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Full text of "Mittheilungen des Historischen Vereines für Steiermark"

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MITTHEILUiNGEN 


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DES 


fflSTORISCHEN  VEREINES 


FÜR 


STEIERMARK. 


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HER.\  US  GEGEBEN 

VON  DESSEN  AUSSCHÜSSE. 


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2s:3::"vi.  heft. 


Graz,  1878. 
Im  Selbstverlage. 


In  Commission  der  k.  k.  Universitats-Biichhandlung 

Leuschner  &  Lubensky. 


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MITTHEILUNGEN 


DES 


HISTOBISCIM  VEKEDTES 


rÜH 


STEIERMARK. 


HERAÜSGEOEBEN 

VON  DESSEN  AUSSCHUSSE. 


^"VI-   HEFT. 


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Graz^  1878. 
Im  Selbstverlaga 


In  CommiBsion  der  k.  k.  IJiiiTenitAts-BacIiIiandlnng 

Leuschner  &  Lubensky. 


THE  NEW  \Q?X 

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ASTÖB.  LENOX  ANO 
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Drnekcr«!  I.«7liaiii<Jtt««flilli«l  I»  Oras. 


Inlialt. 


A.  Yereins-Angel^enheiteii. 

Geschäfts -üebersicht. 

Bmiim 

Oxmak  des  Yeremes m 

Ans  den  Beriditen  der  P.  T.  Befeirks-Gorrespondenten  .  XI 

TeHndoimgeii  im  Personalstande  des  Vereines XIX 

üebersiclit  Aber  die  EmpfiUige  und  Ausgaben XX 

Sammlungen: 

A.  Für  die  Bibliothek XXn 

B.  FQr  das  ArchiT XXX 

C.  Für  die  Knnst-  nnd  Alterthums-Sammlong    .    .    .    XXXI 

B.  Abhandlangen. 

Jnham  Bitter  Ton  Kalchberg.  Ein  Beitrag  cur  Literatorgeschichte 

des  achtsebnten  Jahrhunderts,  von  Dr.  A.  Schlossar  ...        3 

Die  „BeligioDshandlung^  zu  Leoben  1676,  von  Dr.  R.  Peinlich .     .      68 

Rupradit  TOD  Eggenberg.  Ein  Osterr.  Heerfahrer  des  16.  Jahrhunderts, 

Ton  Dr.  Hans  y.  Zwiedineck-Sfidenhorst 79 

€.  Gedenkbncli. 

Dr.  Georg   G6th.    Eine   biographische   Skizse,   von  K.  G.  Bitter 

T.  Leitner 67 


««■  Mm.  yor«lM«  f.  SUicmark.  ZZVI.  Haft,  18T8 


Register. 


Di«  B«il«nanffab«n  nlt  rSmlaehaa  lahlmi  beaeiohattm  die  det  AdiBliiialr»tlTb«riehtei. 


Anersperg  Andree  t.,  Relation  108. 

B. 

Barbara  v.  Cilli,  Vortrag  über  in. 

Basta,  General  188. 

St  Beaedlcten,  Kirche  auXÜ^XYIIL 

Btochofreld  XYm. 

Besichtigang  angeblicher  Wohn- 
Btätten  und  Fundorte  ältester 
Zeit  in  der  N&he  von  Graz,  Vor- 
trag Ober  in,  IV,  V. 

BocsUy  Stefan  189. 

Bresner  Gottfried,  Freiherr,  Rela- 
tion 131. 

Bnunfeld  bei  Liezen  XIV,  XV. 

Barkhardt  Karl,  Sparcassa-CaBsier, 
Wahl  zum  Rechnungsrevidenten 
IX 

c. 

Cablaetto  della  Minenra  in  Triest, 
Schriftentansch  mit  demselben  m. 
Carl,  Erzherzog  87. 
Gassabericht  XX. 
Cobenzl,  Hofkanzler  63. 
Comiti  der  8.  Wanderversammlung 

D. 

Dobreng,  Schloss  XVI. 
Donersperger  M.,  Btbrger  von  Leoben 

71. 

E. 

Eggenberg,  Hans  Ulrich  148. 

Egcenberg,  Ruprecht  von,  Abhand- 
lung über  79. 

Eggenberg,  Ruprecht  von,  sein  Te- 
stament 151. 

Eggenberg,  Wolf  von,  153  uff. 

E^enberger,  Stammtafel  der,  BeiL  2. 

Eibeswald  149. 

Ernst,  Erzherzog  96  uff. 

Ernst,  Erzherzog,  Schreiben  101. 

Ernst,  Erzherzog,  Schreiben  118. 


F. 

Ferdinand,  Erzherzog  125. 

Ferdinand,  Erzherzog,  Schreiben 
136. 

Ferk,  Prof.  Franz,  Mitglied  und 
Schriftführer  des  Comit^'s  der 
2.  Wandervers.  IV,  V.  —  Vortrag 
über  Besichtigung  angeblicher 
Wohnstätten  und  Fundorte  äl- 
tester ZeH  III,  IV,  V. 

Frank  Christ.,  P&rrer  72. 

Függer,  Bankhaus  85. 

6. 

fiablhoyer  Michael,  Ralhsherr  von 

Leoben  69. 
Gärtner  Wolf,  Hammerwerksbesitzer 

72. 
fierdiliger  Kasp.,    Rathsherr  von 

Leoben  70. 
Iierreich  Tiburtius  7i. 
Gleispach  149. 
Gloyach  149. 
Gradisa,  Weingebirgshfigel  bei  St. 

Kunigund  XV. 
Grasswein  Ste&n,  v.  in. 
Grans  Joh.,   Conservator,   Austritt 

aus  dem  AusschussIX;  Mitglied 

des  Gomit^'s  der  Wandervers.  IV. 
Greif  Sigm.,  Pfurer  in  Leoben  60. 
Goggler  Leonhard,  Rathsherr  von 

Leoben  70. 

H. 

Hanner  Hermann,   RathsbUrger  in 

Leoben  64,  70. 
HasUnger  Wolf  in  Leoben  69. 
Herberstein  Sigmund,  Freiherr  125. 
Herberstein    Sigmund     Friedrich, 

168. 
Hess  Gregor,  Schulmeister  in  Leoben 

76. 

J. 

Johann,  Erzherzog  12  ff. 


brl,  Erzherzog  61  q.  0. 

Iikblwrg    Joii.,    Ritter  v.,    Ablu 

tiber—  von  Dr.  A.  ScUossar  8. 
Inin  JoIl,  Berichte  als  Besirla- 

GocRspondeDt  XI  ff. 
Imes  Dr.  Franz,   Prof.  Vortrag 

OberBttimra  T.  Cflüin.  ~  Wahl 

zom  Ansachnsfl  IX. 

L. 

LaskiiBh  149. 
iMJei^BdigiooBfaandlaDgzu,  1576. 

lotxflidirfer  Aodr.  71. 


lir^  SL  bei  Knittelfeld  XI. 
littMy  StadtprSdkant  von  Leoben 

61. 

Iithias,  Erzhersog  133. 
■ix,  Erzherzog  128. 
lijer  Dr.  Franz,  Prof.,  Wiederwahl 
nm  Sehriftf.  IX. 

Btteaberger  Wol^  Rathsherr  ?on 
Leoben  70. 

N. 

ituarkt  XIL 

httbiuer  Willibald  145. 

P. 

hjthi«  Wühehn,   Eathsherr  von 
uohen  65. 

Hnai,  Prinz  T.,  Alezander  Famese 
b4  off. 

hnJkh,  Dr.  Bichard,  k.  k.  Regie- 

nmgirath,    Obmannstellvertreter 

«t  Comit^'g  der  3.  Wanderver- 

Rttunlmigiy.  Abhandlung:  Die 

.ReHgionahandlnng«   zu  Leoben 
1576,  68. 

[tttkreaze  xn. 

Jitli^Jt  126. 

'•*k64er  Job.,  Pfiirrer  in  Leoben 

6t 

'•!■«  ICehael,   Goldschmied  in 

uoben  71. 
Jjeoer  Adam  148. 
™»«r  Hans  149. 


Pgdileltner  Hieron.,  Mauthner  in 

Leoben  72. 
Poduier  Georg,  Rathsherr  70. 
Pnsterwaldgrabsn  XIII. 

B. 

Raggnitz  Moriz,  t.  148. 
Rtggnitz  Gall.  v.  149. 
Raggnitz  Franz,  Freiherr  168. 
Redem  Melchior,  Freiherr  101. 
Redem  Melchior,  Freiherr  101,  Re- 
lation i08. 

ReligionshaiidlnBg,  die  —  zu  Leo- 
ben 1576.  Abhandlung  von  Dr. 
R.  Peinlieh  58. 

Rettsberger  Erasm.,  RathsmitgUed 
von  Leoben  69. 

Riser  Barthhnä,  Prftdicant  in  Leoben 
61. 

Royko  Caspar  8. 

Ruswormb,  Feldmarschall  189. 

8. 

Sander  Therese  10. 
Schaombarg  Georg,  Graf  82. 
Schenkble  Franz,  Pr&dicant  in  Le- 
oben 61. 

Schleiflbr  Wolf  in  Leoben  71. 
Schlossar,  Dr.  A.,  Abhandlung  Ober 

Job.  R.  V.  Kalchberg  8. 
Schmeltxer  Matthäus,  Stadtrichter 

von  Leoben  69. 

Schneider  Hans,  Bürger  von  Leoben 
60. 

Schrotter  Ignaz,  k.  k.  Bezirksschul- 
Inspector,  Wahl  zum  Rechnungs« 
revidenten  IX 

Seckan,  Pfarrkirche  zu  XL 

Seminar,  das  archäol.-epigraph.  der 
k.  k.  üniversitÄt  zu  Wien,  Schrif- 
tentausch mit  demselben  lU. 

Sissek,  Schlacht  bei  108. 

Spitt  Kaspar  in  Leoben  69. 

Speglia  Oswald,  Prädicant  in  Leoben 
68. 

Spork  Eugen,  Redacteur,  Antrag  auf 
ausserordentliche  Vorträge  V.  — 
Erster  dieser  Vorträge:  üeber 
Burgen  und  Burgenbauverhält- 
nisse  in  Steiermark  VI. 

Stabenberg  Wolf,  v.  66. 

Salz,  Graf  Ludwig  141. 


T. 

T&ntter    Fabian,    Rathsherr    von 

Leoben  69. 
Tenfanbacb,  Gefecht  bei  XII. 
Traboch  78. 
Tfirkensasen  XI  ff. 

V. 

ViscUnger  Hieron.,  Rathsherr  von 
Leoben  70. 

Vorträge:  von  Dr.  Fr.  Krones,  über 
Barbara  von  Cilli  lU;  —  von 
Prof.  Fr.  Feric»  ttber  eine  Besich- 
tigung alterthfimlicher  Wohn- 
Btätten  und  Fundorte  ältester  Zeit 
in  der  Nähe  von  Graz  ni,  IV,  V; 
—  von  £.  Spork,  Ober  Burgen 
und  Burgenbau -Verhältnisse  in 
Steiermark;  —  von  Dr.  Hans 
V.  Zwiedineck-Sttdenhorst,  ttber 
den  Erbhuldigungs- Landtag  von 
1564. 


w. 

Wagen  149. 

Wagen  Hans  Sigmund,  Freiherr  1  63 

Waadenrersammliuig  des  bist  Ver 

eines  ev.  Ükr  1878  IV. 
Warte,  römische,  bei  St  Ennigunc 

XV,  XVI. 
Wasserberg,  Schloss  XI. 
Wilferstor^  Hauptmann  148. 
Windischgräx  Christof  Freiherr  148 
Wolfjsang  8t,  Kuxhe  zu  XVn. 

Z. 

lahn  Jose^  v.,  Prof.,  Obmann  des 
Comit6's  der  Wanderversammliuig 
lY ;  Antrag,  die  Bezirkscorrespon- 
deuten  betreffend  YH. 

Z  wiedineck-Sttdenliorst  Hans,  v.,  Dr. , 
Prof.,  Mitglied  des  Oomitö's  der 
Wanderversammlung  IV;  Vortrag 
ttber  den  Erbhul^gungslandtag 
von  1564  VH;  Abhandlung  aber 
Ruprecht  von  Eggenberg  79. 


A. 


Vereins- Angelegenheiten. 


IMdL  4«»  hräC  T«reto«a  f.  Stolcraark  ZXVI.  Haft,  1878. 


Geschäfts-Uebersicht. 


Chronik  des  Vereines 

über  die  Zeit  Ton   der  23.  Vierteljahres -TerBammlung  mit  den  Rechten 
einer  Jahres -yersainmlang  am  80.  April  1877  his  zur  28.  Jahresversammlung 

am  22.  Jänner  1878. 

1.  In  der  Ausschuss-Sitzung  vom  28.  Mai  1877  nahm 
der  Aosschuss  den  ihm  angebotenen  Schriftentausch  mit  dem 
archäologisch-epigraphischen  Seminar  der  k.  k.  Universität  zu 
W  i  e  n  an  und  knüpfte  die  gleiche  Verbindung  mit  dem  Cabinetto 
della  Minerva  in  Tri  est  an. 

2.  In  der  Sitzung  vom  1 1 .  Juni  referirte  Herr  Professor 
J.  V.  Z  a  h  n  über  einen  von  ihm  und  den  Herren  Professoren 
Fz.  Ferk  und  Fz.  Mayer  unternommenen  Ausflug  behufs 
Besichtigung  alterthümlicher  Wohnstätten  und  Fundorte  bei 
Peggau.  Der  Ausschuss  genehmigte,  dass  Herr  Prof.  Ferk 
aber  diese  Besichtigung  und  deren  Besultate  in  der  nächsten 
Versammlung  einen  Vortrag  halte. 

S.  Die  24.  Vierteljahrs- Versammlung  fand  am  4.  Juli  1877 
im  Gebäude  der  Landes-Oberrealschule,  6  Uhr  Abends  statt 
Der  Bector  maguificus  der  k.  k.  Grazer  Universität,  Herr  Prof. 
Dr.  Franz  Krones,  hielt  einen  Vortrag  „Über  Barbara  von 
coli',  der  mehr  als  eine  Stunde  in  Anspruch  nahm  und  mit 
grossem  Beifall  ausgezeichnet  wurde. 

Der  Vortragende  entwickelte  zunächst  den  Begriff  der  soge- 

A* 


—  IV  — 

nannten  ^problematischen"*  Naturen  in  der  Geschichte,    gab 
sodann  eine  Skizze  der  Entwicklung  des  Hauses  der  Cillier  Grafen, 
mit  besonderer  Rücksicht  auf  den  eigentlichen  Begründer  seines 
Machtaufschwunges,  Altgrafen  Hermann  n.,  um  dann    auf 
die  Verlobung  und  Vermälung  Barbara's  mit  K  Sigismund 
von  Luxemburg,  als  den  Ausgangspunkt  der  Geschiebte 
dieser  Gillierin  zu  übergehen  und  aus  dem  Charakter  beider 
Gatten  die  Conflicte  ihres  ehelichen  Lebens  zu  erklären.  Das 
Verhalten  Barbara's  zu  der  Familientragödie  im  Hause  der 
Cillier,  welche  die  Ermordung  der  Gattin  ihres  Bruders  Grafen 
Friedrich  n.  zum  Ausgangspunkte  hat;  B a r b a r a^s  Ränke 
gegen  den  Erbfolgeplan  E.  Sigmunds,  ihre  Gefangenschaft, 
ihr  späteres  Witwenleben  unter  den  hussitischen  Böhmen,  dessen 
Freigeisterei  und  Sittenlosigkeit  Aeneas  Sylvius  in  den  grellsten 
Farben  schildert,  die  Motive  dieser  Schilderung  und  das  That- 
sächliche  daran,  mit  Rücksicht  auf  die  gesellschaftlichen  Ideen 
jener  Zeit,  bildeten  die  Hauptpunkte  des  Vortrages. 

Der  zweite  der  angekündigten  Vorträge,  den  Herr  Prof. 
Franz  F  e  r  k  ȟber  eine  vorgenommene  Besichtigung  angeblicher 
Wohnstätten  und  Fundorte  ältester  Zeit  in  der  Nähe  von  Graz  ** 
halten  sollte,  wurde  wegen  der  bereits  stark  vorgerückten  Zeit 
für  die  nächste  Versammlung  verschoben. 

4.  In  der  Sitzung  vom  9.  October  brachte,  nachdem  eine 
Reihe  geschäftlicher  Angelegenheiten  erledigt  worden,  Herr  Prof. 
J.  V.  Zahn  die  Frage  in  Anregung,  ob  es  nicht  zweckdienlich 
wäre,  im  kommenden  Jahre  wieder  eine  Wanderversammlung 
zu  veranstalten.  Der  Ausschuss  beschloss  auf  den  Antrag  Herrn 
Dr.  F.  1 1  w  0  f  8  ein  Comit^  zu  wählen,  welches  die  Frage,  ob 
im  Jahre  1878  eine  Wanderversamralung  zu  veranstalten  wäre 
und  unter  welchen  Modalitäten  sie  etwa  stattzufinden  hätte,  in 
Erwägung  ziehen  sollte.  In  dieses  Comit^  wurden  gewählt  die 
P.  T.  Herren :  Prof.  Franz  F  e  r  k ,  Conservator  Joh.  Graus, 
Regierungsrath  Dr.  Rieh.  Peinlich,  Prof.  J.  v.  Zahn  und 
Prof.  Dr.  H.  v.  Zwiedineck-Südenhorst  Sänuntiiche 
Herren  nahmen  die  Wahl  an  und  wählten  Herrn  Prof.  J.  v. 
Zahn  zum  Obmann,  Herrn  Regierungsrath  Dr.  Peinlich 


—  V  — 

zum  Obmann-Stellvertreter  und  Herrn  Prof.  F  erk  zum  Schrift- 
führer. 

5.  Die  25.  Yierteljahrs-Versammlung  wurde  am  Montag 
den  29.  October  im  gewöhnlichen  Locale  abgehalten  Herr 
Prof.  Franz  Ferk  hielt  einen  Vortrag  über  alterthümliche 
Wohnstätten  und  Fundorte  in  der  Nähe  von  Graz,  der  auch 
durch  zwei  grosse  Abbildurigen  der  betreffenden  OerÜichkeiten 
imterstiltzt  wurde.  Der  Vortrag  wurde  später  in  der  „Tagespost" 
veröffentlicht  Auf  die  Frage  um  etwaige  Anträge  oder  Wünsche 
der  Vereinsmitglieder  ersuchte  Herr  Redacteur  Eugen  S  p  o  r  k 
am  das  Wort.  Er  führte  aus,  dass  in  den  Vereinsversammlungen 
tias  Interesse  des  Publikums,  so  wichtig  auch  Geschäfts-  und 
Cassabericbt  seien,  doch  den  Vorträgen  sich  zuwende;  er 
spreche  daher  den  Wunsch  aus,  es  möchte  der  Ausschuss  in 
jedem  der  Wintermonate  eine  ausserordentliche  Versammlung 
veranstalten,  in  welcher  vom  Geschäfts-  und  Gassabericht  ab- 
zusehen und  nur  ein  Vortrag  zu  halten  wäre. 

An  der  Debatte  über  diese  Angelegenheit,  die  sich  sehr 
lebhaft  gestaltete,  betheiligten  sich  die  Herren  Professoren 
Arnold  v.  Luschin,  H.  v.  Zwiedineck,  Ignaz  Bider- 
m  an  n  und  Redacteur  Eugen  S  p  o  r  k.  Der  Wunsch  des  Letzteren 
war  übrigens  in  der  Debatte  zu  einem  Antrage  formulirt  worden, 
der  von  der  Versammlung  mit  allen  gegen  eine  Stimme  an- 
genommen wurde. 

6.  Zu  einer  weiteren  Besprechung  über  die  Durchführung 
dieses  Beschlusses  lud  der  Ausschuss  für  den  9.  November 
die  Herren  Redacteur  E.  S  p  o  r  k ,  die  Professoren  v.  L  u  s  c  h  i  n 
und  von  Zwiedineck  ein.  Auf  Grund  dieser  Besprechung 
beschloss  der  Ausschuss  in  seiner  Sitzung  vom  7.  December 
die  Abhaltung  von  drei  ausserordentlichen  Vorträgen  im  De- 
cember, Februar  und  März.  Auch  beschloss  der  Ausschuss, 
die  Frage,  ob  im  kommenden  Winter  Cyclen  von  solchen 
ausserordentlichen  Vorträgen  gegen  Entgelt  zu  veranstalten 
wären,  in  nähere  Berathung  zu  ziehen.  Für  die  Vorträge  im 
Winter  1877/78  wurden  die  Herren  E.  Spork,  Dr.  Rieh. 
Peinlich  und  Dr.  Arnold  v.  Luschin  gewonnen. 


-     VI  - 

7.  Am  17.  December  wurde  dann  der  erste  dieser  ausser- 
ordentlichen Vorträge  gehalten.  Herr  Redacteur  E.  Spork 
sprach  „über  Burgen  und  Burgenbau- Verhältnisse  in  Steier- 
mark*'   Der  Vortrag  berührte  das  Vorkommen  alter  Burgen 
in  der  Carolinger  Zeit,  das  Entstehen  der  meisten  Burgbauten 
verschluss  des  11.  bis  im  13.  Jahrhunderte.  Erwähnung  der 
Georgenberger  Handveste,  in  welcher  Werth  auf  „Munitiones** 
gelegt  wird,  und  des  Landfriedens  von  1276,  welcher  auf  die 
räumliche  Vertheilung  der  Burgen  Einj9uss  nahm.  Römische 
Befestigungsreste  gaben  die  Grundzüge  für  Burgen.  Holzburgen 
mit  Graben  und  Verhauen.  Thürme.  Steinbauten-Gharakter  im 
11.  Jahrhundert.  Andeutungen,  wie  man  sich  in  Ruinen  zu 
Orientiren  habe,  um  den  alten  Bauplan  zu  errathea  (Hinweis 
auf  L  e  0,  V.  S  c  h  e  i  g  e  r ,  V.  L  e  b  e  r.)  Hofburgen,  Wasserburgen, 
Burgstall.  Haupttheile  eines  Burgbaues.  Zingeln,  Graben,  Burg- 
hof, Viehhof,  Brücken,  Pforten,  Palas,  Bergfrit,  Gadem.  Unter- 
schied zwischen  Palas  und  Saal,  Kemenaten.  Sonderbare  Thurm- 
formen.  Pladrung  der  Küche  in  verschiedenen  Zeiten ;  Nachweis, 
dass  in  den  ältesten  Burgen  die  Küche  ebenerdig  war.   Die 
Baumeister  blieben  fast  immer  unbekannt.  Felsen-Kammern, 
Felsengräben.  Bruchstein-    und  Quaderbau.     Tonnengewölbe. 
Einbettung  des  Quaderbaues  in  den  Grundfelsen.  Eigenthüm- 
lichkeiten  italienischer  Steinarbeiten.  lieber  Burgbrunnen  und 
Cisternen.  Wehrgänge ;  Schiess-Scharten  und  Pechnasen  (beide 
vereint  in  Krems).  Verliesse.  Unterirdische  Gänge;   was  über 
solche,  sowie  über  grosse  Rittersäle  und  Turnierplätze  gefabelt 
wird.  Beschreibung  von  mehreren  bekannten  Burgruinen,  wie 
Gösting,  Thal,  Krems,  Ligist,  D.-Landsberg,  Kapfenberg,  Rein, 
Pfannberg,  Eppenstein,  Liechtenstein,  Pemeck,  Stadeck,  Peggau, 
dann  der  noch   erhaltenen  Burgen  und  Schlösser  Hainfeld, 
Komberg,  Gleichenberg,   Rabenstein,  Holleneck,  Greisseneck, 
Plankenwart  etc.  Ueber  den  Bau  der  Wehrburg  Schachenstein. 
Burgbenennungen.   Wie  Burgen  zu  Grunde  giengen.  Brechen 
der  Burg.  Stürme,  Brand,  Verlassenwerden.  Rapider  Verfall 
der  Burgen  seit  200  Jahren. 

Zum  Schlüsse  wurde  dem  Bedauern  Ausdruck  gegeben. 


-  VII  — 

dass  so  viele  Adelsfamilien  ihre  Stammsitze  verfallen  lassen, 
selbst  solche,  die  auf  leicht  zugänglichen  Höhen  liegen  und  mit 
geringen  Kosten  erhalten  werden  könnten.  Schliesslich  sei  be- 
merkt)  dass  der  Vortragende  nur  Burgen  und  Ruinen  schilderte, 
die  er  selbst  zu  sehen  und  zu  untersuchen  in  der  Lage  war. 
8.  In  der  Sitzung  vom  3.  Jänner  1878  berührte  Herr 
Pro£  J.  V.  Zahn  den  Umstand,  dass  manche  der  Bezirks- 
coirespondenten,  die  nicht  zugleich  Veremsmitglieder  sind  und 
wddie  die  Vereinspublicationen  gegen  die  Verpflichtung  be- 
dehai,  mindestens  alle  zwd  Jahre  einen  Bericht  über  Vor- 
kommnisse in  ihrem  Bezirke  zu  erstatten,  solche  Berichte  nicht 
einsenden.  Der  Verein  habe  also  von  solchen  Correspondenten 
ftlr  seine  Publicationen  keine  Gegenleistung,  wesshalb  er  den 
Antrag  stelle,  der  Ausschuss  möge  diese  Sache  in  der  nächsten 
allgemeinen  Versammlung  vorbringen  und  diese  zu  folgendem 
Besddnsse  zu  bestimmen  suchen: 

j,  Jeder  Bezirkscorrespondent,  der  nicht  zugleich  ordent- 
Kdies  Mitglied  des  Vereines  ist  und  der  nicht  binnen  je  zwei 
Jahren  einen  Bericht  über  seine  Thätigkeit  sendet,  welcher 
Bericht  aber  auch  blos  die  Mittheilung  enthalten  kann, 
dass  dem  Bezirkscorrespondenten  im  Laufe  von  zwei  Jahren 
nichts  Erwähnenswerthes  vorgekommen,  hört  eo  ipso  auf, 
Bezirkscorrespondent  zu  sein.** 

9.  Diesen  Antrag  brachte  der  Ausschuss  der  SO.  allge- 
meinen Versammlung,  die  am  22.  Jänner  1878  abgehalten 
wurde,  vor  und  die  Versammlung  genehmigte  denselben  ein- 
stimmig. Vor  dieser  Absinmiung  hielt  Herr  Prof.  Dr.  H.  v. 
Zwiedineck-Südenhorst  einen  Vortrag  „überdenErb- 
huldigungslandtag  von  1564,  ein  Beitrag  zur  Verfassungsge- 
scfaichte  der  Steiermark''. 

Der  Vortragende  hob  Eingangs  hervor,  dass  die  deutschen 
Erbländer  und  unter  ihnen  auch  Steiermark  in  früheren  Jahrhun- 
derten ein  sehr  entwickeltes  Verfassungsleben  aufweisen  können 
und  dass  die  Geschichte  desselben  den  Beweis  liefere,  mit 
welchem  Ernste  und  welcher  Charakterstärke  die  Rechte  des 
Landes  von  dessen  berufenen  Vertretern  gewahrt  worden  seien. 


--   VIII  - 

Bei  Gelegenheit  der  Erbhuldigung,  welche  der  März-Landtag 
von  1564  über  Aufforderung  Kaiser  Ferdinand  I.  dem  Erben 
von  Innerösterreich,   Erzherzog  Karl,   leistete,   kamen    zwei 
Forderungen  der  Stände  zur  Discussion:  Die  Eidesentlassung 
der  LandesoSiciere,  welche  ohne  Rücksicht  auf  den  dem  Lan- 
desfürsten  geleisteten  Eid  an  den  Berathungen  des  Landtages 
über  die  Huldigung  sollten  theilnehmen  können,  und  die  Auf- 
stellung einer  Huldigungsformel,  welche   beiden  Confessionen 
entsprechen  würde.  In  der  ersteren  Frage  fügte  sich  der  Landtag 
dem  Machtworte  des  Kaisers,  jedoch  nicht,  ohne  durch  seinen 
Sprecher  Servatius  von  Teuffenpach  gegen  jede  Beein- 
trächtigung  der  Freiheiten   und  Gewohnheiten   des  Landes 
Verwahrung  einzulegen;  in  Bezug  auf  die  Eidesformel  beim 
Huldigungsacte  kam  man  den  Wünschen  der  protestantischen 
Ständemajorität  entgegen.  —  Die  Besprechung  der  Vorgänge 
und  Verhandlungen  von  1564  brachte  auch  eine  eingehende 
Würdigung  der  Huldigung  von  1521  mit   sich,   von  welcher 
eine  ausführliche  Schilderung  erhalten  ist.  Der  Vortragende 
schloss  mit  der  Bemerkung,  dass  die  Treue  und  Beharrlichkeit, 
mit  welcher  von   so    manchen  Mitgliedern   der  ständischen 
Vertretungskörper  schon  vor  Jahrhunderten  die  verfassungs- 
mässigen Rechte  des  Landes  verfochten  wurden,  dem  gegen- 
wärtigen  Geschlechte   als    leuchtendes  Beispiel    voi^ehalten 
werden  könne. 

Der  Bericht  des  Schriftführers  zählte  u.  a.  die  verschie- 
denen Geschenke,  als  Druckwerke,  Handschriften,  Urkunden 
etc.  auf,  die  dem  Vereine  in  grosser  Zahl  zugekommen  waren 
und  sprach  den  Herren  Geschenkgebem  nochmals  den  Dank 
öffentlich  aus. 

Aus  dem  Vereine  sind  in  diesem  Vereinsjahre  9  Mit- 
glieder ausgetreten,  dagegen  11  zugewachsen;  da  nun  aber 
der  Verein  auch  4  verstorbene  Mitglieder  zu  beklagen  hat, 
so  beträgt  die  Zahl  der  Mitglieder  355.  Ehrenmitglieder  zählt 
der  Verein  26,  correspondirende  Mitglieder  15. 

Die  Zahl  der  Bezirkscorrespondenten  beträgt  23,  die 
Zahl  der  Vereine,  mit  denen  der  historische  Verein  in  Schriften- 


—  IX  - 

taosch  steht,  190;  die  Zahl  der  Ortschronisten  51.  Hier  kann 
der  Aossehuss  neuerdings  constatiren,  dass  das  von  ihm  in's 
Leben  gerufene  Institut  der  Ortschroniken  auch  in  der  Schweiz 
Anklang  und  Nachahmung  findet  An  Herrn  S  t  e  r  c  h  i ,  Biblio- 
thekar des  histor.  Vereines  in  Bern,  wurde  auf  dessen  Wunsch 
em  Formulare  unserer  Ortschroniken  abgesendet. 

'  An  Publicationen  erschienen  im  verflossenen  Vereinsjahre 
das  25.  Heft  der  Mittheilungen  und  das  1 4.  Heft  der  Beiträge. 
Am  zweiten  Bande  des  Urkundenbuches  wird  fortwährend  ge- 
arbeitet und  ist  der  Druck  bereits  bis  zum  Bogen  28  vorge- 
schritten^ so  dass  also  die  Ausgabe  des  Werkes  in  nicht  zu 
langer  Zeit  erfolgen  kann.  Das  hohe  k.  k.  Ministerium  für 
Coltus  und  Unterricht  hat  in  Anbetracht  der  Wichtigkeit  des 
grossen  Werkes  wieder  500  fl.  zunächst  fttr  ein  Jahr  gewidmet 
and  hat  der  Ausschuss  auch  an  den  hohen  Landtag  und  die 
k.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien  das  Ansuchen  um 
eine  XJntersttttzung  des  Werkes  gerichtet 

Von  den  Berichten  der  Bezirkscorrespondenten  sind  be- 
sonders die  von  den  Herren  Karl  P  i  c  h  1  Ritter  von  G  a  m  s  e  n- 
fels  und  Lehrer  Johann  K  r  a i  n  z  in  Knittelfeld  zu  erwähnen. 
Der  Erstere  sandte  ein  Verzeichniss  von  im  Schlossarchive  zu 
Oberradkersburg  befindlichen  Urkunden ;  über  die  Berichte 
d^  Letzteren  wird  abgesondert  eine  Mittheilung  erfolgen. 

Die  aOgemeine  Versammlung  nahm  dann  auch  die  Wahl 
zweier  Ausschüsse  und  des  Schriftführers  vor,  da  die  Herren 
Prof.  Dr.  F.  Krön  es,  Conserv.  J.  Graus  und  Prof.  Dr. 
F.  Mayer  statutenmässig  zum  Austritte  aus  dem  Ausschusse 
verpflichtet  waren.  Gewählt  wurden  zu  Ausschüssen  die  Herren 
Professoren  Dr.  F.  Krones  und  H.  v.  Zwiedineck-Sü- 
denhorst  und  zum  Schriftführer  wurde  Prof.  Dr.  Franz  M. 
Mayer,  der  dies  Amt  bisher  bekleidet  hatte,  wiedergewählt. 
Als  Bechnungsrevidenten  wurden  die  Herren  Sparcasse-Cassier 
Bnrkhardt  und  Prof.  und  Bezirks  -  Schulinspector  Ignaz 
Schrotter,  welche  dieses  Amt  schon  seit  einer  geraumen 
Zeit  mit  Sachkenntniss  und  Hingebung  verwaltet  hatten,  wieder- 
gewUilt 


-  X  - 

Herr  Prof.  Franz  F  e  r  k  sprach  hierauf  den  Wunsch  aus^ 
der  historische  Verein  möchte  auch  die  Forschung  beztiglich 
der  Römerzeit  nicht  aus  dem  Auge  lassen  und  geeignete 
Kräfte  für  diese  Zeit  gewinnen.  Es  entspann  sich  darüber  eine 
längere  Debatte.  Schliesslich  sagte  der  Vorsitzende  zu,  dass 
dem  Wunsche  des  Herrn  Ferk  nach  Möglichkeit  werde  ent- 
sprochen werden. 


Aus  den  Berichten  der  P.  T.  ßezirks- 

Correspondenten. 

Der  Bezirktcorrespondent  Herr  Lehrer  Johann  Kr  ainz  sendete  drei 
Beiidite,  die  wir  nachstehend  folgen  lassen. 

L  Bericht  Tom  15.  Augast  1877 : 

1.  In  der  Pfarrkirche  £u  Seckau,  zwischen  dem  Mausolenm  Carl  II. 
ood  der  Btschoftkapelle  befindet  sich  an  der  Wand  ein  Votivbild,  welches 
wesentlich  Folgendes  versinnlicht:  Maria  schwebt  in  den  Wolken  über 
dem  Domstilte  Seckau,  im  Vordergrunde  knien  Stiftsgeistliche  und  Bewohner 
?0B  Seckaa  and  beten.  Rechts  schwebt  in  den  Lüften  ein  Schwärm  Heu- 
sdirecken,  welche  sich  hier  im  Jahre  1478  einfeinden.  Im  Hintergrunde 
links  sieht  man  das  Thal  yon  Marein,  welches  1480  von  den  Türken  heim« 
g^ocht  ward ;  man  erblickt  die  Kirche  in  Flammen  und  das  Metzeln  der 
Türken  unter  den  Bewohnern  der  Oegend.  Darunter  liest  man:  SVB- 
T7VM  PRAESIDIVM  CONFECIMVS  SANCTA  DE!  GENITRIX.  Die 
Yolkssage  erzählt,  dass  die  Türken  die  (hegend  nicht  finden  konnten,  weil 
sie  ganz  in  Nebel  eingehüllt  war.  Unter  dem  Bilde  befindet  sich  eine 
Totivinschrifk  in  Rahmen  mit  Fracturbuchstaben,  wahrscheinlich  zu  Ende 
des  16.  Jahrhunderts  geschrieben. 

2.  Im  Schlosse  Wasserberg  sollen  noch  Yor  Jahrzehnten  türkische 
Engeln  aufbewahrt  gewesen  sein,  die  aus  der  Zeit  stammten,  als  die 
T&rken  Wasserberg,  jedoch  vergeblich,  belagerten.  Diese  Kugeln  wurden 
sp&ter,  wie  so  manches  andere  historisch  Denkwürdige,  verschleppt. 

3.  In  der  Pfarrkirche  St  Marein  bei  Knittelfeld  befindet  sich  hinter 
dem  Hochaltare  eine  Inschrift  auf  einem  kleinen  Stückchen  Pergament, 
welche  lantet* 

Anno  Christi  Geburth  Alss  man  hat  Zalt 
MCGCCLXXX  an  Sand  Afran  Tag  haben 
die  Yerdamblichen  Abgöttischen  hintischen 
Türkhen  das  Jungfreiliche  Bildt  Zerhakht. 
Gott  erbarme's  1 
Mit  dieser  Inschrift  in  Verbindung  steht  ein  etwas  primitiv  gemaltes 

Oelbüd,  das  an  der  linken  Seitenwand  des  Chores  (Presbyteriums)  hängt. 

Es  stellt  dar  die  Kirche  St.  Marein  (Maria  im  Paradiese),  überragt  von 


—  XII  - 

dem  aus  dunklem  Waldgrunde  hervorhigeuden  Kirchlein  St.  Martfieii 
an  der  Friedhofmauer  lungern  einige  TQrken  hertim,  während  eine  ander 
Schaar  osmanischer  Reiter  thaleinwärts  sprengt  und  an  der  Kirchttitl« 
halten  einige  Moslems  ein  Muttergottesbild,  welches  von  einigen  TOrk. 
mit  Säbeln  zerhackt  wird.  Oberhalb  lesen  wir  die  Worte:  „Auxiliu 
Chnstianorum**.  Ueber  die  Sagen  aus  der  Türkenzeit,  welche  sich  ao  d 
hiesige  Gegend,  Knittelfeld  u.  s.  w.  knapfen,  habe  ich  bereits  im  Feuilieto 
der  „Grazer  Zeitung"  Nr.  34  anno  1876:  „TUrkenfeld  und  Blutsattel 
berichtet,  daher  ich  selbe  hier  nicht  berücksichtige. 

4.  In  der  Kirche  St.  Benedicten  (Pfarre  St.  Lorenzen)  befindet  sie 
eine  sogenannte  Pestkerze.  Die  Sage  erzählt:  Heuschrecken  hatten  di 
Saatfelder  verzehrt,  darauf  kam  der  türkische  Bluthund  in's  Land  und' 

hauste  im  Murboden  gar  schrecklich ;  er  metzelte  Menschen  undThiere  nieder.' 

I 

plünderte  Arme  und  Reiche,  verbrannte  Häuser  und  Dörfer  und  zerstörte 
die  Kirchen.  Da  entstand  eine  schwere  Hungersnoth,  dass  die  Leute 
Baumrinde  statt  des  Brotes  essen  mussten.  Die  Türken  wollten  auch  die 
Kirche  St.  Benedicten  zerstören,  konnten  sie  aber  nicht  finden,  denn  so 
oft  sie  ihr  nahten,  wurde  das  Gotteshaus  ihren  Augen  durch  ein  hohes 
undurchdringliches  Gebüsch  entzogen.  Die  geängstigten  Bewohner  gelobten 
zur  Abwendung  der  Gefahren  eine  mehrere  Centner  schwere  Wachskerze 
zu  opfern.  Sie  waren  nachmals  in  ihrer  Armuth  nicht  im  Stande,  eine  so 
schwere  Kerze  anzuschaffen  und  Hessen  es  mit  der  Nachahmung  begnügen, 
indem  sie  eine  lange  Stange  mit  einem  Wachsstocke  spindelförmig  um- 
zogen. Als  nun  später  der  Feind  wieder  einmal  eingebrochen  war  und 
in  der  Kirche  zu  St.  Benedicten  die  merkwürdige  Kerze  sah,  nahm  er 
dieselbe  weg  und  vertauschte  sie  mit  einer  mit  Pulver  gefüllten  Blech« 
röhre,  in  der  Absicht,  dass  sie,  angezündet,  ezplodiren  und  die  Kirche 
sammt  den  Andächtigen  in  die  Luft  sprengen  sollte.  Zum  Glücke  entdec  kte 
man  rechtzeitig  diesen  ruchlosen  Anschlag.  Die  Kerze  aber  wurde  viele 
Jahre  aufbewahrt  und  erst  1713,  dann  später  1855  durch  eine  neue  ersetzt. 
Diese  Sage  sowohl,  als  auch  Näheres  über  diese  sonderbare  Pest- 
kerze habe  ich,  wie  noch  so  viele  andere  Notizen  und  Mittheilungen  über 
die  Pest,  Herrn  k.  k.  Regierungsrath  Dr.  Richard  Peinlich  mitgetheilt» 
welcher  sie  auch  in  seiner  ,, Geschichte  der  Pest  in  Steiermark**  ver- 
werthete.  Nachträglich  nun  hnd  ich  in  dieser  Kirche  ein  Votivbild, 
das  vermuthlich  mit  der  Sage,  wenigstens  zum  Theil,  in  einigem  Znsammen- 
hange  steht,  obwohl  ich  über  die  Darstellung  nicht  recht  klar  werden 
konnte.  Selbes  befindet  sich  hinter  dem  Hochaltare  und  zeigt :  St.  Florian 
giesst  Wasser  auf  eine  links  befindliche  brennende  Stadt  (oder  Festung  ?) ; 
rechts  erblickt  man  türkische  Fusstnippen  mit  Anführern  zu  Pferde;  im 
Vordergründe  zeigt  dies  Bild  einen  Fluss,  darinnen  ein  geharnischter 
Ritter,  auf  dem  Rücken  liegend,  schwimmt. 

5.  Bei  Teufenbach  hatten  die  Türken  ein   hitziges  Gefecht  zu  be- 


—  xm  — 

fi^a,  bfieben  aber  schliesslicb  Sieger  und  metzelten  die  Uebriggebliebenen 
^kier.  Koch  heisst  der  Ort,  wo  dies  stattgefunden,  die  Blnttratte. 

6.  Aach  im  Pusterwaldgraben  erzählt  sich  das  Volk  (nach  Mittheilung 
saaes  Gew&hrsoiannes  Herrn  Franz  Prull,  Oberlehrer  in  Lind)  eine 
is*jeressante  Sage  aus  der  Türkenzeit,  welche  ebenfalls  einen  historischen 
Kaa  zo  falben  scheint: 

«Ab  die  Türken  aas  dem  Eämtnerlande  in's   obere  Murthal  vorge- 
■inogeD,  fielen  ihrer  Zerstörungswuth  auch  die  Kirchen  zu  Allerheiligen 
tmd  PöU  xmn   Opfer   and   die  Bewohner    der  umliegenden  Ortschaften 
Bossteo  alle  Grftüel  einer  osmanischen  Invasion  erdulden.  Eine  zahlreiche 
Horde  tfirkischer  Mordbrenner  durchstreifte  auch  den  Pusterwaldgraben 
Bod  TerlÜite  auf  diesem  Zuge  alle  erdenklichen  Gräuelthaten.    Darüber 
a^orten  sich  die  Herzen  der  tapfem  männlichen  Gebirgsbewohner.  Ein 
gewisser  Mair  in  Gassbach  versammelte  die  kräftigsten  und  muthigsten 
Mäsoer,   nnd   mit  diesen  wollte  er  sich  den  Türken  entgegenstellen.   Da 
aber  den  wackem  Aelplem  die  Feinde  an  Zahl  weit  überlegen  waren  und 
-iaher  es  voraassichtlich  schien,  dass  sie  den  Türken  unterliegen  würden, 
so  dachten  sie  an  List,  welche  auch  gelang.   Dort,  wo  der  Graben  von 
steOen  Felsen  stark  eingeengt  ist  und  der  Bach  mit  starkem  Gefälle  die 
sdmuüe  Schlucht  durchbraust,  errichteten   die  Bauern  in  Eile  eine  hohe 
Mauer,  welche,  Ton  der  einen  Felsenwand  zur  andern  reichend,  auch  den 
rssfcenden  Wildbach  in  seinem  Weiterlauf  hemmte,  indem  man  sein  Bett 
ihsperrte  und  mit  schweren  Steinen  ausfüllte.  Dadurch  sammelte  sich  nun 
kiater  der  Mauer  das  Wasser  des  WUdbaches  an  und  zwar  in  einer  Höbe, 
&  bald  der  der  Mauer  gleichkam.  Als  nun  die  Türken  durch  den  Puster- 
waldgraben zogen,  stiessen  sie  auf  die  sonderbare  Mauer,  die  ihnen  eine 
Schanze  zu  sein  schien   und  das  weitere  Vordringen   erschweren  sollte. 
Sie  legten   nun  mehrere   grosse  Breschen  in  die  Mauer,   die  nun   der 
ohnedies    den  dahinter  angesammelten  Fluthen  kaum  mehr  widerstands- 
Wgen  Mauer  allen  Halt  benahmen.  Die  Mauer  stürzte  zusammen   und 
(fie  ent£esselten  Wasserwogen  brausten  mm  durch  die  enge  Schlucht  mit 
rasender  Schnelle,  Alles  mit  sich  reissend,  Türken,  Pferde  u.  s.  w.  Kein 
Mann  entkam;  auch  ein  türkisches  Zeltlager,  welches  nahe  der  Einmündung 
fies  Posterwaldgrabcns  in  das  Pölsthal  errichtet  worden,  wurde  von  den 
reissenden  Fluthen  hinweggeschwemmt.  Als  sich  endlich  am  darauffolgenden 
Tage  das  Wasser  allmälig  verlaufen  hatte,  bedeckten  zahlreiche  Leichname 
üen  Erdboden  und  auch  die  Wogen  der  Mur  schwemmten  viele  Todte 
&Tt,  die  der  Pölsbach  bei  seinem  Einflüsse  in  dieselbe  mitgeführt.   Die 
m  selbiger  Gregend  üblichen  Benennungen  „Wehrofen''  und  „Wehranger'' 
deuten  noch  anf  diese  Begebenheit  hin. 

7.  Anch  in  Neumarkt  leben  im  Volke  sagenhafte  Erinnerungen  an 
die  TflrkeneinftUe,  welche  jedoch  bereits  von  mir  in  der  Grazer  Zeitung 
ad  Xr.  41  t.  J.  im  Feuilleton  „Ans  Neumarkt"  veröffentlicht  wurden. 


-   XIV    ~ 

8.  Ebenfalls  recht  intereBsante  „TOrkensagen"  theilte  mir  Herr  Lehrer 
Leopold  Oschiel  in  Miesenbach  mit: 

a)  Gleich  oberhalb  des  Hocheuhofes  bei  St.  Kathrein  am  Hauenstein  liegt 
ein  sehr  grosser  Stein  mit  zwei  eingeprägten  Fasstritten,  darin  be- 
ständig Wasser,  welches  merkwürdiger  Weise  keinen  Zufluss  haben 
soll,  sich  befindet  und  zum  Heilen  der  Zitterrochen  dienlich  sei;  selbst 
in  der  trockensten  Zeit  enthalten  diese  fussähnlichen  Vertiefungen  stets 
Wasser.  Daran  knüpft  sich  nun  eine  Sage  aus  dem  Türkeneinfalle 
anno  1529.  Nämlich  die  Pfarrpatronin  St.  Katharina  stand  mit  ge- 
zücktem Schwerte  auf  diesem  Steine,  als  die  Türken  heranrückten  und 
blendete  selbe  derart,  dass  sie,  als  sie  bis  zu  der  1  Stunde  von  hier 
entfernten  Grenze  von  Ober-  und  Mittelsteier  gelangt  waren,  nichts 
als  ein  grosses  Meer  sahen.  Noch  heisst  der  lange  und  breite  Graben^ 
von   dem   aus  die  Türken  das  Meer  sahen,  der  Türkenschanzgraben. 

b)  In  der  Ortschaft  Hinterleithen  liegt  das  sogenannte  grosse  Oedfeld, 
auf  welchem  einst  die  Türken  ihr  Lager  aufgeschlagen  haben  sollten. 
Ein  Türke  wollte  in's  nahe  Miesenbach  reiten,  um  es  anzuzünden ; 
als  er  aber  zu  der  circa  500  Schritte  vom  Dorfe  entfernten  „heil. 
Brunnkapelle"  kam,  ward  er  mit  sammt  seinem  Pferde  erblindet. 

c)  Südwestlich  von  PöUau  (bei  Miesenbach  ?)  steht  das  sogenannte  „rothe 
Schlössl**,  ein  altes,  aber  gut  erhaltenes  Schlossgebäude,  vor  dem  ein 
weithin  sichtbarer  hellrother  rundlicher  Erdcomplex,  mit  circa  20  Meter 
im  Durchmesser  sich  befindet  Hier  soll  der  Sage  nach  der  letzte 
Rest  der  Türken,  welche  in  dortiger  Gegend  gehaust,  niedergemetzelt 
worden  sein. 

d)  Die  auf  dem  hohen  Pöllauberg  gelegene  Kirche  soll  bis  in  die  Türkei 
hinein  sichtbar  gewesen  sein  Die  Türken  wollten  sie  zerstören,  konnten 
aber  wegen  des  einhelligen  Gebetes  der  in  der  Kirche  versammelten 
Christen  nur  bis  zu  dem  südlich,  etwa  400  Schritte  entfernt  gelegenen 
„Oelkreuze'^  gelangen,  wo  sie  insgesammt  das  Gesicht  verloren. 

e)  In  Strallegg  steht  ein  Votivkreuz  mit  einem  Türkenkopfe,  über  dessen 
Deutung  jedoch   mein  Gewährsmann   mir  nichts  mitzutheilen  wusste. 

H.  Bericht  vom  1.  November  1877: 

1.  Nach  den  glaubwürdigen  Mittheilungen  des  mir  befireundeten  und 
durch  mich  zur  Thätigkeit  im  Dienste  der  heimischen  Geschichtsforschung 
angeregten  CoUegen  Herrn  Oberlehrer  Job.  Slana  in  Gaishom  (früher 
Liezen)  befindet  sich  nördlich  und  oberhalb  des  Ortes  Liezen  eine  schief 
ablaufende,  jetzt  bebaute  Ebene,  das  sogenannte  „Brunnfeld **,  auf  welchem 
der  Sage  nach  einstens  eine  Römerstadt  gestanden  haben  soll.  Diese  sei 
durch  eine  ungeheure,  in  Folge  eines  Erdbebens  herbeigeführte  Bergab-  ' 
rutschung  gänzlich  verschüttet  worden.  Das  Haus  des  vulgo  »Graf  wird  I 
als   der  Platz  bezeichnet,  auf  dem  einst  ein  „Heidentempel''  gestanden     I 


—  XV  — 

so.  Die  im  Hinta'grunde  des  Branofeldes  sich  erhebende  Berghöhe,  „die 
nteWmd^  gemeinhin  auch  die  .Riith"  genannt,  zeigt  noch  in  auffiillender 
Weise  das  Meiianal  dner  Erdabrutschung.  Die  Leute,  welche  auf  dem 
Brnnnfelde  arbeiteten,  Btiessen  hiebei  snweilen,  wenn  sie  etwas  tiefer 
ukuMn,  aof  Manerreste,  ja  es  fielen  sogar  den  Arbeitern,  welche  hier 
uf  den  Aeckon  znr  Erntezeit  mit  dem  sogenannten  „Vorstecher** 
ieia  «diweres,  eizemes,  stangenartiges  Werkzeug  zum  Schlagen  von  Löchern 
a  den  Erdboden)  Löcher  schlugen,  dieser  Vorstecher  zuweilen  durch,  was 
auf  hohle  Bftome  schliessen  lässt. 

Als  im  Jahre  1885—87  die  „SahEstrasse''  überlegt,  resp.  neugebaut 
vürden,  wurde  nftchst  Liezen  am  Ausgange  des  Brunnfeldes  das  Erd- 
BuUeriai  flir  dim  Strassenban  geholt  und  hat  man  dabei  auf  dieser  gar 
aicht  so  bedeutenden  abgegrabenen  Erdflftche  verschiedene  Funde  gemacht, 
so  einen  Bömerstein,  welcher  gegenwärtig  in  der  P&rrkirche  eingemauert 
lAy  ein  Bdmergrab  und  Statuetten.  Diese  letzteren  wurden  nach  Admont 
gesandt»  wo  sie  bei  dem  letzten  grossen  Brande  zu  Grunde  giengen.  Einige 
Staa»  des  Römergrabes  finden  sich  noch  vor  und  liegen  als  Pflastersteine 
ia  einem  Hofe  des  Herrn  Fuchs  in  Liezen.  Der  zweite,  ebenfalls  in  der 
P&nridrclie  (Choranfgang)  eingemauerte  Römerstein  (von  Muchar  nicht 
anrihnt)  lag  als  Pflasterstein,  mit  der  Schrift  nach  oben  gekehrt,  vor 
^ncm  Hanse  und  wurde  durch  den  k.  k.  Baurath  Herrn  Job.  Lieb  ich 
eatdeckt  und  conservirt.  Auch  Mttnzenfunde  sollen  schon  auf  dem  Brunn- 
fäde  gemacht  worden  sein,  leider  wurden  aber  selbe  verschleppt;  nur 
Dodi  eine  BronzemtLnze  soll  sich  im  Besitze  einer  Magd  vorfinden,  über 
vekbe  jedoch  mein  Gewährsmann  mir  nichts  Näheres  mitzutheilen  wusste. 
Die  beiden  oberwähnten  Bömersteine  wurden  bereits  vom  Herrn  Conser- 
Tiior  Dr.  Pich  1er  besichtig^  daher  ich  die  Mittheiluug  ihrer  Inschriften 


Pyhm  (d.  i.  an  der  von  Liezen  nach  Oberösterreich  fllhrenden 
Strasse)  heisst  ein  Weg,  der  die  jetzige  Strasse  durchschneidet  und  über 
das  BOgenamrte  »Hassegg*'  ftlhrt,  der  „Römerstieg'';  auf  diesem  wurden 
fon  dem  bei  oberwähnter  Strassenumlegung  beschäftigten  Ingenieur  Po- 
korny  (adum  gestorben)  mehrere  römische  Münzen  und  Waffen  ausge- 
fraben,  weldie  leider  sämmtlich  in  Privathände  Übergiengen  und  zer« 
^fittert  worden. 

3.  Während  meines  ans  Gesundheits  -  Rücksichten  unternommenen 
FerieDanfentfaaltes  in  Marburg  machte  ich  gelegentlich  der  Theilnahme 
ta  Hospttantencnrse  an  der  landsch.  Obst-  und  Weinbauschule  mehrere 
Ezcorsioiien  in  die  Umgegend  von  Marburg,  darunter  auch  nach  St  Kuni- 
end.  Das  Volk  bezeichnet  den  hinter  der  auf  einer  Anhöhe  malerisch 
gelegenen  Pfarrkirche  anstrebenden  Weingebirgs-Hügel  mit  dem  Namen 
GnMÜla,  auch  Oradifika,  welcher  Käme  auf  eine  ehemals  bestandene  Be* 
fcstignng  deutet    (gradifie,   gradishzhe,   gradifiie  a=  Schloss- Stätte  oder 


—  XVI  - 

der  Ort,  wo  vormals  ein  Schloss  gestanden).  Dieser  so  benannte  HOgel 
ist  nach  drei  Seiten  hin  steil  abfallend  und  besteht  aus  Weingarten-EIrde 
(Merg^el),  Lapor,  auch  Opok  genannt.    Das  Plateau   desselben  misst  nur 
wenige  Quadrat-Meter,  kaum  10 — 16.  Der  Yolkssage  nach  soll  hier  eine 
„römische    Warte''    bestanden    haben.    Lassen    die   Bezeichnuni^en 
Gradifie  u.  s.  w.  überhaupt  auf  einstige,  meist  römische,  Befestigungen 
schliessen,  so  scheint   dies  hier  zur  vollen  Gewissheit  zu  werden,    denn 
hier  ttber  den  Platschberg  durch   das  Lahgenthal  zog  sich  die  Römer- 
Strasse  von  der  Mur  an  die  Drau  hinab  und  das  Römerdenkmal  in  dem 
benachbarten  St  Ober-Kunigund  ist  gleichsam  das  Bindungsglied  zwischen 
den  römischen  Monumenten  in  Gamlitz  und  Marburg.  Anch  war  der  Punkt 
hier  auf  der  Gradifie  in  St.  (Unter-)  Kunigund  ein  sehr  passender,  indem 
man  eine  schöne  Aussicht  ttber  das  ganze  Langenthai  geniesst.  Bemer- 
kenswerth  erscheint  der  Umstand,  dass  der  vor  wenigen  Jahren  verstorbene 
Grundbesitzer  Weingerl  hier  einige  römische  Münzen  gefunden  haben 
soll;  wo  diese  hingekommen,  konnte  ich  nicht  in  Erfisiirung  bringen.   Ob 
sie   nicht  vielleicht  der  Mttnzensammlung  des  hiesigen  Herrn  Pfarrers 
einverleibt  wurden,  welche  ich  zwar  wegen  Abwesenheit  desselben  während 
meiner  Besuche  in  St.  (Unter-)  Kunigund  nicht  zu  Gesichte  bekommen, 
die  aber  nach  Versicherungen,  die  mir  gemacht  wurden,  nicht  unansehnlich 
sein  soll. 

Scheint  das  Plateau  dieses  Gradi&eberges  (mit  einiger  Sicherheit)  ein 
römischer  Beobachtungsposten  gewesen  zu  sein,   so  dürfte   hingegen    die 
zweite  Sage,   welche  auch  das  Schloss  Dobreng    auf  diesen  GradiSe 
verlegt,  weniger  Glaubwürdigkeit    verdienen.  Immerhin  konnte  die  frag- 
liche Stelle  den  Zwecken  einer  einfachen  römisdien  Warte  entsprechen, 
schwerlich  aber  den  grossen  schweren  Steinbau  einer  mittelalterlichen  Burg 
getragen  haben;  für  diese  meine  Ansicht  spricht  sowohl  die  oberw&hnte 
Bodenart,  als  auch  die  geringe  Ausdehnung  des  Plateau's.  Es  mag  sein, 
dass  die  daranstossenden  Weingartenbesitzer  bereits  einen  Theil  des  Hügels 
abgetragen  und  das  gewonnene  Erdreich  für  ihre  Weingärten,  weil  hiezu 
sehr  tauglich,  verwendet  haben,   wie  es  auch  stellenweise  als  geschehen 
erscheint,  aber  immerhin  konnte  durch  die  Abgrabnng  der  Hügel  nur  um 
einen  verhältnissmässig  geringen  Theil  (der  Augenschein  zeigt  es  dentlich) 
verkleinert  werden  und  war  demnach  die  denkbare  Ausdehnung  desselben 
auf  alle  F&lle  eine  zu  geringe,  auf  dass  daselbst  einst  das  Schloss  Dobreng 
(Dobereng)  der  Herren  von  Dobem  (Dobringe,  Dobrei\jie)  gestanden  haben 
könnte.  Vergebens  suchte  ich  auch  hier  die  nach  der  Schildemng  einiger 
Topographen  von   dichten  Buchen   überwachsenen    Spuren  einstmaliger 
Bauten;  ebensowenig   schien  mir   die  Lage  (welche  in  drei  Abschnitten 
auf  schwer  zugänglichen  Höhen  das  Gebäude   sehr   fest  gemacht  haben 
sollte?)  als  Grund  für  die  einstige  Existenz  des  fraglichen  Schlosses  ein- 
zuleuchten. Vielmehr  glaube  ich  muthmassen  zu  dürfen,  dass  das  Schloss, 


—  xvn  - 

CS  virklich  bier  bestanden,  an  Stelle  der  gegcnwärtifren  Kirche  sich 
befimden  baben  mag,  wofür  die  Terrainbeschaflenheit  jedenfalls  mehr 
sprkfat,  als  Akr  die  andere  Annahme.  Auch  mochten  hier  die  von  den 
a]l£ülsigen  Bninen  herstammenden  Steine  beim  Baue  der  Kirche  nnd 
anfiegeoden  GebSnde  lichtere  Verwendung  gefunden  haben,  als  auf  der 
E&t  des  Plftteao'B,  wo  der  gänzliche  Mangel  von  Bausteinen  und  Mauer- 
Üwmsten  etwas  zu  befremdend  wirkt,  als  dass  man  der  Annahme  der 
öosligea  Existeos  des  Schlosses  sogleich  ohne  jede  genauere  Prüfung 
mtamDen  kömite. 

3.  Gelegenilieh  dieses  meines  heurigen  Ferienaufenthaltes  gelang  es 
mir,  andi  einige  andere  kurze  Notizen  zu  sanmieln  und  zwar : 
t)  Hör  Ferdinand  Standinger,  Privat  in  Marburg,  erzählte  mir,  dass 
jUbeiter  in  seinem  Weingebirge  (Stermez)  an  der  steuisch-ungarischen 
Grenze  einen  „römischen  Legionsziegel''  gefunden.  Selber  wurde  ihm, 
obwobl  zerbrochen,  überbracht,  kam  ihm  jedoch  später  abhanden  und 
Tendiwand  spurlos;  wahrscheinlich  sei  er  ihm  entwendet  worden. 
Zorn  Glücke  jedoch  habe  er  sich  eine  genaue  Zeichnung  davon  gemacht 
nnd  werde  er  mir  selbe,  wenn  er  wieder  in  die  Gegend  kommt,  zur 
Yerfftgong  stellen. 

b)  UebnngBSchnnehrer  Herr  Job.  Miclosich  in  Marburg  fEuid  in  seinem 
Wefaigarten  (Gegend  Luttenberg)  ein  Steinbeil  und  befindet  er  sich 
noch  in  dessen  Besitz. 

c)  Oberiehrer  Herr  Karl  Valentin iö  in  Hrastnig  a.  d.  SQdbahn  besitzt 
eine  kleine  Mflnzensammlnng,  darunter  eine  keltische  Münze  und  einen 
r^ndsehen  Ducaten. 

d)  Unterlehrer  Herr  WreÖar  in  St.  Nikolai  im  Sausal  theilte  mir  mit, 
dass  in  dortiger  Gegend  in  Wäldern  sich  auffallend  geformte  Hügel 
beftoden,  die  vom  Volke  „Heidengräber^  genannt  werden. 

ni.  Bericht  vom  10.  November  1877: 

1.  In  der  Kirche  St  Wolfgang  am  Zirbitzkogel  fand  der  Bericht- 
erstatter unter  der  Empore  an  der  rechten  Seitenwand  eine  Votivtafel. 
Selbe  ist  durch  zwei  verticale  Linien  in  drei  Felder  getheilt.  Das  erste 
(rechte)  Feld  zeigt  ein  Wappen  und  einen  knienden  Rittersmann.  Das 
Wappen  ist  durch  eine  horizontale  Linie  in  zwei,  in  ein  oberes  und  unteres 
Fdd  getheilt.  Das  obere  zeigt  einen  schwarzen  rechts  gewandten  laufenden 
Panther  im  blauen  Felde;  das  untere  zeigt  zwei  weisse,  schräge  von 
Hnks  nach  rechts  laufende  Streifen  im  rothen  Felde.  Der  Ritter  ist  in 
fpanisdier  Tracht  des  16.  Jahrhunderts  gekleidet.  Das  dritte  (linke)  Feld 
leigt  eine  kniende  schwarz  gekleidete  Rittersfrau  und  das  Wappen  einen 
(chwarzen,  aafrechtstehenden  Bären  im  braunen  Felde.  Das  mittlere  Feld 
trlgt  folgende  Inschrift  mit  Fracturbuchstaben:  „Zu  Ehren  der  H.  Drei- 
hSiü^ai  aoeh  der  hochgelobten  immerwehrenden  JVngfrauen  Marien  und 

UMihmL  de»  fai«L  T«r«laM  f.  Btelarmark.  XZVI.  Befl,  1876.  B 


—  XVffl  — 

dem  H.  Bischof  S.  Wolfgang,  Patron  dieaes  GotohauB  hat  lassen  macbei^ 
dieses  Cruxifix  des  Wolgeboraen  Grafen  Herrn  Herrn  Georg  Grafen  zti 
Nagarol.  Diser  Zeit  Pfleger  der  Herschaft  Ehmföls  Georg  Nneber  imc 
auch  seiner  Lieben  Haasfrauen  zur  Gedechtnis  Anno  1593.'' 

2.  Auf  der  Yulgo  Rödlnuder-Hube,  Eigenthum  des  Gastwirthes  W  e  g- 
schaider  in  Bischoffeld  (Pfarre Gkdl),  findet  sich  im  Bienenständer  hart 
an  der  Strasse  eine  plastische  Figur  aus  Stein,  nett  gearbeitet,  einge- 
mauert. Selbe  Ist  ungeföhr  1  Schuh  gross  und  stellt  einen  Ghiomen  mit 
langem  Barte,  in  hockender  Stellung,  die  H&nde  auf  die  Knie  anfliegend, 
dar.  Schade  nur,  dass  die  Figur  mit  brauner  Farbe,  aum  Theile  auch 
schwarzer,  Übertüncht  ist 

Sicherlich  hängt  dieses  sonderbare  Monument,  aa  das  sich  gar  keine 
mir  bekannte  Tradition  knüpft,  init  dem  am  Hochreichard  bestandenen 
Silberbergbau  und  der  in  Wasserberg  erfolgten  Einschmelzung  des  ge- 
wonnenen Metalls  zusammen.  Ueber  die  Auffindung  dieses  Bergwerkes 
hat  der  Berichterstatter  in  den  jüngst  you  ihm  in  der  Grazer  Zeitung  pub- 
licirten  „Mythen  und  Sagen  aus  Obersteiermark",  spez.  Nr.  249,  eine 
intei*cssante  Sage,  wie  auch  einige  Notizen  mitgetheilt. 

8.  In  der  Kirche  St  Benedicten  (bei  Knittelfeld),  welche  zwei  Hoch- 
altäre, des  St  Florian  und  des  St  Benedictus,  enthält,  trägt  ersterer 
folgende  Inschrift :  „Disen  altar  hat  lassen  Machen  ein  Löbliche  Brtkder- 
8cha£ft  St.  Floriani  Zu  ehr  Gottes  Unsers .  Herrn,  Und  dess  heiligen 
Märtyrers  Floriani  Unsers  Lieben  Patrons  Ynd  Feyr  Herms  Alhir  S. 
Benedictn  so  Geschehen  im  Jahr  Christi  1657.'' 

Neben  dem  Hochaltare  links  an  der  Seitenwand  befindet  sich  ein 
grosses  Wandbild:  Die  heil.  Maria  mit  den  beiden  Kirchenpatronen  St. 
Florian  (rechts)  und  St  Benedictus  (links)  zur  Seite,  ihren  Mantel  aus- 
breitend über  eine  sie  zu  ihren  Füssen  umgebende,  betende  Schaar  Menschen. 
Darunter  liest  man:  „Gott  dem  Allmächtigen  zu  Lob  und  Ehr,  und  der 
seligsten  Jimgfrau  und  Mutter  Gottes,  Maria,  auch  der  ehrsamen  Bruder- 
schaft St  Floriany  hat  lassen  disen  Altar  machen  der  £rbar  Sebastian 
Elob,  und  seine  Hausfirau  Eva,  denen  Gott  der  Allmächtige,  wie  auch 
durch  die  Fürbitt  der  seligsten  Jungfrau  Mutter  Gottes,  Maria,  und  St. 
Floriany,  den  Himmel  yerleihen  wolle.  Anno  1616.**       Renovirt  1862. 


Veränderungen 


im 


Personalstande  des  Vereines. 


Tmn  1.  Mai  1877  bis  Ende  December  1877  sind 

Zugrewaolisen :  Ordeniliohe  Mitglieder. 

Ebn  er  Johaon,  Dr.  and  Prc^sBor  in  CzemowitE.  —  F  alke  Oscar, 
Gstsbesitser.  —  Feigel  Franz,  Oberförster.  —  Ealtenbrunner  Fer- 
^inasd,  Dr.  —  Kommer  Karl,  Professor  in  Wien.  —  Macber  Fer- 
dinand, Beamter.  —  Schmid  August,  Lehrer.  —  Simonis  Franz,  Dr., 
B€uiter.  ^  Schuster  Leopold,  Dr.,  Professor.  —  So u van  Johann, 
PriTat  —  Wallner  Julius,  Professor. 

Abgegangen:  Ausgetreten. 

Achats  Anselra,  Ci^itular.  —  Berger  Othmar,  Schuldirector.  — 
l^ejrer  Alois,  Gutsbesitzer.  —  Königsbrunn  Sigmund,  Freiherr.  -- 
Mittarsch  Josef,  PÜEirrer.  -  Oberwelz,  Stadtgemeinde.  —  Schwar- 
lenberg,  Student.  —  Tendier  Mathias,  Mechaniker.  —  Tschan  et 
Joiiaon,  Professor. 

Qestorben. 

Brennner  Augoat,  Graf,  senior.  —  König sbrnnn  Anton, 
^)t«nt  —  Linke nhöUer  Karl,  Gaplan.  —  Morzin  Peter,  Graf, 
Feldmsrschall-Lientenant. 

Yerblmbt  der  Mitgliederstand  Ende  December  1877:  865 

Ortschronisten  zugewachsen. 

Merz  Josef,  Oberlehrer  in  Keuberg,  für  Neuberg.  —  Prangner 
^inzenz,  Lehrer  in  Radegund,  f&r  Radegund. 


B* 


—  XX  — 


U  e  b  e   r 

über  die  Empfänge  unc 


M 


Em  p  f  &nge 


I  Gassarest  Yom  81.  December  1876 

II  Beiträge  der  P.  T.  Mitglieder 

III  Erhaltene  Interessen- 

IV  Subvention  der  hohen  Landschaft  pro  1877    .     .     ■ 

y     Für  verkanfte  Yereinspablicatlonen 

VI  Subvention  des  hohen  Unterrichtsministeriums  pro  1877 

Vn    An  Diplomgebtthren 

Summe  der  Einnahmen  .    .    . 

Wird  die  Summe  der  Ausgaben  von  der  der  Em- 
pfänge abgezogen  mit 


so  verbleibt  am  81.  December  ein  Gassarest  von 

Dieser  Gassarest  zerfUlt  in  zwei  Theile,  als: 

a)  in  angelegte  Gapitalien   716  fl.  60  kr.  und 

b)  in  barem  Gelde  ...    886  fl.   16  kr. 


also  in  Summa  wie  oben      .    .    1061  fl.  66  kr.  == 


Graz,  am  81.  December  1877. 


OesLWäbr. 


fl. 


1039 
889 

33 
626 

67 
600 

18 


3078 


2021 


1061 


1061 


Ernst  FQrst, 

d.  Z.  C«Ml«r. 


kr. 


66 
25 
41 

76 


8 


43 


65 


65 


-  XXI  — 


sieht 

iosgaben  im  Jahre  1877. 


JW 


Ausgaben 


1 

2 
3 
4 

5 
6 
7 
8 
9 
10 
11 

12 
13 
14 
15 
•  16 

17 

I 

>  18 
19 

I 


I 


Bemunciationen  an  die  Yereinsbediensteten     .    .    . 

Für  Slempelanslagen 

DmcUosten  der  Beitrtge,  18.  Jahrgang  .... 
Best  der  Drackkosten  der  Beiträge,   12.  Jahrgang 

fpkr  die  Umschläge) .    . 

Für  die  Beinignng  der  Kanzlei  pro  1877    .... 

FOr  Porti  nnd  Speditionsaaslagen 

SobTention  an  Herrn  Joh.  Krainz  in  Enittelfeld  .  . 
Honorar  an  den  Hil&beamten  des  Vereines     .    .     . 

Enüohnnng  an  den  Yereinsdiener 

Kosten  der  Yersanunlungen  pro  1877 

Mitgliedbeitrag  an  den  Gesammtrerein  in  Darmstadt 

pro  1877  mit  15  deutsche  Reichsmark  .  .  . 
Bisherige  Kosten  der  Mitthellimgen,  25.  Heft      .    . 

Kosten  der  Beiträge,  14.  Jahrgang 

Fflr  die  calligraphische  Ausarbeitung  der  Diplome  . 

FOr  I>mcksorten 

Jahresbeitrag  pro  1877  an  das  germanische  National- 

Mnsenm  in  Nflmberg 

Auslagen  der  Untersuchung  des  prähistorischen  Walles 

bei  Feistritz-Peggau 

Ffir  Kanzleibedfirfoisse 

Theflbetragzahlung  des  Honorars  für  das  Urkunden- 

bucb  der  Steiermark,  IL  Band 


Summe  der  Ausgaben  .    .    . 


24 

— 

6 

84 

410 

10 

14 

-_ 

6 

— 

58 

42 

30 

180 

— 

96 

— 

49 

32 

9 

7 

210 

50 

486 

25 

6 

20 

24 

10 

2 
2 

400 


2021 


70 
93 


84 


Den  Sammlungen  des  Vereines 

sind  Yom  1.  Mai  bis  Ende  Dezember  1877  zugekommen 

A.  Für  die  BMothek. 


1.  Duroh  Sohenkung. 

3959.  Florianschitz,  Arzt  in  Seckaa :  Spitälsordnung  des  Spitals  in  Seckau. 
(Auf  Holztofel.) 

8960.  Graz,  die  Verwaltung  des  Anna-Kinderspitales :  83.  Rechenschafts- 
bericht des  Jahres  1876. 

8961.  Hofrichter,  Notar  in  Windischgraz:  Ein  Paket  Zeitungsausschnitte. 
3962.   Kahlbacher  in  Seckau:   Zunftconfirmationen  und  Acten,  die  Lein- 
weber- und  Schneiderzunft  in  Seckau  betreffend. 

3963.  Oro2en  Ignaz,  Domherr  in  Marburg :  Das  Bisthum  und  die  Diöcese 
Lavant,  recte  das  Dekanat  Oberburg.  II.  Theil,  1877. 

3964.  Pirona  G.  A.,  Professor  und  Conservatore  der  Municipal-Bibliothek 
in  üdine:  Index  zur  Geschichte  von  Friaul  vom  Jahre  1200  bis 
1400;  herausgegeben  vom  Abte  Giuseppe  Bianchi.  Udine,  1877. 

3965.  Peinlich  R.,  Dr.  und  k.k  Regierungsrath  in  Graz:  Nekrolog  des 
am  3.  October  1876  verstorbenen  k.  k.  Schulrathes  und  jubil.  Gym- 
nasial* Director's  Theodor  Gassner.  (Separat- Abdruck  aus  dem 
Jahresberichte  des  I.  Stats-Gymnasiums  in  Graz,  1877.) 

3966.  Pils  Jacob,  Oberlehrer  in  Kraubat  ob  Leoben:  a)  Bibel  oder  die 
ganze  heilige  Schrift,  gedruckt  Mainz  1609;  —  b)  Hübner^s 
Zeitungs-  und  Conversations-Lexicon;  Leipzig  1709,  dann  Regens- 
burg und  Wien  1765;  —  c)  Gebetbuch  (llr  Katholiken,  Augsburg 
1712;  —  d)  Katholisches  Gesangbuch,  Grätz  1718;  —  e)  Karte 
von  Griechenland  vom  Jahre  1741;  —  f)  Lesser's  Insecto-Theologia, 
Leipzig  1758 ;  —  g)  Caesar's  Beschreibung  von  Steiermark,  Grätz 
1773  und  1786.  2  Bände,  dann  2.  Theil,  1.  Abtheilung,  Grftz  1786. 
—  h)  Egyptische,  griechische  und  römische  Alterthümer,  von  Dr.  Jos. 
Ottetiberger.  1.  Heft,  Prag  1819;  —  i)  Darstellung  des  politischen 


—  xxm  — 

der  Terschiedenen  Gattnngen  von  Hemchaften  zur 
SCMUsvenraltQDg  etc.  m  der  k.  k.  68terr.  Monarchie,  mit  beson- 
derer fierftcksichUgung  auf  die  Provinzen  Steiermark,  Kärnten 
und  Krain,  von  Jobami  TBcbinkowitz.  3.  Theil,  Gr&tz,  1827;  — 
k)  Steiermftrkische  Zeitschrift,  N.  F.  I.  Jahrgang,  2.  Heft,  1884 ; 
—  I)  Die  Ünbaltbarkeit  des  speciilativen  Systems  der  Güntheri- 
RTier,  von  P.  Idelfons  Sorg,  Gr&tz  18  >1 ;  —  m)  Provinzial-Handbnch 
vom  Erzherzogthnme  Oesterreich  ob  der  Enns  für  das  Jahr  1868, 


5967.  Stillfried-Alcantära,  Dr.  Rudolf  Graf,  Geheimrath  in  Berlin:  „Kloster 

HeQebronn*'  Berk'n  1877. 
:^t)C8.  Sdllaer  Franz,    BfirgerschuJlehrer  in  Fürstenfeld:    Grosser  Atlas 

Aber  die  ganze  Welt  Nfimberg  1716. 
'^69.  Wiekenbaaser  Franz  Adolf  in  Czemowitz :   „Moldawa**,  oder  Bei- 

trige  so  einem  Urknndenbuche  der  Moldau  und  Bukowina,  1877. 

2.  Im  Schriftentausoh. 

3970.  Agraa,  sftdslavische  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Rad,  38., 
39.,  40.  Band,  1877;  —  b)  Monumenta  spectantia  historiam  meridio- 
nalinm.  Band  6,  und  Commissiones  et  Relationes  Venetae,  Bd.  1, 1876. 

3971.  AmienB,  Gesellschaft  der  Alterthumsfreunde  der  Picardie:  a)  M^- 
noirea,  3.  Serie,  tomo  Y.,  1876;  —  b)  Bulletins,  tomo  XII.,  Jahr- 
gang 1874,  1875  und  1876;  —  c)  Documents  Inedits  conccmant  la 
Province,  8.  Band,  1871. 

9972.  Amslerdam,  königliche  Akademie  der  Wissenschaften :  a)  Verhand- 
famgen  aas  der  Naturkunde,  10.  Tbeil,  1877.  —  b)  Yerslagen  en 
Hededeelingen  ans  d«r  Letterkunde,  5.  Theil,  1876;  — -  c)  Jahr- 
back pro  1875  und  $  HoUandia,  1876. 

3973.  Baireath,  histor.  Verein  fftr  Oberfranken:  a)  Archiv,  18.  Band, 
3.  Heft,  1877;  —  b)  Dr.  Theodorich  Morung.  Eine  Jubilftums- 
sdirift  zur  50jfthrigen  Feier  des  histor.  Vereines.  {Von  Dr.  Lorenz 
Kranseold.)  1877. 

3974.  Bamberg,  histor.  Verein  für  Oberfranken:  39.  Bericht  über  den 
Bestand  und  das  Wirken  des  Vereines  im  Jahre  1876. 

3975l  Berfin,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Monatsberichte, 
Jahrgg.  1877;  —  b)  Abhandlangen  der  philos.-histor.  Glasse  aus 
dem  Jahre  1876. 

3976.  Berlin,  Verein  deatscher  Herold:  Zeitschrift  deutscher  Herold, 
7.  Jahrgang,  1876. 

3977.  Berlin,  Verein  fl&r  die  Geschichte  Berlin's:  a)  Bericht  über  das 
12.  Vereinsjalir  1876;  —  b)  Berliner  Urkunden,  Bogen  Ih—ll, 
3  B^^en;  —    c)  Berliner  Bauwerke,  Tafel  8,  V,  Bogen,  Tafel  9, 


—  XXIV  — 

2i't  Bögen;  -  d)  Berliner  DenkmBler,  Tafel  6,  1  Bogen;  —  e) 
Berliner  Medaillen,  Tafel  14,  2  Bögen;  —  f)  Berliner  Siegel, 
Tafel  4,  10  Bögen,  zusammen  20  Bögen. 

8978.  Bern,  histor.  Verein  des  Gantons :  a)  Archiv,  9.  Band,  2.  Heft,  1877 ;  -- 
b)  Die  Schlacht  bei  St.  Jacob  an  der  Birs  (von  Aagoat  BemouUi) ; 
—  c)  Aarberg  bis  zum  üebergang  an  Bern.  (J.  Sterchi.)  1877. 

8979.  Bern,  allgemeine  geschichtsforschende  Oesellschaft  der  Schweiz: 
Jahrbnch  fttr  schweizerische  Geschichte,  2.  Band,  Zürich  1877. 

8980.  Bonn,  Verein  der  Alterthumsfreunde  im  Rheinlande:  Jahrbflcher, 
69.  und  60.  Heft,  gedruckt  1866-77. 

8981.  Braunsberg,  histor.  Verein  (fir  die  Geschichte  und  Alterthumskunde 
Ermelands:  Zeitschrift,  17.  und  18.  Heft,  Jahrgg.  1875—76. 

8982.  Bregenz,  Vorarlberger  Museums -Verein:  XVI.  Rechenschafts- 
bericht, 1876/76. 

8988.  Bremen,  Abtheilnng  des  Eflnstler- Vereines  ftUr  bremische  Geschichte 
und  AlterthOmer :  a)  Die  bremischen  Münzen  (von  Henn.  Jungk) ;  — 

b)  Der  erste  Schwurgerichtshof  in  Bremen  (von  Dr.  Schumacher) ;  — 

c)  Denkmale  der  Geschichte  und  Kunst  der  freien  Hansestadt 
Bremen,  8.  Abth.,  1.  Liefg.  1876;  ~  d)  Die  Stedingor  (yon  Dr. 
Schumacher,  1865)  und  e)  Bremisches  Jahrbuch,   9.  Band,  1877. 

8984.  Breslau,  schlesische  Gesellschaft  vaterl&nd.  Cultur:  64.  Jahres- 
bericht pro  1876. 

8986.  Breslau,  Verein  für  Geschichte  und  Alterthum  von  Schlesien:  a) 
Zeitschrift,  18.  Band,  2.  Heft,  1877;  —  b)  Scriptores  rerum  silesia- 
carum,  10.  Band,  1877. 

8986.  Carlsruhe,  das  grossherzogliche  Conservatorium  der  badischen 
Alterthümer-Sammlungen  des  Staates :  Die  grossL  badische  Alter- 
thümersammlung  in  Garlsruhe,  1.  Heft,  Jahrgg.  1877. 

8987.  Chambery,  sodet^  savoisienne  dliistoire  et  d'  arch^ologie :  M^moires 
et  DocumentSi  16.  Band,  1877. 

8988.  Christiania,  Verein  zur  Erhaltung  und  Aufbewahrung  nordischer 
Vorzeitdenkm&ler:    a)   Foreningen,    Jahrgg.  1876   und    1876;  — 

b)  Register  der  ftbr  das  Jahr  1875  erschienenen  Schriften,  1876;  — 

c)  Norske  Bygninger  fra  Fortiden   (Von  N.  Nicolaysen.)  1877. 

8989.  Chur,  die  geschichtsforschende  (jesellschaft  ftür  Graubünden:  a) 
7.  Jahresbericht  pro  1877  und  b)  Graubündens  Alterthümer  und 
Eunstschatze.  (Von  Samuel  Plattner.)  Chur  1878. 

8990.  Gilli,  die  Gymnasial-Direction :  Programm  des  Schu^ahres  1877. 

8991.  Czemowitz,  k.  k.  Universit&ts-Blbliothek :  I.  Verwaltungsbericht  der 
akademischen  Lesehalle  an  der  Franz-Josefis-Uniyersitftt  ftü:  den 
Sommersemester  1877. 

8992.  Dorpat,  gelehrte  estnische  Gesellschaft:  Verhandlungen,  8.  Band, 
4  Heft,  1877. 


-  XXV  — 

3993.  EH>erfeid,  bergiBcher  GeBchiehtsterein:  Zeitscbrift,  12.  Band, 
Jalirsg.  1876,  gedruckt  m  Bonn,  1877. 

3994.  Emden,  OeseDBclinft  ftr  bildende  Kunst  und  Taterlindische  Alter- 
tbUmer:  a)  YeneichmBS  der  Gemftlde-Sanmilung;  b)  Yeneichnies 
der  Atterthflmer-Sammlung;-—  c)  Katalog  der  Bibliothek,  gedruckt 
1877. 

3995.  Franeofisldy  histor.  Yerein  des  Gantons  Thurgau:  Thurgauische 
Behrftge  snr  Talerllndischen  Geschichte,  17.  Heft,  1877. 

3998.   Freiberg  in  Sachsen,  AlterthnmsYerein :  Mittheflungen,  13.  Heft,  1876. 

S997.  Freiburg  in  Breisgau,  Gesellschaft  cur  Beförderung  der  Geschichts-« 
Alterthums-  und  Yolkakunde:  a)  Becnefl  Diplomatique  du  Canton 
de  Fribourg,  8.  Band,  1877 ;  —  b)  Zeitschrift,  4.  Band,  2.  Heft,  1877. 

3998.  St  GiAen,  histor.  Yerein:  a)  Mittheilungen  snr  Taterländischen 
Geschiehte,  N.  F.  5.  und  6.  Heft,  der  ganzen  Folge  15.  und  16.  Heft, 
1877 ;  —  b)  St  Gallens  AntheU  an  den  Burgunder  Kriegen,  1876 ;  — 
e)  Der  Canton  St  Gallen  in  der  Mediationsseit,  1877 ;  -^  d)  Ur- 
knndenbuch  der  Abtei  St  Gallen,  3.  Theil,  2.  und  8.  Lieferung 
(1241—1296).  —  St  Gallen,  1876. 

3999.  Oca^e,  Sod^t^  dliistoire  et  d'archMogie:  M^moires  et  Docu- 
nwDta  tome  19,  2.  LieÜBrung,  1877. 

4000.  Glanis,  histor.  Yerein:  Jahrbuch,  14.  Heft,  1877. 

4001.  Gilrlitz,  Oberlansitsische  Gesellschaft  der  Wissenschaften :  Neues 
Lanaitsisches  Magazin,  68.  Band,  1.  und  2.  Heft,  1877. 

4003.  GMmgen,  königl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  Nachrichten 
ans  dem  Jahre  1877. 

4003.  Gras,   Carl-Franaens-üniTersitftt:  Personalstand  der  akademischen 

Behörden  ftbr  den  Wintersemester  1877/78. 

4004.  —     techmsche  Hochschule  Joanneum:  Programm  des  Studien- 

jahres 1877,78. 
4006.       —     Joanneum:  recte  steierm.   Landes- Ausschuss :   65.  Jahres- 
bericht, 1876. 

4006.  —     n. Staatsgymnasium:  8.  Jahresbericht  des  Schuljahres  1877. 

4007.  —     Staatsoberrealschule:  5.  Jahresbericht  des  Schuljahres  1877. 

4008.  —     steierm.  Landes-Oberrealschule:  26.  Jahresbericht  des  Schul- 

jahzes  1877. 

4009.  —     Yerein  der  Aente  in  Steiermark:   MlttheUungen   aus  dem 

Xni.  Yereinigahr  1875  76,  1.  und  2.  Theil,  Graz,  1877. 
4(}10.      —     christlicher  KunstTerein  der  DiOcese  Seckau:  Kürchenschmuck, 
YEI.  Jahrgg.,  1877,  Nr.  5^12. 

4011.  —     Akademischer  Lesererein  an  der.UniTersität  und  technische 

Hochschule:  10.  Jahresbericht  pro  1877. 

4012.  ~     Die  Handels-  und  Gewerbekammer:    Statistischer  Bericht 

flir  die  Jahne  1871-1874. 


-  XXVI  — 

4018.  Oreifswmlde,  kHaif^.  ümTeniCftts-BibUolhek:  42  StOek  Inangnr^- 
Dissertationen  des  Jak^s  1876. 

4014.  Greifewalde,  Gesellschaft  für  Pommer'sGhe  Geschichte:  a)  88.  und 
89.  Jahresbericht,  1877;  —  b)  Pommer'sche  Genealogien,  3.  Band, 
1878. 

4015.  Halle,  thttringisch-silchsischer  Verein  zur  Erforschung  des  yater- 
Iftndlschen  Alterthums:  Neue  llittheüangen  ans  dem  Gebiete  hiator.- 
antiquarischer  Forschungen,  14.  Band,  1.  Heft,  1876. 

4016.  Hambnrg,  Verein  fllr  Hambnrgische  Geschichte:  Mittheilungen 
Nr.  1—8,  vom  Monat  October  bis  Ende  Deoember  1677. 

4017.  Hannover,  histor.  Verein  Ar  Niedersachsen:  Zeitschrift,  Jahrgg.  1876 
und  88.  Nachricht,  1876. 

4018.  Harlem,  Bureau  sdentHlque  central  N^erlandeis:  Ardiives  N^r- 
landaises,  Tomo  XD.,  1877. 

4019.  Helsingfors,    die   finnlftndische    Gesellschaft   der  Wissenschaften: 

a)  Förbandlingar,  18.  Band.,  Jahrgg.  1876—76;  —  b)  Bidrag  tili 
kännedom  af  Finnlands  Natur  och  Folk,  20.,  25.  und  26.  Heft;  — 
c)  Observations  M^t^orologiques,  Jahrgg.  1874. 

4020.  Hermannstadt,  Verein  f&r  siebenbOrgische  Landeskunde:  a)  Pro- 
gramm des  Gymnasiums  zu  Hermannstadt  des  Schuljahres  1875  76 ; 

—  b)  Jahresbericht  des  Vereines  vom  1.  August  1675  bis  letsten 
Juli  1876;  —    c)  Archiv,  N.  F.  13.  Band,  1.-3.  Heft,  1876—77. 

4021.  Innsbruck,  Ferdinandeum :  Zeitschrift,  8.  Folge,  21.  Heft,  1877. 

4022.  Kiel,  königl.  schlesswig-hoUstein-lauenbnrgiscbe  Gesellschaft  ftlr 
Geschichte  dieser  HerzogthQmer:  a)  Zeitschrift,  7.  Band,  1877;  — 

b)  Register  zum  Diplomatarium  des  Klosters  Arensböck,  1877. 

4023.  Klagenfurt,  Staatsobergynmasiam :  Programm  des  Studien^jahres  1877 . 

4024.  Köln,  histor.  Verein  (^r  den  Niederrbein:  Annalen.  81.  Heft,  1877. 

4025.  Königsberg,  könjgl.  und  Universit&ts-Bibliothek :  Altpreussiscbe 
Monatsschrift,  N.  F.  Jahrgg.  1877,  1.— 8.  Heft. 

4026.  Kopenhagen,  königl.  dänische  Gesellschaft  ftU*  nordische  Alterthums- 
künde:  a)  M^moires  N.  Serie,  187&— 76;  -  b)  TiUseg,  Jahrgg.  1876; 

—  c)  Aarboger,  Jahrgg.  1876,  8.  und  4.  Heft. 

4027.  Krakau,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Bozprawy  i 
Sprawozdania  z  Posiedz^n,  tomo  III.,  V.,  1876,  VI.  und  VII.,  1877 ; 

—  b)  Rocznik  Zarzadu,  Jahrgg.  1876 ;  -  c)  Zbiör  Wiadomösci  do 
Antropologü  Krakow^j,  tomo  I.,  1877;  —  d)  Monumenta  Medii 
Aevi  Historica,  tomo  IL,  1876. 

4028.  Laibach,  Obergymnasitun:  Jahresbericht  1877. 

4029.  Lausanne,  Soci^t^  d'histoire  de  la  Suisse  romande:  M^moires  et 
Documents,  tome  84,  1877. 

4080.  Leeuwarden,  Gesellschaft  ftir  friesische  Geschichte,  Alterthums-  und 
Sprachenkunde:  a)  De  Vrije  Fries  MetigetiHgen,  18.  Band,  8.  Folge, 


—  xxvn  — 

1.  TheOy  2.,  8.  und  4.  Stück;  —  b)  48.  Yenlag  der  Handelingen 
fltr  dM  Jahr  1875  76. 

4031 .  Leiden,  Maatsclu^py  der  Nederlandscbe  LeCterkunde :  a)  Verzeichnis« 
der  Mit^ieder  rom  15.  Juni  1876;  —  b)  Handelingen  en  Mededee- 
lingen  vom  Jahre  1876;  -^  c)  Levensberichten  der  afgestonrene 
Medeleden,  Beilage  zu  den  Handelingen  Tom  Jahre  1876. 

4032.  Ijdpzig,  deutsche  morgenlindische  Gesellschaft:  a)  Zeitschrift, 
Register  sn  den  Bänden  21--80;  —  b)  Zeitschrift,  81.  Band, 
1.,  2.,  8.,  und  4.  Heft,  1877;  --  c)  Catalog  Nr.  9.  Von  Fried. 
Andr.  Perthes,  1877. 

4033.  Leoben,  Realgymnasium:  11.  Jahresbericht,  1877.  Oberrealschule: 

2.  Jahresbericht,  1877. 

4084.  Lfibek,  Verein  Ar  Lflbek'sche  Geschichte  und  Alterthumskunde : 
a)  Zeitschrift,  8.  Band,  8.  Heft,  1876;  —  b)  Jahresbericht  pro  1875 
imd  1876. 

4035.  Ltaebnrg,  Ältertfanms-Verein :  Urkundenbach  der  Stadt  Lüneburg, 
8.  Band,  von  1887—1402.  Lfineburg,  1877. 

4086.  Lnxembourg,  histor.  Section  des  Institutes  (Soci^t^  arch^ologique) 
Charte  de  U  Familie  de  Reinach  vom  Jahre  1221  -1455,  Fascikel  1 
Lozemboarg,  1877. 

4037.  Lnzem,  histor.  Verein  der  fhnf  Orte  Luzem,  Uri,  Schwyz,  Unterwai- 
den und  Zug:  a)  Der  Geschichtsfrennd,  82  Band,  1877;  —  b)  Re- 
gister zum  21.  bis  inclus.  80.  Band  des  Geschichtsfreundes,  2.  Band. 

4088.    Marburg,  Staatsgymnasium :  Programm  des  Stiidieigahres  1877. 

4039.  Mets,  die  Akademie  der  Wissenschaften:  Memoires,  8.  Serie, 
5.  Jahrgg.,   1877. 

4040.  Mitan,  die  kurländ.  Gesellschaft  ftkr  Literatur  und  Kunst :  Sitzungs- 
berichte aus  dem  Jahre  1876. 

4041.  Mons,  Sod^t^  des  Sciences,  arts  et  des  lettres  du  Hainaut:  M4- 
moires  et  Publications,  4.  Serie,  2.  Band,  ]877. 

4042.  Montb^liard,  Sod^t^  d'  emulation :  M^moires,  3.  Serie,  1.  Band,  1877. 

4043.  München,  kdnigl.-bairische  Akademie  der  Wissenschaften:    a)  Sit- 

zungsberichte der  philos.-philolog.-histor.  Glasse,  5.  Heft, 
Jahrgg  1876,  l.,  2.  Heft,  Jahrgg.  1877;  —  b)  Abhand- 
longen der  histor.  Glasse,  18.  Band,  2.  Abth,  1877:  — 
c)  Dr.  R.  Freiherr  von  Liliencron :  Ueber  den  Inhalt  der 
allgemeinen  Bildung  in  der  Zeit  der  Scholastik,  1876. 

4044.  -*  histor.  Verem  von  und  ftir  Oberbaiem :  Archiv,  80.  Band, 

8.  Heft,  1870-71,  85.  Band,  2.  und  8.  Heft,  1875-76. 

4045.  —  Der  Alterthumsverein :  Die  Wartburg,  IV.  Jahrgg,  1876/77, 

Nr.  10—12;  —  V.  Jahrgg.,  1877  78,  Nr.  1—6. 

4046.  —  könif^.  allgemeines  Reichsarchiv :  Archivalische  Zeitsdirift^ 

1.  Band,  1876. 


-  xxvni  — 

4047.  Mnoster,  literariBcher  Handweiser:   16.  Jalirgg.,  1877,  Nr.  4—18. 

4048.  Neuburg  a.  d.  Donau,  histor.  Filial-Yerein :  Gollectaneenblatt  für 
die  Geschichte  Baierns,  40.  Jahrgg.,  1876. 

4049.  Nflmberg,  germanisches  Museum :  a)  Anzeiger  ftir  Kunde  der  deut- 
schen Vorzeit,  N.  F.  24,  Jahrgg.  1877 ;  —  b)  23.  Jahresbericht  für 
das  Jahr  1877. 

4050.  Pettau,  landschafU.  Realgymnasium:  8.  Jahresbericht,  1877. 

4051.  Pesth,  königl.  ungarische  Akademie  der  Wissenschaften:  Archaeo- 
logiai  l^sitö,  Jahrgg.  1877. 

4052.  Petersburg,  kaiserl.  archeologische  Gommission:  Rapport,  Jahr- 
gang 1872,  78  und  74. 

4053.  Poitieres,  Gesellschaft  der  Alterthumsforsch^r  des  westlichen  Frank- 
reichs: a)  Bulletin  des  1.  bis  4.  Quartal,  1877;  —  b)  Mtooires, 
40.  Band,  Jahrgg.  .1876,  Fase.  1. 

4054.  Porrentrui,  la  Sod^t^  jurassienne  d'emulation:  L' Emulation  Joras- 
sienne  reyue  mensuelle  Utteraire  et  scientifique,  U.  Jahrgg.,  1877., 
für  die  Monate  April,  Mai  und  Juli. 

4055.  Prag,   königl   böhmische  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  a)  Sit- 

zungsberichte, Jahrgg.  1876 ;  —  b)  Abhandlangen  der  philos.- 
histor.-philolog.  Glasse  und  der  mathematisch-naturwissen- 
schaftlichen Glasse  vom  Jahre  1875  und  76,  sechste  Folge, 
8.  Band,  1877;  —  c)  Jahresbericht  pro  1876. 

4056.  —     Verein  für  die  Geschichte  der  Deutschen  in  Böhmen:  Mitthei- 

lungen, 15.  Jahrgg.,  4.  Heft,  1877,  16.  Jahrgg.  1.,  2.,  3.  Heft. 

4057.  —      Lese-  und  Redehalle  der  deutschen  Studenten :  Jahresbericht 

des  Verein^ahres  1876/77. 

4058.  Roma,  die  königl.  Akademie  dei  Lincei:  Atti,  Serie  3  ■*,  Volume  V\ 
Jahrgg.  1877,  vom  April  bis  Ende  Juni  1877. 

4059.  Salzburg,  Gesellschaft  für  Salzbnrger  Landeskunde :  a)  Mittheilungen 
des  17.  Vereinsjahres  1877,  1.  und  2.  Heft;  —  b)  Die  Gefäss- 
pflanzen  des  k.  k.  botanischen  Gartens  in  Salzburg,  H.  Spezieller 
Theil,  1.  Heft,  1877;  —  c)  Matsee.  Eine  Festgabe  zum  llhundert- 
jfthrigen  Gedächtnisstage  des  Stiftes  Matsee,  1877.  (Von  Dr.  F. 
V.  Zillner.) 

4060.  Schmalkalden,  Verein  für  hennebergische  Geschichte  und  Landes- 
kunde: Zeitschrift,  2   Heft,  1877. 

4061.  Schwerin,  Verein  für  mecklenburgische  Geschichte  und  Alterthums- 
knnde:  Jahrbücher  und  Jahresbericht,  42.  Jahrgg.,  1877. 

4062.  Sigmaringen,  Verein  für  Geschichte  und  Alterthumskunde  in  Hohen- 
zollem:  Mittheilungen,  10.  Jahrgg.,  1876/77. 

4068.   Speier,  histor.  Verein  der  PfieOz:  Mittheilungen,  6   Band,  1877. 
4064.   Stade,  Verein  für  Geschichte  und  Alterthum:    Archir,  6.  Band, 
1877. 


—  XXIX  — 

40S5.  StefiMumiiiger,  lii8tor.-are]iftologi8cha>  Verein:  A  Tasmegyei  R6g6- 
Bieti-Eforlet  M  Jelent^se,  6.  Heft»  1877. 

4066.  Stetttn,  die  Gesellschaft  ft^  Pommer'sche  Oeschichte  und  Alter- 
thimiskimde :  Baltische  Stadien,  27.  Jahrgg.,  Doppelheft,  1877,  und 
39.  Jahresbericht 

4067.  Strassbnrg,  la  Sod^t^  ponr  la  Consenration  des  Monuments  histori- 
ques  d'Alsace:   Sitzungsberichte  des  Jahres  1877  die  Nr.  2—8. 

4068.  Stuttgart,    königl.   statistisch  -  topografisches  Bureau:    Württem- 

bergische Jahrbücher  ftlr  Statistik  und  Landeskunde, 
Jahrgg.  1876,  l.>-4.  Heft,  und  Jahrgg.  1877,  8.  Heft. 

4069.  ~         württembergischer    Alterthumsverein :    Festschrift   sur 

Tierten  Säcular- Feier  der  Eberhard -Karls -Universität 
zu  Tübingen,  1877. 

4070.  Triest,  la  Sodetk  del  Gabinetto  di  Minerva:  Archeografo  Triestino, 
Jahrgg.  1876.  N.  S.,  4.  Band,  Fasdkel  1—4  und  Jahrgg.  1877, 
5.  Band,  Fase.  1—4. 

4071.  Ulm,  Yerem  fikr  Kunst  und  Alterthum:  a)  Correspondenzblatt, 
2.  Jahrgg.,  1877,  Kr.  5—12;  —  b)  Ulm  und  sein  Münster.  Eine 
Festschrift  zur  Erinnerung  an  den  80.  Juni  1377  von  Friedrich 
Pressel.  Ulm,  1877. 

4072.  Utrecht»  histor.  Genootschap :  a)  Werken,  Neue  Serie,  Nr.  26, 1877 ;  — 
b)  Register  zur  Krongk,  Berichten  und  den  Codex  Diplomaticus,  1877. 

4073.  Venedig,  L'istituto  Yeneto  di  scieuze,  lettere  ed  arti:  Atti,  tomo 
2^,  Serie  quinta,  dispensa  10»«,  1875—76;  —  tomo  8««,  serie 
quinta,  dispensa  1**,  und  7»*,  1876  77. 

4074.  Washington,  Smithsonian  Institution:  Annual  Beport  ftlr  das 
Jshr  1875. 

4075.  Wernigerode,  Harzverein  ftlr  (jeschichte  und  Alterthumskunde : 
ErgSnzongsheft  zum  9.  Jahrgange  der  Zeitschrift  des  Harzvereines 
illr  Gesdiichte  und  Alterthumskunde,  dann  Zeitschrift,  10.  Jahrgg., 
1877. 

4076.  Wien,  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Sitzungsberichte, 

82.  Band,  8.  Heft,  1876,  88.  Band,  1.— 4.  Heft,  1876 ;  — 
b)  Archiv,  54.  Band,  2.  Hälfte,  1876;  —  c)  Fontes  Rerum 
Aastriacamm,  89.  Band,  IL  Abth.,  1876. 

4077.  -     k.  k.  Gentral-Gommission  zur  Erforschung  und  Erhaltung  der 

Kunst-  und  histor.  Denkmale:  Mittheilungen,  Jahrgg.  1877, 
N.  F.  8.  Band,  1.-4.  Heft. 

4078.  —     k.   k.  geografische   Gesellschaft:  Mittheüongen,   19.  Band, 

der  neuen  Folge  9.,  Wien,  1876. 

4079.  —     Verein  ftlr  Landeskunde  in  Niederösterreich:    b)  Blätter, 

N.  F.,  10.  Jahrgg.,  1876;  —  b)  Topographie  von  Nieder- 
österreich, 2.  Bandy  1.  und  2.  Heft,  1876. 


—  XXX  — 

4080.  Wien«  Heraldischer  Verein  Adler:  Jahrbuch,  3.  Jahrgg.,  1876. 

4081.  —     Archäologisch-epigraphisches  Seminar  der  k.  k.  UoiTersität: 

Archäologisch-epigraphische  Mittheilungen  aus  Oeeterreicfa, 

1.  Jahrgg.  1877,  1.  und  2.  Heft. 

4082.  —     Alterthumsverein :    Berichte    und   MittheQongen ,    16.   and 

16  Band,  Jahrgg.  1876  und  76. 

4083.  —     Toofäst:    9.  Jahrgg.,    1877,    1.  Band,  Nr.  9—12,   dann 

2.  Band,  Nr.  1—12. 

4084.  —     Deutsch-Österr.  Leseyerein  der  Wiener  Hochschulen :  Jahres- 

bericht des  I.  Yerein^ahres,  1877. 
4086.      —     akademische  Lesehalle  an  der  Universit&t:  7.  Jahresbericht, 
1876/77. 

4086.  ~     Leseverein  der  deutschen  Studenten:  Jahresbericht  über  das 

6.  und  6.  Yereumjahr  1875  und  76. 

4087.  Wiesbaden,  Verein  f&r  nassauische  Alterthnmskunde  und  Geschichts- 
forschung: a)  Annalen,  14.  Band,  1.  und  2.  Heft,  1875—77;  — 
b)  Römische  Wasserleitungen  in  Wiesbaden  und  seiner  Umgebung« 
4.  Heft.  (Von  Dr  K.  Reuter.)  lo77. 

4088.  Würzburg,  histor.  Verein  ftir  Uuterfranken  und  Aschaffenburg : 
a)  Archiv,  24.  Band,  1.  Heft,  1877;  —  b)  Die  Geschichte  des 
Bauernkrieges  in  Ostfranken.   (Von  Magister  Lorenz  Fries.)  1876. 

4089.  Zürich,  antiquarische  Gesellschaft:  Mittheiluugen,  recte  Neigahrs- 
blätter,  Nr.  40  und  41,  gedruckt  1876-77. 

3.  Duroli  Ankauf. 

4090.  Darmstadt,  Gesammtverein  der  deutschen  Gesehichts-  und  Alter- 
thumsvereine :  Oorrespondenzblatt,  Jahrgg.  1877. 

4091.  Linz,  Museum  Frandsco-Carolinnm :  ürkundenbuch  des  Landes  ob 
der  Enns,  7.  Band,  1876. 

4092.  Mainz,  römisch-germanisches  Gentral-Museum :  Die  Alterthflmer 
unserer  heidnischen  Vorzeit  Von  Dr.  L.  Lindenschmit  7.  und 
8.  Heft  des  8.  Bandes,  1877. 


B.  Für  das  Archiv* 

1.  Urkunden  und  Aoten. 

Geschenk  von  den  Herren : 

1616.  Aust  Anton,  Gewerksarzt  zu  Gaal  bei  Knittelfeld:  4  Stack  Foto- 
grafien, und  zwar:  Ansichten  von  Seckau  und  Judenburg. 

1616.  Meixner  Anton,  Gaplan  in  St.  Veit  am  Vogau :  Einige  alte  Urkunden 
(Kaufbriefe). 


—  XXXI  — 

1617.  Mulley  Ednard,  Gewerkinhaber  zu  Weitenstein:  Ein  Urbar  von 
Weitenstein  n.  a.  und  4  Lehnbriefe. 

1618.  Othoniel  ....  in  Graz,  2  Stück  Kaufbriefe  aus  dem  17.  Jahr- 
hundert. 

1619.  Schönegger Oberlehrer:  a)  Yisitations-Bericht  des  lüosters 

Neaberg  Tom  Jahre  1544;  b)  Protokoll  zur  Schule  Neuberg  gehörig, 
Yom  Jahre  1795. 

2.  Handscliriften. 

1620.  Andmth  in  Schwanberg  schenkt  eine  Copie  des  Testaments  der 
Freifran  von  Ortenhofen  im  Schlosse  Limberg  bei  Schwanberg, 
▼om  19.  October  1696  und  Protokollsauszflge. 


C.  Für  die  Kunst-  und  Alterthums- 

Sammlung. 

Geschenk  Ton  den  Herren: 

1144.  Machatschek,  Dr.  in  Weiz:  Ein  metallenes  Plättchen. 

1145.  Othoniel in  Graz:   Ein   StQck  Wiener   Stadt-Bancozettel 

per  10  fl.,  vom  1.  Juni  1806. 

1 146.  Bazlag,  Dr.  und  Gfiterverwalter  in  Rann :  Mehrere  alterthUmliche 
Bruchziege]  und  ein  Salzklumpen,  aufgefunden  in  Tomovo  an  der 
Stelle  des  römischen  Neviodurum  in  Krain. 


B. 


Abhandlungen. 


Johann  Ritter  von  Kalchberg, 

lii  leilrag  zar  Lileralorgescbieble  des  achlzehnien  JalirhoDderU. 


Von 

I>f.  All  ton  SeliloHsai*. 


JNicht  immer  blühte  und  grünte  das  Dichterleben  in  der 
Steiermark  so  lebendig  und  frisch,  wie  zu  den  Zeiten  der 
Mimies&nger:  Rudolf  von  Stadegge,  Harrand  von  Wildon, 
Ottokar,  wie  zu  den  Zeiten  jenes  Ulrich  von  Lichtenstein, 
der  zwar  als  phantastischer  Abenteurer,  nicht  minder  aber 
auch  als  Dichter  und  zwar,  so  vielfach  die  Ansichten  über 
die  Bedeutung  der  Dichtungen  Ulrich's  auch  auseinandergehen, 
Zugestandenermassen  als  einer  der  hervorragendsten  Sänger 
jener  Zeit  bekannt  geworden  ist.  In  der  That  hatten  in  der 
Folge  die  Bitter  bald  Kühneres  zu  unternehmen,  als  zu  „singen 
und  zu  sagen*'.  Die  Zeit  des  Ernstes,  des  Eisens  brach  bald 
nach  der  romantischen  Periode  der  Kreuzzüge,  in  der  sich 
ganze  Völker  fbr  die  Wiedergewinnung  eines  kleinen  Stückchens 
«häUgen  Landes''  begeistern  konnten,  herein,  die  Lieder, 
wdehe  froher  in  den  schönen,  grünen  Gauen  erklungen  waren, 
übert&nbte  und  übertönte  das  Waffengeklirr.  Einbrüche  von 
Horden  wilder  Völker  des  Ostens,  Fehden  und  Kämpfe  her- 
Torragender  Geschlechter  unter  sich  erstickten  die  edlen  Künste 
des  Friedens  und  wenn  auch  der  eine  oder  der  andere  Lieder- 
mond  seine  Stimme  erhob,  so  verhallte  dieselbe  doch  bald  in 
den  Wirren,  in  dem  Tosen  und  Kämpfen  der  Zeit. 

So  zogen  wohl  Jahrhunderte  vorüber.  Das  materielle 
Leben  einzelner  Völker,  einzelner  Geschlechter  hob  sich  auch 
wohl,  Regenten  vergrösserten  ihre  Macht  und  waren  für  das 

mihcU.  d«s  liist.  VarclBcs  f.  8t»lermark.  ZZVL  Heft,  1878.  1* 


—  4  — 

Wohl  ihrer  Unterthanen  bedacht,  aber  eine  ruhige  Entwicklung 
des  Geisteslebens  konnte  nicht  erfolgen,  Künste  und  Wissen- 
schaften mussten  darniederliegen,  bis  nicht  eine  andere  Zeit 
gekommen  war,  eine  Zeit,  in  der  die  Geschlechter  auch  im 
Innern  sich  bilden,  wachsen,  gedeihen,  erstarken  konnten,  eine 
Zeit,  die  alles  Niedergerissene  wieder  aufrichten  musste 
und  darauf  erst  den  Bau  der  Gesittung,  der  edleren  Bildung 
und  Cultur  weiter  fortsetzen  konnte.  Lange,  unendlich  lange 
dauerte  es,  bis  diese  Zeit  einbrach,  bis  die  Morgenröthe  eines 
neuen  Tages  herüberschimmerte,  bis  es  sich  in  den  Geistern 
wieder  regte  und  sie  zum  Bewusstsein  ihrer  selbst  brachte. 
Von  bedeutenderen  literarischen  Bestrebungen  auf  steirischem 
Boden  weiss  erst  das  achtzehnte  Jahrhundert  wieder  zu  be- 
richten und  auch  von  diesem  Jahrhunderte  sind  es  die 
letzten  Jahrzehnte,  in  denen  einzelne  Gestalten  hervortreten, 
die  eine  grössere  geistige  Regsamkeit  bekunden,  die  gleichsam 
den  Nachhall  bilden  jener  grossartigen  ^  geistigen  Bewegung, 
welche  sich  zu  derselben  Zeit  im  nördlichen  Deutschland 
kundgab. 

Man  ist  allgemein  der  Ansicht,  dass  das  literarische 
Leben  auch  das  ganze  vorige  Jahrhundert  hindurch,  ja  noch 
zu  Anfang  unseres  Säculums  in  der  Steiermark  ganz  ohne 
Bedeutung  gewesen  und  derjenige,  welcher  es  zu  vergleichen 
wagt  mit  dem  jener  genialen  Geister,  welche  der  ganzen  Zeit 
die  Bezeichnung  der  classischen  Literaturperiode  gegeben, 
welche  als  Neubegründer  unserer  Dichtung  überhaupt  aufge- 
treten waren  und  von  denen  an  man  eigentlich  ei*st  wieder 
von  einer  deutschen  Dichtkunst  sprechen  konnte,  mag 
Recht  haben;  im  Irrthume  jedoch  befindet  sich  jener,  der 
Steiermark  noch  zu  jener  Zeit  als  ganz  öde  und  trostlos,  als 
in  geistiger  Beziehung,  in  literarischer  Hinsicht  todt  betrachtet 
Dass  dies  eben  nicht  so  ganz  der  Fall,  habe  ich  schon  öfter 
zu  zeigen  versucht  ^),  dass  insbesondere  eine  literarisch,  nicht 


*)  Vgl.  mein  Buch:  Innerösterreichisches  Stadtleben  vor  hundert  Jahren. 
(Wien  1877.)  IV.  Literatur.  Dichtung. 


-   5  — 

nur  für  die  Steierinärker  interessante  Persönlichkeit  damals 
auftaachte  und  seitdem  in  unverdiente  Vergessenheit  gerieth, 
dies   nachzuweisen  ist   der  Zweck  der  nachfolgenden  Blätter. 

Schon  Const.  v.  Wurzbach  hat  in  seinem  biographischen 
Lexicon  ^)  die  Aufmerksamkeit  neuerdings  auf  Johann  Ritter 
V.  Kalchberg  gelenkt,  allerdings  nur  insoweit,  als  es  in  dem 
Plane  dieses  ausgezeichneten  lexicalischen  Werkes  gelegen 
sein  konnte,  eine  eingehendere  Besprechung  K  a  1  ch b  e  r  g's  ist 
nirgends  erschienen  und  selbst  der  Nekrolog,  welcher  im 
Todesjahre  des  Dichters  in  der  „Steiermärkischen  Zeitschrift** 
(VIII.  Heft,  1827.  S.  45  ff.)  von  Professor  Appel  verfasst, 
das  Wirken  Kalchberg's  schilderte,  verwandte  nicht  viele 
Seiten  zu  seiner  Darstellung  und  davon  wieder  nur  eine  Zahl 
von  Zeilen  möchte  ich  beinahe  sagen,  zur  Entwicklung  der 
literarischen  Bedeutung  des  Mannes,  obgleich  derselbe  manches 
Jahr  hindurch  Mitarbeiter,  Mitherausgeber,  ja  Begründer  dieser 
Zeitschrift  '^)  gewesen  und  dieselbe  ja  gewissermassen  berufen 
erschien,  die  Bedeutung  Kalchberg's  für  die  Geschichte 
des  Geisteslebens  seiner  Zeit  eingehend  zu  würdigen;  schon 
waren  ja  zwei  Gesammtausgaben  der  Werke  des  Dichters  er- 
schienen und  beide  in  der  kürzesten  Zeit  vergriffen,  schon 
hatte  derselbe  die  Aufmerksamkeit  der  weitesten  Kreise  auf 
sich  gelenkt  und  zahlreiche  Anerkennungen  des  In-  und  Aus- 
landes für  seine  Thätigkeit  erhalten. 

Ich  habe  mich  nun  schon  seit  längerer  Zeit  eingehend 
mit  dieser  für  die  Steiermark  nicht  nur  in  literarischer  Hin- 
sicht, sondern  auch  in  vielen  anderen  Beziehungen  interessanten 
Persönlichkeit  beschäftigt  und  bin  auf  Grundlage  dessen  in  Ver- 
bindung mit  einem  mir  von  den  noch  lebenden  Familiengliedern 
Kalchberg's  freundlichst  überlassenen  wichtigen  Material, 
welches  den  Dichter  betrifft,  im  Stande,  in  dem  Nachfolgenden 


•)  X.  TM.  S.  379  ff. 

')  Die  interessantesten  Aufschlasse  hierüber  gibt  die  im  steierm.  Landes- 
Archire  befindliche  Sammlung  einer  grossen  Zahl  (aber  100)  von  Ori- 
giiuübriefen  des  Erzherzog  Jobann  an  Kalchberg. 


—  6  — 

eine  etwas  eingehendere  Schilderung  seines  Lebens  und  Wirkens 
zu  entwerfen,  insbesondere  ist  es  die  von  der  Tochter  Kalch- 
berg's:  Emilie  verfasste  Biographie,  die  über  so  viele  Ver- 
hältnisse, welche  man  bisher  nicht  kannte,  die  trefflichsten 
Au&chlttsse  gibt  0- 

In  einer  der  lieblichsten  Gegenden  der  oberen  Steiermark, 
in  dem  schönen  Milrzthale,  dort,  wo  in  einer  freundlichen 
Erweiterung  desselben  die  jugendliche  Mttrz  ihre  dunkeln 
Wellen  durch  lachende,  waldumkränzte  Wiesen  und  Felder 
schlängelt  und  sich  mit  dem  Veitschbach  vereinigt,  erblickte 
Kalchberg,  unser  Dichter,  das  Licht  der  Welt  Die  Gross- 
eltern desselben  von  väterlicher  Seite:  Veit  Kalchegger, 
Wirth  in  Wartberg  (f  1726)  und  Johanna  Katharina  Kalch- 
egger (t  1707),  waren  schlichte  Bürgersleute.  Deren  Sohn, 
Josef  Jakob  Erhard  Kalchegger  wurde  1704  geboren 
und  verehlichte  sich  nicht  weniger  als  viermal,  nämlich  am 
21.  April  1727  mit  Anna  Maria  Fasching,  der  Witwe  eines 
Wirthes  Josef  F  a  s  c  h  i  n  g  in  Krieglach,  eine  Ehe,  die  kinderlos 
geblieben  zu  sein  scheint  ^) ;  die  zweite  Ehe  schloss  Kalchegger 
mit  Katharina  Kippner  von  Kapfenberg,  ein  Bündniss,  das 
mit  5  Kindern:  Maria,  Anna,  Josef,  Katharina  und  Appolonia 
gesegnet  war;  bei  dem  im  Jahre  1756  geborenen  Kinde  Josef 
steht  im  Taufbuche  die  Notiz :  „Dass  Herr  Josef  Kalchegger, 
Wirth  in  Krieglach  Nr.  75,  anjetzo  nobilisirt  Herr  von  Kalch- 
berg auf  Pichl  heisse*'  ^).  Nachdem  im  Jahre  1760  auch  die 
zweite  Gattin  in  Folge  der  letzten  Entbindung  gestorben  war, 


*)  Herr  Joh.  Rösch,  Kaplan  in  Köflach,  Mitglied  des  histor.  Vereines 
für  Steiermark,  hat  mir  ausserdem  noch  in  liebenswürdiger  Freund- 
lichkeit seine  Aufzeichnungen  über  die  Familie  des  Dichters  zur  Ver- 
fügung gestellt,  welche  er  selbst  aus  den  Kirchenbüchern  in  Krieglach, 
woselbst  der  Herr  Kaplan  frither  weilte,  ausgezogen.  Ich  spreche 
dem  genannten  geistlichen  Herrn  für  diese  Mittheilung  hier  meinen 
besten  Dank  aus. 

')  Oder  wohnte  die  Familie  nicht  in  der  Pfarre  Krieglach?  in  dem  Kir- 
chenbuche erscheint  kein  Kind  aus  dieser  Ehe  verzeichnet 

^  Diese  Notiz  ist  jedenfalls  erst  später  beigefügt  worden,  da  Kalchegger, 
wie  Wurzbach  richtig  anführt,  mit  Diplom  vom  30.  Dezember  1760 


—  7  — 

verehlichte  sich  Kalchegger  von  Kalcliberg  mit  Frau  Anna 
Maria  de  la  Mare,  geb.  von  Kronenberg,  verwitweten  Baro- 
nesse von  Ghablkbofen.  Zwei  Kinder :  Johann  Franz  und  Johann 
Nep.  entsprossten  dieser  Ehe;  am  6.  August  1763  (gerade 
am  Geburtstage  des  zweiten  Kindes)  wurde  Kalchegger  von 
Kakhberg  unter  die  Stände  Steiermarks  aufgenonunen.  Endlich 
schloss  er  noch  eine  Ehe  mit  Anna  Wampl  Edle  von 
Summersdori^  welcher  drei  Kinder  entsprossten:  Johann, 
unser  Dichter,  femer  Alois  und  Franz.  Dreizehn  Jahre  nach 
der  Geburt  des  ersteren  starb  Job.  Erhard  von  Kalchberg 
(1778),  welcher  an  der  Aussen  wand  der  Pfarrkirche  zu  Krieglach 
begraben  liegt,  ein  roh  gemaltes  Kreuz  und  die  Bilder  Kalch- 
eggef  s  und  seines  Schwiegervaters,  der  ebenfalls  hier  begraben 
worden,  bezeichnen  die  Grabstelle,  die  heute  Übrigens  schon 
sehr  vernachlässigt  ist 

Der  15.  März  1765  ist  der  Geburtstag  des  Mannes,  auf 
welchen  nachstehende  Blätter  wieder  die  Aufmerksamkeit  lenken 
sollen  und  der  in  der  Taufe  den  Namen  Johann  Nep.  Franz 
Georg  erhielt. 

Johann  von  Kalchberg  war  von  der  Geburt  an  ein  zartes 
schwächliches  Kind,  dem  die  Pocken  schon  früh  mit  immer- 
währender Blindheit  drohten ;  da  er  auf  dem  väterlichen  Schlosse 
Pichl  mitten  in  der  herrlichsten  Naturumgebpg  lebte,  erstarkte 


in  den  Adelsstand  erhoben  worden  ist;  die  bezeichnende  Stelle  des 
D^loms lautet:  . . .  „Wann  Wir  nun  gnädigst  angesehen,  wahrgenohmeu 
and  betrachtet  haben,  die  adeliche  gute  Sitten,  Tugenden,  Vernunft 
und  Geschicklichkeit^  deren  uns  der  Josef  Kalchegger  zu  Krieglach 
inUnserm  Erb-HerzogthumSteyermarckt  besonders  angerQhmet  worden, 
anbey  auch  zu  Gemüth  geführet,  dass  er  nicht  nur  allein  bey  denen 
während  gegenwärtigen  Krieg  häülTig  vorgekommenen  Militär  Märchen 
sich  willfährigst  gebrauchen  lassen,  sondern  auch  das  auf  Tabac- 
poBtinmg  gestandene  Garlst&dtische  Militar-Gommando  sowohl  mit 
der  Ldhnniig,  als  mit  dem  Brod  fast  in  die  zwey  Jahre  versehen, 
nod  die  hierzu  erforderliche  Mittel  aus  seinem  Seckel  vorgeschossen 
. . .  habe  .  . .  Als  haben  Wir  . . .  ihme  ...  in  den  Grad  des  Adels 
erhoben  . . .  ihme  auch  das  Prssdicat  von  Kalchberg  gnädigst  beygelcgt.'* 
Vgl.  Original-Adelsdiplom  im  steierm  Landesarchiv. 


_  8   -  - 

er  aber  bald.  Den  ersten  Unterricht  erhielt  der  Knabe  mühsam 
von  einem  alten  Fräulein,  das  im  Schlosse  lebte.  Nach  dem 
Tode  des  Vaters,  der,  wie  oben  erwähnt,  schon  im  dreizehnten 
Lebensjahre  des  Dichters  erfolgte,  wurde  er  einem  benach- 
barten Pfarrer  in  Hohenwang  übergeben,  um  den  ersten 
Unterricht  im  Latein  von  diesem  zu  erhalten.  Dieser  Pfarrer 
war  aber  ein  übler  Pädagoge  und  Misshandlungen  aller  Art 
von  Seite  desselben  flössten  dem  Knaben  eine  gewisse  Scheu 
gegen  Jedermann  ein,  die  sich  erst  spät  verlor,  ja  im  späten 
Alter  noch  war  es  ihm  nicht  möglich,  diese  unangenehmen 
tiefen  Eindrücke  seiner  Jugend  ganz  zu  verwischen. 

Endlich  im  Jahre  1781  kam  der  nun  dem  Jünglingsalter 
entgegenreifende  Knabe   in  das   k.   k.  Seminarium  (Convict) 
naoli   Graz,   dessen   Oberleitung  Caspar  ßoyko,   ein   Mann 
führte,  welcher  nicht  nur  auf  dem  Gebiete  der  Kirchengeschichte 
als  Gelehrter  Ausgezeichnetes  geleistet  hatte,  sondern  der  sich 
auch  als  Bilder  der  Jugend  hervorgethan  O-  Kalchberg  floh 
hier   den   munteren  Kreis   seiner  Collegen,    die  ihn  desshalb 
auch    nicht  selten   verspotteten  und   noch  mehr   gegen   sich 
erbitterten.  Obgleich  er  sogar  gegen  die  Lecture  eine  Abneigung 
hatte,  so  brachte  ihm  doch  Einer  aus  dem  jugendlichen  Kreise 
einige  der  damals  beliebtesten  Dichter  und  Romane  und  bald 
darauf  wird  im  Lesen   der  Dichter  dem  Jüngling  eine  ganz 
neue  Zauber  weit  erschlossen.    Freilich  war  es  in  der  Anstalt 
streng  verboten,  Bücher  zu  lesen,  die  nicht  besonders  bewilligt 
worden  waren  und  gerade  die  Werke  der  damaligen  gährenden 
Dichtergemüther  gestattete  man  am  wenigsten,  doch  Uess  sich 
Kalchberg  durch   das  Verbot  nicht  abschrecken;   er  ver- 
schlang förmlich  insgeheim  den  Inhalt  der  ihm  zugekommenen 
Bände  und   lernte   die   hervorragenden   modernen  Literatur- 
grössen :  Klopstock,  Uz,  Lessing,  Rabener,  Herder  und  ihre  Zeit- 
genossen bald  genau  kennen  und  würdigen.  Royko,  der  gelehrte, 
trotz  seines   geistlichen  Standes  überaus   aufgeklärte   Mann, 
erkannte   in   dem  Jüngling  bald   den   strebenden   Geist,    er 


')  Ueber  Royko  vergl.  mein  „Innerösterr.  Stadtleben.**  V.  S.  20G. 


—  0   — 

würdigte  ihn  seines  näheren  Umganges,  öffnete  ihm  seine 
Bibliothek,  die  reich  war  an  allen  Werken  der  Gelehrsamkeit 
qikI  Dichtkunst  und  weckte  durch  Wort  und  That  und  durch 
<!ie  allgemeine  Huldigung,  die  er  genoss,  in  des  Jünglings 
Brust  die  ersten  Triebe  der  edlen  Ehrbegierde,  die  ihn  bis 
zum  Grabe  auf  der  Bahn  des  Wissens  und  Wirkens  rastlos 
Torwarts  trieb. 

Bas  Feld,  welches  er  ausser  seinem  Rechtsstudium,  dem 
^ieh  K  a  1  c  h  b  e  r  g  gewidmet  hatte,  am  meisten  liebte  und  auf 
dem  er  schon  früh  zu  arbeiten  begann,  war  das  der  Geschichte 
und  insbesondere  derjenigen  seines  engeren  und  weiteren 
Vaterlandes.  Noch  verhältnissmässig  jung,  besass  er  auf  diesem 
fiebiete  bereits  ausgezeichnete ,  hervorragende  Kenntnisse. 
»Der  Gegenwart  fremd,*  schreibt  die  Biographin  des  Dichters, 
^e  erwähnt,  seine  eigene  Tochter,  „in  der  sein  aufstrebender 
<^eist  sich  an  so  manchen  altergrauten  Vorurtheilen  verwun- 
dete, floh  er  gerne  in  das  majestätische  Reich  der  Yergan- 
i^enbeit,  in  dem  nur  das  Grosse  und  Erhabene  uns  entgegentritt, 
während  der  Schleier  der  Jahrhunderte  die  Erbärmlichkeiten 
des  alltäglichen  Lebens  in  seine  Schatten  hüllt.  ** 

Die  Heimatsgeschichte  gab  denn  auch  dem  begabten 
jungen  Manne  den  Stoff  zu  seiner  ersten  dramatischen  Arbeit 
»Agnes,  Gräfin  von  Habsburg".  Ich  komme  auf  den  literari- 
s<henWerth  dieses  Productes  weiter  unten  zu  sprechen,  hier 
sei  nur  bemerkt,  dass  dieses  Stück  um  so  mehr  überraschte, 
ab  es  auf  eine  Begebenheit  einer  hervorragenden  Familie  des 
I^des  gegründet  und  von  einem  Steiermärker  geschrieben  war. 
Zu  gleicher  Zeit  stand  Ealchberg  an  der  fUr  das 
W)en  so  wichtigen  Wahl  der  künftigen  Laufbahn.  Seine  Un- 
kenntnis8  der  Zeit-  und  Geschäftsverhältnisse  und  fremder 
ßath  verleiteten  ihn  leider  hiebei  zu  einem  Missgriffe,  den  er 
stets  bedauerte,  er  trat  nämlich  im  Jahre  1785  in  k.  k.  Bankal- 
iienste,  deren  prosaische,  trockene  Geschäfte  seinen  strebsamen 
^dichterischen  Geist  aber  so  wenig  ansprachen,  dass  er  sich 
^*rin  sehr  unglücklich  fühlte  und  sie  auch  schon  nach  einigen 
•Jahren  wieder  verliess.  Unterdessen  war  man  selbst  im  Aus- 


—   10  — 

lande  auf  die  liberarische  Thätigkeit  desJuDgen  Mannes,  van 
dem   17f8   das  Drama    „Die  Tempelherren''   und  ein  Band 
„Gedichte"  erschienen  waren,   aufmerksam  geworden  und  die 
arkadische  Gesellschaft  zu  Rom  sandte  ihm   ihr  Mitglieder- 
Diplom  zu.  Nachdem  Kalchberg  auch  die  Sammlung  „Früchte 
vaterländischer   Musen "^    und  noch    einige   dramatische  Dich- 
tungen,   auf  welche  ich  noch  zu  sprechen  komme,   vor   die 
OefiFentlichkeit  gebracht  hatte,  war  es  die  herzoglich  deutsche 
Gesellschaft  in  Jena,  welche  ihn,  „dessen  Liebe  zu  den  schönen 
Wissenschaften,  dessen  Eifer  fHv  die  Ehre  unseres  Vaterlandes 
den  würdigsten  Beifall  der  Kenner  und  den  Ruhm  eines  edel- 
müthigen  und  geschickten  Beförderers  der  deutschen  Literatur 
ihm  schon  längst  erworben  hat,  nach  Verdienst  und  einer  ihren 
Gesetzen  gemässen  Wahl  zu  ihrem  »vornehmen*  Mitgliede** 
ernannte. 

Was  die  Familienverhältnisse  betrifft,  so  vermählte  sich 
der  Dichter  schon  einige  Jahre  vorher  mit  einer  jungen  Witwe, 
die  ihm  aber  in  wenigen  Jahren  durch  den  Tod  entrissen 
wurde.  Eine  Reise,  die  er  daraufhin  unternahm,  führte  ihn 
nach  Italien,  dem  „Lande  der  Kunst",  sein  Geist  wurde  auch 
wirklich  darin  wunderbar  aufgerichtet ;  er  durchzog  ganz  Ober- 
Italien,  verweilte  längere  Zeit  in  den  romantisch-freundlichen 
Umgebungen  von  Görz  und  sah  mit  wehmüthigen  Empfindungen 
die  letzte  Vermählung  des  Dogen  von  Venedig  mit  dem  Meere 
und  damit  den  Tod  der  Republik.  Auf  der  Rückreise  über 
Triest  lernte  er  Therese  Sander,  ein  Mädchen  kennen,  das 
ihm  seine  erste  Gattin  theilweise  ersetzen  zu  können  schien ; 
ihre  Einwilligung  zur  Verehlichung  erhielt  er  bald,  aber  die 
Familie  des  Mädchens  legte  ihm  zahlreiche  Hindemisse  in 
den  Weg,  die  er  freilich  nach  kurzer  Zeit  besiegte  und  sich 
im  September  1790  zum  zweitenmale  vermählte.  Drei  Jahre 
verbrachte  er  mit  seiner  Gattin  auf  seinem  väterlichen  Schlosse 
Pichl,  an  dem  er  viele  Bauten  vornehmen  liess,  das  er  aber 
eingetretener  Familienverhältnisse  wegen  darnach  verkaufen 
musste.  Man  kann  sich  denken,  mit  wie  schmerzlichen  Geftlhlen 
er  sich  von  dem  ehrwürdigen  Bau,   den  der  Vater  bewohnt, 


—  11  — 

trennte;  hier,  in  den  Armen  der  lieblichen  Natur  hatte  sich 
ja  des  Dichters  Geist,  sein  Herz  entfaltet,  hier  „hatten  die 
Musen  zuerst  dem  jugendlichen  Sänger  gelächelt  und  die 
Ruinen  der  grauen  Vorzeit,  die  mit  heiligem  Ernste  von  der 
Berge  Spitzen  den  Lauf  der  Jahrhunderte  betrachten,  den 
regen  Sinn  für  Geschichte  und  Vaterland  in  des  Jünglings 
Brust  geweckt,"  hier  waren  in  der  That  auch  die  meisten  der 
lyrischen  Gedichte  entstanden,  welche  sich  in  der  im  Jahre 
1788  erschienenen  Sammlung  finden. 

Vom  Jahre  1791  an  datirt  sich  Kalchberg's  öffentliche 
Tfaätigkeit.  Nachdem  im  Jahre  1790  das  Schauspiel  ;,Die 
Grafen  von  Cilli^  erschienen  war  und  Kalchberg's  Name 
als  Dichter  und  Geschichtsschreiber  schon  einen  hervorragenden 
Rang  behauptete,  wählten  ihn  im  Jahre  1791  die  Stände 
Steiennarks  zum  Ausschussrath.  Er  folgte  diesem  ehrenvollen 
Rufe,  allein  das  rege  geistige  Leben,  in  dem  er  sich  bewegte, 
die  vielen  unvollendeten  poetischen  Arbeiten,  der  literarische 
Verkehr,  in  dem  er  schon  damals  mit  ausgezeichneten  Männern 
des  In-  und  Auslandes  stand,  nahmen  seine  Zeit  und  seinen 
Sinn  ganz  in  Anspruch,  auch  sehnte  er  sich  nach  einem 
ländlidien  Aufenthalt  und  so  legte  er  diese  Stelle  schon  ein 
Jahr  darauf  wieder  zurück  und  zog  nach  Wildbach,  woselbst 
er  sich  angekauft  hatte,  um  dort  ganz  den  Musen  und  Wissen- 
schaften zu  leben.  Hier  bearbeitete  und  vollendete  er  von  den 
später  erschienenen  Dramen  „Die  Ritterempörung"  (Andreas 
Baumkircher),  ^^Maria  Theresia''  und  „Die  deutschen  Bitter 
in  Accon*. 

Im  Jahre  1796  abermals  von  den  Steiermark.  Ständen 
zu  ihrem  Ausschussrathe  gewählt,  nahm  er  die  Wahl  an  und 
beschleus  nun  in  dieser  Eigenschaft  sich  ganz  dem  Dienste 
des  Vaterlandes  zu  weihen.  Sowie  er  froher  mit  rastlosem 
Streben  sich  der  Kunst  und  Wissenschaft  gewidmet,  so  betrat 
er  jetzt  den  neuen  Weg  mit  allem  Eifer  und  mit  aller  Energie, 
die  seinem  Wesen  innewohnte.  Nachdem  im  Jahre  1806  noch 
das  Drama  „Attila,  König  der  Hunnen''  erschienen  war,  verliess 
er  damit  das  Grebiet  der  Poesie  und  widmete  sich  in    der 


—  12  — 

Zeit,  welche  ihm  seine  Geschäfte  übrig  Hessen,   dem  Studium 
der  Geschichte,  insbesondere  derjenigen  Steiermarks  in  der  ein- 
gehendsten  Weise.    Besonders    untersuchte    er    fleissig    und 
gründlich    die  Entstehung   und  Entwicklung    der   ständischen 
Verfassung.    Eine  Frucht  aller  dieser  Studien   und  Arbeiten 
waren   die   zwei   Bände  „Historische  Skizzen*',    welche   1800 
erschienen    und    die    treffliche   Abhandlung    „Ursprung    und 
Verfassung   der   Stände   Steiermarks"  ^).    Auch    eine   andere 
Arbeit    Kalchberg's   fällt   in    diese    Periode,     die    seinen 
eifrigen  Sinn  für  die  Geschichte   des  Vaterlandes  und  seiner 
Denkmale    bekundet,    er   hatte   oft   bei   seinen    historischen 
Arbeiten  die  alten  das  Land  betreflfenden  Urkunden  zur  Hand  zu 
nehmen,  dieselben  befanden  sich  häufig  nicht  in  der  gewünschten, 
für  den  Forscher  gerade   sehr  nothwendigen  Ordnung,    und 
Kalchberg,  den  „ Herzensdrang,  Vorliebe  und  Patriotismus " 
belebten,  ^  seine  Zeit  und  Geisteskräfte  vorzüghch  dem  Dienste 
der  erhabenen  Stände  seines  Vaterlandes  widmen  zu  dürfen", 
erbot  sich,  die  Ordnung  und  zweckmässige  Einrichtung  unent- 
geldlich  zu  übernehmen.     „Die  Wärme,"    womit  er  in    der 
betreffenden  Eingabe  vom  6.  Februar  1800  „vom  Gegenstande 
seiner  Wahl,  von  der  Nothwendigkeit  dessen  Pflege,   von  der 
Bedeutung    desselben    für    die   Landschaft    und    die  Heimat 
spricht,  kennzeichnet  den  Mann  und  adelt  seine  Gesinnung."  ^) 
Auch  später  noch   unterstützte  er  das  Archivswesen  auf  das 
eifrigste,    er  war   es,    der,   als  eine  planmässige  Einrichtung 
dieses  Archives  unter  Erzherzog  Johann  vorgenommen  w^urde, 
in  einem  Promemoria  vom  18.  März  1812  die  Aufmerksamkeit 
auf  das  Staats-Archiv  in  Wien  lenkte,  wohin  gelegentlich  der 
Klosteraufhebungen  so  viele  für  Innerösterreich  wichtige  Ur- 
kunden gewandert  waren,    er  wies  darauf  hin:    man  müsse 
Bereisungen  organisiren,  um  selbst  den  wichtigsten  Urkunden 


»)  Abgednickt :  „Sämmtliche  Werke"  (Wien.)  V.  Bd. 

'^)  Vg]  J.  V.  Z  all  n's  Arbeit:  „  Zur  Geschiebte  des  landschaftlichen  Archivs - 
wesens  in  Steiermark^  im  „Jaliresberichte  des  steierm.  Landesarcbives 
zu  Graz."*  1.  Jahrg.  1869.  Graz.  1870,  S.  25. 


—  13  — 

nichziispOren,  um  zu  ihnen  zu  gelangen,  er  endlich  verlangte 
ibmals  schon  die  Vereinigung  des  ständischen  mit  dem  Joan- 
aeamsarchive  und  legte  die  Yortheile  derselben  in  einem 
ibennaligen  Promemoria  dar  ^). 

ADe  diese  Arbeiten  hatten  aber  Kai chb er  g's  Anwesen- 
heit in  Graz  zur  Bedingung  gemacht  und  so  schwer  ihm  dies 
auch  fiel,  verkaufte  er  doch  seine  Herrschaft  Wildbach  ebenfalls 
Jüfi  übersiedelte  in  die  Hauptstadt  „Von  nun  an,"  schreibt 
seine  Biographin  flehte  er  ausschliessend  den  Geschäften  und 
aiff  nur  selten  bei  ausserordentUchen,  meist  patriotischen 
Gelegenheiten  noch  in  der  Leier  Saiten.  **  Als  wahrer  Patriot, 
iiber  Steiermark  war  damals  gerade  die  traurige  „Franzosenzeit" 
hereingebrochen,  hasste  und  verabscheute  er  jene  kriechende 
Verehrung  französischer  Herrlichkeit  und  sprach  seine  Gesin- 
DODgen  immer  laut  und  freimüthig  aus.  Von  diesen  Ansichten 
zeigt  auch  sein  Aufsatz  „Die  Franzosen  der  Vorzeit"  *^,  den 
er  später  veröfifentlichte.  In  der  That  scheute  er  in  den  Tagen 
der  feindlichen  Invasion  weder  Aufopferung  noch  Gefahr,  um 
^inem  Vaterlande  nützlich  zu  sein.  HiefÜr  und  für  seine 
übrige  eifnge  Thätigkeit  liefert  den  besten  Beweis  die  schmei- 
chelhafte schriftliche  Anerkennung,  welche  der  damalige  Landes- 
ßouvemeur  Graf  Attems  an  ihn  richtete  ^). 

Kalchberg  lebte  noch  immer  gerne  auf  dem  Lande  und 
benützte  auf  der  Besitzung  Feilhofen  bei  Deutsch-Landsberg, 
welche  er  neuerlich  angekauft  hatte,  seine  Müsse  dazu,  um 
sich  der  Wissenschaft  zu  widmen.  Leider  brachten  ihn  die 
Finanzverhältnisse  des  Jahres  1811,  da  er  kurz  zuvor  seine 
loeisten  Besitzungen  verkauft  hatte,  in  eine  materiell  traurige 


h  An  demselben  Orte.  S.  81  u.  32.  Man  sieht  darauSi  dass  Kalchberg 
auch  dnen  Theil  zn  jener  trefflichen  Ordnung  und  Einrichtung  des 
steierm.  Landes-Archives  beigetragen,  das  heute  als  eine  Muster- 
Anstalt  ihrer  Art  in  Deutschland  dasteht. 

1  Derselbe  befindet  sich  in  der  Zeitschrift  „Der  Aufmerksame*"  Jahrg.  1817. 
Nr.  78. 

")  Ein  Theil  des  Wortlautes  derselben  findet  sich  in  Appels  „Nekrolog", 
den  ich  oben  im  Eingange  erwähnt  habe.  S.  5*2  f. 


-    14  — 

Lage,  die  für  ihn  um  so  drückender  ward,  als  der  zartfühlende 
Mann  früher  im  Besitze  eines  hübschen  Vermögens,  mit  diesem 
auch  die  Zukunft  seiner  Familie  gesichert  gesehen  hatte  und 
nun  die  Seinen  dem  Ungewissen  preisgegeben  sah.  Schon  im 
Jahre  1810  hatten  ihn  die  Stände  zum  zweiten  Verordneten 
des  Ritterstandes  erwählt 

Hier  angelangt,  komme  ich  zu  einer  Thätigkeit  Kalch- 
b  e  r  g's ,  deren  segensreiche  P'olgen  heute  noch  f^lr  das  Land 
von  so  nachhaltig  günstigem  Einflüsse  erscheinen.  Es  ist  dies 
die   Theilnahme  an   der  Gründung   des  „Joanneums",   einer 
Anstalt,    welche   ihr   Entstehen   bekanntlich  dem   erlauchten 
Gründer  Erzherzog  Johann  verdankt,  zu  deren  zweckmässiger 
Einrichtung  und  Fortführung  aber  Kalchberg's  Vorschläge 
unendlich  viel  beigetragen.  Erzherzog  Johann  hatte  vom  ersten 
Augenblicke  an,  da  er  auf  Grundlage  seiner  hiefUr  dem  Lande 
überlassenen  trefflichen  Sammlungen  an  die  Errichtung  dieses 
Institutes  gedacht,   auch  sein  Augenmerk  auf  den   thätigen 
Geschichtsforscher  gelenkt  Welches  Vertrauen  er  in  Kalch- 
b  e  r  g  setzte,  zeigt  der  oben  erwähnte  Briefwechsel  des  Prinzen 
mit  dem  Dichter,  welcher  im  steienn.  Landes- Archive  aufbewahrt, 
viele  Details,  welche  die  Anstalt  betroffen  behandelt.  Den  hohen 
Werth  derselben  für  die  Bildung  und  Vervollkommnung  seines 
geliebten  Vaterlandes   tief  erkennend,   strebte   Kaie h barg 
nunmehr  mit  rastlosem  Eifer  die  edlen  Absichten  des  Stifters 
zu  fördern,  jedes  Hindemiss  zu  besiegen  und  sich  so   des 
erhaltenen  Vertrauens  würdig  zu  zeigen.  Von  der  Versteigerung 
des  Lesliehofes,  in  dem  das  Institut  untergebracht  wurde,  an 
(bei  der  im  Jahre  1811  Kalchberg  im  Namen  der  Stände 
dieses  Gebäude  für  den  gedachten  Zweck  erstand),  hatte  sein 
Eingreifen  in  allen  Entstehungsphasen  der  Anstalt  den  wich- 
tigsten Einfluss.   In  einer  Urkunde  vom  26.  November  1811 
ernannte  Erzherzog  Johann  die  drei  Curatoren  des  Joanneums 
im  Sinne  der  Stiftung;  Männer,  die  das  Vertrauen  im  hohen 
Grade  genossen,  die  durch  allgemeine  Verehrung  ausgezeichnet 
waren,  sollten  zu  diesem  Amte  bestimmt  sein.  Des  Erzherzog 
Wahl  traf  den   Landeshauptmann  Ferdinand   Grafen  Attems, 


—  15  — 

dai  Abt  2a  Adnumt  Gottbard  Kughnayr  und  endlich  ernannte 
er  yxum  Curator  aus  dem  Ritterstande  den  Herrn  Johann 
TOD  Kaiebberg,  bekannt  durch  seinen  literarischen  Ruf, 
dorch  seine  Landes-Kenntniss  und  seine  Denkart''.  „Mit  voller 
Berobigong/  fährt  der  Erzherzog  fort,  „setze  ich  mein  Vertrauen 
auf  diese  Herren  Curatoren ;  durch  eine  mehrjährige  Bekannt- 
schaft, in  ruhigen  und  gefahrvollen  Zeiten,  sah  ich  sie  ihre 
Vaterlandsliebe,  ihre  Treue  gegen  den  Fürsten  und  ihren 
Eifer  ftkr  aOes  Gute  und  Nützliche  erproben.^  —  Kalchberg 
war  es,  der  die  über  dem  Thore  des  Hauses,  in  dem  das 
Institut  untergebracht  ist,  befindliche  Inschrift  festsetzte  und 
da^ea  Errichtung  vorschlug,  er  beantragte  die  Aufstellung  der 
Büste  des  Erzherzogs  im  Innern,  er  verfasste  den  Prolog, 
wdcher  bei  der  feierlichen  Enthüllung  dieser  Büste  und  der- 
jenigen dtö  Kaisers  Franz  am  26.  Mai  1814  von  der  Gräfin 
Antonie  v.  Dietrichstein  gesprochen  wurde  ^),  er  erstattete 
sehoD  auf  dem  Landtage  am  23.  August  1811  einen  umständ- 
liehen und  geschichtlichen  Bericht  über  die  Entstehung  und 
bisherige  Ausbildung  des  Joanneuros,  er  beantragte,  um  die 
Bedeckung  der  nun  immer  mehr  auflaufenden  Kosten  zu 
sichern^  eine  Revision  des  Mühllaufer-Geldes  und  des  Musik- 
Imposto-Getälles  ^,  er  unterbreitete  über  Aufforderung  des 
Erzherzogs  im  Jahre  1814  einen  ausgezeichneten  Organi- 
sationsplan der  Anstalt,  welcher  zu  vielfachen  Verbesserungen 
Gelegenheit  gab.  Kalchberg  war  16  Jahre  lang  bis  zu 
seinem  Tode  als  Curator  unermüdlich  für  das  Wohl  und  den 
Nutzen  dieser  Anstalt  und  der  Wissenschaft  thätig.  —  In  Ver- 
bindung mit  Dr.  L.  v.  yest,  Freiherm  v.  Thinnfeld  und  Dr. 
F.  S.  Appel  leitete  er  auch  durch  sechs  Jahre  von  ihrer 
Gründung  an  die  „Steiennärkische  Zeitschrift,  welche  mit  den 


>}  Vgl.  Merüber:  „Dr.  G.  Göth:  Das  Joanneum  in  Graz.*'  Graz.  1861. 

S.  19  n.  263,   sowie    den  I.  Theil  von  Kalchberg's  sämmtlichen 

Werken  S.  178,  woselbst  dieser  Prolog  ebenfalls  abgedruckt  erscheint. 
^)  Es   wurden  dadurch  mehrere  hundert  frOher  verschwiegene  Mühlen 

io   die  Veranschlagung  gezogen,  was   den  Ertrag  von  6746  fl.  auf 

18000  fl.  erhöhte.  Göth.  a.  a.  0.  S   20. 


—  16  — 

wissenschaftlichen  Bestrebungen  an  der  neuen  Anstalt  in  so 
engem  Zusammeuhange  stand.  Kalchberg  war  es  endlich 
auch,  welcher  im  Vereine  mit  dem  st  st  Archivar  Wartinger 
ein  Capital  von  1000  Gulden  hinterlegte,  von  dessen  Zinsen 
jährlich  eine  passende  Medaille  angeschafft  und  dem  auf  dem 
Gebiete  der  Geschichte  Steiermarks  kenntnissreichsten  der 
studierenden  Jünglinge  übergeben  wurde  ^),  und  seiner  Thä- 
tigkeit  ist  auch  die  Gründung  des  Musikvereines  für  Steiermark 
zu  verdanken,  in  dem  er  in  den  Jahren  1819  bis  1826  als 
Repräsentant  d.  i.  Vorsitzender  des  Ausschusses  hervorragend 
wirkte.  Das  in  jener  Zeit  an  verdiente  Männer  ertheilte  Ehren- 
diplom des  genannten  Musikvereines  hat,  was  den  Text  anbe- 
langt, Kalchberg  zum  Verfasser.  So  sehen  wir  den  Mann 
allüberall  auf  künstlerischem  und  historischem  Gebiete,  ins- 
besondere auf  dem  Felde  der  Heimatsgeschichte  thätig  und 
rührig,  diese  zu  fördern,  zu  unterstützen  scheute  er  keine 
Opfer. 

Im  Jahre  1816  wurde  Kalchberg  zum  zweitenmale 
als  zweiter  Verordneter  der  Stände  gewählt,  er  rückte  im 
folgenden  Jahre  in  die  Stelle  des  ersten  Verordneten  vor. 
Seine  Gründlichkeit  und  Ausdauer  im  Arbeiten,  wie  nicht 
minder  seinen  klaren  Styl  selbst  in  Amtsschriften  zeigen  die 
heute  noch  im  Archive  zahlreich  erliegenden  Referate  von 
seiner  Hand.  Im  Uebrigen  lebte  der  Dichter  nun  sehr  zurück- 
gezogen, einige  kleinere  Reisen  in  Steiermark  und  eine  Reise 
nach  Wien  im  Jahre  1818  2)  abgerechnet,  verliess  er  die 
Hauptstadt  fast  gar  nicht  Seine  literarische  Thätigkeit  be- 
schränkte sich  auf  mehr  oder  weniger  wissenschaftliche  Publi- 
cationen  in  dem  „Archiv  für  Geographie,  Historie,  Staats-  und 


<)  Appel's  Nekrolog,  a.  a.  0.  S.  53. 

^)  Eb  scheiot  sein  erster  Besuch  in  der  Residenz  gewesen  zu  sein,  deren 
Treiben  ihm  gar  nicht  gefiel.  „Also  hat  Ihnen,''  schreibt  Erzherzog 
Johann  an  ihn  nach  Kalchberg's  Znrückkunft,  „die  schöne  Kaiser- 
Stadt  nicht  gefallen  —  nachdem  Sie  sich  dort  einige  Zeit  aufgehalten, 
begreifen  Sie,  warum  ich  jenen  Aufenthalt  nicht  mag.''  Orig.  Brief  des 
Erzherzogs  an  K.  vom  lö.  Juni  1818  im  steierm.  Landesarchive. 


—  17  — 

Kriegdniiist",  im  ,; Aufmerksamen'',  in  der  „Steierm.  Zeitschrift'' 
und  an  anderen  Orten.  Seine  öffentliche  Thätigkeit  fesselte 
ihn  oft  ganze  Nächte  hindurch  an  den  Schreibtisch.  Aber 
Trabsinn  und  Schwermuth  bemächtigten  sich  Kalchberg's 
m  den  letzten  Jahren  seines  Lebens,  die  Uebernahme  eines 
sittierfa&lügen  Bleibergwerkes  in  der  Nähe  von  Graz  verwirrte 
seine  ohnehin  schon  zerrütteten  Vermögens  Verhältnisse  noch 
mehr,  eine  lange  Krankheit  beugte  seinen  Körper  und  entzog 
dem  Geiste  jene  Elasticität,  welche  ihm  bisher  immer  eigen 
gewesen  war.  Im  Jahre  1820  ernannte  ihn  das  Vertrauen  des 
Monarchen  „in  Rücksicht  seiner  ausgebreiteten  gründlichen 
Landeskenntniss  zum  Referenten  des  neu  errichteten  Grund- 
.^euer-Provisoriums*'.  Aber  seine  einmal  gestörte  Gesundheit 
konnte  nicht  wieder  erstarken,  obgleich  er  sich  mitunter  wohler 
fahlte,  quälte  ihn  doch  meistens  das  heftige  Brustleiden  und 
die  dadurch  hervorgebrachte  Gemüthsstörung  machte  die 
Schmerzen  doppelt  empfindlich,  das  Uebel  verschlimmerte  sich 
im  Jahre  1826  trotz  der  beispiellosen  Pflege  und  Sorge  der 
Sdnen  von  Tag  zu  Tag,  mit  den  sinkenden  Blättern  sank 
auch  seine  letzte  Kraft  und  als  im  Jahre  1827  die  wieder 
veijQngte  Natur  sich  zum  neuen  Erwachen  bereitete,  da  rief 
sie  anch  ihren  treuesten  Freund  hinüber  in  den  ewigen  Frühling 
einer  besseren  Welt;  am  3.  Februar  1827  starb  der  von  so 
vielen  Leiden  heimgesuchte  Mann. 

Kälchberg's  Grabstätte  befindet  sich  auf  der  Südseite 
der  Leechkirche,  er  selbst  wünschte  an  diesem  historisch 
merkwürdigen  Orte,  an  einem  der  ältesten  Denkmale  der  Stadt 
Graz  begraben  zu  werden  und  drückte  diesen  Wunsch  in  seinem 
letzten  Willen,  sowie  auch  in  einem  schönen  Gedichte :  „Gesuch 
um  eine  Grabstätte  an  der  Leechkirche  bei  Grätz,  1823"^  ^) 
aas.  Eine  Tafel  mit  Versen,  die  er  selbst  verfasste  ^),  bezeichnet 
die  Stätte. 


*)  Mao  findet  dieses  Gedicht  am  Scblusse  von  Appel's  Nekrolog.  S.  56  ff. 
^j  Die  aber  wegen    des  geringen  Raumes  der  Tafel  gekürzt  werden 

raouten.    Diese   Kürzung  nahm  unser  lieber   Heimatsdichler  K.  G. 

Ritter  v.  Leitner  vor,  wie  er  mir  selbst  erzählte. 

MiMksfL  <•■  ktoC  T«r«l«ci  t   StoUniark.  XIVI.  H»fl,  18T8.  2 


—  18  — 

Ich  übergehe  nun  zur  Besprechung  der  literarischen 
Bedeutung  des  Dichters  und  Schriftstellers.  Die  poetische 
Tbätigkeit  Ealchberg's  kann  man  in  zwei  Abtheilungen 
scheiden:  in  die  lyrische  beziehungsweise  lyrisch-epische  und 
in  die  dramatische,  letztere  ist  es  aber  vor  Allem,  die  den 
Dichter  bedeutsam  macht  und  die  schon  dadurch,  weil  er 
hauptsächlich  heimische  Stoffe  dramatisch  bearbeitete,  unser 
besonderes  Interesse  in  Anspruch  nimmt 

Es  erscheint  jedoch  nicht  überflüssig,  bevor  ich  die  ein- 
gehendere Betrachtung  des  Dichters  Kalchberg  und  seiner 
Bedeutung  für  die  Literatur  seiner  Zeit  beginne,  eine  Uebersicht 
des  literarischen  Lebens  jener  Jahrzehnte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts selbst  zu  geben,  in  welche  die  Hauptthätigkeit 
Kalchberg's  Mt 

Die  Biographen  des  Dichters  erzählen,  dass  Goethe, 
Schiller,  Uz,  Wieland,  Bürger,  Lessing  und  E.  v.  Kleist  schon 
die  Jugendlectüre  des  in  dem  k.  k.  Seminarium  zu  Graz  aus- 
gebildeten heranreifenden  poetischen  Talentes  gewesen.  In  der 
That  culminirte  das  dichterische  Leben  am  Schlüsse  des 
18.  Jahrhunderts  in  den  hier  angeführten  Namen.  Lessing 
hatte  insbesonders  schon  1767  der  französischen  Theater- 
literatur durch  seine  „Dramaturgie^  den  Krieg  erklärt  und 
damit  die  letzten  Reste  jenes  Einflusses  vertilgt,  den  das 
Theater  Frankreichs  auf  Deutschland  ausübte  und  dem  selbst 
ein  Mann  wie  Gottsched  ^)  sich  nicht  entziehen  konnte  und 
wollte  2).  Eine  Umwälzung  des  Geschmacks  hatte  sich  plötzlich 
geltend  gemacht  Wie  ein  Feuerbrand  war  Klopstock's  „Messias" 
(1747-1773)  in  die  Gemüther  gedrungen  und  machte  alle 
Behauptungen  Gottsched's,  dass  sich  Deutschland  nie  an  ein 
heroisches  rehgiöses  Gedicht,  wie  England  (Milton's  Verlornes 
Paradies)   wagen  könne   und  kein  Deutscher,    wenn  er  dies 


^)  In  der  deutschen  Scbaubühne  1740—1750. 

^)  In  dieser  Uebersicht  folge  ich  beiläufig  der  Darstellung  in  meinem 
Innerösterr.  Stadtleben  S.  112  ff,  woselbst  sich  in  den  Ziffern  leider 
einige  unliebsame  Druckfehler  eingeschlichen  haben,  die  hier  natOrlich 
rectificirt  sind. 


