucht  die  a-  und  ^-Formen.  Abneigung  waltet  im 
allgemeinen  gegen  den  Conj.  gä,  der  indessen  bairisch  selbst 
im  Reim  öfter  erscheint,  BGr.  §  274.  Beachtenswert  wegen 
Apocope  des  n  ist  1.  8g.  Ind.  ge  Roth.  1934,  in  Ulrichs 
V.  Eschenbach  Wilhelm  im  Reim  auf  e  1775 ;  ferner  der  Inf. 
gä  :  domicilia  Glaub.  400,  ge  :  e  466. 

Die  Form  gein  ist  wesentlich  md.  (bairische  aber  viel- 
leicht entlehnte  Belege  BGr.  §  274,  jüngere  alem.  AGr.  S.  330) ; 
in  ripuar.  Denkmälern  ist  sie  besonders  häufig,  lässt  sich 
jedoch  auch  am  Mittelrhein  so  wie  in  Ostfranken  und  Thü- 
'  ringen  nachweisen.  Bei  Wernher  v.  Niederrhein  herscht  geit 
in  3.  Sg.  (16  mal  im  Reim),  es  stehn  hier  ferner  4  gän  gegen 
1  gin  und  1  gein. 


373 

2.  Sg.  Ind.  geia  geist  Muskatbl.  XVII.  71, 116.  —  3.  Sg.  geit  Friedb.  §  357. 
Xr.  A.  1,  11.  Annol.  586.  Ernst  A.  I,  55.  Hü.  I,  540.  m,  S.  71.  Anm. 
Henneb.  U.  11,  49.  —  Im  Eeim  :  arbeit  Arast.  Ml.  2.  :  barmhercicheit 
Marienl.  57,  26.  ;  deit  Wemh.  30,  21.  57,  12.  :  edelcheit  Marienl.  57,  26. 
:ktmdicheit  Alex.  222.  :idüch€it  Wehih.  36,  9.  :leit  Marienl.  30,  29. 
7  ötmüdicheit  Wemh.  48,  23.  :  sneit  Marienl.  22,  19.  :  stedicheit  Wemh. 
37,  30.  ;  wisheit  Alex.  216.  bigeit :  drivddicheit  Wemh.  48,  15.  irgeit 
:  Sicherheit  Wemh.  25,  5.  tirnbegeit  :  bebreit  Glauben  115.  zügeit  : 
Medicheit  Wemh.  30,  13.  :  wisheit  Glaub.  427.  433.  —  3.  PL  geint 
Koth.  3164.  —  Cj.  3.  Sg.  gey  Mülh,  K.  61.  —  Inf.  gein  Spiegelb. 
266,  30.  273,  10.  ubirgein  Haupt  15,  385.  gey  Mtilh.  K.  54.  —  Rc.  Pf. 
virgein  Mülh.  R.  37. 

Die  Qualität  dieses  ei  deutet  der  Reim  geit  :  schinit 
Annol.  585  an.  Auf  ei  weisen  auch  die  Nebenformen  in  ie, 
■die  im  mfrk.  Legendär  schon  auftreten,  vgl.  gien:  gesien  81. 
Ebenso  \%i  gien  zu  setzen  im  Reim  zu  gesien  107.  121.  289. 
,•  geschien  273,  ferner  giende :  gesiende  686.  Dennoch  scheint 
dieses  ei  =  ie,  d.  i.  Zerdehnungsdiphthong,  eine  jüngere  Ände- 
rung des  Contractionsdiphthongs  ei  zu  sein,  der  auf  gäja 
{urg^rm.  gheja)  als  Nebenform  zu  gä  führt  (Möller  in  P.-Br. 
Beiträgen  VII,  469).  Vgl.  deis  deit  §  362.  Vergleiche  ferner 
Inf.  gien:zien  Schoneb.  3680  und  Ennen  II,  378  (1258)  — 
Part.  Prs.  gient  HU.  I,  816.  —  3.  Sg.  giet :  ziet  Schoneb.  4436. 
git  Hü.  I,  754  (1335).    3.  PI.  Cj.  gyn  Eberbach  878  (1330). 

2)  Von  St.  gang  ist  das  Prs.  gange  alem.  besonders 
beliebt,  AGr.  S.  331,  bair.  und  md.  weniger;  Conj.  gange 
genge.  Der  Imp.  ganc  mit  den  Nebenf.  genc  und  ginc  (in 
Vorauer  Ged.  123,  4.  Windb.  Ps.  7,  8  geinc)  ist  alem.  wie 
bair.  stark  im  Brauch,  AGr.  S.  331.  BGr.  8.  285.  Der  Imp. 
ganc  kommt  auch  md.  vor,  im  Reim  auf  lanc  Väterb.  1721. 
;  twanc  Pass.  H.  144,  74.  Vgl.  ferner  Stolle  MSH.  10*.  Pass. 
H.  138,  93.  Trebn.  Ps.  44,  5.  142,  2.  geng  erscheint  md. 
ebenfalls,  zb.  Jungfr.  sp.  180.  Kath.  sp.  160.  163.  166.  — 
Inf.  gangen  gengen  ist  alterthümlich  und  selten  (gengen  Vor- 
auer Ged.  32,  20.  234,  25).  —  Das  Perf.  gienc  giengen  ist 
die  herschende  obd.  alte  Perfectform  des  Zw.,  auf  deren 
Kürzung  manche  Spuren  deuten,  vgl.  ginc  Lamprechter  Brevier 
(Haupt  Z.  XX,  137),  gingen':  dingen  Lampr.  Franc.  1471, 
vgl.  auch  BGr.  S.  286.     Md.  ist  ginc  gingen  herschend,  vgl. 


374 

§  357.  Reimbelege  dafür  §  134.  Im  Rother  steht  auch  geng,  geengen 
(242) ;  ebenso  kommen  alem.  bair.  im  14.  15.  Jh.  genc  gengen 
vor  (AGr.  8.  330.  BGr.  S.  286),  dazu  die  Nebenformen  geinc 
geingen  in  Denkmälern  des  11.  12.  Jh.,  BGr.  S.  286.  Aus 
der  gutturalnasalen  Bedeutung  des  n  in  vulgärer  Schrift  erklärt 
sich  gien  gin  in  bair.  Schriften,  BGr.  a.  a.  0.  Dazu  stimmt 
auch  gin  Roth.  1557. 1942.  Entartete  Form  ist  gung  Heldenb, 
(Keller)  613, 32.  güng  Uhland  Volksl.  185,  30.  ~  Ptc.  gangen 
(grob  mundartl.  gang)  gegangen  ist  häufig. 

In  den  zusammengesezten  Formen  wird  das  Ptc.  Pf.  P. 
gewöhnlich  mit  sein  verbunden:  bin  was  gangen  oder  gegän. 
Mit  haben  verbunden  kommt  es  obd.  sehr  selten  vor  (MSH» 
I,  112"^),  md.  öfter,  Lexer  Wb.  I,  734. 


§358. 


358. 

Präs.  ä 

Pf.  ie 

got.  slepa 
reda 

saizlep 
rairdp 

ahd.  rätu 

riat 

TTihd.  rate 

riet 

Abtheilung  ä  (got.  e)  im  Stamme. 

Grimm  Kl.  IV. 

Ptc.  ä 

slepans 
redans 

garätan 

geraten 

Zu  dieser  Kl.  gehören  bägen  blasen  braten  lassen  raten 
släfen  verwaisen. 

Zu  bemerken  ist  der  Umlaut,  der  in  2.  3.  Sg.  Ind.  Prs. 
beliebt  wird,  zb.  rUis  Roth.  1549,  gemeinmhd.  rcetes  rcet, 
slcefes  slcefet  vgl.  §  368.  —  Md.  ist  der  Perfectvocal  gewöhn- 
lich i,  auch  e  {Uzin  Roth.  1296). 

Dem  Zw.  läisen  eigen  sind  einsilbige  durch  Apo-  und 
Syncope  des  ;8^  karacterisirte  Formen.  Im  Ahd.  zeigen  sich 
erst  einzelne  lä  (Imp.)  lie  (Pf.) ;  mhd.  sind  die  Formen  beliebt : 
Prs.  Ind.  Sg.  län  last  (las)  lät  (mit  Umlaut  Icesty  Icet,  lezteres 
im  Parz. ;  femer  beim  Stricker  und  Teichner  häufig),  Plur. 
län  lät  länt,  3.  Sg.  Conj.  lä  MF.  167,  20  (Reimar);  3.  PL 
län  Erec  7636  im  Reim  auf  bestän,  ausser  Reim  län  MF. 
118,  17  nach  Haupts  Besserung.  —  Imp.  lä  (mit  gutturalem 
Nachschlag  läh  MSC.  2,  98^  lach  ebd.  1,  13^  89^  167».  188^ 
2,  190^),  2.  PI.  lätj  Inf.  län;  Pf.  lie,  im  PI.  (dem  gien  zu  gie 


375 

entsprechend)  zuweilen  lien  Virg.  396,  6.  Sigen.  38, 10.  verlien  §  358. 
Ecke  105,  2.     Das  Ptc.  län  gelän.     Die  1.  Sg.  Präs.  Ind.  län 
ist  nach   ich  gän  stän  gebildet,   und  wird  unbedenklich  im 
Eeim  gebraucht,  vgl.  Haupt  z.  Erec  9348.     Die  1.  Sg.  Ind. 
lä  braucht  Heinr.  vom  Türlein  im  Reim,  vergl.  ebendaselbst. 

Abtheilung  uo  im  Stamme. 

Grimm  Kl.  m. 
§  359.  §359. 

Präs.  uo  Pf.  ie  Ptc.  uo 

mhd.  riwfe  rief  geruofen 

Ausserdem  ist  mhd.  das  Pf.  wiefen  zu  wuofen  belegt.  Im 
Pf.  steht  auch  hier  md.  i,  im  Rother  i  rrefen  4096,  vgl.  §  135. 

ruofen  und  wuofen  sind  in  schw.  Formen  mhd.  schon 
beliebter.  Die  Klasse  ist  im  absterben:  got.  ist  nur  hvopan 
(Pf.  hvaihvop)  sicher  hierher  zu  stellen ;  ahd.  gehört  plozan 
hierher,  ferner  hwuofan,  hruofan,  die  von  schwachen  Formen 
begleitet  werden,  und  nach  dem  Ptc.  farfluahhan  auch  fluochan 
ursprünglich,  dessen  Formen  sich  freilich  im  übrigen  nach 
der  2.  schw.  Kl.  (fluochon)  richten. 

b)  Die  reduplicirenden  Zeitworte  der  i- Klasse. 

Grimm  Kl.  11. 
§  360.  §360. 

Präs.  ei  Pf.  ie  Ptc.  ei 

got.  haita  haihait  haitans 

ahd.  ?heizu  hiaz  heaz  gdhaizan 

mhd.  heize  hiez  geheizen 

Es  gehören  hierher  heijsen  leichen  (nur  Ptc.  geleichen 
ist  mhd.  bezeugt)  met^en  scheiden  sweifen  j^feisen. 

eischen  (seit  13.  Jh.  auch  heischen  mit  prothet.  h)  ist 
gleich  seinem  Compos.  vereischen,  gewöhnlich  vreischen,  eigent- 
lich ein  schw.  Zw.  2.  Kl.  (ahd.  eiscon).  Mhd.  steht  aber 
neben  dem  noch  gebrauchten  schw.  Pf.  ein  st.  Perf.  iesch 
vriesch  gevriesch,  so  bei  Fr.  v.  Husen,  Herbort,  in  der  Klage, 
in  der  Nibel.  Not,  bei  Wolfram,  Walther,  Konrad  v.  Fusses- 
brunnen.  Das  st.  Ptc.  geeischen  ist  erst  einmal  nachgewiesen 
Mon.  Zoller.  IV,  156. 


376 

§  360.  Neben  hiej^  ward  nach  Analogre  von  He  für  liejsf  vereinzelt 

ein  hie  gewagt,  vgl.  Kaiskr.  13471  Heidelb.  Hs.  (81*).  Im 
Ftc.  zeigt  sich  md.  seit  12.  Jh.  ein  den  ablaut.  Ptc.  nach- 
gebildetes geM^en,  lang  auf  gemzen  gereimt  Glauben  1115, 
richtiger  kurz  gehiezen  Hü.  I,  550  (1366),  welche  Form  sich 
in  Mitteldeutschknd  bleibend  festsezte  und  heute  auch  bei 
hochdeutsch  redenden  Niederdeutschen  (zb.  in  Holstein)  Regel 
ist.  Eine  gleiche  falsche  Analogiebildung  ist  das  Ptc.  geschiden 
Trierer  Spiegelb.  270,  2. 

Md.  Perfectvocal  ist  t,  seltener  et ;  Entartung  tritt  später 
in  huz  Köditz  C.  35,  16  (höfs  hess.  Weihnachtsp.  527)  auf, 
dem  gung  §  357  vergleichbar. 


§361. 


Präs.  oUf  6 

Pf.  ie  (iu) 

got.  auka 

aiauk 

ahd.  hloufu 
stözu 

hliof 
stioz 

mhd.  loufe 
houwe 
stöze 

lief  liuf 
hie  hiu 
stiez 

c)  Die  reduplicirenden  Zeitworte  der  w- Klasse. 

Grimm  Kl.  IH*. 

Ptc.  OU,  0 

aukans 

hloufan 
stözan 

geloufen 

gehoHwen 

gestözen 

Es  gehören  nur  noch  wenig  Zw.  hierher:  loufen  houwen 
houwen  (nur  im  Ptc.  Pf.  P.,  die  übrigen  Formen  sind  schwach) 
—  schroten  stozen  {ö  aus  ou  vor  Lingualis  §  109). 

Bei  houwen  zeigt  sich  Einfluss  des  ic;  auf  den  Perfect- 
vocal, indem  ie  oft  zu  iu  oder  eu  wird:  hiu  (selbst  hiuw) 
PI.  hiwen  hiuwen,  auch  hewen,  Cj.  heuwe  AGr.  §  337.  BGr. 
§  277;  auch  md.  hiu  Alex.  1614.  2489.  2796.  Karl  B.  16.  23. 
hiwen  :  lewen  Alex.  4838.  hewin  Hagen  2516.  Aus  hiew 
ward  nhd.  hieb.  Die  labiale  Fricativa  f  wirkt  ebenso :  für 
lief  liefen  erscheint  liuf  Hufen,  grobösterr.  leuf  AGr.  BGr. 
a.  a.  0. 

Auch  in  dieser  Klasse*  ist  md.  der  Perfectdiphthong  ge- 
wöhnlich zu  i  monophthongisirt ;  selbst  e  kommt  vor  (=  ie), 
vgl.  stez  Rother  1636,  stezen  201.    §  135. 

Die  allmählige  Zersetzung  dieser  Klasse  bezeugt  sich 
durch  überschwanken  in  die  ablautende  u-Klasse :  zu  houwen 


377 

findet  sich  die  Nbf.  hiuwen  {:niuwen)  MSH.  3,  197^  Pf.  hou,  §361. 
und  zu  loufen  das  Ptc.  geloffen  geluffen  gewöhnlich,  ausser- 
dem kommt  vor  Cj.  Pt.  lufe,  im  15.  Jh.  selbst  Ind.  Perf.  luf, 
Tgl.  AGrr.  BGr.  a.  a.  0. 

Zu  den  Ptc.  gehouwen  gebouwen  finden  sich  ferner  die 
!Nbf.  gehüwen  gehüwen,  vgl.  dazu  den  ähnlichen  Vorgang  in 
den  ablau t.  Zw.  der  w-Kl.  mit  suffigirtem  w  §  355. 

3.  Die  Zeitworte  tuon  und  stn. 

§  362.  Die  Zeitworte  tuon  und  sm  mischten  ihre  Tempus-  §  362. 
formen  aus  v-erschiedenen  Stämmen.  Mit  stän  und  gdn  hat 
tuon  den  unmittelbaren  Anschluss  der  Präsensendungen  an 
den  Stamm  gemein;  bei  sein  geschah  es  nur  in  den  aus  hü 
abgeleiteten  Formen  und  wahrscheinlich  auch  nur  scheinbar. 
In  der  1.  Prs.  Sg.  Ind.  haben  die  vier  Verba  die  Personal- 
endung n  (alt  m  =  mi)  erhalten. 

K,  tuon. 

Die  Formen  dieses  Zw.  sind  aus  den  Wurzeln  da  und 
dad  gemischt. 

a)  W.  da  (dhä) 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  tuon         2.  tuos           3.  titot 

md.  dün               düst  deist       düt  deit 

PL  1.  tuon         2.  tuot            3.  tuont 

md.  dün               düt                 dünt 

Conj.  Sg.  1.  tuo  tüeje  2.  tuos  tüejes  u.  s.  w. 

md.  du 
Imp.  Sg.  2.  tuo    PI.  tuon  tuot    Inf.  tuon    Ptc.  tuonde 

md.       du  düt             dün 

Perf.  Ind.  Sg.  1.  3.  tete  tet 

md.  tede  dede 

Ptc.  tan  getan  md.  gedän. 

b)  W.  dad 
Perf.  Sg.  2.  täte 

PI.  taten  tätet  täten 
md.  däden 

Conj.  t(ßte  -es  -e    PI.  taten  -et  -en, 
md.  dede  däde. 
Im  Prs.  ist  uo  der  herschende  obd.  Vocal,  daneben 
vulgär  ue;  md.  ist  ü  der  gewöhnliche  Vocal.     Daneben  kommt 
mittelfränkisch  6  vor ;  man  vergleiche  die  Reime  bei  Veldeke : 


378 

§  362.  Inf.  doen  :  8on  En.   764.   3622.   3784.   7815.    11222.     :  toe  2164. 

;  Tumum  9788.  11078.  —  2.  Sg.  Ind.  does  :  moest  2781.  —  3.  Sg.  doet 
:go€t  En.  9946.  :mo€t :  froet :  goet  MF.  60,  21.  61,  29.  —  2.  PI.  düt 
:  goet  En.  4261.  —  1.  Cj.  doe  :  toe  En.  2288.  —  3.  Cj.  doe :  toe  En.  4964. 
—  Imp.  2.  Sg.  doe :  toe  En.  4981. 

Vgl.  ferner  im  Rother  Inf.  don  :  Ion  4120.  :  stol  105; 
Imp.  tho  Roth.  1466;  2.  Sg.  Ind.  thos  263;  PI.  Ind.  L  tö  wir 
Roth.  502 ;  im  mittelfränk.  Legendär  1.  PL  Ind.  dö  wir  433, 
3.  PI.  Ind.  don  438.  In  den  Hss.  und  ürk.  des  14.  15.  Jh.  wird 
meist  Oßf  oi  dafür  geschrieben.  Schwanken  zwischen  6  und 
ü  deutet  b  ou  an,  vgl.  dbn:zb  Roth.  115.  toim  ich  Iw.  A, 
2409.  3622.    doun  ih  4260.    Vgl.  §  140.  ff. 

Eine  andere  in  Ripuarien  verbreitete  Form  der  2.  3.  Sg. 

Prs.  Ind.  ist  deis  deit,   welche   dem   steis  steit,  geis  gdt 

analog   lautet  und   durch  Zusammenziehung   aus  däjis   däjit 

(urgerm.  dhejesi  dMjeti),  einer  zweiten  Präsensform  von  dhäy 

entstund  (Möller  in  Paul-Braune  Beitr.  VII,  469). 

2.  Sg.  deis.-weiz  mastr.  Ostersp.  1196.  —  3.  deit :  bamihercicTwit 
Haupt  Z.  I.  38,  133.  '  :higeit  Wemh.*  30,  22.  Ostersp.  562.  :girheit 
Wemh.  39, 34.  :jämerkeit  21,16,  ;  Zci*  Hagen  40.  1620.  2446.  :  gemeit 
Karlm.  32,  41.  :  gereit  Hagen  2036.  Karlm.  325,  17.  :  Sicherheit  Hagen 
1522.  isleit  Wemh.  11,  16.  :  stediclieit  Morant  280.  :  steit  Wemh. 
39,  28.  .'Streit  Hagen  4973.  : süzicheit  Marienl.  10,  6.  luoerdicheit 
Marienl.  53,  27.  Vgl.  ferner  u.  a.  Ennen  I,  16.  27.  u.  ö.  Lac.  IH,  301. 
506.  516,  Karlm.  durchaus,  Loersch  Ach.  Equ.  52.  97;  im  Vorauer 
Alexander  deit :  reit  198,  2.  218,  8.  :  smächeit  194,  22.  :  steit  186,  14. 
191,  7.  214,  10.  im  Amst.  Ml.  2,  8  deit.  Neben  diesen  Formen  mit  et 
kommen  in  unserm  Gebiet  die  in  o  (uo,  ü)  überall  vor.  So  braucht 
Hagen  düt  und  deit  neben  einander.  Im  Mnl.  überwiegt  doet  stark  das 
deit;   mnd.  sind  deist  deit  die  vorwaltenden  Formen  in  2.  3.  Sg.  Ind. 

Folgendes  ist  noch  zu  bemerken.  Die  1.  Sg.  Prs.  Ind. 
geht  in  n  (=  m)  aus;  wie  bei  gän  stän  bin  ist  das  alte 
Personalsuffix  nii  darin  erhalten.  Indessen  tritt  seit  Ende 
des  12.  Jh.  flexionsloses  tiu>  selbst  im  Eeim  bei  Uartmann 
V.  Aue  daneben  auf:  AG-r.  S.  355.  BGr.  §  302.  Lachmann  zu 
Iw.  2112.  Haupt  z.  Erec  4968.  Auch  md.  begegnet  es,  zb.  tu 
Secund.  330.  tu :  nü  Tristr.  656.  :  so  7097.  :  m  8811.  9173. 
tuo :  zuo  HTrist.  4298.  —  Für  3.  PI.  Ind.  erscheint  Apocope 
des  t  schon  in  tux>n  Ath.  F.  95. 


379 

Im  CoBJ.  ist  alem.  eine  erweiterte  Form  tuoje  tüeje,  §362. 
tueje,  ttiewe  nicht  unbeliebt,  A6r.  S.  356.  Überhaupt  hatte 
die  Volkssprache  entschiedene  Abneigung  gegen  die  vom  ge- 
wöhnlichen Schema  abweichende  unvocalische  Anfügung  der 
Personalendung  und  sie  bildete  daher  früh  regelmässig  schei- 
nende Nebenformen :  ahd.  Inf.  toen  tuoen,  mhd.  tuoen  tuogen 
{tuohen  Henneb.  TJ.  II,  123.  tuhen  Schoneb.  7025).  tuonen 
(Lexer  Wb.  II,  1575),  md.  düin  düen. 

In  der  Redensart  waz  du  tuo  kommt  scheinbar  die 
2.  Sg.  Conj.  flexionslos  vor:  im  Reim  : fruo  Wolfd.  276,  1^ 
353,  3.  ;  nüo  Ernst  D.  5294.  ;  schuo  Ulr.  Wilh.  446.  :  mo 
Kaiserkr.  1290.  Wernh.  Mar.  185,  37.  Hartm.  B.  1,  737. 
Trist.  3364.  Gudr.  149,  2.  Dietr.  Fl.  2951.  Engelh.  343.  4232. 
Eracl.  5294.  Colocz.  Cod.  121,  151.  Ulr.  Wilh.  2322.  4810. 
Earlm.  446,  8.  Indessen  ist  hier  eine  eigenthümliche  Ver- 
wendung der  2.  Imp.  in  abhängigen  Sätzen  anzunehmen,  der 
sich  aus  dem  Griech.  und  aus  dem  Deutschen  gleiches  zur 
Seite  stellt:  J.  Grimm  Gr.  IV,  85.  bei  Kuhn  Z.  1,  144. 
kl.  Schrift.  1,  316.  Fr.  Dietrich  bei  Haupt  13,  137.  f.  Scherer 
GdSpr.  (2.  A.)  305.    Erdmann  Syntax  Otfrieds  I.  §  18. 

Der  Inf.  erscheint  md.  zuweilen  mit  Apocope  des  n, 
zb.  frü  :  tu  Secund.  42.  Kath.  162.  tu  :  nü  livl.  Kr.  2888. 
tu :  zu  Alex.  3554.  Secund.  144.  32L  347.  Wartburgkr.  54,  5, 
Md.  Ged.  93,  304.  getü:nü  Md.  Ged.  94,  364.  :m  Alex. 
2623.  2974.  Rolandl.  7,  12.  z^ :  t^  tr.  Silv.  198.  tu,  getue 
Henneb.  U.  I,  57.  —  Eine  bairische  junge  Form  des  Inf.  ist 
tan,  grob  mundartlich  tain  BGr.  §  301. 

Das  Ptc.  Prs.  lautet  tuonde,  md.  dünde  donde.  (Die 
von  Sommer  Flore  7886  gebrauchte  umlautende  Form  tuende 
ist  schwerlich  richtig ;  der  Conj.  stüende  gibt  keinen  Beweis,, 
da  stuonde  zu  schreiben  sein  wird;  der  Conj.  Frs.  tüeje  hat 
nichts  mit  dem  Ftc.  zu  thun.) 

Im  Ptc.  Pf.  P.  tan  getan  blieb  der  alte  Wurzel vocal 
erhalten.  Obd.  mundartliche  Nebenformen  sind  ton  und  tun 
AGr.  S.  357,  BGr.  §  301.  Im  Md.  Nd.  hat  der  Steigerungs- 
vocal  6  uo  der  Präsensformen  das  ä  zum  Theil  verdrängt: 
im  14.  15.  Jh.  ist  gedon  md.  häufig,  zb.  getön  Böhmer  608.  725. 


380 

§362.  Myst.  I.  101,  16.  137,  18.  u.  o.  gedoen  Loersch  Aohen.  Rqu. 
106.  gedoin  Sei.  Tr.  72.  80.  172.  Kölner  Cronica  o.  (heute 
köln.  gedo",  gedonn),  vgl.  auch  das  altsächs.  Ptc.  gidtmn. 
Für  getan  wird  md.  (mrhein.  nrhein.)  nicht  selten  gedain 
geschrieben,  zb.  HU.  I,  623.  Ill,  624.  1152.  Höfer  II,  112. 
Lac.  II,  434.  744.  III,  172.  Ennen  I,  348.  Loersch  Rqu.  53. 
Sei.  Tr.  132^  171*.    Kölner  Cronica  54.  u.  ö. 

Per  f.  1.  3.  Sg.  Ind.  ist  durch  die  Wurzelsilbe  ta  mit 
vorgesezter  Reduplication  te  gebildet;  sie  lautet  ahd.  teta 
mhd.  tete.  Die  apocopirte  Form  tet  gilt  wesentlich  für  die 
3.  Pers.,  in  der  1.  erlauben  sich  manche  Dichter  nur  tete, 
nie  tet.  Übrigens  ist  tete  auch  für  die  3.  die  volle  Form; 
Konrad  Fleck  braucht  tete  6  mal,  tet  1  mal  im  Reim,  Sommer 
z.  Flore  477.  Eine  md.  Nebenform  teit  steht  zb.  Haupt  15, 
379.    geteit  376.  402. 

Die  übrigen  Formen  des  Pf.  Ind.  und  Conj.  sind  der 
W.  dad  entlehnt  und  auf  ein  anzusetzendes  ablaut.  Zw.  tetan 
zurückzuführen.  Für  die  2.  Sg.  Ind.  täte  erscheint  md.  auch 
tätes  Roth.  333.  thädis  1992;  mit  conj.  Umlaut  dedes  mfrk. 
Legend.  160.   tetis  Trebn.  Ps.  38,  10.  12.  49,  21.  51,  4.  u.ö. 

Eine  Eigenthümlichkeit  der  Haupthandschrifben  des  Wolf- 
ramschen Parzival  ist  die  conjunctivische  Form  taeten  für  den 
indicativen  Plur.  täten:  Parz.  17,  3.  82,  5,  wozu  die  indica-       v. 
tiven  Formen  ncemen  ebd.  18,  2.  wceren  34,  26.  56, 13.  183, 19. 
,  wceret  166,  7.    hrcehten  25,  19   Seitenstücke  sind.     Da  sich 

V  r   y        auch  bei  Lampr.  v.  Regensburg  Syon  1402  tceten  auf  rtsten 


I 


gereimt  findet,  so  zeigt  sich  hier  nicht  bloss  eine  Wolframsche 
Eigenheit.  Das  obd.  (bair.  und  alem.)  hcete  (Indic.)  deutet 
weiter  darauf,  dass  a  in  den  Indicativen  zum  Umlaut  Neigung 
hatte,  vgl.  §  394. 

Der  Unterschied  der  Perfectformen  erschien  übrigens 
allmählich  anstössig  und  man  bildete  nach  tete  die  Pluralformen 
ieten,  die  schon  Otacker  und  Lutwin  im  Reim  brauchten, 
BGr.  §  301,  heten  :  teten  Lutw.  3025.  Ripuar.  deden  (:  ge- 
treden  Vorbew.  16**)  ist  im  15.  Jh.  häufig.  Ein  conjuncti- 
visches  tete  kommt  schon  im  13.  Jh.  vor,  AGr.  S.  355.  357. 
—    Die   umgekehrte   Ausgleichung    durch    Übertragung    der 


381 


Pluralform   auf  den  Sg.  erscheint  meines  wissens  zuerst  bei  §362. 
Jeroschin,  vgl.  tat :  gesät  20364.     Aus  dem  14.  Jh.  gibt  that 
Trebn.  Ps.  77,  12  Zeugnis,    (tat  Ulr.  Wilh.  4780  ist  schwer- 
lich gerechtfertigt.) 

B.  sin,  Wesen. 

§  363.     Bas  Zeitwort  sein   bildet  hochd.   seine  Formen  §363. 
aus  drei  Wurzeln :  die  Präsensformen  aus  bü  und  as,  aushilfs- 
weise aus  was,  die  Perfectformen  allein  aus  was. 


W.  bü 

Prs.  Ind.  Sg.  1.  hin  (ben  hon) 
2.  bist  bis 


W.  as 


W.  was 


PI.  1.  bim  bin 
2.  hirt  hint 

Conj.         — 


2.  PL  Sit 
sin 
sinde 


3.  ist 

{sin  sint) 

(sit  sint  sin) 
3.  sint  (sin) 

1.  si  sie  sige  wSse 

2.  sis  siges 

3.  si  sie  sige 
PL  1.  sin  sien 

2.  sit 

3.  sin  siefi 

—  wis 

weset 
wesen 
wesende 

—  Sg.  1.  2.  3.  was  wäre  was 
PL  1.  2.  3.  wären  wäret  wären 

—  wcere  -es  -e 

waren  -et  -en 

gesin  gewesen  gewest 

Die  Formen  aus  der  W.  bü  (skr.  bhü  gr.  q/v  lat.  fu) 
sind  ahd.  bereits  in  Trümmern,  mehr  davon  hat  das  ags. 
erhalten.  Die  1.  Sg.  Ind.  bin  ahd.  pim  ist  aus  einer  Com- 
binaiion  von  bium  (alts.  bium,  ags.  beöm)  und  im  (1.  Sg.  Prs. 
zu  W.  as)  entstanden  (Kluge  in  Paul-Braunes  Beitr.  VI,  388- 
Joh.  Schmidt  bei  Kuhn  Z.  XXV,  594.  ff.).  Der  Vocal  ist 
durch  Einfluss  des  n  verdunkelt  in  bon,  in  den  nrhein.  MarienL 
34,  17  :Syon,  ausserdem  1, 1.  5.  8,  28.  19,  5.  24,  9.  50,  13. 
75,  37).  Das  nl.  ben  (13.  Jh.  zuweilen  noch  bem)  kommt 
vereinzelt  bis  Hessen  und  Thüringen  vor:  Secund.  152.  Alsfeld. 


Imp.  2.  8g.  bis 

Inf.  - 

Parte.  Prs.  — 

Perf.  Ind.  — 

Conj.  — 

Ptc.  P.  P.  — 


382 

§363.  Sp.  436.  3956.  —  2.  Sg.  bist  ist  ebenfalls  durch  Verschmel- 
zung der  Formen  aus  hü  und  as  entstanden,     bis  findet  sich 

im  12.  13.  Jh.  namentlich  md.  im  Eeim  gebraucht: 

bis  :  is  Marienl.  12,  6.  :  lis  Pass.  H.  55,  55.  :  excelsis  Glauben 
1522.  iheüeris  Wernh.  4,  6.  .-patris  Glaub.  1541.  :trugms  Pass.  H. 
313,  16.  :tüis  Georg  2643.  :gems  Arnst.  Ml.  115.  grKud.  15,  8. 
Hagen  3464.  Eracl.  311.  1612.  Marienl.  48,  33.  Jerosch.  2702.  3493. 
3535.  6653.  Karlm.  7,  21.  330,  17.  439,  47.  lungexois  Lampr.  Syon  819. 
Die  Pluralformen  sind  mhd.  im  erleschen.  Die  1.  PL  Ind. 
•  ist  in  bair.  österr.  Schriften  des  12.  Jh.  noch  häufig,  BGr. 
§  298,  und  wird  auch  noch  im  13.  Jh.  im  Reim  gebraucht, 
zb.  :schrirn  Serv.  3236.  :diern  Helbl.  1,  985.  1188;  mit 
ausgestossenem  r  bin  :  hin  Karl  11373.  Lamp rechts  Franz. 
249.  Bei  Anlehnung  des  Pronomens  bir  wir,  Ahd.  begegnen 
die  volleren  Formen  birin  (noch  Annol.  27)  biron  pirum 
piromes  pirumes,  scheinbar  gleich  dem  Plur.  Pf.  eines  ablaut. 
Zw.  der  i-Kl.  mit  sigmatischer  Aoristbildung,  —  wahrschein- 
lich aber  gleich  der  1.  2.  Sg.  durch  Combination  der  Formen 
aus  bü  und  as  (1.  PL  esum,  irum)  entstanden,  vgl.  J.  Schmidt 
bei  Kuhn  Z.  XXV,  597.  —  2.  PL  birt  ist  von  den  Baiern 
und  Österreichern  des  12.  13.  Jh.  am  zähesten  festgehalten 
und  wird  von  vielen,  zulezt  von  Otacker,  auf  wirt  gereimt 
BGr.  a.  a.  0.  Die  Nebenf.  bint  (für  bimt)  kommt  alem.  und 
fränk.  vor,  im  Beim  ;  hint  Karaj.  Ged.  53,  7.  Fundgr.  II. 
137,  1.  ülr.  Trist.  2301.  Ahd.  findet  sich  birut,  biret,  birt, 
bei  Notker  birint,  birent,  bimt,  bint. 

Der  Im  per.  bis  ist  obd.  (namentlich  alem.)  und  md. 
häufig;  oberdeutsche  Belege  sind  gegeben  AGr.  S.  352.  BGr. 
§  298.  Einige  md.  Belege  folgen  hier:  Erlös.  1694.  5692. 
Hagen  5962.  Marienl.  33,  24.  Myst.  I.  135,  11.  226,  15. 
Spiegelb.  279,  30.  Kathar.  sp.  162.  Musk.  18,  46.  34,  9.  78,  7. 
Wierstr.  642.  2415.  u.  ö.  Alsfeld.  Sp.  1593.  1623.  u.  ö.  bis:is 
Mastr.  Ostersp.  520.  —  Dieses  bis  ist  nach  Analogie  von  wis 
(Imper.  zu  wesan)  gebildet,  Sievers  in  den  Beitr.  von  Paul- 
Braune  VI,  572.     Joh.  Schmidt  bei  Kuhn  Z.  XXV,  597. 

8  364  §  ^^^'    ^^^  ^®^  Wurzel  as  ist  der  Vocal  nur  in  3.  Sg. 

Ind.  erhalten.    Die  1.  2.  Sg.  Ind.  erscheint  aus  dieser  W.  über- 
haupt in  den  germanischen  Dialecten  nur  im  got.  im  is,  altn. 


383 

em  est  (ert),  ags.  eom  eart  mit  alter  Schwächung  des  a,  die  §  364. 
auch   das  hd.   ist  trägt.     In   den   übrigen   Formen   schwand 
ganz   wie   im   Skr.    durch  Einfluss    der    schweren  Endungen 
der  Wurzelvocal,  und  der  consonantische  Wurzelauslaut  ward 
zum  Anlaut  des  Stammes. 

Die  3.  Sg.  ist  wirft  früh  ihre  Endung  t  ab;  is  ist  eine 
geläufige  Nebenform  von  ist,  die  zu  sächs.  ags.  is,  altn.  es  er 
stimmt,  hochdeutsch  und  fränkisch  aber  nicht  alt  ist.  Sie 
wird  von  den  Mitteldeutschen  seit  dem  12.  Jh.  auch  im 
Reim  verwant: 

18  :  Athenis  Pass.  K.  453,  3.  :  bis  Marienl.  12,  5.  (;  celis  Schoneb. 
2004.  .Ddvidis  3700.)  :di8  Pass.  K.  4,  72.  : goldis  Karlm.  432,  1. 
:  güdis  Wemh.  16, 15.  :  Jerosölymis  Ludw.  Kr.  186.  ;  Jöhannis  Jerosch. 
546.  :li8  Pass.  H.  292,  48.  :  geröchis  Eoth.  978.  :  Satonionis  Jerosch. 
2302.  :spit(üis  582.  :tddis  Ath.  A.  20.  :  Termis  Karlm.  159,8.  :wis 
Karlm.  128,  25.  :  gewis  Tristr.  507.  Wemh.  59,  27.  Ernst  B.  1241. 1297. 
D.  3254.  Morant  453.  Karlm.  119,  38.  u.  o.  Hagen  722.  3170.  Marienl. 
7,  21.  Ebern.  934.  4210.  MSR  3,  164^  Jerosch.  3739.  Pass.  K.  104, 26. 
Schoneb.  2865.  4874.  .-wunderes  Amst.  Ml.  81.  —  Ein  oberdeutscher 
Eeimbeleg  ist  is :  gems  Angenge  2,  48. 

Isord westliche  Nebenform  ist  es  (auch  mnl.  stehn  is  und  es 
neben  einander) ;  Yeldeke  brauchte  sie  im  Reim  auf  Anchises 
En.  3124,  wonach  auch  381.  969.  2590.  5492.  MF.  64,  16 
die  Schreibung  es :  gewes  gerechtfertigt  scheint.  Ausserdem 
Tgl.  es :  Joannes  Mastr.  Ostersp.  1213. 

Yon  den  pluralen  Formen  ist  nur  sint  indicativ;  die 
1.  2.  sm  Sit  sind  optative  Formen,  welche  seit  12.  Jh.,  beim 
absterben  von  bim  birt,  in  den  Indicativ  übertragen  wurden. 

Zu  der  2.  PI.  sU  kommt  namentlich  alem.  die  Nebenf. 
sint  vor,  durch  nt  zu  sint  erleichtert,  wie  die  Reime  auf 
llint  Boner  68,  29,  kint  Reinh.  1858.  Flore  781.  3433.  4005. 
Ulr.  V.  Wintersteten  (Benecke  Beitr.  1,  183)  Wernh.  v.  Tüfen 
MS.  1,  44'.  Virgin.  916  beweisen.  Im  14.  15.  Jh.  ist  dies 
sint  alem.  sehr  verbreitet,  AGr.  S.  351.  Es  kommt  auch  md. 
Tor,  vgl.  Rother  1398.     Die  Form  sin  ist  selten. 

Die  3.  PI.  sint  behauptete  sich  in  der  Schriftsprache, 
obschon  Versuche  gemacht  wurden,  auch  sie  durch  optat.  sin 
zu  verdrängen.  Das  Md.  gibt  dafür  Belege ;  im  Reim  findet 
sich  sin  zb.   :  hindelin  Rother  3158.    ;  konigin  5093.    :  din 


384 

§  364.  Heinr.  v.  Freib.  Kreuz  209.  ;  mm  Tristr.  209.  Dietrichs  von 
Glaz  Gürtel  578.  Heior.  v.  Freib.  Kreuz  506.  ;  Hermorm 
Schoueb.  349.  ;  vin  Md.  Ged.  80,  253.  ;  in  Ludw.  Kr.  5Q57 ; 
vgl.  ausserdem  Roth.  478.  876.  1114. 1774.  Alex.  6495.  Pass. 
K.  302,  51.  305,  14.  Leyser  Pr.  91,  1.  134,  14.  Myst.  L 
7,  34.  8,  33.  12,  7.  Höfer  II,  13.  Mülh.  U.  837.  Henneb.  U. 
II,  103.  Cd.  Sajc.  II.  6,  6  (1306).  Spiegelb.  281,  35.  Musk. 
18,  53.  Köditz  o.,  vgl.  auch  R.  Hildebrand  Yorr.  z.  Sachsen- 
spiegel (1863)  S.  XV. 

Eine  Gegenbewegung  gegen  dieses  vordringen  von  opta- 
tivem  sin  in  den  Indicativ  bildet  die  Übertragung  der  3.  PL 
sint  auf  die  1.  PL  Ind.,  die  ebenfalls  md.  zuerst  geschah: 
im  Reim  wir  sint :  Jcint  Krolw.  2614,  ausser  Reim  Ebern.  936. 
trKr.  21468.  Myst.  I.  14,  3.  Jungfr.  sp.  174.  Kath.  sp.  164. 
Memor.  6.    Schoneb.  8813.  10430. 

Oberdeutsch  ist  dieses  sint  in  1.  PL  handschriftlich  aus 
dem  14.  Jh.  belegt,  vgl.  Boner  15,  24.  23,  8  mit  den  Les- 
arten der  Handschr. 

Der  Conj.  (eigentlich  Optativ,  Grundform  5;a)  lautet  in 
der  Regel  im  Sg.  si  sis  si  PL  sin  sit  sin.  Erweiterte  Neben- 
formen sind  sie  sies  u.  s.  w.  und  namentlich  alem.  mit  g  =  j 
sige  siges  u.  s.  w.    AGr.  S.  351.  BGr.  §  297. 

Jüngere  Bildungen  aus  diesem  optat.  Stamm  sind  der 
Imp.  si  sit,  die  Ptc.  sinde  und  gesin.  Der  erste  Versuch, 
der  schon  ahd.  erscheint,  war  der  Inf.  stn,  im  13.  Jh.  gern 
mit  Präfix  gesin.  Thür.  ostfränk.  lautete  er  si,  vgl.  die  Reim- 
belege si :  hi  Wartburgkr.  31, 1.  Md.  Ged.  73, 16.  :  Benedicti 
Ebern.  1814.  :di  Md.  Ged.  81,  279.  dri : si  Secund.  62.  si: 
dri  VV^artburgkr.  59,  1.  si  :  fri  MSH.  2,  24*.  Jungfr.  181. 
gesi'.fri  Wartburgkr.  146,  2.  si:hi  Md.  Ged.  86,  86.  si : 
Pauli  Ebern.  1096.  Aber  auch  im  wälschen  Gast  kommt 
diese  Form  mit  geschwundenem  n  vor,  BGr.  §  297.  —  Das 
Ptc.  gesin  ist  alem.  beliebt;  auch  md.  erscheint  es  selbst  im 
Reim,  vgl.  darin :  gesin  Väterb.  1354.  gesin :  kunigin  Pass.  H. 
313,89.  :schin  ebd.  114,  70.  Väterb.  1849.  3395;  vergL 
ausserdem  gesin  Roth.  1789.  1983.  Auch  mnl.  war  ghesin 
neben  ghewesen  im  Brauch. 


385 

§  365.  Aus  der  W.  was  entsprang  ein  ablautendes  Zw.  §365. 
der  a-Klasse,  wisu  was  warum  §  348,  das  aber  im  Prs.  Ind. 
sehr  selten  für  das  Hilfsverbum  gebraucht  wird,  etwas  häufiger 
im  Conj.  ist  und  früh  im  Imp.  wis  beliebt  ward,  AGr.  8.  352. 
BGr.  §  299.  Zu  wis  ist  eine  md.  Nebenform  wes  Rol.  AS. 
55,  5.  Tristr.  D.  3031.  Das  Ptc.  Prs.  {w'esanti)  wesende  war 
schon  ahd.  im  Brauch. 

Das  Perfeot  des  Vb.  sein  wird  allein  aus  diesem  Stamm 
genommen:  was  PI.  wären;  Conj.  wcere  md.  w^e,  Obd.  und 
md.  kommt  auch  wäre  ohne  Umlaut  für  den  Conj.  vor.  Im  Plur. 
Ind.  schwindet  alem.  zuweilen  das  r :  wan,  want  AGr.  S.  353. 
Die  Form  wasen,  die  im  15.  Jh.  auftritt,  ist  Gegenbewegung 
gegen  den  Sing,  war,  der  nach  dem  Plur.  waren  gebildet  wird. 

Das  Ptc.  gewesen  findet  sich  erst  im  12.  Jh.;  es  herscht 

bair.  und  md.,   während   alem.   gesin  vorgezogen  wird.     Die 

schlechte   Nebenf.   gewest    erscheint   md.    seit   13.  Jh.,    bair. 

seit  14.;  sie  bleibt  aber,  obschon  bei  den  Schreibern  beliebt, 

plebejisch.     So  kommt  sie  auch  nicht  häufig  im  Beime  vor: 
gewest  :nest  Pass.  E.  241,51.   :je8t  Frauenl.  164,  1.   :le8t  Karlm. 
322,  14.  535,  40.   .-est  Pass.  H.  77,  76.   .-forest  143,  32. 

Md.  Nebenf.  sind  geweisen  (Höfer  II,  192  Ostfranken), 
geweist  Eberbach.  Uk.  767.  Henneb.  TJ.  II,  35  (Hersfeld). 
Cd.  Sax.  IL  6,  39.  -  \Gr.  §  353.   BGr.  §  299. 

Die  umschriebenen  Formen  der  Vergangenheit,  die  in  der 
mhd.  Zeit  aufkommen,  werden  obd.  durch  das  Ptc.  Pf.  P.  mit 


bin  oder  was  gebildet:  ich  bin 


gestn       .  ,  f  gestn 

ich  was  \  ^ 
gewesen  \  gewesen. 


Nur  in  Denkmälern,  deren  Heimat  an  das  !Nd.  grenzt,  welches 
die  Umschreibung  mit  haben  der  mit  sm  vorzog,  weil  dieser 
Dialect  nach  Grimms  Worten  (Gramm.  IV,  160)  den  Begriff 
der  Existenz  auf  ein  Bewustsein  von  Selbstthätigkeit  gründete, 
finden  sich  auch  mit  halben  umschriebene  Perfectformen,  zb. 
hette  der  so  na  gesin  Roth.  1789.  da^  du  in  desseme  hove 
heves  gewesen  1983.  da£f  der  Tcüne  helt  dar  häte  gewesin  Tristr. 
1301.  du  hast  doch  me  denne  ein  jär  gewesin  bi  dinem 
manne  6166.  do  sie  in  dem  getwange  gewesen  hatten  lange 
Ernst  D.  3532.    nu  hän  ich  gewesen  Schoneb.  6717.    hedde 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.   2.  Aufl.  25 


386 

§  365.  gewesen  Karlm.  206,  13.  hedde  si  gewest  Sei.  Tr.  203**.  hat 
gewesen  Vorbewis.  18.  es  hat  ein  spil  gewesen  Pass.  K. 
442,  63.  di0  volc  daz  lange  hat  gewesen  Erlös.  5123;  för 
dö  wolte  Claris  stn  gewesen  Flore  6322  schrieb  der  elsässische 
Schreiber  von  B  han  gewesen  der  fränkischen  Beimischung 
seines  Dialects  gemäss.  In  Mechtilds  y.  Magdeburg  üiess. 
Licht  S.  275  min  gerihte  hat  gewesen  lange  unde  groz  stammt 
das  hat  aus  der  niederdeutschen  Grundschrift. 

B.  Die  EndungexLi 

§366.  §  366.     Die   Bezeichnungen    des    persönlichen   und    des 

modalen  Verhältnisses,    ebenso   die  nominalen   Suffixe   treten 

mit  Ausnarae   der  Präsensformen   von   tuon  (bin)  stän  gän 

an  den  Verbalstamm    mittels  eines  Vocals,    der  gröstentheils 

ursprünglich  a  war  oder  eine  Schwächung  von  a.     Im  Mhd. 

ist  überall  e  dafür  durchgeführt,    das  überdies  nach  kurzem 

Stamm,  namentlich  solchem  in  Liquida,  Syncope  oder  Apocope 

erleidet.     Die  folgenden  zwei  Paradigmen  zeigen   die   vollen 

und  die  durch  Syn-  oder  Apocope  gekürzten  Formen. 

Inf.  gehen  varn 

Präs.  Ind.  Sg.  gibe  gibesßj  gibet  var  ver8(t)  vert 

PL  geben  gebet  (-ent,  -en)  gebent  varn  vart  varnt 

Conj.  Sg.  gebe  gebes  gebe  •      var  var8(t)  var 

PL  geben  gebet  (-ent,  -enj  geben    varn  vart  varn 

Imp.  Sg.  gip  (bitte,  hebe)  var 

PL  geben  gebet  varn  vart 

Ptc.  Prs.  gebende  varnde 

Perf.  Ind.  gap  gäbe  gap  vuor  vüere  vuor 

PL  gäben , gäbet  gäben  vuoren  vuoret  vuoren 

Conj.  gcebe  gabes  gäbe  vüere  vüeres(t)  vüere 

PL  gceben  gäbet  gaben  vüeren  vüeret  vüeren 

Ptc.  Pf.  Pass.  gegeben  gevarn 

Dazu  vergleiche  man    die  ahd.  und  gotischen  Flexionen 

ahd.  Inf.  geban  got.  giban 
Präs.  Ind.  Sg.  gibu  -is  -it  giba  -is  -iß 

PL  gebam  -at  -ant  gibam  -ip  -and 

Conj.  Sg.  gebe  -es  -e  gibau  -ais  -ai 

PL  gebem  -et  -en  gibaima  -aiß  -aina 

Imp.  Sg.  gip  gif 

PL  gebam  -at  gibam  -iß 


387 

Ptc.  Prs.  gehanti  gvband-s  §  366. 

Perf.  Ind.  Sg.  gap  gdbi  gap  gaf  gaft  gaf 

PL  gdhum  -ut  -un  gebum  -uß  -un 

Cj,  Sg.  gähi  4s  -i  gehjau  -eis  -i 

PL  gdbim  -it  -in  gebeima  -eiß  -eina 

Ptc.  P.  Pass.  geban  giban-s 

§  367.  Wir  verzichten  hier  darauf,  die  Geschichte  der  §  367. 
germanischen  Verbalendungen  zu  verfolgen  und  ihre  Bildung 
aus  den  Pronominalstämmen  mit  dem  thematischen  Vocal,  im 
Optativ  mit  dem  Modussuffix,  darzulegen  (vgl.  Bopp  Vgl.  Gr. 
§  434.  ff.  Scherer  Gesch.  d.  Spr.  299—311),  sondern  beschränken 
uns  auf  die  mhd.  Zustände. 

Präsens  Indicativi,  thematischer  Vocal  a,  der  vor  s 
und  t  zu  i  sich  schwächte;  mhd.  allgemein  ß,  das  der  Ver- 
geh weigung  nach  dem  Gesetz  verföUt;  md.  und  auch  sonst 
mundartlich  verdünnt  sich  e  gern  zu  i, 

Sg.  1.  -e,  in  der  Regel  bleibt  der  Vocal  auch  nach 
kurzen  Stämmen,  sobald  sie  nicht  in  Liquida,  namentlich  in 
l  oder  r  schliessen.  Bei  Anlehnung  des  Personalpronomens 
flehwindet  er :  gibich,  biutich.  Der  bairische  Dialect,  der  zur 
Apocope  überhaupt  strebt,  stösst  das  e  auch  nach  langen 
Stämmen  oft  ab,  und  so  gestatten  sich  manche  bairische 
Dichter  des  13.  14.  Jh.  Formen  wie  ich  sprich  besinn  schin 
lä^  heis  selbst  im  Reim,  BGr.  §  280. 

Neben  dieser  gewöhnlichen  Endung  -e  der  1.  Sg.  Ind. 
«teht  die  in  -en,  bairisch  seit  11.  Jh.,  alem.  seit  12.  Jh.  nach- 
weislich und  so  entwickelt,  dass  selbst  Dichter  der  guten  Zeit 

«ie  im  Reim  brauchen,  zb. 

ver sinnen  :  hinnen  Lanzel.  718.  :  beginnen  Lampr.  Syon  1192. 
^ddn :  getan  Lanzel.  3775.    Idzen  :  sträeen  Konr.  Otte  H.  355. 

AGr.  §  339.   BGr.  §  280. 

Fränkisch  ist  die  Endung  der  1.  Sg.  Ind.  in  un  on  en 
früh  nachweislich : 

unsliuzun  Paris.  Virgilgl.  702.  biddon  altnl.  Ps.  63,  2.  singon 
70,  23.  wirihon  68,  18.  gihun  Mainz.  B.  1.  uuirdon  20.  behalton 
Wülir.  vrat.  "VTEI,  13.  biton  ih  XLV,  13.  biten  ih  IX,  6.  voUebringon 
X,  18.  geligon  XIV,  25.  besueron  XV,  10.  gibm  XXIX,  4.  inphähon 
ich  XXXV,  23.  gestigon  LXIV,  22.  uuirdon  26.  gewinnon  ih  LXVn,  11. 
gegriffon  LXIX,  8.   raten  ih  LH,  7.   flien  ig  Amst.  Ml.  140. 

25* 


388 

§  367.  Im  12.  13.  Jh.  bezeugt  ihr  Gebrauch  im  Reim,  wie  fest- 

gewurzelt die  Endung  -en  war,  u.  a. 

lesen  :  (wesen  Elia.  10251.  :  (gewesen  Karlm.  259,  33.  genesen 
:  (wesen  Alex.  3707.  geven  (:  leven  Karlm.  253,  68.  begeven :  leven  Amst^ 
Ml.  172.  sprechen  (:wrechen  Earlm.  458,  66.  rechen  (:heswechen 
Manuel  33.  sehen  (:  geschehen  Erl.  1877. 4465.  hegdn  (igesein  Anselm  49- 
quelen  :  beveUn  Alex.  3706.  bevden  (:  helen  Karlm.  228,  7.  bevdn 
(:  verhdn  Ebern.  2891.  sen  :  gejen  Wemh.  17,  32.  biden  (:  siden  Elia. 
8340.  vurbrinnen  (:  innen  Herb.  772.  getvinnen  (:  minnen  Alex.  5478.. 
liden  (ivermiden  Haupt  I.  34,  23.  wtsen  (:  Dionysen  Karlm.  29,  14. 
bemsen  (itsen  Herb.  2146.  :  Parisen  ^101.  schrien  (iverzkn  Karlm, 
49,  11.  enbviten  (:  litten  Herb.  398.  dragen  (:  Magen  Haupt  I.  34,  22. 
gewagen  (:  sagen  Karlm.  9,  39.  nidervaUen  (:  allen  Pilat.  83.  roden 
(:  staden  Hagen  4309.  bescheiden  (:  beiden  Herb.  927.  :  gebeiden  Karlm. 
171,  62.  heizen  (:verweizen  Karlm.  49,  31. 

Vgl.  ausserdem  die  von  W.  Grimm  aus  Roseng.  C.  ge- 
gebenen zahlreichen  Belege  dieser  Endung  in  jener  einen  Hs. 
S.  LXXXni.  der  Ausg.  und  §  395. 

Wahrscheinlich  ist  diese  Endung  -en  (on  un)  nur  eine 
Analogiebildung  nach  der  1.  Sg.  Ind.    der  2.  3.  schw.  Conj» 

Über  das  md.  e  für  i  im  Stamm  in  dieser  Person 
§§  348-350. 

Das  alte  n  (Personalendung  -mi)  in  der  1.  Sg.  Prs.  stän 
gän  tuon  ist  §§  352.  357.  362  besprochen,  hin  §  363;   die 
nach  stän  gän  gebildete  1.  Sg.  Prs.  län  §  358,  ebendaselbst 
sind  die  jüngeren  1.  Prs.  stä  gä  tuo  sowie  lä  erwähnt. 
§  368.  §  368.     Die  2.  Sg.  endet  in  -es,  Nbf.  -is.    Schon  in  der 

lezten  ahd.  Zeit  tritt  unechtes  t  dem  s  gern  an  und  haftet 
fortab.  Es  scheint  unter  Einfluss  von  bist  zu  geschehen : 
Scherer  GdSpr.  331  (2.  A.).  J.  Schmidt  bei  Kuhn  Z.  XXV^ 
597.  Das  alte  es  stirbt  allmählich  ab,  md.  erhielt  es  sich 
länger  als  obd.,  im  Kölnischen  erscheint  es  noch  im  15.  Jh. 
Einige  B^eimbelege  aus  12.  13.  Jh.  werden  das  zähere  md. 
fortleben  des  -es  -is  vertreten,  indem  die  obd.  Zeugnisse  an 
Zahl  zurückstehn: 

vindis  :  kiMdis  Dkm.  XTjTT,  56.  Vertrages  :  tages  Kindh.  101,  75. 
klages :  tages  Sibots  Frauenz.  98.  onttoikes  :  rikes  En.  4208.  rites :  stntes 
Parz.  154,  4.  gebtUis :  lütis  Ath.  F.  134.  scheides :  leides  MSH.  2,  13m 
(Winli).  las  :  häs  Herb,  8655.  10540.  12120.  Krolw.  245.  501.  3332. 
ipalas  Elia.  7458.    vorstes  :  Spes  Lampr.  Syon  1191.    lis  (liges)  :  pris 


389 

Herb.  14076.  Jerosch.  21976.   gta  Cgibes)  :  amis  ülr.  Wilh.  1135.    :pri8  §  368. 
Wartburgkr.  95,  9. 

Einige  Belege  ausser  Reim  für  -s:  obd.  spriches  M8A. 
141,  7.  riuwes  Walth.  83,  1.  gewinnes  Lampr.  S.  3904. 
gihes  Mone  Seh.  1,  330.  —  md.  vorlüses  Leyser  Pr.  51,  23. 
gibes  57,  31.  hindes  85,  11.  nimes  111,  13.  retis  Germ.  17, 
541.  sihes  nimis  343.  hilfis  Haupt  15, 397.  ^ies  Repg.  Cr.  47. 
Trebnitzer  Ps.  in  der  Regel,  Pietsch  LXVIII.  hylffs  Wierstr. 
288.  geifs  Harff  226,  9.  gyffs  Kölner  Cronica  193^  vindes 
HarfF  224,  37.    les  Kölner  Cronica  205. 

In  den  Zw.  der  Abstufung  a-o  §  351  lautet  a  in  2.  3.  Sg. 
Präs.  theils  regelmässig,  theils  oft  um.  Das  wirkte  auf  die 
reduplic.  Verba  der  a-Klasse,  §§  357.  358,  die  nicht  selten 
obd.  und  namentlich  md.  den  Umlaut  e  in  diesen  Formen 
zeigen,  zb. 

geveUit :  wellit  Ath.  F.  158.  gevdlet :  erweUet  Bari.  47,  36.  gecelt 
:  erweit  Heinz.  E.  250.  vdUt  Hildeg.  G.  64.  geveUet  HU.  I,  155. 
Mdit  ebd.  758.  Höfer  II,  185.  Myst.  I.  36,  25.  heldet  Leyser  Pr.  43,  30. 
versehet  ebd.  40,  6.  weidet  Friedb.  Kr.  A.  1, 1.  :  heldet  Pass.  H.  78, 15. 
—  laezzest  Milst.  132,  5.  last  132,  19.  Uzes  Elia.  935'.  lest  Köditz  23,  31. 
Uzit  Myst.  I.  26,  5.  Köditz  14,  25.  Itet  Parz.  301,  2.  436,  15.  Stricker 
M.  Ged.  8,  32.  verltet :  stcet  Helbl.  8,  906.  let  Ath.  F.  2.  ratet :  bestatet 
trKr.  18759.  ratet  Nib.  C.  15144.  retet  Parz.  D.  8,  14.  ratest  Iw.  B. 
2099.  rceis.  Germ.  17,341.  blaset  Karaj.  74,  23;  slaffes  Parz.  43,28. 
daffet  Karaj.  74,  23.  slafet  Stricker  kl.  Ged.  8,  39 ;  gevahet  Nib.  B. 
1852,  1.  enphaket :  drohet  Parz.  470, 11.  gevaht :  erhöht  Lampr.  Syon 
1285.  vehet  grEud.  20,  18.  get :  umbevet :  jet  MF.  122,  6  (Morungen). 
enpfet :  stet  Tristr.  2598.  :  vorsmet  Jungfr.  Sp.  175.  enpßt  Myst.  I.  58, 34. 
174,  1.  —  Vgl.  AGr.  §  340.  f.   BGr.  §  281.  f.    und  unsere  §§  89.  93. 

An  Stämmen  auf  d  oder  t  treten  in  2.  3.  Sg.  und  2.  PL 
zuweilen  Kürzungen  ein,  indem  der  linguale  Auslaut  der 
Wurzel  mit  dem  Endungsvocal  zugleich  syncopirt  werden 
kann,  vgl.  für  die  2.  Sg.  zb.  tvirst  Q  verbirst  trKr.  1.4216, 
ferner  Nib.  16,  3.  Walth.  91,  33. 

Zusammengezogene  Formen  der  2.  Sg.  sind  gist  =  gibest, 
list  pflist  =  ligest  pfligest,  freist  =  tregest.  Über  last  =■ 
Uzest  §  358. 

Die  3.  Sg.  endet  in  -et  -it.  Die  Kürzung  dieser  Form 
durch  Syncope  in  den  Verbell  auf  d  oder  t  ist  stark  ent- 
wickelt ;  gewöhnlich  sind  die  Formen  bit  trit  schilt  gilt  vint 


390 

-§  368.  wirt  brist  vikt,  hU  rit,  biut,  helt  rmt.  Sie  wurden  auch  im 
Reim  gebraucht,  zb.  trit :  lit  Freid.  90,  9.  engilt :  wilt  Heinz- 
ML.  2250.  vint :  blint  Mart.  21,  102.  wirt :  hirt  Trist.  8578. 
trKr.  36.  :verhirt  Flore  50.  rät :  gät  Boner  72,  89.  VgL 
AGr.  §  341.  Die  Md.  zeigen  sich  im  allgemeinen  den  vollen 
Formen  mehr  geneigt. 

Gern  werden  die  Zusammenziehungen  gtt  chit  lit  pfltt 
treit  lät  u.  a.  selbst  im  Reim  verwant,  md.  auch  vät  vetr 
slät  sUt, 

über  den  Umlaut  von  a,   ä  vgl.  oben,   über  e  für  ge- 
meind.  i  §§  348-350. 
§369.  §  369.     Die  1.  PI.  Ind.  endet  mhd.  in  -en,  -in.    Wird 

das  Personalpronomen  angelehnt,  so  kann  das  n  der  Endung^ 
abfallen;  nach  kurzem  Stamm  in  Liquida  schwindet  die  ganze 
Endung:  gebe  wir,  lese  wir,  schaffe  wir,  biete  wir;  hei  wir, 
var  wir.  Doch  wird  auch  nach  langen  Stämmen  die  ganze 
Endung  vor  wir  zuweilen  abgestossen;  schon  Hartmann  von 
Aue  erlaubte  sich  die  starke  Kürzung  grif  wir  Erec  1838, 
verswig  wir  aHeinr.  756.  Diese  Apocope  der  Endung  der 
1.  PL  ist  bei  Notker  und  Williram  bereits  ausgebildet,  bei 
Otfried  noch  nicht.  Von  den  otfriedschen  Handschriften  zeigt 
cod.  F  Anfänge  davon,  Kelle  Otfr.  II,  33.  87.  94. 

In  jüngerer  Zeit  fügt  sich  namentlich  alem.  oft  t  oder  d 
dem  -en  an,  zb.  gebent  sprechent  bittend  AGr.  §  342. 

Die  2.  Plur.  endet  in  -et  -it.  Kürzung  bei  Ausgang 
des  Stamms  in  d  oder  t  durch  Syncope  erfolgt  wie  in  3.  Sg. : 
ir  bit  wert  gebiet  halt  rät  bescheit,  und  wird  selbst  im  Reim 
von  Oberdeutschen  benuzt,  AGr.  8.  337.  BGr.  §  284. 

lieben  -et  steht  eine  nasalirte  Endung  -ent,  die  mög- 
licherweise aus  der  3.  PI.  übertragen  ist.  Sie  ist  vorzüglich 
alem.  eingewurzelt.  Hartmann  im  Erec  Gregorius  Iwein,  Konr» 
Fleck,  Konr.  von  Wirzburg  brauchen  sie  im  Reim,  AGr.  §  342. 
Die  Baiem  kennen  sie  wol,  verhalten  sich  aber  spröde,  BGr. 
§  284.  Die  Mitteldeutschen  haben  sie  früh :  suerrent  (;  uuerrent 
Otfr.  IL  19,  8.  intfähent  Otfr.  P.  F.  IL  12,  56.  sdezzent 
(Imp.)  Paris.  Virgilgl.  876.  geswichent  MeAnz,  Gl.  286^  vindent 
Friedb.  Kr.  F.  1,  2.    Vgl.  ferner  lä/sent  Alex.  2070.  Erlös.  277. 


391 

erwindmt  (;  bindmt)  Ulr.  Wh.  1039.    nement  Musk.  28,  61.  §  369. 
70,  140.  Kath.  Pass.  143.     sprechent  Vorbew.  40^.     Jcoment 
Sei.  Tr.  16*.     Vgl.  auch  Mone  Schausp.  d.  Ma.  I,  72. 

Eine  andere  Nebenform  der  2.  PI.  ist  -en,  die  zu  der 
gleichzeitig  auftretenden  Endung  der  3.  PI.  Ind.  in  -en  in 
Beziehung  stehn  kann.  Sie  kommt  seit  12.  Jh.  vor  und  zwar 
zuerst  md.,  vgl.  nemen  (:  leven)  Roth.  1161.  getvrechen  Roth.  37 ; 
aus  späteren  md.  Quellen  werden  Trier.  Spiegelb.  268,  33. 
269,  2.  nemen  269,  33.  vechten  Machab.  134.  Ganz  besonders 
beliebt  ist  sie  elsässisch,  auf  Grund  des  starken  fränkischen 
Elements  dieses  Dialects,  AGr.  S.  338. 

Das  älteste  rein  obd.  Beispiel  gibt  meines  wissens  Nib. 
C.  12308  vinden  (:  ertoinden),  vgl.  auch  versehen  (:  spehen) 
trKr.  21266.  Bairisch  begegnet  -en  nicht.  Der  Reim  in 
Nib.  C.  rührt  von  keinem  Österreicher  her,  sondern  von  dem 
alem.  Schreiber  der  Hs.  C.  —  Wie  im  altschwed.  die  2.  PI. 
Ind.  Conj.  Prs.  Pf.  in  -n  ausgeht,  im  Gegensatz  zu  dem  alt- 
norweg.  isländ.  -t,  so  tritt  auch  hier  eine  gegensätzliche  Bildung 
zu  der  gemeindeutschen  Form  auf,  die  nur  nicht  so  consequent 
wie  dort  durchgeführt  ward. 

Die  3.  PI.  Ind.  endet  in  -ent -int.  Das  Ausgleichungs- 
streben mit  der  3.  PI.  Conj.  wirkte  wol  darauf,  dass  eine 
Nebenform  -en  -in  sich  bildete,  die  zuerst  fränkisch  begegnet : 
aus  Otfr.  V.  P.  Belege  bei  Kelle  Otfr.  II,  35.  Bei  den  Mittel- 
deutschen des  12.  und  13.  Jh.  ist  sie  schon  häufig: 

weben  (:  leben)  En.  6823.  geven  (:levenj  Serv.  I,  148.  plegen: 
Norwegen  1, 978.  (erthen)  :  werthen  mfr.  Legend.  206.  virderbin :  werbin 
Ath.  F.  3.  4.  sterbin  26.  geben :  eben  Ulr.  Wilh.  2011.  pflegen :  degen 
Heinr.  v.  Freib.  Trist.  3726.  : rätgeben  grEud.  23,  11.  .'wegen  Heinr. 
v.Freib.  Michelsb.  107.  :  erw?e^6»Ärlö8.2382.  :  underwegen  Ulr.  Wh.  2040. 
:  segen  Ludw.  Kr.  7465.  singen  (:  springen  Alex.  6409.  scheiden  (:  ver- 
gelden  MF.  61,  26  (Veldeke).  werden  (:  erden  Elia.  3611.  Erlös.  6152. 
quomen  :  vernomen  livl.  Kr.  4965.  sin  (:  ergen  MF.  126,  33  (Morungen). 
stän:gedän  Serv.  I,  1639.  enpfän  stän  (:vergän  MF.  65,  29.  tragen 
(:  sagen  Krolw.  1930.  striden  (:  ziden  En.  3630.  vlizen  (:vertoizen 
grBud.  11,  24.  besliezin  (:  geniezin  Ath.  F.  73.  Verliesen  (:  kiesen 
Heinr.  Trist.  246. 

In  den  md.  Prosaschriften  des  14.  Jh.  ist  -en  völlig  Hegel ; 

für  das  schlesische  vgl.  Bückert  Entw.  254,  der  darauf  hin- 


392 

§  369.  weist,  dass  die  k.  böhmische  Eanzlei  in  ihren  nach  Schlesien 
gerichteten  Schreiben  im  14.  Jahrh.  das  indicat.  -ent  noch 
festhielt. 

Die  Elsässer  haben  dies  -en  ebenfalls  angenommen,  AGr. 
S.  339.  In  Baiern  und  Osterreich  kommt  -en  im  13.  Jh. 
einzeln  vor,  vgl.  verterhen  Wiener  Sitz.-Ber.  XCIV.  194,  18. 
hewellen  209,  1.  Bei  Lampr.  v.  Regensburg  im  Reim  diezen 
(:  entsliezen)  Syon  2525.  Die  Österreicher  des  14.  Jh.  brauchen 
durchaus  -en,  BGr.  §  285,  Koberstein  Suchen wirt  I,  41. 
Dagegen  halten  die  Alemannen  das  richtige  -ent  zäher  fest, 
wie  noch  heute  in  Alemannien  und  Schwaben  in  dieser  Verbal- 
form ent  oder  et  gesprochen  wird,  AGr.  a.  a.  0.  Indessen  ist 
auch  bei  ihnen  das  -en  in  die  3.  Fl.  der  Schriftsprache  des 
14.  15.  Jh.  neben  -ent  eingedrungen :  Schoch  Sprache  Boners 
S.  45.    Wackernell  Hugo  v.  Montfort  CLXXV. 

§370.  §  370.     Der  Conjunctiv.  Präs.  hatte  zum  karacteri- 

stischen  Suf&x  e  d.  i.  ai,  entstanden  aus  thematischem  a  -f- 
dem  Potentialsutfix  ja,  Mhd.  ist  natürlich  e  an  die  Stelle 
getreten,  mundartlich  zu  i  verdünnt,  zuweilen  in  a  spielend, 
wie  solches  auch  sonst  dem  e  der  tonlosen  Endsilben  geschieht. 
Sg.  1.  3.  haben  secundäre  Endungen.  Die  Personalsuffixe 
fielen  ab;  beide  Personen  gehn  in  blosses  e  aus,  welches 
der  Apocope  nach  der  Regel  unterliegt.  Von  österreichischen 
Dichtern  des  13.  Jh.,  von  alemannischen  des  14.  werden  aber 
auch  von  Stämmen  in  Muta,  selbst  nach  langem  Vocal,  apo- 
copirte  Formen  im  Reim  verwant,  zb. 

1.  Sg.  geniez  (:  verliez  Krone  25247.  kies  (:  blies  Helbl.  3,  7.  — 
3.  Sg.  hdib  :  wtp  wGast  432.  schin  :  min  Krone  144.  veht :  reht  wGast 
11683.  les :  des  Helbl.  2,  278.  trib :  voip  Mone  j.  T.  202.  schelt :  tvider- 
gdt  Spieg.  174,  9.  • 

Vgl.  AGr.  §  343.   BGr.  §  286. 

Die  2.  Sg.  geht  in  -es  aus;  schon  in  ahd.  Zeit  tritt  -t 
gern  an,  doch  ist  es  neben  est  durch  unsere  ganze  Periode 
nachzuweisen  und  namentlich  auch  von  den  md.  Schreibern 
häufiger  als  im  Ind.  festgehalten.  Selbst  im  Reime  erscheint 
eSf  is  zuweilen: 

enbindes  :  kindes  Erlös.  5791.  kindes :  vindes  Stolle  MSH.  3,  8*. 
beginnes  :  sinnes  Hagen  GAb.  55,  965.   Verderbes :  gewerbes  102.   bl^ns 


393 

:  Ubis  Alex.  6498.    Pariser  Tagz.  1326.      gebutis :  lütis   Athis  F.   134.  §  370. 
scheides :  leides  Pass.  H.  216,  67. 

1.  Plur.  geht  in  -ew,  -in  aus.  Bei  Anlehnung  des  Pro- 
nomens fallt  -n  oder  die  ganze  Endung,  selbst  von  schwerem 
Stamme  wie  im  Indicativ  ab,  zb. 

geloube  wir  Leyser  Pr.  62,  20.  vä  wir  Kud.  20,  19.  intfä  wir 
Eoth.  252.    läz  wir  Klage  A.  1762.    verewig  wir  aHeinr.  756. 

2.  PI.  -et  hat  dieselben  llfebenformen  -ent  und  -en,  wie 
im  Ind.  Im  Reime  erscheinen  sie  selten,  doch  vergl.  wesent 
(;  lesent)  Greg.  3824.  —  geben  (:  leben)  Lieds.  148, 269.  walten 
(;  halten)  Montiert  5,  231.  treden  (;  beden)  Anselm  142.  sin 
:drehtm  Roth.  1407. 

3.  PI.  endet  in  -en.  Epithetisches  t  findet  sich  seit  dem 
14.  Jh. ;  es  wird  namentlich  von  alem.  Schreibern  gern  gesezt, 
die  es  auch  an  die  1.  PI.  anfügen. 

Alemannisch  wird  auch  eine  erweiterte  Form  des  Conj. 
in  -eje,  et  seit  dem  11.  12.  Jh.  gebildet,  zb.  nemeist,  ferwer- 
feist,  irsterbeiUj  bellbein,  AGr.  §  343.  344.  In  der  schw. 
Conj.  ist  sie  verbreiteter. 

§  371.  Imperativ.  In  2.  Sg.  erscheint  der  Präsens-  §371. 
stamm  nackt  bei  allen  st.  Zw.,  die  nicht  den  Stamm  mit  jar- 
Suffix  bildeten,  also  gip  nim  lis  sih  sprich  viht  hilf  wirt 
sine  rtt  biut  släf  halt  heiis  louf  sto^  u.  s.  w.  Bei  den  Zw. 
in  'ja  endet  die  2.  Sg.  Imp.  in  e  =  i  als  vocalisirtem  Rest 
des  Suffixes,  also  bitte  lige  sit^e;  ebenso  bei  den  Zeitworten 
der  Abstufung  a-ö:  hebe  trage  grabe  lade  schaffe  twahe 
wahse;  nach  kurzer  Wurzel  in  Liquida  ist  jedoch  auch  hier 
Apocope  gefordert:  mal  var  swer;  gewöhnlich  ist  auch  slah 
oder  slä,  —  Das  streben  nach  Ausgleichung  führte  aber  dazu, 
dass  schon  seit  12.  Jh.  auch  die  andern  Yerba  in  der  2.  Sg.. 
Imp.  zuweilen  e  als  Endung  zeigen;  die  Dichter  brauchen 
mitunter  diese  Imperative  im  Verse  und  im  Reime:  riche, 
Stiche  Buch  d.  Rügen  1003.  versinn^  (:  minne)  Walth.  51,  5. 
Ute  (:  gerite)  82, 16.  wiche  (:  griulicJie)  Wigal.  80, 16.  scheide 
{:  leide)  128,26.  vermide  {:ntde)  MSH.  1,  143^  vgl.  auch 
Haupt  z.  übl.  Weibe  355.  Wenn  ülr.  von  Winterstetten  sich 
vliehe  (:schiehe)  MSH.  1,  151*  erlaubt,  so  liegt  hier  zugleich 


394 

§  371.  ein  Imper^i  mit  pluralem  Stammvocal  vor,  den  wir  auch  md. 
finden,  vgl.  jehe  Alex.  5496.  nem  2418.  2677.  2898.  4477, 
neme  Sei.  Tr.  76\  —  Vgl.  AGr.  §  349.  BGr.  §  287.  W.  Grimm 
Altd.  Gespr.  1,  17. 

l^Plur.  endet  in  -en,  und  ist  von  der  1.  PL  Ind.  Conj, 
nur  durch  das  fehlende  Personalpronomen  unterschieden.  Nach 
der  got.  Endung  -am  und  der  ahd.  Endung  -amSs  (Miillen- 
hofif  Altd.  Sprachpr.i  S.  IV.)  zu  urtheilen,  fiele  diese  1.  PI. 
Imp.  mit  der  1.  PI.  Ind.  zusammen,  wie  auch  Grimm  Gr.  IV, 
82.  f.  annam.  Indessen  scheint  doch,  dass  hier  ein  Rest  des 
sonst  verschwundenen  Conjunctivs  (unser  Conjunctiv  ist  formaler 
Optativ)  vorliege  und  am  fiir  am  stehe,  vgl.  Westphal  phil. 
hist  Grammatik  d.  deutsch.  Spr.  226.  J.  Schmidt  Verwandt- 
schaftsverhältniss  der  indogerm.  Sprachen  4. 

2.  Plur.  stimmt  durchaus  zu  der  2.  PL  Ind.  und  ist 
auch  von  den  Nebenformen  in  -ent  und  -en  begleitet,  AGr. 
§  349.  BGr.  §  287.  Auch  md.  begegnet  -enty  zb.  bitent 
Myst.  I.  17, 19.  63,  26.  sehent  141,  22,  sowie  -en,  zb.  drinken 
Salm.  285,  4.    raten  24,  3. 

§372.  §  372.     Der  Infinitiv  ist  ein  verbales  Nomen,  das  aus 

dem  Präsensstamm  durch  das  Suffix  na  gebildet  wird.  Neben 
ihm  steht  ein  durch  das  Suffix  nja  gebildetes  Gerundiv, 
welches  declinirt  wird  und  einen  Genitiv  und  Dativ  hat.  Die 
begriffliche  verbale  Natur  des  Infinitivs  ergibt  sich  daraus, 
dass  er  die  Casusrection  des  Verbums  hat,  ferner  dass  er 
Zeitbeziehungen  enthält  und  dass  seine  Art  durch  Adverbien 

näher  bestimmt  wird. 

Über  die  im  German.  stark  verdunkelte  Casusform  des  Inf.  vgl. 
zur  Übersicht  0.  Erdmann  Syntax  Otfrieds  I,  198.  ff. 

Die  mhd.  Endung  des  Infinitivs  der  st.  Zw.  lautet  in  der 
Regel  -en.  Nicht  selten  wird  aber  der  geschwächte  Endungs- 
vocal  verdünnt  und  durch  i  bezeichnet,  was  namentlich  im 
Mitteldeutschen  unsrer  Periode  beliebt  ist.  Ausserdem  finden 
sich  die  Vocalschattirungen  a  und  o  im  Infinitiv,  besonders 
im  11.  12.  Jh.,  über  deren  Vorkommen  auf  §§  81 — 84  ver- 
wiesen wird.  Alemannisch  ist  -an  in  mundartlich  geförbten 
Schriften  des  14.  15.  Jh.  nicht  selten,  AGr.  §  350. 


395 

Die  Sprache  neigt  sich  dazu,   das  n  des  Infin.  zu  nasa-  §372. 
liren   und   darauf  ganz    verhallen   zu    lassen.     Alemannische 
Dichter  des  13.  Jh.,  mehr  noch  der  späteren  Zeit,   brauchen 
diese  Inf.  in  -e  im  Reim: 

gesitze  :  Hitze  Flore  193.  scheide  :  beide  352.  entrinne  :  gewinne 
lieders.  83,  146.    Andre  Belege  AGr.  §  350. 

Bairische  Eeime  apocopirter  Infin.  sind  smel^e  (:  gehehe) 
Krone  15174.  (underwinde) :  vinde  Brennenberg  MSH.  I,  337^. 
In  Lamprechts  Syon  1192  hat  nur  die  Lobriser  Hs.  Apocope: 
beginne  :  versinne.  Die  Schlussverse  der  Krone  erkenne : 
eteswenne  30020  sind  zweifelhaft.  Dennoch  sind  die  bair. 
Infin.  in  e  (für  en)  gesichert.  Für  die  schw.  Zw.  vgl.  lerne 
:  gerne  Hadamars  Jagd  491,  3.  walge  Lamprechter  Brevier 
in  Haupts  Z.  XX,  158.  Andre  Zeugnisse  bei  Reissenberger  . 
zur  Krone  S.  25.  Noch  die  heutigen  bajuvar.  Mundarten 
beweisen  gleich  den  alemannischen,  dass  man  im  Infin.  das  n 
zuerst  nasalirte  und  dann  verschwieg.  Schon  früh  wurde  im 
bair.  Dialect  auch  die  ganze  Infinitivendung  nach  ng  nn  mh 
abgestossen,  zb.  bring  dring  gewinn  nem  Tcom  blib,  BGr.  §  288. 

Das  Fränkische  und  Thüringische  haben  diese  Infinitive 

in  -e  am   stärksten  aufzuweisen.     Schon  in  der  Würzburger 

Beichte  findet  man  furstä  2.  uuasge  7.  sprehe  22.  Im  übrigen 

genügen  Reimbelege. 

neme  (:  gezeme  Ebern.  802.  ;  gezeme  Karlm.  224,  26.  pflege  (:  wege 
Pass.  H.  314,  27.  (hetej :  trete  Pass.  K.  567, 16.  heiige  (:  sige  Ebern.  594. 
jehe  0  geschehe  MSH.  2,  22**.  25*.  kome  (:  vrome  Jungfr.  174.  verslinde 
(:  vinde  Glaub.  942.  twinge  (:  singe  MSH.  2,  25*.  gewinne  (:  unminne 
Rud.  12, 22.  hi^inne  (:  meisterinne  Ebern.  928.  vinde  (:  kinde  Jungfr.  178. 
werde  (:  engerde  Karlm.  356,  36.  :perde  348,  5.  erhebe  (:  entsebe  Herb. 
2128.  geschaffe  (:  äffe  MSH.  2,  22».  blibe  (:  Übe  Alex.  313.  Secund.  109. 
Renner  2372.  hiclive  (:  mve  Wernh.  47,  3.  beclibe  (:  Übe  Renner  19040. 
geschine  (:mine  Alex.  5048.  scrive  (:w%ve  Wernh.  23,  19.  begrife 
(:  sliefe  Hagen  GA.  55, 947.  striche  (:  iegeliche  Väterb.  31743.  bestriche 
(igeliche  MHimmelf.  1360.  genieze  (:lieze  Ebern.  2588.  rüwe  (:trüwe 
Rud.  19,  5.  walke  (:v<üke  20,  33.  Idze  (:  sträze  Secund.  106.  scheide 
(:  leide  Renner  23605.  MHimmelf.  1842.  verscheide  :  ougenweide  369. 
Dazu  tritt  nach  kurzem  Stamm  in  Liquida  Apocope  der  ganzen  Endung^ 
vgl.  bevel  :  kel  MSH.  23»  (dialectl.  beveln  für  bevelhen),  var  (:  gar 
Wartb.  48,  9.  :  kar  11,  9.  ban  (:  man  18,  5.  Bei  den  Verben,  welche 
die  Endung  ohne  Yocal  anschliessen,   bleibt  natürlich  auch  nur   der 


396 

§  372.  nackte  Stamm  nach  Schwund  des  n  bestehn,  vgl.  sie  :  e  Wartb.  58,  9. 
:  me  Wartb.  45, 4.  Ebern.  1056.  3718.  :  sne  MSH.  2, 27»».  :ge8che  (Conj.) 
Secund.  134.  geste  :  me  Wartb.  22,  3.  gestd  :  Mar  ja  Jungfr.  181. 
vorste  :me  Secund.  118.  vorstä  :  andirswä  Md.  Ged.  188,  152.  gd:nä 
Eud.  11,  7.  :domicüia  Glaub.  400.  ge:Girahöhe  Kud.  11,  18.  :me 
Ebern.  3188.  :  spe  Md.  Ged.  86,  76.  (Die  apocop.  Infin.  st  und  tuo 
sind  belegt  §§  364.  362.)  —  Dazu  fügen  sich  durch  Zusammenziehung 
einsilbig  gewordene  Stämme  wie  gesche :  me  Eltern.  4172.  :  gese  Koth.  538. 
86  :  nime  Md.  Ged.  87,  108.  gese  :  me  Jungfr.  177.  (ge)  :  se  Md.  Ged. 
94,  369.   phki  (:sei,  sage)  Secund.  64.   zie :  sie  Ebern.  3871. 

Die  fränkischen  und  thüringischen  Mundarten  haben  diese 
•  Apocope  des  -n  im  Inf.  bis  heute  festgehalten.  Vom  Oster- 
lande  ab  nach  Osten  lässt  sie  sich  nur  durch  Heinr.  von 
Krolwitz,  aber  durch  diesen  sehr  stark  bezeugen,  Lisch  in 
8.  Ausgabe  8.  11.  ff.  Für  Schlesien  ist  der  Mangel  alter 
Belege  um  so  auffalliger,  als  die  heutigen  schlesischen  Mund- 
arten diese  Apocope  kennen:  Weinhold  Dialectforsch.  126. 
Rückert  Entw.  261.  f. 

Genitiv  und  Dativ  des  Gerundivs  lauten  voll  mhd. 
-ennes,  -enne;  das  nn  ist  aus  Angleichung  von  nj  entstanden, 
wie  das  Germanische  selbst  noch  aufweist,  vergl.  die  alts. 
Genitive  suerjannjas,  liagannjas  Dkm.  LXXII,  8.  Volle  mhd. 
Formen  sind  also  Gen.  ezzennes  trinJcennes  loufennes,  Dat. 
jse  gebenne  bittenne  homenne  sldfenne. 

Daneben  kommen  die  erleichterten  Endungen  -enes  -ene 
vor:  lideneSy  tragenes,  —  ^e  sprechene  genesene  ligene 
tragene  schrlene  haldene;  mit  Syncope:  ze  varne  verberne 
keine.    Diese  Formen  mit  einfachem  -n  sind  md.  sehr  beliebt, 

vgl.  die  Reime 

ze  gehene :  ebene  Alex.  4226.  Elis.  53.  118.  Jungfr.  175.  ze  sehene  : 
zehene  Herb.  4767.  zenberne :  gerne  Karlm.  363.  ze  tragene :  ingagene 
Alex.  161.  zu  diezine  :  zu  sUezine  Ath.  A.*  35.  zu  sldne  :  zu  vdne 
ebd.  C.  53.  ze  sene  :  gedene  Wemh.  14,  8.  Vgl.  W.  Grimm  zu  Ath. 
A.  31 ;  die  späteren  md.  Prosaschriften  wie  Herm.  von  Fritslar,  Köditz 
geben  reichliche  Belege. 

Die  genaue  Behandlung  der  Regeln  für  Syn-  und  Apo- 
cope des  e  in  diesen  Endungen  -enes  -ene  lassen  selbst  genaue 
Schreiber  des  13.  Jh.  vermissen.  Zu  bemerken  ist,  dass  die 
apocopirten  Dative  des  Gerundivs  in  -en  im  Reim  bedenklich, 
sind,  vgl.  Lachmann  z.  Walth.  78,  8. 


397 

Im  Bairisch  -  Österreichischen   findet   sich   ein    Gen.    des  §372. 
Gerundivs  in  -es,  also  mit  gänzlich  geschwundenem  n :  swindes 
springes  trinJces  BGr.  §  288. 

Seit  dem  12.  Jh.  erscheint  epenthetisches  d  in  diesen 
Dativen  alemannisch  und  mitteldeutsch,  das  Bairische  hält  sich 
frei  davon.  Alem.  Belege  aus  13.  14.  f.  Jh.,  zb.  ^i  geltinde 
körnende  tuonde  sehende  niesende  verzeichnet  AGr.  §  351. 
Für  das  Md.  zeugen  folgende  Beispiele : 

zu  tragende  Eud.  25,  16.  zu  cumende  25,  28.  zu  gescende  sende 
Ath.  D.  29.  30,  hier  selbst  im  Keim  zu  lesende  (:  wesende  j.  Tit.  418,  3. 
ze  gehende  (-.lebende  MSH.  2,  369»  Kumsland.  —  In  den  von  md. 
Schreiber  aus  bair.  Vorlage  umgeschriebenen  Predigten  Leysers  begegnen 
diese  Dative  oft ;  im  Altschles.  gehn  die  Dative  in  -ene  und  -ende  neben 
einander  her,  in  den  Trebnitzer  Psalmen  wenigstens  überwiegen  die  ersten, 
Pietsch  Ausgabe  S.  LXX.  f. 

§  373.  Das  Particip.  Präs.,  durch  das  Nominalsuffix  §373- 
-nt'  (Bopp  Vergl.  Gr.  §  779)  gebildet,  geht  mhd.  in  -ende 
aus.  Das  e  spielt  auch  in  dieser  schweren  Endung  in  den 
vocalischen  Schattirungen  i  a  u.  Die  Endung  inde  ist  alem. 
und  besonders  md.  verbreitet,  unde  ist  bairisch  beliebt,  vgl. 
die  Reime  hrinnunde :  munde  Tundal.  52,  77.  släfunde :  munde 
Earaj.  80,  5.  snidunden  :  wunden  Biter.  6535,  und  weiter 
BGr.  §  289.  Es  kommt  aber  auch  md.  vor,  vgl.  oben  §  84, 
Seltener  ist  -ande,  das  md.  im  12.  Jh.  und  alem.  in  jüngeren 
Hss.  belegt  ist,  vgl.  oben  §  82  und  AGr.  §  352. 

Folgenreich  war  der  Ausfall  des  d,  so  dass  ene,  apocopirt 
en  ftir  ende  entstund,  was  zur  Vermischung  des  Partie,  mit 
dem  Iniin.  namentlich  in  den  mit  sein  und  werden  umschrie- 
benen Formen*  (zb.  si  weeren  vischen  üf  den  si  Greg.  775. 
sin  öre  wart  db  biegen  der  heiser  Pass.  H.  173,  21)  führte. 
Die  participiale  attrib.  und  prädicat.  !Nfatur  dieser  scheinbar  in- 
finitiven  Formen  ist  aber  überall  klar,  zb.  al  swigene  he  ging 
Tristr.  7797.  9422.  der  lebene  geist  in  den  ädern  ApolL 
V.  Tyr.  (her.  v.  Schröder)  47,  23. 

Diese  Abschleifung  des  partic.  Suffixes  ist  wesentlich  md. 
verbreitet,  und  greift  mit  Ausname  der  durch  sein  und  werden 
umschriebenen  Tempusformen  nur  wenig  in  das  Oberdeutsche 
über.     Vergl.  F.  Bech    Beispiele   von   der  Abschleifung   des 


398 

§373.  deutschen  Partie.  Präs.  (Zeizer  Progr.  v.  1882).  Vgl.  auch 
§  401. 

Oberdeutsch  fällt  der  If  asal  des  Participialsuffixea  zuweilen 
aus,  wodurch  stark  syncopirte  Formen  entstehn :  helede  Parz. 
G.  466,  22.  Wolfr.  Lieder  5,  34.  helde  Nib.  436,  4.  wahsede 
Lobges.  88,  1.  wahsde  87,  11.  brinnede  Griesh.  Pr.  1,  125. 
brinnde  Lobges.  89,  1.  —  AGr.  §  352.   BGr.  §  289. 

Diese  Participia  in  -ede  sind  übrigens  auch  md.  im  14.  Jh. 
nachzuweisen,  Pietsch  Trebn.  Psalm.  S.  LVI.  Gemäss  der 
md.  Neigung,  die  Verbindung  nd  in  ng  zu  wandeln,  §  219, 
finden  sich  auch  md.  Participia  Präs.  in  -enge,  -unge,  Trebn. 
Psalm.  S.  LXXI. 

Das  Particip.  Perf.  Pass.  wird  durch  das  Suffix  -na 
gebildet  (Bopp  vergl.  Gr.  §  834.  f.)  und  endet  mhd.  in  -en; 
über  die  Spielarten  -in,  -an,  -on,  -un  vgl.  §§  81 — 84.  Auch 
von  dieser  Endung  schwindet  das  n  mundartlich,  zb.  gegebe 
Mülh.  U.  837.  Von  Stämmen  in  m  oder  n  fiillt  obd.  auch 
die  ganze  Endung  ab,  bair.  österr.  Dichter  des  späteren  13. 
und  des  14.  Jh.  brauchen  selbst  kom  benom  besunn  enpfang 
a.  a.  im  Reim,  BGr.  §  294  und  auch  alem.  geschah  gleiches, 
vgl.  den  Reim  erschin  :  in  Lanz.  WP.  4244. 

Die  Flectirung  beider  Participia  geschieht  mhd.  bereits 
ganz  nach  Art  der  Adjectiva,  hängt  also  von  der  syntactischen 
Stellung  ab,  §  500. 

Das  Ptc.  Perf.  P.  erscheint  mhd.  fast  durchaus  mit  dem 
Präfix  ge.  Ohne  das  Präfix  kommen  jedoch  gewöhnlich  vor 
geben  vreiszen  troffen  kamen  worden  vunden  beliben  (bliben) 
läzen  (län);  nachweislich  ohne  ge  sind  auch  brocken  biiseen 
goezen  braten  heilen,  Vergl.  Grimm  Gr.  I,  1016.  II,  847. 
Haupt  z.  Engelh.  4257.  Herm.  v.  Sächsenheim  v.  Martin  S.  49. 
§374.  §  374.      Perfect  im  Indicativ.      Das    germanische 

Tempus  der  Vergangenheit  entspricht  formal  dem  griech. 
Perfect  und  dem  sanskrit.  reduplic.  Präter.,  Bopp  Gr.  §  588. 
Die  Endungen  sind  secundäre. 

Die  1.  3.  Sg.  giengen  ehemals  in  a  aus,  anstatt  altem  ma 
und  ta.  Das  a  muste  nach  dem  germ.  Auslautgesetz  abfallen 
und  so  erscheint  in  beiden  Personen  der  nackte  Perfectstamm. 


399 

Seit  dem  12.  Jh.  zQJgt  sich  in  beiden  Personen  zuweilen  ein  §374. 
epithetisches  e,  zb.  1.  Sg.  sähe  vande  schuofe  stuonde  ver- 
lose Menge.  —  3.  8g.  selbst  im  Reim,  zb.  hiejs^e  :  genießen 
Rother  4466.  scheine  :  reine  Wernh.  164,  21.  greife  :  um- 
hesweife  Neith.  90,  13.  vande :rande  Mai  114,  22.  läge: 
sagß  Gundach.  942.    AGr.  §  345.    BGr.  §  290. 

Md.  tritt  derselbe  Zusatz  auf,  auch  hier  findet  siöh 
namentlich  im  14.  15.  Jh.  dieses  epithetische  e  häufig.  Der 
Grund  davon  lag  in  der  auffallenden  Endungslosigkeit  dieser 
Formen,  die  zu  einer  Anähnlichung  an  die  Endung  der  schw. 
Perfectformen  verleitete.  Nicht  darf  aber  dieses  e  als  Rest 
eines  uralten  ä  betrachtet  werden,  wie  Cosijn  oudnederl.  Psalm. 
S.  52  gelegentlich  des  in  den  Psalm.  54,  17  geschriebenen 
riepo  behauptete. 

Die  2.  Sg.  hat  im  Hd.  gemeinhin  die  im  Got.  und  Alt- 
nord, bewahrte  alte  Endung  -t  (ta)  aufgegeben  und  sie  nur 
in  den  Präteritopräsentibus  erhalten.  Die  hochd.  Endung  der 
2.  Sg.  Prs.  Ind.  in  den  ablaut.  und  reduplic.  Klassen  ist  i 
mhd.  e,  welches  an  den  conjunctivischen  Perfectstamm,  unter 
Umständen  also  mit  ümlautwirkung,  angetreten  ist:  gcebe 
nceme  vcehte  trünke  trüege  bite  hüte  viele  hieise  liefe,  Nach 
kurzen  Stämmen  wird  das  e  gemäss  der  Regel  apocopirt ;  die 
Baiern  und  Österreicher  thun  dies  aber  auch  nach  langen: 
du  wcer  s<bb  gieng,  wobei  der  Umlaut  auch  aufgehoben  wird. 
So  braucht  Suchenwirt  im  Reim  du  näm  :  anisam  41,  303. 
du  gepär :  offenbar  41,  203,  vgl.  Koberstein  Suchenwirt  III,  17. 
Besondere  Erwähnung  verdienen  die  apocopirten  2.  Sg.  du  gie  : 
die  Otack.  c.  439.  du  bege :  sie  Schoneb.  6333.  du  enphie 
Gundach.  634. 

Diese  2.  Sg.  in  -i  führt  auf  altes  optatives  -is  zurück 
(vgl.  Scherer  GdSpr.  304)  und  ist  also  Übertragung  einer 
fremden  Modusform  in  den  Indicativ. 

Wie  gegen  die  flexionslose  1.  3.  Sg.,  so  regte  sich  der 
Widerstand  auch  gegen  diese  auffallende  2.  Sg.  in  -e.  Seit 
11.  12.  Jh.  beginnt  sich  md.  und  obd.  -es  -C5^'Statt-e  dem 
conjunctiven  Stamm  anzufügen. 


400 

§  374.  säzes  mfrk.  Legend.  752.  gewunnea  95.  uri^fienges  749.   Uezes  751. 

lides  Ath.  A^  15.  hulfes  A.\  9.  werest  Eoth.  4479.  zugist  4483. 
hiwhest  Vor.  Ged.  297,  4.    truogest  geberest  5.   M?Mi-(fes<  23.    Aus  dem 

13.  Jh.  lides  (-.vrides)  Meisner  MSH.  3,  86».  sugest  (imugest)  Eums- 
land  ebd.  2,  367. 

Diese  Form  wird  neben  der  alten  in  -e  im  13.  14.  Jh. 

häufig  gebraucht,  md.  ist  auch  hier  es  is  neben  est  ist  stark 

vertreten.     Man  vergl.  Evang.  Nicod.  471.  485.  1072  (Pfeiflter 

Altd.  Übungsb.).  LeysersPred.  75.  98. 107.  111. 112.  Marienl. 

4,  8.   5,  36.   6,  31.   7,  2.   17,  1.  3.  u.  o.   Pietsch  Trebn.  Ps. 

5.  LXIX.    Muskbl.  o.    Rüokert  Entw.  257.     Seit  Ende    des 

14.  Jh.  wird  die  Ausgleichung  der  Form  mit  dem  übrigen 
Indicativ  weiter  geführt  und  die  2.  Sg.  aus  dem  indicativen 
Stamm  gebildet :  genasest  Lieders.  28,657.  säst :  genas  Wölkst. 
CIL  3,  8.    göhist  plaibist  Rückert  Entw.  258. 

Im  14.  Jh.  kommt  obd.  noch  eine  andere  Form  der  2.  Sg. 
Ind.  Pf.  auf,  nämlich  -t  an  conjunctivem  Stamm,  vgl.  du  scecht 
sprcecht  geschueft  verlurt  enphiengt;  es  scheint  hier  das  s 
vor  t  unterdrückt,  und  diese  Form  also  nur  eine  Abänderung 
der  Endung  -est:  AGr.  §  345.  BGr.  §  291.  Koberstein 
Suchenwirt  III,  18.  Birlinger  Alem.  Sprache  S.  195.  Martin 
zu  Sachsenh.  Mörin  539. 

TIbrigens  erscheint  die  alte  Endung  der  2.  Sg.  in  -e 
selbst  noch  im  15.  Jh.  nicht  selten,  wenn  sie  auch  schon  in 
sichtlichem  I^iedergange  steht. 

§375.  §  375.     Im  Got.   und  Ahd.   war  im  Plural  Ind.  Pf. 

das  thematische  a  in  u  oder  o  gewandelt ;  mhd.  gilt  natürlich 
nur  e:  1.  -en  2.  -et  3.  -en. 

In  der  2.  PI.  stehn  neben  -et  die  nasalirten  Nebenf.  -ent 
und  -en  wie  in  2.  PI.  Prs.,  über  die  zu  vergleichen  ist  §  369. 
An  Stämmen  auf  d  oder  t  erfolgt  zuweilen  Abstoss  der  ganzen 
Endung :  ir  wurt,  but,  riet.  Apocope  von  t  allein  zeigt  sich 
in  ir  täte  :  rate  Krone  17265. 

Die  3.  PI.  ist  eine  secundäre  Form:  un  für  unt.  Für 
mhd.  -en  in  1.  3.  PI.  erscheint  -in  häufig,  seltener  an  on  un, 
wie  in  der  Wiener  Genesis,  in  Otlohs  Gebet,  im  Friedberger 
Erist.    Epithetisches  t  lässt  sich  seit  12.  Jh.  (bätent  BiOth.  439) 


401 

in  der  3.  PL  nachweisen ;  der  Alemanne  Hug  von  Langenstein  §  375. 
gestattet   sich    diese   Form    selbst  im   Reim :    gabent  :  äbent 
Mart.  88,  84.  sugent :  tugent  87,  39.  AGr.  §  346.  BGr.  §  292. 
Auch  in  der  1.  PI.   zeigte   sich   dieses  -t  im  14.  15.  Jh.  in 
nachlässiger  Schriftsprache  häufig. 

§  376.  Der  Conjunotiv  Perfecti  ward  durch  das  §376. 
Potentialsuffix  ja  gebildet,  das  ohne  Vocal  dem  Perfectstamm 
sich  anfügte.  Germanisch  ward  ja  :  ji  :  i;  mhd.  ist  allge- 
mein e,  mundartlich  unbestimmtes  i,  an  die  Stelle  getreten. 
Die  Endungen  sind  mhd.  also  dieselben  wie  im  Conj.  Präs.; 
den  Unterschied  gibt  allein  der  Stamm. 

Nebenformen  der  2.  PI.  sind  auch  in  diesem  Modus  -ent 
und  -en;  für  lezteres  sind  alte  md.  Belege  wären  {:  sägen) 
Roth.  1542.  lieHn  3304.  An  Stämmen  in  -t  kann  dieselbe 
Verkürzung  wie  in  2.  PI.  Prs.  vollzogen  werden :  ir  baet,  ir  büt. 

Epithetisches  t  fügt  sich  auch  der  1.  und  3.  PI.  in  vulgärer 
Sprache  an.  Die  3.  PI.  Ind.  Präs.  gab  dazu  den  Anstoss.  — 
AGr.  §  347.  348.    BGr.  §  293. 