—  19  — 

Wagmss  auch  unternehmen  wollte,  Aussicht  auf  Erfolg  hätte, 
zo  Dichte.  Dazu  bestimmte  der  1766  erschienene  „Laokoon" 
I^ssing's  die  Grenzen  der  Poesie  jener  Ittderlichen  Regel- 
losigkeit, die  bisher  geherrscht  hatte,  gegenüber  fest,  während 
Herder  (Stimmen  der  Völker  1778)  nach  ihm  den  Ton  des 
Volksliedes  anschlug  und  auf  das  Volksmässige  in  der  Poesie 
äk  ein  Hauptlebenselement  derselben  hinwies.  Goethe  hatte 
in  i&k  Siebziger  -  Jahren  auch  schon  seine  Originalgenie- 
Periode  hinter  sich,  „Götz"  (1773)  und  „Werther«  (1774) 
bezeichnen  noch  die  Grenze  derselben,  darauf  folgten  die 
dassischen  Erzeugnisse  der  edlen  Ruhe,  j^Clavigo*"  (1774), 
Jphigenia«  (1779  flF.)  und  ^Tasso«  (1790),  im  „Wilhelm 
Meister^  (1795  ff.)  schenkte  er  seinem  Volke  einen  Roman, 
vie  ihn  dieses  unter  dem  grossen  Schwall  der  aufgetauchten 
Romanliteratur  nicht  besessen  und  der  als  Muster  der  ganzen 
Gattung  aufgestellt  werden  konnte.  Allerdings  schlug  selbst 
Goethe  in  seinen  ersten  lyrischen  Producten  noch  jenen  Ton 
an,  an  welchen  man  seit  Gleim,  J.  G.  Jakobi,  Gerstenberg  und 
Ijz  gewohnt  war,  anakreontische  Anklänge  finden  sich  ttber- 
baopt  noch  zahlreich  in  der  Lyrik  des  ganzen  achtzehnten 
Jahrhunderts  und  schlugen  nur  allenfalls  in  den  Ton  der 
Sentimentalität,  wie  ihn  ein  Hölty  (1748 — 76)  oder  Mathisson 
anstimmte,  um.  Bekanntlich  macht  sich  diese  Sentimentalität 
am  meisten  geltend  in  den  Dichtungen  des  Göttinger  Hain- 
bimdes,  dessen  tolles  Gebahren  selbst  im  Leben  und  im  Ver- 
kehre ebenso  charakteristisch  für  jene  Literaturepoche,  als 
anbegreiflich  für  die  heutige  Zeit  erscheint  In  emem  solchen 
Boden  wurzelten  die  Tälente  der  Stolberge,  eines  Voss, 
selbst  eines  Borger  und  nicht  minder  die  süssliche  Romantik 
Martin  Hülers.  Die  Romanciers  selbst  wandten  sich  ttbrigens 
mit  besonderer  Vorliebe  dem  Lüsternen  zu,  schon  Heinse 
(1743 — 1809)  in  seinem  «Ardinghello^  und  «Laidion"  hatte 
darcii  die  Gluth  seiner  Sprache  diese  Richtung  begründet, 
ihm  folgten  unzählige  Nachbeter  und  die  grösseren  und  klei- 
neren Erzählungen,  in  denen  die  Verfasser  die  Sinnlichkeit 
za  verherrlichen  suchten,  auch  nur  in  der  kleinsten  Auswahl 

2* 


-   20    - 

hier  aufzuzählen,  wQrde  den  Kaum  dieser  Uebersicht  weitaus 
überschreiten,  ich  nenne  hier  nur  noch  SchlegeFs  „Lucindc^ 
(1799),  welche  beweist,  dass  noch  am  Ende  des  Jahrhunderts 
diese  lüsterne  Richtung  selbst  von  hervorragenden  Talenten 
nicht  verlassen  worden  war.  Von  Schiller  waren  1781  die 
„  Räuber **  erschienen  und  hatten  die  Welt  in  ein  seltsam 
gährendes  Dichtergemüth  blicken  lassen,  das  auch  im  „Fiesko^ 
(1783)  und  in  dem  „bürgerUchen  Trauerspiel^  „Kabale  und 
Liebe*'  (1784)  fortschäumte,  bis  sich  mit  dem  Erscheinen  des 
„Don  Karlos"  (1787)  eine  deutsche  Dichtergestalt  zeigte,  wie 
bisher  so  edel  und  formschön  keine  erschienen  war.  Was 
Wunder,  dass  sich  der  Dichter  der  „Räuber"  die  Herzen  der 
Jugend,  die  Herzen  seiner  Nation  im  Sturm  erobert  hatte.  — 
Griechisches  Schönheitsgefühl  und  deutscher  Witz  vereinigten 
sich  in  den  ebenfalls  im  gleichen  Zeiträume  erschienenen 
Schöpfungen  Wieland's,  denen  allerdings  ein  wenig  französische 
Lüsternheit,  doch  in  erträglichem  Grade  beigemischt  war,  dafür 
wusste  der  Dichter  des  „Oberon"  im  heiteren  Gewände  seiner 
Romane  Lebensweisheit  zu  predigen,  die  sich  so  unendlich 
unterschied  von  derjenigen  manches  die  Katheder  beherr- 
schenden Philosophen  und  die  sich  mit  dem  wirklichen  Leben 
so  trefflich  in  Einklang  zu  bringen  wusste.  —  Die  poetische 
Erzählung  wusste  vor  Allem  auch  Bürger,  besonders  in  dem 
Gewände  der  Ballade  neu  zu  beleben  und  seine  „Leonore"  gilt 
bis  auf  den  heutigen  Tag  mit  Recht  als  unerreichte  Muster- 
leistung.  —  Besonders  charakteristisch  für  die  Literatur  und 
sehr  wichtig  für  ihre  Entwicklung  und  Förderung  wurde  damals 
auch  die  Herausgabe  der  zahlreichen  „Musenalmanache",  als 
deren  Begründer  und  zwar  nach  französischem  Vorbilde 
der  Herausgeber  des  Göttinger  „Deutschen  Musenalmanachs 
für  das  Jahr  1770",  Heinrich  Christian  Boie  erscheint,  dem 
dann  der  ^Leipziger  Musenalmanach"  und  aufgemuntert  durch 
den  damit  erzielten  Erfolg,  mehrere  andere  Concurrenzunter- 
nehmen  folgten.  Die  meisten  Grössen  der  deutschen  Poesie 
fanden  sich  hier  vereinigt  und  bot  von  Jahr  zu  Jahr  der 
Almanach  eine  Uebersicht  von  Producten  deutscher  Dichtkunst 


—  21  — 

Endlich  hatte  auch  eine  Gattung  der  Poesie  um  die  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts  Wiederbelebung  erhalten,  die  bis  dahin  nur 
in  Frankreich  durch  Lafontaine  und  La  Motte  gepflegt  worden, 
ich  meine  die  Fabel.  Christian  Fürchtegott  Geliert  war  der 
Erste,  welcher  die  äsopische  Fabel  zur  bedeutenden  Geltung 
brachte  und  wie  auf  dem  Gebiete  des  geistlichen  Liedes,  so 
auch  auf  diesem  Felde  sich  unsterbliche  Lorbeeren  errang. 
Lessmg,  Pfeffel,  Lichtwer  und  Andere  folgten  ihm  auf  diesem 
Wege  und  es  entstand  eine  deutsche  Fabelliteratur,  die  sich 
bald  würdig  der  des  Alterthums  und  der  Frankreichs  zur 
Seite  stellen  konnte.  Allerdings  lag  demnach  der  Schwerpunkt 
des  literarischen  Lebens  in  Deutschland  und  wer  wusste  nicht, 
vie  schwer  zu  jener  Zeit  ein  geistiger  Verkehr  zwischen  dem 
Üesterreicher  und  dem  Ausländer  möglich  gewesen.  Von  einer 
dh^cten  Anregung  konnte  bei  einem  Schriftsteller  Inner- 
österreichs nicht  die  Rede  sein,  die  Censur  zog  die  engsten 
Grenzen  und  die  Freiheit  des  gesprochenen  und  geschriebenen 
Wortes  war  ein  Begriff,  den  man  kaum  dem  Namen  nach 
kannte.  Ein  poetisches  Talent  musste  sich  daher  schmiegen 
und  biegen  und  jedes  Wort  und  jeden  Reim  den  Zeitverhält- 
nissen anpassen.  Was  Wunder,  dass  uns  in  der  österreichischen 
Literatur  jener  Zeit  selten  ein  freierer  Gedanke  begegnet, 
höchstens  ein  „Frühlingslied**,  ein  Erotikon  oder  die  Verherr- 
lichung irgend  eines  grossen  Feldherm,  Regenten  u.  dgl.  im 
hochtrabenden  Odenstyle.  Die  Jesuiten  waren  zu  Maria  The- 
resta's  Zeiten  die  Träger  des  geistigen  Lebens,  sie  leiteten 
höhere  und  niedere  Bildungsanstalten,  sie  genossen  auch  ver- 
hältnissmässig  noch  die  meisten  Freiheiten  in  Wort  und  Schrift 
So  sehen  wir  die  meisten  schriftstellerischen  Grössen  jener 
Zeit  auch  wirklich  im  Ordensgewande.  Ich  erwähne  nur  die 
bedeutendsten  Namen,  imi  rasch  meiner  eigentlichen  Aufgabe 
näher  zu  rücken.  Der  österreichische  „Ossian''  Michael  Denis 
muss  hier  vor  Allem  an  die  Spitze  gestellt  werden,  ein  liebens- 
würdiges Dichtergemüth,  das  keineswegs  in  der  nebulosen 
Poesie  Ossians  ganz  aufgegangen  ist,  seine  frischen  Lieder 
gemahnen  oft   an   Goethe,    neben   ihm  steht  Karl  Mastalier 


—  22  — 

(, Gedichte  nebst  Oden  aus  dem  Horaz.  Wien  1774*),  kein 
schöpferisches  Genie,  aber  immerhin  ein  Lyriker,  wie  ihn 
Oesterreich  lange  nicht  gehört.  Auf  dem  Gebiete  der  Epik 
nahm  Job.  Bapt  v.  Alxinger  (Nichtjesuit)  einen  hervorragenden 
Platz  ein,  seinen  und  Denis  Namen  finden  wir  nicht  selten 
auch  in  den  deutschen  Musenalmanachen.  Alxinger's  Ritter- 
gedichte »Bliomberis*^  und  ^Doolin  von  Mainz  **  werden  heute 
noch  mit  Interesse  gelesen  werden.  Welche  Gattung  von  Poesie 
man  besonders  gerne  in  den  österreichischen  Landen  begün- 
stigte, zeigt  der  bekannte  Exjesuit  Alois  Blumauer,  dessen 
Harmlosigkeit  nur  durch  die  Derbheit  des  Behandelten  Über- 
troffen  wird.  Uebrigens  nimmt  Blumauer  nicht  nur  als  humo- 
ristischer Dichter  eine  hervorragende  Stelle  in  jenem  öster- 
reichischen Literaturleben  ein,  sondern  er  gehört  auch  als 
Mitherausgeber  einem  Unternehmen  an,  welches  den  deutschen 
Musenalmanachen  nachgeahmt,  in  Wien  das  für  Oesterreich 
sein  sollte,  was  diese  für  Deutschland  waren.  Ich  meine  den 
„Wiener  Musenalmanach",  welchen  1777  Jos.  Fr.  v.  Ratschky 
zuerst  allein  und  dann  zusammen  mit  Blumauer  herausgab. 
Auf  diesen,  beziehungsweise  auf  dessen  Vorbilder  in  Deutschland 
sind  auch  die  von  Kalchberg  1789  u.  90  herausgegebenen 
„Früchte  vaterländischer  Musen"  zurückzuführen,  auf  die  ich 
weiter  unten  zurückkomme.  Ratschky  selbst  trat  als  Dichter 
auf;  neben  ihm  nenne  ich  nur  noch  den  Beherrscher  der 
poetischen  Sprache  Gottlieb  Leon  (Gedichte,  1788)  und  den 
Dichter  J.  Friedr.  v.  Hetzer  aus  Krems,  beider  Poesieen  sind 
in  unverdiente  Vergessenheit  gerathen  und  insbesonders  zeigt 
sich  in  den  Liedern  des  Freimaurers  Leon  eine  glühende  Liebe 
zur  Freiheit  und  Unabhängigkeit  des  Geistes ,  wenn  es  freilich 
auch,  nach  damaliger  Sitte,  dabei  nicht  ohne  einige  maurerische 
Spielereien  abgeht 

Soviel  über  den  Stand  der  Literatur  in  Deutschland  und 
Oesterreich  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts.  Ich 
habe  die  Skizze  so  abgefasst,  dass  die  Beziehungen  zu  dem 
nun  zu  besprechenden  Dichter  in  der  Folge  leichter  anzudeuten 
sind,  daher  vielleicht  auf  manches  mehr,  auf  manches  weniger 


—  23  — 

<jewicht  gelegt,  als  es  eigentlich  hätte  der  Fall  sein  sollen. 
Es  ist  natürlich,  dass  die  geistig  bedeutenderen  Persönlichkeiten 
is  der  ProYinz,  also  auch  in  Steiermark,  vor  Allem  ihr  Augen- 
merk auf  die  Ihnen  zunächst  gelegene  Residenz,  auf  Wien 
richteten  und  mit  den  dort  lebenden  „Grössen  der  Literatur* 
in  Verbindung  traten.  Vermittelt  wurde  diese  Verbindung  wohl 
auch  durch  die  schon  damals  in  Wien  erscheinenden  Zeitungen, 
welche  ja,  besonders  was  die  Politik,  besser  gesagt  jene  Nach- 
richten, die  wir  heute  politische  nennen,  betraf,  hauptsächlich 
aach  Quellen  für  den  in  Graz  erscheinenden  „Grätzer  Merkur  **, 
sowie  für  die  „Grätzer  Zeitung "^  darboten,  zumal  den  Hof- 
bericbten  aus  der  Residenz  eine  bedeutende  Glaubwürdigkeit 
beigelegt  wurde.  Aber  auch  auf  belletristischem  Gebiete  be- 
gegnen uns  in  den  zu  Ende  der  Achtziger  und  zu  Anfang  der 
Neunziger  Jahre  in  Graz  auftauchenden  schöngeistigen  Blättern^) 
meist  Namen  der  Wiener  Schriftsteller,  so  der  „beliebte" 
Blumauer,  Leon  und  andere  Mitarbeiter  des  Wiener  Musen- 
almanachs, insbesonders  auch  Joseph  v.  Sonnenfels,  „der  Mann 
ohne  Vorurtheil",  der  in  der  Residenz  nicht  nur  die  politische 
Bildung  zu  fördern  suchte,  sondern  auch  auf  dem  Gebiete  der 
Entwicklung  des  Theaterwesens  daselbst  überaus  thätig  war, 
endlich  auch  selbst  als  geschmackvoller  Dichter  auftrat^). 

Originalbeiträge  steiermärkischer  Dichter  finden  sich  in 
den  Grazer  Zeitungen   bis  auf  Kalchberg  fast  gar  nicht 

Kai chberg's  Lyrik  ist  allerdings  nicht  Original,  sowohl 
in  der  Fonn,  als  auch  in  vielen  Wendungen ;  selbst  in  manchen 
Geschmacklosigkeiten  lehnt  sie  sich  an  die  Producte  des  herr- 
schenden «Geschmacks*',  an  die  Schöpfungen  der  in  der 
deutsdien  Literatur  damals  auftretenden  Dichter  der  Sturm- 


')  Vgl  mein  ^Innerösterr.  Stadtleben.  III.  Journale   u.  Zeitschriften.*^ 

•)  Es  ist  hier  nicht  der  Ort  auf  die  eminente  Bedeutung,  welche  Son- 
oenfelSy  der  grosse  Mann,  durch  die  Publikation  seiner  Schrift:  «Ueber 
die  Abscbaffong  der  Folter**  (Znrich  1775)  ftkr  die  Humanität  und 
Befonn  des  österreichischen  Strafrechtswesens  gehabt,  nfther  einzu- 
gehen, doch  sei  dieselbe  wenigstens  an  diesem  Orte  erwähnt. 


—  24  — 

und  Drang-Periode  an  M-  Schon  Klopstock's  Oden  hatten  noch 
vor  dem  Messias,  seit  dem  Ende  der  Vierziger  Jahre  dem 
deutschen  Volke  im  antiken  Gewände  einen  feurigen,  genialen, 
echten  Dichtergeist  gezeigt,  hei  dem  man  es  gern  übersah,  dass 
der  Reim  in  seinen  Poesieen  fehlte.  Auch  auf  den  steiermärki- 
sehen  Dichter  müssen  die  dahinfluthenden  antiken  Strophen  des 
„nordischen  Barden'',  der  zur  Zeit  K  a  1  c h b  e  r  g's  auf  der  Höhe 
seines  Ruhmes  stand,  einen  tiefen  Eindruck  gemacht  haben.  In 
der  That  eröffnet  Kalchberg  die  Sammlung  seiner  Gedichte 
(Ges.  Ausg.  L  3.)  denn  auch  mit  den  alcäischen  Strophen  „An 
die  Steiermark"  und  wendet  in  der  Folge  die  Klopstock'sche 
Form  antiker  Strophen  öfter  an.  Rein  und  tadellos  in  der 
Form,  entbehren  diese  Gedichte  keineswegs  jenes  Schwunges, 
der  die  Schöpfungen  des  Verfassers  der  Messiade  erheht, 
Phantasie  und  Kunstgeftthl  beherrschen  überall  den  Poeten, 
Manches  unter  den  früheren  Gedichten  Kalchberg's 
erinnert  an  Schiller,  jedenfalls  ist  es  kein  blosser  Zufall,  dass  von 
Schiller  (jedoch  nur  in  den  Gedichten  der  „ersten  Periode'') 
häufig  angewendete  Metra  bei  dem  steirischen  Sänger  eben- 
falls nicht  selten  sind  '^),  Auch  die  wilde,  etwas  zügellose,  in 
ihrem  genialen  Fluge  oft  den  Reim  mehr  oder  weniger  ver- 
nachlässigende Sprache  gleicht  derjenigen   des  Dichters  jener 

*)  Die  ersten  lyrischen  Gedichte  Kalchberg's  sind  in  dem  „Wiener 
Musenalmanach''  und  zwar  in  den  Jahrgängen  1785,  1787  und  178S 
desselben  erschienen/  im  letzteren  Jahre  kam  die  erste  Sammlung 
„Gedichte -*  (Grätz)  heraus,  die  bereits  ziemlich  umfangreich  war. 

')  So  mache  ich  darauf  aufmerksam,  wie  bezeichnend  die  trochäisclien 
Metra  bei  Schiller  bis  178')  überwiegen.  Unter  26  Gedichten  der 
1.  Periode  sind  13  in  trochäischen  Ycrsmassen  abgefasst.  Z.  B.  Will 
sich  Hektor  evrig  von  mir  wenden  —  Schön  wie  Engel  voll  Wal- 
hallas Wonne  —  Meine  Laura,  nenne  mir  den  Wirbel  —  Wenn 
dein  Finger  durch  die  Seiten  meistert  —  Ewig  starr  an  deinem  Mund  zu 
hangen  —  Laura,  Sounenaufgangsgluth  —  Laura,  über  diese  Welt  zu 
fldohten  —  Banges  Stöhnen  wie  vor'm  nahen  Sturme  —  Monnment  von 
unserer  Zeiteu  Schande  —  Horch,  die  Glocken  hallen  dumpf  zusammen 
u.  s.  w.  Unter  diesen  wieder  ist  der  f11n£füssige  Trochäus  am  häufigsten 
angewendet,  besonders  in  jener  Zusammenstellung,  wie  er  auch  in 
dem  oben  citlrten  Gedichte  Kalchberg's  erscheint. 


—  25   - 

Terzückten  Lieder  „An  Laura"*  u.  s.  w.  Man  vergleiche  z.  B. 
aiis  Schillers  Jugendliedem  die  Gedichte:  „Rektors  Abschied,'' 
nLaura  am  Ciavier,*'  „Die  Entzückung  an  Laura, "^  „Die 
Freundschaft*  u.  a.  etwa  mit  Kalchberg's:  „An  Mariannen" 
(1.12.): 

Lange,  lange  sucht'  ich  stets  vergebens 

Unter  Truggestalten  dieses  Lebens 

Eine  weibliche  Vollkommenheit; 

Nicht  allein  zum  Durste  niederer  Sinne, 

Auch  gemacht  zur  hohem  Geisterminne 

Und  zur  wechsellosen  Zärtlichkeit 

Ach !  schon  fing  mein  Hoffen  an  zu  wanken, 

Schon  versank  ich  tief  in  den  Gedanken 

Dass  mein  Suchen  ewig  fruchtlos  sei; 

0,  da  sah  ich  dich,  erhaVne  Schöne! 

Und  der  erste  deiner  Silbertöne 

Machte  mich  von  meinem  Zweifel  frei.      U.  s  w. 

Ebenso  charakteristisch  in  diesem  Sinne  ist  „Adolf  an 
Gabrielen*'.  (I.  72.)  Die  kleineren  Lieder  Kalchberg's,  welche 
sich  in  der  Sammlung  finden,  sind  oft  von  ausserordentlicher 
Einfachheit,  manches  überrascht  durch  einen  originelleren 
Gedanken,  meistens  ist  die  Form  gut  gewählt  und  streng  durch- 
geführt 

Der  Meister  auf  dramatischem  Gebiete,  im  Zeichnen  von 
Figuren  und  lebendigem  Handeln,  tritt  uns  schon  in  der  Ge- 
dichtsammlung durch  einige  Balladen  entgegen.  Zumeist  der 
Landesgeschichte  entnommene  StoflFe  weiss  der  Dichter  mit 
Wlrme  und  Lebhaftigkeit  vorzutragen.  Manchmal  dringt  köst- 
licher Humor  in  einzelnen  Strophen  durch,  an  dem  wir  um 
so  augenscheinlicher  die  Ungezwungenheit  erkennen,  mit  welcher 
der  Dichter  erzählt  Die  erste  Ballade  „Hans  von  Stein  und 
Hedwig  von  Wagen"  mahnt  allerdings  noch  an  die  Stolberg- 
Miller'sche  Richtung,  Geister,  brausender  Sturm,  finstere  Nacht 
^d  andere  Schrecknisse  sind  nicht  gespart,  auch  die  Moral 
fehlt  nicht: 


—  26  — 

Euch,  fühllosen  Eltern!  Euch  wollt'  ich  die  Mähr 
Zur  schaurigen  Warnung  besingen, 
Der  Schöpfer  gab  Freiheit  dem  Menschengeschlecht, 
D'nrni;  kalte  Tyrannen!  D'rum  habt  ihr  kein  Recht, 
Die  Liebe  der  Kinder  zu  zwingen. 

Dagegen  muss  die  Erzählung  ^Andreas  Eberhard  von 
Rauber  und  Helena  Scharsäckinn "  den  besten  von  K  a  1  c  h  b  e  r  g's 
Gedichten  beigezählt  werden.  Der  bekannte  Sackkampf  (daher 
der  Name  »Scharsäckin")  zwischen  dem  durch  seine  Stärke 
berühmten  steiermärldschen  Ritter  Rauber  und  jenem  spanischen 
Rittersmann  0  bildet  den  Vorwurf  zu  der  mit  grosser  Schalk- 
haftigkeit abgefassten  Erzählung. 

Von  besonderer  Bedeutung  für  die  vaterländische,  im 
weiteren  Sinne  für  die  österreichische  Literatur  des  18.  Jahr- 
hunderts wurde  auch  eine  von  J.  v.  Kalchberg  veranstaltete 
Sammlung  von  Poesien,  die  im  Jahre  1789  (und  1790)  unter 
dem  Titel  „Früchte  vaterländischer  Musen,  herausgegeben 
zum  Besten  der  leidenden  Menschheit"  (2  Bändchen),  erschien. 
Diese  Sammlung  ist  der  damals  auftauchenden  ^  Musenalmanach- 
Literatur"  beizuzählen.  Der  Erfolg,  welchen  der  Göttinger, 
dessen  Nachahmung  der  Leipziger  und  endlich  der  Wiener 
Musenalmanach  hatten,  bildete  jedenfalls  auch  in  Kalchberg 
den  Plan  zu  einem  derartigen  Unternehmen,  das  freilich  einen 
mehr  provinziellen  Anstrich  haben  sollte^).  So  erscliienen  die 
beiden  Bändchen  und  sie  geben  eine  treffliche  Uebersicht  der 
damals  in  Steiermark  lebenden  poetischen  Talente.  Als  Mit- 
arbeiter finden  wir  vor  Allem  Kalchberg  selbst  vertreten; 
einige  seiner  besten  Gedichte  sind  hier  zum  ersten  Male  ver- 


I)  Vgl.:  YalvasBor's  Ehre  des  Herzogthums  Krain. 

>)  Vgl.:  K.  Goedeke,  Eilf  Bttcher  deutscher  Dichtung  von  Seb.  Brant  bis 
auf  die  Gegenwart.  Leipzig  1849|  1.  S.  727.  „Nun  fingen  die  Alma- 
nache  schon  an  provinziell  zu  werden,  denn  znn&chst  nach  dem 
Wiener  entstand:  Pfalzbayrischer  Musenalmanach  f&r  das  Jahr  17dl 
bis  1782  u.  s.  w.  —  Lemberger  Musenalmanach,  herausgeg.  von  H. 
G.  V.  Bretschneider  u.  s.  w.**  —  Kalchberg's  „Früchte  v.  M."  er- 
wähnt Goedeke  nicht,  jedonfalls  sind  sie  ihm  unbekannt  geblieben. 


—  27    — 

öffentlichi,  die  weiteren  Mitarbeiter,  welche  theils  mehr,  theils 
weniger  Beiträge  geliefert,  sind :  Dr.  Jos.  Eustach  König  % 
Franz  Sehram,  J.  J.  Scheiger,  Xav.  A.  v.  Unruhe,  A**  L**r 
(Alois  V.  Leitner),  Johanna  Gr.  v.  W**d  (Gräfin  v.  Wurmbrand  ?) 
und  mehrere  Ungenannte  ^),  die  sich  unter  Anfangs-  und  End- 
buchstaben ihrer  Namen  verborgen  und  wohl  nicht  aufzufinden 
sein  werden. 

Wie  schon  erwähnt,  gipfelte  das  Talent  Joh.  v.  Kalch- 
berg's  im  Drama.  Die  Theaterliteratur  seit  den  Siebziger- 
Jahr^i  des  18.  Jahrhunderts  weist  die  schönsten  Perlen  unserer 
dramatischen  Poesie  auf;  sie  zeigt  aber  auch  an  manchen 
Orten,  ich  muss  zu  diesen  leider  auch  Graz  rechnen,  einen 
trostlosen  Charakter.  Der  Ruhm,  den  sich  ein  Lessing,  ein 
Schüler  und  Goethe  mit  ihren  ersten  und  späteren  dramatischen 
Werken  rasch  erworben,  spornte  zahlreiche  kleine  Geister  zu 
Nachahmungen  an,  es  entstand  dadurch  ein  Wust  von  Schau- 
spiden,  die  selbst  auf  der  Btthne  Eingang  fanden,  ja,  wie  die 
Ritterschaospiele  eines  Spiess,  von  dem  Publikum  mit  Begierde 
anfgenonunen  wurden.  Ich  erinnere  hier  nur  vorttbergehend 
an  die  Nachahmungen  von  Goethe's  „Götz  von  Berlichingen'', 
weldies  Schauspiel  eigentlich  die  ganze  nachfolgende  »Bitter- 
literator''  zur  Folge  hatte.  Die  Vorzüge  Goethe's  hatte  keiner 
erreicht;  die  Mängel,  welche  man  dem  „Götz**  dagegen  zum 
Vorwurfe  machen  kann,  wurden  oft  ftlr  dramatisch  wirksame 
Schönheiten  gehalten  und  der  derbrealistische  Anstrich  des 
Stückes  eiferte  die  Nachahmer  zu  wahren  Zerrbildern  an,  die 
sidi  in  das  Gewand  des  Bitterschauspieles  kleideten^).  Die 
Ver&sser  solcher  Stücke  blieben  natürlich  meistens  unbekannt 
and  m^enannt  und  hatten  dazu  auch  ihre  triftigen  Gründe.  Dass 

<)  Advokat  in  Graz.  „Seine  Sinngedichte  zeigten,  dass  er  Laune,  Witzi 

Nahetft  und  fiberhaupt  den  Geist  eines  Mortials  besass."  Vgl.  Wink- 

lern:  Kadirichten.  S.  106  und  107. 
^  Vgl.  besonders  mein  Innerösterr.  Stadtleben  (Literatur.   Pichtung). 

S.  155  ff. 
*)  Man  vergleiche    hieau  die    ?on  mir  angeführten  Schauspieltitel   in 

meinem  öfter  angeführten  Buche.  S.  41. 


-     ~    28  — 

dies  übrigens  nicht  nur  bezüglich  der  Provinzbühnen  der 
Fall  war,  beweist  die  Theatergeschichte  jener  Zeit.  Unter 
solchen  Umständen  musste  ein  auftretendes  Talent,  das  mit 
Fug  und  Recht  ein  bedeutendes  genannt  werden  konnte,  do])- 
pelte  Aufmerksamkeit  erregen.  Dies  war  auch  wirklich  der 
Fall  bei  dem  ersten  Schauspiele  Kalchberg's:  „Agnes, 
Gräfin  von  Habsburg"  (Gratz,  1786),  das  der  erst 
21jährige  Dichter  veröffentlichte  und  später  unter  dem  Titel: 
„Wülfing  von  Stubenberg"  umarbeitete.  Der  Stoff  war  schon 
hier  der  vaterländischen  Geschichte  entlehnt,  eigene  Forschung 
in  Stubenberg^schen  Familien-Urkunden  hatte  die  Details  der 
Handlung  den  Dichter  kennen  lernen  lassen.  Und  wenn  auch 
bei  einer  Begebenheit,  die,  wie  diese,  in  den  Anfang  des 
1 1 .  Jahrhunderts  fällt,  Geschichte  und  Sage  vielfach  ineinander- 
fliessen,  so  ist  doch  dem  jungen  Dichter  ein  farbenreiches, 
dramatisches  Gemälde  gelungen,  dessen  landschaftlicher  Hinter- 
grund mit  der  etwas  abenteuerlichen  Handlung  trefflich  über- 
einstimmt. Dass  der  Geschichtsforscher  hinter  den  Dichter 
vielfach  zurücktritt,  wird  ihm  bei  der  grossen  Jugend  des 
letzteren  Niemand  verübeln,  doch  macht  ein  kurzer  Vorbericht 
den  Leser  zum  Theile  mit  den  benützten  Quellen  bekannt  In  der 
Hauptsache  bildet  die  Fabel  des  Schauspieles  die  Liebe  der  Gräfin 
Agnes  von  Habsburg  zu  dem  steiermärkischen  Ritter  WüUing 
von  Stubenberg,  der  auf  einen  Kreuzzug  auszog,  seiner  langen 
Abwesenheit  wegen  aber  für  verschollen  gehalten  wird,  bei 
seiner  Rückkehr  erfährt,  dass  der  Burggraf  Riedecker  von 
Kuenring  sich  mit  Agnes  verlobt  hat  und  schliesslich  in  dem 
bekannten  Kampfe  (von  dem  das  „Rennfeld"  seinen  Namen 
haben  soll)  den  Burggrafen  besiegt  und  sich  die  Braut  erkämpft. 
Erinnert  auch  die  Sprache  hier  und  da  an  die  grosse  Jugend 
des  Dichters  '),  so  muss  doch  die  Exposition  eine  klare  und 
durchsichtige,  der  Zusammenhang  ein  geschlossener  genannt 
werden.   Die  Gestalten  der  Frauen  sind  noch  nicht  fest  gc- 


1)  Der  erste  Druck  lag  mir  nicht  vor,  Rondern  nur  die  Umarbeitung 
der  GesammtauBgabe. 


~  29  — 

zeichnet,  einzelne  männliche  Charaktere  dagegen  vortrefiTlich. 
Nirgends  eine  psychologische  Unmöglichkeit,  wie  sie  bei  Erst- 
lingswerken  so   oft  und  so  gerne  yorzukommen  pflegt. 

Schon    in     dem    nun    folgenden   dramatischen  Gedichte 

Kalchberg^s:     »Die  Tempelherren"   (1788)  tritt  uns 

das  Talent    desselben   gereifter  und   mehr  geklärt  entgegen. 

Aach  diese  Dichtung  hat  insofeme  für  Steiermark  ihr  specielles 

literarisches  Interesse,  als  sie  das  erste  dramatische  Gedicht 

genannt   werden    kann,   welches  daselbst  entstanden  ist  und 

Au6nerksamkeit  verdient  Dass  Lessing  sein  Vorbild  gewesen, 

geht  aus  Kalchberg's   eigenen  Worten  hervor,   die  er  im 

Jahre  1616  an  die  „Freunde  seiner  Muse"  richtete:  „Nathan 

der  Weise  und   der  Mönch  von  Carmel   gingen  als  Vorbilder 

meinen  Tempelherren  voraus  in   dieser  Gattung  dramatischer 

Dichtung,  die  nun  so  viele  Meisterstücke  besitzt"  0-  ^^^  Fabel 

der   „Tempelherren"  bildet  das  tragische  Schicksal  Jakob  von 

Molars,  des  Grossmeisters  der  Tempelherren,  den  bekanntlich 

Philipp  der  Schöne  dem  Scheiterhaufen  überantwortete.  Molai 

ist  denn  auch  die  Hauptfigur  des  dramatischen  Gemäldes,  um 

die  sich  alles  andere  gruppirt,  seinem  Orden  treu  bis  in  den 

Tod,  stösst  er  Alles  zurück,   was  den  Satzungen  desselben 

entgegen  ist,  selbst  die  Liebe  der  Königstochter  Bianca  vermag 

es  nicht,  ihn  seinem  Gelübde  untreu  zu  machen.   Gedämpfter 

und  milder  macht  sich  dieser  edle  Grundzug  des  Charakters 

auch  in  dem  greisen  Gross-Prior  Guido  von  Auvergne  geltend. 

Die  Sterbescene  zu  Anfang  des  fünften  Actes  lässt  so  recht 

in    die   sanfte,   grosse  Seele  des  sterbenden  Greises  blicken, 

dessen  letzte  Worte  ;, Vergib   allen  meinen  Feinden"    diese 

Gestalt  der  jenes  grossen  Religionsstifters  so  ähnlich  machen 

und  ihn  in  einem  wahrhaft  göttlich  milden  Lichte  erscheinen 

lassen.   Kalchberg  liebt  es,  in  den  Personen  seiner  Dich- 

timgen  sich  diametral  entgegenstehende  Gegensätze  zu  zeigen- 

Der  abtrünnige  Noffo  Dei,  „ein  ausgestossener  Tempelritter^ 


*)  Archiv  f&r  Geographie,  Historie,  Staats-  and  Kriegskunst.  Wien  1816. 
(7.  Jahrg.)  S.  C33. 


—  So- 
und der  charakterlose  Kanzler  Wilhelm  von  Nogaret,  reprä- 
sentiren  diese  Gegensätze  hier.    Nogaret   scheut  nicht  vor 
falschem  Zeugniss  zurQck,  um  den  Untergang  der  Templer  zii 
befördern ;  ihn  leitet  ja,  wie  er  es  seihst  gesteht: 

Das,  was  hiemieden  jeden  Weltmann  macht, 
Das  grosse  Triebrad  aller  Menschenthaten : 
Der  Eigennutz.  Mit  einem  Geierauge 
Sieht  Philipp  auf  der  Templer  fette  Uabe; 
Strebt,  ihre  Schätze,  die  sie  sich  im  Feld 
Durch's  Schwert  erworben,  zu  erhaschen,  und 
Versprach  von  Allem  auch  ein  Dritttheil  mir. 
Auch  die  Hospitaliter,  die  des  Ordens 
Verjährte  Feind  und  Nebenbuhler  sind, 
Verhiessen  mir  den  grössten  Lohn,  wenn  ihnen 
Der  Tempelherren  Commenthureien  würden. 
So  bin  ich  dann  nun  beyderseits  geborgen 
Und  meine  Arbeit  bringt  gewisse  Frucht. 

1.  Act,  12.  Auftr. 

Ihm  würdig  zur  Seite  steht  die  verbuhlte  Mathilde, 
Nogaret's  Tochter,  ein  Weib,  das  nicht  zufrieden  damit,  die 
Beischläferin  eines  Königs  zu  sein,  ihre  Augen  auch  zuMolai 
selbst  erhebt  und  ihre  ganze  Verworfenheit  kundgibt,  da  ihr 
der  Grossmeister  die  stolzen  Worte  zuruft: 

Wenn  jemals  Jakob  Molai, 
Der  Pflicht  zuwider,  einem  Weibe  fröhnt. 
So  ist  doch  seiner  Seele  Stoks  zu  gross. 
Zu  einer  Buhlerin  herabzusinken. 
Und  war'  sie  selber  eines  Königs  —  Metze.  — 

Indem  sie  ihm  noch  die  unheilverkündende  Drohung  nach- 
ruft ^),  die  mit  den  Worten  schliesst: 

Verderben  über  dich!  Verruchter  Bube! 
Mein  Auge  soll  nicht  ruhn,  bis  du  gestürzt. 
Das  Opfer  meiner  Rache  bist! 


I)  2.  Act,  9.  Anftr. 


—  al- 
so Tereinigen  sich  alle  bösen  Mächte  und  bereiten  dem 
Tempelherrn  den  Untergang.  Die  Templer  werden  unter  den 
bekannten  Scheinbeschuldigungen  gefangen  genommen,  Jakob 
von  Molai,  den  Bianca  noch  aus  dem  Kerker  erretten  will,  schlägt 
dies  Anerbieten  aus.  Schon  hat  Mathilde  den  König  bewogen, 
das  Todesurtheil  zu  unterzeichnen  und  sie  bricht,  während 
die  Flamme  des  Scheiterhaufens  vor  ihren  Augen  auflodert 
und  der  König  schon  den  voreiligen  Schritt  bereut,  noch  in 
die  Rufe  aus: 

Will  es  dich  vielleicht  gereuen? 
Pfui,  Philipp!  Wer  ein  grosses  Werk  beginnt, 
Mnss  keine  kleine  Seele  haben.  —  Ha! 
Wie  schön  zum  Himmel  auf  die  Flamme  lodert.  — 

Allerdings  sind  alle  diese  Gestalten  vom  Dichter  ktthn 
gezeichnet,  aber  keineswegs  mit  allzugrosser  Verletzung  der 
historischen  Treue  ^).  Eine  Dichtung^  wie  diese,  musste  Kalch- 
berg's  Kamen  bald  auch  ausserhalb  der  Grenzen  seines 
engeren  Vaterlandes  bekannt,  berühmt  machen,  die  Verworfen- 
heit und  den  Edelsinn  hatte  der  Dichter  hier  mit  den  grellsten 
Farben  dargestellt  und  sich  gegen  die  Natur  doch  nirgends 
versündigt 

Die  nächste  dramatische  Arbeit  Kalchberg's  nahm 
ihren  Stoff  wieder  aus  der  Geschichte  des  Vaterlandes.  „Die 
Grafen  von  Cilli.''  Eine  Begebenheit  der  Vorzeit,  besteht 
eigentlich  aus  zwei  Abtheilungen  ^),  die  auch  in  verschiedenen 


*)  Vgl.   anch  Zach.  Werner's  dramat.  Gedicht:  „Die  Söhne  des  Thals, 

I.:  Die  Templer  auf  Gypern^,  das  1808  erschienen  ist. 
*)  Die  erste  Abtheilung  (CiHi  1791)   enthält  den  „Friedrich«  und  auf 
dem  Titel  das  Motto: 

Steig  nieder  aus  der  Schilde  Mitte  von  der  Wand, 
Darbender  Seelen  Erweckerin, 
Harfe  von  Cona  mit  deinen  drei  Stimmen  I 
Komm'  mit  jener,  die  die  Vorzeit  anfhellt 
Und  empöre  mir  des  Alterthums  Gestalten 
Ueber  ihre  dOsterbraunen  Jahre.  Ossian. 

In  dieser  ersten  Ausgabe  ist  das  Stttck  noch  nicht  in  Acte,  sondern 
in  11  Abtbeilungen  gegliedert   Die  Eintheilung  in  Acte  findet  sich 


—  32  — 

Jahren   (1791    und  1793)  erschienen   sind  und   die  sich  in- 
sofeme    ergänzen,    als   die    beiden    fünfactigeu  Schauspiele: 
„Friedrich  Graf  von  Cilli"  und  ;,Ulrich,  Graf  von 
Cilli**    unter  dem   erwähnten  Gesammttitel  Charakterbilder 
der  beiden  bedeutenden  Vertreter  jenes  rasch  berQhmt  ge- 
wordenen Grafengeschlechtes  zu  liefern  versuchen.  Dass  diese 
Charakterbilder  durch  die  Hand  eines  Mannes,  wie  Ealchberg, 
auch  ihre  dramatische  Abrundung  erhielten,  liegt  um  so  mehr 
auf  der  Hand,  als  die  Geschichte  beider  Grafen  an  sich  schon 
den  Gang  einer  gesteigerten  dramatischen  Handlung  darbietet 
Mit  dem  tragischen  Ende  der  Veronika  von  Dessenitz  schliesst 
das  erste,  mit  der  Ermordung  Ulrichs   durch  Ladislaus  das 
zweite  Stück.  Zum  Vergleiche,  in  wie  weit  Kalchberg  von 
den  historisch    beglaubigten  Thatsachen   abwich,    diene  eine 
kurze  Darstellung  zuerst  des  „Friedrich".   Gegen  den  Willen 
seines  Vaters  Hermann  IL  v.  Cilli,  der  den  Glanz  und  den 
Ruhm  des  Cillier  Grafengeschlechtes  durch  hohe  Verbindungen 
noch  erhöhen   und  steigern  wollte,  vermählte  sich  Friedrich, 
nachdem   seine  erste  Gattin,  Gräfin  Elisabeth  von  Modrusch 
im  Jahre   1422   gestorben  war,    heimlich  mit  Veronika  von 
Dessenitz,  einem  Mädchen  aus  dem  niederen  Adelsstande  und 
lebte  mit  ihr  auf  seinem  Schlosse  Gurkfeld  in  Kärnthen.  Der 
steiermärkische  Edle  Jobst  v.  Helfenberg,  einer  der  bittersten 
Feinde  Friedrichs,  hat  es  ausgekundschaftet,  dass  Friedrich  mit 
Veronika  vermählt  sei,  er  schleicht  sich  in  den  Garten  zu  Gurk- 
feld ein,  Jobstens  Blut  selbst  geräth  beim  Anblicke  der  schönen 
Veronika,  der  er  sich  unerkannt  naht,   in  Wallung  und  dop- 
pelten Groll   gegen  Friedrich  im  Herzen   tragend,   eilt  er  zu 
dessen  Vater.   —  Unterdessen   erscheint  Friedrichs  Freund: 
Jakob   von  Edling,  auf  dem  Schauplatze  in  Gurkfeld  und  er- 
kennt mit  tiefem  Schmerze  in  der  Gattin  seines  Freundes 

erst  in  der  Umarbeitung  in  den  „Sämmtl.  Werken".  YIII.,  welche 
Wurzbach  unbekannt  geblieben  sein  dürfte,  da  er  a.  a.  0.  S.  380  b 
sagt,  das  Stück  sei  '„eigentlich  kein  Drama,  sondern  eine  Art  geschicht- 
licher Dramatisimng,  worin  die  Dialogenform  zur  Belebung  des  Ganzen 
beiträgt ''. 


—  33  — 

eine  FraaeDgestalt,  die  er  „bei  einem  grossen  Banket"  in 
Graz  gesehen  hat  und  seitdem,  in  Liebe  zu  ihr  entbrannt, 
nicht  mehr  vergessen  konnte,  ohne  sie  aber,  so  viel  ei  auch 
gesucht  wieder  aufzufinden.  Ein  Bote,  von  Hermann  gesendet, 
trifft  ein  und  ladet  Friedrich  zu  den  in  Cilli  stattfindenden 
Festen,  welche  zu  Ehren  der  Ankunft  der  Tochter  Hermanns, 
der  Königin  Barbara  von  Ungarn,  gefeiert  werden.  Eine  solche 
Einladung  ist  Befehl.  Friedrich  verlässt  das  Schloss,  nachdem 
er  noch  dieses  und  seine  Gattin  dem  Schutze  des  Freundes  em- 
pfohlen. In  Cilli  folgen  unterdessen  Feste  auf  Feste.  Stolz  nimmt 
Königin  Barbara  die  Huldigungen  entgegen,  welche  ihr  darge- 
bracht werden  und  übergibt  in  feierlicher  Versammlung  ihrem 
Vater  das  vom  König  Sigumnd,  ihren  Gemahl,  ausgefertigte 
Pergament,  durch  welches  Hennann  die  Grafschaft  Sagor  mit 
voller  Landeshoheit  in's  erbliche  Eigenthum  abgetreten  erhielt. 
Aber  schon  liat  der  Knappe  Pietro  auch  der  Königin 
die  niederschmetternde  Nachricht  von  der  Vermählung  ihres 
Kruders  mit  Veronika  mitgetheilt,  auf  welche  djis  herrach- 
süchtige  Weib  ihren  ganzen  Hass  wirft  ^).  Hermann,  der  die 
heimliche  Vermählung  Friedrichs  nun  auch  erfährt,  wüthet 
liegen  den  zum  Feste  eintreffenden  Sohn  und  verlangt  stürmisch 
die  Trennung  dieser  Ehe.  Jobst  von  Helfenberg  schürt  im 
Verdne  mit  Barbara  die  Zornesflamme  und  Hermann  lässt 
seinen  Sohn  ergreifen  und  in  den  Kerker  auf  Ober-Cilli  werfen. 
Jakob  von  Edling  auf  dem  Schlosse  Gurkfeld  muss  alle  Kraft 
seiner  Seele  anwenden,  damit  nicht  die  Leidenschaft  hervor- 
breche, welche  er  zu  der  Gattin  seines  Freundes  gefasst  hat, 
^r  er  widersteht  mit  echtem  Mannesmuth.  Da  die  Nachricht 
▼on  der  Einkerkerung  Friedrichs  eintrifft  und  bei  dem  Stande 


')  Barbara'g  „der  zweiten  Messallina''  Charakter  tritt  uns  aus  den 
historischen  Quellen  ffut  noch  verworfener  entgegen,  als  ihn  Ka Ich- 
berg hier  dramatisch  zeichnet.  Man  vergleiche  Aeneas  Silvius, 
bist  hohem.  C.  69.  —  de  vita  Barb.  S.  114  — "  Supan  a.  a.  0. 
S-  3  n.  4.  Wenn  auch  Aen.  Silvius  schwarz  malt.  Vgl.  die  milde  Auf- 
&Bsang  bei  Krone 8 :  ^^arbara  von  Cilli"  in  Rosegger's  Heimgarten 
11  Jafaig.  S.  34  ff. 

^^^vD.  d.  h.  Yer«i»es  f.  Steiermaik.  XXVI.  Heft,   1878.  3 


—  34  — 

der  Dinge  Jakob  einen  Ueberfall  der  Burg  befürchten  muss, 
setzt  er  Alles  in  deren  Yertheidigung  in  Stand.  In  Bauem- 
kleidem  flieht  Veronika,  von  dem  ebenfalls  verkleideten  Knappen 
Georg  begleitet  Aber  auch  Jobst  der  Todfeind  Friedrichs, 
hat  durch  einen  treulosen  Burgknecht  von  der  Flucht  Kunde 
erlangt.  Er  und  Pietro  legen  sich  in  den  Hinterhalt  und 
Veronika  wird  von  ihnen  und  den  Reisigen  aufgegriffen  und 
gefangen.  Auf  Veranlassung  Barbara's  wird  nun  Veronika  auf 
dem  Schlosse  Osterwitz  gefangen  gehalten.  Jakob  von  Edling, 
der  bald  Alles  in  Erfahrung  gebracht,  eilt  zu  Barbara  und 
beschwört  diese,  die  Rettung  seines  Freundes  und  der  schuld- 
losen Gattin  zu  bewirken.  Das  lüsterne,  verworfene  Weib 
verspricht  ihm  endlich  die  Kerkerschlüssel  auszuliefern,  aber 
nur  gegen  den  Preis  —  seiner  Liebe.  Der  Knappe  Pietro 
war  gegen  hohe  Verheissungen  Barbara's  bereit,  nach  Oster- 
witz zu  eilen  und  Veronika  selbst  zu  vergiften;  da  er  jedoch 
Grund  hat,  an  den  Verheissungen  zu  zweifeln  und  den 
wankelmüthigen  Charakter  der  Königin  zu  gut  kennt,  schlägt 
er  sich  auf  die  Seite  Jakobs  von  Edling  und  verräth  diesem 
den  ganzen  schändUchen  Anschlag ;  Jakob  hat  bereits  Hermann's 
und  Barbara's  Vorgehen  gegen  Friedrich  befreundeten  Rittern 
desselben  mitgetheilt,  welche  beim  Feste  anwesend  waren. 
Diese  befreien  Friedrich  aus  seinem  Kerker  und  Alle  stürmen 
dann  nach  Osterwitz.  Offener  Kampf  zwischen  Vater  und  Sohn 
ist  nun  ausgebrochen.  Auf  Friedrichs  Seite  ist  der  Sieg;  da 
erhält  Hermann  die  Nachricht  von  dem  Tode  seines  Sohnes 
Ludwig.  Dieser  harte  Schlag  wendet  auch  seine  Gesinnung 
Friedrich  gegenüber,  trotz  Barbara's  Einrede  will  er  Alles  ver- 
gessen und  verzeihen.  Auf  Osterwitz  verfolgt  Jobst  Veronika 
mit  seinen  Liebesanträgen  stürmisch  und  da  ihm  diese  jedesmal 
stolz  abweist,  so  zwingt  er  sie,  einen  Becher  mit  Gift  zu 
leeren,  mit  den  Worten:  „Bald  komm'  ich  wieder,  ist  er  nicht 
geleert,  so  wandelst  du  mit  mir  nach  einem  Orte,  wo  weder 
Freund  noch  Feind  dich  wieder  finden  und  ich  gemüthlich  deine 
Blüthen  pflücke."  Aber  zur  rechten  Zeit  ist  Friedrich  eingetroffen, 
Pietro  hat  ihn  gut  geführt.   Veronika  ist  befreit,   schon  auch 


—  35  — 

Hermaim  eingelangt  und  die  Versöhnung  zwischen  Vater  und 
Sohn  ToUständig  geworden.  Da  erscheint  verschleiert  in  dem  all- 
gemanen  Glücke  Barbara  —  die  Verworfene,  und  stösst  der  Ve- 
ronika dneii  Dolch  in's  Herz.  Mit  deren  Tode  schliesst  das  Stück. 
Schon  nach  dieser  Inhalteangabe  wird  Jeder  mit  mir  darin 
Qbereinstinimen,  dass  Kalchberg  den  historischen  Stoif  nach 
allen  Regeln  der  Aesthetik  und  Dramatik  geformt,  dass  er 
insbesondere  ein  Ganzes  geschaffen,  das  in  sich  abgeschlossen 
erscheint  Von  einem  schönen  Hintergrunde  heben  sich  die 
Gestalten  der  handelnden  Personen  hier  ab.  Friedrich  ist  der 
liebeiide  Sohn  aber  auch  der  treue  Gatte  seines  Weibes,  für 
welches  er  eher  des  Vaters  ganzen  Zorn  auf  sich  ladet,  als 
es  veriässL  Die  Geschichte  mag  über  Friedrich  wie  immer 
urtheüen,  allen  Geschichtsschreibern  haftet  ein  gewisses  Vor- 
urtheil  an  und  es  ist  eine  gewiss  nur  erlaubte  poetische  Licenz, 
den  Sohn  Hermann's  von  Cilli  so  edel  darzustellen,  als  er  in 
dem  Drama  erscheint,  überdiess  ist  die  Ermordung  der  ersten 
Gemahlin  Friedrichs  durch  diesen  selbst  und  andere  trübe 
Schatten  auf  diesen  Charakter  werfende  Handlungen  keineswegs 
vollständig  historisch  beglaubigt,  in  der  That  aber  muss  die 
Leidenschaft  gross  gewesen  sein,  welche  er  zu  Veronika  ge- 
fasst  hatte  ^).  Kalchberg  zeichnet  mit  Vorliebe  hässliche 
Fraueneharaktere.  Ebenbürtig  der  in  den  „Tempelherren"  vor- 
kommenden Mathilde  an  Verbuhltheit  und  Verworfenheit  ist 
die  Königin  Barbara,  deren  Gestalt  von  dem  Dichter  mit 
Meisterschaft  entworfen  erscheint.  Ihre  „Lebensweisheit"  ist 
gar  seltsamer  Art,  stimmt  aber  mit  der  Mathildens  ganz  überein  ^). 


^)  Seine  „freigeisterische**  Grabscbrift  die  er  sich  selbst  schrieb,  zeigt 
eher  Hamor,  als  Schlechtigkeit.  Diese  Grabschrift  lautet:  Hsec  mihi 
porta  est  ad  infemos.  Quid  illic  reperiam,  nescio.  Scio  quae  reliqui. 
Ahundari  bonis  omnibus,  ex  quibus  nihil  fero  mecnm,  nisi  quod  bibi, 
edi,  quodque  inexhansta  voloptas  exhaasit." 

^  «Friedrich*',  2  Act,  2.  Anftr.  ,,Dieser  blinde  Gott  (Amor)  ist  ein 
Hatiger  Republikaner,  der  allen  Unterschied  der  Stände  hasst  und 
dorch  seine  magischen  Bande  das  Hohe  an  das  Niedere  knüpft.  Gre- 
nieisen  seine  Wonne,  aber  sich  vor  seinen  Fessein  baten,  das  ist 
Lebensweisheit.^    —    ,.Kein,   nicht  Eines  für  £tnes,   Alle  für  Alle 

8* 


—  36  — 

Rein  und  zart  dagegen,  das  ideale  Bild  des  liebenden  deutschen 
Weibes,  zeigt  sich  Veronika,  ihre  Ermordung  macht  einen  um 
so  erschttttemderen  Eindruck,  als  dieselbe  in  dem  Momente 
allgemeiuer  Freude  plötzlich  erfolgt  Selbst  Nebenfiguren  sind 
mit  kräftigen  Strichen  gezeichnet;  so  besonders  das  Werkzeug 
Helfenbergs  und  Barbara's :  Pietro ;  ein  Zug  zum  Bessern  zeigt 
sich  doch  hier  und  da  bei  ihm  und  er  gewinnt  uns  sogar  für 
sich,  da  ihn  Friedrich  reichlich  belohnen  will,  er  aber  jede 
Belohnung  zurückweist:  „Behaltet  eure  Schätze,  Graf,  ich 
finde  -  zum  ersten  Mal  in  meinem  Leben  —  in  meinem 
Herzen  die  Belohnung.  Auch  ich  will  euch  nicht  zumuthen, 
mich  in  eure  Dienste  zu  nehmen.  Mein  Entschluss  ist  gefasst : 
Bis  in's  ferne  Spanien  wand're  ich  als  Pilger,  lege  auf  dem 
Montferrate  meinen  Dolch  zu  den  Füssen  der  Mutter  ewiger 
Liebe  nieder  und  bitte  sie,  in  einer  der  Einsiedeleien  jenes 
Berges  wohnend,  imausgesetzt  auf  büssendem  Knie,  mir  die 
Verzeihung  ihres  göttlichen  Sohnes  zu  erflehen.'' 

Das  zweite  „Stück"  der  „Grafen  von  Gilli"  behandelt 
Ulrichs  Kampf  mit  Ladislaus  und  des  Grafen  Untergang  durch 
die  Ermordung,  über  deren  Details  die  Geschichte  so  viele 
Lücken  aufweist,  so  dass  dem  Dichter  hier  ein  weiter  Spielraum 
seiner  Phantasie  gegeben  ist.  Auch  hier  ist  die  verworfene 
Königin  Barbara  der  böse  Geist,  der  unheilvoll  in  das  Geschick 
des  letzten  Grafen  von  Cilli  eingreift.  Sie  entflieht  dem  Kloster, 
das  ihr  als  Aufenthaltsort  angewiesen  war  und  sucht  Schutz 
und  Hilfe  bei  ihrem  Neffen  Ulrich.  Auf  die  Zurückweisung 
durch  denselben  schwört  sie  Bache  und  weiss  durch  ein  tolles 
Gaukelspiel  den  Hunyaden  Ladislaus  Corvinus  unter  der 
Maske  einer  Zauberin  gegen  Ulrich  auf  das  Heftigste  aufzu- 


hat die  Natur  geschaffen.  Wenn  der  Blumenstrauss  weUct,  der  deinen 
Busen  schmQckt,  wirst  du  dir  nicht  einen  andern  pflQcken?  Wenn  sich 
diese  Männer-Schmetterlinge  das  Hecht  anmassen,  mit  jeder  weiblichen 
Blume  zu  kosen,  die  ihnen  gefällt,  so  kann  man  es  auch  diesen 
Blumen  nicht  verwehren,  ihren  BlOthenschoss  dem  zu  öffiien,  den  sie, 
nach  Geschmack  und  Laune,  dessen  werth  finden. '  —  Man  vgl.  hiezu 
die  „Tempelhen*en",  l.  Act,  9.  Auftritt,  Mathildens  Gespräch  mit  Bianca. 


~  37  — 

reizeo.  Aber  Ladislaus  wird  von  Ulrich  gefangen.  Das  edle 
Auftreten  des  Grafen  und  seine  ritterliche  Gesinnung  gewinnen 
ihm  jedoch  auch  das  Herz  des  gefangenen  Hunyaden,  wie  ja 
dessen  Bruder  Mathias  Corvinus  lange  schon  den  edlen  Sinn 
llrichs  erkannt  und  sich  ihm  herzlich  zugewendet  hat  Doch 
Barbara  macht  ihren  Einfluss  gewaltig  geltend.  Ulrichs  Gemahlin, 
Catbarina,  hatte  schön  früher  Ladislaus  in  Begierde  entflammt ; 
diese  zu  entftüiren  und  die  Borg  zu  überfallen,  lässt  Barbara 
durch  einen  Boten  dem  Hunyaden  rathen.  Aber  auch  daran 
wird  Ladislaus  durch  das  Dazwischenkommen  Ulrichs  gehindert. 
Da  erscheint  der  „König  Ladislaus **  selbst  auf  der  Burg, 
zweimalhunderttausend  Türken  sind  gegen  Ungarn  im  Anzüge **, 
der  inächtige  Graf  von  Cilli  soll  die  Macht  Ungarns  mit  den 
Seinigen  verstärken.  Noch  einmal  weiss  die  königliche  Witwe 
Barbara  durch  einen  Brief  Ladislaus  glauben  zu  machen,  Ulrich 
sinoe  auf  Verrath.  Ladislaus  tritt  nun  an  die  Spitze  einer 
Verschwörung  gegen  den  Grafen  von  Cilli  und  der  Letzte  des 
Stammes  jenes  berühmten  Grafengeschlechtes  wird  durch  die 
Verschworenen  ermordet  Mit  dessen  Tode  schliesst  das  Stück. 
«Man  brachte  die  Leiche  nach  Cilli,''  berichtet  das  beigefügte 
Nachwort,  j,der  Herold  zerschlug  bei  ihrer  Begräbniss  das 
Wappen  mit  den  drei  Sternen  und  rief  dreimal  beim  kläg- 
lichen Schalle  der  Posaune:  ^ Cilli  und  nimmermehr  Cilli!"  *) 
So  viel  über  die  „Grafen  von  Cilli".  Beide  Dramen, 
besonders  aber  das  erste,  wurden  bei  ihrem  Erscheinen  mit 
Lobsprüchen  von  der  zeitgenössischen  Kritik  empfangen.  Die 
«gewaltige"  oberdeutsche,  allgemeine  Literaturzeitung  schrieb 
im  CXn.  Stücke  des  Jahres  1791  anlässlich  der  Besprechung 
des  „Friedrich'':  „Ist  die  tragische  Muse  überhaupt  reizend, 
wenn  sie  ihren  Stoff  von  der  Geschichte  entlehnt,  so  ist  sie 
es  um  so  mehr  in  jenem  Falle,  wenn  ein  patriotischer  Dichter 


*)  Rekbbaltige  Literaturangaben  und  eine  Kritik  säromtlicber  bistor. 
Nachricbten  Ober  die  Grafen  von  CUli  findet  man  in  der  eingehenden 
Arbeit:  „Die  zeitgenössischen  Quellen  zur  Geschichte  der  Grafen  von 
coli,  von  I)r,  Franz  Krön  es/  im  8.  Baude  der  „Beiträge  zur  Kunde 
steierm   Gegchicbtsquellen". 


—  38  — 

vaterländische  Begebenheiten    der   Vorzeit  in  ihrer  Sprache 

bearbeitet  und  die  Sitten  seiner  Voreltern  schildert 

Man  kann  dieses  Stück  als  ein  dramatisches  Gedicht  ansehen, 
besonders  da  die  Schilderung  der  Charaktere  trefflich,  die 
Sprache  dem  15.  Jahrhunderte  anpassend  und  überall  das 
Costum  beobachtet  worden  ist."   — 

Schon  vor  dem  Erscheinen  des  zweiten  Theiles  der 
„Grafen  von  Cilli"  im  Jahre  1792  hatte  Kalchberg  „Die 
Ritterempörung,  eine  wahre  Begebenheit  der  Vorzeit,"  ver- 
öffentlicht. Das  Stück  erschien  in  Prosa  abgefasst;  in  dem 
9.  Bande  der  sämmtlichen  Werke  ist  es  unter  dem  Titel: 
„Andreas  Baumkircher^  vollsändig  umgearbeitet,  versificirt 
und  mit  einer  vortrefflichen  historischen  Einleitung  versehen, 
von  der  noch  im  Jahre  1869  Professor  Krones  ^  sagt,  durch 
diese  Arbeit  habe  ^Kalchberg  das  unbestrittene  Verdienst, 
über  Baumkircher  manchen  wichtigen  Beitrag  zu  dessen  Ge- 
schichte vor  1469  geboten  zu  haben,  ohne  sich  von  Erfin- 
dungen beirren  zu  lassen".  Kalchberg  selbst  erklärt  in 
der  Vorrede  zur  ersten  Ausgabe:  „meine  Absicht  ging  dahin, 
das  Schicksal  dieses  Helden  nach  historischer  Wahrheit  vor- 
zustellen. Daher  blieb  ich  der  Geschichte,  selbst  in  den  meisten 
Kleinigkeiten  getreu  und  die  erfindende  Dichtkunst  gab  nichts 
dazu,  als  ein  einfaches  wenig  geschmücktes  Gewand."  Nun 
waren  allerdings  des  Dichters  historische  Quellen  hauptsächlich 
C.  J.  Csesar's  Annales  ducatus  Styrise,  handschriftliche  Chroniken 
der  Steiermark  und  andere  mit  nicht  genug  Vorsicht  aufzu- 
nehmende Publicationen'-^).  Wenn  auch  seine  eigenen  For- 
schungen manches  Dunkel^elichtet,  manchen  Irrthum  aufgeklärt 
haben,  so  waren  doch  diese  Quellen  für  die  Geschichte  nach 
1469  oft  unglaubwürdig,  auch  mag  der  Umstand,  dass  Baum- 


<)  Andreas  Baumkircher.  Ein  Lebens-  und  Zeitbild  von  Dr.  F.  K  r  o  n  e  s,  im 
IT.Hefte  derMitth.  des  histor.  Vereines  f.  Steiermark.  (S. 54) Graz.  1869. 

^  Die  ganze  Literatur  siehe  bei  Krön  es  a.  a.  0.  und  insbesondere 
auch  desselben  Historikers  Aufsatz:  „Zeugenverh'dr  über  Baum- 
kirchers  Thatenleben  und  Ende",  in  der  Zeitschrift  für  österr. 
Gymnasien.  Jahrg.  1871. 


—  39   — 

idrcher  schon  seit  lange  gewissermassen  als  Nationalheld  galt, 
mit  zu  der  Charakterzeichnung  in  dem  Trauerspiele  —  ein 
solch»  haben  wir  ja  vor  uns  —  beigetragen  haben.  Die  Sage  hatte 
lange  Jahre   hindurch  um  das  geschichtliche  Bild  des  Helden 
ihren  Schleier  gewoben  und  wohl  manchen  Zug  in  demselben 
veräDdert,  natürlich  zu  Gunsten  des  steiermärkischen  Ritters. 
Selbstverständlich  bleibt  Ealchberg's    „Baumkircher'^   im- 
merbin ein   dramatisch  gegliedertes,  in  sich  abgeschlossenes 
Ganze.  Die  Fabel  des  Trauerspieles  schliest  sich,  wie  erwähnt, 
an  die  Geschichte  an.  Im  Kreise  seiner  Familie,  an  der  Seite 
seiner  Gattin  Margaretha  lebt  Baumkircher,  fern  von  der  stei- 
rischen  Heimath,  auf  der  Bergveste  Schlaiiing  in  Ungarn,  in  dem 
ihm  der  König  von  Ungarn  eine  zweite  Heimath  bereitete ;  längst 
hatte  er  die  Absicht,  sich  dem  Kaiser  Friedrich,  mit  dem  er  nun 
ausgesöhnt  ist,  wieder  zu  nahen,  denn  er  spricht  es  ja  selbst  aus : 
Es  neigt  mein  Herz,  gewohnt  der  alten  Liebe, 
Sich  noch  dem  Fürsten  zu,  für  den  ich  oft 
Dem  Tode  trotzte,  dessen  Angedenken 
hl  zwanzig  Narben  meinen  Körper  deckt. 
Nur  seine  Höflinge  entzweiten  uns. 
Unbezahlt  zwar  sind  noch  die  Summen,  die  er  dem  Kaiser 
geliehen,  allein  freundschaftlich  dies  mit  ihm  jetzt  auszugleichen 
nimmt  er  sich  vor.  Aber  die  friedliche  Absicht  Baumkircher's  wird 
heftig  erschüttert  durch  die  Klagen  seines  Eidams  Hanns  von 
Stnbenberg  gegen  den  Kaiser,  durch  das  Erscheinen  der  beiden 
Ritter  Närringer,  denen  die  kais.  Vögte   drei  Gilter  im  Lande 
entrissen.  Sein  eigener  Sohn  Wilhelm  dringt  in  ihn,  die  Waften 
wieder  zu  erheben.  Erst,  da  auch  der  greise  Greisenegger  vor 
Baumkircher  erscheint  und  ihm  die  grauenhafte  Mähr  erzählt : 
Als  mich  des  Krieges  wandelbares  Los 
In  die  Gewalt  des  Feindes  brachte,  stiessen 
Sie  mich  in's  tiefeste  Verliess,  und  Hessen 
Zwei  Jahre  schmachten  mich  im  Erdenschoss. 
Die  Nachricht  meines  Todes  ward  gelogen.  — 
Man  überliess  mich  der  Vergessenheit 
Und  meine  Güter  wurden  eingezogen. 


—  40  — 

entschliesst  sich  Baumkircher  die  Waffen   gegen   den  Kaiser 
zn  ergreifen. 

Um  Leibnitz  entbrennt  nun  der  Kampf  der  „Empörer** 
und  der  „Kaiserlichen'',  Leibnitz  selbst  ergibt  sich  den  ersteren. 
Da  kömmt  die  Nachricht,  der  Kaiser  wolle  Versöhnung  ge- 
währen und  zugleich  ein  Gnadenbrief  des  Regenten,  der  Wieder- 
gabe der  verfallenen  Güter  zugesteht  Dem  Ritter  Baumkircher 
wird  Geleit  bis  zur  Vesperglocke  gewährt.  Trotz  des  Zuredens 
der  Freunde  „Traue  nicht!''  begibt  sich  Baumkircher  nach 
Graz.  Hier  weiss  ihn  der  Kanzler  bis  zur  verhängnissvollen 
Stunde  aufzuhalten,  und  gerade  als  er  auf  dem  Rückwege  be- 
findlich, zwischen  die  beiden  Thorgitter  in  der  Murgasse  gelangt, 
ertönt  die  Vesperglocke.  Schon  waren  auch  die  besorgten 
Freunde  aussen  vor  dem  Thore  angelangt,  aber  zu  spät,  hinter 
dem  geschlossenen  Gitter  wird  Baumkircher  (am  23.  April  147  i ) 
enthauptet  Der  Charakter  Baumkircher's  erscheint  von  K  a  1  c  h- 
b er g  ganz  im  Sinne  der  Worte  Valvassor's *)  gezeichnet:  „Ein 
heldenmüthiger  Kriegsmann,  aber  schlechter  Staatsmann  und 
Politikus,  der  durch  den  endlichen  Fall  seines  Kopfes  erwiesen, 
dass  er  keinen  fürsichtigen  Witz  im  Kopfe,  sondern  mehr  vom 
Leuenhim  als  Fuchshim  gehabt^  Aber  auch  im  Kreise  seiner 
Familie  führt  uns  der  Dichter  den  Helden  vor,  jener  Familie, 
die  er  so  sehr  geliebt  und  in  deren  Schosse  er  oft  den  Kummer 
vergessen,  den  ihm  sein  Kaiser  und  sein  Fernsein  vom  Vater- 
lande bereitet  hat,  wir  lernen  in  dem  Drama  den  liebenden 
Gatten  und  Vater  ganz  kennen.  Zu  Kalchberg's  besten  Ar- 
beiten kann  man  den  „Baumkircher^  trotz  der  Umarbeitung 
nicht  rechnen.  Dazu  fehlt  den  Gestalten  zu  sehr  die  drama- 
tische Vertiefung,  dazu  ist  er,  man  gestatte  mir  den  Ausdruck, 
zu  streng  historisch.  f!in  Anderes  ist  es  ein  getreues  Geschichts- 
bild zu  liefern,  ein  Anderes  eine  Dichtung.  Die  ästhetische 
Schönheitslinie  und  die  Linie  des  Umrisses,  den  der  Historiker 
nach  dem  ihm  vorliegenden  Material  zeichnen  muss,  fallen  selten, 
fast  nie  zusanunen,  nur  eine  harmonische  Verschmelzung  der- 


*)  ValvasBor,  Ehre  des  Henogthums  Krain.  XV.  Buch. 


—  41   — 

selben  rundet  das  dichterische  Bild  ab,  gibt  ihm  Schönheit 
and  poetisches  Leben.  Dessenungeachtet  wurde  schon  die 
m  Prosa  abgefasste  „  Ritterempörung "  auf  den  heimischen 
Btthnen  oft  und  gerne  aufgeführt.  Der  Grund  davon  liegt  nahe, 
die  Gestalt  Baumkircher^s  lebte  längst  im  Yolksmunde,  war 
im  ganzen  Vaterlande,  besonders  aber  in  der  Hauptstadt  durch 
die  Jahrhunderte  nicht  vergessen  worden,  andererseits  haschte 
man  ja  damals  förmlich  nach  Ritterstücken  und  nun  gar  eine 
^Bitterempömng^  mit  so  gräulichem  Ausgange  musste  ja  den 
Theater-Director  und  das  Publikum  anlocken. 

»Maria  Theresia**  benannte  der  Dichter  das  der  Zeit  nach 
nun  folgende  dramatische  Gedicht,  welches  im  J.  1793  erschien, 
aber  trotz  des  bedeutenden  patriotischen  Gefühles,  das  ihn  bei 
der  Abfassung  durchwehte,  wieder  hinter  die  andern  Arbeiten 
der  froheren  Zeit  zurücktritt.  „Jahre  lang"",  schreibt  Kalch- 
berg  in  dem  „Vorbericht"  (der  vom  Jahre  1789  datirt  er- 
scbeintX  finnig  ich  in  meiner  Seele  den  Wunsch,  dass  die  Muse 
eines  unserer  vortrefflichsten  Dichter  diesen  schönen  Stoff  be- 
arbeiten möchte.  Allein  meine  Hoffnung  ward  nicht  erfüllt  Da 
entstand  endlich  in  mir  der  kühne  Gedanke,  dieses  Wagestück 
selbst  zu  unternehmen.*^  Allerdings  ist  der  Versuch  auch  hier 
gemacht,  die  Charakteristik  der  handelnden  Personen  mit  festen, 
sicheren  Strichen  zu  geben,  aber  nur  in  der  Gestalt  der  fast 
allein  in  den  Vordergrund  tretenden  Kaiserin  gelungen.  Das 
ganze  Drama  liest  sich,  wie  ein  Kapitel  in  Verse  gebrachter 
Geschichte,  die  Scenen,  in  denen  Maria  Theresia  nicht  selbst 
^ritt,  scheinen  nur  zur  Ausfüllung  eingefügt  zu  sein.  Freilich 
Verden  die  schönen,  edlen  Charakterzüge  der  Kaiserin  in  ein 
^  giftnzendes  Licht  gestellt,  als  sie  es  verdienen;  so  z.  B.  in 
der  ersten  Scene  des  zweiten  Actes,  in  welcher  Theresia  die 
eingelangten  Bittschriften  erledigt,  wie  prächtige  Fürstenworte 
legt  ihr  der  Dichter  hier  in  den  Mund : 

Weh  einem  Fürsten,  der  sein  reges  Wirken 
Dem  Volke  raubt,  und  die  so  edle  Zeit 

Im  Schoss  der  Trägheit  und  der  Wollust  mordet 

Ich  will,  gleich  jenem  grossen  Kaiser,  mich 


-  42  - 

Am  Abend  eines  jeden  Tages  fragen: 
„Therese!  welches  Gute  thatst  du  heute?" 
Der  Himmel  stärke  mich,  dass  nie  mein  Herz 
Mir  sagt:  Ich  habe  einen  Tag  verloren. 

Der  Inhalt  des  Stückes  schliesst  sich  auch  hier  an  die  Ge- 
schichte an,  und  zwar  von  der  Thronbesteigung  Maria  Theresia's 
bis  zu  jenem  berühmten  Tage  zu  Pressburg,  an  welchem  die  un- 
garischen Stände  begeistert  ihre  Säbel  schwangen,  unter  dem 
Rufe :  Moriamur  pro  rege  nostra  Maria  Theresia !  zu  den  Füssen 
der  in  ihrer  Mitte  befindlichen  Kaiserin  hinstürzten  und  ihr 
den  kräftigsten  Beistand  gegen  ihre  Feinde  zuschwuren.  Glän- 
zend sind  die  Schlusscenen  des  fünften  Actes,  rührend  jene 
Scenen,  in  welchen  die  Kaiserin  den  Purpurmantel  abgestreift 
hat  und  als  die  treue  Gattin  Franzen's,  als  die  liebende  Mutter 
ihrer  beiden  Kinder  Marianne  und  Josef  erscheint.  Für  die 
Vorgänge  der  höheren  Politik  aber  war  des  Dichters  Feder 
nicht  geschaffen,  und  dies  wohl  auch  der  Grund,  dass  die 
Kaiserin  und  nur  diese  in  den  Vordergrund  tritt,  ohne  dass 
uns  eine  der  handelnden  Nebenpersonen  länger  fesseln  oder 
erwärmen  kann.  Uebrigens  scheint  mir  dieses  Drama  allen  An- 
zeichen nach  noch  aus  des  Dichters  früheren  Jahren  herzu- 
rühren, dies  schliesse  ich  aus  der  Abwesenheit  jener  kräftigen 
dramatischen  Züge,  welche  alle  späteren  Arbeiten  des  Dichters 
mehr  oder  weniger  charakterisiren,  und  aus  dem  Datum  des 
„Vorberichtes",  sowie  aus  dem  ganzen  Inhalte  desselben,  der 
schon  darauf  hinzuweisen  scheint,  dass  dieses  Stück  wohl  schon 
vor  dem  Jahre  1789  abgefasst,  von  dem  Dichter  aber  aus 
Scheu  nicht  veröifentlicht  wurde. 

Kann  man  der  „Maria  Theresia"  nicht  jenes  Lob  spenden, 
das  Kalchberg's  frühere  Publicationen  oft  im  reichen  Masse 
verdienen,  so  muss  das  im  Jahre  1796  erschienene  Drama  „Die 
deutschen  Ritter  in  Accon"  geradezu  eine  Meisterlei- 
stung genannt  werden  0-   Dieses  dramatiche  Gedicht  (in  der 

I)  „Die  deutschen  Ritter  in  Accon,  sagt  sogar  die  ziemlich  seichte  und 
oberflächliche  Besprechung  in  dem  Nekrolog  der  „Steierm.  Zeitschrift, 
1827"  bilden  den  Gulminationspunkt  seiner  dichterischen  Plastik." 


—  43  — 

Umarbeitang  VIL  117:  „Bertram  von  Dietrichstein")  hatte 
bd  dem  Erscheinen  Auüsehen  erregt,  wie  kaum  eine  Dich- 
tung jener  Zeit,  welche  in  Oesterreich  entstanden  ist,  und 
reihte  seinen  Verfasser  nun  ohne  Frage  den  ersten  Talenten 
seiner  Z^  an.  In  keinem  von  Kalchberg's  früheren  oder 
sfiHerea  Stücken  ist  auch  in  der  That  der  Dialog  so  meister- 
haft behandelt,  die  Handlung  so  klar  und  doch  so  fesselnd, 
IQ  keiner  sind  die  Ästhetischen  Gesetze  für  das  Drama  so  genau 
beobaditet,  wie  hier.  Der  allerdings  an  Lessing's  Nathan  ge- 
mahnende Hintei^rund,  die  Gegenüberstellung  der  theils  christ- 
lichen, theils  den  Sarazenen  angehörigen  Gestalten,  die  orga- 
nische Gliederung  der  einzelnen  Acte  für  sich  und  in  ihrem 
Zusammenhange  muss  das  Interesse  des  Lesers  und  des  Zu- 
schauers erregen.  Die  Handlung  selbst  ist  in  keinem  Drama  des 
IHehters  so  durchsichtig  und  klar,  die  Sprache  in  keinem  so 
edel.  Das  Stück  spielt  zu  Accon  im  Kreuzzugsjahre  1291  und 
Uetet  zugleich  ein  Gesammtbild  des  Lebens  und  Kämpfens 
der  Ereuzffthrer  im  heiligen  Lande.  Der  Inhalt  gliedert  sich 
folgendennassen : 

Erster  Act.  Der  Ritter  Heinrich  Holzapfel  kehrt  aus  dem 
Kampfe  zurück  zum  deutschen  Hause  in  Accon;  von  dem 
preisen  Prior  Conrad  von  Lichtenstein  empfangen,  berichtet  er 
diesem  von  dem  siegreichen  Gefechte  der  Brüder  und  gedenkt 
Sonders  des  kühnen  Bertram,  dem  an  Tapferkeit  keiner 
gleich.  Dennoch  aber  trägt  Bertram  ein  tiefes  Leid  im  Herzen, 
te  Leid  hoffnungsloser  Liebe.  Vor  zwei  Jahren  rettete  er  den 
ßitter  Otto  von  KhevenhüUer  aus  Türkenhänden,  von  diesem 
Dach  seinem  Schlosse  Eichelberg  eingeladen,  besuchte  er  ihn 
ttnd  entbrannte  in  dessen  schöne  Tochter  Ida,  „die  falsche 
Knieliess  ihn  hoffen",  dass  er  geliebt  sei,  entfloh  aber,  während 
^^rtram  zum  Heer  des  Kaisers  eilen  musste,  mit  Wrlhelm 
^on Sensheim.  In Pilgerkleidem  erscheinen  Wilhelm  von  Seins- 
l^önj  and  Ida  auf  dem  Schauplatze,  zur  Sühne,  denn  der  greise 
Vater  starb  aus  Gram,  nahmen  sie  den  Pilgerstab  und  zogen 
Ueher  in's  heilige  Land.  Indessen  ist  auch  Bertram  zurück- 
g^k^  und  seine  erste  That,  da  er  erscheint,  ist  eine  edle. 


—  44  — 

Reisige  verfolgen  Emina,  die  Geliebte  des  6ultans  Khalil,  bis 
hieher ,  schon  ist  sie  verloren,  da  beireit  sie  der  herbeieilende 
Bertram  und  sendet  sie  zurück  zu  ihren  Freunden.  Zum  Dank, 
den  sie  ihm  bietet,  verlangt  er  nur,  dass  tausend  gefangenen 
Christenbrüdem  die  Last  der  Sclaverei  vermindert^  abgenommen 
werde.  Eine  prächtige  Erkennungsscene  zwischen  Bertram,  Ida 
und  Wilhelm  beschliesst  den  Act. 

Zweiter  Act  Der  Ritter  Heinrich  von  Holzapfel  hat  Emina 
zum  Sarazenen-Lager  zurttckgeleitet,  die  jubelnd  von  dem  über- 
raschten Sultan  Khalil  empfangen  wird.  Sogleich  giebt  dieser  allen 
Christensclaven  die  Freiheit;  aber  schon  im  Verlaufe  des  Ge- 
spräches mit  Emina  wird  der  Sultan  misstrauisch  und  da  ihm 
diese  ihren  Retter  mit  glühenden  Worten  preist,  donnert  er 
ihr  die  Worte  entgegen:  „Worin  bestand  wohl  deiner  Freiheit 
Preis?"  Emina  ist  empört,  aber  Khalil  wütbet,  den  vielleicht 
schon  befreiten  Christen  befiehlt  er  nachzusetzen,  sie  zu  fangen, 
zu  morden.  Da  ertönt  Lärm,  die  Christen  haben  einen  Ausfall 
gemacht,  gefangen  werden  aber  Wilhelm  und  Bertram  und 
vor  den  Sultan  gebracht.  Um  keinen  Preis  will  dieser  die 
Gefangenen  freigeben,  da  reisst  Bertram  dem  Sultan  den  Säbel 
aus  der  Hand  und  schlägt  sich  durch. 

Dritter  Act.  Grässlich  ist  der  Jammer,  in  den  Ida  um 
ihren  verlorenen  Gatten  ausbricht,  auch  der  greise  Conrad 
und  Heinrich  klagen  um  die  Gefangenen;  da  erscheint  zur 
allgemeinen  Ueberraschung  Bertram,  der  zurückgekehrt,  in 
ihrer  Mitte;  auf  die  flehenden  Bitten  der  klagenden  Gattin 
verspricht  ihr  Bertram  auch  Wilhelm  zu  befreien  und  scheidet 
mit  den  Worten: 

Morgen  siehst  du  mich 
Mit  Wilhelm  —  oder  ewig  nimmer. 

Vierter  Act.  Nachdenklich  weilt  der  Sultan  mit  seinem 
Emir  Omar  im  Lager,  des  morgigen  Angriffstages  und  der 
vermeintlichen  Schändlichkeit  des  entflohenen  Bertram  geden- 
kend. Indessen  gelangt  Emina  durch  Bestechung  der  Wächter 
zu  Wilhelm,  um  diesen  zu  befreien,  beide  werden  aber  vom 
Mameluken  Aga  Hassan  überrascht,  der  endlich  Wilhelm  nur 


—  45  - 

ante-  der  Bedingung  freilassen  will,  „wenn  dieser  ihr  Führer 
sein  wolle  bei  einem  nächtlichen  Besuch  auf  Accon".  Natürlich 
thnt  dies  liVilhelm  um  keinen  Preis  und  wird  abgeführt. 
Bertram  schleicht  sich  in  das  Sarazenenlager  ein,  er  triift 
Emina  und  erfährt  von  ihr: 

Mein  Vater  war  ein  freier  deutscher  Ritter; 
Auch  Sarazenen  raubten  meine  Mutter 
Bei  Askalon;  nach  Freiheit  strebt  ihr  Kind. 

Zu  seiner  Ueberraschung  erfährt  er,  dass  der  Name  von 
Eminen's  Mutter  Khevenhüller,  diese  Ida's  Schwester  sei. 
Nachdem  sie  ihm  die  Losung  verkündet,  gelingt  es  Bertram 
in  der  Nacht  den  Sultan  selbst  zu  rauben  und  fortzuschleppen. 

Fünfter  Act  Emina  gelangt  zu  Ida,  eine  schöne  Erken- 
nangsscene  zwischen  den  Schwestern  findet  statt.  Bertram  und 
Wilhelm  kehren  zurück,  alle  gefangenen  Christen  haben  freien 
Abzug  gegen  Auslieferung  des  Sultans.  Emina  und  Bertram 
gestehen  sich  ihre  Liebe.  Aber  Khalil  hat  Emina*s  Flucht  erfahren, 
er  brach  sein  Wort  und  dringt  stürmend  in  die  Stadt.  Da 
erreichen  noch  die  beiden  Paare  und  die  übrigen  Ritter  die 
Schiffe,  Bertram  steht  am  Gestade  und  kämpft  wüthend,  bis 
die  Seniigen  geborgen  sind,  springt  sodann  an  Bord  und  schnell 
entweicht  das  Schiff,  während  die  Sarazenen  den  Ruf  ausstossen : 
^I>er  Name  Christ  verhalle  hier  auf  ewig!" 

Dass  Anklänge  an  Lessing's  Nathan  sich  hier  mitunter 
finden,  zeigt  dieser  Inhaltsauszug.  Aber  schon  in  diesem  Um- 
stände liegt  eine  gewisse  literarhistorische  Bedeutung  für  das 
Stück..  Von  einer  Nachahmung  ist  natürlich  keine  Rede;  die 
Handhing  ist  ganz  frei  und  sehr  geschickt  erfunden.  Die 
Darchfbhrung  macht  den  Eindruck  des  Ernsten,  Gereiften.  An 
Lessings  Nathan  erinnert  der  historische  Hintergrund,  die 
überraschende  Scene,  in  der  in  Emina  die  Schwester  Ida's 
gefunden  wird,  die  Gestalt  Khalils,  welche  freilich  mit  Saladin 
nicht  viel  gemein  bat.  Die  oberdeutsche  Literaturzeitung  widmete 
d^  „deutschen  Rittern  in  Accon''  eine  eingehende  Würdigung, 
die  mit  den  Worten  schliesst:  „Kalchberg  verdiene  unter 


—  46  — 

den  deutschen  Schriftstellem  wirklich  emen  klassischen  Rang^  ^). 
Mag  nun  die  genannte  Besprechung  auch  vielleicht  manchen 
übertriebenen  Lobspruch  enthalten,  so  beweist  sie  doch,  dass 
Kalchberg  einer  der  ersten  Schriftsteller  seiner  Zeit  in 
Oesterreich  und  selbst  in  Deutschland  genannt  werden  muss, 
sie  beweist,  dass  die  Vergessenheit  unverdient  ist,  welcher  ein 
Mann  verfiel  von  dem  man  bei  seinen  Lebzeiten  schrieb : 
„Der  Dialog  seines  Stückes  würde  dem  grossen  Schöpfer 
Nathans  des  Weisen  keine  Unehre  machen." 

Noch  ein  dramatisches  Gedicht  erschien  von  Kalchberg: 
Attila,  König  der  Hunnen  (Wien  und  Grätz  1806),  es 
war  das  letzte  '^).  Charakter  und  Inhalt  des  Stückes  bezeichnet 
der  später  geänderte  Titel  „Attila's  Tod".  Hildegunde  und 
Attila  sind  die  beiden  in  den  Vordergrund  tretenden  Gestalten, 
um  sie  gruppiren  sich  Ardarich,  Fürst  der  Gepiden,  Walamir, 
Fürst  der  Ostgothen,  Edecon,  Attila's  Freund,  Walther,  Prinz 
von  Aquitanien.  Die  schönen  Scenen  zwischen  Walther  und 
Hildegunde  geben  dem  Dichter  Gelegenheit,  sein  Talent  hier 
und  da  aufleuchten  zu  lassen;  im  Ganzen  fehlt  dem  Stücke 
die  Einheit  und  das  Interesse  für  die  Hauptgestalt,  nach  der 
es  betitelt  ist,  kann  nicht  recht  zur  Geltung  gelangen. 

An  dieser  Stelle  angelangt,  bleibt  nur  noch  übrig,  den 
Prosaschriften  K  a  1  c  h  b  e  r  g's  die  Aufmerksamkeit  zuzuwenden. 
Gerade  diese  sind  es  ja,  welche  auch  für  den  Historiker  und 
insbesondere  fbr  d  e  n  Geschichtsschreiber  interessant  erscbeinen, 
welcher  jenes  Feld  cultivirt,  das  wir  mit  der  Bezeichnung  der 
„innerösterreichischen  Geschichte"  auch  heute  noch  umgrenzen 
können.  Dass  in  den  Einleitungen,  Schlussworten  und  ähnlichen 
Beifügungen  zu  den  einzelnen  dramatischen  Werken  sich  manches 
nicht  unwichtige,  historische  Datum  findet,  habe  ich  schon  oben 
an  den  betreffenden  Stellen  angedeutet,  nicht  selten  hat  Kalch- 


^)  Beilage  II.    gibt    dis   vollständige  Besprechung    der    oberdeutschen 

Literatar-2jeituDg  wortgetreu  wieder. 
<)  Der  wildphantastische  Zacharias  Werner    verüffeDtlichte  1808  seine 

romantische  Tragödie  unter  gleichem  Titel. 


—  47  — 

berg  auch  hier  Resultate  eingehenderer  Forschung  nieder- 
gelegt^). Im  Jahre  1800  erschienen  2  Bände  „Historische 
Skizze n"*,  welche  meist  im  Gewände  der  Erzählung  Dar- 
stäluDgen  zumeist  aus  der  Geschichte  der  Heimat  brachten; 
diese  Skizzen  traten  sehr  anspruchslos  auf,  einige  hatten  dra- 
Qiatische  Form.  Einzelne  hatte  Kalchberg  schon  früher 
Teraffe&tlicht  Es  erscheint  insbesondere  von  nicht  zu  unter- 
schätzender Bedeutung  für  den  Werth  derselben,  dass  eine 
derartige  Skizze  („Scene  aus  dem  Leben  Kaiser  Heinrichs  des 
Vierten*")  schon  im  Jahre  1793  Schiller  der  Aufnahme  in  seine 
,Xeüe  Thalia"  gewürdigt  hat^.  Die  Skizzen  erfreuten  sich 
äoes  grossen  Leserkreises  in  ganz  Oesterreich.  Bezeichnend 
^d  dieselben  hauptsächlich  dadurch  geworden,  dass  Kalch- 
berg in  ihnen  versuchte,  die  Heimatsgeschichte  in  einzelnen 
Bruchstücken  und  in  der  Form  der  einfachen  nur  hier  und 
<ia  etwas  ausgeschmückten  Erzählung  einem  grösseren  Leser- 
^äse  zugänglich  zu  machen,  die  Geschichte  auf  diese  Art 
voIksthQmlich  zu  gestalten. 

Dass  der  Versuch  auch  wirklich  gelungen,  beweist  der 
Bei£dl,  mit  dem  die  Sammlung  aufgenommen  worden  war^). 
Idi  führe  einige  Titel  der  darin  vorkommenden  Stücke  an: 
-Die  Schlacht  am  Marchfelde",  „Friedrich  der  Streitbare", 
, Veit  von  Rotenhan",  „Die  Frauenburg",  „Maria  von  Brabant", 

'}  Man  Terglekhe  beispielsweise  die  Einleitangeo  zum  „Wfilfing  von 
Stabenberg^',  „Andreas  Baumkircher",  das  N^cbwort  zu  den  ,,Grafen 
TOD  Cnii«  Tl.  a.  m. 

^  Neue  Thalia,  berausgeg.  von  Schiller.  Leipzig,  1793.  Viertes  Stück, 
S.  3-15. 

*)  Kalchberg  sagt  selbst  in  der  Ankündigung  der  vorbereiteten  Ge- 
ssmmtausgabe  seiner  Werke  („Archiv  für  Geographie,  Historie,  Staats- 
ond  Kriegskunst",  1816,  S.  684  und  „Der  Aufmerksame*',  1861, 
Kr.  140):  „Mein  Zweck  ging  dahin,  Liebe  für  schöne  Künste  und 
Wissenschaften  in  meinen  jüngeren  Mitbürgern  zu  erwecken,  sie  mit 
der  Geschichte  ihres  Vaterlandes  näher  bekannt  zu  machen.  Nicht 
ganz  irachtlos  blieb  dies  Bestreben  des  Patrioten.  —  £r  hatte  das 
Vergnügen  zu  bemerken,  dass  sich  das  Interesse  an  der  Vaterlands- 
geschichte  bis  zu  deo  unteren  Ständen  verbreitete.*' 


—  48  - 

„Die  Edlen  von  Tüchern**,  „Eva  von  Gall".  Allerdings  zeigen 
diejenigen  von  diesen  Erzählungen,  in  welchen  Kalchberg 
seiner  Phantasie  freien  Spielraum  gelassen,  zeigt  insbesondere 
auch  die  Darstellungsgabe,  dass  er  sich  dem  herrschenden 
Geschmacke  der  Zeit  anschloss  und  aus  diesem  Grunde  müssen 
auch  einzelne  Stellen,  so  z.  B.  der  lüsterne  Charakter,  den 
Liebesscenen  annehmen  und  dergleichen  vom  Standpunkte 
dieses  Zeitgeschmackes  aus  betrachtet  und  beurtheilt  werden. 
Die  Quellen,  welche  für  die  Abfassung  dieser  allerdings  leich- 
teren geschichtlichen  Schilderungen  benützt  wurden,  waren  theils 
schwerer  zugängliche,  seltene  Geschichtswerke,  tlieilweise  auch 
Originalurkunden,  deren  so  manche  höchst  interessante  Kalch- 
berg hier  irgend  einer  historischen  Erzählung  einverleibt  hat. 
Derartige  Aufsätze,  welche  die  Landesgeschichte  betrafen,  hatte 
der  Dichter  auch  später  verfasst  und  in  dem  mehrerwähnten 
„Archiv  für  Geographie,  Historie,  Staats-  und  Kriegskunst**,  in 
der  Zeitschrift  „Der  Aufmerksame*^,  in  der  „Steyermärkischen 
Zeitschrift"  und  an  anderen  Orten  veröffentlicht  In  dem  er- 
wärmten „Archiv**  finden  wir  die  Aufsätze  „Die  Siebenglocke 
zu  Grätz**,  „Der  Rauberhof  in  Grätz**,  „Hector  von  Trautmanns- 
dorf**, „Der  kärnthnerische  Uerzogsstuhl**,  „Erasmus  Lueger** 
und  die  vortreffliche  Arbeit  „Ueber  Ursprung  und  BeschaSien- 
heit  der  Urbarialabgaben  in  Innerösterreich**  (1818);  im  „Auf- 
merksamen** stehen  ausser  einer  Reihe  von  Gedichten  die 
Skizzen:  „Die  Inquisition  in  Deutschland**,  „Die  Franzosen 
der  Vorzeit**,  „Der  Reckthurm  in  Graz**  u.  a.  m.;  in  der 
„Steyermärkischen  Zeitschrift**  finden  wir  von  historischen 
Arbeiten:  „Die  Grafen  von  Sonnenburg**  (I.  87),  „Gründung 
der  ersten  Karthause  in  Deutschland**  (III.  65),  „Ueber  eine 
seltene  Münze  im  Joanneum*"  (V.  155).  Gesammelt  erscheinen 
die  meisten  dieser  Aufsätze,  welche  bis  1817  erschienen  sind, 
im  2.,  3.  und  4.  Bande  der  „Sämmtlichen  Schriften*^,  eine 
Sammlung  der  übrigen  veröffentlichten  Arbeiten  der  besprochenen 
Gattung  existirt  nur  handschriftlich  ^). 

^)  Sie  befindet   sich  in  meinen  H&nden  und  enthält  alle  nach  der  Ge- 
sammtausgabe  veröffentlichten  Ai'beiten,  sowie  auch  eine  Zahl  unver- 


—  49  — 

Die  letzte  Gruppe  von  Publicationcn  Kalchberg's, 
welche  ich  noch  erwähne,  ist  klein ;  sie  umfasst  die  Reiseskizze 
.Das  M&rzthal^  (zuerst  abgedruckt  im  „Aufmerksamen",  1813, 
Nr.  76  ff.)  und  „Ausflug  nach  dem  Lasnitzthale'',  femer  die 
«Pfttriotischen  Vorschläge  zur  Errichtung  einer  Anzahl  Getreide- 
ilagazine  in  der  Steiermark",  ^Patriotische  Wünsche"  und  die 
bekannte  treffliche  Arbeit:  ^^Ursprung  und  Verfassung  der 
Stände  Steiermarks" ;  alle  diese  Stücke  sind  gesammelt  im 
'^'  Bande  der  sämmtlichen  Werke.  ^Das  Mürzthal",  eine  in 
Mefen  abgefasste  Reiseschilderung  eines  Ausfluges  nach  der 
oberen  Steiermark  und  nach  Pichl,  zu  dem  Geburtsorte  des 
I^ichters,  gibt  diesem  Gelegenheit,  in  zahlreichen  historischen 
Excarsen  die  geschichtlich  merkwürdigen  Punkte,  welche  er 
bei  seiner  Reise  berührt,  zu  beleuchten,  auch  liefert  dieser 
An&atz  zur  Lebensgeschichte  K  a  1  c  h  b  e  r  g^s  nicht  unwesentliche 
^träge,  hat  er  doch  seine  schönste  Jugendzeit  in  dem  von 
(ier  Natur  so  freundlich  bevorzugten  Thale  zugebracht.  Manches 
Licht  w^en  die  Reflexionen,  welche  der  Dichter  in  seiner 
Beisebeschreibung  anstellt,  welche  uns  auch  über  seinen  gei- 
%n  Entwicklungsgang,  über  die  Wahl  der  Stoffe  zu  seinen 
Mtongen  u.  dgL  Aufklärung  verschaffen,  auf  dessen  Lebensgang. 
Ich  »wähne  beispielsweise  nur  jener  Stelle,  an  welcher  er  auf 
1^  Schloss  Weyer  in  der  Nähe  von  Frohnleiten  zu  sprechen 
l^ommt  ^,  das  einst  die  Tempelherren  besessen  haben  sollen. 
«Der  edle  Orden  musste  fallen,  weil  er  dem  Geiste  seines 
Zatalters  zu  weit  vorausgeeilt  war.  Ewig  merkwürdig  wird  in 
i^  Geschichte  der  wichtigste  Anklagepunkt  seiner  Feinde  sein : 


üffentlichter  Gedichte,  unter  welchen  sich  sehr  charakteristische 
Stöcke  befinden.  Das  Manuscript  war  zur  Veröffentlichung  bestimmt 
ond  der  Censnrbehdrde  auch  vorgelegt  worden,  die  es  mit  dem  ,Jm- 
primator**  zwar  versah,  aber  durch  Streichen  vieler  Seiten  so  ver- 
stlhnmelte,  dass  man  die  Lust  verlor,  die  so  sehr  verstümmelte 
Sammlang,  deren  gestrichene  Theile  übrigens  anstandslos  früher  in 
<1^  oben  genannten  periodischen  Schriften  schon  abgedruckt  standen, 
dem  Dmcke  zu  übergeben. 
1  „Sammtl.  Werke«  V.  S   98 

*ttktil.  i«g  iiirt.  Vercivvs  f.  8t<>!erinarlr.  XXVI.  Heft,  1878.  4 


—  50  — 

Die  Tempelherren  leben  so  keusch  und  nüchtern;  nun  ist 
aber  dies  der  menschlichen  Natur  zuwider,  also  müssen  sie 
geheime  Verbrechen  begehen.  Dieser  so  moralische  Vernunft- 
schluss,  dem  das  Blut  der  biedersten  Männer  ihrer  Zeit  ge- 
flossen ist^  ward  in  Gallien  ersonnen.''  —  Zur  Ethnographie 
des  Landes  wird  man  in  dieser  Beschreibung  des  schönsten 
Theiles  der  Steiermark  ebenfalls  nicht  minder  wichtige  Beiträge 
finden,  ja  der  Fussreisende  selbst  könnte,  wenn  er  heute  noch 
von  Graz  aus  zum  Ausgangspunkte  jener  Wanderung  eine 
Reise  unternehmen  wollte,  keinen  in  historischer,  wie  ethno- 
graphischer Beziehung  belehrenderen  Führer  finden,  als  Kaie h- 
berg  in  seinem  Aufsatze  über  „Das  Mürzthal*,  wobei  freilich 
der  Titel  als  zu  eng  begrenzend  unpassend  erscheint,  da,  wie 
schon  aus  meinen  Andeutungen  hervorgeht,  auch  ein  grosser 
Theil  des  Murthaies 'einbezogen  ist 

In  der  mit  so  grossem  Fleisse  ausgearbeiteten  Abhandlung 
über  „Die  Stände  Steiermarks"  hat  Kalchberg  nicht  nur 
das  Material  gesichtet  und  trefflich  geordnet,  sondern  auch 
eine  ausserordentliche  Detailkenntniss  bewiesen  und  den  Stoff 
so  tüchtig  durchgearbeitet,  dass  man  heutzutage  noch  diese 
Abhandlung  als  die  einzige  in  ihrer  Art  betrachten  und  zur 
Kenntniss  der  ständischen  Verhältnisse  des  Vaterlandes  mit 
dem  grössten  Nutzen  verwenden  kann. 

Des  Mannes  und  Patrioten  warmes  Gefühl  für  sein  weiteres 
deutsches  Vaterland  zeigt  der  Aufsatz:  „Patriotische  Wünsche^, 
in  welchem  derselbe  Vorschläge  zur  Feier  der  ruhmvollem 
Tage  des  Jahres  1813  macht  und  auf  einige  andere  den  be- 
geisterten Anhänger  seiner  Nation  ehrende  Einrichtungen  hin- 
weist. —  Mehr  veraltet  erscheinen  Kalchberg's  „Vorschläge 
zur  Errichtung  von  Getreidemagazinen  *^. 

Meine  Skizze  über  den  Dichter  Kalchberg,  über  diese 
für  die  Literatur  und  Geschichte  Steiermarks  so  interessante 
Persönlichkeit  ist  damit  zu  Ende.  Wurzbach  ^)  erwähnt  ganz 
richtig  in  seiner  Besprechung  Kalchberg's,  dass  unter  den 


0  A.  a.  0.  S,  3vS3  a. 


—  51   — 

Idterarfaistonkern  keiner  Kai chb er g's  gedacht  hat,  obgleich 
der  Mann  in  den  literaturgeschichtlichen  Werken  „eben  so 
gut  einen  Platz  verdient  hätte,  als  mancher  obscure  norddeutsche 
Qubedeatende  Autor,  dem  gewiss  sein  Plätzchen  nicht  entzogen 
i3t\  In  der  That  ist  Kalchberg  in  dieser  Beziehung  auf- 
fallend yemachlässigt  Fast  scheint  es,  als  ob  er  im  achtzehnten 
Jahrhondert  eine  viel  hervorragendere  Stellung  eingenommen, 
ak  man  sie  ihm  in  den  Literaturgeschichten  heute  einzuräumen 
Wülens  ist.  Mensel  ^)  führt  die  bis  dahin  erschienenen  Werke 
Kalchberg's  ziemlich  genau  und  vollständig  an,  auch  die 
literarischen  Zeitschriften  des  achtzehnten  Jahrhunderts  wenden 
ihm  ihre  besondere  liebevolle  Aufmerksamkeit  zu,  ihm,  dessen 
«Gfö^ammelte  Werke ""  ja  schon  im  Jahre  1793  (allerdings  erst 
in  wenigen  Bändchen)  erschienen  waren.  Die  von  mir  oben 
in  der  Biographie  erwähnten  Anerkennungen  ausländischer 
(resellschaften  erweisen  schon,  dass  man  ihm  viel  Aufmerk- 
samkeit erwies.  Heutzutage  erwähnen  die  literarhistorischen 
Werke  kaum  seiner.  Heinrich  Kurz  2)  führt  an:  „Job.  Nepom. 
von  Kalchberg  aus  Steyermark  (1765—1827)  schrieb  einen 
..Attila«  (Grätz  1806),  welchen  Stoff  auch  Zach.  Werner  be- 
liandelte;"  W.  Menzel  ^)  führt  in  seiner  Besprechung  der 
J>turm-  und  Drangperiode  an,  dass  vaterländische  Schau-  und 
Trauerspiele  im  Style  des  Götz  etc.  in  Menge  erschienen  und 
nennt  unter  den  gegebenen  Beispielen  auch  ;,von  Kalchberg 
^üe  deutschen  Ritter  in  Accon" ;  Goedeke  ^)  zählt  wenigstens 
alle  Werke  des  Dichters  auf,  wenn  auch  mit  irriger  Bezeich- 
nung der  Erscheinungsjahre  einzelner.  Die  beste  kurze  Ueber- 
^icht  gibt  Franz  Brammers  „Deutscher  Dichterlexikon"  (Eichst. 
n-Stuttg.   1874—1877). 


^  Das  gelehrte  Teutschland.  Angefangen  v.  6.  Ch.  Hamberger,  fortge- 
setzt ?on  J.  G.  Meusel.  (5.  Aufl.  1797).  IV.  S.  22. 

^)  II.  Kurz:  Geschichte  der  deutschen  Literatur.  4.  Aufl.  Leipz.  1865. 
IIL  B.  S.  389  a. 

*)  W.Menzel:  Geschichte  der  deutschen  Dichtung.  Stuttg.  1858.  III.  6. 
8.  190. 

^)  Oruiklrisis  znr  Geschichte  der  deutschen  Dichtung.  II.  S.  1073. 

4* 


—   52  — 

Es  ist  meine  Absicht,  eine  Neuausgabe  der  Werke  Job. 
Ritter  von  K  a  1  c  h  b  e  r  g's  zu  veranstalten,  nicht  etwa  in  dem 
Sinne,  als  ob  es  sich  hier  um  einen  Wiederabdruck  der  ganzen 
Gesammtausgabe  von  1816  und  1817  handelte,  die  natürlich 
längst  vergriffen  ist;  aber  eine  Sammlung  der  lyrischen,  dra- 
matischen und  historisch-erzählenden,  insbesondere  aber  aucli 
der  streng  historischen  Arbeiten  des  Mannes  mit  Einbeziehung 
des  Nachlasses,  natQrlich  in  strenger  Auswahl  und  unter  ge- 
nauer Revision  und  Durchsicht  der  verschiedenen  Texte  hat 
nicht  nur  für  den  Literarhistoriker,  sondem  auch  für  den 
geschichtsforschenden  Vaterlandsfreund  überhaupt  einen  be- 
deutenden Werth ;  eine  solche  Sammlung  erst  kann  das  Schaffen 
des  Vergessenen  ganz  klar  vor  Augen  stellen  und  ihm  wieder 
jene  Stellung  in  der  Literatur  Oesterreichs  und  Deutschlands 
verschaffen,  die  er  verdient  Ich  habe  zu  der  genannten  Aus- 
gabe alle  Vorbereitungen  getroffen  und  einen  der  renommirteston 
Verleger  Oesterreichs  auf  dem  Gebiete  der  Geschichte  bereits 
gewonnen,  der  auch,  was  das  Aeussere  anbelangt,  dieser  Aus- 
gabe grosse  Aufmerksamkeit  zuwenden  wird. 


Beilagen. 

L 

Nachstehend  folgt  ein  Verzeichniss  der  sämmUichen  von 
Johann  Ritter  von Kalchberg  separat  veröffentlichten  Werke. 
Hiezu  bemerke  ich,  dass  jenes,  welches  sich  in  J.  B.  v.  Wink- 
lem^s:  „Biographische  und  litterärische  Nachrichten  von  den 
Schriftstellern  und  Künstlern,  welche  in  dem  Herzogthume 
Steyermark  geboren  sind"  u.  s.  w.  (Grätz  1810.  8^*.)  findet 
(abgesehen  natürlich  davon,  dass  es  nur  bis  zu  dem  Druck- 
jahre des  bezeichneten  Buches  reicht),  keineswegs  vollständig 
und  richtig  erscheint  Goedeke,  der  einzige  Literarhistoriker, 
welcher  ausführlicher  über  Kalchberg  handelt,  weist  an 
der  bezüglichen  Stelle  seines  „Grundrisses  zur  Geschichte  der 


--      53    - 

deutschen  Dichtung"  (Hannover  1859.  II.  S.  1073)  ebenfalls 
mehrere  wesentliche  Verstösse  auf,  besonders,  was  die  biblio- 
graphischen Parthien  anbelangt  ^).  —  Die  von  mir  in  Klammern 
aogefuhrten  Titel  und  Ziffern  beziehen  sich  auf  den  Band 
and  die  Seitenzahl  der  neuesten  Gesammtausgabe :  Johann 
Ritter  von  K  a  1  c  h  b  c  r  g's  sämmtliche  Werke.  9  Bände,  Wien 
1S16— 17.  12».  Mit  Kalchberg's  Portrait  und  8  (meist 
historisch  sehr  interessanten)  Titelkupfern,  beziehungsweise 
auf  die  von  dem  Dichter  bei  der  Umarbeitung  geänderten  Titel. 

1.  Agnes,  Gräfin  von  Habsburg.  Schauspiel.  Grätz, 
1776  (VI.  1.  Wülfing  von  Stubenberg). 

2.  Die  Tempelherren.  Ein  dramatisches  Gedicht.  Grätz, 
1788  (VI.  109). 

3.  Gedichte.  Grätz,  1788.  (I) 

4.  Früchte  vaterländischer  Musen.  Herausgegeben 
znin  Besten  der  leidenden  Menschheit  2  Bändchen. 
Grätz.  1789  —  90.  (Die  in  dieser  von  Kalchberg  ver- 
anstalteten Sammlung  aufgenommenen,  von  ihm  selbst 
herrührenden  Gedichte  ebenfalls  zu  finden  in  I.) 

5.  Die  Grafen  vonCilli.  Eine  Begebenheit  der  Vorzeit. 
1.  Theil,  Cilli  und  Wolfsberg,  1790.  2.  Theil,  1793. 
(Vin.  Die  Grafen  von  Cilli.  1.  Stück:  Friedrich  Graf  von 
C51Ii.  2.  Stück:  Ulrich  Graf  von  Cilli.) 

6.  "Die  Ritterempörung.  Eine  wahre  Begebenheit  der 
Vorzeit  CQIi,  Graz  und  Leipzig,  1792.  (IX.  143.  Andreas 
Baumkircher.  Ein  dramatisches  Gedicht.  Poetische  Um- 
arbeitung der  in  Prosa  abgefasstcn   ;.Rittererapörung'^.) 

7.  Maria  Theresia.  Ein  dramatisches  Gedicht  Grätz, 
1793  (Vn.  1). 

8.  Cantate  auf  die  Schlacht  bei  Mainz.  Wien, 
1795.  (I.) 

9.  Die  deutschen  Bitter  in  Accon.  Ein  dramatisches 
Gedicht  Wien,  1796.  (VH.  117.  Bertram  von  Dietrichstein.) 


*)  BdspielsweiBe  sind  „Die  Grafen  von  Cilli"  als  im  Jahre  1827  er- 
fchknen  angefahrt. 


—  54  — 

10.  An  Joseph  Adam,  Fürstbischof  von  Seckau.  Grätz, 
1798.  (I.) 

11.  An  Franz  IL  Grätz,  1798.  (I.) 

12.  Historische  Skizzen.  2  Bände.  Wien,  1800.  (II., 
in.,  IV.  Historische  Darstellungen.) 

13.  AufdenTodderGrossfürstin  und  Erzherzogin 
Alexandra  Pawlowna,  kaiserliche  Hoheit  etc.  Grätz, 
im  Lenzmonat  1801.  Gedruckt  mit  Kieureich'schen 
Schriften.  (I.) 

14.  Die  Stände  Steiermarks  an  Se.  des  Grafen  Fer- 
dinand von  Attems  Excellenz  etc.  bey  dessen  feierlicher 
Installation  zur  Landeshauptmanns-Würde  am  8.  April  1801. 
Grätz,  0.  J.  (I.) 

15.  Attila,  Eönigder  Hunnen.  Ein  dramatisches  Gedicht. 
Wien  und  Grätz,  1806.  (IX.  1.  Attila's  Tod.) 

16.  Friedensgesang  im  Jahre  1814.  Grätz,  o.  J.-  (I.) 

17.  Dem  erhabenen  KaiserpaareFranz  undCaro- 
1  i  n  e  zur  Feier  Ihrer  allerhöchsten  Anwesenheit  in  Grätz. 
1817.  Grätz,  0.  J. 

n. 

Oberdeutsche  allgemeine  Litteraturzeitung  im  Jahre  1796. 

(Salzburg.)  —  CLII.  St.,  ddto.  21.  Decemb.  1796.  S.  lli>8. 

(Originalrecension  von  Kalcbberg^s  ^^Die  deutschen  Ritter  in  Accou ^ .) 

Die  deutschen  Ritter  in  Accon.  Wien,  bey  Peter  Rehm. 
1796*  139  S.  in  gr.  8. 

Unter  den  ziemlich  mageren  Geistesprodukten,  die  jet^t 
zu  Wien  von  Zeit  zu  Zeit  erscheinen,  raget  gegenwärtiges 
drammatisches  Gedicht  sehr  vortheilhaft  empor..  Der  Verfasser 
desselben  ist  der  in  Deutschland  durch  seine  schönen  lyrischen 
Gedichte,  durch  die  Tempelherren,  die  Grafen  von  Cilli,  die 
Ritterempörung,  Maria  Theresia,  (ebenfalls  ein  dramatisches 
Gedicht)  und  Wülfing  von  Stubenberg  rühmlichst  bekannte 
Johann  von  Kalchberg,  welcher  in  Unters teyermark  auf 
seinem  Landgute  Wildbach  einsam  lebt.  Diese  deutschen  Ritter 


—  55  — 

in  Accon  in  fünf  Handlungen  und  fünffüssigen  leichten  Jamben, 
mit  Lessingischer  Delicatesse  bearbeitet,  sind  den  würdigen 
Literaturfreunden,  Herren  Grafen,  Franz  Joseph  von  Dietrich- 
stdn  (k.  k.  Obersten)  und  Moriz  Carl  (k.  k.  Major)  zugeeignet 
Ales,  was  man  darüber  zum  Lobe  des  Hm.  Verfassers  sagen 
könnte,  würde  vielleicht  für  diejenigen,  die  das  Stück  nicht 
selbst  gelesen,  oder  auf  der  Bühne  gut  YorgesteUt  gesehen 
baben,  zu  schmeichelhaft  erscheinen.  Der  Stoff  des  Stückes, 
aos  der  Geschichte  des  13ten  Jahrhundertes  genommen,  ist 
roiirefflich  gewählt,  der  Plan  wohl  durchgedacht,  gut  geordnet 
und  handlungsvoll.  Der  Dialog  würde  dem  grossen  Schöpfer 
Nathans  des  Weisen  keine  Unehre  machen.  Die  Charaktere, 
worunter  sich  vorzüglich  die  des  Bertram  von  Dietrichstein, 
V.  Seinsheim,  von  Lichtenstein,  Sultan  Khalils,  Hassans  und 
der  Emina  und  Ida  auszeichnen,  sind  so  treffend  und  natürlich 
gezeichnet,  dass  man  bey  Durchlesung  des  Stückes  ein  leben- 
diges Galleriegemählde  dieser  geschilderten  Personen  vor  sich 
sieht  Wie  richtig  und  wie  fein  der  Dichter  jede  Nuance  von 
Leidenschaft  gehörig  mit  dem  Ganzen  zu  verflössen  wusste, 
beweiset  das  Gespräch  zwischen  Wilhelm  und  Ida  im  ersten 
Akte,  zwischen  Emina  und  Bertram,  und  die  rührende  Szene 
am  Sddosse  desselben  zwischen  Bertram,  Ida  und  Wilhelm; 
im  2ten  Akte  die  Gespräche  des  Hassan,  Omar  und  Khalil; 
im  Sten  zwischen  Conrad  und  Ida,  wo  diese  tugendhafte  Frau 
um  ihren  verlorenen  Gatten  jammert ;  im  4ten  zwischen  Emina 
und  dem  verkleideten  Bertram;  im  5.  zwischen  Conrad,  Emina 
und  Ida  u.  s.  w.  Wer  lies't  und  bewundert  nicht  das  steigende 
Interesse  von  Akt  zu  Akt,  die  rührenden  Situationen  und  die 
herrliche  Illusion  zwischen  Furcht  und  Hoffnung,  worin  man 
bis  auf  den  letzten  Moment  erhalten  wird.  Wie  schön  spricht 
Conrad  nicht  in  des  letzten  Aktes  zweyter  Szene : 

Ha!  wie  die  Freude  meinen  alten  Knochen 
So  viele  Stärke  gibt!  Ich  wähnte  schon, 
Sie  würde  nimmermehr  dem  Greisen  lächeln. 
Doch  strahlet  sie  so  mild! .  .  .  Was  fällt  mir  ein? 


—  56  — 

(Zu  Emina) 
Du  Mädchen  musst  der  Schwester  Schuld  bezahlen, 
Dem  edlen  Bertram  geben,  was  sie  nahm. 
Nicht  wahr,  du  wirst  es  ?  Ja  .    . !  Da  werden  wir 
Im  Vaterlande  dort  ein  Leben  fuhren, 
Worum  uns  Selige  beneiden  sollen. 
Wir  wollen  Gutes  thun,  so  viel  wir  können, 
Beschützen  jeden  Unterdrückten  und 
Das  Laster  strafen  —  trüg's  auch  Königspurpur. 

Wer  wird  Emina,  diese  Krone  der  Mädchen,  nicht  lieben, 
wenn  sie  zu  Ida  von  dem  Helden  Bertram  sagt: 

Viel  sagst  du?  Alles  —  alles  ist  ihm  möglich. 
Ich  glaube  nimmer,  dass  in  dieser  Schöpfung 
Ein  Mensch  gebohren  ward,  der  ihn  erreichte. 
Wer  mag  bestimmen,  ob  Herz  oder  Geist. 
Geist  oder  Herz  bey  ihm  den  Vorrang  habe? 
Erhaben  steht  er  da,  nicht  Einer  darf 
Mit  ihm  sich  messen,  als  allein  er  selbst 

Ueberhaupt  gibt  es  der  schönen  Stellen  in  diesem  Stücke 
zu  viele,  und  des  Baumes  hier  viel  zu  wenig,  um  noch  meh- 
rere derselben  ausheben  zu  können.  Nur  noch  ein  Bruchstück 
aus  der  5ten  Szene  des  letzten  Aktes: 

Heinrich  (hastig). 

Jauchzt!  jauchzt!  Wir  sind  gerettet!  Wilhelm  los; 
Die  Christen  haben  alle  freyen  Abzug. 

Emina. 
0  Himmelswonne! 

Konrad  (sich  an  Heinrichs  Hals  werfend). 

« 

Heinrich,  sieh  ich  weine  — 

Ida. 
Um  Gottes  Willen,  Mann !  sagst  du  die  Wahrheit  ? 


—   57  — 

Heinrich. 

Ich  lüge  nicht.  Schon  nach  dem  Untergang, 
Entschloss  sich  Bertram  zu  dem  Aeussersten. 
Hin  auf  den  Wall  Hess  er  den  Sultan  führen, 
Und  drohte  da  den  Schädel  ihm  zu  spalten. 
Diess  wirkte.  Wir  erhielten,  was  wir  wünschten. 

Emina. 
Der  Held...! 

Eines  der  entschiedensten  Verdienste,  welches  wir  .an 
(ieni  Hrn.  Verfasser  in  diesem  drammatischen  Gedichte  zu 
nihmea  nicht  umhin  können,  ist  die  schöne,  reine  und  durchaus 
richtige  Sprache,  dessgleichen  die  Vermeidung  der  Zusammen- 
iiUissung  gleicher  Vokalen,  welche  in  den  Poesien  der  meisten 
ond  grössten  Dichter  Deutschlands  häufig  angetroffen  wird.  Wir 
unterschreiben  dieses  Urtheil  mit  der  Zuversicht,  dass  der  Leser 
Ky  Dordigebung  der  deutschen  Ritter  in  Accon  oder  der 
Keimer  bey  Vorstellung  derselben  es  billig  finden,  und  uns 
gerne  beystimmen  werde :  Kalchberg  verdiene  unter  den 
deutschen  Schriftstellern  wirklich  einen  klassischen  Rang. 

Schm. 


-♦♦♦- 


Die  „Religionshandlung"  zu  Leoben  1576. 


Ton 

I>r.  B.  Pelnllcli. 


Als  die  lutherische  Glaubensneuening  im  sechzehnten 
Jahrhunderte  in  Steiermark  Eingang  und  Verbreitung  fand, 
war  die  Stadt  L  e  o  b  e  n  unter  den  ersten  Plätzen,  wo  dieselbe 
Anhänger  gewann.  Als  „Eisenverlags-Stadt"  mit  der  auslän- 
dischen Handelswelt  im  steten  Verkehre  befindlich,  ergab  sich 
für  ihre  Bürgerschaft  vielfach  Gelegenheit,  von  der  tief  ein- 
greifenden religiösen  Bewegung  im  „  Reiche  **  Eenntniss  zu 
nehmen,  wenn  auch  das  „ausreisen^  der  Handelsherren  zu 
Leoben  damals  weder  besonders  üblich,  noch  nothwendig  war. 
Dafür  kamen  deutsche  und  wälsche  Händler,  namentlich  aber 
fahrende  Handwerksgesellen  und  Schüler  umso  häufiger  nach 
Steiermark.  Fand  doch  sogar  die  Sekte  der  Wiedertäufer 
einzelne  Ableger  im  Lande  und  auch  zu  Leoben,  freilich  nur 
als  ephemere  Erscheinung,  da  man  diesen  Sekürern  wegen 
politischer  Gefährlichkeit  alsbald  scharf  zu  Leibe  gieng  ^). 


')  In  dem  Befehle,  welchen  der  Rath  zu  Leoben  am  Christi  .Himmel - 
fahrtstage  1513  ausrufen  liess,  heisst  es  unter  anderem:  „Nachdem 
die  römisch  königliche  Miyestät,  unser  allergnädigster  Herr,  nun  zu 
mehrmalen  offen  Befehl  und  Mandat  der  Wiedertäufer  halben  aus- 
gehen lassen  und  befohlen,  dass  man  keinen  Taufer  aufhalten,  beher- 
bergen, noch  behausen  soll,  wie  auch  dann  nun  oftmals  angezeigt, 
verkündet  und  „beruft"  worden  ist,  wollen  ein  ehrsamer  Richter  und 
Rath  hier  zu  Leoben  nochmals  und  zum  Ueberflusse  nun  jeden  und 
männiglichea  treulich  gewarnt,  ermahnt  und  befohlen  haben,  dass 
euer  keiner,  wer  der  sei,  keinen  Taufer  aufhalt,  behause,  beherge, 
noch  tränke,  noch  sich  derselben  theilhaftig,  anhängig  oder  verwandt 
mache,  dann  wo  man  einen  oder  mehr,  der  dieser  Secte  anhängig 


-  59  — 

Bevor  wir  zu  unserem  speciellen  Thema,  der  Religious- 
handlmig  im  Jahre  1576,  cL  i.  zur  Darlegung  der  Erlebnisse 
der  BOrgerschaft  in  konfessioneUer  Beziehung,  schreiten,  ist 
es  nothwendig,  der  Vorgeschichte  derselben,  wenigstens  in 
UmiisseD,  Eiwähnung  zu  thun  ^). 

Zu  Leoben  machten  sich  schon  1529  „Ketzer"  bemerkbar, 
die  Regienmg  hatte  davon  Kenntniss  erlangt  und  verständigte 
hievon  den  Bath  der  Stadt,  nämlich:  „Drei  Leute  hätten  die 
Predigt  im  Dominicanerkloster  (zn  Leoben)  öffentlich  verspottet, 
ein  hergelaufener  lumpiger  Kerl,  ein  Schüler  von  Luther, 
Zwingli  und  Oecolompadius  werde  von  einem  Verein  Lutheraner 
angehalten,  der  die  Leute  verführe,  —  endlich  habe  ein 
Borger  den  Bichter  (?)  gezwungen,  sein  Kind  ohne  Chrisam 
ond  katholische  Gebräuche  zu  taufen.  Die  Schuldigen  sollten 
ermittelt  und  in's  Gefängniss  geworfen  werden.^ 

Ob   dieses  und  was  weiter  geschah  ist  nicht  bekannt  ^). 


oder  theilhaftig  wäre,  oder  der  solche  tauferische  Leute,  wie  oben- 
Btelit,  aufhielte  oder  wüsete  und  dem  Gericht  nicht  anzeigt,  betreten 
wUrde,  den  oder  dieselben  würde  man  nach  Befehl  hochgedachter 
röm.  königl.  Miyjest&t  an  Leib  und  Gut  schwerlich  strafen."  Der 
Leobner  Bürger  Peter  Schuster  war  1526  sammt  Frau  und 
Schwester  der  Wiedertäuferei  beinzichtigt  und  vom  Stadtrichtor  in 
Arrest  genommen,  aber  nach  gepflogener  Untersuchung  mit  einer 
Verwarnung  entlassen  worden.  Derselbe  machte  sich  jedoch  das  Jahr 
darauf  nebst  dem  Bürger  Grinzinger  abermals  verdächtig.  Beide 
wurden,  als  man  sie  vor  Gericht  ziehen  wollte,  mit  Hinterlassung 
ihrer  Habe  fluchtig.  Ein  anderer  Bürger,  Namens  Wiser,  entsagte 
vor  dem  Gerichte  der  Wiedertäuferei  und  blieb  dann  unbehelligt. 
Der  Lederer  Ruprecht  wurde  1545  zu  Lcoben  „mit  der  Tauferei 
verwandt  befbndcn''  und  entzog  sich  der  Untersuchung  durch  die 
Flucht.  Der  Rath  nahm  die  huiterlassene  Habe  in  Obsorge  und  ge- 
staltete, dass  dessen  unmündiger  Sohn,  der  kein  Wiedertäufer  war 
die  Lederei  erlerne. 

*)  Die  Quellen  dieses  Bruchstückes  der  religiösen  Bewegung  in  Steier- 
mark sind  im  allgemeinen  die  Rathsprotokolle  der  Stadt  Leoben. 

^  Bei  der  Kifchenvisitation  152S  war  der  Vicar  (der  Pfarre)  zu  Jjeoben, 
H.  Pauli  bereits  ganz  lutherisch  gefunden  worden.  Eine  seiner 
Reden  war,  „ihm   sei  Christus  allein  genug, "^  —  „wer  schwach  im 


—  60  — 

Auch  1539  waren  es  noch  immer  nur  einzelne  Leute, 
welche  sich  nicht  zur  katholischen  Lehre  bekannten,  wenigstens 
fügte  sich  der  Rath  den  kaiserlichen  Befehlen  in  Religions- 
Angelegenheit  ohne  Wiederstreben.  So  schickte  derselbe  auf 
Regierungsanorduung  in  diesem  Jahre  zwei  Bürger  in  alle  Häuser 
der  Stadt,  um  anzusagen,  dass  kein  Bewohner  der  Stadt  bei  Strafe 
an  Leib  und  Gut  in  der  Fastenzeit  Fleisch  esse,  noch  solches 
anderen  gebe,  oder  zu  essen  gestatte.  Als  der  Bürger  Hans 
Schneider  des  Gebotes  nicht  achtete,  wurde  er  vom  Stadt- 
richter eingezogen  und  eingesperrt,  übrigens  dann  von  dem 
Rathe  nach  der  damals  üblichen  Verbitte  durch  Angehörige 
des  Inculpaten  wieder  freigelassen,  jedoch  mit  dem  Auftrage, 
„zum  Pfarrer  zu  gehen  und  um  Verzeihung  zu  bitten.  Sollte 
die  kaiserliche  Majestät  aber  eine  Strafe  über  ihn  verhängen, 
so  würde  diese  ihm  vorbehalten".  Dass  es  so  glimpflich  ab- 
gieng,  mochte  wohl  daher  kommen ;  dass  im  Rathe  selbst, 
wenn  auch  nicht  offene,  doch  heimliche  Protestanten  sassen 
und  bei  der  Bürgerschaft  überhaupt  die  Hinneigung  zum 
evangelischen  Bekenntnisse  im  Wachsen  war. 

Dies  geht  aus  einigen  derben  Reden  des  Leobner  Pfarrers 
Sigmund  Greif  hervor,  derentwegen  ihn  seine  Zechpröpste 
1 540  bei  dem  Rathe  verklagten,  er  habe  sich  verlauten  lassen, 
„der  Stadtrichter  schaffe  nichts  bei  den  Lutterlen"  (Lutherischen), 
und  „die  Bürger  seien  Schelme  und  Fleischfresser"  ^). 


Glauben  ist,  der  mag  wohl  die  Heiligen  anrufen  **.  Er  hatte  sich  auch 
—  wie  derselbe  sich  ausdrückte  —  „mit  Unterscheid"  verheiratet. 
Es  wnrde  ihm  „ernstlich  befohlen,  die  Dirne  weg  zu  thun".  (Yisitat. 
Protokoll.) 
<)  Es  wurde  auch  angegeben,  „er  hätte  auf  den  Bischof  Abel  geflucht" . 
Ueber  dieses  stellte  man  denselben  zwar  nicht  zur  Bede,  aber  man 
merkte  es  sich,  und  als  der  ungeschlachte  Pfarrer  sich  nochmals 
hinreissen  liess,  auf  der  Kanzel  gegen  die  Bürgerschaft  und  den  Rath 
von  Leoben  loszufahren,  wurde  derselbe  1642  bei  dem  Kaiser  ver- 
klagt und  dessen  ganzes  Sündenregister  beigefügt  Die  n&chste  Folge 
war  dessen  Suspension,  der  Rath  nahm  ihn  über  kaiserlichen  Befehl 
gefangen  und  überantwortete  ihn  seinem  bischöflichen  Ordinarius. 
Ein  GouTentual  des  Stiftes:  Admont,  P.  Heinrich  Pistori,  verwaltete 


—  61  — 

1564  hatten  die  Lutheraner  bereits  das  Ueberge>vicht  in 
der  Stadt  und  hielten  sich  trotz  des  landesfürstlichen  Verbotes 
einen  eigenen  Prädicanten.  Derselbe  wurde  in  der  innerhalb 
der  Stadt  gelegenen  St  Johanneskapelle  installirt  und  erhielt 
100  Pfund  Pfenninge  als  Jahresgehalt. 

Von  nun  an  beginnt  ein  hartnäckiges  Ringen  zwischen 
dem  Fürsten  und  der  Bürgerschaft  wegen  solcher  Prädicanten. 
Der  Fürst  schafft  sie  ab,  der  Rath  entlässt  sie  dann,  um  bald 
darauf  einen  neuen  anzustellen,  der  dann  wieder  wandern  muss. 

So  gieog  es  1565  dem  Prädicanten  Franz  Sc henkhle, 
1569  ersetzte  ihn  Barthlmä  R  i  s  e  r.  Die  Regierung  bezeichnete 
jedoch  diesen  als  „einen  alten  meineidigen  Ordensbruder  von 
MQlstadt";  und  derselbe  musste  1571  entlassen  werden. 

Ueber  den  gezeigten  Gehorsam  von  Karl  IL  belobt  und 
zttT  Beobachtung  der  katholischen  Lehre  ermahnt,  antwortete 
die  Bürgerschaft  am  4.  August  1571  damit,  dass  sie  sich  der 
Augsburger  (Konfession  zugethan  erklärte  und  um  Bewilligung 
2ur  Haltung  eines  Predigers  ihrer  Confession  anhielt. 

Was  der  Landesherr  anderwärts,  wenn  auch  nicht  zuliess, 
doch  wenigstens  nicht  hinderte,  das  wollte  er  aber  nach  dem 
damals  geltenden  Princip  ;, cujus  regio,  illius  religio"  in  dem 
landesfürstlichen  Leoben,  das  noch  dazu  eine  „Kammer-Stadt** 
war,  durchaus  nicht  dulden. 

Ungeachtet  des  abschlägigen  Regierungsbescheides  wurde 
1572  Herr  Mathes  als  Stadtprädicant  aufgenommen.  Die 
Bürgerschaft  meinte  es   diesmal  klüger  eingefädelt  zu  haben. 


die  Pfarre,  bis  Greif  restitnirt  wurde  und  am  31.  April  1548  die 
Pfarre  wieder  eiDgeantwortet  erhielt.  Bei  dieser  Gelegenheit  verhiess 
ihm  der  Bürgermeister  Ton  Leohen  „alle  Freundschaft  und  guten 
Willen^  wenn  er  auch  gegen  die  Bürger  sich  so  verhielte;  wenn  er 
aber  auf  der  Kanzel  wieder  sich  ungebührlicher  und  unbescheidener 
Worte  gebrauchen  würde,  die  mehr  zur  EmpÖnmg  als  zur  Einigkeit 
der  Bürgerschaft  und  des  Pfarrvolkes  gereichen,  würde  der  Rath 
die  oder  andere  Klage  an  den  Kaiser  diu-ch  das  Gericht  machen 
lassen,  daraus  ihm  dann  mehr  Unrath  und  Strafe,  als  bevor,  begegnen 
möchte''. 


—  62  — 

indem  sie  den  alten  Pfarrer  Johann  Pockhleder  ^)  dazu 
vermochte,  denselben  als  Kaplan  aufzunehmen. 

Mathes  war  von  dem  Erzbischofe  zu  Salzburg  ordinirt 
worden,  früher  einmal  Kaplan  zu  Yeitsberg  bei  Leoben  gewesen, 
war  auch  seiner  Zeit  bei  der  Synode  zu  Brück  a.  d,  Mur 
erschienen.  Der  Vogtherr,  Abt  Lorenz  von  Admont,  hatte 
diese  Bestellung  genehmigt  Dass  man  es  mit  einem  Apostaten 
zu  thun  hatte,  kam  erst  nachträglich  auf. 

Dieser  Kaplan  wurde  aber  nicht  bei  der  Pfarrkirche, 
sondern  bei  der  Johanneskapelle  installirt,  unter  dem  Verwände, 
dass  die  Bürger  ihren  Gottesdienst  in  der  Stadt  halten 
könnten.  Die  Pfarrkirche  lag  nämlich  ausserhalb,  aber  doch 
imfern  von  der  Stadtmauer.  Die  Bürgerschaft  gab  vor,  dies 
sei  ein  Uebelstand,  „denn  es  seien  während  der  Predigt  schon 
etliche  Feuer  in  der  Stadt  gewesen,  dessen  dann  andere  Ge- 
fahren mehr  zu  erwarten  und  dabei  der  fürstlichen  Durchlaucht 
Nachtheil  zu  besorgen".  Uebrigens  hielte  sich  der  Pfarrer  die 
meiste  Zeit  in  Göss  auf  und  «wegen  seiner  Krankheit  und 
der  Lage  der  Kirche  hätten  schon  etliche  kranke  Personen 
des  Trostes  des  göttlichen  Wortes  und  des  hochwürdigen 
Sacramentes,  auch  etliche  junge  Kinder  die  h.  Taufe  nicht 
bekommen  mögen,  das  denn  hochschmerzlich  sei". 

Mit  diesen  Gründen  suchte  die  Stadtgemeinde  den  Erz- 
herzog zu  beschwichtigen,  als  er  1573,  von  der  wahren  Sach- 
lage informirt,   befahl,   „den  Prädicanten  alsbald  wegzuthun^. 

Ihre  Supplik  schloss  mit  den  Worten:  „Die  fürstliche 
Durchlaucht  wisse,  dass  sie  einer  gottseligen  Religion  und  der 
Confession,  so  Kaiser  Karl  überreicht  wurde,  zugethan  seien 
und  dass  nun  derlei  Prädicanten  im  Lande  schwer  zu  be- 
kommen, und  möchte  daher  geruhen,  solchen  christlichen 
Seelsorger  auf  ihre  Unkosten  zu  gestatten." 


*)  Pockhleder  war  seit  15G0  Pfarrer  zu  St.  Jakob  bei  Leoben.  £r  hielt 
schon  seit  Jahren  keinen  Kaplan,  weil  die  Einkflnfte  der  Pfründe  es 
nicht  zuliessen  und  die  Stiftungsgelder  f^r  das  Mumerstifitt,  welche 
die  Bürger  Gabel kover  und  Reitersperger  (zufolge  kais.  Befehles  vom 


—  63  — 

HH  dieser  Bittschrift  giengen  zwei  Bürger  (der  Stadt- 
ricfater  hatte  die  Mission  abgelehnt)  nach  Graz  und  händigten 
dieselbe  dem  Hofkanzler  Gobenzl  ein.  Sie  wurden  mit  den 
bofeehen  Worten  beschieden,  ,,man  finde  es  nöthig,  verreren 
Beridit  einzuziehen*'. 

Der  Stadt  blieb  keine  lange  Zeit,  sich  in  eitlen  Hoffnungen 
zu  wiegen,  schon  am  7.  November  1573  wurde  ihr  der  lan- 
desherrliche Bescheid  kund  gethan,  des  unliebsamen  Inhaltes : 
.Bei  Vermeidung  der  Ungnade  den  Prädicanten  wegzuthun 
and  sich  nicht  zu  unterstehen,  dergleichen  Prädicanten,  so 
Ihrer  fbrstlichen  Durchlaucht  katholischen  Religion  zuwider, 
sufeunehmen." 

Bekümmerten  Herzens  vernahm  der  Rath  den  Befehl 
uBd  stimmte  in  aller  Eile  namentlich  darüber  ab,  was  nun  zu 
than  sei.  Alle  waren  dafür,  dass  alsogleich  eine  neue  Supplik 
^geben  sollte,  aber  nur  zwei  Rathsherren  (Abraham  Donnersperg 
und  Wolf  Gärtner)  stimmten  dafür,  dass .  das  Predigen  unter- 
dessen eingestellt  würde. 

Allein  da  auch  dieses  Gesuch  am  27.  November  1573  ab- 
seblftgig  beschieden  worden  war,  so  wurde  dem  Herrn  Mathes  das 
I^redigen  denn  doch  eingestellt.  Doch  sollte  er  seine  Besoldung 
behalten  und  in  der  Stadt  verbleiben,  denn  nach  dem  Land- 
tage verde  man  abermals  suppliciren  und  einen  Fussfall  thun. 

Man  hegte  nämlich  die  Hoffnung,  durch  die  Intercession 
des  landschaftlichen  Adels,  der  sich  in  Religionssachen  ganz 
unabhängig  gestellt  hatte,  endlich  doch  zum  Ziele  zu  gelangen. 

Da  aber  auch  die  Verwendung  der  Landschaft  keinen 
Wolg  hatte,  zog  der  Prädicant  Mathes  1574  mit  einer  Ab- 
fertigung im  Betrage  von  24-  fl.  Reichswährung  ab.  Doch  stand 
dessen  Stelle  nicht  lange  leer,  in  aller  Stille  setzte  die  Stadt 
J575  den  Prädicanten  Oswald  Speglin  *)  dorthin  und  er- 
freute sich  wieder  des  „reinen  Wortes  Gottes". 

Jahre  1542  pr.  40  Pfd.  Pfenn.  jährlich)  h&tten  zahlen  sollen,  längst 
nicht  mehr  einflössen. 
^)  Oswild  Speglin  aas  Nördlfaigen  war  1664  zn  Laningen  cum  Prediger 
ordmnt  worden.  Zur  Infectionszeit  im  Jahre  1572  stand  er  an  der 


—  64  - 

Aus  dieser  Ruhe  wurde  die  Bürgerschaft  durch  einen 
landesfünstlichen  Befehl  aufgeschreckt,  welcher  im  Jänner  1576 
einlangte  und  in  Erledigung  einer  Supplik  der  Stadt,  den 
Herrn  Oswald  abzuschaffen  auftrug. 

Hiermit  sind  wir  bei  der  Religionshandlung  des  Jahres 
1576  angelangt,  welche  eine  eingehendere  Darlegung  erhalten 
soll. 

Zunächst  fasste  die  Rathsversammlung  am  27.  Jänner 
den  Beschluss:  „Nachdem  das  Elend  nicht  alles  zu  erzählen, 
so  die  Zeit  her,  als  man  die  christlichen  Prädicanten  nicht 
prädiciren  lässt,  leider  mit  Schmerzen  erfahren  und  Gott  zu 
klagen,  so  ist  beschlossen,  einen  (des  Rathes)  alsbald  abzu- 
fertigen,  der  bei  dem  Hofkanzler  um  förderliche  Erledigung 
auf  die  diesfalls  eingereichten  Schriften  anhalte  und  zufolge 
des  mit  Stimmenmehrheit  gefassten  Beschlusses  soll  man  noch , 
bis  derselbe  Antwort  bringt,  stillhalten  und  dem  Herm  Oswald 
seine  Besoldung  monatlich  reichen." 

Wenn  dann  der  Landesfllrst  binnen  kurzer  Zeit,  wie  es 
heisst,  durch  die  Stadt  reisen  würde,  sollte  der  Sitte  gemäss 
demselben  „etlich  schöner  Stuckh  Visch  vnd  zwelf  Khandl 
gueter  Wein  oflferirt"  werden  *)  und  soll  durch  die  ganze 
Bürgerschaft  ein  Fussfall  geschehen  und  gebeten  werden,  dass 
ihnen  die  Predigt  durch  den  Caplan  ihrer  christlichen  Religion 
gestattet  werde.  Darüber  sollte  aber  noch  ^auf  mererer  Be- 
sammlung  zu  handeln  angestellt"  werden. 

Der  in  dieser  und  anderen  Angelegenheiten  nach  Graz 
geschickte   Rathsbürger   Hermann   Hanner    kehrte    unver- 


Stiftskirche  in  Graz  als  Aushilfsprediger  in  Verwendung.  Von  da 
soll  er  nach  Oettingen  gekommen  sein.  Nach  seiner  Abschaffung  von 
Leoben  fand  er  zu  Trautmannsdorf  in  Oesterreich  eine  Anstellnng, 
wo  er  1680  noch  lebte.  (Waldau,  Gesch.  d.  Protest.  II.  Bd.  S.  565. 
—  Raupach,  Presbyterium,  S.  178.) 
1)  1569  erhielt  Karl  II.  bei  demselben  Anlasse  von  der  Stadt  Leoben 
einen  Stai'tin  Wein,  ein  gutes  Essen,  Fische  „Yerchen"  (Forellen) 
und  wurde  bei  der  Einreitung  aus  dem  grossen  Geschütze  geschossen. 
1578  erhielt  derselbe  bei  seiner  Ankunft  zwei  Ochsen,  einen  Startin 
Wein  und  eine  Parthie  Fische. 


—  65  — 

richteter  Dinge  nach  Leoben  zurück,  nachdem  ihm  der  Hof- 
kanzler  bekannt  gegeben  hatte,  es  sei  unnütz  eine  Erledigung 
in  Graz  abzuwarten,  der  Bescheid  werde  schon  nach  Leoben 
geschiekt  werden.  Da  dies  nicht  tröstlich  klang  und  mittler- 
weile in  der  Stadt  „eine  abscheuliche,  sonderlich  schmerzhafte 
Krankheit,  vornehmlich  unter  den  Kindern  eingerissen  **  war, 
wodurch  das  Verlangen  nach  dem  heilsamen  Worte  Gottes 
gesteigert  wurde,  so  berief  der  Bürgermeister  für  den  1 3.  Fe- 
bruar  eine  allgemeine  Bürgerversammlung  zur  Beschlussfassung, 
ob  man  den  Prädicanten  Oswald  predigen  lassen  solle  oder 
nirJit. 

Zu  dieser  erschienen  sammt  den  Rathsherren  nur  35 
Bürger,  von  denen  24  samrot  dem  Stadtrichter  dafür  stimmten, 
im  derselbe  am  nächsten  Sonntage  seine  Predigt  halten  solle, 
11  aber  nach  Antrag  des  Rathsherrn  Wilhelm  P  anthi  er,  dass 
man  bis  zum  ersten  Sonntage  in  der  Fasten,  oder  2  bis  3 
Wochen  noch  warten  sollte. 

Da  aber  so  viele  vom  Rathe  und  von  der  „Gemein"  nicht 
zugegen  gewesen  waren,  so  schien  es  bedenklich,  einen  festen 
^hluss  zu  fassen,  bevor  man  nicht  auch  die  Willensmeinung 
•fieser  vernommen  hätte.  Der  Bürgermeister  berief  eine  neue 
Versammlung  auf  den  1 6.  Februar.  Nachdem  er  derselben  dann 
vorgehalten  hatte,  „wie  sich  ein  Rath  zu  dero  eines  mereren 
fiehorsamb  versehen  vnd  inen  het  gebürth  auf  vorig  Ersuechen  zu 
erscheinen,"  forderte  er  sie  auf,  sich  „zu  erklären,  ob  Herr 
Oswald  jetzt,  zumal  kein  anderer  Prediger  vorhanden  ist,  oder 
wann  soll  auf  die  Kanzel  gelassen  werden". 

Nachdem  sich  „ein  ersame  Gemein"  miteinander  beredet 
i^tte,  gab  sie  durch  Hermann  Hanner  die  Erklärung  ab : 

»Dieweill  sj  sich  hieuor  oftmalls  vnnd  von  Jugent  zu  der 
Aagspurgerischen  Confession  bekhent,  darüber  auch  geferttigt 
^d  als  vill  ir  schreyben  khunden  mit  aigen  Henden  vnndter- 
^hriben,  vnnd  nachdem  jetzo  an  christlichen  Predicanten  grosser 
^ngel,  wie  alle  tödtlich  vnnd  in  der  Forcht  Gottes  leben  sollen, 
soBüderlich  bei  disen  Zeiten  unnd  gefärlichen  Krankheiten,  dero- 
'egen  vnnd  anderer  christlicher  Vrsachen  zu  Trost  irer  Armen 

^^^^'^^^  4m  blat  V*rcinM  f.  Btelcnoftrk.  XX Vf.  Heft,  1878.  5 


—  Be- 
seelen, solle    man  Herrn  Oswalden  auf  negsten  Suntag  bey 
Sant  Johans  predieciren  lassen/ 

Dies  geschah.  Wenige  Tage  darauf,  am  13.  März  nach 
3  Uhr  Nachmittags,  kam  Erzherzog  Karl  sammt  seiner  Ge- 
mahlin gegen  Leoben.  Er  befand  sich  auf  der  Reise  zu  den 
Landtagen  in  Kärnten  und  Krain.  Der  Rath  sammt  etlichen 
Vertretern  der  Gemeinde  erwartete  den  Landesfürsten  bei  dem 
grossen  Kreuze  vor  der  Stadt,  wo  der  Stadtschreiber  die 
Empfangsrede  halten  sollte.  Aber  kaum  hatte  der  Fürst  die 
Stadtvertretung  erblickt,  so  ritt  er  auf  dieselbe  zu  und  „fieng 
stracks  mit  starker  Stimme  diese  Worte  zu  reden  an:  Geht 
nur  hinein  und  wartet  meiner  in  der  Burg,  denn  ich  reite 
jetzt  mit  meiner  Gemahlin  auf  Göss.  Ich  will  euch  darinnen 
selbst  zusprechen." 

Während  ein  Theil  des  Rathes  den  Fürsten  nach  Göss 
begleitete,  begab  sich  der  Bürgermeister  und  der  Stadtrichter 
mit  den  übrigen  zum  „Lendthore",  erwarteten  denselben  dort 
und  gaben  ihm  dann  das  Geleite  bis  zur  Burg.  Sobald  der  Fürst 
vom  Pferde  abgestiegen  war,  empfing  ihn  der  Stadtschreiber 
„im  Namen  gemeiner^Stadt  durch  eine  unterthänige  Oration". 
Karl  erwiederte:  „Wir  nehmen  euere  Empfahung  derzeit  mit 
Gnaden  von  euch  an."  Hierauf  wurde  durch  den  Stadtschreiber 
„das  Präsent,  der  Wein  und  Fisch  oiferirt",  worauf  Karl  aber- 
mals mit  den  wenigen  Worten  replicirte:  „Ich  und  mein  Gemahl 
nehmen  die  Verehrung  mit  Gnaden  von  euch  an."  Hiermit  war 
der  Empfang  abgethan. 

Nach  Verlauf  von  mehr  als  einer  Stunde,  als  es  sclion 
fast  Abend  war,  schickte  Herr  Wolf  von  Stubenber^  zum 
Bürgermeister,  er  möchte  einen  oder  zwei  mit  sich  nehmen 
und  alsbald  zu  ihm  kommen.  Als  dieser  mit  dem  Stadtschreiber 
gekommen  war,  eröffnete  ihnen  Stubenberg:  „Die  fürstliche 
Durchlaucht,  mein  gnädigster  Herr,  begehren  mit  Ernst,  dass 
ein>e  ganze  hiesige  Bürgerschaft  morgen  A-üh  um  5  Uhr  in 
der  Burg  in  der  Tafelstube  gewisslich  vor  ihrer  Durchlaucht 
erscheinen  und  allda  Bescheid  erwarten." 

So  versammelte   sich  die  Bürgerschaft  am  14.  März  um 


--  67  — 

4  Uhr  Morgens  am  Rathhause  und  begab  sich  beim  Schlage 
der  fbnften  Stande  miteinander  in  die  Burg  und  in  die 
Ritterstube.  Der  Fürst  hatte  befohlen,  dass  niemand  von  den 
Hofleuten  in  dem  Audienzsaale  anwesend  bleibe,  als  Herr  v. 
Stubenberg.  Als  dann  die  Bürgerschaft  in  den  Saal  getreten 
war,  einer  der  Kammerdiener  aber  hinter  derselben  auch 
eintrat,  rief  ihm  der  Erzherzog  selbst  alsogleich  in  italienischer 
•^Iirache  zu,  er  soll  draussen  warten  und  die  Thüre  zuschliessen. 
Als  dies  geschehen  war,  sprach  er  die  Bürger  also  an: 

„Mir  zweiflt  nit  Ir  liabt  Euch  zuerindem,  wie  offt  ich 
Euch  beuolchen,  die  Secüschen  Predicanten  hinwegg  zethuen 
rund  Euch  solcher  Sachen  nit  anzemassen.  Nun  habt  Ir  es 
aber  nit  voltzogen,  sonder  fUrsetzlich  dawider  gehandelt,  meine 
Oebot  vnd  Verpot  in  Verachtung  gestölt,  vnd  mir  vnd 
^üDser  Landschaft  in  Steyr  mit  Euren  Schriften  vill  Müehe 
^d  Arbaith  gemacht  vnd  geben,  derhalben  ich  woU  Vrsach, 
die  Scherf  gegen  Euch  fümemen  zelassen,  aber  weill  ich 
jederzeit  mer  zu  der  Güette  dann  der  Scherpf  genaigt,  will 
ich  Each  dertzeit  verschonen  vnd  daneben  selbs  persondlich 
mündlich  Euch  ernstlich  auferlegt  vnd  beuolchen  haben,  das 
Ir  meme  Beuelch  merers  vor  Augen  habt,  vnd  Euren  sectischen 
vennunten  Predicanten  alsbald  hinwegg  thuet,  vnd  khein  seines 
gleichen  weder  iner  noch  ausser  der  Statt  weiter  aufnemet, 
Euch  auch  in  Religion  Sachen  an  vnnser  Landschaft  nit  henget, 
dann  ich  hab  auf  Eur  Beschwär,  die  Ir  von  wegen  des  Pfarrers 
Alter  vnd  die  Pfarrkhirchen,  das  die  ausser  der  Stadt  ligt, 
^d  bey  nächtlicher  Weyll  die  Statt  zu  eröffnen  gefUrlich  vnd 
anders  vemomen  vnd  darumben  ine  Pfarrer  bemüessigt  (ihn, 
den  Pfan-er  entlassen)  vnd  einen  andern  Pfarrer  aufgenomen, 
den  wil  ich  Euch  hiemit  selbs  gestölt  haben,  der  würdet  die 
Gothzdienst  drausen  in  der  Pfarrkhirchen  vnd  hinnen  verrichten, 
^  er  mirs  dann  auch  zuegesagt;  so  wist  Ir,  was  mit  Euch 
^d  andern  zu  Prugg  gehandelt,  dabey  las  ichs  bleiben.  Da 
Ir  aber  dem  nicht  voltziehet,  werd  Ir  mich  verursachen,  mit 
sicher  Straf  g^en  Euch  zuuerfahren,  das  es  mir  selbs  laid 
sein  würdte.  Darnach  wist  Euch  aigentlich  zuehalten,  vnd  es 

0* 


—  68  — 

bedarf  kheiner  Antwort"  Nachdem  der  Fürst  dies  gesprochen 
hatte,  wendete  er  sicli  alsbald  von  der  Bürgerschaft  ab  undl 
schritt  der  Thüre  zu. 

Der  Stadtschreiber  jedoch,  vom  Rathe  und  von  der  Ge- 
meinde dazu  „erkiest",  schritt  demselben  nach  und  sprach : 
„Durchleuchtigster  Erzherzog,  genedigister  LanndtfÜrst  vrnicl 
Herr,  weill  vor  andern  Potentaten  die  Fürsten  von  Oesterreich 
mit  sonderer  Güette  begabt,  so  bitten  Eure  fürstliche  Durch- 
laucht wir  vnndterthenigist,  die  wolle  vnnss  genedigiste  Audienz 
geben."  Als  der  Fürst  dies  gehört  hatte,  wendete  er  sich 
zurück,  sagte:  „Was,  ich  gib  Euch  der  Zeit  khein  Audientz," 
und  gieng  durch  die  Thüre  hinaus. 

Bald  darauf  trat  der  gesammte  erzherzogliche  Ilof  seine 
Weiterreise  an. 

Man  kann  sich  die  Bestürzung,  und  nachdem  die  gehörten 
Worte  und  die  kurze  ungnädige  Abfertigung  allentlialhen  be- 
kannt geworden  war,  die  Aufregung  der  ganzen  Stadt  denken. 

Um  die  hin  und  her  rollenden  Wogen  der  Reden  und 
Ansichten  in  eine  geordnete  Bahn  zu  leiten,  den  eigentlichen 
Willen  der  Bürger  zum  geregelten  Ausdrucke  zu  bringen,  wolil 
auch,  damit  einer  für  alle  und  alle  für  einen  stehen  könnten, 
schien  es  geratlien,  alsbald  eine  allgemeine  Bürgervei*sammlung 
abzuhalten.  Noch  desselben  Vormittags  kamen  der  Rath  und 
die  Gemeinde  auf  dem  Rathhause  zusammen  und  beredeten 
die  Angelegenheit  Dann  wurde  über  das,  was  zu  thun  sei, 
namentlich  abgestimmt.  Jeder  sagte  seine  Meinung  und  alles 
wurde  vom  Stadtschreiber  zu  Protokoll  genommen.  Es  wurden  GS 
stimmfähige  Bürger  ^)  gehört,  jedoch  nicht  desselben,  sondern 


*)  Wie  viele  Bürger  Leoben  im  16.  Jahrhunderte  zählte,  lässt  sich 
nicht  genau  ermitteln.  In  dem  Grundbnchc  der  Stadt  yom  Jahre  15G1 
fand  ich  sammt  dem  Rathhause  120  Häuser  in  der  Stadt  und  34  in 
der  Vorstadt  verzeichnet;  aus  letzterer  genossen  aber  nur  13  (und 
diese  erst  seit  1560)  HauseigenthQmer  das  Bürgerrecht.  Man  dürfte 
also  im  ganzen  ungefähr  180  Bürger  annehmen,  da  aber  auf  einigen 
Häusern  Bürgerswitwen  oder  unmündige  Bürgerssöhne  gesessen  sein 
werden,  so  dürfte  die  ganze  Zahl  der  stimmfähigen  Bürger   nicht 


—  69  — 

erst  des  anderen  Tages,  nachdem  auch  diejenigen  sich  geäussert 
haUen,  welche   bei  der  erwähnten  Versammlung  gefehlt  hatten, 
mit  einer  geringen   Stimmenmehrheit  beschlossen,  jederzeit  des 
Herrn  Oswalden    Predigten   einzustellen,   bis  der  angehende 
Pbrrer  gehört  worden  wäre,  alsdann  weiter  davon  zu  handeln". 
Drd  verschiedene  Meinungen  waren  bei  der  Abstimmung 
zam  Vorschein  gekommen.  Die  erste,  für  welche  sich  zunächst 
der StedtTichter  „Mathes '^  (Matthäus  Schmeltzer,  der  schon 
ld59  imllaüie  gesessen  und  zu  mehrmalen  hervorragende  Stellen 
bekleidet  hatte,    so   1547   und  1561')  als  Bürgermeister)   aus- 
sprach, lautete :   ^Man  sollte  mit  den  Predigten  Verzug  halten, 
bis  der  neue  Pfarrer  eintritt." 

34  Bürger  stimmten  auf  diese  Weise,  darunter  die  nach- 
b^iannten  6  Rathsmitglieder :  Erasm.  Reitsperger  (schon 
1559  im  Ratbe  gesessen),  er  fügte  bei,   dass  beim  Landes- 
fhrsten  ohnehin  nichts  zu  erlangen  sein  werde. 

Kaspar  Spätt  (bereits  1560  und  1573  im  Rathe),  doch 
meinte  er,  man  sollte  aber  unterdessen  den  Prediger  Oswald 
oicht  entlassen.  Dasselbe  wollten  Wolf  H  a  s  1  i  u  ge  r  und  Fabian 
Tautter  (auch  1573  im  Bathe). 

Michael  Gablhover    (1573   ebenfalls  Rathsherr)   be- 


▼i«!  aber  90  betragen  haben.  Wahlfähige  in  den  Rath  dürften  kaum 
mehr  als  68  gewesen  sein. 
*)  £8  ist  bemerkenswerthy  dass  Schmeltzer  1561  die  Bürgermeister- 
Wahl  nicht  annehmen  wollte  und  da  seine  Ablehnung  von  der  Stadt 
nicht  beachtet  wurde,  einen  diesbezüglichen  Befehl  des  Yicedoms  der 
Steiermark  erwirkte.  Der  Kath  nahm  es  sehr  Übel  auf,  dass  er  sich 
weiter   beschwert  hatte   und  erklärte  ihm,   die  Stadt  sei  in   dieser 
Sache  vom  Landesfürsten  befreit.  Wenn  sie  einen  Bürger  mit  Stimmen- 
mehrheit zu  einem  Amte  gewählt  habe,  so  müsse  derselbe  gehorchen 
and  erscheine  „sodann  ein  Jahr  auf  einen  Stecken  gebunden '^.  Man 
bitte  ihn  also  im  Gehorsam  zu  verbleiben.  Und  so  f^gto  er  sich  auch. 
Uebrigens  war  der  Gehorsam   der  Leobner  Bürger  durchaus 
keine    alltägliche  Sache.    Von   nicht  wenigen  der  oben  genannten 
Männer,  namentlich  von   den  hervorragenden  Stimmführern,  finden 
sich  in    den  Rathsprotokollen   hie   und  da  Händel  verzeichnet,    in 
welchen  sie  sich  nicht  leicht  unter  die  Autorität  des  Rathes  zu  fUgen 
geneigt  zeigten. 


—  70  — 

merkte :  „Wer  verhaiTt  bis  an  das  Ende,  der  ist  selig.  Verhoflfe, 
Gott  wird  alles  zum  Besten  wenden.  ** 

Hans  Hanner  (1569  und  1573  Bürgermeister)  war 
nicht  persönlich  bei  der  Versammlung  erschienen,  liess  aber 
melden:  „Er  sehe  es  für  gut  an,  zu  hören,  wie  sich  der  neue 
Pfarrer  in  seiner  Predigt  wird  anlassen  und  der  ftii'stlicheii 
Durchlaucht  Trost  zu  erwarten;  aber  die  Sacramente  reichen 
und  taufen  soll  dem  Herrn  Oswald  zugelassen  werden." 

Die  Namen  der  in  gleicher  Weise  stimmenden  Bürger  sind : 
Sebast.  Jaritz,  Valthan  Satler,  Gregor  Fischer,  Clem.  Lainegger, 
Hans  Weissmann,  Hans  Walch,  Wolf  Fleischhacker,  Georg  Ortner, 
Kasp.  Gott,  Valthan  Kholfasser,  Phil.  Waizinger,  Paul  Walch, 
Pet.  Gegner,  Zach.  Zechner,  Blas.  Poltzer;  (am  15.  März)  Seb. 
Tersch,  Math.  Schwär,  Georg  Weinheber,  Roch.  Messrer, 
Georg  Prandt,  Leonh.  Trünckher,  Hans  Rabler,  Stef.  Schwein- 
bachmülner,  Georg  Pruner,  Joach.  Schmeltzer,  Herm.  Hanner, 
Gilg  Lasnitzhouer  und  Zach.  Rabler.  (Letzterer  gab  seinen 
Rathschlag  schriftlich.) 

Die  gegentheilige  Meinung  erhielt  29  Stimmen.  Sie  lautete 
im  allgemeinen:  Man  solle  den  Herm  Oswald  ohne  weiters 
auch  femer  predigen  lassen. 

Der  erste,  der  seine  Stimme  dafür  abgab,  war  der  Raths- 
herr  Wolf  Mittenberger  (sass  auch  1 573  im Rathe),  derzeit 
Eisen-Faktor  der  Stadt.  Er  sagte:  „Man  soll  Gott  geben,  was 
ihm  gebührt,  und  dem  Landesfürsten,  was  ihm  gebührt,  darum 
soll  man  predigen  lassen,  Gottes  Wort  hören  und  dem  Lan- 
desfürsten in  allen  äusserlichen  Sachen  gehorsamen." 

Rathsherr  Leonh.  Guggler  (schon  1559  im  Rathe  ge- 
wesen, deutscher  Schulhalter)  spricht  sich  fast  mit  denselben 
Worten  aus.  Ebenso  Rathsherr  Georg  Pu ebner.  Rathshen* 
Hieron.  Vischinger  ist  ;,für  das  predigen,  weil  es  jetzt  die 
grosse  Nothdurft  erfordert". 

Rathsherr  Kasp.  Gerchinger  (1560  und  1573  im  Rathe) 
äusserte  sich:  Es  sei  schmerzlich,  dass  sie  keine  Audienz 
erhielten.  Man  soll  also  in  Gottes  Namen  predigen  lassen, 
denn  es  steht  geschrieben:  „Wer  verharrt  bis  an's  Ende,  wird 


—   71   — 

selig.*  Man  soll  aber  erwarten,  wer  der  neue  Pfarrer  sei. 
Inzwischen  könne  Oswald  predigen  „und  sich  darinen  aller 
^jebQhr  gebrauchen  und  die  Widersacher  nicht  besonders 
nennen'^. 

Von  den  Bttrgem  sind  bemerkenswerth :  Mich.  D  o  n  e  r  s- 
perger.  Dieser  äusserte  sich  *  „  Gott  will  gebeten  sein,  darum 
soll  man  alle  Tage  um  11  oder  12  Uhr  bei  St.  Johannes 
(Kapelle)  länten  lassen.  Da  sollte  ein  jeder  Hausvater  sammt 
den  Seinigen  Gott  bitten,  seine  Kirche  und  Gemeinde  allhier 
za  eilialten.'' 

Wolf  Schleiffer  ist  für  das  Predigen,  ;, weil  es  besser 
ist,  in  die  Hände  der  Menschen  zu  fallen;  als  in  die  Hand 
und  Strafe  Gottes  \ 

Daniel  Donersperger  sagte:  „Weil  der  Fürst  ver- 
meldete, der  Prädicant  sei  sectisch,  so  rathe  er  Herrn  Oswalden 
za  seiner  Defension  zu  Verfassung  seines  Bekenntnisses  und 
seiner  Meinung  eine  Schrift  verfassen  zu  lassen,  die  der  heil, 
göttlichen  Schrift  gemäss  soll  gestellt  werden.** 

Da  nun  dieser  Gedanke  einmal  aufgetaucht  war,  fand  sich 
bald  wieder  ein  und  der  andere  Nachtreter.  Andr.  L  e  u  t  z  e  n- 
dorf  er  sagte,  er  habe  in  der  Taufe  geschworen,  sein  göttlich 
Reich  zu  befördern,  so  könne  er  mit  gutem  Gewissen  nicht 
rathen,  die  Predigten  einzustellen,  sonderlich  weil  Herr  Oswald 
«keines  Secten**  überwiesen  und  er  der  heil.  Schrift  gemäss 
jederzeit  gepredigt  habe. 

Tiburtius  6  e  r  r  e i  c  h  ist  für  das  Verfassen  «einer  Apologie 
und  Schutzschrift **,  desgleichen  Michael  Schwär,  Christof  Khirch- 
perger  und  Georg  Staudinger. 

Michael  P  o  nm  o  n  (Bonuomo,  1 573  im  Rath),  Goldschmied, 
sagt,  man  solle  das  Wort  Gottes  nicht  verhindern,  sondern 
fortgehen  lassen. 

Ebenso  stimmten  Hans  Lemer,  Wilh.  Panthier,  Christof 
Holaus,  Christof  Frölich,  Gregor  Khoper,  Hans  Paur,  Christof 
Pruner,  Urb.  Vischcr,  Steph.  Schaur,  Adam  Khörer,  Leonh. 
Zwickh,  Hans  Ster  (Hafner),  Ambros  Herman,  Georg  Grueber, 
Christof  Priewalder  (Schneider). 


—  72  — 

• 

Nur  zwei  B&rger  wagten  eS;  die  besondere  Meinung  zu 
haben,  dass  man  den  Prädicanten  Oswald  abziehen  lasse,  beide 
aber  erklärten  dies  nicht  persönlich.  Hieron.  Puchleutner, 
der  Mauthner,  that  es  schriftlich  und  der  Hammerwerksbesitzer 
Wolf  Gärtner  (1569  und  1573  Bathsherr)  liess  dies  durch 
zwei  Vertrauensmänner  melden. 

Der  mit  Einwilligung  des  Abten  von  Admont  als  Patrons 
der  Pfarre  St.  Jakob  vom  Herzoge  eingesetzte  neue  Pfarrer 
war  Christoph  Frank,  vordem  desselben  Hofkaplan.  Das 
Anstellungsdecret  war  schon  am  14.  Februar  1576  ausge- 
fertigt Zur  Uebemahme  der  Pfarre  hatte  der  Abt  von  Admont 
den  8.  April  bezeichnet.  Dies  fiel  aber  dem  alten  Pfarrer 
Joh.  Pockhleder  unbequem,  „er  hätte  bald  nach  dem  An- 
tritte der  Pfan-e  am  Pfarrhofe  Feuerschaden  erlitten,  femer 
den  ersten  Anbau  und  die  Ansaat  der  Gründe  aus  Eigenem 
bestritten  und  könnte  daher  nicht  früher  abtreten,  bis  er  sich 
nicht  mit  dem  neuen  Pfarrer  verglichen  hätte,  auch  gebühre 
ihm  noch  der  Dienst  (die  Urbarialgaben  der  Unterthanen) 
bis  Georgi".  Derselbe  erbat  sich  und  erlangte  die  Intercession 
der  Stadt  Leoben  und  so  geschah  es,  dass  der  neue  Pfarrer 
erst  zu  Georgi  die  Pfründe  bezog. 

Nach  Ankunft  des  Pfarrers  Frank  sah  Oswald  Speglin 
selbst  ein,  dass  es  an  der  Zeit  sei,  sich  um  eine  andere  Stelle 
umzusehen.  Der  Bath  sicherte  ihm,  bis  er  eine  solche  erlange, 
den  Bezug  seines  Gehaltes  zu  (27.  April  1576);  allein,  wiewohl 
er  eine  Pfarrerstelle  in  Oesterreich  erlangt  hatte,  verzögerte 
sich  sein  Abzug  doch  so  lange,  dass  der  Landesfürst  nochmals  im 
Juli  ernstlich  darauf  dringen  musste,  ihn  abzuschaffen. 

Unzweifelhaft  lag  der  Grund  dieses  erneuerten  Aus- 
weisungsbefehles in  der  Thatsache,  dass  Oswald  noch  fortwährend 
in  der  Johanneskapelle  heimlich  Gottesdienst  hielt  und. die 
Conmiunion  reichte,  wozu  der  Rath  (8.  Juni  1576)  dem 
Kirchenmeister  zu  St.  Johannes,  dem  die  Sache  wegen  des 
landesfürstlichen  Befehles  denn  doch  etwas  bedenklich  schien, 
ausdrücklich  den  Auftrag  ertheilt  hatte,  den  Prädicanten  zu 
diesen  Verrichtungen  ohne  weiteres  in  die  Kirche  einzulassen. 


—  73    - 

Die  Schrift,  mit  welcher  Oswald  von  der  Stadt  „Urlaub" 
nahm  uod  die  „Vennahnung  that,  bei  der  christlichen  Religion 
beständig  zu  verharren'',  liess  der  Rath  aus  „gutem  Bedenken" 
izofolge  Beschluss  vom  16.  Juli)  der  ganzen  Gemeinde  öfifent- 
lidi  vorlesen. 

Den  Pfarrer  Frank  hatte  der  Rath  sehr  kühl  empfangen 
Qod  ihm  trocken  zu  verstehen  gegeben,  dass  die  Stadt  nur 
(l^n  zu  ihm  halten  würde,  wenn  er  sich  als  ein  Pastor  ihrer 
Confession  bewiese.  Selbstverständlich  lehnte  derselbe  eine 
solche  Zumuthung  ab.  Nach  wenigen  Wochen  war  auch  schon 
der  offene  Zwiespalt  vorhanden. 

Warum  es  sich  handelte,  ersieht  man  aus  dem  Berichte, 
welchen  der  Bürgermeister  in  einer  am  2.  Juni  eigens  hiezu 
venmstalteten  Bürgerversammlung  machte.  Derselbe  enthielt 
'He  Eröflhung:  Weil  die  kleine  Zeit  des  jetzigen  Pfarrers 
Hiersem  von  wegen  desselben  ärgerlichen  Predigten  und  an- 
deren Ceremonien  viel  Beschwerden  vorkommen  und  damit 
ihm,  dem  Bürgermeister,  später  nicht  etwa  eine  Schuld  bei- 
gemessen werde,  so  habe  man  dem  Pfarrer  durch  den  Stadt- 
schreiber hn  Namen  der  ganzen  Bürgerschaft  folgende  Artikel 
mündlich  erklären  und  vorhalten  lassen: 

Für's  erste  sei  es  Thatsache.  dass  der  Landesfürst  sich 
etliche  Male  erklärt  habe,  einen  jeden  in  seinem  Gewissen 
^beschwert  bleiben  zu  lassen  und  liieher  zur  Seelsorge  solche 
Personen  zu  bestellen,  daran  sie  keine  „Beschwerung  haben, 
sondern  begnügt  und  zufrieden  sem  sollen.  Und  da  wir  übel 
versehen,  dies  Ihrer  fürsü.  Durchlaucht  oder  dem  Pfarrer 
selbst  anzubringen,  so  soll  der  Mangel  gewendet  werden.  Weil 
man  dann  mit  dem  vorigen  Pfarrer  etliche  Jahre  auch  übel 
vorgesehen  gewesen,  haben  wir  uns,  wie  männiglich  wissend, 
jederzeit  zu  der  christlichen  augsburgerischen  Confession  er- 
kannt und  bekannt  und  wissen  davon,  wie  es  öfter  schriftlich 
gelegt  wurde,  ohne  Verlust  unserer  Seelen  Seligkeit  nicht 
^  weichen." 

nWir  befinden  aber,  dass  ihr,  Hen'  Pfarrer,  bei  eueren 
Predigten,  Taufen  und  Sepultur  halten  Ceremonien  und  an- 


—  74  — 

derer  verbotener  menschlicher  Zusätze  gebrauchet,  welche 
zur  Verkleinerung  des  Leidens  Christi  und  grossen  Aergerniss 
der  christlichen  Gemeinde  gereichen  und  solchermassen  nicht 
zu  dulden  sind." 

„Daher  wollen  wir  ihn  hiermit  sammt  und  sonderlich 
ganz  christlich  ermahnt  und  höchlich  gebeten  haben,  er  wolle 
die  Sachen,  wie  ein  treuer  Seelenhirt  zu  thun  schuldig  ist, 
dem  Grunde  der  heil.  Schrift  gemäss  beherzigen  und  sich 
nicht  mit  der  Last  der  Verantwortung  beladen,  sondern  uns 
in  unserm  Gewissen  unbetrübt  lassen," 

„Somit  habe  er  das  Sacrament  der  Taufe  nach  der 
Ordnung  Christi  (ohne  alle  menschlichen  Zusätze)  in  deutscher 
Sprache  zu  halten,  nebst  anderen  Ursachen  auch  darum,  weil 
der  Gevattersleute  Seelen  und  Gewissen  zum  Zeugnisse  und 
auch  zum  Unterweisen  in  der  christlichen  Lehre  hoch  verob- 
ligirt  sind,  so  sei  es  billig,  ihnen  zu  wissen,  was  hierin  traktirt 
und  gehandelt  wird.  Hiedurch  werden  auch  sie  und  alle  Um- 
stehenden zu  desto  mehr  christlicher  Andacht  und  eifriger 
Liebe  zu  den  „Gottlen"  (Pathenkindem)  gereizt  und  verursacht" 

„Item,  das  Sacrament  des  Altars  soll  er  sub  utraque 
specie  nach  der  Einsetzung  Christi  (ausser  der  Messe)  man- 
niglich  in  der  Kirche  und  den  Kranken  in  den  Häusern  un- 
weigerlich reichen,  die  Beichtkinder  mit  Fragstücken  und 
anderen  Auflagen  wider  ihr  Gewissen  nicht  beschweren." 

„Seine  Predigten  soll  er  nach  Grund  der  heil,  prophetischen 
und  apostolischen  Schrift  dahin  richten,  damit  aus  denselben 
Lehre  und  Trost  genommen  und  der  einzig  seligmachende 
Weg  recht  erläutert  und  durch  Scallirung  (Schelten  und 
Schimpfen)  niemand  geärgert  werde." 

^Bei  den  Sepulturen  soll  das  Rauch-  und  Sprengwerk 
abkommen,  die  Ceremonien  zu  vermeiden  und  dafür  christliche 
Leichenpredigten  zu  thun  und  die  Prozession  mit  Psalmen 
und  christlichen  Gesängen  in  deutscher  Sprache  zu  halten, 
auf  dass  die  mitgehenden  Personen  des  zeitlichen  Todes  und 
der  Bereitung  auf  ein  christliches  Abscheiden  erinnert  und 
ermahnt  werden." 


-     75  — 

^Item  ist  der  Witten bergischc  Katechismus  zu  exerciren, 
wie  es  bisher  im  Gebrauche  war.** 

Auf  diese  denn  doch  etwas  starke  Anforderung,  dass  sich 
der  katholische  Pfan*er  in  einen  lutherischen  Pastor  umwandle, 
erwiederte  Frank  besonnen  und  ruhig: 

Er  nehme  ihr  freundliches  Gesuch  mit  Vergnügen  auf, 
es  scheine  ihm,  dass  solches  aus  besonderer  Schickung  Gottes 
geschehen  sei.  Da  er  aber  den  Auftrag  habe,  die  religiösen 
Verhältoisse  wieder  in  denselben  Zustand  zu  bringen,  wie  es 
Vorjahren  gehalten  worden  war,  so  könne  er  „in  der  Substanz 
nicht  weichen**,  wolle  aber  in  Betreff  der  Ceremonicn,  unge- 
achtet sie  nicht  gegen  die  Schrift  wären,  einige  Beschränkungen 
vornehmen. 

Die  „Vertröstungen*',  welche  der  Landesfürst  gegeben 
habe,  seien  aber  nicht  als  allgemeine  anzusehen,  sondern  nur 
„in  particulari"  einigen  geschehen. 

Einen  Katechismus  wolle  er  schon  halten,  freilich  nichts 
einen  solchen,  der  dem  Wittenbergischen  gleich  sei,  wer  des- 
selben Autor  sei,  werde  man  dann  wohl  hören. 

Der  lateinische  Schulmeister  Gregor  Hess  machte  am 
2T.  April  bei  dem  Rathe  die  Anzeige,  der  neue  Pfarrer  wolle 
ihn  und  die  Jugend  verplSichten,  seinen  abgöttischen  Ceremonien 
beizuwohnen.  Weil  er  dies  unthunlich  befinde,  wolle  er  es  zu 
iseiner  Entschuldigung  zeitlich  vermeldet  haben,  damit  jeder 
Vater  seine  Kinder  vor  Verführung  zu  bewahren  wisse.  Auf 
dieses  wurde  dem  Stadtschreiber  aufgetragen*,  er  solle  alle 
'jßeschwerartikel  gegen  den  Pfarrer  memoriren  und  bei  einer 
mehreren  Versanrailung  vorbringen",  den  Pfarrer  aber  Hess 
Dian  auffordern,  „sie  unbetrübt  zu  lassen**  *). 

Als  sich  das  Fronleichnamsfest  näherte,  stellte  der  Pfarrer 
an  den  Bath  eine  Anfrage  in  Betreff  der  feierlichen  Prozession. 
£s  sei  ihm  von  der  fUrstl.  Durchlaucht  bekannt  gegeben 
worden,  dass  dieser  einen  schriftlichen  Auftrag  gegeben  habe. 


0  Der  Schulmeister  Hess  masste  nachgehends  auf  landesfürstlichen 
Befehl  entlassen  werden,  bei  welcher  Gelegenheit  dann  die  Stadt 
die  EimahnuDg  erhielt,  den  Pfarrer  unbeschwert  zu  lassen. 


—  76  — 

der  Bürgermeister  hätte  ihn  auf  der  einen,  der  Stadtrichter 
auf  der  anderen  Seite  zu  begleiten  und  vier  aus  dem  Rathe 
hätten  den  Traghimmel  (über  dem  hochwürdigsten  Gute)  zu 
tragen,  und  er  begehre  daher  zu  wissen,  ob  die  Herren  solches 
thun  wollten,  oder  nicht. 

Der  Rath  antwortete  hierauf,  der  landesfürstliche  Befehl 
sei  verlesen  worden  und  es  stehe  in  jedermanns  Belieben, 
mit  der  Prozession  zu  gehen  oder  wegzubleiben,  er  wolle  hier 
weder  etwa&  verbieten,  noch  gebieten.  Auf  eine  zweite  Anfrage 
erhielt  der  Pfarrer  die  offene  Erwiederung,  zum  Himmeltragen 
lasse  sich  niemand  herbei. 

Hatte  der  Rath  hiermit  indirect  sein  Festhalten  an  der 
Augsburger  Confession  erklärt,  so  tbat  die  Bürgerschaft  das- 
selbe durch  ihr  Fembleiben  von  der  „Corporis  Christi  Pro- 
cession**.  Frank  beklagte  sich  bei  Karl  H.  bitter,  „dass  sie 
dieselbe  verachtet  und  ihrer  entäussert  habe". 

Nachdem  nun  die  Bürgerschaft  hinlängliche  Erfahrung 
davon  hatte,  dass  der  neue  Pfarrer  wohl  ein  eifriger  katholischer 
Seelsorger  und  nichts  weniger  als  ein  Prädicant  ihrer  Confession 
sei,  kam  sie  zu  dem  einhelligen  Beschlüsse,  den  Landesfürsten 
abermals  in  einer  ausführlichen,  sorgfältig  redigirten  Supplik 
um  „Zulassung  eines  oder  zweier  christlicher  Prädicanten*^  zu 
bitten.  Mit  dieser  Supplik  giengen  der  Bürgermeister  nebst 
zwei  Rathsmitgliedem  und  dem  Stadtschreiber  (um  den  10.  Ok- 
tober 1576)  nach  Graz.  Letzterem  war  wieder  die  aktive  Rolle 
zugetheilt  worden,  vor  dem  Landesfürsten  den  Sprecher  zu 
machen.  Derselbe  überreichte  die  Schrift  in  der  Ritterstube  mit 
dem  Vermelden,  dass  er  ^solches  aus  Befehl  eines  ersameu 
Rathes  thue"".  Als  der  Erzherzog  sie  übernahm,  äusserte  er  sich : 
„Ich  will  es  vernehmen,  wofern  es  aber  Religionssachen  betriflFt, 
lasse  ich  es  beim  vorigen  Bescheide  verbleiben,  und  nehmt 
nur  nichts  neues  vor."  Auf  den  Stadtschreiber  deutete  er 
aber  mit  der  Hand  und  sagte:  „Eben  ihr  seid  der  Rädels- 
führer.** Dieser  abschlägige  Bescheid  brachte  noch  immer  keine 
Entmuthigung  in  den  Rath,  sondern  es  wurde  nun  beschlossen, 
„im  geheimen  auf  den  Herrn  Kanzler  em  Missiv  zu  verfassen  und 


—  77  — 

bei  ihm  die  Erledigung  von  der  flirstl.  Durchlaucht  wegen 
Zuhssung  eines  Prädicanten  zu  erkunden **.  (15.  October  1576.) 

Die  abschlägige  Antwort  des  Landesherrn  langte  bald 
darauf  ein  und  wurde  am  2G.  October  in  der  Rathsversammlung 
verlesen. 

Hiermit  schliessen  auch  die  Verhandlungen  über  confes- 
sionelle  Angelegenheiten  in  dem  Bathsprotokolle  der  Stadt  für 
das  Jahr  1576. 

Man  darf  jedoch  durchaus  nicht  glauben,  dass  sich  nun 
die  Bürgerschaft  in  den  Willen  des  Landesherm  gefügt  hätte. 
Dieselbe  blieb  nicht  nur  bei  ihrem  passiven  Widerstände, 
sondern  ermüdete  auch  nicht,  fast  Jahr  für  Jahr  die  Regierung 
mit  der  Bitte  anzugehen,  ihr  zur  ungehinderten  Uebung  ihres 
Bekenntnisses  die  Au&ahme  eines  Predigers  zu  bewilligen,  wie 
auch  Karl  IL  nicht  ermüdete,  dies  zu  verweigern,  in  seiner 
Güte  und  Langmuth  aber  es  nie  zu  der  angedrohten  Strafe 
kommen  liess.  Solche  religiöse  Verhandlungen  kamen  im  Käthe 
der  Stadt  1577,  1579,  1581,  1583,  1586  und  nach  Karl's  IL 
Tode  1593,  1594,  1595,  1597  und  1599  vor. 

Bemerkenswerth  ist  die  Einhelligkeit,  mit  welcher  sich 
die  Bürgerschaft  von  Leoben  1581  öffentlich  zur  Augsburger 
Confession  bekannte. 

Vom  Hofe  war  der  Befehl  gekommen,  es  solle  jeder  sich 
persönlich  erklären,  was  für  ein  Bekenntniss  er  habe  und  es 
solle  dies  zu  Protokoll  genommen  werden.  So  erklärten  denn 
G4  Bürger  Mann  für  Mann  bei  dem  „Examen  vnnder  Rath 
vnnd  Gemain,  was  Bekhanntnuss  oder  Religion  ein  Jeder  sei", 
sie  sden  der  christlichen  Augsburgerischen  Confession  und 
wollen  dabei  bestehen  und  bleiben  Zeit  ihres  Lebens  ^). 

Bei  einer  so  einmüthigen  Haltung  der  Bürgerschaft  wird 
es  erklärlich,   dass   aUe  landesherrlichen  Decrete  wirkungslos 


^)  Es  ist  erwähnenswerth ,  dass  bei  dieser  Abstimmung,  wiewohl  seit 
1576  Dur  5  Jahi'e  abgelaufen  waren,  28  neue  BOrgemamen  vor- 
kamen und  selbst  im  Rathe  zwei  ganz  neue  Bürger,  nämlich  Michael 
Mayr  and  Georg  Mager  1  erscheinen.  Auch  der  Bürgermeister 
Wolfgang  Henncz  ist  ein  neuer  Ankömmling. 


—  78  - 

blieben.  Zwar  wagte  sie  es  nicht  mehr,  einen  Stadtprediger 
öffentlich  zu  halten,  ^)  dafür  kam  (1594)  der  von  St  Peter 
heimlich  in  die  Stadt,  um  Predigt  zu  halten  und  die  Sacramente 
zu  spenden. 

Zur  Communion'  in  beiden  Gestalten  gieng  man,  war 
dieselbe  in  der  Stadt  zu  empfangen  unmöglich,  in  die  Nach- 
barschafL '')  Dem  katholischen  Pfarrer  verbitterte  man  das 
Leben  derart,  dass  Frank  zweimal  (1581  und  1587)  auf  seine 
Pfründe  resigniren  wollte,  was  jedoch  weder  der  Patron,  noch 
der  Erzherzog  zuliessen. 

Später  pflegten  die  Leobner  ihre  Kinder  beim  Prädicanten 
in  Traboch  taufen  zu  lassen.  Als  der  Pfarrer  1595  darüber 
bei  dem  Rathe  Klage  führte  und  Vergütung  des  „Abtrages  ** 
forderte,  wurde  beschlossen,  darauf  keine  schriftliche  Antwort 
zu  geben  und  würde  er  um  mündlichen  Bescheid  zum  Bürger- 
meister kommen,  so  solle  ihn  dieser  wegen  des  „unfüeglichen 
Begehrens **  abweisen  und  ihm  bemerklich  machen,  dass  er 
froh  sein  solle,  wenn  man  ihn  nicht  selbst  vor  das  Stadtgericht 
belange,  weil  er  sich  gegen  diese  Bürger  im  Leobner  Burg- 
frieden ärgerlich  benommen  hätte.  Als  1595  wieder  einmal 
der  Befehl  erschien,  katholische  Bürger  in  den  Rath  zu  wählen, 
wurde  dieser  einfach  bei  Seite  gelegt  und  lutherische  gewählt. 

Als  aber  endlich  1598  in  Graz  die  Katastrophe  einge- 
treten war,  dass  sämmtliche  Kirchen-  und  Schul  -  Personen 
aus  Stadt  und  Land  verbannt  wurden,  da  gab  auch  die 
Leobner  Bürgerschaft  den  activen  und  passiven  Widerstand 
auf  und  ihre  Stadt  war  1599  eine  der  ersten,  welche  wenigstens 
äusserlich   ruhig   und  willig  sich  der  Gegenreformation  fügte. 


1)  1538  (26.  März)  ergieng  an  den  Rath  der  Befehl,  den  in  der  Stadt 
umschweifenden  Prediger  Hans  H  an  n  e  r  (wahrscheinlich  ein  Leobner 
Bürgerssohn)  nebst  seinem  Weibsbilde  abzuschaffen.  (Act  im  steir. 
Landesarchive.) 

')  1586  forderte  eine  landesfürstlichc  Resolution,  die  Communion  nicht 
auswärts  zu  suchen  und  den  lutherischen  Schulmeister  Mag.  Thomas 
Gamposser  abzuschaffen. 


Ruprecht  von  Eggenberg. 

Ein  östeneichisoheT  HeerfühieT  des  16.  Jahrhunderts. 


▼on 


Dr.  HanB  v.  Zwiedineck-Südenhorst. 


1  lie  Biographie  Ruprechts  von  Eggenberg,  welche  hiemit 
zum  erstenmal  in  annähernder  Vollständigkeit  der  Oeffentlichkeit 
übergeben  wird,  beschränkt  sich  nicht  auf  eine  gewisse  Be- 
deutung für  die  Genealogie  oder  die  Provinzialgeschichte.  Die 
P<*rsonlichkeit,  welche  vor  Adlern  in  ihrer  öffentlichen  Thätigkeit 
geschildert  werden  soll  nimmt  nicht  nur  hervorragenden  Antheil 
AD  der  B^ründung  des  Ruhmes  und  des  Einflusses  der  Familie 
Eßgenberg,  der  mächtigsten,  die  seit  den  Cillier  Grafen  auf 
d^m  politischen  Boden  der  Steiermark  aufgetreten  ist,  sie  ist 
nicht  nur  jnit  wichtigen  Ereignissen  einer  der  interessantesten 
Perioden  der  steirischen  Geschichte  innig  verknüpft,  sie  wird 
Wh  mit  Recht  unter  den  besten  österreichischen  Generalen 
des  16.  Jahrhundertes  genannt,  ihr  Ruf  gieng  sogar  weit  über 
<fie  Grenzen  unseres  Staates  hinaus  und  förderte  nicht  un- 
wesentlich das  Ansehen,  welches  die  österreichische  Waffen- 
töchtigkeit  in  den  Jahren  genoss,  welche  dem  denkwürdigen 
Auftreten  Wallensteins  unmittelbar  vorhergiengen.  Namhafte 
Kriegsleute  der  Landsknechtsperiode  tragen  überhaupt  einen 
^iversellen  Charakter  an  sich,  dies  war  in  den  eigenthümlichen 
Errichtungen   des  damaligen   Kriegswesens  begi'ündet,   ihre 


—  80  — 

Schicksale  und  Thaten  greifen  in  Verhältnisse  ein,  die  nicht 
in  unmittelbarem  Zusammenhange  stehen,  das  innerste  Wesen 
der  Kriegführung  und  Heeresadministration  jener  noch  immer 
nicht  genügend  erforschten  Zeit  wird  durch  dieselben  nach 
verschiedenen  Richtungen  aufgeklärt,  manche  noch  dämmerhafte 
Vorstellung  gewinnt  Leben  und  Deutlichkeit.  In  diesem  Sinne 
düi-fte  eine  breitere  Ausführung  einzelner  Details  in  dem 
Wirkungskreise  und  den  Beziehungen  eines  vielseitig  verwen- 
deten Officiers  auch  vor  Demjenigen  gerechtfertigt  erscheinen, 
der  der  fortgesetzten  Anhäufung  von  Monographien,  Skizzen 
und  Beiträgen  mit  einigem  Bangen  entgegensieht,  wenn  sie  auch 
auf  der  Erschliessung  neuen  Quellenmaterials  beruhen. 

In  letzterer  Hinsicht  möge  im  Vorhinein  die  Mittheilung 
gestattet  sein,  dass  es  insbesondere  das  gräflich  Herberstein'sche 
Archiv  in  Graz  und  das  kaiserliche  Kriegsarchiv  in  Wien  ist, 
denen  ich  die  einschlägigen  Acten  entnehmen  konnte.  Das  erstere 
enthält  das  ehemalige  Eggenberger  Archiv  als  eine  für  sich 
bestehende,  abgeschlossene  Abtheilung,  und  darin  ein  Fascikel 
mit  ausschliesslich  auf  Buprecht  Bezug  habenden  Acten.  An 
diese,  sowie  eine  grosse  Zahl  von  Relationen,  Befehlschreiben 
und  Briefen  aus  den  Jahren  1592  bis  1606,  welche  ich  im 
Kriegsarchive  vorfand,  reihen  sich  Acten  des  steiermärkischen 
Landesarchi  ves  und  Materialien,  welche  mir  vom  Herrn  Regierungs- 
rath  Dr.  Peinlich,  vom  Herrn  P.  v.  Radics  und  dem  k.  k. 
Oberlieutenant  B  e  ck  h  von  Widmanstettenin  freundlichster 
Weise  zur  Verfügung  gestellt  wurden.  *)  Ausser  den  genannten 


*)  Von  grösseren  Druckwerken  und  Abhandlungen  konnten  berücksichtigt 
werden : 

Khevenhiller,  Annales  Ferdinande!. 

Jacob!  Franc!  historia  quinquennalis  1590 — 1595. 

Ortelius  redlvivus  et  cont!nuatus,  oder  Ungarische  und  siebenbür- 
gische  Ejiegshändel,  so  vom  Jahr  1395  bis  auf  16G5  mit  dem  Türken 
fürgelaufen.  Frankfurt.  Dan.  Fievet  1665.  Derselbe  enthält  auch  ein 
Porträt  Ruprechts  von  Eggenberg. 

Decius  Baronins  Magyar  historiäja  1592—1598  (Mon.  Hung.  hist. 
Script.  XVII). 

Valvasor,  Ehre  Krains  IV. 


-  ftl  — 

Herren  f&hle  ich  mich  verpflichtet  an  dieser  Stelle  Dank  zu  sagen 
dem  Herrn  Sigmund  Grafen  von  H  e  r  b  e  r  s  t  e  i  n ,  der  mir  den 
Besuch  seines  Hausarchives  in  ausgedehntester  Weise  ermög- 
lichte, dem  Herrn  Landesarchivar  Professor  von  Zahn,  sowie 
«len  Vorständen  und  Beamten  des  k.  k.  Kriegsar- 
fhives.  Nähere  Angaben  über  Charakter  und  Fundort  des  in 
dem  nachfolgenden  Aufsatze  verwertheten  Quellenmaterials  sind 
dem  Texte  angefügt  Ich  habe  auch  diesmal  nicht  selten  die 
QyeDen  selbst  sprechen  lassen^  indem  ich  davon  überzeugt  bin, 
(hss  dadurch  ein  Hauptzweck  der  Geschichtschreibung,  dem 
lohenden  Geschlechte  die  handelnden  Personen  der  Vergangenheit 
plastisch  vor  Augen  zu  führen,  wesentlich  gefördert  wird ;  dabei 
var  ich  bestrebt,  die  Schreibung  möglichst  der  modernen  Ortho- 
s^phie  anzupassen,  ohne  der  Stylisirung,  die  an  sich  charak- 
teristLsch  ist,  Gewalt  anzuthun. 

Graz,  im  Februar  1878. 

Y.  Zwiedineck. 


M.  6.  Eovachich,  Script,  rer.  Hnng.  minor.  Tom.  I. 

£rsch  nnd  Grober,  Enciclopädie,  Artikel  „R.  v.  Eggenberg"  (v. 
Stimmberg). 

Richter,  Illyrische  Grenzhelden  in  Hormayrs  Archiv,  1819. 

Hurtcr,  Geschichte  Ferdinand  II.  und  seiner  Eltern. 

Ilwof,  „EinfAlle  der  Osmanen  in  Steiermark«.  (IV.  15.  Heft  der 
Htttb.  des  hist.  Ver.  für  Steierm.) 

Höniscb,  Ruprecht  von  Eggenberg  (Grazer  Zeitung  v.  9.  Aug.  1873). 


lll«li*il.  <!«■  bist   Vereine«  f.  Steiermark.  ttVI.  Ilefl,  1078.  ^ 


—  82 


L 


Abstammung.  Kriegsdienste  in  den  Niederlanden, 
am  Rheine  und  in  Frankreich. 

Ruprecht  gehört  der  älteren  Linie  des  Hauses  Eggenberg 
an,  als  dessen  erster  nachweisbarer  Repräsentant  Ulrich  Eggen- 
berger,  Bürger  zu  Graz  und  Radkersburg  (f  1448)  bezeichnet 
wird  *).  Dessen  Söhne  Hans  Eggenberger,  Bürger  zu  Radkersburg 
(f  1481),  und  Balthasar,  Bürger  zu  Graz  und  Münzmeister 
Kaiser  Friedrich  HI.  (f  1493),  sind  die  Stammväter  der  beiden 
Linien,  deren  jüngere  in  der  vierten  Generation  den  Fürsten- 
hut  und  den  Herzogstitel  erwarb,  um  nach  abermals  vier 
Generationen,  die  den  Geschlechtem  der  deutschen  Reichs- 
fürsten beigezählt  wurden  und  mit  denselben  in  verwandtschaft- 
liche Beziehungen  traten,  dem  Schicksale  des  Aussterbens 
anheimzufallen. 

Der  Enkel  des  obgenannten  Hans  war  Christof  von  Eggen- 
berg, der  in  den  Jahren  1541 — 43  das  Amt  eines  Landes- 
Einnehmers  in  Steiermark  versah  und  die  Herrschaft  Ehren- 
hausen  vom  Grafen  Georg  von  Schaumburg  käuflich  an  sich 
brachte  '^).  Er  war  adelig  ^)  und  mit  Benigna  Helena  Fueger, 


<)  Zur  Verdeutlichung  der  Familien  Verhältnisse,  die  insbesondere  für  die 
Stellung  Ruprechts  zu  Hans  Ulrich  von  Bedeutung  sind,  erlaube  ich 
mir  in  Beilage  II  eine  Stammtafel  der  Eggenberger  beizulegen,  die 
zwar  noch  nicht  vollständig  genannt  werden  kann,  jedenfalls  aber 
mehr  und  Richtigeres,  als  die  bis  jetzt  bekannten,  bietet  Nebst  meinen 
eigenen,  waren  mir  hiefÜr  die  Notizen  des  Herrn  Regierungsratbes 
Dr.  Pe  inlich  massgebend.  Siehe  darüber  auch  des  Letzteren  „Egkenn- 
berger  Stifft"  (Graz  1875).  Das  Herbersteiner  Archiv  enthält  (L.  4. 
43)  einen  Stammbaum,  der  überreich  an  älteren  Mitgliedern  des  Hauses 
Eggenberg  ist,  das  bis  auf  einen  Chonradus  ab  Heggenberg  circa 
annum  1190  zurückgeführt  wird.  Derselbe  wird  einem  gewissen  Dr. 
J.  L.  Schönleben  zugeschrieben  und  ist  von  Marcus  a  Perizhoff  un- 
terzeichnet, Laibach  27.  März  1 688  datirt.  Diese  Daten,  welche  jeder 
Beglaubigung  entbehren,  konnten  jedoch  nicht  berücksichtigt  werden. 

2)  !0.  Jänner  1543   Verlass-Acten  des  k.  k.  Landes-Gerichtes  in  Graz. 

')  Die  Adelserhebung   der  Gesammtfamilie    oder   der  einzelnen  Linien 


^   «3   - 

<ier  Tochter  des  Hans  Fueger  von  Melans  ^)  (Tirol)  vermählt. 
Als  Sprossen  dieser  Ehe,  welche  für  Frau  Helena  schon  die 
vierte  war,  werden  uns  genannt:  Elisabeth  (vermählt  1561  mit 
Michael  Rindsmaul  von  Frauheim),  Hans  Christof,  Andreas, 
Ruprecht  und  Barthhn«  (Bartholomäus).  Die  Söhne  erbten 
&  Herrschaft  Ehrenhausen  zu  gleichen  Theilen  nebst  einigen 
Holten  5).  Der  älteste,  Hans  Christof,  übernahm  die  Verwaltung 
m  Ehrenhausen  und  erscheint  als  Lehenträger  seiner  Brüder. 
Teber  die  Jugendgeschichte  Ruprechts  sind  keinerlei  Daten 
whanden.  Bemerkenswerth  ist  nur  der  Umstand,  dass  er  und 
•^iü  Bruder  BarthlmsB  bei  der  katholischen  Religion  verblieben  *), 
während  der  ältere  Bruder  Hans  Christof,  der  allgemeinen 
Bewegung  des  innerösterreichischen  Adels  folgend,  zur  evan- 
?elischen  Lehre  sich  bekannte.  Ruprechts  Erziehung  war 
Nenfalls  nicht  vernachlässigt  worden,  denn  er  schrieb  ein 
sehrcorrectes  Deutsch,  war  auch  des  Lateinischen  und  Spanischen 
mächtig  und  macht  durch  sein  Auftreten  in  späteren  Tagen 
Wenfalls  den  Eindruck  eines  allseitig  unterrichteten,  gebildeten 
ilannes.  Die  erste  sichere  Nachricht  aus  seinem  beben  stammt 

der  Eggenberge  lässt  sich  auf  keinen  Adehbrief  zurückführen;  doch 
ist  die  Thatsache  des  adeligen  Standes  bei  den  meisten  Familien- 
Fliedern  unzweifelhaft  Dafür  sprechen  insbesondere  die  Heiraten 
mit  dnrchwegs  adeligen  Frauen,  sowie  der  Besitz  von  landständischen 
Gütern  und  Gülten.  Das  Wappen  mit  den  drei  JElaben,  die  eine  Krone 
halten,  führte  schon  Ulrich  Eggenberger  (s.  Epitaphium  an  der  Grazer 
Domkirche).  Das  Epitaphium  des  Hans  Eggenberger  in  Radkersburg 
zeigt  ausser  diesem  auch  den  Ritterhelm. 

^}  Epitaphium  in  der  Pfarrkirche  von  Ehren  hausen.  Dasselbe  nennt  als 
Oatten  der  Benigna  Helena:  Krasmus  Schrott,  Ruprecht  von  Herber- 
stein, Christof  von  Mindorf,  Christof  von  Eggenberg,  Gregor  Stadler 
den  Jüngeren. 

^)  Verlass- Acten  des  k.  k.  Land.-Ger.  in  Graz.  Theil-Libell  vom  1.  Mai 
1574,  In  dem  Verzeichnisse  der  Gültpferdo  und  BUchsenscbntzen 
vcm  iriß-f  erscheint  „Herrn  Christoflf  von  Eckenperg  Wittib  und  Erben" 
mit  4  Pferden  und  20  Schützen  veranschlagt  Die  jüngere  Linie  „Wölf- 
in? Eggenperg  Erben"*  stellte  nur  1  Schützen  (Mittheil.  d.  bist.  Ver. 
XXV  Heft). 

*\  Si«»he  das  Testament  Ruprechts  in  der  Beilage  T. 


—  84  — 

aus  einer  Zeit,  in  welcher  er  bereits  das  34.  Jahr  erreidit 
hatte.  Wir  finden  ihn  da  als  Hauptmann  in  spanischen  Diensten 
unter  den  Truppen  Alexander  Farneses  in  den  Niederlanden. 
Er  mag  sich  wohl  schon  frühzeitig  den  Kriegsdienst  zum  Lebens- 
beruf gewählt  haben.  Wenn  man  ein  von  ihm  beeinflusstes 
Schriftstück  aus  späterer  Zeit  berücksichtigt,  so  wäre  er  bei- 
läufig im  Jahre  1572  in  spanische  Dienste  getreten.  In  diesem 
Falle  war  seine  Betheiligung  an  dem  Kriege  gegen  die  i)ro- 
testantischen  Niederländer  nicht  einem  Zufalle  zuzuschreiben, 
sondern  ein  wohl  berechneter  Schritt,  der  geeignet  war,  ihm 
Ansehen  und  grössere  Bedeutung  zu  verschaffen,  als  wenn  er 
unter  dem  Banner  des  Kaisers  oder  der  steirischen  Landschaft 
seine  militärische  Laufbahn  an  der  Grenze  gegen  die  Türken 
begonnen  hätte.  Die  Spanier  galten  damals  als  die  ersten 
Kriegsleute  der  Welt,  die  Wechsel  vollen  ^.Impresen'*  in  d(^n 
Niederlanden  boten  Gelegenheit,  sich  sowohl  für  den  Kamj^f 
in  offener  Feldschlacht,  wie  für  den  Festungskrieg  auszubilden. 
Die  Kunst  der  „Artollerey"  war  bei  ihnen  zur  höchsten  Voll- 
kommenheit •  gediehen.  Der  Prinz  von  Parma  selbst  war  als 
Meister  der  Kriegführung  berühmt,  unter  ihm  zu  dienen  war 
ehrenvoll  und  lehrreich;  er  wird  als  der  Begründer  einer 
Schule  der  Kriegskunst  angesehen,  deren  hervorragendster 
Vertreter  nebst  Georg  Basta  unser  Ruprecht  geworden  ist. 

Das  Document,  durch  welches  seine  Anwesenheit  in  den 
Niederlanden  zuerst  festgestellt  wird,  ist  ein  Schuldbrief,  welchen 
Alexander  Prinz  zu  Parma  und  Piacenza,  Sr.  Majestät  zu 
Hispanien  Gubernator  -  General  der  Niederlande  dem  Grafen 
Florens  von  Barlaymont,  als  Obersten  eines  Regiments  von 
11  Fähnlein  am  11.  August  1580  ausgestellt  hat,  wonach 
diesem  und  seinen  Haupt-,  Befehls-  und  gemeinen  Kriegsleuten 
in  drei  und  zwei  Jahresraten  die  Summe  von  717.329  Gulden, 
18  Stiber  in  Frankfurt   a    M.   ausgezahlt   werden    sollen  "). 


')  Herbst.  Arch.  Eggb.  h  3.  24.  Die  Copia,  welche  sich  Ruprecht  aus- 
fertigen  h'ess,  ist  vom  Grafen  Barlaymont  am  28  Mai  15S3  zu  Namnr 
ftusgcstellt 


—  85  — 

Rapieclit  von  Eggenberg  erscheint  darin  als  Hauptmann  mit 
mm  Guthaben  von  23715  Gulden,  19  Stiber  (jeder  Gulden 
11  15  Batzen  oder  60  Kreuzer  gerechnet).  Ein  zweiter  Schuld- 
brief von  demselben  Tage  im  Gesammtbetrage  von  55258  Gulden 
^clireibt  dem  Rui>recht  von  Eggenberg  5448  Gulden  zu.  Diese 
I'-^tri^'e  enthalten  zwar  nicht  ausschliesslich  den  persönlichen 
Verdienst  Ruprechts,  sondern  auch  den  Sold  für  die  Knechte 
mes  Fähnleins,  es  ist  aber  mit  Bestimmtheit  anzunehmen, 
Jass  der  grössere  Theil  davon  auf  ihn  entfiel,  denn  die  Kriegs- 
itiute  jener  Zeit  verstanden  sich  auf  Berechnungen  zu  ihrem 
Vortheil  und  wussten  die  momentane  Zahlungsunfähigkeit  ihrer 
Kriegsherren,  von  der  auch  der  König  von  Spanien  trotz  der 
^^illierminen  von  Peru  nicht  verschont  blieb,  gehörig  auszubeuten. 
Im  sicher  zu  gehen,  cedirte  Ruprecht  schon  wenige  Monate 
imach  seine  Forderung  an  das  Bankhaus  Fugger  gegen  eine 
iVschalsumme  von  15000  Gulden  ^).  Die  Fugger  hatten  jeden- 
Wls  Mittel,  sich  bezahlt  zu  machen,  doch  scheint  es  nicht, 
ils  ob  Ruprecht  die  Summe  sogleich  erhalten  habe.  Dagegen 
spricht  zunächst  der  Umstand,  dass  er  sich  fast  2  Jahre  später 
ß^Hrh  eine  Copie  des  Schuldbriefes  ausstellen  Hess  und  dass 
^r  noch  lange,  nachdem  er  den  spanischen  Dienst  verlassen, 
lie  Realishiing  seiner  Forderungen  zu  betreiben  genöthigt  war. 
Ein  Jalir  darnach  wurde  Ruprecht  zum  Obrist-Lieutenant 
*-ines  neu  zu  werbenden  Regiments  von  10  Fähnlein  ernannt, 
'las  den  Namen  des  Prinzen  von  Parma  führen  sollte  ^).  Können 
^ir  schon  daraus  den  Schluss  ziehen,  dass  der  Eggenberger 
'lern  Prinzen  von  Parma  bereits  näher  getreten  war  und  dessen 
Vertrauen  erworben  hatte,  so  erhellt  dies  noch  deutlicher  aus 
Jer  Mission,  die  ihm  im  Frühjahre  1582  zu  Theil  wurde.  Das 
Iranische  Regiment  Gonzaga  wurde  damals  zu  einer  besonders 
nichtigen,  geheimnissvollen  Expedition  bestimmt,  deren  Ziel 
Dicht  angegeben  wird.   Eggenberg  erhielt  den  Auftrag,    das 


)  Vergleichsurkuode,  von  Ferdinand  Freiherrn  von  Fugger  ausgestellt, 

16.  October  1580   Verlass- Acten  des  Land  -Ger.  in  Graz. 
*}  Decret  vom  26.  Aug.  1581.  Herbst.  Arch.  Eggbg,  L.  3.  24. 


—   86  — 

Regiment  für  dieselbe  zu  gewinnen.  Die  betieffende  Ordre  '•') 
enthält  folgende  Punkte: 

1.  Obrist-Lieutenant  Eggenberg  soll  den  Hauptleuteu  des 
genannten  Regimentes  den  Auftrag  des  Prinzen  auseinandersetzen 
und  denselben  nach  seinem  Ermessen  begründen.  2.  Dann  soll 
er  sie  auch  mit  dem  vom  Prinzen  mündlich  ertheilten  Befelil 
bekannt  machen,  damit  die  Hauptleute  die  Knechte  bearbeiten, 
auf  dass  diese  willfährig  werden,  i^dass  sie  dem  von  Eggenberg, 
den  sie  zuvor  längst  kennt  haben,  in  seinem  Vor- 
tragen Folge  thun  und  leisten''.  3.  Das  Regiment  soll  aus- 
drücklich versprechen,  während  der  Dauer  des  hochwichtigen 
„Anschlages**  im  Dienste  zu  bleiben.  4.  Für  den  Unterhalt 
werden  für  25  Tage  und  je  ein  Fähnlein  300  Gulden  Kronen 
erlegt  und  nach  Verrichtung  des  ;, Anschlages"*  2  Monatsold 
baar  bezahlt  5.  Sollte  das  Geld  nicht  gleich  zur  Hand  sein, 
so  wird  dem  Regiment  ein  Quartier  angewiesen,  wo  es  die 
Zahlung  erwarten  soll.  6.  Für  Proviant  und  Vorrath  im  Lager 
wird  genugsam  gesorgt  werden. 

Im  Jahre  1584  war  Ruprecht  mit  dem  spanischen  Suecurs 
unter  dem  Grafen  von  Arenberg  zur  Belagerung  von  Bonn 
abgerückt  Bonn  war  der  Hauptwaifenplatz  des  Erzbischofs 
von  Göln  aus  dem  Hause  Truchsess  von  Waldburg,  der  der 
schönen  Agnes  von  Mansfeld  zulieb  evangelisch  geworden  war 
und  gestützt  auf  die  protestantische  Auslegung  des  Augsburger 
Religionsfriedens  sein  Erzbisthum  in  ein  weltliches  Territorium 
umwandeln  wollte.  Herzog  Ernst  von  Baiern,  der  von  katho- 
lischer Seite  zu  seinem  Nachfolger  in  der  Würde  und  den 
Besitzungen  des  Erzbisthums  gewählt  worden  war,  belagerte 
Bonn  mit  spanischen  Hilfstruppen.  Ruprecht  von  Eggenberg 
commandieile  dabei  die  Artillerie  und  nahm  an  den  Bemühungen 
der  Spanier  Theil,  die  ohnehin  schon  entmuthigte  Besatzung 
von  Bonn  zur  Uebergabe  der  Festung  zu  veranlassen.  Er  und 
der  Graf  von  Arenberg  „Hessen  sich  oftmal  bei  Nacht  und 
Tag  bei  der  Ringmauer  finden   und  hielten  mit  der  Wacht 


'()  Decrct  vom  2.  Mai  1682.  Ebendaselbst 


->  87  — 

Sprach'*  ^0-  Der  Erfolg  blieb  nicht  aus ;  die  Besatzung,  welche 
^on  Ernst  von  Baiern  Bezahlung  ihrer  Rückstände  hoffte,  nahm 
den  Befehlshaber  Carl  Truchsess  gefangen  und  öffnete  den 
Baiem  die  Stadt 

Es  ist  begreiflich,  dass  man  in  der  Heimat  auf  Ruprecht 
aufmerksam  wurde  uud  dass  man  seiner  auch  am  Hofe  des 
Erzherzog  Carl  rühmend  gedachte.  Dieser  aber,  der  sich  der 
Wehrhaftmachung  seiner  innerösterreichischen  Lande  mit  so 
riel  Ernst  und  Hingebung  gewidmet  hatte,  musste  wohl  darauf 
Ijedacht  sein,  Männer  von  der  Tüchtigkeit  Ruprechts  nicht 
$3112  dem  Dienste  des  Vaterlandes  entziehen  zu  lassen.  Er 
trug  demselben  daher  eine  Stellung  an,  die  ihn  verpflichtete, 
in  Tagen  der  Gefahr  an  der  Vertheidigung  Steiermarks  gegen 
den  Erbfeind  iheilzunehmen  und  es  ihm  dennoch  ermöglichte, 
so  lange  man  seiner  nicht  dringend  bedurfte,  unter  den  spa- 
nischen Fahnen  Ruhm  und  Gut  zu  erwerben. 

Erzherzog  Carl  hatte  un  Jahre  1574  die  Befestigung  der 
Stadt  Graz,  seiner  Residenz,  begonnen  und  dieselbe  durch 
grossartige  Bauten  auf  dem  Schlossberge  zu  einem  festen  Platze 
eisten  Ranges  gemacht  Zum  ersten  Hauptmanne  dieses  « Haupt - 
Schlotes  Grätz*'  und  Hauptmanne  der  Leib-Guardi  wurde  nun 
Rnprecht  von  Eggenberg  bestellt.  Die  Instruction  für  das  neu 
geschaffene  Amt,  welche  der  Erzherzog  am  1.  Januar  1585 
eriiess  *^,  motivirt  die  Ernennung  Ruprechts  durch  das  „gnä- 
dige Vertrauen,  sowie  in  Bedenkung  seiner  uns  bekannten 
Bedlichkeit)  Schicklichkeit  und  aufrichtigen  getreuen  nützlichen 
IKenste''  und  normirt  seinen  Gehalt  mit  1500  Gulden  und 
80  Gulden  Beheizungspauschale  jährUch.  Sie  enthält  zugleich 
die  Zusicherung,  dass  er  in  des  Königs  von  Spanien  oder 
anderen  des  Hauses  Oesterreich  Diensten  eine  Oberstenstelle 


|<;  KlieTenhiUer,  Ann.  Ferd.  T.  ü.  822. 

*^  Berbent.  Arcfa.  Eggbg.  L.  8.  24.  Den  Inhalt  der  Instruction,  welche 
in  aasfthrlicber  Weise  die  Obliegenheiten  dieses  Dienstes  auseinander- 
setzt, der  tbeils  militärischer  Natur  war>  theils  den  Charakter  eines 
Hofamtes  trag,  werde  ich  seinerzeit  an  anderer  Stelle  zu  besprechen 
haben. 


—  88  — 

annehmen  dtlrfe,  „wofern  wir  änderst  dann  dazumal  seiner 
Person  nidit  selbst  unentbehrlich  bedürfen  und  fttglich  cut- 
rathen  könnten**,  unter  der  Bedingung,  ,,dass  er  mitlerweil 
seines  Aussenseins  und  bis  auf  die  Zeit,  so  wir  ihm  bestimmt, 
mehrbertthrte  beide  Hauptmannschaften  durch  taugliche  qiiali- 
flcirte,  uns  dazu  annehmliche  Personen  verwalten  lassen  möge, 
ihm  auch  inzwischen  obstehende  seine  deputirte  Besoldung 
einen  als  den  andern  Weg  fortlaufen  solle ^.  Mit  den  beiden 
vereinigten  Hauptmannschaften  erhielt  Eggenberg  zugleich  den 
Titel  eines  erzherzoglichen  Rathes,  den  er  bis  zu  seinem  Ende 
führte.  Ob  Ruprecht  im  Winter  1584 — 85  in  Graz  anwesend 
war  und  den  bezeichneten  Posten  thatsächlich  angetreten  hat, 
lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  behaupten ;  doch  ist  es  nicht 
unwahrscheinlich,  da  er  erst  1587  wieder  in  den  Niederlanden 
als  Träger  eines  hohen  Amtes  genannt  wird. 

Auch  von  spanischer  Seite  suchte  man  den  Eggenberger 
sich  zu  verpflichten,  denn  es  wurde  ihm  zugleich  mit  den 
beiden  Söhnen  des  Erzherzogs  Ferdinand  von  Tirol,  dem  Cardinal 
Andreas  von  Oesterreich  und  dem  Markgrafen  Carl  von  Burgau, 
von  welchen  der  erstere  9000,  der  letztere  4000  Ducaten  er- 
hielt, eine  Jahrespension  von  500  Ducaten  ausgesetzt  und  ihm 
der  Oberstentitel  verliehen  ^^). 

Im  Frühjahre  1587  war  Ruprecht  jedenfalls  wieder  in  den 


")  KbevenhiUer,  Ann.  Ferd.  T.  IL  Die  Bewilligung  dieser  Pensionen 
wird  der  Intervention  des  kais.  Gesandten  am  Madrider  Hofe,  Grafen 
Khevenbiller  zugeschrieben.  Damacb  scheint  die  Doppelbestallong  des 
Eggenbergers  die  Frucht  eines  Uebereinkommens  zu  sein,  welches 
die  beiden  habsburgischen  Linien  geschlossen  haben,  um  diese  tüchtige 
Kraft  ihrem  Dienste  zu  sichern.  —  Am  20.  December  1588  bevoll- 
mächtigte Ruprecht  von  Eggenberg  vor  dem  kgl.  Notar  Peter  van  der 
Uove  in  Brüssel  seinen  Geschäftsfreund  „Danielem  Retclesium  ner- 
catorem,  moram  trahentem  in  nobili  emporio  et  dvitate  Antwerpiensi'^ 
zur  Empfangnahme  dieser  Pension.  Als  Zeugen  waren  gegenwärtig: 
Dms.  Bemardinus  Baro  de  Herberstein,  liudovicus  Baro  de  Crikinghen 
et  Emanuel  de  Montbroot.  Legalisirt  ist  die  Urkunde  durch  Ferdinand 
de  Salinas,  Reg.  Cath.  Mtis.  Gonciliarius  et  magister  libellorum 
supplicorum  in  suo  supremo  consilio. 


—  80    - 

Xiederlanden.  Am  24.  Mai  stellte  ihm  der  Herzog  von  Parma 
•Jas  EinennuTigsdecret  als  Oberster  eines  Regiments  hocli- 
ileuti<cben  Kriegsvolks  zu  Fuss  von  12  Fähnlein  aus.  Jedes 
Fähnlein  sollte  300  Mann  stark  werden  und  die  Bestallung 
•*)  Monate  dauern.  Würde  das  Regiment  vor  oder  nach  Ablauf 
der  6  Monate  beurlaubt,  d.  h.  entlassen  werden,  so  sollten 
die  Officiere  und  Knechte  einen  halben  Monatssold  Abzuggcld 
hekommen.  Der  Sold  für  den  gemeinen  Knecht  war  nach  der 
in  j^amz  Deutschland  geltenden  Norm  mit  4  Gulden  rheinisch 
iür  1  Monat  bemessen.  Durch  die  Ernennung  zum  Obersten 
war  Ruprecht  zunächst  zur  Anwerbung  des  Regimentes  ver- 
pflichtet, das  ja  noch  nicht  bestand ;  der  Bestallungsbrief  galt 
zi^leich  als  Werbepatent  und  diesem  wurde  ein  genaues 
Yerzeichniss  aller  Aemter,  Befehlshaber  und  Parteien  und 
deren  Bezüge  beigegeben,  zu  deren  Auszahlung  sich  der  Kriegs- 
herr, der  König  von  Spanien  und  an  dessen  Stelle  der  Herzog 
von  Parma,  verpflichtete  *^).  Für  seine  Person  erhielt  Eggen- 
l>erg  400  Golden  monatlich. 


'^  Herbst.  Arcb.  Staat  und  Yerzeichniss,  was  Ihr  Kön.  Mait.  zu  Hispanicn, 
mein  Allergn&digster  lieber  Herr  zn  Unterhaltung  und  Besoldung 
onsers  besonders  lieben  Ruprechten  von  Eggenberg  zu  Ebrenhausen, 
flSrstl.  Durchlaucht  Erzherzogs  Carl's  zu  Oesterreich  Rath,  dero  Leib- 
guardi  und  des  fürstlichen  Haupt  Schloss  Graz  Hauptmanns,  als 
Ihrer  Maj.  Obrister  ttber   ein  Regiment  hochteutsches  Kriegs-Yolks 

zn  Fuss 

Erstlich  auf  gedachts  Obristen  Leib-  und  Tafelgeld  400  fl ,  auf 
einen  Caplan,  den  er  zu  halten  schuldig  sein  solle,  8  fl.,  auf  einen 
Schreiber  8  fl.,  auf  8  Trabanten  32  fl.,  auf  einen  Pfeifer  und  Trummcl- 
scUäger  16  fl.,  G  gemusterte  Pferd  72  fl.,  einen  Reisewagen  24  fl., 
einen  Dolmetschen  8  fl.,  den  Obrist  Lcutenant  100  fl.,  dessen  2  Tra- 
banten 8  fl.,  einen  Profosen  40  fl.,  dessen  Caplan  8  fl.,  Schreiber  8  fl., 

4  Trabanten  16  fl.,  des  Profosen  Leutenant  20  fl.,  dessen  2  Trabanton 

5  fl.,  8  Steckenknecht  82  fl.,  einen  Stockmeister  8  fl.,  einen  Nach- 
ricbter  16  fl.,   dem  SchuUheissen  40  fl.,    dem  Gericht  Schreiber  8  fl., 

10  Gerichtsleute  40  fl.,  einen  Gerichtsweibel  4  fl.,  einen  Trabanten 
des  Schultbeissen  4  fl.,  einen  Wachtmeister  40  fl.,  dessen  Trabanten 
4  fl.,  einem  Quartiermeister  40  fl.,  dessen  Trabanten  4  fl.,  einen 
Obristen  Feldscheer  B2  fl.,  einen  Proviantmeister  32  fl.,  einen  Hurer- 


—  90  — 

Auch  diesmal  war  Eggenberg  bestimmt,  an  einer  Expedition 
gegen  Bonn  theilzunehmen.  Dort  Iiatte  sich  der  Parteigänger 
Martin  Schenk  festgesetzt,  nachdem  er  die  Besatzung  des 
neuen  Erzbischofs,  des  Herzogs  Ernst  von  Baiem,  vertrieben 
hatte  *').  Der  Heraog  von  Parma  schickte  den  Prinzen  von 
Simay,  Carl  von  Croy  mit  6000  Mann  zur  Belagerung  des 
Platzes  ab.  Unter  ihm  commandirten  die  Obersten  Spineli, 
Samblemont,  Eggenberg  und  Don  Juan  de  Cordua  mit  300 
leichten  Pferden.  Bei  der  Belagerung  selbst  war  auch  Oberst 
Verdugo  thätig.  Ein  allzuiascher  Angriff  brachte  die  Belagerer 
in  grosse  Unordnung.  Da  legte  sich  Eggenberg  mit  seinem 
Regiment  „an  die  Schantz*'  und  unterhandelte  mit  den  von 
Martin  Schenk  geworbenen  deutsclien  Knechten  mit  so  gutem 
Erfolge,  dass  sich  die  Stadt  ergab.  Darauf  zog  Eggenberg 
unter  dem  Grafen  von  Mansfeld  (dem  Vater  des  im  30jährigen 
Kriege  berühmt  gewordenen  Ernst)  gegen  die  Stadt  Wachten- 
donk,  nach  deren  Einnahme  sein  Regiment  abgedankt  wurde. 
Die  Knechte  desselben  fanden  jedoch  sofort  wieder  Beschäftigung : 
sie  wurden  von  der  Liga  in  Frankreich  geworben,  die  gegen 
den  König  von  Navarra  im  Felde  lag. 

Im  Sommer  1591  beschloss  Alexander  Farnese,  persönlich 
der  haltbedrängten  Liga  zu  Hilfe  zu  kommen.  Er  wollte  Ronen 
entsetzen,  das  von  Heinrich  IV.  und  den  deutschen  Hilfsvolkern 
unter  Christian  von  Anhalt  belagert  wurde.  Eggenberg  erhielt 
im  Mai  den  Auftrag,  ins  Reich  zu  gehen  und  eine  Fahne 
Reiter  zu  300  Pferden  zu  werben  ^  %  Nicht  ohne  Schwierigkeit, 
da  ihm  die  Pfalz  den  Durchzug  verweigerte  *•),  gelangte  er 
auf  den  Musterungsplatz  im  Limburgischen  '^  und  zog  dann 


weibel  4  ü.  Summa  Sammarum  aller  obbeschriebenen  Posten  dieses 
Staats  auf  einen  ganzen  Monatssold  thut  1084  Qalden."  Die  10 
Feld^aibel  wurden  aus  den  Überschüssigen  Sölden  ,,gntgemacht". 

^^)  KhevenhiUer,  Ann.  Ferd.  T.  III.  644  ff. 

««)  Herbst.  Arch.  L.  3.  24. 

1^)  Ebendaselbst  Siehe  auch  den  folgenden  Brief  des  Herzogs  von  Parma 
an  Erzherzog  Ernst 

**)  Ebendaselbst 


—  91     - 

dem  Herzoge  nach.  Die  Ligisten  in  Ronen  waren  schon  im 
Begriffe,  mit  dein  Könige  von  Navarra  zu  unterhandeln,  als 
die  Na«hricht  von  dem  Anzüge  ParnicVs  zu  ihnen  gelangte. 
Sofort  standen  sie  wieder  davon  ab  ^%  Parma  hatte  den  Oberst 
Eggenberg  vorausgesendet,  um  Proviant  in  die  Stadt  zu  bringen. 
E^^nberg  hatte  '70  Pferde  und  ein  „starkes  Geleit"  bei  sich. 
Die  Protestanten  legten  ihm  aber  bei  Capelle  einen  Hinterhalt, 
nahmen  ihm  die  Proviantwagen  ab  und  „schlugen  den  mehrer- 
theil  todt  Der  Colonell  selbst  entkam  mit  aller  Noth,  nachdem 
er  sich  tapfer  gewehrt  ^^). 

Nach  mehrfachen  Kämpfen  um  Bouen  erlitten  die  Spanier 
im  April  1592  eine  bedeutende  Niederlage  und  waren  in  Folge 
grossen  Mangels  an  Geld  und  Proviant  genöthigt,  in  die  Nieder- 
lande zurückzuziehen.  Eggenberg  folgte  dem  Herzoge  von  Parma 
dahin  und  musste  volle  3  Monate  zuwarten,  bis  er  das  Geld 
erhielt,  um  sein  Kriegsvolk  befriedigen  zu  können.  Nachdem 
dies  g^chehen,  kehrte  er  in  die  Heimat  zurück,  von  der  er 
länger  fem  geblieben  war,  als  er  in  Anbetracht  der  Aemter, 
die  er  dort  zu  versehen  hatte,  rechtfertigen  konnte.  Der  Prinz 
von  Parma,  dessen  Vertrauen  er  im  hohen  Grade  erworben 
Iiatte,  richtete  daher  ein  eigenhändiges  Schreiben  an  den  Erz- 
herzog Ernst,  der  seit  dem  Tode  Erzherzog  Carl's  die  vor- 
mundschaMche  Regierung  in  Innerösterreich  führte ,  um 
Eggenbergs  wieder  Erwarten  ausgedehnte  Abwesenheit  zu 
rechtfertigen.  Ich  theile  dasselbe,  da  es  als  ein  besonderes 
Zeichen  der  Anerkennung  und  als  Empfehlungsbrief  betrachtet 
werden  muss,  in  Folgendem  mit  ^^): 

An  Darchleuchtigen  Hochgeborncu  Fürsten  Uerni  Ernsten, 
Erzherzogen  zu  Oesterreich ,  Herzogen  zu  Bargond,  Steyr, 
Kärnten,  Crain  and  Wirtenberg,  Grafen  zu  Habsburg  und  Tyrol, 
Unsem  freundlichen  lieben  Herrn  und  Vettern. 


'^  Jacobi  Franc!  Historia  quinquennalis  1590  -95. 

")  Ebendaselbst  und  bei  Khevenhüler,  Ann.  Ferd.  T.  III  929,  der  dem 

Berichte  des  Jac.  Franeus  fast  wortgetreu  folgt. 
*0  HeriMt  Aich.  L.  S.  24. 


—  92  — 

Durchleuchtigcr,  Ilochgeborncr  Füibt,  E.  L.  Miid  un&ere 
ganz  willigen  Dienst  und  was  wir  mehr  Liebs  und  Guts  ver- 
mögen zuvor.  Besonder  lieber  Ilerr  und  Vetter.  £.  L.  werden 
sich  allen  Zweifels  ohn  noch  guter  massen  zu  entsinnen  wissen, 
als  wir  nächst  verwichuen  Jahrs  von  der  Egl.  Maiestät  zu 
Hispanien,  unscrm  gnädigsten  Herrn,  Ihref  Kriegsmacht  mit 
einer  Anzahl  Reiter  und  Knecht  zu  starkem  Befehl,  und  unter 
Andern  den  Gestrengen  unsem  lieben  besondern  Ruprecbten 
von  Eggenberg  zu  Ehrenhansen  abermals  zum  Obersten  über 
zwölfhundert  teutscher  Reiter  und  Pferde  in  Dero  Dienst  be- 
stellt gehabt,  und  obwol  nun  dieselbige  Eggenbergischen  Reiter 
im  heiligen  Reich  durch  etzliche  Ihrer  Maj.  Abgtlnstige  also 
behindert  und  aufgehalten  worden,  dass  er  Obrister  nur  mit 
einer  ringen  Anzal  dieser  Ends  angelangt,  So  hat  er  dannoch 
seine  bereitwillige  Dienstbarkeit  im  letzt  verrichten  Feldzug 
in  Frankreich  und  Entsetzung  der  Stadt  Ronen  mit  seiner 
persönlichen  Gegeuwärtigkeit  unter  uns  bezeugen  wollen.  Und 
seithero  wir  wiederum  aus  Frankreich  hieher  angelangt,  iu 
Verfolg  sein  und  seiner  Reiter  praetension  und  Forderung 
auch  über  drei  Monat  alhie  zubringen  müssen. 

Wann  uns  aber  gedachter  von  Eggenberg  Oberster  jetzt 
und  zu  mehrmalen  hiebevon  unterthänig  zu  erkennen  geben, 
wie  er  von  weiland  des  Durchleuchtigen  Ilochgebornen  Fürsten 
Herrn  Carls  Erzherzogen  zu  Oesterreich  hochseeliger  Gedächtnis 
hinterlassener  Junger  Herrschaft  solche  Aemter  und  Befehl 
trüge,  da  sein  langwieriges  Abwesen  E.  L.  als  Administratorn 
derselben  Oesterreichischen  Länder  zu  Ungnaden  und  Misfallen 
besorglich  gelangen  möchte,  wann  wir  ihm  nicht  unsere  attesta- 
tion  über  bedeutetes  sein  ehrhaftes  langes  Ausbleiben  an  £.  L. 
erth eilen  wurden.  Hierum  ersuchen  E.  L.  wir  hiemit  freundlich 
die  wolle  des  von  Eggenberg  Obersten  aus  angedeutten  Hin- 
derungen verursachtes  Abwesen  nicht  allein  in  keinen  Ungnaden 
und  Unguten  vermerken,  sondern  ihn  denselbigen  seines  tapfern 
Gemüts,  treflFlicher  guter  Kriegserfahrung  und  mehrerer  Adelichen 
Tugenden  halber  in  allen  seinen  vorfallenden  Sachen  zu  Gnaden 
lassen   empfohlen   sein.    Das    sind   nun  E.  L.  wie    inglcichen 


—  93  — 

and  andern  freumllirli  nnd  fleissig  zu  verdienen  erbietig  und 
derselben  olin  das  zu  Bezeigung  aller  behaglicher  Willfahrung 
alle  Zeit  geneigt.  Geben  zu  Spa,  den  ersten  Tag  Octobris, 
anno   1592. 

Alexander  Herzog  zu  Parma  und  Placenz,  Ritter  vom 
Orden  des  gülden  Felles  der  Kön.  Maitt.  zu  Hi- 
spanien  Statthalt er-Gubernator  General  und  Oberster 
Feldhauptmann  in  Niederland 

Alex.  Farnese  m.  p. 
So  schmeichelhaft  dieses  Schreiben  fttr  Eggenberg  lautete 
und  so  sehr  er  mit  der  Form  seiner  Entlassung  aus  spanischen 
Diensten  zufrieden  sein  konnte,  so  unangenehm  musste  es  für 
ihn  sein^  dass  es  ihm  nicht  gelungen  war,  eine  Befriedigung 
seiner  Geldforderungen  noch  bei  seiner  Anwesenheit  in  den 
Niederlanden  zu  erreichen.  Es  ist  nicht  zu  zweifeln,  dass  die- 
selben sehr  bedeutend  waren,  nachdem  Ruprecht  von  Eggenberg 
wie  fast  alle  seine  Standesgenossen  damaliger  Zeit,  es  sehr 
gfit  verstanden  hat,  die  geschäftliche  Seite  des  Kriegswesens 
mit  Vortheil  zu  pflegen.  Die  Gelegenheit  hiezu  war  im  reichsten 
Masse  geboten:  Oberst  und  Hauptleute  waren  die  Unter- 
nehmer der  Werbung,  mit  allen  möglichen  Mitteln  und  Prak- 
tiken ausgerüstet,  um  sich  den  Sold  für  Leute  zahlen  zu 
lassen,  die  entweder  gar  nie,  oder  doch  nur  wenige  Tage  bei 
der  Fahne  waren.  Je  unregelmässiger  die  Zahlung  war,  je  öfter 
die  Herren  Officiere  mit  eigenen  Mitteln  aushelfen  mussten, 
desto  oberflächlicher  war  die  Controle,  desto  kühner  waren 
die  Rechnungen,  welche  den  Zahlmeistern  vorgelegt  wurden. 
Selbstverständlich  beeilten  sich  die  Kriegsherren  ihrerseits 
nicht,  solche  Rechnungen  zu  liquidiren ;  es  kam  äusserst  selten 
vor,  dass  sich  die  Gläubiger  nicht  irgend  einen  Abzug  gefallen 
lassen  mussten,  um  nur  überhaupt  zu  einem  Gelde  zu  gelangen. 
So  ergieng  es  auch  Herrn  Ruprecht,  obwohl  er  alle  Hebel  in 
Bewegung  setzte,  um  die  Spanier  zur  Zahlung  zu  bewegen. 
Sein  Landesherr,  Erzherzog  Ernst  von  Oesterreich,  richtete 
selbst  ein  Schreiben  an  den  König  von  Spanien,  in  welchem 
er  auf  die  zwanzigjährigen  Dienste  Eggenberg's  „tarn  in  classc 


—     94     — 

maritima,  quam  in  Inferiori  Germania^  und  auf  seine  Be- 
mühungen bei  der  letzten  Werbung  hinwies.  Er  habe  dabei 
grosse  Auslagen  gehabt,  die  ihm  in  keiner  Weise  ersetzt  worden 
seien  und  vom  Herzoge  von  Parma  nichts  anderes  erreicht, 
als  dass  ihn  dieser  an  den  König  gewiesen  habe.  Der  Erz- 
herzog intercedire  daher  nur  desshalb,  damit  dem  Eggenberg 
der  erwachsene  Schaden  wenigstens  vergütet  werde  ^'^).  —  Die 
Wirkung  dieses  Schreibens  scheint  keine  befriedigende  gewesen 
zu  sein,  denn  in  späteren  Verhandlungen  Eggenbergs  mit  dein 
Kaiser  wird  ihm  mehrmals  die  Zusicherung  gegeben,  man 
wolle  seine  Abfertigung  bei  der  Krone  Spanien  betreiben. 

IL 

Kriegszustand  in  Innerösterreich.  Türkenkriege  von 
1592  und  1593  bis  zur  Sehlackt  bei  Sissek. 

Als  Ruprecht  von  Eggenberg  im  Herbste  1592  in  die 
Heimat  zurückkehrte,  um  von  da  an  in  dieser  einen  seinen 
Kenntnissen  und  seinem  Rufe  entsprechenden  Wirkungskreis 
zu  suchen,  schwebten  die  innerösterreichischen  Lande,  mit 
deren  Verwaltung  auch  ein  Theil  des  von  den  Türken  be- 
drohten Grenzgebietes,  nämlich  die  „windische  und  crabatische 
Gränze**  verbunden  war,  in  grosser  Kriegsgefahr.  Der  1590 
verstorbene  Erzherzog  Carl  von  Innerösterreich  hatte  zwar 
mit  dem  grössten  Eifer  die  Verbesserung  des  trostlosen  Ver- 
theidigungszustandes  angestrebt,  in  welchem  er  seine  Lande 
beim  Regierungsantritte  antraf,  seine  unausgesetzte  Thätig- 
keit^^)  war  auch  nicht  ohne  Erfolg  geblieben;  dennoch  hatte 


'*^  Herbst.  Arcb.  L.  3.  24.  „Copia  eines  Schreibens,  so  Erzherzog  Ernst 
von  Oesterreicb  ibm  Ruprechten  Ton  Eggenberg  Obristen  an  die  kön. 
Mt.  aus  Hispanien  getban.  1.  Februar  1598." 

^^  Eine  eingehende  DarsteUung  derselben  mfisste  mit  den  gesammten 
politischen  Verhältnissen  Innerösterreicbs  in  Verbindung  gebracht 
werden.  Dieselbe  würde  in  den  Rahmen  dieses  Aufsatzes  nicht  passen ; 
ich  hoffe  jedoch,  in  nächster  Zeit  diesen  Gegenstand  selbstständig 
behandeln  zu  kCmnen. 


-     96     - 

eben  nur  das  Allernothwendigste  ins  Werk  gesetzt  werden 
höimen,  nachdem  es  an  eigenen  Mitteln  und  an  ausgiebiger 
Hilfe  gebrach.  Niemand  konnte  in  die  Widerstandskralt  der 
GrenzbiUiser  oder  des  zur  Verfügung  stehenden  Kriegsvolkes 
festes  Vertrauen  fassen,  nachdem  stets  neue  Klagen  einliefen, 
dass  da  oder  dort  die  Mauern  einer  Feste  eingestürzt,  die 
•Gebäu*^  im  übelsten  Zustande  seien,  Befehlshaber  und  Knechte 
wegra  mangelnder  Bezahlung  davonzugehen  drohten  und  die 
tOrkischen  Raubexpeditionen  unmer  schon  geglQckt  waren  und 
grossen  Schaden  an  Menschen  und  Gut  angerichtet  hatten, 
ehe  die  nöthigen  Streitkräfte  versammelt  waren,  um  ihnen  mit 
Erfolg  in  den  Weg  treten  zu  können.  Zwar  fehlte  es  nicht 
an  kohnen  Handstreichen  und  siegreichen  Angriffen  auf  Seite 
der  christlichen  Truppen,  sie  waren  aber  niemals  entscheidender 
Natnr  und  man  konnte  das  Gefühl  nicht  unterdrücken,  dass 
bei  einem  ernstlichen  Angriffe  der  Türken  so  ziemlich  Alles 
auf  dem  Spiele  stand. 

Die  Friedensschlüsse,  welche  ab  und  zu  vom  Kaiser  mit 
der  Pforte  geschlossen  wurden,  hatten  für  Innerösterreich  und 
dessen  Grenzländer  nur  geringe  Bedeutung.  Führte  auch  der 
Sultan  keinen  allgemeinen  Krieg,  so  liesen  es  sich  die  Sand- 
^ks  der  slavischen  und  ungarischen  Territorien  doch  nicht 
nehmen,  auf  ihre  eigene  Faust  in  das  christliche  Gebiet  ein- 
zufaUen  und  wenn  diese  Züge  auch  meist  nur  den  Zweck 
liatten,  Beute  zu  liefern,  so  mussten  sie  doch  in  hohem  Grade 
beunruhigen,  da  man  niemals  wissen  konnte,  wohin  und  wie 
^eit  dieselben  gerichtet  seien.  Klagen  und  Vorstellungen  bei 
der  Pforte  waren  natürlich  gänzlich  fruchtlos,  nachdem  die 
Würdenträger  in  Konstantinopel  keinen  Anlass  fanden,  auf 
die  reichlichen  Geschenke  zu  verzichten,  mit  welchen  die 
iberischen  Paschas  ihre  Zustimmung  zu  dergleichen  kleinen 
Friedensstörungen  erkauften.  Für  Völkerrecht  und  politi- 
schen Anstand  haben  die  Türken  jener  Zeit  kein  Verständniss 
gezeigt 

Schon  im  Sommer  1591  hatten  die  Türken  im  Gebiete 
^on  Canischa  mehrere  Grenzhäuser  wef^genoramen  und  Canischa 


—     00       - 

selbst  bedroht -^),  im  April  1592  waren  sie  mit  starker  Macht 
an  der  Sau  erschienen  und  hatten  einen  Theil  des  steirischen 
Aufgebots,  nämlich  die  Mannschaften  der  Viertel  Ensthal,  Juden- 
burg und  Cilli,  bei  Brest,  einem  gegenüber  Petrinia  errichteten 
Blockhause,  am  19.  Juli   geschlagen  '^)    Sie  machten  hierauf 
den  Versuch,  sich  Sisseks  zu  bemächtigen;  die  Bestechungs- 
versuche, welche  sie  bei  den  dort  gebietenden  Agraraer  Dom- 
herren anstellten,  mislangen  nicht  nur,  sondern  gaben  diesen 
Gelegenheit,  eine  Kriegslist  zur  Ausführung  zu  bringen,  indem 
sie  sich   scheinbar  zur  Uebergabe  des   Platzes  anschickten, 
.000    Türken   in    die    Festung   einliessen   und   dann   nieder- 
machten •*).  Die  Niederlage  bei  Brest  rief  in  den  bedrohten 
Ländern  eine  furchtbare  Aufregung  hervor.  Nach  allen  Seiten 
wurden   dringende  Mahnungen   um  Hilfe  gerichtet  Erzherzog 
Ernst,    der  Kaiser  und   die   steirische  Landschaft   schickten 
.  Gesandte  an  die  Reichsstände,  an  Salzburg,  Erzherzog  Ferdinand 
von  Tirol,  nach  Schlesien,  Oberösterreich  u.  s.  w.  Die  Ursache 
des  Unglücks  suchte  man  mit  Recht  in   dem  Mangel   einer 
einheitlichen   Leitung    und   des   Zusammenwirkens    der   ver- 
schiedenen Truppen,  die  an  der  Grenze  zerstreut  lagen.  Andrec 
von  Auersperg,   der  Oberst  der  crabatischen  Grenze,  deren 
Hut  nächst  den  kaiserlichen  und  erzherzoglichen  Eriegsvölkem 
den  Krainem  anvertraut  war,  mahnte  nachdrücklich,  man  solle 
vereint  und  nicht  „zizelweis'  anziehen **  *').  Am  meisten  fürchtete 
man  für  Canischa,    dessen  Befestigung  noch  immer  höchst 
unvollständig  war,  obwol  seit  Jahrzehnten  auf  die  Wichtigkeit 
dieses  Platzes  auf  das  nachdrücklichste  hingewiesen  worden 
war'^).    Der  Obderensische  Landtag    hatte   zwar   in   seiner 

**)  Jacobi  Franc!  historia  qninqaenn.  Frankf.  1596. 

2^)  Wiener  Kriegsarchiv.   1592.   18,2.   Wahrhafter  Bericht,  Anfang  und 

Ursprung  dieses  jetzigen  Hungarischen   Kriegs Behandelt  in 

zusammenhängender  Darstellung  die  Kriegsereignisse  von  1592,  1593 
und  1594.  Abgedruckt  i.  d.  Oesterr.  militär.  Zeitschrift  (Schels)  1821. 
12.  Heft. 

2^  Ebendaselbst  und  bei  Decius  Baronius  Magyar  instoriäja. 

^"O  Steir.  Landesarchiv.  Fase  8  der  sogenannten  81  Fase. 

^*)  Siehe   darüber  meine  Abhandlung  „Ueber  den  Versuch  einer  Trans- 


—     97     — 

Session  vom  April  1592  eine  bedeutende  Summe  als  Bauhilfe 
lur  Canisclia   bewilligt;    davon  war  jedoch  kaum  die  erste 
Kate  gezahlt  und  diese  reichte  nicht  hin,  um  rasch  alle  Schäden 
ausbessern   und   die   nothwendigsten  Zubauten   aufiQhren  zu 
können  '  *).  Der  Kaiser  konnte  auch  nichts  Erkleckliches  thun, 
der  gleichzeitige  Einfall  der  Türken  in  Ober-Ungarn  nahm 
seine  Mittel  ohnehin   derart  in  Anspruch,  dass  sie  bald  voll* 
standig   erschöpft  waren.    Böse  Nachrichten  kamen  aus  Con- 
stantinopel.  Hassan  Pascha,  der  Sieger  von  Brest,  hatte  dort 
einen   Triumph  f](efeiert  und  der  Sultan  darüber  nicht  nur 
eine  grosse  Freude  gezeigt,  sondern  die  Misachtung  gegen  den 
Kaiser  so  weit  getrieben,  dass  er  dessen  Botschafter,  Herrn 
Friedrieb  Greckowitz  sammt  dem  Botschaftspersonale  gefangen 
stützen    «und  ihm  allen  Despect  beweisen^  Hess.    Die  Voran- 
lai^ung  dazu  hatte  der  Verrath  des  Hofmeisters  der  Botschaft, 
LaJislaus  Martin  von  Altenburg  in  Schlesien  gegeben,    ;,der 
dem  Herrn  Oratori  über  die  Ziffer  und  seine  geheime  Sachen 
kommen,    dieselben   den   Türken  vertraut  und  offenbart,   er 
alier,  ein  sodomitischer,  gottsvergessener  loser  Bub,  wird  zum 
Türken,   lässt  sich  beschneiden  und  nimmt  eine  Türkin**  '''). 
Diese  Vorgänge  Hessen  es  glaublich  erscheinen,  was  allgemeines 
Gerede  in  den  Landen  war,  dass  in   nächster  Zeit  ein  allge- 
meiner Kriegszug  der  Türken  zu  erwarten  sei.  Der  gefangene 
Ik»tschafler  selbst  fand  Gelegenheit,  eine  Depesche  abzufertigen, 
die   am   20.   März   in  Prag   einlangte   und   besagte,   Sultan 
Amurath  wolle  selbst  gegen  Wien  ziehen "  *).  Das  Kriegsvolk, 
welches  im  Herbst  1592  an  der  Grenze  zusammengekommen 
war,  scheint  überdies  nicht  vom  besten  Geiste  beseelt  gewesen 
zu  sein.    Der  Markgraf  von  Burgau,   Erzherzog  Ferdinands 
^hn,   der   die   kaiserlichen,   tirolischen  und   salzburgischen 

Ifttion   des   deutschen  Ordens   an  die  ungarische  Grenze'*.  (Archir  f. 
öst  Geieh.  LVI.  Bd.  IL  Hälfte,  pag.  403—445 ) 

'^;  Wiener  Kriegsarchiv.  1592   IV.  12. 

^  Wiener  Kriegsarchiv  1592.  I.  1. 

-^  Ebendaselbst. 

ttithmL  de»  bist  Vercinci  f.  8Ulerm«rk.   XXVI.  B«ft,  1878.  7 


—     98     — 

HQ&tnippen  befehligte,  war  nach  Innsbrack  zurQckgekehrt 
und  hatte  seine  Leute  in  ziemlich  desperatem  Zustande  in 
Croatien  zurückgelassen. 

Unter  solchen  Verhältnissen  musste  Ruprecht  von  Eggen- 
berg bei  seiner  Heimkehr  als  ein  Retter  in  der  Noth  erscheinen. 
Er  war  der  Mann,  um  an  dem  zerfahrenen  Kriegswesen  an 
der  Grenze  zu  bessern,  was  überhaupt  unter  den  gegebenen 
Verhältnissen  zu  bessern  war.  An  Kriegserfahrung  und  An- 
sehen konnte  sich  keiner  der  im  Dienste  befindlichen  Befelils- 
haber  mit  ihm  messen  und  man  durfte  daher  erwarten,  dass 
sie  sich  ihm  gerne  unterordnen  würden.  Dass  sich  diese  Er* 
Wartung  trotzdem  zum  Theil  trügerisch  erwies,  werden  wir 
im  Verlaufe  der  Erzählung  leider  constatiren  müssen.  Vor 
Allem  aber  musste  er  geeignet  sein,  der  gelockerten  Disciplin 
unter  dem  Kriegsvolke  selbst  zu  steuern,  hatte  er  doch  in 
den  Niederlanden  reichlich  Gelegenheit  gehabt,  unter  den 
misslichsten  Verhältnissen  sich  zurechtfinden  zu  lernen. 

Erzherzog  Ernst  sandte  den  Eggenberger  Anfangs  Februar 
des  für  diesen  zu  so  grosser  Bedeutung  bestimmten  Jahres 
1593  nach  Agram  '^).  Er  sollte  im  Vereine  mit  Stefan  Grass- 
wein, Oberhauptmann  zu  Copreiniz  und  Verwalter  des  Obersten 
Befehls  auf  der  Windischen  Grenze,  sowie  mit  Hans  Werner 
und  Jacob  Hannibal  von  Reitenäu,  Obristen  „über  das  Kaiser- 
lich und  Salzburgisch  wider  den  Erz-  und  Erbfeind  gegen 
diesen  Windischen  und  Crabatischen  Grenzen  zu  Hilfe  ge- 
schickten Kriegs  Volk  ^  als  stellvertretender  Commissär  des  nach 
Tirol  verreisten  „Obristen  Leutenant^,  des  Markgrafen  von 
Burgau,  den  „Befehl  verwalten*",  sich  mit  dem  Obersten  „in 
Crabaten*'  (Andree  von  Auersperg)  und  dem  „Baan  in  Windisch - 
land**,  sowie  mit  allen  Hauptleuten  in  Correspondenz  setzen, 
alles  Wichtige  dem  Erzherzog  als  „General-Obersten^  melden, 
in  dringenden  Fällen  jedoch  selbst  das  Nöthige  vorkehren, 
wenn  auch  einer  von  den  Commissären  von  Agram  abwesend 


'*)  Herberst.  Arch.  Eggenbg.  L.  3.   24.  Instruction  des  Erzherzogs  an 
Jliiprecht  Ton  Eggenberg. 


—     Ö9     — 

sein  sollte.  Besonders  betont  die  Instruction,  „dass  die  armen 
leut  oder  Unterthanen  durch  das  Kriegsvolk  mit  gewaltiger 
Hmwegnehmung  des  Ihrigen  nicht  beschwert^  und  Meutereien 
wegen  rückständigen  Soldes  verhindert  werden.  —  Die  Be- 
stellang  von  Commandanten  unter  dem  Titel  ^yCommissäre** 
war  eine  damals  häufig  vorkommende  Gepflogenheit  Die  Com- 
missäre  waren  immer  unmittelbare  Vertreter  des  Kriegsherrn, 
besonders  bei  der  Musterung  und  Abdankung,  wo  sie  in  erster 
Linie  seine  finanziellen  Interessen  zu  wahren  hatten.  An  die 
Stelle  selbständiger  Commandanten  treten  sie  meist  dann, 
wenn  der  Kriegsherr  entweder  den  Rang  des  obersten  Com- 
loandanten  sich  selbst  wahren  will,  oder  wemi  die  eigen- 
thümliche  Zusammensetzung  der  Heere  die  Feststellung  des 
Wirkungskreises  eines  solchen  erschwert  Beide  Fälle  treten 
liier  em,  besonders  massgebend  dürfte  aber  eben  der  Umstand 
gewesen  sein,  dass  die  kaiserlichen,  landschaftlichen  und  fremden 
Ril&contingente  nicht  leicht  ein  Obercommando  anerkannt 
ti^n,  wenn  dasselbe  nicht  in  den  Händen  eines  Mitgliedes 
des  kaiserlichen  Hauses  gelegen  wäre.  Die  Ciommissäre  bildeten 
mit  den  selbständigen  Befehlshabern  der  einzelnen  Zuzüge 
den  Kriegsraih,  zu  welchem  häufig  noch  einzelne  Persönlich- 
keiten vom  Hofe  oder  von  der  Landschaft  abgeordnet  wurden. 
Im  Torliegenden  Falle  ist  Eggenberg  unzweifelhaft  zum  Leiter 
der  Kriegsangel^enheiten  bestimmt,  durch  die  grössere  Zahl 
der  Conunissäre  ist  nur  der  Form  Genugthuung  geschehen. 
In  der  Wesenheit  war  Eggenberg  mit  der  Aufgabe  betraut, 
io  die  Leitung  des  Kriegswesens  auf  dem  voraussichtlichen 
Knegsschauplatze  des  nächsten  Jahres  Einheit  und  Ordnung 
zn  bringen. 

Am  deroutesten  war  der  Zustand  der  beiden  Reitenauischen 
^menter,  wie  aus  der  Instruction  hervorgeht,  welche  Ruprecht 
vofl  Eggenberg  und  Amelreich  von  Eibiswald,  Oberst-Zeug- 
iQcist«,  erhielten,  als  sie  am  24.  April  1593  nach  dem  Tode 
<ies  Obersten  Hans  Werner  von  Reitenau  mit  der  Musterung 
^nd  Anszahlung  seines  Regimentes  betraut  wurden,  dessen 
Commando  der  Oberstlieutenant  Jacob  von  Landenburg  über- 


7* 


299l7r>\ 


—     100     — 

nommen  hatte  ^').  Die  Anordnungen,  die  da  getroffen  wurden, 
lassen  schliessen,  dass  die  mannigfachen  Unterschleife,  die  bei 
den  geworbenen  Landsknechttruppen  usuell  geworden  waren, 
auch  an   der  Grenze  vorkamen,  dass   die  Befehlshaber  weit 
mehr  Knechte  in  ihren  Listen,  als  unter  den  Fahnen  führten, 
um  sich  durch  die  „überschüssigen  Solde"  zu  bereichem.  Es 
wurde    den   Commissären   aufgetragen,   sich   durch   keinerlei 
Vorwände  von  der  Musterung  abhalten  zu  lassen  und  dieselbe 
nach  den  Registern  vorzunehmen,  welche  die  früheren  Coin- 
missäre  Christof  Freiherr  von  Haimb   und  Alban  Grasswein 
verfertigt  und  die  beeideten  Feldschreiber  in  Händen  haben. 
Nachdem  durch  den  verstorbenen  Obersten  berichtet  worden 
sei,   dass   mehrere  Fähnlein   dieses  Regimentes   nur  30  odei* 
40  Mann  stark  sind,   so   soll  von  Namen  zu  Namen  revidirt 
und   genau  erhoben  werden,   seit  wann   die  Plätze  erledigt 
sind.   Was   die  Leute  bereits  an  Proviant  oder  Munition  be- 
kommen haben,  soll   ihnen  am  Solde  abgezogen  werden.   Die 
„Atzungen^,   die  bei  der  letzten   Abrechnung   4950  Gulden 
betragen  haben,  sind  neuerdings  auf  10000  Gulden  aufgelaufen, 
wovon  den  Haupt-  und  Befehlsleuten  noch  gar  nichts  „aufge- 
hebt"^  (abgerechnet)  worden  sei.  Die  Commissäre  sollen  auch 
gegen  diese  nach  „Discretion"    vorgehen.    Das   noch   übrige 
Kriegsvolk  soll  neuerdings  nach  Erfordemiss  in  Fähnlein  ge- 
ordnet werden;   was  die  Commissäre  von  den  ihnen  einge- 
händigten 18000  Gulden  ersparen,  sollen  sie  dem  Feldkriegs- 
Zahlamtver Walter  Stefan    Schmidt   gegen   Quittung   zustellen, 
neue  Muster-Register  in   duplo  anlegen   und  über  die  ganze 
Verrichtung  ordentlich  relationiren.    Die  Commissäre  konnten 
ihrer  Aufgabe  nicht  ohne  heftigen  Widerstand  zu  finden,   ge- 
recht werden.     ;,Nach    folgenden  Auszahlen*"    entstand    eine 
Meuterei   unter   den   Reitenauischen  Knechten,   die  zu   den 
schärfsten  Massregeln  Anlass   gab.  Am  16.  Mai  richteten  die 
Commissäre  ein  Schreiben  nach  Graz,  worin  sie  verlangten, 
dass   alle  Knechte,   die   ohne  Passport  ihres  Hauptmannes  in 


*^  Herberst  Arcb.  Eggenbg.  L.  3.  24. 


—   101   — 

Stidten,    Märkten   oder  Landgerichten  betreten  werden,   ge- 
fänglich eingezogen  werden  mögen. 

Diese  Angelegenheit  konnte  kaum  geordnet  sein,  als  die 
tOrkischen  Scbaaren  bereits  gegen  die  Grenze  heranzogen  und 
von  allen  Seiten  die  Nachrichten  eintrafen,  dass  diesmal  nicht 
nur  der  Pascha  von  Bosnien,  sondern  auch  eine  grosse  Zahl 
benachbarter  tQrkischer  Befehlshaber  am  Kriege  theiluehmen 
werde.    Anfangs  Mai  gieng  bereits   ein  türkisches  Streifkorps 
Ton   3000  Keitem  und  200  Fusssoldaten  unter  Rustan  Beg 
bei  Petrinia  über  die  Kulpa  und  begann  mit  der  Verheerung 
von  Tiiropolien,    der  Landschaft  zwischen  Sau   und  Kulpa. 
Sofort   wurden   die  innerösterreichischen  Lande  zum  Anzüge 
uk  die  Grenze  aufgeboten.    Die  ersten  am  Platze  waren,  wie 
immer,   die  Krainer  '*)   unter  Andree  von  Auersperg,   Oberst 
der  croatischen  und  Meergrenze  und  Commandant  von  Karl- 
stadt.   Von   den   Steirem   waren   nur   die  Besatzungen    der 
windischen  Grenzfestungen  unter  dem  Oberston  der  windischen 
Grenze   Stefan   von   Grasswein  marschbereit    Das  steirische 
Aufgebot,  2500  Büchsenschützen  oder  deutsche  Knechte  und 
30O  schwere  Reiter,  konnte  vor  einem  Monate  nicht  erwartet 
werden.  Erzherzog  Ernst  betrieb  die  Rüstungen  aufs  eifrigste. 
Er  schrieb  darüber  nach  Prag  an  den  Kaiser  ddo.  22.  Mai  ^^): 
^Die  Kundschafter  continuiren  noch  fort,   dass  sich  Bos- 
nensis  (der  Pascha  von  Bosnien)  zu  Kostanowitz  samblet  und 
gegen  uns  was  furznnchmen  willens  sein  soll :  unser  Herr,  der 
wehre  ihm  and  zerstöre  seine  Anschläge !  Die  Krainer  sein  zu 
Ross  schon  angezogen,  also  halten  wir  dafür,  dass  die  Karner 
(Kärntner)  auch  ihre  Pferd  liinabgeschickt :  der  von  Ködern  ^  *) 


^)  Ueber  die  Organisation  der  Grenzvertheidigung  in  Krain  siebe:  Radios, 

die  Schlacht  bei  Sissek,  pag.  8,  Anm.  8. 
*^  Ilandschr.  Nr.  8966  der  Wiener  Hofbibliothek,  fol.  581.  Diese  Handschr. 

enthalt  eine  grosse  Anzahl  Copien  von  Briefen  nnd  Original-Relationen 

ans  dem  Kriegsjahre  1593. 
**)  Melchior  von  Redem  zu  Ruppersdorf,  Freiherr  auf  Friedland,    geb. 

1556  zu  Breslau,  Sohn  des  Friedrich  v.  Redem,  Vicedoms  und  Kammer- 

prindenten  in  Ober-  und  Kiederschlesien  und  der  Salome  v.  Schönaich, 


—  102    ~ 

wird  auch  gleichfalls  dort  zu  Agram  öeiii,  desselbigeu  gleichen 
der  Coutc  de  Montecuculi.  Des  Rcitcnaurisch  Regiment,  auch 
der  Salzburgischcn  zweifeln  wir  etwas  ^').  HcrrBaan  wird  auch 
gewiss  sein  Bestes  than.  Der  Grasswein  hat  auch  Befehl   hin- 
zuziehen  und    Volk   mitzufahren   als    viel    möglich.    Da    Herr 
Lenkowitsch  ^^)  seliger  so  viel  Volks  etwa  gehabt,  war  er  auf 
Bauialnka  damit  gezogen.  Unser  Herr  geh  unsern  Triumviris  ^^) 
die  Gnad,  dass  sie  es  alles  wol  farkehrcn  und  waä  stattliches 
verrichten.    Die  Steirer   haben  wir  auch  stark  vennahnt,   dass 
sie  aufs  wenigst  das  Viertl  Cilli  zu  Boss  nach  Agram  schicken  ^^).  "^ 
Es  fehlte  jedoch  nicht  nur  an  Mannschaft,  sondern  auch 
an  Geld  und  Proviant  für  die  vorhandene ;  so  dass  das  Ver- 
trauen auf  Gottes  Hilfe  allein  im  Stande  war,  vor  gänzlicher 
Muthlosigkeit  zu  bewahren.  In  diesem  Sinne  äussert  sich  auch 
der  Erzherzog  in  einem  neuen   Schreiben  nach   Prag  vom 
23.  Mai:  „summa  ipsa  si  salus  vellit,  non  posset  nos  calvare, 
wo  wir  nit  anders  zur  Sach  thun  werden,  Gott  erbarm's!" 

Noch  immer  wollte  man  jedoch  in  Prag  an  einen  form- 
lichen Kriegszug  der  Türken  nicht  glauben   „des  Fridstandis 


kämpfte  in  Ungarn  und  Polen,  1581  in  Livland  gegen  Iwan  Wasil- 
jewitsch;  trat  hierauf  in  die  Dienste  Rudolf  IL  und  führte  500  schlc- 
sische  Reiter  1593  als  Oberst  nach  Groaticn.  Später  diente  er  iii 
Ungarn,  starb  26.  September  1 600  zu  Deutschbrod.  Sein  Sohn  Christiau 
nahm  am  böhmischen  Aufstande  Theil,  focht  in  der  Schlacht  am 
weissen  Berge  und  wurde  geächtet.  Die  Redern'sche  Herrschaft  Fried- 
land wurde  darauf  von  Wallenstein  gekauft.  (Hormayr,  Taschenbuch; 
1825,  pag.  185—149.  Aufsatz  von  J.  Ritter  v.  Rittersberg.) 

'')  Aus  den  früher  angeführten  Gründen.  Eggenberg  hatte  aber  doch, 
wie  aus  Späterem  hervorgeht,  einige  Fähnlein  davon  zusammengebracht. 

3^)  Hans  Lenkowitsch  von  Freienthurn  war  1555  Verwalter  der  obersten 
Feldhauptmannschaft  an  der  Grenze,  1557  Oberst;  1564  wollte  er 
abdanken,  Kaiser  Ferdinand  aber  bat  ihn,  noch  ein  Jahr  im  Dienste 
zu  bleiben.  (St.  Landesarchiv.  A.  und  E.  6.  1555  und  1557.  Land- 
tagshandlung  1564.) 

'*)  Unter  diesen  ^TriumviriB*'  mögen  etwa  Eggenberg,  Auersperg  und 
Grasswein  oder  der  Baan  verstanden  sein. 

^  Die  Gültpferde  des  Viertels  Cilli,  welche  am  nächsten  zum  Anzüge 


—  103  — 

luiber'' ;  obwohl  Hassan  Pascha  am  25.  Mai  bereits  mit  30.00Ö 
Minn  bei  Wihitsch  stand. 

Anfangs  Juni  (nach  mehreren  Ai^aben  am  5.,  nach  der 
Rodenischen  Relation  am  14.  dieses  Monats)  r tickte  der  Pascha 
m  Sissek,  schlug  am  rechten  Ufer  der  Kulpa  ein  Lager  und 
Hess,  nachdem  die  deutschen  Knechte  der  Sisseker  Besatzung 
die  Uebergabe  verweigert  hatten,  sein  Geschütz  dahin  spielen. 
Ue  Vorgänge  vom  Beginne  der  Beschiessung  bis  zum  An- 
vmche  des  christlichen  Heeres  schildert  am  ausführlichsten 
eine  Relation  Andree  von  Auersperg's  *  *),  deren  erstem  TheUe, 
als  vollständig  unparteiisch,  ich  das  Wort  überlassen  zu  können 
glaube: 

aWiewol  ich  seiner  des  Bassa  Versamblnng  willen  zeitliche 
Kandschaften  und  absonderlichen  Thaten  gehabt,  hat  man  doch 
vorher  seinen  Ausbrach,  wohin  er  endlich  bemeint  sei,  weilen 
er  es  anch  seinen  geheimsten  nit  vertraut,  nit  erkundigen  mögen. 
Inmassen  dann  zwar  sein  des  Bassa  opinionem  seines  Ausbruchs 
willen,  weilen  er  den  zweien  Beghen,  als  dem  in  der  Lika  und 
Hlenena  etliche  Tag,  ehe  sie  zu  ihm  gelangt,  bei  Zaisin  ^^) 
ZQ  erwarten  befohlen,  selbst  contrarice  gewesen,  nichts  desto 
weniger,  als  er  Bassa  mit  seiner  völligen  Macht,  die  man  auf 
50.000  Mann  geschätzt,  den  .  .  Juni  unter  Sissek  gefallen; 
bin  ich  dessen  stracks  des  andern  Tags  vom  Burggrafen  von 
ScheHn  (Belin)  erinnert  worden.  Weilen  ich  aber  etlicher  roasseu 
in  Zweifel  gestellt,  ob  diesem  also  oder  nicht,  sintemal  mir 
dieserseits  weder  vom  Herrn  Baan  noch  Herrn  von  Eggenberg, 
die  es  doch  vor  andern  wissen  sollen,  kein  Wort  zukommen, 
sonderlich  aber  darum,  weil  ich  gar  wenig  Tag  zuvor  Kundschaft 


waren.  Es  waren  jedoch  nur  67,  die  man  nicht  unter  ein  selbststän- 
<iige8  Commando  stellen  woHte. 

^1  EiceDtliche  Particularität,  wie  und  was  wegs  die  jüngste  des  Bassa 
in  Bossen    Niederlag  unter  Sissek  den  22.  Juni  dieses   93.  Jahrs 
<brgsngeo.  ündatirt.  Wiener  Hofbibliotbek,  Handschr.  Nr.  8966,  fol« 
452-457   (a).   Diese  DarsteUung  scheint  eine  Yertheidigangsschrift 
Aaerqierg'B  zu  sein.  Die  mögliche  Veranlassung  werde  ich  später  zu 
^rtem  Gelegenheit  haben. 

^?  Vielleiclit  Saanna  am  linken  Ufer  der  Kulpa,  nördlich  von  Petrinia. 


—  104  — 

von  einem  Zengger  gehabt,  der  aus  der  Türkei  (anangesehcu 
gehabter  Bürgschaft)  zu  Fleiss  entloffen,  der  Bassa  wäre   mit 
Geschütz  unter  Ottochaz  zu  ziehen  bedacht,  also  hab  ich  dem- 
nach auf  gemeltes  Burggrafen  von  Schelin    (obwolen  jederzeit 
meine  Meinung  gewest,  mit  meinem  unterhabenden  Eriegsvolk, 
wo  es  von  Nöthen,  zwar  meinen  Pflichten  nach  zu  jedem  Not- 
fall das  meinig  treulich  zu  leisten)  mich  mit  meiner  Ritterschaft 
alsogleich    von    dannen  nit  erhoben,    sondern  in  all  Wog  von 
gedachten  Herrn  Baan   und  Herrn  von  Eggenberg  mehre  Gc- 
wissheit  diesorts  erwarten  wollen  und  wie  ich  nun  (neben  dem 
ich  mein  Kriegsvolk  mittlerweilen  in  guter  Bereitschaft  gehalten) 
mehrere  Erinnerung   erwarte,    also  werde   ich   gleich  den   IG. 
heniach  von  Herrn  Baan   und  Herrn  von  Eggenberg  um  Hilf 
und  meinen  Zuzug  (mit  gleich  Bericht  der  Belagerung  von  Sissck) 
ersucht  und  gebeten,  darauf  ich  mich  also  meinem  hievor  gc- 
fassten  Intento  nach  im  Namen  des  Allmächtigen  den  17.  hernach 
mit   meiner   Ritterschaft,    denen    200  Crainerischen    und   100 
Carnerischen  Pferden   aufgemacht   und   denselben  Tag  bis  St. 
Johann,  den  folgenden  Tag  aber  bis  an  die  Schanz,  so  Herr 
von  Eggenberg  an  dem  Fluss  Sau  ein  halbe  Meli  von  Agram 
aufwerfen  lassen,  gerückt,    nach    dieser   meiner  allda  Ankunft 
haben  sich  Herr  Baan  und  Herr  von  Eggenberg  also  auch  der 
Herr   von  Rödern    den  19.   früh  bei   mir  befunden  und  mich 
der  leidigen  Beschaffenheit  Sissck  mit  mehreren  erinnert.*^ 
Auersperg  verlangte  darauf,  dass  man  möglichst  rasch 
zum  Angriff  schreite,  da  er  fast  gar  keinen  Proviant  habe  und 
unmöglich  im  Felde  still  liegen  könne.  Wenn  ihm  der  Oberst- 
Proviantmeister,  Herr  Innocenz  Moscon,  nicht  aus  Freundschaft 
einige  hundert  Gulden   dargeliehen  hätte,   so   dass  er  jedem 
Reiter  2  Gulden  hatte  darreichen  können,  so  würde  er  seine 
Herreise  aus  Noth  und  Unmöghchkeit  nicht  haben  unternehmen 
können.  Darauf  wurde  der  Marsch  gegen  Sissek  angetreten. 
Als  man  benachrichtigt  wurde,  dass  sich  300  berittene  Türken 
bei  Brescowitz  (dies  war  in  der  rechten  Flanke  des  christlichen 
Heeres)  gezeigt  hätten,  wurde  ihnen  ein  Streifcorps  von  400 
Reitern  entgegengeschickt,   das  aus  200  Husaren  des  Baan, 


—   105  — 

100  krainerischen  Husaren  unter  den  Hauptleuten  Mikia 
Thodiolovitsch  und  Michael  Miharinitsch,  und  70 — 80  Monte- 
oiculisdien  Beitem  gebildet  worden  war.  Die  Türken  wurden 
aogegriffen,  in  die  Flucht  geschlagen  und  ihnen  40  Rosse  ab- 
geDOimnen.  Den  20.  Juni  verweilte  das  christliche  Heer  in 
Schelin,  um  auf  den  Zuzug  des  Grafen  von  Serin  (Zriny)  ^^)  zu 
varten,  der  seine  Hilfe  zugesagt  hatte.  Da  er  jedoch  nicht 
anlangte,  zog  man  am  21.  nach  Novigrad,  schlug  ein  Lager  und 
onlnete  ,gute  Wachten*'  an.  Die  ^eilende  Post",  es  seien 
türkische  Reiter  im  Anzüge,  alarmirte  die  Christen,  stellte 
sich  jedoch  bald  als  falsche  Nachricht  heraus. 

Am  frühen  Morgen  des  22.  Juni  fand  ein  Kriegsrath  statt, 
über  dessen  Verlauf  sehr  widersprechende  Nachrichten  vorliegen, 
die  nur  darin  übereinstimmen,  dass  sich  zwei  verschiedene 
Meinangen  gegenüber  gestanden  sind;  indem  ein  Theil  der 
anwesenden  Befehlshaber  für,  ein  anderer  gegen  den  so- 
Mgen  Angriff  sich  äusserte.  Jedenfalls  hat  sich  schon  damals 
eine  Differenz  zwischen  Andree  von  Auersperg  und  Ruprecht 
von  Eggenberg  ergeben,  die  sich  später  zu  einer  nachhaltigen 
Verstimmung  gestaltete.  Aus  diesem  Grunde  scheint  es  mir 
anch  nicht  zulässig,  über  den  Verlauf  dieses  Kriegsrathes 
ausschliesslich  die  Mittheilungen  Auerspergs  zu  Rathe  zu 
ziehen,  die  zwar  die  ausführlichsten,  aber  durchaus  nicht  un- 
l^faogen  sind,  sondern  das  Bestreben  zeigen,  Eggenborgs 
Verdienst  an  der  Einleitung  der  Schlacht  herabzusetzen  und 
Vorwürfe,  die  vermuthlich  von  diesem  einigen  Befehlshabern 
i^emacht  wurden,  zu  entkräften. 

Auersperg  erzählt  *^),  er  habe  gleich  nach  Tagesanbruch 
'lurch  den  Baan  erfahren,  Eggenberg  wolle  zwar  bis  vor  Sissek 
)^inabziehen,  um  das  Schloss  zu  besehen,  dann  aber  sofort 
vieder  zurückziehen.  Er,    der  Baan,   sei  nun   der  Meinung, 


^'^i  Die  Zriny's  besasBcn  nebst  anderen  Besitzungen  Rann  und  Csakaturn 
und  hatten  eine  selbständige  militärische  Stellung  als  Gapitäne  der 
Morinsel. 

**)  Wien.  Hofbibl.  Handschr.  8966,.  fol.  452-457. . 


—  106  — 

dass  dieses  Vorgehen  die  Sisseker  Besatzung  entmuthigen  und 
das  christliche  Heer  dennoch  in  die  Gefahr  bringen  könne, 
von  den  Tarken  angegriffen  zu  werden.  Auersperg  habe  nun 
Eggenberg  zu  sich  bitten  lassen  (?)  und  dieser  habe  dann 
seinen  Antrag  damit  motivirt,  dass  er  für  die  Röderischen 
Reiter  und  die  Reitenauerischen  Knechte  nicht  mit  Proviant 
vorgesehen  sei  und  nicht  länger  im  Felde  bleiben  könne,  als 
die  Besichtigung  Sisseks  erfordere.  Er  protestire  dag^en, 
dass  ihm  der  mögliche  Fall  der  Festung  zur  Last  geleg^t 
werde.  Dem  entgegen  habe  der  Baan  protestirt,  er  wolle  vor 
Gott  und  der  Welt  unschuldig  sein,  wenn  durch  dieses  Hinab- 
und  Zurückziehen  das  Haus  Sissek  verloren  gehe. 

,,Und  dieses **  setzt  Auersperg  fort  „sein  beiderseits  die 
damals  fbrgelofifenen  beiden  Protestationen  gewesen,   dass  ich 
aber  sagen  könnte,  wie  einer  unter  uns  gewest,  der  nieht  hins^ 
ziehen  wollen  und  Herr  von  Eggenberg  (als  ich  ethcher-  massen 
muss    verstehen)   dawider  protestirt   h&tte,    davon   kann    ich, 
sintemalen  ich  kein  Wort  gehört,  nichts  reden,  dann  ich  zumal 
zum  Hinabzag  kein  einiges  Bedenken  gehabt,  weilen  ich  eben 
derowcgen  mit  meiner  Ritterschaft  von  Garlstadt   gezogen.    In 
solchen  abgehörten  zu  beiden  Theilen  hin  nnd  wider  Protestiren, 
mit  welchen  man  eine  gute  Zeit  zugebracht,  wird  endlich  von 
allen  Theilen    (die  recht  Wahrheit  zu  bekennen)  zwar  gewiss 
nicht  aus   unerheblichen   sondern  mehrern  und  nachfolgenden 
Bedenken  der  Zurfickzug  geschlossen,  nftmlich  weil  des  Feinds 
Macht  merklich  gross,  zudem  er  seine  Brücke  schon  zum  grossen 
Yortbeil  hätte,  wir  aber  entgegen  über  5000  nit  stark,  zumal 
aber  mit  der  Bedürftigkeit  für  das  Volk  sonderlichen  so  weit 
nit  fürgesehen  wären.  Eben  in  diesem  hin  und  wider  Wandeln 
kommt  der  allmächtige  Gott  mit  diesem  gnädigen  Rat  inzwischen 
und  ordnet,  dass  von  Sissek  ein  eilende  Post  anlangt,  gleich 
jetzt  sei  es  Zeit,  hinabzuziehen,  das  Haus  Sissek  zu  entsetzen, 
zu  erretten  oder  solches  ganz  und  gar  zu  überlassen  und  des 
äassersten  Verderbens   dadurch  zu   gewarten,    weilen  es   zum 
Sturm  so  ganz  und  gar,  ja  solchermassen  beschaffen,  so  dass 
auch  die,,  so   drinnen   sein,   einige  Hoffnung  haben,   dasselbe 


—   107  — 

Aorh  dicben  Tag  zu  erhalten.  Auf  diese  Pobt  ohne  allen  Verzag, 
äQi.'h  ohne  ^weitere  fürgchcodc  Reden  in  puncto,  inmassen  auch 
schon  alle  Ross  and  männiglich  zum  Aufsitzen  fertig,  war  das 
Hinabrteken  geschlossen  und  von  Gott  geordnet." 

Eggenberg  selbst  hat  sich  in  seiner  Relation  über  den  Vor- 
zug am  Morgen  des  Schlachttages  nicht  geäussert;  dagegen 
i^chi  Melchior   von  Rodern  in  folgerder  Weise  darüber  ^  ) : 
^Den  21.  seind  wir  auf  Novigrad  zuzogen,  des  Morgens, 
wekhesist  gewesen  der  22.,  als  wir  fortrücken  soUen,  haben  sich 
widerwärtige  Ratschläge  begeben,  indem  ctzliche  den  Fort- 
zog ganz    und  gar  widerrathen  und  allerlei  Verhinderungen  und 
l'ninöglichkeiten   praetendirt,   die  andern   aber  stark  auf  den 
Fortzag  gedrungen.* 
Unter   diesen    „Etzlichen"    sind  gewiss  die   croatischen 
Befehlshaber  zu  verstehen,  da  ja  auch  Auersperg  zugestehen 
omss,    dass  der  Baan   und   die  von  den  windischen  Ständen 
Anwesenden   gegen  den  „Hinabzug**  protestirt  haben,  freilich 
lüit  der  eigentQmlichen  Motivirung,  weil  Eggenberg  ,, stracks" 
wieder  zurückziehen  wollte.  Ich  kann  mich  der  Ueberzeugung 
nicht  verschliessen,   dass  Auerspergs  Darstellung  eine  Ehren- 
rettung  des  Bans   und  der  Croaten  auf  Kosten  Eggenbergs 
beEweckte,  mit  dem  Auersperg  aus  mehreren  Gründen  riva- 
üsirte.    Er  sticht  ja  auch  sein  eigenes  Anrücken  als  ein  frei- 
williges nnd  aus  eigener  Entschliessung  hervorgegangenes  er- 
H-heinen  za  lassen,  während  die  t^brigen  Relationen,  besonders 
die  E^enbergs,  von  einer  gleichzeitig  an  den  Baan  und  Au- 
ersperg ergangenen  Aufforderung  von  Seite  Eggenbergs  sprechen. 
—  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,    dass  Eggenberg  vorläufig  nur 
<lie  Lage  der  Dinge  vor  Sissek  recognosciren  und  für  den  Fall, 
als  dieses  sich  noch  halten  könnte,   wieder  zurückziehen  und 
^o  lange  eme  feste  Position  an  der  Sau  beziehen  wollte,  bis 
wenigstens   einigermassen  für  den  Proviant  gesorgt  worden 
wäre.  Es  hat  sich  später  gezeigt,  dass  der  gänzliche  Mangel 


^>)  K.  k.  Kri^B-Axchiv  in  Wien.    1698   6.  Juli.   Relation  Melchior  von 
Bddera's  ao  den  Kaiser. 


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—  108  — 

des  letzteren  die  Ausnutzung  des  Sieges  von  Sissek  verhindert 
hat.  Der  Baan  und  die  Croaten  wollten  jedoch  überhaupt 
nicht  vor  Sissek  ziehen  und  sind  offenbar  erst  im  letzten 
Momente  dazu  bewogen  worden.  So  erzählt  auch  Khevenhiller^*^; : 
„Den  21.  Juni  haben  die  Belagerten  um  eilende  Hilf,  weil 
der  Türk  ein  Pressa  (Bresche),  dass  man  ebnes  Fuss  zu  heissen 
hineinlaufen,  und  sie  sich  nimmer  von  so  grosser  Gewalt  wehren 
könnten,  geschrieben,  mit  protestation,  sie  müssen  sonst  die 
Festung  aufgeben,  darauf  die  Häupter,  als  Andree  von  Auers- 
perg,  Ruprecht  von  Eggenberg  und  Melchior  von  Rödem  im 
Rat,  dass  dem  Feinde  unter  die  Augen  sollte  gezogen  und  er 
von  der  Belagemng  womöglich  abgetrieben  werden,  beschlossen. " 
Die  windischen  und  crabaüschen  Befehlsleute  hätten  sich  erst 
auf  Zureden  der  Obersten  hiezu  bequemt  Jedenfalls  wäre  es 
unbegreiflich,  warum  Eggenberg,  dem  doch  mindestens  das 
entscheidende  Wort  gebührte,  plötzlich,  nach  dem  Einlangen 
der  „eilenden  Posf*  aus  Sissek  sich  fbr  die  Entsatzschlacht 
entschieden  hätte,  wenn  er  eine  halbe  Stunde  früher  geneigt 
gewesen  wäre,  lieber  Sissek  aufzugeben,  als  sich  mit  den 
Türken  zu  schlagen. 

Die  Schlacht  bei  Sissek.^') 

Wie  schon  erwähnt,  hatte  der  Pascha  von  Bosnien  spä- 
testens am    14.  Juni   die  Belagerung  von  Sissek   begonnen. 


*^)Ann.  Fcrd.  T.  IV.  pag.  1094. 

<'')  Ausser  den  Monographien  über  die  Schlacht  bei  Sissek  vonRadics 
(Laibar.h  1861)  und  Peinlich  (Graz  1868),  sowie  dem  schon  er- 
wähnten n  Wahrhaften  Bericht"  liegen  mir  vor  die  ebenftills  schon 
genannte  Relation  Auersperg's,  femer  ein  „Extract  eines  Schreibens 
aus  Wien  so  Herr  Andreas  von  Auersperg  an  Herrn  Ungnaden  wegen 
jüngst  bei  Sisseg  türkischer  Niederlag  gethan,  ddo.  8.  Juli,  die  Re- 
lation des  Gurriers,  so  aus  dem  Lager  von  Sissek  durch  Herrn  Ru- 
prechten  von  Eggenberg  an  die  Fürstl.  Dl.  Erzherzog  Erast  abgefertigt, 
ddo.  28.  Juni,  die  Relation  Ruprechts  von  Eggenberg  an  Erzherzog 
Mathias  in  Wien,  ddo.  28.  Juni,  die  Relation  Melchior's  von  Rödem 
an  den  Kaiser,  ddo.  6.  Juli  (sftmmtlich  im  Wiener  Kriegsarchiv)  und 
eine  Handschrift:  Geschichts-Erzfthlung  und  Beschreibung  der  wun- 
derbaren .  . .  Victoria  unter  Sissek  in  Windischland,  den  22.  Juni  1593. 


—  109  — 

war  damals  keine  Stadt,  sondern  ein  festes  Scbloss,  das 
fkm  Agramer  Capitel  gehörte  und  bisher  grösstentheils  nur  von 
den  Domherrn  und  zusammengeraiFtem  Landvolk  vertheidigt 
vorden  war.  Schon  1576  hatten  die  innerösterreichischen 
Lande^*^)  auf  die  Bedeutung  dieses  Punktes  für  dieGrenzver- 
tfaeidiguiig  hingewiesen  und  die  Notwendigkeit  dargethan,  die 
Bewachung  des  Schlosses  den  Domherren  abzunehmen  und 
dareh  geworbenes  deutsches  Kriegsvolk  verseben  zu  lassen, 
denn  es  sei  ^ein  solches  fQrtreflfliches  Ort  dem  Feind  Abbruch 
m  thnn,  als  man  eins  wünschen  könnte,  welches  gar  am  Spitz, 
da  die  Culp  und  Sau,  beide  schiffreiche  Wasser,  zusammen- 
rinnen  gelten  und  eine  solche  Gelegenheit  hat^.  Galt  dies 
schon  zu  einer  Zeit,  in  welcher  die  Türken  noch  nicht  alles 
Land  bis  an  die  Culpa  besetzt  hatten,  so  war  die  Bedeutung 
Sisseks  seit  dem  Falle  von  Hrastowitza  und  Wihitsch  noch 
ODgleiefa  grösser  geworden.  Die  Befestigungen  waren  daher 
erneuert  und  zur  Verstärkung  derselben  ein  Thurm  erbaut 
worden.  Die  beigeschlossene  Skizze,  welche  einen  im  k.  k. 
Kriegsarchive  befindlichen  Plan  getreu  wiedergibt,  lässt  er- 
kennen, dass  diese  Befestigungen  der  allcreinfachsten  Form 
angehörten  und  eigentlich  nur  den  Charakter  einer  bastionirten 
Sdiauze  an  sich  trugen.  Der  Thurm,  welcher  auf  diesem  Plane 
nicht  ersichtlich  ist,  dürfte  wol  zur  Deckung  der  offenen  Wasser- 
seite gedient  haben.  Die  Festigkeit  des  Platzes  log  haupt- 
sächlich in  dem  Umstände,  dass  er  von  der  Kulpa  und  Sau 
ond  einem  diese  beiden  Flüsse  verbindenden  kleinen  Canal 
ToUständig  eingeschlossen  war,  also  auf  einer  Insel  lag.  Den- 
noch konnte  er  nur  die  Bestimmung  haben,  kleinere  Streifcorps 
aufzuhalten,  einer  Belagerung  durch  ein  Heer,  wie  es  Hassan 
Pascha  jetzt  vor  Sissek  versammelt  hatte,  war  er  jedenfalls 
nicht  gewachsen.  Es  war  nur  dem  Heldenmuthe  des  Abtes 
Fintis  und  der  aus  etwa  100  deutschen  Knechten  bestehenden 


^*)  Areldv  desDeatochen  Ordens  in  Wien.  Milit.  129.  „Bedenken  der  dreier 
Lande  Steter,  Kärnten  und  Krain."  Siehe  darüber  meinen  früher  ei- 
wähnten  Aufsatz  Qber  die  Translation  des  deutschen  Ordens  a.  d.  Grenze. 


-  110     - 

Besatzung  zu  danken,  dass  die  Türken  nicht  schon  davon 
Besitz  genommen  hatten;  denn  das  Feuer  aus  dem  am  jen- 
seitigen Ufer  der  Kulpa  aufgestellten  Stücke  musste  verheerend 
wirken.  Einem  Sturm  konnte  das  Schloss  nicht  widerstehen. 
Die  Gefahr  eines  solchen  war  unvermeidlich,  seitdem  die  Türken 
eine  Brücke  über  die  Kulpa  geschlagen  hatten  und  in  bedeu- 
tender Zahl  über  dieselbe  gezogen  waren. 

So  standen  die  Dinge  vor  Sissek,  als  das  christliche  Heer 
anrückte.  Die  Türken  waren,  einen  Halbmond  bildend,  in 
Schlachtordnung  aufgestellt,  hatten  die  Kulpa  im  Rücken^ 
lehnten  sich  mit  dem  linken  Flügel  an  die  Odra  und  reichten 
mit  dem  rechten  Flügel  bis  zu  der  von  ihnen  errichteten 
Kulpabrücke  ^*).  Sie  zählten  über  18000  an  regulären  Truppen 
in  folgender  Eintheilung,  die  Eggenberg  selbst  in  seiner  Re- 
lation angibt: 

Hassan  Pascha  mit  4000  Mann  zu  Fuss  und  Ross, 

Rhamadan  Beg  mit  1000  Mann, 

Opardi  Beg  von  Kliss  mit  3000  Mann, 

Zivieri  Memy  Beg  mit  1500  Mann, 

Seffar  Beg  von  Zernick,  des  Pascha  von  Bosnien  Bruder 
mit  700  Mann, 

Der  Beg  von  Herzegovina,  des  Achmet  Bassa  Sohn  an 
der  Porten  (Pforte)  mit  3000  Mann, 

Kurt  Beg,  des  Ferat  Pascha  Sohn  mit  1500  Mann, 

Rustan  Beg  von  Petrinia,  mit  500  Mann, 


• 

^*)  Die  Schlachtskizze,  welche  in  der  Beilage  vorliegt,  ist  die  Copie  einer 
Handzeichnung  des  k.  k.  Kriegsarchives,  die  von  einem  Augenzeugen 
und  Theilnehmer  (die  Unterschrift  ist  unleserlich)  wenige  Tage  nach 
der  Schlacht  (am  1.  Juli)  an  den  Erzherzog  Mathias  nach  Wien  ge- 
schickt wurde.  Sie  Übertrifit  nicht  nur  die  ziemlich  ungenauen  Dar- 
stellungen bei  Khevenhiller  und  Ortelius,  sondern  entspricht  auch 
weit  besser  den  Angaben,  als  die  von  Radics  reproducirte  krainerische 
Votivtafel.  Diese  lässt  es  kaum  begreiflich  erscheinen,  wie  die  Türken 
von  der  KulpabrQcke,  die  gerade  hinter  ihrer  Aufstellung  gezeichnet 
ist,  hätten  abgedrängt  werden  können,  wenn  ihr  Centrum  nicht  voll- 
ständig durchbrochen  worden  wäre.  Davon  ist  aber  in  keinem  Berichte 
die  Rede. 


-  111  - 

Ibraluin  Beg  von  Likan  mit  2000  Mann, 
Ca^tan  von  Gradiska  mit  1000  Mann. 
Dazu  kamen  noch  2000  Mann  Spahis,  Saym  „und  ander 
Landvolk^  9  Stock  »grobes  Geschütz''. 

3000  Mann  unter  Kurt  Beg  und  Oparti  Beg  waren  jen- 
seits der  Kulpa  bei  den  Stücken  geblieben,  so  dass  15-  bis 
17000  ins  Gefecht  kamen. 

Das  christliche  Heer  gliederte  sich  folgendermassen : 
1.  Kramer:  Andreas  von  Auersperg  mit  der  Karlstädtischen 

Ritterschaft,  300  Pferde. 
Adam  Rauber  zu  Weineck  mit  200  Arquebusiren, 

400  Hussaren. 
1  Fähnlein  (2—300)  Knechte  unter  Georg  und 
Sigmund  Paradeiser. 
2.Eirnbier:  Christof  von  Obritschan  zu  Altenburg  mit   100 

Pferden  (stand  unter  Auerspergs  Commando). 
3.  Steirer:    Stefan  von  Grass  wein  **0  ^lit  der  Besatzung  von 

Kopreinitz   und  Ibanitsch  (400  Mann  zu  Fuss 
und  Ross)  [Hussaren]. 
4  Croaten:  Der  Ban  Thomas  von  Erdödy  mit  150  Pferden. 
Die  Haramier  (bewaffnetes  Landvolk)  des  Agramer 
Capitels. 
0.  Kaiserliche  und  Hilfstruppen : 

Melchior  von  Rödem  mit  500  schlesischen  Reitern. 

100  Montecuculische  Reiter. 

Ruprecht  von  Eggenberg  mit  4  Fähnlein  Rei- 

tenauischer  Knechte  (etwa   12 — 1600  Mann). 

B^net  man  hiezu  einzelne  kleinere  Abtheilungen ' '),  so 


)  'D  mehreren  Verzeichnissen  wird  Alban  Grasswein  genannt,  in  anderen, 
^  s.  B.  bei  Rödem  Stefan  Grasswein.  Es  Iftsst  sich  schwer  be- 
stimnien,  welcher  der  Betheiligte  war.  Stefan  erscheint  als  Oberhaupt* 
o'UDi  n  Copreinitz  und  gleichseitig  Alban  als  Oberhaoptmann  zu 
Iluuultcb.  (Landsch.  K.  u.  A  B.  1594).  Ebenso  bald  Stefan,  bald 
Alban  als  Verwalter  des  Oberstenamtes  an  der  windischen  Grenze. 
U94  starb   Steiui  und  Alban  erhielt  das  Capitanat  Ton  Copreinitz. 

')  Ich  habe  mich  in  der  Aufzählung  an  Rödems  Relation  gehalten.   £a 


-  112  - 

waren  es  zusammen  4—5000  Mann.  Sie  waren  in  drei  TreflFen 
formirt:  Das  erste  bildeten  die  Croaten  und  Hussaren  unter 
Anführung  des  Baan,  das  zweite  unter  Auerspergs  Führung 
hatte  im  linken  Flügel  die  Karlstädtische  Ritterschaft,  im 
rechten  die  kärntischen  und  krainischen  Arquebusiere,  das 
dritte  und  grösste  unter  Eggenberg  mit  den  Rödern'schen 
und  Montecuculischen  Reitern  und  den  deutschen  Knechten 
hielt  sich  in  schiefer  Richtung  nach  links  von  den  beiden 
ersten  Treffen. 

4 

Diese  Aufstellung  war  eine  ftli*  den  damaligen  Kriegs- 
gebrauch nicht  ganz  gewöhnliche.  Die  Noth  macht  erfinderisch. 
Die  Formirung  eines  dicht  geschlossenen  Gewalthaufens,  dessen 
Centrum  die  Reiter,  die  Flügel  die  Schützen  bilden  mussten, 
hätte  die  Schwäche  der  Christen  zu  augenscheinlich  gemacht. 
Sie  trennten  sich  daher  und  zogen  die  Schlachtlinie  möglichst 
auseinander.  Die  daraus  resultirende  leichtere  Beweglichkeit 
hat  den  Sieg  über  die  von  zwei  Flüssen  eingeschlossenen, 
zusammengekeilten  Türken,  die  ihre  Stärke  nicht  entfalten 
konnten,  ermöglicht,  trotzdem  die  letzteren  in  vierfacher  Ueber- 
macht  waren.  Der  Verlauf  des  Kampfes,  der  um  die  Mittags- 
stunde begann,  war  ein  ungemein  rascher.  Das  erste  Treffen 
griff  an  und  wurde  alsbald  zurückgeschlagen.  Auei-sperg  brachte 
jedoch  die  fliehenden  Croaten  und  Hussaren  zum  Stehen  und 
fahrte  mit  seinen  schweren  Reitern  eine  glänzende  Attaque 
auf  das  Centrum  der  Türken  aus.  Diese  versuchten  Anfangs 
die  kühnen  Angreifer  zu  umzingeln,  gerieten  aber  in  Unordnung 
und  drängten  auf  ihren  rechten  Flügel  und  der  Kulpabrücke 
zu.  Diesen  Moment  ersah  Eggenberg  und  stürmte  mit  dem 
dritten  Treffen  gegen  den  rechten  Flügel  der  Türken,  indem 
er  denselben  umfasste  und  ihnen  den  Rückzug  zur  Brücke  ab- 
schnitt ^ ').  Nun  war  das  türkische  Heer  vollkommen  eingekeilt, 


werden  anderwärts  noch  genannt:  Peter  Erdödy  mit  Hussaren  und 
ITaramiem,  Stefan  Tachy  von  Stattenberg  mit  Hussaren,  Martin 
Pietschnig  zu  Altenhof  und  Ferdinand  Weidner  mit  deutschen  Knechten, 
Jacob  von  Prank  mit  deutschen  Knechten  der  steirischen  Landschaft. 
'^)  Eggenberg  erzählt  die  Action  mit  wenigen  Worten :  ^Ihn  (den  TUrken) 


—  113   - 

die  Christeil  räumten  mit  ftlrchterlicher  Wuth  unter  ihnen 
auf  und  es  blieb  ihnen  keine  Rettung,  als  sich  in  die  Kulpa 
und  Odra  zu  stürzen.  Dies  brachte  jedoch  den  sicheren  Tod, 
da  es  anmöglich  war,  an.  den  steilen  Ufern  hinanzukommen. 
Nor  dner  geringen  Anzahl  war  es  gelungen,  über  die  Brücke 
zu  entkommen,  bei  8000  Türken  wurden  zusammengehauen, 
die  Qbrigen  ertranken.  Der  Pascha  von  Bosnien  theilte  das- 
selbe Schicksal,  sechs  seiner  Begs  kamen  theils  im  Treffen, 
theils  im  Wasser  um.  Eine  grössere  Abtheilung  türkischen 
Fussvolkes  unter  Kurt  Beg  und  Ferat  Pascha,  welche  das 
I^ger  besetzt  gehalten  hatte,  sprengte  den  Pulvervorrath  in 
die  Luft  und  zog  sich  mit  Preisgebung  des  Geschützes  und 
des  ganzen  Lagers  eiligst  zurück.  Die  Christen  marschirten 
&ber  die  Brücke  und  nahmen  vom  Lager  der  Türken  Besitz. 
Tebcr  die  Zahl  der  erbeuteten  schweren  Stücke  schwanken  die 
Angaben  zwischen  7  und  11,  alle  Berichte  stimmen  jedoch 
darin  überein,  dass  sich  unter  ihnen  die  berühmte  „Katzianerin^, 
die  1533  von  den  Christen  verloren  worden  war,  und  die 
rKniperin''  (!)  befanden.  Zu  der  Beute  gehörten  auch  2000 
ledige  Pferde,  viele  Zelte  und  prachtvolle  Gewänder,  30  Schiffe 
und  20  Fahnen. 

in  Gottes  Namen  alsbald  angriffen  und  in  die  Flucht  geschlagen  Über 
sein  alda  geschlagene  Brücken  salviren  wollen,  ist  man  doch  theils 
so  hart  auf  ihn  gedrungen,  theils  auch  der  Vortheil  abgenommen 
Verden,  dass  er  nicht  die  Brücken  erlangen  mögen,  sondern  in  der 
Flucht  dem  Wasser  zugeeilt.*'  Eggenbergs  Relation  macht  den  besten 
Eindruck,  weil  sie  präcis,  übersichtlich  und  jedes  Selbstlobes  bar  ist 
£ggenberg  spricht  von  seiner  persönlichen  Betheiligung  gar  nicht 
l^tgegen  kann  Anerspergs  Bericht  kaum  als  YoUkommen  glaubwürdig 
betrachtet  werden,  nachdem  er  den  Erfolg  der  Schlacht  ausschliesslich 
der  Ton  ihm  commandirten  Reiterschaar  zuschreibt  und  von  Eggen- 
bergs Abtheilung  meint,  sie  hätte  nur  das  gethan,  was  noch  zu 
thun  übrig  war.  Dieses  „Uebrige^*  war  aber  eben  die  Entscheidung, 
^ire  Auersperg  nicht  so  ausgiebig  unterstützt  worden,  so  hätte  er 
vohl  schliesslich  von  der  Uebermacht  erdrückt  werden  müssen, 
üebrigens  nennt  jener  0£Ficier,  der  die  beiliegende  Schlachtskizze  an 
Ercherzog  Mathias  gesendet  hat,  in  seinem  Begleitschreiben  Ruprecht 
von  Eggenberg  den  „Autor  und  Director"  der  grossen  Niederlage 
(lea  Erbfeindes.  (K.  k.  Kriegsarchiv  in  Wien.  1593,  7,  1 '/,.) 

''^••1.  dM  ktotor.  V«r«lMB  für  BuicnMrk    ZXVI.  H«fl,  ISTS.  Q 


—  114   — 

Der  Erfolg  dieser  Schlacht,  die  unter  so  wenig  günstigen 
Auspicien  angenommen  worden  war,  gestaltete  sich  zu  einem 
ganz  ausserordentlichen.  Die  Türken  sind  in  offener  Feld- 
schlacht zwar  meistens  geschlagen  worden,  wenn  ihnen  nur 
annähernd  genügende  Streitkräfte  gegenüberstanden,  wie  es 
überhaupt  nur  Mythe  ist,  dass  die  türkischen  Truppen,  wenn 
sie  nicht  in  erdrückender  Uebermacht  wareU;  von  den  Deutschen 
je  gefürchtet  worden  wären  oder  über  dieselben  Siege  erfochten 
hätten ;  die  Sisseker  Schlacht  blieb  aber  trotzdem  für  die  Zeit- 
genossen immer  etwas  Erstaunliches  und  die  Nachwelt  wird 
der  Kühnheit  und  Tüchtigkeit  der  christlichen  Streiter  ihre 
Anerkennung  niemals  versagen  können.  Die  fortgesetzten,  jedem 
Rechtsgefbhl  Hohn  sprechenden  Raubanfälle  der  Türken,  ihre 
Grausamkeiten  und  gemeinen  Schandthaten,  die  sie  Jahr  aus 
Jahr  ein  an  wehrlosen  Greisen,  Kindern  und  Weibern  zw 
verüben  gewohnt  waren,  hatte  in  den  christlichen  Streitern 
die  gewaltige  „Furia*'  angefacht,  die  in  dem  Gemetzel  an  der 
Kulpa  sich  endlich  Bahn  gebrochen  hat.  Selbst  die  Klerisei 
war  hinter  den  Kriegern  nicht  zurückgeblieben.  Der  Abt  Fintis 
hatte  seine  Hönche,  die  sich  in  Sissek  befanden,  ermahnt,  auf 
den  Knieen  den  Allmächtigen  um  seine  Hilfe  anzurufen,  er 
selbst  aber  war  mit  seinen  Haramiem  in  den  Kampf  gezogen 
und  hatte  muthig  mitgefochten.  Evangelische  und  Katkoliken, 
die  in  dieser  Schlacht  wol  gleichmässig  betheiligt  gewesen  sein 
mögen,  zollten  ihm  einstimmig  ihre  Bewunderung. 

Von  den  Führern  gebührt  das  grösste  Verdienst  unstreitig 
Andree  von  Auersperg  und  Ruprecht  von  Eggenberg.  Hatte 
der  erstere  durch  ungestüme  Tapferkeit  im  Angriffe  die  Türken 
zuerst  zum  Weichen  gebracht,  so  war  es  andererseits  wieder 
Eggenberg,  der  den  Vortheil  des  Terrains  im  richtigen  Augen- 
blicke ausnützte,  durch  sein  Eingreifen  entscheidend  wirkte 
und  überhaupt  durch  die  eigentliche  Leitung  der  Aufstellung 
und  des  Angriffes  von  seinem  strategischen  Talente  Zeugniss  gab. 

Die  Freude  über  diesen  unerwarteten  Sieg  war  eine  all- 
gemeine. Seit  langer  Zeit  hatten  die  Feinde  des  christlichen 
Glaubens  und  aller  Kultur  keine  so  derbe  Züchtigung  erfahren. 


—  115  — 


In  Bild  und  Wort  verewigte  man  die  glorreichen  Helden  des 
Tages  TOD  Sissek**).  Der  Kaiser,  der  schon  am  28.  Juni  von 


'"n  In  velcher  Weise  das  Yolkslied  in  Krain  seine  Landessöbne  gefeiert 
hat,  die  bei  Sissek  mitgefochten,  hat  Radics  in  seiner  mehrerw&hnten 
Scbrift  erschöpfend  behandelt.  Ein  „Kunstpoef  Gregorius  Bregandt 
«Höchstemannter  ihrer  fürstlichen  Durchlaucht  Erzherzogen  Ernsten 
zu  Oesterretch  etc.  Steyrischen  Hof  Kriegs  Cantzley  Schreiber  zu 
Grätz*  hat  die  ganze  Affaire  in  zwar  nicht  sehr  zierliche  aber  wol* 
^ememte  Reime  gebracht,  die  unter  dem  Titel  ^Newe  Zeitung.  Kurtze, 
jedoch  gründtliche  und  wahrhafte  Beschreibung,  dess  nächst  f&rgan- 
genen  Treffen,  vnnd  Sigreichen  Lobwürdigen  Yictori,  so  die  Christen 
mit  dem  Blutdürstigen,  TOrckischen  Hasan  Bassa  auss  Bossen,  vnd 
seinen  bey  sich  gehabten  Beegen,  auch  anderm  Kriegsvolck,  den 
22.  Juny,  lauffenden  93.  Jahrs,  in  Crabaten  Landt,  bey  Sissegg,  am 
Turopoliae,  Gott  lob,  glOcklichen  erhalten  vnd  obgesiget.  Beschrieben, 
TQd  anss  den  von  den  Obristen  vnd  Hanptleuthen  einkommen,  vnd 
ihrer  ftrst.  Dnrchl.  vberschickten  ordenlichen  Farticularitäten,  in 
Teatsche  Rbytmos  gebracht**  von  Georg  Widmanstetter  in  Graz  1593 
gedruckt  wurde.  (4",  8  Seiten.)  Das  Gedicht  ist  dem  Erzherzog  Ernst 
geiridmet  und  beginnt  mit  den  Versen: 

Mit  was  Angst,  Koth  vnnd  grosser  Pein, 
Hat  ein  zeit  herumb  müssen  seyn 
Beladen,  das  Crabaten  Land, 
FOmemblich  Turopolie  genannt, 
Von  dem  Bassa  anss  Bossen  gross, 
Der  dasselbig  ohne  vnderlass, 
Mit  Raub  vnd  Brandt  haimbgesuecht  hat. 

etc. 

Unter  den  Anführern   der  Christen  wird  in  erster  Linie  Eggen- 
^g  genannt  «der  Königkliche  Mayestät 

Bsteltr  Obristr  auss  Hispania  thät, 
Der  Edl,  Gstreng,  vnnd  starcke  Heldt, 
Der  zur  Verwaltung  ward  erwehlt, 
Dess  Obristen  Leutenambts  Ampt;** 

*iein  Auersperg  jedoch  mutet  der  kühne  Sänger  sogar  zu,  dass  er 
mit  semen  600  Reitern  die  16000  Türken  gleichzeitig  in  die  Flucht 
geicbU^^  und  von  der  Brücke  zurückgetrieben  habe. 

Die  weiteste  Verbreitung  dürfte  wol  die  Flugschrift  gefunden  haben: 

«Eygendliche  vnd  Warhafftige  Zeitung,  Wie  der  jetzige  Türkische 

Keyser  mit  einer  gewaltigen  Kriegssmacht,  nemblich  dreissig  tausent 

Mann  sich  zu  Feld  Iiegeben  vergangne  Zeit  viel  FeBtungen  vnd  Stadt 

8* 


—  116  — 

dem  Siege  in  Kenntniss  gesetzt  war,  liess  zu  Prag  in  der 
Domkirche  das  Te  deum  laudamus  singen  „und  die  Heerpauken 
in  die  Orgel  schlagen".  Die  Erzherzoge  Ernst,  Maxmilian  und 
Ferdinand  von  Tirol  sandten  Dankschreiben  an  Eggenberg  ^*). 
Ersterer  schrieb  seinen  Commissären,  „sie  würden  vor  der 
ganzen  Christenheit  wegen  dieser  Victori  langwieriges  Lob  und 
Ruhm  haben,  der  Kaiser  und  er  werden  sich  derselben  bei 
jeder  Gelegenheit  dankbar  erinnern".  Eggenberg's  besonderes 
Verdienst  hat  er  in  einem  Schreiben,  mit  dessen  Inhalt  wir 
uns  noch  eingehend  beschäftigen  werden,  besonders  hervor- 
gehoben. 


IIL 

Vorgänge  an  der  Grenze  nach  der  Schlacht  bei  Sissek. 
Eggenberg'B  Bernfnng  nach  Wien.  Oberstenamt 

zn  Baab. 

Zu  einer  ausgiebigen  Ausnützung  des  Sieges  kam  es 
leider  nicht.  Zunächst  war  es  der  mehrfach  erwähnte  Proviant- 
mangel, der  es  den  Christen  unmöglich  machte,  sich  noch 
weiter  von  ihren  Hauptstationen  zu  entfernen  und  in  Land- 
striche einzurücken,  die  von  den  Türken  bei  ihrem  Rückzuge 
verwüstet  worden  waren.  Ausserdem  aber  gab  es,  nachdem 
die  ärgste  Gefahr  abgewendet  war,  gar  kein  Mittel,  auch  nur 


eingenommen  in  Crabaten  in  Vngerlandt  für  Sissekh  sein  Lager  ge- 
schlagen. Dasselb  mit  Sturm  vnd  Afanlauff  angegriffen  in  meinung 
dasselb  einzunemen,  ja  aber  gefehlt  wie  Ritterlich  vnd  Dapifer  sich 
der  Herr  von  Eggenberg  gehalten  mit  seinem  Kriegs volk  den  Feind 
erschlagen,  ersauft,  verjagt  vnnd  sein  Geschütz  sampt  tausent  Pferdt 
bekommen.  Geschehen  den  22.  Jun^  Anno  1598.  Gedruckt  zu  Colin 
bey  Wilhelm  Letzenkirchen.**  (4(>  4  Bl.  s.  Titelbld.)  Es  ist  mb-  nicht 
gelungen,  ein  Exemplar  dieser  sehr  seltenen  Flugschrift  zu  Gesicht  zu 
bekommen;  dem  Titel  zu  Folge  scheint  sie  an  Unrichtigkeiten  zu 
leiden. 
»*)  K.  k.  Kriegsarchiv  in  Wien,  1593.  30.  Juni.  Herberst  Arch.  L.  8. 24, 
5.  Juli  1593}  15  Juli  1593. 


-    117  — 

iikse  kleine  Heeresmacht,  die  bei  Sissek  gefochten,  beisammen 
m  behalten.  Der  Baan  und  die  Grenzobersten  zogen  ihren 
Standplätzen  zu  und  den  kaiserlichen  Commandanten  blieben 
kaum  2000  Mann  zu  weiteren  Operationen.  Zu  seinem  grossen 
Leidw^en  musste  Eggenberg  aus  diesen  Gründen  den  Versuch, 
Febinia  zu  gewinnen,  aufgeben.  Er  meldet:  Nicht  für  einen 
klhen  Tag  habe  das  Volk  Proviant  bei  sich  gehabt,  er  habe 
ihber.  obwol  er  nach  vorgenommener  Besichtigung  des  Raub- 
i^hlosses  Hoffnung  gehabt,  es  zu  gewinnen,  keine  Belagerung 
Tornehmen  können.  Auch  Södem's  Bericht  constatirt,  dass  das 
Vorrücken  nach  Petrinia  vornehmlich  des  Proviants  halber 
eingestellt  werden  musste.  Zur  Abstellung  dieses  Mangels  und 
zur  Betreibung  der  nöthigsten  Vorkehrungen  sendete  Erzherzog 
Ernst  seinen  Kriegsrath  Hans  Friedrich  Freiherm  von  Traut- 
maosdorf  an  die  Grenze*').  Er  hatte  dem  Baan,  dem  Bischof 
tmd  Kapitel  von  Agram  und  den  daselbst  anwesenden  Land- 
ständen  Schreiben  zu  übergeben,  worin  sie  ersucht  werden, 
Fütter  und  Victualien,  wovon  sie,  wie  man  erfahren,  Yorrath 
hätten,  dem  Heere  zuzuführen.  Die  drei  Proviantverwalter  sollte 
er  auffordern,  den  Proviant  bei  Tag  und  Nacht  fort  zu  fördern, 
Kapitel  und  Stände  in  Agram  ermahnen,  die  durch  die  Bela- 
gerung in  Sissek  verursachten  Schäden  rasch  ausbessern  zu 
lassen,  wozu  ihnen  der  eben  an  der  «Grenze  sich  aufhaltende 
Baumeister  Franz  Märtl  empfohlen  wird. 

Eggenberg  scheint  von  der  ersten  grösseren  Unternehmung, 
die  er  in  kaiserlichen  Diensten  mitgemacht  hatte,  trotz  des 
Rahmes,  den  er  selbst  dabei  gewonnen,  wenig  erbaut  gewesen 
za  sein.  ^  Er,  der  gewohnt  gewesen  war,  die  Leitung  eines 
Kri^es  in  der  Hand  eines  so  hervorragenden  Mannes,  wie 
Alexander  Famese,  zu  sehen,  musste  über  das  Chaos  von 
BefeUshabem,  Commandanten  und  Obersten,  die  alle  von  ver- 
»hiedenen  Herren  bezahlt  wurden  und  fortwährend  andere 
Befehle  vorschützen  konnten ,  in  gerechten  Unmuth  gerathen. 


^  K.  k.  Kriegs-Archi?  in  Wien.  1698,  29.  Juni.  Memorial  an  H.  Fr. 
T.  Traotmansdorf. 


—   118  — 

Ausserdem  scheint  er  sich  persönlich,'  sei  es  durch  den  Baan, 
sei  es  durch  Auersperg,  verletzt  gefühlt  zu  haben:  er  erbat 
sich  vom  Erzherzoge  die  Abberufung  von  seiner  Stellung  als 
Commissär  und  befürwortet  die  Ernennung  eines  General- 
Feldhauptmannes.  Es  geht  dies  aus  einem  Schreiben  des  Erz- 
herzoges hervor,  welches  ich,  da  es  in  ausführlicher  Weise 
die  Verdienste  Eggenberg's  hervorhebt  und  die  Verhältnisse 
an  der  Grenze  bespricht,  hier  folgen  lasse  ^^: 

Ernst  von  Gottes  Gnaden  Erzherzog   zu  Oestcrreich  etc. 
Lieber   Getreuer,    Von   unseren   hinterlassncn    Geheimen    and 
Kriegsr&ten  haben  wir  verstanden,  wess  du  dich  ihnen  erklärt 
und  entschaidigt,    auch    auf   ihr    Zusprechen    darauf   verharrt. 
Nun  könnten  wir  zwar  wol  erachten,  dass  du  dessen  zum   theil 
deine  Ursachen  und  Bewegnisse  haben  möchtest,    wie   du  uiib 
dann   mit   solchen  Gnaden  gewogen  wissen  solltest,   dass  wir 
dir  selbst  einige  Ungelegenheit  oder  Beschwer  nit  gern  gönnen, 
weniger  selbst   zumuten  wollten.    Wann  wir  aber  der  uns  ob- 
liegenden Sorge    und  Verantwortung   halber    gegen   Gott,    der 
Eon.    Kais.    Matt,    und    unserm  Vaterland,   den    Sachen    ihrer 
auf  sich  habenden  Wichtigkeit,    was   endlich   den  Landen    für 
ein  Verderben   und  in  widrigem  Fall  für  ein  Wolfahrt  darauf 
steht,    nachgedenken,   könnten  wir  nit  befinden,    wie  der  Zeit 
deine  Person  bei  dem  vorstehenden  Werk    zu  entrathen ,    wie 
sich  auch  schicken  und  für  eines  Ansehens    sein  würde,    dass 
du  neben  den  anderen  redlichen  und  ritterlichen  Obristen  und 
Kriegsleuten,    bei    nächster    so    ansehnlichen  Victori   so    gute 
OfiHcia  gcthan,  von  dem  Allmächtigen  Gnad  und  Segen  gehabt, 
deinen  ohne  das  bekannten  Namen  in  der  ganzen 
Christenheit   noch    mehr   bekannt    gemacht,    und 
dass  du  dagegen  gleich  jetzo,  da  man  dem  Effect  der  Victuri 
mit  Petriuia  nachsetzen  solle,  und  alle  Sachen  schon  beschlossen, 
in  praeparatoriis,   und  der  Tag  angestellt  ist,    aussetzen   oder 
dich  davon  absentieren  sollest. 

Dann    ob   wir  ja   wol  dich  allein  auf  sechs  Wochen  be- 


»«)  Herberst.  Archiv.  L.  3.  24. 


—   119  — 

handelt,  du  auch  hieran  und  mit  längerer  Continuirang  Ihrer 
Kai.  Mtt.  und  uns  ein  sonder  angenehm  Gefallen  gethan,  so 
ist  doch  indessen  dies  GlQck  zugestanden,  mit  welchem  sich 
die  Sachen  also  verändert  und  geschickt,  dass  man  ja  aller 
menschlichen  Vernunft  nach  davon  nicht  aussetzen,  noch  des 
Obribten  Gonunissari  Amt  .und  Directorium,  so  du  mit  sonderm 
Ruhm  und  Ehren  bishero  getragen,  ohne  des  ganzen  Werks 
höchster  Confusion,  Verhinderung  und  Gefahr,  in  einer  solchen 
EU  und  kurzen  Zeit  verändern  kann,  was  auch  endlich  die 
Stand  des  Reichs  und  andere  christliche  Völker,  sowol  unsern : 
als  deinethalben,  ja^  der  Feind  selbst  davon  discurieren  und 
gedenken  würden.  Neben  dem  es  denen  Landen  selbst,  es 
gienge  die  Sach  hinaus  auf  was  Weg  es  wollte,  fast  beschwerlich 
fbrkäme,  als  bei  denen  du  geliebt,  befreundet,  ein  fflrnehmes 
Mit^ed,  der  Zeit  an  der  Hand,  Gott  lob  an  gesund  und 
anderen  Qualiteten  nit  verhindert,  der  Gränz  und  des  Kriegs- 
Tolks  bekannt  und  gewohnt,  und  hast  du  sonderlich  zu  bedenken, 
da  man  vor  Petrinia  nichts  richten  sollt\  dass  viel  der  Meinung 
sein  würden,  da  du  als  dergleichen  Belagerung  und  Eroberung 
erfahren,  zugegen  gewesen,  es  besser  abgangen  und  daher  die 
Schuld  gutentheils  deines  Abwesens  wäre.  Und  dürften  zu  für- 
fallenden Gränznöten  alle  Obristen  und  Kriegserfahrne  im  Reich 
und  andern  Landen,  die  man  künftig  zu  behandeln  hätte,  die 
ungleichen  Gedanken  fassen,  weil  mau  dich  als  ein  Landsassen 
in  solcher  Not,  Gelegenheit  und  erhaltenen  Vfctori  nit  hätte 
an  die  Gränz  vermögen  können,  dass  ihnen  viel  weniger 
ihunlich  wäre,  sich  daher  gebrauchen  zu  lassen,  wie  es  auch 
dem  jetzigen  Kriegsvolk  bei  diesem  Anzug  nit  ein  kleines 
Nachdenken  machen  möchte,  als  ob  du  dir  iechtes  (irgend 
ein)  Zurichten  nit  getrautest,  und  daher  sie  der  Sachen  auch 
desto  weniger  Lust  und  Hoffnung  schöpfen,  welches  eines  und 
des  andern  du  selbst  (wie  wir  dich  kennen)  nit  gern  sehen 
oder  verursachen  würdest.  Es  wäre  zwar  ja  eines  gegenwärtigen 
General  Hauptmannes  jetzo  alsbald  vonnöten,  wie  du  unsern 
Geheimen  Räten  vernünftig  vermeldest,  aber  in  solcher  Eil  und 
da  der  beschlossne  Anzug  nit  warten  kann,  ist  es  ja  nit  möglich. 


—   120  — 

Weil  dann  der  Allmächtige  jüngstlich  so  reiche  Gnad 
gegeben  und  du  dein  Obrist  Commissari  Amt  so  glücklich 
und  wol  getragen,  so  wollen  wir  uns  versehen  und  dich  von 
Höchstgedachter  Rom.  Kais.  Matt,  wegen,  auch  für  uns  selbst 
hiemit  mit  allen  Gnaden,  damit  wir  dir  gewogen,  ersucht  und 
vermahnt  haben,  du  wollest  noch  weiter  und  bei  dieser  Imprcsa 
Gott  und  dem  christlichen  Namen  zu  Ehren  und  von  des 
Vaterlands  Wolfahrt  wegen  ein  Uebriges  thun  und  das  Obrist 
Commissari  Amt  unter  dieser  Belagerung  mit  Göttlichen  und 
der  andern  kriegserfahrnen  Obristen,  sonderlich  des  von  Au- 
ersperg  und  Baans  Rath,  Hilf  und  Beistand  allermassen  conti- 
nuieren,  wie  wir  es  mit  dir  jüngstlich  verlassen  haben.  Wie 
solches  dir  bei  Ihrer  Kay.  Matt,  und  bei  menniglich  zu  Ruhm 
und  Ehren  gereichen  und  einen  ewigen  Namen  machen  würde, 
also  würde  an  Mitteln  nit  mangeln,  dir  hin- 
widerum  mit  gnädigster  Contention  zu  begegnen. 

Die  hinterlassenen  Geheimen  und  Kriegs  Räte  haben  aach 
allen  Befehl,  mit  dir  die  Notdurft  zu  vorstehendem  Werk 
gehörig  zu  handeln,  zu  beratschlagen  und  äusserstcr  Möglichkeit 
nach  in  das  Werk  zu  richten.  So  unterlassen  wir  nit,  bei 
eignem  Currier  Ihr  Kays.  Matt,  um  Geld  und  Zahlung  des 
Kriegsvolks  anzuhalten. 

Wien,  9.  Juli  1593. 

Postscriptum  von  des  Erzherzogs  eigener  Hand: 

„Lieber  der  von  Eggenberg,  über  das,  so  eben  vermcldt 
wurde,  habe  ich  auch  mit  diesen  wenigen  Worten  selber  euch 
vermahnen  und  ersuchen  wollen,  dass  ihr  diess  mein  Begehren 
nit  abschlagen,  sondern  euch  so  gutwillig  den  Wünschen  er- 
zeigen wollet,  das  würde  euch  bei  der  Kays.  Mtt.  und  mir  zu 
Gnaden  und  Wolgefallen  reichen  und  bei  menniglich  euer  Lob 
und  Ehr  verursachen.  Ernst.  ^ 

Eggenberg  blieb  beim  Coromando,  vermochte  aber  den 
in  ihn  gesetzten  Erwartungen  nicht  zu  entsprechen,  weil  die 
vorhandenen  Mittel  allzu  unbedeutend  waren.  Der  Oberst  des 
steirischen  Aufgebots.  Freiherr  Gottfried  von  Breuner,  berichtet 


—   121   — 

.10  die  steirischen  Verordneten   über   die  Expedition   gegen 

Petrinia  ddo.  15.  August  ^')' 

yEoer  Gnaden  zn  berichten  soll  ich  nicht  unterlassen  und 
werden  dieselben  ans  meinem  jüngst  von  hier  (Lager  bei 
Rann)  abgangnen  Schreiben  mit  mehrerem  verstanden  haben, 
dass  sowohl  die  andern  Kriegshilfen  als  auch  ich  mit  meinem 
OQterfaabenden  Steirischen  Kriegsvolk  im  allhicrigen  Feldlager 
verscbienen  Montag  Abends  ankommen,  darauf  dann  nicht 
unterlassen  worden,  die  wolerbante  Festung  Petrinia  mit  starker 
Macht  bis  an  dritten  Tag  zu  beschiessen,  es  hat  aber  durchaus 
nichts  damit  können  gericht(et)  werden,  weilen  es  Alles  von 
grossem  Eichenholz  und  Bollwerk  zugericht(et).  Inzwischen  hat 
sich  der  neue  Bassa  aus  Bossen  auch  mit  seiner  Hilf  gegen 
Petrinia  w&rts  gemacht  und  ankommen,  also  haben  die  diessorts 
förgestellten  und  anwesenden  Häupter  dahin  geschlossen,  dass 
oi&n  sich  fiber  die  (aber  die)  Kulp  zugerichte  Schiffsbrücken 
begeben  and  nicht  allein  dem  Bassa  aus  Bossen  mit  ganzer 
Macht  unter  Augen  ziehen,  sondern  auch  mit  ihm  ein  ernstliches 
Treffen  thun  solle,  also  ist  solches  zu  zweien  unterschiedlichen 
malen  ins  Werk  gericht  worden,  und  ist  die  ganze  Ritterschaft 
albereit  aber  dem  Wasser  Kulp  und  im  Vorzug  gcwest,  so 
sind  doch  alsbald  solche  gewisse  und  eigentliche  Kundschaften 
durch  einen  stattlichen  gefangnen  und  entsprungnen  Pribeggen  ' ") 
erlangt  worden,  dass  albereit  der  Beglerbeg  am  Herauszug  sei 
and  noch  die  heutige  Nacht  oder  morgen  frUh  gewiss  bei 
Petrinia  mit  starkem  Heer  und  grosser  Macht  ankommen  werde. 
Dasg  man  also  mit  dem  versammelten  Kriegsvolk  aus  allerlei 
^gefollenen  wichtigen  Bedenken  wieder  zurück  und  nicht  fort- 
ziehen können,  weilen  dann  die  anderen  vorhandenen  Hilfen, 
als  Herr  Graf  von  Serin,  Herr  Obrist  in  Krabaten  mit  ihren 
Hilfen,  nicht  weniger  auch  die  anderen  Gränizen  (Grenztruppen) 
mn  des  besorgenden  grossen  Einfalls  willen  zu  ihren  eignen 
und  andern  ihnen  untergebenen  Gränizen  ihren  Abzug  nehmen 


^^  Steienn.  Land.  Arch.  BLriegsacten  (81  fasc)  fasc.  3.  27. 
^  Penak :  Oberhaupt,  Dorfrichter,  Anführer. 


—  122  — 

und  über  zwei  Tag  allhier   nicht   mehr  halten  werden ,    daher 
dann   nur   das    Steirische  Volk   und   die    Röderuschen   Reiter 
alhier   allein    verbleiben   möchten,    also    w&re  ich,    doch  mit 
Yorwisscn  und  Gutheissen  Euer  Gnaden  entschlossen,  mich  mit 
meinem  unterhabenden  Kriegsvolk  auch  von  dannen  zu  erheben 
und  meinen  Weg  gegen  Rann  wärts  zu  nehmen."  ^*) 
So  stob  denn  Alles  auseinander.  Der  Beglerbeg  von  Graecia, 
des  Sinan  Pascha  Sohn,  rückte  mit  einem  Heere  von  40000  Mann 
in    „grimmigem  Zorn''   vor  Sissek  und  eroberte   die  Feste, 
nachdem  sich  die  Besatzung  tapfer  gewehrt  und  grösstentheils 
den  Tod  gefunden  hatte,  am  24.  August   Darauf  verwflstete 
er  ganz  Turopolien,  streifte  bis  Agram  und  Karlstadt,  zog  aber 
dann,   nachdem  die  Grenztruppen  Miene  machten,  sich  ihm 
gemeinsam  entgegenzuwerfen,  nach  Ungarn,  wo  sein  Vater,  der 
zum  Vezier  ernannte  Sinan  Pascha,   „ein  alter,  blutgieriger 
Hund,  über  die  70  Jahre  alt,""    einen  heftigen  Angriff  gegen 
die   ungarische  Grenze  vorbereitete.  Demselben  wurde   aber 
diesmal  mit   ausreichenden  Kräften   begegnet,   der  Graf  von 
Hardegg  schlug  bei   Stuhlweissenburg  mit  18000  Mann  ein 
grosses  türkisches  Heer  (5.  November)  und  Herr   Christof 
von  Teuffenbach  eroberte  in  Oberungam  die  bedeutende  Fe- 
stung Fillek  (27.  November).  Auch  ein  neuerlicher  Einfall  der 
Türken  in  Groatien  wurde  durch  Alban  Grasswein,  der  900  Mann 
zusammengebracht  hatte,  mit  Erfolg  zurückgewiesen.  (1 9.  De- 
cember.) 

Mittlerweile  war  eine  wichtige  Veränderung  in  der  Re- 
gierung Innerösterreichs  vorgegangen.  Der  umsichtige  und 
rührige  Gubernator,  Erzherzog  Ernst,  war  als  ein  Opfer  der 
spanischen  Diplomatie  nach  den  Niederlanden  gezogen,  wo  er 
wenig  Ehre,  aber  einen  frühzeitigen  Tod  fand  und  an  seine 
Stelle  war,  da  Karls  Sohn  Ferdinand  noch  in  Ingolstadt  seinen 
Studien  oblag,  Erzherzog  Maxmilian,  der  dritte  Bruder  Kaiser 

^')  Isthuanffis  Behauptung,  Breuner  habe  den  Ausschlag  zum  Rückzuge 
gegeben  (Hurter,  Ferdinand  II.  3. 146),  ist  gänzlich  unbegrflndet  Breuner 
beklagt  sich  im  Gegentheil  gegen  die  Landschaft,  dass  er  gar  keinen 
EinSuBS  besitze. 


123  — 

Rodolfn.  getreten.  Dieser  80wol,  als  Erzherzog  Malliias,  der 
indessen  das  Generalat  in  Ungarn  übemonnnen,  bewarben  sich 
um  Ruprecht  von  Eggenberg.  Maxniilian  trug  ihm  im  Auftrage 
des  Kaisers  das  Amt  eines  General-Oberst-Lieutenant  an  der 
vJDdischen  und  croatischen  Grenze  an*^),  Mathias  wollte  ihn 
zam  Oberst  -  Zeugmeister  aller  kaiserlichen  Königreiche  und 
Länder  machen.  Ruprecht  entschied  sich  vorläufig  für  den 
enstereo  Antrag  und  erhielt  demgemäss  am  1.  Mai  1594  einen 
Bestallbrief  als  „General -Oberster  Leutenänt  über  das  auf 
beiden  Windischen  und  Crabatischen  Grenzen  dienende  Ordinari 
der  Lande  Aufbot,  wie  auch  alles  andere  ausländische 
Kriegsvolk  zu  Ross  und  Fuss,  soviel  sich  anjetzo  desselben 
auf  berührten  beiden  Grenzen  befindet  und  noch  künftig 
i^eworben  und  aufgenommen  wird,  darunter  auch  der  Baan 
und  sein  unterbietig  Kriegsvolk  nit  ausgenommen  sind.''  Als 
behalt  wurde  ihm  die  für  damalige  Verhältnisse  enorme  Summe 
von  1000  Gnlden  monatlich  gewährt 

Erzherzog  Maxmilian  begann  den  Feldzug  von  1594  in 
eigener  Person  und  war  anfangs  glücklich.  Sissek,  Petrinia  und 
Hrastowitz  wurden  in  den  ersten  Tagen  des  August  ohne 
S<^hwierigkeit  erobert,  mussten  aber,  weil  Krankheiten  bei  den 
Truppen  einrissen  und  wegen  mangelhafter  Bezahlung  und 
Proviantzufuhr  grosses  Elend  hen-schte,  wieder  aufgegeben 
^^en  *  *).  Des  Erzherzogs  Berichte  über  den  Zustand  seines 


*)  Herberst.  Arcb.  L.  8.  24.  Schreiben  Eggenberg's  vom  18.  Dec.  1593. 