II.  Die  scliTV'a.clie  Ooiijixg^a.tioii. 

A.  IDie  Tempusblldung'. 

§  377.  Die  Zeitworte,  welche  die  sogenannt  schwache  §377. 
Tempusbildung  haben,  sind  jünger  als  die  starkeil  Verba :  es 
sind  Ableitungen  aus  starken  Yerbalstämmen  oder  aus  Nominal- 
stämmen; die  Bildungen  aus  Formwörtem  (zb.  bien,  vonen, 
üfen)  und  aus  Interjectionen  kommen  nach  Zahl  und  Alter 
gar  nicht  in  Betracht. 

Während  die  Begriffe,  die  in  den  st.  Zw.  zum  Ausdruck 
kamen,  die  ältesten  und  einfachsten  waren,  sind*  die  Begriffe 
in  den  schw.  Zw.  abgeleitete :  sie  geben  nähere  Bestimmungen 
zu  Thätigkeiten  und  Zuständen  (Th.  Jacobi  Beiträge  S.  131.  f.). 
Die  Art  der  Bestimmung  des  Begriffs  kann  verschieden  sein ; 
zur  Andeutung  davon  vollzog  das  Germanische  an  dem  Suffix, 
welches  der  alten  Conjugationsklasse,  aus  der  unsere  schwache 
Conjugation  hervorgieng,  ursprünglich  eigen  war,    eine   drei- 

We inhold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  26 


402 

•  •  

§  377.  fache  Änderung.  Das  SufSx  dja  (Bopp  Gr.  §  109.  a.  6.  Band  I. 
S.  225 — 229.  2.  A.)  ward  nämlich  germanisch  entweder  zu 
ja  (i)  oder  zu  ö  (a  +  ^)  oder  zu  ai.  Vgl.  Scherer  GrdSpr. 
2.  A.  S.  285—298.   Amelung  in  ZfdA.  XXI,  229.  ff. 

So  entstunden  drei  Klassen  der  schwachen  Con- 
jugation,  welche  verschiedene  Bedeutung  hatten.  Die  erste 
Klasse,  Suffix  ja  (i),  überwiegend  aus  Adjectiven  gebildet, 
hat  wesentlich  factitive  Bedeutung :  die  Zeitworte  bezeichnen 
das  hervorbringen  einer  Thätigkeit  oder  Eigenschaft,  oder 
das  sein  mit  einer  Thätigkeit  oder  Eigenschaft.  Die  zweite 
Klasse,  Suf&x  6,  überwiegend  aus  Substantiven  der  a-Klasse 
abgeleitet,  hat  vorzüglich  instrumentale  Bedeutung  und  be- 
zeichnet das  beschäftigt  sein  mit  etwas,  das  sein  in  etwas. 
Die  dritte  Klasse,  Suffix  got.  ai  hd.  e,  wie  es  scheint  die 
jüngste,  hat  mediale  Bedeutung  und  gibt  eine  Thätigkeit  an 
als  ein  sein  „mit  Zurückbeziehung  auf  das  Subject". 

Th.  Jacobi  die  Bedeutung  der  schwachen  Conjugation,  in  seinen 
Beiträgen  zur  deutschen  Grammatik  S.  131 — 196. 

§  378.  §  378.     Die  Suffixvocale  i  6  e  (ai)  geben  die  Klassen- 

themen und  schliessen  die  Verbalendungen  an  den  Stamm. 
Im  Präsens  waren  dieselben  denen  des  st.  Präs.  durchaus 
gleich,  es  traten  aber  theils  durch  Ausfall  des  Suffixes,  theils 
des  Flexionsvocals,   viele  Änderungen  in  den  Endungen  ein. 

Über  die  Entstehung  des  scl^wachen  Präteritums  gehn  die 
Ansichten  zur  Zeit  noch  sehr  auseinander. 

J.  Grimm  in  der  Grammatik  und  in  der  Gesch.  der  deutschen 
Sprache  877.  ff.  erklärte  das  schw.  Prät.  entstanden  durch  Zusammen- 
setzung des  Präsensstamms  des  schw.  Verba  mit  dem  Perf.  eines  starken 
Hilfszeitworts,  das  er  in  dem  abl.  Verb  didan  (thun)  fand.  Die  Formen 
desselben  bot  das  gotische  im  Dual  und  Plural  unverkürzt  {dedn  — 
dedun),  im  Sg.  Ind.  dagegen  verstümmelt.  Bopp  Vgl.  Gramm.  §  620.  ff. 
schloss  sich  dieser  Erklärung  an.  In  neuerer  Zeit  ist  die  Frage  von 
neuem  und  von  verschiedenen  Gesichtspuncten  aus  behandelt  worden. 
Holtzmann  Isidor  110.  ff.  und  L.  Meyer  Got.  Spr.  129.  ff.  hielten  an 
der  Zusammensetzung  fest,  und  nahmen  im  Sg.  Prät.  ein  reduplic.  Perf. 
von  dhä,  im  Plur.  die  Perfectformen  eines  ablaut.  Verbums  didan  an. 
Die  Erklärung  durch  Zusammensetzung  ist  in  anderer  Weise  durch 
Seh  er  er  G.  d.  d.  Spr.  (2.  A.)  322.  ff.  versucht.    Er  nimmt  als  ersten 


403      ' 

Theil  den  Accusativ  eines  abstracten  Nomens,  als  zweiten  den  peri-  §  378. 
phrastischen  Aorist  von  dhd  (thun)  an.  Modificationen  dieser  Erklärung 
sind  von  Amelung  und  Kluge  aufgestellt.  Amelung  (Z.  f.  d.  A.  XXI, 
229 — 253)  sah  im  1.  Theil  ebenfalls  einen  Accusativ,  aber  bei  transi- 
tiven Verben  den  eines  Adjectivs,  bei  intransitiven  den  eines  Substantivs ; 
im  2.  Theil  nam  er  als  ursprünglich  ein  redupl.  Perf.  von  dhä  an,  woran 
<iie  germ.  Dialecte  ausser  dem  gotischen  festhielten.  Das  got.  führte  im 
Du.  und  Plur.  eine  irrthümliche  ablaut.  Perfectbildung  ein.  Kluge  (zur 
■Gesch.  d.  germ.  Conjug.  109 — 117)  kehrte  zur  Schererschen  Erklärung  des 
2.  Theils  aus  dem  Aorist  von  dhä  zurück  und  sah  im  1.  Theil  den 
Accus,  eines  Adj.  oder  Subst.  wesentlich  wie  Amelung.  —  Die  Zusammen- 
setzungstheorie ward  zunächst  durch  Begemann  (das  schwache  Prä- 
teritum der  german.  Sprachen  Berlin  1873.  Zur  Bedeutung  des  schw. 
Prät.  1874)  angefochten  und  eine  Erklärung  der  Bildung  durch  das  im 
Part.  Perf.  Pass.  auftretende  Suffix  -ta  versucht.  Er  nam  damit  eine 
von  Bopp  in  seinem  Conjugationssystem  1816  aufgestellte  Erklärung  des 
schw.  Prät.  wieder  auf.  Paul  (Beitr.  VII,  136 — 152)  erkannte  an,  dass 
Prät.  und  Partie.  Pf.  P.  sich  gegenseitig  beeinflusst  haben,  stellte  aber 
für  das  Prät.  das  Suffix  -dh  auf,  während  im  Partie,  das  Suffix  -t  ist. 
H.  Möller  (ebd.  VII,  457.  ff.)  bestritt  wieder  das  -dh  und  behauptete 
auch  für  das  Prät.  das  Suffix  -t,  welches  aus  dem  zweiten  (nicht  prä- 
sentischen, aber  auch  nicht  perfectischen)  Verbalstamm  das  schwache 
Präteritum  gegeben  habe. 


§  379. 
Paradigma  der  gotischen 

I.  J-Klasse         II. 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  nasja 

2.  nasjis  sökeis 

3.  nasßp  söTceip 
Du.  1.  nasjös 

2.  nasjats 
PI.  1.  nasjam 

2.  nasjip  söJceip 

3.  nasjand 
Conj.  1.  nasjau 

2.  nasjais 

3.  nasjai 

1.  nasjaiva 

2.  nasjaits 
1.  nasjaima 

^  2.  nasjaip 

3.  nasjaina 


§379. 


schwach 

A 

O-Klasse 

scUhö 

sälhos 

scdböp 

sälbös 

sälböts 

saJböm 

saXböp 

scdbönd 

sälbö 

salbös 

scdbö 

scdböva 

saTbots 

scdboma 

salböp 

salböna 


en  Conjugation. 

III.  -^i-Klasse 

häba 
habais 
habaip 
habös 
habats 
häbam 
habaip 
haband 
habau 
habais 
habai 
habaiva 
*  hcLbaits 
habaima 
habaip 
habaina 

26* 


404 


§379.  I.  /-Klasse 

Imp.  8g.  2.  nasei  sökei 
3.  nasjadau 
Du.  2.  nasjats 
PI.  1.  nasjam 

2.  nasßp  sökeip 

3.  nasjandau 
Inf.       ncuijan 

Ptc.  Prs.  nasjands 

Perf.  Ind.  1.  nasida 

2.  nasides 

3.  nasi(2a 

1.  no^ic^^e^M 

2.  tta«te2e(2t«t5 

1.  no^eeZum 

2.  nasideduß 

3.  nasidedun 
Conj.  1.  m(^'(7€(7jau 

2.  nasidedeis 

3.  nasidedi 

1.  nasidedeiva 

2.  nasidedeüs 

1.  nasidedeima 

2.  noMdideip 

3.  nasidedema 
Part.  Perf.  P.       wa«i^s  »oäjiJs 


II.  O-Klasse     IIL  -^i-Klasse 


wie  nasida  in  den 
Endungen. 


hübüi 
habadau 
habats 
häbam 
häbaip 
hdbandau 
hob  an 
habands 
häbaida 
wie  nasida 


salbödedjau  habaideäjau 

wie  na«i(26(2jau  in    wie  nasidedjatt 
den  Endungen. 


sälbdps 


häbaips 


§380.  §  380. 

Paradigma  der  althochdeutschen  schw.  Conj. 


I.  /-Klasse 

n.  O-Klasse 

TIT.  JE;-Kla 

Präs.  Ind.  Sg. 

1. 

wcr/t*,  sentu 

saJbam  -n 

hareim 

2. 

neris 

saibos 

hares 

3. 

nerit 

saXböt 

haret 

PL 

1. 

nerimes,  sentames 

sälbömes 

haremes 

2. 

nerit  nerjet 

sälböt 

haret 

3. 

nerant  -ent 

salbönt 

harent 

Conj. 

nerje  ner,  sente 

sälböe  salbö 

hare 

neres 

salböes  saJbös 

hares 

nerje  ner 

U.   8.  w. 

U.  8.  w^ 

nerjen  neren 

nerjet  nerit 

nerjen  neren 

405 


I.  /-Klasse            ] 

LI.  Ö-Klasse 

III.  -E-Kla 

Imp. 

neri,  senti 

aalbö 

hare 

nerjat  nerit  -et 

saXbot 

haret 

Inf. 

nerjan,  sentan 

salbön 

hären 

Ptc.  Prs. 

nerjanti,  sententi 

salbönti 

ha/renti 

rf.  Ind.  Sg. 

nerita,  sentita  santa 

sälböta 

hareta 

neritos  santös 

salbötös 

haretös 

neiita  santa 

U.  8.  w. 

U.  8.  w. 

neritumea  santumes 

neritut  santut 

neritun  santun 

Conj. 

neriti,  sentiti  santi 

salböti 

hareti 

neritis,  santis 

U.  8.  w. 

U.  8.  w. 

neriti 

neritimes 

neriUt 

neritin 

Ptc.  P.  P. 

ginerit,  gesentü  gisant 

gisalböt 

giharet 

§  381.     Der  Unterschied  der  Suffixvocale  erlosch  schon  §  381. 
in  der  lezten   ahd.  Zeit  durch  Störung  der  Längen  6  und  e 
und  Entartung  derselben  zu  irrationalem  e,  zu  dem  das  i  der 

1.  Kl.  schon  früher  verblasst  war.  Die  drei  Klassen  ver- 
schmolzen mhd.  also  wieder  zu  einer,  in  der  freilich  dadurch 
Theilungen  entstunden,  dass  die  Yerba  mit  i  in  den  meisten 
Fällen,  wo  es  möglich  war,  den  Wurzelvocal  umlauteten,  die 
mit  altem  6  oder  S  ihn  aber  rein  erhielten;  femer  dadurch 
dass  in  der  1.  schw.  Klasse  die  Perfectendung  mit  Vorliebe 
«inmittelbar  an  den  Stamm  trat,  wobei  die  kurzstämmigen 
Umlaut  haben,  die  langstämmigen  ohne  Umlaut  sind,  da  bei 
ihnen  die  Unterdrückung  des  Suffixvocals  i  jkooh.  energischer 
geschah. 

Die  zur  2.  3.  Kl.  gehörigen  Zw.  hielten  an  dem  Suffix- 
vocal  treuer  fest,  da  er  eine  alte  Länge  war.-  Besonders 
haftete  6,  Alemannisch  pflanzen  sich  durch  die  ganze  mhd. 
Zeit  zahlreiche  Yerba  in  -o  fort,  wenigstens  haftet  das  6  in 
geschlossener  Silbe.  Kürzung  des  6  tritt  dabei  vielfach  ein,  auch 
Verdunkelung  des  o  zu  w  kommt  vor.  Auch  Klassenvermischung 
geschieht,   denn  es  finden  sich  nicht  bloss  Verba   der  alten 

2,  Kl.,  sondern  auch  der  1.  3.  Kl.  mit  o  und  u  in  der  Suffixsilbe. 


406 

§381.  Ganz  derselbe  Zustand  war  einige  Jahrhunderte  früher  in) 
I^iederfränkischen  eingetreten,  Cosijn  oudnederland.  Psalmen 
28.  f.  52.  Ein  Verzeichnis  alem.  Zw.,  in  denen  o  vor  n  und 
t  mhd.  haftete,  steht  AGr.  §  357.1) 

Im  12.  13.  Jh.  begegnet  das  o  vor  t  aber  auch  bairisch 
und  mitteldeutsch.  Im  13.  Jh.  bedient  sich  kein  höfischer 
Dichter  dieser  Form,  sie  ist  volksmässig.  Besonders  ist  e& 
das  Ptc.  Pf.  P.,  in  welchem  der  alte  Vocal  haftete.  Im  Rother 
kommen  nicht  weniger  als  32  mal  Participia  in  -ot  vor,  im 
Salman  und  Morolf  nur  4  Partie,  in  der  Nibelunge  N^ot  bloss  2. 
Folgende  Belege  werden  genügen,  um  das  Auftreten  des  o  (ö) 

in  diesem  Particip  zu  beweisen: 

auf  gebot  reimt  gebar öt  Kl.  566.  gemahelöt  Wemh.  Mar.  212,  18^ 
gesamenöt  Eoth.  135.  Wemh.  M.  192,  35.  zestöröt  Wien.  Gen.  11,  33» 
gewandelöt  Pass.  K.  78,  55.  gewarnöt  Eol.  203,  22.  —  auf  verbot 
gebüdöt  Roth.  4402. 

auf  bluot:  geheiligdt  Ezzo  15,  6. 

auf  bröt  reimt  beschatewöt  Wemh.  M.  148,  24. 

auf  göt  reimen  gedienöt  Bother  4836.  gevazzöt  164.  genendöt  2585. 
geordinöt  3328.  gereitöt  776.  gerihtöt  2495.  gesendöt  2690.  virstmöt 
2715.   zesweUöt  2443.    gewäfenöt  2763.  3529. 

auf  not  reimen  gedienöt  Genes.  W.  58,  45.  Both.  4514.  geer gerät 
Angenge  3,  33.  gevalscöt  Both.  2792.  gevolgöt  aBeinh.  1645.  gechouföt 
Genes.  W.  59,  13.  gelägöt  aBeinh.  1697.  gemardelöt  Friedb.  Kr.  E.  2,  3* 
Freid.  173, 9.  gemarteröt  Both.  3462.  Lieds.  113,  208.  geoffenöt  Tristr. 
2702.  geringelöt  MSH.  3,  236^  gesenftot  Biter.  12374.  verwmdeUi 
Kaiskr.  12429.  MF.  196,  37  (Beimar).  Tundal.  58,  17.  Neith.  11,  12. 
99,  2.  Warnung  3058.   gewäfenöt  Both.  2972.   gewarnöt  Kaiserkr.  5403. 

auf  röt  reimen  erarnöt  Enenkel  Weltkr.  406*>.  gesatelöt  Wigam. 
1751.  verwanddöt  Both.  3533.  MF.  107, 13  (Bugge).  gewieröt  Both.  391. 
1816.   geciröt  1098. 

auf  tot  reimen  virdampnöt  Tr.  Egid.  1138.  Tr.  Silv.  475.  gehoubitöt 
Both.  511.  erkennöt  Earaj.  36,  25.  gelasteröt  Alex.  3442.  gdedigöt 
Both.  4124.  gelönöt  Ezzo  28,  12.  gemartüöt  Wemh.  v.  Nrh.  27,  14. 
Karlm.  402,  66.  gemarteröt  Mart.  37,  26.  ermorderöt  Mb.  953,  S. 
genagelöt  Warnung  1233.  geoffenöt  Kindh.  J.  81,  16.  berouböt  Ezzo 
23,  2.  unversculdigöt  Alex.  2439.  verseröt  Biter.  9536.  getemperöt 
Tiistr.  2298.   verwandelöt  Tundal.  44, 72.  Salman  111,  5.  125,  5.  135, 6. 

*)  In  einem  Aufsatz  über  die  Vocale  der  Verbalendungen  der 
Zwiefaltener  Benedictinerregel  (Anfang  des  13.  Jahrb.)  erwies  Laistner 
(P.-Br.  Beitr.  Vn,  558),  dass  sich  hier  altes  ö  in  geschlossener  Silbe 
als  u  (gekürztes  o  geht  voraus)  reflectirt. 


407 

Kl.  C.  769.    entwäpenöt  Biter.  8910.    gewarnot  Kaiserkr.  7618.  Hart-  §  381, 
mann  Glaube  816.  Nib.  1685,  3. 

auf  westeröt  reimt  güiberöt  Merigarto  37. 

Auch  auf  ot  werden  diese  Participien  gereimt;  die 
Quantität   des  mhd.  o   ist  daher  als  schwankend  anzusetzen. 

Auf  gebot  reimen  geopferot  Mart.  235,  82.  gesaminot  68,  103. 
gesegenot  Heinz.  J.  83,  5. 

auf  got  reimen  verdamnot  Mart.  42,  68.  verdienot  Boner  22,  62. 
virhengot  Eoth.  4032.  gelönot  Eoth.  3202.  4812.  Karaj.  42,  9.  vir- 
loukinot  Tr.  Silv.  469.  gemachot  Tr.  Silv.  427.  gemardelot  Friedb.  Kr. 
E.  2,  3.  umbemürot  aEeinh.  830.  gepredigot  Tr.  Silv.  451.  gesegnot 
Mart.  30,  17.  getroumot  Eoth.  2331.  unverwandelot  Friedb.  Kr.  G.  2,  8. 
irwechot  Wiener  Genes.  39,  22. 

auf  rot  (=  rotte)  reimt  geleidigot  Mart.  34,  24. 

auf  spot  reimen  erledigot  Salm.  246,  3.  gerechenot  Mart.  77,  7. 
verwandelot  Boner  29,  18.   verzimflot  Mone  j.  T.  844. 

Dazu  vergleiche  man  die  ungenauen  Reime  engilon:  ge- 
sunterot  Ezzo  18,  1.  wort  :  gichouffot  Genes.  W.  81,  18. 
;  irvollot  Ezzo  26,  7.     ;  gemartirot  Karaj.  43,  11. 

Ausser  dem  Partie.  Pf.  P.  hielt  sich  das  6  in  dem 
Perfect,  namentlich  in  3.  Sg.,  doch  auch  in  3.  PI.  Ind.  Conj. 
Alem.  Denkmäler  des  14.  15.  Jh.  bieten  ausser  Reim  sehr 
zahlreiche  Belege ;  im  Reim  weiss  ich  alem.  nur  Jcestigote  (3.  Cj.) 
:  spote  Mart.  139,  69  und  etwa  das  apocopirte  gelernot :  not 
Lieds.  127,  14  anzuführen.  Bairisch  kommen  diese  o  im 
11.  12.  Jh.  ziemlich  häufig  vor,  man  vergleiche  die  der  Ava 
zugeschriebenen  Dichtungen  und  die  Wiener  Genesis  (über 
diese  Vogt  in  P.-Br.  Beitr.  II,  334).  Wir  finden  auch  bis  in 
das  13.  Jh.  hinein  Reimbelege  dafür;  so  reimt  der  bairische 
Servatiusdichter  (Haupt  Z.  V)  auf  böte  ordenote  1787.  ge- 
samnote  S6d.  ^eichnote  1597 ,  smf  gote  hez^erote  20hA:,  veste- 
note  202.  ermugote  838,  kestigoten  auf  geboten  2212.  Im 
Angenge  reimt  auf  guote  erbarmote  13,  25.  geordenote  8,  61. 
Vergl.  ferner  die  apocopirten  Perfectformen  im  Reim: 

marteröt :  tot  wGast  11636.  ordenöt :  not  Milst.  18,  8.  Angenge 
3,  §7.  pfefirot :  bot  Milst.  47,  2.  irwachot :  gemachot  Vor.  Ged.  7,  3. 
verwandelot :  not  Milst.  83,  16.   zimberot :  gebot  27,  11. 

In  den  mitteldeutschen  Gedichten  des  12.  Jh.  begegnen 
die  Pf.  in  -öte,  -ote  ebenfalls  in  und  ausser  Reim ;  im  13.  Jh. 
sind  sie  verschwunden: 


408 

§  381.  3.  Sg.  gehüidöte :  note  Roth.  374.   kestigöte :  notin  Tr.  Egid.  145. 

näöte  :  genöte  Roth.  2367.  neigote :  göten  1877.  iroffenöte :  genöte  Tr. 
Silv.  37.  schouwöte :  göte  Roth.  3694.  ;  note  2463.  tröröte  :  göte  430. 
verwandelote  :  gemote  3006.  weinote  :  gehörte  2413.  toeigeröte  :  lute 
Tr.  Egid.  948.  hewurcdöte  :  stete  141.  cimerote  :  heimote  145.  —  3.  Sg. 
Conj.  geheüote  :  gute  tr.  Silv.  212.  —  3.  PL  Ind.  gerumöten :  göte  Roth. 
3654.  —  Ausser  Reim  sind  diese  öde  -öte  natürlich  bis  in  das  12.  Jh. 
verhältnismässig  noch  verbreiteter.  Über  ihr  Vorkommen  im  mfränk. 
Legendär  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  198.  f.  322.  Vgl.  femer  verwandelote 
Roth.  4012.  Alex.  135.  5988.  bezeichinote  Alex.  1101.  Annol.  197. 
saminödi  Annol.  123.  vertunlcelöte  Alex.  136.  warnöte  2447.  michdöde 
Trier.  Ps.  40, 10.  —  3.  PI.  verwandelöten  Alex.  3225.  weinötin  Roth.  438. 

§  382.  §  382.    Für  das  Mhd.  ist  eine  Theilung  der  schw.  Conj. 

in  die  drei  ahd.  Klassen  nach  §  381  nicht  ausfuhrbar;  denn 
als  Suffixvocal  zeigt  sich  abgesehen  von  den  wenigen  Eesten 
des  0  und  den  mundartlichen  unechten  i  a  u  nur  e.  Allein 
aus  dem  leben  oder  schwinden  dieses  e  und  aus  seiner  Wir- 
kung auf  den  Stammvocal  ergeben  sich  Unterschiede  unter 
den  mhd.  schw.  Zw.,  die  zu  einer  äusseren  und  dabei  ge- 
schichtlich vielfach  begründeten  Eintheilung  veranlassen. 

Umlaut  des  Stammvocals  fehlt  zunächst  bei  den 
ursprünglich  a)  der  2.,  b)  der  3.  Kl.  zugehörigen  Verben, 
also  a)  bei  laben  laden  baden  schaden  säten  gestaten  jagen 
klagen  wagen  machen  hallen  wallen  salben  halsen  mannen 
danken  wanken  vazzen  ahten  trahten,  malen  twälen  entänen 
vären  genäden  lägen,  boln  körn  spornen  vorsehen  toben 
stopfen  kosten  zogen  brocken  locken,  Ionen  kosen,  schouwen, 
wunden  tunken,  hüfen  müzen,  huoren  vluochen-;  nabeln  zuA- 
vdn,  verdamnen  samnen  warnen  wäfenen  bibenen  ebenen 
regenen  segenen  vordem  ermordern  geltchesen  richesen, 
b)  bei  lamen  schämen  vermanen  harn  scharn  sparn  hazzen 
dagen  sagen  tagen  zagen  lachen  wachen  alten  erkalten 
langen  erbarmen  amen  darben  warten  haften  vasten  lasten, 
rämen  swären  vrägen  betragen  gähen,  giliven,  doln  wonen 
losen  volgen  borgen  sorgen,  erstummen,  ervülen  brünen  türen 
trüren,  kuolen  gruonen  luogen  u.  a.  Allein  zu  derselben 
Abtheilung  stellte  sich  auch  eine  nicht  unbedeutende  Menge 
nicht  umlautfähiger  Verba  der  alten  1.  schw.  Kl.  mit  e  i  ei 
i  ie  im  Stamm,  während  umgekehrt  einige  mit  themat.  j  vor 


409 

dem  Suffix -ö  Umlaut  haben  {kern  reden  ==  herjon  redjdn),  §382. 
80  dass  der  Zustand  des  Stammvocals  allein  kein  genügender 
Theilungsgrund  sein  kann. 

Zu  Hilfe  kommt  die  Bildung  des  Perfects.  Wegen 
der  alten  Schwere  des  Suffixvocals  ist  dem  aus  6  oder  e 
entstandenen  e  eine  mindere  Flüchtigkeit  eigen  als  dem  aus 
i  (j)  hervorgegangenen:  es  unterliegt  also  der  Syncope 
weniger  leicht  als  dieses.  Allerdings  föUt  der  Suffix- 
vocal  in  dem  Perf.  kurzstämmiger  Zw.  in  Liquida  auch  hier 
aus,  denn  spilte  holte  dolte  schämte  vermante  wonte  sparte 
sind  die  regelmässigen  Formen ;  und  auch  bei  den  Stämmen 
in  t  oder  d  sind  die  syncopirten  Formen  wie  begatte,  gestatte, 
rette  {: bette  Engelh.  1948.  Secund.  149),  halte  (halten: ge- 
stalten Herb.  10558),  ahte  {:slahte  Wigal.  160,  5)  gewöhnlich, 
80  wie  die  Krasis  in  den  auf  g  auslautenden  Stämmen  häufig 
zweisilbige  Formen  (verdeite  hielte  jeite  seile)  erzeugt.  Von 
Einfluss  hierauf  waren  eine  Reihe  Verba,  die  von  jeher  die 
Endung  im  Prät.  und  im  Part.  P.  P.  unmittelbar  (ohne  Vocal) 
dem  Stamm  anfügten,  §  386.  Allein  im  übrigen  wird  das  e 
auch  nach  kurzem  Stamm  gern  bewahrt,  und  die  dreisilbigen 
Perfecta  wie  lebete  strebete  lobete  ladete  schadete  redete 
losete  jagete  Tdagete  sagete  gelten  als  gute  Formen.  Noch 
fester  haftet  das  e  in  den  Perfectis  langstämmiger  Zw.,  wie 
lachete  machete  salbete  dankete  erbarmete  warnete  vrägete 
erete  minnete  sorgete  lönete.  Bei  ihnen  ist  das  e  der  End- 
silbe stumm  und  kann  daher  apocopirt. werden;  solche  Formen 
gestatten  sich  bair.  österr.  Dichter  selbst  im  Beim  (BGr.  §  313. 
Lachmann  z.  Walth.  36,  33).  Innerhalb  des  Verses  erlauben 
sich  auch  gute  alem.  und  bair.  Dichter  die  Apocope  vor  Vocal 
und  selbst  vor  Consonant,  wenn  es  sich  darum  handelt,  ein 
dreisilbiges  Perf.  langstämmiger  Verba  auf  Hebung  mit  Senkung 
zu  brauchen,  zb.  volget  ich,  erjsieiget  er,  minnet  allejs  — 
endet  der  segen,  endet  sich,  lengert  die  hohmt,  Lachmann 
zu  Iw.  6514.  AGr.  §  359.  In  solchem  Falle  kann  auch  in 
3.  PI.  das  stumme  e  vor  folgendem  Vocal  syncopirt  werden : 
minnetn  äne,  ervolletn  ir. 


410 

§  382.  Statt  der  Apocope  ist  die  Syncope  zur  Herstellung  zwei- 

silbiger Perfectformen  freilich  noch  mehr  in  Brauch:  zwei- 
silbige Formen  wie  erte  trürte  machte^)  volgte  erbarmte 
warnte  herber gte  borgte  werden  im  Verse  verwant,  in  der 
obd.  Prosa  begegnen  sie  häufig. 

Die  Zw.  mit  den  Suffixen  -l  -n  -r  bilden  das  Perf.  in  der 
Regel  mit  Syncope  des  Suffixvocals,  zb.  zabelte,  wapente, 
wunderte.  Bei  den  Zw.,  deren  Stamm  oder  Suffix  in  -t  aus- 
geht, erscheinen  syncopirte  Formen  oft,  zb.  enpfette,  enthoubte. 

Die  Kürzung  der  Perfecta  kann,  unter  Umständen  in 
den  überhaupt  zur  Kürzung  stark  geneigten  oberdeutschen 
Dialecten  bis  zur  Einsilbigkeit  geschehen.  Das  wird  ausgeführt 

a)  durch    Syncope   und    Apocope:    lebt  strebt  jagt   vertagt, 

b)  durch  Krasis  und  Apocope:   jeit  Meit  leit  reit  (redete) j 

c)  durch  consonantische  Syncope  (bei  Stämmen  in  d  oder  t) 
und  Apocope,  zb.  ret  (redete)  verriht  huot  antwurt. 

Vgl.  BGr.  §  313.   AGr.  §  359. 

§388.  §  383.     Bei  den  schw.  Zw.,  welche  der  alten  1.  Conj. 

angehörten,  ist  das  Suffix  -j  in  der  Regel  geschwunden ;  nur 

im  12.  Jh.   finden  sich  in  Österreich.  Gedichten  noch  Spuren 

davon:  berjen,  cherigen,  her  gen,  nerigen,   terigen,  irwerien 

werigin  wergen  werjen,  BGr.  §  311.     Ausserdem  wirkt  j  in 

'    der  consonantischen  Gemination  nach,  zb.  in  leggen  huggen 

vellen  seilen  schellen  twellen  wellen  vüllen  lemmen  stemmen 

dennen  mennen  berren  bürren  nerren  werren  zerren  retten 

Zeiten.     Eine    durchgehnde   Erinnerung    an    das    suffigirte   i 

gibt  die  Durchführung  des  Umlauts,  soweit  der  Stammvocal 

ihn  gestattet. 

Umlautende  Zw.  der  alten   1.  schw.  Conjugationsklasse 

sind  zb.  a)  die  kurzstämmigen 

aelwen  hern  nern  beschern  wern  zern  verwen  gerwen  gremen 
lernen  zemen  denen  menen  senen  spenen  wenen  treten  zeten  legen  regen 
wegen  und  die  aus  den  positionslangen  qudlen  seilen  twellen  zeUen 
gewöhnlich  gekürzten  queln  sein  tweln  zeln ;  bürn  spürn  schüten  (neben 
schütten)  hügen. 


')  Über  machte  mähte  bei  Konr.  v.  Wirzburg  und  dem  Dichter 
der  guten  Frau   Sommer  z.  Flore  1085. 


K 


411 

b)  die  langstämmigen  (in  sehr  grosser  Zahl),  zb.  §383. 

vellen  gellen  schellen  gesellen  snellen  stellen  twellen  zeUen  velschen 
wehen,  temmen  hemmern  denipfen  kempfen,  brennen  kennen  nennen 
rennen  trennen  enden  blenden  lenden  nenden  pfenden  sehenden  senden 
swenden  wenden  senften  schrenzen  swenzen  engen  hengen  Mengen 
mengen  sengen  spengen  sprengen  twengen  benken  blenken  krenken 
schenken  schrenken  senken  trenken  wenken,  sperren  zerren  wermen 
erben  verderben  sterben  (trans.)  herten  scherten  swerzen  merken  serken 
Sterken  verterken,  heften  refsen,  enpfetten  retten  zetten,  ergetzen  hetzen 
letzen  netzen  schetzen  setzen  wetzen,  gebesten  glesten  mesten  resten 
leschen,  blecken  decken  recken  erschrecken  stecken  strecken  wecken 
pfehten,  hüllen  vüUen  vrümmen  krümmen  dünnen  gründen  künden 
schünden  zünden  wünschen  bedümen  zürnen  schürfen  gürten  antwürten 
kürzen  schürzen  würzen  würgen  vürhten  knüpfen  schupfen  nützen 
stützen  küssen  lüsten  rüsten  bücken  pflücken  smücken  zücken  —  bajen 
drajen  vlcejen  najen  scejen  wcejen,  vcelen  nemen  cenen  wcenen  leeren 
vermaren  vceren  beswaren  bewaeren  ncehen  smaehen  cehten,  blüejen 
brüejen  müejen  vüelen  küelen  wüelen  blüemen  rüemen  süemen  vertüemen 
erküenen  süenen  vüeren  trüeben  brüsten  wüeten  vüetem  büezen  grüezen 
süezen  wüesten  vüegen  genüegen  rüegen  —  siuwen  briunen  sliunen 
ziunen  siufzen  diuten  Muten  Hütern  —  drömoen  vröuwen  ströuwen, 
doenen  vroenen  hoenen  kroenen  schoenen  erboeren  vroeren  hoeren 
stoeren  toeren  noeten  rocten  toeten  vloezen  oesen  loesen  roesten  troesten 
vloehen. 

Dem  Umlaut  widerstehf  u  vor  Id  und  ng :  dulden  ver- 
gülden  jungen  tungen ;  auch  vor  r  +  Muta  und  vor  ch  bleibt 
u  gern  rein.  Der  Umlaut  tritt  femer  nicht  ein  in  sümen^ 
gewöhnlich  nicht  in  trüten;  ferner  nicht  in  gelouben  häufen  \ 

toufen  raufen,  selten  in  ougen,  stroufen  stauben  touben,  oft 
auch  nicht  in  trouwen  ssouwen;  ebenso  fehlt  der  Umlaut  in 
suochen  ruochen  und  meist  in  uoben.  Der  Grund  dafür  wird 
in  der  frühen  Vernichtung  des  Suffix  -j  in  diesen  Zeitworten 
zu  suchen  sein,  Lachmann  z.  !Nibel.  1462,  2. 

Umlautunfahig  sind  natürlich  die  Zw.  mit  e  i  i  ei  ie  in 
der  Stammsilbe. 

Von  der  modalen  Verwendung  des  Umlauts  im  Conj.  Prät. 
zum  Unterschiede  von  dem  umlautlosen  Indic.  Prät.  kenne  ich 
obd.  nur  Spuren  im  15.  Jh.  bei  Hermann  v.  Sachsenheim, 
welcher  in  der  Mörin  die  Conj.  mecht  1542.  3124.  3156.  4532, 
sehet  (schadete)  2693.  besegt  2045  hat.     Vgl.  §  388. 


412 

§883.  Das  Mitteldeutsche,    das   den  schweren  Umlanten   nicht 

geneigt  ist,  hat  den  Umlaut  in  langstämmigen  Zw.  weniger 
als  die  obd.  Schriftsprache ;  md.  gelten  also  u.  a.  verwänen 
hören  stören  sünen.  Die  w-Umlaute  (u  geht  meist  in  o  über) 
fehlen  hier  gänzlich.  Späterhin  neigen  grade  md.  (und  auch 
elsässisch)  die  Zw.  mit  ou  im  Stamme  zum  Umlaut,  zb,  ge- 
leüben  keufen  reufen  deufen,  §  128. 

Aus  diesem  allen  ergibt  sich,  dass  der  Umlaut  für  eine 
grosse  Zahl  der  zur  alten  1.  schw.  Conj.  gehörigen  mhd.  Verba 
ein  Merkmal  bildet,  das  aber  keineswegs  für  alle  zutrifft. 

§  384.  §  384.    Wichtig  zur  Kenntnis  der  alten  1.  schw.  Conj.kl. 

bleibt  die  Behandlung  des  Suffixvocals.  Schon  ahd.  ist  in 
den  Präsensformen  das  j  oft  geschwunden,  mhd.  haftet  es 
nur  in  geringen  Fällen  (§  383)  und  lässt  sich  nur  in  seiner 
Umlautwirkung  spüren.  Im  Perfect  aber  wird  das  aus  i 
hervorgegangene  e  in  der  Regel  ganz  aufgegeben  und  die 
Tempusendung  tritt  unmittelbar  an  den  Stamm,  dessen  Vocal 
daher  dem  Umlaut  nicht  unterliegt  (J.  Grimm  nannte  die 
Erscheinung  des  reinen  Stammvocals  in  dem  suffixlosen  Perfect  . 
Rückumlaut,  weil  der  Umlaut  hier  zurücktrete).  Es  entstehn 
also  neben  den  vollen  dreisilbigen  Perfectis  zweisilbige. 

Schon  das  Ahd.  zeigt  diese  zweisilbigen  Perfecta  sehr 
häufig  bei  den  langstämmigen  Zeitworten.  Mhd.  lässt  sich 
folgendes  beobachten : 

a)  die  kurzstämmigen  Zw.    alter   1.   schw.  Conj.  geben 

den   Umlaut   bei    fehlendem    Suffixvocal    im   Präteritum    nur 

theilweise  auf:  es  finden  sich 

herte  nerte  scherte  werte  zerte  dente  mente  sente  spente  wente 
queUe  (von  dem  gekürzten  queln)  schelte  smelte  weite,  zamte,  varte 
garte  (neben  verwete  gerwete),  legte  (selten  Iahte)  regte  wegte,  hugte 
hurte  spurte, 

b)  die  langstämmigen  ziehen   die   suffixlose  Perfectform 

ohne  Umlaut  vor.     Die   Gemination  wird   bei   den  Zw.  in  d 

oder  t  gewöhnlich   gemieden;    h  wird  vor  t  im  p,   g  zu  c, 

k  und  ch  nach  altem  Gesetz  oft  zu  h.     Es  finden  sich 

valte  gälte  seilte  schalte  snalte  stalte  twalte  zaUe  valsehte  wälzte 
dampfte  kämpfte,  brante  kante  nante  rante  tränte,  ante  blante  lante 
nante  (zu  nenden)  pfante  sante  schante  swante  (swande  vgl.  ii>erswandenT 


413 

wiganden  Wigal.  283, 1  nach  l  und  n  erweicht  sich  *  gewöhnlich  zu  d)  §  384. 
wante,  schranzte  swanzte,  sanfte,  ancte  Jclancte  lande  mancte  sancte 
sprancte  twancte,  krancte  sancte  schancte  trancte  wancte,  sparte  zarte 
wärmte  arpte  verdarpte  starpte,  harte  scharte  swarzte  marcte  (marhte) 
starcte,  hafte  rafste,  rotte  zatte,  ergazte  hazte  lazte  nazte  sazte,  gebaste 
glaste  raste,  laschte  (laste),  dacte  (daMe)  racte  smacte  erschracte 
stacte  stracte  wacte  —  vulte  htdte  Icrwnte  Icunte  schunte  zunte  wünschte 
zürnte  gurte  anttvurte  kürzte  würgte  vurhte  (vorhte)  stumpfte  schupfte 
schütte  nuzte  huste  luste  rvMe  bucte  smucte  zucte  —  bäte  drdte  näte 
säte  Schrate  wate,  vcUte  rämte  ante  wänte  värte  lä/rte  vermärte  beswärte 
bewärte  versmähte  —  dönte  honte  —  erbörte  hörte  störte  törte  nöte 
röte  töte  löste  tröste  vlözte  vlöhte,  brünte  zünte  düte  lute  lüterte,  bluote 
bruote  erluote  muote  kuölte  ruomte  suonte  vuorte  truopte  bruote  huote 
wuote  buozte  gruozte  wuoste  vuocte  genuocte  ruocte. 

Ebenso  sind  von  den  nichtumlautenden  Zw.  die  zwei- 
silbigen Perfecta  die  regelmässigen 

zb.  stüte  schimpfte  zinste  irte  ervirte  schirmte  schifte  stifte  miste 
mischte  rizte  blicte  (blihte)  niete  erquicte  schicte  stricte  pflihte  vernihte 
rihte  slihte,  sm'erte  swebte,  kerte  lerte  rerte,  Ute  wihte,  heute  teilte  leinte 
meinte,  kleite  (zu  kleiden),  beite  breite  leite  bereite,  beizte  reizte,  leiste, 
neide  sweicte,  zierte  liepte,  boute  zoute  geloupte  stoupte  roufte  toufte 
oucte,  dulte  vergulte,  sümte  trüte,  uopte  ruöhte  suohte. 

Den  Umlaut  bei  Zweisilbigkeit  haben  dröute  vröute  strimte 
wenigstens  obd.  in  der  Regel;  ferner  zeigt  er  sich  (neben 
reinem  Vocal)  in  hleste  (Parz.  604,  3)  gleste  (Parz.  630,  10. 
Trist.  566).  Auch  die  mit  Suffix  -el  oder  -er  abgeleiteten 
haben  den  Umlaut,  zb.  riegelte  hemmerte. 

Obd.  Dichter  geringeren  Kunstgrades  erlauben  sich  in 
diesen  verkürzten  Prf.  auch  Apocope  wie  in  denen  der  beiden 
andern  alten  Klassen  §  382 ;  wir  finden  also  sali  stall  erschamt 
hant  spart  vensart  sazt  bedaht  beswärt  Teert  erbeijst  bliht 
hört  geloubt  hust  versuont  jeit  kleit  seit  u.  a.  selbst  im  Eeim : 
vgl.  zahlreiche  Belege  BGr.  §  313.  AGr.  §  359. 

§  385.  Die  zweisilbigen  Perfecta  ohne  Suffixvocal  und  §385. 
ohne  Umlaut  sind  nicht  die  allein  lebenden  Perfectformen 
langstämmiger  Zw.  der  alten  1.  schw.  El.  !Neben  ihnen 
kommen  auch  bei  den  obd.  Dichtern  die  vollen  Formen  mit 
Suffixvocal  und  wo  möglich  mit  Umlaut  vor.  Allerdings 
werden  Perfecta  wie  endete  vermcerete  lerete  prüevete  von 
feinhörigen    Dichtern    grade    nicht    geliebt    und    von    guten 


414 

§ 385.  Handschriftenschreibern   gern  gemieden;   aber  sie    begegnen 
doch,  zb. 

luthcßrete :  vermarete  Trist.  13615.  ersinnete :  minnete  7924.  merket e 
aHeinr.  A.  468.  erzurnede  Nie.  C.  18441.  endete  Nib.  A.  636,  4.  prüevete 
Parz.  392,  15.   siufzete  383,  7. 

Sie  sind  in  Hss.  prosaischer  Werke  des  13.  14.  Jh.  sogar 
häufig  zu  finden,  oft  mit  mundartlicher  Färbung  des  e  zu  i 
und  selbst  zu  unechtem  o. 

Für  jene  Perfecta  mit  Suffixvocal  zeugen  ferner  die  durch 
Apocope  zweisilbig  gemachten  Formen,  die  -auch  von  Zw.  der 
alten  1.  schw.  Kl.  durch  minder  gebildete  bair.  österreichische 
(selten  durch  alem.  und  mitteldeutsche)  Dichter  im  Reim  ge- 
braucht werden 

zb.  kündet  (:  enzündet)  Walth.  36,  33  (unechtes  lied).  Georg  4021. 
erzeiget  (;  geneiget)  Walth.  37, 17.  mset  (;  geprtset)  Meier.  3308.  hewiset 
(:  gespiset)  Ulr.  Wilh.  132.  genüeget  (:  gevüeget)  Mantel  70.  iwhet 
(;  hetruobet)  Ernst  5027.  mochet  (:  beruochet)  4008.  endet  (:  verswendet} 
690.    klaget  {:  betaget)  MSH.  1,  9».    gehöret  {:  erboret)  Mart.  52,  3. 

Innerhalb  des  Verses  werden  diese  apocopirten  Formen 

unbedenklicher   gebraucht.     Vgl.  Lachmann   zu  Iwein  6514 

und  zu  Walth.  36,  33.    B6r.  §  313.    Kummer  Herrand  von 

Wildon  S.  190.  f. 

§  386.  §  386.     Einige  Zeitworte  fügten  stets  die  Perfectenduag 

unmittelbar,  ohne  Suffixvocal,  an  den  Stamm 
brücken    Pf.  brühte 
denken       „   dähte      Ptc.  gedäht 
dünken       „    dühte        „     gedüht 
wiirken      „   worhte      „     geworht. 

denken  und  dünken  dehnten  im  Pf.  nach  Ausstoss  des 
Nasals  den  A^ocal.  Die  Sibilirung  des  Gutturals  ist  Folge 
des  unmittelbaren  Anschluss  des  t  an  den  Stamm. 

In  den  lezten  drei  Verben  haben  sämtliche  germanische 
Dialecte  die  gleiche  Form :  got.  ßähta  pühta  vaurhta,  altn. 
pdtta  pütta  orta,  ags.  ^ohte  dühte  worhte,  ahd.  däMa  dühta 
worhta.  Zu  ihnen  tritt  ferner  im  Pf.  bringen  mit  der  schw. 
Form  hrdhte  §  407.  suochen  dagegen  hat  mhd.  neben 
suohte  die  volle  Form  suochete,  wenn  auch  selten;  ebenso 
zeigen  sich  ahd.  neben  dem  gewöhnlichen  suohta  Spuren  von 
sochita  Graff  VI,  80. 


415 

Zu  dem  Pf.  dähte  ist  die  2.  Sg.  Ind.  dcehte  zu  erwähnen,  §  386.  jr\ 
die  ahd.  noch  nicht  erscheint.  Sie  kommt  neben  der  regel- 
mässigen dähtes  am  meisten,  aber  nicht  allein  in  bair.  österr. 
Schriften  vor,  zb.  gedcehte  :  brcehte  Georg  2342.  Lamprechts 
Syon  4032.  Eracl.  Vorr.  41.  gedcehte  gem.  Leb.  763.  gedcecht 
Angenge  1,  21.  gedehte  Myst.  I,  274.  Analogien  zu  diesem 
dcehte  §§  402.  407.  -^— 

Zu  dünken  sei  bemerkt,  dass  mfrk.  döhte  für  dühte  auf- 
tritt, §  121,  ferner  dass  der  Conj.  Pf.  in  sehr  guten  Hss.  / 
des  13.  Jh.  dühtt  Ijichj;  ditdite  lautet :  indessen  ist  auch  der 
Umlaut  sicher  nachzuweisen.  Neben  dühte  tritt  bairisch  seit 
12.  Jh.  dovhte,  für  diuhfe  seit  13.  Jh.  devhte  auf.  Seit  An- 
fang des  14.  Jh.  wird  conjunctiv.  Umlaut  für  den  Indic.  ver- 
sucht: Lampr.  Syon  4240  schreibt  G  deucht  für  3.  Sg.  Ind. 
Eine  Neubildung,  die  im  13.  Jh.  zuerst  erscheint,  ist  dunkete 
dünkte  und  sogar  dunhte,  AGr.  S.  387.  Ein  präsent,  deucht 
finde  ich  zuerst  Fastn.sp.  552,  3. 

§  387.  Die  Behandlung  des  Perfects  der  alten  §387. 
1.  schw.  Conj.  im  Mitteldeutschen  ist  der  im  Obd. 
durchaus  verwant;  auch  hier  stehn  bei  langstämmigen  Zw. 
die  Formen  mit  und  ohne  SufBxvocal  neben  einander.  Aller- 
dings wollte  man  mit  Rücksicht  darauf,  dass  in  den  Isidor- 
fragmenten  nur  die  Pf.  1.  schw.  Kl.  in  -ida  erscheinen,  diese 
Form  für  eigenthümlich  fränkisch  und  somit  für  md.  erklären. 
Allein  andre  unzweifelhaft  fränk.  Denkmäler  der  ahd.  Periode 
zeigen  auch  die  suffixlose  Form.  In  den  niederländ.  Psalmen  , 
überwiegt  zwar  das  Perfect  mit  sogenanntem  Bindevocal, 
aber  das  vocallose  ist  genügend  vertreten  (Cosijn  oudnederl. 
Ps.  31.  f.)  In  den  Pariser  Virgilglossen  steht  die  vocalische 
hinter  der  vocallosen  in  der  Häufigkeit  entschieden  zurück 
(die  Bemerkung  Steinmeyers  in  Haupt  Z.  XV,  27  genügt  nicht). 
Das  Ludwigslied  kennt  an  langstämmigen  Zw.  1.  Kl.  nur  -ta, 
-da,  ebenso  die  Mainzer  Beichte;  in  den  Mainzer  Glossen 
überwiegt  -da  -te;  die  Lorscher  Beichte  hat  5  ida,  9  da  ta. 
So  finden  wir  auch  bei  den  md.  Dichtern  und  Prosaikern  des 
12.  13.  f.  Jh.  beide  Formen  neben  einander.  Im  Friedb.  Krist, 
im  Annolied,  in  den  nrhein.  Marienliedern,  im  Alexander,  in 


416 

§387.  der  Elisabeth  zb.  liegen  genügende  Belege  dafür  vor;  ebenso 
zeigen  Prosaschriften,  wie  der  sogen.  Hermann  von  Fritslar 
und  Köditz,  neben  den  Ff.  in  -ete  die  in  -te  oft  genug.  Zum 
Beweise  dieser  sufßxlosen  Ff.  von  langstämmigen  Zw.  genügen 
die  Reime 

ante:rante  Herb.  1561.  :wante  Elis.  7271.  hlanteirante  Herb. 
17616.  erkante :  ertrancte  Alex.  2261.  nante :  sante  1766.  bekande :  lande 
Marienl.  63,  1.  sande:  lande  Alex.  2933.  sndde  :  velde  Hagen  1071. 
brende :  ende  Marienl.  44, 6.  twaiten :  vcUten  Alex.  957.  schatte :  begatte 
Elis.  9368.  tratte  :  beratte  Herb.  4255.  ;  watte  1545.  Iahte  :  mähte 
Elis.  3538.  rächten  :  machten  Wierstr.  104.  gähte :  brdhte  Ludw.  Kr. 
7207.  näden  (nähten) ;  gnaden  Elis.  5154.  cieide  :  beide  Hagen  4321. 
vorte  :  worte  Annol.  598.  rüsten  :  gesten  Alex.  4438.  döden  :  nöden 
Hagen  5047.  düde :  gecrude  Morant  31,  —  Ulrich  v.  Eschenbach,  dessen 
Sprache  nicht  rein  mitteldeutsch  ist,  hat  auch  Apocope  mit  Syncope 
verbunden,  zb.  hört :  wort  Wüh.  1703.  sant :  gewant  1618.  Auch  im 
Ernst  D.  hört :  wort  2753. 

§888.  §  388.     Für  das  Mitteldeutsche  ist  femer  zu  merken 

1)  dass  der  Umlaut  auch  in  den  suffixlosen  Ferfectformen 
langstämmiger  Yerba  erscheint,  zb. 

snelde  (:  velde)  Hagen  1071.  brende  (:  ende)  Marienl.  44, 6.  erkenten 
(:  dementen)  MS.  1,  134*.  kente  Elis.  219.  engeste :  gereste  237.  sencte 
Alex.  999.  krencte  Köditz  28,  14.  demphte  28,  23.  stercte  Erlös.  4474. 
Obd.  Beispiele  vgl.  §  384. 

2)  dass  auch  dreisilbige  Ferfecta  ohne  Umlaut  vorkommen 
da^ikete  {:plackete)  Elis.  7012.   erwackete  9117.   dackete  Myst.  I. 

103,  2.    satzite  103,  13.    drangete  (Conj.  Pf.)  Böhmer  470. 

3)  dass  der  Conj.  Ff.,  der  sich  oberdeutsch  nur  nach 
allgemeinen   Lautgesetzen   von   dem   Indicativ   unterscheidet, 

■  J  mitteldeutsch  den  Umlaut  hat,  wenn  der  Indicativ  ohne  den- 

selben ist.  Es  ist  solches  bei  den  Zw.,  deren  Stamm  in  gestärkte 
Liquida  sowie  in  t^  ausgeht,  seit  dem  12.  Jh.  allgemeine  md. 
Regel.  Von  stellen  brennen  kennen  nennen  rennen  enden 
sehenden  senden  wenden  setjsen  wird  also  zu  den  Indic.  staMe 
brante  kante  nante  rante  ante  schante  sante  wante  sazte  der 
Conj.  stelle  brente  kente  nente  rente  ente  schente  sente  wente 
sezte  gebildet.  Dies  dehnt  sich  dann  auch  auf  andre  Zw.,  nament- 
lich solche  in  ch,  aus,  so  dass  zu  den  Ind.  machte  swachte  be- 
drachte  racte  die  Conj.  mechte  swechte  bedrechte  recte  beliebt 
wurden,  von  sagen  mfrk.  sechte  gebildet  wird  (sechten :  knechten 


K 


417 

Junk.  u.  Heinr.  2061);  vgl.  F.  Bech  in  Pfeiffers  Germ.  XV,  §388. 
129 — 157.     Es  sind  Differenzformen,  die  unter  dem  Einfluss 
der  umlautenden  starken  Conj.  Pf.  stehn  mögen.     Ausnamen         ^ 
kommen  natürlich  vor,  vgl.  Conj.  nande :  lande  Ludw.  Kr.  45. 

Die  Analogie  der  dreisilbigen  umlautenden  Perfecta  der 
alten  1.  schw.  Conj.  wirkte  femer  darauf,  dass 

4)  auch  von  den  Zw.  der  alten  2.  3.  schw.  Kl.  die 
Indicative  und  Conjunctive  mit  Umlaut  vorkommen,  vgl. 

Ind.  snebete :  uherhebete  Elis.  3444.  verzegete  :jegete  9113.  :  segete 
1349.  4181.  —  Conj.  lengete  :  drengete  Elis.  7956.  :  er^rengete  9007. 
lechte :  mechte  6349.    toechte :  stoechte  1546.    segeten  EUs.  4762. 

§  389.  Die  Behandlung  des  Partie.  Perf.  P.  entspricht  §389. 
durchaus  der  des  Perfects.  Die  Partie,  der  alten  2.  3.  Kl. 
zunächst  haben  in  der  Regel  die  volle  Form  in  -et  (über 
Beste  des  dt  ot  §  381),  zb.  gesaget  gelobet  gestatet  gdonet  — 
geloset  gevolget  gemachet  gewachet  getrüret  gekuolet  u.  a. 
Bei  kurzen  Stämmen  in  Liquida  ist  Syncope  Kegel:  gespilt 
gedolt  geholt  gemant  gewont  gespart  gekort;  von  andern  Con- 
sonanten  begünstigen  ch  und  d,  t  die  Syncope,  vgl.  gemacht, 
das  von  ITlrich  von  Zazikhofen,  Konrad  Fleck,  Stricker,  Kon- 
rad von  Wirzburg  im  Beim  auf  hedaht  naht  slaht  u.  a.  ge-  v 
braucht  ward  (Sommer  zu  Flore  1085),  gewacht  {ungewaht 
:  naht  MF.  76,  19).  Häufig  ist  die  Syncope  (vocal.  und  con- 
sonant.)  bei  den  Stämmen  in  Lingualis,  wie  schon  die  Beime 
zeigen 

gelat  :  hat  Heinz.  J.  57,  5.  :  grät  Hartm.  B.  1,  1765.  :pfat 
Virgin.  641,  4.  bestat :  trat  Ernst  D.  3139.  geschat  :8tat  Wierstr.  426. 
geret :  stet  Mart.  33,  40.   underret :  tet  Helbl.  4,  289. 

Über  die  fär  den  Beim  bequemen  durch  Krasis  bewirkten 
Ptc.  in  -eit  (aus  aget,  edet)  §§  25.  33.  BGr.  §  77.  AGr.  §  56. 

§  390.    Bei  dem  Partie,  der  Zw.   der  alten  1.  schw.  §390. 
Kl.  scheiden  sich  zunächst  die  kurz-  und  die  langstämmigen. 

1)  Die  kurzstämmigen  lieben  im  Partie,  die  Syncope 

zumal  nach  Liquida,  behalten  aber  gewöhnlich  den  etwaigen 

Umlaut  bei.     Beimbelege: 

verselt :  weit  Parz.  218, 11.   :  erwdt  Greg.  1353.   erweit :  helt  Erec 
1735.    :gezeU  Parz.  221,  23.  trKr.  1337.  Heinz.  ML.  1198.   bezeltihelt 
Lanz.  3924.   :  weit  gGerh.  1393.   gezelt :  wdt  Bari.  69, 23.  MSH.  1,  299^. 
Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  27 


I 


418 

§  390.  erlernt :  gezemt  Parz.  95,  17.  gement :  ungewent  Wilh.  437,  23.  getoent 
(:8ent  Erec  1881.  versent  (:  gewent  trKr.  8847.  emert  {:vert  Trist. 
10140.  beschert  (:  ernert  aHeinr.  1254.  :  erwert  Bari.  166,  36.  (:  geteert 
Flore  426.  unerwert  (.-ernert  aHeinr.  214.  verzert : erwert  Parz.  191,  7. 
;  unemert  643, 10.  gespurt  {:  gehurt  Engelh.  1481.  2497.  bewegt  (:  enmegt 
Erec  4686. 

Der  Umlaut  wird  namentlich  in  dem  Ftc.  von  legeHy 
zumal  im  Md.  vermieden: 

geiaht :  bedaht  Virgin.  923,  9.  :  gebraht  Pass.  K.  296,  34.  :graf 
Glaub.  2314.  :  mäht  Marienl.  41,  38.  58,  7.  Erlös.  2014.  2735.  Väterb. 
698.  Elis.  5775.  :  getnucht  Erlös.  4405.  :  ncOit  Alex.  2823.  Eracl.  2795. 
Junk.  u.  Heinr.  287.  :  slaht  Marienl.  26,  1.  bdaht :  craft  Alex.  2782. 
:  mäht  Elis.  3424.  irlaht :  braht  Marienl.  59,  6.  ummdacht :  cuht  Elis. 
4405.  Ausser  Beim  geiaht  besonders  oft  in  ripuar.  Schriften,  zb.  Lac. 
n,  506.  m,  422.  684.  768.  1020.   Sei.  Tr.  203.  u.  o. 

Bei  Zw.  mit  liquidem  Suffix  bleibt  in  der  Regel  nach 
dem  Betonungsgesetz  das  e  der  Participialendung  erhalten: 
genegelet  gewedemet,  doch  kommt  auch  genegelt  gewedemt  vor. 

In  den  md.  Gedichten  des  12.  Jh.  findet  sich  auch  nach 
Liquida  mitunter  der  Endungsvocal  geschrieben,  zb.  bescheret 
(igeneret)  Rud.  20,  12. 
§39L  §  391.  • 

2)  Die  langstämmigen  Zeitworte  haben  ganz  wie  im 
Perf.  entweder  unmittelbaren  Antritt  des  ParticipialsufBxes 
an  den  Stamm  und  daher  keinen  Umlaut,  oder  die  volle  Form 
in  -et  mit  Umlaut  des  umlautfahigen  Yocals.  Beide  Formen 
sind  häufig  und  auch  von  obd.  wie  md.  Dichtem  im  Reim 
verwant.  Bei  der  kurzen  Form  tritt  in  den  Zw.  auf  Lingualis 
auch  consonantische  Syncope  ein. 

a)  Die  kurze  Form;  Reimbelege 

gevoUt  :  walt  Ernst  D.  4183.  Ludw.  Kr.  7199.  :gewalt  Lobges. 
37,  11.  Herb.  1600.  Ebern.  341.  Marienl.  58,  14.  Väterb.  669.  :  entwalt 
Krone  3322.  gestcUt :  manicvält  Mai  4,  3.  ;  wait  Wigal.  61, 16.  :  gewcUt 
Walth.  16,  13.  Pantal.  1420.  Alex.  1198.  verstalt  :  gewalt  Pass.  H. 
43,  93.  umbestalt :  zalt  Erec  742.  ummestcUt :  alt  Elis.  10159.  gezalt  : 
gewalt  Ernst  D.  5362.  ungezalt :  alt  Wilh.  203, 13.  überzaUt :  tüsentvält 
Iw.  8007.  —  virant :  hant  Ath.  B.  87.  :  lant  Ebern.  2025.  volant  : 
zu  hant  Pass.  H.  15,  32.  :  lant  46,  42.  geblant  :  va/nt  Herb.  9780. 
:  Hüdebrant  Virgin.  690, 2.  verbrant :  vant  Herb.  9359.  :  zehant  Ebern. 
2025.  :  lant  Greg.  1670.  Flore  482.  Alex.  1274.  bekant  :  vant  Parz. 
453,  11.     ericant  :  vant  Iw.  7950.    :lant  Pass.  H.  306,  54.     :ge8ant 


419 

Flore 966.  : ^escÄant  Bari. 231, 24.  ftcnant : 6ran*  WDh. 289, 9.  genant:  §391. 
vant  aHeinr.  4.  18.  :  lant  Alex.  4612.  Pass.  H.  306,  11.  gepfant :  lant 
Walth.  77,  3.  gerant :  enpfant  Parz.  155,  15.  be8ant:hant  Iw.  2177. 
gesant :  gepfant :  lant :  verhrant :  hant :  bant :  enblant  MF.  140,  2 — 10 
Morungen.  geschant :  lant  Pass.  H.  305,  82.  ;  mant  Karlm.  195,  37. 
.*  gemant  Wilh.  121,  9.  verswant :  getcant  Hartm.  1.  Büchl.  1681.  hewant 
-:  viant  Alex.  3732.  :  lant  Iw.  2438.  gewant :  hant  Greg.  290.  :  lant 
Trist.  1657.  —  beschart :  wart  Flore  566.  verschart :  bewart  Parz.  3, 24. 
unverschart :  wart  Walth.  4, 18.  :  bewart  Bari.  65, 24.  enspart :  wzvart 
Iw.  6247.  verspart  :  wart  Krone  26420.  zerzart  :  vart  Väterb.  2136. 
:  bewart  Wilh.  242,  25.  —  behaft :  erhaft  Lanz.  2785.  —  begat :  stat 
Elis.  7642.  gerat :  stat  Herb.  2631.  :  getrat  6460.  gesät  {^^gesazt) :  stat 
Erec  675.  Greg.  3327.  ersat  :bat  Greg.  2007.  bestat:  gesät  Erec  9580. 
ertrat :  stat  Herb.  1482.  3527.  zetrat  :  gestat  Karl  6587.  enzat :  drät 
JInenkel  Weltkr.  411»».  :  sät  Helbl.  8,  555.  gezat :  blat  Herb.  8560.  — 
-entnact :  bedact  ülr.  Wilh.  571.  geäht :  mäht  Ludw.  Kr.  6648.  beddht 
^braht  Iw.  681.  :maht  Bari.  48,  16.  :naht  Erec  1769.  Greg.  184. 
Wigal.  55,  35.  Elis.  2301.  geraht :  mäht  Herb.  12971.  :  näht  Junk.  u. 
Heinr.  1658.  bedroht  :  mäht  Elis.  1931.  unerschräht :  verdaht  Krone 
7121.  bestäht :  näht  Erec  2376.  gestakt  :  naht  Erlös.  2532.  erwäht : 
näht  aHeinr.  541.  —  gedrät :  rät  Partonop.  2363.  gemät  :  Wolfrät 
Virgin.  728,  13.  genät :  wät  Heinz.  ML.  677.  Herb.  621.  Orend.  D.  29. 
4urhnät:wät  Virgm.  172,  3.  gesät  :  hat  trKr.  9329.  :tät  32152. 
virsmät:rät  Pass.  H.  233,  16.  —  gekleit :  breit  Krone  21131.  :gemeit 
Erec  12.  .bereit  Morant  174.  : richeit  Wigal.  244,  31.  : seit  24,  3. 
gescheit :  seit  wGast  658.  —  gebeit :  leit  Herb.  9593.  ungebeit :  gewon- 
heit  Erec  1784.  gebreit  :  werdekeit  Erec  376.  zerbreit  :  breit  8727. 
:: geleit  2309.  gdeit : arbeit  Erec  6485.  bereit : arbeit  1534.  unbereit: 
ewekeit  Walth.  10,  5.  gespreit :  leit  Greg.  674.  827.  :  geleit  Erec  368. 
Oreg.  538.  übirspreit :  breit  Alex.  3114.  zuspreit :  innekeit  Väterb.  3474. 
geleist :  meist  Tr.  Egid.  1112.  Freid.  38,  18.  —  beschint  :  rint  Herb. 
15741.    beriht :  niht  Freid.  24,  4.  70,  20.    verriht  :  gesiht  Flore  2230. 

—  gehit  :  amis  Alex.  3208.  :  zit  Iw.  2672.  besnit  :  zit  Trist.  13501. 
:gebit :  zit  Herb.  940.    zuschit :  zit  Herb.  7758.   —  geniet  :  niet  Herb. 

15741.  —  gedolt:  erholt  Wüh.  231,  11.  verscholt  :  solt  Bari.  124,  17. 
^rmort :  hört  Kl.  C.  64.  ervorht  :  entworht  Greg.  716.  Wilh.  320,  13. 
unervorht :  geworht  Iw.  6730.  Parz.  435,  9.  Bari.  335,  9.  :  verworht 
Iw.  2567.  —  erdrot :  not  aHeinr.  1075.  getöt :  not  wGast  113^7.  belost 
:  tröst  Erec  8821.  erlöst :  tröst  Greg.  3606.  aHeinr.  178.  Walth.  124, 40. 
gelöst :  tröst  Flore  167.  —  vhervtdt :  verschult  Mart.  25,  112.  verwunt 
:  munt  Heinz.  ML.  134.  enzunt :  grünt  trKr.  359.  ;  munt  Pantal.  257. 
begurt :  geburt  ülr.  Wh.  i082.  gegurt :  geburt  Ernst  D.  4510.  engurt 
:  hurt  Georg  5428.  gehurt :  fürt  Wilh.  58, 9.   ermurt :  geburt  trKr.  14464. 

—  getrut  :  lüt  Mai  184,  15.     erlüht  :  bedüht  trKr.  3407.  —  bebluot : 

t  27" 


420 

§391.  hluot  Flore  4451.  behmt.guot  Greg.  81.  Flore  5218.  Amis  458.  :miwt 
Bari.  103,  2.  Boner  13,  20.  :  gemuot  MF.  118,  18.  :tuot  Wh.  229,  6. 
verwuot :  ungemuot  Hartm.  Büchl.  1,  1795. 

Dass  auch  bei  dieser  Farticipialform  der  Umlaut  erscheint^ 
können  u.  a.  beweisen  die  Reime 

geedt :  hdt  ülr.  Wh.  3124.  beJcent  :  sacrament  Schoneb.  7070. 
gesent :  went  WvRh.  83,  15.  getvent :  versent  trKr.  8847.  getret :  gewet 
Parz.  133,  1.  ülr.  Wilh.  1578.    gevreut :  bestreut  Iw.  611. 

§392.  §  392. 

b)  Die  volle  Form  wird  neben  der  kurzen  von  denr 
selben  Dichtern  auch  im  Reim  gebraucht  (über  Hartmann» 
verhalten  Lachmann  z.  Iwein  7967.  Lamprecht  v.  Regensburg' 
gestattet  sich  volle  und  kurze  Form  des  Partie,  hinter  einander 
im  Reim,  vgl.  Syon  1326 — 29  genant :  unhekant,  unbekennet  : 
nennet) ;  sie  zeigt  sich  namentlich  gern  nach  Diphthong,  femer 
an  den  Stämmen  in  doppelte  Liquida,  sowie  in  pp  pf  tt  nd 
rw  rt  ht  $t  ft.  Ausserhalb  des  Reimes  ist  sie  besonders  in 
unflectirtem  Stande  beliebt,  während  bei  Fl^ctirung  die  kurze 
Form  vorgezogen  wird. 

ungahtet :  gepfahtet  Walth.  10, 8.  —  geveUet :  wellet  Parz.  381, 27. 
verscheUet  :  gevellet  Alex.  1642.  gestellet  :  geveUet  Wolfr.  L.  9,  36. 
enbrennet :  erkennet  Bari.  348,  21.  Pantal.  458.  bekennet :  unbenennet 
Wilh.  128,  13.  unerkennet :  genennet  Parz.  620,  10.  genennet :  brennet 
trKr.  33.  verpfendet :  gelendet  Parz.  307,  27.  geschendet :  endet  Erec 
9361.  gesendet :  volendet  Iw.  7968.  Heinz.  ML.  1609.  :pf endet  Walth. 
34,  14.  bewendet :  verdiendet  Flore  7778.  :  besendet  4516.  gewendet  z 
volendet  Walth.  110,  22.  zerschrenzet :  engenzet  trKr.  39626.  unver- 
krenket :  gelenket  Parz.  806,  25.  gesenket :  gewenket  Wilh.  77,  3.  ver- 
derbet :  ersterbet  Greg.  3191.  Iw.  717.  geverwet :  gegerwet  Engelh.  4862. 
trKr.  33946.  unoerschertet :  behertet  Parz.  625,  19.  gezetet :  tmzertretet 
Engelh.  4664.  ergetzet  :  ersetzet  Erec  7275.  geletzet  :  benetzet  Parz. 
572,  13.  gesetzet :  letzet  Flore  2057.  bedecket :  enblecket  Parz.  818,  21. 
:  überstecket  Flore  766.  gestecket :  getrecket  Parz.  799,  19.  gestrecket : 
bestecket  Wigal.  265, 11.  erwecket :  völrecket  Parz.  652,  3.  :  erschrecket 
Erec  6596.  —  unervceret :  gescharet  Parz.  424,  3.  ;  beswaret  Iw.  4622. 
:  bewceret  Erec  2779.  Iw.  3250.  bewaret :  erlaret  Parz.  345, 3.  gesnueTiet 
:  genahet  Wilh.  303,  21.  —  enteret :  keret  Iw.  235.  geeret :  verkeret 
aHeinr.  82.  gekeret :  liret  Parz.  49,  7.  gekeret :  geseret :  guneret  Wigal. 
57,  21.  verkiret :  gemeret  Erec  6686.  gemeret :  enteret  Parz.  300,  29.  — 
geteüet :  geseüet  Tit.  142.  vereinet :  weinet  Erec  5341.  bescheinet :  meinet 
Iw.  7979.   erscheinet :  meinet  Erec  7933.   erbeitet :  verleitet  Walth.  12, 5. 


421 

bereitet :  geleitet  Trist.  4984.  gespreitet :  verleitet  aHeinr.  731.  gereizet  §  392. 
:he8foeizet  Wilh.  270,  11.  geneiget  :  erzeiget  Erec  9088.  aHeinr.  83. 
ungesmeichet  :  erreichet  Wilh.  429,  19.  —  geminnet  :  enbrinnet  Parz. 
741,  3.  gevirret :  verirret  Tit.  160.  geirret  :  wirret  Erec  3074.  ver- 
tnischet  :  erlischet  aHeinr.  108.  geschicket :  gezmcket  Parz.  739,  1.  — 
gewiset  :  gepriset  Erec  9672.  ^ —  gevieret  :  geeieret  Erec  4636.  Ö209. 
gezieret :  getccdopieret  Iw.  2554.  gezimieret :  gezieret  Erec  736.  genietet 
:  gebietet  Iw.  7959.  —  gekroenet :  geschoenet  Erec  8270.  geloetet :  toetet 
Parz.  482,9.  erloeset :  eroeset  Parz.  213,  11.   erkoehet :  gefloehet  82,  19. 

—  erlaubet :  houbet  Walth.  50,  32.   geloubet :  houbet  Iw.  4262.   beraubet 
^haubet  Erec  868.    betäubet :  haubet  Erec  771.  Parz.  40,  17.    gekaufet 

:  taufet  Greg.  948.  gestraufet :  zeraufet  Erec  5323.  getaufet :  geslaufet 
Elore  7810.  selbschauwet :  gevrauwet  Parz.  148, 23.  beschauwet :  betauwet 
573,  25.  —  gebrunnet :  wunnet  Lobges.  25,  8.  enzündet :  durhgründet 
trKr.  14700.    :  kündet  Georg  4020.    gesnurret :  ergurret  trKr.  35064. 

—  gebuwet :  vemüwet  Alex.  6298.  betüret  :  gemüret  Parz.  230,  7.  — 
berüeret :  vüeret  aHeinr.  691.  gerüeret :  unzevueret  Greg.  2754.  behüetet 
:  gebrüetet  Wilh.  364,  29.  gebüezet :  gesüezet  Parz.  789,  23.  gevüeget 
:genüeget  Iw.  2745. 

Da  stiochett,  uoben  den  Umlaut  überhaupt  meiden,  so 
erscheinen  auch  die  Participia  versuochet  (:  ruochet  Erec  6850. 
geuohet  (:  getruohet  Erec  9663  umlautlos.  Auffallend  dagegen 
ist  verwarret  :  versparret  Mart.  106,  29.  In  Rheirigauer 
Urkunden  finden  sich  gescutzet  versatzet  gelatzet  gedranget 
HU.  I,  543.  571.  625.  627.  684;  auch  sonst  begegnen  nament- 
lich in  md.  Frosaübersetzungen  des  14.  15.  Jahrh.  diese  un- 
sypcopirten  und  nicht  umlautenden  Participia.  Vgl.  Rückert 
Entw.  264. 

.§  393.  §393. 

Paradigma   der  mhd.  schwachen   Conjugation. 
1.  Alte  1.  schw.  Kl. 

a)  kurzer  Stamm  b)  langer  Stamm 

Präs.  I.  Sg.  a)  ner,  nerst,  nert  ß)  lege,  legest,  leget  legt  kenne,  kennest,  kennet 

PI.  nern,  nert,  nernt  legen,  leget,  legent  kennen,  kennet,  kennent 

Conj.  Sg.  wer,  nerst,  ner  lege,  legest,  lege  kenne,  kennest,  kenne 

PL  nern,  nert,  nern  legen,  leget,  legen  kennen,  kennet,  kennen 

Imp.  ner  lege  kenne 

nern,  nert  legen,  leget  kennen,  kennet 

Inf.  nern  legen  kennen 

Ptc.  Prs.  nemde  legende  kennende 


422 

a)  kurzer  Stamm  b)  langer  Stamnx 

Prf.  I.  Sg.  nerte  nertesft)  nerte  legete  {legte,  leite)  kante,  kennete 

PI.  nerten  nertet  nerten             lohte  sante,  sendete 

dcbhte  leite 

Cony  Sg.  nerte  nertest  nerte     legete  (legte,  leite)  kante  md. kente,kennete 

nerten  nertet  nerten  sante    „  sente,  sendete- 

Ptc.  Prf.  P.  genert                       geleget  (gelegt,  geleitj  gekant,  gekennet 

geiaht  gesant,  gesendet 

'  gedaht,  geleit 
2.  Alte  2.  3.  schw.  KL 

Prs.  I.  Sg.  sage,  sagest,  saget  sagt       Conj.  sage,  sagest,  sage 

PI.  sagen,  saget  sagt,  sagent  sagen,  saget  sagt,  sagen^ 

Imp.  sage  Inf.  sagen  Ptc.  Prs.  sagende 

PL  sagen,  saget  sagt 
Perf.  Ind.  Sg.  sagete  (sagte  seite),  sagetest,  sagete 
PL  sageten,  sagetet,  sageten 
Conj.  Sg.  sagete  u.  s.  w. 
Ptc.  Pf.  P.  gesaget  (gesagt,  geseit), 

§394.  §  394.     Zu   der  alten  3.  KL  gehörte   das  Zw.  haben 

(ahd.  haben  hapin;  got.  haban,  Pf.  habaida).  In  der  mhd. 
Periode  zieht  dasselbe  bei  seiner  Verwendung  als  Hilfs- 
zeitwort zusammengezogene  Formen  vor,  die  neben  der 
Zusammenziehung  auch  Veränderungen  des  Stanrnivocals  zeigen, 
können.     Die  vollen  Formen 

haben  Pf.  habete  hapte  Ptc.  gehabet  gehapt 
gehn  durchaus  regelmässig.  Oberdeutsch,  namentlich  aleman- 
nisch, zeigt  sich  Neigung  zu  Umlaut.  Theils  erfolgte  er  durch 
alte  Nebenformen  aus  der  1.  schw.  Kl.  (vgl.  Sievers  in  Paul- 
Braunes  Beitr.  VIII,  90.  f.),  theils  wirkte  das  st.  Zw.  heben 
(Pf.  huop)  verwirrend  ein,  AGr.  §  373.  BGr.  §  319.  Nieder- 
fränkisch ist  wie  im  Sächsischen  hebban  die  herschende 
Präsensform;  schon  in  der  Ubergangsgegend  zum  mfrk.  und 
ripuarisch  gilt  haven  (Inf.  ;  begraven  Hagen  125.  MarienL 
34,  8.  :  laven  MarienL  45,  35.  :  Walraven  Karlm.  229,  19.. 
—  Prs.  Ind.  1.  haven :  gaven  MarienL  10,  20.  :  laven  81,  29. 
;  entsaven  Karlm.  101,  2).  Vgl.  dazu  die  Reime  aus  demr 
mfrk.  Legendär,  Busch  bei  Zacher  X,  175.  f. 

Die  zusammengezogenen  Formen  beruhen  auf  Aus- 
stoss  des  b  (v).    Sie  kommen  erst  in  der  lezten  ahd.  Zeit  auf. 


423 

Der  Stammvocal  wird  dadurch  in  der  Regel  verlängert ;  doch  §  394. 
bleibt  er  im  Präsens   und  im  Perfect  auch  kurz,   wie  Reime 
belegen.     Auch  die  umgelauteten  Formen  können   contrahirt 
werden.     Die  gewöhnliche  zusammengezogene  Präsensform  ist 
Ind.  hdn  hdsftj  hat      PL  hdn  hat  hdnt      Inf.  hdn 
Conj.  (häj  PL  hdn  hat  hdn 

Reimbeweise  tiir  ä  sowie  für  a  AGr.  §  373.  374.  BGr. 
§  319.  320.  —  Auf  die  feststehnde  Endung  -w  der  1.  Sg.  Ind 
hän  haben  gän  stän  län  gewirkt;  in  md.  Schriften  kommt 
mit  geschwundenem  n  auch  ha  vor,  Tristr.  D.  6731.  7150. 
Kath.  sp.  163.  166.  169.  —  Die  2.  Sg.  häs  ist  obd.  und  md. 
durch  Reime  für  12. — 14.  Jh.  gesichert,  vgl.  lur  obd.  BGr. 
§  319,  für  md.  Herb.  4720.  5265.  7256.  7524.  8603.  8656. 
9784.  11884.  13948.  15056.  Pass.  H.  252,  81.  Schoneb.  6339. 
7157.  Wernh.  v,  Nrh.  9,  32.  MarienL  2,  14.  75,  24.  u.  ö. 
Karlm.  188,  36.  348,  60. 

Der  Sg.  Conj.  und  Imper.  liebt  nicht  die  Zusammen- 
ziehung; nur  aus  Herbort  kenne  ich  Cj.  1.  Sg.  ha :  da  5563. 
:jä  3725.  -  3.  Sg.  ha  :  Priseidä  8955. 

Die  Zusammenziehung  hen  hein  Conj.  heige  (aus  habege) 
ist  alem.  verbreitet,  AGr.  a.  a.  0.;  die  3.  Sg.  het  heit 
begegnet  auch  hess.  und  thüring. ;  hon  haun  findet  sich 
schwäbisch  schon  in  dieser  Zeit,  hon  auch  md.,  ebenso  hain, 
hoin  hoen. 

Von  den  zusammengezogenen  Perfectformen  ist 
hdte  md.  häte  häde,  Conj.  h{ßte  md.  hete  hede  die  häu- 
figste. Für  obd.  stehn  die  Beweise  aus  Reimen  AGr.  8.  384. 
BGr.  §  321.     Mitteldeutsche  Reimbelege  folgen  hier: 

Ind.  Sg.  hdte :  hdte  Ebern.  2036.  ;  drdte  Ath.  C.  127.  Tr.  Egid.  485, 
Pass.  H.  320, 25.  livl.  Kr.  3515.  :  gndde  Elis.  983. 1420.  u.  o.  ;  kemendte 
Alex.  5997.  :  rdU  Alex.  2392.  Herb.  371.  Elis.  1404.  4733.  Ebern.  1020. 
Ulr.  Wh.  1568.  3401.  Väterb.  1536.  livl.  Kr.  3287.  :  schrdte  Herb.  490. 
;  späte  Pass.  H.  57, 89.  :  zinddte  Herb.  1334.  —  PL  hdten :  bdten  Alex, 
5117.  Tr.  Egid.  94.  :  braten  Ernst  D.  3544.  :  gnaden  Erlös.  3131, 
;  wiaZdten  Elis.  9698.  :  5emte«  Ernst  D.  1887.  Ulr.  Wh^  2169.  :verrdtm 
Pass.  H.  58,  58.  :sdten  185,  80.  :  späte  Alex.  2265.  :  State  Ernst  D, 
841.  4567.  :  täten  Ath.  E.  95.  Ernst  D.  1482.  2505.  Elis.  1376.  :  träten 
Ath.  A.*  133.  D.  61.  Ebern.  69.  Pass.  H.  260,  1.  320,  51.  livl.  Kr.  3783, 
—  Conj.  Sg.  Mte :  Ute  Tr.  Egid.  25.   :  rete  Elis.  6119.  :  spete  Pilat.  244, 


t   I 


424 

^tete  Herb.  113.    Ernst  D.  4399.   Elis.  4002.  u.  o.     :tete  Pilat.  394. 

{erb.  16698.  Elis.  1780.    :  trete  Herb.  437.     :  missetete  Schoneb.  7688. 

jwete  Elis.  6318.  ülr.  Wh.  2151.  —  PL  heten  :  steten  Ebern.  629.  2363. 

Bemerkenswert  ist  die  2.  8g.  hcete,  nach  Analogie  von 

tcete  in  mhd.  Zeit  gebildet;    sie  ist'^esonders   im   bairischen 

Dialec1Lbeliebtr-'^t)r1K:?.  tpö3)  Tundal.  45,  72.  50,  35.  Wilh 

','nr  Stricker  Karl  10648. 'kl.  Ged.  6,  63.  Lampr.  Franz! 
4032.  MMagd.  f.  26.  Gundach.  1236.  Überhaupt  dringt  im 
Obd.  der  conjunctiv.  Umlaut  seit  12.  Jh.  nicht  selten  in  den 
Indicativ;  indicat.  hcßte  hceten  wird  von  einer  Reihe  alem. 
und  bair.  Dichter  selbst  im  Reim  gebraucht,  vgl.  AGr.  BGr. 
a.  a.  Kjm 

Das  kurzvocalische  hatte  (aus  habte  entstanden)  Conj. 
hette  ist  in  alem.  Schriften  des  14.  15.  Jh.,  auch  mit  Apocope 
als  hat  beliebt,  AGr.  S.  383 ;  vgl.  auch  Schoch  Sprache  Boners 
S.  20.  Mitteldeutsche  Dichter  des  12.  13.  Jh.  brauchen  es 
mitunter  im  Reim  neben  dem  häufigeren  häte  hite: 

Ind.  hatte :  Glatte  Alex.  969.  ;  begatte  Elis.  492.  ;  bestatte  3812. 
mit  Apocope  hat  :  stat  Ernst  D.  4884.  ;  bat  5086.  —  Jiatten  :  satten 
Alex.  1045.  —  Conj.  heUe :  bette  Elis.  3718.  Erlös.  2737.  Marienl.  37, 27. 
Karlm.  14,  30.  68,  27.  409,  10.    :  irgetzin  Annol.  412. 

Aus  der  umgelauteten  Perfectform  hebete  (AGr.  §  374. 
BGr.  §  319)  wird  hSte  zusammengezogen,  das  im  Ind.  und 
Conj.  bei  Baiern  und  Österreichern  auch  apocopirt  {het)  oft 
im  Reim  gebraucht  wird,  vgl.  BGr.  §  321.  Bei  Wirnt  von 
Gravenberg  erscheint  gern  mit  Apocope  het  {iget  Wigal.  81,40. 
91,  37.  iglet  142,  21.  146,  22.  147,  39.  : stet  10,  29.  34,  19. 
38,  35.   98,  34).     Auch  die  Mitteldeutschen  haben  das  indi- 

cative  hete  hede: 

Ute :  drete  Pilat.  614.  :  gerete  Ludw.  Kr.  3250.  5318.  7446.  :  stete 
Ath.  E.  124.  Ebern.  1054.  1370.  Manuel  51.  Schoneb.  2100.  Ludw.  Kr.  39. 
1962.  u.  ö.  :  tete  Alex.  3337.  Pilat.  394.  408.  :  missetete  Schoneb.  9243. 
:vertete  Ludw.  Kr.  3472.  :wete  Glaub.  2691.  grRud.  24,  5.  :  gewete 
Ebern.  3387.  —  heten :  beten  Herb.  7182.  :  vimetin  Ath.  D.  108.  :  teten 
grRud.  17,  25. 

Kurzes  hette  hete  (aus  hebte  assimilirt)  ist  alemannisch 

beliebt,  AGr.  §  385,  wenn  es  auch  im  Reim  nicht  sehr  an- 
gewant  ward.  Aber  im  Verse  war  es  metrisch  bequem  und 
Dichter,    wie   Hartmann  und  Konrad  Fleck,   die  häte^  heete 


425 

reimen,  brauchen  innerhalb  des  Verses  gern  hete  (Lachmann  §394. 
zu  Iw.  602.  Sommer  z.  Flore  171).  Die  Baiern  und  Öster- 
reicher wenden  es  auch  gern  an,  schon  in  den  grossen  Vorauer 
und  Milstätter  Hss.  begegnet  es  oft ;  Stricker  meidet  es  zwar 
im  Reim,  aber  nicht  im  Verse  (Bartsch  Strickers  Karl  S.  XCVI), 
andre  reimen  es  auch,  wie  Heinr.  v.  Türlein,  der  Dichter  des 
Mai,  des  Wigamur,  der  Pleier,  Otacker,  Suchenwirt,  BGrr. 
§  320.  Auch  mitteldeutsch  ward  es  selbst  im  Reim  verwant, 
vergl.  u.  a. : 

Ind.  Sg.  hette  :  leite  Pass.  H.  35,  68.  36,  46.  Elis.  806.  1573.  u.  ö. 
hete  :  bete  Ebem.  860.  Karlm.  94,  46.  ;  gehete  Väterb.  2408.  :  rette 
Ernst  A.  1,  32.  Orend.  713.  :  gesette  Alex.  437.  :  stete  Ernst  D.  944. 
Pass.  H.  17,  78.  103,  52.  142,  7.  Väterb.  2295.  Schoneb.  5400.  :  trete 
Pass.  H.  46,  94.  —  Rur.  ketten :  ketten  Pass.  H.  320,  5.  :  nephe  Alex. 
3396.  :  geseten  Väterb.  4464.  ;  treten  Ernst  D.  3134.  :  wetten  Karlm. 
277,  36.  —  Conj.  Sg.  hette  :  bette  Elis.  3552.  Hagen  3928.  :  gebete 
Pass.  H.  103,  16.  ;  stete  Schoneb.  3366.  —  Plur.  ketten  :  metten  Pass. 
H.  141,  74.  —  Auch  die  apocopirte  Form  ket  ist  in  3.  Sg.  Ind.  md. 
nicht  selten.  Auf  tet  reimt  sie  im  Ernst  D.  12  mal,  in  Ludwigs  Kreuzf. 
(nach  Kinzel  bei  Zacher  Z.  Vin,  380)  23  mal,  vgl.  femer  ket :  bet  Ernst 
D.  1569.  4945.  :  gebet  Ulr.  Wh.  2807.  :  bret  Ludw.  Kr.  7594.  7600. 
:Arnstet  Ludw.  Kr.  2316.  :  Elisabet  ebd.  2780.  4974.  8106.  8174. 
:  magnet  Ernst  D.  3244.  3614.  ;  Mackmet  Ernst  D.  4688.  Ludw.  Kr. 
1366.  6566.  :  Nazaret  Ulr.  Wh.  2799.  Ludw.  Kr.  7882.  :  stet  Ernst  D.  865. 

Auf  die  Zusammenziehung  Mte  gründet  sich  hiete  (Ind. 
Conj.),  das  bair.  österr.  seit  11.  12.  Jh.  erscheint  und  auch 
im  Reim  oft  verwant  wird,  vgl.  BGr.  §  321.  Schon  früh 
begegnet  auch  die  nach  Art  der  2.  Sg.  Pf.  Ind.  der  st.  Verba 
gebildete  2.  Sg.  Ind.  hiete  Vor.  Ged.  178,  25.  Litan.  217,  11. 
222,  37;    apocopirt  Met  zb.  Tundal.  45,  81.  Helbl.  1,  1165. 

Die  Zusammenziehung  heite  ist  alemannisch,  AGr.  S.  387, 
Ulrich  V.  Türheim  brauchte  sie  im  Beim  auf  reite  Trist.  3125. 
;  Seite  3456 ;  er  reimte  auch  im  Präsens  heit  36.  129.  Im 
Bairischen  tritt  sie  nur  spärlich  und  unsicher  auf. 

Das  Partie.  Perf.  P.  lautet  bei  den  Oberdeutschen 
regelmässig  gehabet,  gehabt  gehapt.  In  jüngerer  Zeit  wird 
alem.  und  md.  auch  gehaben,  gehan  falschlich  gebildet,  AGr. 
S.  384.  Rückert  Entw.  265.  Trebn.  Ps.  89,  5.  ümgelautetes 
gehebet  gehept  ist  alem.  und  bair.  im  14.  15.  Jh.  verbreitet, 
AGr.  §  374.  BGr.  §  319. 


•    i 


426 

§394.  Die   mitteldeutsch   geläufige  Form  des  Partie.  P.  P.    ist 

gehat.     Reimbelege : 
•  gehat :  hat  Herb.  12436.  Ursula  87.    :  berat  Herb.  14772.    :  stat 

6003.  8287.  Hagen  3526.  Wierstr.  1382.   ;  bestat  Herb.  8586. 

JB.  Die  Endung'en. 

§395.  §  395.     Im  Präsens   sind    die  Personal-  und  Modal- 

endungen,  ebenso  das  Suffix  des  Infin.  und  Partie,  dieselben 
wie  in  der  st.  Conj.  Über  die  Gleichmacbung  der  alten  drei 
Formen  des  Suffixvocals  im  Mhd.  §  381 ;  das  aus  i,  o,  e  ent- 
standene  e  unterliegt  der  Syncope  und  Apocope  nach  der 
gewöhnlichen  Regel.  Mundartliche  Färbungen  des  e  sind 
i  0  u  a,  von  denen  i  obd.  und  md.  am  häufigsten  sind^ 
vgl.  §§  81—84.  Eine  Übersicht  der  Flexionen  gab  §  393. 
Für  die  einzelnen  Endungen  ist  folgendes  zu  bemerken. 

Ind.  Sg.  1.  Die  gewöhnliche  Endung  ist  -e.  Neben 
diesem  gemeindeutschen  Ausgang  steht  im  Alemannischen 
und  Fränkisch-Thüringischen  -en;  im  Bairischen  gibt  es  nur 
'wenige  und  zum  Theil  verdächtige  Spuren  davon  (BGr.  §  307, 
dazu  Strobl  Heinr.  v.  Neustadt  IX.  X).  über  diese  Endung 
bei  den  st.  Verben  §  367. 

Entstanden  ist  dieses  -en  durch  Übertragung  der  Endung 
der  1.  Person  der  2.  3.  schw.  Kl.  auf  die  1.  Person  der 
allgemeinen  mhd.  schw.  Conjugation ;  es  sind  wesentlich  Verba, 
welche  jenen  Klassen  angehörten,  die  damit  erscheinen.  Im 
alemannischen  Dialect  haftete  es  so  fest,  dass  Dichter 
des  13.  und  14.  Jh.  es  sich  auch  im  Reim  gestatteten,  zb. 
leben  :  gehen  Lanz.  2713.  Lieders.  11,  47.  148,  721.  Boner 
27,  23.  ;  ergeben  Lanz.  1470.  schämen  :  namen  Lanz.  317. 
senen  :  wenen  M8H.  2,  70.  sagen  :  belagen  WvRh.  61,  46. 
Vgl.  AGrr.  S.  364.  Für  den  bair.  Dialect  bezeugt  Lamprecht 
V.  Regensburg  Syon  3913  ich  sagen  (:  tagen)  diese  Endung. 

Mitteldeutsch  ist  dieses  -en  verbreitet.     Reimbelege: 

haben :8caden  Alex.  6197.  .'begraben  Ebern.  4098.  haven:laven 
Marienl.  81,  29.  :  gdven  10,  20.  :  entsaven  Earlm.  101,  2.  spam  (:varn 
Herb.  2163.  staten  (:unbaten  718.  verdagen  ('.sagen  Ebern.  4028. 
sagen  (:  dagen  Alex.  141.  Karlm.  276,  22.  :  dragen  Erl.  3374.  ;  haben 
Alex.  2677.     :magen  Orend.  160.    :  zagen  Alex.  85.     dagen  (:h<iben 


427 

Alex.  6468.  vrdgen  (:  betragen  Herb.  8210.  hegern  (:  zern  Junk.  u.  §  395. 
Heinr.  243.  Üben  f:  geben  Alex.  445.  2281.  Elia.  515.  Ebern.  916.  Hagen 
1611.  reben  ('.gegeben  Herh.lbl,  irlechen  (: sprechen  VihX.  Ib,  zeUen 
Ogevellen  Karlm.  139, 15.  kennen  (:  genennen  Karlm.  18, 17.  bekennen 
(:  genennen  Marienl.  18, 38.  leren  (:  keren  Herb.  3531.  verwenen  (:  Ionen 
Alex.  2680.  meinen  (:  reinen  Marienl.  119,  36.  bereiten  (:beiten  Alex. 
6744.  gedingen  (:  singen  Herb.  8688.  bekorn  (:  geborn  Ebern.  3895. 
gewonen  (:donen  Pilat.  58.  loben  (:  geschoben  Ebern.  3021.  unhogen 
(:  gelogen  Herb.  2272.  bocken  (:  trocken  Pilat.  78.  geröken  (:besöken 
Karlm.  219, 55.  anschowen  (:  vrowen  Marienl.  3,  13.  getruwen  (:  büwen 
Alex.  404.   düden  (:  lüden  Earlm.  49,  34. 

Bas  Niederfränk.,  welches  noch  im  11.  Jh.  die  Endung 
'On,  -en  kannte,  hat  sie  im  12.  Jh.  aufgegeben,  Braune  bei 
Zacher  Z.  IV,  300.   Busch  ebd.  X,  321. 

Das  Endungs-e  wird  natürlich  nach  kurzen  Stämmen  in 
Liquida  mhd.  apocopirt,  zb.  ich  dol,  erhol,  schäm,  ner,  spür; 
mundartlich  geschieht  die  Apocope  auch  nach  Muta  und  ohne 
Rücksicht  auf  die  Quantität  der  Stammsilbe,  besonders  bairisch^ 
aber  auch  im  jüngeren  Alemannisch,  zb.  ich  sag,  bejag,  meifif 
bewcer,  diut,  zell,  meld,  warn  BGr.  §  307.  AGr.  S.  364 

Die  2.  Sg.  gieng  in  -es  aus;  früh  trat  t  an,  so  dass 
-est  die  gewöhnliche  mhd.  Endung  ist;  vgl.  §  368. 

Belege  für  die  Erhaltung  der  alten  Endung  -s  sind  ober- 
deutsch u.  a. 

klages  Otages  Trist.  12487.  maches  (:  gemaches  Kindh.  87,  85, 
mans :  Alischans  Wh.  55, 10.  wens  :  Orlens  124, 4.  wendes  MSA.  126, 2, 
gelönes  205,  10.   laistes  Gundach.  4337.    tFber  häs  BGr.  §  319. 

Md.  hielt  sich  das  -es,  -is  zäher.    Im  Niederfränkischen 

des    12.   13.  Jh.    herscht    es    durchaus.     Stehend    ist    diese 

Endung  in  der  Strassburger  Litanei  (Massmann  43—63),  vgL 

ausserdem 

geröchis :  is  Both.  978.  zuckis  1083.  levis  sirevis  1547.  quelis 
3325.  sundigis  1957.  —  säs  (säges)  :  dwds  Earlm.  113, 24.  :  häs  Mastr. 
Ostersp.  623.  Beime  auf  häs  §  394.  höres  Marienl.  24,  23.  cmsea 
laches  maches  38,  23.  bekennes  49,  33.  nideres  61,  2.  beflickes  beklickes 
Elia.  7447.  vräges  :  tages  Schoneb.  4563.  getrouwes :  touwes  796.  sezzes 
wetter.  Ostersp.  40.  keres  versmehes  Leyser  Pr.  45, 28.  geloübes  122, 15. 
redes  lüchtes  Eath.  sp.  163.  169.  lönes  Trier.  Spiegelb.  269,  9.  lüchtes 
Musk.  52,  33.  tzwyfels  Harff  196,  6.  ferfolchs  197,  28.  In  den  Treb- 
nitzer  Ps.  ist  -s  die  regelmässige  Endung,  Pietsch  LXVJLU.  f. 


428 

§395.  Auffallend  ist  die  Endung  -et,  -t,   die   sich  wenn  auch 

selten  in  altschles.  Kss.  findet:  du  hasset,  leit,  seit  Rückert 
Entw.  217.  253.  Das  s  schwand  hier  vor  t.  Auf  gleiche  Ur- 
sache wird  sich  mache  du  Elis.  1190  zurückführen:  s  schwand 
vor  der  angelehnten  Lingualis.  Vollständigen  Abstoss  der 
Endung  bei  lingualem  Stammauslaut  vor  angelehntem  Pronomen 
zeigt  erglastu  Lamprecht  Syon  863. 

3.  Sg.  'et,  't.  Linguale  Stämme  üben  vor  dieser  Endung 
zuweilen  starke  Syncope  (von  Consonant  und  Vocal).  Reim- 
belege : 

schat  :  hat  Hartm.  B.  1,  1761.  :hat  Helbl.  3,  3.  :mat  Boner 
16,  45.  ret<  (redet)  :  gelegenheit  Georg  3338.  :ge8eit  Freid.  124,  9. 
gehet :  tet  Freid.  108,  25.  swent :  Jent  Helbl.  2,  78.  verscholt  :  holt 
Bari.  27,  14.   muot:guot  wGast  3198.    beriht :  niht  JJlr.  Wh.  1151. 

§396.  §  396. 

Plur.  1.  -en,  -n.  Bei  Anlehnung  des  Pronomens  tvir 
schwindet  das  n,  zb.  gelobe  wir,  sage  wir,  wise  wir,  zume 
wir;  nach  kurzem  Stamm  in  Liqu.  fällt  die  ganze  Endung 
ab :  dol  wir,  ner  wir,  schäm  wir,  auch  nach  Suffix  in  Liqu., 
zb.  zwivel  wir  (Vor.  Ged.  42,  26).  Es  findet  sich  aber  auch 
überhaupt  Abwurf  der  ganzen  Endung  vor  enclit.  wir,  zb.  loh 
wir,  mach  wir,  vuog  wir.  An  Stämmen  auf  nn  wird  die 
Endung  in  vulgärer  Sprache  ganz  gespart,  zb.  wir  bekenn 
Henneb.  U.  II,  66. 

Epithetisches  t  schliesst  sich  der  Endung  unter  Ein- 
wirkung der  3.  PI.  leicht  an ;  schon  Eriedb.  Kr.  F.  2,  6  duldent. 

Plur.  2.  -et,  't;  die  Endung  wird  wie  in  der  st.  Conj. 
§  369  von  -ent  und  -en  als  Nebenformen  begleitet.  Auch 
hier  ist  -ent  am  häufigsten  alemannisch  AGr.  S.  367,  bairisch 
ist  es  seltener  BGr.  §  308,  aber  doch  durch  einen  Eeim  bei 
Heinr.  v.  Türlein  (Krone  2685  gemant :  hant)  gesttizt.  Mittel- 
deutsche Belege  mangeln  nicht: 

wardent  Friedb.  Kr.  H.  2, 11.  havent  Koth.  3134.  kerent  Sel.Tr.  lß\ 
mirkent  Musk.  70, 151.  87, 101.  hereident  wett.  Ostersp.  48.  vrägent  59. 
wenent  336.   habent  Nordh.  Weist.  A.  §  7. 

-en  ist  von  Zazikhoven  ab  (Lanz.  2723)   sicher  belegt, 

AGr.  S.  367. 


429 

Bei  den  Zw.  in  Lingualis  geschieht  auch  an  dieser  Person  §  396. 
starke  Syncope,  zb.  ir  beriht,  hmt,  enmnt  u.  s.  w. 

Plur.  3.  -ent,  -nt.  Im  Md.  fällt  t  früh  ab.  Aus  Otfried 
F.  V.  hat  Kelle  Otfr.  II,  87  Belege  verzeichnet.  Das  mfrk. 
Legendär  hat  -on  -en  fast  durchweg  und  verwendet  es  auch 
im  Reim,  Busch  b6i  Zacher  X,  321.  Im  Athis  begegnen  die 
Reime  irbeizin  {:  ummecreizin  C*  132.  uobin  Qtruobin  155. 
irzouwin  (:  vrouwin  162.  virröstin  (;  kostin  F.  1.  virminnin 
(:  beginnin  7;  vgl.  ausserdem  Ath.  F.  5.  6.  9.  10.  11.  12.  16. 
Auch  im  Gr.  Rudolf  steht  haben  C.  7.  achten  rüchen  C\  24.  25. 
Veldeke  brauchte  diese  3.  PL  Ind.  in  -ew  im  Reim:  (geven) 
:  leven  Servat.  1,  148.  Trojanen :  wänen  En.  4490.  luochen 
{:fluochen  MF.  65,  7.  suochen  (:ruochen  65,  11.  minnen 
{:  sinnen  67,28.  Die-md.  Dichter  des  13.  14.  Jh.  bedienen 
sich  dieser  Endung  ebenfalls,  vgl.  vorschouwen  (:vrouwen 
Ebern.  1436.  hän  (:  sän  1685.  leben  {:  geben  ülr.  Wh.  3062. 
zelten  (;  gelten  3096.  haben  (:  Swäben  Ludw.  Kr.  1061.  verren 
(:  erren  Frauenl.  413,  16.  leben  (:  gegeben  Jungfr.  sp.  182. 
streben  (;  geben  Kath.  sp.  167.  Bei  Johann  von  Frankenstein 
ist  -en  nach  den  Reimen  zu  schliessen  (Khulls  Abhandl.  S.  20) 
die  Regel.  Im  14.  Jh.  ziehen  die  md.  Schreiber  das  -en  dem 
-ent  entschieden  vor,  vgl.  u.  a.  Leysers  Pred.  aus  dem  14.  Jh. 