'*)  I>ie  ausführliche  Darstellung  dieses  Feldzuges  von  Professor  Richter 
(ilUyrische  Qren7.helden"  Ilormayr's  Archiv  1819)  erwähnt  auch  Eggen- 
bergs Theilnahme  an  demselben.  Viele  Angaben  dieser  Erzählung, 
die  sich  aaf  des  Grafen  Rudolf  Coronini  r  Bellum  Petriniensc''  (Görz 
^79)  st&tzt,  widersprechen  jedoch  so  sehr  allen  übrigen,  dass  sie 
luunö^ch  als  vollkommen  sicher  angesehen  werden  könnten.  Die 
l^enronagende  Bedeutung,  welche  dabei  der  Theilnahme  der  Familie 
Coronini  zugeschrieben  wird,  lässt  die  Absicht  dieses  Buches  ziemlich 
deutlich  erkennen.  Während  hier  von  einem  Sturmangriff  von  600  2iengger 
Utkoken,  der  den  Fall  des  Platzes  herbeigeführt  haben  soll,  viel 
Wesens  gemacht  wird,  spricht  sich  eine  Relation  der  steirischen  Com- 
oiiuäre  Georg  v.  Stubenberg  und  W.  v.  Windiscbgräz  ausdrücklich 


~    124  — 

Kriegsvolkes  an  den  Kaiser  geben  ein  sprechendes  Zeugniss 
von  der  Art  der  Kriegfllhrung,  wie  sie  an  der  Grenze  schon 
zur  Regel  geworden  war '').  Die  Ititterscbaft  in  der  Carlstadt, 
schreibt  er,  sowie  das  übrige  Kriegsvolk  klagen  ihre  Noth 
wegen  Nichtbezahlung,  so  dass  sie,  was  sie  besitzen,  verkaufen 
und  versetzen  müssen.  Wenn  sie  nicht  bezahlt  werden,  müssten 
„diese  redlichen  Leute,  die  des  Feindes  Art  und  Gelegenheit 
schon  kennen'',  ihre  Aufstellung  verlassen.  Ebenso  stehe  es 
mit  dem  Beitenauischen  Regiment,  das  so  elend,  nackt  und 
mehrestheils  krank  sei,  dass  es  einen  erbarmen  müsse.  Er 
beschwört  den  Kaiser  als  Gerhab  (Vormund)  der  Erben  Erz- 
herzogs Carl,  deren  Lande  in  so  grosser  Gefahr  seien,  um 
eilende  Hilfe. 

In  Folge  dieser  unglückseligen  Verhältnisse  konnte  es 
zu  dauernden  Erfolgen  nicht  kommen;  man  musste  es  als 
glückliche  Fügung  preisen,  wenn  man  sich  der  übermüthigen 
Feinde  wenigstens  einigermassen  zu  erwehren  vermochte  und 
wenn  persönliche  Tapferkeit  und  Geistesgegenwart  der  christ- 
lichen Commandanten  von  Zeit  zu  Zeit  durch  einen  geschickt 
ausgeführten  Streifzug  den  Türken  irgendwie  Schaden  zufügte 
und  sie  dadurch  in  Athem  erhielt.  So  gelang  es  auch  in 
diesem  Jahre  dem  Herrn  von  Eggenberg;  den  Türken  einen 
Streich  zu  spielen.  Der  Beg  zu  Sissek,  Ardropli,  hatte  einen 
Einfall  in  Kroatien  gemacht,  Leute  und  Vieh  davongeschleppt 
und  wollte  eben  die  Beute  auf  türkisches  Gebiet  in  Sicherheit 
bringen,  als  Eggenberg  rechtzeitig  davon  Kunde  erhielt,  dem 
türkischen  Corps  nachjagte,  ihm,  als  er  es  an  der  Kulpa  ereilt 
hatte,  den  Raub  abnahm  und  eine  grosse  Zahl  davon  theils 
niedermachte,  theils  gefangen  nahm.  Unter  den  Gefangenen 
befand  sich  Ardropli-Beg  selbst,  der  nach  Graz  gebracht  wurde, 


dahin  aus,  dass  die  Türken  die  Festung  freiwillig  ger&umt  haben, 
als  sie  den  Ernst  der  Belagerungsarbieiten  sahen.  (St.  L.  A.  Kriegs- 
acten.  Fase.  60.  50.)  Auch  die  von  Richter  behauptete  nSchlexfung'' 
Petrinias  finde  ich  nirgends  beglaubigt 

«2)  K.  k.  Kriegs-Archiy  in  Wien.  1594.  8.  25. 


—  125  — 

wdl  ilm  Erzherzog  Maxniilian,  da  er  auf  seiner  Grenze  gefangen 
worden  war,  als  Beutestück  für  sich  beanspruchte*'). 

Im  darauffolgenden  Jahre  1595  gelang  Eggenberg  die 
Wied^reroberung  Petrinia's.  Er  Hess  den  Freiherm  Sigmund 
Yon  Herberstein,  der  in  diesem  Jahre  das  steirische  Aufgebot 
befehligte,  einen  Streifzug  nach  Zeniik  und  Posega  unterneh- 
men*^) und  legte  sich  selbst  mit  Georg  Lenko witsch  vor 
Petrinia.  Am  22.  September  näherte  sich  Hauptmann  Francol 
mit  50  Pferden  der  Festung  auf  Schussweite  und  gerieth  mit 
80  Türken,  an  deren  Spitze  sich  der  Festungs-Commandant 
Rnstan  Beg  selbst  befand,  in  ein  Scharmützel.  Die  Türken 
kdirten  zur  Stadt  zurük,  da  der  Beg  schwer  verwundet  worden 
war.  Die  Kaiserlichen  zogen  sich  gegen  Sissek  zurück.  Den 
oächsteD  Tag  erschien  „des  Hegen  Jung^  im  kaiserlichen 
Lager,  berichtete  den  Tod  seines  Herrn  und  ermuthigte  die 
Christen  za  einem  sofortigen  Angriffe  auf  Petrinia.  Eggenberg 
entschloss  sich,  obwol  man  den  Angaben  des  jungen  Wallachen 
nicht  yiel  Glauben  schenken  konnte,  einen  Handstreich  zu 
wagen.  Er  rückte  am  24.  September  vor  die  Festung  und 
nahm  sie  ohne  Widerstand "').  Petrinia  wurde  von  da  ab  eine 
Hauptstütze  der  Yertheidigung  an  der  kroatischen  Grenze 
and  wurde  von  allen  drei  innerösterreichischen  Landen  ge- 
meinsam unterhalten.  Vom  Jahre  1598  an  erscheint  das  Gebiet 
am  rechten  Ufer  der  Kulpa  unter  der  Bezeichnung  Kulpa- 
oder  Petrinianische  Grenze  *"). 

Erzherzog  Ferdinand,  der  in  demselben  Sommer  die  Re- 
gierung seiner  liande  provisorisch  übernommen  hatte,  schrieb 


**)  £L  k.  Kriegsarchiv   in  Wien,   1594.   9.  8.  Schreiben  des  Erzherzog 

Mftxmilian  an  den  Kaiser  aus  Radkersburg. 
*^)  Ebendaselbst.   1595.  9.   20.  Erzherzog  Ferdinand   übersendet  dem 

Kaiser  eine  ausführliche  Relation  Herbersteins  Über  seinien  Einfall  in 

das  türkische  Qebiet,  die  sich  durch  besondere  Kunst  der  Darstellung 

und  stylistische  Gewandtheit  auszeichnet. 
'')  KheTenhiller,  Ann.  Ferd.  T.  IV.  p.  1400.  Hurter,  Geschichte  Kaiser 

Ferdinands  II.,  UI.  Theil  808. 
**)  Siehe  darOb»  auch  Yanidek,  Specialgeschichte  der  Mflit&rgrenze  1. 77, 

im  Uebrigen  ein  für  das  16.  Jahrh.  vollkommen  unverlässliches  Werk, 


-  126  - 

an  Eggenberg  folgenden  Brief,  der  von  der  Gutherzigkeit  und 
dankbaren  Gesinnung  des  jungen  Prinzen  ein  schönes  Zeugniss 
gibt  •'). 

„Lieber  von  Eggenberg,  mein  gn&digen  Grass  zuvor,  Ener 
Schreiben  hab  ich  bei  dem  Hauptmann  Francoll  gar  wol  em- 
pfangen, wie  auch  den  Inhalt  ond  sein  mündliche  Relation  gar 
wol  vernommen,  was  für  herzlich  Freude  ich  daraus  vernommen, 
könnt  Ihr  wol  selbst  erachten.   Dem  Allm&chtigen    sei  ewiges 
liOb  und  Dank  dafür  gesagt,  dass  er  Sein  göttlich  .  .  .  '^^)  überall 
so  gn&diglich  erscheinen  l&sst.  Die  Verordnung  in  einem  nnd 
dem  andern  hab  ich  schon  gethan  und  soll  mir  auch  der  Haupt- 
mann Francoll  gar  wol  befohlen  sein,  und  ich  wüsst  auch,  die 
Wahrheit  zu  sagen,  kein  bessern  an  sein  statt  zu  finden ;  ich 
wünschet  nichts  mehrers,  allein  dass  ich  Geld  genug  h&tt,  auf 
dass  ich  Euch  und  das  redlich  Euch  unterworfene  Eriegsvolk 
damit  erfreuen   könnte,    wann  ich*s  gleich  aus  meiner 
Haut  könnte  schneiden.   Und    bleib   Euch    wie   bisher 
mit  aller  landsfürstUch  Gnaden  ganz  wol  gewogen.  Datum  Graecii, 
den  27.  Septembris  Anno  96.*' 
Das  Verhältniss,   in  welchem  Ruprecht  von  Eggenberg 
zu  Erzherzog  Ferdinand  und   der  Erzherzogin-Mutter  Maria 
stand,  war  ein  dauernd  freundschaftliches.  Es  erklärt  sich  dies 
nicht  nur  aus  den  Verdiensten,   die  sich  Eggenberg  um  das 
erzherzogliche  Haus  erworben,  sondern  wohl  auch  daraus,  dass 
derselbe  unter  den  katholischen  Adeligen  der  Steiermark  da- 
mals eine  der  hervorragendsten  Persönlichkeiten  war.  In  einer 
Zeit,  in   welcher  das  Verhältniss  zwischen  der  übereifrigen 
katholischen  Regierung  und  der  überwiegend  protestantischen 
Majorität  der  Stände  von  Tag  zu  Tag  gespannter  wurde,  mochte 
die  erstere  wol  Veranlassung  haben,  Männern  von  der  Bedeu- 
tung Ruprechts  eine  besonders  gnädige  Gesinnung  zu  bezeugen, 
wenn  diese  treulich  zu  ihr  standen  ^  ^).  Das  Kriegswesen  Inner- 


<^  Hcrberst.  Arch.  Eggenberg.  L.  8.  24. 
*^)  nllil^  scheint  ausgeblieben  zu  sein. 

**)  Bei  der  Erbhuldigung  des  Erzherzog  Ferdinand  (Anfangs  Decemlier 
1596)    wird    Ruprecht    von  Eggenberg  von    einigen    Schriftstellern 


—  127  — 

öfiterreiehs  scheint  Eggenberg  während  der  Jahre  1595  und 
1596  aussefaliesslich  geleitet  zu  haben,  soweit  es  dem  Erz- 
herzoge unterstand;  auf  die  Truppen  der  Stände  hatte  er 
känen  Einfluss,  ausser  in  dem  Falle,  als  ein  feindliches  Heer 
die  Grenzen  bedrohte.  Nachdem  sich '  aber  in  diesen  Jahren 
der  Angriflf  der  Türken  wieder  mehr  den  ungarischen  Grenzen 
ZQwaBdte,  war  Innerösterreich  minder  gefährdet.  Da  ist  es 
d«m  sehr  begreiflich,  dass  man  den  bewährten  Kriegsmann 
auf  dem  Haupt-Kriegsschauplatze  zu  verwenden  gedachte  und 
dass  er  selbst  weiteren  Wirkungskreisen  zustrebte. 

Schon  im  Frühjahre  1596  begannen  die  Verhandlungen 
zwischen  dem  Kaiser,  seinen  Wiener  Kriegsräthen,  dem  Erz- 
herzöge  Maxmilian  einerseits  und  Ruprecht  von  Eggenberg 
andererseits  wegen  Uebemahme  eines  neuen  Commanders.  Am 
12.  Mai  richtete  die  kaiserliche  Kanzlei  eine  Aufforderung  an 
den  letzteren,  sich  nach  ^^  Verrichtung  seiner  Ehehafften**  bereit 
zu  halten,  als  Ihrer  Majestät  oberster  General  in  Ungarn  ge- 
braocheD  zu  lassen ''').  Damit  war  jedoch  nicht  die  Stelle  eines 
oberst^i  Feldhauptmanns  des  Kaisers  gemeint,  wie  sie  zwei 
Jahre  später  Erzherzog  Mathias  übernommen  hat,  sondern  das 
Generalat  an  der  oberungarischen  Grenze.  Dies  geht  mit  aller 
Bestimmtheit  aus  einem  Befehlschreiben  des  Kaisers  vom  1 1.  JuU 


eine  besondere  Rolle  zugeschrieben.  J.  B.  Winkler  (St  Zeitschr. 
N.  F.  1  p.  86)  erzählt,  Ruprecht  habe  als  „Stellvertreter  des  Erzher- 
zogs die  Huldigung  der  Stände  empfangen,  bei  welcher  Gelegenheit 
er  mit  königlicher  Pracht  in  Graz  erschien. **  Sartori  (Pantheon,  II.  3. 
p.  323)  fügt  hinzu,  er  habe  in  seinem  Stammschlosse  den  Ständen 
«in  königliches  Gastgebot  gegeben.  Ritter  y.  Leitner  (Mitth.  d.  h. 
Yer.  ly  132)  erwähnt  zwar  nichts  von  der  Entgegennahme  der  Hul- 
dignng,  wohl  aber  von  dem  Gastmahle  im  Eggenberger  Schlosse,  das 
am  10.  December  stattgefunden  haben  soll.  Ich  kann  dem  nur  ent- 
gegenhalten, dass  Erzherzog  Ferdinand  die  Huldigung  persönlich  ent- 
gegennahm und  am  12.  December  in  der  Burg  ein  grosses  Bankett 
gab,  bei  welchem  die  Erbämter  verrichtet  wurden.  Das  Schloss  Eggen- 
berg hat  Ruprecht  niemals  besessen,  es  wurde  von  Hans  Ulrich  er- 
bant  In  den  Eggenbergischen  Papieren  fand  ich  von  diesem  Feste 
nicht  die  geringste  Andeutung. 
'^  Herfoerst.  Archiv  Eggenberg  L.  3.  24. 


—  128  — 

* 

hervor  *  \  worin  er  Eggenberg  mittheilt,  ilass  er  ihn  an  Stelle 
des  Freiherrn  Christof  von  Teuffenbach  zum  Feldobersten  in 
Ober-Ungarn  bestellen  wolle,  dass  er  jedoch  erst  im  Herbste 
an  diesen  neuen  Bestimmungsort  abzugehen  habe.  Inzwischen 
solle  er  nach  Wien  kommen  „und  daselben  nicht  allein  über 
die  Stadtguardi  disponiren,  sondern  auch  neben  der  Burger- 
schaft und  Ihr.  Maj.  deputirten  Herren  Räten  die  Stadt  selbst 
inwendig  und  auswendig  an  Mauern,  Basteien,  Courtinen, 
Gräben  und  dergleichen  reparieren,  in  omnem  eventum,  soviel 
sich  immer  thun  lässt,  befestigen  und  versichern''.  Die  Noth- 
wendigkeit,  Wien  in  vertheidigungsiähigen  Stand  zu  versetzen, 
war  in  den  letzten  Jahren  wieder  mehr  als  je  hervorgetreten, 
als  die  Gerüchte  von  einer  bevorstehenden  Belagerung  so 
entschieden  aufgetreten  waren.  Im  August  1594  hatten  „die 
hinterlassenen  Kriegsräte  **  eine  Reihe  von  Vorstellungen  in 
dieser  Angelegenheit  an  den  Kaiser  gelangen  lassen.  Am 
eindringlichsten  spricht  sich  die  vom  10.  August  aus  '  ): 
„Es  sei  dringend,  das  Erzherzogtum  Oesterreich  und  sonderlich 
die  Stadt  Wien  zu  schützen,  weil  es  dazu  gekommen,  dass 
Sinan  Pascha  nach  Erobeiiing  von  Wesprim,  Palota,  Totis 
und  St.  Martinsberg  Raab  mit  grosser  Gewalt  belagere.  Wenn 
Raab  gefallen  sei,  stehe  zu  erwarten,  dass  dieser  alte,  kriegs 
erfahrne,  listige  Krieger,  der  seine  Proben  gegen  Venedig, 
Persien  und  die  spanische  Majestät  abgelegt  hat,  sich  gegen 
Wien  wenden  werde.  Obwol  die  Räte  schon  im  October  1593 
dem  Kaiser  die  Vorlagen  wegen  Instandsetzung  Wiens  für 
eine  Belagerung  gemacht  hätten,  sei  bis  jetzt  doch  gar  nichts 
geschehen.  Seit  etlichen  Jahren  sei  an  der  Befestigung,  mit 
Ausnahme  der  Schottenbastei  nichts  erneuert  worden.  Es  be- 
dürfe vor  Allem  eines  ansehnlichen  Hauptes  und  Obristen, 
eines  Stadthauptmannes  und  zugleich  Obrist-Leutenants,  der 
nach  der  bisherigen  Gewohnheit  und  Instruction  auch  die  Bürger 


^<)  Ebendaselbst. 

8 
'^  K.  k.  Kriegsarchiv  in  Wien.  1694.  ß~~iQ~ö" 


-     129  — 

IQ  r^eren  habe,  ferner  Eriegsvolk,  Baumeister,  Verprovian« 
tiemng,  Munition.*' 

War  damals  die  Gefahr  auch  trotz  des  Verlustes  von 
Raab,  das  Hardeck  an  Sinan  Pascha  übergab,  glücklich  vor- 
abei^egangen,  so  musste  sie  sich  doch  jedes  Jahr  erneuern 
und  der  Kaiser  konnte  dem  Verlangen  seiner  Käthe  nicht  langer 
Stillschweigen  entgegensetzen.  Eggenberg  äusserte  sich  schon 
am  12.  Juli  auf  das  kaiserliche  Befehlsschreiben  in  einer  Weise, 
die  eilceiuien  lässt,  dass  ihm  der  Plan,  ihn  mit  der  Armirung 
von  Wien  zu  betrauen,  bereits  bekannt  geworden  war^').  Er 
schreibt  an  den  Kaiser,  er  habe  zwar  gehofft,  dass  man  ihn 
wegen  der  von  ihm  vorgebrachten  Motiven  der  Beschäftigung 
m  Wien  entheben  werde,  habe  aber  darüber  keine  Erledigung 
bekommen.  Wegen  der  Verantwortung,  welche  er  gegenüber 
dem  Erzherzoge  Ferdinand  und  dem  Kurfürsten  von  Cöln,  der 
ihm  Güter  anvertraut  habe,  trage,  müsse  er  jedenfalls  einige 
Wochen  Frist  erbitten.  Er  sei  bereit,  dem  kaiserlichen  Auftrage 
nachzukommen,  müsse  jedoch  erklären,  dass  er  hiezu  Bau- 
meister und  andere  erfahrene  Leute  brauche,  die  ihm  bei  Be- 
schaffung des  Proviants  an  die  Hand  gehen,  ;,da  er  der  Land 
Gelegenheit  ein  Unbekannter  sei^.  Dass  er  jedoch  ohne  genaue 
Instruction  über  die  ihm  zu  Gebote  stehenden  Mittel  und  den 
Umfang  des  Erforderlichen  »solchen  Carico,  wie  der  Buchstabe 
lautet ,  genügsamer  Gegenwehr  und  .Defension  absolute  auf 
sich  allein  nehmen  solle,  was  zehn  oder  zwanzig  seines  Kopfs 
Vermögens  gleichen  zu  schaffen  gebe^,  das  würde  doch  Se. 
Majestät  ihm  nicht  aufladen.  Wenn  ihm  aUes  Nothwendige 
geliefert  werde  und  er  eine  Specifidrung  seiner  Verrichtung 
and  Verantwortung  erhalte,  so  wolle  er  mit  Gottes  Hilfe  ans 
Werk  gehen.  —  Am  1 7.  Juli  fertigte  der  Kaiser  in  Prag  den 
Bestallungsbrief  für  Eggenberg  aus^^).  Im  Eingange  ist  die 
drohende  Gefahr  durch  des  Sultans  persönlichen  Anzug  gegen 
Wien  erwähnt,  woraus  sich  die  Nothwendigkeit  ergebe,  Wien 


^^  Herberat  Arch.  Eggenberg  L.  8.  24. 
'*]  Ebendaselbst. 

Kitikril.  ätm  Mut,  Yercinea  f    8f«ienBaHc.  XZV1.  Hefl,  1878.  ^ 


—   130  — 

als  nächste  Grenzfestung  zu  vertheidigen.  Eggenberg  solle  seinen 
„Ressort  nach  uns  (dem  Kaiser)  auf  unsem  freundlichen  ge- 
liebten Bruder  und  Fürsten  Erzherzogen  Maximilian  zu  Oester- 
reich  haben".  Bauverständige  und  Proviantmeister  werden  ihm 
zur  Seite  gegeben,  im  Falle  der  Belagerung  werde  fttr  die 
fernere  Notdurft  Fürsehung  getragen  und  ihm  über  sein  Ver- 
mögen nichts  aufgetragen  werden.  Wegen  einer  Besoldung 
werde  mit  ihm  nichts  verglichen,  sondern  er  werde  durch  die 
kaiserliche  Gnade  so  bedacht  werden^  dass  er  zufrieden  sein 
könne.  Vorläufig  hatte  Eggenberg  jedoch  noch  den  grössten 
Theil  seiner  Bezüge,  die  ihm  als  General  der  windischen  und 
croatischen  Grenze  gebührt  hatten,  ausständig.  Der  Kaiser 
trachtete  daher,  um  Eggenberg  zur  Annahme  des  neuen  Com- 
mandos  zu  bewegen,  ihn  wegen  dieser  noch  offenen  Forderung 
zu  befriedigen.  Er  schrieb  daher  am  20.  Juli  an  Erzherzog 
Ferdinand  ''^):  der  Erzherzog  möge  die  Bestellung  Eggenbergs 
zum  Feldobersten  in  Ober-Ungarn  nicht  hindern,  ihm  auch 
seine .  Gnade  nicht  entziehen  und  nachdem  Eggenberg,  als 
General- Oberstlieutenant  der  Grenze,  sowie  der  von  Auersperg 
zu  gleichen  Theilen  vom  Kaiser;  vom  Erzherzoge  und  von  den 
Landen  unterhalten  wurde,  solle  er  dafür  sorgen,  dass,  nach- 
dem ihn  der  Kaiser  contentirt,  auch  die  zwei  anderen  zur 
Zahlung  verpflichteten  Theile  den  Ausstand  begleichen. 

Erzherzog  Maxmilian  billigte  in  einem  Schreiben  an  den 
Kaiser  aus  dem  Feldlager  vor  Hatvän  ' ')  die  Berufung  Eggen- 
bergs, es  scheint  auch,  dass  dieser  sich  sofort  nach  Wien 
begeben  und  über  den  Zustand  der  dortigen  Werke,  sowie 
des  Kriegswesens  der  Stadt  ein  Gutachten  verfasst  habe.  In 
einem  Berichte  der  Wiener  Kriegsräthe  an  den  Kaiser  vom 
12.  August'')  heisst  es:  Der  Kaiser  werde  aus  ihrem  Bericht 
und  des  von  Eggenberg  „Discurs""  ersehen,  was  die  vornehmsten 
Mängel  seien.   Dieselben  könnten  in  der  Eile  nicht  remedirt 


^')  Herberst.  Archiv.  Eggenberg.  L.  8.  24. 
'VK.  k.  Kriegsarchlr  in  Wien.  1596.  8.  19. 
''^)  Ebendaselbst. 


—  131   - 

werden  und  auf  eine  unausgebaute  Fortezza  köqne  man  sich 
nicht  verlassen.  Sie,  sowie  der  von  Eggenberg  und  alle  Kriegs- 
erfahmen  wQssten  kein  anderes  Mittel;  als  dass  durch  männ- 
liche, ritterliche  Hand  der  Feind  von  Belagerung  dieser  Stadt 
lüöglichst  abgehalten  werde.  Ueber  eine  weitere  ThäUgkeit 
Ruprechts  in  Wien  ist  mir  nichts  bekannt  geworden;  seine 
Berufung  dahin  war  von  Seite  des  Kaisers  eben  nur  ein  Be- 
ruhigungsmittel gewesen,  um  der  gewaltigen  Angst  vor  einer 
Belagerung  doch  etwas  zu  steuern.  Für  diesen  äussersten 
Fan  glaubte  man  in  Eggenberg  den  Mann  gefunden  zu  haben, 
dessen  Ansehen  und  Kriegserfahrung  den  Bllrgern  und  Ver- 
theidigungstruppen  Vertrauen  einflössen  werde,  der  auch  im 
letzten  Augenblicke  die  nöthige  Energie  und  Kaltblütigkeit 
besitzen  würde.  Sobald  die  äusserste  Gefahr  vorübergegangen 
war,  brauchte  man  Eggenberg  nicht  mehr  in  Wien,  denn  für 
eine  dauernde  Instandsetzung  der  Festungswerke,  für  eine 
sTKtematiscbe  Behandlung  des  Vertheidigungswesens  hatte  man 
kern  Geld. 

Im  Frühjahre  1597  wurden  daher  mit  Eggenberg  neuerlich 
Verhandlungen  eingeleitet  Dieselben  galten  jetzt  der  Ueber- 
nahme  des  Feldzeugmeisteramtes  in  Ungarn.  Der  Kaiser  schrieb 
darüber  am  28.  Mdrz  des  genannten  Jahres  an  Erzherzog 
Maxmilian^^:  Er  habe  Eggenbergs  Erklärung  wegen  Ueber- 
nahme  des  Feldzeugroeister-Amts  vernommen,  „^as  er  üun 
anfangs  von  voriger  Behandlung  des  Ober-Ungarischen  Befehls 
halber  anrührt  und  insonderheit  ihm  denselben  dergestalt,  dass 
er  solchen  nach  vollendtem  Feldzug  antreten  möge,  vorzube- 
halten vermeinen  und  begehren  thut:  Darauf  wollen  Euer 
Liebden  ihm  zu  verstehen  geben,  dass  unsere  gnädigste  In- 
tention jetzo  dahin  gestellt  sei;  dass  er  dies  Jahr  nicht  allein 
zu  Feld  unser  Obrister  Zeugmeister  sein,  sondern  auch  hernach 
dasselbe  stetig  Amt  bediene  und  also  in  solchen  ein  Ordinari 
LHenst  neben  einer  Kriegsrat-Stell  zu  Wien  haben  solle,  daher 
es  sich  dann  nicht  thun  lässt,  dass  der  Zeit  und  jetzig  Läufifen 


^  Herfoerst.  Arch.  Eggenberg.  L.  3.  24 

9* 


—  132  — 

nach  bedenklicher  Welt  so  ein  vornehmen  Befehl,  als  der 
Ober-Ungarisch  einer  ist,  unbestellter  zu  lassen.''  Was  das 
deutsche  Regiment  betrifft,  welches  Eggenberg  zu  dem  Obrist- 
Zeugmeisteramte  begehre,  so  hält  auch  der  Kaiser  dies  für 
sehr  nützlich,  da  aber  kein  Geld  hiezu  vorhanden  sei^  so 
könne  er  auch  nichts  Bestimmtes  zusagen,  es  werde  jedoch 
der  Erzherzog  die  zur  Artillerie  nöthige  Mannschaft  ^»nach 
Gelegenheit  verordnen".  Bezüglich  der  Forderung  Eggenbergs 
von  seiner  crabatischen  Bestallung  her  werde  er  sich  erst  mit 
Erzherzog  Ferdinand  vergleichen.  Aus  diesem  Schriftstücke 
geht  hervor,  dass  der  Kaiser  die  höchst  gerechtfertigte  Absicht 
hatte,  das  gesammte  Artilleriewesen  der  gegen  die  Türken 
aufgestellten  Truppen  unter  die  einheitliche  Leitung  eines 
tüchtigen  Fachmannes  zu  stellen.  Ein  Oberst-Zeugmeister,  der 
nebst  dem  Feldmarschall,  d.  i.  dem  Befehlshaber  des  reisigen 
Zuges,  der  Ritterschaft,  und  dem  Obersten  der  Fussknechte 
ein  selbständiges  Amt  unter  dem  obersten  Feldhauptmanne 
inne  hatte,  war  für  ein  wolausgestattetes  Heerwesen  unbedingt 
nothwendig.  Ihm  unterstand  die  gesammte  Feld-  und  Festungs- 
Artillerie,  sowie  Alles,  was  mit  Belagerung  und  Vertheidigung 
fester  Plätze  in  Verbindung  stand.  Er  hatte  die  Zeughäuser 
einzurichten  und  zu  ordnen,  fQr  Geschütz,  Munition,  Bedienungs- 
mannschaft und  Bespannung  zu  sorgen;  er  bedurfte  desshalb 
auch;  wie  Eggenberg  selbst  verlangt  hat,  eine  genügende  Be- 
deckung zum  Schutze  seiner  werthvollen  Objecte,  für  die  er 
verantwortlich  war. 

Es  dauerte  geraume  Zeit,  bis  man  Handels  einig  war. 
Eggenberg  wollte  vor  Allem  seine  Forderungen  von  der  letzten 
Bestallung  an  der  Grenze  her  gesichert  wissen;  er  hat  dies 
jedenfalls  zur  Vorbedingung  seiner  Annahme  gemacht,  weshalb 
ihm  der  Kaiser  am  24.  Juni  1597  '")  mittheilte,  er  wünsche  eine 
Specification  seiner  crabatischen  Prätensionen  und  dessen^  „was 
ihm  in  Abschlag  der  5474  fl.  15  kr.,  so  er  den  Reitenauischen 
Knechten,  Francorschen  Reitern  zu  Petrinia  fürgeliehen, 


'•)  Herberst.  Archiv.  Eggenberg   L,  8.  24. 


—  133  — 

bis  auf  diese  Zeit  erlegt  worden".  Erst  aai  31.  Juli  d.  J. 
wQide  ihm  der  kaiserliche  BestaUungsbrief  als  General-Obrist- 
Feld-Zeugmeister  ausgestellt^").  Darin  hiess  es,  er  habe  für 
die  Bereitung  und  Bewahrung  der  Munition  zu  sorgen,  darauf 
zu  sehen,  dass  mit  dem  Pulver  gespart  und  ohne  Gefahr  um- 
gegangen werde,  den  Schlitzen  solle  Pulver  und  Munition 
nicht  nach  ihrem  Begehren,  sondern  nach  Nothwendigkeit  ge- 
reidit  werden ;  er  habe  dahin  zu  wirken,  dass  die  zum  Artillerie- 
^t  gehörigen  Officiere,  Diener,  Werkleute  ihre  Dienste  ver- 
seben, dass  Fuhrleute,  Geschütz-  und  Wagenpferde  in  völliger 
Anzahl  TÖrhanden  sind.  Wenn  es  zu  einem  Abzug  kommt  oder 
im  Felde  nichts  zu  thun  gibt,  solle  er  das  Geschütz  und  Zeug 
in  das  Zeughaus  in  Wien,  oder  wo  es  ihm  geschafft  sein  wird, 
gut  unterbringen  und  darüber  ein  Inventar  anlegen.  Er  habe 
den  Erzherzog  Maxmilian  und  dessen  General-Oberst-Leutenant 
wh  ihm  „anzusehen"  und  deren  Anordnungen  in  Artillerie- 
Aachen  auszurichten.  Dafür  werden  ihm  fbr  Leibsbesoldung  und 
iK)thwendige  Staats-Personen,  die  in  dem  Artillerie-Staat  nicht 
passirt  werden  sollten,  monatlich  vom  1 5.  August  an,  so  lange 
er  im  Felde  dient,  1 200  Gulden  zugesichert  Wegen  des  ausstän- 
digen Bestes,  welchen  Eggenberg  zu  prätendiren  hatte,  war  die 
Uoikammer  schon  früher  angewiesen  worden,  ihn  mit  einem 
Theil  zu  befriedigen,  mit  dem  andern  zu  vertrösten.  Für  einige 
Fähnlein  zur  Versehung  seines  Amtes  sollte  Erzherzog  Max- 
Qülian  sorgen.  Den  Titel  General-Obrist-Feld-Zeugmeister  hatte 
%enberg  selbst  verlangt^'). 

Als  Erzherzog  Mathias  die  Stellung  als  Ober-General  in 
Ungarn  übernahm,  behielt  Eggenberg  das  Oberst-Zeugmeister- 
^t  and  war  dem  General  Basta,  der  als  Feldmarschall  dem 
tlrzherzoge  Maxmilian  zur  Expedition  nach  Siebenbürgen  folgte, 
gleichgestellt  Der  auf  Eggenberg  Bezug  nehm<^nde  Passus  der 
Iiaiserlichen  Resolution    für  den  Kriegsstaat  des  Erzherzog 


^  Herberst  Archiv.  Eggenberg.  L.  3.  24. 

M  K.  k.  Kriegsarcbiv  in  Wien.  Schreiben  des  Kaisers  an  Erzh.  Maxmilian 
▼om  8.  Mai  1597. 


—  134  — 

Mathias  vom  3.  August  1598^-)  lautet:  „weil  nämlichen  so 
viel  Zeit  mit  Abfertigung  des  angehenden  Feldobristen  in  Ober- 
Ungarn  Herrn  von  Eggenberg  fUraber,  und  derselbe  diesmal 
so  eilends  nit  anziehen  kann,  soll  Er,  Herr  Eggenberg,  noch 
diess  Jahr  solch  Obrist  Zeugmeistcramt  zu  Feld  versehen 
und  dann  nach  geendter  Feld  Expedition  sein  Abzug  in  Ober- 
Ungarn  nehmen,  mit  welchem  dann  also  Ihr  Fttrstl.  Durchl. 
bei  diesem  Amt  auch  ein  richtige  und  gute  Ersetzung  haben 
werden. **  Eggenberg,  scheint  diese  Stelle  jedoch  nicht  früher 
acceptirt  zu  haben,  als  bis  ihm  der  ausständige  Rest  seiner 
Geldforderungen  gezahlt  worden  war.  Dies  lässt  sich  aus 
einem  Schreiben  der  Erzherzogin  Maria  an  Eggenberg  vom 
21.  Juli  d.  J.  erkennen  **  •)•  Dasselbe  beginnt:  „Lieber  von 
Eggenberg,  Ich  hab  euer  Schreiben  vom  14.  d.  M.  wol  em- 
pfangen und  daraus  vernommen,  wie  euch  der  Kaiser  bestellt 
hat . . .  Unser  Herr  geh  euch  in  Allem  Glttck.  Ich  ireu'  mich 
von  Herzen,  dass  euch  *der  Kaiser  euren  Crabatischen  und 
Windischen  Rest  zahlen  will.  Er  ist's  euch  vor  Gott  schuldig. 
Ich  hätt*  es  gern  gesehen,  dass  ihr  vor  eurem  Hinreisen  zu 
uns  wärt. kommen  ..." 

Mit  der  Vertröstung  auf  die  Besetzung  des  oberungarischen 
Commanders  im  nächsten  Jahre  war  jedoch  der  Wiener  Hof- 
kriegsrath  nicht  zufrieden.  Er  sprach  in  einem  Gutachten  über 
die  erwähnte  kaiserliche  Resolution  ^^)  die  Meinung  aus,  es 
sei  sehr  zweifelhaft,  ob  sich  der  von  Eggenberg  „zu  einer  so 
langwierigen  Tractation  werde  brauchen  lassen^  und  müsste 
jedenfalls  seine  Antwort  darüber  abgewartet  werden.  In  Ober- 
Ungarn  sei  jedoch  ein  Befehlshaber  dringend  nothwendig,  da 
man  sich  auf  die  Verwaltung  des  Amtes  durch  Rakoczi  durch- 
aus nicht  verlassen  könne. 

Zu  dem  Stritte  des  vielbesprochenen  Generalates  in 
Ober-Ungarn  kam  es  von  Seite  Eggenbergs  nicht  Es  scheint 


»*)  K.  k.  Kriegsarchiv  in  Wien. 

^^)  Ebendaselbst 

*^)  KuDiar,  Geschichte  der  Burg  und  Familie  Herbersiein.  II.  160. 


-    135  — 

Tielmehr,  dass  derselbe  das  Feldzeugmeister-Amt  unter  Erz- 
heßog  Mathias  auch  in  den  nächsten  Jahren  noch  versehen 
habe.  Genauere  Daten  sind  darüber  nicht  vorhanden,  seine 
Thätigkeit  tritt  erst  wieder  in  den  Vordergrund  der  Kriegs- 
begebeDheiten  durch  seine  Ernennung  zum  Commandanten 
von  Raab.  Diese  Hauptfestung  war  am  28.  März  1598  durch 
Adolf  Freiherm  von  Schwarzenberg,  Commandant  von  Comorn, 
wieder  erobert  worden  und  das  erste  Commando  daselbst  war 
^on  Eggenbergs  Kriegskameraden  von  1593,  Herrn  Melchior 
von  Rödem,  versehen  worden.  Im  Jahre  1600  erhielt  dieser 
das  Directorium  in  Ober- Ungarn  und  im  Frühjahre  1602 
erscheint  Ruprecht  von  Eggenberg  bereits  in  seiner  neuen 
Stellung  in  Baab.  Dieselbe  war  von  grösster  Wichtigkeit.  Raab 
sammt  den  umliegenden  Castellen  und  befestigten  Orten  galt 
als  die  Vormauer  von  Wien.  Das  Commando  des  dortigen 
Festangs-Commandanten  reichte  bis  an  den  Plattensee  und 
bot  Dicht  nur  Gelegenheit  zur  Yertheidigung,  sondern  auch 
2u  wirksamen  Beunruhigungen  des  Feindes  auf  dessen  eigenem 
(S^biete,  da  sich  jede  Expedition  auf  eine  feste  Operations- 
basis stQtzen  konnte.  Eine  erschöpfende  Darstellung  des 
Wirkongskreises,  innerhalb  dessen  sich  Ruprecht  von  Eggenberg 
in  Raab  bewegte,  bietet  die  von  Erzherzog  Mathias  am  1.  Februar 
1602  ausgestellte  „Instruction,  was  der  Edl  unser  lieber  ge- 
^oer  Ruprecht  von  Eggenberg,  Freiherr  zu  Ehrenhausen, 
der  Kais.  Htt  unseres  geliebten  Herrn  und  Bruders  Rat, 
als  der  von  höchstgedachter  Kais.  Mtt  zum  Obristen  gegen 
^b  fOrgenommen  worden,  in  solchem  seinen  Obristen  Befehl 
getreues  Fleiss  handeln  und  verrichten  solle"  "'). 
1.  Er  hat  die  Festung  Raab  sammt  der  „anrainenden  Dition'' 

der  Kais.  Mtt.  zu  bewahren. 
2'  £r  soll  durch  christliche  Seelsorger  Gottesdienst  halten  lassen 

<u)d  das  Kriegsvolk  zu  christlichem  Leben  verhalten. 
3.  Er  soll  darauf  sehen,  dass  die  Besatzung  genau  dem  „Ordinari 

Status''    entspricht   Bei   offenem   Kriegsfall   kann    sie   auch 

verstärkt  werden. 


")  Herbent  Archiv.  Eggenberg.  L.  8.  24. 


—   136  — 

* 

4.  Die  Bürger  sollen  in  ihrem  Hab  und  Gut  geschützt,  im  Kriegs- 
fall jedoch  zur  Yertheidigang  herangezogen  werden. 

5.  Bischof  and  Capitel  sollen  in  ihrer  Jurisdiction  und  Reckten 
beschützt  werden. 

6.  Die  Bauern  und  Freisassen  um  Raab  sollen  ebenfalls  geschützt, 
was  ihnen  vom  Kriegsvolk  abgekauft  wird,  nach  Billigkeit 
bezahlt  werden. 

7.  Durch  ein  Gomit6  von  zweien  aus  der  Bürgerschaft,  zweie  u 
aus  der  Gespannschaft,  zweien  vom  deutschen,  zweien  vom 
ungarischen  Kriegsvolk  soll  Proviant  undFourage  in  bestimmten 
Z^eiträumen  „beteuret"  werden. 

8.  Damit  das  ihm  unterstehende  Kriegsvolk  in  Raab  und  den 
Grenzhäusern  immer  in  gehöriger  Anzahl  vorhanden  und  wohl- 
gerüstet sei,  solle  er  dasselbe  entweder  selbst  oder  in  seiner 
Abwesenheit  durch  einen  Obristlieutenant  fleissig  „bereiten  und 
besichten*'  lassen.  Seiner  Administration  und  Justitia  soll 
kein  Eintrag  gethan  werden. 

9.  Die  Feldschreiber  sollen  zu  genauer  Evidenzhaltnng  des  deutschen 
und  ungarischen  Kriegsvolkes  angehalten  und  daran  nicht  ge- 
hindert werden. 

10.  Das  „Kutschifahren*^  der  ungarischen  Reiter,  sonderlich  der 
„Fellegien"  soll  hintaugehalten  werden,  weil  dadurch  die  Reihen 
nicht  eingehalten  und  die  Anzahl  Pferde  geschwächt  werden. 

11.  Jeder  „Dienstmann ^  soll  seine  schuldigen  Pferde  und  Diener 
halten ;  wer  dies  nicht  thut,  soll  dem  Kaiser  angezeigt  werden, 
damit  dessen  Stelle  auf  andere  Weg  ersetzt  werde.  Auch  soll 
Niemand  von  der  Bürgerschaft  oder  den  Kriegsleuten  dabei 
„eingebracht^  werden. 

12.  Er  hat  darauf  zu  sehen,  dass  immer  genügender  Yorrath  von 
Proviant  vorhanden  ist,  eigennützige  Proviantmeister  „anhero" 
anzuzeigen. 

1 3.  Pulver  und  Munition  in  Stand  halten,  nichts  unnütz  verschiessen. 

14.  Er  soll  sich  mit  Bau  verständigen  über  ein  „Modell^  der 
Festung  vergleichen,  dasselbe  dem  Kaiser  einsenden,  die  noth> 
wendigsten  Ausbesserungen  und  Befestigungen  ohne  über- 
flüssigen Zierrath  und  Pracht  ausführen  lassen. 


—  137  — 

15.  Wenn  die  ungarischen  oder  „andere^  St&ndc  Hilfe  oder  Robbot 
bewilligen,  soll  dieselbe  gut  angewendet  und  Niemand  zu  mehr, 
als  er  schuldig,  angehalten  werden. 

16.  Plätze  und  Ausg&nge  dürfen  nicht  verbaut  werden,  so  dies 
geschehen,  solle-  er  wieder  fftr  Erweiterung  sorgen. 

17.  Nachden  jetzt  die  Gassen  und  Plätze  von  Koth  und  Mist 
angefollt  seien,  und  dies  im  Sommer  leicht  eine  „Infection" 
hervorrufen  könnte,  soll  er  nach  Gutachten  der  Baumeister 
die  Unsauberkeit  durch  Diejenigen,  welche  sie  gemacht  haben, 
wegf^ren  lassen  (!). 

18.  Fftr  das  Kundschafterwesen  werden  ihm  200  Gulden  Steirisch 
bewilligt.  Die  incorporierten  Grenzen,  als :  die  Oberhauptmann- 
schafl  zu  Stuhlweissenburg  mit  den  Grenzhäusern  Tschohoki 
und  Schikvar,  die  Hauptmannschaften  zu  Pallota,  Wesprim, 
Papa,  Tihan,  Tscheben,  Wäschön,  Kestel,  Szegligeth,  Tscheswek, 
St.  Martinsperg,  Tottes  und  Gestes  sollen  alle  Kundschaften 
sofort  zu  seiner  Kenntniss  bringen. 

19.  Den  Kreishauptlenten  zu  Comom  und  Gran  ist  aufgetragen, 
ihm,  wenn  nöthig,  Hilfe  zu  bringen. 

20.  Mit   diesen  hat  er   stets  vertraute  Correspondeuz  zu  halten. 

21.  Stuhlweissenburg  wird  ihm  untergeordnet,  er  hat  daselbst 
öfters  zu  visitiren. 

22.  Wenn  der  Kaiser  mit  den  Türken  Frieden  schliesst,  soll  er 
der  Capitulation  nicht  zuwiderhandeln. 

23.  Keiner  von  den  untergebenen  Kriegsleuten  darf  mit  den  Türken 
ohne  sein  Yorwissen  in  Correspondenz  treten. 

24.  Das  Qnnöthige  „Streifen*',  das  gewöhnlich  nur  dem  Eigennutz 
dient,  ist  zu  verbieten. 

25.  Wenn  aber  der  Türke  streift,  oder  „da  die  Üuterthanen 
beiderseits  gehuldigt,  etwas  befestigen  wollen^,  solle  er  ent- 
weder allein  oder  mit  Hilfe  der  benachbarten  Grenzhäuscr 
Widerstand  und  Abbruch  thnn. 

26.  Wann  sie  dabei  Glück  haben  und  Beute  machen,  solle  es 
nach  der  gewöhnlichen  Ordnung  gehalten  werden  und  jeder- 
zeit die  Paschas,  Sandschaks,  Begs  und  Beys  der  Kais.  Mtt- 
als  Kriegsherrn  frei  „bevorgehalten  werden*'.  Der  Oberst  solle 


—  138   — 

sich  mit  einer  „yerehraDg"  begnügen  and  die  armen  Kriegs- 
leaie  fiber  Gebühr  nicht  beschweren. 

27.  Die  Freien  und  Haidncken,  die  sich  nicht  zum  k.  Eriegsvolk 
begeben  nnd  auf  eigene  Faust  rauben,  soll  er  nicht  dulden, 
sondern  znr  Bestrafung  anhalten  lassen. 

28.  Wenn  er  ins  Feld  rückt,  soll  die  Festung  eine  gehörige  Be- 
satzung und  einen  Commandanten  behalten. 

29.  Er  solle  über  alle  Vorkommnisse  an  den  Kaiser  und  den 
Hofkriegsrath  berichten  und  „summariter  alles  das  thnn  und 
handeln,  was  einem' getreuen  Obristen,  der  Kais.  Htt.  Rat 
und  Unterthan  zu  thun  gebürt**. 

Zusammenhängende  Berichte  über  Eggenberg's  Thätigkeit 
in  Raab  sind  nicht  vorhanden,   es  sind  nur  Meldungen  Über 
vereinzelte  Begebenheiten,  aus  welchen  wir  Anhaltspunkte  für 
ein  Bild  derselben  gewinnen  können.  —  Ich  beschränke  mich 
darauf,  dieselben  in  Kürze  zu  regestriren  **). 
9.  Juni  1602.  Bericht  an  Erzherzog  Mathias,   dass  100  un- 
garische Freibeuter  in  Comom  den  Ali  Pascha,  der  sich 
zu  Schiff  nach  der  „Portten"  begeben  wollte,  gefangen 
genommen  und  nach  Weissenburg  gebracht  haben.  Der 
Pascha    habe   sich   stark   gewehrt  und   zwei   Schüsse 
bekommen.   Eggenberg  habe  ihn  gleich  verbinden  und 
ihm  eine  Kugel .  herausschneiden  lassen.   Den  nächsten 
Tag  werde  er  ihn  nach  Wien  senden*'). 
1.  September  1602.  Bericht  über  die  am  28.  August  erfolgte 

Ueberrumplung  von  Weissenburg  durch  die  Türken. 
8.  September  1604.   Erzherzog  Mathias  ersucht  den  Kaiser, 
Herrn  von  Eggenberg,  der  sich  schon  geraume  Zeit  in 


^^  Sämmtliche  zu  Grunde  liegende  Actenstücke  befinden  sich  hn  k.  k. 
EriegsarchiTe  zu  Wien. 

9^  Kheyenhiller  (VI.  2668)  erzählt,  dass  mit  dem  Pascha  auch  ein  aus 
dem  Regunent  des  Obersten  Kollonitsch  entlaufener  Aufnr&rter  aus 
dem  Oeschlechte  der  von  Pranckh  gefangen  worden  sei.  Er  habe  sich 
jedoch  verzweifelt  gewehrt  und  sei  ihm  der  Kopf  abgehauen  worden.  — 
Vom  Jahre  1608  berichtet  Ehevenhiller  einen  gludclichen  Streifzug 
Eggenberg's  gegen  Stublweissenburg. 


—  139  — 

Prag  aufhalte  und  jetzt  noth wendig  bei  seinem  Befehle 
in  Raab  sein  solle,  alsbald  gnädigst  nach  Raab  zu  „ver- 
schaffen und  daselbst  gute  Anordnung  und  Bestellung 
durch  ihn  thun  zu  lassen^. 
1.  October  1604.  Erzherzog  Mathias  nimmt  zur  Eenntniss, 
dass  der  Kaiser  dem  von  Eggenberg  „um  seiner  Leibs- 
beschaffenheit willen  des  Obristen  Befehls  zu  Raab  mit 

« 

Gnaden  erlassen  und  denselben  Befehl  seinem  Rat  und 
Oberst  Feldmarschall  Christof  Russwurmb  verliehen 
habe". 

Die  Enthebung  vom  Commando  zu  Raab  war  jedoch  nur 
eine  zeitweilige,  denn  im  Jahre  1606  finden  wir  Eggenberg 
bereits  wieder  auf  seinem  Posten.  Sein  letztes  Dienstjahr 
brachte  ihm  jedoch  viele  Unannehmlichkeiten  und  es  lässt  sich 
begreifen,  dass  der  alte  Kriegsmann  den  Entschluss  fasste, 
den  Rest  seiner  Tage  in  Ruhe  zu  verbringen.  Der  Zwiespalt 
QDd  der  immer  schärfer  hervortretende  Gegensatz  zwischen 
dem  Kaiser  und  Erzherzog  Mathias  mussten  Eggenberg's 
Stellung,  durch  welche  er  beiden  verpflichtet  war,  jedenfalls 
erschweren.  Eine  offene.  Parteinahme  für  einen  oder  den  an- 
deren woUte  er  wahrscheinlich  vermeiden  und  doch  drängten 
die  Verhältnisse  dazu.  Am  wenigsten  scheint  das  Pactiren  des 
Erzherzogs  Mathias  mit  den  ungarischen  Rebellen  (unter 
Boczkay's  Führung)  seinen  Intentionen  entsprochen  zu  haben. 
Er  hatte  deren  Unverlässlichkeit  und  Hinterlist  längst  durch- 
schaut In  seinem  Territorium  mögen  die  Zustände  im  Frühjahre 
1606,  als  Mathias  dem  Uebermuthe  der  aufständischen  Ungarn 
Concessionen  zu  machen  sich  genöthigt  sah,  besonders  un- 
erquicklich gewesen  sein.  Eggenberg's  Berichte  darüber  sprechen 
deutlich  genug.  Er  schreibt  am 

14.  April  1606  an  Erzherzog  Mathias:  Die  in  Raab  garni- 
sonirenden  Ungarn  erzeigen  sich  so  stolz  und  mit 
seltsamen  Reden,  dass  er  sich  nicht  mehr  traue,  mit 
ihnen  auszukommen.  Obwol  er  sie  bis  jetzt  im  Zaum 
gehalten  und  ihnen  „Knopf  und  Spitz*'  geboten,  wolle 
es  jetzt  doch  nicht  mehr  gehen  und  werden  diejenigen, 


—  140  — 

die  bis  jetzt  gut  kaiserlich  waren,  es  von  nun  an  mit 
dem  Boczkay  halten.  Gerade  diejenigen,  die  nach  Wien 
reisen  und  den  Erzherzog  um  Gnade  bitten,  seien  die 
Rädelsführer.  Sie  glauben,  man  wolle  sie  nicht  bezahlen, 
wenn  der  Friede  seinen  glücklichen  Ausgang  nicht  er- 
reichen würde.  Man  solle  daher  Raab  mit  Munition  und 
Proviant  versehen.  Schon  seien  14  Tage  über  den  ihm 
bewiUigten  Termin  seines  Abzuges  verflossen.  Da  er 
nothwendige  Rechtssachen  in  Steier  zu  besorgen  habe, 
werde  er  dem  Oberst  Brenner  das  Commando  übergeben, 
denn  er  befürchte,  vom  Podagra  befallen,  wieder  bett- 
lägerig zu  werden. 
17.  April  1606.  Der  Erzherzog  möge  den  Oberst  Breuner 
herabordnen.  Er  (Eggenberg)  liege  bereits  zu  Bette, 
könne  weder  fahren  noch  reiten  und  dem  Wesen  bei  der 
Festung  nicht  beiwohnen.  Dazu  erhebe  sich  zwischen 
den  Deutschen  und  Ungarn  (unter  der  Besatzung)  ein 
Unwillen  um  den  andern.  Sein  Wachtmeister  sei  gestern 
mit  Tod  abgegangen,  Oberst-Lieutenant  habe  er  keinen 
und  da  Hauptmann  Tannhammer  Gesundheits  halber 
nach  Wien  gereist  sei,  so  sei  die  Festung  von  Befehls- 
habern fast  entblösst 
19.  April  1 606.  Die  Rebellen,  die  sich  bisher  zwischen  Kaniscba 
und  Kopan  aufgehalten,  haben  bei  Tottis  ein  Lager 
errichtet  Es  sei  nothwendig,  Mannschaft  nach  Raab  zu 
schicken,  die  Ungarn  seien  wegen  der  Zahlung  unwillig, 
er  wisse  nicht,  ob  man  sich  auf  sie  verlassen  könne. 
Wenn  die  Zahlung  nicht  erfolgt  und  der  Friede  ge- 
schlossen werde,  wisse  er  nicht,  ob  er  sie  nicht  mehr 
als  Feinde,  denn  als  ihrer  Majestät  getreue  Freunde 
in  der  Festung  habe.  Der  Boczkay  liege  ihnen  mehr  im 
Herzen,  wie  Ihre  Majestät 
Bald  nach  diesem  Schreiben  dürfte  Eggenberg  Raab 
verlassen  und  damit  seine  militärische  Laufbahn  abgeschlossen 
haben.  Ein  officielles  Enthebungsdecret  liegt  jedoch  unter  seinen 
Papieren  nicht  vor.  Der  Kaiser  war  in  der  nächsten  Zeit  mit 


—  141  — 

sanen  eigenen  Angelegenheiten  zu  sehr  beschäftigt,  als  dass 
er  Eggenberg's  noch  besonders  gedacht  hätte;  mit  Erzherzog 
Mathias  scheint  Eggenberg  selbst  nicht  aaf  dem  besten  Fusse 
gestanden  zu  sein«  FQr  eine  Pension  hatte  der  Kaiser  schon 
bei  Gelegenheit  der  Erkrankung  Eggenberg's  in  Prag  gesorgt^ 
indem  er  ihm  einen  jährlichen  Betrag  von  1 000  fl.  auf  Lebens- 
dauer verschrieb.**)  Keineswegs  wQrde  jedoch  die  Annahme 
zolissig  sein,  als  habe  Ruprecht  zu  gerechten  Klagen  gegen 
sein  Commando  Anlass  gegeben  oder  er  sei  zu  weiterer  Be- 
schäftigung nicht  mehr  geeignet  gewesen.  Ein  Actenstück  aus 
dem  Jahre  1604  beweist,  dass  er  damals  zu  den  hervor- 
ragendsten Kriegshäuptern  des  Reiches  gezählt  wurde. 

In  einem  Gutachten  des  Grafen  Ludwig  zu  Sulz,  Präsi- 
denten des  Hoikriegsrathes,  beantragt  derselbe  die  Bestellung 
änes  General  -  Commissärs  des  gesammten  Kriegswesens,  der 
aDe  kaiserlichen  Befehlshaber  in  ihrer  Administration  zu  con- 
troliren  und,  wenn  nöthig,  zu  bestrafen  habe.  Es  mOsse  zu 
diesem  Befdd  ein  erfahrner  Kriegsmann  erwählt  werden,  der 
denselben  mit  Bescheidenheit  und  scharf  versehe.  Als  hiezu 
geeignet  nennt  er  den  Hofkammerpräsidenten  Bemh.  Leo  Call, 
den  Freiherm  Hans  Friedrich  von  Mersperg,  Hans  von  Mollart, 
Christof  von  Egkh,  Ruprecht  von  Eggenberg,  Bar- 
tolomae  Pezzen,  Hans  Reichart  von  Schöneburg,  Zacharias 
Geizkofler  und  Ferdinand  von  Hoyos. 


lY. 

Erhebung  in  denFreiherrnstand.— Oekonomisches.— 
Tod,  Testament,  Leichenbegängniss, 

Nachdem  ich  die  militärische  Laufbahn  Ruprechts  von  Eg- 
genberg bis  zu  ihrem  Abschlüsse  verfolgt  habe,  erübrigt,  eines 
Ereignisses  zu  gedenken,  welches  fbr  die  Geschichte  des  Hauses 
Eggenberg  ebenso,  wie  für  die  unseres  Kriegsmannes  von  be- 
sonderer Bedeutung  ist :  die  Erwerbung  des  Freihermstandes. 


")  Registratnr  d.  k.  k.  Landger.  Oraz.  Verla 88- Acten. 


—   142  — 

Im  vorliegenden  Falle  haben  wir  darin  nicht  nur  die 
Vermehrung  von  Wappen  und  Titulatur  zu  begreifen,  sondern 
die  Einreihung  emer  durch  ein  Jahrhundert  im  Lande  Steier- 
mark begüterten  und  den  öffentlichen  Geschäften  sich  wid- 
menden Familie  in  den  ersten  der  damals  zur  Theilnahme  an 
der  Regierung  berufenen  Stände  —  den  Herrenstand.  Der 
Sieger  von  Sissek  und  Petrinia,  der  langjährige,  unverdrossene 
Diener  des  Hauses  Habsbui-g  konnte  von  seinem  Kaiser  diese 
Gnade  erbitten,  er  konnte  nicht  nur  seine  eigene  Person, 
sondern  das  Gesammthaus  der  Eggenberge,  dessen  weitaus 
bedeutendstes  Glied  er  war,  der  kaiserlichen  Huld  empfehlen, 
von  ihm  war  es  keine  leere  Phrase,  wenn  er  dagegen  versprach, 
die  Familie  werde  sich  durch  Thaten  dieser  Ehre  würdig  zu 
zeigen,  bestrebt  sein.  Ruprecht  hat  die  Felsenstufe  gehauen, 
von  der  aus  sein  Vetter  Hans  Ulrich  den  Weg  des  Ruhmes 
weiter  wandeln  konnte,  denn  auch  diesen  hat  auf  Ruprechts 
Bitte  der  Kaiser  in  die  Standeserhöhung  einbezogen,  als  er 
am  29.  December  1598  das  Freihermdiplom  für  seinen  General- 
Feldzeugmeister  ausstellte.  "**) 

Das  Dankschreiben,  welches  Ruprecht  nach  der  ersten 
Mittheilung  dieser  Gnadenbezeugung  an  den  Kaiser  richtete,  **  ) 
bezeugt  es  ebenso,  wie  ein  später  noch  zu  berührender  Briei 
Hans  Ulrich's  an  Ruprecht,  dass  nur  auf  die  Intervention  des 
letzteren  hin  der  künftige  Fürst  und  Herzog  von  Krumau  den 
Freiherrnstand  erwarb.  Dasselbe  lautet: 

„Allerdarchlauchtigster,  grossmächtigster  Kaiser, 

Ailergnädigster  Herr! 
Euer  Kais.  Mit.  allergnädigste  Resolution  auf  mein  ehelängst 
übergebenes  gehorsamliches  Supplicieren  für  mich ,  meinen 
Namen  und  Stammen  betreffend,  hab  ich  mit  gebürllcher 
Uuterthänigkeit  gehorsamst  vernommen,  thue  mich  auch  für 
mich  und  mein  ganzes  Geschlecht  gegen  Euer  Kais.  Msy.  der 
Kaiserlichen  Gnad    nnterthänigst   und  allergeborsamst  bittend, 


^*)  Herberst.  Arcb.  Eggenbg.  L.  4.  43. 
•^  Ebendaselbst.  L.  3.  24. 


—  143  — 

die   gemhen  Allergnädigst   in  deroselben  Reichs  -  Hof  -  Kanzlei 

zu    verordnen,    damit   mir  solche  Kaiserliche    Gnad   in  einem 

schriftlichen   Privilegio    auf  mich,    meine    Herrn  Brfider  Bar- 

tholomä  und  Hans  Christof,  auch  meinen  Vettern  Hans  Ulrichen 

sammt  allen  unsem  Erben  und  Erbs  Erben  lautend,  angehändigt 

«erde.    Solche   Kaiserliche  Gnad    will   ich   neben   und   sammt 

meinem  ganzen  Geschlecht  um  Euer  Kaiserliche  Majestät  und 

deroselben  Hochlöbliches  Haus  jederzeit  me  bis  dato  in  aller 

Unterthänigkeit  zu  verdienen  mich  befleissen.*^ 

Der  Brief  Hans  Ulrich's,  auf  den  ich  früher  hindeutete, " ') 

enthält  folgende  Stelle :  „Weil  ich  auch  verstanden,  dass  der 

lierr  jetzo  mit  Ihrer  Kais.  Mtt  unsem  gnädigsten  Herrn  nach 

Prag  verreiset,  so  bitte  den  Herrn  ich  dienstlichen  vermahnend, 

er  wolle  sowol  des  Wappens,  als  auch  des  andern,  so  ich  dem 

Herrn  nach  Ehrenhausen  geschrieben  und  er  sichs  ohne  Zweifel 

wol  erinnern  wird,   bei  der  Rom.  Kais.  Matt  ingedenk  sein. 

Hernes  Erachtens  ist  jetzo  ein  solche  Occasion,  die  vielleicht 

so  bald  hernach  nicht  kommen  möchte."    In  Verbindung  mit 

dem  Yorher  mitgetheilten  Schreiben  Ruprechts  lässt  sich  diese 

Stdle,   die  noch  durch  eine  in  spanischer  Sprache  angefügte 

Bemerkung  ergänzt  wird,  wohl  dahin  auslegen,  dass  Hans  Ulrich 

dabei  die  Ausdehnung  des  Freihermpatentes  auf  ihn  im  Auge 

gehabt  habe. 

Tbatsächlich  begründet  das  Diplom  selbst  die  kaiserliche 
Gnadenbezeugung  mit  den  Verdiensten  Ruprechts,  wie  aus 
nachfolgendem  Abschnitte  des  Textes  hervorgeht  '-) 


*>)  Yom  21.  April  1698.  Herbst.  Archiv.  Eggenbg.  L.  3.  24. 

^  Das  im  Herberst.  Arch.  befindliche  Original-Diplom  ist  auf  einem 
Pergamentblatt  grössten  Formats  in  Schwarz  und  Gold,  den  Haupt- 
iarben  der  Eggenberger,  ausgeführt.  —  Stadel  gibt  in  seinem  Ehren- 
spiegel Ton  Steiermark  (I-Iandschrift  des  Landes- Archivs)  als  Tag  der 
Ausstellung  des  Diplomes  den  20.  Juni  1600  an,  was  wohl  auf  Yer- 
wechslnng  des  Originals  mit  einer  Yidimirung  beruhen  dürfte.  Ein 
kais.  Diplom  vom  8.  Mai  1598  gewährte  Ruprecht  von  Eggenberg  und 
AUen  9 des  Kamens  und  Stammens  Eggenberg**  eine  Wappenverbes- 
termig  durch  Beilügnng  einer  blauen  Reiterfahne  mit  dem  Wappen  vtfn 
Bosnien,  welche   hinter  dem  Schilde  links  vom  Helme  hervorsteht. 


—  U4  — 

„and  Wir  dann  gn&diglich  angesehen,  wahr- 

genommen  und  betracht,  das  alt  adelich  Geschlecht  und  Her- 
kommen derer  von  Eggenberg,  auch  die  Redlichkeit,  Tapferkeit, 
Geschicklichkeit,  adeliche  gute  Sitten,  Tugend  and  Vemanft, 
darinnen  wir  nnsern  getreuen  lieben  Ruprechten,  unsern  Rath, 
Bartholomeen  und  Hans  Christofen  von  Eggenberg  zu  Ehren- 
hausen Gebrüder,  auch  Ihren  Vettern  Hans  Ulrichen  von  Eg- 
genberg erkennen.  Dazu  die  angenehmen,  aufrichtigen,  redlichen, 
treuen,  fleissigen  und  willigen  Dienste,  so  bemelter  Ruprecht 
Uns  nun  viel  Jahr  lang  her  wider  gemeiner  Christenheit  Erb- 
feind den  Tarken,  nit  allein  im  jüngsten  Feldzug  als  General - 
Obrist-F*;ldzeugmeister,  sondern  auch  zuvor  verschienen  93.  Jahrs, 
als  der  unruhige  Hassan  Bassa  aus  Bossen  die  Festung  Sissegg 
belagert  und  zum  Sturm  beschossen,  in  dem  ihm  damals  von 
Uns  commissionsweis'  anvertrauten  Qeneralat  der  Windischen 
und  Crabatischen  Gränzen  erlangten  glück-  und  sieghaften 
Victoij  (darin  obgedachter  Bassa  sammt  dem  mehrern  Theil 
seiner  Ritterschaft  und  Eriegsvolk  erlegt  und  zu  Grund  ge- 
gangen) wie  auch  der  Entsetzung  solcher  Festung,  desgleichen 
Anno  fünf  und  neunzig  in  Bestreit  —  und  glücklicher  Eroberung 
des  Haus  und  Festung  Petrinia,  so  der  Türk  zu  höchstem  der 
ganzen  Christenheit  Nachtheil  und  Schaden  von  Neuem  erbaut 
gehabt,  ungespart  seines  Leibs,  Guts  und  Bluts  ganz  standhaftig 
und  ritterlich  zu  unserem  gnädigsten  Benügen  und  Wolgefallen 
erzeugt  und  bewiesen,  noch  täglich  thuet  und  hinfüro  zu  thnn 
sammt  seinen  Brüdern  und  Vettern  gehorsamst  erbietig  ist, 
auch  Sie  sammt  und  sonderlich  wol  thun  können,  mögen  und 

sollen,  so  haben  Wir  demnach bemelten  Ruprecht, 

Bartholomeen,  Hanns  Christof  und  Hanns  Ulrich  von  Eggenberg 

sammt  Ihren    ehelichen  Leibs  Erben  und  derselben 

Erbs  Erben in  den  Stand der  gebornen 

Freiherm  und  Freulein  erhebt als  ob  sie  von  Ihren 

vier  Ahnen    zu   beiden   Seiten   recht   geborne   Freiherrn    und 

Freulein  wären Meinen,    setzen  nnd  WQllen,  dass  oh- 

genannte  Ruprecht,  Bartlmee,  Hanns  Christof  und  Hans  Ulrich 
von  Eggenberg  Freiherm  und  Freulein    sein  nnd  sich  hinfOro 


-   145  — 

Eggenberg  Freiherrn  und  Frenlcin  zu  Ehren- 
hansen und  II  er  her  stör  ff  ausgeben,  nennen,  heissen  und 
schreiben  sollen.^ 
Herr  Ruprecht  hat  dafllr  gesorgt,  dass  sich  seine  neue 
freiherrliche  Würde  auf  eine  ausgiebige  materielle  Basis  stützen 
konnte.  Er  wusste  mit  seinen  Geldern  trefflich  umzugehen  und 
verschmähte  kein  Geschäft,  durch  das  sich  ein  guter  Gewinn 
erzielen  liess.  So  war  er  nicht  nur  nebenbei  Pächter  der 
bischöflich  Freisingischen  Herrschaft  Laak  in  Krain,  sondern 
trieb  daneben  auch  noch  einen  ausgedehnten  Getreide-  und 
Weinhandel.  Rechnet  man  hiezu,  dass  er  die  Familienherrschaft 
Ehrenhausen  ganz  an  sich  brachte,  das  Schloss  völlig  neu 
aufbauen  und  befestigen  liess,  so  muss  man  über  die  Viel- 
seitigkeit dieses  Mannes  staunen,  der  bei  so  mannigfachen 
militärischen  Obliegenheiten  so  vielverzweigte  ökonomische 
Geschäfte  zu  bewältigen  verstand. 

Einige  Auszüge   aus   dem  Briefwechsel,   den  er  führte^ 
werden  geeignet  sein,  ein  Bild  von  dieser  Thätigkeit  zu  geben 
die  jedenfalls  einen  äusserst  umsichtigen,   energischen  Mann 
erforderte  •*). 

4.  Juni  1603.  Willibald  Nussbaumer,  Verwalter  in  Ehren- 
hausen schreibt  nach  Raab,  mit  den  Weinfuhren  sei  nicht 
aufzukommen.  Der  Dimhofer  in  Strass  gibt  keine  Fuhr, 
87  Startin  Wein  seien  bis  dato  geliefert  und  von  Eggen- 
bei^schen  Unterthanen  verführt  worden.  —  Die  Mauer 
mit  der  Bastion  sei  bis  zum  Kranz  fertig.  Die  Steinhauer 
im  „Bruch"  wollen  die  Klafter  um  45  kr.  und  des  Tags  ein 
„Viertl"  Wein  machen.  Der  BärÜ  Steinhauer  hat  ihnen 
gedroht,  jedem  an  Leib  und  Leben  zu  gehen,  der  die 
Arbeit  annimmt,  bis  er  seines  Ausstands  von  E.  Gnaden 
befriedigt  ist.  Er  will  die  Arbeit  unter  1  Gulden  nicht 
machen.  (Ein  passender  Beitrag  für  die  Geschichte  der 
Strikes  zur  Beruhigung  derjenigen,    die  darin   eine  so 


**)  Die  nachfolgenden   Angaben   entstammen   Briefen   des  Herbersteiner 
Archivs  (Eggenberg.  L.  S.  24). 

MütliefL  de«  kist.  VeninM  f.  St«ierm«rk.  XXVI.  Heft,  1878.  IQ 


—  146  - 

gefährliche  Erfindung  der  Neuzeit  erblicken.  Alles  schon 
dagewesen !) 
12.  Juni  1603.  Die  Weiniuhren  für  Ihre  fürstl.  Durchl.  sind 
vollzogen.  Herr  Galler  begehrt  5  Startin  Wein.  Dietrich 
Mayens,  Kaufmann  zu  Graz,  will  von  den  in  Ehrenhausen 
liegenden  Weinkannen  das  Paar  ftlr  80  fl.  annehmen. 
Das  Khevenhiller'sche  Interesse  hofft  Nussbaumer  mit 
ehestem  zur  Hand  zu  bringen. 

17.  Juni.  Die  Maurer  brauchen  100  Starün  Kalk  und  3  Brand 

Zi^el,  ob  der  Herr  die  Ziegel  brennen  lassen  wolle  ?  Der 
Müllermeister  sagt,  er  könne  kein  Paar  Weizenstein 
(Mahlsteine  fbr  Weizenkom)  unter  50  fl.  geben;  vor 
Zeiten  möchte  man's  um  40  fl.  haben  geben. 

1 8.  Juni.  Oswald  Akher  (Kaufmann  ?)  bittet  um  Erfolguug  der 

ihm  schuldigen  700  fl. 
24.  Juni.  Bericht  des  Verwalters  von  Laak.  Der  Verweser  von 
Idria,   wohin  Eggenberg   eine  Getreidelieferung  über- 
nommen, will  für  den  Star  Weizen  nicht  mehr  als  3  fl. 
8  kr^  far  Korn  und  Hirse  2  fl.  20  kr.  zahlen.  Da  maa 
in  Laak,  Krainburg,  Laibach  nur  40  Batzen  (2  fl.  40  kr.) 
für  Weizen,    30  oder  31  Batzen  für  Korn   und  Hirse 
erzielen  kann,   so  empfehle  er  obigen  Verkauf,    denn 
er  habe  ohnehin  nicht  genug  Raum  für  das  Zinsgetreide 
(177V*  Star  Weizen  und  319  Star  Roggen  und  Hirse). 
28.  Juni.  David  Heldt,  gewesener  Handelsmann  in  Graz,  der- 
malen in  Wien,  verlangt  784  fl.,  welche  Eggenberg  als 
Rest  einer  Schuld  von  1984  fl.  dem  Ackher  zu  zahlen 
habe,  nachdem  Heldt  das  Geld  seit  2  Jahren  bei  Ackher 
ausständig  habe. 
Zu  diesen  Correspondenzen   kommen  noch  fortwährende 
Kaufs-  und  Verkaufsanträge  von  Gütern,  deren  Resultat  sich 
nicht  verfolgen   lässt,   Betreibungen   von  Steuerrückständen, 
Verhandlungen  mit  der  Freisingischen  Kammer,  die  dem  Kur- 
fürsten von  Köln,  Ernst  von  Baiern,  unterstand,  der  zugleich 
Bischof  von  Freisingen  war  —  und  so  mag  es  nicht  nur  in 
den  wenigen  Wochen,  von  deren  Geschäftsgang  wir  hier  einigen 


^  147  - 

Einblick  erhielten,  sondern  Jahr  um  Jahr  zugegangen  sein. 
AuSiallend  ist  diese  rastlose  auf  den  Erwerb  berechnete  Be- 
mQhoDg  Ruprechts  '^),  da  er  doch  für  keine  eigene  Familie 
zu  sorgen  hatte  Er  war  unvermählt.  In  seinen)  Testa- 
m^ite  •')  setzte  er  seinen  Neffen  Wolf  Freiherm  von  Eggenberg 
an  Kindesstelle.  Derselbe  war  durch  des  Oheims  Protection, 
nachdem  er  schon  an  der  Grenze  gedient  hatte,  Beiteroberst 
in  Diensten  des  Grossherzogs  von  Toscana,  Don  Ferdinand, 
geworden  und  trat  auch  in  seiner  militärischen  Laufbahn 
gewissermassen  als  Erbe  Ruprechts  auf.  Er  wurde  Oberst  zu 
Earlstadt  und  an  der  Meergrenze,  war  als  tapferer  Kriegsmann 
bekannt,  folgte  vier  Jahre  nach  dem  Tode  seines  Oheims  und 
zweiten  Vaters  demselben  in  das  Grab  und  theilt  noch  heute 
dessen  Ruhestätte,  das  prachtvolle,  leider  dem  Untergange 
Preis  gegebene  Mausoleum  zu  Ehrenhausen,  das  er  nach 
Anordnung  Ruprechts  fUr  diesen  hatte  erbauen  lassen. 

Ruprecht  starb  den  25.  oder  26.  Februar  1611.  Sein 
Leichenbegängniss  wurde  mit  seltenem  Gepränge  in  Graz 
abgehalten.  Eine  ausführliche  Schilderung  desselben"^)  gibt 
Zeugniss  von  der  ausgezeichneten  Stellung,  die  Ruprecht  unter 
seinen  Landsleuten  einnahm  und  von  dem  Bestreben  seiner 
Standesgenossen,  wie  unstreitig  auch  des  Hofes  selbst,  ihm 
noch  nach  seinem  Hinscheiden  die  höchste  Ehre  zu  bezeugen. 
Das  erwähnte  Actenstück  berichtet: 

„Folgendermassen  ist  Herrn  Rnpr echten  Freiherrn  von  Eg- 
genberg^s  Obristen  seeliger  Leichnam  den  28.  Febroar  Vormittag 
um  halb  nenn  ans  seinem  Haas  vor  St.  Paulas  Thor  getragen 
and  zu  den  Herrn  Franciscanern  in  derselben  Kirchen  begleit 
worden. 


^)  Aach  Dach  seuiem  Rttcktritte  vom  Kriegsdienste  machte  Ruprecht  noch 
grossartige  Geldgeschäfte.  So  erwähnt  Harter  (Ferdinand  II.  V.  7)  eines 
Darlebens  von  84.679  fl.  an  die  erzberzogliche  Kammer,  wofttr  der  Erz- 
herzog am  24.  April  1608  die  Zahlung  der  6%  Interessen  anordnete. 

**)  Siehe  die  Beilage  I,  welche  den  Wortlaut  des  Testamentes«  als  eines 
fhr  die  Geschichte  des  Hauses  Eggenberg  hochwichtigen  Actes,  enthält. 

*^  Steierm.  Landes-Archiv.  Handschrift  Nr.  719,  pag.  58-62. 

10* 


—  148  — 

1 .  Erstlichen  giengen  voran  drei  Befehlsleut  mit  üeberwehren 
oder  Helleparten  gstaffiert. 

2.  Darauf  ein  Trommelschläger  und  ein  Pfeifer  mit  überzogenem 
Eggenbergischen  Wappen. 

3.  Hernach  folgten  auch  39  Musketierer,  welche  ihre  Rohr  unter- 
wärts getragen. 

4.  Dann  so  folgten  wiederum  27  Franciscaner  also  oft  ihr  zween 
nach  gewöhnlicher  Ordnung. 

5.  Wiederum  nach  denen  8  Augustiner  Ordens,  in  gleichen  Zug. 

6.  Item  darauf  10  Dominicaner  ebenermassen  in  Gang,  wie  die 
andern. 

7.  Auf  solche  Partei  sind  die  Pfarr- Assistenten  gefolgt,  nicht 
weniger  anstatt  des  Stadtpfarrers  seine  zween  Gsellpriester, 
deren  Namen  mir  unbekannt  gewesen. 

S.Ist  Herr  Christof  von  Windischgräz  Freiherr  mit 
einem  in  der  Hand  getragenen  auch  mit  schwarz  Sammt  über- 
zogenen Regiment  (Commandostab)  als  ein  Fuss-Obrister  gefolgt. 

9.  Herr  von  Wilferstorf  Hauptmann  trug  nach  ihm  ein 
schwarzen  Doppelsöldner   Spiess   auch   mit  Sammt  bekleidet. 

10.  Sind  5  Tronmielschläger  gegangen,  dessen  jede  Trommel  mit 
schwarzem  Tuch  über  und  überzogen  gewesen,  dabei  auch  ein 
Pfeifer  war,  so  kläglich  aufgemacht. 

11.  13  Trommler  in  zween  abgetheilten  Haufen  gerichtet,  deren 
jeden  eine  Klagfahn  mit  dem  Eggenbergerischen  Wappen  geziert. 

12.  Inmitten  war  aber  der  Heerpauker  mit  überzogener  Pauken 
mit  solchem  Aufmachen  gestellt. 

13.  Ist  des  Herrn  von  Eggenberg  seeligen  vom  Erbfeind  in  Bossen 
erlangte  Reiterfahne  durch  Herrn  Morizen  von  Raggnitz, 
so  blau  und  das  Bossnerisch  Wappen  darauf,  gefolgt. 

14.  Alsdann  ein  schöner,  schwarzer  Orabfahn,  an  welchem  das 
ganze  Eggenberger  Wappen  entworfen  gewesen,  auch  von 
Herrn  Adam  Preuner  getragen  worden. 

15.  Darauf  war  ein  ganzer  Kürassier  zu  Ross  gefolgt,  welcher 
mit  zugethanem  Helmelein  und  wolgezierten  Federn  auf  ein 
unter  Pallido  geschmückt  gewesen,  deren  Federn  Färb  war 
gelb  weiss  und  schwarz. 


—  149   — 

16.  Mehr  so  ward  von  Herrn  von  Tienghairab  und  einem 
jangen  von  Gleispach  ein  Pferd  geffthrt ,  welches  mit 
gutem  schwarzen  Sammt  ttberkleidet  und  langen  an  der  Ort 
ziehenden  Schweif  gericht  gewesen.  Nota  zu  wissen,  dass  der 
Schweif  sowohl  an  der  Trficken  als  im  Koth  fort  passieren 
müssen  nnd  nicht  anfgehoben  worden. 

17.  Mehr  abermal  das  Klag  Boss,  mit  schwarzem  Pey(?)  tiber- 
zogen, welches  nicht  allein  ein  langen  von  Tnch  gemachten 
Schweif  gehabt,  sondern  es  waren  an  beiden  Seiten  desselben 
die  Eggenberger  Wappen  angeheftet  gewesen,  so  an  Zug  Herr 
Wagen  nnd  N.  geführt  haben. 

18.  Sodann  folgte  daranf  der  ordinari  Klagfahn  mit  einer  langen 
nach  sich  ziehenden  Spitzen,  welchen  Herr  Hans  P  renn  er 
nachziehend  getragen. 

19.  Weiter  so  gieng  Herr  von  Eibeswald  mit  einem  ver- 
goldeten Paar  Sporren,  in  der  Hand  aufrecht  tragend. 

20.  In  simili  nach  dem  Herr  Gall  von  Raggnitz,  welcher 
ein  vergüldeten  Rappier  und. Dolch,  mit  Sammtscheiden  über 
sich  geführt 

21.  Einer  von  Lenghai mb  trug  darauf  ein  Helm,  so  vergüldet 
und  mit  5  Stoss-  oder  Schiessfedem  geziert  war,  auf  ein  End 
stattlich. 

22.  Femer  ist  der  Eggenbergerische  Schild,  so  an  einer  Tafel 
formirt  war,  durch  Herrn  von  6  1  o  y  a  c  h  und  einen  andern 
Landmann  getragen  worden,  doch  hatten  diese  beide  Herren 
zu  Mitgehilfen  4  Diener,  so  zugleich  hinten  angriffen. 

Nach  obbeschriebnen  Geremonien  ist  die  Löbliche  Ijeich 
Herr  Ruprecht  von  Eggenberg  Obrister  durch  16  ordentliche 
bestellte  Landsteierische  Haupt-  und  Befehlsleut  mit  starker 
angewandter  Bemühung  getragen  worden.  Bei  welcher  Leich 
sidi  dann  beiderseits  in  die  40  Windlichter,  welches  jedes  ein 
Eggenbergerischen  Schild  gehabt  und  durch  in  Enttenweiss 
gekleidete  Knaben  getragen  worden.  Weiter  so  folgt  darauf 
die  ansehnliche  Freundschaft  (Verwandtschaft)  sonderlichen 
Herr  Ferdinand,  Herr  Sigmund  von  Eggenberg,  ingleichen  Herr 
Oberst-Hofmeister  von  Eggenberg,    sammt    dem   hochwürdigen 


—  150  — 

Prälatenstand  und  einer  ansehnlichen  Anzahl  Edler  Steyrischcr 
Landleut,  wie  nicht  weniger  etliche  bedachte  und  in  der  Klag 
gerichtete  Frauen,  so  durch  die  Herren  geführt  worden.  Nacli 
diesem  und  wie  nun  gemeldete  Löbliche  Leich  zu  den  Herren 
Franciscanern  begleitet,  hat  Herr  Weinberger  ein  ansehnliche 
Predigt  gethan,  darunter  auch  ein  Gebet,  so  Herr  von  Eggen- 
berg seeliger  in  seinem  Sterbstflndlein  zum  oftermalen  gebetet. 
(Folgt  der  Text.) 

Nach  vollbrachter  Predigt  war  ein  Seelamt  gehalten,  wie 
auch  das  Opfer  durch  die  Catholischen  ehrlicher  besucht,  das 
Ross  um  das  Altar  geführt,  und  nach  vollbrachtem  Gottesdienst 
ist  die  Leich  stracks  von  der  Kirchen  auf  ein  Wagen,  so  über 
und  über  mit  schwarzem  Tuch  bedeckt  und  mit  Wappen  geziert 
gewesen,  gelegt  und  durch  6  auf  schwarz  überkleidete  Ross 
fort  geführt  worden.  Nach  welcher  Leich  auch  die  Adeliche 
Freundschaft  mit  überzogenen  Rossen  gefolgt. 

Hiermit  zwischen  aber  und  wie  nun  die  Leich  fort  geführt, 
haben  die  Soldaten  zugleich  ihre  Röhr  losgebrannt,  dabei  nicht 
allein    ein   Fischor   um    des    grossen   Donnern    und  Geschalls 
willen  sein  Lagl  (Fischbehälter)    fallen  lassen,    die  Fisch  ver- 
haust  (verloren)    und    neben   einem  Bauern,    so   um    gleichen 
Schreckens   von  einem  Wagen  herabgefallen  und  sich  mit  der 
Flucht  salvirt,   also    davon  gelaufen,    als  ob  ihrem  Yermeiueu 
nach  der  ganze  Handel  ihretwegen  zur  Furcht  angesehen  wäre 
worden.  Actum  28.  Februarii  anno  1611.*^ 
Die  Leiche  wurde  nach  Ehrenhausen  gebracht.  Dort  ruht 
sie  im  Mausoleum,  das  abseits  vom  Schlosse  auf  einer  breiten 
Steinterrasse  aufgeführt  ist.  Ueber  dem  grossen  Stein-Sarkophage 
hängt  das  lebensgrosse  Bildniss  des  vielerfahrnen  Kriegsmannes, 
dessen  Andenken  seinem  Heimatlande,  wie  unserem  Kaiserreiche, 
dem  er  treu  und  bieder  gedient,  für  immer  erhalten  zu  werden 
verdient. 

Den  Sarkophag  ziert  das  Epitaph: 

Mors 
rapVIt  DVCes. 


^    151   — 


Beilaere  I. 

Testament  Ruprechts  von  Eggenberg. 

(Herberst  Archiv,  Eggenberg  L.  8.  24.) 
Im  Namen  der  heiligen  unzertheilten  Dreifaltigkeit,  Gottes 
Vaten»,  Gottes  Sohnes,  Gottes  heiligen  Geistes,  Amen,  hab  ich 
Rnprecht  von  Eggenberg,  Freiherr  anf  Ehrenhansen,  Röm.-Kais. 
auch  zu  Spanien  Königl.  Mi^.  Rath  nnd  Obrister,  die  Gewissheit 
des  zeitlichen  Todes  and  entgegen  die  Ungewissheit  der  Stande 
desselben  bei  mir  betrachtet,  and  demnach  bei  gnter  Vernunft, 
gleichwohl  schwachen  nnd  podagraischen  Leibes,  alle  künftige 
Uneinigkeit  meiner  Erben  nnd  Blatsfreunden  verbaten  wollen  und 
desswegen  diesen  meinen  letzten  Willen  verfassen. 

1.  Befehle  ich  erstlichen  mein  Leib  und  Seel  in  die  grandlose 
Barmherzigkeit  des  himmlischen  Vaters,  auf  das  bittere  Leiden 
and  Sterben  seines  eingebomen  Sohnes,  unseres  lieben  Herrn 
and  Heilandes,  Jesu  Christi,  durch  die  Gnade  Gottes,  des 
heiligen  Geistes,  damit  dieselben  des  Himmelreiches  und  der 
ewigen  Freuden  und  Seeligkeit  theilhaftig  werden.  Amen. 

2.  Am  Andern  befehle  ich  meinen  todten  Leichnam,  bis  auf  die 
Stimme  der  Posaunen  des  Richters  der  Lebendigen  und  der 
Todten  unserer  aller  Mutter  der  Erde,  als  von  deren  er 
genommen  and  herkommen,  ordre  beinebens  und  begehre,  dass 
derselbe  nach  löbl.  christlichem  Gebrauch  zu  Ehrenhausen  in 
meiner  angefangenen  Capelle  am  Schlossberg  bestattet  werde, 
and  so  jetzt  berührte  Capelle  und  mein  Begräbnis  in  meinem 
Leben  nicht  vollendet  würde,  dass  mein  instituirter  Haupterbe 
dieselbe  dem  formirten  Modell,  und  meines  Baumeisters  Johann 
Walders  Angaben  gemäss,  inner  Jahresfrist  nach  meinem 
tödtlichen  Abgange  vollführen  und  aufbauen,  auch  meine  Fahnen, 
Schild,  Helm  und  Grabstein  ordentlich  auMchten  lassen  sollen. 
Die  Capelle  aber  soll  zuvörderst  Gott  und  seiner  hochgebenedeiten 
Matter,  der  heiligen  Jungfrau  Maria  zu  Ehren,  dann  zum  Gedächt- 
nis des  heil  Bischofs  Ruperti  da.'*um  eben  geweiht  werden,  weil 
mir  Gott  der  Alhnächtige,  eben  auf  demselben  Tag  die  glück- 


—  152  - 

selige  Victory  und  Sieg  gnädiglich  verliehen,  dass  die  Festung 
Petrinia  durch  mich  und  mein  damals  untergehabtes  Kriegsvolk 
im  100.  Jahr*),  erobert  und  eingenommen  worden;  Au 
welchem  Tag  dann  jährlich  mir  und  meiner  Seele  zumTrosto 
die  gcbrftnrhige  Besingmes  mit  Vigilien  Requiem  und  einem 
Lobamt  durch  die  umliegende  Priesterschaft  solle  gehalten 
und  ihnen  desswegen  eine  ehrliche  Mahlzeit  von  dem  Inhaber 
Ehrenhausens  gegeben  werden,  sonsten  aber  sollen  ausser 
meinem  Leibe,  einige  (keine)  Weibspersonen,  sondern  alle 
Catholischen  meines  Namens  und  Mannsstammes,  so  auch 
dergleichen  als  Generale  und  Obriste  dienten,  doch  in  ihren 
absonderlichen  Grüften,  hinein  bestattet  werden. 
3  Drittens;  Mein  zeitlich  Hab  und  Gut  betreffend  erkenne  ich 
darin  den  Segen  Gottes  des  Allm&chtigen  mit  dankbarem  Herzen, 
sintemalen  ich  von  meinen  lieben  Eltern  kein  grosses  Patri- 
monium, weniger  von  andern  Blutsbefreundeten  einigen  Heller 
geerbt,  dass  mich  doch  der  himmlische  Vater  zu  meinem  Stand, 
durch  meine  langwierigen  ritterlichen  Kriegsdienste  und  hohen 
bediente  Obristen-  auch  Obristen  General-  und  Leutenants- 
befehlen  in  Un(?arn  und  Croatien  gnädiglich  gesegnet,  dass 
ausser  des  dritten  Theiles  vom  Scbloss  Ehrenhausen  und  weniger 
Gfllt  dazu  als  mein  väterliches  Erbtheil,  das  übrige  alles  mein 
erworbenes,  gewonnenes  und  erspartes  Gut  ist;  derowegen  ich 
mich  hierinnen  der  allgemeinen  Freiheit  eines  freien  letzten 
Willens  und  Testaments,  ohn  eines  Menschen  Eintrag  oder 
Hindernis,  zu  gebrauchen  allen  Fug,  Macht  und  Recht  habe 
und  hiermit  auch  mit  wohlgedachtem  Muth  gebrauche.  Instituire 
hierauf,  ordne  und  benenne  inbeständig  allerbester  Form,  Mass 
und  Gestalt,  als  solches  von  Rechts-  und  Gewohnheitswegen 
geschehen  soll,    kann    oder    mag   zu   einem  rechten,  wahren 


*)  Das  Original  des  Testamentes,  bei  dessen  Abfassung  Ruprecht  doch 
selbst  mitgewirkt  haben  musste,  enthält  auffallender  Weise  diese  auch  in 
ihrer  Unvollständigkeit  falsche  Angabe.  Die  Besetzung  Petrinia' s  durch 
Eggenberg  fand  am  *24.  September  (am  Tage  translationis  S.  Ruperti)  1595 
statt.  An  einen  Gedäcbtnisfehler  ist  kaum  zu  denken,  da  Ruprecht 
im  Jahre  1600  an  der  Grenze  nichts  mehr  zu  tbun  hatte.  . 


—  153   — 

Universal -Erben  aller  meiner  Habe  und  Güter,  liegender  und 
fahrender  Baarschaft,  aller  verbrieften  nnd  anverbrieften  Schul- 
den and  alles  das,  was  in  meinem  Verlas s  gefanden  wird, 
wie  das  Namen  haben  mag,  nichts  davon  ausgeschlossen,  inner 
oder  aasser  Landes  gelegen  oder  verschrieben,  den  wohl- 
gebor ncn  Herrn  Herrn  Wolffcn,  Freiherrn  von 
Eggenberg  auf  Ehrenhansen  und  Strass,  fürstl. 
darchl.  Erzherzogen  Maximiliani  Ernesti  Kämmerer  und  des 
Grossherzogs  zu  Florenz  und  Toscana  bestellten  Obristcn, 
meinen  lieben  Herrn  Yetter,  als  der  sich  wie  aach  sein  Herr 
Vater,  mein  liebster  Herr  Bruder  seel.  meines  Willens,  vor 
anderen  meinen  Blntsfreunden  sich  höchlich  beflissen,  auch 
meiner  catholischen  Religion  and  sich  auch  meines  Willens 
nach  bis  in  mein  und  sein  Graben  angezweifelt  gehorsam  bc- 
fleissen  wird  und  sollen ;  daher  dann  auf  ihn,  meinen  lieben 
Herrn  Vetter,  als  in  Kraft  meines  Testaments  instituirtcn 
Erben,  in  der  Stunde  meines  seligen  Absterbens  alsbald  ro 
et  facto  ipso  auch  ohne  einige  körperliche  Apprehension  all 
meine  Verlassenschaft  fallen  und  gefallen  solle ;  doch  soll  er, 
mein  freundlicher  lieber  Vetter,  Herr  Wolf,  nachfolgende 
onera  tragen  und  die  specificirten  Legate  davon  entrichten 
and  bezahlen,  wie  auch  den  hernach  ausgeführten  Fidei- 
Commiss  Conditionen  nnd  Bedingnissen  gemäss,  für  sich  und 
seine  männlichen  ehlichen  Leibserben  sicher  halten  und  ver- 
reversiren. 

4.  Als  zum  Vierten  soll  er  nicht  allein  obvermeldte  Capelle  und 
mein  Begräbnis  aufbauen  und  völlig  zurichten  lassen,  sondern 
aach  zugleich  allen  andern  Bestattungs-Unkosten,  allein  ohne  Ent- 
gelt der  andern  substituirten  Erben  und  Legatorien  entrichten. 

5.  Am  fünften ;  gleichfalls  meine  Diener  abfertigen  und  treulich 
aaszahlen  und  nach  seiner  Discretion  und  nach  BeschaiTenhcit 
redlichen  Verdienens,  jedem  eine  ehrliche  Verehrung  dazugeben. 

6.  Sechstens ;  soll  er,  mein  instituirter  Erbe,  alle  andern  meine 
Schulden  ohne  meine  Nachrede,  zu  Jedermanns  billigen  Con- 
tentirung  entrichten  und  befriedigen  meinen  und  seinen  an- 
deren beiden  Herrn  Vettern. 


—   154  — 

7.  Aber  fttr's  Siebente,  als  den  auch  wohlgebornen  Herrn  Fe  r- 
dinand  and  Herrn  Hans  Sigmund,  Gebrüdern  Frei- 
herrn  zu  Eggenberg  vermache  ich  zu  einem  Legat  und 
Geschäft,  jedem  derselben  dreissig  Tausend  Gulden  Rh.  per 
sechzig  Kreuzer  oder  fünfzehn  Batzen  gerechnet,  dasselbe  soll 
mein  instituirter  Erbe,  ihnen  von  der  Grafschaft  Mitterburg, 
auf  etliche  Jahre  mir  verschriebenen  und  verhypothecirten 
Einkünften,  so  viel  deren  jährlich  fallen  werden,  doch  ohne 
einiges  Interesse  des  hinterstelUgen  Rests,  in  gleichen  Theilen 
bezahlen  und  gutmachen  bis  beide  dieses  ihres  Legats,  zu- 
sammen der  sechzig  Tausend  Gulden  völlig  contentirt  und 
bezahlt  sind ;  jedoch  was  Einem  und  dem  Andern  in  meinen 
Lebzeiten  durch  mich  selbst  oder  mein  Geschäft  in  Geld  ge- 
reicht und  für  sie  bezahlt  würde,  solches  soll  an  vorerwähntem 
Legat  der  sechzig  Tausend  Gulden  proportionaliter  defalcirt 
abgeschrieben  werden ;  und  von  solchem  Legat  soll  jeglicher 
meiner  gedachten  beiden  Herrn  Vettern  mit  ftlnfzehn  Tausend 
Gulden,  dieselben  weiters  zu  verschaffen  und  zu  vermachen 
frei  sein,  ungehindert  des  andern;  mit  den  andern  fünfzehn 
Tausend  Gulden  aber  ein  jeder  seines  Theils  dahin  verbunden 
und  verobligirt  sein,  wie  dann  ein  Jeglicher,  so  er  an  diesen 
fünfzehn  Tausend  Gulden  wenig  oder  viel  empfangt,  sich  ver- 
reversiren  und  verschreiben  auch  auf  namhafte  gewisse  Stücke, 
Gült  und  Güter  verweisen  oder  an  sichern  Orten  anlegen 
und  ausleihen ;  dass  er  nämlich  und  seine  männlichen  Leibes- 
erben dieselben  nur  Fidei-Commiss  oder  leibgedingsweise  zu 
geniessen,  nach  dessen  oder  seines  mannsstammlichen  Erben 
tödtlichen  Abgang  aber  solche  Summa  der  fünfzehn  Tausend 
Gulden  wieder  zurück  auf  andern  nächsten  Mannsstamm  oder 
in  Mangel  beider  Gebrüder  absteigender  Linie  wieder  zu  dem 
Stammhause  Ehrenhausen  mit  gleicher  Fidei-Commiss  Gondition 
erben  und  fallen  sollen. 

8.  Doch  sollen  zum  Achten,  beide  meine  lieben  Herrn  Vettern, 
Herr  Ferdinand  und  Herr  Hans  Sigmund,  Gebrüder, 
dieses  ihres  Legats  eher  nicht  theilhaftig  werden,  sie  haben 
sich   denn   gegen  meinem   instituirten  Erben   als  ihrem  und 


—   155  — 

meinem  Herrn  Vetter,  Herrn  Wolf  von  Eggenberg,  Freiherrn, 
und  seinen  mannsstammlicben  ehlicben  Leibeserben  ihres  Theils 
an  dem  -Schlosse  Ehrenhausen,  gftnzlich  verziehen  und  Ober- 
geben, wie  ieh  dann  jetzt  gedachtem  Herrn  Wolf  vonEg- 
g  c  n  b  e  r  g ,  meinem  lieben  Herrn  Vetter,  auch  hiemit  solche 
Verwilligung  thne;  dass  er  mit  zehn  Tausend  Gulden,  aus 
gedachtem  meinem  Verlasse,  es  sei  nun  zu  Abzahlung  seiner 
Schalden  oder  anderw&rts  damit  zu  disponiren  und  nach  meinem 
Abgang  zu  veralieniren  nach  seinem  Gefallen  steht,  wie  es 
ihm  gelastet  oder  verlangt,  frei  theilhaftig  sei  und  werden 
mag,  allermassen  als  obstehet,  meine  zwei  Herrn  Vetter,  je- 
docli  aber  und  damit  kfinftig  wegen  des  Schlosses  Ehrenhausen 
aller  onnothwendige  Disputat  verbotet  werde,  ist  hiemit  zu 
wissen,  dass  gemeldter  mein  lieber  Herr  Vetter,  Herr  Wolf 
den  dritten  Theil  vom  Schloss  am  Gebäude  zu  verstehen,  so 
ihm  von  seinem  Herrn  Vater  sei.  erblich  angefallen,  mir  Inhalt 
anfgerichten  Donation  Briefs,  dessen  Datum  steht  Grfttz  den 
dritten  Tag  Mai,  im  sechzehnhundert  achten  Jahr,  unterschied- 
licher ihm  wohlbewusster  Ursachen  willen,  frei  cedirt  und 
übergeben  hat. 

9.  Weiters  zum  Neunten,  will  ich  meinen  instituirten  Erben  dahin 
väterlich  ersucht  und  ermahnt  haben,  dass  er  in  meiner  Be- 
hausung zu  Grätz  vor  St.  Pauly  Thor,  so  gleicher  Gestalt 
wie  das  Schloss  und  Herrschaft  Ehrenhausen ,  dem  Fidoi- 
Commiss  unterworfen  sein  soll,  meine  und  seine  Herren  Vetter 
Herrn  Ferdinand  und  Herr  Hans  Sigmund  von  Eggeu- 
lierg Gebrüder  Freiherren,  wann  sie  ihrer  Ehehaften  und 
Nothdurft  nach  zu  Grätz  etwa  auf  vierzehn  Tage  zu  thun 
haben,  doch  nur  als  Gäste  aus  Freundschaft  einkehren  und 
logiren  lasse  und  dass  sie  sich  und  ihr  Gesinde  und  Boss  auf 
ihre  eigenen  Unkosten  unterhalten,  sonsten  aber  dass  sie  sich 
vetterilch,  freundlich,  schied-  und  friedlich  also  nebeneinander 
beiragen  mögen. 

10.  Insonderheit  aber  zum  Zehnten,  mit  der  Herrschaft  Ehren- 
hansen und  mit  allen  derselben  incorporirten  Zugehör,  Gült 
und  Gütern,   die  ich  im  Lande  Steier  habe  liegend  und  wie 


—  156  — 

ich  die  bis  dato  genossen,  dazu  und  was  ich  noch  vor  meinem 
Ende  dazu  bringen,  depntiren  und  hinter  mir  verlassen  würde, 
soll  er  dahin  astringirt  und  gebunden  sein,    n&mlich  dass  er 
eben   beiden   obgenannten   meinen   und   seinen  Vettern    and 
beiderseits    erbetenen   vertrauten   zwei  Herren  Befreundeten, 
alsbald  in  einem  Yierte^ahr  nach  meinem  Abgange,  da  anders 
zum  Falle  ich  mit  dem  zeitlichen  Tode  übereilt  und  solches 
selbst  wirklich  nicht  thun  könnte,   zwei  ordentliche  Urbarien 
und  Beschreibung   aller    solcher  Herrschafts-Regalien,   Hoch- 
und  Freiheiten  und  Gerechtigkeiten  auch  allem  anderen  Zu- 
gehör  und  Einkünften,  sowohl  auch  ein  Inventar  aller  brieflichen 
Urkunden,  so  über  die  Herrschaft  und  ihre  Pertinentien  und 
auf  unsern  gemeinen  Namen  und  Stamm  lauten,  die  auch  der 
Munition   und  Rüst-Eammer   aufrichten   und  verfertigen    soll 
und   deren   eines    er  behalten,   das   andere   aber  über  einer 
subscribirten  Obligation,   als    dass   er    und  seine  m&nnlichen 
Leibserben  ausser  Feindesnoth  und  überlegener  Gewalt  hiervon 
nichts   verabalieniren   noch  verwenden  sollen,   noch   wollen, 
seinem  Herrn  Vetter    einhändigen   und  auf  solche  Weise  ist 
ein  jeglicher   künftiger  Einnehmer  und  Besitzer  dieses  Gats 
gleiche  Vemeuerung  des  Urbary,  Inventary  und  Obligation  zu 
thun  und  den  anderen  Interessirten  zu  geben  schuldig,  soviel 
aber  die  Mobilien  in  meinem  Hause  zu  Grätz,  als  Silberge- 
schmeide, Tapeten«  Teppiche,  Seidenvorh&nge  anbelangt  sollen 
gleichfalls   nach  meinem  Ableben  auf  vorgegangene  Sperr  in 
Beisein  obgemeldter  Herrn,  gleichfalls  ordentlich  inventirt,  zwei 
gleichlautende  Inventaria  aufgerichtet,  eines  dem  Herrn  Wolf 
verbleiben   und   das    andere    den   gedachten   beiden   Herren 
Vettern  zu  ihrer  künftigen  Nachrichtung  eingehändigt  werden. 
11.  Folgends  am  Elften,  soll  auch  jeglicher  Inhaber  des  Schlosses 
Ehrenhausen   an   desselben  Hause   Tagwerk,   Zimmern    und 
Basteien,  Meierhof,  Mühlen,  Keller  und  Pressen,  sowohl  ancli 
das  Haus    allhier   zu  Grätz  nichts  ab-  oder  eingehen  lassen, 
sondern   in  Hinterbleibung    dessen   auf  der  mit  interessirten 
Befreundeten  als  künftigen  Successoren  Anhalten  nach  Erkennt- 
nis unpartheiischer  erbetener  Herrn  und  Freunde,   all  Bass- 


—  167  — 

fertigkeit  möglichst  wenden  und  verbessern  und  alles  in  gutem 
wesentlichen  Bau  erhalten,  also  auch  zu  Vermehrung  der  Mu- 
nitioo  and  Rastkammer  jährlich  hundert  Gulden  anlegen  und 
solche  Verbesserung  jedes  Jahres  in  das  Haupt  -  Inventary 
bringen. 
12.  GleidiiaUs  zum  Zwölften  soll  auch  kein  kOnftiger  vollmächtiger 
Inhaber  der  Herrschaft  Ehrenhausen  ohne  sonderbare  Noth 
und  erhebliche  Ursachen  wie  auch  ohne  Verwilligung  der  an- 
deren Mitinteressenten  nicht  was  von  der  Herrschaft  Regalien 
und  Einkommen  verkommen,  verwenden  und  eutäussern  wie 
sich  denn  ein  Jedweder  so  dies  Fidei-Commiss  Gut  der  hernach 
vermeldten  Substitutions-Ordnung  einnehmen  wird  gegen  den 
andern  Mitverwandten  deswegen  verschreiben  muss,  als  dass 
er  ungeschmälert  und  unangegriffen  des  Hauptguts  allein  den 
usmn  fmctum  und  Fruchtgenuss  ad  dies  vitae  wie  auch  seine 
ehelichen  männlichen  Leibeserben,  innenhabe  und  besitzen 
ui^  alles  Stiftliche  baulich  wesentlich  ungeringert  erhalten 
und  den  in  diesem  meinem  letzten  Willen  einverleibten  Con- 
ditionen  gehorsam  nachleben  wolle  und  solle;  da  sich  aber, 
wider  Hoifen  begebe,  dass  ein  Verthuenlicher  entweder  die 
Stenem  oder  andere  Landes-Anlagen  darauf  anstehen  und  an- 
wachsen zu  lassen  wie  auch  andere  Schulden  machen  oder 
Alienationen  und  Verkfimmeniisse  und  mutwillige  Abödung 
vorzunehmen  oder  hinlässig  zu  gestatten,  sich  unterstehen 
wurde,  so  haben  die  anderen  Interessirten  das  Recht,  bei  der 
Landes  Obrigkeit  um  ernstliches  schleuniges  Einstehen  anzu- 
rufen, dass  die  Herrschaft  nämlich  ihm  so  lange  entzogen  und 
Interim  sequestrirt  und  zu  dritter  Hand  gegeben  werde,  bis 
die  daraufliegenden  Steuern  oder  Schulden  bezahlt  und  alle 
Abödung  erstattet;  da  aber  ein  solcher  Verschwender,  vor 
solcher  Enthebung  oder  Erstattung  zeitlichen  Todes  verfahren 
und  andere  eigenthQmliche  Güter  oder  ein  anderes  Vermögen 
in  ausgeliehenem  Gelde  oder  dergleichen  neben  dieser  Fidei- 
Commiss  Herrschaft  hinterlassen  würde,  so  soll  von  demselben 
seinen  eigenthümlichenVerlass  ohneEntgeld  des  Fidei-Commiss 
oder  denselben  succedirenden  Inhaber  die  völlige  Enthebung 


-  158  - 

dieser  der  auf  Ehrenhansen  gelegten  Last  und  Ergänzung  der 
Peterioration  geschehen. 

13.  Und  zum  Dreizehnten  soll  solche  Fidel  Gommiss  Herrschaft 
mit  jetzt  erzählten  Conditionen  mein  institnirter  Erbe  nicht 
allein  für  seine  Person  die  ganze  Zeit  seines  Lebens  inue- 
haben  und  geniessen,  sondern  da  ihm  der  Allmächtige  mit 
ehlichen  Leibeserben  segnen  wttrde ,  deren  ihm  dann  der 
himmlische  Vater  nicht  verziehen  sondern  ihm  dergleichen 
mildiglich  bescheeren  wolle,  so  soll  sein  ältester  Sohn  uach 
ihm  un  so  derselbe  auch  mit  Tod  abginge,  weitershin  also 
fort  and  fort  zu  raiten,  lUle  Zeit  der  älteste  in  absteigender 
Linie  snccediren  ;  wann  aber  solche  des  Aeltesten  Linie  gar 
abstürbe,  alsdann  solle  es  anf  den  nächsten  ältesten  und 
seinen  Mannsstamm  nach  and  nach,  gleichfalls  Fidei  Commiss 
Erben  kommen. 

14.  Im  Falle  aber  zam  Vierzehnten  mein  Herr  Vetter  Wolf,  als 
institnirter  Erbe,  and  seine  verhofften  ehlichen  mannsstamm- 
liehen  Leibs-  als  snbstitairte  Erben,  ohne  Mannsstamm  zeit- 
lichen Todes  verblichen,  so  sollen  die  weibsstammlichen  Erben 
dieser  Linie  an  solchem  Fidei  Commiss  and  Mannsstammen 
Gnt  kein  Erbtheil  noch  einige  Oerechtigkeiten  haben,  sondern 
dieses  alles  and  jedes,  vermöge  obangedrOckter  Urbary,  In- 
ventary  and  Revers  soll  alsdann  aaf  meinen  aach  lieben  Herrn 
Vetter,  Herrn  Ferdinand  Freiherrn  von  Eggeuberg  und 
nach  ihm  allezeit  anf  seinen  ältesten  Sohn  and  also  fortan 
oder  in  Mangel  derselben  aaf  den  nächst  ältesten  manns- 
stammlichen  Erben,  nach  ihm,  seiner  absteigenden  Linie,  aller- 
massen,  wie  es  bei  Herrn  Wolfens  Linie  vorhin  aasgefohrt, 
fallen. 

15.  Also  aach  färs  Fünfzehnte,  wenn  des  Herrn  Ferdinand! 
Linie  gar  ohne  Mannsstamm  abginge ,  alsdann  aaf  meinen 
lieben  Herrn  Vetter  Hans  Sigmnnd,  Freiherrn  von  Eggen- 
berg,  and  seine  mannsstammlichen  Erben,  oberzählter  Ordnung 
nach,  fallen. 

16.  Da  es  sich  aber  zam  Sechzehnten  aach  begäbe,  dass  unter 
obgemachter  Ordnung  and  Snccession  darauf  denn  dies  Fidei 


-  159  - 

Comniiss  der  Herrschaft  Ebrenhausen  falten  solle,  noch  uü- 
mfiodig  wäre,  so  solle  alsdann  der  nächste  Agnat,  cier  am 
nächst«!  hei  der  Saccession  ist,  und  doch  zugleich  von  der 
Landesobrigkeit  tauglich  erkannt  wird,  des  andern  Minder- 
jährigen» bis  derselbe  sein  achtzehntes  oder  nach  Gestalt 
seines  Verstandes  das  zwanzigste  Jahr  erreicht,  Tntor  oder 
Curator  und  Crerhab  sein. 

17.  Zum  Siebzehnten  aber  wenn  diese  alle  drei,  als  meine  nächsten 
Herrn  Vettern  und  Herrn  Brüder  sei.  Söhne  und  ihre  manns- 
stammlichen  Erben  alle  stürben  und  der  auch  wohlgeborne 
Herr  Hans  Ulrich,  Freiherr  von  und  zu  Eggen- 
berg und  auf  Adelsberg  ihrer  fürst-durchl. 
Erzherzogen  Ferdinand  zu  Oesterreich,  ge- 
heimer Eath  und  ihrer  fürstl-Durchl.  meiner 
gnädigsten  Frau  Hofmeister  und  Landeshaupt- 
mann in  Krain  oder  Mannsstammen  von  ihm  ausgehend 
am  Leben  wären,  so  soll  es  alsdann  auf  ihn  meinen  Herrn 
Vetter  oder  hernach  seinem  ältesten,  mannsstammlichen  Erben 
obbestimmte  Fidei-Gommiss  in  Bescheidenheit  und  Ordnung 
nach  fallen  und  erben;  doch  wenn  es  zu  solchem  Fall,  als 
auf  Herrn  Hans  Ulrich,  Freiherrn  von  Eggenbergs  Linie 
kommen  würde,  so  soll  er  oder  sein  erbfähiger  Descendent, 
meiner  lieben  Frauen  Schwester,  Frau  Elisabet  Rinds- 
maul  sei  Nachkömmling  und  Erben,  so  zu  der  Zeit  vorhanden 
sein  werden,  zehn  Tausend  Gulden  Rh.,  welche  von  obgemeldten 
zuräcklallenden  dreissig  Tausend  Gulden  Fidei-Commis  Gelder 
her  genommen  werden  sollen,    hinaus  zugeben  schuldig  sein. 

18.  Im  unverhofften  FaU  aber  zum  Achtzehnten  aus  Verhängnis 
Gottes  unser  derer  von  Eggenberg  Freiherrn  Namen  und 
Stand  und  Geschlecht  ganz  und  gar  erlöschen  und  untergehen 
würde ;  so  soll  alsdann  solches  maunsstammliche  Fidei-Gommis 
aufhören  und  soll  dem  allgemeinen  steirischen  Landesbrauch 
nach,  auf  die  verzogne  Eggenbergischen  weibsstammlichen 
Erben  fallen  und  unter  dieselben  der  Werth  denen  Ver- 
zichten und  Legitimationen  in  Stirpes  ausgetheilt  werden, 
doch    sollen   obgedachte   meiner   lieben  Frau  Schwester   sei. 


—  160  — 

Erben,  nämlich  den  Rindsmaul  die  Ablösung  solcher 
Herrschaft  Ehrenhausen  wie  die  von  der  Landes  Obrigkeit 
geschätzt  wird,  vor  andern  weibsstammlichen  Erben,  bevor- 
stehen; und  da  von  meinem  geliebten  Herrn  Vetter,  Herrn 
Hans  Ulrich  von  Eggenberg,  Freiherrn,  keine  mannsstammlichen 
Erben  zur  Zeit  sein,  noch  dies  Fidei-Commiss  auf  sie  fallen 
würde,  noch  also  die  Rindsmaurschen  Erben  obbestimmtcs 
ihres  Legates,  der  zehn  Tausend  Gulden,  noch  nicht  thcil- 
haftig  gemacht  worden,  so  sollen  alsdann  in  solchem  Falle 
des  völlig  abgestorbenen  Eggenbergischen  Mannsstammes  die 
Rindsmaurschen  Erben  die  vorhin  ihnen  vermeinten  zehn 
Tausend  Gulden  Legat  von  den  andern  weibsstammlichen 
Erben  vor  ein  Praelegatsweise  bevor  nachmalen  haben  und 
behalten. 

19.  Am  Neunzehnten  verschaffe  ich  meiner  beiden  Herrn  Gebrüder 
sei.  verheirateten  Frauen  Töchter,  wie  viel  deren  nach  meinem 
Tode  am  Leben  sein  werden,  jeglicher  hundert  Ducaten  zu 
einer  Kptte,  meiner  dabei  zu  gedenken,  in  Erwägung  sie 
zuvor  in  andern  Werken  als  mit  Ausstaffirung  und  Haltung 
ihrer  Hochzeiten,  durch  mich  bedacht  worden;  den  ledigen 
Freulein  aber,  so  sich  dieselben  mit  ihrer  Herren  Gebrfkder 
und  nächsten  Beft'eundeten  Rath  und  Willen  verehlicheu, 
jeglicher  zur  Besserung  ihres  Heiratsgutes,  auch  legatweise 
zu  verstehen,  fünfhundert  Gulden  zu  jedweder  Hochzeit  bar 
von  dem  Inhaber  Ehrenhausen  zu  verehren;  und  wenn  nun 
diese  und  alle  andern  vorbestimmten  Legate  durch  meinen 
lustituirten  den  Legatariis  bezahlt  und  gutgemacht  werden, 
was  sich  dann  darüber  nach  meinem  Tode  in  Barschaft  oder 
ausständigen  Schulden  so  man  mir  zu  thun  in  meiner  Ver- 
lassenschaft befindet, 

20.  so  ordne  und  disponire  fürs  Zwanzigste,  dass  solche  ver- 
lassene Barschaft  und  Schuldsunmien  obgedachtem  meinen 
Herrn  Erben  Wolf,  Freiherm  von  Eggenberg,  wirklich  er- 
folgen und  zustehen  soll ;  doch  mit  dieser  Bescheidenheit  und 
Condition  dass  ermeldtes  Geld  an  gewissen  und  sichern  Orten 
angelegt   als   an   namhaften  liegenden  Stück  oder  Gült  oder 


—  161  — 

la    Bolchem  Ende   dass  beim  Hanptgat  kei&e  Gefahr  zu  ge- 
wartigen;   denn  mein   Erbe   solches   unverkttmmert  und  un- 
alienirter    nutzen    und    innehaben ,    allein  mit  der  jahrlichen 
Nntning  frei  sein  solli  allerdings  als  wie  des  Fidei-Gommiss 
halber  oben  Tcrstanden  and  eingef&hrt  worden. 
Letzlidiens  den  Herrn  Mitzengenfertigem  dieses  meines  Testaments 
will  ich  einem  jeglichen  ein  Präsent  von  hundert  Gulden  bis  in 
hundert  Thaler   zu  einem  Zeugniss  dieser  ihrer  Mitfertigung 
und  ihrer  erhofften  Ezecution  und  zu  einer  Becognition,  dass 
dieses  alles  ihnen  und  ihren  Erben  ohne  allen  Schaden  und 
Nachtheil  sein  solle ;  wie  denn  meine  ihnen  Herren  zugestellten 
Bittzettel   solche  Schadloshaltung  mehrers  ausweisen,  verehrt 
und  deputirt  haben  sie  freundlich  ersuchend  mit  dieser  meiner 
Bezeugung  freundlich  fbrlieb  zu  nehmen. 
Will   also   hiemit   diesen   meinen  letzten  Willen  im  Namen 
des  Allmächtigen   geschlossen    haben  und   bitte   hierauf   untert. 
im  dnrciilauchtigsten   hochgebomen  Forsten  und  Herrn,    Herrn 
Ferdinand   Erzherzog    zu   Oesterreich    etc.    meinen 
oftdigsten   Herrn   und  Landesfflrsten    oder   wer  in   zukünftigen 
Zeiten   allzeit  LandesfOrst  in  Steyer,    oder  wo  meine  Verlassen- 
'ebaft  gelegen  sein  wird  wie  auch  alle  nachgesetzten  Obrigkeiten, 
üe  hochlobliche  N.  Oe.  Reg.  die  Herren  Landeshauptleute,  Landes- 
^erweser  oder  andern  Gewalthaber  im  Lande,   dass  ihre   fflrstl. 
I^hl.  fikr  sich  und  ihre  nachgesetzte  Instanzen  ob  diesen  meinen 
i^zten  Willen   gnadigst   günstig   und  m&chtig  halten  und  Hand- 
^ben   und   da  dieser   etwa  nicht  als  ein  solennes  Testamentum 
iiscriptia   gelten  soll  oder  könnte,    dass  er  doch  als  ein  Testa- 
Sputum  nuncupativum  oder  als  ein  Godicill  oder  als  ein  Testa- 
B^ntum  ad  acta  sive  Principi  oblatum  oder  als  ein  Fidei-Commiss 
o4er  als   ein  Donatio  causa  mortis  oder  wie  er  sonst  vermöge 
geist-  und  weltlicher  Rechte,  auch  in  Kraft  guter  Gebrauche  und 
in  Sottderiieit  nach  den  löblichen  steirischen  Landesrechten,  altem 
Herkommen  und  ablieben  Gewohnheiten  am  allerkraftigsten  gelten 
^n,  kann   oder  mag,   gelte   und  passirt  werde;   jedoch  behalte 
idi  mir  selber  vor,   diesen  meinen  letzten  Willen  zu  vermehren, 
u  nmandem,  zu  verändern  oder  gar  aufzuheben  und  da  ich  ein 

Wt&tOL  U»  kM.  V«r«toM  f.  Stoiarmwk.  ZZVL  B«A,  1878.  11 


—  162  — 

oder  mehr  Godicill  oder  Zettel  mit  meiner  eigenen  Hand  anter- 
schrieben  Aber  knrz  oder  lang  hinein  oder  herzn  oder  an  andern 
vertrauten  Orten  legen  würde,  so  will  ich  dass  solch  ein  oder 
mehr  eben  die  Kraft  und  Wirkung  haben  soUen  wie  dieses  ganze 
vollkommene  Testament;  da  ich  aber  bei  diesem  meinen  letzten 
Willen  nichts  verändern  wflrde.  so  soll  er  allerdings  bei  gegen- 
wärtiger Fassung  endlich  verbleiben. 

Vermahne  auch  hierauf  obgenannte  meine  liebsten  Herrn 
Vettern  hiermit  vetter-  ja  väterlich,  sie  wollen  ob  diesem  meinen 
ihnen  väterlich  wohlgeneigten  letzten  und  guten  Willen,  auch  ihres 
Theils  gehorsam  und  treulich  halten,  darttber  einig  und  zulrieden 
sein  und  diese  meine  v&terliche  Gutwilligkeit  mit  schuldiger  nnd 
billiger  Dankbarkeit  erkennen  und  annehmen  und  nichts  dawider 
vornehmen,  noch  handeln  thun  und  lassen,  insonderheit  bedacht, 
dass  ich  mit  meinem  am  wenigsten  ererbten  und  doch  auch  dem- 
selben sonst  unverbunden,  dann  mit  meinem  meistentheils  selbst 
gewonnenen  und  mit  Gefahr  Leibs  und  Lebens  und  meinem  in 
Schweiss  und  Blut  hart  eroberten  Gut,  allerdings  frei  nnd  keinem 
noch  Jemandes  anderen  einige  Legitimam  oder  dergleichen  nichts 
schuldig  bin.  Im  Fall  nun  wider  VerhoiTen  und  Zuversicht  meiner 
Herrn  Vettern  oder  anderer  Blutsfreunde,  einer  oder  eine  diesen 
meinen  letzten  Willen ,  entweder  mit  oder  ausser  Rechtens  sn 
fechten  und  umzustossen  für  sich  selbst  oder  auch  durch  andere 
sich  unterstehen  würde,  der  oder  dieselbige  soll  alsdann  aller 
nnd  jeder  Portion,  so  sonst  auf  ihn  oder  sie  in  Kraft  dieses 
meines  Testaments  kommen  möchte,  facto  ipso  privirt  und  ent- 
setzt sein  und  dieselbe  Portion  dieses  meines  wohlgeneigten 
Legats  den  andern  gehorsamen  und  friedlichen  meinen  in-  und 
substitituirten  Erben   oder  Legatarii   accresciren  und  zuwachsen. 

Zu  solches  meines  letzten  Willens  Execntion,  n&chst  gedachter 
fürstl.  Durchl.  und  deroselben  nachgesetzten  Obrigkeit  und  meiner 
in-  und  substitituirten  Erben  und  Legatarii,  will  ich  auch  inson- 
derheit meine  Herrn  Zeugfertiger  und  andere  n&chste  Bluts-  nnd 
hohe  Freunde  erbeten  haben,  dass^  sie  meinen  in-  und  substiti- 
tuirten Erben  und  Legatarii  alle  gnftdigste,  günstige  und  freund- 
liche Beförderung,  Hilfe  und  Vorschub  erzeigen  wollen. 


—  163  — 

Dieses  meines  letzten  Willens  habe  ich  zwei  Exemplare  in 
fkidiein  Laa^  anfrichten  lassen,  dessen  eines  ich  bei  mir  bis 
n  ffldnem  seligen  SterbstOndl  behalten,  das  andere  auf  einen 
TfTtraiiten  Ort  bis  nach  meinem  Tode  zn  verwahren  nnd  hernach 
^  der  Landes  Obrigkeit  zn  publiciren  gegeben  habe. 

Und  dessen  alles  znr  wahren  Urkunde  habe  ich  dieses  mein 
Tfstament  und  letzten  Willen  mit  meiner  eigenen  Handnnterschrift 
QBd  angehangenem  Siegel  bekräftigt  auch  zum  grössern  Zeugniss 
^r  Sachen  habe  ich  besonders  freundlich,  fleissig  durch  Bittzettel 
'rbeten  die  wohlgebomen  Herrn  Herrn  Hans  Sigmund  Waagen  zn 
Wagensperg  Freiherm  auf  Schönstein,  Prftwald  und  Sannegg, 
^iod-Inbaber  nnd  Hauptmann  der  Herrschaft  Pettau,  Röm.-Eais. 
^j.  Raul,  auch  fOrstl.  Durchl.  Erzherzog  Ferdinand  zu  Oesterreich 
^tc.  geheimer  Rath,  Kämmerer  und  Statthalter  der  N.  Oe.  Fürsten- 
iteier  nnd  Lande,  Heim  Sigmund  Friedrich  Freiherrn  jsn  Herber- 
^tdo,  Neaberg,  Gutenhaag  und  Krems,  Herrn  auf  Lancwitz,  Erbkäm- 
serernodErbtruchsess  in  Kärnten,  hochgedachter  Röm.-Kais.  Maj. 
^,  auch  fOrstL  Durchl.  geheimer  Rath,  Kämmerer  und  Landes- 
ittoptmann  in  Bteyer,  Herrn  Franz  Freiherm  von  und  zu  Räcknitz 
^  Pemegg  nnd  St.  Ulrich,  auch  fürstl.  Durchl.  Rath,  meine 
anders  lieben  Freunde  und  Herrn,  dass  sie  solches  Testament 
Bit  ihren  eigenen  Handschriften  und  Insigeln  (doch  solches  ihre 
Fertigung  auch  ihnen  Herren  und  ihren  Erben  ohne  allen  Schaden 
3sd  Nachtheil)  gleichfalls  verfertigt  haben ;    Geschehen  zu  Grätz 

letzten  Tag  Mai  im  eintausendsechshundert  und  neunten  Jahr. 

Ruprecht  von  Eggenberg,  Freiherr. 

Hans  Sigmund  Wagen,  Freiherr. 

Sig.  Friedrich,  Freiherr  zn  Herberstein. 

Franz,  Freiherr  zu  Räcknitz. 


•»» 


11* 


GEDENKBÜCH 


VEREil!  Fl  SIEIEIlMlIRK. 


-•-O'-^ 


Zcfo]^  Beschlasses  deg  historischen  Vereines  f&r  Steiermark  in  der 
IV.  ftllgemeincn  Jahres -Yersammlung  am  5.  December  1864  für  ver- 
storfoene  verdiente  Vereins- Bfitglieder  angelegt.) 


Dr.  Creorg  &ötli, 


^^luiien-Director  der  technischen  Hochschale  and  Gustos  am  landschaftl. 
Joaimeam  zu  Graz,  Üirector  des  hist.  Vereines  ftkr  Steiermark  etc. 


Eine  biographische  Skizze 

K.  O.  Ritter  ▼.  Iieitner. 


lldne  alte  Erfahrung  lehrt,  dass  der  Mensch,  und  wäre 
^  der  beste,  wenn  er  einmal  den  Blicken  der  Welt  entrUckt 
^t  bald  aach  aus  ihrem  Andenken  verschwindet  Vollends  ist 
üeR  jetzt  der  Fall  in  unserer  leicht  und  schnell  lebigen  Zeit, 
^  ein  Ereigniss  das  andere  jagt  und  ein  Strebender  den 
SDdem  verdrftngt  Darum  ist  es  eine  schöne  Gepflogenheit,  den 
^läoneni,  die  sich  um  die  Förderung  des  Wissens  in  irgend 
Einern  Fache  oder  um  das  öffentliche  Wohl  im  Allgemeinen 
(vorragende  Verdienste  erworben  haben,  nach  ihrem  Scheiden 
^  uns  einige  Blätter  dankbarer  Erinnerung  zu  weihen.  Dieser 
^önen  Sitte  gemäss  möge  denn  hier  auch  ein  kurzer  Lebens- 
^riss  eines  solchen  Ehrenmannes  Platz  finden,  wenn  er  gleich 
^h  werthvolle  literarische  Leistungen  selbst  dafür  gesorgt 
K  dass  er  nidit  der  Vergessenheit  anheimfalle. 

Georg  Göth  wurde  am  29.  December  1803* zu  Beindorf, 
^  jetzigen  BudoUsheim,  nächst  Wien  geboren,  wo  sein  Vater 
Johann  Georg  Göth  als  Besitzer  eines  Hauses  und  einer  Glas- 
li^diang  ansässig  war  und  in  der  dortigen  Gemeinde  das 
Bürgermeister- Amt  bekleidete.  In  dieser  lägenschaft  zeichnete 


-  68  — 

er  sich  während  des  feindlichen  Einfalles  der  Franzosen  im 
Jahre  1809  durch  ungemeine  Thätigkeit  so  sehr  aus,  dass 
ihm  Kaiser  Franz  in  Anerkennung  derselben  die  silberne 
Ehrenmedaille  verlieh.  Ein  bösartiges  Nervenfieber ,  dessen 
Herrschaft  die  fremden  Truppen  bei  ihrem  Abzüge  der  Residenz 
zurückgelassen  hatten,  raffte  den  wackem  Mann  schon  im 
nächsten  Jahre  dahin  und  seine  Witwe  stand  nun,  mdem  sie 
ihre  beiden  Töchterchen  schon  früher  verloren  hatte,  mit 
ihrem  erst  etwas  über  6  Jahre  alten  Sohne  Oeorg  allein  da. 
Sie  führte  durch  einige  Jahre  das  Geschäft  ihres  verstorbenen 
Gatten  noch  fort,  vermochte  aber  nicht,  der  Ausbildung  ihres 
Sohnes  Richtung  und  Ziel  anzuweisen.  Und  so  war  er  es  denn 
selbst,  der  alle  Hindemisse,  die  sich  ihm  auf  der  Studien- 
laufbahn entgegenstellten,  durch  Fleiss  und  ausdauernde  That- 
kraft  endlich  si^eich  überwand  und  sich  allmählig  jene 
ehrenvolle  Stellung  errang,  die  er  in  der  Folge  am  Joanneum 
in  Graz  und  in  der  literarischen  Welt  einnahm. 

Den  Unterricht  des  Knaben  begann  der  Ortsschullehrer, 
indem  er  ihn  aus  alten  ausgemusterten  Kanzleiacten,  die  er 
bei  einem  Krämer  erhielt,  lesen  lehrte  und  ihn  nebenher  mit 
ziemlich  geringem  Erfolge  im  Yiolinspiele  unterwies.  Im  Jahre 
1815  wurde  Georg  aber  in  die  damals  im  besten  Rufe  ste- 
hende Hauptschule  der  Vorstadt  Neubau  geschickt,  wo  er 
sehr  gute  Fortschritte  machte.  1816  trat  er  in  das  Gymnasium 
bei  den  Schotten  über,  wohin  er,  ein  schwächliches  BOrschchen, 
fast  ';  4  Stunden  weit  zu  wandern  hatte.  Schon  damals  machte 
er  in  der  Mathematik  und  Geographie  gute  Fortschritte,  jedoch 
bereitete  ihm  das  Studium  der  lateinischen  Sprache,  für  das 
er  damals  noch  zu  wenig  vorbereitet  war,  solche  Schwierig- 
keiten, dass  er  die  Classe  wiederholen  sollte.  Dazu .  konnte 
er  sich  nicht  entschliessen ;  er  zog  es  vielmehr  vor,  nachdem 
seine  Mutter  ihren  Besitz  verkauft  hatte  und  nach  Mariahif 
übersiedelt  war,  1817  in  die  4.  Classe  der  k.  k.  Normalschule 
überzutreten. 

In  den  beiden  Jahrgängen  dieser  Classe,  die  damals  eme 
Art  Bürgerschule  bildeten,  that  er  sich  besonders  in  den  tech- 


—  69  — 

nischeD  Fächern  hervor,  wurde  Oberhaupt  ein  Liebliug  seiner 
lidrer  und  erhielt  wiederholt  Schulpreise.  Hierauf  setzte  er 
seine  Studioi  an  der  eben  erst  neu  eröffneten  Realschule  fort 
Er  widmete  sich  denselben  mit  eben  so  viel  Freude  als 
durchaus  Yorzflgliehem  Erfolge,  wobei  ihn  der  Religionsunterricht 
oadi  den  geist-  und  gemOthvoUen  Aphorismen  des  evangelischen 
Bischöfe  J.  H.  B.  Dräseke  besonders  anzog,  so  dass  ihn 
sein  Professor  dieses  Faches,  der  zugleich  Vicedirector  war, 
sehr  lieb  gewann  und  ihm  eine  Lection  verschafifte,  die  dem 
wenig  bemittelten  Jttnglinge  eine  willkommene  Zubusse  eintrug. 
Im  üebrigen  betrieb  er  eifrigst  das  Studium  der  Mathematik. 
Professor  Josef  B  e  s  k  i  b  a ,  durch  mathematische  Werke  auch 
als  Schriftatelier  ehrenvollst  bekannt,  nannte  ihn  seinen  besten 
Schtder;  und  der  als  geistiger  Urheber  der  Kaiser  Ferdinands- 
Nordbahn  hochverdiente  Professor  Franz  R  i  e  p  1  wendete  ihm 
sein  besonderes  WohlwoDen  zu.  6  ö  t  h  fasste  nun  den  Entschluss, 
sich  für  die  Zukunft  —  ohne  recht  zu  wissen,  zu  welchem 
praktischen  Zwecke  —  vollends  dem  Studium  der  Mathematik 
zu  widmen*  So  begann  er  denn  den  Lehrcurs  der  höheren 
Mathematik  an  der  Universität,  hörte  Beskiba's  ausser- 
ordenfliche  Vorträge,  sowie  jene  des  berühmten  Astronomen 
J.  J.  von  Littrow  und  machte  ausgezeichnete  Fortschritte. 
Er  sass  gewöhnlich  den  ganzen  Tag  im  Arbeitszimmer  der 
Sternwarte,  machte  Auszüge  aus  mathematischen  Werken  und 
speicherte  Analecten  auf.  Littrow,  mit  dem  er  und  ein  paar 
andere  Schüler  an  einem  Tische  sassen  und  auf  Schiefertafeln 
rechneten,  veranlasste  ihn  auch,  sich  die  analytische  Geometrie 
^igen  zu  machen.  Er  erhielt  eine  grosse  Fertigkeit  in  der 
Tnuuformation  der  Formeln,  namentUch  der  trigonometrischen 
vnd  Differenzial-Ausdrücke  und  füllte  viele  Hefte  mit  diesen 
Ausarbeitungen.  Allein  alles  dies  betrieb  er  ohne  Aussicht  auf 
äne  künftige  Yerwerthung  seiner  erworbenen  Kenntnisse,  zumal 
ibm  zur  gewünschten  Erlangung  einer  Lehrstelle  der  Nachweis 
der  damals  geforderten  Vorstudien  fehlte. 

Director  Littrow,  dem  er  seine  Sorge  vertrauensvoll 
nnttheilte,  gab  ihm  nun  den  Rath,  die  vier  Orammatikaldassen 


—  To- 
des Gymnasiums  privatim  nachzuholen.  Oöth  gieng  sog^dch 
mit  allem  Eifer  an  die  Ausführung  dieses  Bathes,  nahm  ftir 
die  klassischen  Sprachen  einen  tüchtigen  Gorrepetitor  und 
hoffte  die  übrigen  Gegenstände,  die  ihm  theilweise  schcm  von 
der  Realschule  her  bekannt  waren,  allein  bewältigen  zu  können. 
Er  unterzog  sich  dann  als  PrivatschOler  dieser  Jahrgänge  einer 
Prüfung,  erwarb  sich  bei  dieser  das  Zeugniss  über  seineii 
genügenden  Fortgang  und  legte  auf  Grundlage  dessdben  später 
in  Pest  auch  die  Prüfungen  aus  den  Lehrgegenständen  der 
Humanitätsstudien  mit  Auszeichnung  ab.  Er  meldete  sich  nun 
im  Herbste  1823  an  der  Wiener  Universität  zur  Aufiiahme 
in  die  philosophische  Fakultät 

Der  Professor  der  Philosophie,  L.  Bembold,  wdcher 
im  nächsten  Jahre  seiner  freisinnig^!  Vorträge  wegtti  vom 
Lehramte  entfernt  wurde,  gewann  ihn  bald  lieb,  weil  er  wusste, 
dass  Göth  seine  Vorträge  fleissig  und  genau  nachschrieb  und 
mehreren  seiner  Collegen  erfolgreich  Gorrepetitionen  ertheüte. 
Der  Professor  der  Mathematik,  Josef  Jenko,  beschäftigte 
ihn  bei  der  Ausfuhrung  seiner  Lieblingsidee,  die  Theorie  der 
Parallelen  zu  begründen;  und  vom  Professor  der  Physik, 
welcher  ihm  nicht  sehr  hold  war,  erzwang  er  sich  bei  einer 
wiederholt  begehrten  Prüfung  statt  der  ihm  anfangs  gegebenen 
ersten  eine  Vorzugsklasse. 

Im  Jahre  1826  wurde  der  dritte  Jahrgang  der  Philosophie 
aufgelassen ;  G  ö  t  h  besuchte  aber  dessenungeachtet  den  zweiten 
Jahrgang  der  höheren  Mathematik  bd  Ettingshausen, 
hörte  den  Curs  über  Pädagogik  und  besuchte  nebenhm*  auch 
den  I.  Jahrgang  der  Rechte. 

Nach  dem  Tode  seiner  Mutter,  die  er  im  Späthorbste 
dieses  Jahres  verlor,  verweilte  er  während  des  Jahres  1827 
noch  in  Wien,  setzte  seine  mathematischen  Studien  ohne  Un- 
terbrechung fort  und  verfasste  eine  Theorie  der  Wahrschein- 
lichkeits-Berechnung  mit  Anwendung  der  höheren  Ajudysis. 
Er  gedachte  damit  bereits  als  Schriftsteller  au&utreten  und 
sich  zugleich  eine  Empfehlung  für  eine  künftige  Anstellung 
zu  erwerben.  Aber  trotz  der  günstigen  Beurtheilung  von  Seite 


—  71  — 

Littron's,  der  ihn  zu  dieser  Ansarbeitang  «nfgefordert  hatte, 
änd  sieh  dafbr  leid^  kein  Verieger. 

Zur  aufheitemden  Unterbrechung  dieser  ernsten  Beschftf- 
tignogeD  vergönnte  er  sich  am  liebsten  den  Besuch  des  damals 
eben  in  seiner  Olanzperiode  stehenden  Hofburgtheaters,  und 
der  Idihafle  Eindruck  dieser  unvergesslichen  KunstgenOsse 
diente  ihm  flür  sein  ganzes  Leben  als  Massstab  dramatischer 
Leistai^eB.  Ein  geistiger  Genuss  anderer  Art  bot  sich  ihm 
dadurch  dar,  dasa  ihm  seine  Privatlectionen  Gelegenheit  gaben, 
in  die  Salons  bei  Caroline  Pichler,Pilat,  Klinkowström 
ond  Wilbehn  Ai^;ust  von  Schlegel  eingeführt  zu  werden. 
Er  £and  auch  Zutritt  zu  den  phflosophischen  Vorlesungen  des 
Letzteren,  besuchte  die  berühmten  Predigten  Zacharias  W  e  r- 
ner^s  und  Johann  Emanuel  Veit's,  und  versäumte  überhaupt 
keine  Gdegenheit  zu  geistiger  und  gemüthlicher  Anregung 
BDd  Ausbildung. 

Bei  allem  dem  beschwerte  ihn  doch  immer  ernstlicher 
die  8oif;e  tOat  seine  Zukunü  Da  eröffneten  sich  ihm  von 
mehreren  Seiten  Aussichten  auf  eine  Erziehersteile,  und  wie- 
vohl  flieh  welche  in  hochadeligen  Häusern  ergaben,  wählte  er 
doch  zuletzt  eine  solche  bei  einer  Beamtenfamilie  im  steierm. 
Hochgebirge,  in  welches  ihn,  wie  fast  jeden  Wiener,  eine 
agenthümliehe  Vorliebe  hinzog.  So  traf  er  denn  im  Anfange  des 
Deeembers  1827  in  seinem  künftigen  Bestimmungsorte,  dem 
t  k.  Ousswerke  bei  Maria-Zeil  em,  wo  ihm  fortan  oblag,  zwei 
Söhne  eines  dortigen  Oberbeamten  für  die  Bergakademie  in 
Schenmitz  vonub^reiten.  Die  Bemühungen  zur  Lösung  dieser 
oicht  unsehwierigen  Aufgabe  vergalt  ihm  der  Genuss  der  ihn 
^gebenden  grossartigen  Alpennatur  und  der  tägliche  Verkehr 
mit  dem  dortigen  Weiksvorstande  Johann  Hippmann,  einem 
iBteBigenten,  ringsum  in  grossem  Ansehen  stehenden  Manne, 
der  sSmähfig  san  bester  Freund  wurde. 

Bin  unbedeutender  Zufall  entschied  hier,  wie  in  manchem 
Menschenleben,  so  auch  in  dem  Göth's  über  sein  künftiges 
Schicksal. 

Im  Jahre  1828  hatte  der  Erzherzog  Johann,  der  un- 


—  72  — 

vergessliche  Gönner  Steiermark's,  den  Bau  des  Brandhofes, 
seines  idyllischen  Heimsitzes  am  Seeberge,  beendet  und  den 
24.  August  zur  feierlichen  Einweihung  der  Hauskapelle  des- 
selben bestimmt  Da  für  die  Ausschmückung  des  Festortes 
noch  einiges  zu  thun  war,  wandte  sich  der  Erzherzog  um 
einen  Sachverständigen  an  das  Verwesamt  im  Gusswerke«  Man 
sandte  ihm  GötL  Dieser  wurde  sehr  gnädig  aufgenommen 
und  zu  Tische  geladen.  Während  des  Mittagmahles  zeigte  sich 
aber  der  Irrthum,  dass  der  erlauchte  Festveranstalter  eigenUich 
einen  Inschriftenmaler  benöthigt  habe.  Göth  war  darüber 
allerdings  etwas  betroffen,  da  er  jedoch  auch  m  der  Ealigraphie 
und  im  Zeichnen  einige  Geschicklichkeit  besass,  erbot  er  sich 
doch  es  zu  versuchen,   den  Befehlen  des  Erzherzogs  nach 
seinem  besten  Vermögen  zu  entsprechen.  Er  leistete  auch 
nicht  nur  in  dieser  Beziehung  Genüge,  sondern  bei  seiner 
vielseitigen  Anstelligkeit  vermochte  er  auch  noch  manchen 
anderweitigen  Bedürfhissen  abzuhelfen,  wie  er  denn  namentlich 
damit  betraut  wurde,  die  Einweibungsurkunde  auf  Pergament 
rein  zu  schreiben.  Der  Erzherzog  lud  ihn  hierauf  mit  besonderer 
Güte  auch  zum  Feste  und  forderte  ihn  zugleich  auf^  jedesmal, 
wenn  er  von  des  Hausherrn  Anwesenheit  im  Brandhof  höre, 
dort  einzusprechen.  Göth  erhielt  bald  darauf  auch  die  Aufgabe, 
die  Registratur  der  Landwirthschafts-Filiale  Brandhof^  bei  deren 
Versammlungen  der  Ensherzog  prftsidirte,  in  Ordnung  zu  bringen, 
filhrte  bei  deren  Sitzungen  die  Protokolle  und  gewann  durch 
verschiedene   ähnliche  Geschäftsbesorgungen  inuner  mehr  die 
Gunst  des  Erzherzogs,  in  welcher  ihn  auch  sein  Freund  Hipp- 
mann, der  bei  diesem  ungemeines  Vertrauen  genoss,  wesent- 
lich befestigte. 

Als  darauf  im  September  1830  die  Vertragszeit  semer 
Erziehersstelle  zu  Ende  gieng,  nahm  ihn  denn  der  Erzherzog 
formlich  in  seine  Dienste  und  Göth  übersiedelte  nun  als 
erzherzoglicher  Archivar,  Bibliothekar  und  zweiter  Privatsekretär 
nach  Vordemberg. 

Hier  war  es  zunächst  seine  Hauptaufgabe,  die  zahlreiche 
Bibliothek,dieUrkundensammlung,  die  Kupferstiche  und  Aquarell- 


—  78  — 

Gemllde  des  Enhensogs  zu  ordnen  und  zu  katalogisiren.  Die 
erstere  bestand  ausser  Werken  der  schönen  Literatur  vorzttg^ch 
ns  Schriften  über  Geschichte,  Montan-Industrie  und  Land- 
«irtfaschaft.  In  das  Fach  der  letzteren  wurde  0  ö  th  insbesondere 
durch  seine  vielfidtigen  Geschäfte  bei  den  erzherzoglichen 
Besiteangen  und  durch  die  Begleitung  des  Erzherzogs  auf 
dessen  jslirfichen  Bereisungen  der  Landwirthschafts-FUialen 
mehr  mid  mehr  emgeweiht  Von  diesen  lernte  er  vor  allen 
jene  zu  Brandhof  kennen,  da  der  Erzherzog  seine  dortige 
A^wirthschaft  mehrmals^  besonders  zur  Zeit  der  Auerhahn-f 
ffineh-  und  Gemsjagd  zu  besuchen  pflegte.  Von  diesen  Um- 
sUnden  begOnstigt^  yerfiuste  Göth  im  Jahre  1832  seine  erste 
mm  Drucke  gehmgte  Schrift:  « Darstellung  des  landwirthschaft- 
lichen  Zustandes  der  Filiale  Brandhof*,  welche  in  den  Yer- 
haadlmigen  und  Aufi&tzen  der  steierm.  Landwirthscbafts- 
Gesdlschaft  TerOffentlicht  und  zwei  Jahre  darauf  als  eine 
Mostersehrift  in  zahhreichen  Sonderabdracken  im  ganzen  Lande 
^ertfaeOt  wurde. 

Das  Jahr  1882  erhielt  für  GOth  aber  auch  in  anderer 
Beäehnng  eine  nachhaltige  Bedeutung.  Er  fand  gelegentlich 
Zutritt  bei  der  Familie  des  allgemein  hochgeachteten  Vorstandes 
der  Vordemberger  Badgewerkschaft  Prandstetter,  und 
oaeh  sdner  Rückkunft  von  einer  im  Frühling  nach  Triest  und 
Venedig  unternommenen  Reise  erfolgte  seine  Verlobung  mit 
Josefinen,  der  ihm  l&ngst  theuer' gewordenen  ältesten  Tochter 
des  Hauses.  Natürlich  blieben  diese  Verhältnisse  dem  Erz- 
herzoge nicht  unbekannt  und  bei  dessen  gütigen  Gesinnungen 
fi)r  6  0 1  h  eröffnete  er  ihm  die  Hoflhung  auf  eine  Assistenten- 
stdle  am  Joanneum,  wo  eben  die  Errichtung  einer  solchen 
Ar  Elementar-Mathematik  im  Antrage  stand.  Allein,  da  die 
danudige  Studien-Hofcommission  überhaupt  mit  dem  Lehrplane 
an  diesem  ständischen  Institute  nicht  ganz  einverstanden  war, 
so  gerieth  die  Gründung  dieser  Lehrstelle  in  Stockung  und 
Göth  machte  sich  nun  1834  neben  seinen  pflichtmässigen 
Geschäften  mit  allem  Eifer  an  eine  topographisch-historische 
Arbeit,  ibr  welche  ihm   die  Archive  des  Erzherzogs,   des 


—  74    - 

Magistrates,  der  Commimität  and  der  Gewerkschaft  in  Vor- 
demberg  reichliche  Materialien  darboten.  Auf  diese  Weise 
entstand  unter  seiner  Feder  eine  Geschichte  Ton  Yordember^, 
deren  Hauptwendepunkt  die  1829  durch  den  Erzherzog  zu 
Stande  gekommene  Union  der  Radgewerken  bildete.  Allein  die 
der  Censnrbefaörde  vorgelegte  Handschrift  derselben  erhielt 
nicht  die  Druckbewilligung,  weil  die  Kundgabe  gewisser  Ver- 
handlungen mit  der  dem  Unionsprojecte  widerstrebenden  inner- 
bergischen  k.  k.  Hanptgewerkschaft  Anstoss  fand.  Das  Werk 
mnsste  nach  Andeutungen  der  k.  k.  montanistischen  -Hofkammer 
umgearbeitet  werden  und  konnte  erst  1889  mit  einem  AUas, 
dessen  bedeutende  Kosten  der  Erzherzog  selbst  bestritt,  im 
Drucke  erscheinen.  Dieses  interessante  Werk  Ober  das  steier- 
märkische  Eisenwesen  erhielt  allgemeine  Anerkennung  und 
der  König  von  Schweden,  welchem  es  vom  Director  in  Fallun, 
Professor  Sefström,  vorgelegt  wurde,  liess  zehn  Exemplare 
desselben  für  die  schwedischen  Lehranstalten  ankaufen  und 
dem  Autor  die  grosse  Goldmedaille  für  Kunst  und  Wissenschaft 
zusenden. 

Nachdem  Gö  th  mit  dem  Erzherzoge  1835  in  angenehmster 
Weise  eine  Reise  durch  Kärnten  und  1836  während  des 
strengsten  Winters  im  offenen  Schlitten  eine  solche  durch  das 
obere  Ensthal  nach  Radstadt,  von  dort  über  den  Tauem  nach 
Turrach  und  dann  zurück  in  das  Murthal  gemacht  hatte, 
begann  er  wieder  die  Ausflihrung  eines  neuen  literarischen 
Werkes,  nämlich  eines  topographischen  Lexikons  von  Steier- 
mark. Hiezu  hatten  ihm  seine  Forschungen  *  zu  dem  vorigen 
Werke,  sowie  die  vom  Erzherzog  schon  1811,  1812  und  1813 
gesammelten  Notizen  zu  einer  Landeskunde  Steiermarks  höchst 
schätzbare  Stoffvorräthe  geliefert,  die  er  nun  dadurch  zu  ver- 
vollständigen trachtete,  dass  er  ein  Yerzeichniss  von  Fragen 
durch  das  ganze  Land  versendete,  um  deren  Beantwortung 
er  Behörden  und  einzelne  Private  ersuchte. 

Er  benützte  zu  dieser  umfangreichen  Arbeit  vorzüglich 
die  Müsse,  welche  sich  ihm  während  der  Zeit  darbot^  da  der 
Erzherzog  auf  seiner  Reise  nach  dem  Oriente  abwesend  war. 


—  76  — 

Ab  dieser  bd  seiiier  Rttckk^r  die  Angdegenheit  in  Betreff 
der  beaBtragten  Lehnteile  am  Joanneum  noch  immer  nicht 
weiter  Torgeschritten  fand,  anderseits  aber  in  6ö  th  der  Wunsch, 
seinen  e^^nen  Herd  grOnden  zu  können,  immer  lebhafter 
wurde,  gab  ihm  sein  hoher  GHVnner  den  Wink,  sich  um  die 
VeileihiiBg  der  bei  der  Landwthschafts-Gesellschaft  in  Wien 
eriedigten  BibUothekar-  nnd  Cnstosstelle  m  Bewerbung  zu 
setzen.  Er  befolgte  diesen  Bath  und  am  8.  Februar  1838 
wurde  er  fbr  diese  Stelle  ernannt  Er  verliess  nun,  nachdem 
er  sieben  Jahre  und  drei  Monate  in  den  Diensten  des  Erz- 
herzogs gestanden  und  sieh  bei  seinem  Austritte  ein  glänzendes 
Zeogniss  erworben  hatte,  das  ihm  zur  Heimat  gewordene 
Verdemberg  und  ttbemahm  am  19.  M&rz  1838  sdn  neues 
Ami  in  Wien. 

Ehn  Jahr  darauf,  am  6.  Februar  1839,  f^erte  er  seine 
Vennfthlung  mit  seiner  theuem  Verlobten  in  deren  Vaterhause 
mid  ftlhrte  sie  dann  in  den  neu  gegründeten  eigenen  Haushalt 
ein,  dessen  anftngliche  Bescheidenheit  das  endlich  vereinigte 
junge  Paar  in  seinem  OlQcke  nicht  zu  beirren  vermochte. 
65th  widmete  sich  seinem  neuen  Berufe  mit  gewohntem 
Eifer,  setzte  nebstbei  seine  Studien  in  der  Mathematik  un- 
unterbrochen fort  und  brachte  zugleich  den  I.  Band  seiner 
Topographie  von  Steiermark  zu  Stande,  der  im  Jahre  1840 
im  Drucke  erschien  und  von  Seite  des  ständischen  Ausschusses, 
dem  6öth  ein  Exemplar  übersandte,  durch  ein  sehr  verbind- 
liches Sehreiben  volle  Anerkennung  erhielt 

Mittlerweile  erfolgte  endlich  auch  die  längst  beantragte 
Errichtung  enier  Professur  fbr  Mathematik  am  Joanneum,  und 
nachdem  60 th  im  Juni  1841  die  ConcursprOfüng  abgelegt 
hatte,  erfolgte  am  17.  Juli  seine  Ernennung  für  diese  Lehr- 
kanzel, worauf  er  bald  nach  Graz  übersiedelte.  Obwohl  ihm 
in  seiner  nraen  Stellung  nur  der  Vortrag  über  Algebra  und 
Arithmetik  oUag,  erbot  er  sich  doch  freiwillig  dazu,  auch 
Geometrie  zu  lehren  und  da  sich  hiedurch  ein  vollständiger 
Curs  über  Elementar-Mathematik,  wie  er  auch  am  polytechnischen 
Inulttute   in  Wien   bestand,    herausbildete,    so  wurde  seiq 


—  76  — 

Anerbieten  vom  ständischen  Ansschosse  nicht  nur  gern  an- 
genommen, sondern  ihm  hiefilr  auch  eine  belobende  Anerkennung 
ausgedrückt.  Am  18.  J&nner  1843  erhielt  er  zudem  auch  die 
kaiserliche  Bewilligung  zum  Vortrage  über  cameralistische 
Arithmetik  an  der  Karl  Franzens-Universität  zu  Graz,  für 
welchen  er  sich  schon  durch  eine  1841  in  Wien  abgelegte 
öffentliche  Prüfung  fähig  erwiesen  hatte. 

Nachdem  im  Jahre  1844  der  dritte  Band  der  Topographie 
Steiermark's  im  Drucke  erschienen  war,  votirten  ihm  die  Stände 
einen  Betrag  von  500  fl.  zur  Fortsetzung  dieses  allgemein 
mit  verdientem  Beifall  aufgenommenen  Werkes,  und  die  Uni- 
versität Jena  verlieh  ihm  1845  mit  Rücksicht  auf  seine 
literarischen  Leistungen  das  Doctorat  der  Philosophie.  In  den 
Ferien  dieses  Jahres  machte  er  mit  seinem  Freunde  und 
AmtscoUegen  am  Joanneum,  dem  berühmten  Botaniker  Dr. 
Franz  Unger,  eine  Reise  durch  Mittel-  und  Süddeutschland 
und  einen  Theil  der  Schweiz  bis  Strassburg,  und  hielt  bei  der 
damals  in  Nürnberg  stattgefundenen  23.  Versammlung  der 
deutschen  Naturforscher  und  Aerzte  einen  Vortrag  über  eine 
directe  Auflösung  der  Aufgabe,  den  Stundenwinkel  und  die 
Poldistanz  eines  terrestren  Objectes  zum  Behufe  der  Zeitbe- 
stimmung in  grossen  geographischen  Breiten  zu  bestimmen. 

Eine  neue  Gelegenheit,  sein  culturfreundliches  Streben 
nicht  nur  für  die  Wissenschaft,  sondern  auch  für  die  Kunst 
darzuthun,  fand  6  ö  t  h  im  Jahre  1 846,  indem  er  sich  mehreren 
Kunstfreunden,  wie  dem  Landeshauptmann  Ignaz  Orafen  von 
A 1 1  e  m  s ,  dem  Feldmarschall-Lieutenant  Greorg  Grafen  T  h  u  r  n 
und  dem  Gallerie-Director  Josef  Ernst  Tunner  anschloss, 
um  in  Graz  einen  steiermärkischen  Kunstverein  in  das  Leben 
zu  rufen.  Dieser  Verein  richtete  zunächst  sein  Bestreben 
dahin,  vom  Kunstverein  in  Wien  einige  Male  im  Jahre  vor- 
zügliche Gemälde  zur  Ausstellung  m  Graz  zu  erhalten.  Mit 
dem  Ertrage  der  Eintrittskarten  und  der  Percente  für  ver- 
äusserte Bilder  bestritt  man  die  Kosten  der  Fracht  und  der 
Schaustellung,  kaufte  Actien  mehrerer  auswärtiger  Kunstvereine, 
brachte  selbst  Gemälde  an  sich,  verlooste  diese  sowie  fremde 


—  77  — 

Prftmienbflder  und  entwickelte  auf  diese  Weiso  eine  zumeist 
Ulf  dem  ebenso  uneigennützigen  als  unermüdbaren  Eifer  G  ö  t  h'« 
beruhende  rege  Thätigkeit,  die  dem  Kunstsinne  der  steiermär- 
kascben  Hauptstadt  einen  erfreulichen  Aufschwung  verlieh. 

Die  politischen  Stürme  des  Jahres  1848  brachten  bald 
in  dieses  friedliche  Wirken,  sowie  in  Göth's  ämtUche  und 
literarische  Yerhftltnisse  manche  Störungen.  Wie  jeder  öster- 
reichische Patriot  hatte  auch  er  die  Gewährung  freiheitlicher 
Staatseinrichtongen  mit  grosser  Begeisterung  und  mit  kaum 
mindo^r  Freude  auch  die  Reformideen  des  neuen  Unterrichts- 
ministers  Freiherm  von  Feuchtersieben  begrüsst.  Allein 
die  bald  hervorgetretenen  Pöbelexcesse  in  Wien  und  selbst 
die  mehr  und  mehr  gestörte  Disciplin  am  technischen  Institute 
in  Graz  mSssigten  allmählig  seine  überschwanglichen  Hofihungen, 
indem  er  sich  durch  den  verminderten  GoUegienbesuch  von 
Seite  seiner  nur  von  politischen  Ideen  erfüUten  Zuhörer  in 
seinem  Berufe  als  Lehrer  behindert  und  durch  Umänderung 
fast  aller  bisherigen  Landesverhältnisse  und  Einrichtungen  in 
der  Fortsetzung  seiner  steiermärkischen  Topographie  gleich- 
zeitig als  Schriftsteller  gehemmt  sah.  Abgesehen  von  der 
Stockimg  aller  buchhändlerischen  Unternehmungen  musste 
Qämlich  die  Herausgabe  des  4.  Bandes  der  Topographie  zunächst 
sdion  desshalb  vorläufig  unterbleiben,  weil  die  darin  geschil- 
derten bisherigen  Verhältnisse,  nämlich  die  politische  Eintlieilung 
des  Landes  in  fünf  Kreise  und  in  eine  Menge  patrimonialer 
Bezirksobrigkeiten,  die  nun  den  neuen  Gerichts-  und  Ver- 
waltungsbehörden gewichen  waren,  dem  thatsächlichen  neuen 
Zustande  nicht  mehr  entsprachen.  Göth  gieng  dessenunge- 
achtet eifrig  an  eine  zeitgemässe  Umarbeitung  seines  Manu- 
äcriptes;  allein,  da  stets  neue  Organisirungen  einander  verdrängten 
und  jede  Hoffnung  auf  eine  baldige'  endgiltige  Einrichtung  des 
Staates  und  Landes  zerstörten,  so  musste  der  entmuthigte 
Autor  endlich  die  Vollendung  seines  höchst  verdienstvollen 
Werkes  fQrderhin  leider  auf  sich  beruhen  lassen.  Dabei  er- 
kaltete aber  sein  Interesse  fUr  Kunde  und  Geschichte  des 
lindes  keineswegs,   und   als   ihn   der  historische  Verein  für 

G 


—  78  — 

Steiermark,  dem  er  schon  1847  als  Mitglied  beigetreten  war, 
1850  in  seinen  Ausschuss  wählte,  widmete  er  demselben 
fortan  durch  viele  Jahre  seine  aufopfernde  Thätigkeit 

In  diesem  und  dem  nächsten  Jahre  unternahm  er  mit 
seiner  Gemahlin  mehrere  Ferienreisen,  so  1 850  durch  Baiern 
und  Oberitalien,  1851  durch  Mitteldeutschland  bis  nach  Köln 
und  drei  Jahre  später  nach  Salzburg,  von  wo  aus  die  gross- 
artigen Hochgebirgs-Gegenden  von  Berchtesgaden  und  Gastein 
besucht  wurden.  Das  Jahr  1854  brachte  ihm  auch  eine 
angenehme  Verminderung  in  seinen  ämtlichen  Obliegenheiten, 
indem  der  ihm  sehr  lästige  Unterricht  im  Zeichnen,  den  er 
seit  14  Jahren  neben  seinen  Vorträgen  über  Elementar- 
Mathematik  besorgt  hatte,  bei  der  steten  Zunahme  der  Schüler 
einem  eigenen  Lehrer  übertragen  wurde. 