Der  elsässische  Dialect  zeigt  auch  hierin  seine  enge 
Beziehung  zu  dem  Md.,  dass  die  3.  PI.  Ind.  in  -en  häufig 
in  ihm  begegnet,  AGr.  S.  368.  Die  Obd.  enthalten  sich  im 
12.  13.  Jh.  dieser  Nachlässigkeit  meist,  doch  steht  Freid.  77,  7 
hän  {:  gän),  Lamprecht  von  Regensburg  reimt  Syon  2530 
wüeten  :  behüeten  (Inf.)  und  einzeln  begegnet  auch  ausser 
Reim  -en,  zb.  haben  Wiener  Sitzungsber.  XCIV.  191,  3.  Im 
14.  Jh.  hat  unter  Einfluss  der  Ausgleichung  zwischen  Ind. 
und  Conj.  im  österr.  Dialect  das  -en  sich  rasch  entwickelt: 
Suchenwirt  brauchte  nur  die  3.  PI.  Ind.  in  -en,  Koberstein 
Sprache  des  österr.  Dichters  Suchen w.  1,  41. 

§  397.    Conjunctiv  Präs.   Der  Moduskaracter  ist  völlig  §397. 
verwischt;   tiberall   herscht    das   der  Tonlosigkeit   oder   dem 
verstummen  unterworfene  e,  mundartlich  von  den  Spielarten 
i  a  u  begleitet.     Der  mhd.  Conj.  unterscheidet  sich  von  dem 


430 

§397.  Ind.  nur  noch  in  3.  Sg.  und  in  3.  PI.  Aber  in  3.  PI.  tritt 
auch  der  Versuch  zur  Beseitigung  des  Unterschiedes  hervor, 
da  einerseits  die  3.  PI.  Ind.  ihr  -t  aufgibt,  andrerseits  die 
3.  PL  Conj.  ihrem  -en  zuweilen  -t  anfügt. 

Die  alemannischen  erweiterten  Formen  in  -eje  (ege)  sind 
in  mhd.  Zeit  noch  erhalten,  vgl.  macheje  -est,  vastegest,  irreie, 
sträphege,  habege,  besorgege,  ahtegen,  opheregen  AGr.  S.  369.  f. 

Von  dem  alten  Stammkaracter  der  1.  schw.  Conj.  zeigt 
sich  noch  eine  Spur  in  1.  PI.  cherigen  Xaraj.  32,  3. 

Die   alte  Endung    der   2.   Sg.    in  es,  -s   ist   neben   der 

herschenden  in  ^est,  -st  noch  nachzuweisen  und  wird  besonders 

md.  fortgeführt. 

gers  :  Nivers  Wh.  413,  17.  '.enpers  Jen.  Fragm.  160.  muotes 
Oguotes)  lieds.  192,  442.  leiates  MSA.  210,  22.  —  »umes  Alex.  2908. 
eres  leeres  4095.  f.  vorchtes  Roth.  3331.  lönis  3057.  gefromes  (:  sunis) 
Glaube  38.  maches  erschozes  Elis.  7214.  achtes  7215.  vristes  Leyser 
Pr.  31,  20.  getruwes  ewivdes  31,  33.  lebes  43,  26.  hdbis  76,  28. 
gemaches  Myst.  I.  4,  24.    höres  9,  39.    erheües  152,  27. 

Die  Endung  -ist  steht  im  Eeim  bei  Morungen  MF.  133,  35 
lönist  :  krön  ist.  Sie  war  bereits  in  den  notkerschen  Hss. 
nicht  selten  neben  -est;  in  Otlohs  Gebet  ünden  sich  3  est, 
2  astj  1  ist,  1  ost. 

Die  2.  PI.  hat  wie  im  Indicativ  die  Nebenformen  -ent 
und  -en,  die  hauptsächlich  alemannisch  zu  belegen  sind,  u.  a. 
gesigent  (:  ligent  Bari.  226, 3.  bereiten  (:  beiten  Lieds.  166, 263. 
Sie  werden  namentlich  in  den  Hss.  des  14.— 16.  Jh.  häufig, 
AGr.  S.  370.  f. 
§398.  §  398.    Imperativ.    Die  2.  Sg.  endet  in  -e,  als  den  Rest 

des  Conjugationssufßxes.  Dasselbe  unterliegt  der  Apocope; 
bairisch  erfolgt  sie  selbst  nach  langen  Stämmen  seit  13.  Jh., 
BGr.  §  310,  und  auch  Hartmann  von  Aue  brauchte  Greg.  2639 
vor  tonlosem  daa  den  apocopirten  Imperat.  rüm  (die  Schreiber 
von  AG  namen  daran  Anstoss).  Jedenfalls  hat  der  endungs- 
lose starke  Imperativ  eingewirkt,  wie  umgekehrt  der  schwache 
Imperativ  auf  die  Anfügung  des  e  an  den  st.  Imper.  Ein- 
iluss  hatte. 

1.  PI.  in  -en  wird  in  den  Schriften  des  13.  Jh.  oft 
gebraucht,  AGr.  §  369. 


431 

Die  2.  PI.  endet  in  -et,  -t,  mit  denselben  Nebenformen  §398. 
-ent  und  -en   wie   im  Ind.  und  Conj.     Die  Endung  -ent  ist 
alem.  und  md.  beliebt. 

Ein  Beimbeleg  lerent  (:  erent  Pantal.  1770,    weiteres  AGr.  §  369. 
—  Md.  Belege  u.  a.  sagent  Elis.  4463.    prüfent  1439.    merkent  Myst. 

1.  6,  8.  myrkent  Vorbew.  21.  gedenkent  21.  weinent  42.  verzagent 
Xarlm.  145,  37.   körent  wett.  Ostersp.  204.  fullent  30.  bedrachtent  539. 

•  Die  Endung  -en  ist  in  alem.  Schriften  des  14.— 16.  Jh., 
namentlich  in  elsässischen,  beliebt,  AGr.  §  369 ;  mitteldeutsch 
erscheint  sie  auch,  zb.  hoden  Trier.  Spiegelb.  269,  6.  ge- 
denken 268,  35. 

§  399.  Die  gemein  mhd.  Endung  des  Infinitivs  ist  §399. 
-en.  Nebenher  geht  obd.  und  md.  -in  (von  Otfried  im  Reim 
gebraucht  I.  25,  8);  ferner  unbestimmtes  -an  (bair.  selten, 
alem.  in  vulgären  Schriften  des  13.  — 15.  Jh.  nicht  selten, 
BGr.  §  311.  AGr.  §  370,  über  die  Verhältnisse  im  11.  Jh. 
Vogt  bei  Paul -Braune  Beitr.  11,  233.  264.  Md.  ist  an  im 
11.  12.  Jh.  ebenfalls  nachweisbar,  vgl.  cheran  Friedb.  Kr.  A. 

2,  8.  gesagan  J.  2,  4.  gewan  :  munechan  Ezzol.  Einl.  10. 
giner  Jan :  man  Annol.  224.  minnan :  man  70.  siechan :  man 
710.  dienan :  gän  Roth.  2482.  warnan :  man  3004.  vrägan 
:  man  4017).  Alem.  ist  auch  -un  in  jüngerer  Zeit  öfter  zu 
finden,  AGr.  a.  a.  0.,  Laistner  in  P.-Br.  Beitr.  VII,  558,  das  sich 
an  das  fortlebende  -on  (§  381)  zunächst  lehnt.  Aus  bair. 
Quellen  ist  -un  aus  11.  12.  Jh.  belegt  P.-Br.  Beitr.  II,  233.  f., 
wozu  noch  zu  stellen  ist  bluotun  (:  situn)  Karaj.  35,  13. 

Stämme  in  n  und  m   können   in   nachlässiger  Rede   die 

ganze  Infinitivendung  abstossen.     Reimbelege: 

vbergin  :  »in  Freid.  126,  20.  man  :  darum  Otack.  c.  74.  mein : 
zwein  c.  105.  Ion :  schön  Orend.58.  gearn :  harn  Ammenhus.  466  (Vetter). 
lern  :  gern  Jüngl.  480.  ;  kern  wGast.  10676.  verlougen :  tougen  Wemh. 
Mar.  183,  45.  lougen :  ougen  Trist.  15717.  gelaufen :  ougen  Flore  1829. 
entwäfen :  släfen  Krone  26290.  orden  :  worden  7909.  rechen :  sprechen 
Teichner  Lieds.  172,  88.  —  kon  (=  komen)  :  gewon  Lieds.  187,  84. 
erparm :  arm  Otack.  c.  56. 102.  Vgl.  ausserdem  AGr.  §  370.  BGr.  §  311. 
Landschaftlich  entwickelt  ist  der  Abstoss  des  n;  bei 
kurzen  Stämmen  in  Liqu.  schwindet  dann  auch  der  Vocal. 
Diese  Infinitive  in  -e  sind  dem  alem.  Dialect  sehr  ge- 
läufig und  werden  von  den  Dichtem  des  13.  14.  Jh.  auch  im 


432 

§399.  Reim  benuzt,  AGr.  §  370.  Wackernell  Montfort  CLXXVl. 
Im  bairischen  sind  sie  selten,  vergl.  die  Ifachweise  §  372. 
Dagegen  sind  sie  in  dem  Fränkischen  und  Thüringischen 
ganz  gewöhnlich.  Schon  eine  massige  Sammlung  von  Reimen 
kann  das  bezeugen. 

were  (:here  Alex.  1883.  2391.  irwere  (:mere  2247.  anestare 
(:geware  361.  bekere  (:mere  6776.  teüe  (.-heile  3762.  werke  (: bette 
5315.  Rother  o.  aber  nicht  im  Reim;  heüe  (: eine  Glaub.  855.  mende 
(:ende  909.  geleiste  (-.geiste  1629.  weine  (-.gemeine  1588.  schenke 
(:  benke  Herb.  532.  wander  (:  ander  Erlös.  331.  spar  (:  dar  M.  Himmelf. 
(Haupt  IV)  1151.  gespar  :  adelar  Wartb.  23,  13.  selber  :  her  17,  2.  — 
künde  (:sunde  grRud.  22,  13.  lerne  (:  gerne  6,  23.  Ü6  :  sinen  11,  5. 
löne  4,  7.  sage  10,  2.  sente  18,  26.  kaffe  (:  geschaffe  MSH.  2,  22'. 
Hetzb.  V.  Wissensee.  pfende  (:  eilende  24».  gebüze  (:  süze  23*.  dol  : 
wöl  Ebern.  1316.  Jungfr.  sp.  183.  erhol :  wcH  Ebern.  682.  bewar :  dar 
2456.  wer :  her  385.  schimele  (:  himele  362.  berihte :  nihte  355.  wende 
(:  ende  794.  barine  (:  warme  1526.  erlange  (:  umbehange  3268.  verwene 
(:  trene  1343.  leite  (:  gereite  1494.  genüge  (:  füge  8.  vernmoe  (:  getrüwe 
3564.  (serej :  lere  Väterb.  5366.  (mere)  :  vorkere  Secund.  76.  ;  kere  355. 
zustore  (:  köre)  Brandan  810.  note  (:  töte)  Secund.  338.  knie :  hie  291. 
lerne: gerne  Md.  Ged.  92,283.  labe:abe  95,380.  grüze : vüze  96, 43S. 
sende :  enelende  Jungfr.  sp.  173.  durhgrunde  (:  stmde  182.  kere  (:  lere 
174.  (sa^e)  :  mache  Krolw.  50.  ere  (:  mere)  246.  meine  (:  eine)  415. 
sage  (:  tagej  864.  u.  o.  ygl.  Lisch  Heinr.  v.  Krolw.  Vaterunser  S.  11.  f. 

Über  den  Mangel  an  Belegen  der  apocop.  Inf.  im  Ost- 
deutschen vgl.  §  372. 

§400.  §  400.    über  den  Genitiv  und  Dativ  des  Gerundivs 

gilt  zunächst  das  allgemeine,  das  §  372  bemerkt  ward.  Die 
vollen  Formen  sind  -ennes  -enne,  die  erleichterten  -enes  -ene 
{enSy  en)f  die  von  Alemannen  und  Mitteldeutschen  gern  ge- 
braucht wurden:  AGr.  §  371.  W.  Grimm  zu  Ath.  A.  32. 

Epenthetisches  d  wird  alemannisch  seit  13.  Jh.  beliebt: 
Gen.  -endes,  namentlich  Dativ  -ende  (apocop.  end,  ent),  mit 
verhallendem  Nasal  -ede,  -ed,  AGr.  a.  a.  0.,  zb.  an  hunic- 
lichem  lebende,  ze  lobende,  ze  besetzende,  ze  sagent,  ze  'ähentf 
ze  bekennede,  ze  wandelde. 

Fränkisch  -  thüringisch    kommt   das   epenthetische  d   seit 

12.  Jh.  vor: 

ze  tagende  grRud.  23, 28.  ze  heilende  Herb.  11057.  habende  11355. 
ze  rihtende  Höfer  1, 17.  ze  lengende  kurtzende  Hü.  m,  1208.   mit  irem 


I 

I 


433 

lebende  Leyser  Pred.  56,  24.  zu  pinende  44,  38.  zt*  lösende  55,  36.  §  400, 
tötende  56,  23.  Bei  Herrn,  v.  Fritslar  neben  -ene  nicht  selten,  zb.  Myst. 
I.  8,  10.  9,  25.  18,  39.  35,  22.  92,  17.  120,  15.  121,  18.  u.  ß.  f. ;  zu 
vordirndi  Mülh.  R,  46.  czu  teilende  -lehinde  Nordh.  Weist.  B.  1213. 
zu  weynende  Köditz  C.  23,  2^.  weynde  55,  5.  8.  zu  sendende  (1480. 
Mainz)  Mone  Z.  VII,  26.  —  In  altsohles.  Schriften  gehn  die  Dative  in 
-ende  und  -ene  neben  einander  her,  vgl.  Pietsch  Trebn.  Ps.  LXX.  f. 

§  401.     Das   Participium   Präsentis    endet    mhd.  §401. 
gewöhnlich  in  -ende;   dialectlich  (alem.  und  md.)    ist  -inde 
bei  Partie,  der  alten  1.  schw.  Conj.  vornemlich  beliebt.    Alem., 
aber  namentlich  bairisch,  kommt  -unde  vor,  vgl.  die  Reime 

dienunde  :  umbe  Vor.  Ged.  246,  3.  toeinunde  :  munde  Eab.  324,  1. 
:  chunde  Otack.  c.  738.  tvartund :  stund  c.  733.  trahtund  :  stund  c.  819. 
suechund :  vund  c.  149. 

Vgl.  Bair.  Gr.  §  312.  AGr.  S.  380.  Alemannisch  ist 
dies  unde  bis  in  das  17.  Jh.  nachweisbar. 

Über  md.  Participia  in  -unde  sind  §  84  Nachweise  ge- 
geben. 

-an de  kommt  im  12.  Jh.  zuweilen  obd.  und  md.  im 
Reim  vor:        * 

ilande  :  gesande  Wemh.  Mar.  199,  16.  —  üande  :  tvigande  Roth. 
2621.  runande :  lande  Roth.  1224.  scrickande  :  Stangen  2158.  trörande 
:  lande  1392.   :viande  1419.    weinande :  landen  4036. 

Alemannisch  ist  es  ausser  Reim  noch  im  13.  14.  Jh.  zu 
belegen,  AGr.  a.  a.  0.  —  Vgl.  auch  §  82. 

Zu  bemerken  ist  ferner  Ausfall  des  -n,  der  alem.  und 
bair.  im  13.  14.  Jh.  nicht  selten  auftritt  und  nach  Liquida 
oft  mit  vocal.  Syncope  verbunden  ist: 

töude  O^föude  Parz.  76,  28.  230,  40.  291,  4.  schamediu  Parz. 
G.  27, 9.  senede  MF)  158,  3.  senide  MSA.  125, 21.  klagede  MF.  168, 23. 
minnede  Trist.  M.  1349.  meinede  wonede  Mem.  20.  —  spüde  Walth. 
45,  38.  sende  Trist.  M.  61.  schamde  Bari.  B.  124,  8.  werde  Trist.  MW 
5080.   diende  Nib.  C.  11873.  glenzde  Lobges.  89,  2.   Vgl.  BGr.  a.  a.  0. 

Das  Vorkommen  dieser  Ptc.  in  -ede,  -de  im  Md.  belegen 
die  Trebnitzer  Psalmen,  vgl.  Pietsch  LVI. 

Auch  bei  den  schw.  Zw.  erscheint  der  Ausfall  des  d  in 
der  Endung  des  Part.  Präs.,  der  für  die  st.  Verba  §  373 
erwähnt  ward ;  es  zeigt  sich  also  -ene,  en  für  ende,  end,  und 
die  Vermischung  mit  dem  Inf.  ist  in  manchen  Verbindungen 
die  Folge.     Im  Md.  ist  der  Vorgang  am  entwickeltsten,  vgl. 

Wein  hold,  mittelbochd.  Oramm.  2.  Aufl.  2B 


434 

§  401.  Bechs  Abhandlung  (§  373  angeführt).  Doch  erscheint  er  auch 
obd.,  und  Hug  von  Montfort  brauchte  diese  Formen  selbst  im 
Reim,  zb.  ir  sigint  tot  od  leben  (:  begeben)  5,  229.  frölich 
und  och  lachen  (:  gemachen)  31,  175.  180.  an  kreften  was 
er  der  wem  (:  Bern)  24,  63. 

Für  -nd'  ward  md.  vulgär  auch  -ng-  gesprochen,  §  219. 
Flectirt  wird  das  mhd.  Ptc.  Prs.  stark  und  schwach  gleich 
dem  Adjectivum. 

§402.  §  402.    Perfectum  Indicativi.  8g.  1.  3.  -te  md.  de, 

und  der  Apocope  unterliegend  in  stärkster  Verstümmelung  der 
alten  Verbalform  tä  §  378.  Über  die  Behandlung  der  Perfect- 
endung  in  Syncope  und  Apocope  §§  382 — 385.  —  Auffallend 
ist  eine  späte  md.  Nasalirung  der  Endung  der  3.  8g. :  tnaoten 
(vor  Vocal)  Leyser  Pr.  24,  4.  duyrden  Wierstr.  1310.  vtdten 
1372.  leschten  1374.  sorgden  1810.  neyghden  :  eyghden  2139. 
handelden  :  wandelden  2793.  Bass  dies  lebendige  Formen 
sind,  lernt  man  aus  der  heutigen  kölnischen  Mundart. 

Die  2.  8  g.  geht  mhd.  in  -tes  (tis)  aus,  geschwächt  aus 
tos.  Epithetisches  t  findet  sich  so  häufig,  dass  -tes  Ausname 
ward.     Einige  Belege  für  erhaltenes  mhd.  -tes: 

Windberg.  Ps.  5,  6.  9,  5.  42.  21,  17.  29,  3.  53,  7.  u.  ö.  volgedis 
Both.  4547.  trudü  44dl.  lerdis  4485.  santes  470.  gertis  980.  versmädis 
4545.  hetis,  lebetis,  plegetis  Litan.  S.  598.  löstis  919  (überhaupt  Regel  in 
Lit.  S.).  ladetes  Nib.  C.  2038,  3.  versmähtes  Bari.  B.  43,  27.  wachtes 
(:  fuwhtes)  Pass.  K.  2, 90.  wöldes  (:  gddes)  Pass.  H.  285, 77.  erharmetia 
Leyser  Pr.  75,  32.  hattea  73,  19.  geopfertes  Myst.  I.  175,  31 ;  Marienl. 
6,  21.  13,  19.  18,  25.  27.  29.  61,  7.  66,  25.  u.  ö.  ertretiketes  ver- 
hengetes  Jungfr.  sp.  180. 

Der  alem.  Dialect  hielt  -tost,  das  auch  bair.  und  fränk. 
im  11.  12.  Jh.  noch  erscheint,  mit  gestörter  Quantität  lange 
fest,  zb.  Diut.  2,  288.  292.  297.  Wack.  Pr.  69,  81.  77,  12.  17. 
82,  1.  83,  48.  51.  84,  22.  85,  46.  90,  8.  Griesh.  Pr.  1, 
158.  164.  Mone  Anzeig.  8,  491.  Bihteb.  27.  38.  Martina  1,  66. 
227,  20.  WvRh.  200,  55.  201,  15.  19.  Beispiele  von  -tust 
gab  Laistner  bei  P.-Br.  Beitr.  VII,  553  aus  der  Zwiefalter 
Benedictinerregel  (13.  Jh.). 

In  obd.  Hss.  des  12.  13.  14.  Jh.  zeigt  sich  zuweilen 
epithetisches  e,  zb.  du  gruntfesteste  Windb.  Ps.  101,  26.  ver- 


435 

Zeiteste  Bened.  Pr.  67.    ladeste  Nib.  A.  2038,  3.   irjs^umdoste  §402. 
Anzeig.  8,  506. 

Nach  der  Analogie  von  brcehte  dcehte  (§  386.  407)  und 
der  2.  Sg.  Pf.  Ind.  der  st.  Conj.  §  374  tritt  seit"  12: TEI  eine 
IJebenform   der  2.  8g.  in  -te  auf.     Am  frühesten  geben    sie 

bair.  österr.  Hss.,  zb. 

hdte :  getäte  Ezzol.  2,  5.  6.  du  ruohte  Denkm.  XLVI,  49.  rekote 
du  Vor.  Ged.  9,  19.  hiete  :  gemäte  ebd.  178,  25.  Litanei  217,  11.  222,  37. 
wcmtelote  du  Windb.  Ps.  40,  3.  gegerte :  gewerte  Stricker  Karl  9228. 
erlöste  (:  tröste)  Lampr.  Fr.  1905.  du  htjete  21H.  minte  4037.  Apoco- 
pirte  Fälle  geben  BGr.  §  314  und  Diemer  Genes,  und  Exod.  11,  43. 

Alemannisch  ist  die  Endung  -te  seltener  und  später,  zb. 
gewenkte  verJcrenJcte  Hätzl.  126^  lept  Lieds.  164,  59.  Häufig 
ist  sie  in  den  fränkischen  Dialecten, 

zahlreich  in  den  Trierer  Psalmen  (Bech  Germ.  15,  156),  femer 
Salom.  1368  du  hrente,  MHimmelf.  (Giessen.  Hs.)  134.  145.  154  du 
gerückte,  166  du  koufte,  Erlös.  2148  du  mehte,  5783  aougte,  Heinr. 
Trist.  5085  du  moMe,  Paris.  Tagzeit.  1950  du  meinte :  vereinte,  2812 
du  erkente  :  Oriente;  Ged.  v.  d.  Herren  Leichn.  Altd.  Bl.  H.  351  du 
mehte  :  getrehte,  352  :  knehte.  Beispiele  aus  den  Trebnitzer  Psalmen  in 
Pietsch  Ausg.  LXX. 

Der  Conjunctiv-TJmlaut  begleitet  auch  diese  Endung. 

§  403.     Der  Plural  gibt  zu  wenig  Bemerkungen  Anlass.  §403. 
An  das  "ten  der  3.  und  dann  der  1.  Person   trat  unter  Ein- 
wirkung  der  3.  PI.  Ind.  Präs.   t   in   nachlässiger  Rede  und 
Schrift,   wie  schon   seit  12.  Jh.   nachgewiesen  werden  kann: 
mantent  si  Vorauer  Kaiskr.  93,  27. 

Die  2.  PI.  in  -et,  -t  hat  die  Nebenformen  -ent  und  -en 
wie  im  Präsens,  namentlich  alemannisch,  doch  auch  mittel- 
deutsch, vgl.  AGr.  S.  373  und  horddent  Eriedb.  Kr.  G.  1,  11. 
mochtin  Roth.  1968.  Eür  -en  vgl.  auch  die  alem.  Reimbelege 
Seiten  {:  leiten  trKr.  5179.  walten  {:  halten  Montf.  5,  231. 
An  Stämmen  auf  Lingualis  schwindet  die  Endung  zuweilen; 
Abwurf  nur  von  4  erscheint  in  tröste  Wigal.  A.  161,  8. 

Für  das  gemeine  e  der  Endungen  ist  i  obd.  (alem.)  und 
md.  verbreitet.  Femer  sind  bis  zum  15.  Jh.  alemannisch 
--ton  -tot  'ton  sehr  beliebte  dialectliche  Formen,  AGr.  8.  373. 
Bairisch  kommen  sie  im  12.  Jh.  noch  vor,  BGr.  §  315.  Paul- 
Braune  Beitr.  II,  234. 

28* 


/ 


436 

§403.  Seltener  sind  -tun  und  -tan.     Für  -tun,   das  in  alem. 

Denkmälern  zuweilen  für  -ton  eintritt  (P.-Br.  Beitr.  VII,  552),. 
finden  sich  auch  alte  md.  Belege  in  dranMun  Friedb.  Kr. 
B.  2,  4.    sagedun  G.  1,  18. 

§404.  §  404.     Im  Gonjunctiv  Per  f.    sind   die  gemein  mhd. 

Endungen  denen  des  Indicativs  durchaus  gleich.  Für  e  haftet 
im  Alem.  i  grade  im  Conj.  so  fest,  dass  sogar  Reime  darauf 
erscheinen,  wie  die  3.  PI.  lebetin :  erin  Flore  1956.  wissetin 
:sin  WvRh.  21,  51;  vgl.  AGr.  §  368.  Wackernell  Mont- 
fort  CLXXVII. 

In  der  2.  Sg.  ist  die  Endung  mit  epithet.  t,  4  est,  Regel,, 
die  alte  -tes  ist  Ausname.  Belege  für  sie  geben  u.  a.  dorftes 
Nib.  C.  445.  hetis  Alex.  2747.  bereditis,  bescohetis  Roth.  334.  f.. 
gloubetes  Myst.  I.  20,  35.  betetes  90,  3.  hettis  Germ.  17,  347. 
Köditz  68,  2.  heddes  Marienl.  56,  33.  79,  22.  Kath.  sp.  162. 
Das  Md.  zeigt  sich  auch  hier  der  Endung  -es  länger  geneigt 
als  das  Obd. 

Epithetisches  ^  in  1.  3.  PI.  und  die  Nebenformen  -ent 
und  -en  in  2.  PL  erscheinen  auch  in  diesem  Modus,  vgl.  AGr. 
S.  375.  Ebenso  schwindet  auch  hier  die  Endung  der  2.  PL 
nach  Lingualis  der  Wurzel.  Abstoss  nur  von  -t  zeigt  sich 
in  müeste  Frauend.  230,  7.    möhte :  töhte  Krone  21531. 

§405.  §  405.     Das  Participium  Perf.  Pass.  wird  durch 

das  indogerm.  Suffix  -ta  gebildet,  Bopp  Gr.  §  817^  ff.  Das- 
selbe tritt  entweder  ohne  vocalische  Verbindung  an  den  Stamm 
oder  mittels  des  Sufßxvocals  der  schw.  Conjugation.  über 
die  verschiedenen  Formen  vgl.  §§  381.  389—392.  Flectirt 
wird  das  Partie.  P.  P.  wie  die  Adjective  entweder  stark  oder 
schwach  nach  der  geltenden  Regel,  §  500.  f. 

Abstoss  des  -t  bei  Bewahrung  des  Endungs-6  kommt  in 
späterer  Zeit  vor ;  Hug  v.  Montfort  reimte  betrachte  (:  machtey 
Montf.  32,  33.  ;  (achte)  15, 150.  verfuere  (;  schnuere)  38,^114. 
Gewöhnlich  tritt  dem  Partie.  P.  P.  das  Präfix  ge  vor. 
Ohne  ge  ist  gebräuchlich  bräht,  femer  zeigt  sich  einfache» 
decket  vreischet  veget  keret  Meidet  krönet  koufet  küsset. 
Auch  die  Participia  der  Zw.  in  -ieren  meiden  gern  das  Präfix 
gcy  Grimm  Gr.  II,  847. 


437 

XII.  IMEischiing'  sta.]:*kei*  und  sch.\^a.cli.ei* 

TempusfoiTiiieii« 

A.  Feste  Miscixung'. 
1.  Starkes  Fräsena,  sohwaches  Ferfeot. 
§  406.    ginnen,  gewöhnlich  beginnen,  st.  ablaut.  Zw.  §406. 
<ler  a-Klasse  (i,  a,  u)  geht  regelmässig  nach  seinem  Klassen- 
karacter  beginne  began  begunnen  begonnen,    Neben  dem  st. 
Terfect  began  steht  aber  schon  ahd.  eine  schwache  Neubildung : 
bei  Tat.  Otfr.  Notker  bigonda,  selten  bigunda,  im  Isidor  und 
in  den  gl.  Lips.  81  bigunsta  (mit  euphon.  s).'^)    Mhd.  herscht 
neben  began  das  häufig  im  Reim  von  Ober-  und  Mitteldeutschen 
gebrauchte  begunde  mit  der  alem.  beliebten  Nebenf.  begonde. 
Belege  aus  alem.  und  bair.  Denkmälern  AGr.  §  377.  BGr.  §  324. 
Aus  mitteldeutschen  Quellen  Belege,  aus  denen   sich   ergibt, 

<lass  -w-  vorgezogen  wird: 

Ind.  begunde  :  unde  Herb.  5145.  :  hunde  Pass.  H.  77,  83.  :  hunde 
247,  6.  :  künde  Ernst  A.  I,  8.  Karlm.  147,  14.  258,  34.  :  munde  Pass. 
H.  242,  37.  :  stunde  Alex.  6470.  Herb.  2540.  6189.  u.  ö.  Marienl.  3,  24. 
■91,  28.  Pass.  H.  253,  57.  Karlm.  93,  16.  —  Plur.  begunden :  gebunden 
Pass.  H.  60,  86.  :  vunden  82,  38.  :  künden  Alex.  5908.  Pass.  H.  93,  58. 
-Sunden  Marienl.  8,  35.  : stunden  Pilat.  211.  Earlm.  125,  36.  207,  50. 
,•  wunden  Alex.  4608.  Marienl.  45,  20.  —  Conj.  begunde  :  gunde  Karlm. 
574,  62.    :  künde  126,  50.    ;  sunde  Pass.  H.  53,  34. 

begonde  :  konde  Ath.  A.*  34.  Ausser  Reim  Rud.  11,  5.  u.  ö. 
<xlaub.  218.  1952.  1966.   begonden  Glaube  366. 

Im  Partie,  kommt  fast  nur  das  starke  begunnen  vor,  das 
schw.  beginnet  ist  selten:  j.  Titur.  311,  1.  328,  3.  1428,  1 
vom  Schreiber  der  Heidelb.  Es.  383  gesezt ;  begunt  :  kunt 
Hagen  6121.  :s^ww^Jerosch.  184.  6e^wn^  Schoneb.  8706.  begont 
:  Piremont  Jerosch.  24976.    begont  Leyser  Pr.  36,  30. 

Die  Form  mit  euphon.  s  weiss  ich  mhd.  nur  aus  Thü- 
ringen zu  belegen;  später  hat  sie  der  in  Thüringen  auf- 
gewachsene M.  Luther  (Ph.  Dietz  Wörterb.  1,  231)  und  der 
Wetterauer  Alberus. 

begunste  Köditz  11,  29.  12,  12.  23,  26.  39,  17.  44,  13.  PL  be- 
gunstin  Köditz  43,  15.  55,  5.  —  begonste  Köditz  12,  8.  40,  15.  41,  22. 
42,  28.  52,  25.  65,  4.  68,  15.  92,  12.    PI.  begonsten  69,  26.  begonstin 

*)  Mutmassuugen  über  dieses  -st  stellt  P.  Möller  bei  Paul-Braune 
Beitr.  VH,  459.  467  auf. 


438 

§  406.  54,  13.  —  Ptc.  begunst :  brunst  Pass.  H.  56,  27.  ;  kunst  Väterb.  1132, 
Ausser  Reim  Pass.  H.  286,  69.  Rothe  Kr.  210.  466.  begonst  Pass.  K. 
5,  77.  Höfer  ü,  75. 

Den  Beweiß,  dass  die  meisten  mhd.  Dichter  im  Verse 
präfixloses  gunde  brauchen,  der  Dichter  des  Mai  auch  präfix- 
loses gan,  und  dass  jüngere  Schreiber  gunde  nicht  selten  dem 
begunde  vorziehen,  gab  Haupt  zu  Erec  23;  vgl.  auch  Serv. 
885.  2113.  Stricker  kl.  Ged.  5,  2Q,  Lampr.  v.  Regensburg^ 
Fr.  3401.  4691.  Ulr.  Wh.  371.  Frauenl.  369,  5  und  hierzu 
Ettmüllers  Anm. 

§407.  §  407.    bringen  (md.  br engen)  bildet  das  Präs.  durch- 

aus stark.  Das  starke  ablautende  Perfect  brang  brungun 
ist  ahd.  nur  bei  Otfr.  erhalten,  das  st.  Partie.  P.  P.  ziemlich 
häufig  in  alten  Glossen.     Mhd.  ist  es  selten,  aber  aus  Reimen 

zu  belegen : 

PI.  brungen :  sungen  Earaj.  37, 10.  —  Conj.  brunge:sunge  MSH. 
1,  146.  —  Ptc.  vöUebrungen :  gedrungen  Virgin.  329,'  10. 

Vgl.  AGr.  §  377^   BGr.  §  324. 

Die  gewöhnliche  Perfectform  ist  mhd.  brähte  (ahd. 
/'  prähta  brähta),  Conj.  brähte  brcehte^  Ptc.  bräht  (mundartL 
bracht,  braicht).  Der  Nasal  schwand  aus  dem  Perfectstamm,. 
an  den  die  Endung  ta  unmittelbar  sich  anschloss,  wie  in  dahte 
und  dnhte.  Das  a  ward  gedehnt.  Eine  Spur  des  Nasals- 
zeigt  noch  branhten  Vor.  Kaiskr.  296,  9. 

Die  2.  Sg.  Ind.  lautet  brähtes,  daneben  kommt  brcehte 

vor,  gleich  dem  dcehte  §  386.     Belege:  ~ 

gedrehte  :  brahtelCSStpiechtB  Syon 4033.  fürbrcehte : gedahte  EracL 
Vorr.  42.  —  brähte  Windb.  Ps.  39,  9.  70,  23.  Milst.  161,  20.  Lobges. 
41,  9.   du  brceht  Wh.  454,  1.   brehte  Vor.  Ged.  301,  10.  Mart.  115,  38. 

—  Ohne  Umlaut  bracht  :  macht  Wolkenst.  CXIX.  3',  20.  :  vermocht 
Otack.  c.  164. 

Zu  dieser  conjanctivisch  umlautenden  2.  Sg.  Ind.  stellt 
sich  die  3.  PI.  Ind.  brcehten  Parz.  D.  25,  19;  vgl.  das  über 
indicatives  treten  §  ^3ß3-bemerkte. 

Die  Dehnung  des  a  und  seines  Umlautes  mag  wenigstens 

für  den  Nordwesten  fraglich  sein,  vgl.  die  Reime: 

Ind.  brähte  :  ahte  Pass.  H.  203, 34.  —  brahten :  ahten  Alex.  1524. 

—  Conj.  brehte  .'hnehte  Alex.  268S,  :rehte  Hagen  6031.  Karlm.  210,  63. 
: geeichte 'NrKBnchst.lyS.  —  PI.  brehten :  knehten  Alex.  4i96l,  nnehten 
Alex.  62.   :  sehten  Morant  260. 


439 

2.  Verlsa  preeteritoprsesentia,  Zeitworte  mit  versohobeBem 

FräteritTun. 

Starkes  Perfect  mit  Präsensbedeutung,  schwaches  Perfect  neu  gebildet 

zur  Bezeichnung  der  Vergangenheit. 

§  408.  Die  Zeitworte  mit  verschobenem  Präteritum  haben  §  408. 
die  formale  Eigenthümlichkeit,  nur  Perfectformen  zu  besitzen ; 
die  Präsensform  ist  verloren  gegangen.  Ihr  Präsens  hat  die 
Form  eines  ablautenden  Perfects;  zur  Bildung  der  Ver- 
gangenheitform trat  die  Endung  des  schwachen  Perfects  ohne 
Suffixvocal  an  den  Perfectstamm  und  zwar  mit  Ausname  von 
mugen,  wo  früh  eine  Störung  eingetreten  ist,  an  den  Stamm 
des  Plur.  Perf.  Der  Infinitiv,  Imperativ  und  das  Partie.  Präs. 
musten  sich  erst  alimählich  bilden,  da  Infin.  und  Imper.  im 
german.  Perfect  fehlen  und  ein  Particip  des  activen  Perf. 
ebenfalls  mangelt. 

Diese  Verschiebung  der  Bedeutung,  welche  die  Form- 
veränderungen veranlasste,  gründet  sich  auf  die  Herausbildung 
eines  abstracten  aus  ursprünglich  concretem  sinnlichem  Begriff. 
Als  allgemeinen  Karacter  dieser  Zeitworte  kann  man  den 
Ausdruck  einer  Fähigkeit  oder  Bereitschaft  zu  einer  näher  zu 
bestimmenden  Handlung  bezeichnen;  sie  haben  etwas  unselb- 
ständiges, der  Ergänzung  durch  einen  zutretenden  Infinitiv 
bedürftiges  und  finden  daher  als  Hilfsverba  starke  Verwendung. 

Versuche,  die  Grundbedeutung  derjenigen  alten  starken  Verba,  auf 
welchen  die  PraeteritopraBsentia  ruhen,  zu  ergründen,  sind  mehrfach  ge- 
macht, vgl.  überhaupt  J.  Grimm  Gesch.  d.  deutsch.  Sprache  Cap.  XXXV. 
und  C.  Pauli  über  die  deutschen  Verba  prsBteritoprsBsentia.  Stettin  1863. 
Femer:  Scherer  zur  Geschichte  d.  deutschen  Sprache  (2.  A.)  311—319. 
Kluge  Beiträge  z.  Gesch.  der  german.  Conjugation  81.  ff. 

Die  Präteritopräsentia  gehören  gröstentheils  der  a-Klasse 
an,  eins  der  i-Klasse,  eines  der  w-Klasse,   vgl.  die  Präsentia 

mac  scäl  an  kan  tar  darf  —  muoz 

wetz 

touc. 

Ihnen  gemeinsam  ist  die  Endung  der  2.  S^.  Prs.  Ind. 
auf  t,  worin  sich  die  altgerm.  Personalendung  der  2.  Sg.  Ind. 
Perf.  erhalten  hat,  die  sonst  im  starken  Perf.  dem  Deutschen 
wie  den  andern  germ.  Dialecten,  ausser  dem  Gotischen  und 
Nordischen  verloren  war  (§  374). 


/•     •  / 

f         440 

§409.  §  409. 

Präs.  Ind.  1.  3.  nute  2.  mdht  PL  magen  megen,  mugen  mügen  mögen 

(mun) 
Conj.  mege  muge  Inf.  fnv^en 

müge  möge  mügen  mögen 

Part,  megende  mugende 
mügende 
Perf.  Ind.  mähte  mohte   Conj.  mehte  mohte  (möhte)    Ptc.  (gemohtj 

Oberdeutsch  und  noch  mehr  md.  wandelt  sich  die  aus- 
lautende Explosiva  von  mac  oft  in  die  Fricativa  ch  nach 
allgemeinem  Vorgange  §  234.  237. 

Für  den  Plur.  Präs.  wäre  nach  dem  Klassenkaracter 
mägen  (got.  megum)  zu  erwarten.  Allein  im  Grot.  lautet  er 
magum,  im  Ahd.  magun  neben  mugun,  ags.  magon,  altnord. 
megum,  altsächs.  mugun  (Erklärungsversuche  bei  Scherer 
GdSpr.  312.  Huge^^zg^egfilu-A..  Coxy.  62).  Das  alte  magen 
ist  bis  in  das  12.  Jh.  hochdeutsch  nachzuweisen: 

zb.  Fnndgr.  I,  61,  4.  63,  26.  64,  35.  Haupt  Z.  8,  107.  146.  149. 
Windb.  Ps.  17,  43.  74,  6.  94,  2.  Vor.  Ged.  348,  28.  363,  23.  371,  6. 
Joseph  650.  Genes.  (Fundgr.  IL)  25,  34.  36,  12.  57,  13.  60,  44.  81,  3. 
auch  wol  nach  den  Keimen  anzusetzen  Angenge  22,  46.  27,  22.  32,  84. 

Auf  kurzes  magen  geht  auch  der  Umlaut -6  zurück,  der 
^        aus   dem  Conj.   in  den  Plur.  Ind.   eindrmgt.     Dieses  megen 

_  .a»i   Hat  Ml*  Uli»»,,. ,  ,  , 

"'  ist  fast  nur  oberdeutsch ;  es  wird  im  Reim  gebraucht  von 
dem  Dichter  des  Angenge,  von  Hartmann  im  Erec,  von  Ulrich 
von  Zazikhofen,  Wolfram  von  Eschenbach, .  Ulrich  von  Türheim 
im  Tristan,  vom  Stricker,  Pleier,  Otacker,  Enikel;  der  Conj. 
mege  steht  im  Reim  in  Wernhers  Maria,  im  Angenge,  in  der 
Kindheit  Jesu,  bei  Hartmann,  Wolfram,  Ulrich  von  Zazikhofen, 
Ulr.  von  Lichtenstein,  Neithart,  Heinr.  von  d.  Türlein,  Enikel, 
Otacker,  Lutwin.  Überhaupt  sind  die  Präsensformen  mit  e 
bis  an  das  Ende  der  mhd.  Zeit  obd.  neben  den  jüngeren 
in  u  bräuchlich,  AGr.  §  378.  BGr.  §  325.  Mitteldeutsch 
weiss  ich  nur  aus  Hartmanns  Glauben  und  dem  Wartburg- 
kriege für  sie  Belege : 

3.  Plur.  Ind.  m^egen  :  legen :  wegen  Wartb.  3,  12.  —  Conj.  3.  Sg. 
mege  :  siege  Wartb.  9,  4.  fnege  Glaub.  932.  —  1.  PI.  Conj.  megen 
Glaub.  926. 


441 

Versuche,  die  anomale  Präsensfofm  '^n''  ^nhi  Av^^h  §409. 
scheinbar  regelmässiges  mäge  magest  zu  verdrängen,  treten 
seit  12./13.  Jh.  obl  aui,  Aijr.  JtKxr.  a.  a.  0.  Vereinzelt 
erscheint  auch  eine  2.  Sff.  Ind.  Präs.  du  mcehte  m^^  (Pfeiffer  \ 
Übungsb.  177,  14.  36.  178,  5.  -  176,  26.  178,  7.  Der  md. 
Schreiber  der  Giessener  Hs.  machte  möhte  moht  daraus, 
Adrians  Mittheil.  459,  3.  f.  460),  gebildet  nach  brcehte  dcehte. 

Vgl.    §    402.    407.  t^::^^i:ij^.^^^s!;ii^-!^^:^^^-^(^,^ 

Das  wim  PL  Ind.  und  im  Conj.  kommt  zuerst  md.  vor, 
wie  es  denn  im  altsächs.  bereits  allein  herscht.  Tatian,  Otfried 
(bei  ihm  einige  e  im  Conj.  vgl.  Kelle  Otfr.  II,  109),  Williram 
haben  es  durchaus.  Es  dringt  dann  nach  Alemannien  vor, 
wie  die  Notkerschen  Formen  mugen  mugin  zeigen,  und  breitet 
sich  seit  11.  Jh.  immer  weiter  in  Oberdeutschland  aus.  Die 
alem.  und  bair.  Dichter  brauchen  den  PL  Ind.  mugen,  den 
Conj.  muge  (der  Umlaut  ist  wahrscheinlich,  wird  aber  durch 
Reime  auf  tuge  trüge  ^uge,  deren  ü  in  gleichem  Masse  dis- 
putabel  ist,  nicht  bewiesen)  zwar  neben  megen,  aber  doch 
häufiger  als  dieses  AGr.  S.  392.  BGrrsr325.  Sei  den  Mittel- 
deutschen sind  mugen,  Conj.  muge  die  gewöhnlichen  Formen. 

Epithetisches  t  in  3.  PL  Ind.  mugent  (:  tugent)  Pass.  K. 
577,  61.  Die  2.  PL  in  -ent  belegen  die  Reime  mugent : 
irhugent  Ebern.  1437.    .tugent  Ebern.  3637.  Krolw.  698. 

Neben  mugen  muge  geht  zunächst  md.,  aber  seit  13.  Jh. 
auch  alemannisch  nachweislich,  seltener  bairisch,  mögen  und 
möge  nebenher;  im  Conj.  tritt  wenigstens  alem.  äef'  llmlaut 
^'vröge  hinzu.     AGr.  BGr.  a.  a.  0. 

Alemannisch  werden  auch  die  zusammengezogenen  Formen 
mun  munt  gebraucht,  im  Eckenlied  und  bei  Hug  v.  Langen- 
stein sogar  im  Reim:  AGr.  S.  392. 

Der  Inf  in.  lautet  in  der  Regel  mugen,  Nebenformen 
sind  mügen  und  mögen. 

Das  Part.  Präs.  ist  mugende 

im  Reim  :hugende  j.  Tit.  226,  2.  :  gehugende  Pass.  K.  339,  89. 
.-jugende  trKr.  10454.  ;  tugende  j.  Tit.  193,  2.  596,  1.  Pass.  K.  440,  20. 
454,  86.   vermugende :  lügende  Ulr.  Wh.  3673.  Ludw.  Kr.  1002. 

Bairisch  erscheint  daneben,  wenn  auch  selten,  megende: 
Vorauer  Kaiserkr.  101,  25.    gemegend :  regend  j.  Tit.  266,  1. 


'"k 


442 

§410.  §  410.     Der  Stammvocal   im  Präteritum   ißt   durch   die 

Doppelform  des  Plur.  Präs.  in  a  (e)  und  u  (o)  als  zwiefacher 
für  das  mhd.  gegeben,  wie  denn  auch  ahd.  mahta  und  mohta 
(lezteres  fränk.)  auftreten. 

Im  allgemeinen  wir^d  a  im  Perfect  fester  gehalten  als  im 
Präsens ;  auch  Notker  hatte  noch  das  Perf.  mahta  Oj.  mahti, 
während  er  im  PI.  Prs.  mugun  brauchte.  Das  Präteritum 
mähte  wird  von  Hartmann  v.  Aue  in  seinen  älteren  Dich- 
tungen (Erec,  Gregor)  im  Eeim  gebraucht,  im  armen  Heinrich 
und  Iwein  reimt  er  dagegen  nur  mohte^  welcher  Wechsel  für 
die  Zeitdauer  des  mähte  bedeutsam  ist.  Im  Reim  steht  mähte 
neben  mohte  ferner  bei  Gotfried  von  Strassburg,  Ulrich  von 
Zazikhofen,  Wirnt  von  Gravenberg,  K.  Fleck,  in  der  Klage, 
bei  Heinr.  vom  Türlein,  bei  den  Dichtern  der  Warnung,  des 
Mai  und  des  Wigamur,  und  auch  bei  den  spätem  Alemannen 
und  Baiern,  zb.  Walth.  v.  Rheinau,  Hadlaub ;  bei  dem  Dichter 
der  Helblingbüchlein,  bei  Otacker  und  Gundacker  von  Juden- 
burg. —  Der  Conj.  mehte  wird  auch  von  Hartmann,  Got- 
fried und  Fleck  gereimt;  unumgelautetes  conjunctives  mähte 
dauert  bairisch  noch  im  14.  Jh.  fort :  AGr.  S.  393.  BGr.  §  326. 
—  Mitteldeutsch  war  mähte  (neben  mohte)  im  12.  Jh.  auch 
noch  vorhanden:  im  Rolandliede  herscht  es  (nur  dreimal 
mohte  -en),  im  Roth.  3837  und  Karlmein.  387,  5  reimt  mähten 
:  nahten,  im  Ath.  C*  58  Conj.  mehte :  ehte.  Dieser  Conj.  mehte 
erscheint  auch  (ausser  Reim)  im  mfränk.  Legendär  181.  391. 
Die  eigentlich  md.  Präteritalform  ist  aber  mohte.  Sie  herscht 
schon  im  Tatian,  bei  Otfried  und  Williram  durchaus.  Dieselbe 
ward,  wie  schon  bemerkt,  gegen  Ende  des  12.  Jh.  auch  in 
die  oberdeutsche  höfische  Sprache  aufgenommen  und  von  den 
Dichtern  neben  mähte  im  Reim  verwant.  Später  (15.  Jh.) 
kommt  flir  mochte  zuweilen  muchte  vor. 

Der  Conj.  mohte  wird  von  sehr  guten  Schreibern  des 
13.  Jh.  ohne  Umlaut  geschrieben;  möhte  ist  daneben  wahr- 
scheinlich, namentlich  für  die  spätere  Zeit  des  13.  Jh.,  aber 
keineswegs  so  sicher,  wie  Lachmann  z.  Iw.  2088  aufstellte. 
Md.  Nebenformen  sind  moichte  und  muchte.  Indicatives  möhte 
kommt  in  elsäss.  Hss.    des  14.  Jh.  vor,    Haupt  Z.  VII,  148. 


v%  '       i. 


443 

Das  Part  Per  f.  Pass.  bildete  sich  jspät.    Vor  Otacker  §410. 
c.  164  vermoht  (ihrdht)  kann  ich  es  nicht  nachweisen;   es 
wird  hier  ausserdem  vermaht  (Otacker  brauchte  im  Pf.  mähte 
und  mohte)  geschrieben  werden  müssen. 

§  411.  §411. 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  3.  8C€U  sal,  schol  8ol    2.  scalt  sält,  scholt  solt 

Plur.  schtdn  suln  (sun),  scholn  söln  (son) 

schvUlen  suUen  sHUen  sÖUen     f^^^    ,     ^ 

Conj.  ßchül  sül  8ül,  8ol  Inf.  scholn,  soln  stdn  

schulle  sulle  solle  G  (  ,    ^    ' 

Perf.  schölte  solte  sdde  (sötte)       Conj.  solte  sölte  sulte  ''  A 

solde  sölde 

Der  alte  Wurzelanlaut  sc,   der  mhd.  phonetisch  als  sah 

zu  nehmen  ist,  wenn  die  Schrift  auch  sc  fortführte,  hat  sich 

bairisch  durch  die  ganze  mhd.  Periode  erhalten,  BGr.  §  327. 

Im  Alemannischen   des  13.  14.  Jh.   begegnet  er  nur  selten, 

schon   Notkers    Schule   gab   ihn    auf.     Auch   md.   kennt   ihn 

meines  wissens  nur  das  Thüringische  und  nächstangrenzende 

Ostdeutsche ;  die  fränkischen  Dialecte  haben  ihn  nicht.    Schoiy  ^  ^     . 

altfränk.  und  dann  auch  mnl.  erscheint  nur  sal;  das  thüring.     ^' 

sc  steht  wohl  in  Eeziehung  zu  dem  altsächs.  scah  \' 

Belege  für  thüring.  ostd.  seh:    1.  Prs.  schäl  Cd.  Sax.  11.  6,  34. 
schol  Mülh.  Urk.  888.  —  3.  schal  Höfer  H,  13.  176.    Mülh.  Uk.  877. 
Cd.  Sax.  n.  6,  40.   —   PI.  1.  schullen  Höfer  11,  13.  14.  18.  92.  142.    .   '     v^ 
Mülh.  Uk.  877.  —  2.  PI.  schult  Kath.  sp.  163.  -  3.  PI.  schuUen  Höfer 
n,  13.  Mülh.  Uk.  888.   Cd.  Sax.  H.  6,  33.  f.  35.    schüUen  Cd.  Sax.  11.    '  " 
6,  40.    schoUen  ebd.  —  Cj.  Pf.  schdde  Cd.  Sax.  11.  6,  27  (Chemnitz). 
schoilde  Mülh.  Uk.  877.  —  1.  PI.  scholdin  Cd.  Sax.  11.  6,  33.—  3.  PL  . 
schuldin  Höfer  II,  13.  .     ' .   <    .  • 

Der  alte  Wurzelvocal   a  ward  im  Präs.  Sg.  Ind.   schon 

in  der  spätem  ahd.  Zeit  durch  l  gewöhnlich  zu  o  verdunkelt.  (^ 

Er  ist  obd.  in  unserer  Periode  selten,  doch  erscheint  im  Reim 

reines  sal :  al  Helmbr.  756.    ;  tal  Neith.  239,  67.   Vgl.  BGr. 

§  327.  AGr.  §  379.    Dagegen  hält  das  Md.  an  sal  sali  fest: 

es  herscht  in  fränk.  thür.  Hss.  und  Urkunden  des  13.  14.  Jh. 

vor,  obschon  auch  die  Pormen  sol  solt  seit  dem  12.  Jh.  von 

den  Dichtern  (zb.  vom  Dichter  des  Athis,  von  Herbort,  Eber- 

nand,    Brun  v.  Schonebek,   im   Passional   und   der  Erlösung) 

gebraucht  werden. 


n 


"K-^l^y 


,P 


444 

§411.  Reimbelege  für  a:  Präs.  Sg.  1.   sal  :  dl  En.  3225.   Hagen  4399. 

Karlm.  373,  63.  Pass.  H.  165,  69.  Erlös.  4860.  Kath.  170.  :  schal 
Ebern.  4487.  :  tdl  Pass.  H.  44,  68.  ;  voä  Krolw.  2310.  Pass.  H.  289,  64. 
—  2.  seilt :  alt  Erlös.  1970.  Karlm.  476,  10.  :  halt  En.  3177.  ;  einvalt 
Pass.  K.  241,  67.  .manicvält  Erlös.  1281.  4406.  : gestalt  Erl.  6429. 
Karlm.  448. 54.  :  gewalt  En.  9777.  Herb.  3776.  Pass.  H.  67, 66.  108, 22. 
161,  46.  Pass.  K.  16,  62.  Erl.  688.  —  3.  sal :  al  En.  2558.  3681.  9802, 
MF.  61,  8.  Alex.  4075.  Herb.  568.  Pass.  H.  148,  37.  273,  64.  Pass.  K. 
603,  53.  :val  Alex.  1290.  Wemh.  9,  28.  Herb.  5559.  Pass.  10,  51. 
159,  71.  Pass.  K.  6,  58.  Erl.  4023.  Ebern.  195.  :heval  Elis.  4028. 
:  verhol  Elis.  8730.  :  kanal  Pass.  H.  147,  51.  ;  scA  Hagen  2157.  Ulr. 
Wh.  2931.  Pass.  H.  278,  59.  :  schal  Pass.  H.  190,  49.  :  smal  Herb. 
610.  6693.  :stal  Pass.  H.  12,  71.  :tal  Pass.  H.  129,  30.  :  zdl  Pass. 
H.  110,  10.  Erl.  1115.  5501.  Krolw.  719. 

Für  den  Sg.  Präs.  Ind.  mag  noch  die  im  wälschen  Gast 
13290  erscheinende  Form  du  sol  (;  wol)  angeführt  werden, 
eine  unglückliche,  vielleicht  durch  du  wil  veranlasste  Neu- 
bildung des  deutsch  dichtenden  Friaulers. 

Im  PI ur.  Ind.  ist  w  der  allgemeingerm.  Stamm vocal,  der 
auf  alter  Störung  beruhen  muss,  da  ä  nach  dem  Wurzelauslaut 
in  Weise  der  Ablautformel  ü  al  äl  ul  zu  erwarten  wäre. 
Das  doppelte  l,  das  seit  Anfang  des  14.  Jh.  obd.  recht  häufig 
geschrieben  wird,  verdankt  sein  entstehn  dem  streben,  eine 
volle  zweisilbige  Form  mit  entschiedener  Vocalkürze  neben 
die  syncopirte  einsilbige  zu  stellen.  Im  klingenden  Reim 
wurden  diese  Formen  erst  später  verwant;  meist  ist  dann 
auch  ö  für  w  =  w  eingetreten.  Süllen  kommt  seit  Ende  des 
13.  Jh.  obd.  vor.  '^^^  " 

Seit  dem  12.  Jh.    drängt  sich  o  neben  u  in  den  Plural 

und  den  Conj.  ein,  gewinnt  aber  erst  allmählich  Boden.     Im 

Reim   weiss  ich  es   aus  Oberdeutschland  nur  in  2.  PI.  solt : 

golt  Karl  1596  zu  belegen;  md.  kommt  es  öfter  vor: 

PI.  1.  seilen  :  holen  Karlm.  447,  43.  :  hevolen  443,  4.  sollen  : 
umbewollen  Elis.  2148.  -  PL  2.  solt :  golt  Alex.  6980.  —  PI.  3.  solen 
:bevolen  Serv.  57.    :  holen  Karlm.  398,  22. 

In  den  alem.  Rechtschriften  des  14.  15.  Jh.  wird  o  dem 
u  vorgezogen;  alem.  und  bairisch  tritt  im  15.  16.  Jh.  der 
Umlaut  in  dem  PI.  Ind.  sehr  stark  hervor:  sollen^  schölte 
schöln,    AGr.  BGr.  a.  a.  0.  "^...^ 


445 

Alemannisch    beliebte    Kürzungen    sind    $un,   son.      An  §411. 
ihnen,    wie    an   den   vollen  Formen   liebt   der  alem.   Dialect 
auch  Anfiigung  eines  t:    sulent  sullent  sulnt  sunt,   sollent 
sont  sönd.     Hug  v.  Langenstein  reimte  Mart.  23,  17  die  3.  PL 
sunt :  munt. 

Im  Conjunctiv  sind  für  12.  13.  Jh.  u  und  ü  die 
Vocale  der  Stammsilbe ;  für  sül  zeugt  u.  a.  der  Eeim  ;  mül 
Walth.  65,  16.  Freid.  126,  27.  Neith.  70,  3.  Mitteldeutsch 
wird  später  o  vorgezogen,  und  auch  obd.  werden  o  und  ö 
seit  dem  14.  Jh.  sehr  beliebt.  Für  ö  wird  gemäss  der  vul- 
gären obd.  Senkung  dieses  tJmlautvocals  alem.  im  14.  15.  Jh. 
auch  e  geschrieben:  sellent  Mersw.  11.  52.  65.  sent  Lieds. 
113,  15. 

Im  Perfect  ist  o  der  regelmässige  Stammvocal  de& 
Indicativs,  im  Conj.  stehn  o  und  der  Umlaut  ö  neben  ein- 
einander.     Für  reines  o  des  Conj.  zeugen  Eeime: 

1.  Sg.  Conj.  8olt :  holt  Junk.  u.  Heinr.  1958.  —  3.  Sg.  Conj.  solde 
:  golde  MF.  64,  13  (Veldeke).  Greg.  544.  569.  Wigal.  26,  10.  Erlös.  3476. 
Heinzelm  ML.  200.  ;  holde  Ebern.  2447.  :  Isolde  Trist.  9854.  15327. 
:  wolde  Alex.  6106.  Herb.  13445.  Trist.  7331.  Lampr.  S.  2777.  —  soU :  gölt 
Krone  7772.  Meier.  2510.  :  geholt  Krone  316.  2875.  —  3.  PL  solden: 
vergolden  trKr.  38476.   :  wolden  47349. 

Im  14.  15.  Jh.  sezte  sich  wenigstens  obd.  der  Umlaut 
im  Conj.  als  Regel  fest ;  md.  ward  auch  oi  geschrieben ;  obd. 
schrieb  und  reimte  man  auch  selte  in  der  Übergangszeit 
{seit :  velt  Beheim  kl.  G-ed.  5,  904). 

Für  solde  erscheint  im  Ind.  und  Conj.  obd.  wie  md, 
mundartliches  sulde.  In  niederrhein.  Schriften  des  14.  15.  Jh. 
findet  man  nicht  selten  soulde,  mit  dem  Schwebelaut  zwischen 
0  und  w  §  64.  —  Auffallender  ist  das  conjunctivische  seulde, 
zb.  Ennen  I,  68.  f.  423.  Lac.  III,  829.  1011.  Loersch  67. 
Harff  11,  32.  52,  24.  162,  37.  u.  ö.;  es  ist  eu  hier  Umlaut- 
zeichen des  u,  —  Unter  dem  Einfluss  des  Präs.  sal  mag  da&  • 
Perf.  salde  stehn:  Pf.  Conj.  sdlde  1402.  Cd.  Sax.  IL  6,  64-  ; 
vgl.  gande  §  412. 

Der  alem.  Dialect  liebt  Ausstoss  des  l  mit  Verdoppelung 
des  t:  sötte,  apocop.  sot,  sötte,  söt.  AGr.  §  379.  Mouillirung 
des  l  mag  zwischen  It  und  diesem  tt  vermittelt  haben. 


446 

§412.  §  412. 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  3.  gwn     2.  ganst     PI.  gunnen  (günnen,  gönnen) 

Conj.  gunne  Imp.  gunne  Inf.  gunnen  (günnen,  gönnen) 
Perf.  gunde  gonde  Ptc.  P.  gunnen  gegonnen  fyunnet,  gegonstj. 

Das  einfache  an  unnen  tritt  nicht  mehr,  wie  es  noch  im 
Ahd.  der  Fall  war,  auf;  sondern  mhd.  finden  sich  nur  die 
präfigirten  Zw.  gunnen  und  mit  Doppelpräfix  eniunnen  ver- 
bunnen. 

Die  2.  Sg.  Präs.  Ind.  schiebt  zwischen  n  und  die 
Personalendung  t  euphonisches  s,  welches  auch  in  den  Sub- 
stantiven anst  unst  gunst,  sowie  in  dem  fränk.  Perfect  ^nsta 
erscheint.  Bei  Wolfram  zeigt  sich  in  dieser  2.  Sg.  Abfall 
des  tj  vgl.  gans :  Urjans  Parz.  524,  20.  verbans :  Alischans 
Wh.  38,  2. 

Das  u  des  Plurals  ist  im  12.  13.  Jh.  ungestört,   vergl. 

die  Reime 

1.  PI.  gunnen :  gewunnen  Herb.  15571.  —  2.  PL  gunnet :  erkunnet 
XJlr.  Trist.  124.  —  3.  PL  gunnen :  hrunnen  Trist.  4873.  :  versunnen 
Ernst  512.  Otack.  c.  332.  :  gewunnen  Krone  11685.  vergunnen :  un- 
versunnen  Herb.  12324. 

Ebenso  im  Infinitiv: 

gunnen :  hrunnen  Gudr.  653, 4.  :  verhrunnen  Amis  1144.  :  hegunnen 
Krone  1640.  :  kimnen  Heinzel  ML.  596.  :  entrunnen  Vor.  Kaiskr.  20,  19. 
.•  hespunnen  MSH.  1,  10».  :  sunnen  Angenge  11,  50.  Herb.  12786.  Wilh. 
394,  28.  Gudr.  95,  4.  Amis  173.  :  versunnen  Tit.  31,  2.  Krone  23371. 
Georg  4380.  :wunnen  Laber  276,  3.  Wiener  Merf.  506.  :  gewunnen 
Walther  86,  7.  Gudr.  528,  4.  Krone  4489.  Flore  7861.  Kari  9244. 
trKr.  4325. 

Im  Conjunctiv  wird  von  den  besten  Hss.  des  13.  Jh. 
ii  gesezt,  da  nn  den  Umlaut  des  u  hindert.  Die  Umlaute 
günne  u.  s.  w.  unserer  mhd.  Textausgaben  unterliegen  starkem 
Zweifel;  in  den  Reimverbindungen  mit  dünne  Jcünne  wünne 
gewünne  liegt  keine  Entscheidung,  da  das  ü  dieser  Worte 
ebenso  bedenklich  ist  wie  das  von  günne.  Entschieden  für 
u  spricht  der  Reim  gunne  :  Bunne  Hagen  3148. 

Der  Imperativ  gunne  ist  alem.  verbürgt:  Engelh.  5776. 
Lieders.  132,  55.  Altsw.  112,  11.  27;  ebenso  ripuarisch: 
Machab.  719.  Eine  verfehlte  Bildung  ist  die  2.  Imper.  gan 
{:man)  Altsw.  69,  13. 


447 

Seit  dem  14.  Jh.   kommen   die  Formen  gönnen,  gönne,  §412. 
später  auch  mit  Umlaut  gönnen,  gönne  obd.  auf,  AGr.  8.  396.  f. 
BGr.  §  328.     gönnen  ist  md.  ebenfalls  beliebt,  aber  es  ver- 
drängt  gunnen  keineswegs. 

Im  Perfect  herscht  mhd.  nicht  die  Brechung  o,  sondern 
auffallend  u,  wie  die  Reime  verbürgen : 

Ind.  Sg.  1.  gunde  :  gründe  Altsw.  80, 19.  —  Sg.  3.  gtmde  :  hunde 
Alex.  251.  Krone  12132.  Pantal.  30.  Eracl.  3311.  .-stunde  Klage  245. 
MF.  64,  1.  Herb.  7832.  Trist.  2051.  verbünde :  künde  i?arz.  481,  18. 
—  PL  3.  gunden  :  bevunden  Alex.  956.  :  gebunden  Karlm.  459,  3. 
:  Jcunden  Trist.  2598.  :  stunden  Meier.  9039.  :  tounden  Gudr.  648,  3. 
.'Verwunden  Wierstr.  1326. 

Für  den  unumgelauteten  Conjunctiv 

Sg.  1.  gunde :  drunde  Parz.  71,  4.  :ktmde  MF.  198,27.  .-munde 
Mai  63,  23.  :  stunde  Biter.  1257.  —  3.  Sg.  gunde :  vunde  Wilh.  38,  10. 
:begunde  Karlm.  374,  61.  :  künde  Vor.  Ged.  189,  5.  Heinz.  ML.  16. 
:  Urkunde  Flore  3708.  :  munde  MSA.  120,  11.  Krone  4097.  Laber  398,  3- 
;  stunde  Amis  1024.  gund  :  Ädmunt  Otack.  c.  392.  —  3.  PI.  gunden : 
verbunden  Hagen  1193.   .-künden  Creg.  2982. 

0  statt  des  gemeinen  u  zeigt  sich  dem  mhd.  Yocalismus 
gemäss  (§  63)  auch  im  Prt.  gonde;  im  14.  15.  Jh.  ist  es  im 
Elsass  und  Mitteldeutschland  herschend.  Dann  findet  auch 
der  Umlaut  ö  im  Conj.  gönde  mehr  Eingang. 

Unter  Einfluss  des  Präs.  gan  mag  sich  aus  gonde  weiter- 
hin gande  md.  gestaltet  haben,  als  Conj.  Perf.  (1402)  steht 
es  Cd.  Sax.  II.  6,  64.  vgl.  sdlde. 

Als  Partie.  Perf.  Pas s.  ist  gegonnen  gegunnen,  erbunnen 
enbunnen  für  das  12.  13.  Jh.  durch  die  Reime  bei  Ober- 
deutschen (AGr.  S.  397.  BGr.  S.  329)  und  Mitteldeutschen 
(zb.  gegmtnen  :  begonnen  En.  4161.  :  gewonnen  En.  1078. 
1178.  2194.  3601.  Karlm.  422,  7.  gegunnen  :  verbrunnen 
Ebern.  3554)  gesichert.  Seit  13.  Jahrh.  schleicht  sich  ein 
schwaches  Partie,  gunnet  erbunnet  (gegont,  später  gegqnt)  ein, 
das  sich  im  14.  15.  Jh.  stark  verbreitete,  AGr.  BGr.  a.  a.  0. 
Lachmann  z.  Nib.  2241,  4.  Mitteldeutsch  tritt  das  Partie. 
gegunst,  gegonst  seit  dem  14.  Jh.  auf,  Lexer  Mhd.  Wb.  1, 
1119.   Pietsch  bei  Rückert  Entw.  265. 


448 

§413.  §  413. 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  3.  hci/n      2.  Icanst      Plur.  hunnen  (können) 
Conj.  kunne  Jcünne  Inf.  kunnen 

könne 
Perf.  künde  konde 

Das  Zw.  kunnen  verhält  sich  in  seinen  vocalischen  Zu« 

ständen   ganz   wie   gunnen.     Wir    belegen    die    wichtigeren. 

Formen  durch  Reime. 

PL  Ind.  1.  kunnen  :  gewannen  Herb.  13044.  Marienl.  14,  4.  Flore 
6078.  —  2.  kunnent :  gewunnent  trKr.  12421.  —  3.  kunnen  :  hegunnen 
Otack.  c.  117.  :  runnen  trKr.  14041.  :  sunnen  Walth.  46,  3.  :  versunnen 
Karl  66.  Heinz.  J.  10,  6.  :  gewunnen  Amis  635.  :verwuhnen  MF. 
64,  36  (Veldeke).  —  Conj.  Prs.  1.  kunne  :  hrunne  Flore  211.  4226. 
Mart.  109,  43.  :  gunne  Karlm.  195,  33.  :  kunne  Marienl.  121,  38. 
:  wunne  Silv.  633.  Gundack.  244.  —  3.  kunne :  gunne  trKr.  100.  :  wunne 
Walth.  54,  18.  —  Inf.  kunnen :  versunnen  Heinz,  J.  79,  4.  erkunnen : 
sunnen  Lampr.  Syon  332.  ;  versunnen  Otack.  c.  293.  ;  gewunnen  Krone 
21057.  verkunnen :  begunnen  Karl  97. 

Über  den  Umlaut  im  Conj.  gilt  das  für  gunnen  bemerkte ; 
er  sezt  sich  in  der  obd.  Schriftsprache  im  14.  15.  Jh.  fest 
und  dringt  dann  auch  in  den  Ind.  Plur.,  sowie  in  den  Infinitiv 
ein.  Alemannisch,  zuweilen  auch  bairisch,  schiebt  sich  im 
15.  16.  Jh.  unter  Einfluss  der  Präteri talformen  epenthetischea 
d  ein:  Jcunden  künden. 

Mitteldeutsch,  und  seit  Ende  des  13.  Jh.  auch  alemannisch^ 
tritt  0  neben  u  auf:  können,  könne,  für  welches  sich  alem. 
seit  14.  Jh.  auch  der  Umlaut  bemerkbar  macht:  können  könne 
AGr.  §  381. 

Seit  14.  Jh.  fügt  sich  den  pluralen  Endungen  -en  un- 
echtes t,  d  häufig  au.  —  In  2.  Sg.  Prs.  Ind.  erfolgte  zuweilen 
Abfall  der  Personalendung  t  und  das  euphonische  s  ward 
scheinbar  Endung :  kans  Glaub.  1947.  Karlm.  445,  57.  mastr. 
Ostersp.  678;  im  Reim  :  gans  Herb.  11301. 

Imperativ  kunne  wird  aus  Ulr.  von  Türheim  Wilhelm  111'' 
verzeichnet. 

§414.  §  414.     Für  das  Perfect  gilt  mhd.   wie  bei  gunnen 

u  als  Stammvocal,  obschon  ahd.  o  vorherschte. 

Ind.  Sg.  1.  künde :  vunde  MSA.  98,  19.  :begunde  trKr.  232. 
10730.   Virgin.  8.    .-gründe  Herb.  837.   Lieds.  25,  632.    .-stunde  BarL 


449 

10,  25..  :  unde  Herb.  4450.  —  3.  kimde  :  blunde  Trist.  18157.  ;  drunde  §  414. 
Parz.  278,  22.  :gunde  Flore  5051.  Pantal.  29.  trKr.  21056.  :hegunde 
Ernst  A.  I,  9.  trKr.  10730.  :  gründe  Trist.  14022.  Virg.  173,  6.  :  munde 
Herb.  15066.  Trist.  7988.  Marienl.  42,  37.  :  runde  Wigal.  45,  25. 
:  schünde  Greg.  107.  :  stunde  Klage  116.  1663.  Greg.  668.  Iw.  24. 
Trist.  2097.  Flore  509.  Bari.  43,  2.  Junk.  u.  Heinr.  52.  ;  unde  Herb. 
11552.  Wilh.  365,  18.  :  tc^nde  Herb.  5897.  —  apocopirt  kunt :  stunt 
Meier.  12419.  Teichner  Ls.  233,  6.  Wierstr.  2792.  ;  umnt  Teichner  Ls. 
85,  71.  —  3.  PI.  künden :  gebunden  Krone  25132.  :vunden  Herb.  310. 
Trist.  15335.  Flore  5573.  Otack.  c.  316.  :vrunden  Herb.  1886.  :  hegunden 
Trist.  7993.  Gudr.  1118,  3.  Krone  8004.  Otack.  c.  130.  .-stunden  Trist. 
2649.  :  wunden  Marienl.  39,  2.  ;  underwunden  MF.  169,  27  (Eeinmar). 
—  Conj.  Sg.  1.  künde  :  unvrunde  Karlm.  97, 42.  :  gunde  MF.  198, 25. 
Heinz.  ML.  15.  .-gründe  Frauonb.  640,  27.  : munde  Amst.  Ml.  4,  2. 
Greg.  1216.  Angenge  1,  6.  Herb.  4486.  Neith.  17,  29.  MSA.  120,  13. 
Mai  3,  20.  —  3.  künde :  vunde  Elis.  744.  :  bevunde  Bari.  138,  15. 
;  eri>unde  Alex.  6975.  :  gunde  Alex.  250.  MF.  57, 25  (Veldeke).  ;  begunde 
Neith.  23,  24.  :  künde  aHeinr.  218.  Bari.  17,  1.  :  munde  Greg.  2468. 
Trist.  7727.  Helbl.  8,  792.  :  stunde  Trist.  1125.  Lieds.  76, 22.  :  verwunde 
Mai  65, 17.  —  3.  PL  künden :  vunden  Lieds.  138,  233.  :  stunden  Kl.  124. 

0  tritt  alemannisch  im  Ferfect  seit  13.  Jh.  ziemlich  häufig 
neben  u;  im  14.  Jh.  sezt  sich  auch  ö  für  den  Conj.  Perf.  fest, 
Ygl.  AGr.  8.  399.  Bairisch  wird  u  fester  gehalten;  md.  ist 
0  der  eigentlich  dialectliche  Vocal  (§  63),  indessen  erscheint  u, 
wie  oben  die  Reime  beweisen,  häufig  bei  den  Dichtern. 

Das  euphonische  s  im  Perfect,  welches  nur  einmal  au» 
ahd.  Zeit  in  Otfrieds  Conj.  konsti  III.  16,  7  belegt  ist,  weiss  ich 
mhd.  nur  aus  Floyris  255  (3.  PL  consten)  und  zwei  jülichschen 
Urkunden  zu  belegen :  Conj.  3.  Sg.  hunste  Lac.  III,  794.  — 
PL  Jcunsten  Lac.  III,  829. 

4 

Für  das  Partie.  Perf.  P.  finden  sich  st.  und  schw.  Formen : 
erkunnen :  sunnen  MSH.  2,  242*.  :  gewunnen  Angenge  19,  71- 
verJcuhnen  :  gewunnen  Kindh.  70,  63.  —  erkunnet  :  gunnet 
XJlr.  Trist.  123.  —  Vgl.  auch  AGr.  S.  399.  BGr.  §  329.  Da& 
Partie,  gekonst  ist  schlesisch  aus  einer  Urkunde  von  1428 
(Cd.  SiL  VI,  101)  zu  belegen. 

§  415.  §415. 

Präs.  Ind.  1.  3.  tar  (dar)      %  tarst      Plur.  turren  (dorren) 

Conj.  tu/rre  türre  Inf.  turren  (türren  dorren) 

Perf.  torste  (turste) 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.   2.  Aufl.  29 


X 


450 

§  415.  Der  Stammausgang  war  rs,  wie  das  got.  gadars  -daiyrsum 

und  griech.  d-dgCog  zeigen ;  rs  assimilirte  sich  hd.  zu  rr,  das 
auslautend  sich  vereinfachen  muste.  In  der  2.  Sg.  Ind.  und 
im  Perf.  ward  rs  durch  angeschlossenes  t  geschüzt.  —  Im 
Elsässischen  und  Md.  lautet  das  Wort  mit  d  an,  wie  in  allen 
nichtoberdeutschen  germ.  Dialecten.  • 

Das  Zw.  kommt  mhd.  einfach  und  mit  Präfix  ge  fast 
gleich  häufig  vor. 

In  der  2.  Sg.  Ind.  zeigt  sich  vereinzelt  Abstoss  des  per- 
sonalen 't,  vgl.  tars  :  Mars  Pass.  H.  280,  42. 

Der  Umlaut  im  Conj.  wird  seit  Ende  des  13.  Jh.  ge- 
wöhnlicher, und  das  ü  dringt  dann  auch  in  den  PI.  Ind.,  AGr. 
§  382.  —  Für  u  ist  md.  und  elsässisch  o  beliebt,  zb.  1.  PL 
dorren  :  verworren  En.  2710.  torren :  geworren  Ulr.  v.  Türh. 
Wilh.  175^  Pfalz.  Hs.  Dazu  tritt  der  Umlaut  ö,  wofür  in 
elsäss.  Schriften  nach  vulgärer  Aussprache  fe' Jl^eschrieben 
wird,  zb.  3.  PI.  Ind.  gederent  Mersw.  27.  Iliy  1-  Conj.  getere 
Mersw.  48. 

Eür  den  Inf.  turren  weiss  ich  erst  aus  dem  14.  Jh. 
(Trienter  Stat.  B.  69.  XLIII.  LX)  einen  Beleg. 

Im  Perfect  steht  o  als  Stammvocal  fest,  obd.  wie  md., 
auch  für  den  Conj.,  in  dem  der  Umlaut  sehr  allmählich  Ein- 
gang findet.  Md.  (seltener  bairisch)  senkt  sich  das  o  gern 
zu  Uf  daher  in  Hss.  des  12.  13.  Jh.  nicht  selten  durste  turste 
im  Ind.  und  Conj.  erscheint,  zb.  Alex.  968.  1192.  1218.  2482. 
2570.  6481.  Ath.  A*  144.  Herb.  4356.  6220.  12112.  16687. 
16782.  Salm.  51,  5.  Pass.  K.  468,  58.  Metathesis  (wenn  es 
nicht  Schreibfehter  ist)  erscheint  in  2.  Sg.  Ind.  trostis  Rother 
561;  3.  Sg.  Conj.  tröste  Roth.  1796. 

Die  Participia  sind  mhd.  unbelegbar. 

§416.  §  416. 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  3.  darf     2.  darft        Plur.  dürfen 

Conj.  dürfe  (dürfe  dorfe)  Inf.  dürfen  (dürfen  dürfen) 

Perf.  dürfte  (dorhte  dortej 

Häufig  ist  das  mit  be  zusammengesezte  bedürfen. 
Die  2.  Sg.  Ind.  darft  (zb.  Walth.  55,  31.  Bari.  122,  26. 
darftu  Nib.  1860,  1.    Iw.  552.     bedarft  Nib.  AB.  1019,  2. 


451 

Osw.  292.  gRom.  53.  dart  [d.  i.  darht  =  darff]  :  vart  Hagen  §  416. 
769;  mit  Abfall  des  personalen  t  dar/*  Alex.. 6081)  wird  von 
^iner  Neubildung  (bedarfes  Windb.  Ps.  15,  2.  bedarfis  Trebn. 
Ps.  15,  2.  darfst  Ecke  89.  bedarfst  Nib.  C.  9020.  bedarfstu 
gem.  Leb.  709)  begleitet,  welche  die  alte  echte  Form  allmäh- 
lich tötet.  Indessen  ist  darft  bis  zum  16.  Jh.  obd.  nach- 
zuweisen. 

Im  Stamm  des  PI.  Ind.  und  im  Conj.  Präs.  ist  u  alter 
Vocal;  elsässisch  und  md.  tritt  o  nicht  selten,  dafür  auf;  in 
•den  ripuarischen  Schriften  haftet  aber  u.  -' 

Für  0  zeugt  zb.  bedorfen :  erworfen  Virgin.  470,  10.  — 
3.  PL  Conj.  dorfen  Friedb^Kr.  G.  2,  9. 

Der  Infinitiv  belegt  sich  durch  bedürfen  Iw.  7937. 
Trist.  5132.  MSA.  94,  29.  Freid.  95,  23.  —  bedorfen  (:  ge- 
worfen) Virgin.  385,  10.  808,  10. 

Der  Umlaut  ü  für  w,  ö  für  o  sezt  sich  erst  in  jüngerer 
:Zeit  fest. 

Das  Partie.  Präs.  bedurfende  kommt  im  13.  Jh.  vor  in 
-einer  Ulmer  Urk.  v.  1270  (Ulm.  Urk.  I,  108),  ferner  Griesh. 
Pr.  1,  84.  —  Das  Partie.  Per  f.  P.  bildet  sich  erst  spät 
und  erscheint  dann  in  st.  und  schw.  Form :  bedorfen  bedorft 
bedürft,  AGr.  §  383.  BGr.  §  331. 

Bei  dem  Perf.  dorfte,  Conj.  dorfte  später  dörfte,  ver- 
dient die  ripuarische  Form  dorchte  dorhte  (cht  ht  für  ft 
%  236.  243)  Erwähnung.  Gewöhnlich  ward  die  Fricativa 
durch  t  unterdrückt  und  dorte  gesprochen  und  geschrieben: 
bedorte  Ennen  I,  25.  gedorten  Roth.  224.  bedurte  Lac.  III,  578 
und  der  Eeim  bedorte :  porte  Wemh.  57,31.  —  Aus  bedorfte 
entstund  mundartlich  bedarfte  (1408)  Cd.  Sax.  IL  6,  66. 

In  bedrochte  (;  mochte  Karlm.  382,  28)  ist  die  Fricativa 
bei  Metathesis  des  r  erhalten. 

§  417.  §417. 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  3.  muoz      2.  muost       Plur.  müezen 

Conj.  muoze  müeze 
Perf.  muoste  muose        Conj.  muoste  müeste 

muose  müese 

29* 


452 


\ 


§  417.  muo^  ist  formell  Perfect  eines  Zw.  der  Ubergangsklasse, 

das  als  massan  matjan  aufzustellen  wäre. 

Md.  lautet  das  Präsens  gemäss  der  geograpb.  Verbreitung 

des  ü  und  6  für  uo  (§§  140—  142)  im  Westen  gewöhnlich 

.    mo^y  in  der  Wetterau,  sowie  in  Süd-  und  Ostfranken  und  im 

VlTordosten  müjs  und  mojsf,   in  Thüringen,  Meissen,  Sohlesien. 

müz.     Wit" geben  für  mojs  einige  Belege: 

Präs.  Ind.  1.  mdi  Kother  1801.  —  2.  Sg.  möst  Rother  2068.  — 
2.  PI.  mözet  Iwein  A.  1826.  Lac.  IQ,  432.  —  3.  Plur.  mözen  mfränk. 
Legend.  454.  —  Conj.  1.  moce  Roth.  1188.  —  3.  Sg.  möze  Roth.  61 1^ 
Iwein  A.  838.  —  Infin.  mözen  mfr.  Legend.  449. 

In  Trierer  und  Kölner  Schriften  des  14.  15.  Jh.  kommt 
oe  oder  oi  für  o  häufig  vor,  §  143. 

ünverschobenes  t  zeigt  Veldeke  in  einem  Liede  MF.  64,. 

25  im  Beim 

geblüt  :  müt  :  düt  :  gebüt  :  müt. 

Im  Conj.  und  danach  auch  im  PL  Ind.  bricht  der  Umlaut 
üe  durch,  obschon  viele  Hss.  des  IS.lind  selbst  des  14.  Jh- 
an  uo  festhalten.  Die  Reime  müezen :  büejsen  :  vüeeen  Flore 
2448.  6527.  ;  lüeeen  :  grüe^en  MSH.  1, 154*^  (ülr.  v.  Winter- 
stetten)  sind  keine  streng  beweisenden. 

Das  Perfect  lautet  wie  ahd.  so  auch  überwiegend  in: 
den  älteren  mhd.  Handschriften  bis  in  die  erste  Hälfte  de» 
13.  Jh.  ohne  t:  mttose  Conj.  muose  müese,  in  den  md.  Hss, 
des  12.  13.  Jh.  überwiegt  aber  moste  (moeste  meiste),  müste: 
80  kommen  im  Strassburger  Alexander  12  st,  6  s  votTvie^ 
Dichter  des  13.  Jh.  brauchen  maoste  moste  im  Reim: 

Ind.  3.  Sg.  muoste :  vmoate  trKr.  38230 ;  3.  PL  muosten :  huosten 
Parz.  137,  9.  :  griMsten  Otack.  c.  399.  :  wuosten  c.  47.  mosten :  hosten 
Hagen  1384.  —  Conj.  3.  Sg.  muoste  :  wuoste  Kindh.  89,  65.  Greg.  2686, 
Lanz.  2610.  müeate  :  wüeste  j.  Tit.  514,  2.  Süv.  673.  trKr.  498.  13596. 
Gondack.  125.  —  3.  PL  müeaten :  wuesten  Pantal.  98.  —  Gekürztöa 
muste  gereimt  auf  wüste  Väterb.  2924.  ""^ 

"-- — -Reimbetege -fttr  m^usf  (muose)  finden  sich  im  Passional 

und  Väterbuch  auf  grüse  {gruose)  H.  35,  83.  90, 82.  K.  320,  26. 

Väterb.  836.  3922. 

Für  0  bei  Veldeke  zeugt  der  Reim  moste  :  wöste  En. 
107.  8437. 

Der  Schwebelaut  ou  erscheint  in  mou^te  Iw.  A.  oft. 


./ 


453 

ümgelautetes  müeste  im  Indicativ  bieten  die  Nürnberger  §  417. 
Farzivalbruchstücke  mehrmals  in  denen  umgekehrt  auch  eine 
nicht  umlautende  1.  Fl.  Conj.  wir  müsen  sich  findet,  Zacher 
Z.  f.  d.  Ph.  IX,  397.  f. 

Die  Participia  bilden  sich  erst  spät. 

Für  den  Infijutiv  ist  mösen  im  mfrk.  Legendär  449  der 
älteste  mir  bekannte  Beleg. 

§  418.  §418. 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  3.  weiz      2.  weist       PI.  wizzen 

Conj.  wizze      Imper.  wizze      Inf.  wizzen      Partie,  wizzende 
Perf.  toisse  wesse,  wiste  weste  wuste  woste 

Ptc.  Pf.  P.  gewizzen;  gewisset  gewist,  gewesset  gew'est 

Vor  angeschlossenem  t  (2.  Sg.  Ind.)  ward  e  zxjl  s 
«ibiUrt  (§  151). 

Schon  ahd.  sind  bei  diesem  Yerbum  Imperativ,  Infinitiv 
und  Participium  Präs.  vorhanden. 

Im  Präteritum  ergeben  sich  mannigfache  Formen  durch 
das  Vorkommen  von  ss  und  st  und  den  Farbenwechsel  des 
Vocals. 

In  der  ahd.  Periode  herscht  im  Oberdeutschen  die  ger- 
manische Form  wissa  (aus  witsta  entstanden).  Die  Franken 
{Otfr.,  Tat.)  haben  wessa  im  9.  Jh.  zwar  im  Brauch,  ziehen 
^ber  schon  westa  vor ;  etwas  früher  (im  Isidor)  kommt  wista 
Tor.     Im  Mhd.  verhält  es  sich  damit  so: 

wisse  ist  mhd.  eine  absterbende  Form:  mitteldeutsch 
«rscheini^  sie  höchst  selten;  obd.  wird  sie  zwar,  namentlich 
im  12.  Jh.  (AGr.  S.  403)  noch  ziemlich  oft  geschrieben,  auch 
noch  im  14.  Jh.  tritt  sie  auf,  allein  bei  den  Dichtern  ist 
«ie  wol  wegen  der  geringen  Beimfähigkeit  nicht  beliebt.  Ich 
kenne  den  einzigen  Beimbeleg  wisse  (3.  Cj.  Pf.)  :  gewisse 
Köre  5921. 

toi  st  e  ist  sehr  häufig  obd.  wie  md.  und  kommt  im  Beime 
oft  vor;  Belege  aus  alem.  und  bair.  Gedichten  sind  AGr. 
S.  403.  f.  BGr.  S.  333  zu  finden.  Aus  md.  Dichtungen  folgen 
hier  Zeugnisse: 

Ind.  1.  Sg.  wiste  :  liste  Herb.  845.  18237.  Karhn.  376,  47.  — 
3.  Sg.  fviste  :  Criste  Herb.  1697.  Erlös.  2274.  Ebern.  1371.   ;  kiste  Karlm. 


454 


z' 


§  4ia  333,  8.  :  mi&te  Elia.  800.  7260.  Hvl.  Kr.  4683.  :  liste  Alex.  2580.  2844. 
3900.  Floris  310.  Glaub.  222.  412.  Orend.  1938.  2122.  2228.  2964- 
Herb.  847.  Pilat.  545.  Karlm.  217,  63.  351,  25.  Pass.  H.  157,  46.  Junk. 
u.  Heinr.  834.  :  ge/msse  Tr.  Egid.  481.  :  geriUe  Orend.  2308.  —  3.  PL 
Ind.  toisten  :  Cristen  mfrk.  Legend.  90.  Erlös.  1177.  livl.  Kr.  5831- 
:vristen  Elis.  37.  :listen  Alex.  5653.  : misten  Glaub.  585.  —  Conj. 
1.  Sg.  wiste  :  geste  Eoth.  252.  :  vristen  Tristr.  696.  —  3.  Sg.  :  vriste 
Elis.  6031.  Erlös.  2365.  :  vermiste  Ath.  C.  117.  Karlm.  365,  18.  :  liste 
Tristr.  285.  5090.  Karlm.  174,  6.  302,  59.  —  PL  1.  vdsten :  listen 
Herb.  378.  —  3.  PI.  listen  :  leisten  Hagen  860.  toisten :  liste  Alex.  6886- 
Im  ßipuarischen  ist  wiste  die  herschende  Form  (ebensa 
im  MnL  vgl.  auch  altnfr.  wista),  daher  auch  Iwein  A.  e&^ 
überall  (nur  drei  Stellen  ausgenommen,  Lachmann  zu  Iwein. 
1721)  schreibt. 

§419.  §  419.     wesse  wird   von  alem.   und  bair.  Dichtern  im> 

Reim  auf  esse  presse  messe  Hessen,  wenn  auch  enthaltsam,. 

gebraucht,    vgl.   die  Nachweise  AGr.  S.  403.    BGr.  S.  334^ 

Aus  dem  Umstand,    dass  Hartmann  es  nur  einmal  und  noch. 

dazu  in  seinem  ältesten  Werk,   Erec  6786,    anwante,   ergibt 

sich,  dass  es  aus  der  Mode  gekommen  war.  ^)     Ausser  Reim 

bieten  es  alem.  Hss.  bis  in  das  14.  Jh.  häufig;    dann  stirbt 

es  ab.     Mitteldeutsch  ist  es  in   dieser  Periode   sehr   selten ;. 

ich  kann  nur  anführen   wesse  :  esse  Litan.  8.  643   (in  einer 

Stelle,  die  in  der  Gräzer  Hs.  fehlt),  :  messe  Ebern.  2434.  4257 

und  allenfalls  wessen :  messen  Wigal.  55,  15.  98,  39. 

tveste  ist  oberdeutsch  neben  wiste  die  beliebte  Form^ 

Von  den  Baiern  wird  es  im  Reim  sogar  dem  wiste  vorgezogen,^ 

BGr.  S.  333:   Koberstein  Suchenwirt  III,  40.    Heinrich  vom 

Türlein  braucht  nur  weste  im  Reim.     Auch  alemannisch  wird 

weste  gern  gereimt ;  es  ist  zb.  Hartmanns  Reimform,  abgeseheiv 

von  dem  einmaligen  wesse  Erec  6786.     Mitteldeutsch  kommt 

es  neben  wiste  (in  Ripuarien  war  wiste  die  herschende  Form) 

oft  vor.    In  der  Strassburger  Alexanderhs.  stehn  beide  Formen. 

neben  einander.     Herbort  reimt  weste  häufiger  als  wiste: 

3.  Ind.  weste  :  beste  Herb.  54.  278.  14985.  :veste  2635.  6202. 
:  geste  946.  1393.  —  3.  PL  westen -.besten  10686.  —  Conj.  3.  Sg.  weste 
:  beste  13794.  —  3.  PL  westen :  gesten  2446.    :  lesten  12981. 


*)  Wolfram  v.  E.  hat  nur  zweimal  Perfectformen  von  wizzen  int 
Reim  gebraucht:  Wh.  391, 19  wesse : presse,  Wh.  107, 1  gewisten :  misten^ 


455 

Auch  die  andern  md.  Dichter  brauchen  wiste  und  weste  §  419. 
neben  einander.     Belege  unter  Beziehung  auf  §  418: 

3.  Ind.  weste :  beste  HTrist.  5034.  Pass.  H.  36, 29.  222,  30.  Väterb. 
3079.  :  veste  Pass.  H.  91,  4.  K.  230,  14.  336,  64.  365,  20.  u.  ö.  Väterb. 
839.  livl.  Kr.  7244.  :  geste  Pass.  H.  34,  83.  Väterb.  2210.  :lesckte 
Tristr.  5308.  :  swester  639.  —  3.  PI.  westin  :  hestin  Ath.  A.*  106. 
:  brestin  Schachzab.  195,  36.  —  Conj.  1.  Sg.  west  ih  Ath.  A.  61.  weste 
:  veste  Pass.  H.  327,  56.  —  3.  Sg.  loeste :  veste  Ludw.  Kr.  2541.  :  geste 
Pass.  H.  47,  64. 

Durch  Wirkung  des  w   auf  den  folgenden  Vocal  bilden 
sich  verschiedene  verdunkelte  Formen.    Alem.  wird  seit  14.  Jh.    /' 
nTcT:t  sältm  i(;^Sfj?"'^schrieben  AGr.  S.  404.  ^-^^ 

Mitteldeutsch  kommt  woste  seit  12.  Jh.  vor;  woste  und 
wüste  sind  im  Ind.  und  Coni.  namentlich  seit  14.  Jh.  ver- 
Weitet,  das  Elsässische  nimmt  auch  an  dieser  md.  Eigen- 
heit theil.  N-— — — 

woste  :  tröste  Glaube  1382.  Mersw.  5.  15.  58.  139.  Keller  Erz. 
646,  14.  Böhmer  713.  Herb.  8421.  Leyser  Pr.  80,  31.  90,  5.  Alsfeld. 
Sp.  6004.  6008.  Köditz  o.  Harfif  o.  —  PL  wosten :  trösten  Glaube  1414. 

wüste.:  juste  Ulr.  Wh.  3657.  : luste  Orend.  67.  2122.  2228.  2710. 
Littau^^?u^  mwZms*6  Schachzab.  298, 26.  :WMS*e  Väterb.  2923.  Ausser 
Keim  zahlreiche  elsäss.  (und  auch  alem.)  Belege  AGr.  S.  404.  f. ;  md.  zb. 
Hü.  I,  974.  Herrn,  von  Fritslar  (Myst.  I.)  o.  Köditz  o.  in  den  köln. 
Schriften  und  Drucken  des  15.  16.  o.,  toüste  Elis.  373.  Höfer  II,  88. 
112.  199. 

Aus  dem  Md.  kam  wüste  zur  Herschaft  in  der  nhd. 
Schriftsprache. 

Das  P  a  r  t  i  c.  P  e  r  f.  P.  gewisizen  hat  meist  adjectivische 
Bedeutung  (besonnen,  verständig),  eine  seltene  Nebenform  ist 
gew'ezzen  (iverme^^en  Biter.  6461.  10880). 

Häufiger  in  participialer  Bedeutung  ist  die  schw^.  Form 
gewist  (alem.  und  md.,  seltener  bairisch),  gewest  (bairisch), 
die  beide  im  Reim  vorkommen,  vgl.  AGr.  S.  405.  B(xr.  S.  334 ; 
vgl.  ferner  md.  wüst  Griseldis  16,  26.  bewost  (1459)  Cd.  Sax. 
II.  6,  150.    bewust  (1470)  ebd.  173. 

Verfehlte  Bildungen  sind  gewiziset  Bari.  B.  191,  13. 
geivisset  Nib.  C.  17045.  Heinz.  E.  24.  gewesset  Bari.  A. 
191,  13.    bair.  Landfr.  v.  1281.  c.  7. 


■v 


456 

§420.  §  420. 

Präs.  Ind.  Sg.  1.  3.  tatic      PL  tugen  (dogen) 

Conj.  tuge  tage  Inf.  tugen  (dogen) 

Perf.  töhte  (dohte) 

Der  md.  Anlaut  ist  d,  statt  u  hat  das  Mitteldeutsche  in 
der  Regel  o. 

Die  2.  Sg.  Ind.  ist  weder  ahd.  noch  mhd.  nachzuweisen. 

Der  Umlaut  des  u  im  Conj.,  im  Inf.  und  selbst  im  PL  Ind. 
ist  gleich  dem  Umlaut  des  o  im  Conj.  Perf.  in  unsere  Ausgaben 
zwar  eingeführt,  aber  nicht  streng  zu  erweisen.  Reime  auf 
mügen  und  möhte,  die  auf  gleich  sicherem  Boden  mit  tilgen 
töhte  stehn,  überführen  nicht.  —  Md.  begegnet  im  15.  Jh. 
im  Perf.  tuchte,  zb.  Cd.  Sax.  II.  6,  179. 

Der  Infin.  wird  unter  anderm  belegt  durch  tuge  :  muge 
Renner  11107,  dogen :  mögen  Karlm.  490,  68. 

Seit  dem  12.  Jh.  geht  neben  dem  anomalen  tugen  ein  nor- 
males schwach  gebildetes  tugen  und  tougen  (Prs.  touge,  Prt. 
tougete,  touhte  douhte)  nebenher  AGr.  §  388.  BGr.  §  336. 
Lexer  Mhd.  Wb.  II,  1559. 

3.  Das  Zeitwort  wSUen  wollen. 

§421.  g  421.     Das  Zw.  wellen  ward  früher  zu  den  Präterito- 

präsentibus  gerechnet,  wobei  auf  Grund  der  Präsensformen 
got.  viljau  ahd.  tvili  das  fehlen  des  Indicativs  allerdings  als 
besondere  Anomalie  betrachtet,  aber  aus  der  Optativen  Be- 
deutung erklärt  ward.  Man  nam  ein  altes  Vb.  der  ablaut. 
i-Elasse  als  Grundverb  an:  veüa  vail  vilum.  Dagegen  sind 
aber  Bedenken  erhoben,  und  nachdem  schon  Pott  (Wurzel- 
wörterb.  II.  1,  605)  die  enge  Verwantschaft  von  viljau  und 
velim  betont  hatte,  ist  von  J.  Schmidt  Vocalismus  II,  468 
und  Scherer  Z.  f.  d.  A.  19,  157.  f.  (Gesch.  d.  deutsch.  Spr. 
2.  A.  319)  viljau,  will  als  Optativ  Aoristi  oder  Optativ  Präsent, 
eines  Vb.  der  a-Klasse  erklärt  worden.  Durch  die  Ähnlich- 
keit von  viljau  und  vitjau  ward  die  Bildung  der  Perfects  in 
Weise  der  Präteritopräsentia  veranlasst  und  hierdurch  dieses 
anomale  Zeitwort  vervollständigt. 


457 

Die  mhd.  nachweisbaren  Formen  sind  §421. 

Präs.  Ind.  1.  3.  wil      2.  wÜ,  wilt      PL  vfeUen  (wen),  wollin 

Conj.  welle  woUe  Inf.  wellen  wollen 

Imperat.  welle  Part.  Präs.  wellende 

Perf.  wdlde  wolte  Conj.  wölde  wölte  wolde 

Im  Got.  und  selbst  im  Ahd.  noch  sind  für  das  Präsens 
nur  aptative  Formen  vorhanden  (vgl.  8g.  Präs.  got.  viljau 
vileis  vili  ahd.  wili  will  wili).  Auch  mhd.  lautet  noch  die 
2.  Sg.  häufig  wil  (für  wile  =  wili;  über  diese  der  2.  8g. 
Ind.  Perf.  starker  Conj.  gleiche  Endung  der  2.  Sg.  §  374). 
Reimbelege  für  du  wil 

:va  Koth.  681.  Karaj.  47,  9.  Tund.  45,  5.  60,  30.  Nib.  642,  1. 
Walth.  88,  36.  MSA.  142,  18.  Hartm.  B.  1,  45.  1173.  wGast  92.  9763. 
Prauend.  5,  21.  Krone  13407.  Bari.  304,  20.  Mai  27,  7.  131,  19.  Georg 
537.  Helbl.  3,  140.  Gundack.  4289.  Wolkenst.  LXVm.  1,  10.  —  :  spü 
MF.  138,  3  Morungen.  Wigal.  176,  26.  Ulr.  Trist.  3117.  Eracl.  3924. 
:8tü  wGast  11664.  :  zil  Ulr.  Trist.  2899.  Mai  26,  9.  Helbl.  10,  15. 
Otack.  c.  429. 

Die  nach  Analogie  der  2.  Sg.  Präs.  der  Präteritopräsentia 

{mäht  solt  Jcanst  u.  s.  w.)  gebildete  Form  wilt  drängt  sich 

seit  dem  11.  Jh.  (zuerst  bei  Williram)  hervor  und  wird  gern 

im  Reim  benuzt: 

wüt :  bevüt  Wilh.  194,  25.  gGerh.  1509.  Bari.  233,  23.  Lampr. 
Syon  968.  Süv.  3354.  Partonop.  2009.  Pass.  H.  107,  96.  108,  26. 
:vervüt  Georg  234.  :  engüt  Heinz.  ML.  2249.  :gehilt  Otack.  c.  458. 
:8cMt  Herb.  11915.  13959.  15547.  Erec  8811.  Ortn.  115,2.  Wolfd.  A. 
64,  1.  livl.  Kr.  3813.  cspüt  Trist.  3733.  E»gelh.  4335.  :wüt  Erec  7181. 
:gezilt  Parz.  304, 30.  Partonop.  1973.  Wigam.  3165.   :  hezüt  Väterb.  4453. 

—  Vgl.  AGr.  S.  406.  BGr.  S.  335. 

In  Ripuarien  wirkt  in  dieser  2.  Sg.  w  auf  i  verdunkelnd : 
weit,  woult,  wult  finden  sich. 

wolt  :  holt  Wemh.  4,  9.  Marienl.  12,  19.  132,  11.  Karlm.  176,  31. 
:gedoU  Machab.  539.    :golt  Wemh.  22,  24.   Karlm.  429,  45.  450,  15. 

—  woult  Sei.  Tr.  19\  22».  46^.  u.  ö.    Anselm  28.  164.  902.   —  wtdt 
Harff  36.  224. 

Alemannisch  schwindet  l  gern  vor  dem  personalen  t; 
dies  wit  wird  von  späteren  Dichtern  selbst  im  Reim  verwant, 
vgl.  AGr.  S.  406. 

Mitteldeutsch  kommt  für  i  des  Sg.  zuweilen  e  vor ;  es  ist 
aus  thüring.  und  hessischen  Quellen  belegbar,  so  im  Secundus 


458 

§421.  42.  98.  224.  236.  267.  u.  ö.,  in  den  Spielen  von  den  Jung- 
frauen  und  von  8.  Kathar.,  im  Alsfelder  Spiel,  ferner  oft  bei 
Köditz,  vgl.  auch  den  Reim  wel :  spei  Ebern.  3729. 

Im  Plur.  Ind.,  im  Conj.,  Inf.  u.  s.  w.  ist  e  der  alte  Vocal 
der  Stammsilbe,  der  im  12.  13.  Jh.  alem.  und  bair.  herscht 
Seit  Ende  des  13.  Jh.  kommt  wolle  wollen  daneben  vor. 
Oberdeutsch  wird  das  plurale  wellen  etc.  durch  Syncope  zu 
welln  (Erec  4149.  9430)  wein  (Bari.  87,  32.  166,  38.  Krone 
17391.  Warnung  181),  dialectlich  alemannisch  zu  wen  went 
wen  gekürzt,  vgl.  AGr.  S.  407.  BGr.  8.  335.  f. 

Mitteldeutsch  ist  e  ebenfalls  als  Stammvocal  aufzuweisen, 
vgl.  die  Reime 

2.  PL  wellit :  stellit  Ath.  C.  129.  weMet :  gesellet  Ebern.  799.  weit 
:  helt  Ernst  D.  2825.  4627.  —  3.  PL  wellen  :  geseUen  Herb.  2222.  — 
Conj.  3.  Sg.  welle :  helle  Herb.  13360.  :  geselle  16954.  Vgl.  auch  welle 
Höfer  I,  17  (1288).  Nordh.  Weist.  A.  §  7.    wellet  A.  §  2.    wein  B.  5. 

Aber  das  w  wirkte  auf  e  verdunkelnd  und  die  Formen 
mit  0,  die  schon  im  9.  Jh.  (Tatian,  Ötfried)  südfränkisch 
durchgeführt  sind  und  auch  bei  Williram  herschen,  werden 
im  13.  Jh.  md.  die  gewöhnlichen,  wenn  auch  wie  gezeigt  die 
mit  e  noch  im  14./15.  Jh.    hier  nicht  erloschen  sind.     Das  o 

senkte  sich  dann  weiter  zu  u: 

wtdle  Böhmer  515.  wullen  Böhmer  356.  Hü.  I,  1041.  1056.  1196. 
1217.  Cd.  Sax.  H.  6,  53.  Nordh.  Weist.  B.  wuUm  Cd.  Sax.  H.  6,  50.  55. 
—  wuUe  :  erftiUe  Elis.  6734  ist  in  wolle  :  ervoUe  zu  ändern,  vgl.  5822 
woUe  :  solle. 

In  der  3.  PL  Indic.  bleibt  die  optat.  Endung  im  allge- 
meinen Regel.  Aber  schon  in  früher  ahd.  Zeit  ward  mit 
indic.  Endung  wellant  gewagt,  und  dieses  wellent  findet  sich 
neben  dem  richtigen  wellen  mhd.  oft.  Von  Reimen  führe 
ich  an  wellent :  bestellen  Heinr.  PfaffenL  46.  :  stellent  trKr. 
3082.  :vellent  6993.  Bairisch  hielt  sich  wellen  zäher  als 
alemannisch,  vgl.  BGr.  §  335.   AGr.  S.  407. 

§422.  §  422.     Neben    diese    anomalen   Präsensformen   tritt  in 

den  fränkischen  Bialecten  schon  in  sehr  alter  Zeit  eine  nor- 
male Neubildung  nach  schwacher  Conjugation,  in  allen  Präsens- 
formen  mit  durchgeführtem  %  das  sich  auch  nicht  zu  o  oder  u 
verdunkeln   liess.     In    der   mhd.    Periode   findet   sich    dieses 


459 

schwache  Präsens  auf  das  Mitteldeutsche  beschränkt,  und  ist  §  422. 
namentlich    im  Ripuarischen   beliebt.     Im  Niederfränk.  (Nl.) 
erscheint  auch. das  Perfect  wilde, 

Ind.  Sg.  1.  toille :  stille  Karlm.  30,  24.  44,  7.  270,  8.  —  mfrk. 
Legend.  123.  126.  130.  Alex.  3035.  4768.  Kother  715.  1231.  Berth. 
Crane  4615.  Hagen  1956.  Sei.  Tr.  209*.  —  willen  Marienl.  45,  5.  50,  3. 
108,  3.  Höfer  I,  12.  13  (Sayn).  Lac.  H,  783  (a.  1283).  —  3.  Sg.  loiUet 
Arnst.  Ml.  8,  5.  Höfer  I,  5.  11.  Lac.  H,  744.  willit  Annol.  648.  775. 
Floyris  83.  Haupt  Z.  I,  38.  148.  wüt  Wernh.  1,  7.  Floyris  71.  Höfer 
II,  122.  Trier.  Spiegelb.  276,  7.  282,  21.  Marienl.  7,  37.  45,  27.  Hagen 
64.  302.  u.  0.  —  PL  1.  Berth.  Crane  766.  2524.  wülen  Höfer  I,  9. 
Lac.  n,  517.  530.  542.  557.  HI,  47.  167.  ivülin  Nrh.  Bruchst.  4,  4. 
Lac.  n,  542.  wiln  Berth.  Crane  2533.  —  2.  PI.  wiMet :  gestület  Karlm. 
113,  65.  134,  30.  —  Alex.  3556.  4182.  Marienl.  30,  9.  39,  18.  Frauenl. 
Spr.  63,  4.  wilt:schUt  Karlm.  113,  8.  374,27.  —  Roth.  1154  (wild  er) 
Hagen  1475.  1946.  Berth.  Crane  3177.  4361.  Eepg.  Cr.  31.  Sei.  Tr. 
75*.  200^  Lac.  HI,  557.  Ennen  I,  185.  willen  Arnst.  Ml.  2,  9.  Krolw. 
S.  3983.  Berth.  Crane  3868.  Spiegelb.  282, 1.  —  3.  PI.  wülevvt  Alex.  4416. 
Glaub.  762.  Marienl.  7,  29.  10,  30.  74,  18.  Iw.  A.  1554.  Lac.  H,  1064. 
ni,  180.  480.  595.  toüleTid  Karlm.  44,  6.  Spiegelb.  277,  27.  269,  18. 
wülen:  hinnen  Floyris  40.  —  Roth.  2775.  Karlm.  463,  1.  Sei.  Tr.  43»>. 
Lac.  in,  576.  Kölner  Cronica  o.  Harff  o.  —  Conj.  Sg.  1.  wiUe  :  stille 
Karlm.  134,  24.  —  Höfer  I,  13.  —  2.  Sg.  tüüles  Arnst.  Ml.  5,  11. 
Marienl.  44,  37.  45,  12.  Karhn.  407,  19.  wiUest  :  willen  Rother  309. 
tmls  Sei.  Tr.  226».  Harfif  260,  14.  Kölner  Cronica  o.  —  3.  Sg.  tüiüe : 
hulde  Arnst.  Ml.  255.  :  stille  Hagen  4433.  Karlm.  26,  59.  31,  5.  Kath. 
sp.  163.  —  Rother  98.  Marienl.  41,  14.  Iw.  A.  4777.  4782.  Berth. 
Crane  2098.  Lac.  II,  444.  560.  572.  HI,  15.  47.  u.  o.  —  PI.  1.  wülen 
Lac.  in,  768.  —  2.  PL  wület  Iw.  A.  1824.  —  3.  PL  willen  Roth.  665. 
Lac.  in,  711.  willin  Annol.  744.  —  Inf  in.  tüülen  :  stiUen  Karjm.  438, 65. 
—  Tristr.  D.  9000.  Herb.  15231.  Lac.  HI,  621.  953.  HarflF  16,  9.  151,  1. 
Kölner  Cronica  51.  253.  u.  ö.  —  Perf.  Conj.  wüde  Alsfeld.  Sp.  2232.' 
2669.  4049.  4363. 

§  423.  Im  Perfect  ist  schon  ahd.  das  alte  e  durch  o  §423. 
verdrängt  (wolta  für  weltd);  nur  einzelne  Spuren  in  altbair. 
Denkmälern  zeugen  für  die  ältere  Form.  So  herscht  denn 
auch  mhd.  wolte  oder  wolde  durchaus.  Nur  im  Conj.  erscheint 
zuweilen  e,  vgl.  3.  Sg.  weit  :  hell  Wigam.  3333.  ;  ungeeelt 
Montf.  2,  43.  —  3.  PL  weiten  :  Polten  Helbl.  3,  348.  Indessen 
wird  sich  empfehlen,  darin  Entstellung  von  wölte  wÖlten 
anzunehmen,  ebenso  wie  in  den  seit  14.  Jh.  fiuüiffgen  älem7 
weite  und  wette  (zu  den  indicat.  wolte,  wotte)  AGr.  S.  409 


460 

§  423.  und  in  dem  md.  und  bei  Schonebek  hersohenden  weide.  In 
der  Löwenberger  Wilkür  v.  1311  (Tzschoppe  -  Stenzel  489) 
steht  oonj.  wöldiriy  in  einer  Chemnitzer  Willkür  von  1401 
(Cd.  Sax.  II.  6,  59)  wSlden,  in  Urkunden  des  14.  15.  16.  Jh. 
weiden,  zb.  Cd.  Sax.  IL  6,  23  (1364).  6,  66  (1408).  Cd.  Sil. 
IV,  217.  Daraus  ergibt  sich  dann  auch  ein  indicat.  welde^ 
weite  Schles.  Zeitachr.  XIV,  565  (1581). 

!N'eben  dem  Umlaut  im  Conjunctiv  steht  auch  der  reine 
Vocal  0  für  die  Stammsilbe  dieses  Modus  fest.    Vgl.  die  Reime 

Conj.  Sg.  1.  wolt.'hdt  Neith.  72,  28.  Spiegelb.  178,  33.  :8olt 
Montf.  3,  13.  —  3.  Sg.  wolde :  gölde  Herb.  260.  10931.  Ebern.  3131. 
Bari.  211,  1.  :  Isolde  Trist.  17730.  :  solde  Trist.  7332.  Herb.  13446. 
woU :  holt  Altsw.  51,  18.  ;  sdt  Mone  jüngst.  T.  752.  —  2.  PI.  woldet 
:  vergoldet  Helmbr.  182.  wolt  :  solt  Frauend.  53,  8.  Krone  19594. 
woldent :  soldent  gGerh.  894.  wolden  :  solden  trKr.  1789.  —  3.  PI. 
wolden :  dolden  Baben.  232,  1.   :  solden  Heinz.  ML.  A.  439. 

Auch  die  md.  Nebenform  wtdde  bezeugt  das  fehlen  des 
Umlauts;  sie  ist  im  14.  15.  Jh.  häufig.  In  den  kölnisch- 
jülichschen  Schriften  jener  Zeit  findet  sich  au,  der  Schwebe- 
laut zwischen  o  und  u.  Zu  diesem  woulde  kommt  dort  auch 
der  Umlaut  weulde  vor. 

Über  die  Endungen  ist  nichts  besonderes  zu  erwähnen, 
nur  für  die  2.  Sg.  Ind.  die  in  dem  md.  Gedicht  von  den 
Tagzeiten  mehrmals  vorkommende  Form  du  wolde,  Weetzoldt 
über  die  Pariser  Tagzeiten  S.  39. 

Das  Partie.  Per  f.  P.  gewellet  geweit,  gewollet  gewollt 
bildet  sich  erst  spät,  A&r.  S.  410.  BGr.  S.  336. 

S.  Xjose  Miscb.uiig'. 

Starke  Zeitworte  mit  schwachen  Nebenformen,  schwache  mit  starken. 
1.  Starke  Zeitvorte  mit  sohwaohen  Nebenformen. 
§  424.  §  424.    Der  Zug  der  Sprache  geht  im  allgemeinen  nach 

Zersetzung  der  alten  Formen.  Daher  werden  die  starken 
Verba  in  dem  besonders  karacteristischen  Perfectum  ange- 
griffen, schwaches  Perfect  tritt  als  Nebenbuler  auf  und  ver- 
drängt zum  Theil  das  starke.  Wie  weit  dies  allmählich  im 
Oberdeutschen,  besonders  im  Bairischen  gieng,  ist  bekann t, 
BGr.  §  323. 


461 

Wir  verzeichnen  hier  aus  der  mhd.  Zeit  Verba,  in  denen  §  424. 
neben  die  alten  starken  Formen  einzelne  schwache  traten, 
lassen  aber  die  vollen  schwachen  Neubildungen  bei  seite,  die 
sich  schon  ahd.  mit  einem  Unterschied  in  der  Bedeutung  zu 
den  alten  starken  Verben  fanden,  wie  zb.  g'ebön  zu  geban^ 
treten  (tretjan  treton)  zu  tretan. 

geschehen,  geschien.  Dem  Md.,  vorzüglich  dem  Ripua- 
rischen  sind  schwache  Perfectformen  geläuiBg :  Perf.  geschiede 
(geschide)  Part  geschiet  (geschit  gescheit).   Das  i,  ie,  ei  beruht 

auf  e  aus  ehe,  §§  52.  53.     Belege: 

Perf.  Ind.  Sg.  3.  geschiede  :liede  Alex.  1687.  —Lac.  11,  444.  504. 
Kölner  Cronica  47.  geschide  Marienl.  47,  26.  62,  24.  106,  4.  gescheide 
Hagen  5276.  Lac.  11,  1064.  —  PI.  3.  geschieden  Kölner  Cronica  167**. 
—  Conj.  3.  Sg.  geschiede  Lac.  11,  444.  506.  ÜI,  384.  605.  687.  828. 
gescheide  in,  180.  —  Part.  Perf.  P.  geschiet :  iet  Wierstr.  1356.  :niet 
Alex.  1223.  2984.  3123.  3442.  Nrh.  Br.  3,  21.  Ath.  E.  46.  Eüh.  Tristr. 
IX,  125.  Herb.  6144.  6508.  Marienl.  40,  4.  Marienkl.  20.  30.  Sibots 
Frauenz.  216.  Junk.  u.  Heinr.  3.  Wierstr.  894.  :  riet  Lachmann  Nrh.  Br. 
1,  6.  Herb.  16024.  geschit:Ut  Karlm.  193,  47.  —  geschieht  Ennen  11^ 
436  (1260).  geschäht  Lac.  H,  530  (1263).  geschet  Höfer  H,  36  (1316. 
Wildgraf),  geschiet  Lac.  H,  434.  506.  534.  u.  o.  gescheit  Lac.  U,  532. 
1064.  m,  57.  80.  167.  u.  o.    gescMt  Höfer  I,  2  (Trier  1248). 

Das  Particip  geschiet  ist  also  in  Ripuarien  und  in  den 
angrenzenden  md.  Landschafben  häufig.  Daneben  ist  das  st.  Ptc. 
geschien  in  Brauch:  für  Ripuarien  beweisen  dies  Wernh.  v. 
Niederrh.,  Hagen,  die  Vorbewisinge.  Das  schw.  Pf.  geschiede 
ist  in  seiner  Verbreitung  beschränkter:  Köln  Jülich  Limburg 
sind  sein  Boden,  heimischer  noch  ist  es  im  Niederfränkischen, 
wo  es  nicht  wie  in  Ripuarien  von  gescach  begleitet  wird. 
Im  Mnl.  herscht  ghesciede  allein,  und  hier  entstund  sogar 
ein  Infin.  ghesdeden  (Maerlanls  trKr.  3361).  Mit  Bezug  auf 
Veldeke  handelte  W.  Braune  über  geschien  in  Zachers  Zeit- 
schrift f.  d.  Ph.  IV,  258—260. 

jehen:  hierzu  im  Ripuarischen  das  schwache  Ptc.  gegiet 
gegeit,  dem  geschiet  gleich  gebildet. 

gegiet  :  niet  Karlm.  58,  46.  begiet  :  niet  32,  32.  ergiet  :  niet 
158,  29.  194,  11.   :  gebiet  280,  39.  —  ergeit  Lac.  IE,  261. 

komen:  dazu  im  Alem.  im  14.  15.  Jh.  das  schw.  Perf» 
Icemete  Tcomete  AGr.  S.  389. 


462 

§424.  besinnen:  alem.   und  bair.   findet  sich    im  13.  14.  Jh. 

ein  schwaches  Perf.  mit  Partie,  selbst  im  Reim  AGr.  S.  389. 
BGr.  §  323.    Jänicke  z.  Wolfdiet.  D.  VIII.  116,  4. 

bevelhen:  schw.  Perf.  bevalhte  Karaj.  41,  10.  12. 

brechen:  schw.  Perf.  brechte  Trebn.  Ps.  73,  14.  15. 
115,  16. 

heben.  Unter  Einfluss  der  umlautenden  Formen  von 
haben  erscheint  zuweilen  das  schw.  Perf.  hebete  hebte,  Ptc. 
gehebt  erhebt,  vgl.  Lexer  Mhd.  Wb.  I,  1199.  MüUer-Benecke 
Mhd.  Wb.  I,  643.    Trebn.  Ps.  28,  2. 

§425.  §  425. 

schrien:  das  schw.  Pf.  schrtete  schrUe  mit  Ptc.  ge- 
schriet  geschrtt  ist  obd.  neben  den  st.  Formen  schrei  oder 
schre,  geschri(r)n  im  13.  Jh.  stark  entwickelt  Bei  Wolfram, 
Lamprecht  v.  Regensburg,  dem  Dichter  des  Mai,  Konrad  von 
Wirzburg,  Otacker  stehn  diese  ^Neubildungen  gleich  den  alten 
im  Reim,  vgl.  AGr.  S.  389.  BGr.  §  323.  —  Sie  sind  auch 
md.  im  Brauch: 

Perf.  schrite :  vrite  Pass.  K.  264,  67.  Väterb.  4411.  :8tnte  Herb. 
14744.  ;  zite  Herb.  11953.  ülr.  Wh.  5892.  —  PL  sehnten :  riten  Herb. 
5817.  ;  siten  Uvl.  Kr.  5526.  —  Partie,  geschriet :  gevriet  Pass.  K.  97,  82. 
gesehnt :  strit  Ludw.  Kr.  7266.  :  zit  Herb.  2773.  5278.  10504.  Heinr. 
Trist.  2900.  3480.  MSH.  3,  6*.  besehrtt  :  zit  Ernst  D.  3861.  :  sit 
Ludw.  Kr.  4624.  —  Vgl.  ausserdem  PI.  Pf.  sehrieten  Pass.  K.  48,  50. 
schrigiten  Haupt  XV,  374.  seriede  schreide  Marienkl.  64.  80.  Brev.  58. 
Kölner  Cronica  60  und  Mhd.  Wb.  H.  2,  213.  f. 

spien  hat  ebenfalls  ein  schw.  Perf.  neben  dem  st.,  aber 

weit  seltener  als  schrien, 

Perf.  sptete  Berth.  28,  7.  254,  6.  Pass.  K.  555,  51.  spigte  Konr. 
Alex.  J.  698.  M.  Spieg.  394.  mit  dem  md.  Übertritt  in  die  te-Beihe 
spute :  mute  Pass.  H.  222,  47.  :  ungute  291,  91.  —  Ptc.  gespiet  Berth. 
370,  24. 

pfifen:  schw.  Ptc.  bei  Konr.  v.  Wirzb.  Turn.  711  im 
Reim:  begrifet.  —  angepßfet  Hätzl.  245^ 

biten :  schw.  Pf.  bei  Herbort,  bite :  isite  17396.  Ptc.  gebit 
:  strit  6663. 

verglichen:  schw.  Pf.  alemannisch,  B.  R.  1,  341. 

wichen  schw.  Pf.  bei  Hagen  1072  wichde. 


463 

verzihen  schw.  Pf»  vor^ihete  Henneb.  Uk.  II,  104  (1344).  §425. 

bieten  schw.  Pf.  erhiede  (:kniede)  Karlm.  271,  10. 

Von  den  reduplicirenden  Zw.  kommen  zunächst 
houwen  und  homven  in  Betracht.  In  bau  wen  ist  schon  in 
vorhistorischer  Zeit  das  redupl.  Perf.  durch  die  schw.  Bildung 
verdrängt  worden.  Neben  das  fortlebende  st.  Partie,  gebouwen 
hat  sich  mhd.  ein  schw.  gebouwet  gebaut  gestellt,  vgl.  auch 
gebüwet  HTrist.  2681.    gebüt :  guot  Otack.  c.  686. 

Zu  houwan  ist  schon  ahd.  eine  vollständige  schw.  Neben- 
form houwon  vorhanden,  die  mhd.  fortdauert.  Vgl.  houte  Grudr. 
1407,  2.  PI.  honten :  b&uten  Raben.  612.  Ptc.  gehout :  beschaut 
Otack.  c.  210. 

Ausserdem  kann  ich  nur  walten  anführen;  ein  schw. 
Pf.  walte  (:  js^alte)  erscheint  Pilat.  152.  Jerosch.  17128. 

Von  hangen  hat  sich  das  schw.  Perf.  hangete  neben  dem 
ftt.  hienc  erhalten,  obd.  Serv.  271  {:  gelangte),  md.  öfter, 
zb.  Herb.  10392.  10606.  Trebn.  Ps.  24,  21.  62,  9.  100,  3. 
118,  25.  31. 

2.  Schwache  Zeitworte  mit  starken  Nebenformen. 

§  426.  §426. 

begäben:  st.  Ptc.  begäben  :  haben  Teichner  in  Pfeiffers 
Übungsb.  158,  29. 

laben:  st.  Ptc.  erlaben :  haben  Boner  54,  40. 

machen:  st.  Ptc.  gemachen  bei  Hug  v.  Montfort  drei- 
mal im  Keim  AGr.  §  376. 

g  es  taten:  st.  Ptc.  gestaten  :  gesäten  Strassb.  Litanei  35. 

phenden:  st.  Ptc.  gephenden  :  sehenden  Teiohner  in 
Pfeiffers  Übungsb.  162,  51. 

schenken:  st.  Pf.  schank  Heldenb.  (Keller)  547,  34. 

wurken:  st.  Ptc.  gewarchen  Lieds.  8,  74. 

vürhten:  das  st.  Ptc.  gevarhten  ervarhten  ist  nicht 
selten,  vgl.  ungevarhten  Ernst  D.  1155.  ervarhten  Trist.  13099. 
unervarhten  Hol.  194,  7.  Nib.  1723,  4  Mai  22,  2.  148,  14. 

erkunnen:  das  st.  Ptc.  erkunnen  :  sunnen  MS.  2,  170^ 
(Kelin),  ausser  Reim  erchunnen  Nib.  C.  1064,  2.  BCD.  1331, 1. 
—  verkunnen :  gewunnen  Kindh.  70,  63. 


464 

§426.  laden  (invitare):  st.  Pf.  (unter  Einwirkung  von  laden^ 

onerare)  luot :  Uuot  Lampr.  Syon  632.  —  Elisab.  7726.  Myst. 
I,  241.  282.  geluot:muot  Otack.  c.  363.  Ptc.  geladen  Nib. 
AB.  2096,  2. 

jagen:  Ptc.  gejagen  :  geslagen  Karlm.  206,  8.  zsgez. 
bejän  (:hän)  Junk.  u.  Heinr.  1241. 

klagen:  Ptc.  gehlagen  :  gesagen  Pleiers  Garel  9,  58 
(Lexer  I,  1601). 

schaden:  im  16.  Jb.  alem.  st.  Pf.  schuod  Ptc.  geschaden 
AdEva  1289.   Zimmersche  Kr.  IV.  225,  31.  35. 

glichen  (gleichen):  Pf.  gleich  Virg.  289,  10.  291,  8.  — 
3.  PI.  glichen  Wolfd.  D.  V.  59,  4. 

prisen:  "Pf.  preis  Wolfd.  D.  301,  4  (Holtzmann).  prisen^ 
:wisen  Virg.  886,  3.  Ptc.  geprisen  :  risen  Virg.  375,  6. 
Sigen.  C.  10,  10. 

leTcrltzen:  st.  Pf.  hekreiz  Köditz  78,  17. 

§427.  §  427,     In  der  Weise  der  reduplicirenden  Zw.  gedacht 

salben:  Perf.  sielb  Anzeig.  8,  481.    Gundack.  751. 

salzen:  Perf.  sielzen  Griesh.  Pr.  2,  18. 

schaden:  Perf.  schied  Tristr.  H.  1652. 

wein:  Perf.  erwiel  Schoneb.  7097  gereimt  auf  beviel 
Pf.  zu  bevelhen. 

welben:  Perf.  wielb  Mone  Anz.  8,  481. 

denen:  Ptc.  gedannen : gespannen  Mart.  37,  60. 

blcejen:  Ptc.  geblän,  Belege  AGr.  S.  389. 

drcejen:  Ptc.  gedrän,  von  Alemannen  wie  Hartmann  von 
Aue,  Ulr.  von  Zazikhofen,  Rudolf  von  Ems,  Heinzelin  von 
Constanz,  Walther  von  Rheinau,  Hug  von  Montfort  im  Reim 
gebraucht,  AGr.  a.  a.  0.;  vgl.  auch  Hohenburger  Hoheslied 
83,  1.  110,  6.  11. 

kaufen:  Pt.  Cj.  kiefe  Mon.  Genn.  Script,  lingu.  vern. 
IV,  1.   S.  106,  8. 

Über  die  Doppelformen  von  eischen  (seit  13.  Jh.  heischen} 
vreischen  im  Perf.  §  360. 


465 

IV.  Umscliriebeiie  Formen. 

§  428.     Das  deutsche  Zeitwort  war  formenarm  geworden  §  428. 
und  bedurfte   daher  der  Ergänzung   durch  künstliche  Mittel, 
welche  in  der  Umschreibung  mittels  Zusammenstellung  verbaler 
Nomina  (Infinitiv,  Particip)    mit  Hilfsverben  gesucht  wurden. 

1.  Umsohreibung  des  Verbalgenus. 
Grimm  Gr.  IV,  4—50. 

Das  Activum  besizt  alle  einfachen  Verbalformen,  welche 
überhaupt  im  Germanischen  erhalten  sind.  Daneben  bildeten 
sich  umschriebene,  nicht  bloss  zum  Ausdruck  der  Zukunft 
und  der  vorgeschrittenen  Vergangenheit,  sondern,  was  hier 
zunächst  in  Betracht  kommt,  zur  Bezeichnung  der  einfachen 
Gegenwart  und  Vergangenheit. 

a)  Umschreibung  durch  Partie.  Präs.  mit 
Zw.  sein. 

Zunächst  liegt  in  dieser  Umschreibung  die  Stätigkeit  imd 
die  Dauer  des  Zustandes  oder  der  Thätigkeit,  zb.  mit  dem 
der  leu  varend  ist  Iw.  7927.  die  freude  ze  der  ich  dingende 
bin  Trist.  8202.  wis  vorbedenkende  alle'wis  dinen  frumen 
8422.  ir  grölen  klage  sie  niht  Idnt  wan  sie  in  s&re  kla- 
gende sint  Bari.  74,  31.  diz  sunt  ir  uobende  sin  vil  dicke 
Mart.  31,  21. 

Zuweilen  stehn  die  einfache  und  die  umschriebene  Form 
neben  einander:  der  sin  bedarf  und  ouch  bedurfende  ist 
Griesh.  Pr.  1,  84.  daz  si  nach  der  selben  zU  jcehe  unde 
jehende  weere  Trist.  1899. 

Die  Umschreibung  drückt  zuweilen  nur  die  einfache  Hand- 
lung ohne  den  Nebenbegriff  des  dauernden  aus,  zb.  alle  die 
mich  sehende  sint  aHeinr.  673.  da/^  er  unt  sin  pfärdeltn 
muosen  vollende  üf  die  bluomen  sin  Parz.  154,  30.  Bis 
zum  Überdruss  wird  diese  Umschreibung  im  jüngeren  Titurel 
gebraucht. 

Zu  diesen  Beispielen,  in  denen  das  Partie,  seine  Endung 
deutlich  zeigt,  stellen  sich  andre,  in  denen  es  eine  durch 
Syncope  des  d  verursachte  abgeschliffene  Endung,  -ene,  -en  hat, 
w^odurch  es   dem  Infinitiv   gleich  scheint,   vgl.  §§  373.  401. 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  30 


466 

§428.  Seit  dem  12.  Jh.  tritt  dies  auf,  zb.  du  bist  dich  Tuomen, 
wiss£!e  Christ  Orend.  561.  er  was  schowen  die  riterschaft 
Lanz.  3014.  er  wcere  noch  gerne  hundert  jär  in  dem  vege- 
fiur  hrinnen  Myst.  I,  278.  Erst  seit  dem  14.  Jh.  wird  diese 
Verbindung  beliebt  und  hält  sich  dann  im  Brauch  bis  in  das 
16.  Jh.  Vgl.  F.  Bech  Von  der  Abschleifung  des  deutschen 
Partie.  Präs.  und  von  seinem  Ersatz  durch  den  Infinitiv  (Zeitz 
1882)  S.  3.  f. 
§429.  §  429. 

b)  Umschreibung   durch  Part.  Präs.  mit  werden. 

Zunächst  bezeichnet  diese  Verbindung  das  beginnen  der 
Handlung  oder  das  worden  des  Zustandes,  zb.  wan  si  noch 
Mnaht  swanger  wirt  und  einen  sun  wirt  tragende,  trKr. 
4573.  do  ez  lichtende  wart  Trist.  3837.  so  würde  man  in 
suochende  trKr.  13703.  so  si  an  got  geloubitin,  so  wurdin 
si  varinde  Griesh.  Dkm.  14. 

Der  BegrifiT  des  Futurum  liegt  hier  ganz  nahe,  vgl.  ja 
wirt  ir  da  diende  vil  manic  wcetUcher  man  Nib.  1150,  4. 
der  trage  wolte  durh  den  vrost  niht  ern,  davon  wirt  er  ze 
sumer  betelnde  Myst.  I.  311,  37  und  §  435. 

Die  Umschreibung  bezeichilet  aber  auch  das  blosse  Präsens 
oder  Perfect,  zb.  den  kinden  wart  do  sin  gebot  gesuntheit 
wider  gebende  Engelhc  6379.  vriunt  wirt  uns  hie  verjehende 
Pantal.  781.  daz  ist  daz  er  ouch  trege  wirt  und  daz  er 
hüme  wirt  ginde  ze  dem  dienste  unsers  herren  Griesh. 
Pr.  1,  51. 

Auch  hier  kommen  die  abgeschliffenen,  dem  Infinitiv  sich 
gleich  machenden  Formen  des  Partie,  in  -ene  -en  auf  und 
nicht  bloss  für  das  Präsens,  sondern  auch  für  das  Perfect.  Die 
präsent.  Umschreibung  hat  ziemlich  stark  ausgeprägt  die  future 
Bedeutung,  zb.  ich  wcene  ir  werdet  mir  es  jehen  (.-gesehen) 
Flore  3144.  so  wirstu  mir  gelouben,  wan  si  dich  danne 
rouben  wirt  herzen  unde  muotes  Konr.  Partenop.  12191.  mich 
wirt  hin  einer  iuwer  geben  an  den  tot  Walther  v.  Bheinau 
150,  40. 

Das  Perf.  mit  scheinbareminfin.  hat  zunächst  inchoative 
Bedeutung,   umschreibt  aber  auch  die  geschehene  Handlung. 


467 

Diese  Form  kommt  schon  im  Anfang  des  12.  Jh.  vor  (Annol.  §429. 
639),  bildet  sich  im  Verlauf  des  13.  Jh.  aus  und  blüht  in  der 
folgenden  Zeit:  do  wart  ouch  her  Wolf  hart  Magen  Virginal 
921,  9.  dafn  wart  man  sie  erkennen  Berthold  Pr.  I.  403,  37. 
da^:  wart  in  tragen  aber  sit  Schwanr.  1289.  dajs  Maria  na 
der  art  wahsen  an  dem  hinde  ivart  Fass.  H.  16,  23.  sin 
ore  wart  do  biegen  der  heiser  Pass.  H.  173,  21.  der  kunic 
wart  si  vaste  klagen  Heidin  1660.  —  Bech  a.  a.  0.  8.  5.  fif. 
O.  Jänicke  Altd.  Studien  S.  49.  f.  (Berlin  1871). 

§  430.  Das  Passivum,  das  schon  früh  sich  auflöste,  §430. 
so  dass  nur  im  Gotischen  einige  Beste  insofern  blieben,  als 
Trümmer  des  Mediums  passive  Bedeutung  überkamen,  muss 
überhaupt  durch  Umschreibung  gegeben  werden.  Es  geschah 
ahd.  durch  Verbindung  des  Part.  Perf.  Pass.  mit  sein  oder 
werden,  wenn  nicht  die  Übersetzer  der  lateinischen  Texte 
die  Verwandelung  des  Passivs  in  das  Activ  vorzogen.  Für 
die  mhd.  Zeit  kann  im  allgemeinen  folgende  Formel  das  ge- 
wöhnliche angeben  (Gr.  IV,  12.  ff.) : 

Präs.  Pass.  ich  wirde  gelobet  Imp.  ms  (bis)  gelobet  Inf.  ge- 
lobet sin  Imperf.  ich  wart  gelobet  Perf.  ich  bin  gelobet  Plusqu.  ich 
was  gelobet 

Zur  Verstärkung  des  Perfects  und  Plusquamperf.  Pass. 
kommt  seit  Anfang  des  13.  Jh.  der  Zusatz  von  worden  auf; 
er  ist  im  13.  Jh.  noch  selten  und  wird  erst  seit  dem  14.  Jh. 
beliebter,  vgl.  von  älteren  Beispielen 

Perf.  mit  riemen  sint  disiu  lider  worden  gemezzen  j.  Tit.  885,  1. 
Plusqu.  daz  Gahmuret  gepriset  vil  was  worden  Parz.  58,  1. 

Vgl.  Weigand  bei  Haupt  Z.  VII,  557.  f. 

§  431.  Das  Medium,  dessen  Formen  im  Germanischen  §431. 
nur  das  Gotische  erhalten  hat,  wird  durch  Zufügung  eines 
Casus  des  Personalpronomens  zu  dem  intransitiven  Verbum 
umschrieben,  dessen  Bedeutung  dadurch  auf  sich  zurückbezogen 
und  damit  verstärkt  wird.  Im  Gotischen  war  die  mediale 
Bedeutung  vielfach  auf  die  Zw.  auf  -nan  oder  auch  auf  die 
Verba  3.  schw.  Conjug.  übertragen.  Althochdeutsch  sind  unter 
den  reflexiv  gebrauchten  Zeitworten  auch  viele  der  3.  schw. 
Klasse  angehörige,  allein  di#Zufügung  des  pronominalen  Casus 
wird  nun  notwendiger. 

30* 


468 

§431.  Der  eigentliche  Reflexivcasus  ist  der  Dativ.     Mhd.  er- 

hielten sich  aber  wenig  Spuren  davon,  die  sogen,  ethischen 
Dative  zählen  mit  darunter.  Solche  mediale  Verbindungen 
sind  zb.  ich  stuont  mir  nehten  späte  MF.  8,  1.  so  stünt 
ime  üf  der  güde  man  Annol.  614  sldf  dir  gnuog  Megenb, 
6,  2.  den  tiuvel  ich  mir  selben  weiis  Erec4790.  ich  vurhte 
mir  vil  sere  Yor.  Ged.  13,  20.  do  gedähten  in  die  besten 
Nib.  1964,  5. 

Von  der  reflexiven  Verwendung  des  Genitivs  gibt  e& 
nur  einzelne  mitteldeutsche  Spuren:  Sent  Anno  wart  sinis 
vü  gemeit  Annol.  726.  daz  du  dm  jsfouwis  deste  baz  Alex. 
3466.    zouwe  dm  Renner  11373. 

An  die  Stelle  des  Dativs  trat  mhd.  fast  durchaus  der 
Accusativ  sich.  Dieses  mediale  sich  erscheint  besonder» 
in  alterthümlichen  und  volksmässigen  Dichtungen  bei  sein  und 
werden,  bei  heissen,  bei  Verben  der  Empfindung  und  der  Be- 
wegung, zb.  der  eine  was  sich  her  Vasolt  Ecke  2.  der  was 
sich  Bibunc  genant  Virgin.  801,  4.  do  sprach  sich  Gernöt 
Nib.  1423,  1.  die  helde  sich  des  erkäm&n  Lanzel.  6722.  der 
kappelän  begund  sich  klagen  Reinh.  1563.  hart  zürnt  sich 
Alexander  duo  Vorauer  Ged.  207,  25. 

2.  ümsohreibung  der  Zeltformen. 

§432.  §  432.     Das  Präsens  hat  im  Deutschen  die  Aufgabe, 

die  unvollendete  Handlung  oder  den  nicht  abgeschlossenen 
Zustand  auszudrücken,  dient  also  je  nach  Umständen  zur 
Bezeichnung  des  gegenwärtigen  oder  des  zukünftigen.  Die 
Verwendung  des  Präsens  in  Art  des  griech.  und  lat.  histo- 
rischen Präsens  widerstrebt  dem  Deutschen,  und  nur  in  belebter 
Rede,  wo  die  unmittelbare  Folge  einer  erzählten  Handhing 
ausgedrückt  wird,  finden  sich  mhd.  Präsentia,  die  dem  histor. 
Präsens  sehr  nahe  kommen ;  so  u.  a.  in  dem  Gedicht  von  Athis 
und  Prophilias  und  bei  Wolfram,  Grimm  IV,  140.  fif.  W.  Grimm 
zu  Ath.  C*  132.  P.  T.  Förster  Zur.  Sprache  und  Poesie  Wolf- 
rams V.  Eschenbach  Leipzig  1871.  S.  5.  fi*.  Das  älteste  Bei- 
spiel scheint  Ludwigsl.  45. 


469 

Um  80  bedeutsamer  wird  die  Kraft  des  Präfix  ge,  welches  §432. 
dem  Präsens  die  Bedeutung  eines  Präteritum  verleihen  kann, 
Mhd.  Wb.  I,  491'.  W.  Wackernagel  Glossar  zum  Altd.  Lese- 
buch (1840)  CCXV.  Durch  dieses  Präfix  erhält  auch  der 
Infinitiv  bei  den  als  Hilfszeit  werten  dienenden  Präterito- 
präsentibus  die  Bedeutung  eines  Infin.  Perfecti,  W.  Wacker- 
nagel Glossar  CCXVI,  Grimm  Gr.  IV,  172. 

Die  Umschreibung  des  Präs.  durch  Verbindung  des  Präs. 
von  sin  oder  werden  mit  dem  Partie.  Präs.  ist  §§  428.  429 
•erwähnt. 

§  433.  Das  Futurum  besizt  keine  eigene  grammatische  §438. 
Form  im  Germanischen  mehr,  sondern  wird  in  der  Regel  durch 
das  Präsens  ausgedrückt,  so  dass  der  innere  Zusammenhang 
des  Satzes  die  Zeitbedeutung  bestimmt.  Diese  uns  noch  heute 
geläufige  Verwendung  des  einfachen  Präsens  steht  mhd.  in 
voller  Blüte,  Gr.  IV,  176.  f. 

Bei  Erzählungen  aus  der  Vergangenheit  kann  das  Perf. 
Conj.  die  Verwendung  als  Conj.  Fut.  erhalten,  zb.  ich  wcen 
in  hete  ir  herjse  rehte  daz  geseit,  daz  in  so  vil  der  vriunde 
davon  gelcege  tot  Nib.  71,  2. 

Um  aber  die  Zukunftsbedeutung  genauer  hervorzuheben, 
werden  Umschreibungen  durch  Hilfszeitworte  mit  dem  Infinitiv 
versucht. 

Die  got.  Umschreibung  durch  haian  c.  Inf.  ist  hochd. 
nicht  vorhanden.  Im  Ahd.  kommt  langsam  die  durch  suln 
c.  Inf.  auf,  mhd.  ist  sie  sehr  beliebt,  vgl.  u.  a.  ir  solt  üch 
minre  scanden  vele  gemeit  maken  En.  2216.  ich  hän,  swan 
hernach  sulle  geschehen,  so  lieben  tac  an  iu  gesehen  Trist. 
1515.  du  bis  ein  algeweldiger  got  und  wires  ie  und  solt 
immer  sin  Leyser  Pr.  112,  35.  ich  sol  dirz  alliz  geldin  vil 
gerne  ebd.  75,  27.  —  Gr.  IV,  179.  f.  Mhd.  Wb.  U.  2,  181. 
Im  15.  16.  Jh.  stirbt  diese  Umschreibung  langsam  ab. 

§  434.     Als  Umschreibung   des  Futurums  ward   femer  §434. 
müezen  c.  Infin.  verwant,  das  wie  sidn  c.  Inf.  zunächst  das 
bestimmt  sein  wozu  ausdrückt.     Es  ist  nicht  so  häufig  wie 
jenes.    Einige  Belege :  sin  zorn  vil  harte  ergän  muoz  über  in 
MFr.  96,  16.     det  vil  s^ze  der  ie  an  anegenge  was  und 


470 

I 

§  434.  muo£!  an  ende  «in  Walth.  36,  37.  ir  sult  vil  richiu  Meider 
da  ze  hove  tragen,  wan  uns  da  sehen  müeaen  vil  minnec- 
Uchiu  wip  Nib.  475,  3. 

In  ähnlicher  Weise  tritt  die  Verbindung  wellen  c.  Inf. 
aus  der  Bezeichnung  der  Absicht  oder  des  Wunsches  in  die 
der  Zukunft  über;  die  Stellen  sind  in  der  eigentlichen  mhd. 
Periode  nicht  häufig  und  mehren  sich  erst  im  15.  16.  Jh. ;. 
nachher  stirbt  auch  diese  Umschreibung  ab.  Belege :  ich 
vertrage  als  ich  vertrttoc  und  als  ich  iemer  wil  vertragen^ 
Walth.  50,  8.  uns  wil  schiere  wol  gelingen  51,  21.  wü  ich 
triuwe  vinden  aldä  si  kan  verswinden  Parz.  2,  1.  er  über- 
tuot,  er  unls  niht  lange  triben  Hätzl.  150\ 
§  435.  §  435.   Weit  nachhaltiger  ist  die  Verwendung  von  werden 

c.  Inf.  oder  c.  Partie.  Prees.  für  das  Futurum ;  sie  ist  die  Fort- 
föhrung  der  inchoativen  Bedeutung  dieser  Verbindungen  §  429^ 

a)  werden  c.  Partie.  PrsBs.,  das  gewöhnlich  dem 
Verbum  nachsteht,  zb.  so  wirt  daz  volc  mich  vände  und  sän 
ze  töde  irslände  Ath.  A.  85.  er  unrt  mich  gerne  sehende  und 
wird  ich  im  verjehende  Trist.  3985.  man  wirt  uns  schiere 
Jcomende  an  von  den  burgtsren  mit  übelichen  mceren  Trist 
8706.  in  den  wölken  vuor  er  zu  himile,  in  den  tvolken 
unrt  er  ouch  swebinde  mit  den  heiligen  zwelfbotin  Grrieshab. 
Dkm.  17.  die  rehten  Hute  werdent  stunde  ze  der  jungesten 
urteilde  in  dis  wis  Wackem.  Pr.  58,  1.  daz  er  uns  helfe 
umbe  unsem  herren  erwerben  daz  wir  uns  erkennende  werden 
in  der  himelischen  JerusaUm  Berthold  219,  15.  aber  alle 
die  heiligen  —  die  werdent  alle  an  dem  jungesten  tage  über 
iuch  ruofende  324,  25. 

Auch  hier  kommt  allmählich  die  abgeschliffene,  dem  Infin. 
gleich  gemachte  Form  des  Partie.  (§  373.  401)  auf  und  ver- 
drängt allmählich  die  andre.  Die  ältesten  Belege  dafär  kennt 
man  aus  Flecks  Flore  3414  ich  waene  ir  werdent  mir  es 
jehen,  3609  der  wirt  iuch  wol  enhalten,  4656  so  wirt  er 
sprechen  zehant;  vgl.  femer  Frauenlist  GrAb.  26,  140  ich 
weiz  wol  daz  diu  guote  wirt  zürnen  und  mir  tragen  haz. 
Aber  diese  Verbindung  breitet  sich  im  13.  Jh.  noch  nicht  aus^ 
erst  im  14.  15.  Jh.   wird  sie   bei  den  theologischen  Schrift- 


471 

steilem  beliebt,  und  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  bezeichnen  §435. 
sie  Grrammatiker   schon  als  die  einzige  Form  des  Futurums. 

§  436.  Die  schwerfälligen  neuhochdeutschen  Umschrei-  §  436. 
bungen  des  Futurum  exactum  (wird  gewesen  sein,  wird 
gehabt  haben)  kennt  die  ältere  Sprache  nicht.  Es  wird  dafür 
das  durch  Präfix  ge  in  das  vergangene  gezogene  future  Prä- 
sens verwant,  zb.  der  geringeste  helbelinc,  den  iemer  ieman 
dar  geleget,  der  newirt  ime  niemer  versaget  Glaube  2612. 
swenn  er  hie  geringet  und  üf  sin  älter  bringet  den  lip  mit 
micheler  not,  so  muoz  er  liden  doch  den  tot  aHeinr.  601. 
sun  als  din  heim  genem  den  stric,  zehant  wis  muotic  unde 
halt  Winsbeke  20,  1. 

Ausserdem  wird  stimmend  zu  der  Verwendung  des  Präs. 
als  Futurum,  das  Perfectum  als  Futurum  exactum  gebraucht, 
zb.  swojsi  ir  gebietent,  deist  getan  Iwein  243.  sweder  der 
sol  geschehen,  daz  hat  man  schiere  gesehen  4988.  Yergl. 
Gr.  IV,  185. 

§  437.     Das   deutsche  Tempus   der  Vergangenheit  §437. 
ist   seiner   grammatischen   Form   nach  Perfect;    in   logischer 
Hinsicht    bezeichnet   es   überhaupt   die   vollendete   Handlung 
und   dient   nach   dem   Satzinhalt   für  Imperfect,   Perfect  und 
Plusquamperfect,  Grimm  Gr.  IV,  148.  ff. 

Die  Verwendung  als  Plusquamperfect  ist  mhd.  ungemein 
häufig.  Ich  gebe  daher  nur  wenige  Belege:  den  Eteden 
rechen  so  rehte  leide  nie  geschah  Nib.  2169,  4.  do  sich  dae 
ros  erholte,  der  Jcüene  Sifrit  der  gewan  einen  vreisUchen  sit 
Nib.  209,  3.  den  brunnen  ich  därunder  sach  und  swes  mir 
der  waltman  jach  Iw.  622.  in  dais  lant  fuor  der  künec 
Artus  als  er  swuor  2488.  er  gcebe  drumbe  niht  ein  strö 
ob  si  mit  glichem  volle  Icegen  üf  den  baren  1440.  öbe  joch 
niemer  kröne  hceme  üf  min  houbet  MF.  5,  39. 

Bemerkenswert  ist  auch  hier  die  Kraft  des  Präfix  ge. 
So  wie  es  einer  Präsensform  die  Perfectbedeutung  geben 
kann  §  432,  so  gibt  es  dem  Präteritum,  das  sich  auf  einen 
Satz  der  Gegenwart  bezieht,  Perfectbedeutung,  zb.  swa/s  ich 
fröuden  ie  daher  gepflac,  der  bin  ich  eine  hie  beliben  Walth. 
42,  9;    dem  Präteritum  aber,   das    sich   auf  einen   Satz   der 


472 

§  437.  Vergangenheit  bezieht,  Plusquamperfectbedeutung,  zb.  nu  hoert, 
i  sich  der  rät  geschiet,  wa^s  man  des  landes  künege  riet 
Parz.  424,  7.  er  hete  sich  bewegen  der  schände,  die  ie  Jcünec 
gewan  Nib.  308,  3. 

§438.  §  438.     Als   Form   der   Vollendung    kann    das   Perfect 

auch  das  bleibende,  herkömmliche  ausdrücken,  zb.  sipflegents 
noch  als  mans  do  pflac,  swä  lU  und  welhsch  gerihte  lac 
Parz.  4,  27.  darnach  hie^  si  schenken  sän  —  ez  müete  si 
deiz  niht  beleip,  wand  ez  die  ritter  ie  vertreip,  die  gerne 
sprächen  wider  diu  wip  29,  13.  diz  mcere  der  daz  ie'gelas 
Trist.  2016. 

So  dient  das  Perfect  auch  in  Sprichwörtern  und  stehnden 
Redensarten  dazu,  das  erfahrungsmässige,  herkömmliche  aus- 
zusprechen, ähnlich  dem  gnomischen  griechischen  Aorist,  zb.  sin 
triuwe  hat  so  kurzen  zagel  daz  si  den  dritten  biz  niht  galt, 
vuor  si  mit  bremen  in  den  walt  Parz.  2,  21.  bi  einer  wtl 
gedäht  ich:  der  gewagte  der  genas,  die  wil  er  unver zaget 
was  Lieders.  173,  215.  nu  genas  der  tiuvel  doch  vor  den 
vorloufen  noch,  also  mac  mir  beschehen  ebd.  265.  Vgl.  Lach- 
mann über  den  Eingang  z.  Parzival  S.  14.  Frz.  Dietrich  bei 
Haupt  Z.  XIII,  124—128. 

Das    Perfect    in    Segensformeln    und    Verwünschungen 

gründet  sich   auf  den  Begriff   des  dauernden  Zustandes,   den 

Segen  und  Fluch  bezwecken : 

wöl  im  wart  der  vü  gereit  Freid.  80,  14.  gesach  in  got,  der  ir 
vü  reines  Itbes  ?uit  gewalt  Neifen  12,  15.  we  dir' wart  da£  dich  din 
mtioter  ie  getruoc  an  dise  werlt  Berthold.  Vgl.  Gr.  IV,  176.  Haupt 
z.  Neifen  12,  15. 

§  439.  §  439.    Seit  dem  9.  Jh.  bildeten  sich  im  Hochdeutschen 

umschriebene  Perfectformen  aus.  Es  verbanden  sich 
die  Hilfsverben  sein  und  haben  mit  dem  Partie.  Perf.  Pass. ; 
ihr  Präsens  hilft  das  Perfect  oder  Imperfect  bilden,  ihr  Per- 
fect das  Plusquamperfect.  Das  Particip  steht  anfänglich  in 
flectirter  Form:  bei  sein  im  Nom.,  bei  haben  im  Accusativ; 
aber  es  wird  bald  die  unflectirte  Form  vorgezogen,  die  auch 
mhd.  überwiegt.  Die  äectirte  Form  ist  indessen  nicht  erloschen. 
Gr.  IV,  150—167. 


473 

Im  allgemeinen  verbinden  sich  die  intransitiven  Verba,  §439. 
die  eine  passive  oder  inchoative  Bedeutung  haben,  mit  sein, 
die  andern  Intransitiva  und  die  Transitiva  mit  haben,  die 
Präteritopräsentia  und  die  unpersönlich  verwanten  ebenfalls 
mit  haben.  Die  Verba  der  Bewegung  umschreiben  das  Perf. 
mit  sein  oder  mit  haben.     Gr.  lY,  149 — 173. 


Zweiter  Abschnitt.    Die  Declination. 

§  440.  Die  Nomina  (Substantiva  und  Adjectiva)  sind  §440. 
von  den  Pronominibus  in  ihren  Wurzeln  verschieden;  ihre 
Declination  ist  aber,  das  geschlechtlose  Personalpronomen 
ausgenommen,  nach  den  Casussuffixen  dieselbe.  Nur  tritt  bei 
den  Pronominibus  in  mehreren  Casus  zwischen  Stamm  und 
Flexion  ein  Suffix  ja  ein,  durch  welches  die  nominale  und 
pronominale  Declination  Verschiedenheiten  gewinnen,  welche 
sie  getrennt  zu  behandeln  Anlass  geben.  Die  pronominale 
Declination  wirkt  auf  die  sogenannt  starke  Declinationsart 
der  Adjectiva  ein. 

Die  Nomina  zerfallen  in  Nomina  mit  vocalischem  Thema 
(a,  ij  u)  und  Nomina  mit  consonantischem  Thema,  das  ist  in 
vocalische  und  consonantische  Stämme.  Die  Declinationsweise 
jener  nannte  J.  Grimm  die  starke  Declination;  unter 
schwacher  Declination  verstund  er  die  Flexionsweise 
der  zur  zweiten  Abtheilung  gehörigen  Stämme  in  -n. 

§  441.  Die  deutsche  Declination  kennt  zwei  Numeri:  §441. 
Singular  und  Plural ;  von  dem  Dual  erhielten  sich  ahd.  mhd. 
nur  bei  dem  1.  2.  Personalpronomen  einige  Eeste.  Es  gibt 
ferner  fünf  Casus :  Nominativ  Accusativ  Genitiv  Dativ  Instru- 
mentalis; der  Instrumental  ist  aber  mhd.  im  absterben.  Der 
Vocativ,  der  sich  noch  gotisch  im  Sg.  Masc.  von  dem  Nomin. 
unterschied,  aber  die  gemeinsam  europäische  Flexion  a  auch 
hier  längst  eingebüsst  hat,  ist  hd.  dem  Nom.  durchaus  gleich 
geworden. 


474 
I.  Die  nomina^le  DecliYia.tioii« 

A.  Vocalisclie  Stänmie.    Starke  üeclinatioii. 

Fr.  Dietrich  historia  declinationis  theotiscae  primariae.   Marburg  1859', 

J.  Grimm  Gr.  I«,  596—835. 
Weinhold  AGr.  §  390.  ff.  BGr.  §  338.  ff. 

§442.  §  442.     Die    thematischen   Yocale    der    stark    flectirteB 

Substantiva  sind  durch  die  Stammsuffixe  a,  i,  u  gegeben^ 
wonach  sich  eine  -4-,  eine  /-,  eine  Z7- Klasse  der  starken 
Declination  gebildet  hatte.  Die  CasussufQxe  sind  zwar  in  den 
drei  Klassen  dieselben  mit  Ausname  des  Gen.  Dat.  Sg.,  welche 
in  der  I-  und  U-  Klasse  eine  andere  Endung  als  in  der 
-^-Klasse  hatten ;  aber  durch  die  Verschiedenheit  der  Stamm- 
vocale  und  die  verschiedenen  durch  Schwächung  und  Steige- 
rung sich  äussernden  Abwandelungen  derselben  ergaben  sich 
dreifache  Biegungsformen.  Der  -4- Klasse  gehört  die  gröste 
Zahl  der  starken  Substantiva  an ;  in  ihr  bildeten  sich  dadurch 
.  TJnterabtheilungen,  dass  auch  die  Substantivstämme  in  ja  und 
va  (wa)  ihr  zugehören. 

Von  allen  germanischen  Sprachen  bietet  die  gotische 
die  alterthtimlichsten  Nominalflexionen ;  allein  auch  hier  sind 
durch  das  germanische  Ausiautgesetz  sowie  durch  manche 
Verwitterungen    bedeutende    Entstellungen    der    urdeutschen 

Declination  vollzogen. 

B.  Delbrück  über  die  Declination  der  Substantiva  im  Ger- 
manischen insonderheit  im  Gotischen,  in  Zachers  Zeitschr.  f.  deutsche 
Phüologie  n.  381—407. 

Im  Althochdeutschen  ist  die  Auflösung  durch  Erleichte- 
rung der  langen  und  Verförbung  der  kurzen  Endungsvocale 
noch  vorgeschrittener;  indessen  lässt  die  Declination  des  Hochd. 
im  9.  10.  Jh.  die  alten  Verhältnisse  immer  noch  erkennen; 
vgl.  Braune  über  die  Quantität  der  ahd.  Endsilben  in  den 
Beitr.  II,  125—167  und  Paul  die  Vocale  der  Elexions-  und 
Ableitungssilben  in  den  ältesten  germanischen  Dialecten,  Beitr. 
IV,  315—475.  Dann  freilich  zersetzten  sich  die  Vocale  der 
Endungen  völlig,  indem  das  tonlose  oder  stumme  e  allent- 
halben eintrat.  ^)   Indessen  lassen  sich  auch  mhd.  noch  Klassen- 

*)  Über  die  Vocale  *  a  o  w  in  den  Endungen  anstatt  e  vgl.  die 
§§  81-84. 


475 

theilungen  der  Substantiva  machen,  die  sich  auf  die  alten  Vei"-  §  442. 
hältnisse  gründen.     TJm  dies  deutlicher  zu  machen,  stellen  wir 
die  Paradigmen  der  got.  und  ahd.  starken  Declination  voraus. 

§  443.  §443. 

1.  Deolination  der  A-Zlaise. 

a)  Stämme  in  -a  (Masc.  Neutr.)   -a  (Femin.) 


Go 

tisch 

Althochdeutsch 

Masc.  St.  daga     Fem.  gibö     N.  vaurda  M 

.  taga       F.  kebd           N.  warta 

Sg.  N.  dags 

^*6a 

vaurd 

tac 

Uba 

wort 

G.  dagis 

^riftÖÄ 

vaurdis 

tages 

keba  -0  -w 

Wortes 

D.  dctga 

^«&ai 

vaurda 

taga,  -e 

kebo  -a  -u 

worta,  -e 

k.dag 

^i&a 

vaurd 

tac 

keba 

wort 

Instr. 

tagu  -0 

wortu  'O 

PI.  N.  dagös 

gibös 

vaurda 

taga 

keba,  -o 

wort,  -u 

G.  dage 

gtbö 

vaurde 

tago 

keböno 

worto 

D.  dagam 

giböm 

vaurdam 

tagum 

keböm 

wortum 

A.  dagana 

gibös 

vaurda 

taga 

keba,  -o 

wort,  'U 

b)  Stämme 

i  in  ja  ji 

Gotisch 

Stamm  M.  harja 

hairdja 

Fem.  sibjö 

bandjö 

Neutr.  kunja 

Sg.  N.  harjis 

hairdeis 

sibja 

bandi 

ku/ni 

G.  harjis 

hairdeis 

sibjös 

bandjös 

kunjis 

D.  harja 

hairdja 

sibjai 

bandjai 

kunja 

A.  hari 

hairdi 

sibja 

kuni 

V.  Äan 

hairdi 

PI.  N.  harjös 

hairdjös 

sibjös 

bandjös 

kunja 

G.  Äarje 

hairdje 

sibjö 

bandjö 

ktmje 

D.  harjam 

hairdjam 

sibjöm 

bandjöm 

kunjamr 

A.  harjans 

hairdjans 

sibjös 

bandjös 

kunja 

Althochdeutsch. 

Msc.  Äir<;a      Fem.  sippjä 

Neutr.  chunja 

Sg.  N.  ÄtX* 

sipjpea  sippa 

chunni 

G.  Äiries 

die  andern  Ca- 

chunnes 

D.  Ä*>*c,  -a 

sus  meist  ohne 

chunne 

A.  hirti 

Spur  des  j. 

chunni 

Tnstr.  chunnju 

chunnu 

PI.  N.  Mrto 

PI.  N.  chunniu  chunnu  chunni 

G.  hirtjo 

chunnjo 

D.  hirtum 

chunnjum  -um  (im) 

A.  Äirta 

chunnju 

•u  -i. 

476 


§443.  c)  Stämme  in  va  vä 

Gotisch  Althochdeutsch. 

Stamm  M.  fiva  Fem.  triggvä  Neutr.  kniva  M.  sewa  F.  triuwd  N.  horwa  kniwa 

seu,  '0    triuwa       horo     kniu 
sewes      triuwa       horwes  kniwes 
setce       tiiwjDO       horwe  knitoes 
seu,  '0    triuwa       horo     kniu 


Sg. 

'N.pius 

triggva 

kniu 

Gcßivis 

triggvos 

knivis 

D.piva 

triggvai 

kniva 

A.piu 

triggva 

kniu 

PI. 

N.^*t;Ö« 

triggvos 

kniva 

Qc.pive 

triggvö 

XL,  8.  w. 

knive 

§444. 


§  444. 

2.  reoUnation  der  X-Zlasse. 

Stämme  in  i. 

Gotisch 


Althochdeutsch 


öom  M.  gasti 

Fem.  ansti 

Neutr. 

M.  kasti 

F. 

ansti 

Sg.  N.  gasts 

ansts 

fehlt 

kost 

anst 

G.  (gastis) 

anstais 

(kastes) 

ensti 

D.  (gasta) 

anstai 

(kasta,  • 

e) 

ensti 

A.  gast 

anst 

käst 

anst 

PI.  N.  gasteis 

ansteis 

kesti 

ensti 

G.  gaste 

anste 

kestjo 

enstjo 

D.  gastim 

anstim 

kestim 

enstim 

A.  gasti/ns 

anstins 

kesti 

ensti 

§445. 


§  445. 

3.  Deolination  der  Ü-Slasse. 

Stämme  in  u. 

Gotisch 
Stamm  M.  sunu       Fem.  handu 


Sg.  N.  sunus 
G.  sunaus 
D.  sunau 
A.  sunu 

PI.  N.  sunjus 
G.  sunive 
D.  sunum 
A.  sununs 


handus 
ebenso  wie 
stmus 


Althochdeutsch 
M.  sunu       F.  hantu    N.  vihu 

vihu 


sunu, 
suno 
suniu 
sunu, 


sunum 


hantum 


vihu 
viho 
viho 

vihiu 


§446.  §  446.    Bereits  in  den  ältesten  ahd.  Denkmälern  ist  die 

Vereinigung  der  Substantiva  der  I-  und  U-Klasse  durch  das 
absterben  der  Formen  der  U-Klasse  und  den  Übertritt  der 
dazu    gehörigen  Worte    in    die    I- Klasse    stark    vorbereitet. 


j 


477 

mittelhochdeutsch  ist  sie  vollzogen.  Hier  sind  also  nur  zwei  §  446, 
Klassen  der  starken  Declination  abzutheilen.  Die  Masculina 
scheidet  der  Nichtumlaut  (A-Klässe)  oder  der  Umlaut  (I-Klasse) 
im  Plural.  Die  Feminina  theilen  sich  in  zwei  Abtheilungen 
a)  der  alten  a-Klasse  im  ganzen  entsprechend  mit  Endungs-e 
im  N.  A.  Sg.,  im  Gen.  Plur.  -en,  im  Stammvocal  durchgehends 
kein  Umlaut,  und  b)  der  alten  I-Klasse  entsprechend:  im 
N.  A.  Sg.  keine  Endung,  im  Gen.  PI.  -e,  im  G.  D.  Sg.  oft, 
im  Plur.  stets  Umlaut. 

Die  Masculina  und  Neutra  in  -ja  haben  mhd.  von  dieser 
Stammform  gewöhnlich  keine  andere  Spur  als  im  N.  Acc.  Sg. 
die  Endung  -e  oder  den  Umlaut.  Diese  Masc.  fallen  dadurch 
mit  den  ursprünglich  zur  U- Klasse  gehörigen  Substantiven 
vride  site  wite  schate  mete  sige  (gewöhnlich  sie)  zusammen. 
Bei  den  Femininstämmen  in  ja  ist  ebenfalls  der  Unterschied 
von  denen  in  ä  meist  aufgehoben,  §  451. 

§  447.     Wir  fuhren  nun  die  mhd.  Declinations-Erschei-  §447^ 
nungen  im  einzelnen  vor.  Die  Unterdrückung  des  e  der  Endung 
durch  Syncope  oder  Apocope   spielt  dabei  eine  grosse  Rolle. 

a)  Masculina. 

1.  Kasoolina  der  alten  A-Elasse  (theüweise  der  ü-KIasse). 
Stämme  in  -a 

Sg.  N.  tac       kü      Jcünec  nagd  dtem 

G.  tages    kils     küneges      nageles  nagds  ätems 

D.  tage     kü      künege        nagde  nagd  dtem 

A.  tac        kil      künec  nagel  dtem 

PI.  N.  A.  G.  tage     kü      künege        nageile  nagel  negd  dtem 

D.  tagen   kün    künegen      nagden  nageln  negeln        dtemen 
Stämme  in  -ja  Stämme  in  -u 

Sg.  N.  A.  D.  hirte       wine       viscJuere    vischer  site 

G.  hirtes      wines      mschares  vischers  sites 

PI.  N.  A.  G.  hirte       wine       vischare    vischer  site 

D.  hirten      toinen     vischceren  vischern  siten 

Stämme  in  -wa 
Sg.  N.  A.  se 

G.  sewes 
D.  sewe,  se 
PI.  N.  A.  G.  sewe 
D.  sewen 


478 

$448.  §  448.     Anmerkungen.     Im  N.  A.  Sg.  erscheint  seit 

12.  Jh.  im  Obd.,  besonders  im  Alem.,  gern  Antritt  eines  un- 
echten e,  zb.  Nom.  boume  Voran  er  Kaiserkr.  167,  33.  Übe 
Mart.  85,  15.  friunde  Virgin.  716.  rate  BR.  1,  33.  gruoze 
Wabk.  Pr.  43,  26.  —  Acc.  hnehte  (:  rehte)  Bari.  159,  21. 
Wunsche  Virg.  621.  hove  782.  ruome  Mart.  166,  35.  Vgl. 
AGr.  §  391.  BGr.  §  338.  Jänicke  z.  Staufenb.  254.  —  Md.  ist 
dieses  e  in  der  mhd.  Periode  nicht  beliebt,  wenn  es  auch  vor- 
kommt, zb.  Ovenwische  (irische)  Junk.  u.  Heinr.  1412.  1675. 
büe,  pusche  HU.  I,  578.  587.  (In  dunre  Hagen  GA.  III. 
81,  1426  ist  Metathesis.)  Dagegen  liebt  das  Md.  in  den  lang- 
stämmichten  Nominib.  agentis  in  -ere  das  End-e  zu  erhalten, 
d.  h.  lässt  es  nicht  stumm  werden,  zb.  rittere  (;  bittere  Pass. 
H.  189,  30.  bürgere  sengere  richtere  Myst.  I.  12,  24.  Hü. 
I,  201.  454.  502.  n,  833.  Böhmer  516.  Mühlhaus.  R.  48. 
46.  30.   Urk.  918. 

Das  Mitteldeutsche  schüzt  überhaupt  in  den  Masc.  mit 
liquidem  Suffix  (also  nach  l  m  n  r)  das  e  gegen  die  Ver- 
stummung;   das  nur  tonlose  e  wird  gern  zu  i  erhöht: 

Gen.  Sg.  himeles  Friedb.  Kr.  A.  2,  2.  Arnst.  Ml.  8,  9.  Myst. 
I.  9,  14.  mor genes  Friedb.  Kr.  G.  2,  10.  sunderis  Amst.  Ml.  8,  8. 
winteris  Alex.  3379.  heHeris  (;  bis)  Wemh.  4,  6.  düveles  Marienl.  37,  9. 
zagelis  :  hagelis  Schoneb.  3247.  eydemis  HU.  I,  454.  —  Dat.  Sg. 
himde  Friedb.  Kr.  A.  19.  Arnst.  Ml.  10,  23.  Myst.  I.  9,  9.  Cd.  Sax. 
n.  6,  40.  :  nidere  Orend.  1403.  2045.  2817.  esele  Alex.  282.  gisele  4548. 
nebele  Myst.  I.  94,  7.  vridele  242,  14.  zagele  211,  36.  huhele  Mrh.  U. 
n,  379.  buUle  Mülh.  R.  53.  ordene  Hü.  I,  454.  Myst.  I.  213,  6. 
swehere  HU.  I,  827.  angere  meistere  mhere  H,  634.  wintere  Myst.  I. 
162,  18.  hungere  235,  39.  pherere  Mülh.  R.  54.   mezere  Köditz  98,  13. 

Gen.  Bei  den  Stämmen  in  wa  tritt  hier  der  Suffixvocal 
gewöhnlich  hervor:  Tdewes,  rewes,  sewes,  büwes  u.  a.  — 
Md.  wird  das  e  der  Endung  oft  zu  i  erhöht,  vgl.  selbst  die 
Reime  trostis  :  is  Schoneb.  4203.  konigis  :  regis  4888.  — 
Die  Syncope  wird  nach  der  Regel  vollzogen,  doch  erscheint 
auch  ungeregelter  Ausstoss,  zb.  äbents,  vriunts, 

Worte  in  £f  oder  s  zeigen  vulgärer  Aussprache  gemäss 
in  den  Hss.  und  zuweilen  selbst  im  Vers  und  Reim  auf  voca- 
lische  Syncope  und  consonantische  Verschmelzung  gegründete 


479 

Aufhebung  des  flexiven  s,  zh.pris  Wilh.  213,  20.  kus  156,  23.  §448. 
genöe'})  (:  heslösi)  Frauenl.  264,  10.     Sehr  stark  ist  die  Syn- 
kope mit  Apocope  verbunden  in  dem  Gen.  diens  für  dienstes 
bei  Wolfram,    zb.  Parz.  244,  21.    279,  6.    362,  3.    554,  1. 
608,  3.  u.  ö.,  vgl.  Paul  in  Beitr.  II,  73. 

Aber  auch  nach  anderm  Wurzel-  und  Suffixauslaut  be- 
gegnet, zumal  in  österr.  bair.  Quellen,  doch  bei  keinem  der 
strengen  Dichter,  Flexionslosigkeit  im  Genitiv: 

zb.  marterare :  sware  tibi.  Weib  176.  ban :  gewan  Otack.  c.  227. 
gewin  :  hin  c.  274.  ;  in  Krone  P.  9974.'  degen  :  gepflegen  Krone  P.  6748. 
frum  :  pistuom  Otack.  c.  357.  smit  :  lit  Walber.  798.  rät :  hat  Neith. 
38,  19.  nit  :  lit  75,  17.  tot  :  not  Nib.  1020,  3.  :  rot  Otack.  c.  162. 
munt  :  sttmt  Otack.  c.  311.  kneht  :  reht  Lieds.  50,  353.  back :  sprach 
TJlr.  Trist.  1399.  —  Vgl.  BGr.  S.  340.  AGr.  S.  413.  Beispiele  aus 
'  Joh.  V.  Frankenstein  bei  Khull  19.  20. 

Titel  vor  Namen,  besonders  künec,  erscheinen  oft  flexions- 
los, zb.  des  Jcünec  Artüses  Iwein  4513.  des  künec  Etiselen 
Nib.  1301, 4.  des  künec  Gorhandes  Wilh.  35,  20.  Vgl.  Grimm 
Gr.  IV,  421.  464.    Jänicke  z.  Wolfd.  D.  72,  2. 

Dat.  Die  Endung  -e  bleibt  in  der  Regel,  wenn  nicht 
einfache  Liquida  auf  kurzen  Vocal  vorangeht.  Doch  kommt 
die  Apocope  auch  nach  Muta  und  nach  langer  Silbe  schon 
im  12.  Jh.  vor,  wie  die  Reime  belegen;  indessen  bleibt  das 
immer  eine  Abweichung  von  der  reinen  Form.    Beispiele: 

kram  :  nam  Parz.  663,  16.  wän  :  gän  Walth.  65,  33.  plan  : 
getan  Engelh.  2493.  rät :  Idt  MF.  33,  12.  ;  tat  Amis  2506.  schat :  blat 
Neith.  6,  15.  tac  :  slac  Stricker  Dan.  143**.  bach  :  sach  Parz.  663,  1. 
klanc  :  sanc  Nib.  1984,  1.  galm  :  twälm  Helbl.  15,  769.  braht  :  näht 
Greg.  466.  se  :  me  Trist.  2411.  melm  :  heim  Otack.  c.  9.  sit :  trit  Helbl. 
1,  156.  schimpf :  gelimpf  Flore  5057.  win  :  sin  Krone  13086.  lip  :  toip 
Nib.  336,  3.  strit  :  Davit  Amis  652.  got  :  gebot  Stricker  kl.  G.  12,  45. 
soHt :  dolt  Otack.  c.  9.  tot :  not  wGast  2824.  tröst :  vorderöst  Nib.  1957, 1. 
grünt :  gesunt  Alex,  1005.  muot :  guot  Walth.  150,  31,  172,  4.  ;  tuot 
Wemh.  151,  27.  vuoz  :  gruoz  Herb.  4400.  gelust  :  brüst  Karl  5065. 
—  Vgl.  über  die  apocop.  Dative  in  Wemhers  Maria,  Tundalus,  Nibel., 
Laurin  Deutsches  Heldenb.  I,  XLVll;  über  Walthers  apocopirte  Datire 
Wihnanns  Walther  S.  23^  über  Strickers  Hahn  kl.  God.  S.  XH.  Bartsch 
Karl  S.  XCV;  über  Konrads  Brauch  Haupt  z.  Engelh.  2493. 


^)  Über  unflectirtes  genöz  Haupt  z.  Erec  2109.   Jänicke  z.  Wolfd. 
D.  97,  2. 


480 

§ 448.  Von  dem  Instrumental  ist  mhd.  keine  Spur  in  der 

substantivischen  A-Declination.  Im  11./12.  Jh.  hat  derselbe 
noch  in  o  gelautet,  wie  der  Reim  muote :  do  Genes.  W.  40,  17. 
48,  5.  51,  6.  68,  10  andeutet. 

§449.  §  449.     Für   den  Plural   der  Masc.  der  A- Klasse  ist 

Nichtumlautung  karacteristisch.  Wo  also  ursprünglich  hierher 
gehörige  Masculina  den  Umlaut  haben,  sind  sie  Überläufer 
zu  der  I-Klasse.  Es  kommt  dies  seit  12.  Jh.  obd.,  namentlich 
bairisch  oft  genug  vor,  später  geschah  der  Übertritt  noch 
häufiger.  So  finden  wir  henne  durchaus  mhd.  (ahd.  erst  ein- 
zelne hanni  neben  bannä),  setele  (Nib.  530,  1.  seile  267,  1) 
mentel  (Nib.  1792,  3)  wegen  {:  pflegen  Otack.  c.  743.  Spiegel 
141,  31)  helme,  helse  Qiels :  weis  Helbl.  4, 170),  weide  (weiden 
:  velden  Partonop.  2372.  trKr..676),  gedenke  (gedenken:  wenken 
Heinz.  ML.  1138),  schelke,  merchte,  rcete  (:  stcete  Raben.  731, 5. 
:  tcete  738,  6),  toede,  köufe,  hüete  (Met :  müet  Helbl.  3,  368). 
Vgl.  BGr.  §  339.  AGr.  8.  415.  f. 

Auch  md.  tritt  dieser  Umlaut  auf,  vgl.  weide  HU.  I,  515. 
Höfer  II,  112.  Lac.  III,  636.  helse  Kath.  sp.  168.  welle 
{wellen :  gesellen  Wierstr.  866.  serke  (:  merke  Karlm.  309,  24. 
hevene  Elis.  7422.  Steffel  2638.  negele  {:  segele  En.  497. 
beche  Köditz  41,  32. 

Nach  liquidem  Suffix  wird  im  12.  Jh.  und  auch  später 
in  volksthümlicher  Sprache  das  e  der  Endung  oft  behalten, 
zb.  PI.  Nom.  Acc.  engele  Walth.  79,  1.  engle  Haupt  Z.  XV,  39. 
dremele  Windb.  Ps.  106,  16.  grintele  147,  2.  wagene  Milst. 
100,  33.  rittere  Nib.  1889,  4.  helfere  Schreiber  1,  151.  bür- 
gere pflegere  1,  227.  bürgere  Cd.  Sax.  IL  2, 43.  köujfere  353. 
scheffele  352.  meistere  BR.  1,  36.  eckere  Cd.  Sax.  IL  6,  27. 
—  Gen.  himile  Windb.  Ps.  148,  4.  vingere  8,  4.  achere 
widere  Haupt  Z.  VIII,  131.  —  Dat.  heidenen  Tit.  82,  4. 
Lampr.  Franz.  2397.  keiseren  Wilh.  66,  11.  bürgeren 
Bluntschli  1,  488.  —  Im  Md.  ist  diese  Bewahrung  der  vollen 
Endung  häufiger  als  im  Obd.,  da  es  die  Verstummung  der 
Endsilben  nicht  liebt.  Beispiele  aus  dem  Strassb.  Alexander 
stehn   in   den  (Hallischen)  Beitr.  z.  deutschen  Philol.   Si  29. 


481 

Der  bairisch-österreichische  Dialect,  gestattet  sich  dagegen  §  449. 
namentlich  seit  Ende  des  13.  Jahrb.,  und  der  alemannische 
schliesst  sich  später  an,  Apocope  des  -e  in  N.  A.  PL,  zb.  wint  : 
sint  wGast  3250.  diep  :  liep  3091.  tac  :  lac  Otack.  c.  105. 
wdlf:  bischolf  c.  738.  hischölf:  Ruodolf  c.  713.  fründ :  sünd 
Mone  Pass.  sp.  316.  BGr.  §  339.  AGr.  8.  415.  —  Auch  md. 
kommt  im  Reim  diese  Apocope  mitunter  vor,  vgl.  masboum 
(:  stroum)  Herb.  2044.  vleh  :  weh  HTrist.  5472.  diep  :  liep 
Renner  14087. 

Der  Übergriff  des  neutralen  Pluralsuffix  -er  in  die  Mas- 
culina  zeigt  sich  zuerst  beim  Marner,  vgl.  geister  :  meister 
MSH.  2,  242*.  Häufiger  wird  er  seit  14./15.  Jh.  und  findet 
sich  dann  alem.  wie  bairisch,  zb.  pacher  steiner  chöler,  BGr. 
AGr.  a.  a.  0< 

Für  den  Gen.  PI.  ist  die  schwache  Endung  -en  zu  er- 
wähnen, die  in  alem.  Hss.  des  13.  14.  Jh.  begegnet,  zb.  friunden 
Nib.  C.  1332.  A.  545,  4.  helden  Nib.  A.  735,  3.  jegern  906,  4. 
Nibelungen  461,  2.  1035,  4  und  welche  von  alem.  Dichtern 
des  14.  Jh.  auch  im  Reim  gebraucht  wird,  zb.  ougenblicken : 
schicken  Lieders.  No.  46,  28.  hunden :  stunden  Boner  12,  3. 
vgl.  AGr.  S.  415.  Es  ist  eine  Analogiebildung,  durch  den 
Gen.  PI.  der  Feminina  der  A-Klasse  erzeugt  und  zusammen- 
hangend mit  der  Neigung  der  st.  Masc.  in  der  späteren  mhd. 
Zeit  in  die  schwache  Declination  überzutreten,  §  459. 

Im  Dat.  Plur.  schwindet  die  Endung  zuweilen  hinter 
stammhaftem  w,  zb.  schrin  :  sin  Parz.  77,  7.  wegen  :  phlegen 
Otack.  c.  555.  Starke  Roheit  ist  die  Apocope  auch  nach  andern 
Consonanten,  zb.  weg  {:meg)  Enikel  312. 

2.  Kftsotllina  der  alten  I-Zlaeie  (theilweise  der  U-Klasse). 

§  450.  §450. 

Sg.  fehlt,  indem  PL  N.  A.  G.  geste  süne  sün 

hier  Übertritt  in  die  D.  gesten         sünen 

A.-Elasse  geschah. 

Der  Sing,  der  Masculina  der  I- Klasse  ist  nicht  mehr 
vorhanden;  schon  gotisch  sind  die  betreffenden  Substantiva  in 
diesem  Numerus  in  die  A-Klasse  übergetreten.     In  den  andern 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  81 


482 

§  450.  germ.  Sprachen  (altn.,  alts.,  ags.,  ahd.)  fiDden  sich  nur  Trümmer. 
Dagegen  hat  der  Plur.  auch  mhd.  den  Klassenkaracter  durch 
den  von  dem  thematischen  i  gewirkten  Umlaut  bewahrt. 
Übertritte  von  Masc.  der  A- Klasse  erwähnte  §  449.  Dass 
der  Umlaut  von  den  Schreibern  nach  ihrer  Mundart  zuweilen 
nicht  bezeichnet  ward,  wird  nicht  überraschen. 

Von  Masc.  der  alten  U-Klasse  schlössen  sich  sun  und 
^ant  {^an)  dieser  Klasse  nach  Ausweis  des  im  13.  14.  Jh. 
regelmässigen  Plur.  süne  und  ^ende  jsfene  an.  Ausnamen  von 
dem  Umlaut  begegnen  namentlich  md.,  so  braucht  Herbort 
£iene  und  js^ane  neben  einander,  vgl.  jsfenen  :  jenen  Herb.  8811. 
13897.  zaneiane  3257.  4898.  mnen.gramn  3216.  5847. 
Auch  im  Alexander  stehn  die  nichtumlautenden  zane :  allizane 
4898.  zande.hande  495.  4858.  :  verwände  3011.  wanden 
4838  neben  dem  Umlaut  senden  :  lenden  1634.  In  einem  von 
.  der  Würzburger  Hs.  dem  Walther  v.  Metz  zugetheilten  Liede 
M8H.  1,  310**  reimt  der  Plur.  zane:manen.  —  sune  Höfer 
I,  2.  HU.  II,  721.   Myst.  I.  249,  37.    sunen  HU.  II,  721. 

b)  Feminina. 

1.  Feminina  der  alten  A-Elasse. 
§451.  §  451. 

Stämme  in  -ä  Stämme  in  -ja  Stämme  in  -wä 

Sg.  gebe      zäl      versen  (versene)         sünde  riuwe    brd 

durch  alle 
Casus. 

PI.  N.  A.  gebe      zal      versen  sünde  riuwe    brd 

G.  D.  geben    zäln    versen  Sünden  riuwen  brdn 

Diese  Declination  ist  sehr  einförmig,  denn  nur  der  Gen. 
Dat.  PI.  unterscheiden  sich,  der  Grenit.  PL  überdies  nur  durch 
Übertragung  schwacher  Endung,  die  im  Hochdeutschen  (ebenso 
im  Altsächs.  und  Angelsächs.)  uralt  ist.  Ablehnend  gegen  die 
schw.  Endung  des  Gr.  PL  verhalten  sich  mhd.  die  Lehnworte : 
äventiure  ville  Jcrone  mile  rotte,  ferner  gewöhnlich  varwe  raste 
ünde  und  zuweilen  sträle,  vgl.  Lachmann  z.  Iw.  554.  3266. 
AGrr.  §  394.  BGr.  §  341.  Bei  Suchenwirt  finden  sich  auch 
die  st.  flect.  Gren.  PL  stimme  stimm,  rais,  sei,  panier  Kober- 
stein  queest.  Suchenwirt.  II,  25. 


483 

Apocope  und  Syncope  des  e  erfolgen  der  Regel  gemäss.  §  451. 

Aber  auch  nach  Muta  und  selbst  nach  langem  Vocal  treten 

«ie  ein.     Österreich,  und  bair.  Dichter   des   13.  Jh.   erlauben 

sich  stark  apocopirte  Formen  auch  im  Reim,  vgl.  u.  a. 

Nom.  Sg.  l^g  :  tac  Wigam.  755.  schant  :  genant  wGast  2912. 
€r  :  mer  Helbl.  7,  577.  suon  :  tuon  Krone  20146.  —  Dat.  Sg.  hah  : 
gap  wGast  14179.  sträz  :  daz  Otack.  c.  15.  wäg  :  lac  Krone  17250. 
sei  :  Ezechiel  Lampr.  Syon  2861.  rer  :  mer  Parz.  170,  18.  sit  :  Ut 
Lampr.  Syon  41.  :  loit  Meier.  6056.  suon  :  tuon  Frauend.  68,  16.  — 
A  c  c.  Sg.  sack  :  nach  Krone  25412.  sträz  :  maz  Krone  14219.  räch :  nach 
Teichner  Ls.  52,  66.  sei :  Israel  Georg  3016.  er  :  mir  Alph.  62,  1. 
minn  .\sin  wGast  8358.    stwn  :  tuon  Mai  114,  28.    Vgl.  BGr.  §  340. 

Die  Apocope  findet  sich  im  Reim  aber  auch  bei  mittel- 
deutschen Dichtern,  zb. 

Acc.  Sg.  ker  :  ser  Ulr.  Wh.  2467.  pin  :  dm  Jerosch.  2636.  :  in 
-ebd.  2502.  sit :  strit  livl.  Kr.  7607.  sei :  spei  Schachzab.  345, 11.  stim : 
pügerim  324,  13.  —  Gen.  Sg.  wart :  entwart  HTrist.  2414.  er  :  her 
Schachz.  226,  19.  —  Dat.  Sg.  schäl :  mal  UWh.  492.  ansprach : nach 
Jerosch.  17647.  er  :  wer  Schoneb.  11742.  acht :  nacht  Schachz.  248,  3. 
stur  :  natür  ebd.  190,  24. 

Die  Stämme  auf -twa,  zb.  versen,  lügen,  samt  den  Lehn- 
worten  Jcüchen  heften  metten  werden  seit  dem  13.  Jh.  ge- 
wöhnlich flexionslos  gebraucht,  da  die  apocopirte  Form  die 
ältere  (versene,  lugene^  mettene,  kettene,  Jcuchene)  verdrängte 
und  im  Gen.  Dat.  PI.  die  Endung  -en  schwand. 

Reste  des  j  erscheinen  bis  in  das  13.  Jh.,  im  11.  12. 
haftet  der  Themaconsonant  noch  fester:  winiga  :  Sicilia 
Merigarto  80.  winege  Fundgr.  II.  18,  »24.  winige  Vorauer 
Xaiserkr.  352,  16.  winja  Wackern.  Pr.  56,  471.  winge  Nib. 
Jh.  765,  2.  —  brunije  Annol.  125.  brunige  Rol.  164,  9. 
Orend.  2012.  2067.  3870.  brüneje  Nib.  67,  3.  brunje  Rol. 
680.  3442.  3500.  Alex.  1146. 

Im  übrigen  zeigt  sich  mit  Ausnam^  des  Umlauts  in  einigen 
derselben  keine  Verschiedenheit  der  Fem.  in  -ja  von  denen  in  ä; 
es  gehören  hierher  gerte  hitise  wine  minne  sippe  sünde  brünne. 

Die  Feminina  agentis  in  -inne  (inja)  haben  die  Neben- 
formen -m  und  in  §  274,  die  im  Sg.  und  PI.  unflectirt  bleiben. 

Die  Stämme  in  -wä  haben  theils  das  w  erhalten:  otiwe, 
riuwe,  swdlwe  (daneben  swal),  varwe,  narwe,  theils  stiessen 

31" 


484 

§451.  sie  es  nach  schwerem  Vocal  ab:  bräy  klä,  e,  diu  (alterthüm- 
lieh  noch  diuwe),  drö  (selten  drouwe).  Mit  Ausname  des- 
G.  Dat.  PI.  sind  sie  flexionslos.  Übrigens  kommen  bei  meh- 
reren von  ihnen  volle  Pluralformen  vor,  die  sich  aber  der 
schwachen  Declination  zuwanten:  bräwen,  Tdäwen. 

Übertritte  in  die  schw.  Declination  erlauben  sich  die 
Femininstämme  in  -a  überliaupt  je  später  je  mehr,  §  461. 

Über  die  Färbung  der  Endungsvocale  in  t  a  o  m.  inr 
Oberdeutschen,  namentlich  im  Alemannischen  vgl.  AGr.  §  393.  f.. 
BGr.  §  340.  Vogt  in  P.-Br.  Beiträge  II,  231.  262.  f.;  über 
diese  Vocale  überhaupt  unsre  §§  81 — 84. 

2.  Feminina  der  alten  I- Klasse 
(mit  Rest  der  U-Klasse). 

§452.  §  452. 

Sg.  N.  A.  kraft  kuo  hant 

Gr.  D.  krefte,  kraft  unverändert  hande  hende,  hant 

PI.  N.  A.  G.  krefte  küeje  hande  hende 

D.  kreften  küejen  handen  henden 

Neben  den  flectirenden  und  daher  umlautenden  Forme» 
des  G.  D.  Sg.  stehn  häufig  die  nicht  flectirenden  und  daher 
nicht  umlautenden.  Übrigens  zeigt  sich  auch  in  den  flecti- 
renden Casusformen  obd.  und  md.  zuweilen  Widerstand  gegen 
den  Umlaut,  zb.  Gen.  Sg.  magde  Kindh.  J.  67,  19.  Greg.  2302.^ 
Mart.  21,  111.  —  Dat.  Sg.  magede  HTrist.  3776.  magde 
Angenge  35,  68.  krafte  (:  Schafte)  Virgin.  985,  10.  makte  : 
ähte  Jerosch.  6166.  20963.  täte  {.rate)  12806.  statte  Schreiber 
1,  537.  gehurte  Geschichtfr.  8,  259.  —  G.  PI.  magede  Alex. 
6335.  —  Dat.  kraften :  dähten  Alex.  5582.  magden  Walth.  4,37. 
—  A.  PI.  magede  Milst.  121,  24.    magde  Kindh.  69,  22. 

Die  vocalischen  Stämme  kuo,  fluo,  floh,  sü  sind  im  Sing, 
in  der  Hegel  flexionslos ;  es  lassen  sich  nur  einzelne  alem. 
Spuren  der  Flexion  nachweisen,  zb.  siuwe  Reinfr.  366. 
Schwabsp.  Lassb.  263. 

Im  Nom.  Acc.  Sg.  erscheint  zuweilen  epithetisches  e: 
vgl.  glüfe  (Nom.)  :  stüte  Jerosch.  21238.  —  dite  (Acc.)  ;  gebite 
Jerosch.  11997.   bürge  (Acc.)  :  turne  Orend.  3787.  —  brunste 


485 

rwerlte  zUe  AGr.  §  398.^)  Die  Analogie  der  a-Stämme  wirkt  §452. 
wahrscheinlich  ein;  ebenso  zeigt  sich  diese  Einwirkung  im 
Oen.  Plur.,  der  zuweilen  in  -en  statt  -e  flectirt,  vgl.  u.  a. 
Mhten  Karaj.  33,  3.  magden  St.  Pauler  Pred.  39,  24.  fugenden 
Nib.  A.  440, 1.  f ruhten  Boner  4,  6.  nussen  Habsb.  Urb.  65,  4. 
Jcünsten  Schreiber  2,  426.  .vgl.  A&r.  S.  428.  Im  übrigen 
neigen  die  i-Stämme  weit  seltener  zu  Übertritten  in  die  con- 
:sonantische  Declination. 

Tiber  den  G-.  Dat.  Sg.  reete  zu  rätj  die  einen  weiblichen 
Stamm  räti  neben  dem  männl.  rata  anzusetzen  Grund  geben, 
Tergl.  Wackernagel  in  seiner  und  Riegers  Waltherausgabe 
S.  XXXVI.  f. 

Apocope  der  Endung  im  N".  A.  PI.  erlaubt  sich  der  bair. 
Dialect,  zb.  vurh  :  durh  Wilh.  327,  22.  hunst  :  wunscht 
wGast  8901.   schüer  :  erJcür  Helbl.  3,  228. 

Yon  dem  Instrumental  erhielt  sich  in  dieser  Klasse  ein 
Eest  in  ihtiu  (zb.  Krone  11670.  Ges.  Abent.  2,  606)  nihtiu 
{Kaiserkr.  W.  2312.  7626.  Parz.  544, 15),  bair.  ichteu  nichteu 
BGrT.  §  345;    der  Instrumental  von  wiht  ist  darin  enthalten. 

§  453.     Das  Wort  hant,  das  zu  den  w-Stämmen  gehörte,  §453. 

hat  in  seinen  nicht  umlautenden  flectirenden  Casus,   die  obd. 

und  md.  häufiger  als  die  umlautenden  erscheinen,  eine  Spur 

des  alten  Stammverhältnisses  bewahrt.  Es  genügt  zu  belegen 
Gen.  Sg.  hande  sehr  oft  in  adverb.  Verbindung:  einer,  ander, 
maneger ^  guoter  hande  Mhd.  Wb.  1,  630.  —  Dat.  Sg.  hande  igigande 
Alex.  4923.  :  danne  Orend.  2084.  ;  lande  Pass.  K.  574,  20.  :  Tristande 
Trist.  1639.  11403.  15038,  ausser  Keim  zb.  Nib.  AB.  843,  2.  —  Nom. 
PL  hande  Alex.  5124.  Frauend.  50,  14.  —  Gen.  hande  oft  in  dem 
tidverb.  Ausdruck  zweier  drier  u.  s.  w.  hande  Mhd.  Wb.  I,  630.  — 
Dat.  handen:  anden  Herb.  1466.  5759.  6825.  Eaben.  519,  1.  trKr.  17826. 
:  banden  Schoneb.  10240.  ;  enhlanden  Iw.  6392.  Frauend.  404,  5.  Kindh. 
92,  35.  :  landen  Parz.  78,  14.  Wilh.  461,  5.  Gudr.  833,  4.  Wigam.  5864. 
Mai  77, 13.  :  randen  Krone  11913.  Eaben.  391,  6.  ;  schänden  Parz.  338,  2. 
,'  bestanden  Parz.  418,  1.  Ernst  B.  2506.  ;  gestanden  Wilh.  188,  14. 
Lampr.  Fr.  3406.  ;  wänden  Herb.  10622.  :  gewdndin  Ath.  C.  67.  Ausser  . 
Eeim  ist  der  D.  PI.  handen  sehr  häufig,  namentlich  in  den  adverb. 


0  I^^r  Nom.  Sg.  arebeite  (;  bereite)  Neith.  II,  32  ist  von  Haupt 
in  ^luralen  Zusammenhang  gebracht.  Der  Acc.  tugende  MSH.  1,  131' C 
ist  in  MFr.  als  Dativ  gestellt. 


486 


§  453.  Formeln  behanden,  zehanden  Mhd.  Wb.  I,  629.  f.  —  Acc.  hande :  brande 
livl.  Kr.  3999.  :  lande  ebd.  4614.  :  sande  Ath.  E.  34.  :  zande  Alex. 
4857.    :  genande  Iw.  405. 


c)  Neutra. 


§454.  §  454. 

Stämme  in  -a 
Sg.  N.  A.  wort  sper 

G.  Wortes  spers 

D.  Worte  sper 

PL  N.  A.  wort,  -er  sper 
G.  Worte,  -ere  er  sper 
D.  Worten,  -ern  spern 


Stämme  in  -wa 
md 

melwes  mels 
mdwe  mel 
Stämme  in  -t^ 
vihe 
wie  Icünne 


Stämme  in  -ja 

Icünne  her 

künnes  hers 

Icünne  her 

Icünne  her 
Icünne  her 
Icünnen  hern 

Die  Unterdrückung  des  Endungsvocals  an  kurzen  Wurzeln 
in  Liquida  (namentlich  Z,  r)  ist  Regel;  ebenso  erfolgt  sie  au 
Suffixen  mit  l,  n,  r  ohne  besondere  Rücksicht  auf  die  Quantität 
der  Stammsilbe,  indem  im  Obd.  wenigstens  die  Tonföhigkeit 
der  Flexionssilbe  bei  diesen  Subst.  in  -el  -en  -er  aufgehoben 
ist  Im  Mitteldeutschen  bleibt  sie  und  daher  finden  wir  auch, 
gern  md.  volle  Formen  in  diesen  Fällen  gebraucht,  zb. 

Gen.  Sg.  lebenes  Myst  I.  92,  38.  isenes  215,  25.  wunderis  Alex^ 
5056.  süberes  Höfer  II,  137.  obezes  Alex.  4961.  obizzis  6618.  —  Dat. 
Sg.  wesene  Myst.  I.  209,  13.  isene  12,  28.  addere  53,  10.  Haupt  Z.  15,. 
389.  legere  Pilat.  192.  süvere  Morant  443.  silbiri  Mülh.  E.  33.  wazzere 
Annol.  382.  Marienl.  10,  36.  Myst.  I.  3,  4.  42,  4.  wundere  Marienl. 
55,  14.  —  Gen.  PI.  wäfene  Alex.  6226.  hindere  MjBt.  I.  42,  12.  Jcornere 
Marienl.  45,  33.  mezzere  Myst.  I.  256,  19.  rädere  Alex.  5958.  wazzere 
Marienl.  12,  6.  —  Dat.  PI.  bücheren  Myst.  I.  4,  16.  209,  3.  velderen 
Mone  Anzeig.  3,  27.  deideren  Marienl.  107,  4.  lemmeren  Myst.  I.  155,  23. 
wazzeren  Alex.  218.  Marienl.  98,  29. 

Im  Zusammenhang  mit  dieser  Bewahrung  der  Flexions- 
vocale  steht  die  md.  Neigung    auch  dem  N.  Acc.  PI.  dieser 

Neutra  in  -el  -er  einen  Endvocal  zu  geben,  vgl.  u.  a. 

Nom.  PI.  bladere  Marienl.  7,  39.  fcmdere  37,  23.  Myst.  I.  14,  9. 
39,  6.  lemmere  167,  29.  wazzere  84,  36.  —  Acc.  segele  Herb.  17907- 
:  ebene  Orend.  3361.  dorfere  Henneb.  ük.  I,  142.  grebere  Alex.  3392. 
hornere  Myst.  I.  53,  30.  hindere  Marienl.  100,  4.  Mülh.  E.  42.  lidere 
Marienl.  26,  37.  löchere  Myst.  I.  23,  31.  redere  256,  18.  hüsere  Cd.  Sax. 
n.  6,  27.  tüchere  Köditz  14,  13. 

Hier  wirkt  zugleich  das  Streben  nach  Gleichmachung^ 
welches  an  der  Nacktheit  der  Formen  im  N.  Acc.  Anstoss  nam 


487 

und  auch  für  den  Nom.  Acc.  Sg.    unter  Einfluss   der  Neutra  §  454. 

in  'ja  ein  epithetisches  -e  hervorbrachte,  das  seit  dem  12.  Jh. 

auch  im  Reim  von  md.  Dichtern  und  von  solchen  obd.,  welche 

dem'  volksthümlichen  sich  zuneigten,    nicht  verschmäht  ward. 

Belege : 

Nom.  Sg.  järe  :  zewdre  Helmbr.  792.  hörne  :  vorne  Mart.  202, 64. 
—  Acc.  Sg.  hdre  :  zwäre  Helmbr.  433.  —  Nom.  PI.  tiere  :  ziere  Alex. 
5802.  :  haniere  Ath.  C.  24.  :  schiere  Wernh.  Mar.  198,  16.  hinde :  gesinde 
Iw.  B.  nach  6904  (Ben.  zu  Iw.  6904).  :  underbinde  Elis.  4384.  lide  :  vride 
Biter.  11424.  pferde :  generde  Jerosch.  9880.  wihe  :  lihe  Montf.  38, 36.  — 
Acc.  PI.  lande  :  sande  Denkm.  XLVII.  4,  4.  :  gewande  Elis.  3676. 
trincvazze  :  hazze  Schoneb.  249.  heine  :  eine  Neith.  84,  26.  ;  Meine  Eeinh. 
480.  kleide  :  hescheide  Neith.  (MSH.  2,  112*».  Haupt  S.  130).  dinge  : 
burcringe  Lampr.  Syon  194.  kinde :  winde  Elis.  4989.  diere :  schiere 
ebd.  9242.  Pass.  H.  53,  71.  jdre  :  vdre  MS.  2,  21^  :  zwäre  Elis.  6033. 
pferde :  werde  livl.  Kr.  7298.  spere  :  ere  Eoseng.  C.  4.  höubete  :  erlöubete 
Pass.  H.  71,  23.  —  Einige  Belege  ausser  Beim  aus  alten  und  guten 
Hss. :  Nom.  Sg.  mile  Milst.  109,  30.  Wiener  Genes.  78,  37.  —  Acc.  Sg. 
völche  Nib.  6474.  —  N.  PI.  tiere  Eol.  118,  15.  —  A.  PI.  werche  Wernh. 
Mar.  213,  5  (Fundgr.  II.).  warte  ebd.  149,  39.  lucworte  Wernh.  v. 
Niederrh.  11,  7.  pferde  Freid.  B.  a.  127,  11.  —  Vgl.  AGr.  §  395.  f. 
BGr.  §  342.  f.  W.  Grimm  Ath.  S.  361  (17)  und  zu  Wernh.  v.  Niederrh. 
11,  7.  Lichtenstein  Eilhart  LXXVII.  Pietsch  Trebn.  Psahnen  T^XXXTT.  f. 

Dieses  -e  hat  im  Plur.  zuweilen  umlautend  gewirkt, 
wahrscheinlich  unter  Analogie  der  Ja- Stämme,  vgl.  pfende 
(;  ende)  j.  Tit.  4175,  2. 

Im  übrigen  lässt  sich  folgendes  bemerken: 

Im  Gen.  Sg.  schwindet  die  ganze  Endung  von  Stämmen 
auf  s  oder  ^  in  vulgärer  Sprache  leicht,  zb.  des  hüs,  mdi3, 
kriujSy  BGr.  §  342.  AGr.  §  395.  Auffälliger  ist  dieser  Abfall 
auch  nach  anderm  Stammauslaut,  zb.  völ  Mein  Unin  tuoch 
Helmbr.  1332  und  selbst  im  Reim,  vgl.  teil  (:  meü)  Wernh. 
147,  23.  wilt  unde  zam  Pilat.  207.  hurctor:  vor  Walberan  545. 
ort :  bekort  Parz.  14,  29.  mer  (;  swer)  Montf.  13,  1.  himel- 
rieh  (;  gelich)  ebd.  28,  613.  des  leben :  gegeben  Warnung  222. 
des  scheiden  :  leiden  j.  Tit.  263, 2.  unnütises  Maifen  :  phaffen 
übl.  Weib  87. 

In  Fällen  wie  Trist.  1345  weder  Joint  noch  todes  un- 
geschiht  ist  der  erste  unflectirte  Genit.  gewissermassen  der 
Flexion  des  zweiten  Genitivs  teilhaftig ;  es  ist  diese  ünflectirt- 


488 

§454.  heit  des  ersten  von  zwei  coordinirten  Genitiven  bis  in  unser 
Jahrhundert  zu  verfolgen. 

Der  Dativ.  Sg.  erscheint  auch  nach  schwerem  Stamm 
in  Lingualis  nicht  selten  ohne  Endungsvocal ;  vgl.  die  Reime 
hüs  :  Artus  Lanz.  9272.  Wigal.  57,  18.  paradts :  tvis  Silv. 
4363.  holz:  stolz  Ath.  A.*  85.  lant:vant  Nib..  311,  3.  Joint 
:  erwint  Lieds.  49,  13.  vel:sinewel  Wilh.  246,  27.  ros  : 
Epistros  trKr.  35490. 