1856  folgte  die  gänzliche  Auflassung  der  Vorbereitungs- 
classe  am  Joanneum,  an  der  G  ö  t  h  bisher  gewirkt  hatte  und 
die  nach  Errichtung  einer  eigenen  Realschule  überflüssig  ge- 
worden war.  Ihm  oblagen  femer  nur  noch  die  Vorlesungen 
über  die  höheren  Theile  der  Elementar-Mathematik  an  der 
technischen  Lehranstalt,  wodurch  ihm  der  mühsame  Untenicht 
in  den  ersten  Anfangsgründen  dieser  Wissenschaft'  erspart 
blieb.  Dagegen  ernannte  ihn  der  Finanzminister  im  Herbste 
desselben  Jahres  zum  Mitgliede  der  Prüfungscommission  für 
Finanzbeamte,  die  auf  höhere  Bedienstungen  Anspruch  machen 
wollten,  welches  Geschäft,  da  sich  Anfangs  eine  Menge  von 
Bewerbern  aus  dem  Beamten-  und  Militärstande  meldeten, 
einen  beträchtlichen  Zeitaufwand  erforderte^  zumal  bei  den 
praktischen  Prüfungen  in  den  Bierbrauereien,  Branntwein- 
Brennereien  u.  dgL 

Ehe  dieses  veränderungsreiche  Jahr  ganz  ablief,  traf  G  ö  t  h 
noch  ein  misslicher  Unfall,  der  ihn  Anfangs  in  grosse  Besorgniss 
versetzte.  Er  brach  sich  nämlich  im  Anfang  des  Decembers 
durch  einen  Fall  auf  der  glatteisigen  Strasse  den  rechtseitigen 
Vorderarm;  die  Heilung  gieng  aber  glücklich  vor  sich  und 
nach  dem  Neigahr  1857  vermochte  er  bereits  wieder  seine 
Vorlesungen  zu  beginnen;  wobei  er  freilich  den  verletzten  Arm 


—  79  — 

ßoch  in  der  Schlinge  tragen  und  noch  mit  der  linken  Hand 
schreiben  musste. 

Das  Jahr  1858  brachte  hierauf  einen  wesentlichen  Um- 
schwung in  Göth's  ämtliche  Verhältnisse.  Er  wurde  nach  der 
Beförderung  des  Dr.  Georg  Haltmeyer  zum  Director  des 
polytechnischen  Institates  in  Wien  vom  ständischen  Ausschusse 
an  dessen  Stelle  provisorisch  zum  Studien-Ticedirector  und 
Costos  am  Joaimeum  ernannt.  Da  er  nebstbei  seine  Professur 
wie  bisher  zu  verwalten  hatte,  so  verursachten  ihm  diese 
beiden  neuen  Aemter,  zumal  Anfangs,  grosse,  oft  bis  tief  in 
(he  Nacht  hinein  fortgesetzte  Anstrengungen.  Allein  er  über- 
wand bald  alle  Schwierigkeiten  und  errang  sich  auch  in  dieser 
Stellung  das  unbedingte  Vertrauen  des  Curatoriums  und  der 
Studiendirection.  Insbesondere  war  es  der  Erzherzog,  welcher 
sich  dadurch  sehr  befriedigt  fand,  dassGöth,  der  schon  vor 
28  Jahren  sein  Hausgenosse  war  und  seither  stets  unter. 
seinem  Schutze  stand,  nun  eine  so  hervorragende  Stellung 
am  Joanneum  einnahm  und  dadurch  wieder  in  vielfältigen 
Qod  nahen  Verkehr  mit  ihm  selbst  kam. 

Es  war  am  7.  Mai  1859  bei  der  letzten  Sitzung,  die  der 
erlauchte  Stifter  dieser  herrhchen  Landesanstalt  mit  deren 
Curatoren  vor  seinem  nur  vier  Tage  später  erfolgten  allgemein 
tief  betrauerten  Heimgange  abhielt,  wo  Göth  Sr.  Majestät 
dem  Kaiser  zum  wffklichen  Studien- Vicedirector  vorgesclilagen 
wurde,  worauf  am  2.  August  auch  dessen  a.  h.  Ernennung  erfolgte. 

Er  legte  nun  seine  Professur  nieder  und  widmete  sich 
angetheilt  den  Geschäften,  welche  die  Leitung  der  technischen 
Lehranstalt  und  die  Oberaufsicht  über  die  Museen  mit  sich 
brachte.  Eines  der  letzteren,  das  Archiv,  MUnz-  und  Antiken- 
kabinet,  verwaltete  er  auch,  während  die  Stelle  des  Vorstandes 
unbesetzt  war,  durch  mehrere  Monate  unmittelbar.  Eine  be- 
sondere Anerkennung  sprach  ihm  der  ständische  Ausschuss 
anch  für  die  patriotische  Uneigennützigkeit  aus,  mit  der  er 
dem  an  Räumlichkeiten  immer  mehr  Mangel  leidenden  Institute 
die  Freiwohnung,  die  ihm  darin  als  Gustos  gebührte,  ohne 
Entschädigung  für  die  eigenen  Zwecke  überliess. 


—  80  — 

Das  Jahr  1861  führte  neuerlich  wesentliche  Veränderungen 
in  Göth's  Verhältnissen  herbei.  Am  24.  April  1861  erlag 
der  Abt  zu  Rein  Ludwig  Erophius  von  Kaisers  sieg,  durch 
Humanität  und  Gelehrsamkeit  eine  Zierde  seines  Standes  und 
ein  hochverehrtes  und  hochverdientes  Mitglied  der  ständischen 
KathscoUegien  und  des  Joanneums  -  Curatoriums,  unerwartet 
einer  Lungenentzündung.  Er  hatte  schon  beim  Eintritte  der 
neuen  Landesverfassung,  acht  Tage  vor  seinem  Ableben  auch 
die  Stelle  eines  Studiendirectors  am  Joanneum  niedergelegt 
und  6  ö  t  h ,  den  er  durch  jahrelange  genaue  Erprobung  sehr 
schätzen  gelernt,  dem  neuen  Landes-Ausschusse  zur  Verwaltung 
des  von  ihm  heimgesagten  Amtes  bestens  empfohlen  und  noch 
an  dessen  Sterbelager  empfing  Göth  das  Decret  mit  der 
provisorischen  Ernennung  zu  dessen  Nachfolger. 

Durch  das  Ableben  des  würdigen  Abtes  von  Rein  kam 
auch  die  Directionsstelle  des  historischen  Vereines  für  Steier- 
mark in  Erledigung  und  es  gereicht  Göth  zu  hoher  Ehre, 
dass  man  ihn  auch  für  sie  zum  unmittelbaren  Nachfolger 
eines  Mannes  wählte,  der  seit  einem  Menschenalter  in  so 
hohem  Ansehen  und  so  allgemeiner  Hochachtung  stand. 

Der  16.  Juli  dieses  Jahres  brachte  den  Gedächtnisstag 
des  fünfzigjährigen  Bestandes  des  Joanneums.  Göth  verfasste 
als  eine  höchst  passende  Festschrift,  hiezu  noch  vom  erlauchten 
Stifter  selbst  aufgefordert,  eine  umfassende  Geschichte  dieses 
schönen  Institutes.  Sie  wurde  sammt  einer  vom  Professor 
Karl  Radnitzky  gravirten  Denkmünze  Sr.  Migestät  dem 
Kaiser  von  Oesterreich  und  mehreren  dem  verewigten  Erz- 
herzoge befreundeten  Souverainen  als  ein  Zeichen  dankbarer 
Erinnerung  an  ihn  übersendet,  auch  sonst  in  den  weitesten 
Kreisen  vertheilt  und  trug  dem  Verfasser  nicht  nur  allgemeine 
Anerkennung,  sondern  auch  viele  Ehrenbezeugungen  ein"^). 

*)  So  erhielt  derselbe  von  J.  M.  M.  dem  Kaiser  von  Oesterreich  und  dem 
Könige  von  WOrtemberg  die  grosse  goldene  Medaille  ftbr  Kunst  uud 
Wissenschaft;  von  den  Königen  Ludwig  und  Maxmilian  von  Baiem, 
von  Sachsen,  Belgien,  Schweden  und  Griechenland,  sowie  Ton  denj 
Grossherzogen  von  Sachsen- Weimar,  Hessen-Darmstadt  und  Baden  und 
vom  Herzog  von  Brabant  schmeichelhafte  eigenhändige  ScCreiben. 


—  81  — 

Leider  erschütterte  die  Anstrengung,  welche  diese  binnen 
einer  kurzen  Frist  zu  vollendende  Uterarische  Arbeit  erforderte, 
mm  ersten  Male  Göth's  bis  dahin  feste  Gesundheit  Aber 
eine  mehrwOchentliche  Cur  in  Karlsbad  schien  sein  Wohlbefinden 
wieder  hergestellt  zu  haben,  zumal,  nachdem  er  selbe  im 
Sommer  1862  mit  gutem  Erfolge  wiederholt  hatte. 

Im  nächsten  Herbste  wählte  man  Göth  zum  Obmanne 
eines  Comit^'s  zur  Gründung  eines  selbständigen  Thierschutz- 
Vereio^  in  Steiermark.  Er  erkannte  den  Zweck  desselben, 
die  rohe  Behandlung  der  Thiere  zu  beseitigen,  als  einen  sehr 
liamanen  und  zudem  geeigneten,  um  auch  auf  die  Milderung 
der  Volkssitte  überhaupt  dvilisirend  einzuwirken.  Es  gelang 
ihm  auch,  einen  solchen  Verein  thatsächlich  in  das  Leben 
einzuführen,  und  1863  zu  dessen  Ausschussmitglied  undCassa- 
Mrer  erwählt,  besorgte  er  fortan  nicht  nur  dessen  sämmtliche 
Geldgeschäfte,  sondern  war  auch  darauf  bedacht,  stets  neue 
Mitglieder  anzuwerben,  lieferte  passende  Aufsätze  für  das  Ver- 
einsblatt und  bemühte  sich  insbesondere,  ein  schonenderes 
Vorgehen  bei  der  Verfrachtung  der  Stechthiere  in  Uebung 
ZQ  bringen.  In  Würdigung  seiner  grossen  Verdienste  um  diesen 
Verein  zeichneten  ihn  die  Thierschutzvereine  zu  München 
und  zu  Graz  in  der  Folge  durch  die  Ueberreichung  ihrer 
Vereinsmedaillen  aus. 

Jm  Jahre  1863  wurde  Göth  vor  Allem  durch  wichtige 
Obliegenheiten  in  seinem  Hauptberufe  in  Anspruch  genommen,. 
Es  galt  die  schon  im  vorigen  Jahre  angeregte  neue  Organi- 
sirung  der  technischen  Lehranstalt  und  deren  förmliche  Umge- 
staltung zu  einer  technischen  Hochschule  vorzubefeiten,  zu 
welchem  Zwecke  der  Lehrkörper  unter  Göth's  Vorsitze  die 
Entwürfe  zu  den  neuen  Einrichtungen  in  vielfältigen  Bera- 
tbungen auszuarbeiten  berufen  war. 

Nebenher  war  Göth  aber  über  Ersuchen  des  k.  baier. 
Hauptmannes  Carl  Woldemar  Neumann  und  des  k.  würtem- 
bergischen  Ober- Justiz-Revisors  C.  Grüner  auch  mit  grosser 
Emsigkeit  bemüht,  das  Archiv  und  die  Buchhaltungsregistratur 
der  steiermärkischen  Stände  zu  durchforschen,  um  neue  Be- 


—  82   -. 

helfe  zu  einer  ausführlichen  Lebensbeschreibung  Keplers, 
der  bekanntlich  von  1594  bis  1600  ständischer  Professor  an 
der  protestantischen  Stiftschule  in  Graz  war,  an  die  Hand 
geben  zu  können.  Es  glückte  ihm  auch,  zahlreiche  Beiträge 
dieser  Art  in  den  alten  Amtsschriften  aufzufinden,  und  dem 
zur  Errichtung  eines  Kepler-Denkmales  zu  Weil  der  Stadt 
zusammengetretenen  Comit^  übersenden  zu  können,  wofür  ihn 
dieses  in  dankbarer  Freude  zu  seinem  Ehrenmitgliede  ernannte. 

Im  September  darauf  unternahm  er  einen  Ferienausflug 
auf  den  Pasterzengletscher  bei  hl.  Blut  und  auf  die  herrliche 
Yillacher  Alpe  Dobratsch;  leider  zog  er  sich  aber  dadurch  eine 
Drüsengeschwulst  und  eine  Gelenksentzündung  zu,  welche  hart- 
näckige Uebel  erst  im  Frühling  1865  wichen,  aber  im  Sommer 
doch  noch  eine  Nachkur  in  Gastein  nöthig  machten. 

Glücklicherweise  erhielt  der  in  seinen  Gesundheitszu- 
ständen doch  immerhin  Geschwächte  bald  darauf  eine  willkom- 
mene Geschäftserleichterung.  Gemäss  dem  neuen  Studienplane, 
welcher  ein  unter  den  Professoren  alljährlich  wechselndes 
Studiendirectoriat  einführte,  gieng  nämlich  die  bisherige  stän- 
dige Directorsstelle  gänzlich  ein.  Göth  übergab  sonach  am 
15.  September  1865  die  Leitung  der  technischen  Lehranstalt 
an  seinen  neu  gewählten  Nachfolger  und  trat  in  Folge  des 
Landtagsbeschlusses  vom  7.  December  1865  mit  dem  ihm  in 
Anerkennung  semer  eifrigen  Dienstleistung  zugewiesenen  Ge- 
nüsse seines  ganzen  Gehaltes  als  emeritirter  Director  in  den 
Ruhestand,  blieb  aber  noch  femer  in  der  Ausübung  seines 
Amtes  als  Gustos  am  Joanneum.  Dieses  beschränkte  sich  zwar 
nur  auf  die  innere  Verwaltung  und  Cassaführung  an  demselben, 
allein,  da  das  vom  Stifter  eingesetzte  Curatorium  beseitigt 
worden  war  und  die  Person  des  Studiendirectors  jährlich  der 
Veränderung  unterlag,  so  bildete  die  Custodie  fortan  gleichsam 
den  conservativen  Vereinigungspimkt  am  Museum,  der  dessen 
geschichtliche  Ueberlieferungen  zu  erhalten  und  dessen  Ge- 
sammtinteressen  wahrzunehmen  geeignet  erschien.  Göth  fühlte 
sich  in  dieser  wesentlich  erleichterten  und  doch  vielseitig  ein- 
greifenden  Wirksamkeit  ganz  zufrieden,  zumal  ihn  auch  das 


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angeschin&lerte  Vertrauen  des  Landes -Ausschusses  mit  er- 
bebender Genugthuung  erfüllte.  Leider  sollten  diese  ihm  zu- 
sagenden Lebensverhältnisse  nicht  von  langer  Dauer  sein. 
Mit  dem  Beginne  des  Jahres  1868  stellte  sich  bei  Göth  ein 
hartnäckiges  Eopfleiden  ein,  welches,  wenn  auch  mit  grosser 
Schwierigkeit  beschwichtigt,  doch  seine  körperliche  und  geistige 
Spannkraft  so  herabstimmte,  dass  er  immer  mehr  das  Bedttrf- 
niss  der  Befreiung  von  allen  geschäftlichen  Mühen  und  Sorgen 
wahrzunehmen  anfing,  und  daher  im  Mai  desselben  Jahres 
sich  veranlasst  üand,  die  Ehrenämter  als  Director  und  Secretär 
des  historischen  Vereines  ihr  Steiermark  niederzulegen. 

Es  ist  vielleicht  hier  am  Platze,  auf  Dr.  Gothas  höchst 
verdienstliches  Wirken  für  diesen  Verein  sonderheitlich  einen 
Rückblick  zu  thun.  Er  schloss  sich  demselben,  wie  schon  er* 
wähnt,  1847  als  Mitglied  an,  und  musste  als  solches  um  so 
mehr  willkommen  seui,  als  er  sich  bereits  durch  umfangreiche 
and  gediegene  Werke  im  Gebiete  der  Orts-  und  Landesbe- 
schreibung, welche  auch  Ergebnisse  historischer  Forschungen 
aufweisen,  als  üachverwandter  Schriftsteller  hervorgethan  hatte. 
Man  vrählte  ihn  daher,  nachdem  er  bereits  1850  in  den  Ver- 
einsausschttss  berufen  worden  war,  nach  dem  Ableben  des 
kais.  Bathes  und  Professors  Dr.  Leop.  Hassler  1852  zum 
Vereinssecretär.  Von  nun  an  versah  Dr.  Göth  den  ganzen 
schriftlichen  Verkehr  des  Vereines,  führte  das  Protokoll  bei 
allen  Sitzungen  des  Ausschusses  und  der  allgemeinen  Ver- 
sammlung, verfasste  die  Jahresberichte  aber  den  Zustand  und 
das  Wirken  des  Vereines,  sowie  die  Auszüge  des  Interes- 
santesten aus  den  Berichten  der  Bezirkscorrespondenten,  be- 
sorgte die  Drucklegung  der  vom  Vereine  jährlich  veröffentlichten 
eMittheilungen'*  und  betheiligte  sich  an  diesem  Jahrbuche 
auch  eifrigst  selbst  als  willkommener  Mitarbeiter,  indem  er 
für  selbes  eine  Reihe  von  werthvollen  Aufsätzen,  sowie  eine 
Anzahl  von  1490  Urkunden-Regesten  lieferte. 

Auch  später,  als  man  ihn  1861  zum  Director  des  Vereines 
gewählt  hatte,  bewährte  er  den  an  ihm  schon  gewohnten  un- 
ermfiUllichen  Eifer  und  verstand  er  es  zudem,  durch  sein  wohl- 


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wollendes  Wesen  und  seine  angenehme  Verkehrsweise  stets 
ein  freundschaftliches  Zusammenwirken  der  Ausschussmitglieder 
aufrecht  zu  erhalten.  Darum  fanden  auch  seine  Vorschläge 
geneigtes  Gehör.  Schon  1860  hatte  er  in  der  allgemeinen  Ver- 
sammlung den  Antrag  gestellt,  man  möge  an  jenen  Häusern 
der  Stadt  Graz,  in  deren  Nähe  historisch  merkwürdige  Gebäude 
standen,  wie  z.  B.  das  eiserne  Thor,  die  Murthore  u.  dgl., 
oder  welche  die  Geburts-,  Wohn-  oder  Sterbestätten  berühmter 
Männer  waren,  steinerne  Inschrifttafeln  anbringen,  und  zwar 
vor  andern  an  dem  Schlösschen  Mühleck  unter  Graz,  wo 
Johannes  Kepler  für  einige  Zeit  mit  seiner  Gattin  Barbara 
Müller  von  Mühleck  sein  Heim  aufgeschlagen  hatte.  Dieser 
Antrag  wurde  auch  bald  darauf  in  Ausführung  gebracht,  indem 
man  am  südlichen  Auslaufe  der  Herrengasse  und  am  Guts- 
gebäude von  Mühleck  Denksteine  anbrachte.  Ebenso  veranlasste 
Göth  durch  seine  1865  und  1866  wiederholt  gestellten  An- 
träge, dass  eine  neu  eröfihete  Strasse,  nämlich  jene,  welche 
vom  Südbahnhofe  zur  Ferdinands-Kettenbrücke  führt,  nach  dem 
grossen  Astronomen  benannt  wurde.  Er  war  es  auch,  der  in 
der  allgemeinen  Versammlung  1863  zuerst  wieder  auf  das 
Verdienst  zurückwies,  welches  sich  ein  gebomer  Grazer, 
Dr.  Leop.  A  u  e  n  b  r  u  g  g  e  r,  um  die  leidende  Menschheit  durch 
eine  Erfindung  erwarb,  die  lange  fast  unbeachtet,  erst  in  un- 
serer Zeit  zur  vollen  Würdigung  gelangte,  nämlich  durch  jene 
der  zur  Erkennung  gewisser  Krankheitszustände  jetzt  allgemein 
angewendeten  Beklopfung  der  Brustkorbes,  welche  dieser  schon 
1762  in  seinem  Werke  „Inventum  novum  &c"  seinen  ärztlichen 
CoUegen  angelegentlich  empfahl. 

Wie  bereitwillig  Göth  seine  Dienste  dem  Vereine  in 
jeder  Richtung  widmete,  geht  ferners  daraus  hervor,  dass  er 
während  der  ganzen  Dauer  seiner  Function  als  Director  auch 
die  Cassageschäfte  des  Vereines  mit  grösster  Genauigkeit  führte. 
Ebenso  weisen  die  jährlichen  Zuwachsverzeichnisse  der  Vereins- 
sammlungen nach,  dass  er  dieselben  wiederholt  durch  werth- 
volle  Geschenke  an  Büchern  und  Archivsschriften  bereicherte. 

Es  war  nach  allem  dem  nur  ein  Act  gerechter  Würdigung 


—  85  — 

ron  Seite  des  historischen  Vereines,  dass  er  G  ö  t  h  beim  Ab- 
laufe seiner  sechsjälirigen  Wahlperiode  im  December  1867 
neuerlich  zum  Director  erkor,  und  ihm  bei  seinem  schon  im 
nächsten  Jahre  erfolgten  Rücktritte  „über  diesen  bedauerlichen 
Entschluss  seine  Betrübniss  ausdrückte,  sowie  zugleich  für 
>ien  regen  Eifer,  die  stets  wache  Umsicht  und  die  treue  Sorgfalt, 
womit  er  für  das  Oedeihen  des  Vereines  patriotisch  gewirkt 
bat,  seinen  tiefgefühlten  Daxäsi  bezeigte". 

Aber  auch,  nachdem  Göth  in  die  Reihe  der  einfachen 
Mit^eder  des  Vereines  zurückgetreten  war,  nahm  er  an  dessen 
Angel^enheiten  noch  lebhaften  Antheil,  betheiligte  sich  ein- 
g^ehend  an  den  Verhandlungen  der  allgemeüien  Versammlungen, 
and  liess  sich  auch  bereit  finden,  das  Comitä,  welches  zum 
Entwürfe  neuer  Vereins-Statuten,  sowie  einer  Geschäftsordnung 
und  Instruction  für  die  Bezirkscorrespondenten  zusammengesetzt 
vorden  war,  mit  seiner  auf  reicher  Erfahrung  beruhenden 
Saehkenntniss  tu  unterstützen.  Der  Verein  zeichnete  ihn  in 
Anbetracht  alles  dessen  auch  durch  die  Ernennung  zu  seinem 
Ehrenmitgliede  aus. 

Im  Sommer  1868  suchte  Dr.  Göth  zwar  seine  Gesund- 
heit durch  eine  mehrwöchentliche  Trinkkur  in  Sauerbrunn  bei 
Rohitsch  wieder  herzustellen,  allein  diese  vermochte  ihm  zwar 
vohl  einige  Erholung  zu  gewähren ,  nicht  aber  ihm  seine  vorige 
^zeistige  Elasticität  vollends  wieder  zu  geben.  Und  so  sah  er 
ach  denn  genöthigt,  beim  steierm&rkischen  Landes- Ausschusse 
im   Versetzung  in  den  vollständigen  Ruhestand  anzusuchen. 

Nur  mit  Bedauern  willfahrte  man  seiner  Bitte,  indem  man 
Sin  am  16.  Jänner  1869  auch  von  seinem  Amte  als  Gustos 
ies  Joanneums  enthob,  nicht  ohne  ihm  zugleich  die  volle  An- 
erkennung semer  treuen  Pflichterfüllung  und  den  Dank  für 
seine  unermadliche  Hingebung  bei  seiner  Dienstleitung  wieder- 
kolt  auszusprechen. 

Nun  trat  fbr  Göth  ein  Zustand  ein,  der  ihm  bisher  ganz 
inbekannt  war,  der  Zustand  gänzlicher  geschäftsloser  Ruhe. 
Jedoch  er  sollte  dessen  Annehmlichkeit,  so  sehr  er  es  durch  vor- 
herige Anstrengungen  verdient  hätte,  nicht  mehr  lange  gemessen. 


—  86  — 

Eine  im  Jahre  1871  ausgebrochene  neue  Erkrankung, 
die  von  einem  Exsudate  der  Lunge  herrOhrte,  drückte  seine 
ohnehin  nie  vollends  wieder  gehobene  Lebenskraft  noch  tiefer 
herab.  Nur  dem  in  diesem  und  dem  folgenden  Jahre  unter- 
nommenen Curgebrauche  in  Gleichenberg  und  der  aufopfernden 
Pflege  seiner  geliebten  Gattin  verdankte  er  es,  dass  er  noch 
durch  einige  Zeit  sein  Leben  fristete.  Noch  die  letzte  Neige 
seiner  Tage  und  Krftfte  widmete  er  mit  hingebender  Unver- 
drossenheit  einem  Geschäfte  des  historischen  Vereines,  zu 
dessen  Vollfbhrung  er  sich  selbst  angeboten  hatte,  n&mlich  der 
gewissenhaften  Revision  und  Zusammenstellung  des  Registers 
zu  Albert  v.  Mu Charts  achtbändiger  Geschichte  von  Steier- 
mark. Da  es  auf  der  Grundlage  von  Auszügen  beruhte,  welche 
Herr  Eduard  Damisch  auf  48.000  Zetteln  verfasst  hatte  und 
einen  ganzen,  den  neunten  Band  fttUte,  so  geht  daraus  hervor, 
welchen  Aufwand  von  beharrlicher  Bemühung  eine  so  umfas- 
sende Leistung  erfordert  hat 

Göth  hatte  bei  dieser  seiner  letzten  literarischen  Arbeit 
die  Wintermonate  von  1872  auf  1873,  wiewohl  grOssten- 
theils  auf  seine  Wohnung  beschränkt,  in  einem  ziemlich  be- 
friedigenden Zustande  hingebracht  und  konnte  von  dem  bereits 
nahe  herangerückten  Frühlinge  eine  neuerliche  Belebung  seines 
Organismus  hoffen.  Allein  diese  Hoffnung  sollte  sich  leider 
nicht  erfüllen. 

Am  4.  März  1873  machte  er  um  die  Mittagsstunde  mit 
seiner  Gemaün  noch  eine  Erholungsfahrt  in  das  Freie  und 
befand  sich  dabei  anscheinend  ganz  wohl.  AUein  er  war  kaum 
zu  Hause  angelangt,  so  befiel  ihn  ein  Unwohlsein  und  plötzlich 
machte  ein  Lungenoedem  seinem  thätigen  Leben  ein  rasches 
Ende. 

Zwei  Tage  daranf  wurde  die  leibliche  Hülle  des  um  die 
Wissenschaft  und  ihre  Jünger  hochverdienten  und  allgemein 
hochgeachteten  Mannes  unter  lebhafter  Betheiligung  der  Be- 
völkerung bestattet  Eine  Musikkapelle,  die  einen  eigens  dafür 
componirten  Trauermarsch  anstimmte,  eröffnete  den  ansehn- 
lichen Zug ;  dann  folgte  unter  dem  Yortritte  von  Chorsängern 


—     87    — 

md  OrdensgeistUchen  der  Leichenwagen  mit  dem  reich  mit 
Blomenkrftnzen  geschmttckten  Sarge,  dem  die  verschiedenen 
Medaillen,  mit  denen  der  Verstorbene  ausgezeichnet  worden 
var,  auf  einem  Sammtpolster  nachgetragen  wurden,  und  un- 
aittelbar  darauf  schlössen  sich  die  leidtragenden  Angehörigen 
ier  Familie  in  mehreren  Trauerwägen  an.  Ihnen  folgten  zu 
Fuss  in  langer  Reihe  die  Vorstände  und  Mitglieder  des  histo- 
ru(Chen  Vermes  und  anderer  Gesellschaften,  denen  er  ange- 
tört  hatte;  Professoren  der  beiden  Hochschulen  und  anderer 
Lehranstalten;  Doctoren  und  Schriftsteller;  Studenten  mit 
iiren  Verbindungsabzeichen  und  eine  Menge  anderer  Verehrer 
ind  Freunde  des  Hingeschiedenen  theils  zu  Fuss,  theils  in 
Hnem  zahlreichen  Gefolge  von  Wägen. 

G  ö  t  h's  irdische  Reste  ruhen  nun  auf  dem  Friedhofe  bei 
^L  Peter  in  der  Familiengruft,  die  in  der  nordwestlichen  Ecke 
ier  dritten  Abtheilung  desselben  neu  erbaut  wurde. 

Ihn  betrauert  seine  Witwe  Josefine,  geb.  Prandstetter 
mamt  zwei  verheirateten  Töchtern,  Hermine  Freiin  v.  Zois 
md  Maria  Edle  v.  Campi,  an  denen  auch  er  bis  an  sein 
Lebensende  mit  inniger  Liebe  hing.  Erstere  übergab  dem 
bistoriscben  Vereine  für  Steiermark  aus  dem  Nachlasse  ihres 
^tten  eine  Sammlung  werth voller  Bacher  und  widmete,  um 
^iD  Andenken  bleibend  zu  ehren,  dem  UnterstUtzungsvereine 
är  würdige  und  dürftige  Hörer  der  technischen  Lehranstalten, 
am  er  als  Präsidenten-Stellvertreter  angehört  hatte,  ein  Ca- 
<ital  von  tausend  Gulden  zur  Stiftung  eines  Stipendiums. 

Wenn  ihn  seine  Familie  mit  d&c  liebevollsten  Auhäng- 
khkeit  umgab,  so  schenkten  ihm  in  den  weitesten  Kreisen 
Qch  Alle,  die  ihm  als  Vorgesetzte  oder  Untergebene,  als 
Freunde  oder  Berufsgenossen,  oder  bei  zufälligen  Anlässen 
i&derswie  näher  getreten  waren,  volles  Vertrauen,  aufrichtige 
Zuneigung  und  ungetheilte  Hochachtung  Die  freundliche  Miene 
mes  wohlgeformten  Angesichtes,  das  ein  nicht  reichliches 
'kmdes  Haupthaar  und  in  den  letzten  Jahren  ein  dünner 
fangenbart  umrahmte,  und  seine  mittelgrosse  in  gefälligen 
imgangsfoimen  leicht  bewegliche  Gestalt  machte  ßcbon  beini 


—  88  — 

ersten  Begegnen  einen  günstigen  Eindruck,  der  aber  bei  näherer 
Bekanntschaft  durch  die  trefflichen  Eigenschaften  seines  Innern 
noch  weit  mehr  erhöht  wurde.  Er  verband  stete  Höflichkeit 
mit  offener  Geradheit,  vereinte  genaue  Pflichterfüllung  mit 
grosser  Herzensgüte,  überwand  oft  schwierige  Yerh&ltmsse 
durch  kluge  Mftssigung,  führte  Alles,  was  er  einmal  ergriffen 
hatte,  mit  Eifer  und  Beharrlichkeit  durch ;  bewahrte  bei  aner- 
kannter Yerdienstlichkeit  stets  gewinnende  Anspruchslosigkeit 
und  verdiente  wenigstens  nie  einen  Feind,  wenn  er  je  einen 
gehabt  haben  sollte.  Ehre  für  immer  seinem  Andenken!  — 
Er  war  nicht  in  unserer  schönen  Steiermark  geboren,  aber 
er  hat  vom  Beginne  seiner  frühesten  Mannesjahre  bis  zum 
Hinscheiden  im  Greisenalter  von  siebzig  Jahren  in  derselben 
und  für  dieselbe  gelebt  und  mit  hingebendem  Liebeseifer 
gewirkt,  wie  einer  ihrer  besten  Söhne. 


Anhang. 


A.  Verzeichniss  der  Yon  Dr.  Georg  Goth  yeroffentlichteu 

Werke  nnd  AiiMtze. 

1.  Selbstständige  Werke: 

Beschreibung  des  landwirthschaftlichen  Zustandes  der  Filiale 
Brandhof  im  Bracker  Kreise.  Sonderabdruck  aas  der  Zeit- 
schrift :  Verhandlungen  and  Aufsätze  der  k.  k.  Landwirthscbafts- 
Gesellschaft.  Grätz  1834.  Seiten  83. 

Vordernberg  in  der  neuesten  Zeit,  oder  geschichtliche 
Darstellung  der  Vereinigung  der  Radgewerken  nebst  Beschreibang 
des  Berg-  und  Hüttenbetriebes  daselbst.  Mit  13  lithographirten 
Tafeln.  Wien,  im  Verlage  bei  J.  G.  Heubner  1839.  S.  VI. 
and  252. 

Das  Herzogthum  Steiermark,  geographisch  -  statistisch- 
topographisch dargestellt  und  mit  geschichtlichen  Erlftuterangeu 
versehen.  Geweiht  Sr.  kais.  Hoheit  Johann  Baptist,  Erzherzog 


—  89  — 

von  Oesterreich.  Erster  Band.  Allgemeine  Uebersicht.  Bmcker 
Elreis,  Anfang.  Verlag  von  J.  6.  Heubner,  Wien  1840,  gr.  8. 
S.  XVI  nnd  472.  —  Zweiter  Band.  Bracker  Kreis,  Ende. 
Wien  1841,  Verlag  von  J.  G.  Heubner.  8.  VI  und  464.  — 
Dritter  Band.  Judenburger  Kreis.  Selbstverlag  des  Verfassers. 
Graz,  1843.  Druck  und  Papier  von  J.  A.  Kienreich.  S.  V  und 
600.  —  Vierter  Band.  Grazer  Kreis.  Im  Manuscript  von  der 
Witwe  Frau  Josefine  Göth  dem  historischen  Vereine  für  Steier- 
mark abergeben. 
Das  Joanneum  in  Gratz,  geschichtlich  dargestellt  zur  Er- 
innerung an  seine  GrOndung  vor  50  Jahren.  Gratz.  Druck  und 
Papier  von  A.  Leykam's  Erben.  1861.  gr.  8.  S.  XI  und  323. 

2.  Einzelne  Aufsätze  in  Zeitschriften: 

Im  ämtlichen  Berichte  Ober  die  23.  Versammlung  deutscher  Natur- 
forscher und  Aerzte  in  N&rnberg  1845,  p.  80.  Vortrag  Ober 
eine  directe  Auflösung  der  Aufgabe,  den  Stundenwinkel  und 
die  Polhöhe  eines  terrestren  Objectes  zum  Behufe  der  Zeitbe- 
stimmung in  grossen  geographischen  Breiten  zu  bestimmen. 

In  „Naturwissenschaftliche  Abhandlungen".  Herausgegeben  von 
Wilh.  EEaidinger.  1.  Band.  10.  93.  Wien  1847.  Bei  BraumOller 
nnd  Seidel :  Deber  die  HagelstOrme  in  Steiermark.  Mitgetheilt 
am  19.  November  1846. 

In  der  „Steierm&rkischen  Zeitschrift''.  Neue  Folge.  9.  Jahrgang. 

1.  Heft,  1848.  Das  Schloss  Feistritz  bei  Uz  und  dessen  Besitzer. 
S.  63. 

hl  den  „Mittheilungen  des  historischen  Vereines  für  Steiermark". 
Historische    Mittheilungen.    Beschreibung    steierm.    Schlösser. 

2.  Heft,    1851.  S.  74.   Riegersburg.    Mit    2  Abbildungen.  — 

3.  Heft,  1852.  S.  130.  Waldstein.  Mit  1  AbbUdung.  — -  4.  Heft, 
1853.  S.  73.  Strechau.  —  5.  Heft,  1854.  S.  103.  Haus-  und 
Hofmarken.  S.  177.  GösUng.  ->  6.  Heft,  1855.  S.  173.  Pöllau. 
—  8.  Heft,  1858.  S.  125.  Zur  Geschichte  der  Hansgrafen  in 
Steiermark.  —  14.  Heft,  1866.  Gedenkbuch,  S.  HI.  Erzherzog 
Johann  von  Oesterreich.  Seine  Wirksamkeit  far  die  steierm. 
Geschichte.  —  15.  Heft,  1867,  Gedenkbuch,  S.  XXIX.  Carl- 


—  90  — 

mann  TangL  —  Jahresberichte  Ober  Znsta4 
des  historischen  Vereines.  Hefte:  3,  4,  5,  1 
(zwei)  nnd  11.  —  Berichte  über  die  allgemeii^ 
des  bist.  Vereines.  Hefte:  6,  7,  8,  9  nnd  10  j 
Züge  ans  den  Berichten  der  Bezirkscorresponde^ 
4«  5,  6,  7,  8,  9  nnd  10.  —  Urkunden-Regesi 
6,  7,  8,  9,  10,  11,  12,  13  nnd  .14. 

B.  Ehrenbezengongen. 

Dr.  G.  Göth  wnrde  1833  durch  Wahl  Mitgli 
Landwirthschafts-Oesellschaft ;  1836  Mitglied  des  k 
Vereines;     1839    Mitglied   der   Landwirthschafts- 
Odessa,  des  Vereines  für  Natnr-  nnd  Heilkunde  in 
Gesellschaft  zur  Förderung  nützlicher  Künste  und 
in  Frankfurt  nnd  der  Landwirthschafts-Gesellschaft 
erhielt  1840    die   schwedische   grosse   goldene  Me 
1841  Mitglied  der  Gesellschaft  der  Erdkunde  in 
Doctor   der  Philosophie   der    Universität   Jena;    1 
des  historischen  Vereines    fbr  Steiermark;    1850  d 
National-Vereines  zu  Leipzig;  1855    des   statistisc 
Vereines  ftkr  Natnr-  und  Landeskunde  in  Brunn ;  1 
Seilschaft  der  Wissenschaften  in  Grörlitz;  erhielt  186 
goldene  kaiserl.  österr.  und  die  grosse  goldene  köni 
Medaille   und  viele    a.  h.  Handschreiben,    sowie   di 
medaillen  der  Thierschutzvereine  zu  München  nnd  G 
Ehrenmitglied  des  historischen  Vereines  in  Krain;  1 
mitglied   des  Kepler-Comit6*s   zu  WeU  der  Stadt  und 
rischen  Vereines  in  Kärnten  nnd  1871  des  historisch 
für  Steiermark. 


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Bürger  xu  Q 
»inger  (f  1461 
Hubmei 
16 


Beilage  II. 


Tothea        Tormp* 
Lotten-  ▼. 


(Thomas) 

Bürger  in  Wien  1452. 


Elisab  ihasar 

yermahlt  mit  .     1516} 
vonBlndaolu  ^^^  '^'  ▼•  Moi8< 
Leim. 


Ursula 

ff  1519) 
verm.  m.  Johann  Zieg- 
ler, Hub-  a.  Kellermeister 

in  Grai. 


Margaretha 

vermählt  m.  Leonhard  v. 

Bhmao,  k.  lUth  u.  Vice- 

dom  in  Steier  (151G). 


■ 


Balthan 

(geb.  1503,  t 
er    zu    Angsb 
zu  Augsburg,  1 
.    7.  XII.  lö«7 
Walthetf 


Seifried 

^n-  (geb.  15SG,  f  1594) 

1555  Bürgermeister 
verm.  m.  Benlgna  Qaller 
1558. 


Anna         Benigna  (t  1617) 


ermShlt  mit 

Prh.    ▼.  Her- 
dorf 

ib.  Frh.  ▼.  Her- 
(teln. 


vermählt  mit 
Heotor  v.  Sondendorf  su 
Kirchberg  a.  W.  in  Oesterr. 


614) 

ma  Elisab. 

oknltB. 


^ 


^ang     JiMaria  Sidonia 


rm.  m.  Jnl.  Neldhard  Oraf 
Morberg. 


jonore  T^rfiied 


lie) 
5.  X.  1718 
t 

Ichtenateln 
von  Roeenberg. 


ton  IL 

VI.  1716) 

3r&fln  Stemberg. 


Josefa 

verm.  m.  Job.  W.  Qraf  zu  Slniendorf. 


Josefa 

\  XI.  1774.) 
arl  Oraf  Leelle. 


Johann  Christian  II. 

(geb.  9.  III.  1704,  f  28.  II.  1717.) 

der  leiste  Eggenberg. 


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MITTHEILÜNGEN 


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DES 


HISTORISCHEN  VEREINES 


FÜR 


STEIERMARK 


-«••- 


HERAUSGEGEBEN 


VON    DESSEN  AUSSCHÜSSE, 


■•^^    »-■%•*  Ä_^^      »   -.^^  »Ny*  u 


"VII.   HEFT. 


Graz,  1S79. 
Im   Selbstverlage. 

'    sie**    ^^^  ^'  ''■  Universitäts-Buchhandliin 
In  CoBom««  ^^^^j^j^gp  ^  Lubensky. 


ic 


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MITTHEILUlSrGEN 


DES 


nSTOBISCHM  TEREmES 


FÜB 


STEIERMARK. 


HERAÜSGEOEBEN 

VON  DESSEN  AUSSCHUSSE. 


Xl-^II.   HEFT. 


Grau,  1879. 

Im  Selbstverläge. 


In  CSommistion  der  k.  k.  üniTenititts-Bnchluindliuig 

Leuschner  &  Lubensky. 


Lejkiim-Jn«cftith»l,  OrA«. 


Inlialt. 


A.  Vereins-Angelegenheiten. 

Gesch&fts-Üebersicht. 

S«iie 

I.  Chronik  des  Yeremes HI 

II.  YerAnderungen  im  Fersonalstande  des  Vereines    ....  XII 

nL  üebersicht  fiber  die  Empf&nge  und  Ausgaben  im  Jahre  1878  XIV 
IT.  Sammlungen: 

A.  Für  die  Bibliothek XVI 

B.  Für  das  Archiv XXIV 

C.  FOr  die  Konst-  and  Alterthums-Sammlung    .    .    .  XXIV 

B.  Abhandlangen. 

Zor  Geschichte  der  ftResten,  insbesondere  deutschen  Ansiedlung  des 

steierm&rkischen  Oberlandes,  bist.  Skizze  von  Dr.  F.  Krones        8 

Deber  die  letzte  Ruhestätte  des  Christof  Bauber,  Administrators 

des  BlBthums  Seckau  etc.,  von  F.  J.  Wichner 79 

^  weiterer  Beitrag  zur  Culturgeschichte  des  XVII.  Jahrhunderts, 

von  Med.  Dr.  Job.  Krautgasser 86 

Ein  Marburger  Hexenprocess  vom  Jahre  1646,  von  Prof.  Rud.  Reichel     122 

Zur  Geschichte  des  Buchdruckes,  der  Büchercensur  und  des  Buch- 
handels SU  Graz  im  16.  Jahrhunderte,  von  Dr.  Rieh.  Peinlich     136 

ۥ  Kleinere  Mittliefluiigeii. 

Die  lotberische  Kirche  zu  Scharfenau,  von  Dr.  Ignaz  Oro2en   .   .     177 
Üitandenbuch  des  Herzogthums  Steiermark.  Ang.  von  Dr.  F.  Krones    188 


Register. 


Ateont  57. 

IHer  dentscher  Ortsnamen  58  ff. 
Andrl,  Gesellpriester  187. 
iuset*  57. 

B. 

Buhiamen,  slavische  19  ff. 

Bartsch  Zachar.,  Formsdmeider  139. 

BedeatBBg  deutscher  Ortsnamen 
58  ff. 

Beitrag»  ^^  weiterer,  zur  Cultur- 
geschichte.  Abh.  von  Dr.  Kraut- 
gasser  86.  

Bericht  über  das  Jahr  187ß  YTH. 

Birkfeld  58. 

Bischoff  Dr.,  Ferd.,  Vn,  Vin,  IX. 

BoMtfaisl  Sigm.  166. 

Brach  56. 

C. 

Cdeja  13,  54. 

Ccrdoiis  Math.,  Buchdrucker  137. 
Chslins  Kaspar  140. 
Ghjtraens  Darid  142. 

D. 

Dahnatin  Georg  159. 

E. 

Eibeswalder  Hanns  137. 
Enns  19. 

Enhofer  Sigmund  157. 
Ernst  d.  Eiserne,  Vortrag  von  Dr. 
Ä.  Steinirenter  TL 

P. 

Faderer  Math.  162. 

Feldhach  58. 

Ferh  Franz,  Prof.,  Wahl  in  den 

Ausschuss  IX. 
FUtHibi  solyense  18. 
Fhisnameii,  slarische  19  ff. 
Fersler  Emerich  148. 
Fraahh  Andreas  188. 
FriichllBg  Nicodemus  155. 
Fndst&tfeii,    antike   oder   kelto- 

römische  47  ff. 


Fürst    Ernst,     Wiederwahl    zum 

Gassier  IX. 
Fflrstenfeld  57. 

G. 

Gegendnamen,  kelto-rom.  Ursprungs 

28  ff. 
Geschichte  des  Buchdruckes   etc., 

Abh.  von  Dr.  R.  Peinlich  136. 
Geschichte,  zur,  der  ältesten  An- 

siedlung  etc.   Abh.  von  Dr.  F. 

Krones  3. 
Graiimei8ter,Buchhändler  inBegens- 

burg  141. 
Graus  Job.,  Wahl  i.  d.  Ausschuss  X. 
Graz  55. 
Grosslohming,  Grabm&ler  in  der 

Pfarrkirche  zu  lü,  IV. 

H. 

Heerbrand  Jos.  160. 
Hess  Dominik  166. 
Hezenprocess,  ein  Marburger,  vom 

J.  1546.  Abh.  von  Prof.  Reichel 

122. 
Holder,  Stiftsprediger  161. 
Hornberger  Jeremias  148. 
Höhennamen,  kelto-rom.  28  f. 

„  slavische  24  ff,  29. 

J. 

Jndenbnrg,  Wanderversammlung  V. 

K. 

Khnen  Jörg,  Magister  140. 

Khnen  Leonhard  169. 

Knittelfeld  57 

Krones,  Dr.  Franz,  Vortrag  aber 
innere  Zust&nde  Steiermarks  seit 
dem  Reformationszeitalter  V, 
dann  VH,  Vm,  IX. 

L. 

Lange  Joh.,  Ernennung  zum  Be- 

zirkscorrespondenten  m. 
Laschitx  Thomas  138. 
Lanbtch  Blasius  166. 
Laaterbach  Hieron.  138. 


1 


Leben  and  Wesen,  über  BtAdtischee 
in  Steiermark,  Vortrag  von  Dr. 
R.  Peinlich  TDL 

Lebenwaldt,  Dr.  Adam  von,  Vor- 
trag von  Dr.  R.  Peinlich  IV. 

Lecluier  Christof,  Buchdrucker  in 
Graz  163. 

Lefbnitx  54. 

Leeben  65. 

Leopold  Alexander ,  Buchdrucker 
138. 

Leykam  Andreas  159. 

Luschin-Ebengreatli,  Prof.  Dr.  A.  v., 
Vortrag  über  die  windische  Wall- 
fahrt an  den  Niedeirhein  DL 

Lttttenberg  57. 

Harcofitsch  Johann  151. 

Mayer  Franz,  Prof.,  Vortrag  über 

volkswirthschaftliche  Zustände  im 

17.  JahrL  VI. 
MontegBana  Polydorus  de,  erzherz. 

Rath  151. 
■ncUtsch  Peter,  Probst  161. 

0. 

Ortschrottiken,  Comit^  zur  Beur- 

theilung  der  VII. 
Ortsnamen,  deutschbürtige  60. 

n  slavische  80. 

Osins  Hieronymus  142. 

P. 

Peinlich  Richard  Dr.  VII;  Vortrag 
über  Adam  von  Lebenwaldt  IV; 
Vortrag  über  städtisches  Leben 
und  Wesen  in  Steiermark  im 
16.  und  17.  Jahrb.  Vni. 

PersiCQS  Peter,  Fürstbischof  von 
Seckau  138. 

Plstor  Job.,  Präceptor  165. 

Posch,  Stadtrichter  168. 

B. 

Rein  Hans  von  137. 

Rnhestätte,   über  die  letzte,  des 

Christoph  Rauber,  Abh.  von  P. 

Wichner  79. 

S. 
Scharfenan,  die  lutherisdie  Kirche 
in,  Abh.  v.  Dr.  Oro2en  177. 


Sebleipner  Christoph  167. 
Schmlat  Hans,  Buchdrucker  149. 
Schober  Jakob,  Arzt  143. 
Sitnikh  Kaspar,  n.-5.  Regiments- 

rath  145. 
Sponreb  Wenzel  140. 
Steinmann  Tobias  163. 
Steinwenter  Arthur,  Prof.,  Vortrag 

über  Herzog  Ernst  d.  Eisernen 

VI. 
Straaibtrger  Mich.,  Bürgermeister 

von  Graz  154. 
Strangs  Jakob,  Physicus  Ifi. 

T. 

Tenkh  Desiderins»  Magister  153. 
Thoner  David  156. 
Trftbenegkh  Georg  S.  v.  159. 

U. 

ümformang  slavischer  Ortsnamen 
46. 

y. 

Yenediger  Adam  171. 

Yorteäge:  von  Dr.  A.  v.  Luschin- 

Ebengreuth  IE;  —  von  Dr.  R. 

Peinlich  IV  und  VHI;  —  von 

Dr.  Franz  Krones  V;  —  von  Dr. 

Arth.  Steinwenter  V;  —  von  Dr. 

F.  M.  Mayer  VI. 

w. 

Waldbexeichnnngio,  slavische  24. 

Wallfahrt,  windische,  an  den  Nieder- 
rhein, Vortrag  von  Dr.  A.  v. 
Luschin-Ebengreuth  IH. 

Walther  Bernhard,  Regimentsrath 
142. 

Widmer  Erhard,  Buchhändler  141. 

Widmerin  Katharina  154. 

Widmanstetter  Georg,  Buchdrucker 
157. 

z. 

Zahn  Jos.  V.  Vin,  X. 
Zinunennaan  Wilhelm  157. 
ZostSnde,  über  innere  etc.,  Vortrag 

von  Dr.  F.  Krones  V. 
ZnstSnde,  volkswirthschaftliche  im 

17.  Jahrh.jVortrag  von  Dr.  F. 

M.  Mayer  VI. 


Jt\.m 


Vereins-Angelegenheiten. 


^^Httcn.  d«a  hlirt.  Ycreiai  f.  flUlcrmark,  XXVll.  Heft,  1870. 


Geschäfts  -  Uebersicht. 


I. 

Chronik  des  Vereines 

&ber  die  Zeit  ton  der  SO.  Jahresversammlung  am  22.  Jänner  1878  bis 
zur  81.  Jahresyer Sammlung  am  30.  Jänner  1879. 

L  In  der  Ausscbuss-Sitzung  vom  21.  Februar  1878  wurde 
über  Anregung  des  Herrn  Bezirks  -  Correspondenten,  Lehrers 
Johann  Krainz  beschlossen,  an  das  Vereinsmitglied  Herrn 
Baron  V.  von  Sessler-Herzinger  als  Besitzer  von  Gross- 
lob min  g  die  Bitte  zu  richten,  er  möge  Vorsorge  treffen, 
dass  die  in  der  Pfarrkirche  zu  Grosslobming  vorhandenen 
Grabmäler  vor  dem  Untergange  geschützt  werden.  —  Auch 
wurde  in  dieser  Sitzung  Herr  Bürgerschullehrer  Job.  Lange 
in  Fürstenfeld  an  Stelle  des  Herrn  Dr.  L.  Hund  egg  er  zum 
Bezirk8-C!orrespondenten  ernannt 

2.  Am  15.  Februar  fand  die  zweite  ausserordentliche 
Versammlung  des  Vereines  ')  statt;  in  derselben  hielt  Herr 
Prot  Dr.  Arnold  von  Luschin- Ebengreuth  einen  Vor- 
trag tber  die  windische  Wallfahrt  an  den  Nieder- 
rhein. Dieser  sehr  interessante  Vortrag,  der  den  lebhaftesten 


*)  Üeber  die  erste  dieser  ausserordentlichen  Versammlungen  und  den 
Ton  Herrn  Redactenr  £.  Spork  gehaltenen  Vortrag  vgl.  die  Torig- 
iilirigeD  Hittheüungen  (XXYI.  Heft)  p.  V— YII. 


-     IV    — 

Beifall  des  zahlreich  versammelten  Auditoriums  erntete,  erschien 
nachher  gedruckt  in  der  Monatsschrift  ftlr  Geschichte  West- 
Deutschlands,  Band  IV. 

3.  Am  22.  März  ward  der  dritte  ausserordentliche  Vortrag 
gehalten.  Herr  Regierungsrath  Dr.  Richard  Peinlich  sprach 
über  Dr.  Adam  von-  Lebenwaldt,  einen  steirischen 
Arzt  des  17.  Jahrhunderts. 

Adam  Lebald  von  und  zu  Lebenwaldt,  Doctor  der  PhQos. 
und  der  Medicin,  durch  seine  Studien  und  durch  seine  prak- 
tische Wirksamkeit  der  Steiermark  angehörig,  wurde  als  Arzt, 
Naturforscher,  Gelehrter,  Schriftsteller,  Musikcompositeur  und 
gekrönter  Dichter  von  seinen  Zeitgenossen  hochgehalten,  aber 
von  der  Nachwelt  ganz  vergessen.  Wenn  er  sonst  nichts  ge- 
schrieben hätte,  als  sein  grosses  Werk  „Land-,  Stadt-  und 
Hausarzneibuch  **/  das  ausführlichste  Buch,  welches  je  über  die 
Fest  und  pestilenziaUschen  Seuchen  in  den  Druck  gekommen 
war,  so  verdiente  sein  Name  schon  deshalb  der  Vergessenheit 
entrissen  zu  werden.  Für  unser  Land  hat  er  umso  grössere 
Bedeutung,  da  er  als  Stiftsarzt  zu  Admont  und  als  landschaft- 
licher Medikus  verdienstlich  wirkte,  nachmals  zu  Rottenmann, 
am  Stibichhof  bei  Trofaiach  und  zu  Leoben  weilend,  auch  als 
Dichter  in  lateinischer  und  deutscher  Sprache,  wie  als  Musiker 
sich  hervorthat  und  durch  seine  Abhandlungen  über  den  Aber- 
glauben, wie  er  sich  bei  Gelehrten  und  beim  Volke  kundgab, 
einen  tiefen  Blick  in  die  kulturellen  Zustände  werfen  lässt. 
Diesem  kulturhistorischen  Bilde  hatte  der  Vortragende  eine 
biographische  Skizze  (1624—1696)  vorausgeschickt  Der  Vor- 
trag dauerte  fast  2  Stunden  und  wurde  nach  stenographirten 
Aufzeichnungen  im  „Grazer  Volksblatt"  (24.  und  29.  März 
1878,  Nr.  69  und  72)  ziemlich  ausführiich  wiedergegeben. 

4.  In  der  Ausschuss-Sitzung  vom  27.  April  kam  die  Er- 
wiederung des  Herrn  Baron  Sessler-Herzinger  (ddo. 
6.  April  1878)  auf  das  früher  erwähnte  Ansuchen  des  Aus- 
schusses zur  Verlesung.  Der  Herr  Baron  erklärt  sich  bereit, 
die  materiellen  Opfer  für  die  Entfernung  der  Grabmäler  von 
ihrem  gegenwärtigen  Standorte  auf  sich  zu  nehmen,  erklärt 


—    V    — 

aber,  dass  dieser  Entfernimg  noch  verschiedene  Hindernisse 
^tgegenstehen.  —  Auch  wurde  in  dieser  Sitzung  das  Ansuchen 
des  Herrn  Dr.  Th.  Menke,  corr.  Mitgliedes  der  k.  bayerischen 
Akademie  der  Wissenschaften,  um  Zusendung  der  Publicationen 
des  Vereines,  soweit  diese  die  historische  Geographie  des 
früheren  deutschen  Reiches  betreffen,  erledigt. 

5.  Am  29.  April  fand  die  26.  Vierteljahresversammlung 
statt  In  derselben  hielt  Herr  Professor  Dr.  Franz  Krön  es 
einen  Vortrag  tlber  innere  Zustände  Steiermarks 
seit  dem  Reformationszeitalter.  Der  mit  grossem 
Beifall  aufgenommene  Vortrag  erschien  nachher  in  Rosegger's 
»Heimgarten''  1878  gedruckt 

6.  In  der  Sitzung  vom  7.  October  1877  hatte  der  Aus- 
schuss  ein  C!omite  gewählt,  welches  die  Frage,  ob  im  Jahre 
1878  eine  Wanderversammlung  stattzufinden  hätte,  in  Er- 
wägung ziehen  und  faUs  diese  Frage  bejaht  würde,  die  Mo- 
dalitäten festsetzen  sollte,  unter  denen  diese  Wanderver- 
sammlung  zu  veranstalten  wäre.  Das  Comite  hatte  sich  fQr 
die  Wanderversanunlung  ausgesprochen  und  die  Stadt  Juden- 
burg als  Ort  der  Versammlung  in  Vorschlag  gebracht,  der 
auch  genehmigt  wurde.  Als  Zeitpunkt  der  Versammlung  wurden 
die  Pfingstfeiertage  (9.— 11.  Juni)  festgesetzt.  Das  Comite 
traf  mit  dem  Ausschusse  die  nöthigen  Vorbereitungen,  setzte 
sich  mit  der  Gemeindevertretung  der  Stadt  Judenburg  ins 
Einvernehmen  und  sorgte  auch  für  ein  Geschenk  an  die  Theil- 
nehmer,  bestehend  in  einer  Nachbildung  des  Original-Oelge- 
mäldes  in  der  Kirche  zu  Maria  Waitschach  bei  Frisach  in 
Kärnten,  welches  die  Stadt  Judenburg  darstellt  und  aus  dem 
Jahre  1756  stammt  Auch  hatte  die  Direction  der  k.  k.  priv. 
Kronprinz  -  Rudolfsbahn  den  Theilnehmem  ermässigte  Fahr- 
preise zugestanden.  Doch  stellten  sich  der  Ausführung  dieses 
Unternehmens  im  letzten  Augenblicke  unvorhergesehene  Hin- 
demisse in  den  Weg  und  konnte  daher  die  dritte  Wander- 
versanunlung nicht  abgehalten  werden. 

7.  Am  10.  Juli  fand  die  27.  Vierteljahresversammlung 
statt,  in  welcher  Herr  Professor  Dr.  Arthur  Steinwenter 


—     VI     - 

einen  Vortrag  ttber  Herzog  Ernst  den  Eisernen  von 
Steiermark  hielt.  Der  mit  vielem  Beifall  aufgenommene 
Vortrag  wurde  in  Rosegger's  «Heimgarten*'  1878   gedruckt. 

8.  Am  30.  October  fand  die  28.  YierteljahresyersammliiDg 
statt.  In  derselben  hielt  der  Schriftführer  Dr.  Franz  M.  M  a  y  e  r 
einen  Vortrag  über  volkswirthschaftliche  Zustände 
im  17.  Jahrhunderte. 

Der  Vortragende  hebt  in  Kürze  die  Einwirkung  des 
30jährigen  Krieges  auf  Innerösterreich  hervor  und  bespricht 
dann  die  Verhandlungen  zwischen  der  kais.  Regierung  und 
den  steirischen  Ständen  bezüglich  der  Einquartirung  eines 
Theiles  der  Armee  des  Feldmarschalls  Grafen  Joh.  Aldringen, 
welche  im  Jahre  1633  in  Süddeutschland  stand,  im  darauf- 
folgenden Winter  aber  in  den  habsburgischen  Ländern  Winter- 
quartiere beziehen  sollte.  Der  Vortragende  erwähnt  auch  die 
Absicht  Wallensteins,  diese  Armada  in  das  Erzbisthum  Salz- 
burg zu  verlegen,  in  Folge  deren  nachher  das  Gerücht  entstand, 
Wallenstein  habe  sich  durch  diese  Einquartirung  des  Erzstiftes 
bemächtigen  wollen,  um  einen  Stützpunkt  für  seine  gegen  das 
Haus  Habsburg  gerichteten  Pläne  zu  haben.  Am  23.  Februar 
1634  erhielten  dann  die  steirischen  Stände  eine  Zuschrift  des 
Kaisers  Ferdinand  U.,  in  welcher  dieser  erzählt,  „dass  unser 
gewester  Feldhauptmann,  der  von  Friedland  wider  uns  und 
unser  gesammtes  löbl.  Erzhaus  einer  höchst  abscheulichen 
und  greulichen  Verräterei  sich  vermessen,  indem  er  unser 
Kriegsvolk  mit  allerhand  meinaydigen  auch  unkristlichen  mittlen 
wider  uns  aufzuwiglen  und  an  sich  zu  bringen  unterfangen 
und  dardurch  sowol  uns  als  unser  aigen  Person  als  unser 
ganze  angehorige  liebe  Posterität  von  Land  und  Land  zu 
vertreiben,  nach  unser  Krön  und  Zepter  zu  greiffen^  sich  aller 
unserer  Erbkönigreich  und  Länder  zu  bemechtigen  und  unter 
seinen  Gewalt  zu  bringen  tractirt  und  versucht  hat;  nun  ist 
zwar  hierauf  solche  eylfertige  embsige  Bestell  und  Fürsehung 
gepflogen  worden,  dass  wir  uns  durch  die  getreue  Bestän- 
digkeit und  Eifer  der  vornembsten,  wolerfahrensten  hochen 
Befehlshaber  der  meisten  wichtigen  Platz  und  Ortlen  auch 


-   vn  — 

ihres  nnderhabenden  Kriegsvolkes  versichert  haben  und  daneben 
st&ndlieher  Nachricht  gewertig  sein,  dass  ebenfalls  fast  alles 
andere  übrige  Eriegesvolk  wider  werde  auf  unsere  Seiten  ge- 
bracht worden  sein".  Der  Kaiser  stellte  in  diesem  Schreiben 
hohe  Geldforderungen,  welche  die  Stände  mit  dem  Hinweise 
auf  die  einstweilen  erfolgte  Confiscation  der  Güter  Wallen- 
steins  und  seiner  Anhänger  ablehnten.  Der  Kaiser  gab  dies 
in  der  Zuschrift  vom  16. März  mit  den  Worten  zu:  „Und  ist 
zwar  nicht  ohne,  dass  unser  Volk  die  Prinzipaln  der  jüngist 
ai^emassten  abscheulichen  Meineidigkeit  und  Yerraterei  bereits 
ans  dem  Weg  geräumt  und  uns  dadurch  starke  Confiscations- 
mittel  zugefallen*;  aber  trotzdem  musste  er  auf  den  Beiträgen 
der  Stände  Steiermarks  beharren. 

Nach  Darstellung  dieser  Episode  aus  der  steirischen 
Geschichte  skizzirt  der  Vortragende  den  Inhalt  des  Berichtes 
zweier  Commissäre,  welche  1657  vom  Erzbischofe  von  Salz- 
burg zur  Untersuchung  der  in  Steiermark  und  Kärnten  gele^ 
genen  salzburgischen  Besitzungen  abgesandt  wurden.  Diese 
CoDunissäre  notirten  getreulich  ihre  Wahrnehmungen,  schlich- 
teten Streitigkeiten,  stellten  Unregelmässigkeiten  ab,  wahrten 
die  Herrschaftsrechte ;  ihr  Bericht  enthält  eine  Menge  inte- 
ressanter Einzelheiten  und  darf  daher  als  Quelle  für  die 
Kenntniss  der  volkswirthschaftlichen  Zustände  unseres  Landes 
im  17.  Jahrhunderte  angesehen  werden. 

9.  Das  Ende  des  Jahres  1878  war  als  Zeit  der  Einfor- 
denmg  der  Ortschroniken  behufs  Beurtheilung  und  Prämihnmg 
festgesteUt  worden;  m  der  Ausschuss-Sitzung  vom  6.  December 
wnrde  daher  beschlossen,  an  die  Ortschronisten  die  Aufforderung 
^hen  zu  lassen,  die  Chroniken  bis  längstens  Ende  Jänner 
1879  an  den  Ausschuss  einzusenden.  In  das  Beurtheilungs- 
Conüt^  wurden  gewählt  die  Herren  Professoren  Dr.  Ferdinand 
Bischoff,  Dr.  Franz  Krön  es  und  Joseph  v.  Zahn.  An 
Stelle  des  Letzteren,  der  wegen  Zeitmangel  dieses  Amt  nieder- 
legte, wurde  nachher  Herr  Regierungsrath  Dr.  Richard  Pein- 
lich gewählt  Dieses  Comit^  hat  die  Aufgabe,  die  eingelaufenen 
Arbeiten    nach  den   im  Unterrichte,  betreffend   Anlage  und 


-   vm  — 

Förderung  der  Ortschroniken  (Mittheilungen  XX.  Heft  p.  CIV), 
ausgesprochenen  Grundsätzen  zu  beurtheilen  und  das  Resultat 
zu  veröfifentlichen. 

10.  In  der  Ausscbuss-Sitzung  vom  8.  Jänner  wurde  die 
Neuwahl  der  Mitglieder  des  Comites  fbr  die  Beiträge  zur 
K  st  Geschichtsquellen  vorgenommen,  da  die  bisherigen  Mit- 
glieder schon  3  Jahre  im  Amte  waren.  Es  wurden  die  seit- 
herigen Mitglieder  wiedergewählt  (Prof.  Dr.  F.  Bisch  off, 
Prof.  Dr.  F.  Krones,  Prof.  Jos.  v.  Zahn). 

11.  Am  30.  Jänner  1879  fand  die  31.  Jahresversammlung 
statt,  in  welcher  Herr  Begierungsrath  Dr.  Bichard  Peinlich 
einen  Vortrag  über  städtisches  Leben  und  Wesen  in 
der  Steiermark  im  16.  und  17.  Jahrhunderte  hielt  Dieser 
ungemein  fesselnde  Vortrag  erschien  vielfach  erweitert  und 
ergänzt  als  selbstständige  Broschüre  (Graz,  1879). 

Aus  dem  Berichte  des  Schriftführers  über  das  abgelaufene 
Vereinsjahr  sei  Folgendes  hervorgehoben: 

Auch  in  diesem  Jahre  sind  dem  Vereine  namhafte  Schen- 
kungen an  Druckwerken,  Handschriften,  Urkunden  etc.  zuge- 
kommen, welche  einzeln  in  diesem  Geschäftsberichte  verzeichnet 
stehen.  Den  Spendern  wurde  der  Dank  des  Vereines  öffentlich 
ausgesprochen,  es  sind  dies  die  Herren :  Jos.  L.  Bayer,  Guts- 
besitzer in  Amthofen,  Franz  Habenbacher  zu  St.  Stephan  ob 
Leoben,  Destouches  in  München,  Ferdinand  Freiherr  v.  Eber- 
stein m  Dresden,  Karl  Bitter  von  Gamsenfels,  Johann  Erainz 
in  Eisenerz,  Professor  Dr.  Franz  Krones,  Caplan  Johann 
Meixner  zu  St  Veit  am  Vogau,  Eduard  MuUey,  Güterdirector 
in  Weitenstein,  Lehrer  Jakob  Pils  in  Kraubat,  Baron  Victor 
Sessler-Herzinger,  Archivar  Jakob  Wichner  in  Admont,  endlich 
die  hochw.  Ordinariats-Kanzleien  zu  Graz  und  Marburg. 

Auch  war  das  Ansuchen  des  Vereins  an  die  k.  k.  Statt- 
halterei  um  Ueberlassung  eines  Theils  des  Archivs  der  k.  k. 
Finanzprocuratur  von  Erfolg  begleitet 

Aus  dem  Vereine  sind  im  abgelaufenen  Jahre  13  Mit- 
glieder ausgetreten,  dagegen  1 6  zugewachsen ;  es  würde  somit 
trotz  der  Ungunst  der  Zeitverhältnisse  eine  Vermehrung  der 


—     IX     — 

Mit^ederzahl  zu  constatiren  sein,  wenn  nicht  dem  Vereine 
13  Mitglieder  durch  den  Tod  entrissen  worden  wären  %  Die 
Mitglied^rzahl  beträgt  demnach  gegenwärtig  343.  Ehrenmit- 
glieder sihlt  der  Verein  26,   correspondirende  Mitglieder  15. 

Die  Zahl  der  Bezirkscorrespondenten  beträgt  20,  die  der 
Vereine,  mit  denen  der  historische  Verein  in  Schriftentausch 
stebt,  190;  die  Zahl  der  Ortschronisten  53. 

An  Publicationen  erschienen  das  26.  Heft  der  Mittheilungen 
und  das '15.  Heft  der  Beiträge.  Der  zweite  Band  des  Ur- 
kimdenbuchs,  welcher  die  Zeit  von  1192—1246  umfasst,  ist 
nahezu  Tollendet');  das  Zustandekommen  dieses  wichtigen 
Werkes  wurde  durch  die  Spenden  des  hohen  Ministeriums 
fSüT  Cultus  und  Unterricht,  des  hohen  steierm.  Landtages  und 
der  löbL  steierm.  Sparcasse  ermöglicht 

Von  den  Bezirkscorrespondenten  hat  nur  Herr  Ludwig 
Paar  in  Krieglach  einen  Bericht  gesendet,  worin  er  u.  A. 
auf  die  Antiquitätensammlung  des  H.  Rittmeisters  a.  D.  Al- 
pboos  Seh ük eil  aufmerksam  macht 

Da  am  Tage  der  31.  Jahresversammlung  das  Mandat  des 
Vorstandes  Prof.  F.  Bischoff,  des  Vorstandstellvertreters  Direct. 
Fr.  Hwo^  des  Cassiers  E.  Fürst,  sowie  der  Ausschüsse  M.  von 
FeUeetti-Liebenfels  und  Jos.  von  Zahn  erlosch,  so  hatte  die 
Vereinsversammlung  Neuwahlen  vorzunehmen.  Nachdem  Herr 
Dir.  Dr.  F.  Ilwof  wegen  Ueberbürdung  mit  Geschäftsangelegen- 
heiten eine  etwaige  Wiederwahl  abgelehnt,  wurden  über  Antrag 
des  Herrn  Regierungsraths  Dr.  R  Peinlich  per  acclamationem 
gewählt:  Herr  Prof.  Dr.  Franz  Krones  zum  Vorstand;  Herr 


^  Besonders  zwei  dieser  verstorbenen  Mitglieder  haben  an  dem  Ge- 
deihen des  Vereins  stets  sehr  lebhaften  Antheil  genommen:  Ober- 
Landesgerichtsrath  Job.  Bei  eher  war  einige  Zeit  Ausschussmitglied 
und  Director  Dr.  Gregor  Fuchs  hat  sich  durch  seine  historischen 
Arbeiten,  von  denen  einige  in  den  Mittheilungen  erschienen 
sind,  als  ein  gewissenhafter  Mitarbeiter  auf  dem  Felde  der  heimischen 
Geschichte  erwiesen. 

*)  Dieser  Band  ist  in  diesem  Augenblicke  ganz  vollendet  und  kann 
von  Mitgliedern  um*fl.  4  bezogen  werden.  Ladenpreis  7  fi. 


-     X     — 

Prof.  Dr.  Ferd.  Bischoff  zum  Vorstand-Stellvertreter,  Herr 
Ernst  Fürst  zum  >  Cassier.  Darauf  erfolgte  die  Wahl  dreier 
Ausschasse  durch  Stimmzettel;  gewählt  wurden  die  Herren 
Prof.  Franz  Ferk,  Conservator  Johann  Graus  und  Prof.  Josef 
von  Zahn. 

Der  Ausschuss  besteht  also  jetzt  aus  folgenden  Herren: 
Vorstand:  Prof.  Dr.  Franz  Krön  es;  Vorstand-Stellvertreter: 
Prof.  Dr.  Ferdinand  Bisch  off;  Gassier:  Ernst  Fürst; 
Schriftführer:  Prof.  Dr.  Franz  M.  Mayer.  Ausschüsse  ohne 
Function:  Prof.  Franz  Ferk,  Conservator  Johann  Graus, 
Prof.  Josef  von  Zahn,  Prof.  Dr.  Hans  von  Zwiedineck- 
Südenhorst 

Auch  wurde  der  Antrag  des  Herrn  Regierungsraths  Dr. 
Peinlich,  es  sei  dem  bisherigen  Cassier  Herrn  Ernst  Fürst 
für  die  ausgezeichnete  Verwaltung  seines  Amtes  der  Dank 
des  Vereines  schriftlich  auszusprechen,  einstimmig  angenommen. 
Auch  dem  abtretenden  Vorstande  Herrn  Dr.  F.  Bischoff 
sprach  die  Versammlung  ihren  Dank  für  seine  Leitung  aus. 
Dem  Herrn  Sparcassa-Cassier  Karl  Burkhard,  welcher  die 
Jahresrechnung  seit  langer  Zeit  auf  die  sorgfältigste  Weise 
revidirt  hat*),  sprach  der  Vorstand  im  Namen  des  Vereins 
den  Dank  aus.  Als  Revidenten  wurden  dann  gewählt  die  Herren 
Cassier  Karl  Burkhard  und  Redacteur  Eugen  Spork. 

In  der  Jahresversammlung  steUte  Herr  Regierungsrath 
Dr.  R  P  e  i  n  1  i  c  h  femer  den  Antrag :  es  sollen  die  historischen 
und  geographischen  Publicationen  von  Mitgliedern  und  Nicht- 
mitgliedem,  insofeme  dieselben  Steiermark  betreffen,  eine 
Anzeige  in  den  Mittheilungen  finden.  An  der  Debatte  über 
diesen  Gegenstand  betheiligten  sich  die  Herren  Prof.  Dr 
Krones,  Dr.  Schlossar,  Dr.  v.  Zwiedineck,  worauf  Herr  Dr. 
Peinlich  den  weiteren  Antrag  stellte:  Der  Ausschuss  sei  zu 


*)  Der  zweite  Revident,  Herr  Bezirksschulinspector  Pro£  Ignaz 
Schrotter  masste  im  Laufe  dieses  Yereinsjahres  wegen  Ueber- 
häufung  mit  Berufsgeschäften  sein  Amt  niederlegen.  Der  Ausschuss 
sprach  diesem  Herrn  fOr  seine  langjährige  und  aufopfernde  Mühe- 
waltung schriftlich  den  Dank  des  Vereines  aus. 


-     XI    — 

ersochen,  Ober  diese  Angelegenheit  zu  berathen  und  darüber 
iB  der  nächsten  Yersammlung  Bericht  zu  erstatten. 

Herr  Prof.  Dr.  v.Zwiedineck  stellte  hierauf  den  Antrag : 
Es  seien  probeweise  in  diesem  Jahre  die  Vierteljahrsver- 
samnünngen  in  einem  Grasthause  abzuhalten  und  begründet 
seinen  Antrag  in  längerer  Rede.  Darüber  entspann  sich  eine 
Debatte,  an  welcher  die  Herren  Prof.  Erones,  Redacteur  E. 
Spork,  Dr.  Peinlich  und  der  Antragsteller  sich  betheiligten. 
Schliesslich  wurde  Dr.  v.  Zwiedineck's  Antrag  in  modificirter 
Gestalt  angenommen:  Es  seien  versuchsweise  neben  den 
Vierteljahrs- Versammlungen  Vortrags-  oder  Geselligkeitsabende 
in  einem  Gasthause  abzuhalten  und  damit  Anfangs  März  zu 
beginnen. 

Das  Hauptmotiv  für  diesen  Antrag  war  die  Hoffnung, 
dass  durch  Zusammenkünfte  in  einem  Gasthofe  ein  freier, 
ungezwungener  Verkehr  der  Anwesenden  untereinander  sich 
erzielen  Hesse  und  dass  dadurch  ein  grösseres  Interesse  an 
dem  Wirken  des  Vereins  herbeigeführt  werden  könnte. 


Veränderungen 


im 


Personalstande  des  Vereines 

in  der  Zeit  Tom   1.  Jänner  bis  Ende  December  1878. 


Zugewachsen. 

Ordentliche  Mitglieder: 

Blöder  Franz  Josef,  Lehrer.  —  Buch ner  Peter,  Buchhändler.  — 
Bruch  Heinrich,  Major  in  Pens.  —  Fürsten feld,  Lehrerverein.  -- 
Hei  ff  Maxm.,  Schuldirector.  —  Hiecke  Wenzel,  Pfarrer.  —  KOhnelt 
Leopold,  Beamter.  —  Lipp  Johann,  Lederermeister.  —  Pokorny  L. 
E.,  Hofrath  a.  D.  —  Schmid  Georg,  Scriptor  in  Graz.  —  Schumi 
Franz,  Privatier.  —  Schütze  Reinhold,  Dr.,  Prof.  —  Sperl  Rudolf, 
Beamter.  —  Waidacher  Alois,  Lehrer.  —  Weiss  Adolf,  Literat.  — 
Weiz,  Bezirks-Lehrerverein.  Zusammen  16  Mitglieder. 

Abgegangen. 

Ausgetreten: 

Bellegarde  Heinrich,  Graf.  —  Coreth  Moriz,  Graf.  —  F eiber- 
bau  er  Leop.,  Pfarrer.  —  Ho  ff  er  Franz,  Dr.,  Advokat.  —  Hol  1er 
Wilhelm,  Pfarrer.  —  Ludewig  Heinrick,  Buchhändler.  —  Maren zi 
Franz,  Graf,  F.-M.-L.  —  Mayer  Karl,  Statthaltereirath.  —  Monte- 
cuccoli  Max.,  Graf.  —  Prem  Simon,  Prof.  ~  Schmid  August, 
Lehrer.  ~  Tomaser  Ubald,  Gaplan.  —  Z  ei  dl  er  Prokop,  Ober- 
lieutenant a.  D.  Zusammen  13  Mitglieder. 

Gestorben: 

Aichelberg  Franz,  Notar.  —  Attems  Ferd.,  Graf.  --  Fuchs 
Gregor,  Dr.,  G.-Direct.  —  Jug  Andreas,  Pfarrer.  —  Legwar th  Franz, 
Pfarrer.  —  Lukacs  Johann,  Mil.-Pred.  —  Pauer  Jacob,  Superior. — 


-  xni  - 

Picbler  Alois,  Eanfmann.  —  Plessing  Max.,  Migor.  —  Reicher 
Johann,  Ober-Landes-Gerichtsrath.  —  Schäfer  Friedrich,  Capitular.  — 
Schindler  Heinrich,  Oberlehrer. —  Seunig  Eduard,  Dr.  der  Rechte. 
Zusammen  18  Mitglieder. 

Verbleibt  der  Mitgliederstand  mit  Ende  December  1878:  845. 

Bezirkseorrespondenten. 

Ausgetreten: 

Hundegger  Leopold,  Dr.,  Advokat  —  Rigler  Johann,  Pfarr- 
proTiaor. 

Gestorben. 
Fuchs  Gregor,  Dr.,  Gymnasial-Director.  —  Pauer  Jacob,  Superior. 


-    XIV    — 


U  e  b  e  r- 

über  die  Empfänge  und 


M 


E  m  p  f  ft  n  g  e 


I       Gassarest  vom  81.  December  1877 

n      Beitr&ge  der  P.  T.  Mitglieder 

III     FOr  erhaltene  Interessen 

lY      Für  verkaufte  Yereinspablicationen 

Y  Subvention  der  hohen  Landschaft  pro  1878  .   .   . 

YI  Subvention  vom  hohen  Unterrichtsministerium  .   . 

YII     An  Diplomgebnhren 

YIII  Unterstützungs-Beitrag  der  löblichen  steiermärki- 

sehen  Sparkasse 

Summe  der  Einnahmen  .    .   . 

Wird  die  Summe  der  Ausgaben  von  der  der  Em- 
pfänge abgezogen  mit 

so  verbleibt  am  31.  December  1878  ein  Rest  von 

Dieser  Gassarest  zerfliUt  in  zwei  Theile,  als: 

a)  in  angelegte  Gapitalien  mit  fl.  1115*50  und 

b)  in  baarem  Gtelde  mit  .    .  fl.    247*14 

Also  in  Summa  wie  oben     .   .   .  fl.  1362*64     =3 


Graz,  am  31.  December  1878. 


OesLWäbr. 


fl.      kr 


1051 

1129 

79 

288 

525 

500 

2 

100 


8676 


2818 


1862 


1862 


Ernst  FOrst, 


d.  S.  Caatler. 


65 
44 
64 
46 


19 


55 


64 


64 


XV     - 


sieht 

Aosgabeii  im  Jahre  1878. 


1 

2 

3 
4 
5 

6 
7 
8 
9 
10 
11 


12 


13 

14 
15 
16 
17 

18 
19 
20 


Remanerationen  an  die  YereinsbedienBteten  .   .   . 

Ankauf  von  Büchern 

Ffir  die  Beinigung  der  Kanzlei  pro  1877/78  .    .   . 

Für  die  Porti  und  Speditionsauslagen 

Ffir  Kanzleibedürfhisse 

Für  Stempelgebühren 

Honorar  an  den  Hilfsbeamten  des  Vereines  .   .    . 

Entlohnung  an  den  Yereinsdiener 

Druckkosten  für  das  25.  Heft  der  ffMittheilungen*^ 

Kosten  der  Yereinsversammlungen  pro  1878 .   .    . 

Mitgliedsbeitrag  ffir  den  Gesammtverein  der  deut- 
schen Geschichts-  und  Alterthumsvereine  in 
Darmstadt  pro  1878  mit  18  deutschen  Beichs- 
mark  und  4  Mark  an  Bückstand,  in  Summa 
17  Mark 

Für  Porto  und  Fracht  der  Versendung  der  Vereins- 
schriften an  au8wärtig[e  Vereine  durch  den 
Buchhandel  pro  1876/7 

Beitrag  an  das  germanische  Nationalmuseum  in 
Nürnberg  pro  1878 

Für  die  kalligraphische  Ausarbeitung  eines  Diplomes 

Kosten  des  15.  Jahrganges  der  „Beiträge''    .   .   . 

Kosten  des  26.  Heftes  der  „Mittheilungen^    .   .   . 

Bückrergütung  des  irriger  Weise  vom  Stadtrathe 
in  Marburg  eingesandten  Geldbetrages    .   .   . 

Für  Buchbinderarbeiten 

Für  die  Lithographie  und  Druck  von  Judenburg  . 

Theilbetragszahlung  des  Honorars  fllr  das  Urkunden- 
Buch  der  Steiermark,  H.  Band 

Summe  der  Ausgaben  .   .   . 


28 
12 
9 
60 
45 
6 

180 
96 

491 
55 


10 


84 
49 
38 


20 
51 


59 

95 

5 

_ 

— 

70 

447 

78 

652 

28 

10 

20 

15 

20 

88 

— 

100 

— 

2818 


56 


Den  Sammlungen  des  Vereines 

sind   vom    1.   J&nner   bis   Ende   December    1878    zugekommen 

A.  Für  die  Bibliothek. 


1.  Durch  Schenkmig. 

4098.  Destouches  Ernst  von,  Secretär  in  München:  Münchener  Gemeinde- 
Zeitung,  Festnummer.  (Gedenkblatt  auf  die  Säcular-Feier  des 
Hof-  und  National-Theaters  in  München.) 

4094.  Eberstein  Louis  Ferd.,  Freiherr  von,  königl.  preuss.  Ingenieur- 
Hauptmann  a.  D.  in  Dresden: 

a)  Beigabe  zu  den  geschichtlichen  Nachrichten  von  dem  reichs- 
ritterlichen Geschlechte  Eberstein  vom  Eberstein  auf  der  Rhön, 
und  b)  urkundliche  Nachträge  hiezu. 

4095.  Graz,  die  Verwaltung  des  Anna-Einderspitals :  34.  Rechenschafts- 
Bericht  des  Jahres  1877. 

4096.  Habenbacher  Franz  zn  St.  Stefan  ob  Leoben:  Die  europäische 
Fama  219.,  220.,  221.  und  226.  Theil,  gedr.  1719,  287.  Theil, 
gedr.  1720  und  268.  Theil,  gedr.  1728;  femer  ein  Weihnachts- 
spiel (Flucht  nach  Egypten)  und  das  heilige  Dreikönigspiel. 
Letzteres  eine  Handschrift  vom  Jahre  1682. 

4097.  Krainz  Johann,  Lehrer  in  Eisenerz:  a)  Eisenerz  und  die  Pfarr- 
kirche St./ Oswald  daselbst.  Graz  1878;  —  b)  Aarberg  bis  zum 
Uebergang  an  Bern.  (Von  J.  Sterchi),  Bern  1877 ;  —  c)  Zeitschrift 
„der  Hausfreund*"  Nr.  48  v.  J.  1876  und  Nr.  26,  27,  28  v.  J.  1876. 

4098.  Erones  Franz,  Dr.  und  Üniv.-Frof .  in  Graz :  Studie  zur  (leschichte 
des  deutschen  Yolksthums  im  Earpatenlande,  mit  besonderer 
Rücksicht  auf  die  Zips  und  ihr  Nachbargebiet.  (Festschrift  der 
k.  k.  Universität  Graz  aus  Anlass  der  Jahresfeier  am  15.  No- 
vember 1878.) 

4099.  Wichner  Jacob  P.,  Capitular  und  Archivar  des  Benediktinerstiftes 
Admont:  Geschichte  des  Benediktinerstiftes  Admont  für  die  Zeit 
1297—1466,  m.  Bd.,  Graz  1878,  und  Separat-Abdruck  aus  der 
archivalischen  Zeitschrift,  betitelt:  Ein  wiedererstandenes  Kloster- 
archiv in  Steiermark. 


-   xvn  — 

2.  Im  Schrlftentansch. 

4100.  Agram,  sfidslavische  Akademie  der  Wissenschaften: 

a)  Rad,  41.  bis  44.  Band;  —  b)  Monumenta  spectantia  historiam 
Blarorom  meridionalium,  7.  und  8.  Band;  —  c)  Ljetopis  (Prva 
Bveska),  1867—1877;  —  d)  An  meinen  jüngsten  Becensenten  (von 
G.  J.  Dani£ic),  1878. 

4101.  Amiens,  Gesellschaft  der  Alterthumsfreunde  der  Ficardie:  „M^- 
moires",  3.  Serie,  4.  Band,  1878. 

4102.  Amsterdam,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Yerhande- 
lingen  Afd.  Letterkunde  IX.  und  XI.  Deel,  1877;  —  b)  Verslagen 
en  Mededeelingen  Afd.  Letterkunde  2«  Reeks,  VI.  Deel,  1877 ;  — 
c)  Jaarboek  1876;  —  d)  Pastor  Bonus,  1877. 

4103.  Ansbach,  histor.  Verein  für  Mittelfranken:  39.  Jahresbericht  für 
1873  und  74. 

4104.  Antwerpen,  königl.  archeologische  Akademie  in  Belgien :  „Annales**, 
Band  21  bis  30  oder  2.  Serie,  Band  1  bis  10,  gedruckt  zu  Anvers 
in  den  Jahren  1866  bis  1874. 

4105.  Augsburg,  histor.  Verein  im  Regierungsbezirke  Schwaben  und 
Neuburg:  Zeitschrift,  4.  Jahrgg.,  Heft  1-3.  1877-78. 

4106.  Bairenth,  histor.  Verein  für  Oberfranken:  a)  Archiv,  14.  Band, 
1.  Heft;  —  b)  Dr.  Theodorich  Morung,  der  Vorbote  der  Re- 
formation in  Franken,  2.  Theil,  1877.  (Von  Dr.  Lorenz  Kraussold.) 

4107.  Bamberg,  histor.  Verein  für  Oberfranken:  40.  Bericht  über 
Bestand  und  das  Wirken  des  Vereines  im  Jahre  1877. 

4108.  Basel,  histor.  und  antiquarische  Gesellschaft:  i^Mittheilungen** 
N.  F.  I.  (Die  Deckengemälde  in  der  Krypta  des  Münsters  zu 
Basel  von  A.  Bemoulli.)  Basel  1878. 

4109.  Berlin,  kgl.  Akad.  der  Wissenschaften:  a)  Monatsberichte,  Jg.  1878. 

4110.  Berlin,  Verein   „deutscher  Herold«:  Zeitschrift,  8.  Jahrgg.  1877. 

4111.  Berlin,  Verein  für  die  Geschichte  Berlins: 

a)  Statuten  und  Mitglieder- Verzeichniss  Nr.  11  (1878);  —  b) 
Berliner  Urkunden,  Bogen  78 — 86,  9  Bögen;  -  c)  Berliner  Bau- 
werke, Tafel  10,  4  Bögen;  —  d)  Beriiner  Denkmäler,  Tafel  4, 
7  Bögen.  Zusammen  20  Bögen. 

4112.  Ben,  histor.  Verein  des  Gantons:  a)  Archiv,  9.  Band,  3.  Heft, 
1878;  —  b)  Hettiswyl  und  das  ehemalige  Gluniaccnser-Priorat 
daselbst,  Bern  1878;  —  c)  Gatalog  der  Bibliothek  und  Flug- 
schriftensammlung. 

4113.  Bern,  allgemein  geschichtsforschende  Gesellschaft  der  Schweiz: 
Jahrbuch,  3.  Band,  1878. 

4114.  Brandenburg  (am  Havel)  histor.  Verein:  ^Märkische  Forschungen'', 
14.  Band,  Berlin  1878. 

4115.  Braonsberg,  histor.  Verein  für  die  Geschichte  und  Alterthumskunde 

B 


-   xvin  — 

Ermelandis:  Zeitschrift,  6.  Band,  3.  und  4.  Heft,  der  ganzen 
Folge  19.  und  20.  Heft,  Jahrgg.  1877/78. 

4116.  Bregenz,  Yorarlberger  Museums-Yerein:  17.  Rechenschaftsbericht 
des  Yereinsjahres  1877. 

4117.  Bremen,  Abtheilung  des  KOnstler-Yereines  f&r  bremische  Ge- 
schichte und  Alterthttmer:  a)  Denkmale  der  Geschichte  und 
Kunst,  S.  Abth.,  2.  Lieferung,  1877 ;  —  b)  Bremisches  Jahrbuch, 
10.  Band,  1878. 

4118.  Breslau,   Yerein   fl!kr   Geschichte   und  Alterthum   von  Schlesien: 

a)  Zeitschrift,  14.  Band,  1.  Heft,  1878;  —  b)  Regesten  zur 
schlesischen  Geschichte,  2.  Lieferung  bis  zum  Jahre  1221,  gedr. 
1877;  —   c)  Scriptores  rerum  silesiacarum,  11.  Band,  1878. 

4119.  Brunn,  mährisches  Landesarchiv:  Mährens  allgemeine  Geschichte, 
von  Dr.  Beda  Dudik,  8.  Band,  1878. 

4120.  Brüssel,  königl.  belgische  Akademie:  a)  Annuaire,  Jahrgg.  1877 
und  1878;  —  b)  Bulletins,  2.  Serie,  Band  41  bis  45. 

4121.  Carlsruhe,  das  grossherzogl.  Gonservatorium  der  badischen  Alter- 
thttmer-Sammlungen  des  Staates :  Alterthümer-Sammlung,  H^Heft, 
Jahrgg.  1878. 

4122.  Cassel,  hessischer  Yerein  ftir  Geschichts-  und  Alterthumskunde 
Ton  Cassel,  Darmstadt  und  Mainz :  a)  Statuten  des  Jahres  1875 ;  — 

b)  Mittheilungen,  1.  und  4.  Yierteljahresheft,  Jahrgg.  1876  und 
1.  Yierteyahreshefk,  Jahrgg.  1877 ;  —  Zeitschrift,  N.  F.  6.  Band, 
4.  Heft  u.  7.  Band  1877 ;  —  d)  Yerzeichniss  der  Büchersammlung  1877. 

4123.  Christiania,  Yerein  zur  Erhaltung  und  Aufbewahrung  nordischer 
Yorzeitdenkmäler :  a)  Foreningen  flir  das  Jahr  1877 ;  —  b)  Byg- 
ninger,  9.  Heft,  gedr.  1878. 

4124.  Cilli,  die  Gymnasial-Direction :  Programm  des  Schu^ahres  1877  78. 

4125.  Darmstadt,  histor.  Yerein  für  das  Grossherzogthum  Hessen:  Die 
vormaligen  geistlichen  Stifte  im  Grossherzogthum  Hessen.  (Yon 
G.  J.  Wilhelm  Wagner.)  2.  Band,  1878  mit  15  Tafeln  Abbildungen. 

4126.  Dorpat,  gelehrte  esthn.  Gesellschaft:  Sitzungberichte,  Jahrgg.  1877. 

4127.  Dresden,  königl.  sächsischer  Alterthumverein :  Mittheilungen  26. 
27.  und  28.  Heft,  1877/78. 

41 28.  Elberfeld,  bergischer  Geschichtsverein :  Zeitschrift,  13.  Bd., Jg.  1877. 

4129.  Emden,  Gesellschaft  für  bildende  Kunst  und  vaterländische  Alter- 
thttmer: Jahrbuch,  IIL  Band,  1.  Heft,  1878. 

4130.  Frankfurt  am  Main,  Yerein  für  Geschichte  und  Alterthumskunde : 
a)  Archiv,  6.  Band,  —  b)  Neiyahrsblatt  fllr  1877  und  1878;  — 

c)  Mittheilungen,  5.  Band,  Nr.  3,  Mai  1877. 

4131.  Frauenfeld,  histor.  Yerein  des  Cantons  Thurgau:  Thnrgauische 
Beiträge  zur  vaterländischen  Geschichte,  18.  Heft,  1878. 

4 1 32.  Freiberg  in  Sachsen,  Alterthums verein :  Mittheilungen,  1 4.  Heft,  1877. 


-     XIX     - 

41S3.  St.  Gallen,  liistor.  Verein:  a)  Der  Hof  Kriessern.  (Von  J.  Hard- 
egger  und  H.  Wartmann.)  1878;  —  b)  Joachim  von  Watt  deutsche 
lustor.  Schriften,  1.  und  2.  Band,  1875—77  (von  Ernst  Götzinger); 

—  c)  der  Canton  St  Gallen  in  der  Restaurationszeit,  1878. 

4134.  GenoYa,  Societä  Ligure  di  storia  patria:  „Atti^,  Volume  IX, 
Fascikel  IH,  1877;  Volume  XÜI,  Fascikel  II,  1877. 

4135.  Görlitz,  Oberlausitzische  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  Neues 
Lausitzisches  Magazin,  54.  Band,  1.  Heft,  1878. 

4136.  Graz,  Garl-Franzens-Universität :  Vorlese-Ordnung  für  den  Sommer- 

semester 1878,  dann  für  den  Wintersemester  1878/79. 
4137.-     —     technische  Hochschule  Joanneum:  Programm  des  Studien- 
jahres 1878/79. 

4138.  —    Joanneum,   recte  steierm.  Landes-Ausschuss :   66.  Jahres- 

bericht, 1877. 

4139.  —     Staats-Oberrealschule :  6.  Jahresbericht  1877/78. 

4140.  —     steierm.  Landes-Oberrealschule:  27.  Jahresbericht,  1877/78. 

4141.  —     Christi.  Kunstverein  der  Diöcese  Seckau:  „Eirchenschmuck**, 

IX.  Jahrgg.,  1878. 

4142.  —     academischer  Leseverein  an  der  Universität  und  technischen 

Hochschule:  11.  Jahresbericht,  1878. 

4143.  —     steierm.  Gewerbeverein:  Bericht  des  41.  Verein^'ahres  1877. 

4144.  Greifswalde,  königl.  Universitäts- Bibliothek :  43  Stück  Inaugural- 

Dissertationen   und  2  Vorlesungs- Verzeichnisse  d.  J.  1877. 

4145.  —     Gesellschaft  für  Pommer'sche  Geschichte:  40.  Jahresbericht, 

1879. 

4146.  Halle,  thüringisch-sächsischer  Verein  zur  Erforschung  des  vater- 
ländischen Alterthums:  Neue  Mittheilungen  aus  dem  Gebiet 
histor.-antiquar.  Forschungen,  14.  Band,  2.  Heft  (Schluss.)  1878. 

4147.  Hamburg,  Verein  für  hamburgische  Geschichte:  Mittheilungen, 
Nr.  4  bis  12,  Jänner  bis  Ende  September  1878.  I.  Jahrgg. 

4148.  Hannover,  histor.  Verein  für  Niedersachsen:  Zeitschrift,  Jahrgg. 
1877  und  39.  Nachricht  über  den  Verein. 

4149.  Harlem,  Bureau  scientifique  central  N^erlandeis :  „Archives  N^er- 
landaises*^  Tome  XIU.  1.,  2.  und  8.  Lieferung,  1878. 

4150.  Hennannstadt,  Verein  für  siebenbür'gische  Landeskunde :  a)  Archiv, 
N.  F.,  14.  Band,  1.  und  2.  Heft,  1877/78;  —  b)  Jahresbericht 
über  das  Vereini^ahr  1876,77;  —  c)  die  Ernteergebnisse  auf  dem 
ehemaligen  Königsboden  in  den  Jahren  1870,  71,  78  und  74 
(von  Martin  Schuster),  gedr.  1878;  —  d)  Programm  des  evan- 
gelischen Gymnasiums  zu  Hermannstadt  für  das  Schuljahr  1876/77 ; 

—  e)  Bericht  über  das  Brukenthalische  Museum  in  Hermann- 
Btadt,  1877. 

4151.  Jena,  Verein  für  thüringische  Geschichte  und  Alterthumskunde : 

B* 


—    XX     -- 

Zeitschrift,  N.  F.,   1.  Band,  der  ganzen  Folge  9.  Band,   1.  and 

2.  Heft,  1878. 
4152.   Innsbruck,  Ferdinandeum :  Zeitschrift,  3.  Folge,  22.  Heft,   1878. 
4163.   Kiel,  königl.  Schleswig  -  holstein  -  lauenburgische  Gesellschaft  für 

Geschichte  dieser  HerzogthQmer :  a)  35.  Bericht  zur  Alterthums- 

künde  Schleswig-Holsteins.  (Von  H.  Handelmann.)   1878;  —    b) 

Zeitschrift,  8.  Band,  1878. 

4154.  Klagenfurt,  Geschichtsverein  für  Kärnten:  Carintbia,  Zeitschrift 
ftlr  Yaterlandskunde  etc.,  67.  Jahrgg.,  1877. 

4155.  Köln,  histor.  Verein  für  den  Niederrhein:  Annalen,  32.  Heft;,  1878. 

4156.  Königsberg,  königliche  und  Universitäts-Bibliothek:  Altpreussische 
Monatsschrift,  N.  F.,  15.  Band,  Jahrgg.  1878. 

4157.  Kopenhagen,  königl.  dänische  Gesellschaft  für  nordische  Alter- 
thumskunde:  a)  Aarboger,  Jahrgg.  1877,  1.  bis  4.  Heft  and 
Jahrgg.  1878,  1.  Heft;  —  b)  Tillaeg,  Jahrgg.  1876;  —  c)  M^moires, 
N.  S.,  1877. 

4158.  Krakau,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Rocznik  Zar- 
zadu  für  das  Jahr  1877;  —  b)  Pamietnik  wydzialy.  Band  3, 
1876;  —  c)  Rozprawy  i  Sprawozdania  z  Posiedz^n  tomo  Y  und 
VHI,  1877—1878;  ~  d)  Scriptores  rerum  polonicarum,  tomo  IV, 
1878;  —  e)  Monumenta  Medii  Aevi  Historica,  tomo  IV,  1878;  — 

f)  Zbiör  wiadomÖBci  do  antropologii  Krigowej,  tomo  II,  1878 ;  — 

g)  Sprawozdania  Komisyi  do  badania  histor]^  sztuki  w  polsce, 
Heft  1  und  2,  1877  78;  —  h)  Katalog  Rekopisöw  bibiyoteki 
uniwersytetu  Jagiellönskiego,  Heft  1  bis  3  (von  Dr.  Wladyslaw 
Wislocki),  1877/78;  —  i)  Wykaz  Zabytköw  Przedhistorycznych 
na  ziemiach  polskich,  Heft  1,  1877;  —  k)  Gieograficzne  imiona 
slowiiLnskie,  1878. 

4159.  Laibach,  Obergymnasium:  Jahresbericht  pro  1878. 

4160.  Lausanne,  Soci^t^  d'histoire  de  la  Suisse  romande:  „M^moires 
et  Documents^  Tome  XXXI,  1878. 

4161.  Leeuwarden,  Gesellschaft  für  friesische  Geschichte,  Alterthums- 
und  Sprachenkunde:  49.  Verslag  der  Handelingen  für   1876/77. 

4162.  Leiden,  Maatschappy  der  Nederlandsche  Letterkunde:  a)  Hande- 
lingen en  MededeelingeA  vom  Jahre  1877 ;  —  b)  Levensberichten 
der  afgestorvene  Medeleden.  Beilage  zu  den  Handelingen  vom 
Jahre  1877;  —  c)  Catalog  der  Bibliothek  von  der  Maatschapp^j 
der  Nederlandsche  Letterkunde,  1877. 

4163.  Leipzig,   deutsche  morgenländische  Gesellschaft:   Zeitschrift,   32. 

Band,  I.  II.  und  III.  Heft,  1878. 

4164.  —    fürstlich  Jablonowskische  Gesellschaft:   Preisschriften,   21. 

Band,  1878. 

4165.  Lemberg,   Graf  Ossolinski'sches   National  •  Institut :   a)   Katalog 


—    XXI    — 

Broni  w  Muzeam  imienia  Lubomirskich,  1876  77 ;  —  b)  Dyftryusz 
Legacyi  Jerzego  Ossolinfikiego  posla  Polskiego  na  Bien  rzeszy 
niemeckiei  w  Batyzbonie  W.  R.  1686,  Lemberg  1877;  —  c) 
SfHrmwozdanie  z  czynoosd  Zakladu  Naradowego  imienia  Osso- 
linskich  ftir  das  Jahr  1877/78. 

4166.  Leoben,  RealgymnaBium:  12.  Jahresbericht  und  Oberrealschule : 
3.  Jahresbericht,  beide  ft^  1877/78. 

4167.  Linz,  Museum  Francisco- Carolinum:  85.  und  86.  Jahresbericht 
nebst  der  80.  Lieferung  der  Beiträge  zur  Landeskunde  von  Oester- 
reich  ob  der  Enns. 

4168.  Lazembourg,  histor.  Section  des  Institutes  (Soci^t^  arch^logique). 
Pablications,  Band  82  <X.)  Jahrgg.  1877. 

4169.  Luzem,  histor.  Verein  der  fünf  Orte  Luzem,  üri,  Schwyz,  ünter- 
walden  und  Zug:  „Geschichtsfreund",  88.  Band,  1878. 

4170.  Marburg,  Staatsgymnasium:  Programm  des  Studieigahres  1878. 

4171.  Marienwerder,  histor.  Verein:  Zeitschrift,  2.  Heft,  1877. 

4172.  Meiningen,  hennebergisch •  alterthumsforschender  Verein:  Ein- 
ladungsschrift zum  Jahresfeste  14.  Norember  1878. 

4173.  Metz,  die  Akademie  der  Wissenschaften:  nM^moires**,  8.  Serie, 
6.  Jahrgg.  Metz  1878. 

4174.  Mitau,  kurl&ndische  Gesellschaft  für  Literatur  und  Kunst:  a) 
Sitzungsberichte  aus  dem  Jahre  1877 ;  —  b)  Erzbischof  Adalbert 
Ton  Hamburg-Bremen  und  der  Patriarchat  des  Nordens.  (Von 
Karl  Dannenberg.)  Mitau  1877. 

4175.  Montbäliard, Soci^t^  d'^mulation:  „M^moires",  8.8erie,  2.Bd.  l.Hft. 

4176.  Mlinchen,  königlich  bairische  Akademie  der  Wissenschaften:  a) 

Sitzungsberichte  der  philos.,   philolog.  und  histor.  Classe. 
Jahrgg.  1877,  Heft  III,  IV  und  Jahrgg.  1878,  Heft  1—4    — 

b)  Abhandlungen  der  histor.   Classe,    18.  Band,  8.  Ab- 
theilung,  1877  und    14.  Band,   1.  Abtheüung,   1878;    — 

c)  Aventin  und  seine  Zeit.  (Von  J.  ron  Döllinger.)  1877. 

4177.  —     histor.  Verein  von  und  für  Oberbaiem:   a)  Archiv,   86. 

Band,  1877;  —  b)  86.  bis  88.  Jahresbericht  ftkr  die  Jahre 
1873,  1874,  1875,  gedr.  1876. 

4178.  —     der  Alterthumsverein:  „Die  Wartburg",  6.  Jahrgg.  1877/78, 

Nr.  7  bis  12. 

4179.  Mtknster,  Literarischer  Handveiser:    17.  Jahrgg.  Nr.  2—18. 

4180.  Keisse,  die  Gesellschaft  „Philomathie"" :  19.  Bericht  vom  Mai  1874 
bis  zum  Mai  1877. 

4181.  Neaburg  a.  d.  Donau,  histor.  Filialverein :  „Collectaneenblatt  für 
die  Geschichte  Baiems'^,  41.  Jahrgg.  1877. 

4182.  New-Tork,  American  Museum  of  natural  history :  Annual  Report^ 
Jahrgg.  1877. 


—  xxn  — 

4183.  Osnabrflck,  Verein  f&r  Geschichte  und  Alterthumskunde :  Mit> 
theilangen,  Band  XI.  Jahrgg.  1878. 

4184.  Faderborn,  Verein  für  Geschichte  und  Alterthumskunde  West- 
phalens :  a)  Zeitschrift,  85.  und  36.  Band,  Jahrgg.  1877/78 ;  — 
b)  Localuntersuchungen ,  die  Kriege  der  Römer  und  Franken, 
sowie  die  Befestigungsmanieren  der  Germanen,  Sachsen  und  des 
späteren  Mittelalters  betreffend.  (Von  Ludwig  Hölzermann.)  Gedr. 
Münster  1878. 

4185.  Pettau,  Realgymnasium:  9.  Jahresbericht,  1878. 

4186.  Pest,  k^glich  ungarische  Akademie  der  Wissenschaften:  a) 
Archaeologiai  Ertesitö,  Jahrgg.  1878;  b)  Magyar  Tört^nelmi  Tär, 
Band  25,  gedr.  1878;  c)  Archivum  Räköczianum,  Abtheilung  1, 
Band  5,  1877;  d)  OrszäggyQMsi  Eml^kek,  Band  3  und  5,  1877; 
e)  Aigoukori  Okm&nytär,  Band  1,  1878 ;  f)  Literarische  Berichte 
aus  Ungarn,  Band  1,  Heft  1—4,  1877.  (Von  Paul  Hunfalvy.) 

4187.  Petersburg,  kaiserl.  archeologische  Gommission:  Rapport,  Jg.  1875. 

4188.  Poitieres,  Gesellschaft  der  Alterthumsforscher  des  westlichen 
Frankreichs:  a)  „M^moires**,  tome  1«'  (2.  Serie)  anne  1877;  — 
b)  Bulletin  des  Jahres  1878,  1.  bis  4.  Quartal. 

4189.  Porrentrui,  la  Soci^t^  jurassienne  d'emulation:  Monatschrift,  TL. 
Jahrgg.  1877,  August  bis  Ende  December. 

4190.  Prag,    königlich    böhmische    Gesellschaft    der   Wissenschaften: 

Sitzungsberichte,  Jahrgg.  1877. 

4191.  —    Verein   ftlr   die   Geschichte    der  Deutschen    in    Böhmen: 

a)  Der  Ackermann  aus  Böhmen  (von  Johann  Enieschek), 
1877;  b)  MittheUungen,  16.  Jahrgg.,  1877/78,  Heft  4  und 
17.  Jahrgg.,  1878/79,  Heft  1  und  2. 

4192.  —    Lese-  und  Redehalle  der  deutschen  Studenten:  Jahresbericht 

fttr  das  Vereinsjahr  1877/78. 

4193.  Regensburg,  histor.  Verein  von  Oberpfalz  und  Regensburg:  Ver- 
handlungen, 32.  Band,  1877. 

4194.  Reval,  die  esthländisch  -  literarische  Gesellschaft:  Beiträge  zur 
Kunde  Esth-,  Liv-  und  Kurlands,  Band  2,  Heft  3,  1878. 

4195.  Riga,  Gesellschaft  für  Geschichte  und  Alterthumskunde  der 
Ostseeprovinzen:  Sitzungsberichte  aus  dem  Jahre  1876,  gedr.  1877. 

4196.  Roma,  die  königl.  Akademie  dei  Lincei:  »Atti**,  Serie  3*%  Volume 
II,  Fase.  1.-7.  der  anno  1877/78. 

4197.  Schaffhausen,  histor.  antiquarischer  Verein:  Beiträge  zur  vater- 
ländischen Geschichte,  4.  Heft,  1878. 

4198.  Steinamanger,  histor.-archeologischer  Verein :  „A  vasmegyei  r^g^s- 
zeti-egylet  M  jelent^se,  6.  Heft,  1878. 

4199.  Stettin,  .die  Gesellschaft  f&r  Pommer'sche  Geschichte  und  Alter- 
thumskunde: Baltische  Studien,  28.  Jahrgang,  1878,  in  5  Heften. 


—   xxni  — 

4200.  StraBBborg,  la  Sod^t^  ponr  la  Gonserration  des  Monuments 
historiqaes  d^Alsace:  a)  Sitzungsberichte,  Jahrgg.  1878,  Nr.  1 
bis  13;  ~  b)  Bulletin,  X.  Band,  1.  Liefemng,  1878. 

4201.  Stattgart,  kdnigl.  statistisch-topograph.  Bureau :  Württembergische 
Jahrbflcher  f&r  Statistik  und  Landeskunde,  Jahrgg.  1877,  Heft 
1,  2,  4  und  6. 

4202.  Tettnang,  Verein  fOr  die  Geschichte  des  Bodensee's  und  seiner 
Umgebung:  Schriften,  8.  Heft,  1877. 

4203.  Tougres,  la  Soci^t^  seien  tifique  et  litteraire  du  Limbourg: 
„Bulletin*",  tome  XIV.,  1878. 

4204.  Triest,  la  Societä  del  Gabinetto  di  Minerva :  Archeografo  Triestino, 
Jahrgg.  1878,  N.  S.,  6.  Band,  Fascikel  I.,  II.,  HI. 

4205.  Ulm,  Verein  ftbr  Kunst  und  AUerthum:  Münster-Blätter,  1.  Heft, 
1878. 

4206.  Utrecht,  histor.  Genootschap:  a)  Werken,  Neue  Serie  Nr.  26;  — 
b)  B^dragen  en  Mededeelingen,  1.  Theil,  1878. 

4207.  Venedig,  L'istituto  Veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti:  „Atti*" 
tomo  3»«»,  Serie  quinta,  dispensa  8«,  9»  e  10«*  187677,  tomo 
4*»,  Serie  quinta,  dispensa  !•"•  — 9*.  1877/78. 

4208.  Washington,  Smithsonian  Institution:   „Annual-Report**  für  1876. 

4209.  Wernigerode,  Harzrerein  für  Geschichte  und  Alterthumskunde : 
Zeitschrift,  11.  Jahrgg.  1878,  1.  bis  3.  Heft  und  Schlussheft. 

4210.  Wien,  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften :  a)  Sitzungsberichte 

philos.-histor.  Glasse,  84.  Band,  1.,  2.,  3.  Heft,  Jahrgg. 
1876,  86.  Band,  1.,  2.,  3.  Heft,  Jahrgg.  1877,  86.  Band, 
1.,  2.,  3.  Heft,  Jahrgg.  1877,  87.  Band,  Jahrgg.  1877;  — 

b)  Archiv,  55.  Band,   1.— 2.  Heft,  56.  Band,   1.  Heft;  — 

c)  Denkschriften,  philos.-histor.  Classe,  26.  Band,  1877. 

4211.  —    k.  k.  Gentral-Gommission  zur  Erforschung  und  Erhaltung 

der  Kunst-  und  histor.  Denkmale :  Mittheilungen,  4.  Band, 
1.  bis  4.  Heft,  1878. 

4212.  —    k.  k.  geographische  Gesellschaft:  Mittheilungen,  20.  Band, 

der  N.  F.  10,  1877. 

4213.  ^     Verein  ftlr  Landeskunde  in  Niederösterreich:  a)  Vereins* 

blWter,  N.  F.,  11.  Jahrgg.,  1877;  —  b)  Topographie  von 
Niederösterreich,  I.  Band,  Schlussheft  (10.— 11.  Heft),  1877; 
n.  Band,  3.  Heft,  1876. 

4214.  —    Heraldischer  Verein  „Adler" :  Jahrbuch,  IV.  Jahrgg.  1877. 

4215.  —    Archäologisch-epigraphisches  Seminar  der  k.k.  Universität: 

Archaeologisch  -  epigraphische   Mittheilungen   aus  Oester- 
reich,  Jahrgg.  H,  Heft  1  und  2,  1878. 
^216.       —     Alterthumsverein :  Berichte  und  Mittheilungen,  17.  Band, 
Jahrgg.  1877  (2.  Hälfte),  gedr.  1878. 


-     XXIV    — 

4217.  Wien,  Tourist:  X.  Jahrgg.,  1878,  I.,  n.  Band. 

4218.  —    deutsch-Österreichischer  Leseverein  der  Wiener  Hochschulen : 

Jahresbericht  pro  1877/78. 

4219.  —    Leseverein  der  deutschen  Studenten :  Jahresbericht  f.  1877/78. 

4220.  Wttrzburg,  histor.  Verein  für  ünterfranken  und  Aschaffenburg : 
a)  Fries,  Geschichte  des  Bauernkrieges  in  Ostfranken,  2.  Lieferung, 
1877;  —  b)  Jahresbericht  pro  1877. 

4221.  Zürich,  antiquarische  Gesellschaft:  Mittheilungen,  Band  XX,  Heft  1, 
recte  Necgahrsblätter  Nr.  42,  gedr.  1878. 

8.  Durch  Ankauf. 

4222.  Darmstadt,  Gesammtverein  der  deutschen  Geschieh ts-  und  Alter- 
thumsYcreine :  Gorrespondenzblatt,  Jahrgg.  1878. 


B.  Für  das  Archiv. 

1.  Urkunden  und  Acten. 

Geschenk  yon  den  Herren: 

1621.  Meixner  Anton,  Caplan  in  St.  Veit  am  Yogau:  Einige  alte  Ur- 
kunden und  Manusoripte. 

1622.  Pils  Jakob,  Oberlehrer  in  Kraubat  ob  Leoben :  39  Stttck  Urkunden 
und  23  Stttck  Manuscripte. 

2.  Handschriften. 

1623.  Bayer  Josef  Ludwig,  Gutsbesitzer  in  Amthofen:  Abschrift  der 
Hieber  von  Greifenfels'schen  und  Eisl  von  Eyselsberg'schen  Wappen 
und  Adelsbrief. 

1624.  Schaboth  Georg,  pens.  Pfarrer  zu  Windisch-Feistritz :  Beschreibung 
ttber  den  Ort  Köbl  am  Bachergebirge  in  Untersteier. 


0.  Für  die  Kunst-  imd  Alterthmos-Sammlung. 

Geschenk  von  dem  Herrn: 
1147.  Krainz  Johann,  Lehrer  in  Eisenerz:  Ein  alter  Atlas,  bestehend 
in  80  Tabellen,  dann  mehrere  Pläne  und  Ansichten  von  Städten, 
Schlössern  und  Personen. 


B. 


Abhandlungen. 


HlttkcU.  da*  hl«t.    Vereint  f.  Steiermark,  XXVII    Heft,    1979. 


Zur  Greschichte 

der 

0 

ältesten,  insbesondere  deutschen  Ansiedlung 

des 

steiermärkischen  Oberlandes 

mit  nebenläuflger  RücksioM  auf  ganz  Steiermark. 


SiBtorische  Skizsse 

TOB 

Dr.  F.  Krones. 

Benutzte  Hilfsmittel  (die  topogr.  Arb.  v.  Schmutz*,  Qöth*, 
Ortslexika*  der  einzelnen  Provinzen,  die  neue  Bearb.  von  Schau- 
bacb  d.  deut.  Alpen.  Zollikofer-Gobanz*  Höbenbestimmungen  in 
Steiermark  (Graz  1864). 

Mommsen.  Corpus  inscrr.  latin.*  Vol.  m.  2.  1873.  Knabl*  der 
Cetias  als  Grenze  zwischen  Norikum  u.  Pannonien.  Mittb.  d.  bist.  Y. 
f.  St.  XIV.  (Graz  1866)  S.  72—86.  Die  Abb.  v.  Kenner*  im  Jhb.  des 
Wiener  Altertb.-V.  XI.  Band  u.  i.  Arch.  f.  ö.  Gesch.  71.,  74.,  80.  Bd. 
Jang*  Römer  und  Romanen  in  den  Donaüländem  (Innsbruck  1877). 
Pich  1er*  Repert.  d.  steierm.  Münzkunde;  Graz  1865  u.  1867  (Fund- 
karte) I.,  n.  J.  Y.  Zahn*  Urkdb.  d.  Herz.  Steiermark.  I.  Bd.  Graz  1875. 
Feiice tti*  ▼.  Liebenfelss  Steiermark  im  Zeitr.  vom  achten  bis  zwölften 
Jahrhundert.  H.  Abth.  Btr.  z.  K.  steierm.  G.  Graz  1873. 

Förstemann*  altdeut.  Namenbuch  u.  die  deutschen  Ortsnamen. 
Hiklosich*  die  bIot.  Ortsnamen  aus  Appellativen.  Denkschr.  d.  k. 
Akad.  d.  W.  bist.  phil.  El.  23.  Bd.  1874.  141—272.  Bacmeister 
alem.  Wanderungen  (Stuttg.  1867  IL  A.  slavische  Siedelungen).  An- 
dres enf*  die  altdeutschen  Personennamen  i.  i.  Entw.  u.  Erscheinung 
all  heutige  Geschlecbtsnamen.  Mainz  1873.  W.  Arnold  Ansiedelungen 
and  Wanderungen  deutscher  Stämme  I.,  H.  Abth.  Marburg  1875  f. 
Aodresen.  Ueber  deutsche  Volksetymologie.  Heilbronn  1878. 

Safarik  slav.  AltertbOmer  L,  H.  Petter.  Ue.  die  deut.  OO.-NN. 
BMmieiiß   i.  d.  Mitth.  des  V.  f.  G.  d.  D.  i.  B.  VII.  Jahrg.  Nr.  1—12. 

1* 


—     4     — 

äembera  Zäpadni  Slovan^.  (Wien  1868).  ürkdb.  d.  L.  o.  d.  Enns  L, 
IL  Bd.  Lamprecht  Karte  des  L.  o.  d.  Enns  i.  s.  Gestaltung  u. 
Emth.  y.  8.— 14.  Jahrh.  nebst  bist,  topogr.  Matr.  u.  s.  w.  (1863)- 
Meiller  bist,  topogr.  Karte  N.-Oe.  bis  1100  i.  Jbb.  des  V.  f.  Lkd. 
Nie.-Oe.  11.  1867  u.  Verz.  jener  00.  im  Lande.  Oe.  u.  d.  E.,  welche  in 
ürkk.  des  9.,  10.,  11.  Jahrh.  erwähnt  werden.  Jbb.  f.  L.  K.  N.-Oe.  I.  1868. 
(147—170).  Kämmel.  Die  Anfänge  deutschen  Lebens  in  N.-Oesterr. 
während  des  9.  Jahrh.  Progr.  des  Dresdner  Neust.  Gymn.  Sep.  Abdr.  1877. 
Die  Arbeiten  von  L.  Steub  Über  die  Alpenetnisker  und  Tirol.  Puff, 
die  Slovenen  in  Stmk.  Marburger  Taschb.  f.  Gesch.  L.  n.  8.  Kunde  I. 
J.  1863  (3—118,  insb.  10-13). 

Ausserdem  wurden  gegebenen  Falles  die  vorzüglichen  Ortsrepcr- 
torien*  des  steierm.  Landesarchives  bis  zum  Schlüsse  des  XIII. 
Jhh.  benützt. 

Der  Aufs,  des  Vf.  in  dem  Album  „Bausteine",  h.  v.  Schrey  1872 
Graz,  „Ueber  Bedeutung  und  Urspnmg  deutscher  Ortsnamen  in  der 
Steiermark"  (8.  199—216)  behandelt  einen  Theil  des  Thema's  von  einem 
besondem  Gesichtspunkte  aus.  Vgl.  auch  von  dems.  „Ein  Thalgan  des 
steir.  Oberlandes  im  Wechsel  der  Jahrhunderte"  in  der  Ztschr.  „Heim- 
garten",  h.  v.  Rossegger  (Graz  1877). 


Bemerkung.  Wo  die  verhältnissmässig  älteste  urkundliche  Schreibung 
(nrk.  Sehr.)  angeführt  ist,  so  basirt  sie  auf  v.  Zahn 's  Urkdb.  I.  Bd., 
stellenweise  (f.  d.  XIII.  Jhh.)  auf  den  Ortsrepert.  des  stm.  L.-A.,  anderer- 
seits auf  Felicettis  Arb.  Die  slov.  Grundworte  sind  grossentheils  der 
massgebenden  Arbeit  Miklosich'  entnommen. 

Die  mit  Sternchen  bezeichneten  Werke  haben  als  eigentliche 
Hilfsmittel  zu  gelten,  die  andern  wurden  nur  der  Methode  der  Forschung 
wegen  oder  in  vereinzelten  Fällen  der  Analogie  zu  Rathe  gezogen.« 


Einleitendes. 

Der  Wanderer  verlässt  oft  gern  die  langgewundene,  ein- 
förmige Heerstrasse,  um  anmuthigere  Seitenpfade  durch  frisches 
Wiesengrün  und  duftiges  Walddunkel  einzuschlagen.  So  frommt 
es  auch  dem  Historiker  nicht  selten,  die  gewöhnlichen  Geleiso 
der  „Haupt-  und  Staatsactionen"  mit  dem  weniger  befahrenen, 
ja  mitunter  kaum  betretenen  Boden  von  Studien  ttber  Land 
und  Leute  der  nächsten  Umgebung  zu  vertauschen.  Denn 
dort  ermüdet  ihn  bald  die  ewige  Wiederkehr  von JCampf  und 


—     5     — 

Streit  um  Dasein  und  Geltung;  es  beengt  sein  Gemüth,  Ver- 
hältnissen und  Thatsaehen  gegenüberzustehen,  deren  Grösse, 
Gehaltfülle  und  innerste  Veranlassungen  er  als  Kind  einer 
ferngerttckten  oder  umgekehrt  als  Genosse  einer  allzu  nahen 
Zeit  nicht  klar  zu  erkennen,  als  beschränkter  Einzelmensch 
nicht  allseitig  zu  erfassen  und  verständnisssicher  zu  durch- 
dringen vermag.  Ganze  grosse  Zeiträume  ruhen  in  unlösbarem 
Dunkel  vor  seinen  Blicken,  und  was  er  aus  andern  Epochen 
kennt,  muthet  ihn  wie  em  zerbröckeltes  Gerippe  an,  ohne  feste 
Verbindung,  mark-  und  leblos;  —  hier  fllhlt  er  sich  bald 
heimischer,  die  kleineren  Verhältnisse  lernt  sein  Auge  sicherer 
beherrschen,  an  der  Hand  der  freundlichen  Gegenwart  findet 
er  sich  im  Labyrinth  der  Vergangenheit  zurecht,  und  Fragen, 
'üe  an  ihm  dort,  auf  der  Heerstrasse  der  Weltgeschichte, 
unbeantwortet  vorbeiziehen,  kann  er  hier,  auf  den  Seiten- 
pfaden der  Landes-  und  Ortskunde,  schärfer  ins  Auge  fassen 
und  annähernd  lösen.  —  Wie  unendlich  mannigfaltig  sind  aber 
aach  auf  diesem  beschränkteren  Boden  die  Fragen,  welche 
der  Geschichtsforscher  lösen  soll !  Die  älteste  Beschaffenheit 
eines  Landes,  einer  Gegend,  —  die  Stammesart  und  Reihen- 
folge oder  Ansiedlungszeit  der  wechselnden  Bewohner,  die 
%nthQmIichkeit,  sowie  die  besonderen  Umstände  der  An- 
5iedlung,  Bedeutung  und  Ursprung  der  heutigen  Landes-, 
hegend-  und  Ortsnamen  —  u.  s.  w.,  alle  diese  Fragen  treten 
lieran  und  fordern  ihre  Beantwortung. 

ilan  hat  in  unsern  Tagen  den  Ortsnamen  immer  auf- 
merksamer nachzugehen  begonnen.  In  der  That  bleiben  sie 
^ft  die  einzigen  Führer  im  Dunkel  der  Vergangenheit  und 
*ie  mit  einem  Schlage  vermag  die  richtige  Deutung  und  Ver- 
liQöpfiing  solcher  Namen  einen  Ausweg  dort  zu  entdecken, 
'ö  sonst  auch  den  berufensten  Forscher  jede  schriftliche  und 
Mündliche  üeberlieferung  im  Stiche  lässt 

Wie  der  Geologe  nach  der  Gesteinschichtung  und  den 
Äntologischen  Vorkommnissen,  anderseits  nach  der  äusser- 
ti^hen  Gestaltung  und  dem  Zusammenhange  der  Höhen  und 
Tiefen,  die  Bildungsgeschichte  einer  Landschaft  sich  zu  voran- 


—     6     — 

schaulichen  strebt  und  ihre  Geheünnisse  entfattllt;  —  so  ähnlich 
vei&hrt  der  Historiker  mit  den  Ortsnamen  znr  Enträthselung 
der  Vergangenheit.  Er  untersucht  die  Ortsnamen  in  ihrer 
gegenwärtigen  Fassung  und  verfolgt  sie  bis  in  jene  entlegenen 
Zeiten,  wo  die  letzte  Spur  aufhört  So  lernt  er  im  Wechsel 
der  Namensform  die  ursprüngliche  und  eigentliche 
Bedeutung  kennen,  welche  in  der  gegenwärtigen  Fassung 
des  Ortsnam^is  eft  gar  nicht  erkennbar  ist^  oder  er  findet 
auf  diesem  Wege  die  sprachliche  und  nationale  Zugehörigkeit 
des  Ortsnamens,  oder  endlich  —  bei  dem  völligen  Y^schwinden 
des  «ainen  und  Auftauchen  des  andern  Namens  für  denselben 
Ort  nach  vejrscfaiedenen  Zeiträumen  —  eine  förmliche  Ge- 
schichte des  Ortsnamens  und  der  wechselnden  Be- 
dingungen, unter  denen  er  seine  Wandlungen  vollzog.  Die 
Schiehtungsverhältnisse  der  Ortsnamen,  um  ein  geo- 
lo^sches  Bild  zu  brauchen,  führen  auf  die  historische 
Reihenfolge  der  Bevölkerungen  eines  Landes,  einer  Ge- 
gend; —  anderseits  lehrt  uns  der  Zusammenhang  und  die 
Vertheilung  national  oder  sprachlich  gleichartiger  Ortsnamen 
den  Gang  und  die  Sessbaftwerdung  der  bezüglichen  Bevölkerung 
überblicken. 

Endlich  lassen  uns  die  Ortsnamen  die  ursprüngliche  Be- 
schaffenheit des  Bodens  erkennen,  auf  welchem  die  Ansiedlung 
vor  sich  ging;  —  die  bunte  Mannigfaltigkeit  der  Ursachen 
einer  Ortsgründung  findet  an  den  Ortsnamen  ihr  Spiegel- 
bild, und  nicht  selten  vermögen  wir  aus  der  Gleichheit  der 
letzteren  in  verschiedenen  Ländern  deren  Beziehungen 
unter  einander  aus  dem  Gesichtspunkte  der  Colonisation  zu 
enträthseln. 

Ich  muss  jedoch  das  in  leichtem  wohl  gar  leichtfertigem 
Gedankenfluge  Hingeworfene  etwas  unterbrechen  und  berich- 
tigen. Wenn  ich  den  Historiker  als  Ortsnamenforscher  mit 
dem  Geologen  verglich,  so  hinkt  auch  dieser  Vergleich  vrie 
alle  Vergleidie.  Das  Forschungsmaterial  des  Geologen  ist  das 
mehr  oder  minder  feste  Gestein,  das  sich  greifen,  halten,  mit 
dem  Hammer  oder  Meissel  zertrennen,   mikroskopisch  unter- 


—     7     — 

« 

Sachen  lasst,  und  im  kleinsten  Bröckchen  die  Natur  eines 
mächtigen  Ganzen  abspiegelnd,  sichere  Sdilüsse  auf  die  Bil- 
(luDgsgeschichte  grosser  Landschaften  erlaubt.  Minder  günstig 
istnar  zu  oft  das  Material  der  Ortsnamenforschung; 
es  wandelt  sidi  oft,  teh  möchte  sagen,  unter  der  Hand  wie 
die  t&uschende  Gabe  eines  neckenden  Kobolds,  man  glaubt 
reiches  Erz  zirischen  den  Fingern  zu  haben  und  doch  ist  es 
schliesslich  eine  taube,  ausgebrannte  Schlacke.  Härter  wie 
Diamant  ist  mancher  Ortsname ;  er  spottet  jeder  Anstrengung, 
in  seinen  Kern  zu  gelangen,  er  flkiurt  den  Forscher  durch 
sein  gleissCTMieB  Farbenspid  sehr  oft  nicht  in's  rechte  Licht, 
sondern  leider  hinter  das  Licht,  oder  er  ist  ein  so  wunderliches 
mixtum  compositum,  dem  vom  rechten  Ecke  beizukommen  er 
schier  vmweifelt  Und  hat  der  Forscher  mit  Mühe  und  Noth 
auch  diese  schwierigen  Ausscheidungsprocesse  überwunden, 
so  hat  er  eben  n«r  iudb  oder  ganz  unverständliche  Namens- 
demente  vor  sich. 

Der  Historiker  muss  aber  noch  ein  anderes  leidiges 
Bekenntniss  ablegen.  Da  er  in  den  seltensten  Fällen  zugleich 
PUtologe  und  zwar  sprachvergleichender  Philologe  vom  Fache 
ist,  80  muss  er  in  den  häufigeren  Fällen  einen  Autodidakten 
«nd  —  wer  mag  mit  dem  Worte  rechten  —  Dilettanten 
in  der  sprachwissenschaftlichen  Seite  der  Ortsnamenforschung 
abgeben,  also  in  allen  Fragen,  in  denen  der  Ortsname  k^e 
andren  Deutungskriterien  als  eben  nur  die  sprachwissen- 
schaftlichen. Er  muss  sidi  da  das  „Ego  autem  censeo^^  und  das 
^Veto''  des  Philologen  gefallen  lassen. 

Un^eich  vortfaeilhafter  ist  die  Stellung  des  Historikers 
in  der  Ortsnamenforschung  überall  dort,  wo  er  mit  der  Ur- 
kunde, dem  geschriebenen  Zeugniss,  zur  Hand  und  von  den 
auf  solche  Zeugnisse  gestützten  Wahrheits-  oder  doch  Wahr- 
scheinlidikeitsbeweisen  unterstützt,  die  Ortsnamensfrage  ent- 
ächeidra  darf. 

Ist  er  in  allen  rein  sprachgeschichtlichen  Fragen  an  das 
{adunäimische  Verdikt  des  Philologen  gebunden,  so  dient  auf 
diesem  urkundlich  gesicherten  Boden  umgekehrt  der  Ausspruch 


-     8     — 

des  Historikes  als  heilsames  Gorrectiv  für  manchen 
gewagten  Schluss,  manche  täuschende  Hypothese,  oder  richtiger 
gesagt  —  manche  Selbsttäuschung  des  Philologen. 

Denn  „auch  Vater  Homeros  und  die  Hörnenden  irren".  — 
Nicht  blos  der  kritische  Philologe  bekämpfte  die  Abentheuer- 
lichkeiten  der  Kelto-,  Germano-  und  Slavomanie;  es  war  und 
ist  auch  das  Verdienst  des  kritischen  Historikers,  dabei  den 
wissenschaftlidien  Keltologen,  Germanisten  und  Slavisten  unter- 
stützt zu  haben. 

Je  bescheidener  und  zurückhaltender  der  Historiker  sich 
in  der  Ortsnamenforschung  geberdet,  desto  besser  fährt  er; 
„möglichst  festen  Boden  unter  den  Füssen!^  soll  seine  Losung, 
sein  Leibspruch  auch  da  die  halb  ernst  halb  scherzhaft  gemeinte 
Devise  des  Juristen:  „Quod  non  est  iui  actis  *non  est  in 
mundo!"  —  in  einem  gewissen,  begrenzten  Sinne  bleiben. 

Dies  alles  glaubte  ich  vorausschicken  zu  müssen,  und 
doch  fühle  ich  recht  gut,  wie  die  Einleitung  gar  voll  den 
Mund  nimmt,  während  das,  was  ihr  folgt,  nur  bescheidene 
Erwartungen  einigermassen  befriedigen  dürfte. 

.  Was  ich  biete,  sind  eben  skizzenhafte  Vorstudien 
zur  Klärung  einer  der  zweckwürdigsten  Aufgaben  inneröster* 
reichischer  Geschichtsforschung,  einer  Aufgabe,  zu  deren 
Lösung  bereits  namhafte  Leistungen  vorliegen,  weiche  aber 
immerhin  Raum  genug  lässt  ftkr  den  fleissigen  Spaten  und 
ehrlichen  Willen  jedes  Fachmannes  im  engem  und  weitem 
Sinne.  Diese  Vorstudien  werden  sich  auf  zwei  zusammen- 
treffenden Pfaden  bewegen,  indem  sie  einerseits  den  histori- 
schen Gang  der  Bevölkerung  unseres  Landes,  insbe- 
sondere Obersteiermarks  verfolgen,  andererseits  die 
Schichtung  der  Ortsnamen  auf  diesem  Bod^  —  als 
Spiegelbild   der  Ansiedlungsverhältnisse   —   erörtern  wollen. 

Als  chronologische  Grenze  ist  beiläufig  das  zwölfte 
Jahrhundert  festgehalten,  doch  erheischt  es  die  Natur  der 
Sache,  Belege  einzelner  Namensformen  auch  aus  dem  13.  Jahr- 
hunderte oder  späterher  anzuziehen.  Ebenso  ist  es  selbstver- 
ständlich, dass,  vergleichsweise,  Gleichartiges  in  den  Ortsnamen 


—     9     — 

der  Schwesterlande  Kärnten,  Krain,  gleichwie  des  Landes 
Uesterreich  o.  u.  u.  d.  E.,  Mährens,  Böhmens  oder  auch  Un- 
garns seine  Berttksichtigung  finden  muss. 

Wie  schon  der  Titel  des  Aufsatzes  besagt,  legt  er  auf 
(üeDentschwerdung  des  steiermärkischen  Ober- 
land e  s  den  Hauptton,  somit  auch  auf  die  deutschgewordenen 
oder  umdeutschten  und  auf  die  deutschbttrtigen: 
Berg-,  FIuss-,  Gegend-  und  Ortsnamen. 

Eine  wichtige  Quelle  solcher  Forschungen,  die  Sammlung 
von  Flurnamen,  ist  leider  auch  hierzulande  wie  anderorten 
—  ein  ungehobener  Schatz. 

Dass  endlich  dieser  Aufsatz  nichts  Ganzes,  Erschöpfendes 
bieten  kann,  noch  will,  dies  und  überhaupt  seine  Selbstbe- 
scheidung zeigt  sich  im  Titel  genugsam  angedeutet. 

I. 

Wenn  wir  die  aus  der  keltisch-römischen  Ge- 
schichtsepoche der  Steiermark  (einst  Noricum  [mediterraneum] 
zu  grossem,  Pannonia  [superior]  zu  kleinerem  Theile)  von  der 
antiken  Geschichtsschreibung,  Länder-  und  Völkerkunde,  ins- 
besondere aber  von  römischen  Strassenkarten  (Itineraria)  und' 
Inschriften  uns  überlieferten  Ortsnamen  mustern,  so  bringen 
wir,  abgesehen  von  den  drei  Vororten  ersten  Ranges :  Petovio 
(Pettau),  Celeja  (Cilli)  und  Flavium  Solvense  (b.  Leibnitz), 
nicht  viel  über  ein  Dutzend  zusammen,  welche  halb  der  obem, 
halb  der  untern  Steiermark  zugesprochen  werden  können  und 
in  ihrer  Lokalisirung  dem  Gelehrten  noch  immer  zu  schaffen 
machen.  Es  sind  fast  sämmtlich  Namen,  deren  Einer  und 
Anderer  unschwer  merken  lässt,  es  sei  in  ihm  eine  Latini- 
^ning  oder  Romanisirung  der  ursprünglichen  norisch-keltischen 
Bezeichnung  vor  sich  gegangen ;  so,  wenn  wir,  die  beiden  erst- 
genannten Römerorte  ungerechnet,  das  oberländische  Noreja 
(b.  Neumarkt  —  Grazlupp),  Tarnasicum  (b.  Murau),  Visc  el  1 » 
(b.Zeiring),  Sabatinca  oder  Surontium  (b.  Rotenmann), 
Styriate  (b.  Liezen,  wo  man  auch  Emolatia  zu  suchen 
pfl^)  und  Vocarium  (b.  Hieflau)  ins  Auge  fassen. 


—     10     — 

Vei^leichen  wir  aber  ifiese  überlieferten  Ortsnamen  der 
kelto-remanischen  Epoche  niR  der  ungleich  grösseren  Summe 
der  bisher   bekannt   gewordenen   antiken  Fundstellen 
der  Steiermark,  berücksichtigen  wir  den  Umstand,  dass  unsere 
wichtigste  Quelle  antike  Ortsnamenkunde,   die  Strassen- 
karten  der  Römer,  insbesondere  die  Peutinger'sche  Tafel, 
überdies  blos  in  einer  mangelhaften  Copie  des  12.  Jahrhunderts 
erhalten,  eben  nur  die  Stationen  der  Hauptstrassenzüge  an- 
geben, dassy  wie  uns  die  archftologisdien  Ftindkarten   und 
Ausweise  der  Oegenwart  veranschaulichen,  römische  Inschriften- 
steine   in   der  ganzen  Breite  des  Unterlandes,  von  Bohitsch 
bis  S.  Johann  bei  Bietz  im  obern  Santhal  bis  Voitsberg  und 
Piber,  in  den  Oswaldgraben  und  ins  Geistthal,  so  dann  von 
Murau  an  den  ganzen  Murboden  entlang,  durch  das  Ennstlial 
nicht  minder  bis  Schladming,  andererseits  über  Liezen  hinaus 
und  bis  in  die  Gegend  von  Aussee,  femer,  um  auch  der  öst- 
lichen  Steiermark  zu   gedenken,   in   dem  Dreieck  zwischen 
Hartberg,  dem  Wechsel  und  Baabenwalde,  so  wie  im  ganzen 
Baabgelände  i^rstreut  aufgefunden  wurden;  --  halten  wir  uns 
vor  Augen,   dass  die  Fundstellen  von  Münzen   und 
anderweitigen  Denkmälern  römischer  Kaiserzeit  noch 
entlegenere  Punkte  treffen,   wie  z.  B.  Edelschrott,   Turrach, 
das  Sölkeijoch  und  die  Sölk,  Altenmarkt,  Neuberg  und  MUrzzu- 
schlag,  während  innerhalb   dieser   durch  die  genannten  Orte 
beschriebenen  Peripherie  mehr   oder  minder  dichte  Gruppen 
von  Fundstellen  auftauchen  —  als  deren  Mittelpunkte  von 
Sttden  nach  Norden   —   Tüffer  (Bömerbad),   Olli,   Pettau, 
Windischgräz,  Marburg,  Maria  Bast,  Mureck,  Leibnitz,  Straden, 
S.  Martin  im  Sulmthal,   Stamz,  Wildon  und  S.  Mai^arethen 
an  der  Stiefii^,  Yoitsbeng,  Feldbach,  Gleisdorf,  Weiz,    Buch 
im  Gebiete  der  der  Baab  zueilenden  Feistritz,  und  Hartberg, 
anderseits  Graz,   S.  Stephan  am  Gradkom,  Deutsch-F^stritz 
und  Adriach,  Voitsberg,  Brück,  Leoben,  Knittelfeld,  Judenburg 
und  S.  Lambrecht  gelten  können,  so  unterliegt  es  keinem 
Zweifel,  dass  keine  geringeZahl  keltisch-römischer 
Ortsnamen  dem  Wechsel  der  Zeiten  zum  Opfer 


—    11    — 

fallen  uad  spurlos  yerschwinden  mochte  —  oder 
bis  zur  Unkenntlichkeit  in  einzelnen  Orts-,  Gegend-  tmd 
nurDamen  verlarvt  sdn  durften;  letzteres* aber  gewiss  nur 
zu  geringereoi  Theile. 

So  wäre  man  beispielsweise  verlockt,  in  dem  Otts- 
namen  Terz  ')  im  nordwestlichen  Halltbal  bei  Maria-ZeH  an 
romiache  Grundbenennung  (tertia  d.  i.  statio)  zu  denken,  ähnlich 
so,  wie S  t  r  ad e  n  an  das  lat  strata,  die  obarakteristische  Aipen- 
pflanze  Noricums  der  Speik  (Valeriana  celtica)  an  die  rd- 
mische  Benennung  Spica  NanK  mahnt. 

Jenes  Verschwinden  erklärt  sich  also  durch  die  Ver- 
ödung der  antiken  kelto-römischen  Kultur- 
sitze in  der  Schlussphase  der  grossen  Völker- 
wanderung, die  wir  an  den  Ostgotenzug  nach  Italien,  Ende 
des  5.  Jahrhunderts,  knttpf^  und  gemeiiüiin  mit  der  Gründung 
des  Langobardenreiches  auf  wälscher  Erde  um  568  ab- 
schliessen;  anderseits  durch  die  Verdeckung  oder 
Verwischung  der  alten  Ortsnamen  auf  dem  Wege  der 
Einwanderung  neuer  Bevölkerung,  die  sich  mit  begreiflicher 
Vorliebe  zunächst  dort  ansiedelte,  wo  es  bereits  Bodencuttur 
and  Wohnstätten  gab,  und  die  eigenen  Ansiedlungen  auf  den 
Trümmern  antiker  Orte  neu  benannte.  Jedenfalls  müssen  wir 
aaf  das  Mosient  der  Zerstörung  oder  Verödung  das  Hauplr 
gewicht  leg^B,  denn  nur  die  beiden  politisch  -  kirchlichen  Vor- 


)  Die  Strasse  Ton  S.  Egid  Akhrt  ttber  die  „Terz**  oder  den  „Terzbauer'' 
in  das  Hallthal  und  es  ist  um  so  bestechender  fttr  die  römiscke 
Wurzel  dieses  Namens  einzutreten,  da  nach  Kenner's  jüngsten 
treff]ichen  Ausführungen  über  die  Topographie  der  Römerorte  in 
Nieder-Oesterreich  (Jhb.  d.  Wiener  Altth.-V.  1878,  277  ff.  S.  288  f.) 
eine  uralte  römische  Salzstrasse  aus  dem  heutigen  Kieder-Oesterreich 
in  die  Steiermark,  u.  z.  Über  die  Schwarza«  durch  die  Trausch  und 
ftbor  den  Gaisruck  nach  S.  £gid  am  Neuwald  mid  von  da  durch 
die  Kwer  und  das  gleichnamige  Thal  auf  den  Knollenhals  und  im 
Sdzathal  abwärts  in  das  Hallthal  führte;  doch  muss  man  solchen 
Wahrscheinlichkeiten  gegenüber  möglichst  zurückhaltend  bleiben  und 
wir  mdchten  daher  auch  kein  sonderliches  Gewicht  anf  diese  roma- 
oiiche  Oeutuig  der  »T^rz^  legen. 


—     12     — 

orte  der  antiken  Steiermark  haben  ihre  Benennung  in  s la- 
vischer und d e u t s c h e r  Fassung (Celeja,  Öele^Cilli;  Petovio. 
Ptuj,  Pettau)  bis  auf  unsere  Tage  bewahrt,  und  wie  gerne  wir 
auch  einräumen,  dass  demKeltologen  und  Romanisten 
allerhand  wichtige  Entdeckungen  im  Bereiche  der  gegenwärtigen 
Ortsnamen  Steiermarks  noch  bevorstehen,  so  mancher  derselben 
sich  als  ursprünglich  norisch  oder  römisch  ent- 
puppen dürfte,  jedenfalls  wird  die  Ausbeute  in  der  G  e  s  a  m  m  t- 
m  a  s  s  e  der  heutigen  Ortsnamen  sehr  gering  sein  und  an  dem 
eigentlichen  Sachverhalte  wenig  ändern. 

Ein  völliges  Verschwinden  einer  gewiss 
nicht  unbedeutenden  Zahl  von  Ortsnamen  lässt 
sich  in  der  Regel  aber  nur  durch  völlige  Zerstörung  oder  Ver- 
ödung der  betreffenden  Orte  erklären,  da  sonst,  wenn  auch 
in  andersprachiger  Umformung,  der  ursprüngliche  nachzuwirken 
pflegt,  wie  wir  eben  an  Gilli  und  Pettau  gewahren.  Und  auch 
diese  Vororte  müssen  arg  verfallen  sein,  wie  wir  anderorten 
besprechen  wollen.  Dagegen  behauptet  sich  das,  was  keiner 
menschlichen  Zerstörung  verfallen  konnte,  auch  in  seinem 
Namen.  Die  Drau,  Mur,  Enns  und  Raab  z.  B.  —  die  Haupt- 
flüsse des  Landes  ^  bewahrten  ihre  kelto-römische  Namen- 
wurzel bis  auf  unsere  Tage,  gerade  so,  wie  der  „Pyhm"- 
Pass  seine  ursprüngliche  Bezeichnung  festhielt  Ob,  wie 
schon  von  anderer  Seite  bemerkt  wurde  (Zollikofer  —  Go- 
banz),  bei  der  hohen  Zez  in  den  Fischbacher  Alpen  an  den 
MonsCetius  der  Alten  gedacht  werden  könne,  muss  dahin 
gestellt  bleiben,  ist  jedoch  immerhin  beachtenswerth ,  doch 
dürfte  dagegen  in's  Gewicht  fallen,  dass  bei  Hüttenberg  in 
Kärnten  urkundlich  (1074,  1139  s.  Zahn,  Urkdb.  Reg.  937) 
ein  Zezen,  Zezzen,  Zezze  vorkommt  (ebda.);  allwo  wir  seit 
1074  ein  Silberbergwerk  urkundlich  bezeugt  finden,  und  zwar 
im  Besitze  des  Kl.  Admont,  welches  hier  einen  Hof  (Urk.  v. 
1135)  und  einen  eigenen  Bergverwalter  (magister  montis)  be- 
sass  (Urk.  s.  1185....);  ausserdem  haben  wir  einen  Zez- 
bach  in  der  Gegend  von  Frondsberg,  Birkfeld  und  Anger, 
dem  wir  den  Zezinabach   im  slovenischen  Unterlande,  im 


—     13     — 

Gebiete  von  Plankenstein  (Sbelo),  an  die  Seite  stellen  können, 
ümwandelbar  behauptete  sich  dagegen,  ebenso  wie  die  all- 
gemeine kelto  -  römische  Bezeichnung  Alpis:  Alpe,  Alm,  der 
keltische  Name  Taur,  lat.  Turo  bei  dem  Rotenmanner  „Tauem^, 
ebenso  wie  bei  dem  Badstatter  im  Sabsburgischen. 

Wir  müssen  aber  einem  in  der  That  gewichtigen  Einwurfe 
bei  Zeiten  b^egnen.  Es  unterliegt  nämlich  keinem  Zweifel, 
dass  der  Römer  Noricum,  welches  noch  im  zweiten  Jahr- 
bonderte  unserer  Zeitrechnung,  vor  Marc  Aurel  (161 — 180 
n.  Chr.),  als  „regnum*'  galt  und  seit  diesem  erst  zur  eigent- 
Bchen  „provinda''  umgestaltet  wurde,  nur  in  bescheidenem 
Masse  colonisirte,  und,  was  insbesondere  den  zugehörigen  Boden 
der  Steiermarij:  anbelangt,  vorzugsweise  als  Feld  strategi- 
scher Massregeln,  zweitens  als  Durchzugsgebiet  seines  wich- 
tigen Strassensystems  zwischen  dem  Po  und  der  Adria  und 
andererseits  dem  Donau-limes,  und  drittens  endlich  als  Fund- 
and  Werkstätte  seines  Eisen-  und  Salinenbetriebes 
und  binnenländiscben  Handels  ansah,  wie  die  bezüglichen 
antiken  Funde  auf  dem  steiermärkischen  Erzboden  und  die 
bereits  oben  erwähnte  römische  Salzstrasse  in  das  steier- 
märkische  „Hall-Thal*^  (vgl.  das  Hallthal  bei  Admont)  bezeugen. 

Daher  haben  wir  ausser  dem  pannonischen  Poetovio 
nur  zwei  römische  S t a d t gründungen  auf  unserem  Boden: 
Celeja,  zu  deren  Territorium  als  regio,  „Stadtgau^,  das  ganze 
Thal  der  San  (Adsalluta)  gehörte  und  Flavium  Solvense, 
die  eine  seit  Kaiser  Claudius  (Claudia  Celeja)  41 — 54,  die 
andere  seit  den  Flaviem^  zunächst  s.  Flavius  Yespasianus  69 — 79 
n:Chr.  entwickelt;  letztgenannte  war  zunächst  ein  militärisches 
Vertheidigungscentrum  für  die  mittlere  Murlinie.  Die  andern 
keltoromanischen  Orte,  deren  Namen  uns  Oberliefert  wurden, 
sind  eben  nur  als  Strassenstationen  (mansiones)  oder 
Arbeitstätten   für  technische  Zwecke   obiger  Art  aufzufassen. 

Dass  jener  militärische  Gesichtspunkt  vorwog,  beweist  am 
besten  die  von  einem  der  besten  Kenner  unserer  römischen 
Vergangenheit,  dem  hingeschiedenen  Dr.  R.  K  n  a  b  1  erwiesene 
Tbatsache,   derzufolge  das  steirische  Norikum  in  seiner  Ost- 


—     14     — 

gpesat  auB  mäitftrnchM  RQcksiditen  der  RSn^  rom  ersten 
biB  zum  Aritten  Jahrkiiidert  unserer  Zeitreebnung  zweimal 
sieh  wesentlich  änderte. 

fc»  ersten  Jalirhundierte  reichte  Mittelnoricttm  bis  gegen 
den  Plattense»  und  Untemoricum  bis  an  das  paimoniscbe  Pettau ; 
im  zweiten  dag^[en  veranlasste  hauptsächlich  die  GelEdir  vor 
den  Markomannen  eine  Ausdehnung  Oberpannoniens  oder  des 
gebiiigigea  Westungarns  bis  an  die  Mur  und  an  die  Bacher- 
und  Gonobitzerhöhen,  so  dass  der  bekaonte  Geograph  Claudius 
Ptolem&us  Sedithatte,  Flavium  Solvense,  unser  Seckau-Leibnitz, 
^oberpannonisch'*  zu  nennen,  während  wieder  im  dritten  Jidir- 
hunderte  —  bd  der  wachsenden  Gefthrdung  Itdiens  durch  die 
in  Gang  kommende  Völkerwanderung  —  einerseits  die  Provincia 
Itafim  gegen  Pannonien  und  Norikum,  andererseits  Korikum 
gegen  Pannonien  ^h  vorschoben,  so  dass  Ammianus  Marcel- 
linus,  Zesimus  und  die  späteren  Strassenkarten  oder  Itmerarien 
Pettau  selbst  als  norische  Stadt  bezeichnen  diHrften: 

Abgesehen  von  diesem  bisher  entwickelten-  Gesichtspunkte 
muss  noch  ein  zweiter  hier  Platz  greifen.  Der  Römer  vermied 
als  Colonisator  nach  Thunlichkdt  das  rauhe,  hochgelegene, 
von  engen,  verschlossenen  Thälem  durchkreuzte  Bergland;  er 
Hess  sich  daher  in  Obersteier  nicht  häuslich  nieder,  das  ist 
er  schuf  hier  keine  Colonien  od^  Municipien  aaf  keltischer 
Grundlai^  oder  unmittelbare  neue  Niederlassungen. 

Man  könnte  daher  mit  Rttcksicht  auf  diese  Thateaohen 
dm  EmwMiKl  erheben,  dass  jenes  Aiigument  vom  yerschwinden 
ncdscher,  keltoröraiseher  und  romanischer  OHsnamen  in  den 
ViAerstOitten  nicht  sonderlich  ins  Gewicht  Men  können, 
denn  ohnehin  dürfe  man  im  Oberlande  an  keine  förmlichen 
Niederlassungen  der  Römer,  aber  ebensowenig  an 
eine  (fichtere  norische  Bevölkerung,  sondern  eher  an 
das  Vorwiegen  der  Gebii^öde  denken.  Aber  —  (fies  zuge- 
geben —  ist  schon  das  Verschwinden  von  einem  halben 
Suteend  noriseh  -  römischer  Ortsnamen  bezeichnend  genug; 
ttbcfdiesi  kennen  wir  eben  nur  die  Ortsnamen  an  den  Strassen- 
zfigen   der  Itinerarien  und  können  eine  gewiss  grössere  Zahl 


—     15     — 

ab  noa  unbekaimt  geblieben  und  i^chfalh  yerachwanden 
aimdimen,  da  dooh  hiefbr  die  antike  Fundkaite  der  Steiermark 
spricht;  und  endlich  Iftsst  sieh  das  fast  gänzliehe  ZurOck- 
tretea  der  nerischen  oder  keltischen  und  rcMnani- 
schen  Ortsnamen  des  Oberlandes  vor  den  slaviseh-  und 
deutschbürtigen  nicht  wohl  durch  deren  Nicbtexistenz  vom 
Hause  aus  erklären.  Denn  wie  dttnn  auch  hier  die  norische 
Prorinzialbevdlkerung  gesftet  war,  in  den  Haupttbalungen 
mOssen  wir  sie  denn  doch  als  Torhanden,  da  und  dort  auch 
tiefer  ins  Gebirge  eindringend  annehmen,  da,  abgesehen  von 
dem  noch  so  gut  wie  ungehobenen  und  leider  grosBentheile 
auch  Yorsehwundenen  Schatze  alter  Flurnamen,  doch  noch 
emzehe  Ortsnamen  und  mehr  noch  Gewässer-,  Berg- 
odar  Höhennamen  sich  als  verlarvte  norische  oder  ro- 
muüflehe  ahnen  lassen.  Wir  werden  deren  Zusammenstellung 
an  anderem  Orte,  weiter  unttti,  vm^uchen. 

Doch  müssen  wir  noch  zwei  Momente  fttr  die  Verftaderung 
der  Bevölkerungsverhältnisse  der  norischen  Steiermark  durch 
die  Völkerwanderung  in  Betracht  ziehen.  Sie  betreffen 
deren  Richtung  und  Wirkung.  Der  nördbc^e  Theil  des 
binnenlftndischen  Norikums,  unser  Obersteiermark,  war  von 
den  Yölkerzügen  der  germanischen,  z.  B.  iw  marko* 
loannisch-suevisohen  und  gothischen  Wanderung  sicherlich  weit 
weniger  berührt  als  Pannonien,  das  südliche  Norikum  oder 
BhäUen:  Westungam,  Untersteier,  Krain  (beziehungsweise 
Karoten)  und  Tirol  Abgesehen  davon,  daes  der  Semering- 
pass  als  keine  Gebirgspforte  der  Yölkerwnnderang  zu  gelten 
hat  and  auch  die  nordsüdliche  Handebstrasse  erst  im  Mittel- 
alter über  ihn  zog,  —  ein  Beweis  hiefbr  ist  der  gänzliche 
Mangel  aUer  Anzekhen:  eines  römischen  Strassenzuges'  an  ihm 
ond  im  Mürzthale  und  die  mittelalterliche  Ansiedlungsgeschiobte 
des  Letzteren, — kann  auch  der  Pjhrnpass  zwischen  dem. 
oberösterreiohischen  Windischgarsten  und  dem  steirischen; 
Uelzen  und  der  wdtere  Römerweg  landeinwärts  gegen  die 
Mur  hin  —  schoUi  wegen,  seiner  Lage:  nicht  als  Heerstrasse 
^n  Yölkerzügen  gelten. 


—     16     — 

Die  norische,  kelto  -  romanische  Provinzialbevöl- 
kerung  erlag  somit  gewiss  nicht  der  Germaneninvasion, 
sondern  überdauerte  ihre  mehrhundertjährige  Epoche,  da  ja 
die  Provinzialen  des  ungleich  bedrohteren  Ufernorikums  (Oester- 
reich),  wie  das  Leben  Severins  beiweist,  bis  an  den  Ausgang 
des  5.  Jahrhunderts  sie  überdauerten. 

Erst  als  vom  Ende  des  sechsten  Jahrhunderts  an  die 
Slaveninvasiondes  Ostalpenlandes  begann,  trat  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  einerseits  die  Zurückdrängung  der  ohnehin 
durch  die  Militäraushebungen  in  der  letzten  Römerzeit, 
durch  freiwillige  Auswanderung  und  wohl  auch  durch 
zeitweise  Nothlagen  gelichteten  norischen  Provincialen  aus 
den  Hauptthalungen  tiefer  in  das  Gebirge  ein,  andererseits 
wohl  auch  ihre  Zersetzung  und  Absorbirung  durch  die  herein- 
dringenden Slaven,  „Winden"  oder  „Slovenen*",  als  das  stärkere 
und  nun  herrschende  Yolkselement  Durch  den  ersteren  Vor- 
gang entstand  die  Verödung  und  slavische  Neube- 
siedlung von  Gegenden,  durch  den  letzteren  die  Slavi- 
s  i  r  u  n  g  der  sesshaft  gebliebenen  Bewohner  und  ihrer  eigenen 
Ortsnamen.  Jedenfalls  dürften  sich  beide  Processe  im  Volks- 
leben Obersteiers  eine  Zeit  lang  die  Wage  gehalten  haben, 
bis  ihre  Ergebnisse  dann  in  einander  verschwammen  und  von 
uns  jetzt  nicht  leicht  unterschieden  werden  können. 

n. 

Der  norisch  -  römischen  Epoche  schliesst  sich  also  die 
slavische  an  und  zeigt  ein  ganz  verändertes  Bild  der  Be- 
völkerungsverhältnisse Innerösterreichs  überhaupt 

Vom  Friauler  Gemärke  und  binnenländischen  Istrien, 
durch  ganz  Innerösterreich  bis  an  die  Drauquellen  im  Tiroler 
Pusterthale,  nördlich  längs  der  Enns  und  über  den  Pyhmpass 
hinüber  nach  Oberösterreich  gegen  „Windisch''- Garsten  zu, 
und  jenseits  des  Semerings  in  das  heutige  Niederösterreicb 
hinein  verbreitet  sich  der  Alpenslave  oder  j^Karantanier**. 

Fortan  grenzen  im  Ostalpenlande  die  Reiche  zweier 
Germanenstämme,  der  Baiern  und  Langobarden,  an  das 


-     17     — 

ümerösterreichiscbe  Slavengebiet,  seither  „Carantanien''  genannt, 
zusammen;  dieser  Name  stammt  aber  aus  der  Eeltenzeit 

Zwei  Jahrhunderte  lang  beinahe  begegnet  uns,  abgesehen 
von  den  spärlichen  Nachrichten  über  die  Völkerkämpfe  zwischen 
Baiem,  Longobarden  und  Slaven  an  den  genannten  Grenz- 
punkten  und  innerhalb  derselben,  abgesehen  femer  von  dem 
räthselhaften  Aufkommen  und  Verschwinden  des  samonischen 
Slavenreiches  (622 — 662),  das  auch  für  unsere  Steiermark 
eine  nur  vorübergehende  Bedeutung  gehabt  haben  muss,  so 
gut  wie  keine  Nachricht  über  das  mnere  Geschichtsleben  der 
karantanischen  Slaven.  Erst  für  das  Ende  des  7.  und  das  8.  Jahr« 
hundert  verdanken  wir  einer  späteren,  kostbaren  Quelle  — 
der  Schrift  über  die  Bekehrung  der  Baiem  und  Garantaner 
zum  Christenthume  (libellus  de  conversione  Bajuwariorum  et 
Carantanorum),  aus  dem  Schlüsse  des  9.  Jahrhundertes,  einige 
Namen  carantanischer  Slavenfürsten,  und  diese  Quelle  allein 
wirft  ein  Licht  auf  die  Wege,  die  alsbald  das  Christenthum, 
getragen  und  verbreitet  von  dem  bairischen  Hochstifte  Salzburg, 
in  das  Garantaner  Land  einschlug  und  so  den  politischen 
Anschluss  desselben  an  das  mächtige  Nationalherzogthum  der 
Baiwaren  oder  Baiem  unter  dem  letzten  Agilolfinger  Thassiloü. 
(um  770/80  beil.),  vorbereitete. 

Aber  erst  seit  den  Tagen  Karls  des  Grossen,  nach- 
dem dieser  das  bairische  Nationalherzogthum  zur  fränkischen 
Reichsprovinz  umgeschaiTen,  die  Avaren,  ehedem  Zwingherren 
der  Nord-  und  Südslaven,  vernichtet,  die  beiden  grossen  süd- 
östlichen liarkeu;  dieFriauler,  und  die  Ostmark  gegründet 
und  die  den  beiden  entaprechenden  Hochstiftsprengel, 
den  aquilejischen  und  salzburgischen,  ausgebildet  hatte,  Ka- 
rantanien  (E[ämten  und  Steiermark)  inmitten  beider  als 
.Herzogthmn^^  entstand ;  —  erst  dann ,  also  seit  den  Anfängen 
des  9.  Jahrhunderts,  beginnen  die  einzigen  massgebenden 
QueDen  der  historischen  Topographie  der  Steiermark,  die 
Urkunden,  spärlich  zu  fliessen,  und  aus  ihnen  schöpfen  wir 
unsem  langsam  wachsenden  Vorrath  steiermärkischer  Orts- 
namen der  ersten  Epoche. 

muh*SL  dM  hisb  VanliM  f.  Bt«i«rmark,  ZXVII.  ll«ft,  IST».  2 


—     18     — 

Diesen  Vorrath  müssen  wir  aber  mit  Hilfe  der  Urkunden 
vom  10. — 12.,  13.  Jahrhunderte  ergänzen,  um  eine  bessere 
Ausbeute  zu  gewinnen,  und  wir  dürfen  dies  umsomehr  ver- 
suchen, als  spätere  Urkundenzeugnisse  vielfach  weit  früher 
entstandene  Orte  betreffen.  Abgesehen  davon  nimmt  auch  das 
Ansiedlungswesen  in  unserem  Lande  seit  den  Tagen 
der  Karolinger  bis  zum  Schlüsse  der  Traungauer  Epoche  (11 92) 
einen  ununterbrochenen  und  periodisch  schwer  zu  theilenden 
Verlauf. 