Im  Dativ  PI.  wird  die  Endung  nach  -n  der  Suffixsilbe  gern 
verschwiegen,  zb.  vogelin  (;  Mnegin)  Parz.  119, 10.  Auffiilliger 
ist  der  Abstoss  auch  nach  anderer  Consonanz,  der  zuweilen 
selbst  im  Reim  sich  zeigt,  zb.  mit  eier  :  meier  Helmbr.  917. 
mit  den  zehen  gehot :  got  Volmar  Steinbuch  50.  Ausöer  Reim 
vgl.  mit  chleider  clär  Albers  St.  Ulrichs  Leben  661  und  das 
über  diese  Apocope  bei  den  Masc.  §  449  bemerkte. 

Im  Gren.  PI.  ist  die  Apocope  eine  Roheit;  sie  kommt 
aber  bei  md.  und  obd.  Dichtern  aus  der  zweiten  Hälfte  des 
13.  Jh.  selbst  im  Reim  vor: 

amt :  ensamt  Pass.  H.  97,  60.  lant :  genant  Otack.  c.  56.  :  under- 
want  c.  10.  reht :  sieht  c.  112.  Mnt :  sint  Erlös.  3648.  Elia.  9797. 

Schwache  Flexion  des  Gr.  PI.  Neutr.  kommt  schon  in  ahd. 
Zeit  auf,  oberd.  Dichter  aus  dem  Ende  des  13.  Jh.  gestatten 
sie  sich  im  Reim,  in  obd.  und  md.  Hss.  des  14.  15.  Jh.  ist 
sie  nicht  splten,  aber  sie  bleibt  vulgär. 

mceren  :  hiXetceren  WvRh.  217,  8.  rehten  :  Albrehten  Otack.  c.  248. 
dingen  :  teidingen  Otack.  c.  554.  .'tnisselingen  Boner  25,  61.  toiben: 
bUhen  WvRh.  14,  5.    Vgl.  AGr.  S.  425.  BGr.  S.  349. 

Die  Deminutiva  in-'Un  verschmähen  im  ganzen  Plur. 
gern  alle  Flexion;  für  die  flectirten  Gen.  Dat.  PI.  können 
zeugen  Gr.  PI.  vogelUne  Walth.  92,  14.  —  Dat.  PL  vogelltnen  : 
schtnen  Walth.  28,  4. 

In  dem  Plur.  der  Neutra  ist  seit  ahd.  Zeit  Antritt  des 
Suffix  -er  (-ir),  das  aus  altem  as  entstund,  Bopp  vgl. .  Gr. 
§  241,  nicht  unbeliebt.  Anfangs  ist  dieses  Suffix  auf  einen 
kleinen  Kreis  Worte  beschränkt,  es  greift  dann  aber,  nament- 
lich bairisch  und  auch  md.,  stark  um  sich  und  kann  an  alle 
einfache  Neutra  antreten,  AGr.  S.  424.  BGr.  S.  348.    Belege 


489 

ans  md.  Quellen  sind  oben  S.  486   bei  Gelegenheit  des  epi-  §454. 
thetischen  e  gegeben. 

§  455.  Die  Zahl  der  Neutra  in  -ja  ist  mhd.  durch  die  be-  §455. 
liebte  CoUectivbildung  mit  Präfix  ge  §  292  sehr  gross  geworden. 

Von  dem  j  des  Suffixes  erhielten  sich  nur  geringe  Spuren 
in  den  Anfangen  der  mhd.  Zeit :  herie  Arnst.  Ml.  4,  9.  rippie 
Vorauer  Ged.  7,  1.  geslahtie  Wackern.  Pr.  10,  8.  —  Dat. 
herige  Annol.  441.  Vorauer  Ged.  47,  7.  Eundgr.  II.  100,  29. 
herie  Vorauer  Ged.  381,  8.  Es  ist  also  das  e  im  N.  A.  Sg.  PI. 
das  einzige  unterscheidend^  dieser  Neutra.  Indem  nun  dieses 
e  der  Apocope  und  Syncope  unterliegt,  wurden  Worte  wie 
her,  her,  mer,  öl,  ferner  suffigirte  wie  getvcefen,  geisimher 
und  selbst  gesidel  gevügel,  den  Stämmen  in  -a  gleich. 

Die  Apocope  des  e  {=  ja)  wird  übrigens  auch  in 
eigentlich  nebentonigen  Silben   vom  bairischen  Dialect  schon 

im  13.  Jh.  vollzogen: 

N.  Sg.  end  :  eleinent  wGast  2361.  het :  stet  Warnung  2973.  rieh  : 
Dietrich  Alph.  64,  4.  —  A.  Sg.  gehend  :  element  wGast  2310.  bet :  tet 
Helmbr.  1855.  kinn :  hin  ebd.  185.  rieh :  Heinrich  Servat.  2898.  gefüer :  für 
Krone  3475.  —  N.  PL  geslaht :  mäht  Mai  207,  6.  —  A.  PI.  mcer  :  leer 
Alph.  66,  1.    Vgl.  BGr.  S.  347. 

Auch  md.  Dichter  zeigen  zuweilen  diese  rohe  Apocope, 
vgl.  mer  (mcere)  :  er  HTrist.  3593.  :  her  ebd.  2852.  .•  wer 
Jerosch.  13143.    rieh  :  glich  Ulr.  Wh.  3060. 

In  den  schwervocalischen  Worten  ei,  bli,  i3Wi  hat  sich 
das  j  des  Stammes  zuweilen  erhalten,  vgl.  eiger  Boner  49,  29. 
IMge  MS.  2,  176^     Bei  hll  tauscht  j  (g)  zuweilen  mit  w. 

Die  Neutra  in  -wa  sind  nur  noch  in  den  flectirenden 
Casus  mitunter  kenntlich,  und  auch  hier  schwindet  das  w  in 
jüngerer  Zeit.  Im  N.  A.  Sg.  zeigt  sich  höchst  selten  noch 
eine  Spur  des  o  (=  iv)  in  der  geschwächten  Gestalt  e,  zb.  höre 
Eundgr.  II.  87,  11.  Sumerl.  4,  33.  Die  hergehörigen  noch 
erhaltenen  Neutra  sind  mel,  hör,  we,  knie,  strö,  tou. 

B.  Consonantisclie  Stämnae. 
I.  Stämme  in  -n-.    Schwache  Peclination. 
§  456.     Die  Masculina  und  Neutra  dieser  Klasse  wurden  §  456. 
durch  das  Suffix  -an  gebildet.     Die  Masculina  sind  in  ihrem 


490 


§  456.  ursprünglichen  Bestände  !N^omina  agentis ;  zn  ihnen  traten  eine 
Anzahl  männlicher  a-Stämme  über.  Die  Feminina  beruhen  auf 
den  Suffixen  an  (got.  on)  und  in  (aus  jän  entstanden),  sind 
aber  jüngere  Bildungen,  indem  das  n  erst  verhältnismässig 
spät  diesen  ä-  und  Ja-Stämmen  zutrat. 

Die  lebendige  und  belebende,  individualisirende  Bedeu- 
tung der  Stämme  in  -an  führte  zu  der  Verbreitung  dieser 
Formbildung,  welche  am  fruchtbarsten  für  das  Adjectivum 
geworden  ist.  Wenn  ein  Adjectivum  substantivirt  ward,  so 
erhielt  es  die  Bildung  der  Masculina  in  -an :  es  trat,  um  den 
gewöhnlichen  Ausdruck  der  deutschen  Grammatik  zu  brauchen, 
in  die  schwache  Declination.  Zuerst  mag  dies  wie  gesagt 
bei  den  Masc.  geschehen  sein,  die  Feminina  folgten;  am 
spätesten  wird,  wegen  seiner  unlebendigen  Bedeutung,  das 
adjectivische  Neutrum  entstanden  sein.  Mit  der  Ausbreitung 
des  Gebrauchs  des  einfachen  Demonstrativs  als  bestimmter 
Artikel,  hat  sich  dann  auch  die  Verbindung  desselben  mit 
dem  schwachen  Adjectiv  festgesezt. 

H.  OsthofiF  Zur  Geschichte  des  schwachen  deutschen  Adjectivums 
Jena  1876.  und  bei  Paul-Braune  Beitr.  III,  1—89. 

Die  Flexionen  der  -w- Stämme  waren  ursprünglich  die- 
selben wie  an  den  vocalischen  Stämmen;  aber  es  traten  früh 
eigenthümliche  Wechselwirkungen  zwischen  StammsufSx  und 
Flexion,  Schwächungen,  Verschmelzungen  und  Formüber- 
tragungen ein,  welche  die  eigenthümliche  sogenannt  schwache 
germanische  Declinationsweise  schliesslich  gestaltet  haben.  Da 
im  Mhd.  auch  diese  Formen  verwischt  und  verunstaltet  sind, 
folgen  hier  zunächst  die  gotischen  und  ahd.  Paradigmen. 
§457.  §  457. 

Masculinum  in  -an  Neutrum  in  -an 


got. 

ahd. 

got. 

ahd. 

Sg. 

N.  rtiena 

mäno 

hairtö 

herza 

G.  menins 

mänin 

hairtins 

herzin 

D.  menin 

mänin 

hairtin 

herzin 

A.  menan 

mänun  -on 

hairtö 

herza 

PI. 

N.  menans 

mdnun  -on 

hairtöna 

namna 

herzim 

G.  menane 

abna 

mänöno 

hairtane 

herzöno 

D.  menam 

dbnam 

mdnöm 

hairtam  : 

namnam 

herzöm 

A.  menans 

mänun  -on 

hairtöna 

namna 

herzün 

m  'On, 

-an 

got. 

ahd. 

Sg.       N.  tuggö 

zunga 

G.  tuggöns 

zungün 

D.  A.  tuggön 

zungün 

PL  N.  A.  tuggöns 

zungün 

491 

Feminina  ^  §457. 

in  -ein,  -i  4n 

got.  ahd. 

managei  managi        managtn 

manageins 

managein 

manageins  managi        managin,  %na 

G.  tuggönö    zungöno    manageino  managino    managino 

B.  tuggöm     zungöm     manageim  managim     managim,  -inum 

§  458.  Im  Mittelhochdeutschen  ist  an  die  Stelle  der  §458. 
leichten  und  schweren  Vocale  der  Flexionen  überall  e  getreten, 
das  natürlich,  wenn  es  stumm  ist,  der  gänzlichen  Unterdrückung 
nach  dem  Gesetz  verfallt.  Tiber  die  mundartlichen  Färbungen 
der  Endungsvocale,  obd.  o,  u,  a,  i  vgl.  AGr.  §§  402 — 408. 
BGr.  §§  347 — 351 ;  md.  erscheint  i  am  häufigsten  in  diesen 
Silben.     Vgl.  auch  unsre  §§  81 — 84. 

1.  Schwaches  Masculinnm. 

Stämme  in  -an  Stämme  in  -jan,  -wan 

Sg.  N.  mäne     böge  bot{e)  van  ar       verje     erbe     wewe 

G.  D.  A.      mänen   bogen  boten  vanen  am     verjen  erben  wewen 

PI.  N.  A.  G.  D.  mänen  bogen  boten  vanen  am    -  verjen  erben  wewen 

Die  kurzstämmigen  Masc.  in  Muta  bewahren  in  der  Regel 
den  Endungsvocal  mit  Ausname  derer  in  t,  die  im  Nom.  Sg. 
obd.  wenigstens  Apocope  lieben,  zb.  hot :  got  Frauend.  29, 14. 
Georg  483.  Meier.  2863.  ;  spot  Krone  1238.  Die  in  m  und 
n  apocopiren  das  e,  syncopiren  es  aber  nicht;  an  denen  in 
7  und  r  wird  es  durchgehends  unterdrückt.  Nomina  von 
kurzem  Wurzelvocal  mit  Suffix  -el  -em  -er  behalten  der 
Nebentonigkeit  des  £ndungs-ß  gemäss  dasselbe  zuweilen,  also 
nabele  beseme  gevatere  kevere;  indessen  sind  doch  die  Formen 
nabel  besem  gevater  hever  die  gewöhnlichen. 

Apocope  des  e  im  N.  Sg.  erscheint  übrigens  auch  gegen 
die  Regel  sowol  obd.  als  md.  Namentlich  bairisch  sind 
gekürzte  Nominative,  wie  tvill,  geloub,  fürst,  der  Jceck,  der 
guot,  der  mifruot,  der  ein,  der  rieh,  ferner  auch  der  beraubet, 
der  verme^zen  selbst  im  Reim  im  wälschen  Gast,  bei  Heinr. 
V.  Türlein,  dem  Pleier,  dem  Suchenwirt  zu  finden,  BGr.  S.  354, 


492 

§  458.  Koberstein  qusest.  Suchenwirt.  II,  37.  Mitteldeutsche  Belege 
geben  u.  a.  man  :  an  Jerosch.  4006.  säm  :  ge^am  ebd.  21689. 
Wend  :  sent  Ulr.  Wh.  3268. 

Die  dem  Md.  genehme  Yerschweigung  des  auslautenden  n 
(§  217)  tritt  hier  auch  in  der  schwachen  Declination  hervor; 
aus  obd.  Schriften  kenne  ich  nur  einzelne  Belege. 

Dat.  Sg.  hote  (:hote)  Alex.  6174.  mlle  :  stille  Alex.  5483.  5549. 
Hagen  4438.  brunne  :  inne  Karaj.  32,  12.  —  Acc.  wüle  Annol.  413. 
vleklce  732.  vane  :  ane  Morant  531.  :  name  Alex.  5555.  ande  :  viande 
Karlm.  330,  19.  427,  16.  :  lande  45,  54.  scad^e  Alex.  921.  herre  :  erre 
Alex.  1631.  :  sere  3730.  »merze  (:  herze)  Junk.  u.  Heinr.  786.  greve  Höfer 
I,  2.  bode  :  gode  Karlm.  16,  31.  321,  8.  mlle  Heinzel.  ML.  C.  28. 
grise  (:  wise)  Hadam.  Jagd  181,  1.  —  Nom.  PI.  böte  :  gote  Alex.  2738. 
gemazze  Türl.  Wh.  147**.  —  Acc.  PI.  herre  :  sere  Alex.  3218.  slange 
5676.  Sterne  :  gerne  Lampr.  Franz.  3029.  —  In  den  niederfränk.  Psalmen 
ist  dieser  Abfall  des  n  im  Acc.  Sg.  gewöhnlich,  m  Mnl.  ist  er  Regel: 
Cosijn  Psalm.  S.  11.  Über  diese  Apocope  in  den  Trebnitzer  Psalmen 
Pietsch  ebd.  LXXXVHI. 

An  8täm,men  in  Nasal  (n,  ng,  m)  vollzieht  sich  zuweilen 
Verschweigung  der  Endung  -en.  Diese  vulgären  Kürzungen 
erlauben  sich  manche  obd.  und  md.  Dichter  sogar  im  Reim: 
Gen.  Sg.  mcm :  hän  wGast  2279.  2350.  nam  :  cdsam  MSH.  2,  250^. 
toibesnam :  kam  Väterb.  371.  —  Dat.  Sg.  nam  :  gram  MSH.  3,  205». 
:  gehorsam  Gundack.  647.  :  Parinam  Schachzab.  325,  18.  säm :  kam 
Lutwin  3934.  :  nam  Otack.  c.  11.  licham :  quam  Pass.  H.  80,  88.  171,  90. 
schelm  :  heim  Wolfd.  D.  V.  7.  4.  fruni :  secretorum  Suchenw.  38,  348. 
guom  :  pluom  15,  21.  an  :  dan  Biter.  3567.  :  sän  Jerosch.  3366.  van  :an 
Wemh.  Mar.  184,  7.  han  :  an  Schachzab.  188,  26.  dem  jung  :  Warnung 
Otack.  c.  596.  —  Acc.  Sg.  nam  :  Adam  Milst.  11,  6.  rvredesam  Schoneb. 
1268.  :  gram  Schachz.  317, 19.  :  benam  Krone  16520.  :  vernam  ebd.  8674. 
:  lobesam  Krone  10438.  :  schäm  Mantel  270.  mbesnam  :  lobesam  Pass. 
H.  129,  55.  lichnam :  gezam  Gundack.  1137.  säm  :  schäm  Suchenw. 
25,  236.  van  :  an  Ortn.  381,  2.  ;  man  Suchenw.  18,  188.  ;  nan  Staufenb. 
857.  :Salmdn  Salm.  558,  5.  man  :  an  Krone  28943.  :han  wGast.  2603. 
brunn  :  sun  wGast  12878.  geborn  :  verlorn  Parz.  326,  15.  - —  Nom.  PL 
die  min :  din  Parz.  49,  14.  die  sin  :  Lambekin  74,  2.  —  Dat.  PI.  den 
sin  :  Brandeliddin  Parz.  75,  2.  :  schin  707,  27.  :  pin  Otack.  c.  120.  — 
Acc.  PI.  wibesnam  :  bequam  Väterb.  3517.  nam  :  Abram  Schoneb.  1960. 
die  jung  :  meinung  Otack.  c.  200. 

Nach  dem  Participialsuffix  -en  begegnet  dieser  Abstoss 
der  Flexion  -en  ebenfalls,  selbst  Hartmann  v.  Aue  gestattete 
ihn  sich  hier: 


493 

Acc.  Sg.  den  gevangen  :  begangen  Krone  3094.    :  erlangen  Parz.  §  458 
218,  29.  —  Nom.  PI.  die  verschaffen  :  phaffen  Tund.  53,  30.  die  gevangen 
:  ergangen  Flore  6791.    :  belangen  Ulr.  Wh.  2887.  —  Acc.  PI.  sine  ge- 
vangen :  begangen  Iw.  4917.   :  belangen  Kindh.  86,  75.   die  besezzen : 
vermezzen  Otack.  c.  45. 

Seltener  ist  diese  Apocope  nach  anderen  Consonanten ; 
doch  kommt  sie  bei  Österreichern  mitunter  vor: 

Dat.  Sg.  gesell :  well  Suchenw.  4,  562.  chinnebach  :  ach  Milst. 
36,  22.  —  Acc.  wiU  : pill  Suchenw.  10,  47.  gart :  missewart  Karl  1641. 

—  Nom.  PI.  Sachs  :  wachs  Otack.  c.  158. 

Wir  könnten  hier  Übertritte  in  die  starke  Declination 
ansetzen,  und  dafür  u.  a.  beibringen :  Gen.  8g.  wmgartes 
Henneb.  Uk.  II,  120.  Mischung  st.  und  schw.  Endung  im 
Gen.  8g.  erscheint  obd.  öfter,  zb.  pfäns  Ulr.  Erauend.  485,  25. 
smer^sins  Colocz.  Cod.  287,  407.     ewiw5  Kopp  ürk.  2,  136. 

Die  Masculina  in  -jan  haben  mit  Ausname  von  verje 
verge,  scherje  scher ge  das  j  verloren ;  es  gehören  hierzu  erbe 
recke  schenke  vende  einhürne  wille  und  nach  dem  Umlaut 
zu  urteilen  rüde  (ahd.  rudo  ohne  j), 

§  459.  In  der  mhd.  Zeit  traten  manche  8chwankungen  §  459. 
zwischen  st.  und  schw.  Declination  ein,  indem  eine  grössere 
Anzahl  st.  Masc.  sich  zur  Anname  schw.  Eorm  neigten.  Es 
ist  dieser  Vorgang  verschieden  von  dem  weit  älteren,  wonach 
sich  männliche  a-8tämme  zu  an-8tämmen  umbildeten  und  von 
der  damit  zusammenhängenden  ^N^eigung  componirter  Masculina 
den  zweiten  Theil  „schwach"  zu  bilden,  wobei  eine  Bedeutungs- 
Veränderung  geschah,  vgl.  darüber  schon  Grimm  Gr.  II,  542. 
IV,  585  und  neuerdings  Osthoff  z.  Gesch.  des  schw.  deutsch. 
Adject.  8.  169—171. 

Ich  kenne  bei  folgenden  st.  Masc.  im  Mhd. 
schwache  Nebenformen: 

arm  Acc.  8g.  armen :  erbarmen  Karlm.  464,  33.  466,  20. 

—  N.  PI.  armen  Mart.  138,  100. 

bercfrit  Acc.  PI.  bercfriden  Alex.  4220. 
buosem  Acc.  8g.  buosmen  Bonus  135. 
duner  Gen.  des  dunren  Mart.  210,  95   (durch  Meta- 
thesis  entstund  der  N.  8g,  dunre). 


494 

§459.  ermel  Freid.  132,  4.   Ulr.  v.  Türh.  Wh.  37^  125'.  Elia. 

1990.  8297. 

vlec  (in  der  Bedeutung  Ort)  Griesh.  Pr.  2,  138. 

vride  Griesh.  Pr.  2,  146.  Schreiber  Uk.  1,  393.  —  Gen. 
Sg.  vriden  :  siden  Elis.  9028.  Erlös.  1931.  :  stden  Marienl. 
116,  38.  ausser  Reim  Alex.  1204.  2125.  4580.  ^Reinfried 
17815.  25868.  —  Dat.  Sg.  ci  vridin  Annol.  340.  vreden : 
bestreden  Hagen  1168.  ;  entreden  Karlm.  512,  41.  —  Acc.  Sg. 
friden  :  siden  Erlös.  1074.  3897 ;  ausser  Reim  Wolfdiet.  D. 
V.  155,  4.  VI.  160,  1.  Reinfried  25895.  Vgl.  Jänicke  zu 
Wolfd.  D.  V.  155,  4. 

gast  Nib.  0.  4180. 

ger  Sg.  Dat.  geren.heren  Rol.  158,  11.  Acc.  geren  : 
seren  Alex.  1099.  —  Milst.  160,  21.  Nib.  74,  2.  Dietr.  Fl.  1557. 

heideUy  Plur.  heidenen  Glauben  2246.  Ulr.  v.  Türh. 
Wh.  96. 

keim  Alex.  1132.  Nib.  A.  67,  4.  73,  2.  190,  4.  1682,  3. 
1775,  2.  1779,  1. 

hir^  Virgin.  567,  11.  W^lfd.  B.  24,  3  (mit  Jänickes 
Anm.).   Suchenw.  7,  229. 

lint  Nib.  C.  3977.  schw.  Plur. 

loa  schw.  Plur.  loclcen : zochen  Pass.  H.  294,  70.  Vgl. 
ferner  Trebn.  Ps.  67,  22  den  wirbelocJcen  (A.  Sg.)  und  fiir 
später  DWb.  VI,  1102. 

mäc  schw.  Plur.  : lägen  Tristr.  980.  1345.  —  Wernh. 
Mar.  193,  8  (Fundgr.  IL).  Nib.  289,  1.  1076,  1.  Gudr.  4,  3. 
507,  3.  Biter.  3822.  Neith.  241,  4.  Servat.  130.  170  (Haupt 
Z.  V.).  Staufenb.  803.  Vgl.  Jänicke  zu  Bit.  3822.  —  Den 
schw.  Sg.  mäge  wies  aus  Nib.  D.  841,  1.  1953,  2.  Sigen. 
6,  8  (Strassb.  Dr.)  Jänicke  z.  Staufenb.  803  nach. 

man  et  schw.  D.  Sg.  mänden  :  wänden  Silv.  682.  schw. 
Acc.  :volanden  Jerosch.  23184. 

rahen  rahe  :  habe  Krone  7750.  —  Milst.  28,  24.  Gudr. 
911,  2.  Renner  8726.  Myst.  I.  56, 18.  vgl.  Lexer  Wb.  II,  329. 

rücJce  Walth.  AB.  55,  36.  Neidh.  66, 32.  103, 19.  Wolfd. 
B.  500,  3.  Helbl.  1,  69.  Reinfr.  3464.  6676.  Myst.  I.  233,  24. 
vgl.  Jänicke  z.  Wolfd.  B.  500,  3.  Pietsch  Trebn.  Ps.  LXXXIV. 


495 

ruom  Mart.  123,  4.  §459. 

sal  PL  seien  :  gezelen  Mart.  3,  89.  —  Harff  51,  3. 

schalch  Milst.  32,  3. 

schate  Bened.  Pr.  43.  Reinh.  835.  Walth.  94,  25.  Bari. 
75,  19.  Marienl.  7,  8.  Apoll.  6739.  Megenb.  142,  16.  Trebn. 
Ps.  S.  LXXXIV.  —  Im  Reim  Dat.  Sg.  schaten :  hlaten  Ulr. 
Trist.  1543.  —  A.  Sg.  schaten :  hlaten  trKr.  10022.  :  säten 
ebd.  20172.  :  staten  Flore  191.  gSchm.  170.  —  N.  Sg.  schatewe 
Myst.  I:  92,  40. 

schöjs  G-riesh.  Pr.  1,  39. 

sc  hu  oh  Acc.  Sg.  schon  :  an  Roth.  2061;  ausser  Reim 
Roth.  2071.  2101.  —  Gen.  PI.  schon  Roth.  2096.  schoen  2065. 
—  Acc.  PL  Roth.  2185. 

sige  AnnoL  317.  Griesh.  Benkm.  19.  —  A.  Sg.  sigefh : 
bedrigen  Marienl.  126,  12.  :ligen  Hagen  1152^  :erligen 
Marienl.  58,  35.  127,  7.    :  erstigen  Karlm.  398,  17. 

Site  A.  Sg.  siten :  hiten  Altsw.  152,  31.  A.  PL  :  driten 
Mantel  12,  21.  —  Krone  7285.  Warnatsch  z.  Mantel  101. 
Megenb.  35,  8.  Suchen w.  31,  114;  besonders  md.,  vgl.  D.  Sg. 
siden :  vriden  Erlös.  3898.  A.  Sg.  setin :  betin  Tristr.  2812. 
3704.  G.  PL  siden :  versnid^n  HTrist.  2941.  Acc.  PL  siten  : 
fiten  Ludw.  Kr.  3868. 

st  am  A.  PL  stammen  :  flammen  Heinz.  ML.  821.  — 
D.  Sg.  Eckenl.  134,  8.  —  Vgl.  Schmeller  bWb.«  2,  755. 

sun  Acc.  sunin  Volkomenh.  13. 

weif  N.  PL  weifen  :  gehelfen  Mart.  92,  77. 

wigant  Nom.  PL  wiganden  :  handen  Wigam.  485. 

2.  Schwaches  Femininum. 

a)  Stämme  in  -an  und  -jän, 

§  460.  §460. 

Thema  -an  Thema  -jän 

N.  Sg.  Zunge        hir       gabele        vackel  hrünne 

alle  andern  Casus 

Bungen      bim      gabelen     vackdn  brünnen 

Die  Unterdrückung  des  e  der  Endungen  geschieht  nach 
der  Regel,  wie  die  Paradigmen  andeuten.  In  den  Subst.  mit 
liquidem  Suffix  wird  das  nebentonige  e  an  kurzer  Stammsilbe 


496 

§460.  oft  genug  als  stumm  behandelt.  Im  12.  Jh.  dauert  es  noch^ 
und  md^  lebt  es  länger  als  obd.  Auch  entgeht  md.  das  e 
der  Endungen  nach  langen  Stämmen  mit  liquidem  Suffix 
ziemlich  oft  der  Verschweigung.  Im  bair.  Bialect  erscheint 
häufig  Apocope  gegen  die  Regel,  indem  das  Endung-e  ohne 
Rücksicht  der  Quantität  der  Wurzelsilbe  als  stumm  behandelt 
wird,  vgl.  bas  :  was  Krone  18723.  nas :  was  7503.  malh: 
enpfalh  Otack.  c.  408.    wund :  Icunt  wGast  3582. 

Nach  einem  Nasal  der  Wurzel  oder  des  Suffixes  schwindet 
in  vulgärer  Rede  die  Endung  -en  oft;  vgl.  Dat.  Sg.  flam :  schäm 
Suchen w.  7,  9.  18,  559.  muom  41,  196.  305.  kon  :  trön 
41,  347.  —  Acc.  Sg.  lan:län  Suchenw.  44,  40.  kon :  gedon 
40,  75.  pluom :  guom  15,  22.  slang :  gevang  18,  301.  —  N.  PL 
gran:man  Ulr.  Wh.  2635. 

Wenn  sich  in  den  Casus  von  vrouwe  nicht  selten  Abfall 
des  n  zeigt,  so  scheint  hier  Übertritt  in  die  st.  Declin.  zu 
geschehen.  Vgl.  u.  a.  Gen.  Sg.  vor  unser  vrowe  tage  Henneb. 
ük.  I,  198.  —  A.  Sg.  juncfrouwe :  Mortenouwe  Staufenb.  991. 
ausser  Reim  die  frouwe  Staufenb.  309.  483.  550.  614.  648.  996. 
Pass.  K.  57,  49.  vrau  Suchenw.  25,  153.  juncvrouwe  Köditz 
C.  48,  6  u.  ö.  Ähnlich  erscheint  der  Dativ  Sg.  von  gema^jsfe,. 
Tischgenossin,  zuweilen  in  der  Verbindung  j^e  gemaiszen 
geben,  nemen  (Wolfd.  B.  55,  3.  Wolfd.  D.  V.  42,  2.  VI.  56,  4) 
in  starker  Flexion.  Häufiger  kommen  von  sunne  st.  Formen 
vor,  vgl.  Haupt  z.  Neithart  62,  35.   Mhd.  Wb.  IL   2,  743. 

Bei  der  Einförmigkeit  der  Endungen  dieser  Declination 
war  es  sehr  natürlich,  dass  der  einzige,  im  Nom.  Sg.  erschei- 
nende Unterschied  angegriffen  ward.  Das  Md.  gieng  dariu 
voran:  schon  im  12.  Jh.  finden  sich  hier  (vgl.  §  461)  die 
Nominative  grevinnen  Rud.  2,  6.  kuniginnen  Rud.  25,  12. 
26,  5.  27,  10.  14.  17.  Vgl.  ferner  die  Reime  des  13.  Jh. 
erden :  werden  Erlös.  1480.  kuneginnen :  sinnen  Elis.  438.  487 ; 
ausser  Reim  kuneginnen  Elis.  410.  553.  658.  7665.  frouwen 
4992.  7614.  8305  und  bei  attribut.  schw.  Adj.  im  Nom.  Sg.  di 
Mren  kunegin  Elis.  367.  Oberdeutsch  kenne  ich  diese  Form 
erst  aus  14.  Jh. :  padstuben  Klosterneub.  Uk.  (1315)  n.  160, 
oft  bei  Suchen wirt,   zb.  flamen  :  zuosamen  Suchenw.  4,  162. 


497 

herben :  merken  20,  156.  pliu>men :  guomen  25,  19.  isungen:  §460. 
jungen  5,  102;   ausser  Reim  leisten  pforten  plähen  salben 
Seiten  wunden  zehen^   Koberstein   qusBst.  Suchenwirt.  II,  40. 

Von  den  Stämmen  in  -ya>^  ist  wenig  erhalten;  in  roere, 
herpfe  (neben  harpfe)  weist  der  Umlaut,  in  krippe,  smitte 
die  Doppelconsonanz  auf  das  alte  j  zurück. 

§  461.  Bei  Suchenwirt  werden  manche  schwache  §461. 
Feminina  stark  flectirt:  nach  Koberstein  quaestion. 
Suchenwirt.  II,  23  albe,  galle,  glocke,  hei,  Urche,  nase,  sunne, 
swarte,  ferner  die  Feminina  in  -ele  und  -ere  (alän  ilän,  arän 
irän).  Es  ist  also  der  später  im  Sing,  zur  Regel  werdende 
übertritt  der  schw.  Fem.  in  die  st.  Decl.  damals  im  bsterr. 
bair.  Bialect  im  Beginn.  Am  frühesten,  schon  im  13.  Jh., 
zeigt  er  sich  ausser  bei  sunne,  vgl.  §  460,  bei  kel,  Haupt  z. 
Neifen  19,  24.  Strauch  z.  Marner  XV,  306.  Über  vrouwe  §  460. 

Schwankender  verhalten  sich  die  starken  Feminina,  bei 
denen  die  Neigung,  schwache  Flexionen  anzunehmen,  nament- 
lich im  Md.  stark  hervortritt.  Kann  doch  für  das  benachbarte 
Niederfiränkische  schon  für  das  9./10.  Jh.  als  Regel  gelten, 
dass  alle  starke  Femin.  auch  schwach  flectiren. 

Die  zahlreichen  Fem.  in  -inne  und  -unge  haben  neben 
den  st.  Endungen  im  Md.  auch  schwache,  zb.  keiserinnen 
(D.  Sg.  :  binnen)  Ebern.  3814.  kuneginnen  (A.  Sg.  :  hinnen 
Herb.  2577.  :minnen  Ea,geri  522.  —  G.  Sg.  Alex.  5416.  — 
G.  PI.  Hildeg.  Geb.  24).  beddelerinnen  Marienl.  42,  3 ;  vgl. 
auch  die  Nominative  Sg.  in  -innen  §  460.  —  beszeringen 
(1251)  Lac.  n,  376.  gebrüchingen  Marienl.  8,  7.  deilungen 
HU.  III,  1168.  hoffenungen  Marienl.  80,  23.  mardelungen 
Friedbi  Kr.  F.  2,  3.  Marienl.  31,  1.  Aus  der  ahd.  Periode 
vgl.  G.  Sg.  samnungun  Ps.  73,  2.  • —  D.  Sg.  samonungun 
Capitul.  23.    inquedungun  Paris.  Virgilgl.  244. 

Von  einzelnen  Femininis  kann  ich  folgende  verzeichneuj 
welche  neben  ihren  alten  starken  Formen  schwache 
in  mhd.,  besonders  in  md.  Quellen  aufweisen. 

bare  .wären  Acc.  Sg.  Alex.  3727.  Dat.  Sg.  En.  9317. 
9364.  Ebern.  3930.  Hartmann  brauchte  im  Erec  die  schw., 
im  Iwein  die  st.  Form,  Lachmann  z.  Iw.  1443. 

Weinholdf  mittelhochd,  Gramm.  2.  Aufl.  82 


498 

§461.  brücke  Alex.  2484.  2513.    Parz.  181,  3.    HU.  I,  540. 

624.  II,  582.  III,  1242.  Im  mfrk.  Legend,  wird  br.  nur 
schw.  liectirt,  Busch  in  Zacbers  Z.  X,  326. 

geburt  D.  Sg.  geburten  Böhmer  253  (1290)  Eberbach. 
Uk.  876.  Höfer  I,  26.  II,  42.  171.  Henneb.  Uk.  II,  53. 
Cd.  Sax.  IL  6,  43.    Lac.  IH,  47. 

erde  Gr.  Sg.  erdun  Friedb.  Kr.  A.  2,  1.  erden  Myst.  I. 
9,  26.  —  Dat.  erden :  werden  Alex.  1454.  7045.  Griaub.  575. 
En.  3433.  Lampr.  Franz.  15.  Konr.  Silv.  511.  Elis.  1898.  2134. 
Erlös.  6039.  —  Acc.  erden :  gebirdin  Ath.  0.  74.  ;  gewerden 
Pilat.  47;  ausser  Beim  Amst.  Ml.  1,  4.  Suchenw.  7,  234. 
41,  1487.  Trebn.  Ps.  o.  Im  mfrk.  Legendär  wird  erde  nur 
schwach  flectirt,  Busch  in  Zachers  Z.  X,  326.  —  In  der 
adverb.  Redensart  üf  der  erden,  üf  erden  häufig  bei  Konr. 
von  Würzburg  (Haupt  z.  Engelh.  43) ;  eer  erden  Parz.  92,  3 ; 
üf  der  erden  (:  werden)  Trist.  8480.  8518.  u.  ö. 

ere  D.  Sg.  eren  Marienl.  59,  28.  Die  schw.  Flexionen 
sind  bei  Personification  der  ^e  beliebt,  vgl.  Ath.  C.  72. 
Erec  9962.  Frauend.  81,  14.  Engelh.  4122.  gSchm.  1874. 
Suchenw.  4,  552.    Trebn.  Ps.  23,  7.  ff.  25,  8.  144,  5. 

vehte  Gr.  Sg.  vehten  :  knehten  Alex.  4049.  vgl  If.  PL 
fehton  gl.  lips.  308. 

vorhte  G.  Sg.  vorten  :porten  Alex.  4782.  D.  Sg.  vorten 
Marienl.  59,  28.  —  Trebn.  Ps.  LXXXV.  —  Im  mfrk.  Legendär 
kommen  nur  schw.  Flex.  von  vorhte  vor,  Busch  a.  a.  0. 

vröude  Trebn.  Ps.  S.  LXXXV. 

gäbe  D.  Sg.  gäven  Marienl.  9,  18.  A.  PI.  gäben: fragen 
Alex.  5384.  —  Trebn.  Ps.  S.  LXXXV. 

gebe  Gen.  Sg.  geben  :  leben  Alex.  3325.  3787.  Vgl. 
A.  PI.  gevon  Ps.  67,  13.  71,  10. 

gimme  über  die  st.  und  schw.  Flexion  dieses  ahd.  nur 
st.  flect.  Fremdworts  W.  Grimm  z.  gSchm.  1795. 

gru'oze  (Anrede)  Marienl.  72,  16.  Trebnitzer  Psalmen 
S.  LXXXIV.  f. 

heide  D.  Sg.  heiden :  sceiden  Alex.  3972.  A.  Sg.  heiden: 
gesceiden  Alex.  4628. 

helfe  D.  Sg.  helfen  Amst.  Ml.  8,  3. 


499 

helle  D.  Sg.  hellen : allen  mfrk.  Legend.  709.  ; wallen  § 461. 
155.    :  gesellen  Lampr.  Franz.  8.  Erlös.  4186 ;    ausser  Reim 
Alex.  6521.    Trebn.  Ps.  S.  LXXXIV. 

Jcetnenäte  A.  Sg.  :  häten  Alex.  5930.    :  beraten  5962. 

hetiney  namentlich  md.  schwach,  vergl.  Rother  1652. 
W.  Grimm  z.  Ath.  A.  143. 

k  ich  er  A.  Sg.  kichirn  :  sichirn  Ath.  B.  8.  vgl.  W. 
Orimm- hierzu. 

kröne  D.  Sg.  krönen  :  Ionen  Alex.  7139.  Marienl.  118, 35. 
—  A.  Sg.  :  scönen  Alex.  3836., 

lüchte  i(.  ^l  Myst.  I.  228,  1. 

mä^^e  D.  Sg.  mäi^en  Elis.  170.  Ludw.  Kr.  5033.  Megenb. 
187,  11.  190,  4  in  formelhaftem  Ü£f  der  mä^en.  Über  die 
adverb.  Formeln  in,  mit  mäisen  im  Karlmeinet  Bartsch  über 
Karlm.  306.  f. 

fiiinnß  G.  Sg.  minnen :  enbinnen  En.  2400.  Marienl.  93, 35. 
Dat.  Sg.  ;  sinnen  Alex.  6369.  Vgl.  femer  Alex.  6381.  Elis. 
968.  1424.  1912. 

müre  D.  Sg.  müren:  füren  Alex.  6707.  :  sturen  6825; 
ausser  Reim  im  m&k.  Legendär  (Busch  a.  a.  0.  326),  Alex. 
1055.  1075.  6825.  Vgl.  auch  Jänicke  z.  Wolfd.  D.  IX.  49,  1. 
Bech  in  German.  XVII,  175. 

naht  Plur.  nachten  Gen.  Acc.  Lac.  III,  595.  —  Acc. 
Sei.  Tr.  69. 

genäde  D.  Sg.  Höfer  I,  2  (1248).  —  A.  PI.  mfrk.  Legend. 
410.  431. 

ouwe  D.  Sg.  ouwen  :  hescouwen  Alex.  1800.  3107.  — 
Suchenw.  25,  10.  102. 

pine  N.  PL  mfrk.  Legend.  694.  —  A.  PI.  ebd.  430.  461. 
Trebn.  Ps.  LXXXIV. 

quäle  A.  PI.  mfrk.  Legend.  745. 

rede  Trebn.  Ps.  S.  LXXXV. 

scelde  Nom.  PI.  Salden  Alex.  6028.  —  Die  personificirte 
Beeide  wird  auch  bei  obd.  Dichtern  schwach  flectirt,  Benecke 
z.  Iw.  1579.  Lachmann  z.  Iw.  4449. 

schände  bei  Personification  schw.  flectirt.  Benecke  z.  Iw. 
1579.  —  MS.  2,172^  Suchenw.  21, 126.  Trebn.  Ps.  S.  LXXXV. 

32* 


500 

§  461.  schar  D,  8g.  scharen :  varen  Alex.  7146.  Karlm.  397,  45. 

398,  47.  :  gevaren  Alex.  5571.  Karlm.  390,  31.  45.  :  sparen 
Alex.  3476.  —  Acc.  Sg.  scharen :  missevaren  Karlm.  441,  44- 

—  Kom.  PI.  scharen  Annol.  416.  —  Acc.  PL  scharen  AnnoL 
424.    :  varen  Karlm.  470,  28.    ibewaren  476,  18. 

sile  G.  8g.  Lampr.  Pranz.  521.    Lac.  n,  744  (1280). 

—  D.  8g.  Tr.  Egid.  260.  1674.  Marienl.  66,  10.  —  Acc.  PL 
Marienl.  99,  27.  vgl.  8chon  Acc.  PL  selun  Ps.  18,  8:  seiUm 
71,  13.  Im  mfrk.  Legendär  erscheint  s&le  nur  schwach,  Busch 
a.  a.  0.  In  alemannischen  Schriften  seit  Mitte  des  13.  Jh. 
tritt  s^le  im  Plur.  gewöhnlich  schwach  flectirt  auf,  vgl.  Jänicke 
z.  Wolfd.  D.  IX.  4,  3.  Haupt  Z.  XVI,  478.  —  Trebn.  Ps. 
8.  LXXXIV.  f. 

sorge  bei  Personification  schw.  flectirt  Engelh.  1941 ; 
Yon  Hartmann  y.  Aue  überhaupt  schwach  gebraucht,  Lachm. 
z.  Iw.  1534. 

spräche  Trebn.  Ps.  8.  LXXXV. 

stimme  D.  8g.  stimmen: innen  Alex.  1649.  —  Trebn. 
Ps.  8.  LXXXV. 

strale  Pass.  H.  40, 11.  Pass.  K.  353, 11.  Myst.  L  224,  2. 

strafe  über  die  schwankende  Flexion  dieses  Worte» 
bei  Veldeke,  Walther  v.  d.  Vogelweide,  Wolfram  v.  Eschen- 
bach (im  Parz.  schwach,  sonst  stark),  Konrad  Fleck,  Konrad 
V.  Würzburg,  in  der  guten  Frau  8ommer  z.  Flore  2961. 

stunde  Dat.  8g.  Vorauer  Kaiserkr.  475, 10.  Marienl.  29, 21. 
Karlm.  31,  52.  56, 43.  —  Acc.  8g.  stunden :  sunden  Alex.  7141. 

sunde  A.  PL  mfrk.  Legendär  294.  —  Trebn.  Psalmen 
8.  LXXXV. 

triuwe  Gen.  8g.  trüwen  Alex.  6381.  treuwen  8uchenw. 
21,  187.    trüen  :  gevlüen  Marienl.  29,  14. 

unde  Alex.  1042.  Pass.  K.  454,  43.   Myst.  L  356,  27. 

—  Nom.  PL  unden  :  sunden  Krolw.  4083. 

vrie  (Liebe,  Liebeswerbung)  G.  8g.  vrien  :  vorisien 
Tristr.  6703.   vgl.  Lichtenstein  Eilhart  LXXXVII. 

wäge  Dat.  8g.  Alex.  7031.  7049.  —  Acc.  8g.  Erlös. 
891,  1018. 


501 

§  462.  ^  §462. 

Stämme  in  -jän  (4  und  -in) 

Sg.  und  N.  A.  PI.  veste  mnster  vestin,  vesten 

G.  D.  PI.  vesten  vinstern  (PI.  im  alem.  Dialect  vestmen) 

AGr.  §  406. 

Die  hergehörigen  Feminina,  in  der  Bedeutung  Abstracta, 
sind  gröstentheils  aus  Adjectivstämmen  gebildet ;  einige  wurden 
s^TjLS  Stämmen  der  1.  schw.  Conj.  genommen,  zb.  ahd.  neri 
toeri  jsferi,  mendin  chilaubin  ursuohnm;  wenige  aus  Sub- 
stantiv stammen,  wie  übervlüge,  übervlüete.  Durch  falsche  Ana- 
logie wurden  diesen  gleich  behandelt  die  aus  -inne  gekürzten 
und  im  Vocal  dann  gedehnten  Feminina  agentis  wie  hünegmj 
her^ogm  u.  s.  w.,  ferner  die  Feminina  bürde  (Belege  der 
schw.  Flexion  bei  Jänicke  z.  Wolfd.  0.  VIII.  3,  4),  lüge,  mül, 
deren  alte  Endung  -ene,  -inä  war,  und  die  Lehnworte  küche, 
sege  mit  der  gleichen  alten  Endung  (coquina  sagena). 

Jene  abstracten  Feminina  wurden  ursprünglich  durch  das 
Suffix  -ja  gebildet,  dem  sich  -n  erst  später  anschloss:  Bopp 
Or.  §  896.  Delbrück  bei  Zacher  Z.  f.  Ph.  II,  401.  J.  Schmidt 
in  Kuhns  Z.  XIX,  293.  f.  Im  Hochd.  (wie  im  Gotischen) 
ist  ja  zu  i  geworden ;  das  Ahd.  zeigt  die  -w-lose  Form  des 
Suffixes  neben  der  durch  -n  erweiterten  in  allen  Casus, 
während  das  Gotische  das  -n  nur  im  iN*.  Sg.  mied,  vgl.  das 
Paradigma  §  457. 

Mhd.  entspricht  der  Endung  i,  welche  im  Ahd.  mit 
Ausname  der  G.  D.  PI.  unverändert  blieb,  die  Endung  e. 
Nur  Gen.  und  Dat.  PI.  unterscheiden  sich  durch  die  Endung 
-en  von  den  übrigen  Casus.  Es  fallen  also  diese  Feminina 
mit  denen  der  alten  starken  A-Klasse  (Stamm  -ja)  zusammen 
und  breite  broede  dürfte  veste  vinster(e)  viuhte  grüene  güete 
herte  hoehe  gehorsame  helte  kerge  mute  ncehe  oede  stcete 
Sterke  stille  süeze  tiufe  tougen(e)  tvite  wilde  im^e  umeste, 
ferner  ner  wer  eer,  bürde  lüge  mül,  unterscheiden  sich 
durchaus  nicht  mehr  formal  von  gerte,  sünde  oder  selbst  von 
jsal  schäm  nar. 

Der  bairische  Dialect  gestattet  sich  auch  hier  starke  Apo- 
cope,  so  dass  ganz  nackte  Stämme  dastehn;  vgl.  die  B^imbelege : 


502 

§  462.  Nom.  Sg.  guot :  tuot  wGast  8372.  suoz :  muoz  14091.  schoen :  hoen 

Helbl.  2, 150.  —  Gen.  gehorsam :  nam  Otack.  c.  46.  —  Dat.  ungehorsam  r 
Adam  Lampr.  Syon  2081.  Helbl.  2,  234.  hoen :  schoen  2,  149.  grüen  : 
hlüen  7,  23.  —  Acc.  toU :  lit  wGast  8995.  suoz :  muoz  7584.  Vgl.  über 
die  starke  Apocope  bei  Sachenwirt  Eoberstein  qaaast.  Sachenw.  11,  26. 

Der  ahd.  Endung  ■4n  entspricht  im  älteren  Mhd.  noch 
erhaltenes  -in.  In  den  geistlichen  Gedichten  des  11.  12.  Jh. 
finden  sich  die  alten  äbulgtn,  ödtn,  prodm,  diemuotm,  ediltn^ 
guotin,  vinsterin,  menegm,  wuostm,  vgl.  Müllenhoff- Scherer 
Denkm.  XXXIX.  13,  2.  Karajan  11,  11.  17.  12,  16.  15,  5.  6. 
20,  23.  25.  21,  5.  23,  23.  25,  10.  39,  14.  Das  Leben  dieser 
Substantiva  im  14.  Jh.  können  die  in  den  Ofltenbarungen  der 
Marg.  Ebner  gebrauchten  bezeugen,  Strauchs  Ausgabe  S.  C. 
sowie  die  unten  folgenden  in  -en  aus  Konrad  von  Megenberg,. 
Für  die  alte  Länge  des  i  zeugen  Heime  des  12.  13.  Jh. : 

finsterin :  sin  Eeinh.  1713.  Freid.  25,  16.  :dm  Lobges.  33,  7.  — 
menegin :  Bin  Grendel  848.  ;  sin  MF.  8,  6.  Lanzel.  5489.  Flore  6538. 
6793.  6997.  7236.  :gesin  Lanzel.  1326.  :künegin  Erec  1699.  :  Mabona- 
grin  9657. 

Auf  schwankende  Quantität  deutet  menigin :  in  Flore  189^ 
Kurzes  i  wird  überhaupt  seit  dem  13.  Jh.  die  Eegel  sein^ 
dafür  zeugt  md.  -en,  nachweislich  u.  a.  in  den  Dativen  vesten 
:  gesten  Alex.  1025.  :listen  1080.  Jcülen :  vülen  Schoneb.  6223. 
tüfelösen :  ndsen  3741.    goden  :  behoden  Karlm.  396,  64. 

Dieses  -en  herscht  auch  im  bairischen  Dialect,  soweit  hier 
diese  Endung  der  Fem.  überhaupt  bewahrt  ward.  Bei  Eonrad 
V.  Megenberg  finden  sich  zb.  Nom.  8g.  vaizten  75,  23.  115,  36* 
fäuhten  9,  27.  kelten  81,  31.  —  Gen.  Sg.  väuhten  313,  4. 
Dat.  Sg.  vaizten  199,  1.  praiten  243,  10.  langen  102,  4.  — 
Acc.  Sg.  praiten  15,  33.  dürren  367,  3.  Sterken  36,  26. 

Besonders  beliebt  sind  aber  diese  Formen  in  -in,  -en 
mhd.  nicht  gewesen;  die  Schriftsprache  und  die  höfischen 
Poeten  zogen  -e  vor.  Nur  in  volksthümlicher,  namentlich 
alemannischer  Sprache  dauerten  die  abstracten  Feminina 
in  'in,  Plur.  -inen  -inan  -ina  bis  in  die  Gegenwart  fort^ 
AGr.  §  406.  407 ;  bairisch  finden  sie  sich  ebenfalls  noch  mit 
unveränderlichem  -en,  BGr.  §  350. 


503 

3.  Schwaches  Neutrum. 
§  463.  §463. 

Stämme  in  -an. 

Sg.  N.  A.  herze 
G.  D.  herzen 
Fl.  durchaus  herzen 

Ausser  herjse  gehören  von  Substantiven  nur  ore  äuge 
wange  hierher;  auch  ome  (Nebenform  zu  ömt  Spreu)  wird 
mhd.  als  schw.  N.  flectirt.  Der  Grund  der  geringen  Zahl 
der  schw.  Neutra  liegt  in  der  Bedeutung  der  Themen  in  -an 
als  Bezeichnungen  lebendiger  oder  lebendig  gedachter  Wesen 
oder  Wesenheiten;  vgl.  schon  Grimm  Gr.  IV,  511. 

Zuweilen  kommen  von  herze  im  Dat.  Sg.  und  im  Plur. 
Formen  ohne  n  vor  und  es  flectirt  dann  wie  ein  st.  N.  in  -ja. 

Vgl.  D.  Sg.  herze  Nib.  A.  135,  3.  Kl.  151.  :  merze  wGast  2091. 
—  N.  A.  PI.  Wemh.  Mar.  183, 9.  Nib.  752,  3.  Ml!\  184,  3.  Walth.  21, 19. 
73,  9.  95,  38.  Greg.  632.  Iw.  6523.  7387.  Trist.  8125.  Augenge  10,  13. 
Frauend.  342,  17;  —  :smerze  Wigal.  270,  40.  Mai  229,  18.  Lampr. 
Syon  3454.  —  Gen.  PI.  Neith.  9,  15.  32,  8. 

Auch  apocopirtes  herz  findet  sich,  obschon  es  noch  nicht 
beliebt  war,  im  13.  Jh.  zb.  Lampr.  Syon  830.  —  Mischung 
von  st.  und  schw.  Endung  im  G.  Sg.  herzens  Colocz.  Cod. 
287,  408. 

Auch  von  ouge  und  wange  finden  sich  jene  in  die 
starke  Decl.  überspringenden  Formen :  ouge  N.  PI.  MS.  1, 164. 
Parz.  Ddg.  18,  11.  —  D.  Sg.  wange  :lafige  Trist.  1304.  — 
A,  PI.  wange  lange  Trist.  1210.    :  lange  Preid.  42,  14. 

ore  tritt  durch  Apocope  des  e  im  N.  A.  Sg.  bei  Baiem 
und  Österreichern  scheinbar  zu  den  st  Neutr.  über,  vgl.  daz 
6r  Kaiskr.  W.  2140.   Wh.  v.  Österr.  20*. 

Umgekehrt  zeigen  st.  Neutra  in  a  und  -ja  mitunter  schw. 
Pluralformen,  vgl.  speren  Alex.  4152.  elementen  Berth.  Pr. 
I.  95,  38.  j.  Tit.  43.  Elisab.  208.  gewerken  (:  merJcen)  Alex. 
1052.  stuJcen  Lac.  III,  358.  meren  Sei.  Tr.  16\  Urkunde 
und  urteil  haben  in  den  Trebn.  Ps.  schwachen  Gen.  PI.,  vgl. 
Pietsch  S.  LXXXiy. 

über  die  Färbung  des  en  in  iw,  an,  on,  un  AGr.  §  408. 
BGr.  §  351  und  oben  §§  81—84. 


504 

n.  Stämme  in  -tar. 

§464.  §  464.     Von   den   Nominibns   agentis   in   -tar   sind   im 

Deutschen  nur  die  Verwantschaftsnamen  vater  bruoder 
muoter  swester  tohter  erhalten.  Mit  Ausname  des  Gen. 
Dat.  PI.  sind  sie  in  der  Regel  flexionslos.  Indessen  traten 
Nebenformen  hinzu,  indem  im  Gen.  Dat.  8g.  Masc.  schon  ahd. 
flectirte  Formen  {vater  es  vater s,  bruoder  es;  vater  e  hruodere) 
aufkommen.  Im  Ahd.  erscheint  auch  ein  Acc.  8g.  faterar^, 
und  im  Plur.  äussert  sich  der  Umlaut  neben  den  unumge- 
lauteten  Formen :  veter  hrüeder  müeter  töhter.  Daneben  kommen 
seit  10.  Jh.  auch  regelmässig  flectirende  N.  A.  PL  vor,  die 
mit  alterthümlichem  und  volksmässigem  Zlange  in  mhd.  Zeit 
obd.  wie  md.  fortdauern:  vatere  vetere,  hruodere  muotere 
tohtere.      Im    Reim    zeigen    diese    flectirenden    Formen    im 

II.  12.  Jh.  Dehnung  der  vorlezten  8ilbe,  vgl.  brüderen  :  zware 
Tr.  Egid.  1338.  Vgl.  über  solche  Reime  Vogt  in  Paul-Br. 
Beitr.  II,  278.  Seit  dem  11.  Jh.  zeigen  sich  namentlich  bei 
muoter  und  swester  auch  schw.  Pluralflexionen  obd.  wie  md., 
vgl.  AGr.  8.  446   und  ripuar.  susteren   Ennen  I,  368.    Lac. 

III,  516.     Selbst   in   den  Gen.  Dat.  Sg.    dringt  obd.  später 

schwache  Endung  ein,  zb.  vatern, 
vater  Sg.  N.  vater 

unflectirt  G.  vateres  vaters,  vatern 

im  Sg.  und  Plur.,  D.  vatere 

nur  D.  Plur.  vatern.  A.  vater 

PL  N.  vatere  vetere  veter 
Gr.  vatere 
D.  vateren  vetern 
A.  vatere  vetere  veter 

Vgl.  AGr.  §  409.     BGr.  §  352. 

III.  Andere  oonsonantisohe  Stämme. 

§466.  §  465.     Zu  den  Nominibus  mit  consonantischem  Thema 

gehörten  ursprünglich   auch  die  Participia  Praesentis 
sowie  die  Substantiva,  die  aus  diesen   gebildet  wurden.     Zu 
dem  consonantischen  Suffix  trat  aber  allmählich  das  Suffix  -a 
oder  -ja,   wodurch  die  abweichende  Declination  dieser  Parti-  ^ 
cipialsubstantiva  schwand. 


505 

Von  den  hierher  gehörigen  mhd.  Masc.  zeigt  vriunt  §466. 
(md.  vrunf)  noch  die  Spur  der  alten  Absonderung  -  von  den 
Tocalischen  Stämmen  durch  die  nicht  selten  flexionslosen 
N.  A.  PL  vriunt  md.  vrunty  zb.  Alex.  4289.  Rol.  93,  1.  Ernst 
A.  1,  22.  .  Eilh.  Tristr.  8595.  Nib.  155,  3.  1338,  3.  Trist. 
3952.  11350.  Parz.  187,  30.  Freid.  95,  18.  178,  10.  Waf^ 
nung  65.  Lampr.  Franz.  2627.  2637.  Pass.  K.  36,  7.  In  den 
Trebnitzer  Psalmen  kommt  vrunt  nur  flexionslos  vor,  Pietsch 
S.  LXXXVIII. 

Dagegen  sind  vlent,  heilant,  wigant  meines  wissens 
durchaus  den  Masc.  in  -a  gleich  geworden.  Ein  Rest  alter 
pronominaler  Declinationsweiso  kann  der  Acc.  Sg.  den  mganden 
sein,  der  Elisab.  153  im  Reim  zu  landen  erscheint,  welcher 
«ich  also  dem  alten  Acc.  trohtinen  BGr.  §  353,  ebenso  wie 
mannen  zur  Seite  stellt. 

§  466.  Zu  den  consonantischen  Stämmen  gehörte  auch  §466. 
das  Masc.  man.  Schon  im  Gotischen  tritt  aber  ein  schw. 
Nom.  Sg.  (manna)  hinzu  und  im  Ahd.  werden  die  älteren 
flexionslosen  Formen  von  den  nach  Analogie  der  a-Stämme 
gebildeten  begleitet.  Dazu  kommt  ein  pronominal  flectirter 
Acc.  Sg.  mannan,  Mhd.  ist  dies  fortgeführt,  und  hier  findet 
sich  seit  14.  Jh.  auch  ein  schw.  N.  A.  PL  mannen  hinzu,  seit 
15.  Jh.  ein  durch  das  neutrale  Suffix  -er  gebildetes  menner. 
Von  dem  pronominalen  Acc.  Sg.  zeigen  iemannen  Vor.  Ged. 
308,  25.  niemannen  Fundgr.  IL  56,  40.  Lampr.  Franz.  3444. 
niemanen  Lampr.  Fr.  1517.  niemenen  ebd.  34  (wie  die  Hand- 
schrift gegen  den  Versbau  sezt)  Spuren. 

Ausserdem   ist  zu    erwähnen   die   Accusativform   in   -e: 

niemanne  Glaube  2617.    Alex.  4970.  Nib.  D.  1713,  4.    nie- 

mene  Nib.  C.  2074,  4. 

1)  man  2)  N.  man 

unflectirt  G.  mannes 

D.  manne 
A.  man  (mannen,  manne) 

PI.  N.  A.  manne  (mannen)  {menner J 
G.  manne 
D.  mannen 


506 

§466.  Vgl.  Mhd.  Wb.  n.  1,  30.     Lexer  Wb.  I,  2021.     AGr. 

§  410.   BGr.  §  353. 

Tiber    die    Stammunterschiede    von    man    stellten    Ver- 
mutungen auf  Delbrück  in  Zachers  Z.  f.  d.  Fh.  II,  406   and 
H.  Kern   de  verbuiging   van  mar^  in't  gotisch,   im  Taal-  en 
Letterbode  V,  1 — 9. 
§467.  §  467.     Yon  den  Femininis,  die  im  Gotischen  zu  den 

consonantischen  Substantivstämmen  gehörten  {alhs,  baürgs, 
hrusts,  dulßs,  mitapSy  miluks,  nahts,  spaürds,  vaihts,  vgL 
TL  Jacobi  Untersuchungen  über  die  Bildung  der  Nomina  in 
den  german.  Sprachen  S.  4.  ffi)  zeigen  mhd.  nur  naht  und 
brüst  noch  Erinnerungen  der  alten  Declinationsweise,  während 
burc  und  wiht  durchaus  zur  I-Klasse  übergetreten  sind. 

naht  hat  nämlich  zu  den  regelmässigen  Formen  eines 
i- Stammes  folgende  Nebenformen: 

G.  Sg.  nahte  Mb.  BC.  943,  1.  —  Dat.  Sg.  nachte :  brachte  Tristr. 
4897.  ;  erwachte  Rol.  244,  32.  — •  PI.  N.  naht :  endaht  Herb.  8125. 
:  gemacht  Ludw.  Kr.  5003.  —  Gen.  nähte :  wahte  Steinmar  MS.  2,  208^. 
—  Dat.  nahten  :ähten  Herb.  1245.  :hrahten  Tristr.  523.  :bedahten 
Wierstr.  1982.  :  mähte  Roth.  3872.  tmnahten :  trahten  Tanhäuser  MS. 
2, 66*».  nahten  Nib.  A.  1420, 3.  Leyser  Pr.  33, 10.  Höfer  H,  1.  Lac.  H,  515. 
vierzennachten  Hess.  U.  I,  288.  Lac.  HI,  187.  392.  627.  657.  —  Acc.  PL 
naht :  hedaht  En.  9719.  Greg.  761.  :  mäht  MF.  126,  21.  Lanz.  1834. 
Tri8t.2435.livl.  Kr.  6244.  .-^remacÄetTKr.  23080.  Ludw.  Kr.  7537.  :  sprach 
Roth.  564.  —  naht  Müst.  2,  11.  nähte  Parz.  G.  592,  2.  In  der 
accusat.  Fristbestinmiung  ist  näht  gradeza  formelhaft,  vgl.  die  oben 
gegebenen  Reimbelege  und  ausser  Reim  Parz.  795,  13.  Iw.  2763.  Myst. 
I.  6,  4  und  oft  in  Rechtsschriften  des  14.  15.  Jh.  —  Der  adverbiale 
G.  Sg.  ndhtes,  des  n.,  eines  n,  ist  Analogiebildung  nach  tages,  äbents, 
morgens.  Beachtenswert  ist  unadverbiales  des  nahtes  krefte  MS.  1,  37*; 
femer  mit  Attribut  des  selben  nachtes  Rud.  28,  3.  Bari.  282,  23.  des 
andirn  des  drittin  nachtis  Germ.  XV,  347.  des  vinstern  nahtis  Hartm. 
Büchl.  1,  1503.  eines  heüegen  nähtes  Bonus  63.  Hier  ist  naht  zu  dem 
Masc.  übergetreten. 

Von   brüst  führen  wir  Eeimbelege   für   unumgelautete 

flectirte  Formen  auf: 

D.  S.  brüste :  huste  Flore  801.  :  gdtiste  Flore  2765.  —  D.  PL 
briisten :  kitten  Erec  9113.  Flore  700.  :  kusten  (=  kuste  in)  Erec  5757. 
Trist.  14164.  MSH.  2, 180».  —  A.  PL  brüste :  kuste  Erec  6792.  Kind.  88, 13. 
HTrist.  4578.  :  luste  Er.  9311.  Ernst  B.  3147.  —  Ausser  Reim  vgl.  den 
endungslosen  A.  PL  brüst  Parz.  35,  30.  trKr.  538.  Wackem.  Pr.  64,  81. 


507 

C.  IDedination  der  DSügenrLaxaen. 
§  468.      Die    Personennamen    werden    nach    ihren  §468. 
Themen  stark  oder  schwach  flectirt. 

Masculina 
Ludetoic  Otte 

Ludewiges  .  Otten  (Otte) 

Ludemge  (-toic,  -toigenj  Otten  (Otte) 

Ludewigeny  -tote  (wige)  Otten 

Femininum 

Hütgtmt  üote 

Hütgunde,  -gunt  (-gundenj  üoten 

Hütgunde,  -gtmt  (-den)  Voten 

Hütgunt,  -gunde  (-den)  üoten  (üote) 

Bemerkungen.  Neben  dem  flectirten  starken  Dativ 
kommt,  wie  bei  den  Masc.  in  -a  überhaupt,  auch  die  flexions- 
lose Form  vor,  zb.  Ludewic,  Kuonrät,  Karl;  ausserdem  aber 
auch  die  schwache  Endung,  vgl.  Hiltebranden  :  handen  Virgin. 
109,  6.  Stfriden  Nib.  581,  4.  GSrnoten  147,  4.  Alpharten 
Alph.  15,  4.  —  Umgekehrt  zeigt  sich  bei  den  consonantischen 
Stämmen  zuweilen  im  G.  D.  A.  Abstoss  des  n,  also  scheinbar 
starke  Flexion:  Gen.  Hagene  Nib.  A.  1221, 1.  Hagen  ebd.  Jh. 
—  Dat.  Hagene  Nib.  0.  647.  1446.  —  Acc.  Hagene  Nib.  A. 
1019,  4.    Hagne  Nib.  A.  1965,  4. 

Die  Masculina  in  -ele  {-ilan)  treten  zuweilen  ganz  in  die 
st.  Declination  über,  vgl.  Gen.  Hetels  Gudr.  552,  4.  —  Dat. 
Et^ele  Nib.  1314,  4.  —  Acc.  Wet^ele  Ernst  A.  II,  35.  Et/s^d 
Nib.  1150,  2.  1155,  2. 

Verbindung  st.  und  schw.  Endung  erscheint  im  Gen. 
Watens  Rol.  266, 19.  Ottens  Arch.  f.  Unterfranken  XI.  2, 34.  74. 

Der  Acc.  der  st.  Masc.  geht  oft  in  -en  aus,  worin  nach 
der  ahd.  Endung  -an  (Aoträtan,  Adalhohan)  zu  urteilen,  die 
pronominale  Accusativflexion  zu  sehen  ist.  Belege:  Wolf- 
raten  :  dräte  Roth.  3609.  Hademären  :  marcgräven  ebd.  2942. 
Dietmaren :  wären  Krone  2439.  Kuonräden :  genauen  Silv.  82. 
Bdianden : handen  Karlm.  368, 57.  Bdharden  :  warden  266, 53. 
Engelharten :  garten  Engelh.  2958.  Otacheren  Vor.  Kaiskr. 
432,  9.  Nitig^en:  meren  Virgin.  816,  3.  Ludewigen  :  ligen 
Elis.  4562.    Dietrichen :  geliehen  Virg.  462,  3.    Helferichen : 


508 

§468.  glichen  Virg.  253,  8.  Friderzchen  :  lobelichen  Elia.  4554. 
Morolden. :  vergolden  Tristr.  549.  Ymelotin  Rother  2812. 
Luppoldin  :  woldin  Rother  4163.  Leopolden  Vorauer  Kaiskr. 
514,  14.  Karlin  Tr.  Egid.  1180.  —  Ausserdem  begegnet  in 
bairischen  und  mitteldeutschen  Schriften  der  Acc.  in  -e :  Diet- 
riche Nibel.  2263,  2.  Büedegere  2267,  2.  2271,  3.  Hildebrande 
2278, 4.  Engelwäne  Hildemäre  Gunthere  Rüedegere  Nantmne 
Welsunge  BGr.  §  354.  Haupt  z.  Neith.  54,  32.  Md.  Belege 
sind  Heinriche :  riche  Annol.  632.  Alhrechte :  gerechte  Jerosch. 
25197.  Cunräte :  dräte  3420.  Ludewige:  stige  25532.  Bertolde 
:  solde  Jerosch.  16589.  Manegolde :  solde  17361.  Luppolde 
Roth.  3672.  Ymelote  ebd.  2901.  Lodewige  Höfer  I,  5  (1261). 
Arnolde  Sebrehte  Wigande  I,  6.  Godarde  Lac.  III,  404. 
Gotisberte  Myst.  I.  154,  7. 

Die  st.  Feminina  sind  nach  Art  der  i-Stämme  im  G.  D. 
flectirt  und  unflectirt.  Im  Acc.  kommt  neben  der  regelmäs- 
sigen flexionslosen  Form  auch  die  auffallende  Endung  -e  vor, 
worin  Grimm  Gr.  IV,  464.  Anm.  eine  adjectivische  (prono- 
minale) dem  männlichen  Acc.  ^en  parallele  Flexion  zu  sehen 
geneigt  war;  vgl.  Kriemhilde  Nib.  65,  4.  332,  3.  608,  3. 
Prünhilde  Nib.  330,  4.  376,  4.  Sigelinde  Kl.  62.  Kunigmde : 
munde  Ebern.  1304.    ;  stunde  1373.   Irmgarde  Lac.  III,  990. 

Im  Gen.  Dat.  Acc.  der  vocal.  Stämme  kommen  zuweilen 
schwache  Flexionen  vor:  Gen.  Herräten  Kl.  1144.  Hilden 
Alex.  1677.  Sigelinden  Nib.  178,  4.  Hedetoigen  Cd.  Sil. 
IX,  257.  -  Dat.  Brünhilten  Kl.  1637.  Friderünen  Lac. 
III,  797.  —  Acc.  Kriemhilden  Nib.  49,  4.  Kl.  35.  Mech- 
tilden  Höfer  I,  5.  6  (1261). 

Dagegen  treten  die  schw.  flectirenden  weiblichen  Namen 
zuweilen  in  die  st.  Declination  über :  Acc.  üote  :  muote  Virgin. 
592,  10. 
§469.  §  469.     Die  fremden  Personennamen   werden 

I)  unverändert  in  ihren  Formen  beibehalten,  zb.  Thymoteus : 
sus  K.  Silv.  166.  Tarquinid:d6  224.  2)  umgestaltet:  a)  die 
Nominativform  wird  leicht  geändert,  zb.  Philippes  Walth. 
19,  17.  Tarquines  Ath.  A**  46.  hiemach  auch  Adämes  (:  ge- 
tanes Angenge  15,  44).    Jöhans,  Gedris:prts  Georg  188.  — 


509 

mit  schwacher  Endung  Honorie  Lampr.  Fr.  1457.  Fran^iske  §46ft. 
ebd.  2089.  Beätrlse  Rud.  17,  20.  b)  die  fremde  Endung  wird 
ganz  abgestossen,  zb.  Mertm,  Constantin,  Geöri,  Hönori, 
Priani  (;  nam  En.  990),  Johan,  Bartelme  —  Eisehe  (;  we 
Marienl.  72,  23),  Kristin,  Katrt  (:  frt  Otack.  c.  644).  Eine 
Zusammenstellung  der  Formen  der  fremden  Namen  im  Alexander 
(Strassb.  Hs.)  gab  Kinzel  in  den  Hallischen  Beitn  z.  deutsch. 
Philol.  S.  65.  f. 

Die  Flectirung  geschieht,  so  fern  sie  eintritt,  ganz  in 
Art  der  deutschen  Eigennamen : 

Masc.  Gen.  Danusis  Alex.  2395,  Bariesis  2592,  Baries  2577- 
Paulses  Tr.  Silv.  224.  Cristis  Annol.  536.  Maternis  544.  Scdomönes, 
Moysesis  Wernh.  v.  N.  16,  19.  Orphees  Trist.  4788.  Äheles :  des  Angenge 
20,  47.  Pompejis  Annol.  459.  Petiris  Annol.  546.  Petris  Tr.  Süv.  320. 
Petirs  224.  —  Barten  Alex.  1938.  2663.  Poren  4535.  Geörien,  Jansen, 
Mauricien.  —  Dat.  Artuse,  Jesuse.  Tristande  :  lande  Trist.  8605. 
Petre,  Athise  :  prise  Ath.  D.  85.  Aimöne  :  löne  A**  56,  Jasone  :  me 
Herb.  234.  Ectore  :  e  Herb.  5749.  :  me  5004.  Paride :  we  2764.  Püäte 
:  dräte  Pass.  H.  85.  71.  —  Baviden :  strtden  Pass.  H.  5,  65.  Püäten  : 
verraten  ebd.  87,  49.  Iwänen,  Alexandren,  Phüipsen,  Bönifacien.  —  Acc. 
Andren  :sten  Otack.  c.  381.  Abrahamen :  sämen  Pass.  K.  2,  65.  Micha- 
helen:  seien  Eoth.  4437.  Ebern.  1119.  Jaco6eti :  o&cw  Lampr.  Syon  3637.. 
:  toben  Pass.  H.  262,  88.  Sethin :  hßtin  Angenge  21,  45.  AchiUen :  willen 
Herb.  11908.  Tristanen :  vanen  Ulr.  Trist.  146.  Tristanden :  behanden^ 
Trist.  2174.  :  toiganden  Tristr.  629.  Tarquinin  :  sinin  Ath.  A*  99- 
Constantinin :  minin  Eoth.  4639.  Partonopieren :  fieren  Partonop.  494. 
Xersen :  den  Alex.  103.  AncMsen :  vnsen  En.  3579.  Biomsin  -Äsen  Ath.  B. 
109.  Eväsin :  Pröphiljdsin  Ath.  D.  49.  Erecken :  flecken  Erec  7036.  Neren 
:  eren  Mor.  Craon  134.  —  Johanne  Andriese  Gyliise  Höfer  I,  6  (1261). 
Artuse  Parz.  218,  7.  Baxdlige  Parz.  50,  20.  Sälomdne :  kröne  MF.  66, 16. 
Tristra/nde :  lande  Tristr.  1360.  :hande  Heinr.  Trist.  2605.  Eneäse: 
genäse  En.  1372.   Mertine :  Iteddine  Jerosch.  14534. 

Fe  min.  Gen.  Blansseflüres  Floyris  165.  Entten :  striten  Parz, 
187,14.  Marien,  Elizabeten,  — "Dat.  Jsote:^ewo*e  Trist.  8256.  Isolde 
:  golde  Trist.  8218.  Blanscheflüre :  äventüre  920.  —  Gaytin :  sitin  Ath, 
D.  79.  Blancandinen :  pinen  Karlm.  263,  17.  Bidön :  Ion  En.  801. 
Bidnen.  Clauditten :  mitten  Pai'z.  390,  23.  Ernten,  SibiUen,  Sigünen : 
brünen  Tit.  36,  1.  —  Acc.  Isöte :  röte  Trist.  10893.  Isolde :  solde  15388. 
Blanscheflüre :  äventüre  Trist.  1608.  —  Blanschefluoren :  vuoren  Trist, 
806.  Liäzen:mäzen  Parz.  188,  4.  Meliüren :  trüren  Partonop.  11781. 
Beätrisen  Eud.  17,  16.  Gäytin  Ath.  D.  43.  Kam^Unen :  schinen  HTrist, 
4429.  Cardjonesin :  wesin  Ath.  E.  9.  —  G.  PL  Isolden :  walden  Parz, 
187,  19.  —  Vgl.  AGr.  §  411.   BGr.  §  335. 


510 

§470.  §  470.     Die  deutschen  Ortsnamen   haben  die  Decli- 

nationsart  ihres  zweiten  Compositionstheils.  Dativische  Namen^ 
wie  Hüsen,  Oieisen,  Bergen,  Steten,  die  patronym.  Bildungen 
in  'ingen,  die  Zusammensetzungen  mit  hüsen,  lären,  steten, 
bergen  bleiben  unverändert.  So  bleiben  auch  die  aus  dem 
D.  Fl.  der  Volksnamen  gebildeten  Landnamen  wie  Bür- 
genden Franken  Kriechen  Sahsen  Swäben  unverändert, 
nachdem  überhaupt  aus  der  dat.  Verbindung  £^e  Burgonden 
jse  Franken  u.  s.  w.  sich  ein  nominativisches  Burgonden 
Franken  gestaltet  hatte;  Grimm  Gr.  I,  779.  f.  III,  420.  Bei 
den  Ortsnamen  hat  der  Dativ  locative  Eunction  übernommen. 

Fremde  Ortsnamen  mit  consonantischem  Schluss  werden 
gewöhnlich  nicht  flectirt,  zb.  Meilän  Karidol  Jerusalem  Ähers. 
Doch  kommt  auch  dativ.  Flexion  vor,  zb.  von  Arie,  zö  Con- 
stantinopole  {:  borge  Rother  4025),  in  Wormee,  Babüone. 
Zuweilen  schwindet  dabei  auslautendes  n,  zb.  von  Babilö :  da 
Ludw.  Kr.  35. 

Es  sei   auch  der  Umschreibungen  gedacht:   diu  stat  ze 

'     Borne,  —  ze  Paris,  —  an  Merän,    Mhd.  Wb.  II.  2,  600^ 

Manchmal  wird  die  fremde  Flexion  beibehalten :  in  Babüonia 

Alex.  3412.  von  Damasco :  Babüo  Ulr.  Wh.  3595.  zu  Hiero- 

solymis :  gewis  3546.   ze  Cesaream  Alex.  448. 

Fremde  Namen  mit  langem  Vocal  im  Auslaut  bleiben 
unverändert,  zb.  Aglei,  Preslä,  Ninive. 

Die  fremden  Namen  mit  e  im  Schluss  werden  wie  deutsche 
weibliche  Namen  in  -e  behandelt  und  entweder  stark  oder 
schwach  flectirt: 

st.  von  Beme,  von  wöster  Babüonie  :  konige  Bother  8764,  von 
Troie  Annol.  349,  von  Kolne,  von  Hetze,  ze  Bdbene,  ze  Barne,  ze 
Wiene,  —  schw.  von  Sodomorren  :  gorren  md.  Mar.  Himmelf.  1374. 
von  Bahilonjen  Myst.  I.  229,  2.  zö  Coelnen  Sei.  Tr.  229**.  von  Hetzen 
Nib.  9, 2.  gein  Hetzen  Hü.  1, 616.  zu  Hegenzen  HU.  H,  718.  von  Hegnzen 
HL,  1012.  von  der  alten  Troien  Virgin.  149,  12.  von  Tyren  Alex.  1268. 
zu  AUxomdrien :  vHen  Pass.  H.  330,  30.  ze  Wienen :  dienen  Helbl.  4, 151. 
:niemen  Kl.  C.  2903.  —  Nach  Analogie  hiervon  findet  sich  auch  ci 
Trierin  Annol.  555.  van  Trieren  Höfer  I,  2.  van  Wormezen  Hü.  H,  721. 
zu  Wormzen  H,  857. 


511 
II.  Die  pi*oiioiiiiiia.le  II>eclina.tioii. 

A.  Die  lE^onoinirLa. 
1.  Persönliohe  Fronomina. 

Über  das  etymologische  des  gescMechtlosen  pers.  Pronomens  1.  2.  Person 

Bopp  Vgl.  Gr.  §§  326-340.    Bugge  in  Kuhns  Zeitschr.  IV,  241--256. 

Leskien  Declination  im  Slav.  lith.  und  Germ.  138.  ff.  162.  ff.    Scherer 

zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache  2.  A.  S.  333—381. 

Pronomen  erster  Person. 
§  471.  §471. 

Sg.  ich  G.  min  (mines,  minerj    D.  mir  (mi)      A.  mich 

PL  wir  (wi)    G.  unser  D.  unses  uns    A.  unsih  uns 

Für  ich  wird  im  12.  Jh.  noch  öfter  ih  geschrieben;  im 
NW.  kommt  auch  ig  vor,  gemäss  der  dortigen  fricativen  Aus- 
sprache des  g  nach  i :  zb.  Arnst.  Ml.  5,  2.  ff.  Ernst  A.  Morant 
66.  90.  Lac.  H,  506.  Höfer  I,  29.  —  Durch  Tonentziehung 
schwächt  sich  ich  zu  unbestimmtem  ech,  das  sich  enclitisch 
dem  vorangehnden  Wort  eng  verbindet,  zb.  dlsech  Roth.  219, 
sagech  635  oder  das  sich  mit  vorausgehndem  Yocal  verschmilzt: 
diech,  wiech  Walth.  119,  19.  28,  4.  Proclitisch  verschmilzt 
es  mit  engfolgenden  vocalisch  anlautenden  Pronominalformen, 
zb.  ir  =  ich  ir  Parz.  Gr.  269,  22 ;  «>  =  ich  e^  Herb.  400 ; 
is  =  ich  es  Herb.  12393 ;  iu  =  ich  iu.  Auch  mit  folgender 
Negation  verschmilzt  es :  ine  in  =  ich  ne.  Ein  epithetisches, 
heute  noch  in  vulgärer  Rede  mit  accentuirtem  Laut  erhal- 
tenes e  erscheint  in  iche :  Frideriche  Jerosch.  17907.  .-Hein- 
riche ebd.  9800. 

Zu  dem  Gren.  min  findet  sich  seit  dem  12.  Jh.  die  Nebenf. 
mines,  aber  nicht  selbständig,  sondern  verbunden  mit  selp 
oder  einem  Substantiv:  mines  selbes  Up  Alex.  2610.  6136. 
Roth.  197.  Glaub.  2183.  En.  G.  2263.  H.  569.  6188.  11537. 
mines  selbes  Uchame  Glaube  993.  mines  armen  man  Roth. 
4419.  vorsigilt  mit  mins  Hermannis  insigile  Henneb.  tJ.  II, 
110  (1346).  Es  ist  deutlich  der  Gen.  des  Possessivs:  min 
selp,  min  armer  man,  min  Uerman  sind  Umschreibungen 
für  ich,  ich  armer,  ich  Herman.  Am  frühesten  kommt  diese 
auch  in  den  andern  Personen  nachweisliche  Umschreibung  bei 
Otfried  vor:  iues  selbes  wort  Salom.  12.  iues  selbes  guati  15. 


512 

§  471.  Sie  ist  besonders  md.  entwickelt,  aber  auch  obd.  seit  Anfang' 
des  13.  Jh.  nachweislich;  vgl.  darüber  H.  Rückert  z.  wGast 
12541.  .Grimm  Gr.  IV,  358  und  im  Reinh.  Fuchs  S.  274.  Im 
Mnl.  hat  sich, mijns  als  selbständige  Genitivform  festgesezt. 
Neben  diesem  rnmes  erscheint  auch  miner ^  ebenfalls  zunächst 
mit  selp  possessiv  verbunden :  miner  selbes  MS.  2,  22**  (Winli)^ 
dann  aber  im  14.  15.  Jh.  auch  selbständig :  meiner  Suchenw. 
44,  20.  miner  Sei.  Tr.  16*.  minre  25*.  miner  Harff  116,  28. 
von  minerwegin  Köditz  57,  28.  Wir  haben  wol  diese  femi- 
nine Form  nur  auf  jüngere  Ausdehnung  des  Gebrauches  des 
possessiven  Gen.  für  den  persönlichen  zu  bringen,  wobei  der 
Geschlechtsunterschied  verwischt  ward. 

Der  Dativ  mir  kann  durch  Tonentziehung  zu  mer  ge- 
schwächt werden,  doch  weisen  md.  Quellen  selbst  an  betonter 
Stelle  m^r  auf,  zb.  Rother  215.  517.  1987.    HU.  I,  1211. 

Tiber  Dehnung  und  Bindung  von  mier  mit  -ier  §  45 
und  BGr.  §  357. 

In  dem  nördlichsten  Strich  des  ripuarischen  Dialecta 
und  im  thüringischen  erscheint  neben  mir  auch  die  im  Nd. 
herschende  Form  mi: 

mi  Alex.  6094.  Eother  2670.  4174.  :  U  Servat.  1271.  Anselm  394. 
:8%  Karlm.  90,  13.  537,  2.  Anselm  162.  —  mi:d  M^H.  2,  23*.  Jungfr. 
sp.  179.  nyy  Kath.  sp.  161.  166.  mie :  hie  Bartsch  Md.  Ged.  I,  842. 
mie  Höfer  I,  23.  —  Vgl.  über  mir  als  die  eigentlich  mittelfränk.  Dativ» 
form  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  391.  f.  Behaghel  Eneide  TiXXXTTT. 

Aus  dem  Thüringischen  kam  mi  in  das  Ostfränkische: 
schon  Würzburger  Beichte  (Dkm.  LXXVI,  20)  steht  es,  ferner 
aus  14.  Jh.  in  Henneb.  U.  I,  57.  II,  104. 

«  Zu  diesem  Dativ  werde  angemerkt,  dass  im  Md.  bei  den 
reflexiv  gebrauchten  Zeitworten  des  empfindens  und  sinnena 
der  Dativ  (nicht  bloss  der  Acc.)  des  Personalpron.  verwant 
wird,  zb.  ob  ich  mer  rehte  versinnen  kan  Rother  259.  du^ 
müst  mir  imer  rüwen  Alex.  3644.  unde  läget  ü  rüwen- 
darum  mit  trüwen  Alex.  4411.  ob  eu  ewere  sunde  werlich 
,  rewent  Haupt  XIX.  186,  27  (in  einer  aus  md.  Quelle  stam- 
menden bajuvarisirten  Predigt),  mine  wunden  smerz&nt  mir 
sere  Alex.  3695.  Vgl.  über  md.  Dativ  für  Accus.  Kinzel  in 
Z.  f.  d.  Phil.  XI,  77. 


513 

Accus,  mich  herscht  durchaus;  nur  im  thüring.  Katha-  §471. 
rinensp.  167  findet   sich   die  nd.  Form  mi  :  6?,   die  selbst  in 
Kölner  und  jülichschen  Schriften  fehlt. 

§  472.  Plur.  Nom.  wir,  in  tonloser  Stellung  zu  wer  §472. 
geschwächt;  md.  zuweilen  auch  an  betonter  Stelle  wer,  zb. 
Eoth.  1057  oder  später  mit  w  für  w;  mir,  ^ner  §  183,  zb.  im 
Alsfeld.  8p.  sehr  oft.  —  Im  Thüringischen  und  Ostfränkischen 
ist  wi  (welches  nd.  herscht)  nicht  selten;  in  ripuarischen Schriften 
begegnet  es  nur  einzeln,   und  stammt  aus  dem  nfränkischen. 

thüring.  wi  Höfer  I,  24.  26.  U,  13.  171.  Mülh.  E.  27.  46. 
Cd.  Sax.  U.  8,  23.  Kath.  sp.  165.  Köditz  50,  16.  51,  16.  74,  24.  75,  6. 
wy  Jungfr.  sp.  173.  u.  o.,  Kath.  sp.  164.  f.  Henneb.  ü.  U,  148.  —  tm€ 
gr.  Eud.  12,  8.  14,  20.  Höfer  I,  22.  23.  24.  U,  18.  41.  42.  68.  74.  75. 
119.  142.  Zeizer  Urk.  (Bech  I.  a.  1322).  Kath.  sp.  165.  Henneb.  ü.  U,  50. 
tüye  Höfer  I,  27.  geschwächt  we  Jungfr.  sp.  174.  —  ripuar.  tt;te  Koth. 
510.  2824.  wi  Litan.  S.  792  (Spur  des  ripuar.  Schreibers),  wy  :  vry 
Wierstr.  2770.  ischrij  2630.  Im  Floyris  gehn  wie  und  wir  neben- 
einanderher, im  mfränk.  Legendär  kommt  nur  wir  vor. 

Im  Gen.  Dat.  Acc.  sind  obd.  seit  Ende  des  13.  Jh.  neben 
den  gewöhnlichen  Formen  die  umgelauteten  imser  uns  uns 
nachweislich,  AGr.  §  412.  BGr.  §  357.  Für  den  Genit.  werde 
noch  unsere  mfrk.  Legend.  313  erwähnt. 

Für  den  Dat.  ist  die  alterthümliche  Form ^)  unsis  Fundgr. 
IL  28,  23.  unses  Griesh.  Pr.  I.  124,  1  zu  bemerken.  Im 
übrigen  herscht  uns.  —  Beim  Wilden  Mann  erscheint  nd.  üs 
im  Reim  auf  sponsus  Wemh.  v.  Nrh.  46,  13. 

im  Acc.  ist  das  alterthümliche  unsih  neben  uns  bis 
Ende  des  13.  Jh.  nachweislich,  wenn  es  auch  im  13.  Jh. 
immer  seltener  wird.     Es  haftet  obd.  fester  als  md. 

unsih  Alex.  5007.  5165.  Glaube  566.  622.  722.  852.  2595  u.  ö. 
unsich  Fundgr.  11.  59,  19.  80,  38.  Windb.  Ps.  durchaus.  Müst.  128,  5. 
Vorauer  Ged.  10,  ^4.  42,  2.  64,  24.  101,  9.  315,  7.  Joseph  277.  Kother 
504.  1222.  2768.  2894.  4058.  4130.  4402.  Trierer  Egid.  1642.  1676. 
Wack.  Pr.  7,  30.  70,  12.  74,  15.  Parz.  D.  121,  6.  Wüh.  122,  6.  124,  23. 
142,  7.  unsich :  gelich  MSH.  2,  179*>  (Zweter).  unsich  MSA.  128.  MS. 
2,  63b.  171».  174''.  194^  Geschichtfr.  8,  20  (1283).  Über  die  ün  Verse 
und  im  Beim  (MSH.  2,  179^)  gebrauchte  Betonung  misih  Scherer  z. 


^)  Dieselbe  darf  also  nicht  für  ein  ausschliesslich  ostgermanisches 
Kennzeichen  erklärt  werden. 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.   2.  Aufl.  33 


514 

§  472.  Denkm.  XXXIV.  2,  8.  —  unsech  Fnndgr.  n.  22,  41.  Vorauer  Ged.  44,  1. 
Bened.  Pr.  124.  148. 

Die  gewöhnliche  mhd.  Form  des  Acc.  uns  reicht  bis  in 

das   9.  Jh.   hinauf:    sie  steht   schon    im  Augsburger   Grebet, 

Müllenhoff-Scherer  Denkm.  XIV,  3. 

Pronomen  zweiter  Person. 
§473.  §  473. 

Sg.  N.  du  du    G.  dm  (dines.  dinerj    D.  dir  (di)    A.  dich 
Dual  ez  enk  enk 

PI.  ir  iuwer  (üwer)  iu  (ü)  iuwih  iuch  (üchj 

Vgl.  über  die  zu  Grunde  liegenden  ViTurzeln  Bopp  Gr.  §340. 

du  ist  ursprünglich  kurz;  die  alte  Kürze  erhielt  sich 
auch  noch  zuweilen,  zb.  im  Beim  du'n  :  sun  Engelh.  1670. 
trEr.  4922.  6620.  Tonlos  schwächt  sich  du  bis  zu  de,  nament- 
lich in  Anlehnung,  vgl.  doMe  Hartm.  B.  1,  1375.  wüte  Farz. 
475,  26.  Wülste  49,  29.  — -  Gedehntes  du  ist  häufig  und  wird 
auch  im  Reim  auf  ü  gebraucht.  Eine  obd.  Nebenform  ist  duo 
vgl.  §  71.  BGr.  §  114  und  die  Reime  duo:tuo  Trist.  10300. 
:£uo  Trist.  3708.  10310.  Parz.  368,  14.  752,  8.  Wh.  148,  20. 

Zu  Gen.  din  kommt  obd.  und  md.  die  Nebenf.  dines 
späterhin  in  Gebrauch,  durch  die  possess.  Umschreibung  yor- 
bereitet:  dines  selbis  Alex.  3703.  Rother  115.  dins  selhis 
Ath.  F.  141.  dines  selbes  Silv.  3021.  3277.  3330.  dins  selves 
Hagen  693.  dines  heldes  (dein  des  Helden)  j.  Tit.  3212,  3. 
Im  alem.  Neujahrsp.  (Mone  Schausp.  d.  Ma.  II,  383.  Y.  138)  mit 
verhallendem  Nasal  dis.  -r-  diner  kann  ich  nur  durch  dinre 
8el.  Tr.  16*  belegen.  Vielleicht  ist  thinere  mfrk.  Legend.  126 
das  älteste  Beispiel.     Tiber  deiner  Grimm  DWb.  II,  1484.  f. 

Dat.  dir  wird  bei  Tonlosigkeit  bis  zu  der  geschwächt, 
doch  erscheint  md.  auch  betontes  der,  zb.  Roth.  1232.  1426. 
1989.  2132.  2276.  Eine  oberdeutsche,  besonders  bair.  Nebenf. 
zu  dir  ist  dier,  §  45,  das  auf  -ter  reimt,  zb.  dier  :  hanier 
Helbl.  7, 410.  :vier  Suchenw.  39, 215.  ;  Qaschier  P^rz.  47,  24. 
:  schier  Mai  178,  28.  :  stier 'Bb.tz.  795,  29.  :  zier  Gundack.  396. 

Thüringisch  und  ostMnk.  findet  sich  nd.  di  neben  dir^ 
vgl.  di  Würzb.  Beichte  1. 14.  31  (Denkm.  XXXVI).  di:Engadi 
Schoneb.  7782.   si :  dt  Md.  Ged.  81,  280.  dy :  sy  Kath.  sp.  162. 


515 

dy  Kath.  166.    die  Volkommenheit  o.    dye  Kath.  164.  —  In  §  473. 
ripuarischen  Denkmälern  kommt  es  geschrieben  einzeln  vor: 
di  :  Constantin  Roth.  4618.    :  si  Anselm  607;    ausser  Reim 
Roth.  4771.  Glaube  2446. 

Acc.  dich,  ripuar.  zuweilen  dig  geschrieben,  zb.  Ernst  A. 
1,  59.  Annol.  738.  Der  gutturale  Auslaut  löst  sich  in  vulgärer 
Rede  obd.  auf;  das  älteste  Beispiel  ist  di  Frauend.  45,  1. 
Md.  ist  mir  nur  ein  Beleg  aus  dem  eigentlich  niederfr.  Anselm 
bekannt,  di  :  st  Anselm  193. 

§  474.     Die  dualen  Formen  finden  sich  nur  im  bair.  §474. 
Dialect,  sie  haben  aber  hier  plurale  Bedeutung.     Obschon  sie 
uralt  sind,  finden  sich  e£f  und  enJc  allein  bei  österr.  Dichtem  und 
erst  seit  Ende  des  13.  Jh.,  Otacker  ist  der  älteste  Gewährs- 
mann.   Der  Gen.  enker  ist  noch  nicht  aufgefunden.  BGr.  §  358. 

PI.  Nom.  ir.  Die  Kürzung  des  Vocals  (vgl.  got.  jiis), 
welche  in  dem  herschenden  hd.  ir  vollzogen  ist,  führte  weiter 
zu  er,  einer  Form,  die  nicht  bloss  in  tonloser  Enclise  erscheint, 
zb.  gänd  er :  ander  Heinr.  Pfafienl.  82.  süt  er :  riter  Helbl.  8, 342. 
ausser  Reim  u.  a.  bedürfet  er  Rud.  4,  5.  sulder  Roth.  177. 1011. 
wert  er  Heinr.  gem.  Leb.  957.  claffet  er  Ffaffenl.  83,  sondern  die 
zuweilen  auch  in  betonter  Stellung  vorkommt,  zb.  Rol.  33, 12. 
53,  16.  Roth.  1398  {her  Roth.  37.  1979).  Wernh.  v.  Nrh. 
14,  26.  Fundgr.  IL  66,  19.  Nib.  B.  125,  1.  365, 1.  MS.  I,  176. 
—  Bair.  Nebenform  ist  ier,  im  Reim  auf  -icr  gebraucht,  vgl. 
§  45.    BGr.  §  90. 

Thüringisch  kommt  neben  ir  die  dem  niederdeutschen  gi 
entsprechende  Form  I  vor,  vgl.  i  Eöditz  C.  25,  19.  ie  Jungfr. 
sp.  0.  Kath.  sp.  162—165.  168.  172.  ye  Jungfr.  sp.  183. 
Köditz  G.  25,  19.  Im  Floyris  sind  gi  und  ir  zu  gir  ver- 
schmolzen, Haupt  Z.  f.  d.  A.  XXI,  320.  ff.,  wie  dies  schon 
im  altd.  Gesprächbüchlein  und  sonst  geschah,  vgl.  meine  Bruch- 
stücke eines  fränk.  Gesprächbüchlein  S.  24  (Wiener  Sitz.-Ber. 
LXXI,  788). 

Gen.  iuwer,  iwer,  iur,  md.  üwer,  üher  Alex.  3807. 
7051,  ür  Herb.  4519.  Marienl.  31, 10.  41, 16.  112,30.  Hagen 
298.  1655.  Mit  epithetischem  e  findet  sich  ure  Hagen  4133. 
Karlm.  255,  60.    urre  Hagen  176.  951.  Karlm.  149,  48. 

SS* 


516 

§  474.  Dat  iUy  md.  ü;  aus  iu  entsteht  durch  epithet.  e  das  seltene 

iwe  Fundgr.  II.  58,  3.  —  Ziemlich  früh  dringt  die  accusativ» 
Form  in  den  Dativ  ein:  iwih  Willir.  (Ebersb.  Hs.)  XL  VI,  5. 
iuh  Notk.  ps.  61,  11.  65,  15.  101,  23.  Vorauer  Kaiskr.  28,  11- 
euh  Vorauer  Ged.  35,  12.  iuch  Reinh.  630.  Nib.  C.  2692. 
aHeinr.  A.  1475.  M8A.  23,  3.  MSB.  140,  1.  Im  14.  Jh. 
gelangt  dieses  iuch,  euch  mehr  und  mehr  zur  Herschaft. 
Doch  erlischt  iu  nicht  ganz,  vgl.  ü  :  drü  Ludw.  Kr.  3752. 
6555.  iu:0iu  Ulr.  Wh.  2116.  drü:ü  Ammenhus.  2357,  und 
noch  im  16.  Jh.  ist  bairisch  eu  zu  belegen,  BGr.  S.  368.  — 
Md.  tritt  ebenfalls  früh  üch  neben  das  richtige  ü ;  im  mfränk. 
Legendär,  im  Werner  v.  Nrh.,  in  den  Marienliedern  steht  die 

accus.  Form  üch  für  den  Dativ  fest,  aber  herscht  nicht  allein. 

üch  Friedb.  Kr.  B.  2,  16.  C.  2,  22.  grEud.  3,  9.  Roth.  143.  490. 
Wemh.  V.  Nrh.  17,  32.  Herb.  11375.  11440.  Marienl.  35,  24.  43,  6. 
125,  3.  4.  Erlös.  280.  Elis.  6096.  Secundus  o.  Myst.  I.  8,  6.  122,  8  u.  o. 
Lac.  m,  170.  557.  Spiegelb.  269,  18.  Jungfr.  sp.  Kath.  sp.  o.  Köditz  o. 
ueh'.gezüch  Karlm.  237,  14.  238,  15.  242,  57.  Junk.  u.  Heinr.  427. 
ouch :  üch  Philipp  Ml.  4781.  euch  Cd.  Sax.  ü.  6,  23  (1364).  —  üh  Alex. 
109.  5113.  7067.  Glaube  1623.  Litan.  S.  334.  Iw.  A.  118.  —  üg  mfrk. 
Legend.  8.  Morant  342.  285.  218  u.  o.    Ernst  A.  4,  33. 

Acc.  iuweh  Fundgr.  I.  31,  35.  Parz.  G.  438,  27  (das 
jüngste  Beispiel  dieser  alten  Form),  iuuih  Milst.  149,  4.  ivih 
Eened.  Pr.  37;  gewöhnlich  iuch,  bair.  euch,  md.  üch  (uh 
Alex.  2073.  7012.  7074.  üh  7010.  ug  Arnst.  Ml.  2,  9.  10). 
ouch  Philipp  Marieal.  4781.  Rückert  Entw.  114.  och  (1439) 
Cd.  Sax.  II.  6,  101.  Wie  nun  das  accus,  iuch  in  den  Dativ 
eindrang,  so  umgekehrt  das  dativische  iu,  ü  in  den  Accusativ^ 
ohne  jedoch  sich  behaupten  zu  können.  Vgl.  iu :  spriu  Walth. 
C.  18,  7.  :  driu  Mor.  v.  Craon  1325.  :  getriu  Otack.  S.  84**. 
Ausser  Reim  iu  Denkm.  XCVI,  25.  Gerh.  A.  2372.  Martina 
31,  8.  34,  7.  150,  67.  Gundack.  81.  Nachweise  aus  14.  15.  Jb. 
BGr.  S.  368.  —  md.  ü  Iw.  A.  oft  (vgl.  Lachmann  zu  Iw.  118). 
Jungfr.  sp.  173. 

Fronomen  dritter  Person. 

a)  Geschlechtloses  Pronomen. 
§475.  §  475. 

Gen.  stn  (sines,  siner)    Acc.  sich. 


517 

# 

Über  das  etymologische  (W.  sva)  Bopp  vgl.  Gr.  §341.  §475, 

Nur  Gen.  und  Acc.  Sg.  haben  sich  hochd.  erhalten ;  der 
Acc.  sich  dient  auch  für  den  Plural.  Der  im  Got.  und  Altn. 
bewahrte  Dat.  sis  ser  ist  verschwunden  und  wird  durch  den 
Dat.  des  geschlechtigen  Pron.  im,  ir  ersezt.  Auch  dient  der 
Acc.  sich,  am  frühsten  bei  Notker,  schon  nebenbei  obd.  und 
md.  für  den  Dativ,  Mhd.  Wb.  II.  2,  291.  f. 

Neben  sm  bildet  sich  durch  possessive  Umschreibung, 
wie  bei  din  und  min,  die  Nebenf.  sines  aus:  a)  sines  selbes 
Friedb.  Kr.  C.  1,  3.  Alex.  1264.  1465.  1487.  1913.  grRud. 
4,  7.  Tr.  Silv.  351.  Glaube  1080.  Eneit  G.  5953.  H.  9840. 
GH.  12099.  Herb.  5273.  Lampr.  Franz.  4244.  Silv.  2116. 
2859.  2884.  Hagen  475.  Schoneb.  3539.  6556.  Frauenl.  423, 8. 
Myst.  I.  75,  10.  252,  22.  Henneb.  ük.  I,  166;  umgekehrt 
selbes  sines  (iwmes)  En.  6674.  -—  sines  eines  Herb.  11623. 
^nes  wolves  ruore  wGast  12541.  —  b)  ohne  Beiwort:  sinis 
Annol.  726.  sines  Herb.  2526.  (an  beiden  Stellen  nur  durch 
den  Schreiber  gesezt).  sines  Schoneb.  700.  Schreib.  1,  76. 
sins  Schwabsp.  2.  131  (111).    syns  Lac.  IH,  516  (1352). 

sin  er  kommt  seit  12.  Jh.  mitunter  vor:  sire.  Floyris 
115.  sinre  Mem.  6.  Karlm.  212,  10.  Sei.  Tr.  115^  116^ 
seiner  Suchenw.  28,  75.  —  sinen  seinen  wird  erst  später 
üblich,  AGr.  §  414.   itückerts  Köditz  S.  142. 