Mustern  wir  aber  diesen  Vorrath  an  Ortsnamen 
der  bezeichneten  Epoche  mit  Beiziehung  der  Fluss-,  Thal- 
und  Bergnamen  insbesondere,  so  drängt  sich  uns  als 
Thatsache  auf,  dass  weitaus  die  meisten  slavischen  Ur- 
sprunges sind. 

Im  unteren  Lande,  wo  auch  heutzutage  wie  einst  der 
Slovene  in  festgegliederten  Massenansiedlungen  sich  behauptet, 
liegt  die  Erscheinung  auf  der  Oberfläche,  versteckter  und  ver- 
larvter  zeigt  sie  sich  im  Bereiche  des  mittleren  und 
oberen  Landes,  wo  seit  Jahrhunderten  ausschliesslich 
deutsches  Volkselement  zu  finden  ist 

Bevor  wir  jedoch  das  Gebiet  der  einschlägigen  Beispiele 
betreten,  mögen  einige  allgemeine  Vorbemerkungen  unsere 
Führer  sein. 

Der  Alpenslave  hat,  dem  Grundcharakter  slavischer 
Ansiedlung  getreu,  die  Flussthäler  und  Niederungen 
des  oberenLandes  zur  Wohnstätte  ausersehen  und  blieb 
den  Hochthälem  und  der  steilen  Bergwildniss  der  Alpen  mög- 
lichst fem.  Bei  seiner  nicht  übergrossen  Masse  und  bei  dem 
Umstände,  dass  er  im  unteren  Lande  einen  bequemeren, 
altersher  cultivirten  Boden  vorfand,  verzweigte  sich  seine 
Ansiedlung  im  Oberlande  nur  in  dünneren,  lockeren 
Beständen,  und  so  kommt  es,  dass  die  Namen  der  Ge- 
wässer und  ihrer  Thal  laufe  und  mit  ihnen  die  Namen 
der  Ortschaften  ungleich  mehr  slavische  Anklänge  darbieten, 
als  die  Höhen  und  Winkel  der  inneren  rauhen 
Gebirgswelt,  die  in   ihrer  Masse  vorwiegend  deutsch- 


—     19     — 

bfirtige  Benennungen  offenbaren.  Wir  kommen  darauf  noch- 
mals zurück. 

Die  kelto- romanischen  Namen  cier  Hauptflüsse  des  Landes: 
Drao,  Enns,  Mur  und  Raab  und  wahrscheinlich  auch  den 
der  Traun  (Truna)  hat  der  Alpenslave  wenig  verändert  über- 
nommen. Aus  Dravus,  Anisus,  Murus,  Arrabo  bildete  er  seine 
Drava,  Enia,  Muora  und  Raba.  Die  Flussnamen:  Dran,  San, 
Sötte  1  (Sottla),  —  in  der  alten  Schreibung :  Treuina  (Dreuina), 
SoQQa,  Zotla  (Zontla,  Zotel)  scheint  er  selbst  gebildet  zu 
baben;  ziemlich  zweifellos  die  beiden  Ersteren,  da  die  antike 
Namensform  der  San :  Adsalluta  —  mit  „Souna'^  nichts  zu 
thun  haben  dürfte  und  ebensowenig  auf  die  Sottla  übertragen 
werden  kann  (vgl  die  slav.  Grundw.  drevo:  Gehölze  und  sot: 
Einöde),  obschon  eine  gleichartige  Uebemahme  nicht  als  absolut 
andenkbar  auszuschliessen  wäre-).  Entschieden  aber  gehört  ihm 
die  Namensform  der  Rabnitz  und  Mürz  zu,  er  nannte  diese 
Gewässer:  Raba-n-ica,  Muor-ica,  d.  i.  die  ;, kleine  Raab*',  die 
skieine  Mur'^.  Dagegen  scheint  die  Sulm,  in  der  ältesten 
urk.  Schreibung  „Sulpa'\  nicht  aus  dem  Slavischen  zu  stammen, 
sondern  übernommen  worden  zu  sein,  gleichwie  das  den  Ge- 
wässernamen Lavant,  Lafnitz  (gemeinsam  mit  der  Elbe)  zu 
Grunde  liegende  »Labe**  (Elbe,  Albis)  ein  keltisches  Lehenswort 
sein  dürfte. 

Mustern  wir  mit  Hilfe  der  alten  urkundlichen  Schreibung 
die  Namen  der  Wasseradern  und  bezüglichen  Thalungen  und 
»Gräben**  des  Oberland  esim  Westen  und  Osten,  so  begegnet 
uns  eine  stattliche  Reihe  von  Beispielen,  die  wir  geordnet 
vorführen  wollen,  mit  Angabe  der  charakteristischen  Namens- 
fonn  im  frühen  Mittelalter  und  des  slavischen  Grundwortes. 

Auers-bach.  In  der  Regel  darf  an  das  slav.  Javor 
(Ahorn)  als  Wurzel  gedacht  werden,  entsprechend  der  analogen 


)  An  die  gleiche  Wurzel  in  Dravus  und  Trewina,  also  an  die  Be- 
deutung des  letzteren  als  Nebcnfluss  der  Drau,  „kleine  Drau**, 
ähnlich  wie  Muorica,  Mürz,  zur  Mur,  Mura,  sich  verhält,  dürfte 
nicht  leicht  gedacht  werden  können,  da  diese  Bildungen  regelrecht 
auf  ica,  ice  auslauten. 

2* 


—     20     — 

NamensbOdung  in  den  Sudetenländern;  vgl.  die  Ortsnamen 
w.  u.  Der  öberösterr.  Jaunitzbach  ersch.  urk.  als  Jowemicze, 
was  auf  die  gleiche  Wurzel  zurückweist. 

Augstbach.  Vgl.  die  mittelst  00.  Aug,  u.  die  unterst. 
Augenbach  u.  Augenbachdorf  —  sl.  VogouSka  o.  Ogo§ka- 
gora,  ves;  das  kärntn.  Augsdorf  neben  den  deutlich  slavisch- 
bürtigen  OO.-NN.  Selpritscb,  Unteijersetz,  Schlatten . . ;  das  nie.- 
österr.  Haugsdorf  u.  Augges-thal  im  Ober-HoUabrunner  Bez.; 
die  ober-österr.  Aug,  Augen-thal  ... 

Dobers-bach  u.  Graben;  sl.  St.  dob:  Eiche.  Vgl.  die 
unterst  Bach-  u.  O.-Namen  Dobema  u.  d.  OO.-NN.  Dobrin, 
Dobrein  u.  s.  w. 

Feistritz  u.  Feistring  (besonders  häufig,  an  40mal 
vorkommend),  Vustrice,  Fiustrice  (sL  Grdw.  bister:  scharf, 
frisch),  vgl.  Feisterbach,  Faista-bach. 

Fochnitz-Bachel,  sl.  Grdw.  bahno:  Sumpf  =  bahnica. 
Vgl.  d.  OO.-NN.  w.  u. 

F 1  a  d  n  i  t  z  —  (slav.  Grdw.  blato :  Sumpf,  vgl.  die  Palten) 
=   Blatnica.  Vgl.  i.  O.-Oe.  die  Flanitz  urk.    Vlenic,   Vloenz. 

Franz  —  (wahrsch.  sl.  Gr.  brod:  Furt)  =  Brodenica, 
Vrodenice,  urk.  Sehr.  Frodnic  und  Fruz-bach.  Vgl.  i.  O.-Oe. 
Frenz-bach  i.  d.  urk.  Namensform:  Frudenize,  Fruznik;  Frud- 
niz,  Frodnitz. 

Fresen-Bach,  Friesing-Bachel,  Fressnitz  und 
Fröschnitz  (sl.  G.  breza,  briza:  Birke)  =  Brezanica.  Vgl. 
d.  Frossnitzbach  in  Tirol. 

Die  Garns  (auch  O.-Name)  urk.  Sehr.  Gameniz,  Eameniz 
(z.  B.  d.  Gamsberg  b.  S.  Florian,  die  Gams  b.  Marburg),  Gemze 
(d.  Gams  b.  Hieflau) ;  sl.  Grdw.  Kamenica,  das  Fels-,  Gestein- 
wasser, „Steinbach".  Zahlreich  i.  d.  Steiermark.  Vgl.  d.  krain. 
Kamenca,  Eaonica  u.  s.  w. 

Gemsbach.  Vgl.  d.  O.-N.  Gams  —  sl.  St  Kamen:  Stein, 
ganz  so  wie  die  Gams:  Kamenica  =  „Steinbach**. 

Göllnitz  b.  Köflach  (sl.  Grdf.  Gnilec:  Faulbach,  Faul- 
Wasser).  Vgl.  die  Göllnitz  im  Zipser  Com.  Ungarns,  in  d.  urk. 
Sehr.  Gylnicha). 


—     21     — 

Zunächst  wäre  man  versucht,  an  die  Wurzel  gola:  kahle 
Höhe,  zu  denken.  Bestimmend  für  uns  ist  aber  die  urk.  Form 
des  gleichen.  Fl.  i.  d.  ung.  Zips.  Dagegen  muss  der  60 lli  t sch- 
und Gulling-Bach  b.  Strechau  der  Wurzel  „gola"  zugewiesen 
werden,  vgL  Hoch-GoUmg. 

Göritz,  Gornitz-Bach  (sl.  Gr.  gora:  Höhe,  Berg)  = 
Gorica.  Vgl.  die  OO.-NN. 

Gössnitz  (sl.  Gr.  gvozd,  gost:  Wald,  Dickicht)  =  Go- 
stenica.  VgL  d.  O.-N.  Gösting. 

Grössenbach,  Grössnitz-Bach;  vgl.  die  Höhen- 
namen'W.  u. 

Hz  —  (sl.  Gr.  ilov:  Lehm,  Koth)  =  Ilovnica.  Ilnica, 
urk.  nienz. 

I  n  g  e  r  i  n  g,  urk.  Sehr.  Undrima  (wahrsch.  sl.  Grdw.  drevo : 
Baum,  Gehölze). 

Jahring  (sl.  Grdw.  jaro:  Frühling).  Vgl.  d.  unterst 
OO.-NN.  Jahring  i.  Amfelser  Bez.  u.  i.  Marburger :  slov.  Jare- 
nina.  VgL  Jahrings  N.-Oe.  i.  Zwettler  Bez. 

Jassing-  u.  Jassnitz-Bach  (sL  Gr.  jasen:  Esche  oder 
jasno:  hell,  licht)  =  Jasenica:   „Eschenbach"  0.  «Hellbach''. 

Kötschbach  b.  Maria-Zeil  (sL  Gr.  Kot:  Winkel)  = 
Kotica:  ^Winkelsbach'^. 

Lafnitz,  urk.  Sehr.  v.  Labenza,  Lavence  (sL  Gr.  lab,  vgl. 
Labe,  Elbe).  VgL  Lavant  =  Labenta;  s.  0. 

Laming,  urk.  Sehr.  Lominicha,  Lomnicha  (sL  Gr.  lom: 
Bruch,  lomit:  brechen)  =  Lomnica. 

Lassing  und  Lassnitz  (b.  S.  Lambrecht  u.  Seckau), 
urk.  Sehr.  Laznicha,  Lazm'ha,  Lazinich  (sl.  Grdw.  laz :  Gereut, 
Rodung)  =  Lazenica :  „Greutbach^-.  VgL  dagegen  Lassnitz 
b.  Leibnitz  urk.  Sehr.  Luonzniza,  Losniza,  Losnitz  (sl.  Gr. 
luh,  Au,  feuchter  Grund). ')  Doch  findet  sich  auch  für  den 
Lassnitz-FL  b.  S.  Lambrecht  die  Form  Losniz  vor. 


^  Prof.  n.  L.-Arch.-Dir.  y.  Zahn,  dessen  ürkdb.  d.  Stmk.  n.  Bd. 
(—1246)  denm&chst  erscheinen  u.  i.  s.  Registern  neue  wichtige 
Gfnmdlagen  fOr  die  hist.  Topogr.  d.  Stmk.  i.  M.  A.  bieten  wird, 
lieferte  mir  einige  dankenswerthe  Beiträge  u.  Winke;  welche  ich 


—     22     — 

Laufnitz- Graben  (b. Frohnleiten) :  die  urk.  N.  F. Lufhiz, 
—  itza,  —  ize  und  Luvenz  scheinen  auf  die  Wurzel:  lov, 
Jagd,  Fischerei,  zurückzuführen. 

Liesing,  urk.  Sehr.  Liestnicha,  Lieznicha  (sl.  Grdw. 
les,  Ues:  Wald).  Vgl.  die  OO.-NN. 

Leimbach  im  Baabgebiete,  urk.  Sehr.  Luminicha ;  somit 
Leimbach  =  Zsmzhg  für  Laming-Bach  s.  o. 

Lobming  b.  Knittelfeld  und  Kraubat,  urk.  Sehr,  lom- 
nicha  —  führen  auf  das  gleiche  slov.  Grund w.  wie  b.Laming 
zurück. 

Moder,  Modring  und  Mödriach-Bach  (sl.  Gr.  mo- 
dar :  schmutzig)  =  Modrinja,  vgl.  d.  00.  Modriach,  Modritsch 
i.  Stm.  Mödriach  in  Eä. 

Möschitz  '  Graben  b.  Judenburg  (sl. Grdw. Mot :  trübes 
schlammiges  Wasser,  vgl  Mo£ar:  Sumpf)  ==  Motica,  vgl.  Mö- 
schach,  Moschenitzen,  Möschitz  in  Kämt,  Moäe,  Mosenik, 
Mo§na  in  Krain. 

Palten,  urk.  Sehr.  Palta,  Balta,  Wzl.  blato,  vgl.  o.  Flad- 
nitz,  dgli  Palta  b.  Göttweih  i.  N.-Oe.  und  Balaton,  die  altslav. 
Bez.  des  Plattensees,  welche  der  Magyare  adoptirte. 

Pinka,  Fl.  und  Bach,  urk.  Sehr.  Peinichaa,  Peinihaha, 
Penninichaha  (sl.  Grdw.?  pena:  Schaum,  Gischt)  =  Penina. 
Vgl.  d.  O.-N.  Pengen,  Pinggau,  w.  u. 

PI  e  n  i  t  z  -  Bach,  sl.  Grdw.  planica :  Aushobsung,  Rodung.  Vgl. 
d.  untersteir.  Planitzen,  d.  0.  Plenzengereuth  i.  Baabgeb. 

R  a  g  n  i  t  z,  urk.  Sehr.,  Bakanize,  Rakkaniz  (sl.  Gr.  rak : 
Krebs)  =  Bakanica :  „Krebs-  (Krois-)  bach^'.  Vgl.  Raknitz,  Rako- 
wica  in  Kä.  Baka^  Baki  potok,  Bakitina,  Bakitnica  u.  s.  w. 

Bez-Bach,  Bötsch-Bach,  Bötschitz  in  Kr.  (sL  Gr. 
recica,  demin.  v.  reka,  rieka:  Fluss)  =  Beöica;  vgl.  Betschgraben 
in  O.-St,  Beka  in  U.-St,  Be6ica  in  Kr.,  Rietschach,  die  Red- 
schitzwand  in  Kärnten. 


mit  (Z.)  bezeichne.  Er  meint,  dass  Lassnitz,  Losnica  —  urk.  Luonzniza 
auch  als  nasale  Nebenform  von  Laznica  (vgl.  loka  u.  lonka)  gelten 
könne. 


—     23     — 

Rudnig-Bach,  sL  6rdw.  ruda:  Scholle,  Erz.  (rudenica). 

SafcÄ,  urk.  Sehr.  Sabniza  (sl.  Grdw.  Zaba:  Kröte).  Vgl. 
Sai&itz  in  Kä.  und  insbes.  d.  krain.  Safhitz  in  der  slov.  Namens- 
form: Zabnica;  itaI.Campo  rosso,  (Z.)  offenbar  richtiger:  Campo 
rospo  (rospo  =  Kröte):  Krötenfeld. 

Scharnitz-Bach  (Wurzel?)  vgl.  d.  O.-N.  im  Murauer 
Bez.  Scharings,  neben  Lassnitz,  Predlitz ;  d.  kämtn.  Schamitzen 
(Pf.  Patemion);  die  nordtirol.  Schamitz  (urk.  Scaranica). 

Schladring- Bach.  Vgl.  Schlatten,  s.  w.  u.^  doch  ist  dies 
zweifelhaft,  da  auch  slate,  mhd.  „Schilfrohr'^  in  Betracht  kommt. 

Silz-(Zelz-)Bach  (vgl,  Selz-thal  b.  Admont),  urk.  Sehr. 
Cedelse,  Zedelze,  Zedilze.  Zunächst  mahnt  es  an  den  böhm. 
Flussnamen  Cidlina.  Miklosich,  dessen  Etymologieen  für  uns 
massgebend  sein  müssen,  bezeichnet  als  Grundwort  selo,  sidlo : 
Niederlassung,  Ansitz  und  stellt  Sehsach  und  Zedlach  in  Kä., 
Zellnitz  in  Stm.  u.  s.  w.  zusammen.  Auch  das  kärntnische 
Zeltschach  (Celsah,  zsgz.  aus  Cedilsah)  fuhrt  auf  diesen  Ur- 
sprung zurück.  In  Kr.  kommt  als  Ortsname  Sola  und  Selo  mehr 
als  30mal,  Selce  5mal,  Selzach  wiederholt  vor. 

Slizbach,  offenbar  nur  andere  Form  von  „Silz^-bach. 

Stoll  nig-Bach.  Vgl.  d.  kärntn.  Stollwitz  im  Kötschacher 
G.  Bez.,  Katastr.  Gem.  DöUach.  Wahrsch.  Wurzel :  dol,  dul ;  iz- 
dula:  von  unten.  Vgl.  Tolling,  DöUach,  Dulwitz  w.  u. 

T  a  u  p  e  r  -  Wasser,  offenbar  v.  d.  slav.  dobra  =  gut  (dobra 
woda :  Gutwasser).  Vgl.  d.  kämtn.  OO.-NN.  Dobra  (von  Dobrawa 
zu  unterscheiden),  d.  krain.  Dober-levo. 

Die  Thaya  b.  Lambrecht;  hier  darf  man  unbeirrt  durch 
die  lateinische  Urkundenbez.  „Aqua  Theodosia'^  an  die  Analogie 
mit  der  mährischen  Thaja  (Dije)  denken,  um  so  mehr,  als  die 
ganze  Umgebung  slavische  Reminiscenzen  birgt. 

Toboweitsch- Bach.  Vgl.  d.  untersteir.  O.-N.  Dobovec, 
i  krain.  Dobovec,  Dobovo.  Vgl  dub,  dob :  Eiche ;  dobovec : 
Eichengehölz. 

Tobritsch- Bach.  Vgl.  d.  untersteir.  Dobritsch  (Dobric) ; 
dsgL  in  Kärnten.  Stamm:  dub,  dob.  Vgl.  o.  Toboweitsch  und 
die  Namensform :  f  öbriach,  Döbriach  . . . 


—     24     — 

Tröschnitz,  in  d.  urspr.  slav.  Namensform:  trstenica^ 
Wzl.  trat:  Schilf,  Röhricht 

Ziernitz-Bach.  Vgl.  d.  steir.  Zierberg  sl.  Ceräak,  kämtn. 
O.-N.  Ziemitzen;  d.  krain.  Cimik.  Sl.  Wzl.?  öer:  Zer-Eiche. 

Zimiz-Bach,  d.  slav.  zimnica,  zimica,  Wzl.  zima :  Kälte, 
Winter  ^  „Kalt-  o.  Winterabach".  Vgl.  das  unterateir.  Dorf 
Zimica,  deutsch:  Wintersbach. 

Zittritz-Bach;  sl.  Wzl?  jizkriti:  funkeln,  schimmern. 

Diese  keineswegs  erachöpfeude  Au£zählung  genagt  wohl, 
um  die  Ausdehnung  der  slavischen  Niederlassung  im  Bereiche 
der  Thalungen  des  Oberlandes  darzuthun. 

Wir  haben  in  der  Regel  dabei  alle  jene  Gewässernamen 
ausgeschlossen,  die  durch  Zusammensetzung  eines  Orts-  oder 
Gegendnamens  mit  ach  oder  bach  entstanden  sind,  sobald 
letztere  weiter  unten  zur  Erörterung  gelangen. 

Nicht  minder  reich  ist  die  Ausbeute  unter  den  Höhen- 
wamen,  theilweise  Waldbezeichnungen  Obersteier- 
marks. Folgende  Zusammenstellung  möge  genügen: 

Augskogel.  Vgl.  0.  d.  Augstbach. 

Dulwitz  (sl.  Grdw.  dul,  dol,  Grund,  Senkung).  Vgl.  w. 
u.  DöUach,  Tollinggraben. 

Fladen-  Alpe.  Vgl.  u.  d.  OO.-NN.  Fladnitz  und  Fiatschach. 

Girschitz- Alpe.  Vgl.  d.  krain.  O.-N.  Jeräice,  d.  kämtn. 
Jerischach.  SL  Wzl.  jer  o.  jar:  Frühling,  Lenz. 

Gl  ad -Alpe.  Vgl.  d.  krain.  O.-N.  Glad-Loka.  Slav.  Wzl. 
glad:  Hunger.  („Hungeralpe'*?) 

Glanzberg.  Vgl.  d.  unterat  Elanice  „Gehänge,  Abhang'^ 

G 1  e  i  n  -  Alpe  —  (sl.  Gr.  glina,  Lehm,  Laim)  auch  Elein-A. 
geschr.  Vgl.  d.  steierm.  00.  Glemstetten,  d.  kr.  Gleinitz  (Glince), 
d.  kämtn.  Glain  und  Glainach,  d.  oberö.  Gleink  (urk.  Glunik 
=  GUnik). 

G  n  a  n  i  t  z  -  Alpe.  Vgl.  d.  krain.  Goni£e  (Gnanitsch)  ?  Wzl. 
gon:  Jagd,  goniö  Treiber,  „Jagd-  o.  Treiber- Alpe"  ? 

G ollin g  —  (sl.  Grdw.  gol,  hol:  kahl).  Vgl.  Gohiik  in 
Er.  und  die  vielen  Zsmstzgen.  mit  Goli.  Vgl.  Golling  in  Salzb. 

Gössenberg,  Gösseck, Gos sing- Alpe  u.Gössing 


—     25     — 

-  (sl.  Gr.  gyozd,  goßt:  Wald,  Dickicht).  Vgl.  die  stm.  00. 
Göss,  Gossenberg,  Gössendorf,  Gössgraben,  Gössnitz,  Gösting 
0.  s.  w.  Vgl.  die  Gössnitzköpfe  in  Kärnten  und  den  Hochgössing 
dasdbst 

Grebenzen  —  (sl.  Gr.  Groben:  Felsenkamm).  Vgl. 
Gröbming  (Grebenich,  Grebenicha)  0.  in  O.-St  Gleichen  Urspr. 
ist  der  Name  der  Krobenzer-Alpe  im  PöUagraben.  Ob 
auch  der  Bergname  „Grinuning^  damit  zusammenhängt,  ist  zweifel- 
haft aber  nicht  unmögUch.  Vgl  die  Grebenzen  in  Kärnten. 

Grössenberg-Alpe  am  Guilingbach,  Grössing  im 
Posterwalde,  Gros  sing -Alpe  im  Katschgraben  und  Johns- 
bachergraben ;  vgl.  0.  Grössing-Bach  und  Grössitz-Bach,  Gröss- 
mtzberg  b.  h.  Kreuz  am  Waasen.  All  dies  stammt  jedenfalls 
aus  dem  Slav.,  wie  schon  die  Umgebung  in  ihren  Namen  an- 
deutet Wahrscheinliche  Wurzel  gruäa,  gruska:  die  (wilde) 
Birne.  Darauf  deutet  das  Vorkommen  des  Ortsnamens  Grössing 
neben  Gruisla  und  Gorica  im  Radkersburger  Bez. 

Gurenberg(b.  Schladming).  Zusammensetzung  aus gura, 
gora:  Höhe  u.  d.  deutschen:  »Berg". 

Klogkogel  —  (sl.  Gr.  glog:  Weissdom).  Vgl.  d.  kr. 
Clogowitz  und  Glogovbrod  in  U.-St 

Lasawald  —  (sl.  Gr.  laz:  Gereute,  Rodung).  Vgl.  die 
5  Laas  und  Dutzend  Läse  (Laze)  in  Kr.  u.  d.  Flussn.  o. 

Lusa-  und  Lusatzgraben  —  (sL  Gr.  lug,  luh:  Au, 
feuchte  Niederung). 

Mugel;  die  ^  v.  slav.  mogila:  Hügel,  insbesondere 
Todtenhügel;  vgl.  den  Mugilkahr  im  Radmergraben,  d. 
niederö.  Mugl  u.  d.  oberst.  O.-N.  Mochel. 

Petschen,  Pötschen,  Pötschberg  —  (sl.  Grdw. 
pec:  Felfiklippe).  Vgl.  d.  anal.  Bergn.  in  Kärnten  z.  B.  Petzen, 
Petzeck. 

Planaikogel  (wahrsch.  d.  sl.  Grdw.  planina:  Fläche, 
Ebenheit). 

Pletzenkogel,  Pletzen  b.  Seckau  (sl.  Gr.  plaz:  Sand- 
lehne). 

Plescbberg,   Plescb-Graben,   Plesch-Kogel 


—     26     — 

Plescheutz  (sl.  6r.  pleä,  pleso  Kahlbeit:  kahler  Berg  = 
Pleäivec,  was  der  Bildung  Plescheutz  ganz  entspricht).  Vgl.  i. 
Kr.  Pleäe,  Pieäinza,  Plegivic,  Pleäica,  i.  Kämt  Plesche,  Plie- 
schen,  Pleschnitz. 

P  0  g  u  s  c  h  (wahrsch.  zsgs.  aus  po  und  goät,  guät  Dickicht, 
vgl.  gvozd,  gost). 

Preberspitz  (wahrsch.  v.  reber:  Leiter,  Poreber  = 
Preber;  minder  wahrscheinlich  v.  pfe-borje  Föhren,  Fichten- 
wald). 

Pretal,  Predel,  Predni,  Pretul  (sL  Gr.  dol,  dul: 
Grund,  Tiefe),  Vgl.  auch  die  bezügl.  OO.-NN. 

Pressnitzgraben  (sl.  Gr.  breza:  Birke,  vgl.  die 
Formen  Pressing-Graben  in  K&mt,  die  Fresen,  Friesach,  Fres- 
nitz  u.  s.  w.  Vgl.  0.  die  Gewässernamen. 

Priebitzkogel,  Pribitzmauer,  SL  F.  Prebica  (vgl. 
d.  krain.  Pribinca). 

Radmer.  Vgl.  die  slov.  00.  i.  U.  St.  Radomeije,  Rado- 
mirje,  in  Kr.  Radomilje,  wahrsch.  Urspr.  ein  Eigenname:  Ra- 
domir«  Radoipil. 

Rannachgraben  (sl.  Gr.  ravno,  rovno:  eben).  Vgl 
Rannach  i.  Kämt,  d.  vielen  Ravne  in  Kr. 

Roga-Wald  (v.  rog  =  Hom,  Ecke).  Vgl.  Rogatec  = 
Rohitsch. 

Schaunitzer-Alpe.  Vgl.  Abtei  Schaunik  i.  d.  ungar. 
Zipi^,  slov.  Söavnik.  Femer  d.  steir.  Stainz  (urk.  Stouwenz). 
Wahrsch.  Wzl.  Stava :  Sauerampfer,  Sauergras ;  s.  w.  u.  Stanz. 

S  e  m  e  r  i  n  g  —  in  d.  alten  Urk.-Schreibung :  mens  Semernik, 
„Fichtenberg"  (sl.  Gdw.  Semerek,  smrk  —  Fichte).  Die  alte 
deutsche  Benennung:  Cerewalt  bezieht  sich  nur  auf  die  süd- 
lichere Zereichen- Waldung,  innerhalb  deren  das  Hospiz  „Spital" 
am  Semering  (hospitale  ad  Zerewalt,  Cerewalt)  entstand. 

Sölk  (sl.  Grdf.  selica,  Wzl.  selo).  Vgl.  Süzbach  o. 

Staritzen  (sl.  Gr.  star,  stary:  alt),  starica.  Vgl.  die 
vialen  Zusammens.  mit  star  —  i.  OO.-NN.  Stm.  u.  Kr. 

Stodr  mitanlaut  G— :  Gschtodr.  (Vgl.  „Gschloss"  u.  A.) 
Sl.  Gdw.  stodor:  kalt,  unwirthlich.  Vgl  d.  OO.-NN.  in  St,  O.-Oe. 


—     27     — 

Strimitzen  (sl.  Or.  strmic:  hochragen.  Vgl.  die  00.- 
NN.  Stnnec,  stennica  in  Kr.  (urk.  O-N.  Strimizlee  Z.) 

Töltschen-Alpe,  sl.  Grdw.  dol,  dul  =  dolica.  Vgl.  d. 
uotersteir.  Dolifi,  Dolite,  d.  krain.  ToKane,  d.  kämtn.  Töltschach. 

Tatschgraben  (tu£ :  Finstemiss,  Dunkel).  Vgl.  d.  O.-N. 
Tutschach  w.  u. 

Trieb  ein,  Trienein-Alpe  (sl.  drevina),  Triebenthal,  Trieben- 
graben, Triebenfeldalpe,  Triebling,  Gemeinde  am  Ruprechtsberg. 
Vgl.  die  Ortsnamen. 

Zah  ring -Boden;  vielleicht:  Zagorie,  Zagorina,  d.  slov. 
,iIinterberg^^  Vgl.  d.  unterst.  Zagorje,  die  zahlr.  krain.  Zagorica 
und  Zagorje. 

Zats eher- Alpe  b.  Obdach.  Vgl.  d.  O.-N.  Zatsch  b. 
Pernegg  in  O.-St  u.  d.  krain.  Zatiäna. 

Zeyritz-Kampl  (der  erste  Theil  des  Wortes  mit  Surowec 
zusammengestellt  entspr.  der  urk.  sicheren  Namensform  Soura, 
Zoura  für  d.  krain.  Fl.  Zeyer). 

•Zinödel-Alpe  sl.  Grdw.  seno-dul?  =  „Heu-Grund"  A.? 

Ebenso  liegt  der  slavische  Ursprung  der  Höhennamen 
Zebeniz-Alpe,  Zirbitz-Kogel,  Zirmitz-Wald  nicht 
allzuweit  Man  braucht  nur  die  wahrscheinlichen  slavischen 
Formen :  Svibenica  (sviben :  Hartriegel ,  comus)  Cerovec  (cer : 
Stein-  oder  Zer-Eiche),  —  vgl.  das  untersteir.  Zierberg,  Zieregg 
(s).  Ceräak)  —  an  die  Seite  zu  stellen.  Doch  können  immerhin 
der  Zirmitzwald  und  Zirbitzkogel,  trotz  der  an  das  sla- 
vische mahnenden  Ausgangsform  gut  deutsch  sein,  da 
,,Zirben"  und  verkürzt  „Zirm" :  die  alte  Form  der  Zierbeikiefer 
sind.  Auf  so  schlüpfrigem  Boden  thut  eben  die  äusserste 
Vorsicht  noth. 

Gleiches  gilt  von  „B ab  eben",  d.  i.  Baben-Eben  (vgl. 
Sommer-Eben  als  Ortsnamen)  b.  S.  Lambrecht  'und  b.  Katsch, 
vgl.  d.  untersteir.  Babenberg  (Babnih  vrh)  und  Babnaberda, 
Babnareka;  JiUzern-Alpe"  (sl.  Wzl.  luh?),  Girschitz- 
graben,  G  r  a  n  i  t  z  -  Alpe,  G  o  b  i  t  z  -  Berg  und  Graben  (Ger£e6ja  in 
Krain,  Gonica^  Gobica),  von:  G  rienz-Kogel  (wahrscb.  zusammei^- 


—     28     — 

gezogen  aus  Orebenzen),  und  der  Plabutsch  an  der  Mur  bei 
Graz,  wird  jedenfalls  am  natürlichsten  von  dem  slov.  plavuö 
„Anschwemmung^  hergeleitet  werden  können. 


Besonders  charakteristisch  erscheinen  jedoch  folgende 
Höhen-  und  Gregendnamen  des  Oberlandes,  welche  wir  in  ihrer 
Abstammung  genau  festzustellen  nicht  in  der  Lage  sind,  die  je- 
doch vorwiegend  kelto-romanischen  Ursprunges  sein  dürften 
und  mitunter  auflfUlig  an  die  rhätoromanischen Höhen- 
bezeichnungen Tirols  erinnern.  Diese  sind: 

Byrgas,  Pyrgas  a.  d.  steir.-oberösterr.  Grenze.  Vgl.  den 
nahen  Pyhmpass. 

Furitz^-Alpen  in  der  Gemeinde  Fölz. 

Gampyn- Wiese  b.  Aussee. 

Die  Gulfen  b.  Seckau?  sl.  golovina:  Kahlung. 

Die  Jaudesalpe  im  Schladnitzgraben  bei  Pusterwald. 

Kasses-Alpe  im  Rotenmanner  Gebiete. 

Eathal-Alpe  im  Weisskirchner  Bezirke. 

Kattigal-Alpe  b.  Fiatschach  in  der  Gegend  von  Seckau. 

Eerbis-Kogel  b.  Murau. 

Elarumpf-  und  Kolli-Alpe  im  Gailgraben  b.  Gusterheim 
(Kurzheim). 

Krini-Alpe  b.  Aussee. 

Die  KOlprein  im  Predlitzer  Bezirke  a.  d.  obersten  Mur. 

Kumpitzwand'*'  am  Fresenberge,  vgl.  Kumpitzgraben,  Eum- 
pitzbach. 

Labien-Alpe  b.  Aussee. 

Latiner-Alpe  b.  Predlitz. 

Der  Laurig  (Laurin?)  im  Gössgraben. 

Lins-Berg  b.  Eisenerz.  (SL?  Glma:  Lehm.) 

Mais-Alpe  b.  Gössenberg  u.  Haus  im  Ennsthal. 

Malais-Alpe,  Wald  u.  Spitze  b.  SchötÜ  in  der  Gegend 
von  Zeiring. 

Mall-eben  b.  Botenmann.  Sl.  WzL?  mali:  klein. 

Mini-Alpe,  Bach,  Graben  L  d.  Murauer  Gegend. 

Missitul-Alpe  ebendaselbst 


—     29     — 

Kerwein  b.  GrObming?  sl.  nerowina:  Unebenheit. 

Die  Nojen,  Bergspitze  b.  Steinach  im  Ennsthal. 

Nom-Spitze  b.  Murau. 

Der  Nubn  b.  Haus  im  Ennsthal. 

Paal-Bach,  Graben. 

Parsch  —  oder  Paschlug  (lu^). 

Pe&U-Spitze. 

Pergantschen*  im  Ennsthal  b.  Haus. 

Perillen-Alpe  oder  Hochhaiden  b.  Rotenmann. 

Pethal-Alpe  oder  Hochhaiden  b.  Rotenmann. 

Die  Piugaz-Alpe  b.  Seckau. 

Plienten-AIpe  b.  Strechau. 

Plimitzzinken*  im  Ennsthal. 

Poderten-Alpe^  Graben  b.  Rotenmann. 

Proles-Wand  (Mürzthal).  (SL?  prolez-letzti :  kriechen.) 

Rosetm-Alpe*  b.  Predlitz. 

Scbabiner-Höhe  b.  Tragöss. 

SchaUaun,  jetzt  Puxerloch  b.  Frojach. 

SQleek  in  der  Jassinggau. 

Tonion-AIpe  im  Mürzthal. 

Toisitz-Graben*,  Eahr-Bach  b.  Schladming. 

Tschifall  oder  TschifuU  b.  Mixnitz. 

Trog-Alpe,  Troger-kahr  im  Gross-Sölk-Graben. 

Tultsch-Graben""  oder  Tultgraben  b.  Peggau. 

Die  Veitsch*-Alpe. 

Wepritz-Alpe  oder  Wepperitz*  -  Alpe  im  Walchengraben. 

Werchzirm-Alpe*  und  Graben. 

Znschgall-Alpe  i.  d.  Judenburger  Geb. 

Für  die  mit  Sternchen  *  bezeichneten  liesse  sich  an- 
näherungsweise slavischer  Ursprung  annehmen.  Bei  Furitz- 
Älpe  kann  an  die  Namensform  bor-ica  (bor:  Fichtenwald,  Haide), 
bei  Eumpitz  an  kuna,  kunowica  (s.  Ortsn.  Eumpitz),  bei 
Pergantschen  an  verch:  Höhe  undklanc,  klanica:  Abhang, 
bei  den  PI imitz -Zinken  an  planina,  plenina:  Gereute;  vgl. 
den  Ortsnamen  Plenzen-Greuth  im  Raabgebiete,  bei  P  o  d  e  r  t  e  n- 
Alpe  an  dertina,  Gerolle?  bei  der  Rosetin-Alpe  an  die 


—    so   — 

Wurzel  roz-sjeci :  zerhauen  =  zerklüftete  Alpe  (??),  bei  dem 
Toisitz-  und  T u 1 1  s c h  -  Graben  an  Doläica  (dul,  dol:  Tiefe) 
—  bei  W  e  p  r  i  t  z-  oder  Wepperitz- Alpe  vielleicht  an  veperica 
(vepar,  veper,  Eber,  Schwein),  „Eber-  oder  Sau-Alpe"  bei 
Werchzirm  an  vrh  und  cer,  cerem  gedacht  werden,  doch  mahnt 
das  Fehlen  älterer  Namensbelege  zur  bezüglichen  Vorsicht. 

Auch  die  Bezeichnung:  Teichen.  Teichalm  oder 
Alpen  im  Ehmauer  Gebiete  und  bei  Mixnitz  (Hochlantsch)  — 
darf  nicht  unbedingt,  wie  der  erste  Blick  nahe  legen  möchte, 
auf  das  deutsche  „Teich"  zurückgeführt  werden,  da  darin  auch 
die  deutsche  Umformung  des  slav.  ücho,  ticha  still,  stecken 
kann,  und  das  deutsche  „Teich"  zu  der  Bodenbeschaffenheit 
nicht  immer  passt.  So  heisst  der  T  e  i  c  h  1  fluss,  der  an  Windisch- 
garsten  in  O.-Oe.  vorüberfliesst  in  Urkk.  des  12.  Jahrb.  (Urkdb. 
des  L.  0.  d.  E.  II.  165,  383)  Tyecha,  slavisch  der  „stille" 
Fluss.  Gleiches  gilt  vielleicht  v.  d.  O.-N.  T  a  c  h  e  n-  o.  Teuchen- 
berg  (s.  u.)  urk.  Tichen,  Ticbin-perge. 

Eine  besondere  Beachtung  verdient  der  Höhenname.  V  e  i  t  s  c  h . 
Für  den  gleichen  Bach  b.  Aflenz  findet  sich  die  urk.  Sehr  Vitscha, 
Vischa,  auch  Fohte  und  Fluchte;  letzteres  übereinstimmend  mit 
der  Namensform  für  „die  Feuchten,  Feichten".  Dennoch  kann 
nicht  leicht  bei  dem  Höhennamen  an  diese  Bedeutung  gedacht 
werden,  und  die  urk.  Sehr.  Vitscha  mahnt  an  die  kärntnische 
Vaitschach,  an  den  nie.-österr.  Witschkoberg.  Liesse  sich  dem 
Veitsch  d.  O.-N.  Felgitsch  bei  Wildon,  dessen  urk.  Bez. 
V  e  1  k  i  s  auf  die  sl.  Wzl.  velka,  gross,  hoch  zurückführt,  an  die 
Seite  stellen ;  etwa  Felgitsch  =  Feigitsch  =  Veitsch,  so  käme 
man  eher  zurecht.  Doch  wäre  dies  jedenfalls  gewagt 


Verhältnissmässig  am  reichsten  gestaltet  sich  jedoch  die 
Ausbeute  an  slavischen  Ortsnamen  des  Oberlandes,  da 
sich  hier  veriiältnissmässig  am  meisten  die  Gelegenheit  dar- 
bietet, die  ältere,  urkundliche  Schreibung  als  willkommenen 
Pfadfinder  im  Irrgarten  der  Etymologie  zu  verwerthen.  Wir 
werden,  ohne  —  wie  dies  bei  dem  Charakter  dieser  Skizze 
und  bei  der  Natur  dieser  Aufgabe  leicht  begreiflich  ist  — 


-     31     — 

erschöpfend  sein  zu  können,  die  Orts-,  beziehungsweise  Gegend- 
namen nach  den  Hauptgebieten  des  Oberlandes  ordnen,  um 
beiläufig  die  Mengcnvertheilung  dieser  Namen  anzudeuten. 

Beginnen  wir  mit  der  nordöstlichen  Landesecke,  mit  dem 
Traunboden,  oder  mit  dem  Gebiete  von  Aussee. 

Aussee.  Obschon  man  naturgemäss  zunächst  an  die 
Lage  des  Ortes  am  See  und  somit  an  die  Deutschbürtigkeit 
seines  Namens  denken  muss,  so  ist  doch  auch  zu  beachten, 
dass  die  slov.  Grundform  des  mährischen  Ortes  Aussee: 
Usov  lautet  und  die  urk.  Form  deä  steierm.  Ortsnamens  im 
1 2.  Jahrb.  als :  Oussa,  Ossach,  Ussach  vorliegt,  welches  nicht 
notbwendig  auf  Assach  im  Ennsthale  bei  Haus  beschränkt 
werden  muss.  (Vgl.  Zahn  Urkdb.  Reg.  S.  757).  Wir  bemerken 
dies,  ohne  eine  Entscheidung  zu  fällen.  Die  nicht  geringe  Zahl 
von  entschieden  slavisch-bürtigen  OO.-NN.  in  der  Nachbar- 
schaft fällt  immerhin  ins  Gewicht 

Lupitsch.  Sl.  Wzl.  Hub,  lub,  lup:  Rinde;  lupen:  Blatt, 
Liub.  Vgl.  Graziup  in  St,  Lippizach,  Lippitzbach  in  Kä. 

Gössl  —  sl.  Gnlf.  gvozd,  gost  Vgl.  Göss  als  O.-N.  w.  u. 

Stanitzen  b.  Aussee.  Wahrsch.  sl.  Grdw.  §tava:  Sauer- 
wras  =  Stavnica.  Vgl.  w.  u.  d.  O.-N.  Stanz  und  Stainz. 

Treffen  —  sl.  Grdf.  trebez :  Gereute,  Rodung,  (ähnlich 
wie:  laz  u.  planina)  Treuina  urk.  F.  f.  Treffen  in  Kä.  u.  Kr. 
Vgl.  T  r  e  v  e  n  r  e  u  t  in  Salzb.  (Doppelwort :  trevina  =  Reut.) 

Rödschitz,  Rötschitz  —  urk.  Resica;  sl.  Grdf.re£ica, 
vgl  V.  die  Gewässernamen;  Roschitschau,  Roschitsch-Wrch., 
in  Kr.  Rothschitzen  in  Kä. 

Zauchen  —  sl.  Grdw.  suh:  trocken.  Vgl.  Sukdol, 
Zugthal  =  Zuckerthal  in  O.-St  b.  Ober  -  Zeyring.«  (Es  bed. 
Trockengrund,  Trockenthal.)  Zauchwinkl  in  Kä.  Zauch-Bach 
b.  Amstetten  in  N.-Oe. 

Kainisch,  sl.  kamenica? 

Uebergehen  wir  zum  Ennsthal. 

Schladming  —  Schladming-Bach,  urk.  Form Slcebnich, 
Slabenich,  Slabnich,  Slabenich  ~  sl.  Grdw.  slab,  slap,  Strömung. 
Vgl.  Slap,  Slape  in  Kr.  Zlapp  in  Kä. 


—     32     — 

Gösse  ober  g.  Vgl.  o.  Gössl  und  d.  Bergnamen. 

A  SS  ach,  ?  vgl.  0.  Aussee. 

Gleiming  —  sl.  Grdf.  glob,  glib:  =  Tiefe,  globovina: 
urk.  Namensf.  Glibenich,  Glimnic 

Gröbming  —  sl.  Grdf.  greben.  Vgl.  o.  Grebenzen,  urk. 
F.  Grebenich. 

Diemlern  —  urk.  Namensf.  Domelam  sl.  Grdf.  dura, 
dom:  Haus  Vgl.  d.  urk.  N.-F.  Domelach,  Domlach  fÜrDiem- 
lach?  (Doch  kann  auch  an  den  deutschen  Eigennamen: 
Diemel,  Stamm:  Tum,  Tom  u.„lar"  atid.  „Grund'^  gedacht  werden.) 

Tipschern.  ?  Vgl.  d.  krain.  Terpiane. 

Strimitzen,  vgl.  o.  d.  Bergnamen. 

Irdning,  urk.  Namensf.  Jedenich.  Die  wahrscheinliche 
Wzl.  ist  led:  Eis;  Ledenic  „Eisdorf'';  die  Liquida  1  geht 
öfters  in  j  über. 

Grimming,  ?  Tachen-  o.  Teuchenberg?  s.  o. 

Gritschenberg.  Vgl.  d.  slav.  hrib,  Hügel,  die  krain. 
OO.-NN.  Gritsch  (Gri(),  Gritschach  in  Eä.  Gritschen  in  Mähren 
u.  s.  w.  Vgl.  Greischern  b.  Lietzen,  das  eine  ganz  andere 
Wurzel  hat,  nämlich:  gru§a,  hru§a  Birne;  wie  die  urk.  Sehr. 
Gruscam,  Gruscham  lehrt  Vgl.  o.  d.  Höhennamen. 

Schlattheim,  urk.  Sehr.  Slateheün,  sl.  Grdw.  Slatina? 
Vgl.  Schladnitz  w.  u.;  doch  könnte  auch  an  släte  mhd. 
„Schilfrohr'^  gedacht  werden. 

Ziem?  lom,  zlom:  Steinbruch. 

Kl  ach  au,  sl.  Grdf.  Glog,  in  Kr.  Glogovica. 

Kl  um,  sl.  CUum:  Berghöhe. 

Lantschern  urk.  Sehr.  Lonsam  (sl.  Grdw.  log,  lo(n)ka: 
Au,  Moor,  Wiese)?  Vgl.  Landtschach,  Lantsch  u.  A.  w.  u. 

Tauplitz  —  sl.  Grdf.  topla:  warm  =  toplica.  Vgl. 
Teplitz,  Töplitz  (Toplice)  in  Kr.,  Topla,  T^plach,  Töplitsch,  Top- 
litzen  in  Kä.,  Töplitz  in  Bö.  u.  s.  w.  Vgl.  den  Tauplbach  in  Salzburg. 

Wörschach  sl.  vres  Haidekraut  Vgl.  Wirtschach  in  Kä. 

L  i  e  z  e  n,  urk.  Sehr.  Luozen  (sl.  Grdf.  luh  =  feuchte  Au 
—  sehr  bezeichnend  für  das  Torfmoor  um  diesen  Ort). 
„Rotenmann^  Hebers,  d.  slav.  „Crwena"  (s.  Yh  u.). 


—     33     — 

Strechau,  urk.  Strechawa,  Strechowe,  whsch.  sl.  Grdw. 
strecha:  das  Dach.  Vgl.  d.  böhm.  Strechow. 

Lassing,  s.  o.  die  Flassnamen,  urk.  F.  Lazenich. 

Döllach,  s.  0.  die  Dulwitz. 

Wandern  wir  zur  Nordostecke  des  Landes  hinüber,  in 
das  mittlere  und  obere  Mürzthal  und  dessen  nord-  und 
^südwestliche  Nachbarschaft 

Feist  ritz -Berg,  s.  o.  die  Flussnamen. 

Pretul,  eig.  Predfll;  auch  Bach,  Alpe  und  Graben  dieses 
Namens,  sL  Grdf.  Pre  —  dul,  dol  (Tiefe,  Grund).  Vgl.  d. 
ontersteir.  Predel,  d.  krain.  Predol.  Vgl.  o.  d.  Höhenn.  Pretal. 

Debrin,  Dobrin  —  sl.  Grdf.  dob,  dub:  Eiche.  Vgl  o.  Do- 
bersbach  u.  d.  00. -NN.  Dobreng  in  U.-St,  Döbriach,  Dob- 
riach  in  Kä.,  der  Dobema-Bach  u.  Dobreingraben  in  Stmk., 
Dobemik  in  Kr.  und  die  vielen  mit  Dob  anlaut  Namen  daselbst. 

Fröschnitz,  urk.  Fresnic.  Vgl.  o.  d.  Gewässer-N. 

Die  Golrath,  Gegend  b.  Maria-Zell^  Gusswerk,  vom  sl. 
gola;  kahl  und  rot:  Gereute;  gola  rota:  ;,kahles  Gereute'^? 

Grautschenhof.  Vgl.  o.  Greischem. 

Jauern,  sL  Wzl.  javor:  Ahorn  s.  o.  Gewässer-N. 

ImKindberger  und  Aflenzer  Gerichtsbezirke 
ündcn  sich  nachstehende  Anklänge  an^s  Slaventhum: 

Jasnitz  —  jasenice  s.  o.  Jassing  und  Jassnitzbach,  d 
krain.  O.-N.  Jason,  Jasovnik. 

Selsnitz  —  sl.  Grdf.  selo,  trifft  in  der  Bildung  mit 
Zellnitz  zusammen.  Vgl.  die  untersteir.  Sola,  Se)o,  Selovec, 
Selzaberg,  —  dorf.  Vgl.  o.  Silzbach. 

W  i  e  d  e  n,  vgl.  Wieden  b.  Mürzhofen  und  im  Unterlande 
b.  Straden,  im  Sulmthale  b.  Holleneck,  Wiedenberg,  Wiedenhof 
und  Wiedenkogel  im  Oberlande;  scheint  nicht  deutschen  Ur- 
sprunges, sondern  auf  das  slovenische:  Videm  zurückzuleiten, 
wie  es  sich  im  untersteir.  Bez.  v.  Rann  und  in  Krain  z.  B. 
mehrfach  als  Ortsname  vertreten  zeigt.  Ueberdies  findet  sich 
<lieäer  Ortsname  in  der  Stmk.  wiederholt  und  unter  Anderem 
^ch  im  slovenischen  Unterlande,  im  Murecker  Bez.  vor. 

Fressnitz,  Fressnitzgraben,  s.  o.  d.  Gewässer-N. 

HittktiL  4c«  bUt.  VtrciM  f.  8t«ierm«rk,  XXVI 1.  Heft,   1879.  3 


—     34     — 

Fochnitz,  von:  bahno  Sumpf.  Bahnica?  Vgl.  o.  d. 
Fochnitzbachel. 

Retschgraben,  vgl  o.  Rötschitz  u.  s.  w^  sl.Grdw.  reka. 

Stanz  findet  sich  auch  im  Unterlande,  z.  B.  im  Murecker 
Bez.  und  im  Santhal  als  Stance.  Die  sl.  Grdf.  s.  o.  b.  S  t  a  n  i  t  z  e  n. 
Beweiskräftig  ist  die  urk.  Form:  Stawenz.  Vgl  Stainz. 

Trassnitz  —  wahrsch.  von  der  Wurzel  trata :  Viehtrieb, 
aber  auch:  Flur,  Feld.  Vgl.  Tratten,  slov.  Trattna  im  Unterl. 

Lutschaun  (sl.  Grdw.  luh?).  Vgl.  die  gleichn.  Gegend: 
Lutsch aun  zw.  der  MUrz  und  dem  Teitschbache  und  den 
Lutsching  graben  zw.  dem  Roidesgraben  und  dem  Tragössthal, 
krain.  Lutschna  und  Lu&ujev. 

Aflenz,  urk.  Sehr.  Avelonica,  Ablanca  u.  s.  w.,  sL  Grdf. 
jablo :  Apfel.  Vgl.  Aflenz  bei  Leibnitz,  Gaflenz,  Gablitz  in  O.-Oe. 
und  die  zahlr.  Jablanica,  Jablanca  in  Kr.  Gablonz  in  Bö. 

0  i  s  c  h  i  n  g  —  sl.  Grdw.  olöa,  ol§e :  die  Erle,  Vgl  Olsnitz 
(Alsniz  urk.  Z.)  b.  Preding,  in  Mittelsteierm. 

Döllach,  s.  0.  Höhenname  Dulwitz. 

Grassnitz,  desgl.  ein  Grassnitz  b.  Aflenz.  Vgl.  das 
untersteir.  Grassnitz  und  Grassnitzbei^.  Die  Wurzel  ist  das  sl. 
ker§ :  Gesträuch,  denn  das  untersteir.  Grasnitz  heisst  im  Slov. 
Ker§nica. 

J  au  ring,  vgl.  o.  Jauem  u.  d.  krain.  Javomik,  k&mtn. 
Jauemigg. 

Tutschach  —  sl.  Wzl.  tuö :  Finstemiss.  Vgl.  die  krain. 
Tutschna,  Kä.  Tuzach.  Vgl.  o.  Tutschgraben. 

Gör  lach  —  sl.  Grdf.  gora:  Berg.  Vgl.  d.  zahlr.  Göriach 
in  Kä. 

Turn  au  —  sl.  Grdf.  dm:  Rasen,  tm:  Dom.  Vgl.  d.  O.-N. 
Tyraau  w.  u.,  die  Laib.  Vorstadt  Tyrnau,  das  ung.  Tyrnau 
u.  s.  w.  das  krain.  dmova  gorca,  Turnava-Bach  im  Unterlande 
u.  s.  w. 

Noch  sei  mit  einigen  Worten  des  interessanten  Thalbodens 
Tragöss  gedacht. 

Nach  Analogie  mit  Göss:  Gussa,  ist  man  veranlasst, 
an  Tragussa  (urk.  Sehr,  vom  1 2.  Jalirh.  Tragosse)  zu  denken, 


—     35     - 

0.  zw.  übereinstimmend  mit  dem  imtersteir.  Tragutsch  (urk. 
Dragotsoy)  b.  Marburg.  Vgl.  auch  das  krainerische  Drago^e; 
jedenfalb  scheint  die  Wurzel  Drag  —  und  zwar  als  Eigen- 
name zu  Grunde  zu  liegen. 

Bevor  wir  den  eigentlichen  oberen  Murboden  betreten, 
sei  auch  der  weitläufigen  Gebirgsgegend  zwischen  dem  Enns- 
und  Murthale,  der  kleinen  und  grossen  Sölk  (Sölker-Bach, 
Solker-Graben)  gedacht.  Die  alte  urk.  Namensform:  Selika, 
Seliea  spricht  für  das  slav.  Grdw.  selo.  Es  stellt  sich  somit 
dieser  Name  dem  Selsnitz  (Sölsnitz)  s.  o.  zur  Seite. 

Uebergehen  wir  nun  zum  oberen  Murboden,  indem 
wir  mit  der  Murauer  Gegend  beginnen. 

Das  alte  Graslub,  Grazlup,  Grazluppa  b.  Neumarkt, 
s.  0.  Luppitsch  und  Grassnitz. 

Murau,  urk.  Sehr.  Murovi,  Murove.  ?  Vgl.  u.  Saurau. 

61a ssenetz  —  sl.  Gr.  glas:  Schall.  Glasenica: 
.Schall-Thal«. 

Die  verschiedenen  K  r  a  k  a  u.  Vgl.  die  Laibacher  Vorstadt 
Krakau,  das  poln.  Krakau,  Erakaberg  in  Kä.,  das  Kraka- 
Köhr  in  Saksb.  Vgl.  d.  sl.  Wort  Kraka:  die  Dohle. 

Ratsch,  urk.  Sehr.  Chatissa.  Vgl.  Katschidol  in  U.-St 
und  Katschwald  im  Bez.  Obdach.?  Sl.  Wzl.  Kot:  Winkel. 
Vgl  Kötsch. 

Lassnitz,  s.  o.  d.  Flussnamen. 

Predlitz  —  sl.  F.  Predeüca.  Vgl.  Predlitz- Bach,  Berg, 
Graben,  aus  pre  -  dol :  Vor  -  Grund.  Vgl.  Pretul,  Pretal  u.  s.  w. 

Trieb endorf  —  sl.  Gr.  dreva,  drevo:  Gehöhse.  Vgl. 
(L  Unterst  Triebein,  sl.  Dervanja,  und  die  Höhennamen. 

(Neumarkter  Bezirk:). 

Scbeifling,  Scbeufling,  urk.  Sehr.  Sublich,  Suphilich, 
Scheuffig  —  (slavisch?) 

Zeitschach  b.  Neumarkt,  urk.  Zizawa.  Wzl? 

Nieder-  und  Ober- Wölz,  urk.  Sehr.  Velica  (sl.  Grdf. 
VeliW:  gross).  Vgl.  d.  kämtn.  Wölzberg,  Wölzing. 

Tratten  —  sl.  Gr.  trat:  Flur,  Grund.  Vgl.  die  unterst 
und  krain.  Tratna,  Trata,  die  kärntn.  Tratten,  die  oberösterr. 

3* 


-     36     — 

Tratnad,  Trattbach,  Trattenbach,  Trattenegg,  den  niederösterr. 
Trattenbach  u.  s.  w.  Dsgl.  o.  Trassnitz. 

Poneck  (urk.  Ponichi,  Z.)  s.  w.  u.  d.  O.-N.  Pönegg,  und 
vor  allen  Ponikl  im  Raabgebiete. 

R  a  n  t  e  n  (urk.  Badentein,  Radintin),  sl.  Wzl.  rad.  Vgl.  d. 
krain.  Radaqa,  Radna  vas,  Radoha  vas.  Radovna  vas.  (Gleicher 
Wurzel  ist  Radmer  s.  a.  a.  0. 

Säur  au;  zweifelhaft,  urk.  N.  Surowe,  Surowi,  sl.  surowi: 
rauh,  hart,  etwa  wie  Rauch-Eck,  Rauch-Leiten  (rauhe  E.,  rauhe 
L.),  oder  doch  deutschen  Urspr.  Sürowe :  sauere  Au,  ähnlich 
wie  Sauerberg,  Sauerbach  in  Baiern,  Sauerbühel  in  N.-Oe. 
(Z.  f.  die  sl.  Abst)  Es  liesse  sich  da  auch  d.  kämt  Saureggen, 
Saurwald,  Saurachberg  anziehen. 

Seh  öder,  urk.  Seder,  analoge  Bildung  mit  d.  O.-N.  So- 
ding,  urk.  „Sedinge".  Sl.  Wurzel?  (Z.  f.  die  sl  Abst.) 

Pöllau  b.  S.  Peter  am  Kammersberge,  bei  Lind,  im 
Wölzerthale  (s.  w.  u.  im  Raabgebiete). 

Feistritz  s.  o. 

(Judenburg  —  Seckau  —  Zeiring  —  Obdach.) 

Peistritz  s.  o. 

K  u  m  p  i  t  z,  auch  —  graben,  —  bach ;  urk.  auch  Chuntuz, 
vielleicht  auf  Kunowice^  vgl.  d.  untersteir.  Gonobitz,  zurückfahrend. 

Pols  —  urk.  Sehr.  Pelissa,  sl.  Grdw.  pleso:  steh.  Ge- 
wässer. (Ein  Vinsterpels  findet  sich  als  urk.  N.-Form  für  Brett- 
stein: Thal  b.  Zeyring  Z.)  In  Kärnten  Pleso:  Teuchen.  Vgl. 
Plessdorf,  Plessnitz  in  Kämt. 

Lantschach,  urk.  Sehr.  Lontsa,  Lonsza,  Lonsach  (sl. 
Grdw.  lo(n)ka:  Wiese,  Moor.  Vgl.  die  Lonka  =  Lak  in  Krain, 
Latschach  ebda.  Lantschern;  Landscha  b.  Leibnitz.  (Z.) 

In  gering  s.  o.  b.  d.  Gewässern. 

Das  h.  Wasserberg  a.  d.  J.  hiess  altersher  Tr  ige  wie, 
Trigewl  (Z.)  —  etwa  Triglav:  Drei-Kopf,  Dreieck. 

Gr.-  u.  Kl-Lobming,  s.  d.  Gewässer-N. 

Kobenz,  urk.  Sehr.  Chumbenza.  Wurzel?  vgl.  Kumpitz. 

Rassnitz  —  Raznica.  Vgl.  Rassthal  b.  Kathrein  im 
Mürzthal,  Rasswald  b.  S.  Lambrecht  und  vgl.  d.  untersteier. 


—     37      - 

Razbor,  Razdel,  Razwina,  Stamm:  raz:  Schlag.  Rassnitz  = 
^Schlägen«. 

Fötschach,  vgl.  d.  unterst  Woina  und  Wotschdorf. 
Vgl.  ütsch. 

Leiftach,  urk.  Sehr.  Listach?  Leäje  in  U.-St. 

Preg  u.  Preggraben  (sl.  Gdw.  brßg:  Ufer).  Vgl.  die 
versch.  Breg  in  Kr.,  Frög  in  K&rnt. 

Feistritz-Graben  und  Laas  (vgl.  Lassnitz)  s.o. 

Fressenberg,  vgl.  o.  Fresen,  Fressnitz  u.  s.  w. 

6obernitz,sl.  Grdw.  gaber,  carpinus betulus ;  vgl.  Gaber- 
thal m  Kämt,  Gaber,  Gabemik  in  Er. 

S  e  k  k  a  u,  urk.  Sehr.  Seccawe,  Seccowe  (sl.  Grdw.  sekat : 
hauen,  ausbauen,  roden). 

61  ein,  vgl.  o.  Glein-Alpe. 

ügendorf?  Vgl.  o.  Augstbach. 

In  gering,  s.  o.  die  Gewässernamen. 

0.-  u.  U.-Z  e  i  r  i  n  g.  Man  darf  an  die  Analogie  mit  dem 
krain.  Zeier :  Sora,  an  die  slov.  Grundf.  des  Fl.-N.  Zeier  u.  s. 
w.  denken. 

Zugthal,  s.  0.  Zauchen. 

Mo  derbruck,  sl.  Grdw.  modar:  schmutzig,  schlammig. 
Vgl.  Möderndorf  in  Kämt,  Modriach  im  Voitsberger  Bez.  in 
Steierm.,  Modriö  in  U.-Steier . . .  s.  auch  o.  die  Gewässernamen. 

Winden,  urk.  Wineden  nach  dem  altd.  Vinada  —  ganz 
JK)  wie  Winden  b.  Herzogenburg  in  N.-Oe.  und  die  zahlreichen 
Zusammensetzungen  mit  Windisch,  bed.  soviel  wie  Windisch- Dorf. 

Pusterwald  —  Zusammens.  aus  d.  sl.  Grdw.  pust: 
Einöde  und  a.  d.  deu.  Wald.  Vgl.  Pusterwald  im  Pölsthalgrund, 
Pusterthal  in  Tir.,  Pustnitz  in  Kämt. 

Rotsch,  vgl.  0.  Bötschitz. 

Katschwald,  vgl.  o.  Katsch:  Chatissa. 

Gr.-  u.  Kl.-Pr  ethal  s.  o.  Pretal,  Predni u.d. Höhennamen. 

Granitzen,  sl.  granica:  Grenze.  ?  sl  o.  deutsch. 

Z  a  n  i  t  z  e  n,  slov.  Wurzel  ?  sani  o.  saA :  Schlitten ;  „Schlittern". 

(Im  Innerbergischen,  Gebiet  von  Eisenerz.) 

Ja 8 sing  au,  s.  o.  die  Gewässer-N. 


—     38       - 

Radmer  s.  o. 

(Gebiet  von  Mauterri  und  Trofäiach.) 

Li e sing,  Liesing-gau;  s.  o.  die  Gewässer-N. 

Trofäiach:  Dreuiach;  Treuiach  in  der  urk.  Sehr.  (sloy. 
Grdf.  drevo:  Holz,  Gehölze).  Vgl.  Treibach.  Hier  ist  die  alte 
urkundliche  Schreibung  massgebend,  und  hindert  in  dem  Orts- 
namen einen  dem  tirolischen  (rhätischen)  Trafoi  analogen  zu 
erblicken. 

Seitz,  vgl.  d.  untersteier.  Seiz  (zajec:  Hase). 

Möchel,  vgl.  0.  den  Gew&ssemamen :  Mugel. 

Mötschendorf,  vgl.  o.  Mötschitzgraben. 

(Leoben-Bruck.) 

L  e  0  b  e  n,  urk.  Sehr.  Liubana,  liubina  =  volksth.  Leuben 
(sl.  Gdf.  lub,  lup).  Vgl.  in  Kr.  Ljubgoina. 

Dona  Witz,  urk.  Sehr.  Tunewize,  Tunwize  (sl.  Grdf. 
tuna,  toune:  Tümpel). 

Tollach  und  D  öl  lach.,  vgl.  o.  die  Gewässernamen. 

Windisch-bichel. 

Rotz,  vgl.  Retz  b.  Gradwein,  urk.  Sehr.  Rseze,  Reze. 
Vgl.  Retz,  Rotz  in  N.-Oe.  an  der  mähr.  Grenze. 

Kraubat,  urk.  Sehr.  Chrouati,  Crouuati  —  sl.  Grdf. 
Ghorvat,  vgl.  den  Kraubatgau  in  Kämt  und  Krabathen  ebda, 
(urk.  Chrowat). 

Göss  u.  Gössgraben  (s.  o.  Gössenbei^),  urk.  Sehr. 
Gussa,  Gussia  (sl.  Grdw.  Gvozd,  gost). 

Sehladnitz-  Dorf  und  Graben  (sl.  Grdw.  slatina :  Sumpf), 
urk.  Sclaietinz.  Vgl.  Slatnik  in  Kr.,  vgl.  aber  o.  Schlatten. 

Windisch-Berg  und  Windiseh-Bichl. 

Jassing  und  Liesing,  s.  o.  G«wässer-N. 

Lainsach(2  00.),  urk.  Levsnich;  wahrsch.  sl.  „Lu^nica"'. 

Leising,   urk.  Lusnich  =  Lainsach.  Vgl.  die  Fluss-N. 

T  0 1 1  i  n  g  -  Graben,  urk.  N.-F.  Tolnich.  (Z.)  (sl.  Grdw.  dol), 
vgl.  Döllach  u.  s.  w.  s.  o. 

Kletsehach  (sl.  Grdw.  klet:  dunkel).  Vgl.  Kletschach 
in  Kämt  und  die  öfteren  Kle£  und  Kle£e  in  Kr. 

P  e  n  g  g  e  n.  Vgl.  d.  kärntn-  die  Pengg  oder  Penk,  Penken 


-     39     — 

JD  Kärnten  (Ortsgem.  O.-Vellach,  O.-Feistritz  im  Bleiberger 
Bez^  und  Weisenberg).  Offenbar  in  der  Wurzel  mit  dem  Fl.-N. 
Pinka  zusammenfaOend ;  s.  o. 

Proleb,  urk.  Prileb  (vgl.  d.  krain.  Prilipe),  erscheint 
neben  dem  d  e  u  t  Namen  „ Winchilen",  Winkeln  b.  Leoben  -- 
1148  genannt 

L  0  b  m  i  n  g  -  -  Lominicha,  s.  o.  die  Gewässernamen. 

Z  m  ö  1 1  a  c  b,  sl.  Grdw.  smola :  Pech  oder  „Kranabet",  wie 
der  Ort  in  Kärnten  „na  smole"  verdeutscht  erscheint  Vgl. 
ZiDölch  b.  Kaisersberg,  ZmöU  (Zmell)  b.  Trofayach  in  O.-Steier, 
Zmole,  Zmöln  in  Kämt,  Smolnik  in  Kämt,  Schmöllnitz  in  Ungarn. 

Pressnitz  s.  o.  Pressnitz-Graben. 

Trab  och,  urk.  Sehr.  Treboch,  Treuoch,  sl.  Grdw.  drevo: 
Baum,   Holz.   Vgl.  Treibach  in  St  u.  Kämt,   Trofajach  u.  A. 

(Bruck-Kapfenberg-Frohnleitner  Gebiet) 

Brack  a.  d.  M.  als  OerÜichkeit  in  den  ältesten  U^'k. 
Muoriza-Kimundi :  Mttrz-Gemünde ;  deutsche  Stadtgründung. 

Laut  seh,  vgl.  Lantschach  b.  Knittelfeld,  Landscha  b. 
Leibnitz,  Lantschera  im  Ennsthal;  stammt  auch  der  Hoch- 
Lantsch  von  der  gleichen  Wurzel?  ist  zweifelhaft 

Pischk  und  Pischkberg,  sl.  Grdw.  pisek:  Sand.  So 
findet  sich  in  Kr.  Peschenik  (Peöienik)  deutsch ;  Sandberg.  (Z. 
erinnert  auch  an  d.  kämt  Pisweg,  urk.  Pisiuich,  Piswich.) 

Graschnitz-Graben,  s.  o.  Grasnitz. 

Pötschach,  sl.  Grdf.  potok :  Bach.  Das  Kämtner  Pott- 
schach b.  Huttenberg,  urk.  Potoschach.  In  N.-Oe.  Pötschach, 
auch  urk.  „Botoschach^^  geschr.  Vgl.  die  Potote  und  Pototschen- 
dorf:  Potoiarska  vas  in  Kr. 

Rasthal,  vgl.  o.  Rassnitz. 

Lesing  -les  —  lesina,  vgl.  o.  Liesing,  Lesach  u.  s.  w. 

Pogusch,  s.  0.  d.  Höhennamen. 

Pönegg,  s.  w  u.  Ponikl. 

Utsch- Graben  und  Thal  —  fahrt  auf  das  slov.  Bu6e, 
Vode  —  vgl.  Wotschdorf  in  U.-St,  die  Vouöe,  Woutschach, 
Wutscb,  Wutschka  (Buika)  in  Kr.  Vgl.  Buie,  die  F  a  u  t  s  c  h  in 
Untersteier,   Butsch  in  Mähren    —   die  urk.  Sehr,  ist:  Vtse, 


-      40     — 

Vts,  Uttes,  Uttis ;  das  Zeittes  ist  wahrscheinlich  aus  Ze  Uttes 
verballhornt.  (Zahn  Index  S.  923.) 

Göritz,  s.  0.  den  Göritz-,  Gomitz-Bach. 

Gabraun  =  gabrowna,  habrowna  s.  o.  Gobernitz,  vgl. 
d.  Gabrau,  Gabrowo  u.  s.  w.  in  Kr. 

M  i  X  n  i  t  z  —  urk.  Sehr,  auch :  Michsnitz.  Dass  der  Name 
aus  dem  slavischen  stammt  und  vielleicht  die  Wurzel  mecli : 
Moos  enthält  —  ist  nicht  wohl  zu  bezweifeln.  In  N.-Oe.  findet 
sich  ein  0.-  u.  U.-Mixnitz  und  zwar  im  Eggenburger  Bezirke 
vor,  auf  einem  auch  sonst  an's  Slaventhum  mahnenden  Gebiete. 
(Vgl.  dort  Straning,  Theras,  Dallein,  Fladnitz,  Fugnitz,  Geras, 
Kottaun,  Sallapulka,  Zettlitz  u.  a.  0.) 

Trafo  SS,  urk.  Sehr.  Treuesse  —  wahrsch.  sl.  Grdw. 
trebei:  Gereute.  Vgl.  d.  untersteir.  und  krain.  Trebesch. 
Vgl.  TreflFen  u.  A. 

Zatsch,  wahrsch.  Verkürzung  des  sl.  O.-N.  Zaticina, 
welcher  in  Kr.  vorkommt. 

Schlatten  ?  sl.  Grdw.  slatina  o.  mhd.  släte?  s.  o. 

Mötschlach,  vgl.  o.  Mötschendorf  und  Möschitz  b.  d. 
Gewässernamen.  Vgl.  das  krainische  Möschnach  (Moälno)  und 
Möschach  in  Kämt.,  Mantscha  bei  Strassgang. 

Graschnitz  s.  o.  Graschnitzgraben  und  Grassnitz. 

Feistritz  b.  Peggau,  bezeichnend  genug  als  D e u t s c h- 
Feistritz  von  Windisch-Feistritz  unterschieden. 

Laas,  s.  o.  Laas  und  Lassnitz. 

Mauritzen.  Hier  muss  wohl  an  den  Heiligen,  dem  das  alte 
Kirchlein  geweiht  ist  und  nicht  an  das  sl.  Grdw.  muora-ica, 
gewissermassen  wie  Mürzen,  gedacht  werden.  Auch  die  Be- 
zeichnung „Mauritzer- Viertel"  findet  sich. 

Friesach  —  vgl.  Fresach,  Fresen  u.  s.  w. 

Peggau  —  urk.  Sehr.  Peca,  Peccah  u.  s.  w.,  sl.  Gdf. 
pec,  peka,  peöa:  Felswand.  Vgl.  o.  Petschen  b.  d.  Höhennaiiien. 
Vgl.  die  Pec,  Peö,  Peönik  u.  b.  OO.-NN.  in  Kr.  Petzen,  O.  u. 
U.  P.  in  Kämt 

Gams  und  Gamsgraben,  Laufnitz«>Dorf  und  Gra- 
ben, vgl.  0.  d.  Gewässernamen  Lafnitz. 


-     41     — 

Schrems,  dgl  w.  u.  (Weizör  Bezirk).  Vgl.  die  urk. 
Namensform  Scremesniz  f.  e.  gegenwärtig  unbek.  0.  in  d.  Nähe 
von  Grazlup  (b.  Neumarkt)  und  Wölz  (Zahn,  Urkdb.  S.  690). 
Vgl.  Schrems  in  N.-Oe.  in  dem  Böhmen  benachb.  nie.-österr. 
Geb.  Vielleicht  ist  das  anlautende  S  nicht  wurzelhaft  und  d^nn 
wäre  die  Wurzel  Kremen:  Kiesel.  Vgl.  Krems  in  Stm. 
Krems  in  Nia-,  Krems-münster  in  O.-Oesterr. 

Semriach,  vgl.  Smerje,  Smeijene  in  Krain  und  den 
Bergnamen  Semering  (sl.  6rdw.  smer-e^:  Bothtanne,  Fichte). 

Tulwitz  (Dulwitz)  und  Tyrnau,  s.  o. 

6  r  a  d  w  e  i  n,  urk.  Sehr.  Gradewin,  Gredewin,  scheint  auf 
die  sl.  Grd£  grad  —  zurückzuführen.  Vgl.  d.  krain.  Gradine. 
Als  Analogen  fbr  den  Ausgang  —  wein  möge  das  untersteier. 
Rosswein,  slov.  Bazvina  gelten.  Die  gleiche  Etymologie  scheint , 
auch  den  obersteier.  00.  und  Gegendnamen  „Graden"  zu- 
zukommen und  den  bezüglichen  Zusammensetzungen  Graden: 
Piber,  Graden:   Feld.   Vgl.  d.  untersteier.  slov.  Gradenscheg. 

Rein,  urk.  Sehr.  Buna,  Rune  (sl.  Grdw.  ravno,  rovno, 
ravina:  Ebene,  Thalebene).  Vgl.  d.  untersteier.  Raune,  Ravne, 
Ravno  und  die  vielen  Ravne  in  Krain.  Vgl.  o.  Rannach. 

St ü hing,  urk.  Sehr.  Stubenik,  slov.  Gdw.  stup  —  stupen: 
Stufe,  Thalstufe.  Vgl.  d.  untersteir.  Stopce  u.  d.  krain.  Stop. 
In  der  Nähe,  zwischen  dem  Haundl-  und  Pleschen-  Graben, 
als Sekenthal  des  Stübing- Grabens  findet  sich  der  „Globoken- 
Graben**,  dessen  charakteristischer  Name  aus  den  slov. 
glubo-  oder  gluboki  „tief"  stammt.  Vgl.  d.  Globogen- Graben 
b.  Hochenwang  im  Mürzthal  zwischen  dem  Langenwangerberg 
und  Königsberg,  d.  untersteir.  Globoko,  Globoöe,  d.  krain. 
Globoäice,  Globoftica,  Globoidol  u.  s.  w. 

6  ö  s  t  i  n  g  —  urk.  Sehr.  Gestnic,  Gestnich,  Gestenich.  Vgl. 
Slcebenich,  Jedenich  =  Sladmmg,  Irdning.  Noch  im  1 2.  Jahrb. 
ianden  sich  hier  slavische  Ansassen  vor.  Auch  der  Burgherr 
von  Gösting  um  1 1 90  führte  einen  slov.  N.  „Mogoy"  de  Gestnich, 
neben  „Negoy"  de  Pezniz  (Pössnitz). 

So  näherten  wir  uns  der  natürlichen  Grenzscheide  des 
Oberlandes,  dem  Grazerfelde,  imd  wollen  nur  noch  einen  Streif- 


—     42     — 

zug  in  das  westliche  Oberland,  in  das  Raabgebiet,  in  den 
Bezirk  von  Birkfeld,  Pöllau,  Hartberg  und  Weiz  unternehmen. 
Hier  begegnen  uns  neben  den  bereits  erwähnten  Gewässer- 
namen slavischen  Ursprunges  die  Ortsnamen: 

1.  Bez.  Birkfeld: 

Fresen,  Feistritz,  s.  o.  die  analogen  Namen. 

2.  Bez.  Pöllau: 

Pöllau  —  sl.  Gr.  polje :  Feld,  po^ana :  Ebene.  Vgl.  Pöllau 
b.  Kirchberg  a.  d.  Raab,  b.  S.  Stephan,  b.  Pfannberg,  b.  Ma- 
rein  u.  s.  w.,  untersteir.  Polena,  Polje,  Polana,  Polane  und 
insbea  die  Bezeichnung  Windisch-Pöllau  im  Gleisdorfer  Bezirke. 
PöUa  in  N.-Oe.,  PoUein  in  Kä.  u.  s.  w. 

3.  Bez.  Hartberg.  Hier  finden  wir  ausser  den  OO.-NN. 
Lafnitz,  Safen  noch  den  Einen  Lungitz  (lungviz  urk. Z.), 
dem  die  sl.  Grdf.  log,  loka  zu  Grunde  liegt  Vgl.  Lukowitz 
in  Kr.  und  Kä.  Flattendorf?  Vgl  u.  Fladnitz. 

Reicher  ist  die  Ausbeute  im  4.  Bezirke,  Weiz: 

Weiz  (u.  Weizberg),  in  der  ältesten  urk.  Namensform  Wides, 
Vides,  scheint  mit  dem  krain.  Witschje  (Bi£je)  und  mit  den 
kämtn.  Ortsnamen  sl.  Ursprynges :  Witsch^  Witschach,  Witsch- 
dorf verglichen  werden  zu  dürfen,  doch  bleibt  dies  sehr  gewagt, 
mit  Rücksicht  auf  die  gegenwärtige  Namensform  und  den 
Schlusslaut  Sonst  müsste  an  das  altdeutsche  Wit  j.  „Weit'' 
gedacht  werden,  doch  auch  ohne  sonderlichen  Erfolg. 

Entschieden  slavischen  Ursprunges  erscheinen  jedoch  die 
OO.-NN.: 

Fladnitz,  Fladnitz-Berg,  Schrems^  Feistritz, 
Semering,  Hz,  Pinggau  (s.  o.  d.  Flussn.  Pinka),  aber 
deren  Wesenheit  schon  anderorten  gehandelt  wurde,  überdies 

L  e  s  k  a  —  sl.  Gr.  leska :  die  Hasel  oder  Haselstaude.  Vgl. 
die  untersteir.  und  krain.  Leskovec.  Charakteristisch  ist  es, 
dass  sich  neben  Leska  ein  Haselbach  findet  und  beide  die 
Ortsgemeinde  Haselbach  ausmachen. 

Preding,  findet  sich  auch  im  Wildoner  Bez.,  die  sl.  Form 
ist  Predin.  Vgl.  Preding,  P  redin  m  Mähren,  Predonin  in  Böhmen. 

Ponigl,   auch  im  Grazer  Bez.,  sl.  Gr.  ponikva,  ponkva. 


—     43     — 

Vgl.  d.  untersteir.  Ponigl  (Ponkva)  im  Cill.  Bez.  und  die  5 
Ponikve  in  Krain.  Vgl.  auch  den  Pnnkva-Bach  in  Mähren 
(Adamsthal  —  Blansko).  „Ponikva'^  bedeutet  den  Ort  eines 
uoterirdisdien  Gewftsserabflusses.  Vgl  o.  Pönegg. 

Tob  er  —  sl.  Gr.  dob:  Eiche.  Vgl.  o.  Dobrein,  Dob- 
reng,  d.  kämtn.  Töbriach,  Töbring,  die  krain.  Dobema  u.  8.  w. 

Mortantsch  und  Passail,  letzteres  in  der  urk.  Sehr, 
der  ältesten  Zeit  Puzeil,  Puzil,  Poseyle,  Posile,  lassen  sich 
schwer  bestimmen.  Ob  die  Zusammenstellung  des  ersteren  mit 
Mörtscben  in  Kärnten,  mit  Moräutsch  (Moravic)  in  Krain  zu- 
lässig, steht  ebenso  dahin,  als  die  des  letzteren  mit  dem  krain. 
Pttc  (Puz).  Haben  wir  es  mit  Torslavischen  Namen  zu  thun? 

m. 

Wenn  auch  die  vorliegende  Zusammenstellung  der  Ge- 
wässer-, Höhen-  und  Ortsnamen  des  Oberlandes  keine 
vollständige  ist,  da  so  Manches  in  seiner  Verlarvung  sich 
dem  Blicke  auch  eines  gewiegteren  Forschers  entzieht  und 
auch  nur  unter  dieser  Voraussetzung  in  Angriff  genommen 
warde,  so  dürfte  sie  doch  ausgiebig  genug  sein,  um,  abgesehen 
von  den  Gegendnamen,  über  das  Mengenverhältniss  und 
die  Vertheilung  der  Ortsnamen  slavischen  Ursprunges,  Andeu- 
tungen zu  gewähren.  Allerdings  ist  eine  solche  Abschätzung 
nur  sehr  bedingt  in  ihrer  Richtigkeit  und  Geltung.  Einiger- 
massen aber  ist  denn  doch  eine  Abschätzung  möglich. 

Zunächst  möge  das  numerische  Verhältniss  der  k  e  1 1  i  s  c  h- 
romanischen  Bezeichnungen  zu  den  slavischen  und 
dann  dieser  wieder  zu  den  deutschen  in's  Auge  gefasst  werden. 

Was  Erstere  betrifft,  so  ist  es  charakteristisch,  dass  0  r  t  s- 
namen  so  viel  wie  keine  sich  vorfinden  und  ebensowenig  solche 
Gewässernamen,  abgerechnet  die  Hauptflüsse  (Mur,  Raab, 
Enns,  Traun,  Laihitz  ?),  in  irgend  massgebender  Zahl  uns  begegnen. 
Dagegen  zeigen  keltoromanische  Anklänge  zahlreiche  Höhen- 
namen,  welche  besonders  im  Traun-  und  Ennsgebiete 
und  in  der  Mur  au  er  Gegend  sich  vorfinden. 

Die  slavischen  Ortsnamen  greifen  weit  Über  anderthaU) 


—     44     — 

hundert  hinaus;  an  Gewässernamen,  die  sich  theilweise  mit  den 
Höhennamen  decken,  werden  Gegend-  und  Höhennamen  in 
mindestens  doppelter  Stärke  aufgebracht  werden  können.  Es 
lässt  sich  daraus  ermessen,  wie  sehr  das  ursprünglidie  norische 
Bevölkerungselement  dem  zugewanderten  slavischen  gegenüber 
gering  an  Zahl  war  und  andererseits,  wie  vielseitig  der  Slave  im 
Oberlande  als  unmittelbarer  Ansiedler  angesehen  werden  muss, 
der  Gegenden,  Gewässer  und  Höhen  in  seiner  Sprache  benannte 
und  neue  Ortschaften  gründete  oder  schon  bestehenden  den 
neuen  Namen  gab. 

UmdasVerhältnissderdeutschbürtigenGewässer- 
und  Höhennamen  zu  den  vom  Hause  slavischen  zu  würdigen, 
genügt  die  Abschätzung  eines  nahezu  zehnfachen  lieber- 
gewichtes  der  Ersteren.  Dies  beweist  für  das  verhältnissmässige 
Uebergewicht  der  ursprünglichen  oder  unmittelbaren 
deutschen  Ansiedlung  in  der  Gebirgswelt,  deren  Bodengestal- 
tung er  neu  benannte,  indem  er  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
stets  tiefer  in  ihren  Schoss  eindrang. 

Etwas  ermässigter  allerdings  zeigt  sich  das  numerische 
Verhältniss  zwischen  den  slavischen  und  den  deutschbürügen 
Ortsnamen  des  Oberlandes.  Denn  da  der  Slave  sich  durch 
alle  bedeutenderen  Thalungen  als  Ansiedler  verzweigte,  grün- 
dete er  an  den  günstigsten,  schon  bewohnten,  oder  diesen 
benachbarten  Oertlichkeiten  sein  neues  Heim.  Ihm  folgte  darin 
der  Deutsche,  welcher  für  seine  Niederlassungen  allerdings 
ungleich  mehr  Gebiet  sich  friedlich  eroberte,  immerhin  aber 
weniger  Boden  für  eigentliche  Ortsgründung,  als  solchen  für 
Viehzucht,  Holzung  und  Eisenbetrieb  aufbrauchte. 

Versuchen  wir  nun  eine  gegend-  und  bezirksweise 
Abschätzung  der  slavischen  und deutschbürtigen Ortsnamen. 

Für  dasEnnsthal  und  obere  Traungebiet  (Gegend 
von  Aussee),  mit  140  Orten  in  runder  Zahl  die  Summe  von 
beiläufig  30,  also  nicht  ganz  ein  Viertel  von  Ortschaften  sla- 
vischen Grundnamens.  Nach  Bezirken  abgestuft  zeigt  sich 
nachstehende  Scala:  Gröbming  hat  nahezu  Vj  solcher  Orte, 
Aussee  und  Trdning  über  %,  Schladming  unter  %  Liezen  Vin ; 


—     45     — 

der  Bezirk  von  S.  Gallen  zeigt  keinen  solchen  Ort.  In 
der  nordöstlichen  Steiermark,  im  Gebiete  der  Mttrz, 
stehen  beiläufig  90  Orte,  in  den  Bezirken  von  Maria-Zeil,  Mttrz- 
zuschlag  und  Kindberg  an  20  Orte,  also  über  ein  Viertel 
gegenüber;  auf  den  ersten  Bezirk  entfallen  Vm  &uf  den  zweiten 
%,  auf  den  dritten  \k  solcher  Orte. 

Der  Kern  des  oberen  Murbodens  mit  c.  250  Orte 
zeigt  an  mehr  als  70  Orte  slavischen  Ursprunges,  also  mehr  als 
ein  Viertel.  Auf  die  Bezirke  Murau,  Obdach  und  Leoben  ent- 
eilt je  Vr,  auf  Oberzeiring,  Knittelfeld  und  Mautem  je  y» 
darüber  oder  darunter,  auf  O.-Wölz  '/:,,  auf  Neumarkt  Vm, 
auf  Judenburg  '/, ;  derselben.  Der  Rotenmanner  Bezirk  mit 
dem  Paltenthal  weist  auf  20  Orte  an  3,  somit  y«  auf. 

Der  mittlere  Murboden  weist  in  dem  Brucker 
Bezirke,  die  Tragösser  Thalung  eingerechnet,  über  70  Orte 
auf,  von  denen  über  20,  somit  nahezu  Ein  Drittel  slavische 
sind.  Diesem  Bezirke  tritt  der  Frohnleitner  mit  beiläufig 
40  Orte,  von  denen  an  15  der  gleichen  Art  angehören,  also 
mehr  als   '/s  ausmachen,  an  die  Seite. 

Das  nordöstliche  Raabgelände  und  zwar  der  letzt- 
besprochene Hartberg  -  Pöllau  -  Weizer  Bezirk  weist  unter 
mehr  als  anderthalb  hundert  Orte  an  1 5  slavischen  Ursprunges 
^mit  Yio  der  ganzen  auf 

Wir  werden  auf  diese  Vertheilung,  gewissermassen  auf 
die  mittelalterliche  Topik  oder  Statistik  des  oberländischen 
Skventhuros  noch  einmal  zurückkommen.  Im  Ganzen  stellt 
sich  den  sechsthalb  hundert  oberländischen  Orten  der  Gegenwart 
als  Ganzem  der  thatsächlich  bedeutende  Bruchtheil  von  über 
170  OO.-NN.  slavischer  Grundform  gegenüber,  also  weit  mehr 
als  ein  Viertel,  beinahe  ein  Drittel  der  vollen  Summe. 

Diese  Ausführungen  mögen  genügen,  um  die  Verbreitung 
der  slovenischen  Nation  während  der  ersten  mittel- 
alterlichen Epoche,  seit  dem  Ausgange  der  grossen  Völker- 
wanderung in  unserer  obern  Steiermark  bis  in  den 
änssersten  Nordsaum  nachzuweisen,  und  die  slavische  Grund- 


-     46     - 

fonn  einer  grossen  Zahl  deutscher  Ortsbenennungen  ans  Licht 
zu  stellen. 

Die  alten  Urkunden  unterstützen  uns  hiebei  in  doppelter 
Weise.  Zunächst,  aber  nur  selten  —  und  wir  nehmen  die 
bezüglichen  Belege  im  weiteren  topographischen  Umfange  — 
findet  sich  der  ältere  slovenische  Name  deutsch  übersetzt 
oder  von  einem  ganz  verschiedenen  deutschen  Namen  verdrängt. 
So  heisst  es  z.  B.  in  einer  Urkunde  vom  Jahre  879 :  „Nidrinhof 
(bei  Leibnitz),  was  slo venisch:  Uduleniduor  genannt  wird'';  in 
einer  Urkunde  von  1025  findet  sich  das  slovenische  „KobilinduP' 
neben  das  deutsche  „Merhental"  (d.  i.  Mähren  =  Pferde- 
Thal)  gestellt. 

Urkundlich  wissen  wir  auch,  dass  „Rotenmanu'^  die 
Benennung  des  Ortes  wurde,  welcher  ursprünglich  Cirminah 
(offenbar  fehlerhaft  statt:  Cirwina,  Cerwena,  slov.  roth)  hiess. 
Das  rothe  Männchen  im  Ortswappen  bezieht  sich  auf  den 
jüngeren  Ortsnamen,  der  den  ursprünglichen,  slovenischen, 
verdeutschte.  Aehnlich  stellt  e.  Urk.  v.  1257  „Hannenstadt'' 
neben  „Petelina  dolina'*  b.  Hörberg.  In  der  R  e  g  e  1  findet  aber, 
wie  an  den  vielen  beigebrachten  Beispielen  erkennbar  ist, 
blos  eine  Umformung  des  slovenischen  Orts- 
namens statt  und  in  den  meisten  Fällen  ist  diese  an  dem 
charakteristischen  Ausgange  — itz,  auch  — enz,  slav.  ica,  ice 
ersichtlich.  Oder  es  wird  das  slavische  Grundwort  mit 
einem  deutschen,  z.  B  Ach  (Ache),  Thal,  Berg,  Leiten, 
Graben,  Wald  u.  s.  w.  zusammengesetzt  (DöUach,  Pötschach 
—  Liesingthal  —  Pleschberg  —  Dobraleiten  —  Feistritz-, 
Graschitzgraben  —  Pusterwald  u.  a.) ;  an  das  Erstere  die  Aus- 
gangssylbe  ing  (z.  B.  Liesing,  Ingering)  gefügt,  die  slov. 
Ausgangssylbe  ussa,  ossa  in  oes  verwandelt  (Göss,  Tragöss, 
Traföss)  u.  s.  w. 

Wir  müssen  jedoch  zur  Klarstellung  der  geschichtlichen 
Ansiedlungsverhältnisse,  d^  historischen  Schichtung  des  Volks- 
thums  einen  vergleichenden  Blick  auf  die  norische  (kelto- 
romanische),  slavische  und  deutsche  Epoche  zurückwerfen  und 
daraus  allgemeine  Folgerungen  zu  gewinnen  suchen. 


—     47     — 

Wenn  wir  nämlich  die  antike  Fundkarte  der  Steier- 
mark ans  nochmals  vor  Augen  führen,  so  stimmt  in  vielen 
St&cken  die  Vertheihmg  der  antiken  oder  kelto  -  römischen 
Fundstätten  mit  der  urkundlich  feststellbaren  Verbreitung  des 
siovenischen  Volkes  im  mittelalterlichen  Steiermark  überein. 

Das  Mürzthal  zeigt  noch  äusserst  geringe  Ansiedlung, 
die  Masse  des  Gebirgslandes  zwischen  dem  Binnsaal  der  Mürz 
und  der  Palten,  ausgenommen  Aflenz  und  Tragöss,  erscheint 
als  grösstentheiis  ödes  Gebiet,  ebenso  der  Bodenraum  zwischen 
derEnns  und  obern  Mur,  abgesehen  von  den  zerstreuten, 
am  Strome  selbst  sich  verdichtenden  Ansiedlungen,  Thalgelände 
des  genannten  Flusslaufes.  Dasselbe  gilt  auch  von  der  weit- 
läufigen Gegend,  die  wir  als  Viereck  durch  die  Punkte  Brück, 
Murzzuschlag ,  andererseits  nordöstlich:  Birkfeld,  Passail, 
Dechantskirchen  und  Friedberg  begrenzen  können. 

Im  Mittellande  begegnet  uns  ein  solcher  leerer  Raum 
zwischen  den  Thalläufen  der  Kainach,  Lassnitz  und  der 
kärntnisch-steiermärkischen  Gebirgsgrenze. 

Wir  können  dies  noch  etwas  näher  bestimmen  und  zwar 
mit  Rttcksicht  auf  die  wichtigsten  antiken  Funde,  dielnscriptiones 
latinaB  auf  dem  Boden  des  Oberlandes,  unter  gleichzeitiger 
Betrachtung  der  topographischen  Angaben  auf  Felicetti's  Karte 
and  der  obigen  Zusammenstellung  der  Zahlenverh&ltnisse  von 
Orten  slavischer  Grundform. 

Im  Ennsthale,  beziehungsweise  untern  Palten- 
thale,  sind  solche  Fundorte:  Admont,  Liezen  (Styriate), 
Wörschach,  Rotenmann,  Trögelwang.  —  Man  sieht,  dass  der 
römische  Strassenweg  das  Ennsthal  nur  im  östlichen  Theile 
durchschnitt,  um  die  Verbindung  über  den  Pyhrnpass  gegen 
Ovflabis  (Ovilaba :  Wels)  und  die  Donaustrasse  offen  und  sicher 
zu  halten,  und  dass  der  Römer  an  keine  eigentliche  Colonisation 
des  Ennsthalbodens  dachte. 

Letztere  Thatsache  zeigt  sich  überhaupt  im  ganzen 
Oberlande,  wo  es  nur  auf  die  Anlage  oder  Erhaltung  der 
norischen  StrassenzOge,  Vicinalwege  und  Saumpfade  im  Interesse 
des  Verkehrs,   des  Bergbetriebes  (dehn  im  „Innerbergischen" 


—     48     — 

bestanden  uralte  Bergwerke,  die  „Ferrifodince  Bomanorum^^)  und 
der  militärischen  Zwecke  ankam. 

Im  mittleren  Murgebiete  vom  Grazer  Felde  abwärts  und 
ebenso  im  norisch  -  pannonischen  Raabgelände  scheinen  die 
römischen  Ortsanlagen  etwas  dichter,  wie  sich  aus  den  Fund- 
stätten schliessen  lässt  und  auch  in  der  Natur  der  Sache 
gelegen  zeigt  Man  beachte  beispielsweise  nur  die  hohe  stra- 
tegische Bedeutung  des . römischen  Vorortes  Flavium  Sol- 
vense  (Leibnitz)  und  dessen  weitgedehntes  Stadtgebiet 

Kehren  wir  zum  Ennsthal  zurück,  das,  als  Gau  be- 
trachtet, so  ziemlich  mit  den  heutigen  Bezirkshptm.  Liezen  und 
Gröbming  zusammenfällt  Hier  begegnen  uns  im  12.  Jahrh.  mehr 
als  30  urkundlich  verbürgte  Orte.  Dagegen  erscheint  der  grosse 
Raum  zwischen  Admont,  St  Gallen  und  dem  Mürzthal  als  förmli- 
ches Wald-,  Jagd-  und  Weidegebiet,  mit  höchst  vereinzelten  An- 
siedlungen.  Das  ganze  Sabsagebiet  zeigt  sich  grossentheils  als 
eine  Wildniss,  nicht  viel  anders  als  in  der  Römerzeit  Hinwieder 
gewahren  wir  im  M  ü  r  z  t  h  a  1,  dem  der  Römer  fernblieb,  ebenso 
wie  er  den  Semeringer-Pass  als  grossen  Verkehrsweg 
nicht  benützt  zu  haben  scheint,  an  ein  Dutzend  Ortsgemeinden. 
Diesem  Mürzthalgau  gehört  auch  das  Aflenzthal  zu. 

Der  obere  Murboden  bietet  antike  Fundstätten  um 
Neumarkt  (Noreja),  Murau  (Tarnasicum  ?)  und  deren  Nachbar- 
schaft, zu  Katsch,  Trübendorf,  S.  Peter  am  Kammersberge, 
S.  Georgen,  sodann  im  Gebiete  von  Knittelfeld  und  Judenburg ; 
zu  Kobenz,  S.  Margarethen,  Gr.-Lobming,  Fohnsdorf,  Weiss- 
kirchen  und  Eppenstein,  —  endhch  zwischen  Leoben  und 
Brück:  zu  Pischk,  Dionysen,  Donawiz  und  Traboch.  —  Wir 
begreifen  daher  auch,  dass  dieser  kelto-romanische  Kulturboden 
den  Slaven  und  dann  den  Deutschen  zu  zahlreichen  Nieder- 
lassungen einlud,  welche  schon  im  zwölften  Jahrhundert  auf 
eine  stattliche  Zahl  veranschlagt  werden  können.  Der  eine  der 
beiden  Gaue,  in  welche  der  obere  Murboden  gegUedert 
erscheint,  —  der  pagus  Undrimatale  („Ingering- Gau"),  umfasste 
das  Gebiet  des  Ingeringbaches;  den  Judenburg-Knittelfelder 
Landstrich  an  beiden  Murufern  und  das  Gebiet  von  Zeiring  — 


—     49     — 

letzteres  höchst  wahrscheinlich  —  mit  weit  über  dreissig 
urtnmdlich  bekannten  Ortsgemeinden,  während  der  Leoben- 
thaler  Gau  oder  die  Le ebner  Grafschaft  (pag.  s.  comit. 
Liupinatal  a.  Liubenetal)  ostwärts  bis  über  Brück  hinab  gegen 
den  Rötheistein  (Rotinstein  —  der  Grenzberg  des  obersteier. 
Erzpriestersprengels  oder  Archidiakonates)  und  den  Plankogel 
ausgedehnt,  nordwärts  (mit  dem  ihm  zugehöreuden  Geiser- 
walde) beim  Triebenthal  an  das  Paltenthalgebiet,  als 
Theil  des  Ennsthalgaues,  stossend:  über  zwanzig  Gemeinden, 
daninter  das  grössere  Gebiet  Chroat,  „Kraubat^*  (irrigerweise 
froher  mit  dem  kärntnischen  pagus  Crovati  verwechselt) 
aufweist  ' 

In  dem  Murthale  vom  Rötheistein  (Mixnitz)  bis  Gösting, 
voD  wo  der  Hengistgau,  mit  Graz  (Hengistburg ?)  anhub, 
md:  Adriach  (urk.  auch  Agriach),  Schi.  Alt-Pfannberg,  Wald- 
stein, Brenning,  Semriach,  Feistritz,  Kl.  Stübing,  Rein  und 
Gradwein  durch  römische  Inschriftenfunde  gekennzeichnet  Im 
12.  Jahrh.  treten  hier:  Adriacli,  Steindorf,  Uebelbach,  Semriach, 
Peggau^  Friesach,  Rein,  Gradwein,  Strassengel  und  Gösting  in 
den  Vordergrund. 

Nicht  klein  ist  endlich  die  Zahl  der  antiken  Fundstätten 
im  östlichen  Raabgelände.  Hier  begegnen  uns  im 
eigentlichen  Raabthal  von  Norden  südwärts :  F 1  a  d  u  i  t  z,  Than- 
hausen,  Weiz,  Radegund,  Kumberg,  Enzersdorf,  S.  Ruprecht, 
Freiberg,  Gleisdorf,  Gleichendorf;  im  Feistritzthale ;  Alten- 
markt,  Hainersdorf,  Picheisdorf,  S.  Johann,  Wagnerberg,  Stuben- 
l>erg,  Dech,  Rossegg,  Rabendorf,  Heilbrunn;  im  Safenthale: 
Waltersdorf, Kaindorf,  U.-Tiefenbach, Hartberg  und P ö  1 1  au; 
im  Lafhitzthale :  Grafendorf  und  Voran  und  endlich  im 
Pinkathale:  Dechantskirchen  und  Friedberg.  Zeigen 
erstlich  die  im  Drucke  hervorgehobenen  Orte  die  nördlichste 
Grenze  dieser  Fundstätten,  so  zeigt  sich  anderseits  in  den 
Urkunden  des  neunten,  zehnten  bis  zwölften  Jahrhunderts 
diese  Gegend  als  bevorzugtes  deutsches  Colonisationsgebiet, 
mit  zahlreichen  Ortschaften,  unter  denen  grossentheils  jene, 
die  wir  als  antike  Fundstätten  aufzählten,  bedeutsam  hervor- 

X^nk«iL  do  hist.  Vcrafni  f.  Bkalerniark,  XXVIl.  Heft,   1879.  4 


—      50     — 

treten.  Dagegen  gab  es  yerhältnissmässig  dünne  Slaven- 
ansiedlung  im  Raabgelände,  was  als  bedeutsame  Thatsache 
erscheint  Halten  wir  diese  kurzen  Erörterungen  im  Zusammen- 
hange mit  den  früheren  Angaben  über  die  numerischen  Ver- 
hältnisse slavischer  Ortsnamen  des  Oberlandes  fest,  so  ergeben 
sich  zwanglos  nachstehende  allgemeine  Schlüsse: 

1.  Die  Summe  der  antiken  Fundstätten  des  steiri- 
sehen  Oberlandes  steht  in  einem  unläugbaren  Gleichmasse 
zu  den  Slavenansiedlungen  und  der  deutschen  Oo- 
lonisation  des  9.— -12.  Jahrhunderts;  insofeme  von  dich- 
teren AnSiedlungsgebieten  die  Bede  ist 

2.  Dieses  Verhältniss  tritt  auf  dem  oberen  und  mitt- 
leren Murboden  und  im  Raabgelände  in  (reltung. 

3.  Ueberall  aber  zeigt  sich  das  Slaventhum  entweder 
nur  in  lockeren  gruppenweisen  Beständen  oder  in  zerstreuten 
Einzelniederlassungen,  vorwiegend  in  breiten  Thalungen  oder 
an  der  Ausmündung  der  Thalgräben,  —  den  Hochgräben  und 
dem  Bergwalde  fernbleibend. 

4.  Das  Mürzthal  und  seine  Nachbarschaft,  noch  mehr 
das  breite  Gebirgs-  und  Waldgelände  zwischen  Enns  und  Mur 
an  der  Wasserscheide  beider  und  vor  Allem  dasSalzagebiet 
erscheinen  als  grossentheils  unberührt  von  römischer  Kultur- 
thätigkeit,  als  späterer  Colonisationsboden  der  slavischen  und 
deutschen  Ansiedlungsepoche.  Gleiches  gilt  vom  Ennsthal 
in  seinem  Haupttheile,  doch  erscheint  dasselbe  zufolge  seines 
Zusammenhanges  mit  dem  Traungaue  Ober  -  Oesterreichs 
und  mit  demSalzburger  Hochstiftslande  verhältniss- 
massig  rascher  als  deutscher  Ansiedlungsboden  mit  slavischer 
Grundlage  entwickelt 

5.  Jedenfalls  waren  bei  diesem  landschaftlichen  Gepräge  und 
dem  oben  erörterten  Zahlenverhältniss  zwischen  den  Ortsnamen 
slavischer  Wurzel  und  der  Masse  heutiger  Ortsnamen  im 
Ganzen,  gering  gerechnet,  zwei  Dritttheile  des  jetzt 
bewohnten  Oberlandes  erster  oder  neuer  Ansiedlung 
und  Urbarmachung  gewärtig. 

G.   Das  obere  Raabgebiet  bildet    eine  scheinbare 


—     51     — 

Anomalie  mit  Rücksicht  darauf,  dass  die  antiken  Fundstellen 
offenbar  auf  dem  wichtigen  GrenzgemÄrke  Norikums  und  Pan- 
noniens  dichter  gesäet,  derart  gegen  die  slavischen  Ortsgrün- 
dungen überwiegen ;  immerhin  aber  gewahren  wir  sie  in  Thal- 
läofen  von  Flüssen  slavischer  Namensform,  und  das  starke 
Zurücktreten  slavischer  Ortsnamen  gegen  deutsche  auf  diesem 
Boden  erklärt  sich  einfach  daraus,  dass  hier  inmitten  des 
ilünn  gesäeten  Slaventhums  verhältnissmassig  früh  der  grösste 
Grundbesitzer,  nämlich  die  Salzburger  Kirche,  colonisi- 
rend  eingriff. 

Bei  diesen  grossen  Bodenmassen,  die  der  im  Oberlande 
^  sich  dünn  gesäeten  slavischen  Bevölkerung  so  gut  wie 
ganz  fremd  blieben,  gab  es  endlich  Raum  vollaufzurunmittel- 
t^ar^n  Colonisation  durch  das  deutsche  Volks- 
element,  —  so  zwar,  dass  sie  jene  Art  von  Ansiedlung 
überwog,  zu  Folge  deren  der  deutsche  Ansiedler  inmitten 
bereits  bestehender  slavischer  Ortschaften  oder 
in  deren  Nachbarschaft  sesshaft  wurde. 

Die  Urkunden  des  10.,  11.,  12.  Jahrhundertes  lehren, 
«^e  viele  Schenkungen  an  Grund  und  Boden  deutschen  Hoch- 
stiften und  Klöstern,  Hochadeligen  und  Dienstmannen  edler 
Geburt  durch  die  Karolinger  und  ihre  Nachfolger,  die  deutschen 
Könige,  zu  Gute  kamen.  Allgemach  füllten  sich  auch  die 
Pngeren,  früher  unbewohnten  Gebirgsthalungen  mit  Gehöften 
und  Ortschafben,  in  den  gemischten,  slavisch-deutschen  Ge- 
benden wurde  die  deutsche  Nationalität  die  überwiegende, 
herrschende,  und  assimilirte  oder  absorbirte  allge- 
inach  die  numerisch  schwächere  slavische  Be- 
völkerung, die  eben  keinen  Nachschub  erhielt,  überdies 
äich  in  ihrer  sozialen  Stellung,  was  die  Grundunter- 
^hänigkeit  betriül,  augenscheinlich  minder  berechtigt  gedacht 
'werden  müss  als  der  deutsche  Ansiedler.  Denn  die  slavische 
Bevölkerung  ward  denn  doch  immer  mehr  einer  fremden,  der 
«lentschen  Herrschaft  unterthänig,  unter  verschiedene  geistliche 
^nd  weltliche  Herren  —  sammt  den  von  ihr  behausten  Boden- 
gründen  —  vertheilt,  während  die  deutsche  Bevölkerung  mit 

4* 


—     52     — 

diesen  Grundherrschaften  ins  Land  kam  oder  dahin  unter 
günstigeren  Verhältnissen  verpflanzt  wurde;  jedenfalls  also 
bestimmte  Colonistenrechte  genoss. ^) 

Wenn  man  auch  annehmen  wollte,  dass  ein  Theil  dieser 
oberländischen  Slavenbevölkerung  auswanderte,  etwa  nach 
Untersteier,  was  vielleicht  als  Argument  für  die  Verdichtung 
der  unterländischen  Anwohnerschaft  verwerthet  werden  könnte, 
so  wäre  eine  solche  Annahme  theils  problematisch,  theils  nur 
in  sehr  beschränktem  Sinne  statthaft,  da,  abgesehen  von  der 
Geräumigkeit  des  ohnehin  dünn  bevölkerten  Ansiedlungsbodens 
im  Oberlande  —  der  slavische  Bauer  fest  an  seiner  Scholle 
klebte  und  nirgendwo  ein  besseres  Loos  der  Grundunterthänig- 
keit  gefunden  haben  würde.  —  Ergermanisirte  sich  im 
Grossen  und  Ganzen.  Dies  konnte  um  so  durchgreifender  und 
nachhaltiger  vor  sich  gehen,  je  aUmäUger  es  eintrat,  je  länger 
wir  Slavisches  und  Deutsches  im  gesellschaftlichen  Leben,  in 
Ilechtsbrauch  und  Sitte  aneinandergrenzend  gewahren. 
So  finden  wir  z.  B.  urkundlich  noch  um  1070  slavische  Hüben 
oder  Ackermaasse  in  der  Gegend  von  Leoben  angeführt; 
zahlreiche  Hörige  mit  slavischen  Namen  neben  deutschen 
erscheinen  um  1030  in  der  Gegend  des  obersteierischen  Ortes 
Lint,  um  dieselbe  Zeit  bei  Scheifling,  einzelne  o.  1042 
in  der  Gegend  von  Graz  u.  s.  w.,  —  und  so  wie  jene  Zeit 
slavisches  und  bairisches  Ackermaass  ausdrücklich 
scheidet,  bairischenRechtsbrauch  speziell  hervorhebt ' ), 


*)  Einen  beachtenswerthen  Beitrag  zur  qaeUenmässigen  Geschichte  der 
grundherrschaftlichen  und  Grundunterthänigkeitsverhältnisse  lieferte 
L.-Arch.  Prof.  v.  Zahn  i.  s.  Abh.  „Die  Freising.  Güter  i.  d.  Steier- 
mark«* (Mitth.  d.  h.  V.  f.  St.  11.  Bd.  1861).  Die  von  Prof.  Dr.  F. 
Bisch  off  vorbereitete  Weist  hümersammlung  wird  hiefßr 
eine  massgebende  Grundlage  liefern. 

^)  So  finden  wir  in  der  um  1030  ausgestellten  Urkunde  des  B.  Egilbert 
V.  Freising,  worin  er  mit  dem  adeligen  Herrn  Sighart  Güter 
und  Hörige  zu  Lint  gegen  andere  zu  Scheifling  austauscht,  folgendo 
Namen  von  bischöflichen  Hörigen  oder  Figenleuten :  Ratigoi*,  Sitiuit*, 
Adalprcht,  Wola*,  Sitilaz,  Bratreza*,  Dobroziza*,  Gelen*,  Wito- 
brater*,  Uraniza*,  Brazuta*,  Radoz*,  Steizemo*,  Dridodrago*,  Egizi, 


—     53     — 

so  zeigt  sie  auch  deutsches  und  slavisches  Wesen  als  gleich- 
berechtigt wenn  neben  den  deutschen  hochadeligen  Herren 
und  Frauen  auch  slavische  Güterbesitzer,  freier  und 
edler  Abkunft  genannt  werden,  so  z.  B.  um  1148  die  edle 
Frau  Dobronega,  um  1188  Tridizlau  mit  seiner  Gattin  Slava, 
die  Stifter  der  Kirche  zu  Liesing,  1190  Mogoy  von  Gestnich 
(Gösting)  u.  a.  Ob  Gaugraf  Turdegowo  im  1 0.  Jahrhunderte 
dem  slav.  Adel  zugerechnet  werden  solle,  ist  eher  zu  bejahen 
als  zu  verneinen,  da  die  andere  urk.  Namensform  Durgowes 
noch  mehr  dafür  spricht. 

Das  Gleiche  spiegelt  sich  in  dem  Vorkommen  der  Orts- 
namai  slavischer  Grundform,  dicht  nebeneinander  in  Gegenden 
durchaus  jetzt  deutscher  Bevölkerung. 

Die  deutsche  Bevölkerung  hat  jedoch  nicht  blos 
das  Gebiet  der  Steiermark  bis  gegen  den  Draustrom  durch 
friedliche  Waffen,  mit  der  Macht  der  Arbeit  und  Cultur  er- 
obert, sie  hat  sich  auch  im  Unterlande  heimisch  gemacht, 
UBd  vor  Allem  in  den  Städten,  die  in  der  Regel  um  Pfalzen 
oder  Herrschaftssitze  der  Markgrafenherzoge  als  Ansiedlungen  von 
Gewerbs-  und  Handelsleuten  erwuchsen.  M  a  r  b  u  r  g,  d.  i.  March- 


Sicca,  Otloch,  Dridogoi*,  Imiza*,  Sigipurach,  Aza,  Gohza,  neben 
denen  des  Adelsherren :  Peraman,  Zato*,  Adelhalm,  Scizniz*,  Woluolt, 
Pero,  Dietrich,  Trebeiza*,  Ruoza*,  Imala*,  Mirlaz,  Penno,  Dobriza*, 
Anza^,  Dietta,  Dieza,  Dietrat,  Rihpolt,  Meiza*,  Adalsuint,  Radonga*, 
Ecegoi* ;  die  mit  Sternchen  bezeichneten  sind  entschieden  slavischer 
Herkunft.  —  Die  „Hörigen",  welche  K.  Heinrich  HL  dem  Mkgfh 
Gotfrid  mit  2  Hüben  zu  Gestnic  (Gösting)  b.  Graz  schenkt: 
Wengei,  Stano,  Trevino  und  Obolom  sind  —  vielleicht  mit 
Ausnahme  des  Erstgenannten  —  ebenso  Slovenen. 

nSlavische"  Hube  (mansus,  huba,  sclavonicus-a)  erscheint  z.  B.  1065 
b.  Katsch  (Catzis),  in  Peterdorf,  1070  in  der  ^ Grafschaft  Leoben 
(Liobane)",  1140  zu  Stegersdorf  (Stoigoistorf)  und  Mooskirchen 
(Mosen)  im  Kainachthaie,  bei  «Edilingen**  im  Liesingthale, 
b.  Traboch,  1160  zu  Trausdörf  (Trasmestorf)  b.  Graz,  1172  zu 
Krotendorf  b.  S.  Florian  a.  d.  Lasnitz,  u.  a.  m.  Die  nach  b airi- 
schem Rechtsbrauche  beim  Ohrläppchen  herangezogenen 
Zeugen  (testes  per  aures  attracti,  testes  auriculares)  sind  eine  häufige 
urkundliche  Erscheinung. 


—     54     — 

Markburg,  die  „Burg  der  Mark"  als  „Stadt*  seit  dem  Schlüsse 
des  12.  Jahrh.  in  Urkunden  auitauchend,  als  „Burg^^  bereits 
1164  genannt  und  unzweifelhaft  älteren  Bestandes,  —  zeigt 
durchaus  deutsche  Altbürgerschaft*).  Gleiches  findet  sich  bei 
Cilli.  Allerdings  war  das  einst  blühende  norisch-römische 
Celeja  seit  der  Völkerwanderung  verfallen  und  klein  geworden ; 
der  Chronist  des  14.  Jahrhunderts,  Johannes  Abt  von  Viktring, 
spricht  von  der  antiken  Trümmerwelt  im  Umkreise  dieses 
Ortes,  desgleichen  im  15.  Jahrh.  Enea  Silvio  als  Kosmograph. 
Immerhin  haftete  an  Cilli  eine  unverwüstliche  Bedeutung.  Es 
blieb  der  Vorort  des  Santhales;  der  untermärkische 
Graf  Günther  von  Hohenwart  (tll49)  schreibt  sich  „Graf 
von  Cilli",  die  Heunburger  Grafen  nahmen  hier  ihren  Sitz, 
und  ein  kräftiges  Gemeinwesen  bestand  unter  den  Grafen 
von  Cilli,  wenn  auch  CiHi  erst  um  1451  das  Recht  der 
Ummauerung  als  geschlossene  Stadt  erhielt  —  Selbst  in 
Pettau  (Bettove,  Petow,  Pettaw),  das  als  civitas  im  9.  Jahrh. 
wieder  auftaucht  und  als  „untere"  und  „obere"  Stadt  unter- 
schieden wird,  deren  Dritttheil  einem  „Karantaner"  (d.  i.  einem 
slovenischen  Adeligen)  gehörte,  wegen  dessen  Hochverrathes 
jedoch  der  Salzburger  Kirche  verliehen  ward,  wie  der  aller- 
dings gefälschte  aber  in  einer  echten  Kaiserurkunde  vom 
7.  März  97Ö  inhalthch  erneuerte  Gabbrief  erzählt,  wurde  der 
Kern  des  Bürgerthums  deutsch,  wie  Urkundennamen  des  13. 
Jahrhunderts  bezeugen. 

So  entwickelte  sich  auch  ziemlich  rasch  auf  aiitiker,  norisch- 
römischer  und  slovenischer  Grundlage  im  „Mittellande"  zwischen 
der  oberen  oder  karantanischen  und  der  „unteren*  Mark  — 
der  Ort  Leib nitz  (Libenica,  Lipnizza,  Libenlc,  Libniz,  Libe- 
nizze,  Libenz)  als  salzburgische  Colonie,  dort  wo  einst 
Flavium  Solvense  (Seckau  -  Leibnitz)   stand    und   später    der 


")  Darüber  handelt  Prof.  Rud.  Reichel  in  der  beachtenswerthen 
Abhandlung  im  Marburger  Gymn.  Progr.  v.J.  1867:  „Die  deutschen 
Geschlechtsnamen  mit  besonderer  Rücksicht  auf  Marburger  !Na- 
men.  *  Es  wäre  wünschenswerth,  wenn  wir  eine  Reihe  solcher  spradi- 
und  lokalgeschichtlicher  Monographien  besässen. 


—     55     — 

Doppelort  (?)  Ziub  (1051:  Ziuip)  und  Lipnizza  890—970, 
je  als  „civitas"  bezeichnet,  erwachsen  war.  Er  und  das  ganze 
Leibnitzer  Feld  wurden  im  Laufe  der  nächsten  Jahrzehende 
deutscher  Ansiedlungsgrund.  —  In  gleicher  Weise,  d.  i.  auf 
slavischer  Grundlage  müssen  wir  uns  im  ;, Oberlande''  Leoben 
(TgLo.),  den  alten  Pfalz  ort  des  pfakbairisch-traungauischen 
Grafengeschlechtes,  erwachsen  denken,  welcher  als  „Stadt'' 
aiierdfflgs  erst  in  der  letzten  Zeit  der  Traungauer,  seit  1160, 
urkundlich  auftritt  Es  verhält  sich  damit  offenbar  ganz  ähnlich 
wie  mit  unserer  Landeshauptstadt  Graz  —  Graz'),  deren 
Name  gleichfalls  aus  slavischer  Wurzel  entspross  und  zunächst 
nur  die  „Burgstätte*'  (Burgstadt,  castrum)  —  schlechthin  be- 
deutet Als  solche  mochte  sie,  wie  dies  schon  di'e  eigen- 
thümliche  centrale  Stellung  des  Schlossberges  in  der  breiten 
Thalebene  nahe  legt,  in  dem  alten  mittelsteierischen  Hengst- 
me  (pagus^  comitatus  Hengist,  Heingist  —  vgl.  das  Hengist- 
feldon  am  Schi,  des  9.  Jahrb.,  woselbst  K.  Arnulf  mit  Brazlawo, 
dem  befreundeten  Slavenfürsten,  eine  Zusammenkunft  hatte), 
eine  hervorragende  Stellung  behaupten,  und  so  hat  die  scharf- 
jjinnige  Conjectur  Felicetti's  Vieles  für  sich,  der  die  um  1053 
von  den  Ungarn  als  Bundesgenossen  des  auüständischen  Baiern- 
herzogs  Konrad  besetzte  Hengistburg  in  „Karantanien^^,  — 
dessen  Bestandtheil  unsere  heutige  Steiermark  damals  aus- 
machte, —  als  unser  Graz  auffasst,  wenngleich  die  urkundliche 
Bezeichnung  der  Gegend  Hengstberg  bei  Wildon  (1126  ff. 
Heingist,  Hengiste,  Henngest)   —   mit  den  Pfarren  S.  Mar- 


')  Es  ist  nicht  unsere  Anf^abe,  die  Namensschreibung  Graz  oder 
Graz  zu  erörtern.  Schreiner  und  Jeitteles  handelten  davon 
des  Breitern,  jener  in  der  Steierm.  Ztschr.  Yll.  2.  123  f.;  dieser 
in  den  Mittb.  20.  H.  S.  54  f. 

Schon  in  den  Urkk.  v.  1128—1189  findet  sich  Gracz,  Grace, 
Graiz,  Graze,  Grsece,  Grseci,  Grece,  Gracce,  Graeze  neben  und 
darcheinander.  Für  die  Berechtigung  der  Schreibung  „Graz"  spricht 
das  auch  in  den  anderweitigen  —  Graz  (wie  z.  B.  Grätz  b.  Troppau, 
Königgrätz,  MQnchengrätz  in  Böhmen  u.  s.  w.)  wirkende  Umlaut- 
gesetz,  fOr  „Graz"  das  massgebende  Yolksidiom.  se  c=  ä) 


-     56     — 

gareth^n  und  S.  Lorenzen  —  für  die  Gegend  des  Wildoner 
Berges  zu  sprechen  scheint.  Felicetti's  schwerwiegende  Gründe 
jedoch,  andererseits  die  natürliche  Sachlage,  der  zu  Folge  aus 
dem  Vororte  des  Hengistgaues,  aus  der  Hengist-Burg,  Gradec 
schlechthin  von  den  anwohnenden  Slovenen  genannt,  die  schon 
seit  1128  urkundlich  genannte  und  bevorzugte  Pfalz  der 
Traungauer,  die  Landeshauptstadt,  als  bairische  Kolonie 
deshalb  auch  („Pairisch-Grez" ,  Gredum  bavaricum  ^) ,  zum 
Unterschiede  von  „Windisch-Graz"  genannt),  amFusse  der  „Burg" 
erwuchs,  kämpfen  jenie  Bedenken  nieder.  Ueberdies  lässt  sich 
ganz  gut  begreifen,  dass  der  Name  „Hengistburg"  zu  einer  Zeit 
auftauchen  und  ganz  verschwinden  konnte,  während  sich  die 
allgemeinere,  slavisch- deutsche  Benennung  erhielt 

Halten  wir  ferner  Umschau  unter  den  übrigen  Vororten, 
wie  sie  uns  z.  B.  als  „herzogliche  Aemter"  (officia)  in  „der 
ältesten  und  wichtigsten  Statistik^^  des  Landes,  in  dem  landes- 
fürstlichen Hubbuche  oder  im  Rationarium  Styriae  v.  J.  1267. 
der  dankenswerthen  Arbeit  des  Thüringers  Hei  w ig,  Schreibers 
oder  Notars  bei  dem  damaligen  Landeshauptmanne  K.  Ottokars. 
B.  Bruno  von  Olmütz,  begegnen,  —  so  sind  es  im  Ober- 
lande: Brück,  eine  Stadtgründung  des  genannten  Königes 
an  der  wichtigen  Mündungsstelle  (Muoriza-Kimundi)  der  Mürz 
in  die  Mur ;  das  weit  ältere  Judenburg  (Judinburch,  Juden- 
pure)  schon  1074  urkundlich  genannt  und  ein  frühes  Zeugniss 
von  der  Ansiedlung  jüdischer  Geschäftsleute  als  markgräfiiche. 
dann  herzogliche  Kammerknechte,  wie  „Judendorf*  bei  Graz 
und  Gratwein  (c.  1 1 28  schon :  uilla  Judeorum,  Judendorf)  der 
Ansitz  israelitischer  Händler,  welche  vornehmlich  den  Handel 
ach  Oberooteier  mit  den  unterländischen  Weinen  besorgten, 
sobald  diese  die  sog.  „Weinzettel"- Brücke  bei  Graz  als  Ver- 
zollungsstation (Weinzettel  soviel  wie  Wein-Bollete)  passirten 
(urk.  erscheint  auch  ein  Judendorf  bei  Predlitz  c.  1075,  bei 
Leoben?   1230,    und  bei  Judenburg  selbst   c  1208);    ferner 


")  So  schreibt  der  Italicner  Aeneas  Sylvius  im  15.  Jahrb.  zum  Beweise, 
dass  wirklich  Grez  neben  Graz  als  Lautform  bestand. 


—     57     — 

Neumarkt,  neben  dem  weit  älteren  Grazlupp  (Grabsdorf), 
eine  jüngere  Gründung,  erst  seit  der  letzten  Babenberger- 
Epoche  um  1 240  genannt ;  A  u  s  s  e  e  s.  o.  und  das  uralte  A  d- 
moDt,  dessen  Name  nicht  von  dem  lateinischen:  Ad  montes, 
.,Mi  den  Bergen",  abgeleitet  werden  darf,  sondern  wie  die 
älteste  urk.  Schreibung  aus  d.  JJ.  859—1187:  Ademundis, 
Ädamunta,  Ademunt^  Admunt  (vgl.  das  „Orment"  im  Munde  der 
Undbevölkerung)  nahe  legt,  als  „Mündung"  des  Aden-Baches 
in  die  Enns  gedeutet  werden  inuss,  wie  die  Analogie  mit: 
Graanden,   Gmünd,  Lava-   oder  Lavant-gmünd  u.  s.  w.  lehrt. 

Diesen  Oertlichkeiten  haben  wir  noch  das  alte  Z  e  i  r  i  n  g 
(s.  0.),  urk.  s.  1139  genannt,  das  noch  früher  auftauchende 
Rotenmann  =  Cirwina  (s.  o.)  —  s.  927,  1048  und  Knittel- 
feld  beizugesellen, ' das,  weit  jünger,  urk.  s.  1224  als  „Chutel 
—  Cuttel  —  Chnutl  —  Chuettel  -  Felde"  geschrieben,  seine 
reindeutsche  Gründung  sattsam  verräth.  Mürzzuschlag 
<MUerzzuoslag)  tritt  erst  s.  1235  urkundlich  auf. 

Im  Mittellande  als  zum  Murgebiete  gehörig:  Voits- 
berg  (Voitesperch,  voit:  Vogt),  bei  dem  älteren  Piber,  als 
sßurg"  s.  1183,  als  „S.  Margarethenkirche  von  Piber"  be- 
reits s.  1103  angeführt,  das  eine  sehr  haltlose  Combination 
gar  mit  Wogastisburg,  dem  Schlachtplatze  zwischen  dem 
semonischen  Slavenbunde  und  dem  merowingischen  Franken- 
heere nach  622  in  Verbindung  setzen  wollte,  und  Wildon 
IS.  1147  Wildonie,  Wildonia),  auf  dessen  Namen  wir  noch 
zurückkommen  werden ;  femer  Radkersburg(1182  Rakers- 
purch,  Racherspurc,  Radechspuch),  dessen  urkundliche  Schrei- 
bung in  den  Jahren  1211 — 1Ö69:  Ratcoys-,  Rategoys-,  Ratigoys- 
purch  oder  bürg  auf  den  wahren  Ursprung  des  Namens,  die 
Burg  des  Rategoy,  Ratigoy,  auf  einen  Slavennamen  zurückführt 

Dazu  seien  nochLeibnitz  (s.o.),  Fürstenfeld,  eine 
Gründung  der  Babenbergerzeit  s.  1200  (1208  als  Zollstätte 
genannt)  und  Luttenberg,  als  Gegend  1174:  Lutun  werde 
geschrieben  Qnt  oder  liut  und  werder:  Insel?  mit  Rücksicht 
auf  die  Bodenstellung  des  Ortes)  angeführt 


—     58     — 

Dem  Raabgebiete  gehören:  Birkfeld  (s.  1268  gen.) 
und  Feldbach  (s.  1188?  urk.  gen.)  an. 

Die  Vororte  des  Unterlandes,  Marburg  und  Pettau, 
welche  in  dem  i,Rationarium^^  aufgeführt  erscheinen,  wurden 
bereits  behandelt,  ebenso  wie  Cilli;  noch  seien  Tiffer  (als 
„Tyuer"  1182  ein  Name  unklaren  Ursprunges)  und  Sachsen- 
feld (Sachsenuelde  1182)  aus  jenem  Verzeichnisse  angeführt 

Man  ersieht  aus  diesem  Ueberblicke,  wie  sehr  unter  den 
Vororten  des  Liandes  die  deutsche  Namensbildung  vor-* 
herrscht  und  auf  die  deutsche  Gründungsepoche  zurückleitet 

Anderseits  darf  uns  der  deutsche  Name  von  Ortschaften 
inmitten  der  zusammenhängenden  Slavenbevölkerung  des  un- 
teren Landes,  wie  z.  B.:  Schönstein,  Weitenstein,  Lands- 
berg, Hochenegg,  Lindegg,  Drachenburg,  Hörberg,  Peilenstein, 
Lemberg  u.  s.  w.  nicht  beirren.  Der  Name  rührt  nämlich  her 
von  den  bezüglichen  deutschen  Herrschaftsbesitzern 
und  Schlossinhabem,  welche  durch  Schenkungen,  Kauf  und 
Tausch  in  rein  windischen  Landestheilen  handsässig  geworden, 
Anlass  nahmen,  deutsche  Namen  ihren  Burgsitzen  und 
den  Ortschaften  um  dieselben  zu  geben. 

IV. 

Doch  —  wie  müheselig  auch  so  Manchem  unsere 
Wanderung  erscheinen  mag,  noch  sind  wir  nicht  zu  Ende; 
noch  stellen  sich  uns  wichtige  Fragen  in  den  Weg,  die  wir 
nicht  umgehen  dürfen.  Der  Boden  dieser  Fragen  ist  wieder 
vorzugsweise  das  obere  und  mittlere  Steierland. 

Zunächst  drängt  es  den  Geschichtsfreund  sowie  den  Lieb- 
haber der  Sprachforschung  zu  ergründen,  wie  geartet  wohl 
Ursprung,  Bedeutung  undAHer  der  deutschen  Orts- 
namen (beziehungsweise  Gegend-,  Berg-,  Fluss-  u.  s.  w. 
Namen)  des  bezeichneten  Gebietes  seien? 

Die  Frage  nach  dem  Ursprünge  oder  der  Herkunft  dieser 
Namen  ist  bereits  früher  erörtert  oder  doch  berührt  worden; 
wir  brauchen  also  die  gewonnenen  Ergebnisse  blos  zusammen 
zu  fassen  und  zu  ergänzen. 


—     59     — 

Wir  begegnen  erstlich  höchst  vereinzelten  Benennungen, 
die  aus  der  keltisch  -  römischen  Epoche  in  ihrer  Grundform 
sich  erhielten ;  —  zweitens  solchen,  die  nachweislich  slavi- 
schen  Ursprunges  sind  und  deutsch  umgeformt  wurden ;  Namen 
femer,  welche,  obschon  deutsch  auslautend,  bezüglich  der 
Wurzel  bisher  eine  sichere  Deutung  ihrer  Herkunft  nicht 
erlebten  und  noch  immer  dem  Scharfsinn  der  Keltologen, 
Romanisten,  Germanisten  und  Slavisten  mehr 
minder  als  artiger  Rebus  entgegentreten. 

Wir  haben  oben  eine  bezügliche  Aehrenlese  unter  den 
Höhennamen  des  Oberlandes  veranstaltet.  Auch  unter 
den  Ortsnamen  gibt  es  solche  offene  Fragen,  die  der  Kelto- 
oder  Rhätologe,  der  Germanist,  Slavist  und  Romanist  unter 
das  Messer  seiner  Forschung  nehmen  möge.  Hier  seien  nur 
beispielsweise  angeführt: 

Adriach  in  Oberst  b.  Frohnleiten  (urk.  1066  ff.  Agriah, 
Ägrich,  Adriach,  Adria).  Vgl.  Adriach  in  Kä.  Afram  b.  Wildon 
{1147  ff.  Averam,'  Auram,  Aueramsteten;  ist  wohl  ein 
Eigenname?).  Andritz  b.  Graz  (Enderz,  Endrilz  o.  u.  u.  s. 
1290  urk.  aufl).  Vgl  Entriche  —  oder  Enthristanne,  urk.  N. 
iL  Grebenzalpe  b.  Friesach.  Vgl.  aber  auch  d.  untersteier. 
Ändrenzen;  slov.  Eigenname?  Floing  und  Floning  — ? 
slov.  Wzl- :  planina  „Ausholzung,  Rodung*'.  Fo  rmin  in  Unterst, 
im  Pettauer  Gerichtsbez. ?  Furrach  in  Oberst.  Ennsthal. ? 
sLbor:  Fichten-Wald.  Gralla  b.  Leibnitz  (1170,  1190  urk.: 
Graelaw,  Grilow;  slavisch  oder  slavisch  umgeformt?  Wurzel?). 
Malleisten.  (Vgl.  Mallendorf  [slov.  Malna]  in  U.-St.  Ger.-B. 
S.  Leonhard,  Mallebam-in  N.-Oe.)  Wzl.?  malena:  Himbeere 
etwa  maleniStg :  Himbeerenstätte  ?  oder  von  a  1 1  d  e  u  t.  „mal' : 
Grenze  und  „leist":  Weg,  Spur.  Mantrach  b.  Leutschach.? 
Montpreis  in  Unterst,  (urk.  1190:  Munparis)?  Mortantsch 
s  0.  Nug  im  Wildoner  G.-Bez.?  Passail  s.  o.  Ramsau. 
Sa  Ha  b.  Köflach.  Vgl.  d.  krain.  Salla,  slov.  F.  Zala;  d.  ungar. 
Szala  oder  Zala-v&r,  Zala-Egerszeg  u.  s.  w.  slav.?  Sulb  b. 
Deotsch-Landsberg  (1136:  Sulba-,  pa,  pe),  vgl.  o.  Grazlupp, 
Grasulpa  u.  d-  Flussn.  Sulm  (Sulpa).  T  o  b  i  s  Im  Wildoner  Bez  ? 


—     60     — 

sl.  Wzl.  dob.  Vgl.  0.  den  O.-N.  Tober,  die  unterst  Dobje. 
Trafeng;  wahrsch.  slav.  Wzl.  drevo.  Vgl.  d.  unterst  Drevenik 
u.  0.  d.  OO.-NN.  Traboch  u.  Trofajach.  Wildon.  (Vgl  Wüten: 
Veldidena  b.  Innsbruck.) 

Die  Reihe  liesse  sich  allerdings  verlängern,  doch  wir 
müssen  es  bei  dieser  hinreichend  ausgiebigen  Probe  bewenden 
lassen. 

Den  Schluss  unserer  Skizze  haben  jene  Ortsnamen  zu 
bilden,  welche  vorzugsweise  dem  Ober-  und  Mittellande  der 
Steiermark  eigenthümlich ,  die  Hauptmasse  bilden  und  als 
echte  Kinder  der  Mutter  Germania,  als  deutschbürtigc 
Ortsnamen  uns  entgegentreten. 

Die  Bedeutung  der  Ortsnamen,  welche  wir  als  d  e  u  t  s  c  h- 
bürtig  ansehen  müssen,  gliedert  sich  nach  mannigfaltigen 
Gesichtspunkten.  Einmal  sind  es  physische  Verhältnisse,  die 
sich  in  der  Localbenennung  abspiegeln  und  an  dem  Boden 
der  Ansiedlung  haften  oder  doch  ursprünglich  vorhanden  waren. 
So  macht  sich  die  Gestaltung  des  Bodens  in  den  Namen 
geltend,  welche  Berg,  Bühel  (Pichel),  Alpe,  Thal,  Eben  (z.  B. 
Sommer-Eben),  Graben,  Grube,  Klausen,  Winkel;  Graden,  Spitz, 
Grschaid  (Weggschaid),  Krumpen,  Leiten  u.  s.  w.  alleinständig 
oder  in  Zusammensetzungen,  z.  B.  Frohn-leiten,  die  schöne, 
anmuthige  Leiten  oder  Thalung  (mhd.  vröne),  darbieten.  Dahin 
gehört  auch  z.  B.  Hangenberg,  Gleichenberg,  Himberg,  Kind- 
berg (urk.  Chindenberc)  d.  i.  hinter  d.  B.  Vgl  d.  O.-N. 
Hinterberg.  —  Oder  spielt  diese  Rolle  das  belebende  Ele- 
ment der  Landschaft,  fliessendesWasser:  Brunn  (Quelle), 
Bach,  Ache  erscheint  im  Namen  ausgedrückt;  noch  häufiger 
fällt  der  Eigenname  des  Baches  und  Flusses  mit.  dem 
der  Ortschaft  zusammen.  Man  denke  nur  an  die  Mürzsteg, 
Mürzzuschlag,  Murau,  Drauburg,  Kainach  (abgesehen  von  den 
weit  zahlreicheren  Namen  letzterer  Art,  die  wie  Feistritz,  Lafnitz 
u.  s.  w.  slavischen  Ursprunges  sind,  wie  wir  oben  gewahrten). 

Neben  den  Namen  mit  Wald,  Hart,  Haag,  Forst,  Feld, 
Au,  Wies  u.  s.  w.,  die  sich  auf  dieKulturbeschaffenheit 
der  Bodenfläche  beziehen,  finden  sich  auch  solche,  in  denen 


—     61     — 

die  klimatischen  und  atmosphärisclien  Local- 
verbftltnisse  zum  Ausdrucke  gelangen,  wie  z.  B.  Sommer, 
Winter,  Kalt,  Licht,  Sonn,  Schatt(en).  So  ist  vielleicht  Kall- 
wang  als  Kalten wang  (wang,  wanc  im  Althochd.  Bezirk,  Nieder- 
lassung) aufzufassen,  wenngleich  auch  eine  zweite  urkundliche 
Namensform:  Cheichel.  Chichel-wang  für  anderes  („Kall-'^ 
keltisch?)  zu  sprechen  scheint  Femer  spiegelt  sich  in  den 
Ortsnamen  die  besondere  Bodenfarbe,  die  Anmuth  oder  Wild- 
heit, also  die  P  h  y  s  i  0  g  n  0  m  i  e  der  Gegend  zur  Zeit  der  Orts- 
grOndung;  wie  die  Zusammensetzung  mit:  grün,  schwarz,  roth, 
schön,  eben,  wild,  bösen  —  veranschaulichen.  Namenbildungen 
mit:  Vorder,  Hinter,  Ober,  Unter,  Nieder,  Hoch,  Inner  —  beziehen 
sich  auf  die  L  a  g  e  der  Ortschaften  zu  einander.  Die  Zusammen- 
setzungen mit  „Strass''  (Strasse)  bei  Orten  an  uralten  Ver- 
kehrswegen oder  mit:  Fürth,  Steg,  Brück  (Biilcke)  sind 
ebenso  selbstredend,  wie  anderseits  die  Benennungen:  Oed, 
Einöd  (Str assgang,  Strassengel,  urk.  Strazinolun, 
Strazindel  —  wahrsch.  Strass-zengelin  (mhd.  demin.  v.  zange), 
die  „Zange''  der  Strasse,  wo  letztere  einen  engen  Bug  be- 
sehreibt) Die  Ortsnamen  knüpfen  sich  auch  an  die  Gesteins-, 
Pflanzen  und  namentlich  an  die  Thi erweit  Die  Metall- 
schätze des  Bodens,  Wald-  und  Obstbäume,  Gesträuche, 
Blumen,  Wald-  und  Hausthiere  treten  in  ihnen  zu  Tage. 
Beispiele  liefert  jedes  Ortslexikon  der  Steiermark. 

Man  denke  nur  an  die  Ortsnamen  Bircha  (Birke)  und  die 
bezüglichen  Zusammensetzungen,  an  die :  Buche,  Eiche,  Lerche, 
Hasel,  Kirsche,  Bhue  u.  s.  w.  in  ihrer  namenbildenden  Rolle, 
an  die  Compositionen  mit:  Hirsch,  Hase,  Kuh,  Geis,  Gemse, 
Eber,  Fuchs,  Geier,  Rabe,  Falke,  Taube  u.  s  w.  Fisch,  Krebs 
(„Krois^'  im  Idiom :  Kroisbach  u.  s.  w.),  an  P  f  1  i  n  d  s  b  e  r  g  (v.  d. 
altd.  vlins:  Kiesel,  Fels)  bei  Aussee,  an  Erzberg  bei  Passail, 
Bleiberg  bei  Alt-Irdning,  Eisenerz,  Eisenberg  bei  Hausmann- 
stätten, Eiseneck  in  der  Schladnitz  (Göss),  Silberberg  (Gegend 
bei  Gradwein),  Silbergraben  bei  Trofaiach,  Goldsberg  bei  Kapfen- 
berg,  die  Goldtratten  bei  Maria-Zeil,  wobei  aber  immerhin  es 
zweifelhaft  bleibt,  ob   nicht  das  „Gold"  eine  Umformung  des 


—     62     — 

slov.  goly:  kahl,  sei  u.  s.  w.  Hieher  gehören  auch  die  O.-N. 
mit  dem  Grdw.  bla,  plä  (blähen,  blalien)  z.  B.  Piaberg,  Piahüten 
u.  A.,  welches  letztere  Eisen-  oder  Erzschmelze  oder  -Röste 
bedeutet 

Gerade  aber  die  Musterung  der  T hier n amen  in  un- 
seren heimischen  Ortsbenennungen  liefert  sehr  bedeutsame 
Anhaltspunkte  für  die  Oertlichkeiten  oder  den  lokalen  Charakter 
der  historischen  Fauna,  und  zwar  vor  allem  in  Bezug 
jener  Thiere,  welche  gegenwärtig  hierzulande  als  gegendweise 
ausgerottet  oder  im  ganzen  Lande  bereits  ausgestorben  zu 
gelten  haben.  Schon  der  Gegendname  Sausal,*  der  heute 
eines  der  schönsten  Rebengelände  des  mittelsteirischen  Gebietes 
trägt,  fesselt  unsere  Aufmerksamkeit,  denn  die  Urkunden  des 
10.  und  11.  Jahrhunderts  bezeugen,  dass  damals  diese  Gegend 
— -  in  der  alten  Form  Süsil  —  in  der  That  das  war,  was  noch 
der  gegenwärtig  bräuchliche  Name  bezeichnet,  nämlich  ein  Jagd- 
gebiet, ein  Forst  (nemus),  in  welchem  das  Wildschwein 
neben  dem  Bären  und  Wolfe  hauste. 

Die  Bärenthal,  Bärendorf  (Bemdorf),  Bärenegg  (Pemegg), 
vgl.  die  benachbarte  „Bärnschtttz^  beiMixnitz,  Bärenau,  Bernau, 
Berngereith  (Bemreith),  bezeugen  nicht  in  allen  aber  doch  in 
zaidreiehen  Fällen  die  Zuständigkeit  des  Bären,  jene  ausge- 
nommen, wo  an  den  Personennamen  Pero  zu  denken  ist 
(ein  V.  Z.  mit  Recht  geltend  gemachtes  Bedenken),  gleichwie 
unter  gleichem  Vorbehalte  die  Wolfberg,  Wolfdorf,  Wolfgrub, 
Wolfthal  die  seines  länger  ausdauernden  Gesellen,  des  Wolfes. 

Bei  Auerbach  muss  man  vorsichtig  sein,  denn  wie  nahe 
es  auch  liegt,  an  den  Ur,  Auer  zu  denken ;  man  darf  anderer- 
seits nicht  vergessen;  dass  das  Auer  in  slavisch -  deutschen 
Landschaften  auf  das  ältere  slavische  javor:  Ahorn  zurück- 
fuhrt, wie  die  Formen  Jauer,  Jauerling  (javor,  javorina)  neben 
Auer,  Auerling  (s.  N.-Oesterreich :  Auerthal,  Kärnten :  Auerling, 
Krain:  Jauerburg,  Jaurowic)  beweisen. 

Der  gemüthliche,  stilllebende  aber  kostbare  Biber  er- 
scheint in  den  Ortsnamen  Piber,  Piberegg,  Gradenpiber, 
Hirschegg-Piber  verewigt;  während  er  auffällig  genug  —  auch 


—     63     — 

nicht  in  der  slavischen  Namensform :  bobr,  de^man  —  keinem^ 
Ortsnamen  der  beiden  anderen  innerösterreichischen  Länder 
(wohl  aber  Nieder-Ocsterreich :  Biberschlag,  und  insbesondere 
Ober-Oesterreich :  Biber,  Piberbach  und  3  Piberschlag)  angehört 
Um  so  leichter  erklären  wir  uns  das  Aussterben  des  biederen 
Castors,  nach  dessen  Pelze  und  Geil  man  so  eifng  fahndete. 
Immerhin  war  nicht  blos  im  15.  Jahrhundert  der  Biber  noch 
hi  uns  heimisch,  sondern  ein  Patent  K.  Karls  VI.  v.  J.  1723 
nennt  unter  dem  Wilde,  dessen  Jagd  verboten  war,  neben  der 
Fiischotter  und  dem  Fasane  auch  noch  den  Biber.  Doch  muss 
der  Aermste  wohl  schon  bald  darauf  verdorben  und  ver- 
schollen sein. 

Halten  wir  Rundschau  unter  den  Vogelnameji,  so 
bietet  sich  uns  ein  komisches  aber  lehrreiches  Exempel  einer 
der  stärksten  Yerballhomungen,  die  einem  von  Hause  aus 
i^lavischen  Ortsnamen  begegnen  konnten ;  und  mahnt  dies  Bei- 
spiel zu  doppelter  Vorsicht  bei  der  Ortsnamenforschung-  Be- 
kanntlich gibt  es  im  slovenischen  Unterlande  einen  Ortsnamen 
Kranichsfeld;  wer  würde  da  nicht  an  den  Kranich  denken? 
Kranichsfelds  slovenischer  Name  lautet  jedoch  R  a  6  j  e  d.  i.  ra£je 
polje,  zu  Deutsch  Krebsen-  oder  mundartlich  Kroisenfeld ;  man 
vergleiche  es  mit  den  zahlreichen  steirischen  und  überhaupt 
innerösterreichischen  Kroisbach,  Kroisendorf  u.  s.  w.  Wie  kam 
denn  um  alle  Welt  statt  Kroisenfeld:  Kranichsfeld  zur  Geltung? 
^ranz  einfach.  —  In  einer  alten  Aufeeichnung  wurde  der 
slavische  Ort  Raöje-pole  als :  campus  „crois,  cruis^^  bezeichnet. 
£m  Pfleger  oder  Amtmann,  der  sich  besser  auf  sein  haus- 
backenes Latein  als  auf  Urkundensprache  verstand,  las  aus 
dem  campus  „cruis^^  ein  campus  gruis  also  das  Feld  des 
Kranichs  (lat.  grus,  gruis)  heraus  und  so  prunkte  fortan 
ein  ,9Kramch8feld''  unter  den  deutschen  Ortsnamen  der  Steier- 
mark. 

Unwillkttrlich  erinnert  das  an  einen  anderen  analogen  Fall 
mit  der  Deutung  des  Gegendnamens  K  a  i  s  e  r  a  u  bei  Admont. 
We  alte  urkundliche  Form  Chaiserowe  bedeutet  nichts  an- 
deres als   Käserau,    die  Au  der  Stiftskäser  oder  Käs- 


—     64     — 

Schaffner;  die  spätere  Zeit  machte  daraus  eine  Kaiser  au 
und  zwar  in  dem  Sinne,  den  wir  mit  dem  Worte  Kaiser  ver- 
binden. Dachte  man  doch  bei  dem  harmlosen  im  slavischen 
Idiome  stammbürügen  Af lenz  an  einen  „Afien'^  (vgl.  Affen- 
berg, Affenthal;  wahrsch.  v.  afia  =  aha  d.  i.  Ache  „Gewässer  % 
oder  V.  af  (auf)  dem  Berg,  af  (auf)  dem  Thal)  als  Namensvater 
und  so  Mancher  will  sich  nicht  mit  der  nächsüi^egenden  Be- 
deutung des  Ortsnamens  Judenburg  zufrieden  geben,  son- 
dern meint,  es  solle  eigentlich  Juden  würg  heissen,  da  man 
daselbst  seinerzeit  die  lästigen  Juden  „gewürgt^  hätte! 

Nicht  minder  reich  zeigt  sich  die  Gruppe  von  Ortsbe- 
nennungen, welche  wir  mit  allgemeinem  Schlagwort:  social- 
geschichtliche  nennen  möchten.  Zunächst  spiegelt  sich 
in  ihnen,  wie  z.  B.  in  den  Namen  mit  Greit  (d.  i.  Gereute, 
Rodung),  Gschwend,  Brand,  Acker,  die  primitiveCultur- 
a  r  b  e  i  t  als  Grundlage  der  Ansiedlung.  Die :  Siedel,  Stift,  Stätten, 
Saz  (Säz),  Haus,  Hof,  Maier  (Maierhof),  Stadl,  Stall,  Dorf,  Burg, 
Markt,  bezeichnen  die  Niederlassung  nach  ihrer  ursprüng- 
lichen Beschaffenheit  und  Form.  Die:Schwaig,  Jager- 
berg, Gjaidhof  (Jagdhof),  Fischern,  Mühldorf,  Mülln  u.  s.  w. 
beziehen  sich  auf  besondere  wirthschaftliche  und  ge- 
werbliche Bestände;  die  Mauthdorf,  Mautern,  Amtmanns- 
doi*f,  Hofamt,  Kellerdorf ...  auf  grundherrschaftliche  Ver- 
hältnisse. 

Die  so  zahlreichen  Ortsbenennungen  nach  Schutzhei- 
ligen oder  Kirchenpatronen;  man  denke  nnr  an  die 
vielen  Maria,  Marein,  S.  Michael,  S.  Johann,  S.  Stephan, 
S.  Georgen,  S.  Peter,  S.  Lorenzen  u.  a  w.,  erklären  sich  aus 
der  ursprünglichen  Bedeutung  der  Kirchengründungen ;  ebenso 
wie  die  zahlreichen  kirchen  im  Aus-  und  Anlaut  der 
Namen  (Kirchfeld,  Kirchberg,  Feldkirchen,  Mooskirchen  .  . .). 
Der  etwas  beirrende  Name  Sinabelkirchen  erklärt  sich 
leicht  aus  dem  mhd  sinewel  oder  sinwel,  was  rund,  kugelrund 
bedeutet,  also  die  „runde  Kirche"  gab  dem  Orte  den  Namen. 

Der  gesellschaftliche  Rang  oder  Stand  des  Be- 
sitzers offenhält  sich  beispielsweise  in :  Bischofberg,  Fischender f, 


—     65     ~ 

Bischofedorf  (Pischlsdorf  s  Abtsberg,  Abtissendorf,  Abtsthal  bei 
Mureck,  Dechantskirchen,  Pfarrsdorf,  Pfaffendorf,  Mönichwald, 

io:  BQi^erfeld,  Herrenberg,  Grafendorf,  Fürstenfeld Doch 

würde  man  sehr  irren,  wenn  man  z.  £.  Alpennamen  Ober- 
steiers,  wie  z.  B.  Königsreith,  Königreich- Alm, 
Königs-  Au,  Alpe,  darauf  zurückführen  wollte.  Ihnen  liegen 
entweder  Eigen-  oder  Scherznamen  zu  Grunde. 

Besonders  willkommen,  aber  sehr  vereinzelt  sind  Ortsnamen, 
in  welchen  die  Nationalität  oder  Stammbürtigkeit 
der  Ansiediung  zu  Tage  tritt,  wie  z.  B.  in  Windisch- Graz  und 
Bairisch-Graz  (unser  Graz),  Windisch-Landsberg  und  Deutsch- 
Landsberg,  Frankenberg,  Sachsenfeld,  Schwaben  (Hochschwab?), 
Schwäbing  scheint  nicht  hieher  zu  zählen,  denn  die  urk. 
Namensform  Svebenich  (Z.)  dürfte  auf  die  slav.  Wurzel  svibeni 
(Haitriegel)  zurückleiten. 

Eine  sehr  häufige  Namensbildung  verewigt  den  Gründer 
oder  Besitzer  der  Ortschaft;  ihre  Wurzel  ist  also  ein 
Eigenname.  Viele  dieser  Ortsnamen  sind  leicht  zu  deuten, 
wie  z.  B.  Matzlsdorf,  Ottendorf,  Dietersdorf;  —  in  Petersdorf, 
Wemersdorf,  Meinhartsdorf  liegt  die  Deutung  auf  der  Hand; 
nicht  wenige  jedoch  sind  auf  den  ersten  Blick  schwer  erkennbar, 
weil  der  Ueberfluss  der  altern  deutschen  Sprache  an  Kose- 
formen (Verkleinerungen)  und  Abschleifungen  der  Eigennamen 
den  eigentlichen  Namen  oft  räthselhaft  versteckt. 

Hier  kann  nur  die  urkundliche  Namenschreibung  des  Mittel- 
alters den  richtigen  Wink  geben.  Bei  Algers dorf  (Algerisdorf 
1228),  Arndorf  in  d.  Laming  b.  Brück  (c.  1066  ff.  Arpindorf, 
Arben-,  Erm-Dorf),  Arnfels  (1212;,  Ardning  b.  Admont  (urk. 
1074  ff.  Arnich,  Aernich,  Arnieche),  Bertelstein  (Pertelstein), 
Gründung  Bertholds  v.  Emerberg  (Z.);  Enzersdorf  b.  Pels 
(urk.  1170:  Enzinesdorf),  Gers  dorf  b.  Gröbming  (urk.  c.  1144 
Gerichesdorf)  und  Gers  dorf  b.  Strass  (urk.  c.  1144:  Geres- 
thorp),  Hauzenbichl  b.  Knittelfeld  (urk.  1086  Huzinpuhli 
1140  fl  Hucenpuhelen  . . .  „Hauzen^^  die  Koseform  von  Hugilo), 
Heiners  dorf  b.  Fürstenfeld  (urk.  1140  ff.  Heinrichesdorf, 
sive:  Nordenstat),  Hennersdorf  b.  Marburg  (urk.  c.  1100 

IGtthcil.  d«i  htot.   Vereins  f.  Steiermark,  XXVIJL  Heft,   1879.  5 


—    66    — 

ff.  Huonoldisdorf),  Herb  er  stein  (Herwigesstein),  H  erber  s- 
dorf  b.  Wasen  (urk.  1139  f.  Hartwigestorf,  Herwigstorf), 
Hetzendorf  b.  Judenburg  (Hezindorf  1055)«  Lasseisdorf 
(urk.  1106  ff.  Ladazlawistorf ,  Lazlaustorf) ,  Riegersburg 
(urk.  1138— 1280  Ruotkerspurch,  Ruotgeres-,  Rutkers-,  Rudi- 
gers-purch,  purg),  Seibersdorf  bei  Leibnitz  (urk.  1281  f. 
Sibotsdorf,  Seybotendorf),  S  i  n  g  s  dorf  im  Paltenthal  (urk.  1 07  5, 
1142  f.  Sigenistorf,  Siginsdorf,  Sigenesdorf)  u.  A.  —  liegt  der 
Eigenname  ziemlich  nahe,  obschon  der  Vergleich  mit  der  äl- 
teren urkundlichen  Schreibung  mitunter  auch  schon  ziemliche 
Abschleifungen  des  Namens  in  der  gegenwärtigen  Fassung  zeigt 

Die  Kenntniss  der  deutschen  Koseformen  kann  die  Wurzel 
der  Ortsnamen  nicht  selten  bioslegen ;  so  stecken  ohne  Frage 
in  Empersdorf,  Enzersdorf,  Ezzersdorf,  Gerbers  dorf, 
Gillersdorf,  Götteisberg,  Habersdorf,  Haders  dorf, 
Hitzendorf,  Lanzendorf,  Ludersdorf,  Noppenberg. 
0  e  b  larn,  die  Koseformen  der  altdeutschen  Namen :  Amperaht 
(Erapert),  Adalbert  (Azzo),  Andizo  (Azzo,  Ezzo),  Garibald  (Ger- 
bert), Gislebert  (Giller),  Godefrid  (Göttel),  Hadubert  (Habber, 
Happer),  Hademar  (Hader),  Heinrich,  Heimrich  oder  Hildizo 
(Heinz,  Hinz,  Hizzo),  Landfiid  oder  Lantbert  (Lanzo),  Liudi- 
hart  (Ludher,  Luder),  Nodbert  (Noppo),  Otbald  (Obel,  Obil; 
„Obilarn"  =  Obil-lären,  der  Sitz,  die  Stätte  des  Obil). 

Ohne  urkundlichen  Fingerzeig  würde  man  aber  eine  Reihe 
anderer  Ortsbeuennungen,  von  Personennamen  gebildet,  nicht 
leicht  in  ihrer  eigentlichen  Wesenheit  erkennen. 

Bodendorf  bei  Murau,  heisst  z.  B.  1152  urk.  Babin- 
oder  Paben-Dorf,  das  Dorf  des  Babo  oder  Pabo; 

Engelsdorf  b.  Graz  urk.  Engilboldesdorf,  d.  i.  das 
Dorf  des  Engelbold. 

Eibisfeld  b.  Leibnitz  ersch.  urk.  z.  B.  1190  als  Al- 
boldisueld  —  als  Feld  des  Albold. 

Eibiswald,  urk.  Ybanswalde,  zeigt  sich  als  Wald  des 
Yban  oder  Iwan. 

Fonsdorf,   Fohnsdorf,   Vohnsdorf,    auf  dem  Murboden, 


—     67     - 

nrk.  1 1 74 :  Fanestorf,  Uanistorf  geschr.,  zeigt  den  Eigennamen 
Fanes,  Uanis,  wahrscheinlich  d.  sl.  Ivan,  also  etwa  „Ivanis-dorf*. 

Kumberg  im  Baabgeb.  heisst  1142  ff.  Chuonberch, 
Chunenberg,  Chuniperge,  der  Berg  des  Chuno,  Kuno. 

Kunagrin  im  Ennsthal  b.  Haus  findet  sich  urk.  1150, 
1170  f.  als  Gundacheringen,  Gondachringen,  -  und  hat  somit 
den  Eigennamen  Gundaker  als  Inhalt. 

Leitersdorf  b.  Horneck  in  der  urk.  Sehr.  v.  1045: 
Liutoldasdorf  —  verweist  auf  den  Eigennamen:  Liutold. 

Nennersdorf,  urk.  1196:  Nentingesdorf,  lässt  als 
Gründer  oder  Inhaber:  Nenting  erscheinen. 

Metschendorf  b.  Judenburg  heisst  1180,  1182: 
Medwetstorf,  Medwestorf,  dem  das  slav.  Medved:  der  Bftr, 
wahrsdi.  hier  als  Eigenname  zu  Grunde  liegt. 

Salchenberg  im  Ennsthal  führt  in  der  urk.  Sehr.  v. 
J.  1110,  1120:  Scalchinberge  —  auf  das  altd.  Scale:  Diener, 
Knecht  (Schalk)  zurück,  vielleicht  als  Eigennamen.  Vgl.  das 
?erschollene  „Parschalchesdorf'  b.  Premstetten,  urk.  1126. 
.Parschalk^S  höriger,  halbfreier  Mann.) 

Schmierenberg  b.  Amfels,  urk.  1250  ff.:  Smilenburch, 
Sfflelenberch,  Smelinburg  geschr.,  leitet  auf  Smil,  Smilo  einen 
sUt.  besonders  in  Böhmen  z.  B.  unter  dem  alten  Adel  ver- 
irateten  Eigennamen  (mhd.  smielen  =  lächeln  kommt  nicht 
ifi  Betracht). 

Stangersdorf  b.  Leibnitz.  1138  ff.  Stanegoistorf, 
^tanigois-,  Stanegers-dorf  —  verweist  auf  den  slav.  Eigennamen 
Sunegoi- 

Stögersdorf  b.  Mooskirchen  hat  sich,  wie  die  urk. 
Sehr.  V.  1140  ff.  Stoigoistorf  zeigt,  gleichfalls  aus  einem  slav. 
Eigennamen:  Stoigoi  — -  gebildet. 

Willersdorfb.  Radegund,  1147  Wilhalmesdori,  also 
(üe  Koseform  von  Willehalm,  Wilhelm. 

Wolferisdorf  b.  Pols  zeigt  in  der  urk.  Sehr.  v.  1030 
i  Uolfratesdorf  und  Wolfgersdorf  den  Eigennamen :  Wolfrat, 
Wotfger. 

Wolfsdorf  b.  S.  Georgen  a.  d.  Stiefing,  hat  sich  nach 

5* 


—     68     — 

d.  urk.  Sehr.  v.  1135  f.  Uoluoldestorf  aus  dem  Eigennamen 
Wolvold  gebildet. 

Wolsdorf  b.  Preding  heisst  c.  1165:  Walhestorf. 

Wölmersdorf  b.  Pols  bezieht  sich  nach  Urk.  v.  1074 
£F.  als  Wilimaristorf,  auf  einen  Wilimar. 

V. 

Wenn  wir  endlich  nach  diesen  Erörterungen  die  Schluss- 
frage  über  das  Alter  oder  die  zeitliche  Abstufung 
dieser  deutschbürtigen  oder  deutschgeformten  Ortsnamen  an 
uns  richten,   —   so  lässt  sich  beiläufig  Folgendes  feststellen. 

Naturgemäss  erscheinen  jene  Ortsnamen  in  erster  Linie, 
welche  aus  der  römischen  und  slavischen  Epoche 
stammen.  Unter  den  deutschbürtigen  Ortsnamen  zeigen 
sich  wieder  relativ  älter  jene,  die  auf  einen  Eigennamen 
zurückzuführen,  als  solche,  deren  Bedeutung  mit  der  Boden-  und 
Gegendbeschaffenheit  zusammenhängt;  die  auf  den  Gründer 
oder  Besitzer  des  Ortes  zurückleiten,  finden  sich  daher 
urkundlich  meist  früher  angeführt  —  Diese  Erscheinung,  deren 
Regel  allerdings  auch  zahlreiche  Ausnahmen  wider  sich  hat, 
ist  nicht  sonderlich  schwer  zu  deuten.  Es  erscheint  begreiflich, 
dass  im  Namen  des  Ortes  der  seines  Besitzers  oder  Gründers 
verewigt  wurde.  Da  nämlich  die  deutsche  Ansiedlung  auf  dem 
Boden  der  Steiermark  zunächst  das  Ergebniss  massen- 
hafter Schenkungen  der  Karolinger  und  ihrer 
Nachfolger,  der  deutschen  Könige  und  Kaiser, 
war,  und  die  so  beschenkten  Adeligen  und  Kirchen  ihren 
Besitz  kolonisirten  und  weiter  vergaben,  so  musste  sich  diese 
Individuali sirung  von  Grund  und  Boden  auch  vorzugs- 
weise in  den  Ortsnamen  abspiegeln. 