Zu  dem  Acc.  sich  sei  die  Verschmelzung  mit  angelehnten 
vocalisch  anlautenden  Pronominalformen  erwähnt :  siz  =?  sich  ez 
Mülh.  R.  27,  =  sich  es  Herb.  570.  Myst.  I.  243,  28.  250,  23. 

b)  Geschlechtiges  Pronomen. 

§  476.  §476. 

Masc.  Sg.  N.  er  (her,  hej    F.  siu  (su  seu)  sie  si  si  se    N.  ez  iz 


G.  es 

ire  ir 

es  is 

BAme  im 

ire  ir 

ime  im 

(em  om  um) 

k,inen  in 

sie  st  si  se 

ez  iz 

(en  on  un) 

• 

PI.  IS,  sie  81  si  'se 

sie  si  si  se 

siu  (seu)  sie  se 

G. 

ire  ir 

D. 

in 

k,8ie  si  si  se 

sie  si  si  se 

siu  (seu)  sie  se 

518 

§  476.  Der  8g.  M.  N.,  ferner  G.  D.  Sg.  Fem.,  Gr.  D.  PL  M.  F. 

N.  sind  ans  der  Pronominalwurzel  i  gebildet;  K  A.  8g.  F.  und 
N.  A.  PI.  M.  F.  N.  aus  dem  componirten  8tamm  sja  (tja), 
vgl.  Bopp  Gr.  §§  360-363.  353.  354. 

Sg.  Masc.  K^om.  er  ist  im  12.  13.  schon  von  der  Dehnung^ 
berührt,  obschon  die  alte  Kürze  entschieden  noch  Yorhersoht. 
Für  die  Dehnung  zeugen  die  Reime  er  :  mir  Ath.  E.  15. 
:nkBr  HTrist.  3594.  3984.  er  :  her  Wigal.  286,  15.  Über 
die  alem.  ^Nebenform  ir  AGr.  §  415.  —  Im  Mitteldeutschen 
kommt  mit  prothetischem  h  häufig  her  vor.  Daneben  steht 
aber  he  (schon  im  Ludwigslied  he  y.  40  neben  her)  als  die 
eigentlich  fränkische  und  thüringische  Form,  die  möglicher- 
weise aus  dem  Demonstrativstamm  hi  entlehnt  ist  he  reicht 
von  Niederfranken  den  Rhein  hinauf  bis  zur  fränk.  Südgrenze 
und  erscheint  auch  häufig  hessisch,  thüringisch  und  ostdeutsch: 
zb.  fränkisch  Roth.  37.  465.  3043.  3122.  mfränk.  Legendär 
37.  171.  346.  406.  462.  724.  Morant  3.  50.  58.  74.  u.  ö. 
Marienl.  L  Höfer  I,  2.  18.  n,  1.  11.  66.  73.  123.  131.  HU.  I, 
37L  623.  f.  645.  655.  771.  805.  860.  976.  1045.  1142.  1211. 
Myst.  L  3,  17.  6,  14.  u.  o.  Böhmer  458.  467.  617.  647. 
Henneb.  Uk.  I,  57.  vgl.  Busch  in  Z.  f.  d.  Phil.  X,  393.  — 
Thüringisch  und  obersächsisch:  hi:nime  Md.  Ged.  89,  103. 
:  me  193.  —  Höfer  I,  22.  24.  75.  136.  II,  41.  Cd.  Sax.  IL 
6,  6  (1306).  Mülh.  R.  Jungfr.  sp.  Eath.  sp.  o.  In  schlesischen 
Schriften  des  14.  15.  Jh.  ist  her  weit  häufiger  als  he,  dieses 
leztere  aber  ist  dem  Dialect,  wie  noch  die  heutigen  Verhält- 
nisse zeigen,  das  eigentlich  zukommende.  —  Nebenformen: 
hie  zb.  Nassau  86.  Ennen  III,  475.  Lacombl.  II,  434.  III,  315. 
hye  HU.  I,  975  (hessisch).  Alsfeld.  Sp.  oft.  hei  zb.  Höfer 
I,  8  (1270  Linz).  Hagen  o.  Ennen  I,  45.  Lac.  UI,  47.  80. 
Sei.  Tr.  0.  hey  Lac.  II,  1064.  f.  HI,  80.  180.  422.  u.  ö.  — 
Unter  dem  Einflüsse  des  echt  md.  he  hatte  sich  also  die 
Form  her  gebildet,  welche  je  nach  der  Nachgiebigkeit  der 
Schreiber  gegen  das  schriftgemässe  er  das  dialectliche  he 
zurückdrängte.     Vgl.  Busch  a.  a.  0.  X,  393. 

Gen.  M.  es  ist  in  der  Regel  durch  sin  ersezt,  indessen 
kommt  er  noch  vor;  so  braucht  Hartmann  v.  Aue  männl.  es 


519 

gern,  vgl.  Erec  979.  5815.  5821.  6231.  6393.  8949.  Büchl.  §476. 

I,  676.  2,  455.  551.  aHeinr.  1161.  Iw.  2105.  2215.  4197. 
5246.  6004. 

Dat.  M.  ime  die  vollere  Form  findet  sich  im  12. — 14.  Jh. 
namentlich  in  Schriften,  welche  der  volksthümlichen  Rede 
nahe  stehn,  häufig;  im  12.  Jh.  kommt  auch  noch  imo  vor: 
mfrk.  Legendär  34  mal.  Hol.  20,  5.  Wack.  Pr.  1,  17.  7,  79. 
Yorauer  Ged.  94,  19.  96,  5.  102,  28.  Genes.  31,  12.  37,  20 
(AGr.  8.  455.  BGr.  8.  370),  selbst  eine  Trierer  TJrk.  v.  1248 
(Höfer  I,  2)  hat  noch  himo.  Jenes  ime  wird  auch  durch 
Doppelung  des  m  verstärkt:  imme  Vorauer  Ged.  206,  8. 
211,  20.  219,  7.  Höfer  I,  15.  HU.  III,  1336.  Myst.  I.  7,  11. 
Vgl.  ferner  die  Reime  imme  :  stimme  M8H.  1,  70'  (Eberh. 
V.  Sax.).  imme  :  kuniginne  Orend.  3162.  :  Pfenninge  673. 
:  pflegerinne  Md.  Ged.  87,  101.  —  Die  streng  mhd.  Form 
des  Dat.  ist  im.  In  Anlehnung  schwächt  sich  im  zu  em,  das 
nach  Liquida  Umstellung  erfahrt,  nach  Vocal  als  blosses  m 
sich  äussert,  zb.  erme  Fundgr.  II.  72,  21.  Joseph  1144. 
Jmnderme  Iw.  3890.  hetem  Parz.  571,  23.  —  Mitteid.  Neben- 
formen zu  ime  sind  eme,  zb.  emo  mfrk.  Legend.  224.  292. 
640.  Annol.  52.  Rother  1145.  Repg.  Cr.  o.  Lac.  II,  1066. 
III,  57.  163.  180,  gedehnt  im  Reim  :  queme  Karlm.  259,  53. 
323,  36.  Junk.  u.  Heinr.  1780.  ;  unge^eme  Karlm.  317,  16. 
—  Höfer  I,  18.  II,  110.  175.  HU.  III,  1063.  I,  454.  755. 
770.  1191.  1211.  -  Secundus  16.  86.  249.  u.  ö.  Jungfr.  sp. 
177.  S,  Kath.  sp.  163.  169.  —  eime  zb.  Höfer  II,  110.  Lac. 

II,  1064.  f.  III,  47.  507.  —  ieme  zb.  Marienl.  o.  Lac.  II,  376. 
434.  537.  Höfer  n,  11.  Böhmer  349.  443.  Henneb.  Uk.  I,  17. 
Cd.  Sax.  II.  6,  27.  Mit  Verdunkelung  des  Vocals  ist  md., 
namentlich  im  Ripuarischen  und  Thüringischen  ome  om  be- 
liebt, zb.  Lac.  n,  506.  III,  711.  Höfer  II,  7.  —  Höfer  ü, 
136.  175.  Nordh.  Weist.  A.  1.  3.  17.  B.  o.  Ebern.  514.  1099. 
Köditz  C.  g.  0.  ome  6m  (=  ome,  om)  Cd.  8ax.  11.  6,  349. 
öm  Henneb.  U.  II,  148.  Ferner  ume  Annol.  234.  Roth.  1099. 
Lac.  II,  506.  III,  80.  —  ume :  kume  Md.  Ged.  93,  304.  320. 
ume :  willekmne  94,359.  Ferner  Höfer  1, 22. 11, 18.  Mülh.  R.  27. 
28.  32.  36.  40.  42.  51.  Haupt  XV,  387.  404.  Henneb.  Uk.  I,  57. 


520    • 

§  476.  Prothet.  h  zeigt  sich  auch  im  md.  Dat.,  vgl.  himo  Höfer 

I,  2.    hyme  Höfer  II,  37.    hume  Roth.  1044. 

Accusativisches  in  für  im  bricht  schon  Alex.  2445.  5225 
durch,  wird  aber  nicht  häufig. 

Aoc.  M.  Die  alte  volle  Form  iwew  erscheint  zuweilen 
noch :  mfränk.  Legendär  9  mal.  Fundgr.  II.  22,  5.  59,  33. 
63,  39.  Physiol.  2,.  30.  Morolt  1136 ;  im  Lanz.  4244  ist  sie  auf 
er  schiften  gereimt.  Die  gewöhnliche  mhd.  Form  ist  in.  Mit 
epithet.  e  zuweilen  ine  mfrk.  Legendär  8  mal,  Vorauer  Ged. 
139,  23.  HU.  I,  595.  Höfer  II,  33.  Mone  Z.  7,  19  und  obd. 
im  14.  15.  Jh.  nicht  selten,  AGr.  S.  456.  BGr.  8.  370. 

^  Angelehnt  wird  in  zu  en  geschwächt,  vgl.  wiren :  schriren 
Urst.  115,  14.  baten :  unstaten  Biter.  9050;  nach  Vocal  bleibt 
dann  blosses  n  übrig,  zb.  dun  :  sun  Engelh.  1670.  Helbl. 
10,  43.  Tiber  die  Anlehnungen  des  Pronomens  überhaupt 
vgl.  Benecke  Wb.  zum  Iwein   8.  101 — 110  und  oben  §  19. 

Mit  prothet.  h  steht  hin  Nrh.  Bruchst.  4,  32.  Höfer  I,  2. 
vgl.  auch  den  Leidener  Williram. 

Gedehnt  steht  ien  Henneb.  TJ.  I,  179.  II,  17.  und  schon 
Nib.  1191,  4  reimt  in  :  sin,  vgl.  Lachm.  hierzu. 

Mitteldeutsche  ^Nebenformen  sind:  ewew  mfrk.  Legend.  654. 
ene  mfränk.  Legendär  47.  Rother  18.  75.  571.  1119.  1143. 
1158.  1416.  1454.  2050.  u.  ö.  Morant  119.  Morolt  1108. 
Iw.  A.  6175.  6785.  Betontes  en  Alex.  418.  Rother  2421. 
Rud.  16,  4.  18,  25.   Herb.  8934.   Höfer  II,  110.   Secund.  8. 

II.  263.  —  Mit  Verdunkelung  des  Vocals  im  Ripuar.  und 
Thüringischen :  onen  Loersch  Achen.  Rdenkm.  80  (c.  1400). 
one  Morant  47.  on  Marienl.  1, 18.  7,  16.  14,  38.  22, 10.  u.  o. 
—  ofie  on  Mülh.  R.  28.  Nordh.  Weist.  A.  3.  B.  o.  Köditz  C.  o. 
Henneb.  Uk.  I,  177.  —  ripuarisch  erscheint  auch  une  Annol. 
660.  661.  694.  un  Annol.  31.  58.  222.  232.  737.  793.  u.  ö. 
Ennen  I,  124.  Lac.  II,  572.  ni,  462.  hun  Annol.  707.  — 
Auf  schwanken  des  Schreibers  zwischen  un  und  en  weist 
ven  Henneb.  Uk.  II,  35. 

§477.  §  477.     gg.  Fem.  Nom.  siu.     Diese  alte  Form   (aus 

sjä  entstanden)  ist  aus  dem  12.  13.  Jh.  noch  nachvreislich, 
zb.  Fundgr.  IL  19,  7.  Vorauer  Ged.  79,  17.  Entekr.  108,  22. 


521 

Wack.  Pr.  5, 48.  Griesh.  Denkm.  28;  im  Reim  ;  diu  Lanz.  6654.  §  477. 
:  siu  (neutr.)  Trist.  17418.  :iu  Stricker  DaD.  142.a.  Hagen 
GA.  21,  84.  Im  bair.  Dialeot  lebte  es  als  seu  fort,  BGr. 
8.  371.  Die  md.  Form  dafür  ist  sü,  zb.  Friedb.  Kr.  F.  1,  20. 
2,  1.  J.  1,  3.  Alex.  6427.  Roth.  3215.  köln.  Sachsp.  o.  Hü. 
I,  841.  Nordh.  Weist.  AB.  Mtilh.  R.  o.  Köditz  C.  o.  —  Aus 
siu  entstund  sie,  das  im  12.  13.  Jh.  obd.  und  md.  nicht  selten 
ist.  Im  Reim  :ie  trKr.  46739.  Ebern.  3472.  :  gie  Lampr. 
Syon  3205.  :hie  Lampr.  Syon  2914.  Jüdel  361.  HTrist. 
3512.  4169.  4493.  Elis.  8905.  :  nie  MF.  127,  35  (Morungen). 
Parz.  344,  7.  Lampr.  Franz.  4415.  Syon  876.  3178.  3196. 
:  wie  Lampr.  Syon  1952.  —  Seit  dem  9.  Jh.  ist  si  eine  Neben- 
form, die  obd.  häufig  wird ;  in  der  Milst.  Handschr.  steht  sie 
immer,  in  der  Wiener  Genesis  oft;  vgl.  auch  die  Reime  :fel 
Iw.  342.  MSH.  1,  137.  MMagd.  4^  :brieveU  Heinzel.  ML. 
1171.  :vri  MSH.  1,  135.  Wolfdiet.  12,  1.  :  griff eli  Flore 
1322.  :  Prudenti  Wemh.  47,  30.  :  js;wi  Lobges.  96,  9.  — 
st  wird  durch  Tonentziehung  zu  si  erleichtert,  das  sich  ebenso 
wie  sie  zu  se  schwächt.  Bei  Anlehnung  bleibt  namentlich 
vor  Vocal  nur  s  übrig,  vgl.  §  19. 

Gen.  Dat.  ire,  im  12.  Jh.  gewöhnlich,  aus  iro  oder  ira 
und  iru  entstanden.  Formen  die  alem.  bis  in  das  17.  Jh. 
geschrieben  wurden,  AGr.  S.  455.  Die  gemein  mhd.  Form 
ist  ir.  —  Mitteldeutsche  Nebenf.  sind  ere  (älter  era  vgl.  0. 
IV.  31,  35  VP.  Merseb.  Spr.  II,  3.  4),  er.  Thüring.  finden 
sich  daneben  die  verdumpften  or  Nordh.  Weist.  B.  o.  Köditz 
7,  22.  60,  1.  64,  2.  ure  uri  Mülh.  R.  31.  41.  51.  ur  Haupt 
Z.  XV,  387. 

A CO.  sie,    die  gewöhnliche   aus  altem  sia   entstandene 

Form.     Reimbelege : 

:  gie  Enik.  6,  85.  ;  ergie  Ulr.  Trist.  1467.  :  hie  Herb.  2529.  Kindh. 
73,  58.  Parz.  104,  30.  329,  15.  438,  19.  504,  29.  640,  21.  713,  29. 
Lampr.  Syon  853.  3047.  :  knie  HTrist.  3536.  Ebern.  3545.  :  lie  MF.  144, 5. 
(Morungen).  Kindh.  73,  58.  :nie  MF.  125,  22.  Herb.  8427.  :enphie 
Kindh.  70,  74.  Frauend.  322,  11.  :wie  Parz.  272,  27.  Lampr.  Syon  2951. 

Zuweilen  wird  von  obd.  Dichtern  sie  mit  Dehnung  des  i 
(also  als  sie)  im  Reim  gebraucht,   vgl.   sie  :  Marie  Fundgr. 


522 

§477.  II.  166,  17.  :ar£fatte  Trist.  12173.  :brie  übl.  Weib  334. 
:drte  ebd.  283.  570.  773. 

Zu  dem  sie  für  siu  im  Nom.  ist  eio  Gegenstück  siu  Mt 
accus.  5ie,  zb.  Fundgr.  11.  18,  30.  Vorauer  Ged.  80,  28.  u.  ö., 
bair.  seu  (soe),  md.  sü  Henneb.  Uk.  II,  99.  Mülh.  R.  41. 
Kath.  sp.  0.  Köditz  C.  21,  17.  —  Eine  besonders  von  obd. 
Dichtem  gern  gebrauchte  Nebenf.  für  sie  ist  si,  ygl.  die  Reime 

;  bi  Iw.  1426.  MS.  2,  182*  (Gotfr.  v.  Strassb.).  Flore  654.  gGerh. 
4699.  5010.  Bari.  149,  5.  Krone  7791.  23027.  MSH.  2,  279»»  (Hadlaub). 
Teichner  (Ldsal.  88,  72).  Marienl.  63,  26.  :  dri  Iw.  5183.  :vn  MSH. 
1,  159».  JFlore  3861.  gGerh.  3313.  Krone  5072.  MSH.  2,  279*.  W.  v. 
Rheinau  14,  46.  Gundack.  2153.  Karlm.  36,  10.  203,  59.  :  griffeU  Flore 
1329.    :  Km  Iw.  107.    :  Zelom  Kindh.  77,  67. 

Im  bairischen  Bialect  hat  sich  st  seit  dem  13.  Jh.  zu  sei 
diphthongisirt,  BGr.  S.  372.  Durch  Tonentziehung  ward  si 
zu  kurzem  si.  Die  Schwächung  des  si  zu  se,  s  geschieht 
wie  im  Nominativ. 

§478.  §  478.  Sg.  Neutr.  Nom.  Acc.  ej^.  Das  alte  iz  ist  bairisch 

beliebt,  von  Lampr.  v.  Regensburg  Franz.  378  im  Reim  ;  dij^ 
gebraucht;  md.  herscht  es.  Vgl.  u.  a.  die  Reimbelege  aus 
dem  Kreuziger  Johanns  von  Frankenstein  ijsf :  dis  2705.  5291. 
11469.  :  Udnis  3345.  ;  riz  9359.  :  wi^i  4509.  Anlehnung 
des  ez  mit  vocal.  Syncope  ist  häufig:  zb.  lobejsf,  wandez,  siz, 
wiez,  solz,  irz,  ichz;  verbunden  mit  Verschmelzung,  durch 
Unterdrückung  des  Schlussconsonanten  des  ersten  Wortes: 
iz  =  ich  ez  zb.  Herb.  400.  561;  auffallend  =  ir  ez  Herb. 
2786.  8100.  14953.  Die  Verschmelzung  ist  Synizesis:  deiz 
=  daz  ez,  weiz  =  was  ez  Vorauer  Ged.  297, 18.  Umgekehrt 
verschmilzt  sich  mit  ez  auch  ein  ihm  angelehntes  Wort,  zb. 
est  =  ez  ist;  vgl.  §  19.  Verdumpfung  des  Vocals  ist  im 
Thtiringischen  aus  14.  15.  Jh.  zu  belegen,  vgl.  oz  Ebern.  204. 
272.  773.  u.  0.  Nordh.  Weist.  B.  18.  Köditz  C.  56,  13.  oez 
Henneb.  U.  II,  148.    oes  I,  177.    uz  Mülh.  R.  41—51. 

Im  Ripuarischen  und  im  angrenzenden  Moselländischen 
kommt  dieser  N.  A.  Sg.  noch  zuweilen  mit  unverschobenem  t 
(auch  d  geschrieben)  vor,  zb. 

ripuar.  it  mfrk.  Legend.  696  (ith  273,  neunmal  im  Nom.,  19mal 
im  Acc.  iz,  schwankend  izt  589).  Annol.  749.  Bother  1277.  3046.  3151. 


523 

4782.  Marienl  o.  Lac.  II,  376.  HI,  48.  51.  163.  187.  Höfer  11,  115.  §478. 
it,  id  Sperber.  Repg.  Cr.  id  Nrh.  Brachst.  Lac.  11,  376.  506.  1011. 
m,  47.  57.  163.  179  u.  o.  Höfer  I,  4.  ed  Höfer  1,  4.  Lac.  m,  400.  416. 
— .  moselländ.  it  Höfer  H,  1.  54.  88.  93.  Lac.  IH,  172.  hü  Höfer  I,  2. 
ith  n,  66.  id  Höfer  11,  53.  84.  112.  122;  enclitisch  dirt  Musk.  XVII. 
Wirt  Höfer  H,  1.  —  VgL  §  197. 

Gren.  es;  obd.  ist  im  12.  Jh.  neutr.  is  sehr  häufig,  im 
13.  Jh.  wird  es  seltener.  Die  Stellen  aus  Hartmanns  Iwein 
stehn  bei  Benecke  Wb.  106.  f.  Belege  für  md.  is  geben  mfrk. 
Legend.  149.  159.  161.  673.  Annol.  94.  628.  Alex.  16.  2241. 
2678.  4567.  Rother  1278.  2052.  3202.  u.  ö.  Rud.  16,  23. 
Marienl.  129,  3.  Pilat.  575.  Elis.  6237.  Böhmer  357.  Lac.  III, 
180.  363.  516.  Henneb.  Uk.  I,  142.  —  Enclitische  Anfögung 
an  vorausgehnden  Wortschluss  vollzieht  sich  bei  es  wie  bei 
ez,  vgl.  selbst  im  Reim  düs  (=  du  es)  :  hüs  En.  2602.  Ver- 
schmelzung mit  vorangehndem  Wort :  is  =  iches  Herb.  12393. 

—  Auch  das  neutr.  es  wird  durch  das  reflex.  sin  verdrängt, 
vgl.  Grimm  Gr.  IV,  332. 

Dat.  N.    ime  im  zeigt  dieselben  Formen  wie  im  Masc. 

§  479.     Plur.  Nom.  Acc.  M.  F.   sie  ist  di6  herschende,  §479. 
auch  im  Reim  oft  gebrauchte  Form : 

Nom.  :die  Biter.  5339.  Stricker  kl.  Ged.  12,  611.  Bari.  90,  13. 
244,  2.  trKr.  49165.  :gie  Lanz.  848.  7610.  Flore  5479.  Mai  59,  22. 
:hie  Parz.  353,  11.  Biter.  7521.  trKr.  47151.  48547.  Ottack.  c.  384. 
:ie  BarL  270,  27.  :knie  Eindh.  82,  12.  :nie  Karl  204.  .toie  Parz. 
502,  29.  —  Acc.  M.  :die  Wh.  250,  21.  337,  29.  :vervie  Bari.  58,  5. 
265,  31.  :ffie  Lanz.  4503.  Krone  12382.  Karl  626.  :  hegte  trKr.  47303. 
:eryie  trKr.  44865.  :hie  Parz.  99,  5.  769,  29.  Wüh.  269,  11.  Biter. 
10088.  Amis  878.  gGerh.  1785.  2795.  trKr.  46765.  :  ie  Bari.  109,  19. 
trKr.  45937.   :  knie  Parz.  740,  26. 

Neben  sie  ist  si  im  Brauch,  aber  im  Reim  kommt  es 
seltener  vor.  !Nom.  si  :  bi  Lampr.  Franz.  3552.  trKr.  49680. 
WvRh.  244,  3.  Marienl.  16,  21.  Hagen  2309.  Karlm.  448,  37. 

—  :  dri  Karlm.  229,  32.  -  :  vri  trKr.  49585.  Hagen  3345. 
Karlm.  18,  27.  283,  46.  396,  56.  —  Acc.  si  :  bi  Wernh. 
17,  18.  20,  3,  13.  Iw.  104.  Im  bairischen  wird  es  seit 
13.  Jh.  zu  sei  diphthongisirt. 

si  erleichtert  sich  zu  siy  das  sich  weiter  zu  se  in  tonloser 
Stellung  schwächt ;  es  schliesst  sich  eng  an  das  vorangehnde 


524 

§  479.  Wort  an,  von  Wolfram  selbst  im  Reim  gebraucht,  vgl.  tvac  se  : 
antraxe  Wh.  377,  2.  Häufig  bleibt  namentlich  vor  folgendem 
Vocal  von    dem   enclit.  se  nur  s  übrig;    ebenso    verschmilzt 

/         es  sich  proclitisch  mit  folgendem  vocalisch  anlautendem  Wort 

zb.  sijif,  sim  =  si  u,  si  im. 

Für  das  Masc.  sie,  seltener   für   das  Femin.  findet  sich 

zuweilen  siu,   bair.  seu,   md.   sü  (auch  alem.  su  neben  sü): 

AGr.  S.  456.  f.  BGr.  S.  372.  f.,  md.  Belege  zb.  Friedb.  Kr.  F. 

1,  11.     Höfer  I,  22.  23.  II,  136.     Mülh.  R.  28,  31.  Jungfr. 

sp.  Kath.  sp.  0.   —   Otacker  brauchte   das   männl.  siu  nicht 

selten  im  Reim 

N.  Masc.  siu: tu  Otack.  c.  313.  :niu  638.  : getriu  738.  -—  A.  M. 
siu :  diu  Otack.  c.  741.  :  iu  30.  156.  :  triu  166.  :  wiu  229.  —  Ein  älteres 
Reimbeispiel  gibt  für  A.  F.  8iu:mu  Heinr.  Todes  Geh.  615. 

N.  Acc.  Neutr.  siu,  bair.  seu,  md.  sü.  Wie  siu  in 
Masc.  und  Fem.  sich  eindrängte,-  so  umgekehrt  sie  in  das 
Neutrum,  vgl.  die  Reime  Nom.  sie  :  gie  Flore  5952  :  hie  Parz. 
679,  23  ;  nie  Flore  6125.  -^  Acc.  sie  :  knie  Flore  7298.  7453. 
Auch  si  kommt  für  das  Neutr.  vor. 

Gen.  in  allen  Geschlechtern  gleich.  Das  alterthümliche 
iro  findet  sich  noch  in  alem.  Urkunden  des  14.  Jh.,  mund- 
artliches ero  Wack.  Pr.  18,  52.  20,  16.  Die  gewöhnliche  Form 
des  12.  Jh.  ist  ire,  die  unter  Verstärkung  der  Stammsilbe 
und  mit  Dehnung  auch  noch  später  sich  findet,  zb.  irre  Alex. 
4963.  Ennen  I,  11.  98  u.  ö.  Nicol.  Br.  167.  —  iere  Lac.  II, 
537  (1263).  yerre  Lac.  III,  339.  595.  Mitteldeutsche  Neben- 
formen: ere  Lac.  III,  247.  eire  III,  124.  urre  Höfer  II,  13. 

Die  gewöhnliche  mhd.  Form  des  G.  PI.  ist  ir-,  dazu  mund- 
artliche Formen:  ier  zb.  Böhmer  443;  er  Herb.  4338.  Mülh. 
R.  48;  or  Nordh.  Weist.  A.  12.  B.  16;  ur  Höfer  I,  4.  Mülh. 
R.  39.  45. 

Mit  adjectiv.  Endung  findet  sich  seit  dem  14.  Jh.  irer 
zb.  Klosterneub.  Uk.  233.  Trierer  Spiegelb.  269, 24.  erer  Earlm. 
230,  25.  264,  61.  Spiegelb.  269,  26.  271,  24.  —  Später  bildet 
sich  auch  mit  schwacher  Endung  iren,  AGr.  S.  457. 

Dat.  aller  Geschlechter  in.  Auf  Dehnung,  die  eintreten 
konnte,  weisen  die  Reime  in  :  Bloedelin  Klage  1893  :  gtddm 


525 

Roth.  1101  :  sidin  Biter.  5804  :  sin  Roth.  724.  Wernher  §479. 
V.  Nrh.  67,  9.  Klage  1354.  Biter.  5394.  8264.  11858.  12122. 
;  win  Bit.  12382.  —  Md.  Nbf.  en  (betont)  Roth.  1466.  2287. 
Höfer  II,  18.  171.  HU.  I,  774.  850.  859.  917.  934.  1032. 
1211.  Cd.  Sil.  IX,  255.  —  Verdnmpfung :  on  Marienl.  o., 
auch  gereimt  :  bon  Marienl.  110,  40  :  son  82, 31.  —  Höfer  1, 12. 
Nordh.  Weist.  A.'o.  Cd.  Sax.  IL  6,  80.  Köditz  o.  oen  {=  pn) 
Henneb.  Uk.  II,  78.  Cd.  Sax.  II,  6,  74..  79.  —  un  Annol. 
73.  95.  334.  410.  Ennen  I,  45.  126.  Lac.  III,  489.  496. 
Höfer  I,  12.  24.  Mülh.  R.  45.  ün  Höfer  I,  23. 

Adjectiv.  Endung  sezte  sich  seit  11.  Jh.  neben  in  allmäh- 
lich in  inen  fest,  welches  in  alem.  volksthümlichen  Schriften 
des  13.  Jh.  schon  beliebt  ist,  AGr.  S.  457.  —  Zwischen  in 
und  inen  Hegt  ine  Hü.  I,  624.  IH,  1347.  inne  Harff  67,  22. 

2.  FossesBivpronoxnina. 

§  480.     Die    mhd.   Possessivpronomina   sind  min,    din,  §480. 
sin,  —  enker,  —  unser,  iuwer  und  ir.     Ihre  Beziehung  zu 
den  Genitiven    der    persönlichen  Fürwörter    ist  deutlich;   ob 
sie   aber    aus   denselben    unmittelbar  gebildet  wurden,  kann 
fraglich  sein,  Bopp  Gr.  §  408. 

Declinirt  werden  die  Possessiva  nach  Art  der  st.  Adj. 
Selbst  wenn  ihnen  der  bestimmte  Artikel  vorstund,  hatten  sie 
ursprünglich  starke  Flexion  und  erst  allmählich  kam  mhd.  die 
schwache  daneben  in  Brauch.    Grimm  Gr.  IV,  513.  f. 

Über  min  din  sin  ist  nichts  besonderes  zu  bemerken. 
Das  bairische  in  der  Form  duale  enker  kommt  bei  Otacker^ 
dem  Teichner  und  in  einem  Fastnachtspiele  des  15/16.  Jh. 
vor,  BGr.  §  362. 

unser,  steht  im  Nom.  Sg.  gewöhnlich  ohne  Flexion,  im 

N.  PI.  ist  es  oft  unflectirt.    Im  Md.  herscht  die  Nebenform  unse 

unse  unse,  die  stark  flectirt;  über  das  vorkommen  derselben 

im  Alem.  vgl.  AGr.  §  417.     Belege  für  das  Md.  sind: 

Sg.  N.  M.  unse  heilant  Arnst.  Ml.  2,  4.  unse  herre  EHs.  670. 
unse  hoferichter  Cd.  Sil.  IX,  236.  —  N.  F.  unse  spise  Herb.  8057. 
unse  sacke  Elia.  2995.  —  N.  N.  unse  lant  Herb.  15130.  —  Gen.  M. 
unses  Marienl.  7,  38.   unsis  Hü.  I,  265.   Cd.  Sü.  IX,  235  (1328).   — 


526 

§  480.  Dat.  M.  unseme  Glaub.  709.  HU.  m,  1012.  —  D.  R  unsir  HU.  I,  456.  — 
D.  N.  unseme  HU.  I,  758.  unsem  Alex.  4822.  unsim  Cd.  Sil.  IX,  236. 
unsin  Cd.  Sil.  IX,  235.  —  Acc.  M.  unsin  Glaub.  770.  Cd.  Sü.  IX,  236. 
unsen  Amst.  Ml.  1,  7.  —  A.  F.  ww«e  Alex.  4316.  Herb.  11896.  Pass.  K. 
57,  49.  HU.  I,  994.  —  A.  N.  unse  Herb.  11923.  Böhmer  520.  Cd.  Sil. 
IX,  236.  —  PL  Nom.  M.  unse  vatere  Tr.  Silv.  427.  unse  getruwen 
Cd.  Sil.  IX,  239.  —  N.  F.  unse  Jungfr.  sp.  176.  —  N.  N.  unse  Herb.  9178. 
15316.  —  Gen.  unsir  Cd.  Sil.  IX,  235.  —  Dat.  M.  F.  N.  unsen  Friedb. 
Kr.*  D.  1,  1.  Herb.  9955.  12261.  —  Acc.  M.  F.  N.  unse  Alex.  4304. 
Jungfr.  sp.  176.   Alex.  4813. 

Über  späteres  bairisches  under  =  unser  BGr.  §  362  und 
Lexer  Mhd.  Wb.  II,  1936. 

iuwer  iwer,  md.  ütoer  und  üwe  mit  gleichem  Abstoss 
des  Suffix  -ar  wie  bei  unse  =  unser  (vgl.  üwe  Floyris  142. 
143.  149  u.  0.  iwe  ebd.  144;  aus  der  Elisabeth  Belege :  Dat. 
Sg.  F.  üwer  dugent  64.  —  Dat.  M.  üweme  räde  6253.  üme 
rode  6233.  —  Acc.  M.  üwen  müt  8858.  —  A.  F.  üwe  nar 
8615.  —  A.  N.  üwe  ungemach  268.  —  Dat.  PI.  üwen  handen 
Eoth.  1000).  —  Elsäss.  mit  g  für  w:  üger  ügen  Orend.  937. 
3526.  ühland  Volksl.  2,  1.  Ripuarisch  zuweilen  üher  zb. 
Alex.  1340.  1362.  2078.  4376.  6205.  7071  und  noch  elfinal 
neben  fünfmaligem  üwer-,  auch  in  der  Strassburger  Litanei 
nhis  680.  ühen  1093.  üher  1249.  Im  Schlesischen  findet 
sich  im  15.  Jh.  mit  neuem  Diphthong  awer  awir,  zb.  Schles. 
Lehnsurkunden  I,  99. 

iuwer  wird  zuweilen,  bei  Dichtem  aus  metrischen  Gründen, 
zu  iur  zusammengezogen,  zb.  Nib.  147,  3.  Walth.  11,  33. 
Silv.  749  (vgl.  Haupt  z.  Engelh.  382).  Diesem  obd.  iur  ent- 
spricht md.  ür,  zb.  Marienl.  20,  1.  30,  11.  32,  24.  63,  29. 
Hagen  182.  189.  Morant  89.  228.  421.  501.  Sei.  Tr.  16'.  2b\ 
§481.  §  481.     Das  Possessivpronomen  ir  ist  das  jüngste 

Fossessivum;  ahd.  erscheint  es  noch  nicht,  aber  im  11.  und 
12.  Jh.  kommt  es  in  geistlichen  und  Spielmannsepen,  ebenso 
später  in  den  der  Volkssprache  verwanten  Dichtungen  ziemlich 
oft  vor:  so  im  Friedberger  Erist  (£.  2,  8),  im  Amst  Marienl. 
(4,  15),  im  Annoliede,  Rolandsliede,  im  Alexander  (137.  662. 
893.  958.  1313.  3010  u.  o.),  im  Äother  (144.  18Q.  525.  2324), 
im  Trierer  Egidius,  im  grRudolf  (11,  23.  26.  17,  5.  26,  7. 
17),  Athis  (A*  1.  C.  19.  C*  8),  in  Hartmanns  Glauben  (3044), 


527 

in  der  Strassburger  Litanei^  im  Pilatus  292.  Es  sind  dies  §481. 
sämtlich  mitteldeutsche  Quellen;  indessen  tritt  das  Possessiv 
ir  auch  im  Bairischen  im  12.  13.  Jh.,  obschon  seltener  auf: 
so  Milst.  159,  33.  Todes  Gehügde  205.  958.  Nib.  1473,  4. 
1556,  3.  2198,  2.  Klage  189.  2138.  Ortn.  161,  3.  168,  4. 
205,  3.  261,  4.  407,  2.  Wolfram  hat  es  Wh.  259,  9.  Bei 
Herrand  v.  Wildon  steht  es  III.  2,  7.  MSH.  I,  348\  In  den 
Helblingbüchlein  ist  es  sicher.  Bei  Hartmann,  Grotfried,  Rudolf 
V.  Ems,  Konrad  v.  Würzburg  zeigt  es  sich  nie.  Bei  den 
Mitteldeutschen  des  späteren  13.  Jh.  ist  das  Possessiv  ganz 
fest,  80  in  Hagens  köln.  Cronik  und  in  der  Elisabeth;  im 
14.  Jh.  wird  es  auch  obd.  ganz  gebräuchlich,  A6r.  §  417. 
Koberstein  quaest.  Suchenwirt.  II,  64. 

Mitteldeutsche  Nebenformen    von  ir  sind    er  zb.  mfrk. 
Legendär  (immer).  Annol.  756.  Morant  249.  287.  423.  Höfer 

I,  27.  HU.  I,  579.  628.  880.  910.  916.  939.  958.  994.  1032. 
1211.  III,  1099.  1264.  Kath.  sp.  162—166.  Cd.  Sil.  IX, 
255.  f.;  dazu  eir  Lac.  III,  876  (Jülich).  Im  Thüringischen 
und  Ripuarischen  sind  verdumpfte  Formen  beliebt :  or  (thür.) 
Ebern.  512.  548.  Höfer  II,  59.  Nordh.  Weist.  AB.  Köditz 
C.  2,  21.  61,  16.  64,  9.  Henneb.  Uk.  I,  177.  —  (ripuar.)  Lac. 

II,  506  (1261).  oer  Lac.  III,  504.  —  ur  (thür.)  Mülh.  R.  o. 
(ripuar.)  Marienl.  10,  16.  23,  6.  Sei.  Tr.  17'.  Lac.  II,  506 
(1261.  Jülich),  uer  Henneb.  Uk.  II,  35,  50.  Haupt  Z.  XV, 
392.  (ripuar.)  Lac.  III,  172. 

3.  SemonstratiTpronomina. 
§  482.  §482. 


Sg.  N. 

M. 

der  (de  die) 

F.  diu  (die) 

N. 

daz  (dat) 

G. 

des 

dere  der 

des 

D. 

deme  dem 

dere  der 

deme  dem 

A. 

den 

die 

daz  (dat) 

L 

diu 

PI.  N.  A. 

M. 

die 

F.  die 

N. 

diu 

G. 

dere  der 

D. 

den  (dien) 

Als  Stamm  hat  Bopp  vgl.  Gr.  §  355.  f.  den  zusammen- 
gesetzten Pronominalstamm  tja  aufgestellt.  Ich  habe  AGrr. 
§  418  die  beiden  Stämme  ta  und  tja  herbeigezogen,  wie  auch 


528 

§482.  Leo  Meyer  bei  Kuhn  XXII,  67  that.  Dagegen  nimmt  Sievers 
in  Paul-Braunes  Beiträgen  II,  115.  ff.  nur  den  Stamfn  ta  an 
und  erklärt  die  nicht  dazu  stimmenden  Eormen  aus  Form- 
übertragung. 

der  dient  als  Demonstratiyum ,  als  Belativum  und  als 
bestimmter  Artikel. 

Sg.  Nom.  Masc.  der,  im  12.  Jh.  obd.  und  noch  später 
md.  geschwächt  zu  dir,  eine  unursprüngliche,  nach  Analogie 
von  er  und  wer  gebildete  Eorm.  Die  echte  ältere  Form  war 
de,  die  sich  md.  durch  die  ganze  Periode  erhielt  und  von  der 
erhöhten  Form  di  begleitet  wird.  !Neben  de  und  di  stehn 
die  tonlangen  de  und  die;  vgl.  auch  bei  Tatian  thi  thie,  alt- 
niederfrk.  thie,  alts.  the  thie,  mnl.  die.  In  den  md.  Schriften 
begleitet  fast  überall  das  Schriftdeutsche  der  die  fränk. 
thüring.  Form  des  Nom.  Sg.  Masc.    Ygl.  auch  Busch  in  Z.  f. 

d.  Phil.  X,  394.     Einige  Belege: 

de  Annol.  122.  Amst.  Ml.  3,  1.  16,  4.  15.  16.  Eoth.  89.  1053. 
4386.  Nrh.  Br.  1,  3.  Ernst  A.  o.  Pilat.  565.  Marienl.  52,  37  (:  wej. 
Lac.  n,  376.  506.  517.  lü,  180.  261.  280.  516.  745.  Höfer  II,  11. 
Ebersb.  793.    dee  Lac.  HI,  561.  Loersch  Achen.  Ed.  79. 

di  Alex.  908.  1969.  3527.  3560.  4562.  5711.  6531.  Glaub.  41. 
68.  71.  881.  2838  u.  o.  PUat.  517.  Litan.  S.  410.  765.  Secund.  364. 
Mariensequ.  45.  Lac.  11,  434.  HU.  I,  533.  Höfer  I,  1.  Mülh.  B.  o. 
Henneb.  U.  H,  104. 

die  Rother  93.  1210.  1477.  2174.  2226.  2384.  3060.  Lac.  HI,  47. 
163.  167.  187.  364.  Glaub.  1085.  Herb.  7884.  Höfer  I,  18.  H,  122. 
HU.  III,  1065.  —  giRud.  8,  8.  14,  17.  16,  21.  18,  12.  23,  23.  24.  25. 
26,  2.  25.  27,  25. 0  Segrem.  31.  158  (Haupt  XI,  493.  497).  Hagen  GAb. 
55,  74.  Nordh.  Weist.  A.  7.  8.  11.  B.  Mülh.  R.  27.  (Aus  schwanken 
des  Schreibers  zwischen  der  und  die  entstund  dier  in  Eoth.  1041).  — 
dei  Ennen  m,  160.  dey  Lac.  HI,  261.  400.  636.  754. 

N.  Fem.  diu,  bair.  deu;  md.  du  zb.  Friedb.  Kr.  A.  3. 
C.  2,  4.   E.  2,  6.    J.  1,  2.    Amst.  ML  o.   Rother  250.    Alex. 


^)  die  in  Lachmanns  Text  von  Wolframs  Farzival  und  Wilhelm, 
an  einer  Anzahl  Stellen  für  der  gesetzt,  vermag  ich  nicht  zu  recht- 
fertigen. Die  Form  ist  aus  Irrthümem  und  Misverständnissen  einzelner 
Schreiber  gezogen.  Sie  ist  entschieden  unwolf ramisch;  ihm  aber  zu- 
trauen, dass  er  an  einigen  Stellen  das  in  Thüringen  gehörte  die  von 
seinem  Schreiber  für  das  sonst  überall  gebrauchte  der  habe  eintragen 
lassen,  halte  ich  für  unglaublich.  Ich  stimme  also  im  wesentlichen  den 
Ausführungen  Pauls  in  den  Beitr.  z.  Gesch.  und  litterat.  11,  65  zu. 


529 

2504.  Marienl.  o.  —  Neben  diu  kommt  seit  11.  Jh.  (Grrafif§482. 
Sprachsch.  III,  6)  die  auf,  das  in  der  mhd.  Periode  sich  aus- 
breitet, sowol  obd.  in  guten  Hss.  begegnet  (vgl.  Hahn  z.  Stricker 
5,  212;  im  Reim  :alhie  Heinr.  v.  Neust.  GZ.  8016)  als  md. 
beliebt  ist,  zb.  Rother  1197.  2385.  u.  o.  Ath.  D.  18.  Tr.  Egid. 
312.  322.  u.  0.  Marienl.  o.  Nrh.  Br.  2,  2.  4,  1.  Lac.  II,  434. 
537.  III,  387.  Höfer  I,  2.  23.  II,  11.  Nordh.  Weist.  A.,  im 
Reim  :  nie  Pass.  E.  434,  85.  Nebenformen  hierzu  sind  di 
Friedb.  Kr.  1,  18.  Alex,  (die  gewöhnliche  Form).  Pilat  o. 
Marienl.  o.  Höfer  I,  1.  2.  Griesh.  Dkm.  10.  ff.  Elis.  o. 
Köditz  0.  —  dei  Annol.  25.  Rol.  85,  24.  Lac.  III,  80.  dey 
Lac.  II,  1065.  III,  247.  261.  669.  Ennen  I,  388.  —  dee 
Lac.  III,  602.  de  Rother  2083.  Höfer  I,  6.  Lac.  II,  435.  506. 
III,  180.  220.  Ennen  I,  388. 

Bei  Tonlosigkeit  schwächt  sich  die  zu  de,  vgl.  Parz.  D. 
209,  11.  228,  15.  327,  21.  In  dieser  Form  verschmilzt  es 
sich  in  Vorlehnung  vocalisch  anlautendem  folgendem  Worte, 
zb.  daventiure,  derde. 

Nom.  N.  da^f  in  tonloser  Stelle  de^,  zb.  Iw.  B.  460. 1836. 
3668.  Walth.  AC.  12,  26.  AB.  22,  15;  auch  di^  zb.  Annol. 
187.  328.  443.  f.  525.  dis  Mone  Z.  8,  20.  In  ProcUsis  mit 
Aphäresis  wird  es  ejsf  iz,  zb.  e^  swert  MS.  2,  155**.  ez  volch 
Pass.  13, 68.  ijs  gestuole  Mh,!).  124.  t>  i^^n  Mülh.  R.  32 ;  accu- 
sativ.  es  brot  Pass.  H.  33,  22.  an  i^  lant  Annol.  230.  uffiz 
gras  Ath.  E.  4.  uf  es  veU  Pass.  H.  188,  70 ;  und  weiter  sich 
verschleifend  an^,  üfz  u.  s.  w. 

Mit  folgendem  ist  oder  einer  mit  i  (e)  anlautenden  Prono- 
rainalform  verschmilzt  sich  daz^  Es  ergeben  sich  daz  ist :  däst 
dest  deist,  daz  ich  :  deich,  daz  er  :  deir  dSr,  daz  ez  :  deiz, 
daz  es  :  des  deis.    Mhd.  Wb.  I,  313.  f. 

Unverschobenes  dat  kommt  dem  ripuarischen  Dialect  zu, 
es  hat  aber  in  den  Schriftwerken  an  daz  einen  vordringlichen 
Nebenbuhler.  Das  Verhältnis  von  dat  zu  daz  ist  in  den 
verschiedenen  Denkmälern  sehr  verschieden.  In  dem  mfrk. 
Legendär  steht  nominat.  that  9  mal  gegen  7  mal  thaz,  accus. 
that  38  mal  gegen  19  mal  thaz  (Busch  in  d.  Z.  f.  d.  Ph.  X, 
394).    Im  Strassburger  Alexander  findet  sich  ein  einziges  dat 

Weinhold,  mittelhochd.  Gramm.  2.  Aufl.  34 


530 

§  482.  Im  Eeim  steht  dat  :  gät  Roth.  4386.  Geschwächte  Formen 
sind  det  Ennen  I,  345.  did  Annol.  242.  (acc.)  326.  —  Ansser- 
halh  Ripuariens  belegt  sich  der  alte  Gonsonantenstand  durch 
dat  Höfer  II,  109  (Engers).  Arnst.  Ml.  6,  4.  Höfer  I,  12. 
13.  II,  131.  158  (Sayn).  Höfer  I,  2.  II,  1.  32.  36.  37.  54. 
66.  73.  103.  112.  123  (Moselland).  Ebersbach  800  (Limburg). 
Pilat.  575.  Pass.  H.  15,  36.  det  Rud.  23,  12.  Vgl.  §  197. 
§483.  §  483.     Gen.  M.  N.  des,   obd.   und  md.   erscheint  die 

verdünnte  Nebenf.  dis.    Beide  sind  reimfahig,  vgl. 

G.  N.  des  :  Achilles  Herb.  3543.  Erlös.  1943.  :  Bares  Herb.  14946. 
:  Macedones  Alex.  2271.  :  Xerses  Herb.  4053.  —  dis :  is  Mastr.  Ostersp. 
680.  :gems  Karlm.  334,  9.  Ostersp.  1150. 

des  verschmilzt  sich  nach  Aphseresis  des  d  (es  für  des 
schon  bei  Otfr.  VP.)  in  Proclise  und  Enclise,  vgl.  säbents, 
shüneges,  smorgens,  sheldes,  eis  vicmtes  Annol.  807.  —  üjs^s 
heidens  her  Parz.  D.  786,  20. 

Eine  verstärkte  und  erweiterte  Form  desse  (Diut.  2,  280) 
wird  erst  nach  der  mhd.  Zeit  häufiger  und  zu  desses  und 
dessen  verunstaltet. 

Gen.  F.  dere  im  12.  Jh.  häufig,  gemeinmhd.  der,  ver- 
dünnt dir.  In  alem.  Schriften  selbst  der  späteren  Zeit  (15. 
16.  Jh.)  begegnet  alterthümliches  dero,  AGr.  S.  460. 

Dat.  M.  N.  deme  ist  im  12.  Jh.  und  noch  im  13.,  nament- 
lich md.,  nicht  selten,  zb. 

deme :  weme  MF.  175,  19.  Herb.  16747.  ;  zeme  MS.  2,  210».  ;  gezeme 
Herb.  6205.  Mart.  156,  54.  —  Walth.  30,  25.  35,  2.  46,  6.  Engelh. 
1352.  —  Marienl.  o.  Lac.  IE,  172.  275.  279.  Myst.  I,  3.  ff.  Höfer  I,  6. 
18.  24.  n,  11.  HU.  I,  155.  201.  558.  574.  936.  1143.  H,  883.  IH,  1061. 
Böhmer  532.  Cd.  Sax.  H.  6,  27.  Kath.  166.  Jungfr.  181.  —  demi  Mtilh.  E. 
27.  32.  —  Md.  Nebenf.  dime  Mülh.  R.  32.  dimi  29.  dieme  Lac.  H,  434. 
1064.  deime  Roth.  244.  Lac.  HI,  172.  Höfer  H,  73.  deim  Lac.  m,  425. 
505.  630.  Ennen  I,  335.  ff. 

Enclitisch  schmilzt  bei  Apheeresis  des  d  der  als  Artikel 
verwante  Dativ  dem  zu  em  oder  m  zusammen,  zb.  die  Ver- 
schmelzungen mit  Präpositionen  anme  amme  ame,  inme  imme, 
iseme  zem,  vonme  vomme  vom,  nächme,  üfme  üfem,  üjseme 
üzem,  hinderme  hinderm,  geinme  geim. 

Schon  im  11/12.  Jh.  findet  sich,  meist  in  md.  Schriften, 
die  accusative  Form  den  für  dem,  zb.  Augsb.  Schenk.  (Wackem. 


531 

leseb.  5    326,    4).   mfrk.  Legendär  262  {then,   sonst   themo).  §483. 

Friedb.  Kr.  F.  2,  4.  Roth.  1409.   2872.   5039.  5509.   6574. 

Alex.  152.  1011.  1212.  1700.   1746.  2636.  2827.  u.  ö.   Ath. 

A*  104.  grRud.  4,  4.  Tr.   Egid.  304.   463.  474.   Pilat.  602. 

Glaube  989.  Herb.  1221.  1409.  5039.  5509.  6574.  Höfer  I,  2. 

Lac.  II,  357.  376.  515.  III,  60.    MSB.  145.   MSH.  2,  259^ 

Haupts  Z.  Vn,  142.     Es  scheint  hier  in  der  That  die  Ver-  . 

drängung   des  Dativs   durch  den  Accusativ    vorzuliegen,    da 

zb.  then    für  themo  sich   nicht  durch   den  Übergang   von   m 

zu  n  erklären  kann. 

der  für  dem  Roth.  631.  Herb.  4476.  5674  kann  nur  Schreibfehler 
sein,  ebenso  der  für  Acc.  den  Herb.  10156.  15164,  wo  der  sogen,  rhei- 
nische Accusativ  (Hildebrand  bei  Zacher  Z.  I,  442.  Bossler  ebd.  H,  190. 
Tobler  ebd.  IV,  375—400)  nicht  zu  suchen  ist. 

Acc.  M.  den,  verdünnt  din  (AGr.  S.  461.  BGr.  S.  376), 
schwindet  in  Enclise  an  Präpositionen  zu  in  en  oder  n,  vgl. 
umben,  ummin,  üfen,  übern  undern. 

An  betonter  Stelle,  namentlich  im  Reim  gebraucht,  wird 
den  mitunter  gedehnt,  vgl.  den  :  gen  Otack.  c.  374.  629. 
;  sten  Helbl.  7,  434.  —  Erweitert  durch  epithetisches  e  findet 
sich  zuweilen  dene  zb.  Rother  1034.  1053.  1539.  2060. 

Aus  dem  Dat.  PI.  (vgl.  §  484)  übertragen  scheint  alem. 
dien  für  den,  AGr.  S.  461,  eine  Nebenf.  dazu  dein  Wst.  1, 
439.  Beide  Formen  begegnen  auch  niederfränkisch,  von  wo 
sie  einzeln  in  das  Ripuarische  übertraten. 

Acc.  F.  die,  daneben  obd.  md.  di,  gekürzt  di  und  de, 
welche  proclitisch  mit  vocal.  anlautendem  Worte  verschmelzen: 
-üf  derde  u.  a.  Betontes  und  gedehntes  de  findet  sich  u.  a. 
Rother  81,  Ath.  A°  15.  Im  mfränk.  Legendär  ist  the  die 
durchgehnde  Form  für  Nom.  Acc.  Sg.  Fem.  und  für  N.  A.  PL 
MFN;  Busch  bei  Zacher  Z.  X,  394. 

Wie  die  accus.  Form  die  in  den  Nom.  F.  Sg.  übergreift 
(§  482),  so  die  nominative  in  den  Accusativ,  vgl.  Acc.  diu 
Griesh.  Dkm.  26.  Annol.  350.  696.  700.  du  AGr.  S.  461. 
deu  BGr.  S.  376.  md.  du  Arnst.  Ml.  3,  9.  4,  17.  5,  56. 
Marienl.  o. 

Acc.  N.  da0,  des;  dat  §  482. 

34* 


532 

§483.  Der  Instrumental  ist  nur  imNeutr.  erhalten,  in  prä- 

positionalen  und  comparativen  Formeln:  after  diu,  an  diu^ 
he  diu,  von  diu,  in  diu,  in  alle  diu,  inner  diu,  mit  diu,  mit 
alle  diu,  nah  diu,  umbe  diu,  under  diu,  ze  diu.  —  er  diu, 
sU  diu,  des  diu,  diu  haz,  diu  geliche,  diu  me  u.  a.  VgL 
Mhd.  Wb.  I,  316.  BGr.  S.  377.  —  Bair.  Form  des  Instr. 
ist  deu,  BGr.  S.  377;  md.  im  12.  Jh.  du  vgl.  Amst.  Ml. 
1,  11.  5,  7.  20.  Alex.  2765.  Roth.  1014  1801.  1865.  1889. 
4375.  u.  ö.,  später  die  (di)  zb.  sint  die  :  knie  Tristr.  902. 
des  die  Pass.  209,  14.  des  die  haz  Lac.  III,  576.  die  ba^ 
ebd.  in,  717.  die  Ithtere  Marienl.  101,  31.  die  trüwelicher 
gunstelicher  Lac.  III,  542.  die  minre  Elis.  7120.  dl  me 
Elis.  2272.  di  beldeclicher  2365.  di  lobelicher  4643.  des  dt 
Haupt  XV,  387.  Eine  ältere  md.  nd.  Nebenform  von  die  =  diu 
ist  de  :  von  de  Griesh.  D.  29.  theste  Willir.  lugd.  27,  20.  des 
dS  ebd.  vratisl.  des  dS  baz  Friedb.  Kr.  G.  1,  16.  de  baz 
Hagen  3745.  Elis.  2272.  Lac.  III,  489.  529.  des  di  mä  Elis. 
8040.  de  me  Hagen  1856.  dhe  gelich  Braunschw.  Reimkr. 
3507.  di  vaster  Lac.  III,  563.  de  sichire  HU.  III,  1421 
(Mainz),  di  sicherre  ind  de  velicher  Harff  3,  6.  —  Die 
Länge  des  i  in  di  ward  oft  genug  durch  Tonlosigkeit  ge- 
fährdet, und  aus  der  gewöhnlichen  Verbindung  mit  Compara- 
tiven ward  auf  deste  zuweilen  comparative  Form  übertragen: 
zb.  dester  baz  Nib.  102,  1.  441,  3.  Walth.  28,  33.  Trist.  7391. 
dester  gerner  Lampr.  Syon  2870  LG.  dester  bereiter  Jüdel 
129,  47.  Die  weitere  Folge  war  Flexion  von  dester,  vergl. 
mit  desterem  groezerem  ernste  und  mit  dester  groezer  minne 
Griesh.  D.  56. 

§484.  §  484.     Plur.  Nom.  Acc.  M.  F.  die.    Daneben  steht  in 

md.  Denkmälern  des  12.  13.  Jh.,  aber  auch  obd.,  di  zb.  Friedb. 
Kr.  E.  F.  Alex.  Rol.  Elis.  Herm.  v.  Fritslar.  Mülh.  R.  o. ; 
Nib.  C.  2138.  A.  1561,  1.  Bei  Tonlosigkeit  schwächt  sich 
di  zu  de,  das  in  Proclise  mit  vocalischem  Anlaut  leicht  ver- 
schmilzt, zb.  danderen,  dirsten,  —  Von  diesem  verstummenden 
de  zu  scheiden  ist  de  =  die,  das  md.  nicht  selten  ist :  grRud. 
3,  3.  Lac.  n,  357.  376.  1011.  Ennen  I,  o.  Karlm.  o.  Spiegelb. 
265,  24.  269,  25.    dee  Lac.  III,  151.  505.     Dazu  die  Nebenf. 


533 

dei  Höfer  II,  18.  Lac.  III,  80.  261.  382.  400.  694.  —  Unecht  §484. 
aus  dem  Neutr.  übertragen  ist  alem.  du  AGr.  §  419. 

Nom.  Acc.  Neutr.  äiu,  bair.  deu;  md.  du,  zb.  Friedb. 
Xr.  F.  1,  3.  Hildeg.  Geb.  2*,  doch  auch  obd.  duv  Vorauer  Ged. 
93,  5.  99,  12.  118, 13.  du  Martina  106, 11.  166, 102.  —  Zur 
Ausgleichung  mit  M.  und  Fem.  ward  auch  für  das  Neutr.  die 
gebraucht  obd.  wie  md.,  zb.  Milst.  11,  5.  Vorauer  Ged.  269, 16. 
Reinh.  626.  Nib.  A.  515,  1.  Parz.  G.  447,  7.  Wilh.  160,  6. 
Frauend.  20,  17.  Wildon  3,  465  (Kummer).  Bari.  BE.  20,  28. 
Amis  593.  1257.  —  Arnst.  Ml.  2,  3.  6,  5.  Ath.  A*  132.  133. 
Rud.  1,  1.  19,  22.  —  Dazu  die  erleichterte  Form  di,  zb.  Parz. 
D.  447,  7.  Schottenurk.  235.  —  Friedb.  Kr.  A*.  16.  E.  1,  1. 
H.  2,  4.  Alex.  o.  Ernst  A.  II,  51.  Höfer  I,  6.  Weitere 
Schwächung  ist  de,  das  proclitisch  mit  folgendem  Worte  ver- 
schmilzt, zb.  dougen.  —  Eime  Nebenform  von  die  war  de 
Ath.  A°  5,  the  mfränk.  Legendär.  Häufiger  ist  dei  bairisch 
öowol  im  11.  12.  Jh.,  als  md.,  vgl.  BGr.  §  364;  Rol.  85,  24. 
Lac.  III,  80.  382.  400. 

Gen.  M.  F.  N.  dere  im  12.  Jh.  noch  nicht  selten,  vgl. 
auch  die  Reime  ;  here  Alex.  4066.  ;  mere  3250.  ;  spere  1997. 
Die  alem.  alterthümliche  Form  dero  ist  in  der  ganzen  mhd. 
Periode  verbreitet,  AGr.  §  419.  Die  gewöhnliche  mhd.  Form 
ist  jedoch  der;  md.  ist  sie  oft  zu  dir  geschwächt. 

Dat.  M.  F.  'S.  den,  zuweilen  zu  din  geschwächt,  zb. 
Annol.  132.  599.  Enclitisch  verschmilzt  sich  den  zum  Theil 
mit  Aphärese  den  Präpositionen:  mitten,  üfen  u.  s.  w. 

Die  alem.  Form  ist  dien,  sogar  im  Reim  :  £iien  Lanz. 
5715,  AGr.  S.  463.  Altes  din  (ahd.  dem  altn.  peim  got.  paim) 
hat  sich  darin  diphthongisch  gespalten. 

§485. 


§  485. 

Sg.  N.  M. 

dise  diser  dirre 

F.  disiu 

N. 

ditee  diz  dii^ 

G. 

dises  disses  dis 

diser  dirre 

dises 

D. 

diseme  disem 

diser  dirre 

diseme  disem 

A 

disen 

dise 

ditze  diz  dis; 

PI.  N.  A. 

dise 

dise 

disiu 

G. 

diser  dirre 

D. 

disen 

534 

§  4d5.  Über  die  Zusammensetzung  dieses  Bemonstrativpronomen» 

aus  zwei  Bemonstrativstämmen  tja  und  sa  Bopp  Gr.  §  357. 

Sg.  Kom.  M.  Bie  älteste  und"  allein  echte  Form  (ohne 
adjectiv.  Endung  -r)  ist  dise,  die  indessen  nicht  die  gewöhn- 
liche mhd.  Form  war.  Sie  lässt  sich  jedoch  aus  allen  Mund- 
arten, namentlich  aus  den  md.  belegen,  vgl.  Wack.  Pr.  56,  4- 
mit  Apocope  dis  :  gewis  Otack.  c.  455.  542.  571.  —  Alex.  2282. 
3527.  Roth.  3517.  Höfer  I,  24.  26.  Kath.  sp.  162.  disse 
Kölner  Cronica  o.  —  Höfer  II,  52.  Haupt  Z.  IX,  263.  Lac. 
II,  435.  Repg.  Cr.  25.  32.  Karlm.  206,  5.  —  Bialectliche 
md.  Formen:  ^Äe^e  mfrk.  Legend.  715.  dese  lia,t]i,  171.  Kölner 
Cronica  9.  152.  208.  desse  Nordh.  Weist.  B.  8.  deis  Höfer 
n,  141.  Lac.  ni,  358.  düse  Ennen  III,  476.  dus  Höfer  II,  115. 
düs  II,  73.   duis  Haupt  Z.  IX,  263.    düis  Höfer  II,  131. 

dis  er  wird  im  12.  13.  Jh.  ^weniger  gebraucht  als  vorher 
und  nachher.  Neben  diser  erscheint  auch  disser.  Mundart^ 
liehe  Variationen  sind  deser  Lac.  III,  180.  Sei.  Tr.  20*.  217^. 
Harff  0.  Kölner  Cronica  o.  desir  Cd.  Sax.  IL  6,  82.  deiser 
Höfer  II,  140.  doser  Nordh.  Weist.  B.  8.  dusir  Höfer  II,. 
32.  36.  Musk.  8,  268. 

Aus  disre  entstund  durch  Assimilation  dirre,  die  ge- 
wöhnliche mhd.  Form ;  Reimbelege  :  clamirre  Helmbr.  446. 
:irre  Engelh.  509.  trKr.  27776.  Lieders.  24,  1278.  dierre : 
pateliiere  Wh.  223,  9.  —  Eine  md.  Nebenf.  derre  Alex.  315 
und  im  Reim  t  here  2882  (sonst  wird  im  Strassb.  Alex,  dirre 
geschrieben).  Höfer  II,  175.  —  Apocopirtes  dirr,  dir  ist  obd. 
und  md.  nicht  selten :  AGr.  S.  464.  BGr.  §  365 ;  dir  Alex. 
5502.  HTrist.  2833.  Höfer  II,  37.  53.  Ebersbach  878.  dur 
Höfer  II,  109. 

Nom.  F.  disiu,  bair.  diseu;  im  12.  13.  Jh.  bereits  ist 
mit  geschwächter  Endung  dise  nicht  selten,  vgl.  AGr.  S.  464. 
BGr.  S.  379.  Hahn  kl.  Ged.  des  Stricker  S.  95.  Seit  14.  Jh. 
wird  dise  sehr  gewöhnlich.  Md.  Nebenformen  sind  dese  und 
duse,  zb.  mfrk.  Legend,  these  (nach  dem  Acc.  Sg.).  dese  Cd.  SiL 
IX,  240.  Höfer  II,  66.  73.  dtise  Musk.  5,  49.  58,  24.  Mit 
verstärkter  Consonanz  disse,  zb.  Spiegelb.  266,  28.  Ennen 
I,  263.  Harff;  desse  Cd.  Sax.  IL  6,  68;  andre  Nebenf.  sind 


535 

diesse,  deisse.  —  Apocopirtes  dis  erlaubte  sich  schon  Wolfram,  §  485. 
dann  der  Stricker  und  namentlich  Konrad  v.  Würzburg,  vgl. 
Hahn   Stricker  kl.  G.    S.  95.    Haupt  z.  Eügelh.  191.     AGr. 
S.  464.   BGr.  S.  379. 

Nom.  Acc.  N.  Die  älteste  hochd.  Form  ist  dit^e.  Sie 
ist  bairisch  noch  im  12.  Jh.  häufig,  auch  im  13.  Jh.  begegnet 
sie  noch,  vgl.  AGr.  BGr.  a.  a.  0.     Einige  Reimbelege: 

Nom.  ditze :  hitze  Krone  3393.  Dietr.  Fl.  9506.  :  sitze  wGast  6672. 

Acc.  ditze : geislitze  Helmbr.  474.  -.sitze  Laber  291,  2.  :  witze 
j.  Tit.  483,  2. 

Gewöhnlicher  ward  einsilbiges  ditjsi,  di^,  dessen  jsf  auch 
in  scharfes  s  {t;)  tibergeht.  —  Der  Gebrauch  dieser  beiden 
Formen  {dijsf,  di^)  ist  verschieden :  im  bair.  Dialect  herscht  der 
scharfe  Auslaut  ^,  vgl.  u.  a.  ditjsf :  wit^  Helbl.  6,  71.  Otack.  c. 
687.  689.  733.  ;  Kostnitz  Otack,  c.  694.  797.  ;  Leibnitz  c.  393. 
;  slitz  c.  738.  Bei  Suchen wirt  erscheint  noch  ditz,  Koberstein 
II,  66.  Das  erste  bair.  Beispiel  von  dii;  gibt  meines  wissens 
der  Teichner  (Lieds.  281,  120  di^ :  ungewis).  —  Alemannisch 
scheint  di^  vorgezogen  worden  zu  sein,  vgl.  di^ :  gehii,  Flore 
2869.  .mii,  trKr.  27769.  :  spii,  Engelh.  2214.  :  gewis  Mart. 
210,  43.  Dass  Eudolf  v.  Ems  diu,  sprach,  zeigte  Haupt  z. 
Engelh.  545.  Yon  den  alem.  Schreibern  wird  häufig  dis 
gesezt.  —  Md.  begegnen  ditz  und  dii, 

zb.  dii  :  Uz  Erlös.  1618.  :  si%  Ulr.  Wh.  2157.  3344.  —  disz 
Böhmer  432.  Nordh.  Weist.  B.  25.  dis  HU.  HI,  1012.  1051.  Ebersbach  626. 
Böhmer  523.  Köditz  C.  1,  5.  Eückert  Entw.  248.  —  ditz  Henneb.  U.  I, 
93.  98.  dicz  HU.  HI,  1112.  Cd.  Sax.  H.  6,  174.  Köditz  1,  5. 

Jüngere  Erweiterungen  durch  adjectiv.  Flexion  wurden 
ditzes  disses  dises. 

Die  karacteristische  md.  Form  des  Neutrums  zeigt  un- 
verschobenes  t.  Zweisilbiges  ditfe  (dem  ditze,  altn.  petta 
entsprechend)  kenne  ich  nur  aus  Nordh.  Weist.  A.,  aber  ein- 
silbiges dit  ist  häufig;  einige  Belege  für  N.  A. 

Büdl.  Eheingau  dit  HU.  I,  540.  608.  700.  diet  722.  —  Wormsfeld 
HU.  m,  1304.  Mainz  Höfer  I,  18.  Spanheim  Höfer  H,  52.  53.  —  Wetterau 
mid  Lahngau:  Laubacher  Bari.  o.  HU.  I,  201.  244.  454.  519.  769.  836. 
864.  874.  1107.  1124.  1139.  1217.  Höfer  I,  9.  12.  13.  H,  131.  Böhmer 
617.  623.  644.  659.  Ebersbach  878,  heute  noch  wetterauisch  deatt  neben 
deatz  (Weigand).  —  Hessen:  Athis  A.  16.  41.  64.  C*  94.  121.  E.  2.  10. 


536 

§  485.  Herb.  8570.  11339.  15154.  Hü.  I,  958.  Höfer  H,  160.  Herrn,  v.  Fritsl.  o. 
Alsfeld.  Sp.  0.  —  Thüringen:  grEud.  6,  10.  24.  lä,  23.  22,  1.  26,  1. 
Fass.  H.  13,  64.  218,  60.  219,65  und  herschend,  im  Beim  auf  glit  275,  90. 
auf  trü  Pass.  K.  243,  97.  —  Ebern.  949  (dut  426.  1051).  Secundus  509. 
Höfer  I,  1.  22.  24.  26.  27.  H,  59.  Cd.  Sax.  H.  8,  17.  Mülh.  E.  Kath. 
161.  164.  168.  Haupt  XV,  385.  391.  u.  ö.  Köditz  C.  2,  15.  CG.  63,  13. 

—  Meiflsen  Cd.  Sax.  H.  8,  77.  —  Preussen  Jerosch.  8914. 9559. 14419.  u.  ö. 

—  Moselland  dit  Silv.  113.  316.  u.  ö.  Höfer  I,  1.  2.  diet  Tr.  Silv. 
27.  60.  —  vgl.  §  197. 

In  Hipuarien  herscht  dit  durchaus,  dijs  und  ^is  kommen 
freilich  daneben  in  allen  Schriften,  aber  in  verschiedenem 
Prozentsatz  vor,  so  hat  das  mfrk.  Legend.  4  thit  neben  5  thiz. 
§486.  §  486.     Gen.  Sg.  M.  N.  dises.    Neben  dieser  gemein- 

mhd.  Form  sezt  sich  die  ahd.  herschende  mit  ss  noch  fort: 
disses,  und  mit  explosivem  Beisatz  düjses  dizzes.  Durch 
Apocope  des  s  entsteht  disse,  zb.  Erec  317.  4749.  4966. 
Greg.  1776.  3575.  Kl.  C.  1368.  Parz.  g.  456,  20  und  durch 
Abstoss  der  ganzen  Endung  ditis,  diss,  dis, 

Obd.  Belege  AGr.  S.  465.  BGr.  S.  379.  Md.  Belege  für  düses  zb. 
HU.  m,  805. 1069. 1177.  Pilat.  379.  Herb.  3239. 13816.  Pass.  H.  219,  56. 
dissis  Germ.  XVU,  345.  Haupt  XV,  389.  desses  Cd.  Sax.  H.  6,  54. 
desm  Nordh.  Weist.  A.  24.  —  disa  Myst.  I.  179,  13.  u.  o.  Lac.  HI,  617. 
Wierstr.  dißs  Cd.  Sax.  H.  6,  117.  —  diz  HU.  HI,  1163.  1190.  1494. 
Böhmer  253.  —  dicz  Henneb.  ük.  H,  76.  Cd.  Sax.  H.  6,  47.  —  dis :  is 
Pass.  K.  4,  71.  —  HU.  H,  866.  IH,  1409.  Herb.  8307.  12328.  Marienl.  o. 
Hagen  210.  Lac.  IH,  80.  220.  364.  482.  657.  dys  Cd.  Sax.  H.  6,  35. 

Neben  dises  gehn  md.  die  Formen  deses,  desis  nebenher, 
vgl.  die  andern  Casus. 

Gen.  F.  di^ere  im  12.  Jh.  noch  nachweislich,  diser  im 
12<  13.  f.  Jh.  im  Brauch,  md.  Nebenf.  deser  Höfer  II,  91. 
Jungfr.  183.  Hagen  209.  Lac.  lU,  533.  617.  744.  duser 
Musk.  2,  57.  Mit  Verstärkung  des  Inlauts  disser.  Die  ge- 
wöhnliche mhd.  Form  ist  dirre,  assim.  aus  disre,  bair.  auch 
dierrej  md.  Nbf.  derre  Secund.  512.  Höfer  II,  175.  dürre 
Jungfr.  183.    Apocopirte  Formen  dirr,  dir:  AGr.  S.  465. 

Dat.  M.  N.  diseme  (disimo  AnnoL  765.  disime  Ath. 
A.  77).  Cd.  Sax.  II.  6,  6  (1306).  Nbf.  dieseme  Böhmer  460.  472. 
deseme  Höfer  II,  3.  119.  Lac.  III,  180.  dtiseme  Mülh.  R.  45. 
Mit  consonantischer  Verstärkung  disseme  Höfer  I,  26.  dissime 
Henneb.  U.  II,  83.    desseme  Roth.  1983.  Nordh.  Weist.  B.  18. 


537 

Mit  Syncope  disme  Nbf.  diesme  Höfer  II,  80.   Böhmer  §486. 
253.    desme  Höfer  II,  175.  Lac.  III,  930.    deisme  Ennen  I, 
243.  Lac.  III,  266.  358.    dusme  Höfer  II,  66.  169. 

Apocopirtes  disem  ist  die  gewöhnliche  mhd.  Form.  — 
Md.  Nbf.  diesem,  zb.  Cd.  Sax.  II.  6,  27.  diesim  42;  desem, 
zb.  Spiegelb.  268,  13.  Cd.  Sil.  IX,  239.  256.  desim  Cd:  Sax. 
IL  6,  23.  dusem  Musk.  33,  13,  48,  1.  u.  o.  —  Mit  Ver- 
stärkung des  s :  dissem  Cd.  Sax.  IL  6,  43.  diessem  Böhmer 
724.    dessem  Henneb.  Uk.  I,  177. 

Mit  Verdünnung  des  Flexionsoonsonanten  zuweilen  disen, 
zb.  thesen  mfrk.  Legendär  123,  disen  Glaube  2174;  diesin 
Henneb.  Uk.  I,  154.    dusin  Ebersb.  626. 

Dat.  F.  (gleich  dem  Gen.)  disere,  apocopirt  diser;  md. 
^Nebenformen  deser  Kath.  163. 169.  Köditz  o.  Spiegelb.  280, 15. 
Hagen  217.  Lac.  III,  60.  180.  278.  474.  617.  desir  Cd.  Sil. 
IL  6,  68.  deiser  Lac.  III,  180,  duser  Musk.  o..  Sei.  L.  227. 
—  Mit  consonantischer  Verstärkung  disser  HU.  I,  1090. 
Spiegelb.  280,  15.  Lac.  III,  463.  Kölner  Cronica  o.  diessiir 
HU.  I,  1217.  desser  Secund,  334.  deisser  Lac.  III,  247. 
dussir  HU.  I,  1237. 

Die  gewöhnliche  mhd.  Form  ist  dirre,  apocopirt  dir,  — 
Md.  Nebenf.  dierre  Ernst  A.  IV,  42.  derre  Secund.  437. 
Harff  3,  27.  deirre  Lac.  III,  180.  dürre  Mülh.  E.  27.  Kath. 
167.  168.  —  Mit  unechter  adjectiv.  Endung  obd.  und  md. 
dirrer  Wiener  Sitz.-Ber.  XCIV.  197,  25.  HU.  III,  1065  (1336. 
Mainz),    derrer  Roth.  375. 

Acc.  M.  disen;  md.  Nebenformen  disin  Annol.  739. 
diesen  Roth.  696.  diesin  Cd.  Sax.  IL  6,  34.  thesen  mfrk. 
Legend.  113.  446.  desen  HU.  I,  479.  579.  755.  1024.  III, 
999.  1023.  Böhmer  508.  Höfer  II,  3,  119.  137.  172.  Lac. 
II,  786.  1011.  III,  15.  22.  Cd.  Sil.  IX,  236.  desin  Cd.  Sax. 
IL  6,  39.  deisen  Lac.  III,  47.  80.  124.  172.  dusen  Höfer 
II,  109.  Musk.  30,  69.  Lac.  HI,  48. 172,  düsen  Höfer  II,  142. 
dw^iw  HU.  III,  1152.  düsin  Höfer  II,  21.  27.  32.  —  Mit 
Verstärkung  des  s  dissen,  vgl.  AGr.  S.  466.  HU.  I,  758. 
994.  III,  963.  Ebersb.  841.  855.  Henneb.  Uk.  I,  98.  Cd.  Sax. 
II.  6,  43.   Nordh.  Weist.  A.  1.     disssen  Cd.  Sax,  IL  6,  48. 


538 

§  486.  dyssen  Cd.  Sax.  II.  6,  35.  diessen  Böhmer  724.  diessin  Cd. 
Sax.  II.  6,  69.  dessen  Rother  1079.  Nordh.  Weist.  A.  24. 
Cd.  Sax.  II.  6,  121. 

Aco.  F.  dise,  häufig  apocopirt  obd.  dis  vgl.  AGr.  8.  466. 
Mit  unechter  nominativer  Endung  im  Bairischen  zuweilen  diseu 
BGr.  S.  380.  —  Md.  Nebenformen  dese  Jungfr.  182.  Kath. 
162.  167.  Spiegelb.  268,  33.  Hagen  219.  Sei.  Tr.  17*.  duse 
Böhmer  253.  Arnst.  Ml.  10,  10.  Musk.  78,  59.  Marienl.  34, 
29.  u.  ö.  Mülh.  R.  50.  —  Mit  Consonantverstärkung  zuweilen 
disse  (apocop.  diss):,   Nebenf.  desse  Roth.  478.  Secund.  139. 

Das  auffallende  diusi  Annol.  750  kann  aus  schwanken 
des  Schreibers  zwischen  disi  und  dtisi  entstanden  sein.  Doch 
erinnert  es  auch  an  alts.  thius  und  den  im  Strassburger 
Segen  (Denkm.  IV,  6)  erscheinenden  Acc.  titisa  tiosa,  vgl. 
auch  dheasa  Isid.  41,  1. 

Acc.  N.  ist  gleich  dem  Nom. 
§487.  §  487.     Plur.   Nom.    Acc.   M.  F.   dise;  mit  Apocope 

oberdeutsch  nicht  selten  dis;  Österreicher  vom  Ende  des  13.  Jh. 
erlauben  sich  dis  sogar  im  Reim,  vgl.  dis  :  Paris  Otack.  c.  303. 
;  wis  Helbl.  4,  479.  :  gewis  Otack.  c.  82.  303.  399.  458.  BGr. 
§  366.  AGr.  §  421'. 

Die  Nebenformen  sind  dieselben  wie  im  Sg.,  also  md. 
dese  deise  duse,  obd.  und  md.  mit  Consonanten Verstärkung 
disse,  desse.  In  dem  mfrk.  Legend,  kommt  für  Nom.  M.  PL 
dreimal  these,  einmal  thiese,  für  das  Fem.  zweimal  these,  ein- 
mal thise  vor. 

Obd.  dringt  zuweilen  die  neutrale  Endung  -iu  in  das 
M.  F.  ein,  AGr.  §  421. 

Nom.  Acc.  N.  disiu,  bair.  diseu,  obd.  und  md.  nicht 
unhäufig  zur  Ausgleichung  mit  M.  F.  dise  zb.  Rother  4630 
(Annol.  745  disi).  Parz.  2,  23.  Bari.  K.  20,  28.  Silv.  301. 
Mem.  14.  mit  Apocope  dis,  —  Dazu  die  Nebenf.  diese  dese 
deise  duse  (HU.  III,  1152.  Ernst  A.  I,  64.  Mülh.  R  36),  mit 
Schärfung  disse  desse  deisse  (Lac.  III,  266)  dusse  HU.  I, 
1237.  Ebern.  106. 

Gen.  M.  F.  N.  disere,  diser,  dazu  die  Nebenf.  dieser 
deser  deiser  duser  und  disser.   Die  gewöhnliche  mhd.  Form  ist 


539 

dirre,  md.  Nbf.  derre  zb.  Roth.  671.     Mit   falscher  adject.  §487. 
Endung  dirrer  zb.  Stricker  kl.  Ged.  7,  61. 

Dat.  M.  F.  N.  disen,  dazu  die  gewöhnlichen  Neben- 
formen disin,  diesen  desen  (thesen)  deisen  diesen;  dissen, 
wie  im  A.  Sg.  M. 

§  488.  §488. 

jener  jeniu  jenem 
obd.  häufig  ohne  j:  ener  -iu  -eis,  elsässisch  und  mitteldeutsch 
dagegen  gen  er  -iu  -ee,  Mhd.  Wb.  I,  771,  mit  den  Neben- 
formen gienir  Tr.  Egid.  657.  giner  Tr.  Egid.  103.  190.  517. 
525.  701.  Nie.  v.  Basel  82.  87.  HU.  III,  1257  (Worms). 
Höfer  I,  29.  Lac.  III,  713,  Ennenl,  117.  gremer  Rother  2989. 
Haupt  Z.  IX,  263.  gheiner  Lac.  III,  496.  ghiener  Lac.  III, 
496.  768.  Ennen  I,  130  {hienir  Germ.  XVII,  348) ;  zerdehnt 
gehener  (1408)  Cd.  Sax.  IL  6,  66. 

jener  ist  eine  Zusammensetzung  des  Relativstamms  ja 
mit  dem  Demonstr.  na,  Bopp  Gr.  §  376. 

Dies  Fronomen  flectirt  stark  selbst  nach  dem  bestimmten 
Artikel,  der  md.  nicht  selten  vorgestellt  wird,  zb.  der  jener 
Herb.  6461.  Pass.  K.  106,  26.  der  gynre  HU.  III,  1257. 
die  jene  (Nom.  PI.)  Herb.  3643.  der  jener  (G.  PI.)  Alex.  2206. 
—  derjenige  ist  md.  seit  dem  15.  Jh.  nachgewiesen,  vergl. 
Bech  German.  XXVII,  163. 

4.  Fragepronomina. 
§  489.  §489. 

M.  N.  wer  (we  toi  wie)  N.  waz  (wat) 

G.  wes  wes 

D.  wem  wem 

A.  wen  waz 

I.  tviu  (weu) 

Fem.  und  PI.  fehlen.  Die  Formen  des  Masc.  werden 
auch  auf  weibliche  Wesen  bezogen,  und  die  singularen  erschei- 
nen auch  in  pluraler  Verwendung,  vgl.  Nib.  346,  2.  1117,  4. 
Parz.  700,  2.  Iw.  7514.  Glaube  2629. 

Wurzel  für  die  deutsche  Form  des  Interrogativs  ist  hja 
(:  hioja  :  hwi),  für  die  got.  und  nord.  Form  ka  (:  hva)  Bopp  Gr. 
§  388.     Sievers  stellte  Jca  auch  für  das  Deutsche  als  Wurzel 


540 

§489.  auf  und  wendete  die  Formübertragungstheorie  an,  wer  habe 
sich  ganz  nach  der  gebildet;  Paul-Braune  Beitr.  II,  120. 

wer  ist  im  Nom.  M.  die  herschende  Form ;  nur  im  Bipuar. 
findet  sich  als  Grenzform  gegen  das  !Niederfränkische  (alt- 
ndfrk.  huie,  alts.  hue)  we,  selten  wi  Glaub.  2629  und  zu- 
weilen wie,  lezteres  zb.  Rother  3231.  Floyris  64.  Ennen 
I,  95.  Lac.  III,  167.  wei  Ennen  III,  158.  Im  Thüringischen 
begegnet  ebenfalls  als  Grenzform  wi  Mülh.  E.  53.  Eath.  161. 
Jungfr.  177.  wy  Henneb.  TJ.  II,  148.  Das  wir  Litan.  S.  492 
entspricht  dem  dir  =  der. 

Zu  dem  K.  was  ist  wat  md.  I^ebenform.  In  Bipuarien 
herscht  es,  wenn  auch  in  den  Schriften  Ton  was  begleitet. 
Dann  lässt  es  sich  den  Ehein  hinauf  verfolgen,  aber  weniger 
hoch  hinauf  und  überhaupt  seltener  wie  dat  und  dit. 

Höfer  I,  12.  13.  H,  158  (Sayn),  109  (Engers).  112  (Coblenz). 
vjad  n,  122  (Boppart).  —  wat  Pass.  H.  31,  93.  Im  Tristr.  557  ist 
wat :  rät  gereimt.    Vgl.  §  197. 

Der  Instrum.  wiu  (bair.  weu,  we  BGr.  §  367)  ist  in 
präposit.  Verbindung  (in,  miif  nach,  umbe,  von,  ze  wiu)  bis 
in  das  14.  Jh.  häufig,  Mhd.  Wb.  III,  567  und  haftet  nament- 
lich bairisch. 

Aus  wiu  mit  sufGigirtem  ie  (aus  eo)  entstund  wie,  das  ala 
Adverb  und  Conjunction  dient.  Md.  Nebenf.  zu  wie  ist  we 
vgl.  Roth.  1057.  2316.  3020.  3228.  u.  o.  Ath.  A^  20.  Nd. 
wb  erscheint  Floyris  252. 

Über  die  mit  M;ör  gebildeten  unbestimmten  Pronomina  §496. 

§490.  §  490. 

weder  wer  von  zwein   (got.  hvdpar  ahd.  huedar  alts. 
hueäar) 
aus  der  Interrogativwurzel   durch    das  Comparativsuffix  tara 
gebildet. 

Im  Nom.  steht  es  oft  unflectirt,  sonst  wird  es  wie  ein 
st.  Adj.  declinirt,  selten  nimmt  es  schw.  Form  an.  Über  die 
Indefinita  aus  weder  §  497. 

welich  (wtUch  wilch)   qualis    (ahd.   hu^Uh  welih  alts. 

huilic  ags.  hvelc  hvylc) 
Composition  aus  einem   interrogativen  Adverb   hva  und 


541 

Uchy  während  in  altn.  hviUkr  got.  hveleiks  Compos.   des  In-  §490. 
Strumentals  mit  leiks  vorliegt.  ~  welich,  weih  toelch  ist  die 
herschende  mhd.  Form.    Im  Alem.  wird  der  gutturale  Auslaut 
gern  verschwiegen :  wel,  flect.  weler  -iu  -?.     Auch  md.  findet 
sich  wel  zb.  Elis.  2041.  5331.  7873  u.  ö.  wil  Böhmer  532. 

Beliebte  md.  Form  dieses  Interrogativs  ist  wilich,  zb. 
Annol.  782.  Alex.  4176.  Roth.  2207.  Marienl.  o.  Rud. 
25,  2.  HU.  III,  1218.  Elis.  1069.  Mülh.  R.  53.  In  obd.  Hs. 
Kaiskr.  W.  5243  wilich,  Milst.  105,  6  wilech.  —  Gekürzt 
wüch  wilh  Alex.  21.  1211.  Ath.  A.  148.  Tr.  Egid.  188. 
Höfer  I,  8.  Lac.  HI,  180.  187.  220.  428.  576.  Ennen  I,  398. 
HU.  I,  999.  1047.  1176.  Böhmer  532.  Leipziger  Handschrift  * 
des  Sachsensp.  Mit  doppeltem  l  willich  HU.  I,  601.  Böhmer 
545.  614.  Karlm.  11,  24. 

Eine  seltenere  Bildung  ist  wielich  Kaiskr.  H.  5243. 
Mechthild  fliess.  Licht  S.  18.  23.  Elis.  4468.  HU.  HI,  1177. 
melh  Tr.  Egid.  570.     Vgl.  ahd.  hweoUh  wiolih, 

5.  Belativum. 

§491.  Das  Mhd.  besizt  kein  eigenes  Relativpronomen,  denn  §491. 
dieses  ist  dem  Grermanischen  überhaupt  früh  abhanden  ge- 
kommen. Die  Vertretung  des  Relativums  übemam  das  Demon- 
strativum  der  diu  dasr;  auch  das  Demonstrativadverb  so  (cdsö 
als)  diente  dafär.  Nach  persönlichen  und  demonstrativen  Prono- 
minibus heben  die  Partikeln  dar  {der)  und  da  die  relativische 
Function  hervor.  Sodann  dient  die  Conj.  unde  zur  Anknüpfung 
relativ.  Sätze.  Später  werden  die  Indefinita  swer^  swelh  rela- 
tivisch  gebraucht,  die  seit  dem  14.  Jh.  zu  wer  weih  wurden,  so 
dass  dann  scheinbar  die  Interrogativa  für  das  Relativum  ein- 
traten. Zuweilen  ist  das  Relativum  in  Gedanken  zu  ergänzen : 
der  Ifebensatz,  der  uns  als  ein  relativer  erscheint,  ward  ohne 
Vermittelung  eines  Pronomens  oder  einer  Conjunction  dem 
Hauptsatz  eng  angeschlossen.  Auch  die  durch  das  Demon- 
strativum  und  durch  Demonstrativpartikeln  eingeleiteten 
relativischen  Nebensätze  der  mhd.  Schriftsteller  sind  ur- 
sprünglich nur  beigeordnete  engangeschlossene,  nicht  unter- 
geordnete Sätze. 


542 

§491.  L.  Tobler  über  Auslassung  und  Vertretung  des  Pron.  relat.  in 

Pfeiffers  Germ.  XVII,  257 — 294.  über  den  relativen  Gebrauch  des  deut- 
schen und  ebd.  XTTT,  91 — 104.  Kölbing  Untersuchungen  über  den 
Ausfall  des  Relativpronomens  in  den  german.  Sprachen.  Strassburg  1872, 
und:  Zur  Entstehung  der  Relativsätze  in  Germania  XXI,  28 — 40.  — 
Vgl.  0.  Erdmann  Untersuchungen  über  die  Syntax  Otfrieds  I,  48 — 58. 
124 — 139.  Windisch  Untersuchungen  über  den  Ursprung  des  Relativ- 
pronomens in  den  indogerm.  Sprachen,  in  G.  Curtius  Studien  IL. 
2,  201 — 419.  Tomanetz  die  Relativsätze  bei  den  ahd.  Übersetzern. 
Wien  1879. 

6.  Unbestimmte  Pronomina. 

§  492.  §  492.     Als  pronomina  indefinita  besizt  das  Mhd.  einige 

*  einfache  Worte  theils  pronominalen  theils  nominalen  Ursprungs; 
häufiger  aber  braucht  es  dafür,  gleich  dem  Ahd.,  Pronomina, 
welche  durch  Prä-  und  Suffixe  gebildet  sind. 

einer  -iu  -ez 
wird  als  unbestimmtes  Pronomen  —  irgend  ein,  ein  gewisser  — 
namentlich   mit  Beziehung   auf  einen  Relativsatz  häufig  ver- 
want:  Mhd.  Wb.  I,  416.  f.  Grimm  Wb.  III,  120.  ff. 

einic 
irgend  ein,  aliquis,  uUus,  ist  in  der  mhd.  Schriftsprache  in  solcher 
Bedeutung  nicht  beliebt,  aber  im  Volke  obd.  und  md.  ge- 
braucht. B/heinische,  namentlich  kölnische  Belege  für  einich 
eynich  eynch  enich  ienich  geben  Kother  4809.  Hagen  581. 
1620.  Sei.  Tr.  118.  Ennen  I,  19.  Lac.  III,  80.  187.  247.  261. 
595.  657.  eynig  Lac.  III,  279;  vgl.  auch  eyncher  kunne,  eyncher 
ley  Lac.  III,  563.  Tiber  alem.  fortdauerndes  indefinites  einic 
AGr.  §  320.  Belege  für  md.  einic  gab  Bech  in  Genn. 
XVni,  269.  f. 

Häufiger  sind  die  durch  Präfixe  mit  ein  gebildeten 
unbestimmten  Pronomina. 

Mit  dem  Präfix  dih  oder  deh  (ahd.  auch  doh),  worin 
J.  Grimm  mit  Hinweis  auf  sih  (in  sihein)  den  pronominalen 
Accus,  dih  sah  (Gr.  III,  39),  während  Wackernagel  von  doh 
ausgehend  „doch  einer,  mindestens  einer*'  deutete  (Glossar 
LXXXV)  wird  dihein  dichein  dikein,  de  kein  (dehein  und 
dehein  dhein  betont)  dechein  dekein  gebildet,  aliquis,  quidam, 
in  negativen  Sätzen  nuUus.    dihein,  dichein  begegnet  noch  im 


543 

12.  Jh.  in  md.  Hss.  öfter,  zb.  dihein  Alex.  414.  1061.  2351.  §492. 

3505.  4098.  6175.  dicÄeiw  Alex.  40. 2106.  Kai8kr.H.790. 1197. 

3224.  u.  ö.    Belege  für  dihein,  dihein  aus  md.  Hss.  und  Urk. 

des  14.  15.  Jh.  stehn  in  Diefenbach-Wülckers  Wörterb.  I,  341. 

Die  gewöhnliche  mhd.  Form  des  12 — 14.  Jh.  ist  dehein,  dechein. 

Die  gekürzte  Form    chein,   kein   ist   seit  Ende  des  12.  Jh. 

nachweislich,    Glauben  838.     Mhd.  Wb.   I,   422.     Sie  gieng 

übrigens  auch  aus  nehein  nechein  hervor,  vgl.  R.  Hildebrand 

DWb.  V,  457-492.     Schoch  Sprache  Boners  S.  27.  i) 

ichein  welches  E.  flildebrand  DWb.  V,  458  als  Vermittler  zwischen 
dichein  und  kein  auf  stellte,  indem  er  es  aus  md.  und  elsäss.  Quellen  nach- 
wies, ist  nichts  weiter  als  ie  kein :  vgl.  iechein  Eoth.  3686.  iekein  Myst. 
I.  196,  7.  215,  13.  ichein  ikein  Tristr.  313.  1595.  Höfer  II,  75.  172. 
Jungfr.  173.  Kath.  162.  ychdn  Höfer  I,  27.  ykein  Nie.  v.  Kosel.  icheyn 
Henneb.  U.  11,  110.  —  Negative  Gegenform  ist  niekein  zb.  Erec  9841. 
Volles  nie  dehein  zb.  Trist.  1011.  Kl.  C.  825.  Wigal.  1456.  ^ie  dekein 
Trist.  1154. 

sihein  sichein 

findet  sich  nur  in  md.  Quellen  des  12.  13.  Jh. 

Roth,  sich  hein  56.  sichein  570.  663.  3327.  4808.  sihein  1118. 
4273  (sigein)  2805.  (sigen)  3721.  (ie  sichein),  Alex.  823.  920.  1340. 
1354.  4145.  sichen  Alex.  6173.  Roth.  587.  sichein  Kaiskr.  H.  923.  1194. 
Glaub.  139.  141.  145.  Ath.  D.  73.  F.  150.  grRud.  13,  13.  litan.  S. 
774.  1071.  —  Die  Nebenf.  so  hein  (durch  dohein  und  nohein  ent- 
standen) erscheint  Roth.  1623.  Iw.  A.  95.  375.  813. 1608.  2151. 4015.  u.  ö. 
sochein  237. 

n  ich  ein  nehein  nechein  nehein,  mit  Umstellung  en- 
hein  enchein  enhein,  daraus  blosses  hein  (Fundgr.  II.  74,  6. 
Nib.  A.  1564,  4.  Wigal.  A.  182,  36.  MS.  2,  171^)  und  gewöhn- 
lich hein,  vgl.  das  vorhin  gesagte  und  Mhd.  Wb.  I,  422.  Die 
im  Ahd.  auftretende  Färbung  des  negativen  Präfixes  nih  zu  noh 
(nohein)  erscheint  mhd.  nicht.  —  Höchst  selten  ist  die  Zu- 
sammenziehung von  nehein  zu  nein,  belegbar  Nordh.  Weist.  A.  3. 

Im  besondem  mögen  hier  die  im  Ripuarischen  und  auch 
im  Mosellande  üblichen  Formen  unserer  Periode  angeführt 
werden : 


»)  Der  Behauptung  Pauls  Beitr.  VI,  559  dass  kein  sich  nur  aus 
ne-kein,  nicht  aus  dekein  habe  entwickeln  können,  widersprechen  die 
thatsächlichen  Verhältnisse,  nach  denen  kein  für  dekein  wie  für  nekein 
auftritt. 


544 

§492.  nihein  Alex.  5698  (sonst  nehein  im  Alex.),    niehein  Eoth.  648. 

nichein  Annol.  702.  Kaiskr.  H.  170.  1098.  Roth.  336.  814.  3785.  nechein 
Roth.  3502.  necken  Roth.  4869.  negein  Roth.  719.  1021.  3270.  nigen 
1091.  —  inhein  Ernst  A.  I,  30.  inchein  Eilh.  Tristr.  2,  7.  Höfer  I,  2. 
einchein  Annol.  801.  tn^rctn  Nrh.  Br.  I.  2,  26.  Lac.  in,  180.  köln.  Ssp. 
1, 16.  ni,  35.  ingeyn  engeyn  Lac.  HI,  47.  innegein  Ssp.  L  2,  4.  ingheyn 
eyngheyn  gheyn  Lac.  UI,  236.  engein  Marienl.  24, 25.  55,  7.  u.  o.  engeyn 
geyn  Ennen  I,  19.  e^ein  Hagen  3221.  Ennen  I,  9.  Lac.  HI,  684.  809. 
831.  Vorbew.  27»».  gein  Roth.  4858.  Hagen  584.  570.  Höfer  I,  9.  Harff . 
Kölner  Cronica.  gen  Roth.  3224.  Ygl.  anch  Busch  in  Zachers  Z.  X,  316. 

Verstärkung  des  negativen  nehein  erscheint  in  en  nehein 
Fundgr.  IL  192,  13.    Wahrscheinlich  ist  es  Schreibfehler. 

§493.  §  493. 

sum 
stark  flectirend,  im  Flur,  gebraucht  =  einige,  manche,  mhd. 
im  absterben,  Mhd.  Wb.  11.  2,  726.  Haupt  z.  Engelh.  7635. 

Häufiger  ist  sumeltch,  ebenfalls  im  Flur,  mit  der  Be- 
deutung einige,  manche;  md.  somelich.  Über  simelich  seme- 
lieh  sameUch  F.  Bech  in  Germ.  V,  505. 

man 
geschwächt  bei  voller  Tonlosigkeit  zu  men  und  selbst  zu  min 
'  (Vorauer  Ged.  111,  23.  365,  14;  im  mfrk.  Legendär  stehn  elf 
min  gegen  ein  man  und  ein  men,  Busch  a.  a.  0.  177.); 
alem.  wan,  wen  AGr.  §  166;  als  unbestimmtes  Fronomen 
häufig.  Zuweilen  steht  es  mit  bestimmtem  Artikel :  der  man, 
selbst  ie  der  man  Trist.  5325  =  irgend  einer. 

Auf  manno  lieh  (Gen.  Fl.  mit  folgendem  liehe)  führt 
mannelich  manlich  menlich,  md.  assimilirt  mallich  mellich 
malch  melch  (ndfränk.  nl.  mallic  molk)  =  jedermann.  Zu- 
weilen wird  es  durch  aller  verstärkt.  Am  häufigsten  ist  die 
assim.  Form  im  Bipuarischen  und  Thüringischen,  zb. 

mallich  Hagen  4010.  Lac.  HI,  516.  Ennen  I,  1.  mdlch  Wierstr. 
180.  aUremdlch  Lac.  IH,  433.  almaleh  Wierstr.  1915;  thüring.  aUermelch 
Höfer  n,  175.  ider  mdch  Köditz  46,  12.  Noch  heute  kölnisch  mdllich, 
jeddeiinaUich. 

Auf  manno  gelth  geht  mannegelieh  mennegelich  man- 
ne dich  mennecUch  mengelich,  das  neben  mannelich  im 
Brauch  ist.  Auch  hier  wird  aller  verstärkend  vorgestellt, 
Mhd.  Wb.  IL  1,  33.  f. 


545 

Die   häufigsten   Pronominalbildungen   aus  man   entstehn  §493. 
durch  vorgestelltes  ie  und  nie, 

ieman 
betont  iemän  und  ieman,  daher  iemen;  md.  iman  tmen;  in  der 
Declination  wie  man  behandelt,  seit  Ende  des  13.  Jh.  auch  mit 
epithetischem  d :  iemant  iemand  (Acc.  iemande :  lande  Jerosch. 
19208),  im  14.  Jh.  mit  epithet.  s  :  iemans  AGr.  8.  448, 
ymans  HU.  I,  1033  (Wetterau),  mit  d  und  s,  t  und  s  im- 
mandes  Alsfeld.  Sp.  5918.  immants  1442,  schles.  ymandis 
ymancns  ßückert  Entw.  220 ;  heute  noch  hess.  immets,  ripuar. 
ümmss  ömmes.  Durch  gänzliche  Tonlosigkeit  des  man  ent- 
steht bei  Ausfall  des  Nasals  obd.  iemt,  iems  im  14.  15.  Jh. 
AGr.  S.  448.  BGr.  S.  362. 

Md.  Nebenformen  sind  ^an  Lac.  III,  163.  emant  ebd. 
180.    Dat.  emande  Karlm.  265,  31.  eyman  Lac.  III,  180. 

nieman 
mit  denselben  Formveränderungen  wie  ieman  :  niemen  nie- 
mant  niemans  niemt,  md.  nimen  nimans  (nimannts  Alsfeld. 
Sp.  128.  2250  u.  0.  nimmandes  ebd.  495. 1033  u.  o.  nymandes 
Cd.  Sax.  IL  6,  130.   vgl.  auch  Rückert  Entw.  221)   neman. 

m  • 

TJber  den  Gebrauch  von  ieman  (das  im  abhängigen  Satz 
negative  Bedeutung  erhalten  kann)  und  nieman  Mhd.  Wb.  IL 

I,  40—42. 

Selten  scheint  alman  =  jedermann,  das  Alsfeld  Sp. 
475  steht. 

Nicht  von  man  abgeleitet  ist  manec  syncop.  manc 
manch,  mit  unechtem  Umlaut  menic  meng  mench,  das  als 
unbestimmtes  Pronomen  vielfach  verwant  wird,  Weigand  Wb.* 

II,  19.  f. 

Bugge  bei  Kuhn  Z.  XlX,  444—46  stellte  manags  zu  altn.  margr, 
slav.  mlogi,  kirchenslav.  munogu,  ital.  mulgus  =  multus,  J.  Schmidt 
Vocalism.  I,  30  dagegen  nam  manag  =  lat.  mag-nus  und  erklärte  das 
Nasalinfix  aus  früherem  Nasalsaffix. 