Versuchen  wir  es,  die  bunte  Fülle  der  geistlichen 
und  weltlichen  Besitzverhältnisse  in  der  mass- 
gebendsten  Epoche,  vom  10.-13.  Jahrhunderte,  aus  dem 
Gesichtspunkte  der  deutschen  Guts-  und  Ansiedlungsverhältnisse 
anzudeuten. 

Von  den  auswärtigen  Hochstiften   fiel  schon  seit 


—     69     — 

dem  9.  Jahrb. .  der  Löwenanttaeil  kaiserlicher  Schenkungen  der 
bairischen  Hauptkirche,  dem  Erzb.  Salzburg,  zu.  Seine 
Besitzungen,  wie  dies  die  Urkk.  seit  861,  890,  891,  977  flf.  er- 
weisen, waren  im  Enns-,  Palten-,  Liesing-,  Murthal,  im  Pettauer 
ond  Leibnitzer  Felde  und  im  Hengestgau  überhaupt,  im  Sulm- 
nnd  Lafhitzthal,  an  der  Sottia  und  im  ganzen  Raabgelände  zu 
finden.  Das  in  Innerösterreich  überhaupt  stark  —  besonders 
in  Krain  —  begüterte  bairische  Hochstift  Freising  zeigt 
sich  s.  1007  im  Oberlande,  auf  dem  Murboden:  bei  Eatsch,  Lind 
und  S.  Lambrecht,  insbesondere  in  und  um  O.-Wölz  und  S. 
Peter  am  Kamersberge  mit  grossem  Grundbesitze  bedacht 
Das  ostfränkisc^e  Bisthum  Bamberg  war  s.  1007,  1016 
ff  im  Admont-  und  Paltenthale  (wo  b.  Hall  1 1 80  eine  bisch. 
Saline  bestand),  um  Rotenmann,  begütert;  das  tirolische 
Hochstift  Brixen  s.  1056  zu  Oisnitz  b.  Preding,  1070  bei 
Schwanberg  (an  der  Sulm  und  Stulmegg,  urk.  Stulpnic), 
106O  zu  Otemitz,  im  Sausal  bei  Kitzeck,  besonders  aber  in 
und  um  D.-Landsberg  (urk.  1185:  Lonsberch,  Lonesberch!) 
mit  Besitzungen  versehen.  Das  kärntnische  Bisthum  6  u  r  k 
hatte  seit  seiner  Gründung  (1073  —  5)  einen  Haupttheil  der 
grossen  Friesach-Zelschacher  Güter  (Familie  des  slavischen  Grafen 
Wilhelm  von  Soune  und  der  bairischen  Hemma,  wahrscheinlich 
aos  dem  Hause  der  Seheyem)  im  Unterlande:  in  der  Gegend 
von  Montpreis,  Hörberg,  Peilstein,  Weitenstein,  —  und  in  Ober- 
steier, so  b.  Zeiring  und  Admont,  an  sich  gebracht 

Die  anderweitigen  Einzelbesitzungen  auswärtiger  Klöster, 
z.B.  der  bairischen  Probstei  Berchtesgaden  im  Enns- 
thale  (Haus)  und  zu  Trahofen,  der  Abtei  Rot  bei  Knittelfeld 
und  Kumberg,  wollen  wir  ebenso  nur  kurz  berühren  als  die 
Gründung  der  Landesbisthümer  Seckau  (1218)  und  Lavant 
(1 228).  Selbstverständlich  musste  durch  jene  auswärtigen  geist- 
lichen Grossgrundbesitzer  kein  geringer  Bruchtheil  deutscher 
Allsiedlung  auf  deren  Gütern  untergebracht  werden,  da 
jedes  Hochstift  zunächst  seine  Pfleger,  Wirthschaftsbeamten, 
Schaffher  und  wohl  auch  eigene  Arbeitskräfte  auf  den  Boden 
seiner  Erwerbungen  verpflanzte. 


—     70     — 

Dessgleicben  darf  die  kolonisatorische  Bedeutung  der 
Landesklöster  nicht  unterschätzt  werden;  einerseits  in 
Hinsicht  der  Stifter  und  noch  mehr  bezüglich  der  deutschen 
Herkunft  dieser  geistlichen  CoJonieen.  Den  Reigen  eröffnen: 
die  Benedictiner  Nonnen- Abtei  Göss  (1004),  eine  Stiftung  der 
bairischen  Aribone;  S.  Lambrecht  (1066 — llö3  gegr.),  die 
der  Eppensteiner,  welchem  Benedictinerkloster  das  Brüder-  und 
Schwesterhaus  in  Admont  1074.  die  Schöpfung  Erzb.  Grebhards 
V.  Salzburg  aus  dem  reichen  Gute  der  h.  Hemma  v.  Friesach- 
Zelschach  (s.  o.),  in  Bezug  des  Güterbesitzes  den  Rang  weit 
ablief.  Denn  Admont,  dessen  erste  Mönche  aus  dem  schwäbi- 
schen Mutterkloster  S.  Blasien  im  Schwarzwalde  kamen,  be- 
sass,  wie  die  Reste  seiner  Salbttcher  s.  1087  lehren,  im 
Ennsthal,  im^  steier.-salzb.  Lungau,  a.  d.  obern  Mur,  im  mitt- 
lem Murthal,  am  Grazer  Felde,  bei  Strassgang  und  S.  Martin, 
im  Sausal  u.  aa.  00.  bedeutendes  Gut. 

Auch  das  Cisterzienkloster  Renn,  Rein  (Runa),  c  1128 
vom  Traungauer  Mkgfn.  Leopold  d.  St.  aus  dem  Nachlasse 
der  Eppenstein-Reuner  Grafen  gestiftet  —  muss  als  bedeutend 
an  Grundbesitz  gelten  '*)•  Ihm  schlössen  sich  das  Chorherren- 
stift und  Nonnenkloster  zu  W.-Fe istritz  (1140),  eine  Grün- 
dung Adelrams  v.  Waldeck,  das  Kl.  Oberburg  im  Santhal 
(11 40),  das  der  Aglaier  Patriarch  Peregrin  ins  Leben  rief,  ferner 
1151 — 1163  die  Lieblingsstiftungen  des  vorletzten  Traungauers 
Mkgfn.  Ottokar  V.:  die  Karthause  zu  Seiz  (sl.  Zajec)  und 
das  August.  Chorh.-St.  zu  Voran  (Vorowe),  die  Karthause 
in  Geirach  („Geier-au"),  und  das  Hospital  im  Cerewald 
am  Semering  (1160),  gleichfalls  eine  Gründung  Ottokars  V.,  als 
die  ältesten  Landesklöster  an.  Auch  in  ihnen  haben  wir 
ebensoviel  deutsche  Ansiedlungen  zu  gewahren. 

Als  weltliche  Grossgrundbesitzer  haben  in  erster  Linie 
jene  hochadeligen  Familien  zu  gelten,    welche  vermöge  ihres 


•)  Es  wäre  za  wünschen,  dass  wir  für  die  Geschichte  der  Provenienz 
der  alten  Ordensklöster,  eine  oft  sehr  verwickelte  Sache,  lauter 
Werke  besässen,  wie  Janauschek's  Origines  CistercienBes,  eine 
Arbeit  von  staunenswerthem  Fleisse. 


—     71     — 

Allodial-  und  Lehensbesitzes,  dessgleichen  durch  ihre  ämtliche 
Stellung  als  Grafen,  Markgrafen,  Herzoge  —  in  den  Vorder- 
grund treten  mussten  und  einen  grossen  dynastischen  Besitz 
grOndeten. 

So  erscheint  um  860  Graf  Witagowo  im  Ennsthale, 
um  900  der  bairische  Pfalzgraf  Hartwig  im  Grazer  Felde, 
um  931  Graf  Alprih  bei  Obdach  (die  Eisenwerke  bei  Garaa- 
oaron:  Kammern),  938  Graf  Rachwin  als  Grafschaftsinhaber 
im  Unterlande;  Turdegowo,  Turdogowi  (Durgowes),  der 
allerdings  zunächst  an  slavische  Herkunft  mahnt,  —  als  Ver- 
weser einer  Grafschaft,  in  welcher  Aflenz  gelegen  war. 

Vor  Allen  aber '  entwickelte  sich  grosser  dynastischer 
Besitz  im  Schosse  von  vier  Familien,  deren  letzte  mit  der 
AnsbUdung  der  Steiermark  zum  geschlossenen  Reichslande  als 
Xarkgrafechaft  und  Herzogthum  zusammenhängt  —  Voran 
stehen  die  Eppensteiner  als  Hauptbesitzer  im  MUrz  und 
Aflenz thal^  auf  dem  Murboden  um  Zeiring  und  Neumarkt» 
im  Gebiete  von  Rein,  im  Eainach-  und  Södingthal,  als  Mark- 
grafen (Adalbero  um  1000)  und  Herzoge  von  Karantanien 
11012  bis  1035  und  1073—1122).  Ihr  Nebenbuhler  war  in  den 
Tagen  Ädalberos  von  Eppenstein  (f  um  1038)  die  Dynastie 
der  Grafen  von  Soune-Friesach-Zelschach,  von  Wil- 
helm I.  dem  „Slaven",  Grafen  im  Santhale,  und  der  bairischen 
Gräfin  Hemma  von  Scheiem  (s.  o.)  begründet  und  bald  in 
deren  Söhnen  erloschen,  welche  die  Tradition  von  den  Erz- 
knappen  der  Zeiringer  Silbergruben  erschlagen  werden  lässt. 
Die  Entsetzung  Ädalberos  von  Eppenstein  als  Herzogs  von 
Karantanien  von  Amt  und  Würden  durch  seinen  königlichen 
Schwager  Konrad  H.  (1035)  kam  auch  der  mächtigen  Familie 
der  altbairischen  Grafen  von  Wels-Lambach  (i.  O.-Oe.) 
als  (trafen  der  „karantanischen  Mark"  (Obersteier)  zu  Gute, 
einer  daselbst,  femer  im  Ennsthale  und  Hengestgaue,  z.  B. 
b  Gösting  (1042  Mkgf.  Gotfried),  reich  begüterten  Dynastie, 
welche  auch  das  ganze  Gebiet  von  Hartberg  und  dem  Wechsel 
über  den  Semering  hinaus  bis  W.-Neustadt,  d.  i.  die  sog. 
Püttner  Mark  inne  hatte.  Das  Aussterben  der  Wels*Lam- 


—     72     — 

bacher  Grafen  (1055)  brachte  ihre  Verwandten,  einen  Seitenzweig 
der  bairischen  Scheiern- Witteisbacher,  verwandt  mit  den  bairi- 
schen  Pfalzgrafen,  den  Aribonen,  die  sog.  Traungauer  oder 
Grafen  von  Styraburg,  St.  Steier  in  O.-Oe.  (s.  980  beil.),  im 
Oberlande  altbegütert  —  empor.  Denn  ausser  der  reichen 
Erbschaft  im  Traungaue,  fiel  nun  auch  die  ^  obere  Mark^  als 
Reichslehen  an  sie.  Der  Beerbung  der  Eppensteiner  (s. 
1122)  folgte  die  des  Grafen  Bernhard  v.  Sponheim,  der 
im  Mittellande,  so  im  Kainachgebiete,  begütert  war,  1149  die 
Erwerbung  der  „untern  Mark"  von  den  Hohenwarl-An- 
d  e  c  h  s,  deren  Vertreter  Gf.  Piligrim  und  dessen  Sohn  Günther 
auch  um  Graz  begütert  erscheinen  und  1158  endlich  der 
Anfall  der  Püttner  Mark,  welche  1055 -—1158  in  den  Händen 
der  bairischen  Grafen  aus  dem  Hause  Neuenhurg-Form- 
bach  am  Inn  gelegen  war  Der  grosse  Allodialbesitz  der 
Traungauer  Ottokare  verbreitete  sich  im  Ennsthal,  auf  dem 
obem  Murboden,  um  Leoben,  Kraubat,  im  kämtnisch-steierm. 
Grenzgebiete,  im  Liesing-  und  Palten-,  im  obem  Mürzthal, 
im  Raabgebiete  und  zwischen  der  Mur  und  Drau. 

Aber  auch  andere  grosse  Geschlechter  des  Reiches  wurden 
hierzulande  begütert  Schon  der  Name  der  untersteierischen 
Märkte  Peilstein  und  Hörberg  mahnt  an  die  mächtigen 
Plain-Peilsteiner  Grafen  und  deren  Standesgenossen  von  Hörberg 
oder  Hörburg-TreflFen. 

925  erscheint  der  edle  Mann  Reginhart  mit  ^seiner 
Gattin  Swanahild  als  Güterbesitzer  im  Mürzthale^  der  Edle 
G  r  a  m  a  n  als  Grundherr  bei  Seckau ;  928  der  Edle  W  e  r  i  a  n  t 
und  dessen  Eheweib  Adalswinda  als  Grundherrn  zu  Haus  im 
Ennsthal,  ein  freieigener  Mann  S  e  1  p  r  a  t  als  solcher  um  In- 
gering und  Baumkirchen  (Pouminunkirichun) ;  930  der  Edle 
Markwart  ebendaselbst  als  Grundherr.  1025  schenkte  K. 
Konrad  der  „vornehmen  Matrone  Beatrix",  Gattin  seines 
Schwagers  Adalbero  (v.  Eppenstein),  Güter  um  Aflenz.  Die 
Vollfreien  Waltfrit  und  Eppo  vertauschen  1050  Grund- 
stücke in  Kapellen  bei  Amfels  gegen  Zehendgut  zu  Kraubat, 
Rein  und  von  den  „Weinbergen  bei  Hengist".  1055  verlor  als 


—     73     — 

HochrerrÄther  Graf  Botho  aus  dem  Geschlechte  der  b  airi- 
schen Pfalzgrafen  seine  Güter  zu  S.  Martin  bei  Strass- 
gang.  1118  war  der  Edle  Pillung  „ein  Schwabe"  (Suevug) 
zu  Ober-Haus  und  Prukham  im  Ennsthal  begütert;  desglei- 
chen nach  Urk.  v.  J.  1020  ein  Grimolt  zu  Diemlem  (Dome- 
laren),  der  dies  Gut  dem  Kl.  Berchtesgaden  schenkte.  Gleiches 
that  der  Edle  Bernhard  von  Geppenheim  mit  seinem 
Gate  Trahofen  (Drauhofen).  Herr  Adelram  vonWaldeck 
war  nicht  blos  im  Unterlande  (s.  o.  Feistritzer  Kl),  sondern 
auch  l  Urk.  v.  1146  am  Semering  und  bei  Hartberg  begütert. 
Redeutend  war  auch  der  Besitz  der  Herren  v.  Machland 
iOesterreich) ,  z.  B.  im  Ennsthal  (s.  Urk.  v.  1140).  Hzg. 
Heinrich  v.  Ravensburg  besass  Gut  im  Ennsthal,  bei 
Hau,  Admont  (Urk.  v.  1145)  imd  Grf.  Wolfrat  (Urk. 
T.  1166)  im  Gaiserwalde  und  in  der  Nachbarschaft  (Chienai- 
note:  Kieneinöde);  die  mächtigen  Grafen  Heinrich  und 
Sighard  von  Schala  (Burghausen) -machen  1179  eine 
Sdienkung  mit  steirischem  Gute  bei  Kaisdorf  a.  d.  Kl.  Reun; 
W.  Adalbert  von  Bogen  erscheint  bei  Gurkfeld  und  1188 
Her  wich  der  „Böhme",  „Marschall  des  Steirerherzogs" 
•Ot4)kar  VI.)  zu  Velwinbach  (wahrsch.  Feldbach)  begütert. 
Stainz  war  durch  längere  Zeit  ein  Besitz  der  Weifen. 

Diese  Beispiele  mögen  genügen,  um  das  bunte  Mosaik 
der  Besitzverhälsnisse,  aber  auch  zugleich  die  bedeutende  Zahl 
deutscher  Grundbesitzer  in  der  wesentlichen  Epoche  der 
Deutschwerdung  der  Steiermark  ermessen  zu  lassen. 

Der  Gegensatz  slavischer  und  deutscher  Ansiedlung  wurde 
in  einzelnen  Fällen  durch  das  Beiwort  „Deutsch  oder  Bairisch" 
"nd  „Windisch"  bezeichnet,  wie  bereits  erwähnt  worden,  doch 
besitzen  wir  einen  häufigeren  und  älteren  Anhalts- 
punkt, um  die  wichtigste,  die  altb airische  Colonisa- 
tion,  ftir  welche  auch  jene  urkundlichen  Angaben  über  Besitz- 
verhältnisse das  beste  Zeugniss  liefern,  als  die  für  Steiermark 
so  gut  wie  für  Oesterreich,  Kärnten,  beziehungsweise  Krain, 
niassgebende  zu  erkennen.  Es  ist  der  Auslaut  der  Ortsnamen 
^öf  ing,  für  bairisches  Stammwesen  ebenso  charakteristisch, 


—     74     - 

wie    das    verwandte    i  n  g  e  n    für    alleinanisch  -  schwäbische 
Vollcsart. 

Er  findet  sich  bei  uns  einerseits  in  Ortsnamen,  die  noch 
mit  der  slavischen  Epoche  zusammenhängen  und  sicher 
oder  doch,  wahrscheinlich  eine  slavische  Wurzel  enthalten, 
andererseits  in  deutschbUrtigen  Lokalbenennungen.  Zur 
erstem  Art  gehören  beispielsweise :  Dölling,  Gleiming,  Gö- 
sting,  Gröbming,  Ingering,  Irdning,  Jauring,  Jaring,  Lassing, 
Liesing,  Lobming,  Preding,  Pribing,  Schladming,  Semering, 
Sierling,  Söding,  Stübing,  Zeiring  Zetting,  Zöbing,  Zwaring 
u.  s.  w. ;  zur  andern:  Ardning,  Dörfling,  Ennsling,  Essling, 
Fehring,  Feising,  Feiting,  Flöcking  (Floing,  Floning  slav.  ?),  Flttssing, 
Fölling,  Fünfing,  Gniebing,  Hafing,  Hofing,  Hörbing,  Kaibing, 
Katzling,  Klapping,  Lebing,  Moosing,  Pichling,  Prenning,  (Ra- 
ning  slav.  ?)  Reifling,  Reitting  u.  s.  w.  Natürlich  muss  auch  die 
Masse  andersgeformter  Ortsnamen  deutscher  Art  zumeist  für 
ebenso  gut  bairisch  angesehen  werden. 

Formen  wie:  Dörfla,  Bergla  sind  nichts  als  Deminutiv- 
formen, dem  Volksmunde  eigenthttmlich  ==  Dörfel,  Bergel  u. 
s.  w.  Wichtiger  erscheinen  die  spärhchen  Namensbildungen 
auf  —heim,  die  besonders  im  Fränkischen  zu  Hause  sind, 
doch  auch  im  Bairischen  und  Schwäbischen  versprengt  vor- 
kommen. In  Steiermark  begegnen  uns  in  dieser  Art:  Kurz- 
heim (12.  Jhh.  schon  urk.  gen.,  z.  B.  1145  Gurzheiro;  im 
Volksmunde  auch  „Gusterheim'%  Rechelheim,  Schlatt- 
heim  oder  Schlattham  (Slatteheim,  Sletten?  c.  1110,  flf.) 
Thal  heim  (bei  Judenburg,  1150  f.  Talheim)  im  Oberlande. 
Das  untersteirische  Sttssenheim  (vgl.  die  „Süssen  Thäler'' : 
„dulces  valles^S  iin  Sulmgebiete)  erscheint  als  „Zu^em'S  slovenisirt 

Wir  sind  zu  Ende.  Das  Studium  der  steiermärkischen 
Ortsnamen  ist  keine  gehaltleere  Wortklauberei,  — 
es  ist  ein  wichtiger  Behelf  der .  richtigen  Erkenntniss  der 
Vergangenheit  unseres  Landes.  In  den  wechselnden  Kreisen, 
in  der  bunten  Fülle  der  Ortsnamen  spiegelt  sich  die  historische 
Völkerschichtung,  ihr  nationales  Gepräge,  die  Ansiedlungsweise 


-     T5     — 

iB  ittren  physischen  und  socialen  Verhältnissen  ab;  ein  Stück 
Geschicbtsleben  quillt  aus  diesen  Namen. 

Die  Continuität  der  slovenischen  Grundform 
in  so  vielen  Orts-,  Gegend-,  Fluss-  und  Bergnamen  liefert 
aber  den  besten  Beweis,  dass  der  deutsche  Steiermärker 
später  einwanderte  und  dass  sich  seine  Ansiedlung  all- 
mälig  und  ohne  gewaltsame  Vorgänge  vollzog.  Es 
war  kein  blutiger  Racenkampf,  wie  der  einst  in  den- nörd- 
lichen Elbe-  und  Oderlanden,  welcher  hierorts  das  slovenische 
Vöikerelement  einerseits  im  obem  Lande  verschwinden  machte, 
im  untern  kreuzte  und  schwächte,  sondern  —  ähnlich  wie  in  Kärnten 
eine  friedliche  Massenansiedlung  der  Deutschen,  vorzugsweise 
des  bairischen  Stammes,  inmitten  und  im  Umkreise  slovenischer 
Orte  und  Gemeinden ;  anderseits  eine  frische,  ursprttng- 
licheColonisation  auf  weitem,  noch  ganz  ödem  Wildniss- 
grunde, der  schier  zwei  Dritttheile  des  obern  und  weite  Strecken 
des  untern  Landes  ausfüllte. 

Mit  reiner  Hand,  mit  der  unwiderstehlichsten  Waffe,  der 
Cuiturarbeit,  hat  sich  der  Deutsche  seine  Heimat  hierzulande 
geschaffen  und  zu  den  alten  CulturBtätten  und  Ansiedlungs- 
räumen  neue,  friedliche  Eroberungen  der  Civilisation  im  Kampfe 
mit  der  Wildniss  rastlos  und  unverdrossen  gefügt. 

Und  noch  Eines  möge  hier  seineA  Platz  finden,  um  allen 
Missverständnissen  vorzubeugen.  Der  Verfasser  ist  nicht  der 
^^icht,  dass  das  Keltenthum  der  Steiermark  gleichzeitig 
mit  der  Römerherrschaft  vom  Sturme  der  Zeiten  weg- 
gefegt ward,  mit  einem  Male  spurlos  verschwand;  denn  das 
Völkerleben  folgt  andern  Gesetzen  als  das  staatliche  Dasein, 
aber  wenn  schon  in  Folge  der  slavischen  Invasion  eine 
starke  Aufsaugung  von  Kelten  und  den  gewiss  örtlich  ver- 
einzelten Romanen  stattfinden  musste,  so  zwar,  dass  die 
grössere  Menge  während  der  mehr  als  zweihundert  Jahre  un- 
gestört bestehenden  Slavenherrschaft imwindischenVolks- 
thum  aufging,  von  ihm  assimilirt  wurde,  so  konnte  bei  den 
geringen  Bestmengen  fraglicher,  nicht  slavisirter,  Keltenbevöl- 
kerung eine  völlige  Absorption  derselben  innerhalb  der 


—     76     — 

wachsenden  deutschen  als  der  ttbermftchtigen,  bald  auch  die 
Bergwildniss,  die  abgelegenen  „Gräben^*  des  Oberlandes  er- 
obernden Nationalität  —  auf  diesem  Boden  nicht  lange  ausblei- 
ben. Wer  könnte,  wer  würde  die  etwaigen  örtlich  reicheren 
Tropfen  Keltenblutes  in  den  Adern  des  Steirers  in  Abrede 
stellen  wollen;  aber  für  ihre  regelrechte  Spärlic^ik ei t,  für 
die  massgebende  Herrschaft  des  Deutschthums  auf  slavischen 
Grundlagen  legt  nicht  blos  das  steii^ische  Idiom,  sondern  auch 
der  topographische  Wortschatz  Obersteiermarks  sein 
Gewicht  ein,  und  das  Keltische  darf  nur  als  schwacher  Procent- 
satz, als  Ausnahme  gelten,  abgesehen  von  dem,  was  bereits  vor 
mehr  als  tausend  Jahren  einer  gänzlichen  Verflüchtigung  oder 
Assimilirung  geweiht  war. 


Anhang. 


1.  Das  Urkundenbnch  des  S.  Pauler  Bened.KI.  in  Kärnten  (Fontes 
rer.  austr.  39  Bd.  1876).  her.  v.  Kl.  Archivar  Seh  roll  liefert  eine 
Reihe  beachtenswerther  Analogieen  und  Belege  fOr  die  richtige  Auffassung 
steierm.  Ortsnamen. 

Yanstorf  b.  Rabenstein  (vgl.  Fohnsdorf)- 

Veustriz  (vgl  Feistritz). 

Fresen,  Vrezen  (vgl.  Fresen  u.  a.)  Prezin  „mons".  Brezzecbu. 
Pressek. 

Gemz,  Gsemtz,  Gembs  (vgl.  Garns). 

Gomelniz,  Gomliz  (vgl.  Gamlitz). 

Gorissendorf  (vgl.  Göriz,  Gorizen  u.  s.  w.). 

Gr&dnich  (vgl.  die  Bildgn.  mit  Graden). 

Huntsdorf,  Hunsdorf,  Hundisdorf  (vgl.  Hundsdorf,  Unzmarkt). 

Libenz,  Liubencz,  Lubencz  »rivus**,  „in  der  Liebnitz".  (Vgl.  Leibnitz.) 

Lint,  Linde  (vgl   Lint). 

Mochlik,  Mohlik,  Mohilich  (vgl.  Mochel,  Mugel). 

Plautzdorf  (vgl.  Plabutsch).     ^ 

Platz  „in  dem"  (vgl.  Pletzenkogel). 

Pusters  (vgl.  Pusterwald). 

Rakkonich  (jetzt  Rain),  Raklach,  Rakkelach,  Recolach  (vgl.  Ragnitz). 


—     77     — 

Radimlac,  Radmilach,  Redmil,  —Bach,  Radi,  Radelach,  Radilach, 
R&dlach  (vgl.  Radmer  und  die  Radi). 

Ratcoyspurch  -=  Radkersbiirg. 

Rlnitz,  Rewntz,  Revntz,  Rftuz  (jetzt  Rainz)  (vgl.  Reun,  Rein). 

Sememik  (vgl.  Semering,  Semriach). 

Trestoniz,  Tresteniz-  (vgl.  d.  Fl.-N.  Tröschnitz  u.  d.  OO.-NN.  i.  u. 
L  Trestemitz). 

Zaacby  Zuchen-Fl.  .vgl.  Zauchen,  ZuckdoU,  Zugthal . . .). 

Zelnitz,  Celniz  (vgl.  Selsnitz  i.  o.  n.  Zellnitz  i.  u.  L.). 

2^eznitz  (vgl.  die  Zez). 

In  Bezng  des  Bibers  in  Kärnten  erwähnt  Schroll  S.  7,  dass  noch 
1786  Otter  und  Biber  an  der  Drau  und  Lavant  gejagt  wurden. 

2.  Nachträgliche  Belege: 

a)  Zu  den  slavischbürtigen  oder  zweifelhaften  OO.-NN. Gösting. 
Wir  traten  o.  C  die  Wurzel :  gost,  gvozd  ein.  Doch  kann  auch  an  das 
Lehenswort  gost,  host  =  Gast  (vgl.  Hostin  in  Bö.  Mä.)  gedacht 
werden.  Ligist,  urk.  Lubgast,  Liube,  Leobgast  „silva"  Wzl.  lub 
und  gost,  gvozd.  Vgl.  Leoben,  Grazlupp  und  Gösseuberg. ...  Melling 
bei  Marburg,  urk.  Mugelnicb,  Molnik.  Meinich,  Melnic,  vgl.  Mochel, 
die  Mugel.  Rohitsch,  urk.  Rohas,  Roats,  Rohatsch,  Wzl.  roh,  rog: 
Hom,  Ecke.  Vgl.  Rogawald. 

(Sausal,  das,  urk.  U.  10.  Jhh.  Susil,  Susel,  Sausul:  dürfe  die 
alte  Form  auf  sü:  Sau  und  sül,  sOl:  Sumpf  wasser  zurückführen, 
also  „Sausftl"  bedeuten.  £ine  slavische  Wzl.  ist  unwahrscheinlich, 
trotz  des  slavischen  Grundcharakters  der  ganzen  Gegend. 
Da  könnte  höchstens  an  die  Homonimität  mit  dem  slavischen  Volks- 
namen  der  polabischen  Siusler  erinnert  werden.)  Strassengel.  Wir 
haben  oben  den  deutschen  Ursprung  des  Namens  vertreten  und 
wollen  nur  noch  beifügen,  dass  wir  bei  der  Herleitung  dem  an  gel 
(mundartlich :  engel)  den  Vorzug  vor  zengel  (dem.  W.  Zange)  —  also 
Strassangel,  Strassengel :  „Angel  der  Strasse"  geben  möchten.  Wollte 
man  zufolge  der  urk.  Schreibung  Strazinola,  Strazzinula  (9.  Jhh.)  auf 
slavischen  Ursprung  rathen,  so  könnte  höchstens  an  den  nicht  seltenen 
Gegendnamen  Stracena  u  Straceny  dfil  (dol):  verlorne,  abseitige  Ge- 
gendy  abgelegener  Grund,  g -dacht  werden. 

b)  Zu  den  deutschbürtigen  OO.-NN.:  Gumpenstein  im  £nnB- 
thale  urk  z.  B.  1059  Gumprechtesteten,  also:  Gumprechtstätten.  Ka- 
pfenberg.  Die  gewöhnliche  Herleitung  dieses  Ortsnamens,  der  der 
nahen  Burgruine  seine  Entstehung  verdankt,  nämlich:  Eapf  (kapfen: 
schauen,  gaffen)  -den-berg  „Gaffe,  schaue,  den  Berg  anl'*  ist  nicht 
stichhältig  Nahe  liegt  „Kapfe''  mhd.  runder  Berggipfel,  Kuppe. 
Krieglach   scheint  in  der  alten  Form  „Chrungilach*'  (chrungil  = 


—     78     — 

Grundl)  geheissen  zu  haben.  Lemberg  i.  IT -St.  heissturk.  Lewen- 
berga;  Lewenpurch;  Lendorf  bei  Pettau,  urk.  Legindorf;  Limberg 
im  Sulmthal,  urk.  Lindenberg.  Lint  stammt  wohl  von  Linde.  Vgl. 
die  vielen  Lind,  Linde  in  Kä.  Madstein  im  Liesingthal  O.-St 
hei 88 1  urk.  1078:  Meizzensteine  =-  Meisenstein.  Niklasdorf  bei 
Leoben  zeigt  z.  B.  1230  als  „Michilindorf,  Michelendorf'  wesentlich 
verschiedenen  Ursprung.  Singsdorf  oder  Sigersdorf  im  Paltentbal, 
urk.  Sigenistorf,  Siginsdorf  führt  auf  einen  Eigennamen.  Unz markt 
ist  jedenfalls  gleichen  Ursprunges  mit  Unzdorf  bei  Knittelfeld , 
nämlich  ebensoviel  als  „Hnndsdorf'S  „Hundsmarkt'',  da  die  landes- 
fürstlichen und  grundherrschafblichen  Bannforste  auch  Ansiedlungen 
eigener  Hundewärter  erheischten.  In  der  That  erscheint  auch  Unzdorf 
urk.  im  12.  Jhh.  als  „Hunts*'-  und  „Huntesdorf  geschrieben.  Als 
Ortsgemeinde  tritt  Unzmarkt  erst  seit  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jhh., 
um  1260,  hervor. 'Vgl.  das  kärntn.  Huntsdorf  o. 


üeber  die  letzte  Ruhestätte  des  Christof 

Bauber, 

Administrators  des  Bisthüms  Seckau  und  Gommendators 

von  Admont. 

Von 

P.    J.   W lehn  er, 

Zu  den  einflussreichsten  Persönlichkeiten  nicht  bloss  in  den 
niederösterreicbischen  Landen,  sondern  auch  in  Deutschland,  Ita- 
lien und  Ungarn  zählte  seiner  Zeit  Christof  Bauber.  Um  1470  in 
Krain  geboren,  war  er  nach  dem  Familienbuche  Sigmunds 
von  Herberstein  ein  Sprössling  aus  der  Ehe  des  Niclas  Rauber 
mit  Dorothea  Lueger.  Sein  Bruder  Leonhard  war  1514—20 
admontlscher  Hofmeister  zu  Krems  in  Niederösterreich  und 
eine  Schwester  Margaretha  war  mit  Friedrich  Bräuner  vermählt. 
Von  seinen  Verwandten  nennen  wir  nur  noch  den  Oheim 
Daniel  von  Gallenberg,  1514—51  Probst  zu  Admontbttchel,  und 
den  Schwager  Hans  Wolf  von  Wezlisriedt,  1530 — 53  stiftischen 
Hofmeister  zu  Krems.  Christof  machte  seine  Studien  zu  Padua, 
wo  er  das  Doctordiplom  erhielt  und  wurde  schon  im  jugend- 
lichen Alter  an  den  Wiener  Hof  gezogen.  Kaum  1 8  Jahre  alt, 
wurde  er  1488  zum  Bischof  von  Laibach  ernannt,  da  er  aber 
noch  nicht  Priester  war,  übernahm  der  Bischof  von  Pola, 
Georg  von  Kirchberg  die  Administration  jener  Diözese.  Am 
17.  Juli  1493  erfolgte  die  Priesterweihe  Christof *8  und  1497 
seine  bischöfliche  Consecration.  Von  nun  an  hatte  er  bis  zu 
seinem  Tode  Laibach's  Infel  und  Stab  in  seinen  kraftvollen 
Händen. 


—     80     — 

1509  ward  er  zum  C!oadjutor  des  Bischofs  Mathias  Scheit 
von  Seckau  und  zum  Administrator  dieses  Bisthums  ernannt 
und  blieb  auch  nach  dem  Ableben  des  Bischofs  Mathias  1512 
Administrator  des  Stuhles  und  Sprengeis  Seckau*).  Den 
unwidersprechlichen  Beweis  für  diese  Behauptung  geben  uns 
die  mehr  als  200  Urkunden  des  Admonter  Archives,  in  welchen 
sich  Christof  n  i  e  Bischof  von  Seckau  nennt.  Sein  Titel  lautet 
in  denselben :  Bischof  zu  Laibach,  Administrator  zu  Seckau 
und  Commendator  des  Gotteshauses  Admont 

Christof  erklomm  die  höchsten  Stufen  kirchlicher  Würden 
und  weltlicher  Macht  und  die  Kaiser  Max  I.,  Karl  V.  und 
Ferdinand  I.  verwendeten  ihn  zu  den  wichtigsten  Missionen. 
Er  gieng  1504  als  Botschafter  nach  Rom  und  1518  als  Ge- 
sandter nach  Polen,  war  einige  Zeit  mit  dem  Commando  in 
Triest  betraut  und  fungirte  1511  als  oberster  Kriegscommissär 
in  Krain  und  Istrien.  1529—30  leitete  er  die  Landeshaupt- 
mannschaft in  Krain  und  war  zuletzt  Statthalter  der  nieder- 
österreichischen Lande.  Ein  im  Oberburger  Archiv  befindliches 
Actenstück  ')  registrirt  eine  Menge  von  Urkunden,  Schriftstücken 
und  Briefen,  welche  sich  auf  seine  politische  Thätigkeit  be- 
ziehen. Wir  gelangen  dadurch  zur  Kenntniss,  dass  er  in 
Geschäften  des  Hofes  nach  Spanien,  Neapel,  zum  Patriarchen 
von  Aquileja,  nach  Ungarn,  nach  Köln,  zu  den  Landtagen  in 
Steier  und  Kärnten  gesendet  worden  ist  und  den  deutschen 
Reichstagen  beigewohnt  hat 

Ende  Februar  1508  gelangte  Christof  zur  Admonter 
Prälatur.  Nach  kanonischem  Rechte  und  kürchlicher  Praxis 
geschah  sein  Einzug  daselbst  nicht  durch  die  rechte  Pforte. 
Die  Wahlstreitigkeiten  zu  Admont,  in  deren  Folge  sich  zwei 
Aebte  Michael  Griessauer  und  Alexander  von  Kaindorf  als 
Rivalen  gegenüberstanden  und  der  Geist  des  Schisma  auch 


^)  Vgl.  Oroien   „das  Bisthum  und   die  Diözese  Lavant'   II.  21.  An- 
merkung. 

^  Durch  Güte  des  Herrn  Lavanter  Domcapitularen  Ignaz  Oroien  zur 
Copirung  erhalten. 


—     81     — 

das  Capitel  ergriffen  hatte,  boten  dem  Kaiser  Max  eine  will- 
kommene Handhabe,  den  um  ihn  und  sein  Haus  wohlverdienten 
Prälaten  in  die  Abtei  des  h.  Biasius  einzudrängen.  Es  ist  hier 
nicht  der  Ort,  Christofs  Wirken  als  Commendatar-Abt  von 
Admont  zu  zeichnen  %  nur  sei  es  auch  erlaubt  zu  bemerken, 
dass  er  auf  Grundlage  eingehender  kritischer  Quellenforschung 
nicht  in  jenem  trüben  Lichte  erscheint,  mit  welchem  ihn 
oberflächliche  Chronisten  und  deren  harmlose  Nachbeter  bisher 
umgeben  haben. 

Ueber  den  Todestag  des  Bischofs  machen  sich  zwei 
Meinungen  geltend.  Ein  „Catalogus  episcoporum  Seccoviensium^^ 
ans  der  Canonie  Seckau,  nach  diesem  Caesar  „Staats-  und 
Kircbengeschichte.  d.  Hzth.  Steiermark'',  VII.  104,  und  der 
alljährlich  erscheinende  „Geistlicher  Personalstand  des  Bis- 
thums  Seckau^^  setzen  den  Sterbetag  auf  den  18.  October  1536. 
Far  den  26.  October  sprechen  in  erster  Linie  die  handschrift- 
lichen Aebtereihen  des  Admonter  Archives,  dann  Valvasor 
^Ehre  d.  Hzth.  Krain'^  L.  8.  fol.  663,  und  Schmutz  „Histor. 
top.  Lex.  V.  St."  I.  15.  Wir  entscheiden  uns  für  die  letzte 
Ansicht 

Christof  starb  zu  Wien.  Nun  drängt  sich  uns  die  Frage 
auf:  „Wo  wurde  sein  Leichnam  beigesetzt  ?  Im  Dome  zu  Seckau 
oder  in  jenem  von  Oberburg  ?  Darüber  herrschte  bisher  auch 
Meinungsverschiedenheit.  Wir  sind  in  der  glücklichen  Lage, 
diese  Frage  endgiltig  lösen  zu  können.  Valvasor,  Caesar, 
Winklem,  Schmutz  und  der  Seckauer  Diözesanschematismus 
nennen  Seckau,  Caesar  sogar  die  dortige  Bischofscapelle.  Nach 
den  von  uns  eingezogenen  Nachrichten  befindet  sich  zu  Seckau 
kein  Epitaph  des  Bischofs  Christof  und  hat  sich  auch  dort 
keine  weitere  Tradition  über  dessen  allfälliges  Begräbniss 
daselbst  und  den  näheren  Ort  der  Sepultur  erhalten. 

Zahlreicher,  älter  und  schwerwiegender  sind  die  Stimmen, 
welche  sich  für  Oberburg  aussprechen.  Zu  diesen  gehören  der 


1  Ich  rerweise  diesbezüglich  auf  den  seiner  Zeit  erscheinenden  vierten 
(letzten)  Band  meiner  „Geschichte  des  Bened.  Stiftes  Admont". 

Mltfbeil.  4««  hlit.  Verein*   f.   8t«lerni«rk,   XX VII.   lieft,    1870.  (^ 


—     82      - 

sogenannte  „Liber  I.  manuscr.  Admontensis  (Ende  des  1 6.  Jhdts), 
das  „Chronicon  Admontense"  von  Amand  Pachler  (17.  Jhrhd.), 
Wendtenthal  „Austria  sacra^^  V.  140,  Marburger  Taschenbuch 
I.  154  und  Oroi^en  I.  e.  16  und  21. 

Oberburg  gehörte  zur  Dotation  der  Laibacher  Bischöfe 
und  war  lange  Zeit  die  Residenz  derselben.  Nun  war  Christof 
wirklicher  Bischof  von  Laibach  und  nur  Administrator  von 
Seckau.  Hier  wäre  schon  ein  Anhaltspunkt  gegeben,  seine 
Gruft  zu  Oberburg  zu  suchen.  Oberburg  war  aber  auch  sein 
Lieblingsaufenthalt,  sein  Tuskulum,  wo  er  den  geräuschvollen 
Pomp  der  Höfe  vergessend  in  stiller  Zurückgezogenheit  neue 
Kraft  zum  Schafifen  suchte  und  fand.  Das  Admonter  Archiv 
birgt  zahlreiche  Briefe  aus  und  nach  Oberburg  gerichtet  Die 
stiftischen  Offizialen  wurden  häufig  ad  audiendum  verbum 
abbatiale  dorthin  berufen.  Zu  Oberburg  verwahrte  der  Bischof- 
Abt  die  wichtigsten  Acten  und  Missive,  seine  Person  betreffend. 
Noch  im  Mai  seines  Todesjahres  finden  wir  ihn  daselbst.  Also 
nicht  allein  sein  Amt  als  Laibacher  Bischof,  auch  ein  innerer 
Zug  des  Herzens  mussten  in  ihm  den  Wunsch  rege  machen, 
zu  Oberburg  den  letzten  Schlaf  zu  schlafen. 

Daher  machte  er  auch  Anstalten,  noch  bei  Lebzeiten  den 
Ort  künftiger  Ruhe  zu  bestimmen  und  herzurichten.  Ein 
Visitationsprotokoll  von  1631  sagt  von  der  Oberburger  Kirche: 
„Ex  parte  epistolae  capella  s.  Andreae.  .in  ipsa. .  est  sepul- 
chrum  episcopi  secundi  Rauberi  ex  marmore  albo.''  Diese 
Capelle,  noch  jetzt  die  Räuberische  genannt,  weiset  sein 
Epitaph  mit  der  Inschrift:  POSIT  (um)  A«  CHRISTI  1527 
DONEC  IN  GARNE  VIDEAM  SALVATOREM  *).  Christof 
verband  aber  auch  mit  seiner  Grabstätte  eine  fromme  Fun- 
dation.  Denn  in  dem  Index  seiner  einst  zu  Oberburg  ver- 
wahrten Schriften  nennt  er  „Der  khön.  Mjst.  Brief,  darin  sy 
uns  bewilligen,  ein  Stifft  zu  thuen  zu  unsern  Grab  zu 
Obernburg". 

Die  bisher   für  Oberburg  von   uns   gebrachten  Gründe, 


*)  Oroien  1.  c. 


-     83     — 

so  plausibel  selbe  auch  erseheinen,  können  erschüttert  werden, 
wenn  man,  was  von  Seite  der  Gegner  auch  versucht  worden 
ist,  die  Annahme  in  das  Treffen  führt,  dass  der  Stein  zu 
Oberburg  nur  dem  Ged&chtniss  des  Bischofs  Rechnung 
trage,  dieser  selbst  aber  zu  Seckau  begraben  worden  sei.  Es 
mangelt  ja  nicht  an  ähnlichen  Fällen  früherer  und  späterer 
Zeit  Vielleicht  ist  auch  die  Stiftung  bei  seinem  (in  Aussicht 
genommenen)  Grabe  nur  auf  dem  Papier  geblieben  und  nicht  zur 
Ausführung  gelangt,  und  wenn  auch,  konnte  selbe  nicht  mit 
dem  Denkmal  verbunden  worden  sein,  ohne  dass  die  wirkliche 
Beerdigung  zu  Oberburg  vor  sich  gegangen  sei? 

Solchen  Einwänden,  so  berechtigt  sie  sein  mögen,  können 
wir  absolute  Belege,  ein  historisches  Factum  entgegenhalten, 
welche  einmal  für  allemal  Licht  in  die  Sache  bringen.  Christof 
starb  am  26.  October  1536  zu  Wien.  Seine  Krankheit  dürfte 
längere  Zeit  gewährt  haben.  Den  altbewährten  Freunden,  dem 
Oheim  Daniel  von  Gallenberg  und  Franz  Kazianef,  dem  Nach- 
folger auf  dem  Stuhle  von  Laibach,  war  es  gegönnt,  an  das 
Sterbelager  zu  eilen.  Sein  Testament')  enthielt  ohne  Zweifel 
Anordnungen  über  den  Ort  der  Beisetzung,*)  und  wohl  mag 
auch  der  scheidende  Bischof  noch  mündlich  sein  geliebtes 
Oberbarg  genannt  haben.  Am  2.  November  schreibt  Gallenberg 
von  Himberg^)  aus  an  Michael  Valier'') :  „Ich  las  euch  wissen, 
das  wier  mit  mein  Herrn  saugen  auff  Obdach '')  ziehen 
und  pin  dieser  Zeitt  darzu  veromet,  mit  jm  auff  Ober- 
burg zu  reiten."  Ein  am  selben  Tage  von  dem  ueuge- 
Wählten  Admonter  Abte  Amand  Huenerwolf  an  Gallenberg 
gerichtetes  Schreiben  traf  diesen  (daher  auch  den  Leichenzug) 
zu  Leoben.  In  Schotwien  wurde  Gallenberg  von  Sigmund 
von   „Hermlstain"    (wohl  Herberstein)   zu  Gast  geladen.    Zu 


^)  Ein  Fragment  in  Abschrift  im  Stiftsarchiv. 
•j  Vollstrecker  3es  letzten  Willens  war  Niclas  von  Thum. 
')  Südöstlich  von  Wien. 

')  Domherr  za  Laibach  und  Schaffner  zu  Admont,  Christofs  Factotum. 
•)  hn  Orig.-Brief  war  „Oberburg"   geschrieben,  aber   durchgestrichen 
und  steht  von  gleicher  Hand  am  Rande  „ Obdach**. 

6* 


—     84     — 

Brück  w  der  Mur  traf  er  mit  dem  Domdechant  und  meh- 
reren Rätben  von  Salzburg  zusammen  und  ritt  mit  denselben 
bis  Leoben.  Von  hier  eilte  er  dem  sich  langsam  bew^enden 
Trauerzuge  voraus,  um  zu  Admontbachl  bei  Obdach,  wo  Gallen- 
stein bekanntlich  die  Probstei  inne  hatte,  die  zum  Empfange 
der  Leiche  seines  fürstlichen  Herrn  nöthigen  Anstalten  zu 
leiten.  Dem  Sarge  des  Verblichenen  folgten  Franz  Kazianer 
und  Gregor  Zach  zu  Lobming  und  gewiss  zahlreiche  Geistliche 
und  Edelleute").  Am  4.  November  schreibt  Gallenberg  von 
Obdach  an  den  Abt  Amand :  „  .  Herr  Frantz  Gantzianer  will 
mich  nit  ledig  lassen,  sonder  vermaint,  mit  jme  gar  gen  Ober- 
wurg  ze  reiten,  da  hab  ich  mich  bewilligt,  durch  W  o  1  s  p  e  r  g 
mit  jm  zu  reiten.'' 

Erst  am  Samstag  vor  Leonhard  (11.  November)  gelangten 
die  Ueberreste  des  Bischofs  nach  Admontbttchl ' ').  Diese  Ver- 
zögerung erklärt  sich  nicht  blos  durch  den  Umstand,  dass 
solche  solenne  und  daher  schwerfällige  Züge  nur  kleine  Tag- 
reisen machten  und  der  Sarg  vielleicht  bei  den  einzelnen 
Kirchen  an  der  Strasse  eingesegnet  worden  sei,  sondern  wir 
dürfen  mit  ziemlicher  Gewissheit  annehmen,  dass  die  Pforte 
der  Canonie  Seckau,  wo  ja  das  Domcapitel  der  Diözese  seinen 
Sitz  hatte,  den  Leichenzug  aufgenommen  und  Probst  Sebastian 
Praegartner  die  feierlichen  Exequien  praesente  corpore  ge- 
halten habe. 

Hier  hören  unsere  Quellen  auf  zu  fliessen.  Gewiss  aber 
ist  es,  dass  Christofs  Gebeine  nicht  zu  Seckau  verblieben, 
sondern  nach  Oberburg  gebracht  worden  sind.  Unsere  acten- 
mässige  Darstellung  hat  die  Route  Wien,  Himberg,  Schottwien. 
Brück,  Leoben,  Admontbüchl  und  Wolfsberg  nachgewiesen. 
Der  weitere  Wej?  musste  über  St.  Andrä,  Unterdrauburg, 
Windischgraz,   Prassberg  nach  Oberburg  führen.    Dass   man 


<^)  In  Christofs  Gefolge  erscheinen  zu  verschiedenen  Zeiten  als  Dienst- 
Gavaliere:  Wilhelm  von  Trautmannsdorf,  Adam  von  HoUeueck; 
Christof  Kazianor,  ein  Thum,  Mosheim,  Sigersdorf  a.  A. 

'*)  Notiz  des  Gallenberg  in  einer  Probstrechnung. 


—     85     — 

aber  die  weitere  Route  durch  Kärnten  der  kürzeren  durch  das 
untere  Murthal  über  Graz  und  Marburg  vorgezogen  hat,  scheint 
ans«^  Ansicht  zu  bekräftigen,  nach  welcher  die  Leiche  des 
Oberbirten  am  Sitze  seines  Metropolitancapitels,  also  zu  Seckau 
eingesegnet  werden  musste. 

Wir  erlauben  uns  zum  Schlüsse  noch  einige  Stiriaca  aus 
dem    oben  erwähnten  Actenstücke   des   Oberburger  Archives  ' 
namhaft  zu  machen.    Selbes  führt  die  Aufschrift:   „Obemburg 
Registratur.  Mecum  gen  Wien".  „Kais.  Mjstt.  ol)risten  Haubt- 
mans    BrieflF  betreflfendt  Jörgen  Stainacher  zu  Gallenstein*-).  ^ 

Instniccion,  was  wir  von  wegen  khays.  M.  mit  einer  Landt- 
schaift  jn  Steier  hanndlen  sollen. 

Khays.  M.  Begem,  das.  wir  den  Zehendt,  so  Trientner 
hat,  dem  Welczer  lassen  sollen. 

Khays.  M.  Beuelch,  das  wir  mit  Graff  Jörgen  zu  Schawn- 
berg  auff  den  Landtag  jn  Steir  rewtten  sollen. 

Ain  Fürdrung,  das  wir  Herrn  Hansen  Stainacher  bey  der 
Brobstey  Zeyring  lassen  wellen*').  . 

Khays.  M.  Begem,  dem  Hansen  Tewffenbacher  dy  Brobstey 
Obdach  zu  lassen. 

Copey  khays.  M.  BrieflF  an  den  Verbeser  in  Steir  be- 
treflTend  Jörgen  Stainacher  und  das  vns  Sebaldt  Pögl  12 
Schlangen  und  24  Hackhenpüchsen  geben  soll. 

» 

Unsers  Brueders  Jörg  vom  Thurn  **)  Brief,  was  wir  zu 
Schlamming  verloren  haben  *'). 


'^  Georg  Ton  Steinach  1499 — 1525  Pfleger  zu  Gallensteio. 

'*)  JohanD  von  Steinach  verwaltete  zwischen  1505  und  1515  diese 
Prohstei.  Im  letzteren  Jahre  verlieh  Christof  dieselbe  dem  Wilhelm 
von  Kaindorf,  dem  Bruder  des  Gegenabtes  Alexander. 

'^)  Halbbruder  des  Bischofs. 

'^)  Der  bekannte  üeberfall  zu  Schladming  1525.  Auch  Daniel  von 
Galleoberg  kam  dabei  zu  Schaden. 


Ein  weiterer  Beitrag 


zur 


Culturgeschichte  des  XVII.  Jahrhunderts. 

Von 

Med.  Dr.  Johann  Krautgasser. 

Vorliegende  Zeilen,  geschöpft  aus  zwei  Bänden  Murecker 
Rathsprotokollen  von  incl.  1663  bis  incl.  )667,  mögen  als 
Fortsetzung  des  kleinen,  im  XIII.  H.  d.  M.  d.  h.  V.  p.  153 
enthaltenen  Aufsatzes  angesehen  werden  und  stellen  sich  die 
Aufgabe,  das  in  den  alten  Aufzeichnungen  zerstreute  Materiale 
fQr  Beurtheilung  des  Culturgehaltes  damaliger  Zustände  im 
hiesigen  bürgerlichen  Leben  überhaupt  und  seiner  Gemeinde- 
verfassung  insbesondere  übersichtlich  zusammenzustellen,  den 

m 

auch  hier  verspürten  Wellenschlag  grossartiger  beängstigender 
Kriegslagen  anzudeuten  und  unter  meinen  Mitbürgern,  die 
Erinnerungen  an  unsere  Vorfahren  anzuregen  und  zu  mehren. 


Der  Magistrat. 

Der  im  letzten  Wahlgange  unter  Einzelnabgabe  der 
Stimmen  (T.  IV,  p.  304)  „nach  altem  Herkomen"  gewählte 
Richter  fungirt  in  unserem  Zeitabschnitte,  dem  herrschaft- 
lichen Decret  T.  III,  p.  247.  eigentlich  entgegen,  zwei  auch 
drei  auf  einander  folgende  Jahre  unentgeltlich  als  „ordinary'' 
Richter,  zum  Unterschiede  von  dem  Fall  für  Fall  von  ihm 
ernannten  „angesetzten"  —  auch  —  zum  Unterschiede  vom 
„unparteiischen'S  von  einer  höheren  Instanz  hier  oder  in  Graz 
bestellten.   T.  III,  p.  181.    Er  legt  wie  „vor  Uhralters  her*' 


—     87     — 

gebräuchlich,  in  erster  Sitzung  sein  Gelöbniss  in  den  Schoss 
des  Rathsgremiums,  er  fordert  entgegen  von  den  Gliedern  des- 
selben mit  Hinweis  auf  ihren  geleisteten  Eid,  „ihme  jederzeit 
in  begebenden  FaD  so  viel  möglichen  Gehorsamb  und  Assistenz 
zu  leisten",  T.  IV,  p.  2— 3,  T.  m,  p.  1;  er  führt  den  Vorsitz 
in  den  Yon  ihm  ausgeschriebenen  Sitzungen,  trägt  die  6e- 
schäftsstllcke  vor,  (proponirt)  berufet  in  wichtigen  Fällen  die 
Gesamtburgerschaft,  auch  wol  die  ganze  Gmain  auf's  Bathaus. 

Dagegen  wird  ihm  die  Ausfuhrung  geMter  Bathschläge 
anbefohlen,  er  soll  die  „Mitl"  aus  den  Ausständen  herbei- 
schaffen, T.  IV,  p.  459,  dringende  Auslagen  im  Nothfalle  vor- 
läufig aus  Eigenem  decken,  so  dass  der  Rechnung  ^)  legende 
Richter  Scargeth  pro  1664  ein  Guthaben  von  380  fl.  5  ß  aus- 
mess,  dem  Bart  Lorber  d.  Aeltem  vom  Magistrate  den  Rath- 
haus-  und  Thurmbau  zu  bestreiten  zugemuthet  wurde ,  indess 
Recbnnngsverstösse  und  incorrecte  Ausgaben  unnachsichtlich 
blichen  werden  mussten,  T.  III,  p.  164. 

Dem  wohlverdienten  Richter  B.  Lorber  d.  Aeltem  wurde 
zn  sagen  in  der  Sitzung  vorgeschlagen:  „dass  er  sich  in  ge- 
richtssache  saumselig  erzeigt,  die  gerichtlichen  Ratschlag  nicht 
in  Obacht  nimt  und  nur  sein  aign  Sach  sich  angelegen  sein  lasst, 
auch  jetzt  alles  gsind  das  zusamen  hairathet  in  Herberge 
nimt,  den  Tagwerkhem  keine  Sorg  antut"  etc.  T.  IV,  p.  75. 
Scargeth  wurde  als  Amtsvorstand  von  einem  Bürger  vor  einem 
ad  hoc  angesetzten  Richter  förmlich  angeklagt,  ohne  dass 
dieser  bei  der  Tagsatzung  zu  erscheinen  wagte.  T.  III,  p.  148. 


Der  Rathskö.rper  mit  dem  Richter  an  der  Spitze  den 
Magistrat  darstellend,  bestand  ohne  jenem  aus  12  Assessoren, 
auch  Rathsfreunde  genannt,  aus  denen  alle  zwei  Jahre  durch 
die  Führer  zwei  unter  Belassung  ihres  Titels  und  Nachsendung 
schöner  Worte  ausgeschieden  und  an  deren  statt  vom  Ma- 
gistrate aus  den  Führern  oder  der  Gemain  zwei  andere  Per- 
sonen in  den  Rath  aufgenommen  wurden. 


')  Richterrechnungen  wurden  durch  ein  Comit^  geprüft  T.  IV,  p.  87. 


—     88     — 

Die  Anitsdauer  jedes  Kinzelnen  wurde  Session  genannt^ 
erledigte  Sathsstellen  waren  allsobald  (innerhalb  14  Tagen) 
T.  IV,  p.  5  wieder  zu  besetzen. 

In  den  Sitzungen  herrschte  Rangordnung  nach  Alter  und 
schon  bekleideten  Würden,  gesetzwidrige  Handlungen  (niedemi 
Grades)  und  verübte  Scandale  führten  zur  Suspension  desi 
schuldigen  Rathsherren;  nach  Verbüssung  seiner  Strafe  nahm 
er  seinen  Sitz  wieder  ein.  T.  IV,  p.  464. 

Zu  den  in  den  Protokollen  wiederholt  gerügten  Un- 
tugenden der  Rathsherm  gehörte  das  Wegbleiben  von  Sitzungen, 
in  welchen  heikle  Angelegenheiten  verhandelt  wurden,  bei  der 
Discussion  von  Dingen,  die  Freunde  unangenehm  berührten, 
aufisustehen  und  die  Fortsetzung  der  Berathung  zweien  oder 
dreien  zu  überlassen,  endlich  das  oft  schwer  verpönte  Aus- 
schwätzen, insbesondere  von  Seiten  der  Jungen. 

Rathsherren,  welche  ob  vermeintlich  in  der  Curie  erlittener 
Unbill  von  den  Sitzungen  wegblieben,  wurden  aufgefordert 
ihre  Beleidiger  im  Rechtswege  anzugehen,  aber  zu  erscheinen, 
T.  IV,  p.  42.  Bezeichnend  für  die  in  unserem  Zeitabschnitte 
iungirenden  Magistratsräthe  ist  es,  dass  sie  sich  nicht  mehr 
zu  den  Executionen  bei  den  Landgerichten  wollten  gebrauchen 
lassen  und  die  Verrichtung  dieses  traurigen  Geschäftes  jedem 
Einzelnen  nach  alphabetischer  Ordnung  anbefohlen  werden 
musste.  Wie  viele  Stimmen  zur  Beschlussgiltigkeit  erforderlich 
waren,  ist  nicht  zu  ersehen. 

Grossen  Einfluss  auf  die  Leitung  der  Communalangelegen- 
heiten  erlangte  das  Institut  der  Vierer  oder  Führer  an  der 
Gmain,  wahre  Volkstribunen,  welche  mindest  zu  zweien  jeder 
Sitzung,  sollten  deren  Beschlüsse  Geltung  haben,  beiwohnen 
mussten;  sie  hatten  die  Wahlen  und  numerische  Int^rität 
des  Rathes  zu  überwachen,  wenigstens  einmal  jährlich  die 
Wünsche  und  Beschwerden  der  Gesammtbürgerschaft ,  ge- 
legentlich auch  die  Einzelner,  T.  IV,  p.  8,  vorzutragen,  dem 
Richter  Ermahnung  und  Rüge  zu  ertheilen,  ob  eine  bei  einem 
Rathschlage  zu  kurz   gekommene  Partei  ihre  Angelegenheit 


—     89     — 

gerichtlich  weiter  zu  betreiben,  zu  „dingen"  habe*  zu  ent- 
scheiden, und  Acht  zu  geben,  ob  ein  Gewerbetreibender  auch 
wohl  Bürger  sei;  sie  wurden  zu  allen  wichtigen,  die  Commune 
lietreffenden  Conferenzen  auch  im  Schloss  oben  beigezogen, 
lind  ohne  ihr  Wissen  und  Gutheissen  wagte  der  Magistrat 
nicht  zur  Begleichung  der  dringendsten  Ausgabe  Geld  aufzu- 
nehmen. T.  rV,  p.  465.  Dass  dies  Institut,  welches  gelegentlich 
jeder  Rathsstärkung  von  der  ganzen  Gmain  entweder  con- 
lirrairt  oder  neu  gewählt  wurde,  dem  Magistrate  oft  unange- 
nehm wurde,  ist  einzusehen  und  wird  den  Führern  von  diesem 
in  einem  Falle  der  Vorwurf  „des  Difficultirens"  (absichtlicher 
Bereitung  von  Hindernissen).  T.  IV,  p.  464,  gemacht. 

Vom  Marktschreiber  jener  Tage  erzählen  seine 
eigenen  protokollarischen  Aufschreibungen :  dass  er  auf  Com- 
niando  in  Processangelegenheiten  des  Marktes  zwischen  Mureck 
und  Graz  fleissig  hin  und  her  schob,  selbstverständlich  den 
Sitzungen  beizuwohnen  und  die  beschlossenen  Rathschläge 
auszufertigen  hatte.  Er  bezog  Sportein  und  mitunter  nicht 
unansehnliche  Schreibtaxen. 

Die  Sitzungen  waren  nicht  öffentlich,  sie  wurden  gewöhn- 
lich im  Gerichtshause,  während  des  Baues  auch  in  den  Woh- 
nungen der  Magistratspersonen  gehalten.  Dazu  wurde  mitunter 
rine  ganze  „Burgerschaft  und  Gmain"  berufen,  um  über  Polizei- 
angelegenheiten zu  berathen,  Steuerherren  zu  ernennen,  ferner 
^ei  Richterwahlen  und  Abhöning  einer  „Richterraitung",  bei 
^  ertheilung  der  Gemeindeämter  zu  Mittfasten,  bei  Herandrohen 
ßß(!ewöhnlicher  Gefahren,  endlich  um,  ihre  Führer  an  der 
Spitze,  ihre  Beschwerden  vorzutragen.  Zuerst  wurde  da  die 
.Rolle"  verlesen  und  der  unentschuldigt  Weggebliebene  bestraft. 
•ni  Zeiträume  von  5  Jahren  vertheilen  sich  die  2 1 3  gehaltenen 
Sitzungen  mit  35  auf  1663,  36  auf  1664,  35  auf  1665,  56 
aof  1666,  51  auf  1667. 

Eine  magistratliche  Entscheidung  führt  in  Rechtsangelegen- 
iieiten  den  Namen  „Decissio",  sonst  „Rathschlag" ;  die  be- 
treffenden Urkunden  wurden  in  der  Kanzlei  unter  des 
Magistrates  grossem  oder  kleinem  Insigel  häufig  gegen  Taxe  aus- 


—     90     — 

gefertigt,  ActenstQcke,  unter  diesen  „Spanzedl"  und  „Peteedl", 
wurden  in  der  Kammer  deponirt.  Es  wiederholt  sich  die 
Klage  über  verbrannte  derlei  Papiere. 

Die  Amtsthätigkeit  unseres  Magistrates  umfasst: 

A.  Die  Civil-  und  Strafrechtspflege; 

er  spricht  von  seiner  Jurisdiction,  von  seinem  GerichtstÄbe. 
T.  IV,  p.  447. 

Vormundschaftliche  Angelegenheiten,  Obervormundschaft- 
liches  Einschreiten,  Verlässe,  Schätzungen  und  Inventuren  geben 
den  Sitzungen  das  dickste  Materiale  und  wir  finden  in  solchen 
thätig:  Curatores  für  abwesende  Erben  imd  zur  Prüfung 
wichtigerer  vormundschaftlicher  Rechnungslegungen ;  Curatores 
ad  lites,  wenn  an  einen  Pupillarverlass  bestreitbare  Forde- 
rungen gestellt  wurden;  Bestellte,  Rechtsconsulenten  und 
Advokaten,  grösstentheils  in  Graz  domicilirend,  als  Dr.  Haller, 
Dr.  Wotko,  Dr.  Walluch,  geschwomer  Schrannenadvokat,  Dr. 
Heemerl  in  Marburg,  Dr.  Schrotter,  Dr.  Meegerle,  die  Herren 
Erker  Conrad,  Fritz.  Mit  allen  diesen  Herren  suchte  der 
Magistrat  den  Verkehr  so  wohlfeil  als  möglich  zu  machen.  Ein 
wohlberechtigtes  Misstrauen  in  der  Erkenntlichkeit  des  Magi- 
strates wurde  von  einem  der  Rechtsfreunde  ganz  formel  aus- 
gesprochen, T.  ly,  p.  255,  und  am  Ende  wollte  sich  gar  keiner 
mehr  brauchen  lassen. 

Der  Vormund  wird  vom  Gerichte  bestellt  und  kann  sich 
dem  Amte  voll  schwerer  Verantwortlichkeit  nicht  entziehen. 
T.  IV,  p.  350. 

Gewöhnlich  verlangten  die  Vormünder  selbst  Rechnung 
legen  zu  dürfen;  mitunter  versäumte  der  Magistrat  dies  zu 
fordern.  Häufig  bringen  sie  vor  der  Behörde  ihre  Klagen  über 
die  Mündel  vor. 

Stirbt  ein  Vormund  ohne  gelegte  Rechnung,  so  liegt  den 
Erben  ob,  dieselbe  einem  ad  hoc  ernannten  Curator  vorzulegen. 
Eigenmächtiges  Pactiren  mit  den  Pupillen  ohne  „Begrüssung"' 
des  Gerichtes  wird  gerügt,  T.  IV,  p.  7 1 ;  ohne  Wissen  des 
Magistrates  an  einen  solchen  verabfolgte  Vorschüsse  an  Geld 


—     91      — 

werden  bemängelt.  T.  IV,  p.  245.  Die  eigene  Mutter  konnte 
^Notgerhobm^*  sein. 

Die  Folgen  der  FahrläBsigkeit  in  der  Controle  der  „Ger- 
hoben" trafen  zuweilen  die  Obervormundschafts-Behörde  selbst 
recht  nnangenehm. 

Uebrigens  hatte  die  Obervormundschafts-Behörde  nebst 
Vermögensverwaltung  auch  ftlr  die  Erziehung,  Unterbringung 
des  Papillen  behu&  Erlernung  eines  Handwerkes  und  sofortigen 
Betrieb  desselben  bei  einem  Meister  zu  sorgen,  gieng  gegen 
leichtsinnige,  arbeitscheue  und  ausschweifende  Minorenne,  sowie 
deren  Unterstandgeber  mit  Strenge  vor,  T.  IV,  p.  468,  ver- 
merkte es  auch  ttbel,  wenn  solche  weiblichen  Geschlechtes 
(^ohne  Begrassung  des  Gerichtes^')  Verhältnisse  unterhielten, 
die  zur  Ehe  führen  zu  wollen  schienen.  T.  IV. 

Mit  an  Verlässen  Betheiligten  musste  durch  Curatoren 
oft  in  weite  Entfernung  hin,  Wien,  Nürnberg,  Danzig,  verkehrt 
werden,  der  überlebende  Ehetheil  wird  mitunter  bei  schwerer 
Androhung  verwarnt,  einiges  vom  Verlasse  zu  verstecken  oder 
auswärts  unterzubringen ;  Stiefkinder  werden  gegen  Rücksichts- 
losigkeiten in  Schutz  genommen. 

Alles,  was  im  Lande  Steier  ausser  den  Immobilien  „als 
Vamuss  angesehen,^^  Silbergeschmeide,  Geld,  aufgerichtete 
Betten,  Leinwand  und  was  „in  der  Truchen'^  enthalten,  bildet 
als  Theil  des  Verlasses  Gegenstand  der  Inventur  und 
Schätzung.  Ein  Wunsch  der  Bürger  spricht  aus,  ;,dass,  wenn 
hinftlro  mehr  Inventuren  vorkhomben,  jederzeit  zwei  Führer 
darzu  zu  nemben".  T.  IV,  p.  361. 

Gerichtlich  anhängig  gemachte  Schuldforderungen  sind 
häufig,  imd  wird  dem  Schuldner  aufgetragen,  innerhalb  einer 
Frist  bei  Vermeidung  der  Execution  den  Kläger  zu  befriedigen, 
*.unclaghaft  zu  halten'^  oder  so  er  solches  nicht  schuldig  zu 
sem  vermeint,  binnen  —  Tagen  zur  mündlichen  Erkenntniss 
peremtorie  erscheinen  zu  wollen.  Verinteressirt  wurde  mit 
6  Procent.  T.  III.  p.  264. 

Gewaltsame  oder  eigenmächtige  Pfändung  ohne  „Begrüs- 
sung  des  Gerichtes"  wurde  bestraft.  T.  III,  p.  261. 


-     92     — 

HÄuser  Verschuldeter  wurden  ex  off"  verkauft  und  den 
Expropriirten  etwas  Kleineres  gekauft  Bei  Gelegenheit  eines 
solchen  Häuserumkaufes  lautet  der  bezügliche  Leihkauf  auf 
„ein  gebackenes  Schweinenes"  und  1  Thaler. 

Auch  Concurse  über  Verlässe  wie  über  das  Vermögen 
Lebender  kennt  jene  Zeit  und  werden  allerorts  die  Gläubiger 
durch  Edicte  aufgefordert,  innerhalb  einer  bestimmten  Frist 
nach  Einsichtnahme  in  das  Inventarium  mit  Behelfen  und 
„Gerichtshelfern"  zur  Pribritäts  -  Disputation  zu  erscheinen. 
Geübt  wurde  auch  das  Vergleichsverfahren.  T.  IV,  p.  47. 

Der  Magistrat,  nicht  selten  selbst  Gläubiger,  droht  auf 
die  Häuser  saumseliger  Zahler  „ZedP^  aufzukleben. 

Beizulegen  gab  es  Streitigkeiten  der  Innungen  imd  Innungs- 
mitglieder, häufig  hervorgegangen  aus  Rücksichtslosigkeit  und 
Gehässigkeit  einzelner  Genossen  gegen  einander  und  gegen 
Andere,  auch  Uebergriffe  der  Zünfte  aus  willkürlicher  und  eng- 
herziger Auslegung  ihrer  Privilegien. 

Der  untersagte  Auskauf  von  Honig,  der  Verkauf  von  Heu 
und  Getreide  werden  nach  Protokoll  bestraft.  T.  IV.  p.  362. 

Das  Ausstellen  von  Salz  vor  den  Häusern  nicht  zu  ge- 
statten. T.  IV,  p.  332. 

Winkeldepots  von  Waaren  aufzuspüren  und  mit  Beschlag 
zu  belegen.  T.  IV,  p.  262. 

Der  Schneider  Härnerl,  in  einen  Kramladen  dringend,  be- 
mächtigt sich  eines  Paares  leinener  Strümpfe,  die,  als  nicht  von 
einem  Schneider  gemacht,  unberechtigt  auf  dem  Lager  seien. 
T.  III,  p.  150. 

Der  Frau  Heemerlin  entgegen  wird  wieder  auf  Betrieb  des 
Lebzelters  die  Wachsarbeit^  ausser  für  die  Kirche  und  CJorpus- 
christi-Bruderschaft  .,weil  umsonst",   eingestellt.  T.  IV,  p.  95. 

Die  Schneider  wollen  den  Hausbesitzer  Hakl  nicht  auf- 
nehmen, weil  er  seine  Schritte  ohne  Begrüssimg  des  Hand- 
werkes gethan,  auch  weil  vermöge  Privilegium  hier  nicht  mehr 
als  6  Schneider  sein  dürfen.  T.  IV,  p.  94. 

Einer  Witwe,  die  „aus  dem  Handwerk"  heiratet,  wird 
die  Ausübung  desselben  untersagt 


—     93     — 

Gegenseitige  Auskäufe  wurden  laut  Protokoll  bestraft. 
T.  m,  p,  156. 

Der  Schneider  Lükner  wird  von  einem  herumziehenden 
Arzt  aus  Hartberg  beim  Handwerk  verklagt,  dass  selber  bei 
iliD)  TeufelskQnste  für  sein  krankes  Kind  verlangt  habe  und 
wird  dessbalb  vom  Handwerke  ausgeschlossen.  T.  UI,  pp.  61,  69. 

Die  Leinweber  von  hier  werden  als  Corporation  um 
4  Rchst  gestraft,  weil  sie  einen  ihrer  Genossen  und  Mitbürger 
auf  des  Herrn  Sablutnik's,  Verwalters  von  Strass,  Begehreiv 
wegen  verübter  Gewalt  auslieferten.  T.  IV,  p.  11. 

Das  strafrechtliche  Verfahren 

hatte  laut  der  vorliegenden  Protokolle  zum  Gegenstande: 

a)  Diebstahl,  versucht  von  Dienstboten  am  Besitzthume 
des  Herrn. 

b)  Es  klagt  Bart.  Lorber  der  Aeltere  seinen  Knecht  und 
dessen  Theilnehmer  der  versuchten  Enttragung  von  Wein  und 
anderen  Sachen  an,  und  wird  vom  Gerichte  befragt,  ob  der 
Beschuldigte  „gütlich  oder  peinlich  examinirl"  werden  solle,  und 
ob  er  die  mit  dem  peinUchen  Examen  verbundenen  Kosten 
tragen  wolle.  T.  III,  p.  21. 

c)  Einen  Ochsendiebstahl,  verübt  in H.  Dreifaltigkeit, 
entdeckt  und  angezeigt  in  Mureck,  welcher  zeigt,  dass  nach 
QuaUfication  des  Schuldigen  zur  Malefizperson  derselbe  inner- 
halb 3  Tagen  an  das^  Landgericht  Obmureck  abgegeben  werden 
Diusste.  T.  III,  p.  21. 

d)  Einen  Pferdediebstahl  dürfte  man  anführen,  weil 
in  einer  Sitzung  beschlossen  wurde,  im  Schlosse  anzufragen, 
ob  der  geständige  Dieb,  ein  heruntergekommener,  hiesiger 
ßücker,  der  nach  dem  Geständnisse  schon  1 '/,  Tage  am  Rath- 
hause  sitze  und  die  AbUeferung  hinauf  gewärtige,  nicht  lieber 
zur  Ersparung  von  Unkosten  und  weil  er  ehedem  Bürger  ge- 
wesen, einem  „spanischen  Werber'  übergeben  werden 
möchte.  T.  IV,  p.  109. 

Injurien  zu  sühnen,  ihre  Folgen   zu  schlichten  stand 


—     96     — 

3.  Dec.  1663  anzukoramenden  „starkhen"  Gompagnie  Reichs- 
völker aufgetragen.  T.  III,  p.  128. 

T.  III,  p.  135.  Rathschlag,  „man  möge  den  Herrn  Com- 
roisaryi  bitten,  weiln  der  Markt  jetzt  nach  einander  her  mit 
Völkher  und  zwei  Stab  belegt  gewest,  mit  weiteren  Einquar- 
tirungen  zu  verschonen,  wolle  aber  den  ebn  hier  angekhombenen 
Hauptman  für  seine  Gompagnie''  den  von  ihm  angesuchten 
Rasttag  gratis  bewilligen. 

T.  IV,  p.  28.  Rathschlag,  „weiln  die  Soldaten  die  hier 
einquartirt  werden  sollen  mit  (wie  man  sagt)  ainer  üblen 
Krankheit  behaftet'S  alles  aufzubieten,  um  von  ihnen  verschont 
zu  bleiben. 

T.  IV,  p.  256.  „Was  Comisaryi  allda  einquartirt,  die 
solln  noch  ihr  Quartier  habn,  keinen  andern  nicht  anzunemben, 
und  weiln  vermög  Kaiserl.  Patent  die  Quartier  zu  verändern 
kheinem  OflScier  nichts  sondern  denen  Herren  Comisarien  ge- 
burth,  allso  dem  Korporalen  diess  zu  sagen,  und  dass  man 
bishero  wegen  ihrem  Pferdt  die  halt  in  guetem  passirt,  hin- 
fliro  aber  nichts  mer  passiren  will,  sondern  sie  selbsten,  weil  Sye 
ihr  geldt  darum  habn,  mit  Pfert  werden  zu  unterhalten  wissen." 

T.  IV,  p.  279.  Soldaten  liegen  schon  7  Wochen  an 
einem  Orte,  wollen  selbst  weg,  wäre  ein  leichtfertiges  Mensch 
von  Obersteier  nachgekommen,  liege  beim  Corporalen  im 
Quartier,  lasse  sich  nicht  heben.  Der  Corporal  weigere  sich 
ins  Perkho'sche  Haus  zu  übersidln,  weil  dort  nur  eine  Stube, 
und  die  Frau  Kindbetterin  geworden ;  auch  wegen  der  Pferde- 
stellung. Propositio. 

Am  25.  JuU  1664  bekommt  der  Richter  die  Ankunft  der 
französischen  Hilfsvölker  mit  dem  gemeldet,  dass  die  meiste 
Zahl  der  Volontiers  und  Officiere  hier  im  Markte  unterzu- 
bringen, und  man  sich  mit  Brod,  Wein,  Hafer,  insbesondere 
aber  Fischen  wohl  zu  versehen  habe,  „sonsten  die  Völker  ser 
übl  hauseten'^ 

In  das  Unvermeidliche  hiess  sich's  fügen,  das  Mögliche 
musste  geleistet  werden ;  allein  man~  liest  weiter : 

Den  20.  Juni  1664  bekommt   der  Richter  in  der  Nach- 


—     97     — 

mittagssitzuDg  einen  Brief  vom  Herrn  Obrist  Jobann  Scbmitt 
Ton  Hof  „unvem  Stradn,  welcber  begert,  auf  sein  Regiment 
Reiter  welches  beute  alldort  steben  geblieben,  noch  beut 
1000  fr  Brot,  2  Startan  Wein  und  etbche  StQckb  Yich  hinaus- 
zaschicken,  widrigenfalls  er  100  Reiter  bereinkomandiren  wolle''. 

Solchen  oft  aus  Notblagen  entspringenden  Uebergriffen 
der  Commandanten  musste,  wie  auch  laut  Ratbscblag  geschah, 
verneinend,  aber  mit  Klugheit  entgegengetreten  werden.  Den 
Fall,  wo  ein  Marburger  Proviantmeister  den  Murecker  Bäckern 
ihr  erkauftes  Getreide  abnimmt,  T.  ÜI,  p.  125,  bei  Seite  ge- 
lassen, scheinen  diese  aus  dem  Ausnahmszustande  innerhalb 
ihrer  Mauern  ziemlich  heil  davon  gekommen  zu  sein.  An 
durch  das  Militär  verübten  Excessen  finden  wir  mehrere  ver- 
zeichnet, z.  B.: 

T.  IV,  p.  107.  Soldaten  binden  dem  Hunde  eines  Bürgers 
eine  Blatter  auf  den  Schweif,  wodurch  der  Bürger  öffentlich 
zum  Gespötte  wird. 

T.  IV y  p.  116.  Der  lange  Corporal  iqjurirt  die  Bürger 
mit  „Schehnb  und  Pembäuter^  dessgleichen  thun  die  Soldaten, 
die  indess  vom  Freikorporalen  dafür  „priglt'^  werden,  und 
wurde  eine  Beschwerdeschrift  an  Herrn  Hauptmann  beschlossen, 
weil  die  Soldaten  auch  Leute  auf  der  Strasse  angreifen. 

T.  IV,  p.  167.  Hauen  ein  Corporal  und  Soldaten  einen 
B&ckeijung. 

Dass  aber  verächtliche  Gewinnsucht  einzelner  Bürger 
durch  Verringerung  des  Brotgewichtes,  T.  lU,  p.  131,  und 
wucbennässigem  Vorgehen  bei  Verkäufen  verschiedener  Gegen- 
stände an  Officiere  und  Gemeine  böses  Blut  erzeugte,  ist  er- 
sichtlich, T.  in,  p.  209. 

Dass  während  dieser  Zeit  die  öffentliche  Sittlichkeit  litt, 
zeigt  z.  B.  die  Klage  der  Soldaten weiber ,  dass  sich  ihre 
M&nner  inuner  bei  den  Draxlerischen  Töchtern  aufhalten,  und 
T.  m,  p.  85  die  Stelle:  „Solle  die  Zimmerman'sche  Tochter, 
auch  des  Politsch  Satler  Tochter  wegen  Umganges  mit  den 
Soldaten  fort".  Schliesslich  hier  noch  ein  Curiosum: 

T.  IV,  p.  386   schreibt  J.  G.  Herr  Schrampf  als  Kriegs- 

lOOktU.  4m  klau  V«r«iM  f.  SUlOTmark,  XXTll.  H«fl,  ItT».  7 


—     98     — 

Commissär  hieher,  dass  man  insgeheim  auf  I.  M.  Verlangen 
genaue  Auskunft  über  Zahl  und  Adjustirung  der  bequartirten 
Dragoner  des  Zach'schen  Regimentes  einlege  und  derlei  Be- 
richte fortsetze  (es  lagen  damals  10  Mann  mit  1  Corporalen 
hier). 

In  der  Sitzung  vom  21.  April  1664,  T.  HI,  p.  191,  pro- 
ponirt  der  Richter,  „dass  ain  landeshauptmannschafUiches 
Patent  angekommen,  das  anordnet,  dass  für  die  hier  zusammen- 
gesetzten zwei  in's  Lager  vor  Kani§a  bestimmten  Rüstwägen 
die  Bespannung  zu  stellen  sei  und  wurde  beschlossen,  die 
bestimmte  Anzahl  von  12  Pferden  aus  den  Stallungen  der 
Bürger  mit  4  den  Tagwerkem  entnommenen  Trossknechten 
sammt  dem  Bürger  Hans  Khulmitsch  als  Zahhneister  mit  dem 
abzusenden,  dass  Alles,  was  nach  vorläufig  erhobenem  Werthe 
der  Thiere  über  die  täghche  Passirung  von  20  kr.  pro  Pferd 
Mehraufgang  sei,  femer  Abnützung  und  Schaden  an  Pferd  und 
Zeug  aufgeschrieben  und  im  Falle  wider  Erwarten  die  Hof- 
kammer nichts  vergüten  sollte,  die  Summe  der  Aufschrei- 
bungen seinerzeit  als  Gemeindelast  im  Wege  der  Umlage  be- 
glichen werden  soUte.**  '^) 

Am  16.  Mai  1664,  T.  III,  p.  208,  proponirt  Herr  Richter, 
dass  zur  Hinwegführung  der  Rüst-  und  Heerwägen  des  Herrn 
Oberst  v.  Monsforth  eine  Vorspann  von  22  Pferden  zu  be- 
schaffen sei,  und  wurde  beschlossen,  dass  jene,  so  ehedem 
noch  keine  Pferde  abgegeben,  solche  jetzt  zu  stellen  haben, 
und   dass   ein  Bürger  mitgehe,    der  sie  wieder  zurückbringe. 

NB.  Die  armen  Tagwerker  kamen  nach  4  Wochen  zurück 
und  baten,  dass  man  sie  ablöse. 


*)  Diese  Aufsclireibungen  hatten  ein  übles  Geschick;  der  Kriegslärni 
legte  sich,  die  Bürger  kamen  mit  ihren  „Auszttgln",  da  hiess  os, 
„sollen  warten,  bis  die  von  Leibnitz  u.  a.  0.  solche  einreichen'^,  nnil 
als  man  wartete  und  wiederkam,  hiess  es,  „sei  viel  zu  spät,  die 
KriegSYÖlker  von  dazumal  wären  schon  alle  abgedankt*^;  und  doch 
belief  sich  der  Gesammtbetrag  der  Forderungen  für  Verpflegung  blos 
der  Reichs  Völker  und  für  durch  diese  erlittene  Schäden  in  4  Monaten 
fi\T  den  Markt  Mureck  auf  858  fl.  40  kr.  T.  III,  pp.  177—262.  T.  IV. 
p.  23. 


—     99     — 

Zudem  hielt  der  Magistrat  von  ihm  Ausgerüstete  (Land- 
völker) auf  den  Beinen.  T.  III.  p.  84. 

Vorstehende  Zeilen  zeigen,  wie  Magistrat  und  Bürgerschaft 
in  harter  Zeit  mit  Opferwilligkeit,  Ausdauer,  Muth  und  Klugheit 
ihren  Theil  zn  den  Kriegsvorbereituugen  des  grossen  Ganzen 
beigetragen. 

Ungeachtet  solcher  konnte  der  Feind  siegen  und  in  ein- 
zelnen Haufen  sich  dem  Markte  nähern.  Dieser  Fall  wurde 
von  der  Behörde  im  Beisein  der  Führer  und  ganzen  Gmain 
ZOT  Berathung  vorgelegt. 

Schon  zuvor  machte  Herr  v.  Stubenberg  der  Bürgerschaft 
den  Antrag,  bei  Einbruch  der  Türken  mit  Weib,  Kind  und 
Habseligkeiten  in's  Schloss  Obmureck  zu  flüchten  und  mit 
einem  Theile  Wehrhafter  die  dortige  Besatzung  zu  stärken, 
wurde  aber  Schmimberg,  ebenfalls  H.  v.  St  gehörig,  jedoch 
einem  Herrn  Jeery  verpachtet,  vorgezogen.  In  Folge  dieses 
Antrages  wurde  in  der  Sitzung  vom  5.  Juli  1664,  T.  III,  pp. 
221 — 22,  beschlossen:  1.  „vor  dem  begebenden  Fall  das  sei- 
nige samt  weih  und  Kint  zu  salviren,  die  Burger  aber  jeder 
in  Persohn  krafft  seines  Aidtschwur  bis  auf  die  eyseriste  noth 
za  verbleiben  und  zu  halten  wissen  ^'^  2.  mit  verschärften  Mass- 
nahmen die  Befestigung  der  Umdämmung  durch  Palisaden 
fortzusetzen  und  die  darwider  schmähenden  Weiber  mit  der 
Fidl  zu  bestrafen;  3.  „Solle  täglichen  ain  Viertl  mit  dem 
Spüll  zur  wacht  au£siehen  und  Herrn  Verwalter  zu  Bathkers- 
porkh  anzuspröchen,  weiln  er  täglichen  Zeitungen  bekhombt, 
dass  er  uns  dessen  in  begebender  noth  damit  man  Weib  und 
Kindt  abobalten  salviren  konnte  erindem  thete,  auch  wacht 
bei  Halbenrain  und  andern  orthen  zu  bestölln,  sowoUn  Herrn 
Verwalter  wegen  wacht  und  Losungsschuss,  mit  Herr  Pfarrer 
nnd  den  anliegenden  Dörfern  wegen  des  Gloggenstraich  und 
Losnngsschuss  gleichfalls  zu  unterreden  und  diess  anzudeuten 
nnd  inmitten  solle  die  Burgerschaft  ihre  Rüstung  sauber  putzen, 
nüt  Pulver  und  Bley  versehen  und  aller  beraithschaft  stehen/' 

Eine  y orsichtsmassregel  weiter,  T.  IE,  p.  21 6,  „weiln  wegen 
des  Erbfmts  grosse  G^ar  obhanden  die  gemainen  Markhts 

7* 


—     JOO     — 

Schriften  und  Freiheiten  entweder  in  Ihr  6n.  Haus  in  Graz 
oder  80  es  alldorthen  nicht  unterzubringen  in  ain  anderes 
sicheres  orth  zu  führen  und  zu  salviren'^ 

Dass  aber  nicht  blos  der  Einbruch  türkischer  Heerestheile, 
sondern  auch  Raubgesindel  zu  fürchten  war,  geht  aus  mehreren 
Aufschreibungen  hervor.  So  wurde  auf  die  erlangte  Nachricht, 
dass  der  Türke  anderwärts  Brenner  ausgesandt  habe,  T.  III, 
p.  92,  „der  Burgerschaft  bei  Straff  und  insonderheit  den 
wirthen  auferlegt,  achtung  zu  haben,  die  PedUeith  und  frembte 
herkumbende  verdächtige  Raissente  Persohnen  nicht  zu  be- 
herbergen"; weiters  heisst  es  an  einer  Stelle:  der  Erbfeind 
hat  „an' die  500  Petler*"  ausgesandt  Und  einen  räuberischen 
Ueberfall  hatte  Mureck,  wie  ein  Steinbild  (s.  d.  Beilage)  hier 
darzustellen  scheint,  vermuthlich  erlitten.  Dieses  92  Cmt  lang, 
61  Cmt  breit  gegenüber  dem  Eingange  in  den  Thurm  vom 
Dachboden  des  Rathhauses  aus  —  an  der  Innenseite  der 
nördlich  gelegenen  Mauer  desselben  eingemauert,  stellt  den 
Markt  mit  dem  alten  Rathhause,  also  aus  der  Zeit  vor  unserem 
hier  behandelten  Abschnitte  dar;  Narrenhäusl  oder  Narren- 
kotier  und  Pranger  finden  sich  vor  selbem;  mit  einem  Arme 
an  letztcrem  angeheftet  steht  ein  Bursche  ganz  so  angethan^ 
wie  eine  Anzahl  mit  Beute  Beladener  und  Bewaffneter  am 
Damme  aufwärts  zieht,  und  erwartet  von  einem  Manne  in 
Amtstracht  den  Tod  durch  Pulver  und  Blei,  den  eine  zweite 
hinter  ersterem  stehende  obrigkeitliche  Person  ausgesprochen 
zu  haben  scheint,  als  zwei  Reiter  von  unten  herauf  sprengend 
mit  erhobenen  Händen,  der  wahrscheinlich  von  Obmureck  als 
unklug  angesehenen  Lynchjustiz  Einhalt  zu  gebieten  das 
Ansehen  haben.  Mit  der  Deutung  der  Darstellung  als  eines 
und  zwar  vor  Kurzem  erlittenen  räuberischen  Ueberfalls 
stimmt  das  Geschrei  der  über  den  Palisadenbau  erbosten 
Weiber,  T.  III,  p.  221,  „das  (ungeachtet  der  Palisaden)  nicht 
abermal  Unhail  über  den  Markht  kombe  wie  schon  beschehen 
und  die  Herrn  vom  Gerichte  selbst  erlebt  betten". 

Vor  Allem  war  man  daher  bedacht,    den  Ort  hinter  den 


—     101     — 

Gärten  am  Damme,  um  ihn  „vor  ain  anlauft  zu  versichern",  so 
ToUständig  mit  Palisaden  zu  umschliessen,  dass  nicht  einmal 
ein  Durchgang  beim  Fleischer  Weberitsch  (Nr.  64)  für  Per- 
sonen aus  dem  Schlosse  gestattet  wurde. 

Es  wurde  beschlossen,  der  Richter  B.  Lorber  der  Ä.  solle, 
nachdem  er  sich  erboten  100  Klft  Palisaden  auf  eigene  Kosten 
herzustellen,  Baumeister  beim  Werke  sein,  im  Einverständnisse 
mit  dem  hier  stationirten  Hm.  Lieutenant  alles  Zweckmässige 
veranlassen  und  die  Tagwerker  und  Tagwerkerinen  zur  Mit- 
arbeit verhalten  —  alles  bei  militärischer  Execution  im  Wei  - 
geningsfalle ;  die  Gassen  sollen  mit  Ketten  gesperrt,  die  Gewehre 
geputzt,  T.  DI,  p.  86,  der  Bartholomä  Markt  (1663),  T.  III, 
p.  104,  verschoben  werden,  alle  Nacht  „ain  Viertl  ohne  Spül 
auf  die  Wacht  und  meniglich  sich  mit  Pulver  und  Blei  ver- 
sehen.' Auch  einer  Schiessstätte  geschieht  T.  IV,  p.  97,  Er- 
wähnung. Erst  nach  mehr  als  einem  Jahre  später  wurde  eine 
von  den  Führern  oft  verlangte,  vom  Magistrate  während  der 
Anwesenheit  der  Soldaten  standhaft  verweigerte  Musterung 
über  die  bewaffneten  Bürger  gehalten  und  in  der  Sitzung  vom 
27.  Martii  1665  Herr  Richter  ftkr  den  Hauptmann  Hm.  Andre 
Fugger,  „weilns  auch  sein  Vater  gewesst,  zu  einem  Leitenambt, 
H.  B.  Lorber  d.  J.  zum  Febndrich  und  die  Viertlmaister  zu 
Gemain  Marktes  Officiren  verordnet". 

Eine  Polizeiordnung,  deren  T.  III,  p.  26  Erwähnung 
geschieht,  erfloss  vom  Herrn  von  Stubenberg ;  von  den  7  Punkten 
derselben  berührt  unser  Protokoll  bloss  den  auf  die  Wirthe 
bezüglichen. 

Der  Wirth  Polania  Hess  den  Nachts  angekommenen  Herrn 
CoTDissär  v.  Maschwand  und  einen  anderen  Edelmann  nicht 
mehr  ein;  dafür  drohte  ersterer  bei  nächster  Gelegenheit 
200  Reiter  in  den  Markt  zu  schicken  und  dem  Wirthe  ein 
paar  Kugeln  in  den  Leib  zu  jagen.  T.  IV,  p.  183.  Um  solchen 
sehr  missfälligen  Vorkommnissen  zu  begegnen,  wurde  in  der 
Pol.-Ordnung  4  Wirthen  befohlen,  „ihre  Tafln  auszustecken" 
und  Fremde  insbesondere  zur  Marktzeit  aufzunehmen.  Da 
diese  Schwierigkeiten   machten   und   mit  dem  Vorwurfe  an- 


—     102     — 

rückten,  die  Obrigkeit  möge  die  Einkehrenden  auch  dazu 
verhalten,  ihren  Hafer  im  Gasthause  und  nicht  auswärts  zu 
kaufen  und  bei  vorgenommener  Wahl  Anderer  einige  Bürger 
sich  den  Spass  erlaubten,  verkommene  Subjecte  vorzuschlagen, 
wurden  ex  oflFo  die  4  B&cker  zur  Führung  der  Einkehrwirths- 
häuser  berufen. 

T.  IV,  p.  183,  wurde  den  Wirthen  in  Anbetracht  des 
drohenden  Pestausbruches  verboten,  nach  9  Uhr  Abends  Wein 
zu  schenken,  Tumulte  oder  Maskeraden  zu  dulden. 

Die  Bäcker  hatten  ihre  Brodordnung,  T.  IV,  p.  183, 
welche  das  Backen  unter  dem  Gewichte  mit  Geldstrafen  und 
Confiscation  des  beanständeten  Gebäckes  belegte  und  bestellte 
„Brotwäger^^  führten  die  Aufsicht.  Unter  den  Sorten  desselben 
kommen  auch  die  Bretzen  vor,  von  welchen  der  Magistrat 
meint,  dass  sie  grösser  und  reinlicher  gebacken  werden  sollten. 

Entschuldigung  des  zu  geringen  Gewichtes  war  immer 
dieselbe:  müssten  so  und  so  theuer  von  der  Herrschaft  ein- 
kaufen, wäre  überhaupt  der  Preis  der  Frucht  wegen  der 
Verwüstungen  in  Ungarn  sehr  gestiegen,  es  möchte  ihnen 
also  noch  für  ein  paar  Tage,  bis  sie  das  theure  Getreide 
verbacken,  das  geringere  Gewicht  „eingehenkt"  bleiben.  Es 
wurden  vom  Magistrate  aus  nahegelegenen  Städten  und  Märkten 
Exemplare  des  Gebäckes  zur  Damachachtung  den  Bäckern 
vorgewiesen. 

Die  Fleischhauer  finden  sich  bereits  als  sesshafte 
Bürger  und  scheint  der  passus  T.  IV,  p.  360:  Die  Fleisch- 
backer  so  wie  früher  jährlich  aufnehmen  und  angeloben  lassen, 
schon  mehr  Formsache  gewesen  zu  sein.  Sie  hatten  eine 
Ordnung,  und  was  diese,  sowie  zeitweise  Erlässe  in  dieser 
Zeit  befahlen,  dürfte  aus  Nachstehendem  zu  ersehen  sein. 

Die  Fleischbesichter  hatten  das  geschlachtete  Vieh  wöchent- 
lich der  Versteuerung  wegen  zu  specificiren,  T.  IV,  p.  53.  Es 
wurde  Rind-,  Schaf-,  Kalbs-  und  Castraunfleisch  ausgehackt, 
Kalbsköpfe  und  Füsse  sollten  nicht  „zerhackt",  sondern  ganz 
gegeben,  das  Kälberne  in  der  „Penkh'*  und  nicht  zu  Hause, 
die  Kerzen  pfundweise  gegeben,  die  Bratwürste,  welche  7»  af 


—     103     — 

za  wiegen  haben  und  nur  1 2  Loth  schwer  sind,  nicht  so  klein 
gemacht,  das  Vieh  bei  Tag  und  nicht  bei  der  Nacht  ge- 
schlachtet, die  schweren  Ochsen  nicht  weiter  verkauft  werden 
and  sollen  sich  die  Fleischhauer  mit  gehörig  visirten  Gewichten 
veiBehen,  „alles  Steinwerch"  wegthun.  T.  IV,  p.  300.  Als  dieöe 
gegen  mehrere  dieser  Verordnungen  Vorstellung  machten  und 
ersuchten,  es  möge  das  Hereinbringen  von  Fleisch  durch  die 
^törer^,  so  auch  das  Schlachten  von  ^,Kälbemen  und  Schwei- 
oenen'^  zum  Verkaufe  und  Auskochen  abgestellt  werden,  T.  IV, 
p.  445,  aber  hierauf  zu  hören  bekamen,  „hätten  lange  gute 
Eiokaufezeiten  gehabt  um  das  Fleisch  billiger  zu  geben,  hätten 
sieb  durch  die  Kriegszustände  bereichert*^  und  ihnen  weiters 
gedroht  wurde,  dass,  wenn  sie  um  den  bisherigen  Preis  nicht 
ferner  „ausbacken,  jedem  MänigkUchen  nicht  bloss  an  Wochen- 
marktägen,  sondern  täglichen  etc.  Fleisch  hereinzutragen  erlaubt 
sein  solle",  so  remonstrirten  sie  durch  Entlassung  ihres  Oe- 
andes.  T.  IV,  p.  34. 

Die  Fleischhackerordnung  wurde  am  18.  Sept.  1667  ver- 
lesen, fllr  gut  befunden,  solche  auszufertigen,  auf  eine  „aigent- 
liebe  Tafl  angemacht' vor  den  Penkhen'*  aufzuschlagen,  T.  IV, 
p.  460,  und  deren  Besitzer  (Pächter)  für  die  Beschmutzung 
selber  verantwortlich  zu  machen  befohlen.  T.  IV,  p.  478. 

Unter  den  Professionisten  kommen  auch  Pflasterer,  Bild- 
und  Steinhauer  und  Büchsenmacher  vor.  Sechs  Schneider  übten 
im  Markte  ihre  Kunst;  wovon  einer  der  a-la-moda-Schneider 
hiess. 

Ein  wachsames  Auge  wurde  auf  die  öffentliche  Sitt- 
lichkeit gerichtet.  Dem  Prix  Schmit  wird  ernstlich  verboten, 
liederlichen  Bürgersöhnen  Unterstand  zu  geben  T.  IV,  p.  395, 
aud  wird  im  Allgemeinen  gerügt,  dass  Bürgersöhne  auf  der 
nTratn*  und  im  „Hart"  dem  „Ludern  und  Spielen"  nach- 
gehen. T.  IV,  p.  356.  Einem  Bürger  wird  bei  der  Behörde 
gesagt,  dass,  wenn  sich  die  üblen  Gerüchte  über  die  Aufführung 
seiner  Tochter  bewahrheiten,  man  ihm  ex  offo  sein  Haus  ver- 
bofen  und  ihn  selbst  wegschaffen  werde.  T.  IV,  p.  356. 

Wenn  Bekanntschaften  natürliche  Folgen  hatten,  die  allso- 


—     104     — 

bald  durch  die  Ehe  beglichen  wurden,  musste  der  Schuld- 
tragende  dennoch  3  Bebst  zahlen.  T.  IV,  p.  257. 

Weiters  sah  man  den  Wucherern  auf  die  Finger,  T.  IV^ 
p.  313,  überwachte  die  Haltung  der  Sonntagsfeier  durch 
Schliessung  der  Verkaufsgewölbe  während  des  Gottesdienstes, 
endlich  das  Bettelwesen  durch  die  Verordnung,  dass  kein 
Bettler  ohne  seinem  Zeichen  von  Haus  zu  Haus  gehe  und  die 
Aufstellung  eines  eigenen  Bettelvogtes,  da  der  Gerichtsdiener 
wiederholt  beschuldigt  wird,   Bettlern  Unterstand  zu  geben. 

Die  Sanitätspolizei  beschäftigte  sich  mit  den  Badern 
und  den  Badhäusem,  mit  Massnahmen  gegen  epidemische 
Krankheiten  der  Menschen  und  Thiere  und  öffentliche  Un- 
reinlichkeit 

Das  ärztliche  Personale  bestand  aus  den  Badern :  Georg 
Friedrich  Carl,  Mathias  Vogl  und  einer  Hebamme.  Dem  ersteren, 
von  dem  fast  ausschliesslich  die  Rede  ist,  wird  aufgetragen, 
„zu  reich  und  arm  um  ihr  Geld  gutwillig  zu  gehen  und  nicht 
zu  verwaigem,  wie  er  es  bis  nun  getan",  T.  IV,  p.  211,  das 
häufige  Hin-  und  Herreisen  untersagt;  er  wird  befragt,  ob  er 
sich  verpflichte,  bei  Ausbruch  der  Pest  sich  verwenden  zu 
lassen,  und  wird  in  einem  Falle  misslungener  Heilung  einer 
Wunde  verurtheilt,  dem  Patienten  die  für  die  Heilung  vor- 
hinein erlegten  22  fl.  bis  auf  5  fl.  „film  ersten  Pant  und 
Brantlöschung''  zurückzugeben  etc.  T.  IV,  p.  448. 

Mitunter  kamen  auch,  besonders  zu  Marktzeiten,  zuge- 
reiste Heilkttnstler. 

Obwohl  zwischen  Bader  und  Wundarzt  bereits  unter- 
schieden und  auf  das  „apprpbirt"  ein  Gewicht  gelegt  wurde, 
T.  rv,  pp.  125,  312,  so  gab  es  hier  wie  gesagt  nur  Individuen 
ersterer  Sorte;  die  Baderei  wird  ein  Handwerk  genannt,  die 
solches  ausübten,  mussten  ein  Badhaus  halten.  T.  IV;  pp.  42 
u.  359. 

T.  IV,  p.  178  „khombt  ain  Pot  von  der  Landschaft, 
wäre  im  römischen  Reiche  die  Infection  (Pest)  ausgebrochen, 
allso  allda  im  Lande  allenthalben  obsicht  zu  halten  und  von 
selbigen  orth  ohne  Fedy  nimant  passiren  zu  lassen,  sondern 


—     105     — 

in  deme  die  Infectionsordnung,  wie  es  gebräuchig,  zu 
halten.'' 

Eine  vorgekommene  Viehseuche  erforderte  das  amtliche 
Einschreiten;  es  wurde  auf  Anregung  der  Führer  dem  Gerichts- 
diener, seinem  Sohne  und  dem  Schweinhirten  befohlen,  die 
^rey.  Asspeiner  vom  verdorbnen  Vieh  allenthalben  zusammen 
za  klauben,  zu  vergraben  oder  ins  rinneude  Wasser  zu  werfen, 
ebendorthin  (!)  die  Äser,  statt  in  die  Graben  herum*';  zugleich 
befohlen,  den  Hans  Praunstein,  „der  mit  ain  paar  Ochsen  den 
nn&hl  verursacht'',  zu  bestrafen.  T.  FV;  p.  26. 

So  wie  Rinderpest  und  Kriegslage  die  Intervention  der 
Landschaft  zu  Gunsten  der  Versorgung  des  Grazer  Fleischmarktes, 
so  scheint  die  Pestgefahr  das  Patent  wegen  Abschaflfung  der 
rZikeiner  und  anderer  schlechter  leit"  veranlasst  zu  haben. 
T.  IV,  p.  308. 

Auch  wurde  aufgetragen,  die  „rev.  Gail^  nicht  an  den 
Weg  vor's  Haus  zu  legen.  T.  IV,  p.  24. 

Wiederholte  grossartige  Brände  erfordern  zur  Ver- 
hütung der  Wiederkehr  das  Mögliche  vorzukehren. 

Den  jungen  BQrgem  solle  statt  eines  Gewehres  ein  lederner 
Wassereimper  abverlangt  werden,  T.  IV,  p.  24 ;  bei  Eindachungen 
mit  Stroh  wird  die  Einrede  der  Nachbarn  ob  Feuergefährlich- 
keit berQcksichtigt,  das  Vortragen  von  „brennenden  Schaben" 
ond  Fackeln  beim  nächtlichen  Durchfahren  und  das  unvorsichtige 
Sdiiessen  nach  Tauben  auf  Strohdächern  wurde  verboten,  T.  IV, 
pp.  206  und  215;  Brandstätten  mussten  ehestens  aufgebaut 
und  die  Besichter  verhalten  werden  Acht  zu  haben,  dass  auf 
den  Dachböden  die  vorgeschriebene  Menge  Wasser  in  Bereit- 
schaft gehalten  werde.  T.  IV,  pp.  206  u.  215. 

Nachtwächter,  welchen  wiederholt  erinnert  wird,  dass  es 
gegen  ihre  Verpflichtung  sei,  nach  Mittemacht  „schon  wegen 
der  fremden  durchraisenden  leith'^  die  Stunden  falsch  oder 
wohl  gar  nicht  auszurufen,  werden  auch  „Feuerriefer"  genannt 

Der  Ausbruch  eines  Brandes,  heisst  es,  sei  allsobald  durch 
den  „Glockenstraich"^kund  zu  thun.  T.  IV,  p.  24. 

Das  Spital,  mit  verarmten  erwerbsunfähigen  Bürgern 


—     106     - 

und  altgedienten  Dienstboten  belegt,  stand  unter  einem  Spital- 
meister und  der  „Spitalmarin"  und  wurde  gelegentlich  auch 
mit  alten,  bei  Lizitationen  unveräusserbaren  Effecten  und 
confiscirten  Esswaren  bedacht.  Eine  im  Keller  des  Hauses  14 
derzeit  eingemauerte  und  dort  bei  einem  Baue  gefundene 
I  Steininschrift  sagt:    „Dieses  Spital  hat  der  Wolgebome  Hans 

Herr  v.  Stubenberg,  Obrister  Erbschenk  in  Land  Steier,  ge- 
wesener Herr  allhier  zu  sein  und  der  Seinigen  Gedachtnuss 
Erpaut  1560.* 

Die  Schule  stand  unter  der  Aufsicht  der  vom  Magistrate 
aus  seiner  Mitte  entnommenen  „Schulvisitatoren",  doch  unter 
Einflussnahme  des  Herrn  v.  Stubenberg.  Diesem  Umstände 
scheint  es  zugeschrieben  werden  zu  müssen,  dass  der  Schul- 
meister Bemardin  Mantiano  ungeachtet  häufiger  Klagen  über 
dessen  mangelhafte  Dienstleistung  und  zu  hoch  gestellte 
Forderungen  bei  Conducten,  T.  IV,  p.  213,  ungeachtet  wieder- 
holter Scandalprocesse  mit  den  Bürgern  bei  f&rmlicher  Auf- 
lehnung gegen  den  Magistrat,  T.  IV,  p.  366,  und  dem  Umstände, 
dass  er  noch  dazu  wellsche  Kaufleute  „wiederrechtlich"  in  Kost 
und  Wohnung  nimmt,  erst  nach  Jahre  langer  Anstrengung 
entfernt  werden  konnte,  und  nur  gegen  dem,  dass  die  über 
ihn  verhängte  „Peen"  aufgelassen  und  die  zur  Begleichung 
selber  zurückgehaltene  Besoldung  (er  hatte  11  fl.  15'/*  kr. 
jährlich)  ausbezahlt  wurde. 

Auch  der  neu  aufgenommene  Schullehrer  that  seine 
Schuldigkeit  schlecht.  Die  Schule  lag  in  Argem  und  — •  wahr- 
scheinlich schon  seit  Langem;  Winkelschulen  (eine  des 
Scheuchenapfl)  erblühten  und  es  darf  nicht  wundem,  dass  ein 
zum  Vormunde  ersehener  Bürger  sich  mit  Unkunde  im  Lesen 
und  Schreiben  auswiess  und  Führer  der  „Gemain"  bei  ihrer 
Wiederwahl  baten  Andere  zu  nehmen,  die  besser  lesen  und 
schreiben  können. 

T.  IV,  p.  184.  Das  Bittgesuch  eines  gewissen  Paulus 
Majus  Hilperhussanus  dto.  Brunsee  1568  an  den  Magistrat 
um  Verleihung  der  hiesigen  Präceptorsstelle,  welcher  verspricht, 
die  Kinder  ausser  dem  für's  bürgerliche  Leben  Nöthigen  auch 


—     107     — 

nocli  in :  pietate  et  moribus,  sowie  im  Griechischen  und  Latein 
zu  nnterricbten,  dürfte  die  Annahme  gestatten,  dass  hundert 
Jahre  froher  die  Schule  besser  bestellt  gewesen. 

Anf  richtiges  MassundGewicht  scheint  der  Magistrat 
weniger  genau  gesehen  zu  haben,  da  wir  von  der  Beschlag- 
nahme einer  bedeutenden  Menge  derlei  Objecte  lesen,  die  der 
Profoss  und  Cementer  der  löbl.  Regierung  verfügte  und  deren 
Abiiihr  die  Behörde  sich  mit  dem  widersetzte,  „dass  vorher 
jedes  einzelne  Stück  genau  beschrieben  werde,  damit  nicht 
hintentrein  noch  mehr  heraus  käme'^  T.  lY,  p.  272. 

Zur  Zeit  der  Gefahr  wurde  der  Markt  in  Vierteln  einge- 
tbeilt,  deren  jedes  einem  Yiertelmeister  unterstand.  Obwohl 
dieses  Amt  vorzugsweise  einen  militärischen  Charakter  trug, 
waren  diese  Functionäre  Vermittler  politischer  Anordnungen 
überhaupt,  T.  III,  p.  1 04,  und  hatten  wie  alle  anderen  unentgelt- 
lichen Würdenträger  wenig  Lust,  ihr  Amt  weiter  als  absolut 
nöthig  fortzufbhren. 

C.  Der  ökonomische  Theil 

befasst  sich: 

a)  mit  dem  Baumeister,  welcher  die  nöthigsten  Bau-  und 
Zimmermannswerkzeuge  und  Materialien  in  Verwahrung 
und  Verrechnung  hat,  die  öfifentlichen  Bauten,  als  Brücken, 
Stege  und  Wehren  vorzuschlagen  und  die  genehmigten  zu 
Yollführen  hatte. 

Wir  erfahren  aus  einer  den  Baumeister  berührenden 
Aufzeichnung,  T.  IV,  p.  59,  so  von  einer  Art  Strandrecht: 
—  ;,seye  disser  Tag  in  grossen  Wasser  ain  Pletten  herein 
in  gang  am  stög  angerunnen,  welliche  der  Paumaister-  mit 
denen  hebern  aufgefangen,  die  bette  der  hoffischer  göstert 
früe  hinwekgefllrt  mit  Vorgebn,  dass  es  Herr  Verwalter 
bevelch  und  zur  herrschaft  gehörte,  was  zu  tun  ?  Ratschlag : 
AHdieweiln  Jeder  Zeit  was  auf  gemainen  Markht  Wibr 
oder  in  Gang  herein-  oder  aufgerunnen  ist,  dem  gemainen 
Markht  gehört  hat,  Massen  es  auch  in  hiersein  des  gd. 
Herrn  und  mit  dero  wissen  wegen  der  Weitersfeldterischen 


\» 


-     108     — 

Mill  also  beschehen,  so  solle  Herr  Richter  bei  Herrn  Ver- 
walter allda  zur  erhaldtung  der  alten  Gerechtigkeit  darob 
sein  und  die  Pletten  zurückzubringen  sehen.'' 

Der  Baumeister  hatte  die  Bezahlung  des  Kreuzers 
für  Verführung  einer  Klafter  Holz  durch  das  märktiscfae 
Schiff  zu  überwachen  und  zu  sehen,  dass  die  Tagwerker 
von  selben  keinen  eigenmächtigen  Gebrauch  machen. 

b)  mit  den  Tagwerkern,  welche  gehalten  waren,  sich  vom 
Baumeister  bei  öffentlichen  Arbeiten  gebrauchen  zu  lassen. 
Es  wird  ihnen  ausgestellt,  dass  sie  lieber  fischen  und  zum 
Bauern  als  zu  den  Bürgern  in  Arbeit  gehen.  Mitunter  wird 
ihnen  mit  Ausweisung  gedroht  und  angedeutet,  dass  keinem 
von  ihnen,  der  nicht  ein  „HäusP  hat,  eine  Kuh  zu  halten 
gestattet  sei,  T.  IV,  p.  364; 

c)  mit  den  Hebern,  die  jährlich  „in  die  Gelübde **  genommen, 
eine  Zunft  bildeten,  die  so  sehr  auf  Ehre  hielt,  dass  sie 
einen  des  Ehebruches  beschuldigten  Genossen  ausschloss. 
Sie  hatten  den  geheimen  Auftrag,  dem  Mauthner  genauen 
Bericht  über  auf-  und  abgeladenes  Salz  etc.  und  in  die 
Keller  „  geschossene  "^  Weine  zu  erstatten,  dem  Messner 
aber  beim  Wetterleuten  zu  helfen,  zudem  auf  die  „Lendt** 
Obsicht  zu  führen; 

d)  mit  den  Feuerriefern,  die  nebst  ihrer  bekannten  Lau- 
heit im  „Ausriefen"  ihrer  Amtspflicht  ausserhalb  der  Thore 
schon  gar  nicht  genügen  wollen; 

e)  mit  den  Feldhütern,  die  wieder  einzuführen  man  ge- 
nöthigt  war,  weil  das  Kraut  vom  Felde  weggestohlen 
wurde,  —  mit  den  Kühhaltern,  von  denen  das  Protokoll 
nie  ohne  Beisetzung  des  „feverendo"  spricht;  sie  sind  im 
Verdachte,  aus  guten  Gründen  bei  Freveln  der  Unterrakit- 
scher  Bauern  durch  die  Finger  zu  sehen,  während  sie  wieder 
Klage  führen,  dass  ihnen  die  vom  Markte  versprochene 
Kost  vorenthalten  werde,  endlich  noch 

f)  mit  den  Verfertigern  zu  theurer  Todtentruhen  und 

g)  mit  der  Berainung.  T.  UI,  p.  45. 


—     109     — 

D.  Steuerwesen. 

Die  jährlich  um  „Mittfasten"  zum  Theile  vom  Magistrate 
aus  der  „Gmain'*,  theils  von  dieser  aus  dem  Rathe  gewählten 
10  bis  14  Steuercommissarien,  auch  Steuerherren  genannt, 
repartirten  die  Gewerbesteuer,  von  welchex  (als  märktischem 
Einkommen)  vorwiegend  die  Rede  ist.  T.  III,  p.  43.  Die  Re- 
partirung  wurde  ;,nach  alten  brauch  angeschlagen,  doch  nach 
Billigkeit,  wehr  im  Aufhemben,  mehreres,  den  abnemenden 
aber  zu  mindern^'.  T.  IV,  p.  369.  Diese  Steuer  betrug  (ob 
nach  einem  Voransclüage  des  Bedarfes,  ist  nicht  ersichtlich) 
pro  1664:    399  fl.  3  ß  14  dl,  pro  1665:  390  fl.  2  /5  2  dl. 

Das  Ausschwätzen  aus  den  bezüglichen  Berathungen  wurde 
mit  4  Rchst.  gebttsst  und  suchten  sich  einzelne  dieser  Steuer 
dadurch  zu  entziehen,  dass  sie  auswärts  Magazine  und  Ein- 
lagerangskeller mietheten.  T.  IV,  p.  383. 

Ausserordentliche  Ausgaben  machten  wiederholt  die  Um- 
lage („Anlagt)  nöthig,  auch  geschah  es  in  solchen  Fällen,  dass 
der  Richter  aus  Eigenem  die  Mittel  vorzuschiessen  vom  Rathe 
aafgefordert  wurde. 

An  Obmureck  hatte  der  Markt  Urbarialgiebigkeiten.  Die 
Landschaft  erhielt  den  Ertrag  vom  Taz,  der  verpachtet  wurde. 

Auch  der  Leibsteuer  wird  T.  III,  p.  100  gedacht,  welche 
Benennung  in  einem  Stiftbüchel  der  ehemaligen  Herrschaft 
Weitersfeld  vom  Jahre  17 22  gleichbedeutend  mit  Contribution  ist 

T.  IV,  p.  279  verlangt  Obmureck  bis  Martini  1666  vom 
Magistrate  300  fl.  Nachzahlung  an  Steuern,  weil  vermöge  Zu- 
ddages  von  3  Prc.  auf  die  Urb.- Gaben  von  Seite  des  land- 
^haftl.  Rentmeisters  ein  solches  Deficit  entstanden  und  wurde 
zur  Aufbringung  dieser  Summe  der  doppelte  Hausgulden  aus- 
geschrieben. 

Mehrere  auswärtige  Herrschaften  forderten  von  Murecker 
Bürgern  den  Weinbergzehent. 

Unklar  sind  die  Aufzeichnungen  über  die  Beschaffung 
der  Brandsteuer  und  findet  sich  in  selben  kein  sicherer 
Anhaltspunkt  zur  Definition  des  öfter  benannten  Brandsteuer- 
eisens. 


—     110     — 

Fassbarer  für  den  der  damaligen  Steuerverhältnisse  Un- 
kundigen ist  folgende  Stelle  T.  IV,  p.  97 :  ,,Herr  Michas  Flak, 
landscfaafü.  Pfentner  zwischen  Mur  und  Traw  hat  anheut  eine 
Intimation  allhero  geben,  dass  er  den  gemainen  Markt  und 
Bui^erschaft  mit  allen  Steuern  und  Anlagen  in  einer  löbl. 
Landschaft  Namen  punkto  ausständiger  Steuer  und  Ciontributio- 
nen  (ausständig  von  Obmureck  wahrscheinlich)  eingepfennt,  daher 
er  es  einem  Er.  Magistrat  und  ganzen  Burgerschaft  intimiren 
wollen  und  dagegen  den  gehorsamb  der  gnädigen  Herrschaft 
verbiete"  wogegen  von  dieser,  T.  IV,  p.  279,  ein  Schreiben 
bieher  kommt,  „dass  Ihro  Excellenz  sich  der  landschaftlichen 
Pfentung  andermalig  entwehrt  und  bei  hoher  Strafe  gebietet, 
weder  dem  Herrn  1.  Rentmeister  noch  jemant  von  derselben  den 
Gehorsam  zu  leisten"  etc. 

E.  Der  bürgerliche  und  amtliche  Verkehr. 

Der  Absatz  handwerklicher  und  Bodenerzeugnisse  im 
Markte  und  auswärts,  Handel  mit  Salz,  Eisen,  Weinen,  auch 
im  Grösseren  und  Detailwaarenverschleiss  wurde  durch  den 
Wochenmarkt  und  die  beiden  Jahrmärkte  zu  „Bartlmä  und 
Micheli",  durch  die  Marktfahrten,  durch  dieUeberfuhr  an  der  Stelle 
der  heutigen  Murbrücke,  „Uhrfahr^^  genannt,  die  Strasse  zur 
Mauth  an  der  „Tornlaken",  die  Ungarstrasse,  endlich  durch  eine 
Marktwage  vor  dem  Rathhause,  auf  welcher  „alles  henig  und 
anders"  abgewogen  wurde,  T.  IV,  p.  360,  vermittelt 

Einkäufe  machten  unsern  Bürgern  häufig  Reisen  nach 
Linz,  Eisenerz  und  Vordemberg  nöthig  und  wurden  hierzu  auch, 
vielleicht  der  mehreren  Sicherheit  wegen,  die  Strassen  benutzt^ 
welche  durch  die  an  der  Mur  liegenden  Dörfer  führten. 

Von  einem  geregelten  Postwesen,  wie  zu  Anfang  dieses 
Jahrhunderts,  verlautet  nichts,  wohl  aber  werden  „zween 
durch  den  Magistrat  aufgenomene  aigne  Pötten  mit  Tragung 
ordentlichen  Schildes'^  erwähnt. 

Die  Bürger  von  Mureck  hatten  das  Recht,  im  Bereiche 
des  Landgerichtes  einen  privilegirten  Handel  mit  Weinen  zu 
treiben ;  diese  durften  jedoch  nur  mit  des  Gerichtes  Vorwissen 


—    111     - 

in's  Oberland  feil  geführt  werden.  Dieses  hatte  zu  wachen, 
dass  nur  wirkliche  Bürger  mit  Wein  handeln  und  dass  diese 
etwa  nicht  Fremden  im  Einkaufe  Vorschub  leisten. 

Uebertretungen  von  derlei  Satzungen  führten  im  Betre- 
tongsfalle  zur  Confiscation  der  „Conterbande". 

Galt  es  häufig  Verkehrsstörungen  (p.  11)  im  Orte  zu  be- 
gegnen, so  war  es  auch  nicht  minder  oft  nothwendig,  Schädi- 
gungen, die  denselben  auswärts  bedrohten,  hintanzuhalten. 

Wenn  nun  beispielsweise  der  Pfarrer  von  Abstal  einem 
unserer  Haiher  die  nach  altem  Gebrauch  dort  feilgebotenen 
„Häferl"^  zerschlägt,  —  die  Radkersburger  allen  Ernstes  ver- 
laogen,  dass  die  von  Mureck  ihre  in  den  unteren  Gebirgen 
erbauten  Moste  und  Weine  nicht  durch  ihre  Stadt,  sondern 
jeden  andern  nächsten  Weg  nach  vorhergegangener  Meldung 
an  ihre  „üeberreitfcr"  heimführen,  —  ebendieselben  einem 
hiesigen  Bürger  l4  Fuder  Salz  wegnehmen,  T.IV,  p.  139, — 
die  Leibnitzer  mit  Hilfe  des  Verwalters  in  Strass  es  dem 
Lebzelier  von  hier  mit  seinen  in  St  Veit  am  Vogau  ausge- 
botenen Wachswaaren  ebenso  machen,  und  dergl,  und  in  allen 
diesen  Fällen  der  Schutz  des  Gerichtes  in  Anspruch  genommen 
wird,  so  ist  da  genügend  Stoff  zum  nachdrücklichen  Einschreiten 
durch  „Compas-  und  Intercesslonsschreiben^^  geboten.  Der 
Amtsverkehr  überhaupt  erstreckte  sich  weit  aus  •).  Dieser  Ver- 
kehr förderte  oft  wechselseitige  Amtsinteressen,  veranlasste 
aber  auch  mitunter  neue  Streitigkeiten. 

Indem  wir  diesen  auswärtigen  amtlichen  Verkehr  in's  Auge 
iassten,  bot  sich  die  Gelegenheit,  den  Einblick  zu  thun  in  höchst 
uogeuiüthliche  Verhältnisse  zwischen  benachbarten  Obrigkeiten. 

Häufig  wurde  von  Auswärts  an  den  Magistrat  das  An- 
suchen um  Ausstellung  von  Geburtsbriefen  gestellt,  und  obwohl 
1651  anter  Pfarrer  Ferbeser  bereits  ein  Taufbuch  *)  vorkömmt, 


)  Ans  Florenz  verlangt  ein  Herr  Johannes  Ruess,  hiesiger  Bürgerssohn, 
greformirter  Fehndrich  unter  des  Grossherzogs  Leibquarti",  seine 
Erbschaftsportion. 

^)  Der  aufschreibende  Messner  soll»  wie  von  Alters  her,  für  Verzeichnung 
einer  Geburt  1  Kreuzer  bekommen.  T.  lY,  p.  182. 


—     112     — 

SO  ist  es  doch  nur  immer  die  Behörde,  die  solche  ausfertigt 
Es  galt  die  eheliche  und  bürgerliche  Geburt  (im  Gegensatze 
zu  den  Leibeigenen)  zu  constatiren,  ohne  welche  Urkunde 
man  in  keine  Lehre  aufgenommen  werden,  T.  IV,  p.  332,  in 
keinen  bürgerlichen  Verband  eintreten  konnte.  T.  IV,  p.  302. 

F.  Mureck  und  Obmureck. 

Altgeknüpfte  Bande  einerseits  des  Schutzes  und  Wohl- 
wollens, anderseits  der  Dankbarkeit,  Ehrfurcht  und  des  Ge- 
horsams, Bande  des  gewohnten  amtlichen  Verkehres  und 
wechselseitigen  Interesses  umschlangen  das  Gemeindewesen  und 
die  Verwaltung,  den  Bürger  von  Mureck  mit  dem  Dynasten 
in  Obmureck.  Mit  Stolz  nennt  sich  unser  Markt  einen  „Herm- 
markt^^  und  kein  „Mitlaydn^\  die  oben  füngirende  Gerichts- 
barkeit die  „mehrere  Obrigkeit **,  er  nennt  seine  Gemeinde- 
verfassung eine  Gabe  der  Herren  v.  Stubenberg,  bestätiget 
durch  Decrete  von  Seiten  des  jeweiligen  Inhabers. 

Diess  eingelebte  VerhälCniss  findet  sich  bei  der  Generation 
des  Zeitabschnittes  der  vorliegenden  Protokolle,  frisch  erhalten 
durch  fortdauernde  Ausflüsse  von  Macht,  Wohlwollen  und  das 
Ansehen  einer  kleinen  Hofhaltung  im  Schlosse;  war  ein 
wichtiger  Rechtsstreit  im  Markte  im  Gange,  so  wurde  die 
Verwendung  Stubenberg's  beansprucht;  nach  einem  Brande 
bewirkte  er  zu  Gunsten  des  getroffenen  Marktes  eine  Brand- 
steuer; zur  Zeit  der  äussersten  Türkenbedrängniss  bietet  er 
der  Bürgerschaft  Zufluchtstätten  in  seinen  Schlössern,  sucht 
die  Last  der  Einquartirung  zu  erleichtern,  schenkt,  T.  IV, 
p.  391,  ein  Stück  von  seinem  Grunde  zur  Erbauung  einer 
märktischen  Ziegelei;  ermuntert  den  Magistrat  unter  Zusage 
seiner  guten  Dienste  zur  Einführung  einer  Mauth ;  ein  Stuben- 
berg erbaute  hier  ein  Spital,  —  was  Wunder  die  Freude,  als 
der  regierende  Herr  k.  k.  Kämmerer  und  Excellenz  geworden  ? 
die  an  Bestürzung  grenzende  Besorgniss  unseres  Rathskörpers, 
es  könnte  demselben  eine  irgendwo  gefallene  respectwidrige 
Aeusserung  durch  seinen  Kammerdiener  hinterbracht  werden, 
und  die  Bemühung,  Miss  Verständnisse,  hervorgegangen   aus 


—     113     — 

lüteressenbertthrung  und  dem  amtlichen  Verkehre  ehestens 
aus  „dem  Wege  zu  raumben"? 

Die  Bezüge  und  Vortheile  Obmurecks  vom  Markte  waren 
nach  den  protokollarischen  Aufzeichnungen  das  Zinsunschlitt, 
das  Zwangsrecht,  welches  die  Bäcker  verhielt,  die  Oetreide- 
vorräthe  der  Herrschaft  um  den  von  ihr  beliebten  Preis  zu 
kaufen,  Urbarial-Abgaben,  T.  IV,  p.  38,  wahrscheinlich  ein 
Schatzgeld  und  bei  Vermittlung  erheblicher  Vortheile  eine 
abverlangte  „Becompens^,  T.  IV,  p.  355. 

Obwohl  Herr  v.  Stubenberg  widerholt  Magistrat,  Führer 
and  Ausschuss  der  „Gmain'^  vor  sich  befahl,  um  eine  gnädige 
«.Resolution*^  zu  hören,  T.  IV,  p.  307,  und  überhaupt  seiner 
WQrde  volle  Geltung  zu  verschaffen  wusste,  so  vergass  auch 
unser  Magistrat  nie,  dem  Bewusstsein  seiner  achtenswerthen 
Stellung  Ausdruck  zu  geben  und  der  Hen*schaft  gegenüber 
das  bürgerliche  Interesse  zu  vertreten.  T.  IV,  346,  416  u.  a. 
Und  gleich  würdig  vertrat  der  Magistrat  den  Markt  anderen 
Herren  gegenüber.  T.  IV,  277. 

G.  Bürgersinn  und  Bürgerehre. 

Der  Betrieb  von  Handel  und  Gewerben  neben  der  Land- 
mrthschaft  mit  einem  Achtung  gebietenden  Wohlstande,  die 
Verpflichtung,  jedes  übertragene  Ehrenamt  in  der  Gemeinde 
zu  übernehmen,  Befreiung  von  der  Roboth,  Freizügigkeit  im 
Gegensatze  zu  den  an  die  Scholle  Gebundenen,  der  Besitz  von 
hnmunitäten  des  Marktes  überhaupt  und  der  Privilegien  der 
Zünfte,  endlich  Burschenwanderschaften  in  vieler  Herren  Länder 
scheinen  jenen  Bürgerstolz  erzeugt  zu  haben^  welcher  unsere 
protokollarischen  Aufzeichnungen  durchweht,  und  in  den 
Aeusserungen  seines  Bewusstseins  dem  Selbstgefühle  höherer 
Stände  kaum  nachstand. 

Die  Bürgerehre  vertrug  nicht  den  mindesten  in  damaligen 
oft  recht  sonderbaren  Anschauungen  gegründeten  Makel.  So 
konnte  Beihilfe  beim  Verscharren  eines  Aases,  T.  HI,  p.  260, 
Losmacbung  eines  in  einer  Rauferei  sich  erhängt  habenden 
bereits  todten  Hundes,    der  geringste  Verkehr  mit  fierichts- 

MltikcU    des  bbi.  V«relu  f.  Steiermark,  ZXVII.  Heft,  1879.  8 


-      114     — 

häschem  die  gleiche  Strafe  zur  Folge  haben,  wie  Diebstahl, 
T.  IV,  p.  55,  nämlich  Ausscheidung  aus  dem  bürgerlichen 
Verbände.  Darum  war  man  auch  bei  der  Aufnahme  neuer 
Bürger  sehr  vorsichtig  und  forderte  von  solchen,  die  nicht 
hier  geboren  waren,  Vorlage  ihrer  Geburtsbriefe  und  alien- 
fälligen Entlassungsbescheinigungen,  auch  Niederlegung  aller 
auswärts  bekleideten  Aemter  und  Würden.  Ein  hies^es 
Bürgerskind  zu  sein  wurde  betont  und  war  vortheilhafL 

Wenn  nun  schon  dieses  Standesgefbhl  in  lebenslanger 
Verfolgung  materieller  Interessen,  gestützt  auf  hochtönende 
Privilegien,  oft  in  rohe  Leidenschaft  dergestalt  ausartete,  dass 
sich  Bürger  mit  Maulschellen  traktirten,  einander  in's  Gesicht 
stiessen,  T.  IV,  pp.  15  u.  146,  mit  den  obscönsten  Ausdrücken 
beschmutzten,  wenn  selbes  Unduldsamkeit  gegen  Anfänger  und 
Unbotmässigkeit  gegen  das  Gericht  erzeugte,  T.  IV,  p.  60. 
so  war  es,  gepaart  mit  Rechtssinn,  nicht  bloss  die  Grundlage 
des  moralischen  Haltes,  sondern  auch  mitunter  die  Quelle 
eines  muthigen  Aufschwunges  der  Thatkraft,  eines  opferbereiten 
Edelsinnes  zu  Gunsten  eines  Mitbürgers.  T.  IV,  p.  49. 

Das  Bürgerthum  von  dazumal  recrutirte  sich  auch  aus 
dem  Auslande,  namentlich  der  Schweiz,  daher  erklärlich,  dass 
man  in  religiöser  Beziehung  nicht  eines  Sinnes  war.  Während 
die  am  Buder  Sitzenden  eine  grosse  Sehnsucht  nach  den 
Capuzinem  und  vielfaches  Wohlwollen  gegen  die  Corpus 
Christi-Bruderschaft  kund  thaten,  regte  sich  abseits  ein  oppo- 
sitioneller Geist,  T.  IV,  p.  253,  der  namentlich  von  den 
Mönchen  nichts  wissen  wollte,  und,  indem  einerseits  der  Aber- 
glaube sich  breit  machte,  konnte  man  anderseits  mehrfach 
frivole  Aeusserungen  hören. 

Klatschereien,  häufig  die  Ursache  von  Injurienklagen, 
werden  vom  Gerichte  „Fritschl  -  Fratsch  Possen"  genannt 
Auskauf,  Beeinträchtigung  der  Erwerbsteuer,  wechselweises 
Aufreden  der  Dienstboten  werden  als  Verletzungen  der  bürger- 
lichen Pflichten  bezeichnet,  deren  Sammlung  „das  Protokol" 
namentlich  den  jungen  Bürgern  vorzulesen,  von  den  Führern 
öfter  verlangt  wird.    Dieses  verbot  auch  den  Bürgern,   Tag- 


-     115     — 

werkern   oder  Inwohnern   ohne  Wissen   des  Gerichtes  Unter- 
stand zu  geben. 

H.  Der  Markt  vor  1665. 

Die  protokollarischen  Aufzeichnungen  bieten  eben  ge- 
nügend Veranlassung,  um  neben  dem  oben  erwähnten  Stein- 
bilde einiges  zur  Veranschaulichung  des  Aussehens  und  Zu- 
jjtandes  von  Alt-Mureck  sagen  zu  können. 

Den  inneren  Theil  desselben  (dargestellt  durch  das 
Steinbild)  schliessen  nach  Ost  und  West  zwei  Thore  mit  ihren 
Thorhäusern  ab  vom  aussenliegenden  Unter-  und  Obertrum; 
ilas  erstere  an  Nr.  57  u.  85,  letzteres  zwischen  Nr.  14  u.  136 
von  heute  gebaut  Ausserhalb  des  letzteren  war  „der  Graben", 
in  welchen  sich  zum  Oefteren  die  von  den  Unterrakitschem 
aus  ihren  Feldern  hereingesprengten  Gewässer  stürzten;  jen- 
seits der  Brücke,  die  über  selben  führte,  stand  das  Schulhaus, 
heute  Nr.  13,  mit  der  Inschrift  «Georg  und  Barbara  Neil 
1585"  ober  dem  Eingange  (XIII.  H.  d.  M.  d.  h.  V.  p.  157); 
(Itos  Haus  Nr.  14  war  das  Spital. 

An  Feldern  besass  Mureck  viel  weniger  als  derzeit;  Edla, 
Aclii,  Hart  bedeckten  Waldungen,  welche  nahe  an  die  Häuser 
herein  reichten  und  ein  namhaftes  Stück  des  jetzigen  Acker- 
landes nahm  die  obere  und  untere  Tratten  ein. 

Wegen  Zwistigkeiten  mit  dem  Verwalter  in  Weitersfeld 
wurde  die  obere  Tratten  verschränkt  und  ein  Weg  nur  für 
die  Murecker  über  die  Ueberfuhr  in  die  windischen  BUcheln 
offen  gelassen ;  alles  andere  Fuhrwerk  von  Oben  herab  wurde 
auf  die  Benützung  der  alten  Strasse  „zur  Tornlacke"  ver- 
wiesen, T.  IV,  p.  348,  „wo  Weitersfeld  (Gf.  Trautmannsdorf) 
wohl  die  Jahresmauth  (einnimmt)  doch  nichts  machen  lässt". 
An  Stelle  der  heutigen  schönen  Strasse  nach  Unterrakitsch 
scheint  eine  Abzweigung  der  vom  Kathhause  aus  nördlich 
verlaufenen  Ungarstrasse  dorthin  geführt  zu  haben. 

Das  Steinbild  stellt  das  alte  Rathhaus  mit  dem  Pranger 
etc.  und  mehrere  noch  jetzt  im  Aussehen  gleich  gebliebene 
Häuser  dar. 

8* 


—     116     - 

Wo  die  sudliche  Klostermauer  sich  hinzieht,  standen 
Gärten  und  zwei  Häuser,  die  des  Klosterbaues  wegen  abge- 
brochen werden  mussten  T.  IV,  p.  260.  Von  alten  Namen 
finden  sich  noch :  Paul,  Hofmann  und  Khulmitsch  hier,  Feiertag 
bei  St  Anna  und  Reiter  in  Radkersburg. 

J.  Bau  des  Rathhauses  und  seines  Thurnies 
in  chronologischer  Reihenfolge  der  einschlägigen  Momente. 

T*  IV,  p.  25,  27.  Febr.  1665  verlangen  die  Führer  au 
der  Gmain  unter  Anderem:  „Das  Rathaus  samt  Urtum  und 
Ur  zu  bauen." 

T.  IV,  p.  51  geben  die  Scargeth'schen  Erben  36  fl.  aus 
der  Erbschaft  zum  Rathhausbaue,  femers  unter  Begleich  ver- 
schiedener Guthaben  des  Magistrates  an  den  Verlass  weitere 
136  fl. 

T.  IV,  p,  1 1 8  heisst  es  von  Seiten  des  Magistrates :  Wenn 
im  Gering'schen  Processe  ein  Vergleich  zu  Stande  gekommen, 
wolle  man  zum  Rathhausbaue  schreiten ;  der  Richter  solle  in- 
dess  die  Mittel  hierzu  aus  den  Ausständen  der  Bürger  (be- 
schaffen), auch  Wein  nehmen  und  ihn  versilbern  und  mit  H. 
Verwalter  von  Weinburg  wegen  des  Ziegeldaches  (die  Ziegel 
in  Pichla  zu  brennen)  reden,  auch  Materialien  „grechüen^^ 

T.'  IV,  p.  182  wird  für  den  Bau  eine  Umlage  und  der 
rücksichtslose  Eintrieb  der  Strafgelder  decreürt 

T.  IV,  p.  210  wird  der  Magistrat  wegen  des  Baues  be- 
trieben. 

T.  ly,  p.  214  dto.  „endlich  einmal  mit  dem  Gepäy  ainen 
anfang  zu  machn^^ 

T.  IV,  p.  231  erhebt  Frau  Spanring,  Lebzelterin,  Schwierig- 
keiten beim  Abbruche  des  alten  RathhauseS;  behauptend,  die 
Zwischenmauer,  gehöre  ihr.  Ratschlag :  „solle  weisen,  woher  ihr 
die  Mauer  gebiert,  und  ob  es  ihren  auch  gebirte,  man's  doch  vom 
Magistrate  wegen  befugt,  und  so  sie  viel  darwider  redt,  das  Haus 
zu  schätzen  und  zu  bezahlen,  davon  die  helft  zu  ainer  Gmain- 
stubn  zu  bauen  und  zu  nemben,  die  helft  wieder  zu  verkaufen." 

T.  IV,  p.  258.  Die  Zimmerarbeit  wird  am  11.  August  1666 


—     117     — 

mit  Meister  Urban  Feiertag,  Ziinmemiann  in  Oberradkersburg 
,4as  Dachgerüst  mit  Stuelwerk  mit  Ziegl  einzudecken  neben 
aioer  Persohn  Maister  oder  Polier  die  Cost  in  Allem  35  fl. 
und  1  Bchst.  Leihkauf  zu  geben*^  abgeschlossen. 

T.  IV,  p.  271  wird  dem  Richter  anbefohlen,  an  dem  Rath- 
haus  rev.  ain  Secret  auch  hinauf  in  die  Hoch  bauen  lassen 
zu  sollen. 

T.  IV,  p.  290.  Herr  Richter  Barth.  Lorber  der  Aeltere 
sagt  am  Schlüsse  seiner  Amtsperiode  6.  December  1666,  als 
ihm  die  Bürger  erklärten,  nicht  eher  zu  den  Wahlen  schreiten 
zu  wollen  bis  er  den  Bau  fertig  habe:  Wie  er  versprochen, 
habe  er  den  Turn  „ain  Gadn  hoch  —  als  bis  auf  den  Dach- 
bodeoraum  (in  dieser  Höhe  sieht  man  von  Aussen  derzeit  sein 
in  Stein  gemeisseltes  Brustbild)  aus  aigenem  Peitl  erpaut"  Was 
er  weiter  noch  aufgesetzt,  dafür  werd  ihn  (wohl !)  die  Burger- 
schaft die  Unkosten  ersetzen.  Er  wolle  auch  den  Bau  voll- 
enden, wenn  ihm  dieselbe  für  sich  und  seine  Erben  einen 
20jährigen  Steuemachlass  bewilligt. 

Und  der  Magistrat  erwiederte:  wenn  B.  Lorber  den 
BathhauS'  und  Thurmbau  vollendet,  wie  auch  „hinterwärts 
hinaus  zu  einen  Keller  und  Stubn  khünftig  fUr  ain  Markt- 
schreiber^^  baut,  solle  er  durch  16  Jahre  steuerfrei  und  im 
Falle  seines  früheren  Todes  derselbe  verpflichtet  sein,  den 
Erben  bis  zum  Ablaufe  der  Zeit  jährlich  100  fl.  gut  zu  machen. 

T.  IV,  p.  382.  Herr  Richter  wird  „Ratschlag''  beauftragt, 
sich  mit  dem  Spanring  über  Abtretimg  eines  Stückes  Grund 
aus  seinem  Hofraume  zum  Aufbaue  einer  Marktschreiberwoh- 
nnng  zu  verständigen. 

T.  IV,  p.  425.  Zii  Handlangem  beim  Rathhausbaue  werden 
auch  straffällig  gewordene  Excedenten  verwendet. 

Wahrscheinlich  behufs  der  Vollendung  des  Baues  durch 
B.  Lorber  d.  Aeltem  wurde  dieser,  obwohl  Ruess  pro  1667 
zum  Richter  erwählt,  von  Obmureck  für  dies  Jahr  noch  con- 
firmirt  und  steht  an  der  Nordseite  des  Thurmes  unter  seinem 
Bnistbilde  auf  einer  eingemauerten  Mamorplatte  folgendes 
Chronograficum  zu  lesen : 


—     118     - 

l'i'fiBclaro  ac  Bene  Merito  Domino 
BartoLoraaeo  Lorber  Seniori  Ob 
Majori  ex  Parte  Propriis  Sumpti- 
bus  Tempore  Judicatus  Sui  A  Fun- 
Damentis  Hujus  Turris  Exstruc- 
Tionem  Et  Domus  Curialis  Ampli- 
Ationem  Ad  Aeternara  Sui  Suorumque 
Memoriam  Hoc  Marmor  In  Oflfcio 
Successor  Debitee 
Gratitudinis  Ergo 
GlorgIVs  AnDreas  FVgger 
Nono  SepteMbrIs  LoCaYIt  1669. 

K.  Der  Bau  des  Capuzinerklosters. 

T.  III,  p.  83.  In  der  Sitzung  vom  26.  Juni  1663  kömmt 
vor,  dass  am  8.  Juli  der  Pater  General  der  Kapuziner  nach 
Graz  kommen  werde,  um  das  Capitel  zu  halten,  dass  ein  paar 
Tage  früher  die  Aeltesten  des  Rathes,  wenn  der  Richter  nicht 
abkommen  kann,  hinauf  sollten,  die  Sache  sei  aber  vor  der 
Hand  geheim  zu  halten. 

T.  III,  p.  89.  Sitzung  am  6.  Juli  1663.  ^.Herr  Richter, 
Herr  Khurz,  HeiT  Lorber,  Hans  Grass,  Jurschitz  und  Wein- 
handl  die  sollen  verordnet  sein  dennen  Herren  Capuzinem 
aufzuwarten.  ^ 

T.  IV,  p.  30.  „Herr  Marktrichter  etc.  sollen  hiermit  ab- 
geordnet sein,  mit  Herrn  Pater  Provinzial  wegen  des  Gepäy 
halber  ain  und  anders  und  der  Unterhaltung  wegen  sich  zu 
unterreden,  damit  ainsten  ein  anfang  des  Gepäu  gemacht  könnte 
werden,  auch  so  es  sein  kann  mit  ein  Essen  Fisch  zu  regaliren.^^ 

T.  IV,  p.  104.  „Herr  Richter  solle  aufs  ehiste  die  ganze 
Burgerschaft  aufs  Rathaus  zusamen  erfordern,  die  sach  propo- 
niren  und  wegen  der  Unterhaltung  unterreden,  damit  man 
sodun  zu  ihrer  Ankunft  sich  zu  verhalten  wisse.^* 

—  p.  114.  „Item  weiln  die  C.  in  das  Gering'sche  Hauss 
beraith  einziehen  ob  man  ihnen  ' '.  Start  alten  Wein  khaufen 
und  zulegen  sollte.  Rathschlag:  tagUch  1  Flaschen  zu  schicken/' 


—     119     — 

—  p.  204  werden  Streitigkeiten  unter  den  Bürgern  beigelegt, 
schon  durch  die  Capuziner. 

—  p.  213  erbieten  sich  diese,  alle  Sonn-  undFeiörtage  eine 
.,Khinderlehr"  zu  halten,  allso  mit  Herrn  Pfarrer  zu  reden, 
ob  es  ihm  recht  sei. 

T.  IV,  p.  233.  „Nochmain  ein  höfBiches  schreiben  an  das 
Capitl  abzugeben  neben  högster  Bedankhung  der  schon  be- 
mgten  christlichen  Dienste,  die  hieher  geordneten  HH.  C. 
unterdänlgst  zu  bitten^  damit  auch  ainsten  mit  dem  gebäu 
anfaog  gemacht  werde." 

—  p.  251.  „Item  die  Brief  an  das  Capitl  der  H.  P.  C.  nach 
Agram  sein  verlessn  und  für  das  Klostergebäu  für  gut  befunden 
und  solliche  hinabzuschicken  anbevolchen  wordn." 

— -  p.  251.  „Item  proponirtH.  Richter,  dass  der  jetzt  neu  ver- 
ordnete als  der  vorgewesste  Provincial  hieher  geschrieben  und 
die  Brief  verlesen  worden,  dass  das  Closter  erbauth  und  ehist 
der  erste  Stain  gelegt  das  Creutz  aufgesetzt,  und  der  Anfang 
des  Gepäu  gemacht  werden  solle." 

—  p.253.  Denjenigen,  deren  Häuser  zum  Klosterbaue  abge- 
brochen werden,  muss  mit  anderortigen  Bauplätzen  vorgesehen 
werden. 

—  p.  260  „hat  der  Richter  auf  eines  Magistrates  gestrigen 
bevelch  die  interessirten  wegen  ihrer  Garten  und  Häuser  auf 
heute  dürt  dass  man  darüber  vornemben  und  sodann  das 
Orth  ftdr  die  H.  Cap.  zum  Kloster  berathen  khonte.^^ 

—  p.  261  erklärt  Lorber  d.  J.  für  sich  und  Khintl  dass  sie 
den  Garten  zum  Kloster  schenken  und  das  Haus  alsobald 
abbrechen  lassen  wollen,  gegen  dem,  dass  die  Urb. -Dienstbar- 
keit vom  Garten  ihnen  abgeschrieben  werde  etc.. 

Der  Bürger  C.  Gleich  fordert  für  den  abzutretenden 
Garten  Ersatz. 

T.  lY,  p.  262.  Dessgleichen  ein  anderer,  der  auf  der 
nnteren  Trattn  einen  Ort  zum  Garten  will. 

—  p.  270.  Intimation  von  P.  Lienhart  an  P.  Aurelius  hier, 
dflss   ein    unechter    Marktschreiber   von  Mureck  fUr's  neue 


-      120     — 

(Jebäudo  sammeln  gehe,  welcher  der  Fr.  v.  Gloiach  und  einem 
Richter  bei  St.  Georgen  ly«  Thaler  abschwindelte. 
*  —  p.  288.  Richter  proponirt,  dass  sich  die  HH.  Capu- 
ziner  bei  ihm  angemeldet  „weiln  sie  das  Creutz  allberaith  ge- 
setzt und  mit  dem  Clostergebftu  verfam  wird,  begehrten  sie 
zu  wissn,  wie  die  Burgerschaft  khünftig  mit  der  Unterhaltung 
sich  gegen  ihnen  verhalten  wollen  wie  oder  was  in  der  noth 
etc.'\  worauf  einzugehen  der  Magi9trat  keine  Eile  zeigt 

—  p.  291.  P.  Aurelius,  Superior,  erscheint  und  langt  an 
im  Namen  seines  ganzen  h.  Ordens,  „weiln^  über  so  vielfältige 
Bemühung  der  ganzen  Burgerschaft  diese  Gnad  erlangt  haben, 
dass  Sye  das  Closter  alhier  zu  Ehren  Gottes  und  Meinigkh- 
liches  Seelenhayl  auferbauen  sollen,  raassen  schon  der  Anfang 
hierzu  gemacht  allso  und  Sintimain  sye  vemomben  dass  Herr 
Richter  100  und  aine  ganze  Burgerschaft  100  zusamben 
200  Klft.  Stain  darzuzugeben  versprochen,  haben  sye  nicht 
allein  diese  jetzt  ehisten  darzuzubringen,  damit  man  in  Früling 
mit  dem  Gebäu  allsobaldlicher  foftfaren  könnte,  sondern  auch 
dass  man  sie  wie  bishero  mit  der  Unterhaltung  jeder  nach  Ver- 
mögen mit  ain  Stückhl  brodt  und  Trunkh  wein  sein  lassen 
wollte,  welches  sye  täglich  und  so  lange  das  Kloster  stehen 
wirdet  mit  ihren  Gebet  und  geistlichen  Diensten  zu  erwidern 
obligirt  sein  werden." 

Rathschlag:  Wenn  Herr  Richter  sich  erboten  100  Klft 
Steine  zu  geben,  so  lasse  sich  dagegen  nichts  sagen,  dass  sich 
aber  eine  ganze  Bürgerschaft  zu  einer  solchen  Gabe  ver- 
pflichtet, sei  dem  Magistrate  völlig  unbekannt;  man  wolle  indess 
dieselbe  befragen,  wer  das  Gerede  in  Umlauf  gebracht,  dass 
man  „teils'^  die  Capuziner  nicht  gerne  sehe  und  wie  viel  jeder 
einzeln  geben  wolle;  womach  sich  alle  „ainhellig  jeder  nach 
sein  Vermögen  zu  2,  3,  4,  5,  6,  8,  10  und  12  Klft  beizu- 
tragen und  zu  verfüren"  bereit  erklarten. 

—  p.  347.  Rathschlag:  Solle  Herr  Richter  das  HakhnerVhe 
Haus  am  „Capuzinerorth'-  abbrechen  und  auf  der  Sybnmoser'- 
schen  Brandstätte  aufsetzen  lassen. 

—  p.  379.  Auf  Ansuchen  der  Capuziner  verordnet  der 


-     121     — 

Magistrat,  dass  die  Bürger,  „so  Zug  haben^S  denselben  Steine, 
wenn  nicht  umsonst,  doch  gegen  Bezahlung  führen  sollen. 

—  p.  388  habe  täglich  ein  Bürger  Sand  zu  führen  und 
möge  den  PP.  zugeredet  werden,  den  Tagwerkem  keinen 
höheren  als  den  üblichen  Lohn  zu  bezahlen,  wollen  sie  was 
inebreres  thun,  könne  es  mit  einem  ^.MassP^  Wein  oder  Ver- 
sprechen eines  Trinkgeldes  am  Schlüsse  der  Arbeit  geschehen. 

—  p  344.  Den  Tagwerkem,  welche  den  Capuzinem  die 
HolzabfiÜle  davontragen,  wird  mit  dem  Narrenkotter  gedroht 
and  die  Bürger  werden  zu  Holzfuhren  aufgefordert. 


Und  so  glaube  ich  die  mir  gestellte  Aufgabe  nach  Mög- 
lichkeit beendet  zu  haben,  doch  „errare  humanum^,  zu  deutsch 
Irren  ist  menschlich. 

Mureck,  im  Mai  1878. 


Ein  Marburger  Hexenprocess  vom 

Jahre  1546. 

Von 
Prof.  Rudolf  Reichel. 

Die  Handschrift  des  st  Landesarchivs  Nr.  3322  enthält 
ein  Protokoll  über  einen  vor  dem  Marburger  Stadtrichter 
Georg  Creatsch  und  „etlichen  seiner  Herren  von  Stadt  und 
Gemein**  im  Mai  1546  durchgeführten  Hexenprocess,  dessen 
Besprechung  mir  um  deswillen  angezeigt  erscheint,  weil  einer- 
seits derselbe  unter  den  steirischen  einer  der  ältesten,  viel- 
leicht der  älteste  erhaltene  sein  dürfte  und  vieles  wissen- 
schaftlich nicht  Uninteressante  bietet,  andererseits  nach  meiner 
Meinung  mit  der  Veröffentlichung  solcher  Materialien  einmal 
begonnen  werden  muss,  soll  eine  umfassendere  Würdigung 
dieser  Seite  des  Volks-  und  Geisteslebens  der  Steiermark  er- 
möglicht werden.  Das  Protokoll  ist  nicht  vollständig  erhalten ; 
es  umfasst  nur  die  Bekenntnisse  von  6  Hexen,  nämlich  Scham - 
perlin,  Starasuetin,  Rosenkranzin,  Margare ta,  des  Martin  Cristan 
Weib,  Zigolitscha  und  Katarina  von  Nebova.  Auch  das  Urteil 
fehlt.  Aus  einem  anderen  erhaltenen,  minder  interessanten  Proto> 
koUe  über  ;,etlichemalefizische  Weibspersonen"  vom  Jahre  1580, 
das  sich  ohne  eingehendere  Mitteilung  der  Facta  (die  ab- 
sichtlich verschwiegen  sind)  mit  ähnlichen  Hexenaffairen,  Dieb- 
stählen und  Giftmorden  beschäftigt  und  auf  diese  Vergehen 
durch  sententia  communis  den  Strang,  Ersäufen  und  Verbrennen 
setzt,  sowie  aus  der  sonstigen  Praxis  jener  Zeit  ist  zu  schlieszen, 
dass  die  Delinquentinnen  von  1546  dieselbe  Strafe  traf.  Der 
Schauplatz  der  Handlung  ist  die  nächste  Umgebung  von  Mar- 


—     123     — 

barg:  St  Peter,  Tepsau,  Mettau,  Zweinik,  Krönich,  Lassach, 
Pernitzen,  Nebova,  St.  Margareten  an  der  Pesnitz,  St.  Kunigund 
u.  s.  f.  und  das  Treiben  der  Unholdinnen  scheint  ziemlich  lange 
unbehelligt  geblieben  zu  sein,  da  einzelne  Facta  bis  in  die 
Zeit  vor  dem  „Türkentlberzug"  (1532)  zurückreichen.  Zum 
Tröste  derer,  die  glauben  könnten,  die  Angeklagten  seien  nur 
ein  Opfer  der  „Dummheit*'  jener  Zeit  gewesen,  will  ich  gleich 
bemerken,  dass  dies  nicht  der  Fall  ist,  da  es  recht  bösartige, 
raehsQchtige  und  gefährliche  Personen  waren,  deren  jede  nach 
ihrem  eigenen  Geständnisse  Giftmorde,  Vergiftungsversuche 
oder  auch  Brandstiftungen  auf  dem  Gewissen  hatte.  Gleich 
die  erste,  Schamperlin,  beschuldigt  ihre  Genossin  Erainerin  eine 
.Jo^atschen"  aus  Nattern,  Blindschleichen,  grünen  Eidechsen 
nnd  Kröten  bereitet  zu  haben,  um  eine  andere  damit  „zer- 
schricken".  (zerspringen)  zu  machen;  sie  selbst,  Seh.,  habe 
davon  gekostet  und  habe  sich  ihr  „der  ganze  Leib  von  der 
Haut  geschält". 

Verweigerter  Lohn,  Lohnabzug,  Confiscation  verdächtigen 
Gutes,  verweigerte  Heirat  trotz  vorausgegangener  näherer 
Beziehungen,  ja  oft  nur  ein  Wortwechsel  oder  Schimpfworte 
sind  die  Anlässe  zu  diesen  Verbrechen.  Der  Bürger  Haring 
wird  mit  Wein  vergiftet,  weil  er  die  Rosenkranzin  überritten 
hatte.  Neben  den  erwähnten  Ingredienzien  spielen  Fuchswurz 
und  Hüttenrauch  die  Hauptrolle. 

Die  Schamperlin  bekennt,  ein  Weingarthaus,  das  nach  dem 
Tode  ihres  Mannes  an  einen  Verwandten  gekommen  und  ihr 
so  entzogen  worden  war,  in  Brand  gesteckt  zu  haben,  auch 
dass  sie  die  Absicht  gehabt,  so  sie  frei  geworden,  dem  Herrn 
I^hilipp  in  St.  Peter  sein  Haus  anzuzünden,  weil  er  ihr  einen 
..Zocker*'  mit  Schmalz,  Karpfen  und  Stockfisch  confiscirt  hatte. 

Auf  Diebstähle  weist  die  Angabe,  dass  Schamperlin  einen 
groazen  Bund  Schlüssel,  „schier  zu  allen  Kirchen"  gehabt  habe. 
Vielleicht  erklärt  sich  so  auch,  woher  den  Hexen  das  vermeint- 
lich von  Geistern  erhaltene  Geld,  Getreide  u.  s.  w.  kam.  Wir 
können  uns  also  mit  einer  gewissen  Beruhigung  zu  den  uns 
aUeiii  interessierenden  Facten  der  eigentlichen  Hexerei  wenden. 


—     124     — 

Zuvörderst  sollen  im  Folgenden  die  wesentlichsten  Aussagen 
nach  bestimmten  Kategorien  zusammengestellt  und  darauf  der 
Versuch  gemacht  werden,  wenigstens  einzelne  Punkte  etwas 
näher  zu  erklären. 

I.  Wettermachen.  Margareta  Schamperl  sagt 
aus:  1.  Wenn  sie  ein  Wetter  machen  wollten,  haben  sie  bei 
einem  Wasser  9  Steine  genommen  und  dieselben  wohl  geputzt 
„Welcher  End^  sie  dieselben  in's  Wasser  geworfen,  dahin  sei 
zur  Stund'  der  Schauer  gegangen.  2.  Sie,  die  Rosenkranzin 
und  die  Latschenbergerin  haben  vor  St  Bartholomä  im  45.  Jahr 
als  das  Getreide  zeitig  geworden,  auf  einer  „Botting^'  in  einer 
Bachmulden  gebadet  Dasselbe  Badwasser  haben  sie^aus  Barm- 
herzigkeit auf  eine  „Tratte^^  geschüttet;  hätten  sie  es  aber 
auf  Steine  grossen,  so  hätte  der  Schauer  alles  in  den  Grund 
geschlagen.  3.  Sie  haben  allerlei  alt'  Getreid  in  einer  „Stadel- 
reiter^'  gereitert  und  darunter  haben  sie  getanzt  Dann  hat 
jede  ihren  Teil  Getreide  mit  heim  genommen  und  sie  haben 
solches  in  die  Nebel  und  Wolken  schicken  wollen.  Alle  Felder, 
die  aus  solchen  Wolken  besprengt  würden,  würden  keine  Frucht 
tragen.  Sie  habe  das  an  ihrem  eigenen  Acker  erprobt.  Von 
dem  Badwasser  habe  sie  etwas  in  ein  Gehölz  gegossen,  da- 
selbst breche  das  Erdreich  immer  ein  und  seien  grosse  Gruben. 

Die  Rosenkranzin  gibt  an:  4.  Sie  hätten  auch  das 
Wasser,  wo  man  das  Vieh  tränkt,  angesprochen;  da  sei  ein 
Schauerwetter  gekommen,  das  sie  auf  Deibling  geschickt  hätten. 
5.  Auch  den  Bach,  .der  aus  der  Zweinik  und  von  Potschgau 
kommt,  hat  sie  mit  gleichem  Erfolge  besprochen.  6.  Einst 
badeten  sie  in  einer  Bachmulde;  das  Badwasser  nahmen  sie 
in  einem  Kruge  mit  und  kochten  darin  Fleisch ;  dieses  hoben 
sie  auf,  um  damit  später  „ums  Gut  zu  arbeiten'^  7.  Ein 
gewisser  Slepetz  versteht  sogar  mit  einem  Schaff  Wasser  in 
seiner  Stube  Schauer  zu  machen  und  sendet  ihn  gen  Graz, 
Pettau  und  Radkersburg. 

Die  Zigoliczin  Ne§a  (Agnes)  erzählt  ebenfalls  von 
einem  Bade  einiger  Weiber  in  einer  Bachmulde  zu  St  Kuni- 
gund;  hier  wird  Wasser,   Wein,  Milch  in  die  Bachmulde  ge- 


—     125     — 

gössen  (also  wohl  ein  Backtrog,  in  dem  auch  sonst  die  Hexen 
baden),  auch  Salz,  Getreide  und  Würzen.  Auch  von  diesem 
Wasser  trugen  die  Teilnehmerinnen  etwas  nach  Hause,  um 
dasselbe  auszusprengen,  wenn  sie  „i  h  r  G  u  t  f  e  c  h  s  e  n^^  wollten. 

8.  Sie  habe  vor  4  Jahren   am  St.  Marxentag  Reif  gemacht. 

9.  Sie  hat  aus  dem  Crucifix  bei  Kebova  aus  dem  rechten  Fuss 
ein  „Scheiten^  geschnitten,  auch  aus  einem  zweiten  Crucifix 
0  Scheiten  und  diese  zur  Krainerin  und  Schamperlin  getragen. 
Diese  berufen  die  Rciniddn  und  Stai^asuetin  und  alle  5  machen  ein 
Wetter  auf  St  Urbanstag,  wobei  die  Schamperlin  als  Meisterin 
aufs  Dach  steigt  und  mit  einem  Zaum  und  Glöckerl  läutet. 