§  494.     Das  Subst.  wiht  (M.  N.)  Wesen,   Ding,    wird  §494. 
mit  Präfix  ie,   so   wie   mit  ni   und  nie  zu  den  pronominalen 
Bildungen  iht  und  niht   gebraucht.     Die  Erscheinungsformen 
sind  sehr  mannigfach,  wie  folgende  Beispiele  zeigen. 

Weinhold,  mittelhocM.  Gramm.  2.  Aufl.  85 


546 

§494.  iuweht  Fundgr.    IL   11,  20.     inwet  Wack.   Pr.  2,  41. 

üwet  ebd.  74,  57.  iuwit  Alex.  3993.  iwü  3316.  iewiht  Annol. 
646.  ietc;eÄ^  Willir.  lugd.26,17.  iew^e^  ebd.  vratisL  ieÄ^Fundgr. 
II.  35,  13.  40,  1.  ieth  Wack.  Pr.  26,  7.  ie^  (1  «cÄie^;  MF. 
40,  11.  tut  Wack.  Pr.  2,  39.  Myst.  I.  278,  1.  üt  Griesh. 
Dkm.  47.  Schreiber  Uk.  1,  79.  ut  Kopp  1,  177.  Mem.  1,  6. 

tA^  die  gewöhnliche  mhd.  Form  (mit  Präpos.  an  ihte  : 
gerihte  Ath.  A.  129.  JSfihte  Walth.  51,  6.  Wigal.  60,  32),  mit 
Schwund  des  Gutturals  it  (id)  obd.  md.  häufig.  —  Bedeutung 
a)  substant.  irgend  etwas  b)  adv.  etwa,  irgend.  In  abhängi- 
gem Satz  steht  es  auch  mit  negativer  Bedeutung  s=  nicht. 
Mhd.  Wb.  in,  652.  f. 

Durch  vorgestellten  Genit.  verstärkt  erscheint  ihtes  iht 
(ßud.  4,  4.  an  ihtes  ihte  Erec  5810)  alem.  ütjsfit  Schreib.  1,  80. 
Wack.  Pr.  70,  60.  —  mit  seh  für  hs  :  tuschet  Griesh. 
'  Pr.  2,  12.  Für  ihtes  iht  blosses  tÄ^^Megenb.  18,  8.  176,  11. 
326,  2.  383,  21  etwas,  negativ:  nichts.  —  Über  die  Ver- 
bindung ieht  mi,  iht  me  (danne)  nicht  mehr,  ebenso  wenig 
Graff  Spr.  III,  836.     Bech  in  Birlingers  Alemannia  3,  74. 

Die  flectirt  erscheinenden  Casus  sind  Gen.  ihtes  und 
Instr.  ihtiu  (bair.  ihteu)  gewöhnlich  ihte  in  Verbindung  mit 
den  Präposit.  an  von  in  mit  ze,  Mhd.  Wb.  III,  652.  Lexer 
Wb.  I,  1419. 

Aus  ni  mit  wiht  entstund  niwiht  nicht  etwas,  nichts. 
Formen:  niwiht  Vorauer  Ged.  118,  10.  Annol.  132.  niweht 
Fundgr.  IL  37, 36.  55,  40.  Vorauer  Kaiskr.  154,10.  Karaj.  4,23. 
51,  24.  niwit  Alex.  4101.  4189.  6196.  Eoth  2910.  Glaube 
229.  1634.  -2584.  Litan.  S.  177.  niwet  Bened.  Pr.  48.  MF. 
8,  12.  Iw.  A.  958.  2156.  3468.  u.  o.  Mit  Betonung  des 
zweiten  Theils  newiht  Windb.  Ps.  S.  572.  neweht  Vorauer 
Ged.  219,  15^  WvRh.  149,  28.  Gewöhnlich  mit  Umstellung 
der  Negation  enwiht  Nebenf.  inwiht  Vorauer  Ged.  302,  26. 
entwiht  Mai  39,  21.  Wigam.  o.;  entstellt  einmht  Alex.  3993. 
Walth.  27,  14.  Trist.  3768.  MS.  1,  45\  gGerh.  2467.  Pass. 
K.  88,  62.  u.  0. 

Aus  nie  mit  wiht  bildete  sich  niewiht  nicht  irgend 
etwas,  nichts.     Die  Formen  sind  sehr  mannigfaltig:   nieweht 


547 

Fundgr.  IL  16,  7.  Bened.  Pr.  14.  Vorauer  Ged.  321,  2.  §494. 
niuweht  Fundgr,  I,  35.  Vorauer  Ged.  197,  12.  niuwet  Iw. 
E.  2148.  Wack.  Pr.  4,  5.  13,  27.  18,  21.  nuiwet  ebd.  1,  70. 
muwit  3,  113.  nuwet  Roth.  3652.  Floyris  297.  Rud.  11,19. 
Wack.  Pr.  3,  47.  nuwit  Roth.  3151.  3552.  Alex.  6209. 
Ath.  A*  59.  D.  5.  F.  53.  Floyris  321.  Trier.  Egid.  o.  Glaube 
1626.  Pilat.  247.  390.  427.  Herb.  16682.  nüwit  köln.  Ssp. 
Prol.  nuit  Glaube  81.  746.  1594.  Wack.  Pr.  1,  20.  2,  74. 
—  fliehet  Wack.  Pr.  5,  70.  6,  37.  nichit  Roth.  599.  —  nieM 
Wack.  Pr.  3,  97.  5,  40.  Fundgr.  H.  13,  7.  16,.  3  u.  o.  nieht 
(:  lieht)  Parz.  82,  23.  236,  2  u.  o.  Wigal.  268,  23.  277, 37. 
me^Roth.  1995.  Ath.  E.  165.  Alex.  4373.  Pil.  56.  MS.  1,  40*. 
68*.  Wack.  Pr.  8,  47.  18,  18;  md.  auch  nlt  zb.  Elia.  4405. 
8717.  Reimbelege  §  244.  —  niuht  Fundgr.  1. 110,  32.  Vorauer 
Ged.  255,  5.  nieuht  Vorauer  Ged.  221, 6  (schwanken  zwischen 
nieht  und  niuht).  neuht  Vorauer  Ged.  194,  13.  niid  Fundgr. 
n.  133,  5.  Wack,  Pr.  6,  31.  45,  108.  wGast  1877.  Iw.  A. 
7246.  Myst.  I.  265,  7.  IL  12,  3.  nüt  Kopp  2,  155.  Mem.  15. 
fon  nüde  M.  Himmelf.  10  (Haupt  Z.  5,  515).  —  neiht  Roth.  513. 
neit  Lac.  III,  167.  Repg.  Cr.  o.  —  niht  ist  die  gewöhnliche 
mhd.  Form;  häufig  ohne  Guttural  nit,  geschwächt  net  zb. 
Wack.  Pr.  11,  66. 

Mit  vorgestelltem  Genitiv  niht  es  niht  Barf.  82,  29. 
M8.  II,  16*.  Pass.  61,  32.  121,  64.  Myst.  IL  539,  17.  nichtis 
nicht  Ath.  F.  114.  nichtes  nicht  Pass.  H.  219, 22.  nichtes  niet 
Herb.  14934.  nisnicU  Henneb.  U.  II,  113.  III,  67.  — 
niutsniut  Boner  59,  21.  niutsiut  Habsb.  Urb.  138,  12.  niutzit 
Wack.  Pr.  68,  288.  69,  103.  nützet  Wack.  Leseb.  1064,  11. 
1070,  10.  nüt^it  Boner  D.  59,  21.  nützschit  Lieders.  127,  28. 
niuschit  Ulm.  Urk.  I,  250.  nüschet  Wiener  Arch.  I.  3,  110. 
nitASchent  Germ.  III.  232,  41.   nüst  Krone  P.  1488.  u.  ö. 

Blosser  Genitiv  ohne  folgendes  niht  kommt  seit  dem  14.  Jh. 
auf:  nihtes  Städtekr.  IV.  137,  14.  nihts  Megenb.  61,  24. 
176^  10.  u.  ö.  nihtz  Pfeiffer  Übgb.  136,  34.  50.  nichs  Ring 
30,  12.  nütis  Schreiber  Tlk.  I,  79.  nüt^f  Schreiber  I,  443. 
Megenb.  196,  28.  210,  23. 

35* 


548 

§494.  Die    flectirten  Casus  von   niht   sind  Gen.     nihtes,  und 

Instr.  nihtiu  (nihteu)  abgeschw.  nihte  in  Verbindung  mit  den 
Präpos.  an  bi  he  von  mit  ze  Mhd.  Wb.  III,  655.  Lexer 
Wb.  II,  83.  f. 

§495.  §  495.     Das  Adjeetivum  l%cl%  bildet  mit  Präfixen  unbe- 

stimmte Fürwörter.  Über  die  Zusammensetzungen  sumdic^ 
und  mannd%ch  manneclich  §  493. 

Mit  dem  Präfix  etes  (§  331)  entsteht  eteslich,  etsUch, 
etUch:  einer  und  der  andere,  mancher.   Belege  der  Formen: 

etesUch  Nib.  2101,  2.  MS.  1,  öK  68*.  183^  Iw.  E.  7178.  etis- 
lieh  Herb.  9118.  etteslieh  Nib.  C.  2514.  etslieh  Parz.  85,  4.  587,  24. 
Iw.  A.  7178.  Sei.  Tr.  18»>.  eczlich  Eepg.  Cr.  19.  etzlich  Lac.  UI,  478. 
Harff  3,  27.  eytzlich  Lac.  IH,  742.  —  etelkk  Nib.  1012,  1.  Iw.  ADE. 
2687.  ettelich  Iw.  B.  1763.  2687.  7178.  Greg.  2253.  itUlich  Tzschoppe- 
Stenzel  ürk.  522.  itthelich  Bother  505.  etlich  Iw.  A.  1763.  Herb.  4084. 
eitlich  Lac.  ni,  478.  * 

eteslich  und  eteUch  wurden  durch  vorgestelltes  ie,   das 

sich  yerschmolz,  verstärkt;  so  entstunden   i  et  stich  ieslick 

ietlich.     Formbelege : 

ietslich  Wack.  Leseb.*  588,  24.  eytslich  Ebersbach  I,  626.  ttesltch 
Alex.  918.  1114.  3612.  3807.  itislich  6691.  6890.  itdich  MSH.  3,  100». 
107».  Köditz  12,  22.  44,  32.  ytslich  Ludw.  Kr.  6110.  Jungfr.  174. 
itdich  Henneb.  U.  m,  54.  iczlich  Cd.  Sax.  11.  6,  174.  itzleich  Suchenw. 
25,  22.  —  iesUch  Parz.  D.  7,  15.  15,  23.  Wh.  311,  13.  Nib.  1584,  4. 
islieh  Nib.  W,  1.  Klage  141.  Prauend.  8,24.  Trist.  F.  1750.  Leyser  Fr. 
3,  20.  8,  25.  iesleich  Snchenw.  5,  13.  ideich  24,  147.  —  i etlich  Städtekr, 
IL  250,  1.  iedlich  Haupt  Z.  L  124,  260.  ieOeich  Megenb.  317,  13.  iüich 
Karaj.  Frühlingsg.  114,  429.  Städtekr.  I.  241,  9.  Cd.  Sai.  H.  8,  33.  82. 
idlich  Städtekr.  L  2,  16.  köhi.  Brev.  172. 

Durch    das    Präfix  ie  vor  Hch   und   gelich   entstunden 

ielich  und  ie  gelich,  mit  der  Bedeutung  jeglich,  jeder. 

ielich  ist  nicht  häufig:  zb.  Schreiber  U.  I,  83.  EUs.  1490.  köln. 
Ssp.  Prol.  —  ylich  HU.  I,  880  (Wetterau).  eylich  Ennen  I,  237. 

iegelich  Milst.  1,  8.  87,  8  u.  ö.  Alex.  3742.  6999.  Iw.  AB. 
624.  2491.  3372.  Herb.  3177.  4083.  Pass.  K.  12,  45.  35,  33.  iechelich 
Pass.  H.  219, 84.  220, 2.  iefceZicÄ  Pass.  H.  43,58.  tgdich'RotliAdO.  y gelich 
Lac.  m,  1002.  ichelich  Pass.  H.  17,  48.  ehelich  Höfer  11,  123.  eygdich 
Morant  262.  Repg.  Cr.  Vorr.  11.  ey ehelich  Lac.  HI,  340.  —  iegjiich 
Nib.  1314,  2.  Walth.  21,  27.  Flore  4184.  Elis.  3498.  iedidi  Rud.  5, 16. 
Ath.  A.  168.  Gudr.  105,  4.  yedich  Ennen  I,  55.  Vorbew.  11\  iegleich 
Suchenw.  94,  38.  Megenb.  5,  12.   151,  29  u.  ö.  iecJdech  Lac.  HI,  187. 


549 

edich  Eoth.  4725.  Lac.  HI,  450.  ecfdich  HI,  187.  idich  Myst.  I.  208,  15.  §  495. 
-234,  33.   igleich  Suchenw.  o. 

Unter  Einfluss  von  ietesUch  entstund  iegeslich,  zb. 
Walth.  20,  12.  31,  10.  83,  29.  Parz.  G.  15,  23.  MS.  II,  16^ 
560^  iegsleich  Megenb.  34,  26.  244,  10.  ichslich  Leyser  Pr. 
126,  8.    ixlich  Nordh.  Weist  A.  6.   ixslich  B.  12. 

s  dl  ich,  mhd.  mit  Kürzung  des  ö  soUch  solch  (Nebenf. 
selch  seih),  md.  sulich  sulch  siUch  nimmt  neben  seiner  ge- 
wöhnlichen Bedeutung  sobeschaffen  sogestalt  im  Plur.  auch 
die  von  dieser  und  jener,  manche  an,  Mhd.  Wb.  II.  2,  465. 
sulch  —  stdch,  der  eine  der  andere  Hagen  1341.  sulche  — 
die  andern^  die  einen  —  die  andern  ebd.  1543.  Für  solich 
kommt  im  13.  S,  Jh.  mit  selber  Bedeutung  sögetän  auf,  woraus 
sich  sogtän  sochtan  socJctän  verstümmelt,  anderseits  sotän 
soten  sutten,  Lexer  Mhd.  Wb.  II,  1050. 

Ein  sehr  seltenes  Wort  ist  (al)sö  lote,  talis,  wie  lote 
qualis,  in  Leysers  Pred.  65,  3.  152,  3.  Es  entspricht  dem  got. 
svalaups,  hvilaups. 

§  496.    Aus  den  Fragepronominibus  und  ihren  §496. 
Adverbien  ergeben   sich  durch  Präfixe   eine  Anzahl  von 
Indefiniten. 

wer  wai2  {wie  wä  wanne)  werden  mit  ete,  ie,  so,  neiz 
{neweiz)  zusammengesezt. 

et e wer  -wajs  irgend  jemand,  etwas:  zb.  Vorauer  Eaiskr. 
403,  24.  Bari.  80,  12.  eUewer  Vorauer  Kaiskr.  443,  9.  Greg. 
2339.  eUewaz  Vorauer  Ged.  314,  15.  Fundgr.  IL  53,  37. 
Greg.  2296.  etwet  Angenge  22,  8.  etwem  ebd.  11,  2.  ettwer 
Greg.  A.  2404.  —  etewä,  etwa  irgendwo,  hier  und  da,  etuwa 
grRud.  H.  24  (über  Verwechselung  mit  etwan  Lexer  Wb.  I, 
713.  —  ettewenne  irgend  wann,  manchmal,  einst  Nib.  1356,  4 
etwennen  :  brennen  Tund.  47,  24.  etwan  Leyser  Pr.  5,  34.* 
Henneb.  Uk.  II,  32.  —  eteswer  Trist.  12648.  etuswer  EilL 
Tristr.  IX,  107.  etswer  Parz.  86,  8.  geiswe  Wernh.  v.  Nrh. 
30,  4.  eteswaz  Walth.  62,  15.  etteswaz  Wigal.  250.  ezwat 
köln.  Ssp.  Prol.  143.  etzwat  Harfif  104,  33.  getzuat  Marienl. 
20, 38.  41, 3.  eteswes  MS.  1, 178*.  etswen  Iw.  1826.  eteswiu 
Hartm.  B.  1,  472.  —  eteswenne  MS.  1,  72'.   ettiswenne  Ath. 


550 

§  496.  A.  50.  eteswennen  :  nennen  Neith.  30,  28.  etswenne  Parz- 
224,  8.  ec0wen  Cd.  Sax.  II.  6,  42.  —  etswar  Trist.  12761. 
—  etswo  :  so  Pass.  H.  167,  95. 

iewer  irgend  jemand:  eitver  Lac.  II,  444  (1257).  —  iewa 
Fundgr.  IL  44,  36.  Karaj.  87,  1.  iegewä,  überall,  Glaube  125. 
Sehr  häufig  dient  die  Demonstrativpartikel  so,  das  In- 
terrogativ in  ein  Indefinitum  zu  verwandeln.  Ursprünglich 
trat  das  Interrogativ  zwischen  ein  demonstratives  und  ein 
relatives  so:  so  wer  so  Gr.  III,  44.  Graff  IV,  1190. f.  Dies^ 
ist  auch  mhd.  im  12.  13.  Jh.  noch  erhalten,  nur  hat  sich  das- 
erste  so  proclitisch  dem  wer  etc.  verschmolzen,  zb.  stver  so, 
swojsi  so,  vgl.  swe  so  En.  13172.  G.  swer  so  Nib.  A.  1729,  3. 
Glaube  2989.  Herb.  12410.  swaj^  so  Walth.  42,  30.  swat  sa 
En.  4271.  4297.  swer  so  der  MS.  2,  230».  —  sivie  so  Nib. 
511,  1.  swie  lief  so  En.  4267.  swie  wale  so  4270.  —  swar  so 
Trist.  16352.  —  swenne  5Ö  Alex.  4147.  Ath.  A.  128.  Zuweilen 
erscheint  das  zweite  so  am  Anfang  des  Nachsatzes,  zb.  swer 
den  strit  da  hüebe,  so  wcere  da  geschehen  Nib.  1731,  1. 
swer  dich  slahe  an  din  wange,  so  süme  dichs  niht  lange 
Bari.  104,  5.  swie  ich  nie  mere  Sifriden  habe  gesehen,  so- 
wil  ich  wol  gelouben  Nib.  87,  2.  swenne  unfuoge  nu  ^ergät,^ 
so  sing  aber  Walth.  48,  19. 

Schon  bei  Otfried  und  im  Tatian,  später  bei  Notker  sehr 
häufig  bleibt  das  relative  so  weg.  In  ripuar.  Denkmälern  des 
12. — 16.  Jh.  sind  diese  so  wer,  so  wat  nicht  selten,  vgl.  u.  a. 
so  wer  Rother  409.  495.  u.  o.  so  we  Marienl.  o.  Lac.  III,. 
60.  187.  278.  496.  Ennen  I,  45.  u.  o.  Harff  16,  29.  Kölner 
Cronica  197.  so  waz  Roth.  135.  so  wat  Marienl.  o.  Höfer 
I,  12.  II,  114.  Loersch  98.  211.  Sei.  Tr.  78'.  so  wes  Roth. 
1066.  Höfer  I,  12.  Lac.  ni,  692.  885.  so  weme  ebd.  m,  450. 
Harff  197,37.  so  wie  Marienl.  121,  36.  Ennen  I,  101.  Lac. 
III,  339.  so  wanne  Roth.  414.  484.  Lac.  III,  80.  230.  Ennen 
III,  348.  Sei.  Tr.  71^.  Im  übrigen  Md.  so  wie  in  der  ober- 
deutschen höfischen  Sprache  ist  dafür  proclitisch  verschmolzenes 
swer  swaz  u.  s.  w.  während  des  12.  Jh.  schon  häufig,  zb.  im 
Grafen  Rudolf;  im  13.  Jh.  ist  es  die  Regel.  —  Der  entgegen- 
gesezte  Eall,  dass  das  demonstrative  so  wegbleibt,  das  relative 


551 

bewahrt  wird,  ist  sehr  selten :  vgl.  waz  so  Roth.  3014.  wy  soe  §  496. 
der  Henneb.  U.  II,  148.  Aber  wenn  nun  im  14.  Jh.  neben  dem 
noch  fortlebenden  swer  swa^  swie  n.  s.  w.  blosses  wer  wae 
wie  n.  s.  w.  mit  der  Bedeutung  „wer  was  wie  irgend"  sehr 
stark  sich  entwickelt  und  im  15*  Jh.  die  ältere  Form  ganz 
tötet,  so  wird  für  die  Geschichte  dieser  Erscheinung  jenes 
wer  so  nicht  bedeutungslos  sein.  Da  sich  bereits  in  der 
Lobriser,  1314  vollendeten  Handschrift  der  Syon  Lamprechts 
von  Regensburg  Spuren  der  Verdrängung  des  swer  finden 
und  in  alem.  Urkunden  und  Schriften  aus  den  früheren  Jahr- 
zehnten des  14.  Jh.  (AGr.  S.  298)  swer  und  wer  bereits 
durcheinander  stehn,  so  wird  der  Beginn  des  indefiniten  wer 
schon  in  die  zweite  Hälfte  des  13.  Jh.  gehören.  Für  den 
Übergang  des  Interrogativs  in  das  Indefinitum  beachte  man 
auch  die  Formel  ahd.  war  enti  ivär,  passim,  Graff  IV,  1198 
und  mhd.  wä  unde  wä,  zb.  Trist.  653.  3885  u.  sonst.  Gegen 
Ende  des  14.  Jh.  ist  der  Kampf  noch  nicht  abgeschlossen. 
In  der  Luzerner  Hs.  von  Konr.  v.  Ammenhusen  Schachbuch 
sind  wer  was  wie  gewöhnlich,  dagegen  kommen  swes  sweli  noch 
einzeln,  swenne  immer  vor  (Vetter  Mitth.  über  K.  v.  A.  S.  IX). 

Seltener  ist  die  Bildung  des  unbestimmten  Pronomens 
durch  präfigirtes  neij3  {=newei0):  nei^wer,  waz,  wä, 
wanne,  war,  wie,  ich  weiss  nicht  wer  was  wo  wann  wie 
=  irgend  wer  was  wo  wann  wie.  Schon  ahd.  vorhanden, 
finden  sich  diese  Indefinita  im  12.  13.  Jh.  nur  bei  Dichtem, 
die  zur  volksthümlichen  Sprache  sich  unbefangen  verhalten; 
im  14.  Jh.  breiten  sie  sich  alem.  mehr  aus:  Haupt  z.  Erec 
7990.    Mhd.  Wb.  III,  567.  573.   Lexer  Wb.  II,  44. 

Über  die  späteren  alem.  Formen:  Proben  aus  dem  für 
d.  schweizerdeutsche  Idiotikon  gesammelten  Materiale  25 — 27. 

§  497.     Mit   dem  Interrogativ    weder,    uter,   gebildet  §497. 
finden  sich  mhd.  folgende  Indefinita. 

^Mit  Präfix  deh:  de  weder  einer  von  beiden,  negativ 
keiner  von  beiden  Gr.  III,  40,  md.  Nebenform  diwedir.  Mit 
Syncope  dweder  Parz.  275,  25.  746,  11.  Greg.  A.  1960. 
tweder  Frauend.  518,  21.  MS.  II,  39'.  —  Das  Neutrum  dient 
als  Disjunctivpartikel  deweder  —  oder,  deweder  —  noch,  — 


552 

§497.  Verstärkt  durch  ie:  iedeweder,  ieteweder  GregC  A.  1952. 
iteweder  1945;  gewöhnlicher  ietwede^-  {ietwedir  Ath.  A.  34. 
iedweder  Fundgr.  II.  90,  2.  itweder  Herb.  13183.  Pass.  K. 
445,  15.  ydweder  Greg.  E.  1960),  selten  ietsweder  Parz. 
D.  517,  22  —  jeder  von  beiden,  jeder  von  mehreren. 

Mit  Präfix  ein:  einweder,  mhd.  nur  als  Disjunctiv- 
partikel  im  Brauch  einweder  —  oder  MS.  II,  185*.  —  Gewöhn- 
licher ist  eindeweder  mhd.  eintweder,  am  geläufigsten  als 
Disjunctivpartikel  eintweder  —  oder.  Dieses  eintweder  wird 
zu  entweder  Glaube  2588.  Angenge  4,  74.  Parz.  79,  16; 
md.  meist  antweder  Pass.  K.  179,  10.  314,  14.  Leyser  Pr. 
61,  14;  mit  eingeschobenem  s  antsweder  Myst.  I.  23,  16. 
eniswar  Köd.  8,  9. 

Mit  Präfix  ge  bildet  sich  geweder  Alex.  4515,  gewöhn- 
lich durch  ie  verstärkt  iegeweder  iegweder  Alex.  1581. 
2561.  3591.  iegueder  Hildeg.  Geb.  62.  iquedir  Jerosch.  2498. 
11706.  20157. 

Mit  Präfix  ie  entsteht  das  obd.  und  md.  häufige  ieweder 
jeder  von  beiden,  seit  Ende  des  13.  Jh.  gewöhnlich  zu  ieder, 
jeder,  zusammengezogen:  ieder  Suchen w.  20,  195.  yder 
Suchenw.  o.  ider  Elis.  668.  Mer  Karlm.  363,  44.  eider 
Ennen  I,  275.   Sei.  Tr.  5^ 

Verschieden  von  diesem  ieder  =  ieweder  ist  das  für 
sich  sowie  vor  man  und  manlich  erscheinende  ieder:  immer 
der  welcher,  jeder  welcher;  immer  der  Mann,  der  einzelne 
Mann :  ie  der  —  der  Parz.  15, 28.  —  ie  der  man  Trist.  5325. 
MSH.  1,  141^  Elis.  175.  1387.  8717.  Lieders.  No.  184,  13. 
235,  47.  ederman  Trierer  Spiegelb.  272,  20.  282,  20.  — 
idermelch  Köditz  46,  12. 

Mit  dem  negativen  Präfix  nih  neh:  neweder,  mit  Um- 
stellung enweder,  keiner  von  beiden;  als  Disjunctivpartikel 
neweder  —  noch.  Für  neweder  findet  sich  schon  bei  Hartmann 
und  Wolfram,  bei  Walther  und  in  den  Nibelungen  blosses 
weder  in  selber  Bedeutung,  Mhd.  Wb.  III,  545. 

Von  doppeltem  so  umfasst,  so  weder  so,  ward  mit  proclit. 
Verschmelzung  sweder  so,  sweder  welcher  auch  von  zwein, 
welcher  immer,  erzeugt. 


553 

§  498.     Aus   dem   Interrogativ   welich   entstehn    durch  §498. 
dieselben  Präfixe  Indefinita. 

deh  vor  welich  gibt  de  weih,  irgend  welch,  welch  immer; 
es  ist  selten,  zb.  Berth.  284,  28.  dewilch  Harflf  1,  27.  diewilch 
Lac.  III,  657.    diewylch  Harff  3,  32. 

ie  vor  welich  gibt  iewelh,  jeder,  md.  iwellh  Annol. 
51. 131.  Marienl.  19,  31.  iwelh  Glaub.  3687.  iwel  Glaub.  2192. 
ewdih  Hagen  1050.  4855.  Lac.  II,  532.  III,  180.  eweligh 
Ennen  I,  11.   eywelich  Ennen  I,  238.  Lac.  III,  57.  80. 

so  bei  welich,  ursprünglich  so  welih  so,  mhd.  swelh  so, 
zb.  Trist.  1340.  Das  zweite  so  am  Anfang  des  Nachsatzes 
zb.  Nib.  2091,  1.  Walth.  30,  7.  Mit  voll  erhaltenem  ersten 
so:  so  welich  köln.  Ssp.  I.  2,  1.  so  uöüich  Roth.  666.  Ennen 
I,  24.  398.  Lac.  III,  80.  516.  678.  so  willich  Loersch  77. 
so  wüch  Roth.  2268.  so  wilgh  Lac.  III,  717.  Die  gewöhn- 
liche Form  ist  swelh,  md.  swilh,  mit  geschwundenem  Guttural 
swel,  swil. 

7.  Fronominaladjeotiy  s^p. 

§  499.     Ein  Pronominaladjectiv,  das  sich  oft  den  persön-  §  499. 
liehen   und   demonstrativen  Pronominibus   sowie  Substantiven 
verstärkend  anschliesst,  ist  selp,  gotisch  nur  in  schw.  Form 
silba  -ö  -ö,   ahd.  mhd.   st.  und  schw.:    a)  selp,  flect.  selber 
-iu  "CT,,  b)  selbe  -e  -e. 

Im  Nom.  Voc.  Sg.  wird  die  schw.  Form  vorgezogen, 
sowol  bei  selbständiger  Stellung,  vgl.  selbe  tcete  selbe  hcete 
Berth.  92,  36.  selbe  tuo  selbe  habe  ebd.  323,  29.  rihtet  selbe 
über  mich  Iw.  2289,  als  in  anlehnender  Verbindung,  zb.  got 
selbe,  der  Jcünec  selbe  —  ich  selbe,  er  selbe  —  bei  Ordinalen 
vorgestellt  selbe  dritte.  Doch  kommt  auch  st.  Form  vor: 
got  selber  Berth.  358,  39.  ich  selber  Walth.  92,  4.  er  selber 
Berth.  358,  12. 

Den  obliquen  Casus  des  Personalpronomens  folgt  in  der 
Regel  die  st.  Form,  im  Gen.  wol  ausnamslos:  min  selbes, 
min  selber  (auf  eine  Frau  bezogen),  sin  selbes,  iuwer  selbes 
(Höflichkeitsplural)  Nib.  1405,  3.  Parz.  343,  14.  Belege  im 
Mhd.  Wb.   II.   2,   246.    Grimm   Gr.   IV,  357.     Vergl.   auch 


554 

§499.  §  471.  473.  475.  --  Im  Dat.  Acc.  kommt  die  schw.  Form 
vor,  aber  die  st.  überwiegt. 

Nach  den  Bemonstr.  der  und  diser  folgt  die  schw.  Form. 

Auffallend  sind  die  im  12.  Jh.  aufkommenden  und  allmäh- 
lich sich  ausbreitenden  indeclinabeln  Genitive  selbes  {seihest) 
selber  selben.     Belege: 

selbes:  eres  selves  lif  mfrk.  Legend.  583.  üe  ir  seibes  lande 
Fundgr.  I.  144,  21.  mit  ir  selbes  hende  Elia.  2359.  mit  ir  (G.  PI.)  selbes 
arbeit  ebd.  3747.  he  selbis  Eöditz  63,  25.  dich  sdbis  68,  4.  dich  selbs 
Spiegelb.  280,  20.  uns  selbs  ebd.  34.  uns  selfs  (G.  PI.)  Lac.  in,  504. 
ich  selfs  Harff  96,  29.   sich  selffs  29,  21. 

selber:  vrouwe  rihtet  selber  Trist.  775.  sich  selber  Alex.  7032. 
vor  gote  selber  Berth.  350,  18.  von  sich  selber  Altes  Mgb.  8'.  von  in 
selber  Myst.  I.  235,  22.  24.  sie  (A.  Sg.  F.)  selber  Elis.  1776.  die  vin- 
sternisse  (A.  PI.)  selber  Beheim  Matth.  6,  23.  —  selbers:  ir  selbers 
(G.  Sg.)  not  Boner  54,  34.  von  ir  selbers  (G.  PL)  toitzen  Boner  78,  48. 

selben:  ich  bin  selben  her  komen  Leyser  Pr.  80,  40.  daz  wizze 
got  selben  87,  26.  ich  selben  Eath.  sp.  55.  359.  du  seibin  380. 

selbes  wird  seit  dem  13.  Jh.  auch  bei  dem  hinweisenden 
Localadverbium  da  zur  Verstärkung  verwant,  zb.  da  selbes 
Ludw.  Kr.  5353.  da  seihest  Pass.  E.  17,  71.  168,  86.  Köditz 
66,  3.  aldd  seihest  Pass.  H.  59,  12.  da  selhens  Henneb.  Uk. 
II,  15  (1333).  Cd.  Sax.  IL  6,  35.  da  selbins  Jerosch.  1142. 
22814.  Cd.  Sax.  H.  6,  47.  daselbinst  (1368)  Cd.  Sax.  II. 
6,  33.  daselbinst  (1395)  ebd.  6,  52.  In  der  Folge  erhielt 
selb  (seihen,  seiht,  seihst)  auch  ohne  Verbindung  mit  da  locale 
und  selbst  zeitliche  Bedeutung:  da,  dort  —  dann,  damals: 
Schmeller  bWb.  II«,  263.  f.  Vilmar  hess.  Idiot.  382.  Wein- 
hold Dialectforsch.  142. 

In  Zusammensetzung  mit  Subst.  Adj.  Partie.  Ordinalien 
wird  stets  das  endungslose  selb-  verwant.  Auch  in  inten- 
siver Selbstcomposition:  selheselhe  B,ol.  100,  26.  MS.  1,  50\ 
selhselbe  Freid.  85,  23.  Griesh.  Pr.  2,  86. 

Vgl.  Mhd.  Wb.  IL  2,  245—247.  Weigand  Wb.»  II, 
689  -.693. 

selhic  mit  vortretendem  bestimmten  Artikel :  der  diu  daz 
selbige,  ist  seit  dem  14.  Jh.  in  Brauch,  Mhd.  Wb.  IL  2,  248*. 
Lexer  II,  862. 


555 

B.  Das  Adjectivum. 
§  500.  Das  germanische  Adjectivum  konnte  auf  dreifache  §  500. 
Art  flectirt  werden  1)  nach  Art  der  Pronomina  (pronominale 
starke  Declination),  2)  in  Weise  der  nominalen  a- Stämme, 
3)  in  Weise  der  Nomina  in  an-  (schwache  Declination).  Die 
starke  und  schwache  Declination,  deren  Anwendung  sich  nach 
deni  Satzverhältnis  richtet,    sind  voll  erhalten;    die  nominale 

Declination  ist  sehr  früh  verkümmert. 

Leo  Meyer  über  die  Flexion  der  Adjectiva  im  Deutschen. 
Berlin  1863. 

Die  pronominale  Declination  der  Adjectiva  wird  ver- 
schieden erklärt.  Bopp  nam  die  Zusammensetzung  des  Ad- 
jectivstamms  mit  dem  Pronominalstamm  ja  an  und  verglich 
dazu  die  lith.  slavische  bestimmte  Adjectivdeclination,  Vergl. 
Gr.  §§  280—290  und  Ebel  bei  Kuhn  Z.  V,  304.  ff.  356.  ff. 
Dagegen  erklärte  Holtzmann  (Germ.  8,  261  —  268)  die  starke 

mm 

Adjectivdeclination  durch  übertritt  von  der  adjectivischen  m 
die  pronominale  Declination  unter  wesentlicher  Einwirkung 
der  Flexionen  des  Demonstrativum  der  diu  da^.  Scherer 
GdSpr.»  527.  ff.,  Joh.  Schmidt  (bei  Kuhn  XIX,  289.  f.),  Sievers 
(Paul-Braune  Beiträge  II,  98 — 124)  und  Leskien  (die  Decli- 
nation im  Slavisch-Lithauischen  und  Germanischen.  Leipz.  1876. 
S.  130—138)  haben  diese  Auffassung  genauer  begründet.  Die 
Gegner  der  Boppschen  Erklärung  hüben  wesentlich  hervor, 
dass  das  unbestimmte  (starke)  deutsche  Adjectiv  unmöglich 
mit  dem  bestimmten  lith.  slav.  Adjectiv  verglichen  werden 
könne;  ferner  dass  im  Lith.  Slav.  die  Verbindung  des  pro- 
nominalen Stamms  mit  dem  Adjectivum  durch  alle  Casus  ge- 
schehe, während  sie  im  Germanischen  nur  in  einzelnen  Casus 
(Dat.  Acc.  Sg.  M.,  Gen.  Sg.  F.,  N.  A.  D.  Sg.  N.,  N.  PI.  M., 
G.  D.  PI.  M.  E.  N.)  hervortrete.  In  diesen  Casus,  zu  denen  im 
Hochdeutschen  noch  der  N.  Sg.  M.  kommt,  habe  das  Adjectiv 
die  nominale  mit  der  pronominalen  Flexion  vertauscht,  wie 
schon  im  Sanskrit  eine  Anzahl  Adjectiva  ganz  oder  theil- 
weise  zur  pronominalen  Declination  übertraten  und  wie  bei 
der  nahen  Beziehung  zwischen  Pronomen  und  Adjectivum 
und  der  mehrfachen  Übereinstimmung  zwischen  pronominaler 
und  nominaler  Declination  nahe  liege. 


» 

»» 

11 

11 

11 

11 

J» 

>» 

11 

11 

11 

11 

556 

§501.  §  501. 

Paradigmen  der  mhd.  AdjectiTflexionen. 

1.  Starke  Declination. 

Sg.  N.  blinder  hlindu  -iu  (-e)        hlindez 

G.  blindes  blindere  -er  blindes 

D.  blindeme  -em      Mindere  -er  blindeme  -em 

A.  blinden  blinde  blindez 

PL  N.  blinde  blinde  blindu  -tu  (-e) 

G.  M.  F.  N.  blindere  -er 

D.  M.  F.  N.  blinden 

A.  blinde  blinde                     blindu  -iu  (-e) 

2.  Nominale  Declination,  Thema  -a. 

hli/nt  unverändert  durch  alle  Geschlechter  und  Casus  im  Sg.  wie  im  PL 

küene 

grd 

3.  Nominale  schwache  Declination,  Thema  -n-. 

Sg.  N.  blinde    blinde    blinde  hol    hol    hol 

G.  blinden  blinden  blinden  holn  holn  holn 

und  so  fort  durch  alle  Formen,  mit  Ausname  des  A.  Sg.  N.  blinde,  hoL 

Starke  pronominale  Declination. 
§602.  §  502.     An  den    starken  Adjectiven    wird   die  Syncope 

und  Apocope  des  e  der  Endungen  im  allgemeinen  nach  der 
Regel  vollzogen;  indessen  zeigen  auch  gute  Hss.  viele  Ab- 
weichungen namentlich  bei  den  Adjectiven  mit  liquidem  Suffix. 
Nach  der  Regel  ergeben  sich  folgende  Formen 

Sg.  grober  -iu  -ez          Sg.  holr  holiu  holz  PL  hol    hol    holiu 

wie  blint  (§  501)           hols  hoHre  hois  holre 

holme  holre  holme  holn 

holn  hol  holz  hol    hol    holiu 

Sg.  bar      bariu      barz 
bars    barre      bars 
und  so  fort  wie  hol,  mit  Ausname 
des  G.  PL  barre. 

ebner    ebniu    ebnez  eigenr      eigeniu  eigenz 

ebnes    ebner    ebnes  eigens      eigenre  eigens 

ebnem  ebner    ebnem  eigenme  eigenre  eigenme 

u.  s.  w.  eigeme  eigeme 

eigen       eigen  eigenz 
u.  s.  w. 


557 

michelr    micheliu    michelz  magerer    mageriu    magerez  §502^ 

michels    michelre    michels  mageres    magerre     mageres 

u.  8.  w.  u.  8.  w. 

heiter  (-errej    heiteriu  heiterz 

heiters  heiterre  heiters 

heiterme  heiterre  heiterme 

heitern  heiter  heiterz 

u.  8.  w. 

Wie  mager  und  heiter  werden  die  Comparative  flectirt 
zb.  michelrer,  beisiserre,  ebenso  die  Pronomina  weder  ietweder 
u.  8.  w. 

§  503.  Die  Adjectiva  in  -ja  sind  mhd.  reichlich  vor-  §503^ 
banden;  wenn  sie  ohne  pronominale  Flexion  sind,  gleichen 
sie  im  Nom.  Sg.  den  schwachen  Adjectiven  durch  das  gleich- 
massige  e,  das  auch  der  Apocope  nach  kurzer  Wurzel  in 
Liquida  verfallt  zb.  mare  mcere  mcere,  gir  gir  gir.  Kennt- 
lich sind  sie  in  vielen  Fällen  durch  den  Umlaut  des  Wurzel- 
vocals,  zb.: 

gahe,  räche,  trcege,  W(ßge,  gcehe,  ncsihe,  rahe,  spähe,  sm<ßhe,  wcehe, 
zähe,  htde,  gevueme,  gerame,  gezame,  seltsuBne,  arcwane,  -bare,  abehcere, 
übergäre,  geveere,  liere,  meere,  sw\sre,  geware,  drate,  durhgrcste,  mein" 
rcste,  spate,  gem^eze.  —  edele,  vrevele,  gestdle,  vremde,  eilende,  behende, 
unwende,  senfte,  enge,  genge,  strenge,  gelenke,  uberswenke,  tenke,  biderbe, 
scherpfe,  herte,  merke,  Oberleste,  veste,  wehse,  —  rösche.  —  oede,  bloede, 
broede,  snaede,  hoene,  schoene,  boese,  genoete,  —  vlücke,  dünne,  dürre, 
mürwe,  nütze,  —  viuhte,  gehiure,  tiure,  hinsehe,  niuwe,  —  trüebe, 
müede,  gevüege,  ungestüeme,  gruene,  küene,  tßüeste,  einmüete,  süeze, 

Eigenthümlich  diesen  Adjectiven  in  -ja  ist,  dass  sie  im 
Nom.  Sg.  Fl.  das  Stammsuffix  nicht  selten  ganz  abwerfen 
und  dann  ohne  jede  Endung  stehn.  So  steht  gäh  häufig  neben 
gaehe,  besonders  in  prädicativer  Verbindung  mit  sin  und 
werden;  -hcere  neben  -här;  wcere  ist  nur  Nebenform  des  über- 
wiegend gebrauchten  war;  näh  ist  die  übliche  mhd.  Form 
geworden,  neehe  sehr  selten  Mhd.  Wb.  II.  1,  283.  293;  träc 
(Ath.  B.  134)  konmit  neben  trcege  vor;  swär  ist  besonder» 
prädicativ  ziemlich  häufig,  steht  aber  swcere  nach;  zach  be- 
gegnet zuweilen  im  12.  Jh.;  hart  ist  seltener  als  herte,  in 
den  Fersonennamen  aber  herscht  es;  va^t  ist  md.  beliebt; 
lanc  ist  gewöhnlich,  lenge  selten ;  sanft  erscheint  nur  einzeln 


558 

§503.  neben  dem  gewöhnlichen  senfte;  scharpf  scharf  überwiegt 
scherpfe,  ebenso  bereit  durchaus  das  seltenere  bereite,  her 
rieh  gris  wis  erscheinen  attributiv  und  prädicativ  und  als 
zweite  Theile  von  Compositis  neben  here  riche  grise  wise; 
milt  neben  milte^  gemein  neben  gemeine  y  ^ier  neben  JSfiere 
sind  nicht  häufig.  Von  den  übrigen  gehn  mir  sichere  Belege 
ab,  manche  dieser  Adjectiva  scheinen  den  Abstoss  des  Suffixes 
überhaupt  nicht  zu  vollziehen. 

Die  Flexion   der  Adjectiva   in   -ja   ebenso   wie   die  der 
Adj.  in  'Wa  erfolgt   ganz   nach   dem  Satzverhältnis   wie   bei 
den  übrigen  Adjectiven.     Es  stehn  also 
meerer  -iu  -ez,    mcere    mtere    niare 
gräwer  -iu  -ez,    grdwe  grdwe  gräwe,  grä 

je  nach  Umständen,  §  508.  ff. 

§504.  §  504.     Zu  den   einzelnen  Casus   der  starken  pronomi- 

nalen Declination  des  Adj.  ist  folgendes  zu  bemerken: 

Sg.  Nom.  Mas  c.  Die  Endung  -er,  längst  der  ahd.  noch 
nachweisbaren  Länge  (-^)  verlustig,  hat  die  mundartlichen 
Ifebenf.  -ir  und  obd.  auch  -ar.  Von  ^ar  verhallt  das  r  zu- 
weilen ganz,  zb.  wela,  üssra^  AGrr.  §  423.  —  Nach  Liquida 
kann  Metathesis  des  -er  eintreten,  vgl.  welre  (=  welher), 
eddre,  jenre,  einre,  anderre.  Diese  Umstellung  zeigt  sich  an 
den  Comparativen  in  Verbindung  mit  Abstoss  der  Nominativ- 
flexion  zb.  mirre,  tinrre.  —  Fe  hl  Die  Endung  -w  erscheint 
noch  im  12.  Jh.,  und  obd.  auch  noch  später,  zb.  wihu  Denkm. 
61, 19.  bitteristu  Friedb.  Kr.  J.  1,  5.  braitu  Vor.Kaiskr.  16,  26. 
unfi/rtragenlichu  Wack.  Pr.  1,  18.  halbu  100.  muodu  hun-- 
gerigu  (14.  Jh.)  ebd.  56,  462.  f.  cdlo  Sachsenhein  Mörin  3097. 

—  Die  gewöhnliche  Endung  ist  -iu,  bair.  -eu  seit  12.  Jh.  BG-r. 
8.  383.  Das  iu  wird  aber  auch  früh  zu  e  geschwächt,  welches 
mundartlich  in  i  und  a  spielt:  di  werlt  eile  (mit  Umlaut) 
Glaube  2506.  2853.  ire  vil  reine  tugent  gr.  Rud.  26,  17. 
dtne  Marienl.  12,  4.  sine  ebd.  17,  29.  nidere  Walth.  A.  47,  5 
(B.  nideriu),  alle  sine  tat  Amis  2505.  deheine  (:  algemeine) 
Lampr.  Syon  1530.  —  himilschi  Annol.  520.  niwi  Wack. 
Pr.  3,  77.  liebi  MSA.  262,  1.    elichi  Schreiber  Urk.  I,  444. 

—  necheina  mina  dina   Denkm.  82,  39.   40.    Hildeg.  Geb. 


559 

23.  24.  solicha  Mem.  23.  —  In  al  und  ander  lautet  -iw  den  §  504. 
Wurzel vocal  nicht  selten  um,  zb.  elliu  Wernh.  Mar.  156,  37. 
elliu    ellu   ilolandsl.   P.  A.    häufig   (W.  Grimm   VI.    XIX). 
elliu  Nib.  C.  3220.  Griesh.  Denkm.  43.  enderiu  Parz.  D.  313,  28. 

—  N  e  u  tr.  Die  Endung  ist  ^e^,  obd.  und  besonders  md.  gern 
zu  -iz  erhöht,  alem.  im  14.  15.  Jh.  auch  in  -ais  spielend, 
AGr.  S.  470.  —  Unverschobenes  -et  ist  dem  Ripuarischen 
bei  al,  ein,  ander,  se?/*  gesichert:  allet  Marienl.  47,  28.  Hagen 
1373.  u.  ö.  Limburg.  Pred.  4^  Lac.  III,  187.  Ennen  III,  169. 
Loersch  98.  Harff  immer,  allit  Ernst  A.  1,  6.  Eepg.  Cr.  26. 
Lac.  III,  247.  561.  (üt  Lac.  III,  220.  —  eynt  Harff  239,  33. 

—  ändert  Hagen  229.  —  dat  seift  Lac.  III,  261.  Vgl. 
ausserdem  allet  Höfer  I,  12  (Sayn  1283).  II,  103  (1325. 
Münstermeinfeld),  ändert  Höfer  II,  93  (1324.  Moselland),  wo 
Grenzformen  angenommen  werden  können,  während  armet 
Germ.  IIL  401,  30.  vülit  ebd.  35  einem  niederländischen 
Schreiber  zufallen  mögen. 

§  505.  Gen.  M.  N .  -es,  mundartlich  -is  (alem.  auch  ils  § 505. 
geschrieben),  obd.  auch  -as,  BGr.  S.  383.  —  G.  E.  -ere,  im 
13.  14.  Jh.  gewöhnlich  -er,  nach  l  n  r  in  der  Regel  -re 
(Syncope  und  Bewahrung  der  vollen  Endung):  alre  edelre, 
minre  einre,  irre  wärre  swcerre  merre  anderre  bitterre. 
Dies  Gesetz  gilt  für  Obd.  Md.  und  wie  Cosijn  oTer  de  ver- 
buiging  van  het  dietsche  Adjectif  (Taal-  en  Letterbode  VI, 
148.  ff.)  nachwies,  auch  für  das  Mnl.  —  Der  Dat  F.  ist  for- 
mal dem  Gen.  durchaus  gleich. 

Dat.  M.  N.  -eme  ist  bei  langer  Wurzelsilbe  im  13.  Jh. 
oft  noch  erhalten,  zb.  groeeme,  mitteme,  nach  l  n  r  in  der 
Regel  syncopirt,  wobei  Assimilation  des  n  und  daraus  folgende 
Vernichtung  gewöhnlich  erfolgt :  zb.  alme  edelme,  minme  einme 
getänme  offenme  eigenme  gebundenme  :  mime  eime  getäme 
offeme  u.  s.  w.,  sw^erme  irme  unserme:  Neben  diesen  Formen 
eineme  eime  wird  aber  auch  einem,  gebundem  (mit  üf  ge- 
bundem  keime  Nib.  2108,  2)  u.  s.  w.  gebraucht.  Syncope 
nach  andern  Consonanten  als  l  n  r  ist  gegen  die  Regel: 
engme,  altme,  grozme,  mehtigme  u.  dgl.  sind  also  nicht  in 
der  Ordnung. 


560 

§505.  Das  m  der  Dativflexion  giesg  in  nachlässiger  Rede  des 

Tages  in  n  über,  das  sich  schon  im  12.  Jh.  in  Hss.  bemerk- 
lich macht  und  obd.  wie  md.  Schreibern  oft  entschlüpft ;  selbst 
in  den  Reim  drängte  dieses  n  sich  ein: 

Obd.  Belege:  werden  man  Engelh.  43.  von  liehen  manne  Parz.  D. 
172,  24.  Freid.  165,  16.  munigen  man  Freid.  Ae.  68,  17.  ungevarnen 
man  Parz.  D.  144,  22.  bi  lieben  man  MS.  1,  182^.  mit  gemeinen  rate 
Nib.  C.  217,  1.  mit  herlichen  site  Nib.  A.  856,  1.  mit  senften  muote 
Greg.  Eg.  1072.  in  ml  grimmen  muote  Nib.  C.  116,  1.  von  seregen 
muote  Vorauer  Ged.  9,  15.  mit  wüligen  muote  Greg.  A.  2582.  mit  reinen 
Witten  Eonr.  Silv.  124.  von  lieben  ougenblicke  Klage  ABG.  1419.  von 
8wac?ien  sämen  Freid.  C.  144,  22.  ein  :  mevn  Otack.  c.  8.  —  Sinen 
reht  MS.  2,  260»».  von  minnedichen  wibe  Tit  G.  3,  3.  vgl.  BGr.  S.  384. 
W.  Grimm  z.  Freid.  165,  16.  —  Mitteid.  Belege:  gote  almahtigen 
Lorscher  B.  1.  an  drmogon  möde  mfrk.  Legend.  276.  mit  trurigen  mute 
Bad.  24,  24.  mit  scönin  bühurde  Ath.  D.  125.  mit  manigin  senftin 
gruoee  ebd.  98.  von  spiegilbrtmin  stcUe  ebd.  B.  57.  under  sinen  man  Both. 
2782.  a/n  sulhen  anlaze  Pilat.  18.  einen  Alex.  1456. 1675. 2597. 2735. 3257. 
minen  gote  ebd.  5382.  an  allen  sinen  Übe  4217.  zeinen  guten  knehte  2597. 
mit  michden  sinne  6159.  mit  üweren  venre  Litan.  S.  404.  bi  unsin 
heuere  ebd.  635.  in  sinen  scöze  637.  an  einen  (:besceinen)  En.  4193. 
von  edeln  marmelsteine  Herb.  470.  sinen  munde  ebd.  15065.  an  mime 
sune  dinen  man  Elis.  4797  (vgl.  Eieger  Elisab.  S.  39).  bit  gesunden  live 
Höfer  I,  12.  eynen  manne  Bepg.  Cr.  31.  eynen  bürgere  Lac.  ÜI,  180. 
mit  guden  winde  Harff  76,  28.  —  dinen  Jcinde  Litan.  S.  304.  an  dem 
orte  ietwedirin  (:  vedirin)  Ath.  D.  144.  von  bemischvn  gold  ebd.  B.  27. 
mit  rötgebrantin  golde  Ath.  D.  98.  in  allen  den  gebere  Alex.  5512. 
Glaube  2307.  von  edelen  gesteine  Alex.  6705.  von  minen  gesinde  5546. 
mit  susgetänen  urbote  ebd.  6358.  von  kranken  gevdle  Pilat.  267.  sinin 
unbe  Germ.  17,  353.  ce  einin  wäreeichine  ebd.  354.  <ülen  natürlichen 
vorstentnisse  Myst.  I.  228,  9.  mit  unsin  ingesegü  (1328)  Cd.  Sil.  IX» 
235.  —  Vgl.  auch  W.  Grimm  Eoseng.  LXXXTV. 

Aus  diesen  Belegen  ergibt  sich,  dass  die  Dative  Sg.  M. 
N.  in  -en  obd.  wie  md.  begegnen,  und  keine  niederfränkische 
Eigenthümlichkeit  sind,  wie  Cosijn  auf  Grund  des  ältesten 
Vorkommens  derselben  in  den  Psalmen  und  wegen  der  Her- 
schaft; des  Dat.  in  -en  im  Mnl.  aussprach,  Oudnederl.  Psalm» 
8.  15.  17.  —  Kinzel  in  Zachers  Z.  f.  d.  Phil.XI,  74.  f.  nimmt 
in  allen  diesen  Fällen  Vertretung  des  Dativs  durch  den  Accu- 
sativ  an. 


561 

Wir  haben  hier  ferner  noch  einen  Dativ  Sg.  M.  F.  N.  §505. 
in  -e  zu  erwähnen,    der   schon   früh  in  md.  Denkmälern  tiir 
die  st.  Endung  erscheint: 

Masc.  gote  cUmahtige  schon  Würzb.  Beichte  8  (Denkm.  76,  31). 
mir  vü  arme  (:arme)  Pass.  K.  301,  69.  mir  arme  prister  Rückert 
Entw.  244. 

Fem.  in  einer  guldine  tavelin  Annol.  262.  —  meiner  erste  messe 
Rückert  Entw.  244. 

Neutr.  von  starke  gewidere  Alex.  6705  Massm.  mir  vil  arme 
imve  Marienl.  32,  38.  in  weseltche  löne  Myst.  I.  208,  19.  zu  eine  gezüge 
und  zu  eine  Urkunde  Cd.  Sax.  n.  6,  6  (1306). 

Zur  Erklärung  dieser  Dative  in  -e,  die  schon  in  den  alt- 
niederl.  Psalmen  (2,  12  fan  wege  rehta)  und  in  den  Bruch- 
stücken eines  fränk.  Gesprächbüchleins  {jse  tine  rugge  66, 
gueliche  lande  20,  in  ore  bette  62)  auftreten,  ist  von  Cosijn 
Oudnederl.  Ps.  46  der  Instrumental  herbeigezogen  worden. 
Eückert  Entw.  244  sah  darin  schwache  Endungen,  die  durch 
ausgefallenes  n  undeutlich  geworden  seien.  Ich  habe  (Bruchst. 
eines  fränk.  Gesprächb.  S.  23)  zwar  auch  Abfall  eines  -w  ange- 
nommen, aber  die  dem  -e  vorausgegangene  Form  -en  nicht 
für  die  schwache  Flexion  erklärt,  sondern  für  ew  =  em,  S.  560, 
welcher  Ansicht  auch  W.  Grimm  Altd.  Gespräche  1,  20  unter 
Hinweis  auf  die  fries.  Dative  in  -e,  die  J.  Grimm  Gr.  I*,  736 
als  durch  Apocope  von  -m  entstanden  deutete,  zu  sein  schien. 
Die  weiblichen  Dat.  in  -e  müsten  dann  durch  Formübertragung 
sich  erklären,  wenn  man  nicht  Abfall  des  -r  §  214  annimmt. 
An  einen  Kest  der  alten  nominal-vocalischen  Declination  hier 
zu  denken,  ist  wol  nicht  erlaubt. 

§  506.  Acc.  Sg.  M.  -en,  Nbf.  obd.  und  md.  -iw,  obd.  §606. 
-an.  Nach  l  n  r  geschieht  zuweilen  Umstellung  der  Endung : 
edelne,  einne,  gehundenne,  andirne.  Die  flexionslosen  Formen 
zb.  ein  mm  dm  gehören  zu  der  nominalen  Declination.  Eine 
Spur  des  rheinischen  Accusativs  (=  Nom.)  taucht  Hohen- 
burger  Hohesl.  130,  23  auf:  do  isöch  er  siner  arm  widere. 

A.  F.  -e,  mundartliche  Nebenformen  -i,  -a.  Zuweilen  findet 
sich  im  Obd.  Übertragung  der  Nominativendung  auf  den 
weiblichen  Accusativ  (alem.    -iu,  -w,  bair.  eu)  AGr.  8.  472. 

Wein  hold,  mittelhochd.  Oramm.   9.  Aufl.  36 


562 

§506.  BGrr.  S.  384,  wie  umgekehrt  das  nominative  iu  durch  e  be- 
einträchtigt ward.  —  Acc.  N.  flectirt  wie  Nom. 

Instrum.  Neutr.  ist  nur  erhalten  in  alle  :  in  cHle,  mit 
cUle,  bet  alle,  von  alle  Mhd.  Wb.  I,  19.  f.  Die  ältere  Endung 
zeigt  sich  noch  zuweilen,  vgl.  in  elliu  diu  Fundgr.  IL  55, 
31.  f.  in  alleu  Mon.  boica  XXXV.  2,  262.  mit  elleu  deu 
Klosterneub.  Urk.  59. 

§607.  §  507.     Nom.    PI.   M.    F.    -e,    mundartliche  obd.    md. 

Nebenf.  -i,  obd.  auch  -a.     Zuweilen    drängt  sich  für  e  alem. 
iUy  ü,  bair.  eu  ein,  AGr.  §  424.  BGr.  §  369. 

Neutr.  'iu,  bair.  -eu,  im  11.  12.  Jh.  -u  (zb.  heidu  Friedb. 
Kr.  G.  1,  15.  smu  wunderlihu  Physiol.  1,  17.  19.  —  Acc. 
neheinu,  suntlichu  Friedb.  Kr.  C.  2,  3.  menigu  Vorauer 
Ged.  344,  25.  ediluu  102,  8.  Dialectlich  erscheint  dieses  u 
noch  im  15.  Jh.,  vgl.  allu  Sachsenh.  Mörin  2042.  bedu  5817. 
5998.  In  al  und  ander  wirkt  die  Flexion  durch  ihren 
i-Gehalt  zuweilen  Umlaut:  elliu,  enderiu;  auch  ältü,  gäntzü 
weisen  alem.  Quellen  auf,  AGr.  a.  a.  0.  Nicht  selten  schwächt 
sich  aber  die  Flexion  iu,  ^  zu  e  ab;  es  tritt  dies  namentlich 
in  md.  Schriften  schon  sehr  früh  ein. 

N  0  m.  hevige  Paris.  Virgilgl.  775.  selige  Amst.  Ml.  7,  10.  so  ge- 
dorne  liude  mfrk.  Legend.  87.  sumeltche  uveldedige  liude  468.  alle  andere 
Alex.  143.  jämerltche  3202.  aUe  mtne  jär  Walth.  C.  124,  1.  —  Acc. 
ideHe  Psalm.  2,  1  (gewöhnlich  a).  geherstide  Paris.  Virgilgl.  745.  uvüe 
liude  mfrk.  Legend.  42.  lugeliche  thing  45.  aUe  werdtUche  thing  439. 
gröze  tnartiria  458.  aUe  cnechische  lant  Alex.  346.  itesltche  dinc  2326. 
alle  mine  dinc  Both.  2251.  romiske  hüs  Yorauer  Eaiskr.  221,  10.  beide 
:heide  Walth.  39,  15.  alle  sine  dinc  Trist.  H.  J.  701.  mihhüi  mezssir 
Annol.  336.  alle  wunder  Elis.  1405.  sine  kni  695.  Im  14.  Jh.  ist  dies  e 
md.  Eegel. 

Gen.  M.  F.  N.  -ere,  mit  Apocope  -er,  nach  l  n  r  mit 
Syncope  -re.  Mundartliche  Färbungen  sind  -ir  und  -ri:  alri 
Wackem.  Leseb.*  260,  27.  iuwerri  Bened.  Pr.  64). 

Dat.  M.  F.  N.  -en,  mundartl.  -in,  seltener  -an,  -an: 
BGr.  §  369.  AGr.  S.  474.  Apocope  des  n  :  mit  den  sini 
Annol.  387.  in  alle  unsern  landin  Cd.  Sax.  II.  6,  55. 

Acc.  flectirt  wie  Nom. 


563 


Nominal-Yocalische  Declination. 

§  508.    In  dem  Nom.  Sg.  und  PL,  seltener  in  den  übrigen  §  508. 

Casus,   steht   das  Adjectiv    in  attributiver  und   besonders  in 

prädicativer    Stellung    nicht    selten  ohne  Flexion.     Es    sind 

darin  die  Reste  der  alten  vocalisch-nominalen  Declination  der 

Adjectiva  zu  erblicken.     Die  Flexionslosigkeit  in  den  Casus 

ausser  dem  Nom.  8g.  M.  N.  und  Nom.  Acc.  PL  N.  muss  auf 

Übertragung  dieser  auch  im  Subst.  der  Flexion  .früh  ledig  ge- 

i/vordenen  Formen  auf  die  andern  Casus  geschrieben  werden. 
J.  Grimm  Gr.  IV,  460 — 508  hat  unter  dem  Titel  Weggeworfene 
«tarke  Flexion  über  diese  Erscheinung  gehandelt,  480—496  über  die 
mhd.  Fälle  im  besondem. 

Vor  den  Adjectiven  sind  die  Possessiva,  ferner  weder, 
welich,  und  dl,  ander,  ein,   manec  besonders  zu  betrachten. 

min,  din,  sin  sind  als  vorausgestellte  Attribute  im 
Nom.  Sg.  fast  durchaus  flexionslos,  ebenso  im  Acc.  Sg.  Der 
Nom.  Acc.  PL  kommt  seltener  ohne  Endung  vor,  der  Gen.  Dat. 
nie.  Die  nachgestellten  attribut.  Possessiva  sind  gewöhnlich 
in  allen  Casus  flexionslos.     Gr.  IV,  480.  f. 

unser,  iuwer,  weder,  weih  stehn  im  Nom.  Sg.  M. 
N.  meist  unflectirt;  auch  im  Acc.  8g.  und  Nom.  Acc.  PL 
kommen  sie  ohne  Flexion  vor. 

al  kann  vor  dem  bestimmten  Artikel  oder  vor  einem 
Possessivum  in  allen  Casus  unflectirt  gebraucht  werden,  vgl. 
ul  ir  muot  Iw.  3807.  al  iuwer  arbeit  ebd.  6010.  al  die  ere 
5442.  über  al  daz  lant  3700.  in  al  der  wUe  Parz.  633,  2. 
ul  der  frouwen  scMn  561,  14.  in  al  den  landen  556,  10. 
al  sine  sinne  Trist.  938.  Neben  diesem  unflectirten  al  tritt 
erweitertes  unflectirtes  alle  auf:  zalle  ten  sUen  Hohenb. 
HohesL  144,  18.  alle  heilige  man  (N.  Sg.)  Trebn.  Ps.  31,  6. 
alle  der  erdin  ebd.  46,  8.  alle  den  tac  31,  3.  vgl.  Pieitsch 
Trebn.  Psalmen  XCII.  f. 

ander  kann  in  allen  Casus  ohne  Flexion  stehn,  zb. 
manec  ander  schoeniu  vrouwe  Trist.  645.  ander  manegen 
man  Nib.  479,  2.  ein  ander  (A.  Sg.  N.)  :  Alexander  Alex. 
805.  ein  ander  (A.  Sg.  F.)  Berth.  318,  14.  mit  ander  siner 
vrümeheit  Iw.  2098.    in  ander  hünege  lant  Nib.  28,  3.  mit 

36* 


564 

§508.  ander  ir  gesellen  Rol.  83,  1.  mit  ander  pilgermen  Elia.  4595. 
ander  decke  (A.  PI.)  Trist.  667. 

ein  ist  als  unbestimmter  Artikel  im  Nom.  Sg.  M.  F.  N.,. 
ferner  im  Acc.  Sg.  N.  immer,  im  Acc.  M.  F.  sehr  oft  flexionslos. 
Der  Gen.  und  Dat.  werden  stets  flectirt. 

manec  steht  sowol  als  Attribut  wie  als  Pronominal- 
adjectiv  im  Nom.  Sg.  M.  F.  N.  nicht  selten  unflectirt,  Mhd.  Wb. 
II.  1,  58.  Lachmann  z.  Iw.  251.  Belege  für  Gen.  Sg.  manec 
wibes  Parz.  3,  11.  manec  orses  Parz.  379,  20;  für  Dat.  Sg. 
manic  man  Roth.  2776;  fär  Acc.  Sg.  M.  F.  einige  Belege 
bei  Amelung  zu  Ortnit  308,  1;  für  Acc.  Sg.  N.  vil  manec 
wehselmcere  Iw.  6076. 

§509.  §  509.  Bei  den  eigentlichen  Adjectiven  ist  die  flexions' 

lose  Form  yam  häufigsten  im  Nom.  Sg.  M.  F.  N.,  femer  im 
Acc.  Sg.  N.  Es  ist  daran  za  erinnern,  dass  die  pronominale 
Endung  des  Nom.  Sg.  M.  überhaupt  nur  dem  Hochd.  eigen 
ist  und  dass  die  pronominale  Flexion  des  Nom.  Acc.  Sg.  N. 
nur  das  Gotische  mit  dem  Hochd.  theilt.  —  Die  folgenden 
Belege  zeigen  die  flexionslosen  Formen  in  den  verschie- 
denen vorkommenden  Fällen. 

a)  Attributives  Adjectiv. 

Flexionslos  vor  dem  Substantiv,  ohne  Artikel. 

Nom.  Sg.  M.  giiot  man  Walth.  44,  10.  gröz  genöz  Bari.  375,  26- 
gröz  jämer  Parz.  127,  10.  reht  rihtere  Eol.  23,  10.  valsch  geloube 
Lampr.  Syon  1319.  reht  gdotibe  B&il,  354,  32.  michel  zorn  Vorauer 
Ged.  14,  16.'  michel  gedranc  Nib.  594,  4.  salic  man  MF.  179,  12. 
grüen  Tele  stoübec  sant  Parz.  679,  28.  war  mensche  und  war  got  Pass. 
H.  15,  48.  uwreht  gewalt  Berth.  89,  13.  geschaffen  sin  Haupt  Z.  JX,  30. 
—  F.  mekel  richeit  En.  12982.  guot  geseUeschafl  Iw.  5110.  gröz  vekte 
Roth.  1704.  gröz  seelde  Parz.  545,  8.  gröz  müede  142,  9.  höh  pure 
292,  30.  reht  witze  Bari.  239,  27.  michel  höhvart  Vorauer  Ged.  15,  10. 
michel  früntscaft  Eol.  115,  4.  michel  vreude  Nib.  596,  3.  uhü  weide 
Alex.  2463.  werltlich  ere  Warnung  2867.  mplich  güete  Ulr.  Wh.  3739. 
roemisch  kröne  Wilh.  434,  11.  —  N.  guot  gedinge  MF.  18,  20.  guot 
mp  Parz.  740,  30.  guot  wort  Eabenschl.  7,  5.  snel  ors  Parz.  292,  30. 
gröz  zeichen  mfrk.  Legend.  682.  michel  guot  Amis  1591.  getriuwer  toip 
Kl.  417.  sidtn  hemde  Nib.  1792,  2.  riuwic  herze  Walth.  76,  33  (die 
Adj.  in  'ic  sind  mit  einziger  Ansname  von  94,  39  bei  Walther  im 
Nom.  Sg.  immer  flexionslos),   schoene  ivip  MSH.  I,  309b.   grüene  griMs 


565 

MF.  90,  32.   boese  unkrut  Walth.  103,  21.   edde  gesteine  Alex.  6302.  §  509. 
vamde  guot  Walth.  8,  14.  rieh  gewant  Iw.  3Ö93. 

Voc.  Sg.  M.  guot  man  Greg.  2895.  guot  ritter  Krone  4570.  trut 
^un  Orend.  383.  699.  Trist.  3958.  trut  geselle  Iw.  1471.  trut  geselle 
inin  Heinzel.  ML.  1775.  gröz  gebure  Greg.  2619.  sailic  habest  Silv.  1406. 
SiBlie  herre  Engelh.  1290.  unsailic  man  MF.  160,  3.  gnadic  tmde 
gewaltic  got  Kindh.  67,  1.  edel  Tcunic  Herb.  2294.  vü  edel  toigant 
El.  876.  —  F.  edd  marcgrävin  Kl.  1523.  edel  vrouwe  guot  Kabenschl. 
129,  2.  —  1^.  guot  swert  Kl.  847.  trut  gespü  MF.  98,  37.  liep  salic 
^p  Krone  26602.  schöne  wiph  Eoth.  2402. 

Acc.  Sg.  M.  gut  gewin  Herb.  4018.  rot  schüt  Parz.  211,  ^9. 
heidensch  orden  13,  28.  tezzer  schüt  Nib.  C.  J.  1640,  2.  tu^/entlicher 
-vrouwen  lip  Kl.  31.  —  F.  gröz  ere  Kol.  74,  13.  Parz.  13,  7.  gröz 
unmuoze  Iw.  5208.  gröz  pine  Lampr.  Fr.  2572.  höh  art  Wh.  346,  2. 
■michd  arbeit  Iw.  5565.  toenic  ere  Nib.  591,  1.  bezzer  tugent  Roth.  2265. 
an  schütlich  vart  Tit.  147,  4.  —  N.  guot  7ml  Iw.  596.  kalt  toazzer 
liampr.  Fr.  2141.  herlich  gemüte  Rol.  67,  11.  künftec  guot  Lampr.  Fr. 
2026.  geverwet  här  MSR  1,  309^.  durh  michel  wcdtgeveUe  Iw.  3836. 
in  eunc  leben  Wack.  Pr.  70,  21. 

Gen.  Sg.  M.  unverzaget  mannen  Parz.  1,  5.  unrecht  tödes  Baxihaenh. 
Mörin  1104.  —  N.  snewec  bluotes  Parz.  296,  3.  unverwonnen  einich 
rechts  Lac.  HI,  683  (1383). 

Dat.  Sg.  N.  von  roemisch  lant  Babenschl.  18,  4.  uß  rein  erz 
Sachsenh.  Tempel  34.  ' 

N.  PL  M.  so  üzerkoren  helde  Rol.  8,  7.  —  N.  edel  hinder  Ulr. 
Wh.  1644. 

Gen.  PL  guot  frouwen  MF.  14,  19.  vil  heimlich  bund  Sachsenh. 
Mör.  4096. 

Dat.  PL  mit  guJMn  nagelen  Tit,  141,  4.  mit  toenec  liuten  Parz. 
700,  26.   von  heidnisch  landen  Sachsenh.  Mör.  4907. 

Acc.  PL  M.  rilemic  man  Walth.  66,  20.  bezzer  vriunde  Nib. 
1342, 4.  küener  degene  2037, 4.  wipltch  site  Lampr.  Fr.  4320.  an  sumdich 
rime  Reinh.  2258.  ~  F.  blanc  hende  Tit.  156,  2.  —  N.  starch  gewerche 
Alex.  1052.  schoene  mp  Walth.  50,  6.  niwe  mcsre  Nib.  BC;  88,  1. 
^choener  büde  Trist.  6695. 

Beispiele  der  Behandlung  mehrerer  attrib.  Adjectiva: 

Yoc.  Sg.  junc  süezer  man  Parz.  47,  6.  junc  vlcetic  süezer  man 
141,5.  —  Dat.  Sg.  üz  röt  getriutcem munde  Ulr.  Wilh.  1133.  —  Nom. 
Sg.  N.  zomec  eUenhaftez  her  Parz.  182,  24.  .—  Acc.  Sg.  N.  vür  aUez 
hdlisch  ungemach  Ulr.  Wh.  3467.  —  Gen.  PL  werHlich  unde  tumber 
Mte  Lampr.  Fr.  686.  —  Acc.  PL  M.  er  bat  die  tumben  tmde  msen, 
guot  und  unguot  Lampr.  Franz.  3260. 


566 

§610.  §  510. 

Flexionsloses  attributives  Adjectiv  nachPronominibus* 

a)  nach  dem  Personalpronomen,  zb. 

Nom.  Sg.  M.  ich  arm  und  du  vü  rtche  Wh.  1, 18.  ich  unwirdich 
prtster,  ich  unwirdich  man  Marienl.  39,  25.  —  N.  PL  N.  «i  8€Eilic  wip 
WvRh.  216,  8.  —  Voc.  PL  ir  guot  Hute  St.  Pauler  Pred.  10,  9. 

b)  nach  possessiv.  Genit.  des  Personalpron.,  zb. 

Nom.  Sg.  M.  ir  edel  lip  Ernst  B. 236.  —  N.  Sg.  F.  ir  reine  minne 
Partonop.  9500.  —  Dat.  Sg.  F.  in  ir  eigen  veste  Ernst  B.  2991.  — 
D.  Sg.  N.  von  ir  lieht  antlüte  Mart.  7,21.  —  Acc.  Sg.  N.  ir  gröz  eUen 
Hol.  211,  19.  —  Nom.  PL  N.  ir  lütir  augin  Ath.  A*  14. 

c)  nach  Possessivpron.,  zb. 

Nom.  Sg.  M.  sin  gut  spiez  Rol.  198,  24.  —  N.  Sg.  F.  din  einte 
drtvalt  unitas  Bari.  1,  24.  —  N.  Sg.  N.  sin  menlich  eUen  Ulr.  Wh. 
3710.  —  Dat.  Sg.  F.  mit  iuwer  gröz  unvuoge  Nib.  C.  618,  3.  — 
Acc.  Sg.  F.  in  sin  alt  släßamer  Sei.  Tr.  184*.  —  A.  Sg.  N.  min  schoene 
unp  Iw.  3993.  sin  gar  edel  swert  Partonop.  12580.  durh  unser  ewie 
leben  Ulr.  Wh.  3462.   sin  snevar  tcesterhemde  3567. 

d)  nach  Demonstrativen,  zb. 

Nom.  Sg.  N.  so  schoene  wip  MSH.  1, 281».  —Acc  Sg.  N.  diz  Imsam 
büide  Eaiskr.  832.  ditz  ungesalzen  maz  Iw.  3906.  —  Nom.  PL  M.  dis 
guot  gesellen  Sachsenh.  Mörin  2839. 

§611.  §  511. 

Flexionsloses    Adjectiv    nach    dem    unbestimmten 

ArtikeL 

Nom.  Sg.  M.  ein  alt  herzöge  Both.  556.  ein  war  gotis  holde  Tr. 
Egid.  688.  ein  war  hdt  Bad.  20,  21.  ein  gut  kneht  Bol.  82,  18.  ein 
vü  guot  säme  Yorauer  Ged.  11,  20.  ein  guot  gewin  MF.  154,  16.  ein 
wert  hrutegum  Ath.  G*  48.  ein  starch  man  Bol.  98,  23.  ein  stoaeh  sin 
Parz.  524,  23.  ein  gröz  marterare  Lampr.  Fr.  3803.  ein  wöl  gemuot 
man  Iw.  5786.  ein  vü  vrö  man  Germ.  17,  348.  ein  vul  holzaphd  Myst. 
I.  171,  30.  ein  gröz  meisterphaffe  Mem.  8.  ein  niuweoaUen  sne  Mart. 
143,  54.  ein  frumich  man  Alex.  182.  ein  grimmic  man  Nib.  1736,  3. 
ein  salec  man  Iw.  3969.  ein  ledic  man  Berth.  I.  318,  1.  ein  vomeme 
man  Alex.  200.  ein  kiiene  spüman  Nib.  1416,  1.  ein  wtse  man  Parz. 
102,  1.  ein  tugentlich  herzöge  Bol.  34,  18.  ein  minneclich  anüiitzes 
schin  Parz.  186,  17.  ein  edel  man  Nib.  14,  3.  Engelh.  270.  ein  blöz 
toiser  Parz.  161, 19.  ein  getoiht  hischof  Berth.  I.  300,  2.  —  Nom.  F.  ein 
gröz  höhzit  Bari.  352,  15.  ein  michd  tumpheit  Alex.  6518.  ein  michel 
diet  Iw.  1488.  ein  iibel  vart  Beinh.  1212.  ein  übel  höheit  Nib.  2056,  4. 
ein  guldin  cröne  Alph.  193,  3.  ein  offen  Sünderin  Berth.  I.  569,  19. 
ein  hövesch  magt  Iw.  1417.   ein  gut  frowe  Eöditz  77,  17.   ein  erliek 


567 

maget  Earaj.  21,  9.  ein  heimlich  kemenäte  Iw.  5606.  ein  zärtlich  §511. 
zuhtegunge  Bari.  379,  39.  ein  unergetzet  not  Ulr.  Wh.  1168.  ein  ge- 
blüemei  wise  K.  Silv.  495.  —  Nom.  Acc.  N.  ein  vrö  gemüte  Rud.  25,  12. 
ein  Stare  sper  Ath.  B.  98.  ein  gröz  dinc  Ath.  D.  28.  ein  steinhart 
gemüte  Fass.  H.  33,  87.  ein  genuoc  tttrnieren  MS.  2,  124^.  ein  michel 
tounder  Alph.  163,  2.  ein  edel  herze  E.  Silv.  24.  ein  guldin  vingerlin 
Mb.  627,  3.  ein  heidenisch  buch  Myst.  I.  210,  17.  ein  wenic  twirgelin 
Alex.  2955.  ein  gut  wif  mfr.  Legend.  5.  ein  ssinnic  unp  MF.  153,  24. 
ein  Mint  toip  Lampr.  Fr.  4540.  ein  scheddich  slöz  Berth.  I.  570,  24. 
ein  schoene  ros  Rud.  9,  2.  ein  schoene  magedin  Nib.  2,  1.  ein  veste 
hüs  Reinh.  1683.  ein  kleine  fröudelin  Walth.  52,  21.  ein  niuwe  hp 
Walth.  64,  25.  ein  ziere  (C.  zier  AB)  wäfen  Nib.  892,  3.  ein  angestb€ere 
dinc  trEr.  14150.  ein  minnende  mp  Greg.  704.  über  ein  weich  här 
Ath.  C*  86.  an  ein  schoene  wip  MF.  99,  37.  an  ein  grüene  grcts 
Reinh.  715. 

Bei  mehreren  Attributen  erscheint  die  Flexions- 
losigkeit  an  einem  oder  auch  an  allen: 

ein  stolz  werder  man  Farz.  102,  1.  ein  alt  virwizzer  man  Rol. 
68,  6.  ein  betrüebeter  alt  mensche  Mechtild.  fl.  L.  222.  ein  wer  diu 
windisch  diet  Parz.  496,  17.  ein  schoeniu  icolgezieret  heide  Walth.  21,  4. 
—  ein  underwebin  brun  samit  Ath.  E.  110.  ein  gröz  dar  spiegel 
Schoneb.  6872.  ein  reine  wise  saelic  tcip  MF.  153,  3.  ein  iedich  scelec 
unp  Parz.  660,  23.  ein  küene  verwegen  gemüete  Mem.  14.  ein  heüic 
geistlich  leben  Myst.  I.  236,  14. 

Zuweilen   wird   der    unbestimmte  Artikel   zwischen 

Attribut  und  Substantiv  gesezt: 

ellenthaft  ein  man  Parz.  296,  22.  höfsch  mit  zuhten  u)is  ein  man 
ebd.  825,  8.  lones  rieh  ein  man  MGraon  306.  unnutze  lebende  ein  man 
Trist.  999.  wert  wolgemuot  ein  man  Ulr.  Wh.  2293.  lieht  ein  spiegel 
MS.  2,  96*.  vne  reine  ein  nam  MF.  165,  21.  —  so  nähe  gende  ein 
swcsre  Trist.  918.  —  valsch  lügelich  ein  mare  Parz.  338,  17.  aus 
körnende  ein  wip  ebd.  192,  7.  reine  gemuot  ein  wip  Ulr.  Wh.  2294. 
vjie  trüredich  ein  leben  Trist.  2009.  wie  onrecht  ein  Ion  £n.  10665. 

Wir  erwähnen  femer  des  flexionslosen  Vocativs  de» 
attributiven  Adjectivs.  Der  Vocativ  des  Subst.  wird  durch 
Verbindung  mit  dem  unbestimmten  Artikel  aus  der  zweiten  in 
eine  unbestimmte  dritte  Person  im  Höflichkeitsstyl  (vgl.  Er^ 
Sie  für  Du)  verrückt,  zb.  willejcommen  Günther  ein  helt  Ü0^ 
Burgonde  lawt  Nib.  A.  2299,  3.  genäde,  ein  Jcüneginne 
Walth.  118,  29.  Er  kann  natürlich  auch  mit  einem  Attribut 
bekleidet  werden: 


568 

§511.  8t  wiUekomen  her  Sifrit,  ein  edel  rtter  guot  Nib.  291,  3.  meister 

Ise,  ein  vischer  her  und  toise  Orend.  660.  2198.  ach  genäde,  ein  stslic 
mp  MS.  1,  200'.  ach  genäde,  ein  süeze  frouwe  min  201».  gnade  ein 
edd  hunigtn  Salman  100,  2.  Flectirt:  ach  genäde,  ein  suezer  Zip 
MS.  1,  201a.  lache  ein  rösevanoer  munt  1,  10^.  daz  bedenke,  ein  schoenez 
mp  2,  183*». 

§512.  .        §  512.     Das  flexionslose  attributive  Adjectiv  steht  nach 
dem  bestimmten  Artikel. 

a)  es  steht  ohne  Substantiv: 

Nom.  Sg.  M.  der  höhgemuot :  guot  MS.  2, 38'.  der  reine  wolgemuot 
:  guot  Ulr.  Wh.  3521.  der  ungemuot :  tuot  Alph.  242,  3.  der  süeze  alles 
wandeis  vrt:ln  Engelh.  2484.  der  sorgen  rieh  der  vrouden  fear  Haupt 
Z.  XIX.  162,  107.  der  wolgeporn  der  auzerkom  der  wölvermezzen  der 
wolgeräten  der  tmversprochen  der  wolversunnen  Suchenw.  Eoberstein 
3,  44.  —  N.  Sg.  F.  diu  liehtgemal : Parziväl  Parz.  619,  9.  diu  suoze 
gemuot:guot  Ulr.  Wh.  4014.  diu  vü  minneclich :  dich  lieders.  2,  211. 

—  N.  Sg.  N.  Haz  eingeheUist  edler  here  M.-Sch.  Denkm.  XXX,  22.  — 
Dat.  Sg.  M.  dem  tugenthaft : kraft  wGast  5183. 

b)  das  Attribut  steht  nach  einem  Eigennamen: 

Nom.  Sg.  M.  Artus  der  valsches  laz  Parz.  310, 8.  Titurel  der  lieht 
gemäl  j.  Tit.  257,  1.  Matheus  der  böte  gröz  Pass.  H.  295,  64.  — 
F.  Krienihüt  diu  vü  reine  gemuot  Nib.  1165,  1.  Hildeburc  diu  schänden 
vrt  Kl.  1108.  Condunramur  diu  lieht  gemäk  Parz.  801,  3.  Olympia  diu 
valsches  laz. "Keler,  3781.  —  Dat.  Sg.  M.  Gramofkmz  dem  höhgemuM 
Parz.  618,  11.    Meleranz  dem  unverzagt  Meier.  10873. 

c)  Artikel  und  Attribut  vor  dem  Substantiv: 

Nom.  Sg.  M.  der  war  heilant  Germ.  17,  350.  der  bluotee  sweiz 
Parz.  387,  24.  der  trurec  man  Wolfr.  L.  3,  23.  der  heilig  geist  aHeinr. 
863.  Lampr.  Syon  706.  2636.  Wack.  Pr.  64,  51.  67,  32.  u.  ö.  der  heüig 
4ngel  Wack.  Pr.  12,  50.  der  almehtigot  Schwab.  Vorr.  Griesh.  D.  11.  19. 
der  allerherist  chneht  Karaj.  8,  3.  —  N.  F.  diu  gröz  unstaete  j.  Tit.  282,  4. 
diu  sinwel  erde  Mart.  91,  23.  diu  verborgen  gotheit  Myst.  n.  539,  18. 
diu  jungest  rede  Greg.  2566.  diu  heidensch  ungdoubic  diet  Wh.  31,  27. 

—  N.  A.  Sg.  N.  daz  toit  abgründe  Mart.  1,  93.  daz  her  begancnisse 
Elis.  5915.  daz  nidir  teil  Ath.  A*  28.  daz  heüiggrab  Wack.  Pr.  12,  148. 
daz  lobelich  gebeine  Elis.  5611.  daz  din  vil  götelich  gebot  Walth.  24,  32. 
daz  schoene  Sidic  wip  Partonop.  11854.  in  daz  geheizen  lant  Berth. 
I.  443,  26.  —  Gen.  Sg.  M.  des  vil  heüigeistes  Schoneb.  4234.  —  Dat. 
Sg.  M.  dem  schalkhaft  gouch  Sachsenh.  Mör.  2208.  —  D.  Sg.  F.  mit  der 
vil  armer  spise  Hohenb.  Hohesl.  106,  17.  der  edel  küngin  Sachsenh. 
Mör.  3483.  —  Gen.  PI.  F.  der  ewig  froeden  Sachsenh.  Tempel  929. 


569 

§  513.     Attributives  Adjectiv  ist  flexionslos  dem  Subst.  §513. 
nachgestellt. 

Die  Plexionslosigkeit  des  dem  Subst.  nachgestellten 
attrib.  Adj.  ist  sehr  gewöhnlich  und  in  allen  Casus  zu  finden, 
Grimm  Gr.  IV,  486.  f.  Dem  Subst.  kann  best,  und  unbest. 
Artikel    oder   ein  Pronomen  vorangehn,    es   kann  auch  ohne 

jede  Begleitung  stehn.     Es  genüge  an    folgenden  Beispielen: 

Nom.  Sg.  M.  der  winter  hält  Walth.  114,  30.  der  helt  gemeit  Herb. 
3959.  der  künec  her  Nib.  2116,  1.  der  künec  rieh  Nib.  670,  1.  der 
engü  aUerherist  Denkm.  XXXIV,  51.  ein  stumi  hart  Alex.  1008.  ein 
kern  üzgeschelt  j.  Tit.  258,  1.  ein  zage  vil  hose  Eol.  143,  16.  ein  vagü 
wilde  Ath.  E.  61.  ein  jungelinc  gröz  Mechtild.  fl.  L.  31.  ein  hdt  kune 
unde  snel  Eol.  145,  28.  —  F.  diu  heide  rot  Walth.  122,  31.  ein  linde 
breit  Salm.  188,  1.  ein  hohzit  lohesam  Herb.  2434.  —  N.  daz  golt  rot 
Eud.  5,  22.  daz  tmp  schöne  Herb.  2403.  ein  ingesinde  guot  Greg.  59. 

Vo*c.  Sg.  helt  guot  Nib.  2121,  4.  künec  her  Biter.  4198.  vürste 
lohesam  Alph.  18,  2.  künic  riche  Babenschl.  298,  3.  —  vrowe  liep  Nib. 
976,  4.  küneginne  rieh  1729,  1.  —  kint  vil  junc  Schoneb.  7584. 

Gen.  Sg.  M.  des  heldes  unverzagt  Parz.  426,  11.  des  schaden 
schedelich  Nib.  1729,  2.  —  F.  varwe  glänz  Parz.  765,  9.  der  küneginne 
guot  Nib.  1326,  4. 

Dat.  Sg.  M.  deme  juncherren  gut  Bud.  1,  5.  dem  steine  herte 
j.  Tit.  70,  2.  üf  dem  helme  hoch  Parz.  36,  16.  üf  einem  adamante  hart 
Alex.  6238.  von  dem  risen  mare  Iw.  5683.  —  F.  der  meide  stelden 
riche  Parz.  179,  27.  zer  meide  wolgevar  Parz  632,  23.  von  der  küne- 
ginne rieh  ebd.  48, 1.  in  einer  bürge  riche  Nib.  20,  3.  in  einer  wurmläge 
herlieh  Ernst  B.  2373.  von  der  heide  grüene  Alph.  23,  4.  ttf  der  heide 
wit  Alph.  159,  3.  in  wirde  gröz  Ulr.  Wh.  3414.  —  N.  mit  dem  blute 
iüröt  Herb.  5196.  mit  gezierde  wunnesam  ülr.  Wh.  4634.  in  wcste  lieht 
gevar  Nib.  81,  2.   in  ir  hüse  wit  K.  Silv.  910. 

Acc.  Sg.  M.  jämer  also  gröz  Nib.  2172,  1.  manegen  stürm  hart 
Alex.  6553.  den  fürsten  edele  Nib.  1290,  4.  den  herren  vü  gut  Tr.  Egid. 
1694.  einen  lewen  von  golde  röt  Alph.  193,  2.  für  einen  anker  gröz 
Parz.  18,  9.  durh  den  wdld  wilde  Lanz.  677.  an  einen  got  drivaltec 
Ulr.  Wh.  3558.  uf  einen  plan  niht  ze  breit  Parz.  144,  18.  —  F.  die 
vrouwen  icolgetdn  Babenschl.  145,  4.  die  tvüeste  wit  Bari.  399,  39. 
ein  sul  erin  Vorauer  Kaiskr.  169,  32.  klage  also  f reissam  Bol.  115,  9. 
—  N.  här  toiz  Herb.  3063.  daz  blüt  röt  Alph.  243,  4.  in  daz  apgrunde 
tief  Karaj.  23,  15.   an  ein  wazzer  snel  Parz.  180,  21. 

Nom.  PL  M.  die  hdde  vü  gemeit  Nib.  1815,  1.  die  herren  ver- 
mezzen  Warnung  2733.  tische  nider  unde  breit  Eindh.  95,  53.  heide 
vil  gut  Bol.  3,  12.  heide  unverzagt  Parz.  60,  22.  näphe  goltröt  Ernst 
B.  2394.  blicke  lieht  Ortn.  542,  3.  —  F.  meide  wol  gevar  Parz.  637,  6. 


570 

§  513.  Jcerzen  harte  gröz  Parz.  35, 17.  schüzzd  süberin  Ernst  B.  3188.  —  N.  Her 
gtüdin  Wigal.  24,  37.  diu  wcuszer  wüde  trKr.  6178.  —  Voc.  helde 
gut  Alex.  6630.  Mde  halt  Ernst  B.  2348.  recken  vü  her  Nib.  1794,  3. 

Gen.  PI.  der  Schilde  unt  Nib.  217,  2.  aller  berge  hoch  trEr.  1012. 

Dat.  PL  den  helden  lohesam  Alph.  465,  1.  üf  tepchen  wölge- 
worht  Parz.  627,  25.  von  herren  und  von  frouwen  klär  HTrisi  4350. 
mit  varwen  glänz  Parz.  641,  2.  mit  schalen  gröz  ülr.  Wh.  1645.  mit 
den  ecken  bluotvar  Wh.  385,  29.  in  den  wazzern  reine  Herb.  4046. 
mit  wärzeichen  ungelogen  Parz.  626,  11.  mit  den  zeichen  gvHdin  Ulr. 
Wh.  3577. 

Acc.  PI.  ir  arme  blanc,  ir  äugen  klär  MS.  1,  28*.  blttomen  rot 
Walth.  114,  32.  üf  die  helme  guot  Nib.  2296,  3.  —  gäbe  rieh  :  sich 
Ludw.  Kr.  83.  —  in  diu  venster  wit  Parz.  24,  3. 

Von  mehreren  nachgestellten  attribut.  Adjectiven  kann, 
abgesehen  von  der  pronominalen  Flexion  beider,  zb.  sun  lieber 
unde  guoter  trKr.  14377.  mit  steinen  graten  ende  kleinen 
En.  8414  das  erste  flectiren,  das  zweite  unflectirt  stehn:  ein 
man  äldir  unde  gris  Ath.  C*  105;  das  erste  flexionslos, 
das  zweite  flectirend  sein:  ein  brunne  hoch  der  lebende 
j.  Tit.  30,  1.  creatiuren  zam  und  wilden  MS.  2,  242*;  end- 
lich können  beide  ohne  Endung  stehn : 

der  knappe  tump  unde  wert  Parz.  126,  19.  der  riter  küen  unde 
guot  Nib.  2156,  4.  ein  enget  schoene  unde  lieht  Eindh.  69,  76.  ein  hure 
guot  unde  vast  Lanzel.  2315.  ein  hemde  wtz  ddin  Parz.  192,  15.  den 
bern  gröz  unde  starc  Nib.  898,  4.  einen  helmen  glänz  lüter  unde  herte 
Stare  unde  ganz  Nib.  1779,  1.  zuo  dem  mer  tief  unde  naz  trEr.  14022. 
ir  mündel  hitzic  rot  Ulr.  Wh.  1154.  ir  hr&stel  linde  unde  wiz  Parz. 
110,  25.  den  helden  kiiene  unde  guot  Nib.  1355,  4.  den  goten  bescheiden 
unde  wis  trKr.  1583.  mit  so  guoten  Schilden  niu  unde  breit  Nib.  81,  3. 

§614.  §  514. 

Die  Attribute  umschliessen  das  Substantiv. 
Das  vorstehnde  Adjectiv  ist  flexionslos,  das  nachstehnde 

flectirt: 

Pronominale  vorangestellte  Attribute:  manic  boum  so  frumer 
:sumer  Lanz.  3944.  dehein  man  wiser  Alex.  2351.  min  lip  siecher 
unde  lazzer  HTrist.  4636. 

Das    vorstehnde    Adj.    ist   flectirt,    das    oder  die  nach- 

stehnden  nicht: 

ein  sneUer  hdt  guot  Nib.  2210,  2.  ein  reiner  bthtare  guot  Bari. 
396,  37.  ir  dicker  munt  heiz  rötgevar  Parz.  765,  22.  ein  jungen  kint 
unser  (A.  Sg.) :  griser  Flore  5823.  —  des  heizen  bluotes  rot  Nib.  1564, 1. 


571 

—  dem  edelen  heiser  zart  Roseng.  C.  VIII.  21,  4.  in  decheineme  strite  §  514. 
80  herte  Eud.  20,  25.  mü  süeeem  munde  rosenrot  Partonop.  2840.  mit 
tiurem  golde  swtere  Farz.  628,  16.  von  rotem  goLde  guot  Nib.  1733,  2. 
von  tiurem  samit  wize  Ulr.  Wh.  3131.  mit  getriülicher  liebe  ganz 
Parz.  765,  22.  mit  maniger  hanier  liehtgevar  Parz.  69,  6.  von  grözer 
Zierde  reine  Ernst  B.  2462.  mit  siner  toizen  Tuende  dar  trKr.  5523.  — 
vü  mangen  soumer  richlich  HTrist.  4364.  manegen  künec  her  Wh.  11, 14. 
sine  vreude  kranc  Parz.  645,  12.  —  heiliger  heiser  here  (Voc.)  Karl  1281. 
die  hluotvarwen  helde  unde  ouch  harnasch  var  Nib.  2025,  2.  —  ndner 
sorgen  tief  trKr.  18928.  vil  Mewer  helde  unverzagt  Parz.  65,  28.  — 
mit  swinden  siegen  grimme  Nib.  2232,  1.  mit  so  guoten  Schilden  niu 
unde  breit  Nib.  81,  3.  in  grözen  hopfen  göltvar  Ulr.  Wh.  1641.  an 
manegen  vreuden  guot  Gudr.  314,  3.  —  die  liehten  Schilde  breit  Nib. 
2107,  3.   die  tiefen  wunden  vnt  Alph.  157,  4. 

Beide  sind  flectirt 

manegen  biz  tiefen  Eeinh.  326.  ein  liehten  roc  vesten  Bol.  116,  24. 
sine  vinger  idze  Trist.  3699. 

Die  Attribute  sind  flexionslos 

der  edel  reche tbält  Ernst  B.  914.  manic  helt  vvrmezzin  Ath.  A*  87. 
manich  riter  gemeit  En.  M.  12982.  manec  edel  riter  wert  Parz.  624, 14. 
vil  manec  vürste  batt  trEr.  1360.  ^n  name  heidensch  Parz.  13,  20. 
dirre  arm  man  unschüldic  St.  Pauler  Pred.  55,  24.  edd  marcgräve  her 
(Voc.)  Biter.  7094.  barmfierzie  muoter  uzerhorn  (Yoc.)  Walth.  7,  22. 
trüt  tohter  min  (Voc.)  Roth.  3881.  min  hemde  so  blanc  Nib.  618,  2. 
durh  wilde  gebvrge  hoch  Parz.  180,  19. 

b)  Prädicatives  Adjectiv. 

§  515.   Die  Adjectiva  in  prädicativ er  Stellung  bleiben  §515. 
im  Nom.  Sg.  und  PI.  in  der  Kegel  ohne  Flexion,  vgl.  Gr. 
IV,  492.  ff.;  zb. 

er  was  getriu  unde  guot  Greg.  1067.  daz  ich  ie  wart  diso  uns 
(:  AtMs)  Ath.  A.  46.  iz  inwas  negein  stdl  so  hart  nah  so  vast  Roth. 
4155.  da  Ut  vü  manic  höher  man  tot  trEr.  8109.  ir  munt  was  heiz 
dich  unde  rot  Parz.  405,  19.  sie  wären  alle  wol  bereit  Herb.  2373. 
arme  sint  an  eren  worden  blint  trEr.  10.  miniu  ors  sint  guot  unt 
wol  getan,  mine  hnappen  biderbe  unde  guot  Greg.  1550. 

Indessen  kommt  auch  flectirtes  prädicat  Adj.  im  Nom. 
gern  vor,  zb. 

min  gewalt  ist  sihter  Parz.  213,  14.  nie  dehein  tac  so  langet' 
wart  Trist.  3867.  er  heizet  unwandliger  starcher  und  hreftiger  Angenge 
5,  43.  der  noch  wunder  Ut  Nib.  256,  4.  dö  dirre  rüter  wunder  lac 
unde  ungesunder  Erone  9573.    er  wart  gesunder  Lampr.  Fr.  2577. 


572 

§  516.  gesihe  ich  sie  gesunder  Nib.  2142,  4.  Chmther  bestuant  in  müeder  Kl. 
1947.  die  wü  ir  muot  ist  so  laezer  Lampr.  S.  1747.  also  naezer  (:  wazzer} 
tnuost  ich  scheiden  Walth.  104,  31.  d^  er  gar  wart  drinne  nazeer 
Lampr.  Fr.  2655.  er  stoehete  da/rinne  nazzer  MCraon  792.  —  diu  naht 
was  tool  haMu  hin  Wigal.'  56,  82.  ich  muoz  e  der  erden  tötiu  werden 
ze  teile  Krone  9650.  —  ailsam  ez  voUez  haismen  si  Walth.  54,  14.  ob 
ez  hie  berdtez  läge  Parz.  485,  18.  daz  gevüde  was  üf  unt  zetal  vollez 
pavdüne  geslagen  Wigal.  71,  22.  daz  wtere  niht  wan  hälbez  geseit 
Krone  8508.  —  die  da  wunde  lägen  Nib.  307,  1. 

Im  Accusativ  steht  das  prädicative  Adj.  zwar  auch  flexions- 
los, Gr.  IV,  495,  allein  die  flectirte  Form  wird   im  Sg.  und 

Plur.  vorgezogen,  Gr.  IV,  493.  f.;  zb. 

dö  er  in  dö  töten  vant  Iw.  1834.  den  valter  darnach  töten  j.  Tit. 
4201,  4.  man  sol  in  holden  hän  Nib.  102,  3.  er  sah  in  bluotes  röten 
Nib.  947,  1.  dö  si  in  gesunden  westen  Milst.  94,  14.  heiz  mir  gewinnen 
minen  schrin  vollen  tocicen  Tit.  30,  2.  da  habt  ir  mich  bereiten  an 
Trist.  8792.  als  si  mich  wolgemuoten  sehent  MF.  152,  28.  daz  sie  dir 
in  tuot  vkA  bekanden  Lampr.  Syon  934.  wanne  sahen  wir  dich  hungergin 
aide  dur stegin  alder  nachenden  alder  siechen  Griesh.  Fr.  1, 141.  —  die 
naht  er  wol  halbe  lac  Bari.  17,  8.  er  valte  die  maget  töte  nider  Wigal. 
A.  281,  6.  daz  er  äl  bereite  vant  spise  Parz.  238,  14.  dojs  er  die  süezen 
fruht  unwerde  &ach  ligen  Ulr.  Wh.  1960.  der  din  guote  hat  gezalte 
Womh.  Mar.  157,  20.  der  westez  wärez  als  den  tot  Trist.  17751.  dö 
si  ir  liebez  kint  von  in  gefrumten  so  gesundez  hin  aHeinr.  1034.  — 
ich  hän  die  beide  holde  Trist.  19160.  der  sine  mäge  nach  vroun  Müden 
het  gesande  Gudr.  523,  4.  e  man  si  vinde  töte  Warnung  1750.  — 
Vgl.  auch  Holtzmann  in  Germ.  VE,  17.  fF. 

Auch  für  den  flectirten  prädicativen  Genitiv  gibt  es 
Belege:  ich  wil  der  wärheit  halber  niht  verjehen  Walth. 
84,  16.  mirter  sinne  halber  ich  vergaz  Sax,  MS.  1,  28*. 
wenn  hier  nicht  nachgestelltes  Attribut  anzunehmen  ist. 

Eigenthümlich  ist  die  Flexion  des  prädicativen  Adjectiva 
in  einzelnen  Fällen:  ir  tat  ist  voller  suchen  Frauenl.  Spr. 
55,  6.  die  sporn  Mengen  voller  schellen  MSH.  3,  236*".  drü 
hüser  das  sie  fallen  wurden  Const.  Chr.  1445.  ob  ein  vaz 
volles  (?)  goldes  wcere  Leyser  Pr.  13,  18;  der  Brauch  des 
indeclinabeln  Nom.  voller  sezt  sich  bis  in  die  Gegenwart  fort, 
Gr.  IV,  499.  —  Ygl.  ferner  Nom.  M.  für  Nom.  F.  do  viel  si  in 
daz  trüebe  waezer,  do  tnuost  si  werden  nazzer  Enenkel  (Hagen 
GAb.  II.  S.  545.  in  den  si  ungesparter  sus  mit  got  rette 
Mart.  103,  42.  —  Nom.  M.  für  Nom.  N.  sä  zehant  stuont  ez 


573 

(daz  kint)  üf  gesunder  Lampr.  Fr.  2675.  —  Nom.  Sg.  M.  auf  §  515. 
Nom.  PI.  bezogen :  in  den  si  ungesparter  iemer  muoisen  siechen 
Mart.  67, 102.  manic  stric,  die  siu  tmngent  harter  (:marter) 
Mart  136,  77.  —  Nom.  M.  Sg.  auf  Acc.  F.  bezogen :  vunden  wir 
dich  süeze  gotes  muoter  bescheiden  und  dimuoter  W  vRh.  268, 40. 

In  den  süddeutschen  Mundarten  findet  sich  prädicatives 
Adject.  mit  der  Flexion  des  N.  M.  Sg.  in  ganz  ähnlicher 
Weise  noch  heute,  zb.  er  sah  ihn  toter  liegen.  Es  scheint 
sich  hier  der  Nom.  Sg.  M.  zu  einer  indeclinabeln  Flexions- 
form des  prädicat.  Adj.  eingerichtet  zu  haben. 

Über  die  Verbindung  des  prädicat.  Adj.  mit  dem  be- 
stimmten Artikel  §  522. 


Über  den  Gebrauch  starker  (pronominaler) 
und  schwacher  Form  des  Adjectivs. 

Grimm  Gr.  IV,  509-Ö87. 

A.  Starke  (pronominale)  Form. 
§  516.     Starke  Form  galt  ahd.  ohne  Eücksicht  auf  die  §516. 
Artikelbeifügung    flir    die    possessiven    Pronomina    als 
Eegel.     Mhd.  aber  ist  die  schwache  Form  nicht   bloss  nach 
dem  bestimmten  Artikel  vorhanden,   sondern  auch  ohne  den- 
selben für  attributiv  gebrauchte  Fossessiva  entwickelt,  obachon 

die  st.  Form  noch  überwiegt 

Belege  der  st.  Form:  die  mine  fröude  Walth.  72,  10.  diemne 
rede  MF.  157,  24.  der  mtner  minne  MF.  9,  35.  der  diner  ötmute 
Amst.  ML  10,  7.  des  dnes :  wines  MGraon  789.  swaz  des  mines  Iw. 
5733.  die  sine  (N.  PL)  :ptne  Parz.  27,  7.  ;  Sarrazine  Ludw.  Kr.  7214. 
die  sine  (A.  PL)  :  Biwdline  Trist.  486.  1270.  die  dine  wege  die  dine 
Stege  Trist.  39. .  der  miner  einiu  MF.  158,  36.  diu  siniü  keiserlichiu 
hein  Trist.  708.  durh  die  sine  namen  dri  Walth.  16, 32.  —  schw.  Form: 
der  ane  dine :  Gandine  Parz.  498, 26.  unse  vor  genante  herre  Lac.  ni,  540. 
den  sinen :  den  minen  Clip)  Walth.  86,  20.  f.  des  sinen  willen  Nib.  1976, 4. 
nä  dem  namin  sinin  Annol.  491.  die  iuwem  schoenen  tphter  Nib.  1614,  3. 
in  unse  hits  Pass.  H.  34, 29.  liehen  kint  diu  minen :  scMnen  Ck>locz.  Cod. 
S.  159.  V.  65.  die  sinen  degene  Nib.  102,  7.  —  Weit  häufiger  freilich 
ist  die  Flexionslosigkeit  der  Possessiva  sowol  vor  dem  Substantiv  (bei 
best,  und  unbest.  Artikel)  als  namentlich  nach  dem  Subst.,  Gr.  lY,  480.  f. 
—  Bemerkenswert  ist  die  nicht  seltene  Begleitung  des  Possessivs  durch 


574 

§  616.  den  unbestimmten  Artikel.  Das  Possessiv  steht  im  Nom.  und  zuweilen 
im  Acc.  flexionslos,  in  den  andern  Casus  in  st.  Form,  zb.  ein  nun  gast 
Parz.  143, 24.  ein  din  fürste  128, 8.  ein  min  vü  lieber  frunt  Pass.  H.  46, 63. 
ein  sin  friundin  Parz.  12,  11.  ein  ain  nähgebur  MF.  29,  23.  einen 
sinen  mäc  Nib.  1953.  2.  eine  sine  tohter  Flore  428.  ein  min  wange 
Walth.  8,  8.  ein  rrnn  phert  Partonop.  9970.  ein  ir  wartman  Ludw. 
Kr.  7184.  gein  einer  einer  veste  Iw.  3769.  in  einer  siner  hant  Rol. 
236,  6.  —  Gr.  IV,  418. 

ein,    al,   genuoc   und    sämtliche    Cardinalzahlen 
werden  nur  stark  flectirt.     Gr.  IV,  515. 

§617.  §  517.     Die  übrigen  Adjectiva  stehn,  so  fem  sie  flectirt 

werden  (§§  509 — 514),  gewöhnlich  in  pronominaler 
starker  Form,  wenn  sie  nicht  durch  den  bestimmten 
Artikel  begleitet  werden.  Es  gilt  dies  für  attributive 
wie  für  prädicative  Stellung. 

Im  einzelnen  sei  folgendes  hervorgehoben: 

Bei  dem  attributiven  Vocativ,  der  gotisch  nur  schw. 

Form  hatte  (Gr.  IV,  559),  erscheinen  schon  ahd.  schw.  und  st. 

Flexion  neben  einander,  die  st.  allerdings  seltener.     Mhd.  ist 

im  Sg.  die  st.  Form   im  Übergewicht,    doch   begegnet  noch 

die  schwache,  zb. 

'  guote  (m.)  Neith.  88,  14.  geselle  guote  MF.  6,  7.  trechtin  gute 
Tr.  Egid.  1608.  herre  göäe  Eoth.  1063.  hole  guote  (:  muotej  Kl.  1486. 
reche  guote  Babenschl.  220,  5.  guote  herre  Predigtm.  428,  4.  liehe  trat 
Eud.  28,  27.  liehe  sun  Ath.  F.  37.  liehe  vatir  F.  44.  liehe  herre  Eaiskr. 
12468.  min  liebe  son  hess.  Evang.  287.  wahter  liehe  MS.  1,  37^  heree- 
tohter  mine  (:dinej  Trist.  10289.  stm  mine  Griesh.  Pr.  1,  168.  vcUer 
mine  2,  80.  bitterliche  tot  Bud.  28,  28.  aller  tciseste  tcip  Nib.  1483,  4. 
St.  und  schw.  Form  verbunden:  gnadeclicher  trehtin  guote  Kaiskr. 
12624.  Schw.  und  unflectirte  Form :  vil  werde  helt  min  Ernst  B.  1368. 
Im  Plur.  überwiegt  mhd.  noch  die  schw.  Flexion,   die 

«t.  ist  aber  daneben  im  Brauch,  Gr.  IV,  561.  ff.,  vgl.  u.  a. 
schw.  PL  vü  eUenden  Nib.  1862,  3.  wdg&nuoten  MSH.  2,  86b. 
gütvn  knehte  Both.  4066.  türin  toigande  ebd.  712.  ir  türen  vökdegene  Bol. 
139,  21.  liehen  kint  MS.  1,  44*.  edden  koufman  Trist.  2228.  eieren 
helde  Trist.  6490.  Kenner  21142.  kleinen  vogeUin  MS.  1,  137\  hohen 
Herren  Frauenl.  412,  2.  helde  snellen  Eol.  10,  23.  vründe  vü  lieben 
Eud.  3,  9.  liehen  friunde  min  Gudr.  260,  2.  ir  kint  also  jungen 
(:  gesungen)  MSH.  3, 87».  ir  engele  seligen  unde  guten  Litan.  S.  442  (lit. 
Or.  S(ßlige  unde  guote).  —  st.  PI.  stolze  helde  MF.  99,  3.  tun^e  getelinge 
Neith.  90,  36.   ir  wäre  gotes  hdde  Eol.  33,  8.   Mde  gute  Eol.  13,  20. 


575 

helede  göde  En.  8925.   stolze  magde  Ben.  Beitr.  IL,  441.  stolziu  magedin  §  517. 
Neith.  18,  9.  guotiu  herze  Wemh.  Mar.  162,  34. 

Angemerkt  sei  die  grade  nicht  häufige  Verbindung  des 
Vocativs  mit  dem  best.  Artikel,  die  sich  der  Ver- 
bindung mit  dem  unbest.  Artikel  §  511  zur  Seite  stellt.  Das 
Subst.  kann  sowol  ohne  Attribut  derartig  gebraucht  werden, 
zb.  lieher  herre  der  bischof  gGerh.  685,  als  mit  einem  attribut. 
Adj.,  das  vor  oder  nach  dem  Subst.  steht,  zb. 

got  der  guote  Karaj.  42,  21.  herre  got  der  guote  Erec  4232. 
richer  got  der  guote  Er.  3148.  Iw.  5972.  swester  sun  und  der  herre 
min  Parz.  798, 10.  vrouwe  Bride,  diu  schönste  aUer  wtbe  Orend.  1928. 
2432.  die  zehen  süne  min,  ir  stüt  Wilh.  345,  2.  her,  der  gröe  roc 
Orend.  2755.  dcus  sag  uns,  daz  äUenmseste  wip  Nib.  B.  1483,  4. 
ritestu  nu  hinnen  der  aUer  lid>este  man  MF.  4,  36. 

§  518.    Nach  den  persönlichen  Pronominibus  §518. 
kann   das   adjectivische  Attribut  in   starker   und   in 
schwacher  Form  stehn ;    die  starke  ist  häufiger,    Grrimm  Gr. 
IV,  565.  f.    Beispiele  flexionslosen  Adjectivs  nach  den  Personal- 
pronominibus finden  sich  in  §  510. 

Belege  für  beide  Formen  a)  stark:  ich  tumher  gouch  MS.  1,  65'. 
ich  tumher  :  kumher  MF.  180,  16.  ich  armiu  Parz.  194,  26.  ich  armez 
wip  MS.  1,  28».  ich  hdflösez  vnp  Kindh.  77,  75.  wiin  tumbes  mannes 
munt  MF.  96,  9.  rmn  vü  eilendes  hant  Nib.  2081,  4.  min  armer 
KriemhiMe  not  Nib.  997,  4.  we  mir  armer  Greg.  1134.  öwe  mir  armer 
meide  Nib.  517,  4.  wol  ir  vü  suezer  MS.  1,  49*.  unser  eilender  tot 
Nib.  A.  2130,  4.  uns  sturmmüede  Nib.  2034,  3.  ir  jungiu  vnp  Ben. 
Beitr.  IT,  452.  er  süezer  man  vil  guoter  Parz.  374, 22.  —  b)  schwach: 
ich  tunibe  MF.  135,  29.  Lampr.  Syon  3189.  ich  vü  arme  (:  erbarme) 
MF.  101,  28.  ich  arme  verlorne  Iw.  4139.  ich  arme  tore  Eoth.  4425. 
ich  arms  mensche  Litan.  S.  503  (G.  ich  armer  mennisk),  ich  armman 
verlorne  Greg.  3459.  ich  klagende  wip  MSH.  (A)  1,  32*.  mir  senden 
MSH.  1,  337*».  mir  armen :  erbarmen  MF.  101,  15.  mir  armen  wibe 
Eoth.  1207.  uns  vü  armen  Bari.  35,  40.  uns  eilenden  geste  Gudr.  259,  3. 
unsich  armen  wiph  Eoth.  2894.  —  wie  sol  ez  armen  dir  ergwn  MS. 
1,  93*>.  dir  oeden  gouche  Mart.  113,  81.  an  dir  vü  unreinen  Kaiskr. 
12367.  thig  heiligen  fruwen  mfr.  Legend.  303.  ir  türin  volcdegene 
Eol.  144,  13.  ir  vertanen  Parz.  284,  15.  ir  guoten  recken  Nib.  309,  1. 
—  er  guote :  muote  MF.  180,  7.  si  guoten :  muoten  Lanzel.  2724. 

Bei  mehreren  sich  folgenden  derartigen  Verbindungen 
wird  zuweilen  in  der  Form  gewechselt:  ir  werden  man,  ir 
reiniu  wip  Walth.  81,  16. 


576 

§519.  §  519.     Nach   den  Possessiven   steht   das    attribu- 

tive Adjectiv  stark  und  schwach,  Gr.  IV,  567.  f.;  zb. 

st.  Form  din  minneclicher  zorn  Wolfr.  L.  7,  36.  min  riterUchiu 
Sicherheit  Parz.  15,  12.  ir  hestiu  vretide  Greg.  337.  iutoer  anrehtiu  gir 
Bari.  198,  13.  (mit  mänol.  statt  weiblicher  Flexion  sin  werdet  vrowe 
Bramischw.  Beimkron.  401.  455.  sin  werdet  geseUescapht  697).  sin  Hege- 
lichez  ungemach  Greg.  2146.  von  sinem  michelem  grimme  Vorauer  Eaiskr* 
173,  28.  an  siner  junger  angesihte  Ulr.  Wh.  3064.  sinem  tugentricJiem 
wtbe  Wemh.  Mar.  158,  40.  an  sime  rotem  helme  Nib.  B  C.  190,  4. 
mit  siner  eUenthafter  hant  Eoth.  4336.  nach  siner  genaturter  art  Bari. 
241,  32.  ztio  siner  iwiger  selikeit  Myst.  n.  453,  4.  min  wüde  gedanke 
Tit.  116,  4.  mine  vil  liebe  (Vocat.)  Vorauer  Ged.  85,  25.  sine  heriste 
chnehte  Earaj.  22,  24.  dir^  kurze  tage  Greg.  1624.  mdu  wäpenlichiu 
Jcleit  Wilh.  83,  22.  siner  ungeteilter  spü  Kl.  C.  806.  durh  sine  swinde 
blicke  Nib.  1733,  4.  —  schw.  Form  tJwn  güde  sun  mfr.  Legend.  307. 
unser  rehte  rihtare  Beinh.  1859.  sin  erste  swertes  strit  Parz.  D.  197,  3. 
unset  geistliche  vader  Elis.  4133.  unse  liehe  getrüwe  rittet  Henneb.  ü. 
n,  15.  unse  ohirste  schriber  Cd.  Sil.  IX,  240.  ir  meiste  tröst  ir  beste 
leben  Trist.  1081.  ir  selige  herre  Elis.  5936.  ir  listege  gegenstrit  Lampr. 
Syon  167.  sin  herzehltche  liebe  Tit.  81,  1.  sin  liebe  wip  Ath.  F.  106. 
sines  «testen  muotes  Iw.  3211.  mms  rehten  namen  Iw.  5500.  siner  lieben 
swester  Greg.  129.  von  ir  röten  mimde  Walth.  112,  8.  mit  ir  valschen 
schine  Lampr.  Syon  182.  in  ir  besten  wise  Walth.  46,  3.  sime  lichten 
liebe  Parz.  126,  27.  mine  guoten  (A.  Sg.  F.)  :wolgemuoten  MSH.  2,  86\ 
min  alten  not  MF.  187,  31.  sin  alten  kunst  Greg.  3303.  ir  jungen 
dohter  heren  Elis.  370.  ir  varnde  guot  (A.  Sg.  N.)  MF.  155, 16.  mtmu 
werden  kint  Parz.  177,  23.  ir  lichten  ougen  Walth.  C.  74,  32  (A.  liehtiu), 
unser  besten  vriunde  (A.  PI.  M.)  Nib.  1357,  4.  mit  rate  unser  getrüwen 
mannen  Cd.  Sil.  IX,  256. 

Bei  mehreren  Attributen  wechseln  die  Formen,  zb.  minem 
seneden  klagendem  Übe  Tit.  3,  4. 

Zuweilen,  namentlich  in  Anrede,  wird  das  Possessivum 
zwischen  Attribut  und  Subst.  gestellt,  zb.  lieber  min  vHunt 
Greg.  1777.  liebiu  min  vrou  Grüdrün  Gudr.  1302,  2.  liebe 
min  vrö  Stcete  Walth.  96,  35.  6i  gesundem  sinem  Übe  KL 
973.  getriwer  miner  mäge  Nib.  1196,  3.  mit  starken  sinen 
handen  ebd.  466,  1.  Selbst  der  possess.  Genitiv  ir  wird  so 
gestellt,  zb.  niwez  ir  gewant  Nijb.  359,  2.  üf  liehtez  ir  gewant 
1975,  2.  Häufiger  steht  das  Possess.  unflectirt  hinter  dem 
Subst.,  zb.  vil  lieber  herre  min  Nib.  1341,  1.  trüt  geselle 
min  Wilh.  290,  19. 


577 

§  520.     Nach  diser  wird  das  folgende  attrib.  Adject.  §520. 

stark  und  schwach  gebraucht,  während  ahd.   die  schwache 

Form  nur  selten  erscheint;  zb. 

st.  Adj.  dirre  angestlieher  strit  Iw.  7237.  diser  heiliger  man 
Lampr.  Fr.  4258.  disiu  liebiu  naht  Iw.  7409.  diz  jamerlichez  wort 
Wigal.  151,  34.  diz  starchez  hazzen  Nib.  C.  2031,  2.  dise  selbe  sache 
Iw.  7841.  dise  röte  hottge  Nib.  A.  2141,  2.  dise  jämerhafte  man  Ernst 
B.  4165.  disiu  richiu  Jcint  Greg.  103.  —  schw.  Adj.  disiu  gröze  kkige 
Iw.  4011.  dises  höhen  gruozes  Nib.  C.  297,  2.  in  disem  herten  strite 
Nib.  C.  1558,  4.  nach  disem  »uzen  segene  Eol.  139,  20.  von  dirre 
werlüichen  bröde  ebd.  140, 23.  dise  grözen  ungefüegen  not  Wilh.  325, 25. 
ditz  guote  lügemtere  Iw.  3680.  ditze  starke  hazzen  Nib.  B.  2031,  2. 
dise  röten  bouge  Nib.  BC.  2141,  2.  disiu  jcemerlichen  dinc  Wilh.  120, 27. 
disiu  starken  ser  Nib.  C.  2139,  2.  dirre  lügerdichen  mtere  Kl.  1527.  — 
Gr.  IV,  554. 

jener  kommt  selten  vor  einem  attribut.  Adj.  vor,  scheint 
aber  wie  diser  st.  und  schw.  Flexion  nach  sich  zu  haben, 
vgl.  gienir  schuldigir  man  Tr.  Egid.  656.  ienir  kindischir 
man  Aegid.  Fdgr.  L  247,  28.  gienis  armen  mennischen 
Trierer  Egid.  525.   in  jenem  sale  wUen  Nib.  79,  2. 

Bei  manec   zeigt  sich   zuweilen   ein   Einfluss    auf   die 

Flexion   des   folgenden  Adjectivs,    insofern   dem   unflectirten 

oder  stark  flectirten  manec  auch  schwach  flectirtes  Adjectiv 

folgt,  zb. 

vü  maneges  guoten  recken  Itp  Nib.  1243,  4.  maneger  schoenen 
frouwen  lip  Nib.  C.  735,  2.  maneges  reinen  herzen  tat  Lampr.  Fr.  544. 
vü  maneger  höhen  tugent  K.  Silv.  113.  mit  manegem  riterlichen  slage 
Iw.  7344.  mit  manegem  küenen  man  Nib.  1603,  3.  zuo  manegem  werden 
man  Wilh.  297,  2.   mit  maneger  werden  frouwen  Parz.  61,  5. 

In  allen  Casus  ist  hier  stark  flectirtes  attribut.  Adjectiif 
nachzuweisen,  so  wie  im  Nom.  Acc.  Sg.  auch  flexionsloses  Adj. 
häufig  hinter  manec  gebraucht  wird :  Gr.  IV,  555.  Holtzmann 
in  Pfeiffers  Germ.  VI,  14. 

Wenn  auf  al  ein  attributives  Adjectiv  unmittelbar  folgt, 
so  steht  dasselbe  gewöhnlich  in  st.  Form:  al  werltUchiu 
schände  Parz.  476,  3.  maller  guoter  kündeJceit  Iw.  2182. 
elliu  riterlichiu  lant  Parz.  478,  3.  Ausnamsweise  begegnet 
aber  auch  schw.  Form :  aUejsi  himelische  her  Kl.  1482.  alle^ 
roemische  riche  Hol.  111,  12.     elUur  omisken  lant  Vorauer 

Wein  hold,  mittelhochcU  Gramm.  2.  Aufl.  37 


578 

§520.  Kaiskr.  161,12.  aller  guoten  wibe  MS.  2,  36'.  dller  vcdschen 
dinge  Nib.  802,  3.  —  Gr.  IV,  556. 

Gewöhnlich  folgen  Possessiva  in  der  ihnen  eigenen  st. 
Fonn  hinter  al, 

§521.  §521.   Nach  dem  nnbestlmmten  Artikel  ein  folgt 

in    der   Eegel    die    starke    (pronominale)    Form    des 

attributiven  Adjectivs,  Gr.  IV,  569.  f.;  zb. 

ein  alter  jagere  Nib.  876,  1.  ein  awarziu  frouwe  Parz.  41,  18. 
ein  langez  mare  Parz.  3,  27.  eins  süezes  sldfes  Keinh.  351.  einer 
ktmcUcher  bürde  Wemh.  Mar.  154,  40.  in  einem  schoenem  brunnen 
Nib.  B.  1473,  3.  mit  eime  geruowetem  here  Wilh.  53,  23.  mit  einem 
starkem  swerte  Nib.  A.  2297,  3.  in  einer  kurzer  stunt  Nib.  AB.  876,  2. 
Wemh.  V.  Nrh.  5, 9.  mit  einer  gewäfinder  schare  Alex.  1030.  gein  einer 
siner  veste  Iw.  3769.   üf  eine  liehte  heide  Parz.  516,  22. 

Aber  ausnamsweise  kommt  die  schwache  Form  (besonders 

im  Gen.  Dat.  Sg.)  vor,  zb. 

ein  grimme  kunig  mfr.  Legend.  595.  ein  arme  ma/n  Altd.  Wald. 
3, 176.  ein  werbende  böte  Schoneb.  6884.  ein  kriechische  diet  Amis  1692. 
ein  vliezende  wazzer  Haupt.  Z.  IX,  32.  —  eins  angestUchen  sldfes 
Parz.  103,  26.  einer  stolzen  werden  minne  (Gen.).  Parz.  G.  44,  28. 
einis  andiren  büdes  Wemh.  v.  Nrh.  5, 22.  —  einem  so  grözen  Herren  so 
hohen  unt  so  verren  Lampr.  Syon  3288.  ä/"  einim'  höen  steine  Wemh. 
V.  Nrh.  7,  30.  gein  eime  grözen  wälde  Parz.  735,  6.  bt  einem  ddren 
sneUen  bach  Parz.  D.  663,  1.  zuo  einer  stolzen  witwen  Nib.  1083,  4. 
in  einer  kurzen  stunt  Nib.  CJ.  876,  2.  —  eine  reinen  süezen  fniht 
M8H.  1,  337*. 

Bei  mehreren  Attributen  nach  dem  unbest.  Art  kommen 

zuweilen  st.  und  schw.  Form  vor,  zb. 

einer  werden  suezer  minne  Parz.  D.  44,  28.   einer  kranken  ernst- 
Jiicher  bete  Parz.  D.  6,  13. 

Empfangt  das  Adjectiv  substantivische  Bedeutung,  so  ist 

die  schwache  Form  Regel,  zb. 

ein  tumbe  Alex.  2573.  ;  umbe  Eindh.  75,  83.  ein  stumbe  Iw.  481. 
ein  blinde  Wilh.  303,  26.  ein  tote  :  genöte  Partonop.  1249.  ein  dürf- 
tige Greg.  2683.  ein  unscelige  Berth.  I.  325,  23.  ein  heilige  Berth. 
I.  408,  15.  Myst.  H.  462,  3. 

Auch  ohne  Artikel  erscheint  die  schw.  Form  des  sub- 
stantivirten  Adjectivs  als  Regel,  vgl.  u.  a.  Nom.  PL  siechen 
Greg.  3604.  töten  Lampr.  Fr.  1520.  stummen  lamen  blinden 
WvRh.  263,  13. 


579 

Nur  ausnamsweise  erscheint  das  substantivisch  gewordene  §  ö2l. 
Adjectiv  nach  ein  in  starker  Form,   vgl.  ein  tumher  Walth. 
56,  28.   ein  tumbiu  ebd.  96,  27.   ein  siecher  Pass.  H.  218, 46. 

Steht  das  Attribut  dem  von  ein  begleiteten  Subst.  nach, 
80  kann  das  Adj.  st.  oder  schw.  Form  haben,  zb. 

cm  altherre  guoter  Kindh.  87,  73.  ein  wurm  toilder  Wolfd.  A. 
-557,  3.  ein  lewe  wilder  ebd.  600,  4.  ein  wuotelgöz  unreiner  Pass.  H. 
-64,  41.  —  ein  helt  gute  Eol.  4,  27.   ein  wip  so  guote  Ortn.  161,  2. 

§  522.     Das  prädicativ  gesezte  Adjectiv  steht,  §522. 
sofern  es  überhaupt    iiectirt  wird,   in   der  Regel   in  starker 
Form,  §  515.     Beliebt  ist  aber  die  Substantivirung  des  Prä- 
-dicats  durch  schwache  Form  mit  best.  Artikel,  zb. 

Etzel  was  der  hiiene  Nib.  1958,  1.  mit  ungercete  der  geüe  was 
'der  riter  Lanzel.  1686.  der  scol  der  edde  und  der  vrte  sin  Milst.  14,  25. 
des  was  er  der  verlorne  Iw.  5630.  so  sit  ir  der  verlorne  Parz.  467,  8. 
daz  der  von  gotes  zorne  solde  wesen  der  verlorne  Lampr.  Fr.  2081. 
des  bistu  der  verlorne  Ecke  122.  des  dunkt  ir  mich  der  tumhe  Parz. 
^30,  10.  so  bin  ich  der  verwäzen  Wilh.  453,  6.  der  ist  der  freuden 
Bernde  j.  Tit.  202,  4.  Titurel  was  der  wol  lebende  210,  4.  des  ist  si 
^iu  verlorne  tibi.  Weib.  104.  wis  vor  mir  diu  frie  Wilh.  92,  26. 
Böme  ist  nu  diu  mcere  diu  edel  und  diu  geheret  j.  Tit.  84,  1.  Börne 
was  diu  mare  MCraon  107.  daz  ich  muoz  sin  an  vreuden  diu  kranke 
IVolfr.  Tit.  67,  2.  unr  werin  die  verlorne  Eoth.  845.  wir  sin  die  ver- 
lornen Ulr.  Trist.  1130.  si  warn  gein  strit  die  herten  Parz.  664,  28. 
daz  wären  ouch  die  kecken  Eabenschl.  482.  si  wolden  werden  niht  die 
■nazzen  j.  Tit.  120,  3.  gewer dikeit  si  wären  die  benanten  170,  4.  Vgl. 
<jr.  IV,  580.  Amelung  zu  Ortnit  158,  1.  P.  T.  Förster  Zur  Sprache 
4ind  Poesie  Wolframs  von  Eschenbach  Leipz.  1874.  S.  8.  f. 

Selten  ist  das  Prädicat  durch  ein  mit  st.  Adj.  gegeben, 
ab.  Karsidoriis  was  ein  guotir  Ath.  E.  24. 

Für  die  ausnamsweise  schwache  Form  des  ohne  Artikel 
gesezten  prädicativen  Adjectivs  werden  die  folgenden  Belege 
zeugen : 

und  bin  din  dürftige  nu  aHeinr.  429.  der  heilige  lichame  inwas 
nit  grüwesame  Elis.  9383.  du  bist  gar  an  eren  lame :  schäme  Hart. 
163,  51.  der  brief  sol  töde  und  unkreftic  sin  Schreiber  Urk.  I,  435. 
daz  si  was  so  nacte :  dacte  Ulr.  Wh.  930.  da  müezen  werden  siechen 
^Kriechen  Eabenschl.  53,  1. 

Nominative  Form  wird  zuweilen  auf  prädicativen  Accus. 

übertragen:   er  fanden  dürftige  Greg.  1165.     den  du  rehte 

liebe  hast  Mart.  180,  41. 

37» 


580 


B.  Söhwaohe  (oonsonantUoli-Bominale)  Fonn. 

§  523.  §  523.    Das  karacteristische  der  schwachen  AdjectivforiD 

besteht  in  dem  Antritt  des  Suffix  -n-  an  den  a-Stamm  des- 
AdjectivS;  desselben  Suffixes,  welches  auch  die  schwachen 
Substantiva  bildete,  §  456.  Diese  Bildungsgleichheit  bezeichnet» 
schon  die  schwache  Form,  welche  jedes  Adjectiv  annehmen 
kann,  als  der  substant.  Bedeutung  sehr  nahe  stehend.  Es- 
kann  jedes  schwache  Adjectiv  besonders  im  männlichen  G-e- 
schlecht  als  substantivisches  Appellativ  verwant  werden,  wie 
sich  dies  in  herre,  jünger  ßungiro),  vürste,  tore,  in  dem  PL 
eidern  einbürgerte.  Die  Art  des  Artikels  ist  dabei  gleich- 
giltig:  der  tumhe,  ein  tumbe;  diu  heilige,  einiu  heilige^ 
Wie  die  Zahl  der  schw.  neutr.  Subst.  wegen .  der  lebendigen 
thätigen  Bedeutung  jenes  Suffixes  höchst  beschränkt  ist,  so 
begegnet  auch  die  Substantivirung  des  schwachen  neutr.  Adj^ 
sehr  selten;  ein  Beispiel  gibt  Germ.  17,  349  stnis  unrektin^ 
Grimm  Gr.  IV,  256.  511.  571.  f. 

In  der  älteren  Zeit  galt  schwache  Flexion  für  den  Com- 
parativ  als  B/Cgel;  mhd.  ist  aber  die  starke  daneben  häufige 
und  die  Comparative  werden  also  wie  die  Particip.  Präs.  und 
die  Ordinalzahlen  formell  den  Positiven  und  Superlativen  gleich 
und  je  nach  der  Stellung  stark  oder  schwach  gebraucht 

Für  das  Adjectiv  gilt  die  Ilegel:  nach  dem  bestimm- 
ten Artikel  folgt  das  attrib.  Adjectiv  in  schwacher 
Form.    Gr.  IV,  526.  537  (got.  ahd.).  537—542  (mhd.). 

Das  Attribut  kann  mit  dem  Artikel  vor  dem  Subst.  stehn : 
der  alte  Hildebrant,  die  besten  recken,  oder  ihm  mit  dem 
Artikel  folgen :  Hildebrant  der  alte,  Waten  den  alten,  Wormee 
diu  vil  wite,  her  daz  groze,  von  riterschaft  der  nusren,. 
heiden  die  grimmen,  helde  die  jungen,  swert  diu  scharpfeny 
hüs  diu  allerbesten  (vgl.  Gr.  IV,  538),  oder  das  Adject  steht 
hinter  dem  durch  Artikel  oder  anderes  Pronomen  bestimmten 
Substantiv :  der  heiser  hohgeborne,  der  kunic  guote,  diu  schar 
gröjse,  über  da£i  palas  breite,  die  hSrren  fronten^ 

Erwähnt  sei  die  Verbindung  von  unbestimmtem  mit  be- 
stimmtem Artikel  vor  einem  schw,  attrib.  Adjectiv,  besonders  in 


581 

«uperlativer  Steigerung,  zb.  ein  der  allerbeste  Nib.  1157,  2.  §  523. 
«m  der  tiurste  Lanz.  3051.  ein  der  vorderste  man  ebd.  1337. 
«in  der  hertiste  strtt  Greg.  1983.  ein  der  liebeste  kneht  Berth. 
I.  84, 4.  208,  20.  ein  der .  hoste  smit  Schoneb.  4106.  ein  diu 
schoenste  maget  Erec  310.  ein  diu  hoehste  tugent  MS.  2, 175*. 
-ein  daz  liebest  ingesinde  Lanz.  8044.  ein  den  liebesten  man 
Iw.  1316.  an  ein  dais  schoeneste  gras  Iw.  334.  Vgl.  selbst 
ohne  attribut.  Adjeotiv:  als  ein  der  man  Trist.  15232.  ein 
den  man  Wigal.  97,  26.  ein  diu  vrouwe  Nib.  131,  3  (mit 
nachfolgendem  Relativsatz).  Vgl.  Gr.  IV,  453.  Diesem  ein  der 
vergleicht  sich  die  Verbindung  dehein  der,  zb.  dehein  der 
gast,  von  dem  Iw.  375.  dehein  daz  guot,  das  Iw.  3728. 
-deheinen  den  gewalt,  daz  er  tcete  MF.  152,  17. 

Selten  ist  eine  im  Ahd.  schon  nachweisliche  Fassung  des 
Attributs,  wonach  das  Adjectiv  in  schwach  neutraler  Form 
mit  dem  Gen.  Plur.  des  Subst.  verbunden  wird,  zb.  dö  gäben 
si  im  aller  rouche  beste  Fundgr.  I,  146.  daz  er  Stfriden 
sluoc  —  sterkest  aller  recken  Nib.  1671,  3.  vgl.  Lachmann 
zu  diesem  Verse  und  Grimm  Gr.  IV,  272  und  dagegen  Holtz- 
mann  in  Pfeiffers  Germ.  VI,  4.  f. 

§  524.  Ausnamen  von  der  Regel,  dass  der  bestimmte  §524. 
Artikel  für  das  attributive  Adjectiv  schwache  Form  fordert, 
l)egegnen  schon  ahd.,  Gr.  IV,  533.  ff.  Mittelhochdeutsch  sind 
die  Fälle  dieses  starken  Adj.  nach  bestimmtem  Artikel  weit 
häufiger  und  sowol  aus  poetischen  als  prosaischen  Schriften 
obd.  wie  md.  Verfasser  beizubringen.    Gr.  IV,  540.  f. 

Weniger  fühlbar   wird  die    Regelwidrigkeit,   wenn    das 

Adj.  ohne  wiederholten  Artikel  hinter  dem  Subst.  steht,  zb. 
der  herre  guoter  Tr.  Egid.  1275.  der  vater  vü  guoter  (-.rimoter) 
Wemh.  Mar.  160,  2.  der  knappe  guoter  (:  muoterj  Parz.  188,  7.  0  fuoter) 
Partonop.  574.  der  degen  guoter  (:  muoterj  Gudr.  409,  4.  Lanz.  586. 
der  furate  guder  (:  bruderj  EKs.  9113  (dieses  guoter  erscheint  gewisser- 
massen  typisch  selbst  hinter  Femininis  in  der  Braunschw.  Beimkr.  2072. 
4241.  4262.  8169.).  der  wirt  richer  (:  minnecUcher)  Lanz.  806.  der 
goteskempfe  truter  (:  lüter)  Pantal.  1180.  diu  Eva  schuldigiu  Gundack. 
120.  die  maget  jwnge  Womh.  M.  171,  15.  die  fürsten  wolgehome 
{:  zome)  Parz.  30,  22.  die  biscofe  heidinische  Germ.  17,  351.  die  degene 
höhgemuote  (:  guote)  Eabenschl.  232,  6. 


582 

§  524.  Die  Abweichung  von  der  gewöhnlichen  Form  macht  sieb 

aber  sehr  bemerkiich,   wenn  das  Adj.    dem  Artikel  unmittel- 
bar folgt: 

der  güdir  (:  müdirj  Elia.  7367.  Schoneb.  4335.  0  hrüdirj  ebd.  8545. 
got  der  guder  (:müderj  Orend.  665.   1401.  2621.    Constantinus  der- 
guoter   (:  muotir)   Kaiskr.  H.  8495.    Joseph  der  vä  guder  (:  müder) 
Erlös.  3755.  Joannes  der  vil  guoter  (:  muoter)  Heinz.  J.  54,  2.    Jesus 
der  vil  guotir  (:  muotir)    Mart.   38,   11.    der  süeze  unt  der  guoter 
(:  muoter)  Ulr.  Wh.  4212.    der  vil  ungv^ter  Mart.  181,  61.   der  woT 
gemuotir  (:  muotir)   Ath.  F.  49.   der  sturnigiter  (:  riter)  Lanz.   1781. 
dem  einem  Iw.  Dd.  6937.  zuo  der  guoter  (:  muoter)  aHeinr.  971.  Schoneb. 
6243.  von  der  reinen  guoter  (:  muoter)  Mone  Spiegel  1111.    die  eUende^ 
(N.  PI.)  Nib.  AB.  2072,  1.    die  wegemiiede  ebd.  454,  4.   die  wandelbisre- 
Heinr.  Todes  Erinn.  226.   die  aUervorderiste  Rol.  178,  5.   die  verlorne- 
Eoth.  845.  die  veige  (N.  PI.  :  heide)  Mone  Spiegel  4558.   die  aide  (:  ge- 
zalde)  ebd.  3222.   der  höhgehorner  (G.  PI.)  Kl.  1101.   der  wegewerender 
Walth.  26,  19. 

§525.  §  525.     Das  Adjectiv   steht  zwischen  Artikel  und  Sub- 

stantiv : 

Nom.  Sg.  M.  der  listiger  man  Both.  2193.  der  türlichir  degen  ebd. 
238.  der  gähindir  man  2582.  der  waldindiger  got  214  u.  ö.  der  eilender- 
degen  Rud.   19,  4.    der   richer  kuninc  Alex.  449.     der  guoter  riter- 
Lanzel.  3429.  der  himelischer  hof  Amst.  Ml.  4,  7,  der  vU  tugenthafter 
gast  Wigal.  15,  10.    der  vil  getriwer  man  Nib.  C.  2078,  1.    der  geist- 
licher sin  Lampr.  Syon  L.  149.    der  törehter  Saulus  Silv.  1801.  der  hoher 
man  WvRh.  63,  44.   der  üzerwdter  inan  59,  54.  der  vermeinder  heiser- 
Mart.  111,  61.   der  rösenlachender  man  Heinr.  v.  Neust.  Apoll.   192. 
der  eigener  wüle  Mechtild.  fl.  Licht  26.    der  hemdscher  god  Sei.  Tr. 
128*.  —  N.  F.  diu  vü  wenigiu  schare  Wemh.  Mar.  176,  12.  diu  grim- 
migiu  vanchnusse  St.  Paul.  Pr.  21,  5.   diu  heüigiu  maget  40,  15.    diu 
vü  wegemüediu  not  Iw.  B.  5587.    diu  vü  schoeniu  meit  Nib.  C.  301,  3- 
diu  vü  schedüichiu  not  El.  184.   diu  jämerhceriu  maget  Parz.  255,  2.  — 
N.  N.  daz  listigez  wip  Both.  1942.    das  Heynes  kinddin  Harff  29,  17. 

Gen.  Sg.  M.  des  ganzes  apfels  Parz.  D.  278,  15.  des  zehindes 
tages  Mart.  43,  33.  des  lebendiges  gotes  Griesh.  Pr.  2,  147.  des  leven- 
diges  godes  Vorbew.  21.  —  Fem.  vil  der  varnder  diete  Nib.  BC.  39,  2. 
ein  bilde  der  houbethafter  zuht  MS.  2,  149*».  der  mennisddicher  bröde 
St.  Paul.  Pr.  8,  4.  der  angd)orner  mütekeit  Lanz.  8389.  der  nach 
schriender  diet  Lanz.  1517.  der  zarter  küneginne  Griesh.  Pr.  1,  27» 
in  gebrüchwnge  der  niuwer  gegenwürtekeit  Mechtild.  fl.  L.  S.  5.  der 
reinen  unbewdlener  milch  ebd.  S.  12.  der  oberster  scelekeit  Haupt  Z. 
8, 221.  der  gotlicher  sunnen  Marienl.  5,  23.  der  seleger  gebrüchingenS,  1, 
der  süzer  winreven  8,  22.   der  rechter  truen  32,  10.   der  wunnedicher 


583 

git  Musk.  21,  1.  der  heiliger  kirchen  Lac.  ü,  534.  in,  278.  der  varinder  §  525. 
have  Lac.  m,  163.  —  Neutr.  des  schoenes  swertes  Wigal.  A.  173,  5. 
Dat.  Sg.  M.  deme  sigehafteme  degene  Vorauer  Ged.  28,  16.  dem 
irdiskem  schine  Wemh.  Mar.  165,  17.  dem  einem  man  Nib.  ABC. 
2148,  3.  dem  älmahtigem  got  Bened.  Pr.  5.  dem  leidigem  vcUcmde 
St.  PauL  Pr.  23,  22.  dem  hdfelichem  tage  Wilh.  215,  2.  an  dem 
jungistem  tage  St.  Panier  Pr.  7,  23.  bi  dem  Uehtem  mänen  Parz.  376,  7. 
dem  mütem  Jcünege  Wigal.  A.  67,  17.  dem  verworhtem  man  Warnung  533. 

—  Fem.  ivöl  der  sanfte  tuonder  swcere  MF.  125,  35.  we  der  nahe- 
gender  sware  Neifen  23,  18.  in  ther  diefer  hellen  mfr.  Legend.  155. 
in  der  scönistir  bürge  Annol.  107.  van  der  grözer  not  Amst.  ML  7,  .2. 
in  der  grözer  engeste  ebd.  7,4.  in  der  geistlicher  wunnun  Friedb.  Kr.  F*».  3. 
zu  der  urdeilischer  dt  ebd.  J.  2.  an  der  vil  armer  diete  Eoth.  1202.  von 
der  suzir  stimme  Alex.  5142.  zuo  der  angestUcher  not  Wigal.  132,  23. 
zu  der  lester  stunden  Marienl.  22,  12.  der  rtterlicher  maget  Iw.  A.  387. 
von  der  zornedicher  urteüde  Griesh.  Pr.  1,  60.  an  der  froelicher 
Udunge  Haapt  Z.  8,  222.  mit  der  geistlicher  gewalt  Bepg.  Cr.  21- 
mit  der  vrischer  dait  Lac.  UI,  768.  in  der  alder  ee  Wierstr.  9.  zö  der 

.  groisser  stat  Harff  2,  33.   zö  der  tzweyder  heuftkirchen  16,  35.   von 
der  verborgener  inde  sonderlicher  hochwyrdicheit  Kölner  Cronica  141. 

—  Neutr.  dem  reinem  toibe  Trist.  1782.  in  deme  ewigeme  leven  Arnst. 
Ml.  10,  5.  an  dem  jungistem  gerichte  Tod.  Geh.  39.  St.  Pauler  Pr.  7, 27. 
zem  urteiUichem  ende  Parz.  788,  2.  üz  dem  betouwetem  grase  Trist. 
MH.  562.  ze  dem  drittem  male  St.  Paul.  Pred.  49,  27.  von  dem 
kiuschem  Übe  Mart.  28,  30.  in  dem  sübendem  järe,  an  dem  ncehstem 
tage  Ulm.  Urk.  I,  204.  in  dem  dreizzigestim  jär  Geschichtfreund  1, 22 
(Urk.  K.  Ludwigs  d.  B.  v.  1347). 

Acc.  Sg.  Fem.  die  herzeliche  eide  Eud.  28,  26.  die  erste  naht 
Boseng.  C.  74.  die  himelische  meit  ebd.  151.  die  schoene  meit  ebd.  906. 
in  die  guote  stat  ebd.  76.    die  schoene  bluot  K.  Silv.  9. 

Acc.  Sg.  N.  daz  keiserlichez  gebot  Braunschw.  Eeimkr.  2338. 

Nom.  PI.  M.  die  eregernde  man  Nib.  ABC.  2155,  3.  die  stürm- 
küene  man  Nib.  200,  3.  die  zwene  grimme  küene  man  Nib.  1975,  4. 
die  sneUe  ritter  balt  Gudr.  355,  1.  die  mggrimme  man  Ernst  A.  5,  10. 
die  vreisliche  konige  Koth.  4235.  die  kleine  vögele  Walth.  AC.  75,  15. 
die  schöne  Sterne  St.  Paul.  Pr.  16,  19.  —  Fem.  die  eregernde  vrouwen 
Kl.  C.  969.  —  Neutr.  die  brinninde  büde  Alex.  4266.  diu  steheUniu 
bant  Kl.  BC.  232.  Wüh.  423,  21.  diu  kleiniu  vogellin  MS.  2,  106». 
di  heilsame  wazzer  Marienl.  10,  29.    di  gesunde  herzen  Wierstr.  1283. 

Acc.  PL  M.  die  meinstrenge  man  Annol.  275.  die  lichte  schUde 
breit  Nib.  A.  2107,  3.  die  spcehe  koufliute  Gudr.  293,  4.  die  engelsche 
geiste  Marienl.  4,  19.  die  mine  tage  K.  Silv.  31.  —  di  guten  mpliche 
Site  Rud.  25,  13.  —  A.  PL  F.  di  zitige  nutze  St.  Pauler  Pr.  44,  16.  — 
A.  PI.  N.  diu  snidunde  wäfen  Nib.  A.  2146,  3. 


584 

§525.  Gen.  PI.  M.  der  heiliger  engele  Amst.  Ml.  10,  7.    der  dinender 

engele  Marienl.  53,  8.  der  unreiner  geiste  St.  Paul.  Pr.  14,  14.  der 
hoser  geiste  Marienl.  82,  32.  der  vorgenanter  drier  pflegere  Mem.  6. 
der  heüeger  apostdlen  Lac.  m,  280.  na  inhald  der  alder  ind  der 
nüwer  brieve  TU,  683.  —  F.  der  unmüder  hende  Marienl.  25,  38.  der 
vaLscher  lugene  Schoneb.  2068.  der  fleischlicher  pine  Mecht.  fl.  L.  12. 
—  N.  der  süezer  äinge  Lampr.  Syon  L.  3460. 

In  den  Trebnitzer  Psalmen  (14.  Jh.)  steht  das  Partie.  Präs., 
seltner  das  Ptc.  Perf.  P.  nach  dem  bestimmten  Artikel  oft  in  starker 
Form,  Pietsch  Trebn.  Ps.  XCIV. 

Aus  diesen  Beispielen  ergibt  sich  zur  G-enüge,  dass  die 
starke  Form  des  attributiven  Adjectivs  nach  dem  bestimmten 
Artikel  nicht  bloss  im  Gen.  Dat.  Sg.  und  Gen.  PL  und  nicht 
bloss  in  fränkischen  Dialecten  (Braune  in  Paul- Braunes  Beitr. 
I,  14)  vorkommt,  sondern  dass  sie  oberdeutsch  wie  mittel- 
deutsch (auch  niederfränkisch)  in  der  ganzen  mhd.  Periode 
sich  hervorthut  als  ein  Gegenzug  des  Sprachgeistes  gegen 
die  einengende  Regel. 


Nachweis. 

Die  Ziffern  beziehen  sich  auf  die  Paragraphen. 


A. 

a  md.  27—38,  obd.  20—26. 

a  aus  6  43.  49. 

a  aus  0  60.  67. 

a  Determinativelement  257. 

a  europäische  Spaltung   demselben 

7.  39.  58. 
a  gedehnt  24.  32. 
a  geschwächt  26.  38. 
a  getrübt  28. 
a  irrationales  82. 
o-Elasse  ablautende  der  Yerba  346 

— 351,  reduplicirende  357—59. 
a-Klasse  in  der  Declination  447 — 

449.  451.  454. 
a-Stämme  257.  447.  454. 
a  umgelautet  20—22.  27.  28. 
a  verdunkelt    zu   o    23.    30.    31, 

zu  u  31. 
a  zu  ae  m  33.  35,  zu  ^  ^  37. 
ä  88—95. 
ä  aus  ai  123,'  aus  au  125,   aus  e 

97.  101,  aus  6  115. 
d  durch  Dehnung  24.  32,   durch 

Zusammenziehung  24.  33. 
d  gekürzt  88. 
d  Interjection  341. 
d  im  Plur.  Perf.  347. 
d  Präfix  284.  291.  298.  302. 
d-Stämme  451. 
d  umgelautet  89.  93.  94. 
d  zu  au  88,    zu  ö  88.  90,    zu  oe 

oi  ou  91,  zu  u  90. 


aby  af  (Präpos.)  333. 

Ablaut  13.  14.  249.  345. 

ablautende  Verba  346 — 355. 

aheräht,  aberban,  abergloube  291. 

Accusativ,  rheinischer  483.  506. 

ach,  ahi  ehe,  coUectives  Suffix  280. 

Activum  umschrieben  428.  429. 

ader  (oder)  331. 

Adjectivum  500 — 525.  attributives 
Adj.  flexionslos  509 — 514.  stark 
flectirt516 — 521.  schwach  flectirt 
523 — 525.  Prädicatives  Adjecti- 
vum 515.  522. 

Adjectiva  in  -ja  281.  503. 

—  Steigerungsformen  312 — 314. 

—  Zusanmfiensetzung  295 — 299. 
Adverbialbildung  317—332. 
Adverbien  adjectivische  318 — 322. 

—  pronominale  327—332. 

—  Steigerung  315. 

—  substantivische  323 — 325. 

—  verbale  326. 
(B  89. 

ae  35.  37. 

€ei  105.  i06. 

(ßre,  er  Suffix  271. 

after  333. 

age  zusammengezogen  26.  33. 

ahe  zusammengezogen  33. 

ahte  336.  338.  ahtode  338.  dhtouwe 

336. 
ai  alter  Diphthong  12.  123.  124. 
ai  Umlautzeichen  22.  89. 


588 


denne  328. 

der  diu  daz  482—484.    der  {dar) 

491. 
der  Präfix  302,  Suffix  (tra)  272. 
des  (Genit.)  483.  (Adverb)  328. 
dest  19.  25. 
dester  213.  483. 
dewht  386. 
^ieti/m  128. 

deweder  497.    d««?«?^  498. 
dh  191. 

Ji  (=  dir  =  dich)  473. 
dtcA,  (2in  diner  dines,  dir  473. 
<ii<j  «  der  482,  =  dii*  482. 
dien  (D.  Plur.)  484. 
Diphthonge  neue  105.  106.  108. 
dirre  485—487.  520. 
dirU  drite  214.  338. 
dise  485. 
di*  197.  485. 
diu  (Instrum.)  483. 
diutsch  184. 
diz  ditze  485. 
dö  328. 
docfc  328. 
dd^to  121.  386. 
dorfte  dorhte  dorte  416. 
drtsjen  427. 
dreien  350. 
dreschen  349. 
drt  336.   dn«  339. 
driuwen  355. 
drou  (dritt)  133. 

druften,  drusten = drohtin  175. 153. 
dt  199. 

du  duo  71.  473. 
Dual  474. 
duhte  386. 
dünken  386. 
duo  ==  do  137. 
dür/en  416. 
dürkd  228. 
du«  328. 
dt;andt7a  285. 


£. 

e  europäisches  7,  im  Oberdeutschen 
39-45,  im  Mitteldeutschen  46 
— 53 ;  Reime  mit  Umlaut  -e  41 ; 
gedehnt  42.  51. 

e  Brechung  von  i  54. 

e  Umlaut  von  a  20—22.  27 — 29. 
31;  gedehnt  32. 

e  fremdes  40.  47. 

e  irrationales  78 — 81. 

e  Aussprache  41.  —  epithetisches 
im  Perfect  374,  in  der  Declina- 
tion  448.  452.  454.  483,  epen- 
thetisches  86,  apocopirt  vergl. 
Apocope. 

e  aus  e  {ei)  123.  124.  —  e  zu  a 
44.  49,  zu  0  44,  zu  ei,  te  48.  — 
e  aus  0  67. 

e  (Monophthong  aus  ei)  96—103. 

e  Umlaut  von  d  89.  93. 

e  durch  Dehnung  32.  42.  51,  durch 
Verschmelzung  34.  43.  52.  356. 

e  für  i  107,  für  ie  135. 

e  zu  d  101,  zu  i  34.  97.  99,  zu  ie 
103.  356. 

e,  er  335. 

e&e,  ob  324. 

ec  Suffix  275. 

ecÄ,  eÄe  Suffix  280. 

ecker  Adv.  319. 

Ecthlipsis  156. 

ede  Suffix  263. 

eder,  edo  eddo  331. 

ehe  verschmolzen  52. 

e^e  Suffix  280. 

eht  Suffix  264. 

eht  et  Adv.  319. 

ei  alter  Diphthong  123.  124,  neuer 
Diphthong  105.  106.  108,  ei  zu 
e  verengt  96.  98.  123,  ei  und  e 
im  Perf.  354,  ei  für  a  29,  für 
e  und  i  48,  für  e  (Umlaut)  22. 29, 
für  (B  89.  95,  für  e  100,  für  ie 
131.  136,  für  öu  (eu)  126.  128, 


589 


zu  eu  124,  ei  für  frzs.  ai,  oi  123, 

ei  aus  Zusammenziehung  26.  33. 

53,  ei  mit  ou  wechselnd  124. 
eie  Substantivsuffix  259. 
Eigennamen  declinirt  468 — 470. 
ein  336.  492.  508.  516.  521. 
einic  492. 
einlif  336. 
Einschub  vocalischer  86.  87,    oon- 

sonantischer  157. 
einweder  497. 
eischen  360. 
elf  102.  336. 
eÜiu  504.  506.  507. 
em,  eme  Dativ  zu  er,  ez  476. 
emmer  123. 

en  ßne  enen  Accus,  zu  er  476. 
ew  in  1.  Sg.  Präs.  Ind.  367.  396. 

—  in  2.  PI.  368.  370.  371.  375. 

376.  396-398.  403.  409.  —  in 

3.  PL  Ind.  Präs.  369.  396. 
€w,  ene  im  Partie.  Präs.  373.  401. 
en    apocopirt   in    der   Declination 

449.  454.  458.  460.  505. 
en  für  ne  215. 
enbinnen  333. 
enchein  engein  enhein  492. 
Enclisis  19. 
ende  Copula  327. 
endic  Suffix  275. 
Endungen  der  starken  Conjug.  366 

— 376,   der   schwachen  Conjug. 

395—405. 
Endungsvocale  76—84. 
enelende  218. 
engein  222.  492. 
enk  enker  474.  480. 
enlende  218. 
ent  Präfix  291.  302. 
ent  in  2.  Plur.  368.  370.  371.  375. 

376.  396—398.  403.  409.  —   in 

3.  Plur.  369.  370.  375.  376.  396. 
enweder  entweder  497. 
enwiht  494. 


Epenthesis,  Epithesis  157. 

er  Pronomen  476.  Possessivpro- 
nomen 481. 

er  Präfix  302,  Suffix  271. 

er  Pluralsuffix  449.  454. 

er  =  her,  herre  81.  83.  248. 

^r  335. 

erhit  Arbeit  99. 

erde  461. 

ere  461. 

erkunnen  426. 

ern  (Zeitwort)  357. 

Ersatzdehnung  42.  215.  347. 

es  (Genit.)  476.  478. 

es  2.  Sg.  368.  370.  395.  397. 

esse  Suffix  267. 

ete  etes  Präfix  331. 

ete  Suffix  265. 

eteslich  etslich  eüich  495. 

etestoer  etewer  etwer  496. 

eu  alter  Diphthong  129,  neuer 
Diphthong  105.  106,  eu  neuea 
gereimt  auf  eu  (öü)  129. 

eu  für  e  29,  für  ei  124,  für  ü  73. 

eu  Umlaut  von  ou  128,  von  u,  o 
66.  69,  von  ü  122.  126. 

eu  zu  ei  126.  128; 

Explosivlaute  wechselnd  151—163. 

ez  Dual  474.  Pronomen  Neutr.  478. 

F,  vgl.  T. 

f,  V  172—177. 

f  aus  ph  Pf  169—171.  177.   für  v 

172.  173.  177. 
f  ausgefallen  175. 
f  zub  163,  zu  p  163,  zu  pf  169. 

171,  zu  ch  153.  233.  238. 
f  und  ch  gereimt  233. 
ff  für  f  175,  für  i>/ri>JR>  175,  aua 

Assimilation  175. 
faut  69. 
fiwer  fiuwer  füwer  füer  füir  86. 

129.  132.  181. 
fliuge  129. 


590 


flöh  462. 

fluo  452. 

fluochen  138.  359. 

fome  furne  241. 

Fragepronomina  489 — 491. 

fränkisclie' Lautverschiebung  149.  f. 

fregen  93. 

Fricativen  wechselnd  153. 

ffiunt  fritoent  frünt  frunt   129. 

130.  132.  465. 
frö  frou  109. 
ft  aus  ht  175,  zu  hty  cht  153.  175. 

233.  241. 
fügir  fmr  132.  224. 
Futurum  429.  433—436.  Futurum 

exactum  436. 
fv  176. 

G. 
g  220 — 226.  —  g  xmdj  wechselnd 

150.  220.  222.  224.  —  ^  und  X; 

im  Anlaut  wechselnd  220.  222. 

— •  g  auslautend  221.  226.  232. 

—  g  palatales   221—224,   auf- 
gelöst 221.  225. 
g  aus  h  162.  221.  224. 
g  für  ch  223.  225.  226,   g  zu  ch 

233—235. 
g  für  k  (ch)  im  Auslaut  225,  g  zu 

k  220.  221.  226.  229.  231. 
g  für  w  224.  g  und  v  reimend  224. 

w  füi  g  181.  221. 
g  Suffix  275. 
gäbe  461. 
^on  gunnen  412. 
^an  Präfix  291. 
</an  gen  gein  gien  352.  357. 
gangen  357. 

Gaumenconsonanten  220 — 246. 
ge  Präfix  79.  292.  298.  303.  373. 

405.  432.  437. 
gehen  43.  347. 
gehurt  461. 
gegen  335. 
^e^on^  ^e/ia^  394. 


gehen  245. 

geMzen  gehizzen  99.  360. 

gekonst  414. 

^fZaÄt  (Partie.)  390. 

geloüben  383,  ^e2et<&en  128. 

Gemina  im  Auslaut   zur  Simplex 

154.  168. 
gen  =  gehen  43. 
pewer  488. 
Genitiv  apocopirt  448. 454.  —  Gen. 

Plur.  schwach  449. 451. 462.  454. 

—  weiblicher  Genit.  in  -»  in  der 

Composition  306. 
ger  459.   ger  =  ger  102. 
Gerundiv  372.  400. 
gesät  197. 
geschehen  geschien,  Perf.  geschiede, 

Partie,  geschiet  424. 
Geschlecht  der  Substantiva  308 — 

311,  schwankendes  grammatisch. 

Geschlecht  309—311. 
geschüt  53. 
gesin  364.  365. 
gestaten  426. 
getouge  133. 
getrmoe  130. 
getzuoe  getzwat  495. 
gewahen  351. 
gewesen  gewest  365. 
Gewichtveränderung     der    Vocale 

12—14. 
getvizzen  gewizzet  gewist  gewest  419. 
^^  221.  223.  226.  226. 
ggh  223. 
gh  222.  223. 
pfX;  232. 
gi  (ihr)  474. 
^ie  357. 
gimme  461. 
ginnen  406. 
^2»c^en  426. 
go  Präfix  83. 
gotgehe,   gotquU  gotspricht,    got- 

weiz  326. 


591 


grammatischer  Wechsel   151.  152. 

221.  224. 
greve  93. 
Grimms   Lautverschiebungsgesetz 

146.  f. 
gt  «  ht  223. 
güd  217. 
gunnen  412. 
gunde  Perf.  zu   ginnen  406,    zu 

gunnen  412. 
gung  357. 

•Gunirung  12 — 14.  Vgl.  Diphthonge. 
Gutturale  220-246. 
gutturale  Suffixe  275—282. 

H. 

h  241—246. 

h  ausgefallen  241.  244.  245.  ab- 
gefallen 242.  246. 

Jh  für  ch  234.  241.  243.  246.  zu  ch 
233.  234.  236.  —  Ä  mit  ^f  wech- 
selnd 152,  mit  j  241.  —  h  ver- 
treten durch  w  181. 

7t  Aphäre8is241.243,  prothetisches 
241. 243,  diakritisches  241.  245. 

Jh  aus  Sibüation  der  Gutturale  151. 
241.  243. 

Jt  Dehnungszeichen  245. 

h  Suffix  280. 

haben  394. 

haft  (Adj.)  295.  296.    haftec  296. 

Mhm  357. 

halm  =^  heim  44. 

halt  326. 

hän  394. 

hangen  425. 

hant  453. 

har  =  Äer  44.  —  har  Interjection 
341. 

häte  hatte  394. 

hcste  (2.  Sg.  Ind.  Perf.)  394. 

he  hei  hie  (Pron.  ==  er)  476. 

Aß&en  424. 

hei  341. 


Aßt'de  461. 

heil  (Interject.)  342. 

hein  =  ncÄci«  492. 

^i^  in  Zusammensetzungen  290. 

heizen  360. 

7i«^e  102.  123. 

heUe  461. 

/ieZm  459. 

Äer  «=  er  Pronom.  476.  —  Adv.  330. 

her,  here  =  herre  102. 

Äerrc  96. 

Äcrjsre  463. 

het  hete  hette  394. 

hetd)et  128. 

M&  BS  ^iete?  hie  163.  361. 

Äier  330. 

Mete  394. 

Äiit^  99.  123. 

him,  hin   (Dat.  Acc.  zu  he  =  er) 

476. 
/iin  hinnen  Mnden  hinten  330. 
Äirrc,  hirschen  99. 
%mre,  Tiiu^e  324.  330. 
hl  zu  Z  211. 
hn  zu  n  215. 
Hochton  17. 
homogene    Lautverschiebung    153. 

homorgane  151.  152. 
houwen  361.  425. 
hr  zu  r  213. 
Äs  zu  SS  207.  244. 
Ä«  241.  243. 
ht  zu  cÄt  233,  zu  st  208,  zu  t  244, 

Ä^  und  /K  tauschend   153.  175. 

233.  236.  241,  zu  th  umgestellt 

194.  195.  202. 
himt  hundert  337. 
huz  =  hiez  53. 
hw  zu  w  178,  zu  Ä  242. 

L 

i  echtes  altes  54—57,   gebrochen 

54.  56,  gedehnt  55.  57. 
i  aus  e  erhöht  7.  39.  47.  347—350, 


592 


gedehnt  42.  51,  i  und  e  gereimt 

39.  46. 
i  aus  i  104.   —  i  fremdes  55.  — 

i  irrationales  81. 
i  für  Umlaut-6  22.  29. 
i  zu  0  und  u  50.  57,  zu  ü  45. 55. 
i  verkleinerndes  Suffix  281. 
i-Klasse  der  Substantiva  258.  450. 

452,  —  der  Verba,  ablautende 

354,  reduplicirende  360. 
*  104—108,  diphthongisirt  zu  neuem 

ei  105.  108. 
i  aus  Dehnung  55.  57,  aus  Ersatz- 
dehnung 42,  aus  Verschmelzung 

43.  52.  55. 
i  gekürzt  104.  107. 
i  für  e  33.  34.  97.  99,  f ür  e  =  « 

95,  für  fremdes  e  (B  cr  97. 
I  für  ie  134,  für  iu  122 ;  i  und  iu 

wechselnd  129. 
i,  in  in  Feminin  stammen  462.     . 
i  Interjection  341. 
i,  ie  =  ir  (Pronom.)  474. 
ic  Adjectivsuffix  275. 
ich  Pronomen  471. 
id^ein  ikein  492. 

id  Suffix  263.  ide  eide  Suffix  263. 
idermdch  493. 

ie  Brechung  von  iu  131.  134—136. 
ie  aus  e  früh  diphthongisirt  103. 
tc' neueres  für  e  (Umlaut)  29,  für 

e  =  «  95,  für  e  97,   für  i  =  € 

100,  für  i  107. 
ie  für  e  48,  für  t  (vor  r  und  h)  45. 
ie  aus  Verschmelzung  53. 
ie  zu  ei  31. 
ie  Adverb  131.  325. 
«6  Substantivsuffix  259. 
ieder  iedeweder  ietweder  497. 
iegelich  iegeslich  ielich  495. 
iegeweder  iegweder  497. 
ie/»t  ieweht  iht  494. 
ieman  iems  iemt  493. 
ter^  Infinitive  256. 


iergen  332. 

te«Ztc/t  ietlich  ietslich  495. 

ietoeder  497. 

ieu^ei^A  498. 

iöWJcr  496. 

ifteswanne  331. 

i^^  t'At«  494.    t^tti«  452. 

im  im«  476. 

Imperativ  371.  398.  412.  413.  418. 

Imperativische  Namen  307. 

in  zu  un  gereimt  50. 

in  Präpos.  333. 

in  Suffix  274.  281. 

in  ine  inen  (Acc.)  476,    in  inen 

(Dativ)  479. 
inä  Suffix  274. 
ine  Suffix  276. 
inchevn  inkein  492. 
vnde  Copula  327. 

Indicativ  Präs.  367—369.  395. 396. 
Infinitiv  372.  399. 
imge  Suffix  277. 
inne  Suffix  274,   DecHnation   der 

Femin.  in  inne  460 — 462. 
innen  inner  333. 
Instrumentalis  441.  448.  452.  483. 

506. 
Intensivbildungen  256. 
Inteijectionen  341.  342. 
Interrogativa  489 — 491. 
io  =  ie  Adv.  134. 
ir  (Pron.  2.  Pers.)  474.  —  ir  Gen. 

Dat.  Sg.  477;  Gen.  PL  479.  — 

ir  Possessivpron.  481. 
Irrationale  Vocale  76— -84. 
irste  99. 

is  Genitiv  =  es  478. 
isch  Suffix  278. 
ist  364. 

istic  istikeit  275. 
ib  (Pronom.)  197.  478. 
it  =  iU  494. 
ite  Präfix  293.  298.  303. 
Iterativbildungen  256. 


593 


itetoiz  104. 

iu  alter  Diphthong  129—136.  Aus- 
sprache 129.  —  zu  ie  gebrochen 
131.  —  zu  eu  gewandelt  106. 108. 
—  iu  für  eu  (öu)  126.  —  zu  w 
verengt  130.  132. 

iu  ou  ü  wechselnd  125. 

iu  und  i  wechselnd  129. 

iu  Umlaut  von  ü  119. 

iu  Dativ  474. 

iuch  iuwih  474. 

iur  iuwer  (Gen.)  474.  Possessiv- 
pron.  480. 

iuw  zu  ouw  133. 

iuweht  tut  499. 

iwe  :  iuwe  129. 

iwe  iuwe  ouwe  im  PI.  Perf.  354.  356. 

iz  =:s  ez  478. 

J. 

j  239.  240. 

j  Aphaeresis  239.  —  j  aus  d  186. 

189.  —  j  mit  g  wechselnd  162. 

220.  222.  240.   —  j  mit  Ä  und 

w  wechselnd  163.  240. 
ja  Suffix  an  Verben  254.  255.  361. 

377.  —  an  Nominibus  257.  281. 

292.  446.  451.  455.  503. 
ja  Suffix  281.  451.  462. 
ja  Interjectlon  342. 
jagen  426. 
jan  Suffix  281.  458. 
jcm  Suffix  281.  460.  462. 
järä  järid  341.  342. 
jehen  220.  348.  424. 
jener  488.  520. 
j6  341.  342. 
joh  joch  342. 
jü  341. 

K,  C  (vgl.  C,  Ch). 

k  227—232. 

Ä;  für  ^  im  Anlaut  229.   für  ch,  h 
232. 
Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.  2. 


k,  ch  ausgefallen,  eingeschoben  231. 

k  im  Beim  228. 

k  unverschoben  230. 

k  aus  qu  227.  229. 

k  vertreten  durch  z  203. 

k  Suffix  278. 

kan  kunnen  413. 

Kardinalzahlen  336.  337.  616. 

käre  karte  =  kere  kerte  97.  101. 

Kasusverhältnis  in  der  Wortcompo- 
sition 286. 

kegen  229. 

kein  492. 

kd  461. 

keren  97.  101. 

kerren  =  keren  96.  102. 

ketine  461. 

keufen  128. 

kirsten  214. 

kk  ck  228.  231. 

klagen  426. 

kneste  =  knehte  153. 

komen  227.  229.  349.  424. 

Komparation  der  Adjectiva  312 — 
316. 

Komposition  283—307.  Form  284. 
286.  Tonschwächung  78.  80.  82. 
uneigentliche  306.  —  Kompo- 
sitionstheile ,  ihre  Bedeutungs- 
beziehung 284—287.  Kompo- 
sitionsvocal  288. 

kon  »»  komen  62. 

kone  4A. 

Konjugation  344—439,  starke  346 
—376,  schwache  377—406, 
Mischungen  406—427.  —  En- 
dungen 366—376,  896—406.  — 
Bildung  der  schwachen  265.  346. 
377.  ff.  Bedeutung  der  Klassen 
255.  377. 

Konjunctionen  327—332. 

Konjunctiv  370.  376.  397.  —  Kon- 
junctivische  Form  im  Indicativ 
362.  394. 

Auf).  38 


ii 


594 


Konsonanten  145 — 246.  —  Ein- 
theilung  145  —  Ausfall  15  — 
Umlaut  154  —  Verschiebung  146 
— 150.  homorgane  Verschiebung 
151.  162.  homogene  153.  —  Wir- 
kung auf  Vocale  11.  — Vgl.  femer 
die  einzelnen  Konsonanten. 

konste  414. 

Kosenamen  266.  270. 

koufen  383.  427.  keufen  128. 

kröne  451.  461. 

et  für  ht  230. 

kunnen  künde  413.  414. 

ktto  452. 

kurre  50. 

hurt  194. 

Kürzung  der  Vocale  16. 

kw  und  tw  wechselnd  153. 187. 229. 

L. 

l  211.  212. 

l  ausfallend  211.  212.  für  hl  211. 

für  r  153.  211.  212.  mit  m  und 

n  wechselnd  153.  211.  212.  218. 

Umstellung  212. 
l  Suffix  256.  269.  270. 
lä  lach  Iah  Imperativ  358. 
Iahen  426. 

Labiale  Konsonanten  169—183^ 
Labialsuffixe  260—262. 
lach  loh  Imperativ  358. 
lach  lech  lieh  CoUectivsuifix  280. 
laden  426. 
län  läzen  358. 
Landnamen  470. 

lären  lärte  =  leren  lerte  97.  101. 
'lare  in  Ortsnamen  89. 
Lautabstufung  155.  192. 
Lautverschiebung    147  - 160.    151 

—  153. 
lauwe  Löwe  133. 
lech  Suffix  280. 
lecken  348. 
•leihen  -louhen  in  Ortsnamen  124. 


leidei'  342. 

leie  in  Zahladverbien  340. 

les  348. 

lesen  348. 

leufen  128. 

Uwes  342. 

Ih  zu  l  244. 

li  lin  Suffixe  281. 

liehe  lieh  16.  107,  in  Zusammen- 
setzung 295—297. 

lie  358. 

lif  in  Hnlif  zwelif  336. 

ligen  39.  348. 

lUjerösevarwe  305. 

lin  Suffix  281. 

linc  Suffix  276. 

Linguale  Konsonanten  184—219. 
Linguale  Suffixe  263—274. 

Lippenkonsonanten  159—183. 

liquidae  Nebenton  11.  86.  Wechsel 
151.  Wirkung  auf  Vocale  11. 

liugen  129. 

liup  129. 

U  211.  212. 

loc  459. 

laufen  361.    leufen  128. 

loukenen  231. 

luben  lubnus  72. 

lüchen  117. 

lücte  =  lüte  Hute  231. 

lüge  462.    lügetrügeUch  306. 

M. 

m  182.183.  ausfallend,  eingeschoben 
182.  m  zu  n  182.  216.  218.  505. 
m  und  n  gereimt  216. 218.  m  aus 
Assimilation  182.  183.  m  mit  l 
wechselnd  153,  mit  w  178.  183. 
&  für  w  161.  aus  ben  wird  m 
verschmolzen  182. 

m  Suffix  256.  262. 

nmc  magen  mugen  409.' 

mdc  459. 

machen  426. 


595 


magedin  282.    maget  452. 

mähte  mohte  410. 

mähte  (2.  Sg.  Ind.)  409. 

mal  in  Zahladverbien  339. 

maUich  212.  493. 

man  (Subst.)  466.    (nnbest.  Pron.) 

193. 
manec  493.  508.  520. 
mannegelich  mannecUch  493. 
^art  ==  mar  cht  231. 
Masculinum  schwaches  458.  starkes 

447—450. 
mdze  461. 
wft  182. 

Medialaspirata  148. 
Medium  431. 
megen  409. 
ich  meine  326. 
menegin  menigin  462. 
nwr  =  wir  472. 
wierre  =  werre  96. 
Metathesis  158.  250. 
mich,  mir,  min  mines  miner  471. 
miete  103. 
mile  451. 
minne  461. 
Mischungen  starker  und  schwacher 

Tempusformen  406 — 427.  starker 

u.  schwacher  Deolinationsformen 

459.  461.  463. 
misse  300. 
mit  334. 

Mitteldeutsch  2.  4. 
Mittelhochdeutsch  1 — 4. 
mitteme  316. 
ww  182. 
mm  gereimt  mit  nn  219,    mit  nd 

219,  mit  ng  183. 
mp  und  w*  gereimt  216. 
müezen  417,  zur  Umschreibung  des 

Futurums  434. 
mugen  409. 
mal  462. 
twwn  =  mugen  409. 


muose  muoste  417. 
WMO^er  464. 
mwo;?  417. 
mtire  461. 

N. 

n  215—219. 

n  im  Anlaut  aus  hn  215,  vorge- 
schoben 215.  217,  eingefügt  216, 
ausgefallen  215.  217.  401,  ab- 
gefallen 215.  217.  364.  372.  399. 
458,  umgestellt  215. 

n  guttural  resonirend  219. 

n  mit  l  wechselnd  153.  215.  218, 
n  aus  m  182.  216.  218. 

w-Stämme  declinirt  456—463. 

w-Suffix  256.  273.  274. 

naht  461.  467. 

nakehür  229. 

nälde  211.  212. 

Nasalirung  157. 215.  216.  217.  250. 

nauwe  ==  niuwe  133. 

nd  und  ng  gereimt  219,  wechselnd 
186.  219. 

ne  19.  215. 

NebensJlben,  ihr  Vocalismus76— 84. 

Nebenton  (Accent)  17. 

Nebenton  der  Liquidae  11.  86. 
129.  132. 

negen  nehen  neken,  nahen  93.' 230. 

nehein  nihein  492. 

neizwer  neizwaz  496. 

nen  =  n,emen  43. 

nesse  Suffix  268. 

newisre  newer  nur  326. 

neweder  497. 

ng  Suffix  276.  277. 

ng  aus  nd  nt  186.  219.  ng  mit 
mm  gereimt  183.  216. 

nicht  niewiht  494. 

nieman  493. 

niere  103. 

niewan  319. 

niht  niwiht  nit  494. 


38* 


596 


nisse  Suffix  268. 

nitniuwe  215. 

niuht  494. 

niun  129.  336. 

niur  129. 

nitoan  319. 

nn  216. 

nn  gereimt  mit  mm  219,    mit  n(2 

216.  219,  mit  ng  216.  219. 
noch  dSl, 
nömen  31. 
Nominale  Declination  der  Substan- 

tiva   440—470,     der    Adjectiva 

600.  Ö08— 515.  523—525. 
Nominalsuffixe  257—282. 
Nominativ  Sg.   der  schw.  Femin. 

dem  Accus,  gleich  gemacht  460. 
naufart  215. 
nouwe  =  niuwe  133. 
nt  und  mp  gereimt  183.  216. 
nu  nuo  71.  331.    nun  216.  331. 

nuä  nurä  341.  342. 
nüehtem  274. 
nimen  31. 
nur  326. 

nu8  nusse  Suffix  268. 
nu^  ^=^  numst  numft  153. 
nöst  nüschet  nützet  =  ni^^e«  mTi^ 

494. 

0. 

0  europäisches  7.  58 — 69. 
0  Brechung  von  u  72.  74. 
0  aus  a  23.  30,  zu  a  60.  67. 

aus  e  31,  zu  6  67. 

aus  i  50,  aus  we  44.  57. 

zu  u  58.  59.  63.  72.  74. 
0  gedehnt  62.  68.  74,  gekürzt  aus 

6  (ou)  125. 
0  irrationales  83. 
0  Adverbialendung  318. 
6  alter  Steigerungsvocal   12.   351. 

erhalten  im  Nominalsuffix  öd  öt 

263.265,  in  der  schw.  Conjug.381, 


in  der  Adjectivcomparation  312. 

313,    zu  uo  diphthongisirt  137, 
6  aus  ou  109—116.  125.   127.  — 

zu  ä  115,  zu  ou  110,  zu  u  110. 

114.  121,    zu  ue  ui  uo  114.  — 

umgelautet  111.  116. 
6  neues  aus  ä  88.  90. 
6  dialecÜich  aus  uo  141.  142. 
ö  gedehntes  o  62.  68.  74. 
6  Interjection  341. 
6b  obe  o/*(Conj.)  324.  —ob  (Präpos.) 

334. 
och  Interj.  341. 
och  =  ouch  125. 
ode  oder  331. 
öde  Suffix  263. 
ö  Umlaut  61.  66.  75. 
ö  für  e  22.  29. 
(B  Umlaut  111.  116. 
oe  für  0  65,   für  ö  (ou)  113,   für 

ö  (ä)  91,  für  ü  121,  für  uo  143. 
of  (Conj.)  324. 
off  122. 

ofte  ove  oder  331. 
oht  ocker  319. 
oht  Suffix  264. 
0«  für  ö(ou)  113,  für  of^wo;  143, 

für  ö  (^a;  91,  für  ü  121.  —  aus 

Zusammenziehung  69. 
ocker  319. 
oZ(2e  331. 
oldei  Suffix  263. 
Ol»  omc  (Dativ)  57.  476. 
öme  463. 

on  onen  (Acc.)  57.  476. 
or  (Gen.  Dat.  Sg.)  477.    (Gen.  PI.) 

479.    (Possessivpron.)  481. 
Ordinalzahlen  338. 
öre  463. 

Ortsnamen  flectirt  470. 
öt  Suffix  263.    öte  265. 
ou  alter  Diphthong  125 — 128,  neuer 

Diphthong  105.  106.  108.  118. 
ou  zu  ö  verengt  109.  112.  125. 


597 


ou  umgelautet  126.  128. 

au  tu  ü  wechselnd  125.  —  ouw  für 
üw  (iuw)  133. 

ou  für  o  110.  113,  für  ö  (ä)  91, 
für  0  64. 

ou  Umlaut  126.  128,  für  iu  (Um- 
laut von  w)  119,  zu  et  126.  128. 

oz  =«  ez  478. 


P. 

p  164—168. 

j?  im  Verhältnis  zu  5  159—161. 
163.  164. 166,  im  Anlaut  fremder 
Worte  164,  im  Anlaut  für  f  165, 
im  Auslaut  für  /  163. 

'g  unverschohen  164.  165.  167.  168. 

'p  und  i  wechselnd  153,  5. 

Paradigmen  der  st.  Conj.  366,  der 
schwachen  Conj.  379.  380.  393, 
der  st.  Declin.  443—445.  447, 
der  schw.  Decl.  457.  458,  der 
adjectiv.  Declin.  501.  502. 

Participium  Präs.  373.  401,  ahge- 
schliflfen  373.  401.  428,  comparirt 
312,  dedinirt  465,  in  Umschrei- 
bungen 428.  429. 

Participium  Perf.  P.  373.  389—392. 
405,  in  6i  ot  381. 

Partikelcomposition  mit  Adject.  298. 
299,  mit  Substant.  291—294,  mit 
Verben  301—304. 

Passivum  430. 

pb  162.  167. 

Perfect  Bedeutung  437.  438. 

Perfectbildung  starke  346—361, 
schwache  378—388,  in  den  Prä- 
teritopräsentibus  408 — 421,  um- 
schrieben 439. 

Perfect  Endungen  st.  Conj.  374 — 
376,  schw.  Coiy.  402—404. 

Personennamen  declinirt  468.  469. 

pf,  ph  169—171.  Spaltung  in  pf 
und   f  170.    171,    zu.  f  durch 


schlechte  Aussprache  174.  175, 
für  f  169—171. 

pfenden  426. 

pßfen  425. 

pflegen  348. 

Plusquamperfectum  437. 

Possessivpronomina  480.  481.  508. 
516.  519. 

pp  164.  167. 

Präpositionen  333—335,  adverbiale 
Stellung  der  Präposition  zum 
Verbum  304. 

Präsens  umschrieben  428.  429.  432. 

Präsensendungen  367—373.  395— 
401. 

Präteritopräsentia  408—420. 

Primäre  Stammbildung  252.  260. 

prisen  426. 

Proclisis  19. 

Pronomina  471 — 499;  demonstra- 
tive 482—488,  fragende  489— 
491,  persönliche  471—479,  rela- 
tive 491,  unbestimmte  492— 499. 

Pronominale  Adverbia  327—332. 

Prothesis  157. 

Q. 

qu  229.  —  Wechsel  mit  tw   153. 

187.  229. 
qusden  348. 
quemen  229.  349. 

r  213-215.  —  Abfall  213.  214, 
Ausfall  213.  214,  eingeschoben 
157.  213.  214,  umgestellt  213. 
214. 

r  aus  d  214,  aus  hr  213,  mit  l 
wechselnd  153.  211.  212,  aus  s 
151.  207.  213. 

r  in  schrirn  spirn  354. 

r  Suffix  256.  271. 

r(ise  178. 

rät  452. 


598 


re  Suffix  in  Ortsnamen  214. 

reden  348. 

Keduplication  248.  356. 

Keduplicirende  Verben  356—361. 

Keflexivpronomen  431. 

Keime  zwischen  a  und  a  24.  32, 
e  und  a  49,  o  und  a  30.  60.  67, 
6  und  a  88.  90,  d  und  au  125 
—  zwischen  e  und  e  42,  e  und 
i  47,  e  und  e  42.  51,  c  und  e  32, 
«  und  i  29.  46  —  zwischen  (B 
und  e  88  —  zwischen  i  und  % 
51.  55.  57,  i  und  m  45,  i  und 
ie  45,  t  und  u  50,  zwischen  t 
und  ie  (i)  134  —  zwischen  o  und 
0  (gemein  m)  59.  63,  6  und  o 
62.  74,  0  und  o  (=r  uo)  141  — 
zwischen  u  und  i6  74,  uo  und  u 
59.  71,  Ä  und  ü  (=  tw,  ==  uo) 
130.  132.  140,  wo  und  ü  117, 
zwischen  ü  und  üe  73  —  zwischen 
h  und  t?  162,  6  und  f  163,  s  und 
z  204.  205. 

Keime  homogene  160. 

Kelativum  491. 

rht  zu  rt  244. 

ncÄe  ncÄ  16. 

Kipuarien  149. 

nter  ritter  104.  107. 

rob  163. 

rot^e  451. 

roufen  380. 

roMtoe  =  n'Mit'e  133. 

n-  214. 

rf  für  rft  175. 

rücfce  459. 

Kückumlaut  384. 

ruochen  383. 

rwo/ew  138.  359. 

S. 

8  206—210.  —  Abfall  im  Anlaut 
250,  grammatischer  Wechsel  mit 
r  löl.  207.  213,  euphonisches  s 


157.  208,  scharfes  s  aus  z  204, 
8  zu  z  205.  Keime  zwischen  s 
und  z  204.  205,  s,  88  für  8ch 
206.  210,  scÄ  für  8  210. 

8  Suffix  256.  267. 

'8  Endung  der  2.  Sg.  Prs.  368.  370. 
395.  397. 

8ä  8är  8dn  329. 

sä  =  80  115. 

8äl  =  scaZ  411. 

8äl,  8el  Suffix  269. 

salben  427. 

s<^Z£?c  461. 

Salfranken  149. 

salzen  427. 

sam  Adv.  Conj.  329.     samen  329. 

-som  Adj.  295.  296.  316. 

sammirgot  326. 

Satznamen  307. 

sc  seh  206.  208.  210.  —  seh  für  s 
210,  für  st  210. 

sc,  8ch  Suffix  278. 

schaden  426.  427. 

scÄa/it  in  Composition  290. 

scal  schal  411. 

schände  461. 

scÄar  461.. 

sc^aee  261.  459. 

Schemen  349. 

schenken  426. 

Sehern  351. 

ac/ioZ  schold^  411. 

scÄre  5CÄr6*  96.  354. 

schrien  425.  scÄnrn,  scÄrtwen 
sc/irut(;en  354. 

Schriftsprache  mittelhochdeut8che4. 

sc^usc/iett  205. 

schwache  Declination  —  Konjuga- 
tion, vergl.  Declination,  Konju- 
gation. 

Schwächung  der  Endungen  74 — 86. 

schwebende  Betonung  17. 

8e  Interj.  342. 

selbe  327.499.  selben  selber  selbes 


599 


471.  473.  475.  499.    selbt  499. 

selbic  499. 
sele  461. 
selfgot  326. 
selp  499. 
selken  350. 
seidde  411. 
si  si  siu  477.  479. 
si&ew  336.  sibenzic  337. 
Sibilation  151.  204.  205.  241.  243. 
sich  475. 
sider  322. 

5ie  (Pronom.)  477.  479. 
sie  (Conj.)  364. 
sige  459.   sigenunst  153. 
%ö  (Conj.)  364. 
627iein  sichein  492. 
Simplex  für  Gemina  154.  168. 
sin  siner  sines  (Gen.)  475. 
sin  Zeitwort  363.  364. 
sint  (3.  Plur.)  364. 
sint  Sit  Adv.  322. 
sinte  =  sewfc,  sanct  47. 
5ite  459. 
5i*;8rew  39.  348. 
siu  (Pronom.)  477.  479. 
slaffen  88. 

slen  =  slän  slahen  33. 
so  327.    söhelfegot  326.    somirgot 

326. 
so  weder  so  497. 
so  w?eZt/i  so  498. 
so  K^er  so  496. 
so5tw  50.  336. 
so  getan  495. 
sohein  492. 
soZ  soZw  411.  söl  zur  Umschreibung 

des  Futurums  433. 
solh  327. 
soZo^e  495. 
sorge  461. 
so^te  411. 
spe  spei  96. 
sjpien  425.  spirn  354. 


sprechen  348. 

SS  207.  209. 

SS  Suffix  268. 

st'  Suffix  264. 

s*  für  ht  208. 

s*  durch  scÄ  vertreten  210. 

StammbiJdung  primäre,   secundäre 

252.  260.  —  suffixlose  248—251, 

durch  Suffixe  252—282. 
Stammform  des  ersten  Theils  der 

Composita  284. 
stän  sten  stein  stin  352.    standen 

353. 
stechen  348. 
stehen  245. 
Steigerung  der  Adjectiva  312—316, 

der  Adverbia  315,  anomale  315. 
Steigerung  der  Vocale  7. 
Sternen  348.  349. 
Sterne  sterre  214. 
sto  stv/nt  in  Zahladverbien  339. 
Störungen  des  Ablautverhältnisses 

im  Perf.  350.  354.  355. 
stouben  383. 
stunde  461. 

stunt  in  Zahladverbien  339. 
stuont  stuot  353. 
straffen  88. 
sträle  451. 
stroufen  383. 
SU  452. 

Substantivcomposition  289 — 294. 
Substantivdeclination  vergl.  Decli- 

natiou. 
süfen  117.  130. 
Suffixe  252—282;  nominale  257— 

282,  verbale  253—256. 
Suffixvocal   der   schwachen  Verba 

377.  378.  381.  384-387.  397. 
sulh  327. 
sum  sumelich  493. 
sümen  119. 
sun  (suln)  411. 
sun  (Sohn)  450. 


600 


sunder  327. 

suochen  137.  383.  386.  392. 
Superlativbildung  312.  313. 
SWS  327. 
susä  342. 
suster  50. 

Svarabhakti  11.  86.  87. 
sweder  497.  stoelch  498.  swer  496. 
swern  361. 
swester  464. 

Syncope  18.  78.  79.  80.  314.  368. 
369.  373.  451.  454. 

—  im  schwachen  Perf.   382.    384. 

386.  387. 

—  im  schwachen  Partie.  Perf.  P. 
390.  391. 

Synizesis  19. 

T. 

*  192—202.  —  *  und  d  im  Anlaut 
184. 187. 192,  im  Inlaut  185. 193. 
—  t  unverschobenes  im  Anlaut 
192. 196,  im  Inlaut  193. 196,  im 
Auslaut  194.  197.  504.  •-  gram- 
matischer Wechsel  151  —  t  und 
p  wechselnd  153. 

t  Abfall  194.  200.  369.  396.  403. 
404.  413.  —  Ausfall  193.  199. 

t  epenthetisches  193.  199.  —  epi- 
thetisches 194.  200.  369.  370. 
375.  376. 395.  403.  404.  409.  411. 

t-  Suffix  264.  265. 

ta  —  te  im  schw.  Perf.  378.  386. 

387.  402. 

tac  tage  in  Zusammensetzimgen290. 

tar  turren  415. 

tar  ter  Suffix  272.  —  Stämme  in 

-tar  declinirt  464. 
taete  2.  Sg.  Ind.  Perf.  362. 
t€eten  =  täten  362. 
td  199. 

Tempora  umschrieben  432 — 439. 
Tempusbildung    starke  -346 — 361, 

schwache  377—394. 


tete  362. 

th  195.  201.  —  th  für  ht  195. 202 

thd  tu  tth  201.  202. 

Thüringen  149. 

Tiefton  18. 

tiuf  129. 

tohter  464. 

'ton,  'tot  im  Plur.  Perf.  403. 

Tonschwächung  18,  Tonstärke  ver- 
ändert 17,  Tonversetzung  17. 

torste  415. 

'tost  (2.  Sg.  Ind.  Perf.)  402. 

touc  420. 

toufen  126. 

tougen  420. 

tr  zu  dr  187. 

tra  —  der  Suffix  272. 

trahtin  trehtin  trohtin  72.  74. 274. 

triuwe  trouwe  125.  129.  133.  461. 

trouwen  383. 

trurec  119. 

traten  119.  383. 

tsch  205. 

tschuschen  205. 

tt  193.  199. 

tagen  420. 

tuo  (1.  Sg.  Ind.  Präs.)  362.  ~  waz 
du  tuo  ebd.  (S.  379). 

tuom  in  Zusammensetzungen  290. 

tuon  362. 

turnt  183. 

turren  415. 

tüsent  337. 

tuwer  132. 

tw  und  kw  wechselnd  153. 187. 229. 

U. 

u  altes  70—75,  gebrochen  72.  74. 

u-Stämme  258. 
u  aus  0  58.  59.  63.  72.  74. 
u  gedehnt  68.  74.  —  u  aus  t^  121. 
u  verschmolzen  aus  w'e  m  50. 55. 57. 
u  aus  a  31,  aus  i  50. 
u  irrationales  84. 


601 


n  umgelautet  61.  66.  73.  75. 

t(- Klasse   der   ablautenden  Verba 

355,   der  reduplicirendQn  361. 
ü  117—122. 

ü  für  iu  130.  132.  —  für  uo  140. 
ü  diphthongisirt  zu  neuem  ou  au 

105.  106.  108.  118. 
ü  iu  ou  wechselnd  125. 
ü  gekürzt  zu  u  122. 
ü  aus  Verschmelzung  53. 
ü  umgelautet  119.  122. 
ü  für  ä  90,  für  ö  110.  114,   zu  6 

121. 
ü  Umlaut  61.  66.  73.  75. 
u  für  i  45.  55. 

Übergangsklasse  der  Verba  (a  o)  351. 
tJbertritte  aus  der  st.  in  die  schw. 

Declination  458.  460.  463. 
uch  (=  iuch)  474. 
ue  für  ü  120.  132,  für  6  114,  für 

0  65. 
ue  für  uo  137.  143. 
üe  Umlaut    138.    143.    —    für  ü 

61.  73. 
üf  117.  130.  uff  122. 
uffen  74. 

üger,  üher  =  wwer  iuwer  480. 
ui  für  iu  132.  —  für  uo  137. 143. 

—  für  u  120.  132,  für  6  114, 
für  i  50. 

um  ume  (Dativ)  476. 

um  =  ung  Suffix  182. 

Umlaut  9.  21.  27.  28.  —  Umlaut 
unterscheidend  für  Adjectiv  und 
Adverb  318  —  Umlaut  in  der 
Declination  der  Masc.  446.  449 

—  in  der  Ablautklasse  a  6  der 
Verba  351  —  in  der  2.  Sg.  Ind. 
Perf.  358.  368  —  in  den  schw. 
Zeitworten  382.  383  —  im  Ind. 
des  schw.  Perf.  381.  384.  388, 
im  Conjunctiv  383.  388  —  im 
schwachen  Partie.  Perf.  P.  890 
—392. 

Wein  hold,  mittelhochd.  Gramm.  2. 


Umschreibung  des  Verbalgenus  428 

— 431,    der   Tempusformen  432 

-439. 
un  unen  (Acc.  Sg.)  476.    (Dat.  PL) 

479. 
un  Präfix  294.  299. 
un  auf  in  gereimt  50. 
unc  Suffix  277. 
unde  327. 
ünde  451.  461. 
unge  Suffix  277.  —  Declination  der 

Femin.  in  unge  461. 
uns  unsis  (Dat.)  472,    uns  unsiJi 

(Acc.)  472. 
unse  unser  (Possessivpron.)  480. 
unt  Präfix  84,  Suffix  84. 
unte  (bis)  334. 
unz  334. 

uo  Steigerungsdiphthong  137 — 144 
''  —  umgelautet  138. 143.  — -  mono- 

phthongisirt  zu   ü  oder  ö  140 

—142. 
uo  für  ü  117.  120,   für  u  59.  71. 

—  für  6  114,  für  o  59.  64. 
uo  Präfix  294.  299. 
uoben  138.  383.  392. 
ur  Präfix  294.  299. 
ur  (Gen.  Dat.  Sg.)  477  —  (Gen.  PI.) 

479  —  (Possessivpron.)  481. 
ür  ==  üwer  iuujer  (Gen.  PI.)  474. 

(Possessivpron.)  480. 
Uwe  üwer  (Possessivpron.)  480. 
Uwe  :  ouwe  133. 

T,  vgl.  F. 

V  und  f  in  der  Schrift  wechselnd 
172.  —  vzxLf  geschärft  173. 174. 
175.  177.  —  17  für  /•  (pf)  173  — 
V  (f)  als  w  geschrieben  174. 

V  =  6ä  176  —  r  im  Verhältnis 
zu  5  160.  162.  173. 

vähen  357. 

van  von  23,  30.  333. 

vater  464. 

Aufl.  39 


602 


vehte  461. 

vehten  349. 

f)en  =  van  vdhen  33. 

ver  vor  vür  Präfix  79.  292.  303. 

ver  für  vür  78. 

ver  vor  Verstümmelung  von  vrou 
78.  80.  83. 

Verba  starke  345—361,  schwache 
255.  377-392. 

Verbaladverbia  326.  342. 

Verbalsuffixe  253—256.  Verbal- 
zusammensetzung 300 — 304. 

Verbum  vgl.  Konjugation. 

verglichen  425. 

Vemer  7.  149.  151. 

vernunst  153. 

verre  214. 

Verschmelzung  19.  24.  25.  33.  43. 
52.  53.  57.  69. 

versihen  425. 

veste  vesten  vestin  462. 

veunf  73. 

vf  X76. 

vtant  26.  37.  465.    vtnt  vint  107. 

wmf  336. 

vmster  vinsterin  462. 

virebü  87. 

vlegen  »  i7Ze^en  221. 

vlehten  349. 

vUehen  355. 

Vo«ale,  allgemeine  Erscheinungen 
5—19. 

Vocalgewicht  verändert  12 — 16. 

Vocaleinschiebung  11. 

Vocalspaltung  (a  :  e  o)  7. 

Vocalzerdehnung  35.  36. 

Vocativ  511.  517. 

voget  :  voit  vout  faut  69, 

voUe  in  Zusammensetzung  300. 

voUer  515. 

vor  vür  292. 

vor  =  ver  Präfix  83. 

vor  =  vrou  83. 

vorehil  =  t?re6i?  vrevel  87. 


«orÄ*«  461. 

Vorlehnung  19. 

vout  =  w^ct  69. 

vreischen  360. 

vn'de  459. 

vrttm*  465   vgl.  friunt 

vrou  vrouwe  78.  80.  83.  460. 

vroude  126. 

vugir  vügr  132.  224. 

vürhten  426. 

m;  178—181.  —  anlautendes  hw  zu 
w  178,  wr  ZM  r  178.  213,  md. 
wr  bewahrt  180.  —  wiüxv  174. 
176,  für  h  181,  für  g  181.  221, 
für  j  240  —  w  zu  ^r  224. 

w  zu  5  159-162.  178  —  w  wech- 
selnd mit  m  178.  183. 

w  ausfallend  178.  181. 

w  zerdehnend  181. 

w  suffigirt  179—181.  261. 

•UJO-Stämme  447.  455.  wd-SiSjoame 
451. 

wä  332. 

toac^  Interj.  341. 

wäge  461. 

«;a^^eZ  178. 

walten  425. 

waw  (Adv.  CJonj.)  319. 

wan  wanne  wände  332. 

wan  Inteij.  342. 

wan  gekürzt  aus  waMe  (bis)  334 

wan  =  rrurn  178. 

^ande  tcanne  wan  332. 

K^opne  tr^en  326. 

wange  463. 

tränke  ii^enfe  334. 

wänu  342. 

war  332. 

trar&e  warp  in  Zahladv.  339. 

was  365.    wasen  (3.  PL  Pf.)  365. 

wase  =  6asc  180,  ^^wrase,  rase 
178. 


603 


wat  197.  489.   waz  489. 

we  wei  wie  (Interrogat.)  489. 

we  (Interjection)  342. 

wech  (Interject.)  341. 

Wechsel   grammatischer  151.  152. 

Wechsel  der  Explosiven  153,  der 
Fricativen  153,  der  Labialen  153, 
von  j  h  w  153. 

weder  490.  497. 

wegen  335. 

wegen  351. 

weide  in  Zahladverbien  339. 

weinen  178. 

weiz  418.  weizgotf  wizze  Christ  826. 

weihen  427. 

weih  welich  490. 

wellen  woUen  421,  zur  Umschrei- 
bung des  Futurums  434. 

wein  427. 

weit  =  werlt  213. 

weite  423. 

wenc  91. 

wer  Interrogativ  489.  wer  «=«  swer 
496. 

wer  =  trtr  472. 

werbe  in  Zahladverb.  339. 

u;er(2en  zur  Umschreibung  des  Fu- 
turums 435. 

weregot  326. 

werl%nts=Bwerlt2\Q,  wemt=werlt, 
wemklich  wernUich  Adj.  218. 

wert  =  werlt  211. 

1(769  332. 

wesen  363. 

tresse  1(769^6  419. 

toi  =  tnV  472. 

toi  Interject.  341.  Interrogat.  489. 

wichen  425. 

tcie  wei  =  tre,  wer  489. 

wie  Adv.  489. 

wielich  490. 

m^an^  465. 

iri^e  494. 

wü  wilt  421.   toi/?^  422. 


wüch  490. 

t(7tn6  t(7m  42. 

ioisse  wiste  418. 

tiTit«  Instrumentalis  489. 

wizzen  418. 

t(7oZc^  wolte  423. 

t(7oZZm  421.   tooZe  (2.  Sg.)  421. 

irorÄfe  386. 

Wortbiegung  343—525. 

Wortbüdung  247-342. 

Wortstämme  247. 

Wortzusammensetzung  283 — 307. 

woste  wüste  419. 

wr  im  Anlaut  178.  180.  213. 

wundem  306. 

wuofen  359. 

wurken  386.  426. 

Wurzeln  247. 

Wurzelvocal  verändert  250.  251. 

wüst  Partie.  419.  wüste  Perf.  419. 

Z. 

;?  203—205.  —  Spaltung  in  z  und  s 
204.  ;?  und  s  gereimt  204.  205. 
z  in  8  gewandelt  205.  —  z  syn- 
copirt  und  apocopirt  204.  205.  — 
z  für  k  203. 

Z'  Suffix  256.  266. 

zä  Inteijection  341. 

Zahladjectiva  340. 

Zahladverbia  339. 

Zahlworte  336—340. 

zant  450. 

'Zec  'Zuc  337.  -zigeste  338. 

zehenhunt  337.   zehenzic  337. 

Zeitformen  vgl.  Tempora. 

Zeitworte  vgl.  Verbum. 

zemen  348. 

zer  'Ze  Präfix  294.  299.  303. 

Zerdehnungsvocale  33.  35—37.  92. 

zeter  342. 

zewcere  89. 

zouh  355. 

£ru,  ;e:ur  Präfix  294.  299.  303. 


604 


zu  Inteijection  341. 
züber  57. 

Zungenconsonanten  184—219. 
Zusammenrückang  300.  306. 
Zusammensetzang  der  Worte  283 

—307. 
Zusammensetziuig  verstärkende  284. 


Zusammenziehung  19.  24.  25.  38. 

43.  52.  53.  69. 
zusehen  zwischen  55.  57.  335. 
zwei  zwene  zwuo  336. 
ztoir  zms  339. 
Zwischenzahlen  337.  338. 


Verbesserungen, 

Durch  ein  unliebsames  Versehen  in  der  Bezifferung  der  Paragraphen 
des  Manuscriptes,  welches  erst  während  des  Druckes  bemerkt  ward,  ist 
eine  Eeihe  von  Citaten  in  der  ersten  Hälfte  des  vorliegenden  Buches- 
nicht  richtig.    Man  bittet  folgende  Verbesserungen  auszuführen: 

S.  22,    Z.    4  V.  u.  §  499  1.  503. 


» 


>> 


» 


5> 


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>» 


» 


>» 


>> 


>> 


23, 

,,  9 

V. 

0. 

§  458  1.  462. 

29, 

„  17 

V. 

0. 

§  384  1.  388. 

34, 

»  1 

V. 

u. 

§  390  1.  394. 

94, 

,,  4 

V. 

0. 

§  356  1.  360. 

95, 

„  10 

V. 

0. 

§§  348.  353.  358  1 

.  352.  357.  362. 

108, 

„  4 

V. 

0. 

§  351  1.  355. 

133, 

,,  13 

V. 

u. 

§  260  1.  263.  266. 

)) 

,,  12 

V. 

u. 

§  377  1.  381. 

») 

„  10 

V. 

u. 

§  309  1.  313. 

134, 

,,  4 

V. 

u. 

§  377  1.  381. 

148, 

»  6 

V. 

u. 

§  213  1.  214. 

149, 

„  16 

V. 

u. 

§  233  1.  235. 

150, 

,,  6 

V. 

0. 

§  215.  217  1.  218. 

219. 

)) 

,,  9 

V. 

0. 

§  215.  218  1.  218. 

183. 

j> 

„  5 

V. 

u. 

§  227  1.  229. 

170, 

„  15 

V. 

u. 

§  234.  241  1.  233. 

236.  243. 

178, 

,,  6 

V. 

u. 

§  215  1.  216. 

180, 

„  3 

V. 

0. 

§  218  1.  219. 

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,,  7 

V. 

0. 

§  468  1.  472. 

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,,  1 

V. 

u. 

§  219  1.  220. 

203, 

,,  14 

V. 

0. 

§  242  1.  241. 

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