Katarina  yon  Nebova  erzählt:  10.  Die  Latschen- 
bergerin  habe  auf  einer  Wegscheide  ein  Laken  mit  einer 
Kotbe  geschlagen  und  angesprochen,  worauf  Schauer  und  Regen 
aber  die  Weinberge  gegangen  sei.  11.  Auch  sie  hat  am  St 
Margaretentag  unter  einer  „Tennreiter^S  in  der  Weizen  und 
anderes  Getreide  war,  getanzt 

Margareta,  des  Cristan  Martin  Weib,  erzählt:  12.  Sie 
hätten  am  St  Ulrichsabend  gegessen,  getrunken,  getanzt  und 
i^nm  den  Wein  gelost"  (d.  h.  Zauberei  getrieben). 

n.  Sonstige  Beschädigung  der  Weingärten. 
Schamperlin  bezichtigt  die  Krainerin,  gesagt  zu  haben,  wem 
sie  Feind  sei,  dem  wolle  sie  Quecksilber  in  den  Weingarten 
vergraben,  dann  mOsse  der  Weingarten  dermaszen  verderben, 
dass  er,  auch  wenn  er  früher  30—40  Startin  Most  getragen, 
znletzt  nicht  über  ein  Viertel  gebe.  Sie  und  alle  ihre  Ge- 
spielen, auch  der  Krainerin  Sohn  Gregor  kennen  diese  Kunst 
2.  Zu  Allerheiligen  1545  haben  ihrer  15  oder  18  Weiber  zu 
St  Kunigund  in  einer  Bachmulde  gebadet,  mit  dem  Wasser 
haben  sie  die  Weingärten  besprengen  wollen,  damit  an  jeg- 
lichem Weinstock  2  Augen  verderben  sollten.  3.  In  den  letzten 
Jahren  haben  sie  Weinreben,  die  im  Treiben  waren,  genommen 
und  den  Geistern  übergeben ;  so  sind  die  Weingärten  erfroren. 
Die  Geister  haben  ihnen  dafür  wenig  Geld  gegeben,  weil  sie 
ihnen  so  „schlechtes  Gut"  übergeben,  mehr  Geld  geben  sie, 
wean  sie  ihnen  „zeitig  Gut^^  überantworteten.   Wenn  sie  von 


—     126     — 

einer  Rebe  ein  Auge  genommen,  sei  zur  Stund  ein  grosser 
Rebstock  daraus  erwachsen.  4.  Nach  Aussage  der  Rosenkranzin 
hat  die  Trutscherin  am  Dreikönigstag  Todtenbeine  gestoszen 
und  damit  die  Weingärten  eingeräuchert.  5.  Etliche  10  Weiber 
hat  der  Teufel  oberhalb  des  Lebl  Haus  zu  Woba  (?)  zusammen- 
geführt, da  haben  sie  den  Wein  verflucht;  Lucifer  hat  jeder 
einen  Kreuzer  gegeben. 

ni.  Getreidezauber.  Schamperlin  sagt  aus :  Am  Weih- 
nachtsabend 1 545  sei  sie  mit  zwei  Gespielinnen  zu  St  Margareten 
auf  einer  Wegscheid  zusammengekommen  und  daselbst  hätten 
sie  einen  „Weizen''  (Maiskolben)  mit  einer  Haselrute  ge- 
schlagen ;  es  seien  3  Kömer  herausgosprungen,  aus  diesen  sei 
ein  grosser  Laib  Brod  gewachsen.  Sie  hätten  diesen  lieuer  am 
St.  Jörgentag  ansprechen  wollen,  so  wäre  er  zu  Stein  geworden 
und  alles  Getreide  verderbt 

IV.  Mi  Ich  Zauber.  Katarina  von  Nebova  hat  den  Kühen 
die  Milch  genommen;  auch  die  Latschenbergorin  kann  das. 
Die  Starasuetin  erzielt  dies,  indem  sie  das  Gias  auf  der  Weide 
anspricht  Scliamperl  schickt  ihren  Geist  zur  Latschenbcrgerin, 
mit  dem  Befehl,  ihr  die  Milch  zu  verderben,  so  dass  sie  keinen 
Käse  daraus  machen  kann.  Umgekelirt  verdirbt  der  Latschen- 
bergerin  Geist   der  Schamperlin  die  Milch  durch  seinen  Kot. 

V.  Windfüttern,  Vertreibung  des  Wetters. 
1.  Starasuetin  gibt  an,  die  Latschenbergerin  habe  aus  ihrem 
Beutel  ein  Säckchen  mit  weiszem  „Stupp"  (staub-  oder  mehl- 
artige Masse,  Pulver)  genommen  und  diesen  mit  einer  hohlen 
Weinrebe  nach  allen  vier  Weltgegenden  geblasen,  da  seien 
Wind  und  Wolken  vergangen.  2.  Einst  wusch  sie  Hadern  in 
einer  „Lacken"  und  schöpfte  Wasser  aus  derselben,  da  fing  das 
Wasser  in  der  Lacken  zu  sieden  an  und  sogleich  zog  ein  Schauer 
und  Regenwetter  herauf.  Sie  lief  heim,  nahm  ein  Messer  aus  der 
Scheide  und  schnitt  kreuzweise  gegen  die  Wolken  und  Nebel, 
indem  sie  sagte,  es  solle  in  den  Wolken  alles  todt  und  ver- 
derbt sein,  im  Namen  Gottes  u.  s.  w.  Sogleich  vergieng  das 
Wetter  und  that  keinen  Schaden.  (Ein  anderes  Mal,  als  ihr 
Geist  bei  Wind   und  Regen   kam  und   um  Einlass  bat,    half 


—     1 27     — 

M'hon  ihre  Drohung,  es  den  Herrn  und  Bürgern  anzuzeigen, 
TOD  Stund  an  hörte  Regen  und  Wind  auf.) 

VI.  Regenlosigkeit  erzielt.  Die  Bosenkranzin  und 
Latschenbergerin  giengen  auf  den  Bacher  unterhalb  St  Wolf- 
izang  und  banden  dort  den  Geist  Gasperl  mit  Frauenhaaren 
in  dem  „Gupf '  einer  Buche  fest,  damit  es  nicht  regnen  solle. 
Ein  Bauer,  mit  Namen  Pangraz  kam  zur  Stelle  und  wollte 
den  Baum  umhauen,  da  schrie  der  Geist,  er  solle  ihn  befreien, 
so  werde  es  sofort  regnen  und  so  geschah  es. 

Vn.  Zurückbringen  gestohlenen  Gutes  oder 
Entflohener,  l.  Der  Rosenkranzin  muss  der  Geist  gestohlene 
Rocke  zurückbringen.  2.  Als  der  Zigolitscha  Gewand  und 
Hadern  gestohlen  wurden,  gaben  ihr  die  Krainerin  und  Scham- 
perlin  den  Rat,  sie  solle  Wasser  durch  eine  Reiter  gieszen 
und  dann  die  Reiter  um  das  Haus  kugeln,  so  müsse  der  Dieb 
'las  gestohlene  Gut  zurückbringen.  Es  entstand  zwar  ein  groszer 
Begen  und  Wind,  der  Dieb  kam  aber  nicht.  3.  Ein  anderes 
Mal  giengen  Starasuetin,  Schamperlin,  Krainerin  und  sie  um 
einer  Gespielin  gestohlenes  Geld  zurückzuverschaffen,  auf  eine 
Wegscheide,  wo  sie  einen  „Hefen''  niederlegten  und  auf  den- 
^Iben  einen  schwarzen  Pfennig.  Darauf  schlugen  sie  den  Hefen 
mit  3  Ruthen,  so  dass  er  anfieng  umherzuspringen.  Da  kam 
ein  groszer  Wind,  der  den  Dieb,  einen  Knaben,  auf  der  Weg- 
seid niedersetzte  und  zugleich  das  Geld,  das  umherrollte. 
4.  Starasuetin,  Schamperlin  und  Krainitza  haben  des  weiszen 
Juri  Weib,  so  ihm  mit  einem  Arbeiter  Namens  Thomasch 
w^elaufen  gewesen,  mit  einem  Tüchlein,  das  sie  angesprochen, 
zurückgebracht.  5.  Des  Chrasch  Bruder,  der  weggelaufen,  haben 
^ie  voriges  Jahr  „im  Pannt'  (zur  Zeit  des  Bindens)  in  einem 
Wetter  auf  einer  Wegscheide  am  Pemitzenberg  wiedergebracht, 
indem  sie  in  seine  zurückgelassenen  Stiefel  geblasen. 

vni.  Unsichtbarmacheu.  Am  St.  Margaretenabend 
1^45  bohrte  die  Krainerin  einem  Ereuzbild  die  Augen  aus. 
Wenn  sie,  äuszerte  sie,  diese  Augen  bei  sich  habe,  so  könne  man 
^ie  nicht  sehen,  auch  wenn  ihr  Feind  neben  ihr  stehe  oder 
man  sie  fangen  wolle. 


—     128     — 

IX.  Sonstiger  Zauber.  l.DieJurazin  in Kreinkh (Erö- 
nich)  und  Latschenbergerin  haben  zu  Weihnachten  Most  gepresst 
und  ausgetrunken.  2.  Der  Starasuetin  hatte  ein  Dieb  einen 
Rock  gestohlen.  Sie  besprach  den  Rock;  soviel  Fäden  an  ihm 
seien,  soviel  Jahre  und  so  lange  er  lebe,  solle  der  Dieb  stehlen 
und  seinen  Lohn  dafür  empfangen.  Er  sei  auch  zu  Wurmberg 
justificiert  worden.  3.  Starasuetin  hatte  noch  vor  dem  TUrkenzug 
mit  einem  gewissen  Peter  Jug  gestritten,  weil  er  ihr  etwas 
vom  Lohn  abzog.  Sie  goss  ihm  Wasser  vor  die  Kellerthür, 
er  gieug  darüber  und  starb.  Diese  Kunst  hat  sie  von  der 
Dragnaratscha  und  der  Latschenbergerin  gelernt  4.  Der  Mar- 
garete, des  Cristan  Weib,  gab  einer  dnen  „Stupp^,  den  solle 
sie  auf  die  Kuna,  des  PröbsÜ  Tochter,  die  es  mit  ihrem  (Mar- 
garetens)  Manne  hielt,  werfen,  so  würde  sie  sich  „sein  vor- 
weg en**  (ihm  entsagen,  von  ihm  ablassen).  Geschah  auch 
mit  Erfolg. 

X.  Hexensalbe,  Hexentrank.  1.  Die  Rosenkranzin 
sagt  aus,  die  Latschenbergerin  habe  ihnen  eine  gelbe  Salbe 
gegeben;  wenn  sie  nun  zusammenkommen  wollten,  h&tten  sie 
mit  dieser  Salbe  einen  Ofenkehrwisch  angeschmiert  und  sich 
daraufgesetzt,  sogleich  habe  es  sie  gehoben  und  sie  seien  zu 
ihrer  Gesellschaft  gekommen.  Einstmals  sei  ein  Bauer,  Namens 
Gregoritsch  auf  einer  Bank  gelegen  und  habe  gethan,  als  ob 
er  schlafe.  Er  habe  ihnen  aber  zugesehen  was  sie  gemacht,  dann 
auch  die  Salbe  genommen  und  einen  Kehrwisch  angeschmiert ; 
so  habe  es  ihn  auch  gehoben  und  zu  ihnen  in  die  Gesellschaft 
getragen.  2.  Die  Neda  Zigolitscha  sagt  aus,  ihre  Gespielinnen 
hätten  sie  mit  einem  Trunk  Wein  beredet  Wie  sie 
denselben  getrunken,  habe  sie  ihren  Sinn  und  Gemüt  von 
der  Kuppelei  (im  Protokoll  stets  für  Hexenunwesen  überhaupt 
gesetzt)  nicht  mehr  abwenden  mögen. 

X.  Zusammenkünfte  der  Hexen,  Verkehrund 
Buhlschaft  mit  den  Geistern.  1.  Die Schamperlin  hat  in 
ihrer  Herberge  ein  „gaisens''  Hörndl  und  ein  klemes  Glöckl. 
Wenn  sie  auf  dem  Hom  blies,  kam  der  Geist  und  trug  sie 
zu  ihren  Gespielinnen.  J.  Zigolitscha  sagt  aus,  dass  die  Hexen 


—     129     — 

durch  Schlagen  auf  eine  Kette  zusammengeläutet  werden. 
3.  Starasuetin  erzählt,  die  Latschenbergerin  sei  auf  eine  Weg- 
scheide  gegangen,  habe  einen  Strick  oder  Kiemen  genommen 
und  gerufen:  Ptischek;  Tanschitz;  darauf  habe  sie  etwas  von 
der  Erde  aufgenommen  und  nach  aUen  Seiten  gesprengt ;  da 
sei  ein  groszer  Wind  entstanden  mit  Regen  und  Schauer,  in 
diesem  Wetter  sei  der  böse  Geist  zu  ihr  gekommen  und  habe 
ihr  Geld  gebracht  Die  Latschenbergerin  habe  sich  beklagt, 
es  sei  zu  wenig,  sie  wolle  ihn  ein  anderes  Mal  mehr  martern, 
damit  er  mehr  bringe.  4.  Wenn  sie  zusammenkamen,  nahmen 
sie  ein  weiszes  Tuch,  die  Latschenbergerin  nahm  dann  ihren 
Geist  aus  dem  Glase,  bauschte  das  Tuch  zusammen  und  warf 
den  Geist  darin  umher  und  marterte  ihn  so  lange,  bis  er  eine 
gute  Summe  zusagte.  Dann  speisten  sie  ihn  mit  Weizenbrod 
QDd  Wein.  5.  Die  Rosenkranzin  übernachtete  einst  vor  dem 
T&rkenUberzug  bei  der  Latschenbergerin ;  da  sah  sie,  wie  die 
ßeister  in  Gestalt  einer  Katze  mit  grossem  Kopf  hereinkamen  und 
Geld  in  die  Stube  schütteten.  Dann  haben  die  Geister  unter 
den  Hefen  gerumpelt  und  nach  Essen  gesucht,  sind  aber  bei 
Tagesanbruch  aus  dem  Fenster  geflohen.  Sie  hatte  ihr  Kind 
bei  sich,  das  sie  fest  an  sich  drückte,  damit  es  ihr  nicht  ge- 
stohlen werde.  6.  Zigoliza  sagt  aus,  die  Schamperlin  habe  ihren 
Geist  immer  in  Gestalt  eines  Hundes  an  einem  Bande  mit- 
gebracht. 7.  Auch  Margareta,  des  Cristan  Weib,  sah  den  Geist 
in  Gestalt  eines  schwarzen  Hundes  kommen.  Die  Latschen- 
bergerin nahm  ihn  dann  an  einem  Bande  mit  heim.  Er  ver- 
sprach ihnen  allerhand  Getreide  auf  nächste  Pfingsten.  8.  Der 
Schamperlin  Geist  hiess  Tschemagel,  der  der  Latschenbergerin 
Tantschitsch  und  der  der  Rosenkranzin  Prockwass.  Von  dem 
Tschemagel  hat  die  Krainerin  2  Kinder  gehabt,  er  habe  sie  auch 
im  Gefängnis  besucht  und  mit  ihr  zu  thun  gehabt,  habe  ihr  auch 
zugesprochen,  sich  zu  erwürgen,  damit  ihm  die  Seele  werde,  dessen 
sie  sich  aber  geweigert.  Er  habe  ihr  oft  Geld  gebracht.  9.  Der 
Starasuetin  Geist  Peterl  war  ihr  „ausgekommen^  Die  Latschen- 
bergerin brachte  ihn  wieder  zurück ;  sie  hat  ihn  im  Hause  in 
einem  Tuche  und  in  einem  Glase,  darin  ist  ein  Steinchen  und 

HHth«il.  d«s  h\at    Tercing  f.  Btoiermark,  XXYII.  Heft,  1879.  9 


—     130     — 

Baumwolle;  bat  auch  mit  ihm  zu  „schicken^.  10.  Rosenkranzin 
sagt  aus,  der  Geist  Kussmann  sei  zu  ihr  ins  Gefängnis  ge- 
kommen und  habe  mit  ihr  zu  thun  gehabt  11.  Des  SIepetz 
Geist  heisst  Sczttman,  er  soll  3  Geister  in  3  Gläser  gebracht 
haben,  die  im  Keller  hinter  einem  Holzgitter  sind.  Das  soll 
geschehen  sein  1529,  ,;S0  die  Türken  vor  Wien  gelten"". 
1 2.  Der  Rosenkranzin  Geist  sei  zu  Erich-  und  Pfinztag  bei  ihr 
gelegen,  aber  am  Samstag  nicht  13.  Der  Zigolitschin  Geist 
sei  in  des  JöbstI  Haus  unter  dem  Ofen  in  einem  Winkel  mit 
Frauenhaaren  festgebunden ;  wenn  man  ihn  mit  3  Haselruten, 
eines  Jahres  alt,,  schlagen  würde,  würde  er  frei.  14.  Der 
Krainitza  Geist  heisze  Magert,  der  der  Katharina  zu  Nebova 
Gabrian,  letzterer  ist  schwarz  wie  ein  Kätzel  und  ist  in  einem 
mit  Wachs  verstopften  Glase. 

Nachdem  wir  so  die  wichtigsten  Aussagen  zusammen- 
gestellt, erübrigt  uns  noch  die  zweite  Aufgabe,  wenigstens 
einige  Punkte,  die  ein  gröszeres  Interesse  bieten,  näher  zu 
betrachten ;  alles  zu  erklären,  ist  wohl  derzeit  noch  nicht  mög- 
lich, auch  würde  der  zugemessene  Raum  ungebührlich  über- 
schritten werden  müssen. 

Schon  Jacob  Grimm  hat  in  seiner  Mythologie  darauf 
hingewiesen,  dass  ^vir  in  den  Hexengeschichten  einen  Nieder- 
schlag uralten  Volksglaubens  vor  uns  haben  und  den  Zusammen- 
hang des  Hexenglaubens  mit  der  alten  Götterlehre,  des  Um- 
zuges oder  Tanzes  der  Hexen  mit  dem  Umzüge  freundlicher, 
Segen  und  Gedeihen  spendender  Wesen,  der  nächtlichen 
Zusammenkünfte  und  Schmausereien  mit  alten  Opferfesten  mit 
überzeugender  Schärfe  dargelegt 

AUes  Heidnische  wurde  aber  durch  den  Einfluss  des 
Christenthums  in  unholdes,  dämonisches  Treiben  verkehrt,  in 
dem  der  Teufel,  der  dem  alten  europäischen  Volksglauben 
ziemlich  ferne  stand,  eine  Hauptrolle  spielt. 

Zwei  Kapitel  aus  der  Geschichte  des  Hexentreibens  sind 
es,  die  uns  besonders  interessieren,  das  Wettermachen  und  der 
Verkehr  mit  bösen  Geistern. 


—     131     — 

Der  Glaube  an  Wetterroacherinnen  oder  auch  Wettermacher 
ist  sehr  alt,  scbon  die  römischen  Zwölftafelgesetee  bestrafen 
den  qui  fruges  excantassit  sive  alienam  segetem  pellexerit 
TibuQ  spricht  von  einem  cantus  vicinis  fruges  qui  traducit 
ab agris  und  Yirgil  erwähnt:  satas  alio  traducere  messes.  Die  lex 
Visigotorum  kennt  ebenfalls  solche  Uebelth&ter  (immissores 
teropestatum),  welche  durch  Zaubergesänge  Hagel  in  die  Wein- 
berge schicken,  und  ein  Kapitulare  Karls  d.  6.  v.  789  be- 
schütigt  sich  mit  demselben  Aberglauben. 

Der  Glaube,  dass  Sturm  und  Hagel  durch  Steinwürfe  in 
einen  See  oder  Brunnen  erregt  werde,  findet  sich  bei  Deutschen, 
Kelten  und  Finnen.  Von  einem  See  in  Catalonien  erzählt 
Gerrasiua  von  Tilbuiy  (in  seinen  für  Kaiser  Otto  lY.  geschrie- 
benen „Otia  imperialia^'),  dass,  wenn  man  Steine  oder  sonst 
einen  fremden  Gegenstand  in  denselben  warf,  der  Sturm  sofort 
losbrach.  Dasselbe  erzählt  der  Volksglaube  vom  Mummelsee 
in  Deutsclilanjd,  dem  Pilatussee  in  der  Schweiz,  dem  See  von 
Camerina  in   Sicilien,  ja  selbst  vom  See  Ghiapa  in  Mexiko. 

Aber  auch  den  erquickenden  Regen  kann  man  herbei- 
zanbem.  Neu-Griechen  und  Serben  begieszen  zu  diesem  Zwecke 
ein  ganz  in  Grün  gehttlltes  Mädchen,  offenbar  ein  Abbild  der 
grünenden  Erde,  mit  Wasser.  Nach  keltischem  Volksglauben 
gieszen  die  bretonischen  Jäger  im  sagenberUhmten  Brezilian- 
walde  Wasser  aus  dem  Barvatonbrunnen  auf  die  Brunnensteine 
und  alsbald  steigt  erquickender  Regen  empor.  Die  Esthen  haben 
<»nen  heiligen  Bach  Wohanda  in  Livland,  in  den  zu  demselben 
Zwecke  etwas  geworfen  wird.  Wie  kommt  es  nun,  dass  sich 
bei  den  verschiedensten  Völkern  dieselbe  Anschauung  findet? 

Erst  seit  man  die  primitivsten  Vorstellungen  sogenannter 
nWSder"*  Völker  beobachtet  und  durch  Vergleiche  den  Beweis 
l^estellt  hat,  dass  diese  Vorstellungen  einst  allgemein 
nienschliche  waren,  ist  die  Antwort  auf  diese  Frage  mög- 
lich geworden.  Es  ist  gewiss,  dass  es  Vorgänge  in  der  Natur, 
fie  oft  wiederkehrenden;  insbesondere  aber  die  plötzlich  auf- 
^tenden  wie  das  Gewitter,  gewesen,  die  die  Phantasie  des 
Katonnenschen  mächtig  ergriffen  und  in  ihm  die  ersten  Vor- 

9* 


—     132     — 

Stellungen  von  etwas  Göttlichem,  Uebersinnlichem  hervorriefen. 
Alle  Veränderungen  und  Erscheinungen  in  der  Natur  erschienen 
aber  als  den  irdischen  analoge.  Die  leuchtende  Sonne  weckte 
die  Vorstellung  eines  glänzenden  Steines  oder  funkelnden  Auges, 
der  Regenbogen  die  eines  Bogens  oder  Gürtels,  die  sich  schlän- 
gelnden Blitze  werden  zu  himmlischen  Schlangen;  heult  der 
Wind,  so  ist  es  ein  Wolf  oder  Hund,  in  der  Donnerstimme  glaubt 
man  das  Brüllen  der  himmlischen  Kühe  zu  hören  u.  s.  f. 

Nun  sagt  noch  heute  das  Volk  in  Schleswig  -  Holstein, 
wenn  es  donnere,  so  kegelten  die  Engel  oder  der  liebe  Gott 
sei  zornig  und  werfe  mit  Steinen  um  sich.  Fallen  nun  diese 
Donnersteine  (von  denen  wohl  auch  manchmal  einer  zur  Erde 
fWlt)  in  den  himmlischen  Wolkensee,  so  flieszt  dieser  über 
und  sein  Wasser  kommt  als  Regen  oder  Hagel  zur  Erde  herab. 

Aus  diesen  Vorstellungen  wird  uns  nun  auch  das  Thun 
unserer  steirischen  Hexen  klar.  Aller  Zauber  besteht 
nämlich  in  der  symbolischen  Nachahmung  einer 
Handlung,  welche  in  der  Erwartung  vorgenom- 
men wird,  dass  sie  denselben  Erfolg  habe,  wie 
die  wirkliche  nachgeahmte  Handlung.  (Man  ver- 
gleiche die  Merseburger  Zaubersprüche.)  So  wie  also  im 
Himmel  durch  das  Hineinfallen  von  Steinen  in  den  himmlischen 
Wolkensee  Regen  und  Hagel  entsteht,  so  glauben  die  Hexen 
durch  das  Hineinwerfen  von  Steinen  in  irdische  Gewässer 
dieselbe  Wirkung  zu  erzielen. 

Auch  eine  andere  Procedur  unserer  Hexen,  das  Peitschen 
des  Lakens  mit  der  Ruthe  (Aussage  der  Eaterina  von  Nebova) 
erklärt  sich  aus  ähnlichen  Vorstellungen.  Das  Laken  vertritt 
die  Wolke;  die  Ruthe  den  Blitz,  der  häufig  als  Rute  oder  Geisel 
gedacht  wird,  mit  der  die  wettermachenden  Gottheiten  die 
himmlischen  Gewässer  peitschen.  Eine  dritte  Vorstellung  lässt 
den  Regen  dadurch  entstehen,  dass  die  Wolkenwesen  aus  Krügen 
Wasser  ausgieszen.  Die  Peruaner  rufen  (s.  Herder,  Stinmien  der 
Völker)  die  Regengöttin  mit  den  Worten  an:  Schöne  Göttin, 
Himmelstochter  mit  dem  vollen  Wasserkruge.  Oder  es  sind  durch- 
löcherte Fässer,  aus  denen  der  Regen  strömt  In  einem  deutschen 


—     133     — 

Volksmärchen  findet  Meister  Pfriem  zwei  Engel  im  Himmel  damit 
beschäftigt,  das  himmlische  Wasser  in  durchlöcherte  Fässer 
zu  gieszen.  An  die  Stelle  der  durchlöcherten  Fässer  tritt  nun 
auch  das  Sieb.  ( Aristophanes  lässt  in  den  Wolken  den  Zeus 
ki  xopctvou  o»j^£5v.)  Unsere  Hexen  tanzen  unter  einem  groszen 
Sieb  (Stadelreiter  oder  Tennreiter)  und  gieszen  Wasser  hinein, 
worauf  sich  ein  Unwetter  erhebt;  all'  diese  Handlungen  be- 
nihen  aber  auf  uralten  religiösen  Vorstellungen. 

Unsere  Hexen  verrichten  nun  all'  dies  nicht  aus  bloszer 
Bosheit,  sie  „arbeiten"  mit  ihrem  Wetterzauber  auch  „um's 
Guett".  Wenn  sie  den  Wein  verfluchen,  bringt  ihnen  Lucifer 
Geld ;  sie  übergeben  mittelst  hervortreibender  Weinschösslinge, 
die  sie  in  eine  bestimmte  Gegend  schicken,  den  Dämonen  die 
betreffenden  Weingärten  und  bekommen  dafür  Geld ;  aber  auch 
Getreide  wird  ihnen  zu  Teil.  In  diesen  Proceduren  und  den 
mit  ihnen  verbundenen  Schmausereien  und  Zechereien  erkennen 
wir  unschwer  alte  Opfer,  dargebracht,  um  von  den  Göttern 
Segen  für  Saat  und  Wein  zu  erhalten,  freilich  in's  Teuflische 
verkehrt ;  hier  bringen  die  Dämonen  die  Frucht  an  sich.  Bischof 
Agobard  von  Lyon  (f  840)  erzählt  in  seiner  Schrift  contra  in- 
sulsam  vulgi  opinionem  de  grandine  et  tonitruis,  das  Volk 
glaube,  dass  aus  dem  Lande  Magonia  Schiffe  m  den  Wolken 
kämen,  die  das  aus  d^n  Körnern  gehagelte  Getreide  an  sich 
nahmen  und  den  Wettermachern  dafür  Geld  zahlten.  So  er- 
halten auch  unsere  Hexen  Geld  und  Getreide  zum  Lohne. 

Ganz  heidm'sch  ist  auch  die  Art  und  Weise,  wie  die 
Latschenbergerin,  um  das  Wetter  zu  vertreiben,  einen  weiszen 
Stupp  in  alle  vier  Wmde  bläst;  so  füttert  noch  heute  der 
obersteirische  Bauer  den  Wind,  indem  er  Mehl  in  die  Luft 
streut,  damit  der  Wind  Haus  und  Saat  verschone.  Die  Art 
and  Weise,  wie  die  Rosenkranzin  (s.  IV.)  Regenlosigkeit  er- 
Qelt,  mahnt  an  den  Glauben  an  gefangene  oder  schlafende 
Wettergottheiten. 

Dass  die  Hexen  den  Kühen  die  Milch  entziehen,  beruht 
gleichfalls  auf  alten  religiösen  Vorstellungen.  Ursprünglich  sind 
es  die  Ummlischen  Kühe,  deren  Eutern  der  Regen  entquillt 


—     134     — 

oder  durch  Wetterzauber  entzogen  wird;  erst  als  diese  Vor- 
stellung sich  verdunkelte,  dachte  man  an  irdische  Kühe. 

Ueber  einige  andere  Punkte  erlaube  ich  mir  auf  das 
Capitel  Schamanismus  in  Peschels  Völkerkunde  y.u.  verweisen, 
wo  der  Leser  schlagende  Analogien  finden  wird. 

Ich  wende  mich  zu  dem  zweiten  Hauptpunkte,  dem  Ver- 
kehr und  der  Buhlschaft  mit  Geistern.  Hier  ist  zunächst  die 
Erzählung  der  Rosenkranzin  (XL,  5.)  von  Interesse.  Die  Geister 
erscheinen  hier  als  Katzen,  wie  sonst  im  Volksglauben  die 
Hausgeister,  Kobolde,  Wichtelmännchen;  manches  weist  nun 
darauf  hin,  dass  auch  die  Wesen,  mit  denen  unsere  Hexen 
zu  thun  zu  haben  glaubten,  elbische  Wesen  sind;  schon 
der  Name  Casperl  klingt  elbisch.  Hausgeister  bringen  häufig 
ihren  Lieblingen  Geld  oder  andere  Dinge.  Auch  kennt  die 
Sage  sexuelle  Verbindungen  derselben  mit  Menschen;  so  ist 
Hagen  eines  Eiben  Sohn.  Die  Hausgeister  bekommen  Essen 
hingestellt,  wonach  sie  in  unserem  Falle  suchen-,  sie  stehlen 
auch  kleine  Kinder,  daher  die  Besorgnis  der  Rosenkitmzin. 
Dass  sie  auch  als  Hunde  erscheinen  (XL,  6.),  ist  ein  jüngerer 
Zug,  denn  der  Hund  ist  ein  wesentlich  teuflisches  Thier,  wie 
der  einst  dem  Wodan  heilige  Wolf. 

Glaubten  denn  nun  aber  die  Hexen  an  ihre  Luftfahrten 
nnd  an  ihren  sexuellen  Verkehr  mi(  Geistern?  Daran  ist, 
glaube  ich,  nicht  zu  zweifeln.  Zur  Erklärung  dieser  merk- 
würdigsten Thatsache  hat  man  nun  eine  Berauschung  durch 
ein  Narkotikum  angenommen,  welche  die  Hexen  in  einen  Zu- 
stand versetzte,  in  dem  sie  die  geschilderten  Dinge  erlebt  zu 
haben  glaubten.  Es  soll  ein  Absud  vom  Stechapfel  gewesen 
sein,  ein  Narkotikum,  das  die  Zigeuner  (aus  der  Heimat  des 
Opiums  und  Haschisch)  aus  Asien  nach  Europa  brachten.  Neuere 
Reisende,  die  dieses  Narkotikum  versucht  haben,  berichten 
übereinstimmend,  dass  man  in  einen  äuszerst  behaglichen 
Zustand  verfalle  und  zu  fliegen,  durch  die  Luft  getragen  zu 
werden  glaube.  Ein  solcher  Trank  wird  nun  fast  in  allen 
Hexenprocessen  erwähnt,  auch  in  dem  unseren  (X.,  2.).  Auch 
erzählt  schon  der  alte  Valvassor,  dass  zu  seiner  Zeit  einige 


—     135     — 

das  Hexentreiben  auf  diese  Weise  erklären  wollten,  was  er 
indes  nicht  lür  richtig  hält 

Aoffallend  ist  allerdings,  dass  die  Geister  auch  zu  unseren 
Hexen  in's  Gefängniss  kommen.  Benutzten  Kerkermeister  oder 
Knechte  den  Volksglauben  oder  gelang  es  den  Hexen  auch 
hier  sich  in  solche  Hallucinationen  zu  versetzen?  Ich  möchte 
last  das  Letztere  vermuten  (obwohl  in  vielen  Processen  das 
erstere  ebenfalls  vorkonmit),  da  unsere  Delinqueptinnen  öfter 
von  einem  Verkehr  mit  ihren  noch  in  Freiheit  befindlichen 
Genossinnen  sprechen,  von  denen  ihnen  der  Trank  übermittelt 
worden  sein  mag.  Es  ist  bekannt,  wie  man  sich  an  solche 
narkotische  Mittel  gewöhnt,  so  dass  man  nicht  mehr  davon 
lassen  kann  und  sie  sich  auf  alle  mögliche  Weise  zu  verschaffen 
sacht  Weitere  Einzelheiten  mögen  ihre  Erklärung  in  hysteri- 
schen Zuständen  der  Betreffenden  finden. 

Das  oben  erwähnte  Protokoll  vom  Jahre  1580  bietet, 
vie  schon  erwähnt,  wenig  des  Interessanten.  Originell  ist  nur 
die  Aussage  der  Aniza  Baderin,  die,  um  sich  beim  Stehlen 
unsichtbar  zu  machen,  eine  Kerze  bei  sich  trug,  die  einem 
Sterbenden  „eingehalten"  worden  war  und  deren  Docht  aus 
Fäden  bestand,  mit  denen  man  eine  Leiche  eingenäht  hatte. 
Diese  Kerze  spricht  sie  mit  den  Worten  an:  ;,So  wenig  mich 
der  Todte  vor  dem  jüngsten  Tage  sieht,  so  wenig  mag  mich 
der  Krämer  sehen." 

Ich  glaube  in  Kurzem  gezeigt  zu  haben,  dass  wir  es 
angesichts  des  Hexenglaubens  allerdings  mit  einem  Wahn  zu 
tlmn  haben,  aber  nicht  mit  einem  Wahn,  der  im  Gehirne  der 
in  Rede  stehenden  Uebelthäterinnen  entsprungen,  sondern  ur- 
altes Erbteil  ist,  mit  einem  Wahn,  dem  es  nicht  an  einer 
gewissen  Methode  fehlt  Weitere  Untersuchungen,  zu  denen 
ich  nur  die  Anregung  gegeben  haben  will,  werden  uns  noch 
in  vielen  Punkten  klarer  sehen  lassen. 


Zur  Greschichte 

des 

,  der  BOchercensur  und  des 

zu   Grraz 

im  16.  Jahrhunderte. 

Von 

Dr.  Richard  Peinlich. 

Zu  den  bisher  noch  wenig  beleuchteten  Partien  der  Cultur- 
geschichte  Steiermark's  gehört  auch  das  Bttcherwesen  derselben. 
Wenn  man  den  Verbrauch  an  Seife  als  Massstab  des  Bildungs- 
Standes  eines  Volkes  annimmt,  so  wird  man  den  Bedarf  an 
Büchern  als  Massstab  für  die  Bildungshöhe  gelten  lassen  können. 
Es  tritt  hiebei  nur  der  missliche  Umstand  ein,  dass  uns  zur 
Schätzung  und  Beurtheilung  für  die  ältere  Zeit  die  statistischen 
Daten  über  eingeführte  und  über  im  Lande  selbst  erzeugte 
Bücher  fehlen. 

Nachdem  aber  gegenwärtig  die  früher  mit  sieben  Siegeln 
verschlossen  gewesenen  Archive  den  Geschichtsforschern  offen 
stehen,  so  lässt  sich  ein  hinreichendes  Material  zu  Tage  fördern, 
um  auch  auf  dem  Gebiete  des  Bücherwesens  einen  historischen 
Aufbau  zu  versuchen.  Die  vorliegenden  Blätter  sollen  hiezu 
einige  Bausteine  liefern  ^). 

Hundert  Jahre  waren  seit  der  Erfindung  der  Buchdrucker- 
kunst verflossen,  bevor  unser  Graz  eine  Buchdrucker-Officin 


*)  Der  Aufsatz  beruht  fast  durchgehende  auf  archivialischen  Quellen, 
die  zum  grössten  Theile  dem  seinerzeit  im  Landhause  gewesenen, 
nunmehr  im  Landesarchive  zu  Graz  aufbewahrten  landschaftlichen 
Actenmateriale  angehören. 


—     137     — 

erhielt  ).  Man  darf  dies  aber  nicht  als  ein  Zeichen  geistiger 
Unmündigkeit  ansehen  und  vom  Drucke  der  Finsterniss  und 
Unwissenheit  niedergehaltenen  Geistern  fabeln,  denn  es  fehlte 
deshalb  durchaus  nicht  an  Büchern  in  Graz  und  in  Steiermark. 

Auswärtige  und  ausländische  „Buechfbhrer^  (Buchhändler) 
brachten  dieselben  zu  den  grossen  Jahrmärkten  nach  Graz  und 
ebenso  in  die  Landstädte.  Bekannter  massen  war  ja  auch  die 
starke  Einfuhr  lutherischer  Bibeln,  Postillen,  Tractate  und 
Flugschriften  ein  Haupthilfsmittel  zur  Verbreitung  der  Befor- 
mation.  Schon  1 528  fand  die  Kirchenvisitation  derlei  Schriften 
in  grosser  Zahl  im  ganzen  Lande  verbreitet ').  Das  Verbot, 
welches  Ferdinand  L  1551  gegen  den  Vertrieb  von  ;,sec- 
tischen  und  verführerischen  Büchern^  erliess,  war  auch  sicher- 
lich nicht  ohne  guten  Grund  gegeben. 

Uebrigens  ist  Graz  unter  den  österreichischen  Städten, 
welche  schon  in  älterer  Zeit  eine  ständige  Buchdruckerei 
besassen,  wenn  auch  nicht  die  erste,  doch  auch  weitaus  nicht 
die  letzte  gewesen.  Unserer  Stadt  gehen  nur  voraus  Cividale  1 470, 
Ofen  1472,  Prag  1478,  Wien  1482,  Brunn  1486,  Olmütz  1500, 
Hermannstadt  1529;  Kronstadt  1533   und  Innsbruck  1558^). 

Da  aber  die  Kunde  hierüber  von  dem  Umstände  abhängt, 
dass  uns  ein  Druckwerk,    oder  doch  dessen  Titel  aus  dieser 

^  Es  ist  bemerkenswerth,  dass  ein  Steiermärker,  der  Magister  Mat- 
thäus Cerdonis,  gebürtig  von  Windiscbgrätz,  bereits  in  den  Jahren 
1481  bis  1487  zu  P  a  d  u  a  die  Buchdruckerei  betrieb.  (Steierm.  Zeit- 
schrift, VIII.  Heft,  1827,  Seite  140.) 

')  Der  Schulhalter  Hans  von  Rein  hatte  „lutherische  Büchel"  ver- 
breitet, zu  Erieglach  verkaufte  solche  der  Gesellpriester  Andrä, 
zu  Brück  a.  d.  M.  wurden  sie  am  Jahrmarkte  öffentlich  feilgehalten, 
man  fand  derlei  zuRotenmann  und  M u r a u,  wo  ein  Baderssohn 
aus  denselben  predigte ;  zu  Oberwölz  besass  solche  der  Gerichts- 
pfleger, nach  Admont  brachte  Hans  Eibeswalder  etliche  von 
Graz  her,  zu  Graz  befanden  sich  solche  in  vielen  Händen,  ein 
gewisser  Stirich  nahm  selbe  sogar  in  die  Kirche  mit,  zu  Windisch- 
grätz,  Marburg,  Lembach,  Radkersburg  n.  a.  0.  wurden 
solche  confiscirt  und  verbrannt.  (Robitsch,  Geschichte  des  Protestan- 
tismus in  Steierm.  a.  v.  0.) 

*)  Gr&Bse,  das  16.  Jahrh.  in  seinen  Schriftstellern  und  ihren  Werken, 


-     138     — 

nun  schon  fernabliegenden  Zeit  erhalten  blieb,  so  können  diese 
Angaben  immerhin  noch  eine  Berichtigung  erfahren. 

Die  erste  Buchdruckerei  in  unserem  Lande  besass  der 
Fürstbischof  von  Seckau  Peter  P  e  r  s  i  c  u  s ,  welcher  1 550  starb, 
Aus  dessen  Hinterlassenschaft  kaufte  der  6  r  a  z  e  r  Büi^er  und 
Buchdrucker  Alexander  Leopold  „das  Druckzeug'',  sowohl 
i,Fundament  als  Buchstaben**  mit  von  der  steirischen  Landschaft 
vorgestrecktem  Gelde ').  Für  diese  drückte  er  die  ämtlichen 
„Generale^  und  Kundmachungen,  so  auch  1559  das  steirische 
«Bergrechtbüchel** . 

Für  die  Drucklegung  von  400  Exemplaren  „Aufgebotbriefe*' 
und  von  1300  Exemplaren  „Anschlagbriefen**  erhielt*  er  1560 
von  der  Landschaft  14^  3ß  22  dl.  Reichswährung  Druckerlohn 
ausbezahlt. 

Im  Jahre  1561  wurde  in  der  Officin  desselben  der  ers  t e 
Grazer  Kalender  gedruckt.  Dieser  ,,auf  das  Jahr  1562 
gestellte**  Kalender  war  sammt  dem  üblichen  „Prognosticon'^ 
von  dem  Präceptor  der  Landschaftsschule  in  Graz,  Magister 
Hieronymus  Lauterbach  verfasst  und  der  steirischen  Land- 
schaft dedidrt,  welche  ihm  dafUr  ein  Honorar  von  30  Thalem 
zuerkannte  ^. 

Unterdessen  gieng  der  Betrieb  der  Buchdruckerei  nur 
schwach,  zwar  kam  Alexander  in  die  Lage,  der  Landschaft 
die  entlehnte  Geldsumme  zu  erstatten,  aber  für  einen  höheren 
Au&chwung  scheinen  die  Verhältnisse  nicht  günstig  gewesen 
zu  sein.  Alexander  starb  1562.  Sein  Druckergeselle  Andreas 
Franckh  führte  das  Geschäft  fort,  was  aus  dem  Umstände 
erhellt,  dass  1562  ein  Gedicht  von  Thomas  Lasch itz,  „Sub- 
stituten an  der  landschaftlichen  Particulärschule''  zu  Graz, 
„3reves  aliquot  elegiae  illustri  viro  Sigismundo  baroni  in  Her- 
berstein dicatae**   (4*",   mit  einem  Wappenbild  Herberstein's 


^}  Bericht  der  landscliaftliclien  Verordneten  in  Graz  an  die  Regierung 

Tom  2.  J&nner  1579. 
*)  Landschaft!.  Ausgaben-Bücher.  Von  1562  bis  1600  und  von  1570 

an    erweislich    alle    Jahre    erschienen    zu   Graz   Kalender    sammt 

Practica. 


—     189     — 

ausgestattet),  mit  der  Bezeichnung  „Graecii  Stiriae  ex  relieta 
officina  Alexandri  Leopold^^  erschien. 

Dass  FrancUi  hierauf  die  Druckerei  ganz  übernahm, 
ersieht  man  aus  dem  Druckwerke :  „Aequatorium  omnis  gencris 
borarum,  ostendens  ortum  et  occasum  solis  etc.,  deque  usu 
aequatorii.  Authore  Hier.  Lauterbachio ,  scholae  provincialis 
Styriae  praeceptore.  Excusum  Graecii  apud  Andr.  Franck 
anno  1563.«  (2  Blatt,  in  Folio)'). 

1566  verehelichte  sich  Franckh  mitMargaretha,  der  Witwe 
Alexanders,  aber  die  Buchdruckerei  fand  einen  so  wenig  ge- 
deflilichen  Fortgang,  dass  sich  die  steirische  Landschaft  be- 
stimmen Hess,  um  dem  gänzlichen  Untergang  des  Geschäftes 
zu  begegnen,  „den  Franckh  sammt  seinen  Leuten  durch 
Unterhalt  und  Yerlag^^  zu  unterstützen.  Auch  dies  scheint 
wenig  geholfen  zu  haben,  denn  wir  finden,  dass  1575  Franckh 
sammt  seiner  Frau  von  Graz  Abzug  nahm,  nachdem  sie  das 
^Dnickzeug  mit  verbesserten  Buchstaben^*  um  160  fl.  an  die 
Landschaft  verkauft  hatten  % 

Möglicher  Weise  hatte  zu  dem  ungünstigen  Geschäfts* 
$;ange  die  Concurrenz  beigetragen,  welche  der  Bürger  und 
Formschneider  Zacharias  Bartsch  verursacht  hatte.  Dieser 
betrieb  bereits  1564  eine  Buchdruckerei  zu  Graz,  denn  die 
Druckschrift  „Sigismundi  a  Sauraw  Oratio  de  Ferdinande" 
gieng  in  diesem  Jahre  aus  seiner  Officin  hervor*). 

Bartsch,  schon  früher  einmal  mit  dem  Buchdrucker  Tobias 
Lauterbach  in  Verbindung  gestanden,  vergesellschaftete 
sich  1565  neuerdings  mit  demselben,  entlieh  sich  vom  Ma- 
gister Hieronym.  L  a  u  t  e  r  b  a  c  h  200  fl.  zum  Geschäftsbetrieb, 
erwarb  sich  die  Kundschaft  der  steier.  Landschaft  und  ausser- 


^  Die  hier  angeführten  Buchtitel,  so  wie  auch  noch  mehrere  andere 
im  Verlaufe  dieser  Schrift  citirte  Titel  von  Druckwerken  verdanke 
ich  der  Mittheilung  des  hochw.  Herrn  Bibliothekars  im  Stifte  IVein 
P.  Anton  V^eis. 

^  Landschaftl.  Ausgabe-BOcher. 

^  Griflse,  das  16.  Jahrh. 


—     140     - 

dem  ein  Anleihen  von  100  fl.  '%  Da  Tobias  Lauterbach 
1566  starb,  so  erschien  das  bekannte  steierische  Wappen- 
buch, dessen  Hohs^chnitte  die  bemerkenswertheste  Arbeit  des 
Bartsch  sind,  unter  dessen  Firma  allein.  Der  grössere  Theil 
desselben  kam  bereits  1566  heraus,  denn  Bartsch  erhielt  hie- 
f&r  von  der  steierischen  Landschaft  am  13.  Mftrz  1566  30 
Thaler  Honorar  ^  ^). 

Aus  den  nächstfolgenden  Jahren  ist  nichts  von  nennens- 
werthen  Drucksachen  auf  unsere  Zeit  gekommen,  ausgenommen 
ein  Hochzeitsgedicht  von  Kaspar  C  h  e  1  i  u  s,  als  der  landschaft- 
liche Begistrator  Wenzel  Sponreb  die  Jungfrau  Apollonia 
Christallnik  ehelichte,  welches  Franckh  1 569  in  Druck  gelegt  hatte. 

M.  Lauterbach  gab  als  Landschafts-Mathematiker  1567 
1570  und  1571  Kalender  heraus,  da  dieselben  aber  nicht 
erhalten  sind,  lässt  sich  nicht  sagen,  ob  Franckh  oder  Bartsch 
dieselben  gedruckt  hat 

Was  von  religiösen  Tractaten  und  Schriften  zum  Drucke 
kam,  scheint  keine  grössere  Bedeutung  gehabt  zu  haben, 
bekannt  ist  nur,  dass  dieselben  den  Beifall  der  landschaftlichen 
Verordneten  nicht  geftmden  hatten,  ungeachtet  sie  von  Reli- 
gionsverwandten stammten,  denn  diese  fanden  sich  1571  ver- 
anlasst, die  „Predicanten  zur  Bescheidenheit''  zu  ermahnen 
und  ausdrücklich  zu  verbieten,  „neue  Sachen  und  Gebete  ohne 
Erlaubniss  der  Landschaft  in  den  Druck  zugeben''  ^-)«  Selbst 
als  der  übrigens  hochgehaltene  Pastor  der  steirischen  Land- 
schaft, Magister  Jörg  Khuen  1572  „etliche  Psalmen  und 
Leichenpredigten  ^  ohne  Wissen  derselben  hatte  drucken  lassen, 
wurde   ihm   dies  strenge  verwiesen  ").    Wir  sehen  also  hier 


'<*)  ProtokoU  der  Rathschläge  d.  Landsch.  am  18.  Jani  1565  and  am 
16.  Februar  1566.  Für  die  KQckzahlung  trat  der  Oberpräceptor  und 
Landschafts-Maihematiker  Hier.  Lauterbach  als  Bürge  ein,  welcher 
dem  Bartsch  ausserdem  200  fl.  lieh,  welche  derselbe  jedoch  (laut 
landschaftlichen  Actenstücken)  niemals  zurückbezahlte. 

**)  Landsch.  Ausg.-Bücher. 

'*)  Landtagsbeschluss,  Graz,  5.  M&rz  1571. 

^B)  Aus  einer  Zuschrift  der  landsch.  Verordneten  an  David  Thoner 
ddo.  28.  April  1587. 


—     141      — 

aach  bereits  in  Graz  die  ersten  Anfänge  einer  Bttchercensur 
auftreten  und  nach  wenigen  Jahren  war  gerade  diese  die 
Hauptlirsache,  dass  das  ganze  Druckerwesen  in  eine  kritische 
Lage  kam. 

Nebenbei  bemerkt,  war  es  auch  der  Pastor  Ebnen,  welcher 
den  Kegensburger  Buchhändler  Hans  Graumeister  1568  ^^) 
und  den  Waidhofner  Buchhändler  Erhard  W  i  d  m  e  r  (Widmaier) 
1570  Teranlasste,  durch  Verehrung  von  Büchern  die  Protection 
der  Landschaft  zu  erwerben  und  ebenso  war  es  Khuen,  der 
den  Gedanken  zur  Errichtung  einer  eigenen  rLiberei^  (Biblio- 
thek) angeregt  hatte,  zu  deren  Errichtung  er  bis  1573  einen 
Geldbetrag  von  500  fl.  von  der  Landschaft  erhielt  Es  muss 
aber  auch  berichtet  werden,  dass  ebenderselbe  bei  seinem  Ab- 
züge von  Graz  (1574)  sich  den  bedeutendsten  Theil  dieser 
Liberei  von  der  Landschaft  zum  Geschenke  erbat  und  mit 
sich  fortftlhrte  "). 

Bemerkenswerth  wegen  der  reichen  Belohnung  des  Ver- 
fassers (derselbe  erhielt  von  der  Landschaft  50  Thaler  „Er- 
götzlichkeit^)  ist:  „Ein  Newer  Historien  vnd  Schreibkalender, 
der  darin  aufif  alle  tag,  ausserhalb  der  gemainen  Fest,  was 
sich  etwan  vorzeiten  auch  itziger  zeit  zugetragen,  kttrtzlich 
ver&sset  ist.  Gestellt  auff  das  Jar  1572  durch  Hieron.  Lauter- 
bach ainer  loebl.  Landschafft  des  Fürstenthum  Steyr  Obristen 
Scbuelpraeceptor.  Gedruckt  durch  Zach.  Bartsch,  Formschneider 
in  Raynhoff."  Im  Anhange  befindet  sich  ;,  Practica  durch  M. 
Hieron.  Lauterbach "  etc.  "). 

Von  hervorragender  Wichtigkeit  in  topographischer  Be- 

*^)  Graumeister  war  es  auch,  der  den  Pastor  zum  Antritte  seiner  An- 
stellung in  Graz  von  Regensburg  „herabbeförderte"  und  hiefÜr  auf 
Beiscunkosten  1568  von  der  Landschaft  40  fE  Pfenn.  ausbezahlt 
erhielt.  (Extract  aller  ausgeunden  und  einkommenden  Schriften  und 
Handlungen  bei  der  Landschaft  in  Steyr,  Kanzlei.) 

•^)  Dankschreiben  des  Khuen  an  die  Landschaft.  —  Ausgabe-Bücher. 

<^  Diese  Angabe,  so  wie  alle,  wobei  über  Geldbeträge  berichtet  wird, 
nach  den  landsch.  Ausgaben-Büchern.  Der  erwähnte  Kalender  ist  noch 
vorhanden. 


—     142     — 

Ziehung  ist  die  von  Zacharias  Bartsch  1572  gedruckte  und 
mit  Holzschnitten  ausgestattete  „Warhafite  Beschreibung -"  des 
Hochzeitseinzuges  EarFs  H.,  welche  von  dem  oben  erwähnten 
Sponreb  verfasst  worden  war. 

ir>72  druckte  Bartsch  auch  einen  „Almanach  durch  Doc- 
torem  Jacobum  S  t  r  a  u  s  s  ainer  Ersamen  löblichen  Landschafit 
des  Fürstentumb  Steyer  Physicum  gestellt  auf  1573  mit  Sr. 
Dr.  Ertzher^og  Carl  Gnad  und  Privilegien*";  1574  das 
„Schatzkemmerlin  wider  gifft"  von  dem  Grazer  Arzt  Dr.  Jak. 
Schober,  und  »Miscellaneornm  ad  jus  perünentium  11.  quatuor^ 
des  i.  ö.  Regunentsratbes  Bernhard  Walther;  1577  die 
;. Zehendordnung "",  1578  die  »Landtrechtsordnung'',  die  ^Landt- 
gerichtsordnung*',  die  i,Policeyordnung",  sämmtlich  fUr  das 
„Ertzhertzogthumb''  Kärnten  i,neu  aufgerichtete''  Ordnungen. 

Andreas  Franckh  druckte  1574  die  von  dem  berühmten 
Organisator  des  evangelischen  Kirchen-  und  Schulwesens  in 
Steiermark,  Dr.  David  Chyträus  verfasste  „Schulordnung''. 
Die  Landschaft  bezahlte  für  den  Druck  von  750  Bogen  10  fl. 
4  ß  (11.  Bei  eben  diesem  Hess  der  neue  Rector  der  Stiftsschule, 
Hieronymus  Osius  sein  „Gymnasium  recens  instauratum  in 
metropoli  Styriae  Graecia^  (sie)  in  Druck  legen. 

Die  letzte  Arbeit  aus  Franckh's  Officin  war  ^Scriptum 
publice  propositum  in  funere  doctissimi  viri  M.  Jacobi  Tutmanni, 
qui  migrauit  ex  hac  vita  XI.  Cal.  Matij.  a.  1575.  Cum  paucis 
quibusdam  amicorum  epitaphiis.  Graetiae  in  Styria  excudebat 
Andreas  Franckh  "). 

Ungefähr  um  das  Jahr  1 576  kam  Bartsch  bei  der  Land- 
schaft bittlicl)  ein,  dieselbe  möchte  ihm  das  von  Franckh  bei 


'')  Nach  Angabe  des  Bibliothekars  P.  Ant.  Weis.  -  Jak.  Turmann, 
aus  Mecklenburg  gebürtig,  kam  1574  als  Präceptor  an  die  Stifts- 
schule. Jak.  StrauBS,  zu  Laibach  geboren,  wurde  1558  an  der  Wiener 
Universität  Magister  der  Philosophie,  1560  dort  Professor  der  Physik, 
1571—1590  war  er  landsch.  Physiker  in  Cilli,  1677  gab  er  su 
Laibach  eine  Descriptio  Gometae  heraus.  Er  verfasste  fast  jedes 
Jahr  Kalender,  nur  nicht  von  1583 — 1587  wegen  des  neuen  Kalender- 
Stiles.  Gedruckt  wurden  selbe  bald  zu  Graz,  bald  zu  Wien. 


—     143     — 

dessen  Abzuge  erkaufte  Druckzeug  überlassen  und  ihm,  da 
er  sonst  nicht  bestehen  könnte,  ein  » Bestallungsgeld  **  zuweisen. 
Das  Druckzeug  wolle  er  entweder  mit  Arbeit  abdienen,  oder 
wenn  möglich  mit  baarem  Gelde  bezahlen. 

Da  es  damals  gerade  mit  „Steuerbriefen  und  Generale'^ 
(allgemeinen  Anordnungen)  viel  zu  thun  gab,  so  wurde  er  ^als 
bestellter  und  provisionirter  landschaftlicher  Diener  in  Be- 
stallung (mit  20  fl.  jährlich)  und  Gelübde  genommen''  ''*). 

Nichtsdestoweniger  stand  ihm  jedoch  das  Recht  zu,  von 
anderen  Parteien  Drucksachen  zu  übernehmen  und  es  ist  be- 
merkenswerth,  dass  Bartsch  den  „  Almanach  des  Dr.  Jakob 
Strauss  auf  1577"  mit  „fürstlichem  Privilegium"  druckte  •*). 

Uebrigens  bewies  sich  das  Jahr  1577  wegen  der  » ein- 
gerissenen leidigen  Infection"  (Pest)  für  das  Druckereigeschäft 
wenig  günstig,  denn  die  Schulen  waren  längere  Zeit  geschlossen 
und  da  Bartsch  —  wie  er  selbst  sagte  —  „sich  nur  meisten- ' 
tlieils  wegen  der  Landschaftsschule  im  Lande  aufhielt^,  so 
war  das  Verdienst  gering  gewesen.  Er  erhielt  daher  von  der 
Landschaft  bei  Gelegenheit  der  Ueberreichung  einiger  Kalender 
für  die  Kanzlei  zu  Beginn  von  1578  eine  „Ergötzlichkeit^^ 
von  9  fl. 

Aber  so  ergötzlich  das  Jahr  anfieng,  ebenso  unerquicklich 
endete  es.  Bevor  wir  zu  der  tragischen  Episode  kommen,  müssen 
MF  etwas  weiter  ausholen. 

Auf  dem  historisch  berühmten  Landtage  zu  B  r  u  c  k  a.  d. 
Mar  zu  Beginn  des  Jahres  1578,  welcher  durch  die  sogenannte 
.Religions-Pacification'*  eine  nachhaltige  Bedeutung  erlangte, 
wurde  in  Nebenverhandlungen,  denen  jedoch  die  geheimen 
Käthe  des  Landesfürsten  nicht,  dafür  aber  delegirte  Pastoren 
und  Schulrectoren  von  Steiermark,  Kärnten   und  Krain  an- 

'*0  Beriebt  der  landscb.  Verordneten  v.  2.  Jänn.  1579. 

'^)  Den  Kalender  von  1577  honorirte  die  Landschaft  mit  15  fl.,  den 
Tom  vorausgegangenen  Jahre,  welcher  derselben  dedicirt  war,  mit 
35  fl.,  während  Lauterbacb  fOr  seinen  Almanach  auf  1576  25  fl. 
erhielt 


-     144     — 

wohnten,  organisirende  Bestimmungen  fttr  das  evangelische 
Kirchen-  und  Schulwesen  aller  drei  Länder  getroffen,  daninter 
auch  Verfügungen  in  Betreff  des  Buchhandels  und  der  Buch- 
druckerei (14.  Febr.  1578).  In  Bezug  auf  den  Buchhandel 
wurde  verordnet: 

,.Weil  die  Buchhändler  ohne  Scheu  allerlei  sektische 
Traktati  und  der  evangelischen  Confession  zuwidere  Bttcher 
einführen  und  verkaufen  und  weil  die  Religions-Pacification 
nur  zwischen  der  römisch-katholischen  und  der  Aügsburger 
Confession  geschehen  und  der  Landesfürst,  sowie  die  Landschaft 
andere  Secten  im  Lande  nicht  dulden  wollen,  so  soll  jedes 
Land  dies  bei  ihren  Buchhändlern  ernstlich  abstellen,  bei  Ver- 
lierung aller  Bttcher,  die  sie  haben.'^ 

Welche  unter  den  „anderen  Secten"  gemeint  wurden, 
war  schon  in  dem  Kapitel  „Kirchenordnung"  erklärt  worden, 
.  nämlich  ,,die  Anhänger  Serveti,  Arrianismi,  Antinomorer,  Wieder- 
täufer, Sacramentirer,  Osiandri,Stancari  corruptelen,  die  Schwenk - 
feldianer,  Zwinglianer,  Kalviner"  und  vornehmlich  die  „Fla- 
cianer"  die  besonders  in  den  österreichischen  Ländern  „ein- 
zuschleipfen"  suchten. 

Noch  mehr  interessiren  uns  hier  die  Bestimmungen  in 
Betreff  der  Drucksachen,  die  wörtlich  lauten: 

„Weil  beschlossen,  zu  Graz  eine  Buchdruckerei  zu  er- 
richten, so  soll  ohne  Wissen  und  Einsicht  des  Pastors  und 
der  Subinspectoren  für  das  Kirchen-  und  Schulwesen  nichts 
in  Druck  gefertigt  werden  und  wird  der  Drucker  hiezu  mit 
Eidespflicht  zu  verhalten  sein." 

Erst  nachträglich  (2.  Jänner  L579)  gaben  die  landschaft- 
lichen Verordneten  als  Zweck  dieser  Verfügung  an,  „damit 
alle  ungebührliche  Antastung  von  beiden .  Seiten  (Katholiken 
und  Protestanten)  verhütet  und  insbesondere  nichts  wider 
die  fürstliche  Person  und  Autorität  gedruckt  werde".  Die  zur 
Censur  bestellten  Personen  hatten  auch  den  Auftrag  erhalten, 
wenn  in  den  Schriften  „etwas  beschwerliches"  vorkäme,  es  den 
Verordneten  anzuzeigen. 

Man  wolle  aber  auch  beachten,  dass  darüber  gar  nichts 


—     145     — 

bemerkt  wurde,  dass  auch  der  Landesfürst  diesbezügliche  Rechte 
hab^  kffnnte. 

Die  Sache  fand  rasch  genug  Anstände,  deren  jedoch  nur 
ganz  kurze  Erwähnung  geschehen  kann,  nämlich  nur  insoweit 
sie  das  Druckwesen  berühren. 

Der  niederösterreichische  Regimentsrath  (modern  ausge- 
drückt Segierungsrath)  Dr.  Kaspar  Sitnikh'^^)  hatte  dem 
Badidrucker  Bartsch  ein  Gedicht  (in  Distichen,  der  Titel  ist 
sieht  bekannt)  zum  Drucke  gegeben,  das  den  landschaftlichen 
Censoren  durchaus  nicht  zu  Gesicht  stand,  weil  es  ihnen  „ein 
famos  Carmen'^  erschien,  das  ebenso  als  eine  Schmähung  Johannas 
de  Austria,  als  auch  als  ein  „PasquilP^  auf  die  evangelischen 
Doctoren,  d.  L  die  Kirchen-  und  Schul-Diener  in  Graz,  zu  ver- 
dammen war  *  *).  Die  Landschaft  verbot  nicht  nur  den  Druck 
und  confiscirte  die  Schrift,  sondern  machte  auch  bei  Karl  U. 
eine  Beschwerde  anhängig,  verlangte  sogar  die  Bestrafung  des 
Ver&ssers  nach  dem  I.  Theile  §  76  der  Landesgerichts- 
Ordnung. 


^  Casp.  Sitnickh  (Sithius),  1563  Magister  der  Philosophie  an  der  Wiener 
ünirersität,  J566  Professor  der  Ethik,  1567  Dec&n,  1569  Prior  des 
Ärchi-CoUegiums  zu  Wien  und  endlich  von  Carl  U.  zum  Begiments- 
rath  der  i.-ö.  Regierung  ernannt,  war  ein  sehr  gewandter  Gelegen - 
heitgdichter.  (Denis,  Buchdrucker-Geschichte.) 

')  Friedr.  Pichler  bringt  in  seinen  „Typographische  Erinnerungen" 
(Grazer  Tagespost  vom  16.  Mai  1870)  einen  hieher  gehörigen  Original- 
brief  des  Sitnickh  an  Zach.  Bartsch  vom  18.  Dec.  1578,  in  welchem 
er  das  Manuscript  seines  Carmen  zurückverlangt,  da  er  sich  von 
den  Sobinspectoren  (den  Censoren,  worunter  der  aus  einem  calvini- 
stischen  Orte  in  Peutschland  vertriebene  Pastor  Dr.  Hornberger  war) 
nicht  schulmeistern  lassen  wollte,  „dan  was  ist  mir  daran  gelegen, 
wan  hallt  alle  lutrische,  flaccianische  oder  calvinistische  Praedica- 
büia  (spöttisch  f&r  Prediger)  oder  vermeinte  vertriebene  doctores 
bie  wären,  ich  bin  ihrer  Sect  nit,  derwegen  sie  mir  mein  Carmen 
anch  mit  Rhne  lassen  und  Ire  schützen  und  wachhanten  (Bacchanten 
-  der  flbliche  Ausdruck  für  kleine  und  grössere  Studenten)  darfir 
examiniren  sollen'^  (Die  Erklärung  dieses  Schreibens  ist  jedoch  dem 
gedachten  Aufsatze  nicht  gelungen,  da  dem  Verfasser  der  Zusammen- 
bang anbekannt  war.) 

Minkdl.  de*  liUL  Vareliii  f.  BUtermark,  XZVII.  Haft,   1870.  10 


—     146     — 

Die  Regierungserledigimg  vom  10.  Jänner  1579  lehnte 
nicht  nur  die  Beschuldigung  ab,  dass  das  Gedicht  ein  PasquOI 
sei,  sondern  eröffnete  der  Landschaft  auch,  dass  die  Buch- 
druckerei ein  „Regale^'  sei. 

Bezüglich  derselben  gelte:  „Es  sei  dieselbe  nicht  den 
Unterthanen,  sondern  dem  Herrn  und  Landesfbrsten  als 
Begale  zuständig,  so  sei  es  bei  allen  Fürsten  und  Potentaten 
in  der  ganzen  Christenheit  und  die  Privilegia  impressoria  würden 
nur  von  diesen  gegeben. "^  Demnach  verfügte  Karl  II.  auch, 
„nichts  sollte  ohne  Erlaubniss  der  Regierung  gedruckt 
werden,  als  der  Landschaft  politische  Landesordnungen  und 
Generale  und  dies  auch  darum,  damit  das  mündliche  und 
schriftliche  Schmähen  eingestellt  und  kein  Anlass  gegeben  werde 
zu  derlei  Retorsionen  und  Schutzschriften/^ 

Man  denke  ja  nicht,  dass  die  Verordneten  diese  Er- 
klärungen und  Befehle  der  Regierung  stumm  entgegen  ge- 
nommen hätten,  im  Gegentheile  erfolgte  rasch  die  trockene 
Einrede:  Die  Druckerei  gehört  der  Landschaft,  daber  hat  sie 
auch  das  Recht  der  Censur,  wie  es  auch  in  der  „Brucker 
Pacification"  ausgemacht  worden  wäre.  Von  einem  Eingriff  in  das 
Regale  sei  keine  Rede.  Darüber  bestünde  bei  der  Landschaft 
die  Ansicht:  „Nicht  in  allen  Schriften  sei  unten  der  Name  des 
Landesfürsten  intitulirt,  sondern,  da  man  eines  gelehrten  Marines 
Bücher  in  etlichen  Jahren  bei  anderen  Officinen  nicht  nach- 
drucken darf,  darin  begehrt  man  gemeiniglich  der  kaiserl.  Maje- 
stät besondere  Privilegia,  was  aber  bei  dieser  Druckerei,  allda 
man  solche  Bücher  nicht  drucken  thut,  und  wo  die  Verlag 
und  auch  die  Buchstaben  nicht  vorhanden  sind,  nicht  vonnöthen 
wäre."  I 

„Selbst  die  Landschaft  schicke,  wenn  etwas  Namhaftes  züj 
drucken  kömmt,  dasselbe  nach  Augsburg;  oder  nach  eined 
anderen  Stadt  im  Reiche,  wie  es  auch  bei  dem  Drucke  del 
Landsrecht-Reformation  und  Polizei  geschehen  sei." 

Auf  die  Bezugnahme  der  Landschaft  auf  den  die  Druckeitl 
betreffenden  Artikel  der  Brucker  Pacificaüon  erwiederte  dil 
Regierung,  bei  Hofe  erinnere   sich  niemand  an  eine  solchl 


—     147     - 

Punktation,  es  solle  daher  angegeben  werden,  an  welchem  Tage, 
dnrch  welche  Personen,  in  Gegenwart  welcher  Räthe  ein  solcher 
Beschlass  gefasst  worden  sei. 

Das  konnte  die  Landschaft  freilich  nicht,  denn,  wie  be* 
reits  froher  erwähnt,  war  dieser  Beschlass  nur  in  der  Privat- 
rerbandlung  der  Landstände  erfolgt;  statt  dessen  berief  sich 
dieselbe  unter  Anführung  und  Exposition  des  bezüglichen  Artikels 
darauf,  dass  der  Erzherzog  dagegen  (am  Brucker  Landtage) 
keinen  Anstand  erhoben  hätte.  „Wenn  Ihre  fbrstl.  Durchlaucht 
damals  das  wenigste  gegen  das  eine  oder  das  andere  Bedenken 
gehabt  hätte^  so  hätte  es  billig  allda  geschehen  mögen,  nun 
lulte  man  dies  fdr  eine  verglichene  und  abgethanene  Sache/^ 

Diesem  entgegen  gab  ein  Hofdecret  vom  22.  April  1 580 
der  Landschaft  zur  Wissenschaft :  „Der  Erzherzog  und  die  ge- 
limien  Räthe  hätten  in  der  That  durchaus  keine  Eenntniss 
voQ  dem  angezogenen  Artikel  am  Brucker  Landtage  erhalten. 
Ues  wäre  ein  Irrthum  der  Verordneten  und  diese  möchten 
mehr  Achtung  auf  sich  geben  und  den  Erzherzog  mit  derlei 
verschonen.  Dieselben  könnten  auch  kein  einziges  Buch  auf- 
wehen, das  hievor  im  Namen  einer  ehrsamen  Landschaft  ge- 
druckt worden  sei,  oder  ein  solches,  das  beweise,  die  Druckerei 
l^ätte  derselben  gehört.  Es  habe  daher  bei  der  alten  Verord- 
nimg  bezüglich  des  Druckes  von  Büchern  und  Tractaten  zu 
verbleibend  •*). 

Wir  sind  in  der  Darstellung  dieses  Streites  und  Schriften- 
wechsels den  mitüerwefle  stattgehabten  Ereignissen  voraus- 
gekonunen  und  kehren  nun  zu  diesen  zurück. 

Bei  dem  Vorfalle,  wo  die  Drucklegung  des  von  Sitnikh 
verf&ssten  Gedichtes  verweigert  wurde,  kam  der  Buchdrucker 
Bartsch  glimpflich  durch,  derselbe  erhielt  nur  von  der 
%ierung  den  gemessenen  Auftrag,  sich  in  Zukunft  nichts 
Uoliches  zu  erlauben.  Allein  es  waren  seit  dem  wenige  Tage 
verlaofen,  als  er  sich  abermals  vor  das  Dilemma  gestellt  sah, 


^^  Landschafts-   and  Regierungs- Acten  vom  23.  und   81.  Dec.  1578, 
2.  Jinn.  und  4.  Febr.  1579,  22.  und  29.  März  1580. 

10* 


—     148     — 

ob  er  der  Regierung  oder  der  Landschaft  gehorchen   solle 
und  entschied  sich  jfür  das  letztere. 

Der  Rector  des  Jesuiten-CoUegiums  Emerich  Forsler, 
an  dessen  Schulen  soeben  die  7.  Classe,  d.  i.  die  Logik^  er- 
öffnet werden  sollte,  hatte  den  Lections-Index  sanunt  dein  Lehr- 
bücher-Verzeichnisse für  1579  dem  Bartsch  zur  Drucklegung 
überschickt  Dieser  weigerte  sich  derselben  ohne  Bewilligung 
der  landschaftlichen  Censur  und  übergab  die  Schrift  dem  Pastor 
der  Stiftskirche  Dr.  Jeremias  Hornberger,  welcher  unklug 
genug  war,  den  Druck  zu  untersagen.  Dieser  gab  nachmals, 
von  den  Verordneten  zur  Rede  gestellt,  die  Erklärung  ab :  „Er 
sei  zwar  nur  ungeme  zur  Fällung  eines  Ausspruches  geschritten, 
indem  er  zugestehe,  er  hätte  kein  Recht  gehabt  über  den  Inhalt 
der  Schrift  eine  Censur  zu  üben,  auch  lasse  sich  an  und  fbr 
sich  daran  nichts  ausstellen ;  allein  da  die  katholische  Religion 
seinen  eigenen  Glaubenssatzungen  zuwider  wäre,  so  sei  ihm 
doch  alles  verdächtig  gewesen  und  er  hätte  den  Druck  nicht 
gut  heissen  können.^^ 

Ueber  die  Beschwerde  der  Jesuiten  bei  dem  Erzherzoge 
erfolgte  als  erste  Verfügung,  dass  der  Buchdrucker  Bartsch 
am  31.  December  1578  durch  die  Stadtquardia  aufgehoben 
und  in  das  Gefängniss  abgeführt  wurde. 

Auf  den  Protest  der  Landschaft  gegen  diese  Arretirung, 
da  Bartsch  als  landschaftlicher  Diener  unter  ihrer  Jurisdiction 
stünde,  und  auf  die  Frage,  aus  welchem  Grunde  er  gestraft 
würde,  erwiederte  die  Regierung :  „Derselbe  habe  eigenmächtig 
eine  Druckerei  in  der  Stadt  errichtet,  habe  trotz  des  Verbotes 
ohne  Vorwissen  und  Bewilligung  der  Regierung  ausser  politi- 
schen Sachen  allerlei  ohnediess  strafmässige  Tractätel  zu  drucken 
unternommen  und  die  erst  kürzlich  erhaltene  Verwarnung  nüss- 
achtet  Derselbe  möge  in  landschaftlicher  Bestallung  sein,  er 
sei  aber  auch  und  zwar  dies  zuerst  landesfürstlicher  Unter- 
than.  Es  wäre  doch  eigenthümlich,  wenn  die  Regierung  wegen 
des  Strafrechtes  erst  bei  der  Landschaft  anfragen  müsste,  so 
oft  es  landschaftliche  Personen  beträfe.^^ 

Der  Buchdrucker  wurde  nicht  lange  im  Arreste  behalten, 


—     149     — 

zumal  die  Landschaft  am  4.  Februar  1579  nach  Hof  berichtet 
hatte,  dass  demselben  die  Druckerei  abgefordert  und  in  Zukunft 
in  ihrem  eigenen  Namen  durch  eigene  Leute  verrichtet  werden 
würde ''). 

Bartsch  scheint  auch  bald  darauf  gestorben  zu  sein, 
oder  doch  den  heissen  Boden  der  Stadt  Gmz  verlassen  zu 
haben.  Die  zurückgebliebene  Druckerei  wurde  ausser  den  Ma- 
tritzen  auf  400  fl.  geschätzt  und  von  der  Landschaft  gekauft  ^^). 

Zum  Buchdrucker  wurde  Hans  Schmidt  (Joannes  Faber), 
früher  Geselle  bei  Bartsch,  mit  guter  Empfehlung  „seiner  Kunst 
and  Wohl  Verhaltens  wegen"  (im  April  1579)  mit  dem  auf- 
genommen,  dass  er  — -  wie  es  in  dessen  Bestallungsbriefe  heisst 
—  «zu  jeder  Zeit  alle  einer  ehrsam.  Landschaft  weltlichen 
und  geistlichen  Kirchen-  und  Schulsachen,  so  viel  ihm  derselben 
allein  von  uns  oder  in  unserem  Namen  von  einer  ehrs.  Land- 
schaft Secretarius,  oder  auf  unserem  Befehl  von  den  Herren 
Subinspectoressen  bei  einer  ehrs.  Landschaft  Stiftskirche  und 
Schule  allhier  und  sonst  von  keinem  anderen  vertraut 
and  eingehändigt  werden,  treulich  und  fleissig  drucke  und 
befördere,    und  vor  der  Zeit   er  sie  uns,  oder  die  es  von 

')  Landschaftl.   Acten  und  Socber,  Historia  prov.  Austr.  L,   p.  218. 

^*)  Ob  Bartsch  bereits  Anfangs  des  achtziger  Jahres  starb,  ist  mir  nicht 
bekannt,  doch  ist  es  wahrscheinlich,  da  bereits  im  Mai  1580  jene 
Verlassabhandlung  stattfand,  bei  welcher  Dr.  Adam  Yenediger  die 
Abschätzung  des  Druckerzeuges  im  Auftrage  der  Landschaft  vor- 
nahm,  weil  der  meiste  Thcil  der  Landschaft  gehörte  und  dies  durch 
Terbriefte  Anforderungen  erwiesen  war.  (Landsch.  Registratur- Buch 
T.  1580.)  „Die  von  Graz'',  d.  i.  der  Stadtmagistrat,  fanden  dann  später, 
dass  die  Druckerei  in  einem  zu  geringen  Werthe  angeschlagen  worden 
war.  Jedenfalls  blieb  ein  grösserer  Theil  der  von  Bartsch  hinterlassen en 
Schulden  ungedeckt,  wiewohl  die  Landschaft  auf  die  Rückzahlung  der 
1566  geliehenen  200  fl.  verzichtete,  und  wahrscheinlich  auch  eine 
andere  Schuld  per  1 75  fl.  und  den  Kaufschilling  für  das  „Puechdrukher- 
Zeug".  welches  Bartsch  von  derselben  überkommen  hatte,  verlor.  Der 
Buchführer  Widmer.  seh  eint  ebenfalls  ein  leer  ausgegangener  Gläubiger 
gewesen  zu  sein,  weil  er  sein  Pfandobject,  einen  Theil  des  Drucker- 
zeuges, erst  1068  der  Landschaft  verkaufte.  (Siehe  Pichler,  Typogr. 
Eriimemngen.) 


—     160     — 

unsertwegen  abzufordern  Befehl  haben,  überantwortet,  in 
Geheim  halten  und  von  denselben  niemanden,  wer  er  immer 
sei,  hohes  oder  niederes  Standes,  geistlich  oder  weltlich,  ausser 
unser  Yorwissen  nichts  hinausgeben,  sehen  oder  lesen  lassen, 
auch  bei  seinem  Gesinde  solches  zu  halten,  mit  Ernst  ver- 
ordnen solle.  ** 

„Im  Falle  ihm  auch  diesfalls  von  einem  anderen  was 
beschwerliches  zugefÜgt^  werden  wollte,  soll  er  uns  dessen 
alsbald  erinnern,  damit  wir  ihn  im  Namen  einer  ehrs.  Land- 
schaft gegen  deqjenigen  in  Schutz  halten  mögen.  Solchem  also 
bei  seiner  Ehre,  Treuen  und  Glauben  festiglich  nachzukommen, 
hat  er  uns  an  Eides  statt  mit  Mund  und  Hand  angelobt 
und  sich  mit  einem  besonderen  Bevers  gegen  uns  ver- 
schrieben.' 

Als  Besoldung  wurden  dem  Buchdrucker  jährlich  52  fl. 
ausgesetzt,  sollte  aber  „der  Landschaft  durch  seine  oder  seines 
Gesinde  Nachlässigkeit  ein  Schaden  verursacht  werden,  soll 
derselbe  an  seinem  Leibe,  Hab  und  Gut  ersucht  werden,  davor 
er  sich  aber  zu  baten  wird  wissen^^  -'). 

Wenn  man  den  Wortlaut  dieser  Bestallung  genau  erwägt, 
wird  man  leicht  erkennen,  dass  die  Spitze  aller  Verfbgungen 
gegen  einen  Eingriff  von  Seite  des  Landesfürsten  gerichtet  ist, 
und  dass  es  diesem,  der  Regierung,  insbesondere  auch  den 
Jesuiten  geradezu  unmöglich  gemacht  werden  sollte,  bei  Schmidt 
etwas  drucken  zu  lassen,  wenn  es  nicht  von  den  Verordneten 
erlaubt  würde. 

Das  gab  auch  die  nächste  Veranlassung,  dass  die  Regie- 
rung wenige  Jahre  darnach  zur  Errichtung  einer  katholischen 
Buchdruckerei  Anstalt  traf,  wovon  später  berichtet  werden 
wird. 

Mit  Bezug  auf  die  oben  gemachte  Angabe,  dass  der  jähr- 
liche Gehalt  des  Buchdruckers  mit  52  fl.,  also  per  Woche  I  fl. 
berechnet  wurde,  ist  zu  bemerken,  dass  sich  Schmidt  damit 
nicht  „begnügt^'  fand,  indem  er  noch  1 599  der  Landschaft  zu 


<')  Nach  dem  Bestallungsdecrete  der  Landschaft. 


—     151     — 

verstden  gab,  dass  sonst  ein  Druckergeselle  nebst  Kost  und 
Trunk  wöchentlich  1  Krone  zum  Lohne  hätte  - "). 

Bisher  war  das  Druckereilokale  in  dem  rückwärtigen 
Trakte  des  Landhauses  gewesen,  hatte  aber  jedesmal,  so  oft 
im  Landhause  eine  Hochzeit  abgehalten  wurde,  geräumt  werden 
müssen,  was  dem  Zeuge  schädlich  wurde.  Ks  wurde  daher 
1580  die  gesanunte  Druckerei  in  die  Stiftsschule  übertragen 
und  dort  in  dem  „neuerbauten  Stocke'^  untergebracht.  Hier 
blieb  dieselbe  bis  1 593,  wo  eine  grössere  Zahl  von  Stipendiaten 
im  Hause  unterzubringen  war,  und  daher  in  den  „Rauberhof ' 
in  der  hinteren  Schmiedgasse  Uberwandern  musste,  wo  sie 
bis  zur  Auflassung  derselben  blieb  ^'). 

Dass  die  Regierung  in  dem  kurz  vorher  erwähnten  Streite 
wenigstens  theilweise  einigen  Sieg  errang,  geht  daraus  hervor, 
dass  die  Verordneten  es  nicht  mehr  wagten,  das  Recht  auf 
eine  eigene  Druckerei  zu  betonen  und  daher  am  9.  November 
1580  befahlen,  auf  dem  neuen  Kalender  fUr  1581  die  Bezeich- 
nang  ^n  einer  ehrs.  Landschaft  Druckerei^^  gänzlich  zu  tilgen 
und  allein  zu  setzen  „gedruckt  durch  Hansen  Schmidt^S  An 
dam  Censursystem  jedoch,  den  Druck  der  Landschaft  miss- 
filliger  Schriften  nicht  zu  gestatten,  wurde  strenge  festgehalten, 
^ozu  in  kurzer  Anführung  zwei  Belege  folgen  sollen. 

Als  Dr.  Jakob  Strauss  1579  einen  Schreibkalender 
drucken  Hess,  welchen  er  dem  Prälaten  Poljdorus  de 
Montegnana,  erzherzogl  Rathe  und  Administrator  des 
Süftes  Admont,  gewidmet  hatte,  Hessen  die  Verordneten  die 
Vorrede,  welche  die  Widmung  enthielt,  wegreissen  und  nicht 
dnicken. 

Als  der  Baccalaureus  der  Philosophie  Johann  Marco- 
vitsch  1580  ein  Lobgedicht  in  lateinischer  Sprache  auf  den 
genannten  Polydorus  gedruckt  haben  wollte,  verweigerten  die 

-^  Aas  dem  von  J;  Schmidt  bei  seiner  Entlassung  aus  dem  landsch. 

Dienste  eingereichten  Gesuche  um  eine  Remuneration. 
*')  Landsch.  Registratur-Bücher.  —  Der  neuerbaute  (1579)  Stock  bildete 

den  Kordtrakt  des  Gebäudes  (jetzt  „ Paradeis''),  der  rückwärts  an 

die  Mauer  des  Admonterhofes  anstösst. 


—     152     — 

Censoren  den  Druck  unter  Angabe :  Es  enthalte  wenig  Kunst 
und  viel  Schmeichelei.  Wenn  man  das  Gedicht  drucken  Hesse, 
käme  es  heraus,  als  läge  ihnen  etwas  an  dieser  Schmeichelei 
für  Polydorus.  Uebrigens  müsse  man  es  doch  entgelten  lassen, 
dass  die  Regierung  im  vorigen  Monate  (November)  die  Druck- 
legung eines  evangelischen  Tractates  eingestellt  habe*'^. 

Inzwischen  hatte  auch  Dr.  Homberger  Gelegenheit 
gehabt,  über  die  Unannehmlichkeiten  einer  Censursbehörde 
Erfahrungen  zu  machen.  Wir  ersehen  dies  aus  dessen  Beschwerde- 
schrift an  die  Verordneten  vom  25.  März  1580-*). 

Der  Buchdrucker  wollte  nämlich  seine  »Positiones  über 
das  Symbolum  apostolicum**  nicht  drucken,  ungeachtet  die 
Kirchen-  und  Schulinspectoren  und  andere  gelehrte  Leute 
dieselben  gut  geheissen  hatten. 

Das  Druckverbot  war  von  den  Verordneten  ausgegangen, 
weil  dieselben  die  darin  vorkommenden  heftigen  AusAUe  gegen 
die  katholische  Kirche  mit  Rücksicht  auf  die  damaligen  Zeit- 
verhältnisse für  unklug  und  die  Stellung  des  evangelischen 
Kirchenwesens  gefährdend  hielten. 

Bei  dieser  Gelegenheit  brachte  Dr.  Homberger  femer  zur 
Sprache,  dass  der  Buchdrucker  sich  weigere,  den  Titel  und 
die  Präfation  zu  einem  anderen  Werke  in  Druck  zu  legen, 
das  er  1579  zu  Weihnachten  habe  drucken  lassen,  welches 
„Historien  enthalte,  aus  denen  die  Studiosen  der  Theologie 
ersehen  sollten,  wie  die  Kirchengeschichte  zu  lernen  sei." 
Indem  er  nun  diese  Präfation  den  Verordneten  übermittelte, 
damit  sie  sich  überzeugen,  sie  sei  gut  und  ungefährlich,  be- 
merkt er  weiter:  „Es  wäre  billig,  was  theologisches  vorkomme, 


•*)  Beriebt  der  Subinspectoren  v.  29.  Dec.  1580.  —  Die  absonderlich 
gereizte  Stimmung  gegen  Polydorus  schrieb  sich  von  dem  Umstände 
her,  dass  derselbe  1579  gegen  den  Aufbau  des  8.  Gadens  am  neuen 
Stocke  der  Stiftsschnle  und  gegen  das  Ausbrechen  von  Fenstern  in 
den  Hofraum  des  Admonterhofes  Protest  eingelegt  hatte,  in  Folce 
dessen  zwar  der  Aufbau  gestattet,  aber  die  Eröffnung  von  Fenstern 
verboten  wurde.  (Act  im  Archive  des  Stiftes  Admont.) 

•^  Das  Original  ist  im  Landesarchive. 


—     153     — 

ihm  sainmt  dem  Ministerium  zur  Beurtheilung  zu  überlassen. 
Es  wäre  nicht  gut^  wenn  weltliche  Personen  (Dr.  Venediger 
und  andere  Inspectoren  sind  gemeint)  die  Prediger  verhindern, 
an  welchen  sie  doch  nichts  auszustellen  hätten.  Wenn  er 
wüsste,  dass  es  ohne  Nutzen  und  Frucht  und  mit  Gefahr  von 
ihm  geschrieben  wäre,  so  würde  er  es  nicht  veröflFentlichen, 
aber  er  wisse  es  besser."  Die  Verordneten  erwiederten,  „sie 
wollen  schon  glauben,  dass  alles  gut  sei,  allein  er  möchte 
doch  auf  die  ordnungsgemässe  Entscheidung  der  Censur  warten, 
welche  erkennen  werde,  ob  der  Inhalt  seines  Werkes  gefahr- 
bringend sei  oder  nicht". 

IÖ83  bekam  Schmidt  von  der  Landschaft  ein  Geschenk 
von  20  f].  als  Ei*satz  dafür,  dass  sie  die  „Landtagshandlung 
und  Landrechtsrefonn^'  nicht  bei  ihm,  sondern  im  Auslande 
hatte  drucken  lassen.  Damals  begann  auch  schon  die  Gepflogen- 
heit, dass  ihm  für  die  den  Verordneten  zu  Neujahr  „offerirten" 
Kalender  15  fl.  jährlich  als  „Deputat"  angewiesen  wurden. 

In  diesem  Jahre  legte  Schmidt  auch  eine  Beschwerde- 
schiift  ein,  weil  er  sich  durch  den  Geschäftsleiter  (Hans  Linde- 
mann) [Dintemann]  des  Buchhändlers  Erhard  Widmer  da- 
durch im  Gewerbe  beeinträchtigt  hielt,  dass  dieser  den  Druck 
von  Buchtiteln  nicht  durch  ihn  hatte  machen  lassen,  sondern 
selbst  vorgenommen  hatte.  (Das  Nähere  ist  nicht  bekannt) 

Eben  zu  dieser  Zeit  hatte  einer  der  vielen  „fahrenden" 
Pädagogen,  der  sich  in  Graz  um  eine  Stelle  an  der  Stiftsschule 
bewarb,  ein  Magister  Job.  Desiderius  Tenkh  aus  Laibach, 
ein  lateinisches  Gedicht  (mit  dem  Thema  „Omnis  homo  quasi 
flos  campi")  bei  Schmidt  drucken  lassen  und  der  Landschaft 
dedicirt,  wofür  er  8  fl.  „Ehrung"  erhielt  Dadurch  kam  aber  der 
Bachdrucker  mit  der  Regierung  in  Conflict,  weil  er  sich  mit 
der  landes fürstlichen  Druckbewilligung  nicht  ausweisen 
konnte  ^^. 

Bald  darauf  gab  es  einen  weiteren  Anlass,  dem  Drucker 
zu  Leibe  zu  gehen.  K  a  r  1  IL  fahrte  1 583  trotz  heftigen  Wider- 

*)  Mach  dem  Berichte  der  Sabinspectoren. 


—      164     — 

Standes  der  Landschaft  und  zum  gewaltigen  Aerger  des  evan- 
gelischen  Ministeriums  die  Kalenderverbesserang,  d.  i.  den 
Gregorianischen  Kalender,  ein  und  erliess  den  Befehl  an  die 
Buchdrucker  und  Buchführer,  keinerlei  Kalender  mit  alter 
Zeitrechnung  in  den  Verschleiss  zu  bringen. 

Als  aber  der  Bürgermeister  von  Graz  Mich.  Strass- 
p  e  r  g  e  r  im  Regierungsauftrage  im  Landhause  eine  Visitation 
der  „failhabenden^^  Kalender  vornahm  (wogegen  freilich  die 
Landschaft  als  einer  Verletzung  ihrer  Freiheiten  protestirte), 
wurden  sowohl  bei  Schmidt  als  auch  bei  Widmer  derlei  ver- 
botene Kalender  gefunden,  confiscirt  und  Schmidt  als  der  Ver- 
leger derselben  ausserdem  arretirt  und  ihm  mit  Landesver- 
weisung gedroht 

Bei  dieser  Erfahrang  fand  es  auch  Erhard  Widmer, 
der  bisher  ungescheut  allerlei  evangelische  und  verbotene 
Bücher  eingeführt  hatte,  in  Erwägung  der  Thatsache,  dass 
diese  Jahre  her  den  Bürgern ,  welche  sich  zur  Augsburger 
Confession  bekannten,  die  längst  verbotene  freie  Religions- 
übung sehr  erschwert  und  durch  Strafgelder  geahndet  worden 
war,  fbr  räthlich,  sich  für  die  Zukunft  des  landschaftlichen 
Schutzes  zu  versichern. 

Die  Sache  ist  zu  charakteristisch,  um  nicht  genau  be- 
richtet zu  werden.  Auf  die  Supplik  der  Katharina  W  i  d  m  e  r  i  n, 
Buchführerin,  ihrem  Hauswirth  Erhard  Widmer  (er  hielt  sich 
gewöhnlich  zu  Waidhofen  auf,  wo  er  ebenfalls  den  Buchhandel 
betrieb)  eine  S  c  h  e  i  n  -  Bestallung  als  einer  ehrs.  Landschaft 
Diener  zu  fertigen,  erfolgte  am  24.  Mai  1584  der  Rathschlag 
der  Verordneten:  ^^Sie  solle  ein  specificirtes  Verzeichniss  über- 
geben, was  für  Bücher  ihr  Hauswirth  jetzt  zu  verkaufen  habe, 
alsdann  sind  sie  nicht  dagegen,  über  diejenigen  Werke,  welche 
evangelisch  und  der  wahren  unverfälschten  Augsburger  Con- 
fession zugethanenen  Gelehrten  ausgehende  theologische  Bücher^ 
so  weder  mit  den  papistischen,  calvinischen,  zwinglischen, 
fladanischen  oder  dergleichen  abscheulichen  Irrthümem  nicht 
vergiftet  sind,  dann  auch  diejenigen,  was  juristischen,  medi- 
cinischen  und  philosophischen  Materiis  anhängen,  begehrter 


—     155     — 

massen  emeo  Schein  mit  zurückgestellten!  Datum  auf- 
zariditen  und  zu  fertigen."  So  geschah  es  auch  in  der  That, 
nachdem  die  voi^elegte  Bttcherliste  zur  Zufriedenheit  ausge- 
fallen war  ■*). 

Sehr  interessant  ist  die  Censurstrenge,  mit  welcher  die 
steirische  Landschaft  am  14.  Juni  1584  gegen  den  herühmten 
Gelehrten  Nicodemus  Frischling,  damals  Rector  an  der 
evangelischen  Schule  zu  Laibach,  verfuhr,  als  er  derselben 
einige  Exemplare  seiner  neuen  Grammatik  der  lateinischen 
iSprache  übersandt  hatte.  Der  den  Gegenstand  erledigende 
Ratlischlag,  statt  wie  in  anderen  derartigen  Fällen  ein  Ehren- 
geschenk zu  bewilligen,  lautete:  „Die weil  sich  diese  drei  be- 
nachbarten Landschaften  Steier,  Kärnten  und  Krain  der  Augs- 
barger  Ck)nfes8ion  zugethan,  neben  anderm  im  Brucker  Uni- 
Tersal-Landtage  anno  78  gehalten,  wohlbedächtlich  beschlossen 
gleicher  Kirchen-  und  Schulordnung  zu  Verhütung  allerhand 
cinreissenden  beschwerlichen  Corruptelen,  auch  dahin  verglichen, 
dass  sonderlich  von  Ihren  bestellten  und  besoldeten  Kirchen- 
and  Schuldienem  ausser  vorhergehendem  Gutheissen  und 
Ratification  wolgemeldter  Landschaften  nichts  in  Druck  ver- 
fertigt werden  solle;  also  haben  die  Herren  Verordneten 
allhie  nicht  gern  gesehen,  dass  der  Supplicant  für  sich  selber 
ohne  Vorwissen  und  Bewilligung  einer  ehrsamen  Landschaft 
in  Crain,  als  seiner  Obrigkeit,  welches  denn  mehrerlei  sonder- 
bare Bedenken  ob  sich  tragen,  hierin  vermeldtes  Buch  hat 
^uisgehen  und  spargieren  lassen,  wie  denn  auch  solches  auf 
Ihrer  der  Herren  Verordneten  Erachtens  füglich  hätte  wohl 
können  vermieden  bleiben.'^  In  derselben  Sache  wurde  auch 
ein  „nachdrüddiches  Schreiben  an  die  Verordneten  in  Crain^^ 
erlassen  •*)• 


")  Nach  den  landBch.  Registratur-Protokollen. 

'^  Nach  dem  landsch.   Registratur- ProtokoUe  v.  J.  1584  und   einem 

Berichte  des  Obersecretärs  Matthäus  Amman  über  Dav.  Thoner  v. 

13.  Mai  1588.  —  üeber   Frischlin's  Grammatik  berichtet  Näheres 

Dimitz,  Gesch.  Krains,  3.  Th.,  8.  I7h  Mein  Bericht  bietet  ein  neues 

Moment  hieza. 


—     156     — 

Es  ist  nun  noch  eine  andere  Seite  der  censurirenden 
Thätigkeit  zu  beleuchten,  nämlich  die  Ueber wachung  der  Schriften 
in  Bezug  auf  die  „Reinheit  der  kirchlichen  Lehre". 

Das  evangelische  Ministerium  zu  Graz  pflegte  hierin  der 
strengsten  XJeberwachung,  allein  eines  seiner  eigenen  Mitglieder 
war  es  gerade,  das  demselben  hierin  Sorge  und  Aerger  machte. 

David  Th  0 ner,  ein  gemüthlicher  Schwabe  aus  Ulm,  schon 
1570  als  Diener  des  Wortes  Gottes  an  der  Stiftskirche  zu 
Graz  bestellt,  war  ebenso  als  Prediger,  wie  als  Tischgenosse, 
insbesondere  bei  den  Bürgern  beliebt,  und  scheute  sich  auch 
nicht  einen  guten  Trunk  zu  thun,  wenn  er  auch  über  den 
Durst  gieng.  Man  hätte  ihm  dies  gerne  nachgesehen,  wenn  er 
nur  nicht  gar  so  selbstständig  aufgetreten  wäre  und  sich  über 
manche  Anordnungen  hinausgesetzt  hätte. 

Dazu  gehörte  auch,  dass  er  seine  apologetischen  Arbeiten, 
es  waren  dies  die  Postillen,  „die  sonntäglichen  Episteln"  (1580), 
„die  sonntäglichen  Evangelien"  (1584)  und  „die  feiertäglichen 
Feste"  (1587)  ohne  Bewilligung  der  Censur  und  der  Verord- 
neten in  Frankftirt  a.  M.  drucken  liess.  . 

Zu  diesem  Zwecke  unternahm  er  jedesmal  eine  Reise 
in's  Ausland,  um  bei  Gelegenheit  einer  Cur  in  einem  Bade 
Würtemberg's  seine  Absicht  in's  Werk  zu  setzen*  Das  erste 
Mal  gelang  ihm  dies  ganz  vortrefflich,  er  erhielt  sogar  für  ein 
der  Landschaft  präsentirtes  Exemplar  1 00  Thaler  Ergötzlichkeit. 

Allein  das  zweite  Mal  wurde  dieser  Vorgang  sehr  übel 
aufgenommen,  das  von  Thoner  den  Verordneten  überreichte 
Exemplar  den  Kirchen-  und  Schulinspectoren,  respective  dem 
Dr.  Hornberger  zu  Bericht  übergeben,  der  es  über  5  Monate 
zurückbehielt  und  endlich  ein  sehr  ungünstiges  Urtheil  flülte. 

Das  dritte  Mal,  1587,  wurde  ihm,  bevor  er  noch  in  das 
Bad  abreiste,  die  Drucklegung  geradezu  verboten,  wenn  er  nicht 
das  Manuscript  früher  vorlegen  würde  und  bezüglich  zweier 
in  der  ersten  Postille  vorkommenden  Fehler  die  „  gebührliche 
revocatio  errorum  Calvinismum  redolentium"  nachgetragen  hätte. 

Aber  selbst  die  beigefügte  Drohung   mit  dem  Kirchen- 


—     157     - 

rathe  hinderte  Thoner  nicht,  seiq  Werk  drucken  zu  lassen  und 
der  Landschaft  von  Kärnten  zu  widmen. 

Das  war  nun  selbst  den  Verordneten  zu  stark.  Man  be- 
legte daher  1 588  die  hieher  gelangten  Eisten  mit  den  Büchern 
iQit  Beschlag  und  schrieb  den  Kärntnern,  sie  sollten  das  Buch 
nicht  öffnen  und  die  Dedication  zurttkweisen.  Der  Pastor  Dr. 
Wflhelm  Zimmermann,  Homberger's  Nachfolger,  erhielt  den 
Auftrag  das  Buch  zu  begutachten  und  Thoner  das  Verbot, 
dasselbe  früher  auszugeben,  bevor  diese  Begutachtung  des  Mi- 
nisteriums erfolgt  wäre. 

Als  dann  dasselbe  freigegeben  war,  fanden  die  Jesuiten 
in  demselben  allerlei  Anstössiges  und  P.  Sigmund  Ernhofer 
schrieb  einen  Tractat  dagegen.  Thoner  liess  es  an  einer  Gegen- 
sdirift  nicht  fehlen,  die  jedoch  vor  dem  Drucke  den  Verord- 
neten vorgelegt,  von  den  Censoren  untersucht  und  erst,  nach- 
dem zwei  vorgefundene  Fehler  verbessert  worden  waren,  1 589 
gedruckt  wurde. 

Den  Widerruf  wegen  der  Calvinistischen  Irrthümer  leistete 
Thoner  erst  1590,  als  er  auf  dem  Sterbebette  lag''). 

Das  Jahr  1585  ist  in  der  Buchdrucker-Geschichte  deshalb 
bemerkens  weilh,  weil  der  Buchdrucker  Georg  Widmanstetter 
&QS  München,  ein  Katholik,  seine  Officin  und  einen  Buchhandel 
in  Graz  eröffnete.  Wie  schon  obep  erwähnt,  war  es  durch  die 
scharf  begrenzte  Bestallung  des  Buchdruckere  der  Landschaft 
den  Katholiken  in  Graz  unmöglich  gemacht,  irgend  etwas  in 
Sachen  ihrer  Religion  drucken  zu  lassen  und  selbst  die  Re- 
gierung war  bei  Drucklegung  ihrer  „Generalia,  Mandata  und 
Patente**  von  dem  guten  Willen  und  Belieben  der  Landschaft 
abhängig  gemacht 

Indem  nun  dies  dem  „landesfUrstlichen  Regale  abträglich*' 


^^  Schriftliche  Aufträge  der  YerordDeten  an  die  Subinspectoren  v.  6.  Dec. 
1584.  21.  Juli  1585;  Supplik  Thoner's  an  die  Verordneten  vom 
26.  Jänn.  1585;  £rlaBS  der  Verordneten  an  Thoner  v.  28.  April 
und  13.  Mai  1588  UAd  Amman's  Bericht  über  Thoner  v.  18.  Mai 
und  4.  Juni  1588;  Registr. -Protokoll  v.  21.  April  und  18.  Juni  1587; 
V  26.  Juli  1589  und  Landtags-Verhandlung  v.  9.  Dec.  1589. 


—     158      - 

erschien  und  ausserdem  übel  vermerkt  wurde,  dass  „durch  der- 
gleichen widerwärtige  (so  viel  als  feindselige)  Buchdruckereien 
die  Errores  und  Irrthümer  am  meisten  unter  dem  gemeinen 
Mann  als  mit  Büchern  und  Tractäteln  spargirt  werden'^  so 
wurde  bei  Hof  beschlossen  (gleichzeitig  mit  der  Errichtung 
der  Universität)  eine  katholische  Buchdruckerei  zu  errichten 
und  hiedurch  auch  den  Gegnern  zu  verstehen  gegeben,  dass 
„der  LandesfUrst  sein  Regale  aufrecht  erhalten  wolle  und  die 
andere  Druckerei  niemals  approbiren  werde^'. 

Widmanstetter  wurde  1586  zum  Hofbuchdrucker 
mit  emem  Hil£sgelde  von  100  Kronen  jährlich  ernannt 

Allein  da  Widmanstetter  sein  Geschäft  bald  blühend  ge- 
macht hatte  und  keiner  besonderen  Unterstützung  mehr  zu 
bedürfen  schien,  wollte  ihm  die  Regierung  1591  das  Hil&geld 
nicht  mehr  auszahlen.  Da  aber  Widmanstetter  unter  diesen 
Umständen  nicht  mehr  Hofbuchdrucker  bleiben  wollte,  nahm 
sich  der  damalige  Rector  der  Universität  Emerich  Forsler 
der  Sache  lebhaft  an  und  machte  es  den  unbedachten  Spar- 
meistem  begreiflich,  dass  eine  Entziehung  der  bisherigen  Unter- 
stützung einer  Förderung  der  Landschafts-Druckerei  gleich- 
käme, was  doch  ganz  gegen  die  Intention  des  seligen  Erzherzogs 
Karl  wäre.  Liesse  man  die  jetzt  bestehende  Druckerei  fallen, 
so  würde  es  sich  bald  ergeben,  dass  man  zur  Errichtung  einer 
neuen  schreiten  müsse  und  würde  neue  und  grössere  Mühe 
haben  **). 

So  blieb  es  denn  noch  für  längere  Zeit  bei  dem  Hilfs- 
gelde  und  Widmanstetter  der  Stadt  erhalten.  Dessen  fiuch- 
druckerei  befand  sich  damals  und  bis  in  die  neueste  Zeit  in 
dem  Eckhause  der  Herrengasse  gegenüber  der  Hauptstadtpfarra 
Von  1600  an  bis   gegen  Ende   des    18.  Jahrhundertes  war 


•*)  InneröBterr.  Hof kammer- Acten  v.  1586  und  1591.  —  Die  Steierm. 
Zeitschrift  bringt  im  8.  Hefte  (1827)  S.  145  den  Regienmgsbefehl 
an  den  Buchdrucker  ddo.  7.  Juni  1588.  Die  dabei  in  der  Anmerkung 
gegebenen  Daten  Über  die  Orazer  Buchdrucker  sind  vollends  un- 
richtig. 


-     159    — 

dieselbe  (gewissermassen  ein  Fideicomiss),  die  einzige  in  Graz. 
1785  gieng  sie  in  den  Besitz  des  Andreas  Leykam  ttber. 
1586  war  die  auf  Kosten  der  Landschaften  Krain,  Kärnten 
and  Steiermark  im  Auslande  gedruckte  windische  Bibel  des 
Georg  Dalmatin  vollendet  und  zum  Theile  mit  Verlust  von 
einigen  zu  Linz  confiscirten  Kisten  auch  in  Steiermark  einge- 
ächwärzt  worden.  Eine  Partie  Exemplare  wurde  den  in  slove- 
nischen  Gegenden  wohnenden  Edelleuten  zum  heimlichen  Ver- 
schleisse  übergeben;  aber  wie  Georg  Seifried v.  Trüben egkh 
berichtete,  wurden  wegen  des  zu  hohen  Preises  wenig  an  Mann 
gebracht "). 


'^)  Laut  Schreiben  desselben  an  die  Verordneten  v.  17.  April  1587,  ~ 

Sovie  die  Landscbaft  sich  seinerzeit  auf  Primus  Trüberes  Bitte  und 

• 

auf  des  Wiener  Bürgers  Ambros  Frölich  Bericht  und  „Beförderung 
des  Crabatiscben  Druckes  dadurch  die  Bücher  der  h.  Schritt  in 
solcher  Sprache  gedruckt  werden **,  lebhaft  interessirte  und  n.  A. 
z.  B.  am  20.  August  1561  hiezu  100  Thaler  spendete  (Ausg.-fiuch 
V  J.  1561),  so  förderte  dieselbe  noch  mehr  die  Uebersetzung  und  den 
Dnick  der  sloTenischen  Bibel  Dalmatin's.  Der  Pastor  Dr.  Hornberger 
war  eingebend  mit  der  Prüfung  des  Textes  beschäftigt  gewesen,  und 
ein  Beitrag  Yon  1000  fl.  zur  Deckung  der  Druckauslagen  war  aus 
der  Landschafts-Kasse  verabfolgt  worden.  (Registr.-Prot.  a.  m.  0.) 
Im  Landesarchiye  findet  sich  auch  die  erste  Berechnung  der  Druck - 
Unkosten  1578,  von  dem  Buchdrucker  Hans  Manneil  (Manlius)  zu 
Laibach  aufgestellt,  welche  jedoch  vergeblich  gemacht  wurde,  weil 
Manuel  den  Druck  nicht  übernehmen  konnte.  Manuel,  wegen  der 
Religion  aas  Krain  vertrieben,  erhielt  bei  dem  Freiherm  Balth.  v. 
Batthiany  zu  Güssing  in  Ungarn  Unterstand  und  druckte  dort  die 
»Postillen  Joannis  Spangenbergi  nebst  anderen  Tractaten  und  nütz- 
lichen Büchlein  in  windischer  Sprache  auf  seine  Unkosten**,  die  er 
den  Landschaften  von  Steiermark,  Kärnten  und  Krain  dedicirte, 
ferner  verlegte  er  1588  eine  ,  feine  für  den  gemeinen  Mann  nützliche 
Tafel,  welche  intitulirt  ist :  Antithesis  quorundam  praecipuorum  vere 
orthodoxae,  que  (sie)  Augustanae  Gonfessionis  et  papisticae  doctrinae 
quasi  ex  diametro  inter  se  pugnantium  et  discidentium  Articulomm 
^.  jetzunder  neu  unter  der  Landschaft  Titel  und  Namen  gedruckt^. 
Hiefür  erhielt  er  am  5.  März  1583  ein  Geschenk  von  12  fl.  (Sub- 
inspect.  Bericht).  —  1584  überschickte  Adam  Bohoritch  (1566  bis 
1582  Rector  der  evangelischen  Schule  zu  Laibach)  der  steier.  Land- 
schaft 10  Exemplare  einer  „;windischen  Grammatik''.  (Registr.-Prot.-) 


—     160     — 

Im  Jahre  1 587  erschienen  zu  Graz  bei  Widmanstetter  drei 
von  Jesuiten  verfasste  politische  Tractate  gegen  den  Katechis- 
mus von  Luther,  von  denen  uns  der  zulezt  edirte  unter  dem 
Titel  „Evangelischer  Wetterhan"  erhalten  ist  Dieselben  er- 
regten bei  dem  evangelischen  Kirchenministerium  zu  Graz  einen 
grossen  Aerger  und  der  Pastor  Dr.  Wilh.  Zimmermann 
wendete  sich  an  seinen  Schwager  den  Dr.  Jacob  Heerbrand^ 
Superintendenten  zu  Tubingen,  damii  er  die  Jesuiten  ^  ab- 
fertige". Derselbe  schrieb  auch  einen  Gegentractat  unter  dem 
Titel  „Rettung"  und  „zerzauste  den  Wetterhahn  mit  Lust^'. 
Als  Autwort  erschien  (Graz  1587  bei  Widmanstetter)  von  dem 
Jesuiten  Sigm.  Ernhofer  „Schutzschrift  wider  Heerbrand 
und  Zimmermann  wegen  der  Rettung'^  etc. 

.  Mit  Bezug  auf  diesen  Tractat  schrieb  Heerbrand  (5.  April 
1588)  an  die  landschaftl.  Verordneten  in  Graz:  Weil  es  ein 
gar  „schandlich,  teuffelisch  böses  BUchl'^  ist,  so  habe  er  diesen 
Jesuiten  „gezaust,  seine  Falschheit,  Lug  (mit  ehren  zu  melden) 
und  Betrug  entdeckt  und  meniglich,  was  er  für  ein  loser  leicht- 
fertiger, nichts  werther  auch  ungeschickter  grober  Esel  sei,  zu 
erkenen  geben  und  drucken  lassen'^ 

Die  Widerlegung,  welche  Dr.  Zimmermann  schrieb,  sei 
zwar  männlich  und  künstlich,  aber  für  Zimmermann  bedenklich 
zu  drucken,  „da  er  einen  solchen  Oberherm  habe,  der  obwohl 
er  von  Natur  gnädig  durch  Anhetzung  der  teufelhaftigen  Hetz-, 
HöU-  und  Bluthund  der  Jesuiten  dahin  möchte  getrieben 
werden,  dem  Zimmermann  das  Handwerk  niederzulegen  oder 
ihn  gar  zu  veijagen". 

Dies  Schreiben  gefiel  den  Verordneten  sehr,  sie  verlangten 
einige  Exemplare  von  diesem  Tractate  und  bedachten  Heer- 
brand mit  der  ansehnlichen  Remuneration  von  60  fl. 

Der  heftige  Streit  war  jedoch  hiermit  noch  nicht  beendet. 
Bei  Widmanstetter  erschien  1589  von  dem  gelehrten  Jesuiten 
Sigmund  Ernhofer,  den  man  „gezaust'^  hatte,  „Druck  und 
Abdruck,  welchen  Jacok  Heerbrand  durch  dreyerley  Schreiben 
. . .  erlanget  hat." 

Einen  neuen  Streit  erregte  die  bei  Widmanstetter  1588 


—     161      — 

gedruckte  Schrift  des  Pröpsten  zu  PöUau  Peter  Muchitsch 
,,Paedagogia  oder  Scbuelfürang  der  wttrtembergischen  Theo- 
logen." Dieselbe  war  nach  der  damaligen  gelehrten  Kampf- 
weise  ziemlich  derb  geschrieben.  Auf  diese  antwortete  1589 
Mag.  Wilh.  Holder,  Stiftsprediger  in  Stuttgart,  durch  ein 
Buch  mit  dem  Titel:  ,3ericht  von  dem  Uberkunstreichen  Buch 
des  wahnwitzigen  Propst  zu  Pellen  in  Steiermark  Dr.  P. 
Jfuchitsch,"  der  darin  mit  nicht  minderer  Derbheit  als 
Jiirnkrank,  Esel,  Stockfisch,  Sau"  bezeichnet  wird. 

Muhitsch  entgegnete  durch:  „Anderer  Theil  Paedagogiae 
• .,  worin  auch  sonderlich  der  Würt  Theologen  und  ingemain 
aller  lutherischen  Predicanten  abscheuliche  Gottlosigkeit,  Narr- 
heit, Betrug  und  Falschheit  entdeckt  werden"  (bei  Widman- 
stetter  1589)  imd  durch:  „Gründliche  und  warhafftige  Antwort 
auf  den  weitspatzierenden  Bericht  der  würtemb.  Theologen"  etc. 
lauch  bei  Widmannstetter  1590  gedruckt). 

Die  steirischen  Landstände  vermeinten  sich  in  diesen 
S(hriflen  von  Muchitsch  getroffen  und  fühlten  sich  so  empört 
und  erbittert,  dass  sie  ihm  erklärten,  sie  wollten  mit  ihm  nicht 
mehr  im  Landtage  zusammen  sein  und  ihm  das  Recht  der 
.Session"  entzogen.  Es  half  nichts,  dass  Muchitsch  darthat, 
^<üe  Schrift  gehe  die  Landschaft  nicht  an'',  auch  seine  Klage 
f>ei  Hof  (J  590)  brachte  die  Sache  nicht  zum  Ausgleich.  Erst 
nachdem  Muchitsch  1596*  einen  schriftlichen  Revers  ausgestellt 
hatte,  trat  die  Versöhnung  ein  '*). 

Im  Jahre  1 588  wurde  die  Verhandlung  in  Betreff  der  von 
^toch  hinterlassenen  Schulden  geschlossen  und  die  Landschaft 
kaufte  von  dem  Buchftihrer  Widmer  die  von  Bartsch  hinter- 
lassenen Matritzen,  die  wahrscheinlich  dort  als  ein  Pfandstück 
gelegen  waren,  für  den  Gebrauch  ihrer  eigenen  Druckerei. 

Es  scheint,  dass  der  alte  Buchführer  Wj  d  m  e  r  1 588  sein 
Greschäft  zurüklegen  wollte,  daher  sich  dessen  Commis  Matthäus 

^*)  Za  diesem  „Trac taten- Gefecht**  finden  sich  Daten  in  Aqu.  J.  Caesar, 
Staat-  and  Kirchengeschichte,  Gap.  YI.,  p.  396,  in  Dr.  Robitsch, 
Gesch.  des  Protestantismus,  S.  163  und  ActenstOcke  (Landtags- 
Verhandlnngen)  im  Landesarchive. 

Mütbai.  de«  hnU  Verein«  f.  Sulermark,  XXVII.  lieft,   1879.  ]  1 


—     162     — 

Federer  um  die  Uebernahme  dieses  Geschäftes  bewarb.. 
Allein  dazu  gehörte,  dass  er  zu  Graz  das  Bürgerrecht  erwarb. 
Hiezu  wollte  er  sich  angeblich  nicht  entschliessen,  weil  er  den 
damals  vorgeschriebenen  katholischen  Bürgereid  als  ein  guter 
Protestant  nicht  ablegen  mochte.  Er  suchte  daher  eine  Be- 
stallung als  Buchführer  durch  die  Landschaft  zu  erhalten,  indem 
er  als  ein  landschaftlich  Bediensteter  nicht  unter  der  Juris- 
diction der  Stadt  stehen  und  in  seinem  Handel  von  ihr  un- 
abhängig würde. 

Die  Landschaft  hatte  zu  einer  solchen  Bewilligung  und 
zu  einem  solchen  Eingriff  in  das  bürgeriiche  Gewerbe  durchaus 
kein  Recht,  aber  sie  gewährte  doch  und  zwar  unbehindert 
durch  den  Magistrat  das  Ausuchen  Federer's  —  und  gab 
ihm  eine  Schein-BestÄllung.  Uebrigens  führte  auch  Widmer 
den  Buchhandel  in  Graz  noch  bis  1599  fort"). 

1589  gab  es  zu  Ende  des  Jahres  einen  Handel  wegen 
des  Verkaufes  von  Kalendern.  Es  muss  bemerkt  werden,  dass 
eben  der  Verschleiss  der  Kalender  ein  gutes  Geschäft  gab 
und  dass  damals  sowohl  die  Buchdrucker  Widraanstetter  und 
Schmidt,  als  die  Buchhändler  damit  handelten.  Widraanstetter 
hatte  den  Kalender  des  Dr.  Jak.  S  t  r  a  u  s  s  aufgelegt,  der  für 
die  Katholiken  geschrieben  war,  Schmidt  hatte  den  Almanach 
des  Georg  Stadius  im  Verlage,  der  für  die  Evangelischen 
bestimmt  war. 

Federer  hatte  nun  auch  den  Kalender  des  Strauss  feil, 
und  scheint   damit  guten  Abgang  gehabt  zu  haben,   denn  er' 
wurde  bei  der  Landschaft  denuncirt  und  erhielt  am  2 1 .  October 
das  Verbot,   solche  Kalender  feil  zu  haben,  „bei  Verlierung 
seiner  Scheinbestallung",  und  am  18.  November,  weil  er  sich 
nicht  gleich  gefügt  hatte,  den  Befehl;  seinen  Buchladen  im  Land- 


'^)  Das  Concept  dieser  Scheinbestallung  befindet  sich  im  LandesarcbiTO. 
—  In  der  Tanfinatrikel  der  Stiftskirche  zu  Graz  ist  im  J.  1589  als 
Pathin  verzeichnet  „Katharina  Erhard,  gewesene  Buchführers  Fraii| 
nun  dem  Buchhandel  abgestanden  und  Handelsmann  zu  Steyor". 
Unzweifelhaft  ist  Kath.  Widmer,  die  Gattin  des  Erhard  Widmer 
gemeint. 


—     Iß3     — 

< 

haus  binnen  8  Tagen  zu  räumen.  Nun  kroch  derselbe  zum 
Kreuze,  bat  aber  um  die  Erlaubniss,  wenigstens  andere  Kalender 
verschleissen  zu  dürfen,  denn  es  kamen  auch  von  Wien,  Augs- 
burg u.  a.  0.  derlei  nach  GrOz.  Das  wurde  ihm  am  2.  De- 
cember  bewilligt;  dagegen  beschwerte  sich  aber  drei  Tage 
darauf  Schmidt  über  diese  Bewilligung,  weil  dieselbe  sein 
Geschäft  beeinträchtigte  *"). 

Zu  diesem  Jahre  1 590  muss  berichtet  werden,  dass  sich 
auch  ein  Christof  Le ebner  als  Bürger  und  Buchdrucker  in 
Graz  befand,  der  im  Steuerbuche  der  Stadt  mit  7  fi.  4  ß  6  dl. 
beansagt  war,  aber  von  einem  Buchdruck  finden  sich  keine 
Anzeigen,  wohl  aber  vom  Handel  mit  Schweinfleisch,  Schmalz 
und  „Eäsmachet".  Es  scheint,  dass  ihm  dass  Geschäft  mit  leib- 
licher Nahrung  gewinnbringender  dünkte,  als  das  mit  geistiger. 

Federer  wies  in  diesem  Jahre  eine  Einfuhr  von  Druck- 
sachen, die  er  von  Linz  und  Augsburg  bezogen  hatte,  im 
Werthe  von  438  fl.  aus  und  zahlte  davon  21  fl.  Steuer''*). 

Interessant  ist  auch  die  Berechnung  der  Druckkosten  und 
des  Buch -Verlages,  die  uns  in  Betreff  eines  durch  Dr.  Hom- 
berger  edirten  Buches  erhalten  sind. 

Dr.  H  0  m  b  e  r  g  e  r,  unermüdlich  in  Verfassung  von  polemi- 
schen und  apologetischen  Schriften,  hatte  zu  Regensburg,  wo 
er  sich  seit  seiner  Verweisung  aus  Graz  für  gewöhnlich  auf- 
hielt, abermals  einen  „deutschen  Tractat  de  justificatione'' 
gesehrieben  und  sich  nach  seiner  Gepflogenheit  wegen  der 
Dnickunkosten  an  die  steirische  Landschaft  gewendet  Die 
landschaftlichen  Kirchen-  und  Schulinspectoren  berichteten  hier- 
über am  1 6.  October  1 590  an  die  Verdordneten :  Homberger 
beabsichtige  1000  Exemplare  zu  300  Druckbogen  zu  Jena 
bei  dem  Buchdrucker  Tobias  Steinmann  drucken  zu  lassen 
und  habe  mit  diesem  dahin  gehandelt,  dass  er  ihm  alsogleich 


^  Registr.-Prot.  der  Landschaft.  —  1590  druckte  Schmidt  (Faber),  des 
M.  Stadias  „Ephemeris  latina,  italica,  gallica  pro  anno  domini  1590*^. 

'*)  Stenerbescbreibung  der  Stadt  Graz  1590  Über  neu  aufgenommene 
Borger  auf  Grund  der  ^ Ansage**  (des  Einbekenntnisses)  von  den 
Ton  ihnen  eingeftkbrten  Handelsartikeln.  (Im  Archive  der  Stadt  Graz.) 

II* 


—     164     — 

200  fl.  zum  Verlage  und  nach  Vollendung  des  Druckes  aber- 
mals 200  fl.  bezahle.  Dagegen  sollten  dem  Hornberger  500 
Exemplare  ausgefolgt  werden,,  die  anderen  500  aber  dem  Ver- 
leger zur  Deckung  der  weiteren  400  fl.  Unkosten  verbleiben. 
Sie,  die  Inspectoreti,  hätten  zwar  den  Tractat  nicht  gesehen, 
aber  andere  gelehrte  Leute  hätten  ihn  als  ein  gutes  Buch 
anerkannt,  und  da  auch  der  Autor  als  ein  „sehr  hocherfahrner 
Theolog  gelte",  sei  zu  erwarten,  dass  es  „ein  perfectum  opus 
sein  wird,  daraus  des  Papstthums  meiste  Hauptirrthttmer  de 
missa,  de  indulgentiis,  de  Purgatorio,  de  Peregrinationibus,  de 
Sanctorum  meritis  et  inprimis  de  opariorum  (sie)  Justitia  allen 
Christen,  (weil  es  deutsch  ist)  sehr  heilsamlich  zu  lesen,  wider- 
legt werden." 

Die  Inspectoren  stellten  den  Antrag,  dass  die  Landschaft 
ihm  die  jetzt  benöthigten  200  fl.  verehre,  Hornberger  hätte 
dafür  200  Exemplare  nach  Graz  zu  schicken,  die  man  dann 
das  Exemplar  zu  2  fl.  30  kr.  mit  der  Zeit  leicht  verkaufen 
könnte,  wobei  der  Druckbogen  auf  2  Pfennige  käme.  Die 
anderen  200  fl.  würden  dann  vielleicht  die  „Lande"  Kärnten 
und  Krain  gegen  ähnliche  Bedingungen  hergeben. 

Die  Landschaft  bewilligte  auch  die  angedeutete  Summe, 
wiewohl  sie  dem  Hornberger  schon  am  11.  Juli  desselben  Jahres 
für  ein  Werk,  das  von  den  Inspectoren  als  ein  „sehr  nützliches 
und  lustiges  Buch,"  bezeichnet  war,  betitelt  „Granum  sinapis'',| 
150  fl.  „Ehrung"  gespendet  hatte.  Auch  von  diesen  kamen 
180  Exemplare  nach  Steiermark. 

Als  aber  Homberger  1591  für  die  Drucklegung  seiner 
Schrift  „Explicatio  omnium  locorum  doctrinae  Christianae"  voa 
der  Landschaft  abermals  300  fl.  in  Anspruch  nahm,  wurden  ih 
dieselben  (am  30.  December  1591)  zwar  bewilligt,  jedoch  n 
dem  Bedeuten,  „er  wolle  die  Landschaft  hiefllr  mit  dei^leichei 
Ausgaben  verschonen"*"). 

Das  Jahr  1592   ist  in  der  Buchdruck-Geschichte  nie 
bloss  merkwürdig  durch  mehrerlei  poetische  Sachen  *  *),  die  b 

*®)  Subinspeetoren-Bericbte  und  Ausgabe-Bilcher  der  Landschaft. 
*')  Darunter  sind  bemerkenswerth  ein  ^Carmen"  und  ein  „Epioediui 


—     165     — 

Schmidt  und  bei  Widmanstetter  gedruckt  wurden,  sondern  auch 
durch  mancherlei  Belege  für  den  herrschenden  Geschäftsnoid* 
Stadius  hatte  diesmal  seinen  Kalender  auf  1593  bei  Widman- 
K>tetter  drucken  lassen  und  Schmidt  erhielt  von  diesem  keine 
Exemplare  zum  Verkaufe  abgelassen,  angeblich  weil  es  Stadius 
verboten  hätte.  Schmidt  klagte  darüber  bei  der  Landschaft,  und 
diese  nicht  wenig  erzürnt,  forderte  am  1 9.  September  von  Stadius 
Bericht,  „ob  und  was  Ursache  er  dem  Widmanstetter  ver- 
boten habe,  seinen  Kalender  an  Schmidt  zu  verkaufen '^.  Gleich- 
zeitig erhielt  er  den  Befehl,  „bei  Verherung  des  Dienstes  keinen 
Buchstaben  noch  oder  von  neuem  drucken  zu  lassen."  Man 
sieht,  dass  es  damals  mit  der  Freiheit  und  Unabhängigkeit 
io  Bezug  auf  literarische  Production  gar  absonderlich  aussah. 
Desselben  Jahres  beschwerten  sich  die  Meister  des  Buchbinder- 
handwerkes zu  Graz,  dass  der  Präceptor  der  Stiftsschule  Johann 
P 1 8 1 0  r  Bücher  einbinde  und  dass  Hans  Schmidt  einen  Buch- 
bindergesellen halte.  (Der  Präceptor  suchte  auf  diese  Weise 
einen  Nebenverdienst,  da  er  mit  seinem  kargen  Gehalte  von 
132  fl.  jährlich  mit  Weib  und  Kind  nicht  leben  konnte.) 

Freilich  war  dies  gegen  das  Gewerbegesetz,  aber  von 
jeher  besorgten  die  Buchdrucker  in  Graz  und  anderswo  den 
Einband  ihrer  Bücher  in  eigener  Regie,  trieben  nebenbei 
Papier-    und  Buchhandel,  wie  auch  Widmanstetter  als  Buch- 


aof  Herrn  Wolf  von  Sauraw  Freiherm  Gemahel  selig"  beide  ge- 
dichtet von  Christ.  Neminay;  ferner  ein  „Gannen  au  die  drei 
Lande"  nnd  die  Bearbeitung  der  sophokleischen  Tragödie  n^^^aig 
Oedipus  (?)"  zur  Aufführung  durch  die  Studenten  der  Stiftsschule, 
beides  von  dem  Licentiaten  der  Hechte,  Nicolaus  Gabimann, 
gekrönten  Poeten  und  Professor  an  der  Stiftsschule.  Von  der  Tra- 
gödie wurden  500  £x.  zu  7  Druckbogen  stark  gedruckt  und  betrug 
der  Druckerlohn  28  fl.  —  Widmannstetter  druckte  1593  „Hecaton- 
stichon",  dem  Erzherzog  Ernst  gewidmet  von  Elias  Corneus, 
Schulhalter  zu  Voitsberg.  Hieher  gehört  auch  das  Grazer  Druck- 
werk: Victoria  Davidis  contra  Goliad,  den  Landschaften  in  Oester- 
reich  und  Steyr  und  dem  Erzherzoge  gewidmet  von  einem  Mecklen- 
burgischen Ritter  und  coronirten  Poeten  Namens  Hier.  Schrötter 
T.  Güstrow. 


-       166     — 

händler   deu  Erzherzog,  den  Hof  und  die  Prälaten  zu  guten 
Kunden  hatte. 

Zu  bemerken  ist  auch,  dass  der  Buchfllhrer  Widmer 
(15.  Jänner  1592)  sein  Gewölbe  hn  Landhause  (im  ersten  Hofe 
an  der  südlich  liegenden  Seite)  räumen  musste,  weil  die  land- 
schaftliche Registratur  desselben  zur  Erweiterung  ihrer  Amts- 

localitäten  bedurfte^')- 

Wiewohl  es  nicht  in  der  Absicht  dieser  Darstellung  liegt, 
sämmtliche  im  16.  Jahrhunderte  zu  Graz  gedruckten  Bücher 
anzuführen,  was  einer  bibliographischen  Schrift  überlassen 
bleiben  muss,  so  darf  doch  hier  noch  eines  oder  des  anderen 
Druckwerkes  Erwähnung  geschehen,  wenn  es  von  cultur- 
historischer  oder  literarischer  Bedeutung  ist. 

So  druckte  Hans  Schmidt  1592  die  „Warhaftige  Beschrei- 
bung dess  hochzeitlichen  Ehrenvest",  welches  von  Carl  von 
Harrach  mit  dem  Fräulein  Maria  Schrattenbach  am  24.  No- 
vember 1591  gehalten  und  von  Sigmund  Bonstingl  ;,iü 
deutsche  Carmina  gestelt*"  wurde. 

Georg  Widmanstetter  druckte  1592  einen  Tractat  von 
Dominik  Hess:  „Gründtliche  und  aussiürliche  Erweisung^,  dass 
die  katholische  Kirche  allein  die  rechte,  allgemeine  und  selig- 
machende Kirche  sei,  und  1594  von  demselben  Verfasser 
.,Synodus  oecum.  theol.  protestantium  in  anüquissima  Saxoniae 
ducatu  nuper  inchoata  jamque  ad  exitum  ferme  perducta  ver- 
sibus  heroicis  exposita  inque  sessiones  octo  digesta''. 

Im  Jahre  1595  druckte  Widmanstetter  „Historia  von  dem 
hl.  Krakawischen  Bischofife  und  Martrer  Stanislao,  verfasst  von 
Blasius  Laubich'' ;  die  nächstfolgenden  Jahre  mehrere  theolo- 
gische Schriften  von  Schriftstellern  aus  dem  Jesuiten-CoUegiuiu 
zu  Graz. 

Von  höherem  bibliographischem  und  literarischem  Interesse 
erscheinen  die  von  Hans  Schmidt  gedruckten  Kalender  des  Mag. 
Johannes  K  e  p  1  e  r.  Der  erste  war  auf  das  Jahr  1595  gestellt 
und   der  steirischen  Landschaft  gewidmet,  welche  ihm  dafür 


**)  Landsch.  Registr.  und  Expedit-Protokolle. 


—     167     — 

nur  20  fl.  verehrte,  während  sein  Vorgänger  Georg  Stadius 
jedesmal  32  fi.  erhalten  hatte.  Von  diesem,  wie  von  dem  1596 
und  1 597  publicirten^  ist  jetzt  kein  Exemplar  auffindlich. 

Der  Kalender  für  1598  führt  die  Aufschrift:  „Schreib- 
Calender  anff  das  Jahr  nach  dess  Herrn  Christi  unsers  Erlösers 
Geburt  1598,  gestellt  durch  M.  Joannem  Kheplerum.  Einer 
Ersaoien  Landschafift  dess  Herzogthumbs  Steyr  Matbematicum, 
gedruckt  zu  Graetz  in  Steyer  durch  Hansen  Schmidt."  Darauf 
folgt :  „Practica  auff  die  vier  zeiten,  auch  andere  Bedeutungen 
der  Planeten  und  Finstemussen.  Gestelt  auf  das  Jahr  nach 
Christi  Geburt  1598  durch  M.  J.  Kepleruui,  einer  ersamen 
La&dschafft  des  Herzogthumbs  Steyer  Matbematicum." 

Kalender  imd  Practica  auf  das  Jahr  1599  haben  fast  den 
gleichen  Titel,  nur  ist  bei  der  Practica  bemerkt:  „Mit  ange- 
hängtem kurtzem  Bericht  von  der  verflossenen  Sonnen-Finster- 
oiss  den  7.  Martij  des  verschinen  1598.  Jahres.^  Beide  sind 
der  steier.  Landschaft  gewidmet. 

Ob  Kepler's  1599  edirte  Schrift  „De  coena  Domini''  in 
Graz  gedruckt  wurde,  kann  ich  keine  sichere  Auskunft  geben. 

Wir  kommen  nun  zum  Berichte  über  das  Ende  der  land- 
schafU.  Buchdruckerei.  Das  für  die  Augsburger-Confessions- 
Verwandten  in  Steiermark  verhängnissvolle  Jahr  1 598  war  be- 
reits zur  Hälfte  verflossen,  die  Landschaft  und  ihr  Kirchen- 
niinisterium  ohne  Ahnung,  dass  die  Tage  der  freien  Religions- 
übung bereits  gezählt  waren,  hatten  mancherlei  Anstalten 
i^etroffen,  die  auf  längere  Dauer  berechnet  waren,  die  Land- 
^haft  hatte  ein  Haus  neben  der  Stiftsschule  zur  Yergrösserung 
derselben  angekauft,  im  Landschaftsgarteu  in  der  Murvorstadt 
^in  Spital  filr  ihre  Religionsgenossen  zu  bauen  und  einen 
eigeoen  Friedhof  zu  errichten  begonnen,  zum  Ersatz  fUr  den 
türzlich  verstorbenen  Hauptpastor  der  Stiftskirche  Dr.  Wilh. 
Zimmermann  war  der  berühmte  Christof  Schleipner, 
Pastor  zu  Hildesheim,  erwählt  und  berufen  worden,  der  Buch- 
drucker Schmidt  hatte  noch  am  6.  Juni  1598  den  Auftrag 
erhalten,  die  von  Dr.  Homberger  verfasste  Kirchenagende 
in  300  Exemplaren   neu  in  Druck  zu  legen,   da  gab  gerade 


—     1 68     ~ 

er,  oder  vielmehr  das  blöde  und  unbesonnene  Verfahren  seines 
Ladendieners  den  ersten  Anlass,  jene  Regierungs-Massregeln 
nach  einander  in  Wirksamkeit  treten  zu  lassen,  welchis  schon 
längst  berathen  und  beschlossen  waren. 

Wiewohl  der  Verschleiss  von  Spott-  und  Schroähbildern 
durch  die  Regierung  und  durch  die  Landschaft  verboten  war, 
so  war  doch  am  13.  Juli^  1598  ein  Schmähbild  gegen  den 
Papst  in  Schmidt's  Laden  im  Landhause  zum  Verkaufe  aus- 
gehängt worden.  Die  Regierung,  davon  in  Kenntniss  gesetzt, 
forderte  die  Verordneten  alsbald  auf,  die  Bilder  zu  confisciren 
und  den  Verkäufer  zur  Strafe  zu  ziehen.  Diese  verboten  zwar 
den  Verkauf,  aber  Hessen  den  Schuldigen  ungestraft. 

Als  Schmidt  von  Toblbad,  wo  er  während  dieses  Vor- 
falles geweilt  hatte,  nach  Graz  zurückgekehrt  war,  wurde  er 
am  29.  Juli  zum  Stadtricliter  Stefan  Posch  in  das  Haus 
berufen  und  da  er  sich  wahrscheinlich  nicht  genügend  recht- 
fertigen konnte,  im  Namen  der  Regierung  arretirt,  auf  das 
Rathhaus  geführt  und  von  dort  durch  den  landesfürstlichen 
Profossen  abgeholt  und  in  dem  Arreste  im  Burggebäude  fest> 
gehalten. 

Der  übliche  Protest  der  Landschaft  gegen  diesen  Eingriff 
in  ihre  Gerichtsbarkeit  blieb  unbeachtet,  die  Entschuldigung 
jedoch,  die  Schmidt  vorbrachte,  es  sei  ihm  der  Vorfall  selbst 
nicht  lieb  gewesen,  sein  Diener  sei  von  einem  Unbekannten 
hiezu  beredet  worden  und  sei  nun  durchgegangen  und  er 
wisse  selbst  nicht,  wohin  er  gekommen  wäre,  fand  wenigstens 
diese  Beachtung,  dass  man  ihn  nach  einigen  Wochen  Haft 
(gegen  Ende  September  1598)  mit  der  Drohung  enüiess,  er 
möge  sich  hüten  und  sich  nichts  mehr  zu  Schulden  kommen 
lassen,  sonst  würde  man  schärfer  gegen  ihn  verfahren  ''•'). 

Mittlerweile  hatten  aber  die  „Augsburger  Confessions- 
Verwandten"  zu  Graz  die  einschneidendsten  Massregeln  erfahren, 
über  sämmtliche  Prediger  an  der  Stiftskirche  und  Lehrer  an 
der  Stiftsschule  war  die  Landesverweisung  verhängt  und  trotz 

^^)  Landsch.  Registr.- Protokolle  u.  Actenstücke  des  Verordneten- Am  tos. 


-     169     — 

aller  Einreden  und  Proteste  der  Landesverordneten  am  28.  Sep- 
tember in  Ausführung  gebracht  worden.  Den  Bürgern  von 
Graz  und  den  übrigen  landesfürstlichen  Städten  blieb  die 
Hebung  des  evangelischen  Religionsbekenntnisses  verboten, 
den  Adeligen  nur  auf  ihren  Schlössern  und  Burgen  gestattet 

Was  aber  öffentlich  zu  thun  verboten  war,  geschah  von 
mnnchem  Bürger  heimlich.  Nicht  selten  schlich  sich  sogar  ein 
und  der  andere  Prediger  in  Graz  ein  und  hielt  die  Getreuen 
darch  Predigten  und  Spendung  der  Sacramente  im  Glauben 
aufrecht.  Freilich  wurden  diejenigen,  welche  dabei  unvorsichtig 
vorgiengen  oder  vorlaut  sich  benahmen,  ertappt  und  zu  Geld- 
oder Geftagnissstrafen  verurtheilt 

Zu  solchen,  welche  sich  in  dem  standhaften  Bekenntnisse 
ihres  Glaubens  nicht  beirren  liessen,  gehörte  auch  der  Buch- 
drucker Schmidt  Hiezu  dürfte  der  Umstand  beigetragen  haben, 
dass  er  kurz  vorher  (16.  August  1598)  die  Tochter  eines 
evangelischen  Predigers  geehlicht  hatte**),  deren  Bruder 
Leonhard  E  h  u  e  n  als  Präceptor  an  der  Stiftsschule  zu  Graz 
von  der  Landesverweisung  betroffen  worden  war. 

Statt  also,  wie  die  meisten  seiner  Gesinnungsgenossen 
in  Graz,  der  kritischen  Lage  Rechnung  zu  tragen  und  jeden 
Anstoss  zu  vermeiden,  trug  er  kein  Bedenken,  den  Regierungs- 
verordnungen offen  entgegen  zu  handeln.  So  geschah  es  denn, 
dass  er  am  23.  April  1599  abermals  in  das  Gef&ngniss  kam 
und  verurtheilt  wurde. 

Der  Spruch  lautete  dahin,  weil  er  „böse,  verbotene,  ge- 
hässige und  gleichsam  aufrührerische  Gebetlein  und  Sprüche 
wider  die  wahre  katholische  Religion  gedruckt  und  feil  gehalten 
und  weil  er  sein  verstorbenes  Kind  mit  öffentlicher  Besingnuss 
<Qach  evangelischem  Eirchengebrauche)  durch  die  Stadt  habe 
tragen  und  bestatten  lassen'^;  so  habe  sich  derselbe  „heute 
bei  Sonnenschein  aus  der  Stadt  und  dem  Burgfrieden  und 
binnen  der  nächsten  drei  Tage  aus  allen  fürstlichen  Ländern 


**)  Kimigunde,  eine  Tochter  des  Conrad  Ehuen,  evangel.  Predigers  im 
Lande  ob  der  Enns.   (Ehepflicbtbuch  der  Stiftskirche  zu  Graz.) 


—     170     — 

zu  begeben^,  sonst  würde  man  schärfere  Mittel  in  Anwendung 
bringen. 

Da  der  Stadtmagistrat,  dem  die  Vollziehung  dieses  Ur- 
theils  oblag,  in  jener  Zeit  mit  der  Ausführung  yon  landes- 
fbrstlichen  Befehlen  nicht  besonders  rasch  vorzugehen  pflegte 
und  die  eben  damals  am  Landtage  versammelten  Landstände 
sich  fQr  Schmidt  bei  Hofe  verwendeten  und  ein  Begnadigungs- 
gesuch desselben  vorlegten,  so  beeilte  sich  derselbe  auch 
keineswegs  mit  dem  Abzüge,  sondern  blieb  in  seinem  Hause, 
ja  er  hielt  sich  sogar,  da  er  einige  Zeit  nicht  behelligt  wurde, 
fbr  pardonirt.  Aber  dies  war  eine  bittere  Täuschung.  Schmidt 
wurde  am  10.  September  1599  wieder  eingezogen,  wegen 
seiner  Nichtbeachtung  des  ergangenen  Urtheiles  mit  vier- 
wöchentlichem Gefängnisse  bestraft  und  die  Landesverweisung 
aufrecht  erhalten.  Am  2.  October  1599  erhielt  derselbe  seine 
Entlassung  aus  dem  landschaftlichen  Dienste  mit  lobender 
Anerkennung  seines  treuen  Verhaltens  und  seiner  Leistungen. 

Aus  diesem  Dienstzeugnisse  wird  ersichtlich,  dass  er  auch 
als  „Hauptmann  des  gemeinen  Mannes^  die  Musterungen  des 
„Landesaufgebotes"'  zu  Rottenmann,  Judenburg,  Brücke  Pettau 
u.  a.  0.  getreulich  verrichtet  und  auch  gegen  den  Erbfeind 
(die  Türken)  gedient  habe*'). 

Schmidts  Gattin  blieb  nach  dem  Abzüge  ihres  Mannes 
in  Graz  zurück  und  führte  das  Geschäft,  namentlich  den 
Bücherverkauf  ün  Landhause  bis  etwa  22.  November  fort,  wo 
auf  Begierungsbefehl  die  vorgefundenen  evangelischen  Bücher 
confisdrt  wurden. 

Auf  eine  von  der  Landschaft  am  24.  November  1599 
eingereichte  Beschwerdeschrift  „wider  die  von  Graz  wegen  des 
mit  allhiesiger  Stadtquardi  und  der  Jesuiten  beschehenen  Ein- 
griffs in's  Landhaus  und  Wegnehmung  von  evangelischen  Büchein 
den  Bucbführem'^  gab  die  Regierung  gleich  des  andern  Tages 
den  Bescheid,  „dass  solches  einer  ehrsamen  Landschaft  an 
ihrer  habenden  Freiheit  unpräjudicirlich  sein  sollte'',  die  Buch- 


^•^)  Die  bezUglichüU  Actenistackc  sind  im  Landesarchive. 


/ 


—     171     — 

fuhrer  aber  hätten  sich  um  weiteren  Bescheid  bei  der  fürst- 
lichen Durchlaucht  zu  melden. 

Die  abgenommenen  Bücher  wurden  freilich  nicht  mehr 
ausgeliefert,  sondern  mit  anderen  bei  den  Bürgern  confiscirten 
Bachern  und  Schriften  der  Augsburger  Confession  nachmals 
am  8.  August  1600  öffentlich  verbrannt.  Dieses  Los  traf  zu- 
nächst nur  aUe  Bücher,  welche  gegen  den  katholischen  Glauben 
waren,  wie  die  lutherischen  Bibeln,  Katechismen,  Postillen, 
Predigten  und  Streitschriften,  aber  auch  nicht  alle,  denn  nicht 
wenige  Bücher  entgiengen  der  Confiscation,  namentlich  alle, 
welche  im  Besitze  des  Adels  waren,  so  auch  die  landschaft- 
liche Liberal  m  der  Stiftsschule,  welche  von  Dr.  Adam  Vene- 
diger in  Verwahrung  genommen  worden  war. 

Auch  von  den  vom  Buckdrucker  Schmidt  verlegten  Büchern 
eotgieng  eine  nicht  unbedeutende  Anzahl  dem  Feuertode,  wie 
dies  aas  einer  Liste  von  solchen  erhellt^  die  er  der  Land- 
:^chaft  zu  künftigem  Gebrauche  überlassen  hatte  und  für  welche 
ihm  dieselbe  am  2.  März  1600  einen  Entsch&digungsbetrag 
von  250  fl.  anwies. 

Die  verzeichneten  von  Schmidt  gedruckten  Bücher  waren : 

1.  Viola  Martis  Jeremiae  Hombergeri  in  8 1^  (1587  das  Exem- 
plar zu  7  kr.  geschätzt) 

2.  ,Viol  Bluemblein  Jeremiae  Hombergeri"  (davon  noch  vor- 
handen 735  Exemplare). 

3-  Examen  theologicum  Jeremiae  Hombergeri,  H.  Auflage. 
(134  Ex.) 

4.  Consilium  Jeremiae  Hombergeri  de  ediscendis  Erasmi  et 
similium  praeceptis,  de  morum  seu  extemorum  gestuum 
confirmatione.  (269  Ex.) 

5  Bucolica  Publii  VergiUi  Maronis.  Adjectis  Scholiis  Philipp! 

Melanchtonis    et    aliquot    Elegiis    Ovidii    de    Tristibus. 

(400  Ex.) 
6.  Vocabularium   Analyticum   Simonis  Ostermanni   (43  Ex.), 

das  seiner  Zeit  auf  Bestellung  des  Rectors  der  Stiftsschule 

Johann  Pappius  für  die  Schule  gedruckt  worden  war, 


—      172     — 

7.  Steyrische  Polizey- Ordnung  in  Folio  (240  Ex.)*''). 

Auch  der  von  J.  Kepler  verfasste  und  von  Schmidt  ge- 
druckte „Schreibkalender"  für  1600  wurde  nicht  vernichtet, 
sondern  über  Kepler's  Supplik  durch  ein  Hofdecret  vom  14.  Dec. 
1599  bewilligt,  dass  die  BuchfUhrer  seinen  ,.im  Landhause 
gedruckten  Kalender"  verkaufen  dürfen,  „doch  soll  ihm  hiemit 
ernstlich  eingebunden  sein,  hinfUr  nichts  in  Druck  zu  geben, 
es  sei  denn  solches  Ihrer  fürstlichen  Durchlaucht  vorher  zum 
ersehen  und  gnädigster  Approbation  übergeben  und  dass  dies 
bei  Ihrer  fürstl.  Durchlaucht  Buchdrucker  dem  Widmanstetter 
allhier  gedruckt  werde"  *  *). 

Als  die  Landstände  gegen  Ende  des  Jahres  1599  mehr 
und  mehr  die  üeberzeugung  erlangten,  dass  ihre  Erwartung, 
der  Landesfürst  würde  von  seinem  Verbote  des  freien  Be- 
kenntnisses der  Augsburger  Confession  doch  wieder  abgehen, 
eine  irrige  sei,  und  als  nun  sämmtlichen  Predigern  und  Lehrern 
die  landschaftliche  Bestallung  gekündigt  wurde,  da  erkannten 
auch   die   evangelischen   Buchhändler,   dass   ihr  Geschäft  zu 

*•)  Nach  den  Eegistr.-Protokonen,  dem  Ausgabe-Buche  v.  1600  uod 
Berichten  des  Dr.  Adam  Yenediger  als  Bibliothek- Gustos  und  Sub- 
inspectors.  —  Ich  schliesse  hier  ein  Verzcichniss  an,  das  noch 
andere  Druckwerke  Dr.  Homberger's,  welche  bisher  unbekannt 
waren,  aufführt;  dieselben  sind  sämmtlich  vor  1585  gedruckt  iu)d 
wurden  von  ihm  bei  seiner  Verbannung  aus  Innerösterreich  in  Graz 
zurückgelassen  uud  der  Landschaft  geschenkt,  welche  ihm  dafür 
160  fl.  (am  25.  März  1587)  „Ergötzlichkeit-  schenkte:  1.  „Brund- 
thal  in  8":"  teutsch,  halt  7 '.  Bogen,  zu  Marburg  1581  gedruckt, 
das  Ex.  zu  5  kr."  —  2.  Granum  frumenti,  8^'»,  1588,  das  Ex.  zu 
12  kr.  —  3.  Examen  theol.,  Heidelberg  1583,  8^r,  10  Bogen,  das 
Ex.  zu  7  kr.  —  4.  Gommentatio  de  Chronologia,  8*",  15  Bog.,  das 
Ex.  zu  10  kr.  —  5.  Vehiculum  sacrum,  Heidelberg,  8^',  b^/fBog.j 
das  Ex.  zu  3  kr.  —  6.  Flosculus  Eden,  8^,  Gissingen,  8  Bog.,  d&a 
Ex.  zu  4  kr.  —  7.  Silvula  verborum,  4 '/«  Bog ,  8*"",  das  Ex.  zu 
2  kr.  und  die  „Spruch  Salomonis,  in  8^:",  39  Bog.,  gedr.  zu  Girätz", 
das  Ex.  zu  16  kr.  —  Dessen  1586  geschriebenes  „Trostbuch''  wagte 
die  Landschaft  „wegen  des  darin  enthaltenen  Eifers '^  nicht  drucken 
zu  lassen. 

*•)  Hofkammer-Act. 


—     173     — 

Graz  zu  Ende  sei.  Erhard  Widme  r,  der  hier  29  Jahre  mit 
landschaftlicher  Bestallung  den  Buchhandel  betrieben  hatte, 
zog  mit  einem  ehrenvollen  „Testimonium"  der  Landschaft  ddo. 
15.  October  1599  von  Graz  freiwillig  ab,  um,  wie  er  sagte, 
Jn  seinem  Religionsbekenntnisse  nicht  beirrt  zu  sein". 

Matthäus  Feder  er,  der  ein  Haus  am  Graben  besass, 
wurde  am  1 1 .  August  1 600  wegen  Beharrung  bei  dem  evan- 
gelischen Bekenntnisse  von  Graz  ausgewiesen. 

Da  der  Buchdrucker  Schmidt  die  Druckerei  in  Graz 
nicht  eigenthUmlich  besessen  hatte,  indem  dieselbe,  wie  oben 
berichtet  war,  der  Landschaft  gehörte  und  daher  dieselbe 
nicht  mitnehmen  konnte,  so  fand  er  sich  genöthigt,  das  Buch- 
druckergeschäft aufzugeben  und  übernahm  irgendwo  in  Oester- 
reich,  wohin  er  sich  gezogen  hatte,  ein  Wirthshaus  **). 

Die  landschaftliche  Druckerei  stand  nun  verwaiset  und 
das  Druckerzeug  lag  in  einem  Gewölbe  des  Rauberhofes 
verschlossen,  bis  es  in  späterer  Zeit  zum  Verkaufe  kam. 

Dafür  blühte  die  Buchdruckeret  und  der  Buchhandel  des 
Widmanstetter  immer  mehr  auf  und  gelangten  die  Nachkommen 
und  Besitzer  derselben  im  Laufe  der  Jahre  zu  grosser  Wohl- 
habenheit und  hohem  Ansehen. 


^*)  Nach  den  Ausgabe-Bachern  und  Registr.-ProtokoUen  der  Landschaft. 


c. 


Kleinere  Mittheilung. 


Die  lutherische  Kirche  in  Scharfenau. 

Von  Igaai  Oroien,  Domherr. 

Wie  die  alten  steiermärkischen  landschaftlichen  Protokolle  bekun- 
den, hat 

1.  die  gteierische  Landschaft  eine  lutherische  Kirche  in  Sachsenfeld  zu 
bauen  begonnen  und  wurde  dieses  „Einer  £.  Landtschaift  Ehirchen 
gebew  zu  Sazenfeld  Im  Viertl  Cilli"  1580  der  öffentlichen  Landes- 
fireibeit  zuwider  (wie  die  Landschaft  meinte)  eingestellt; 

2.  zeigten  im  Jahre  1582  die  steierilschen  Stände  ihrem  Landesftkrsten 
an,  dass,  nachdem  der  Kirchenbau  zu  Sachsenfeld  eingestellt  worden, 
ne  Toihatten,  ein  neues  Kirchengebftude  in  der  Herrschaft  Cilli  zu* 
nichst  bei  dem  Sitze,  so  man  weiland  Erasm  Tumberger  ein- 
gezogen, zu  errichten; 

3.  hat  der  Landesfftrst  am  22.  Oktober  1682  den  Bau  der  Kirche  in 
Scharfenau,  d.  i.  am  Hofe  Tumbergers  untersagt,  und  zwar  aus  dem 
Gnmde,  weil  die  Landleute  wohl  ihre  bestehenden  Kirchen  zum 
Gottesdienste  zu  verwenden,  nicht  aber  neue  Kirchen  zu  diesem 
Zwecke  zo  bauen  berechtiget  seien;  und 

4.  haben  demungeachtet  die  Stände  im  Jahre  1586  an  den  Landes- 
ftrsten  die  Bitte  gelangen  lassen,  dieser  wolle  gegen  den  Kirchenbau 
in  Scharfenau  nichts  attentiren  lassen,  nachdem  die  Geistlichen  im 
Viertel  Giili  der  Sepnltur  halber  allerlei  Neuerungen  moviren  und 
den  verstorbenen  Lutheranern  die  Erde  nicht  gönnen. 

Wie  der  Landesfllrst ,  Erzherzog  Karl,  diese  letztere  Bitte 
l^cschieden  habe,  ist  aus  den  Landschafts-Protokollen  nicht  ersichtlich; 
K^88  aber  ist  es,  dass  die  Landstände  den  Kirchenbau  in  Scharfenau 
m  Angriff  genonunen  und  zur  Vollendung  gebracht  haben. 

Der  Stainser  Propst,  Jakob  Rosolenz,  erwähnt  dieses  Kirchen- 
^<Aoea  in  seinem  in  Graz  1607  gedruckten  Buche:  ,. Gründlicher  Gegen- 
licricfat^,  mit  folgenden  Worten:  ^Also  haben  sie  (die  Stände)  neben  der 
&att  Marburg,  neben  der  Statt  Gilli  zu  Scharffenau  —  newe  Kirchen 
gebawct." 

Weit«*    berichtet   Rosolenz    in    seinem   vorbezeichneten    Buche 

WUhca.  dM  Ud.  Tarcina  f.  BUlenB&rli,  XXVIL  Heft,   1879.  12 


—     178     — 

aber  die  Kirche  zu  Scharfenau  noch  Folgendes:  „Die  Kirch  zn 
Scharffenaw,  so  vberauss  ein  schön,  köstlich  vnd  stattlich  Gebftaw,  Ton 
20  Pfeilern,  mit  Marmelstainern,  Qaaterstacken  erhebt  vnnd  in  die  Runde 
geviert,  vnnd  auss  gemainem  einer  Ersamen  Landtschafft  Seckel,  wie 
auch  andere  Kirchen  mehr  LandtsfÜrstlichen  Bevelhen  zuwider,  aufPer- 
bawt  gewest,  vnnd  sambt  einem  viereckichten  Freythoff,  Streichwehren 
vnnd  Thum  versehen,  auch  nach  gemainer  Sag  in  die  20000  Thaler 
gekost,  ist  aber  mit  grossem  Frolocken  der  vmbliegenden  Pauerschafft 
mit  Pulver  zersprengt,  vnnd  die  Glocken  von  Herrn  Martin  von  Säur  au, 
LandtsfÜrstlichen  Verwalter  zu  Cilli,  eingezogen  vnnd  behalten  worden. 
Durch  diese  Kirchen  hat  man  vermaint,  das  Volk  der  weitberOhmbten 
Graffschaft  Cilli  zum  Abfall,  vnnd  vom  Bapstthumb  in  das  verderbliche 
Lutherthumb  zubringen.  <* 

So  viel  konnte  ich  ehemals,  als  ich  mich  in  Cilli  (1847 — 1854)  mit 
der  Errichtung  eines  dortigen  Pfarr-Gedenkbuches  befasste,  fiber  die 
Kirche  zu  Scharfenau  in  Erfahrung  bringen.  Vergebens  aber  war  damals 
all  mein  Forschen  und  Suchen  nach  dem  Gute  Scharfenau  und  nach  der 
dortigen  Tempelstätte.  Niemand,  auch  nicht  die  ältesten  Leute  in  und 
um  Cilli  wollten  je  etwas  von  einer  dortigen  lutherischen  Kirche  oder 
den  Namen  Scharfenau  gehört  haben.  Demungeachtet  gab  ich  die  Hoff- 
nung nicht  auf,  endlich  doch,  vielleicht  durch  Zufall,  diesbezflglich  auf 
die  rechte  Spur  zu  kommen. 

Da  wurde  mir  im  Jahre  1857  von  Freundeshand  eine  Broschfire, 
betitelt:  „Die  Einweihung  der  neugegrQndeten  evangelischen  Andreaskirche 
in  Cilli  am  25.  März  1857.  Laibach  1857*",  zugesendet  mit  der  Be- 
merkung, der  lange  gesuchte  Tempel  von  Scharfenau  sei  nun  au^eftmdeo. 
Mit  vielem  Interesse  begann  ich  den  mit  E.  unterzeichneten  Vorbericht 
dieser  Broschüre  zu  lesen,  staunte  aber  nicht  wenig,  darin  folgende 
Stellen  zu  finden: 

„In  der  Andreaskirche  stehen  wir  auf  einem  durch  die  Gteschichte 
der  evangelischen  Kirche  geweihten  Land,  denn  dieses  Kirchlein  diente 
schon  im  16.  Jahrhunderte  dem  evangelischen  Gottesdienste  und  Primus 
Trüber,  der  krainische  [Reformator,  predigte  in  ihr  das  Evangeliom. 
Die  Gemeinde  Cilli  besitzt  somit  vielleicht  allein  in  der  gesammten 
evangelischen  Kirche  der  deutschen  Provinzen  Oesterreichs  ein  Gottes- 
haus, in  welchem  bereits  in  der  Reformationszeit  die  evangelische  Lehre 
und  Predigt  eine  Wohnstätte  gefunden  hatte.** 

„Allein  in  der  Ferdinandeischen  Gegenreformation  wurden  alle  diese 
protestantischen  Gemeinden  gewaltsam  unterdrückt  und  ihre  kirchlichen 
Anstalten  zerstört.  Die  Andreaskirche  in  Cilli  scheint  dem  Feuer  preis- 
gegeben worden  zu  sein,  welchem  aber  die  alten  festen  Mauern  wider- 
standen." 

„Im  Februar  1856  gelang  es  nun  dieser  jungen  FiliaKGemeinde 


—     179     — 

mit  Hilfe  brüderlicher  Unterstützung,  die  Andreaskirebe,  die  ehrwürdige 
Wohnstitte  des  ETangeliums  in  Gilli  anzukaufen  und  zu  ihrer  ehemaligen 
Bestiomning,  deren  sagengeschmückte  Erinnerung  im  Munde  des  Volkes 
Bich  bewahrt  hat,  wieder  herzustellen.** 

Diese  Stellen  machten  mich,  wie  gesagt,  staunen,  weil  ich  in  der 
darin  erzählten  Vorgeschichte  der  Andreaskirche  in  Gilli  nichts  als  eine 
alles  historischen  Qrundes  entbehrende  Dichtung  fand.  Eine  solche 
Mystifikation  war  mir  um  so  unbegreiflicher,  weil  der  Verfasser  des 
Torberichtes  doch  wissen  musste,  dass  Trüber  in  Gilli  Beneiiciat  von 
St.  Maximilian,  nicht  aber  Yon  St.  Andreas  gewesen,  mithin  mit  der 
St.  Andreaskirche  alldort  nichts  zu  thun  gehabt  hat,  und  weil  der  Ver- 
£u8er  in  Gilli  ohne  alle  Schwierigkeit  hätte  erfahren  können,  dass  die 
Aodreaskirche  daselbst  eine  uralte  katholische  Filialkirche  gewesen  ist, 
Ttlche  unter  Kaiser  Josef  ü.  gesperrt  und  sp&ter  an  einen  Privaten 
mkiaft,  demnach  in  der  Ferdinandeischen  Gegenreformation  gewiss 
oicbt  dem  Feuer  preisgegeben  worden  ist.  Eine  solche  Mystifikation  war 
inir  nm  so  auffallender,  weil  ich  überzeugt  war,  dass  eine  Erinnerung 
u  eine  ehemalige  protestantische  Bestimmung  der  Andreaskirche  im 
Mimde  des  Volkes  weder  bewahrt  wurde,  noch  bewahrt  werden  konnte. 

Mit  dieser  historischen  Studie  des  £.  war  also  die  mich  interessirende 
Fnge  nichts  weniger  als  gelöst 

Erst  im  abgelaufenen  Jahre  1877,  als  ich  Geschichts-Materialien  über 
^  P&rren  des  Dekanates  Gilli  zu  sammehi  anfing,  trat  auch  die  Frage 
^  die  Kirche  yon  Scharfenau  für  mich  wieder  mehr  in  den  Vordergrund 
ond  Bchneller,  als  ich  es  erwarten  konnte,  wurde  nun  dieselbe  gelöst. 

Vorerst  wurde,  mir  Ende  Juli  1877  im  1.  Landesarcbive  zu  Graz 
w  Urkunde  bervorgesucht,  laut  welcher  Hanns  Tumperger  von 
Stermol  am  12.  August  1587  in  Graz  der  steirischen  Landschaft  seinen 
Hof  Scharfenau  sammt  den  dazu  gehörigen  „Gründen,  Wum(?)  und  Weiden, 
iten  dreien  daselbst  Torhandenen  Teichen**  verkaufte,  welcher  Hof  schon 
^Erasm  Tumperger,  Hannseus  Vater,  wegen  Rückständen  ent- 
zogen worden  war. 

Mit  dieser  Ausbeute  war  für  meinen  Zweck  freilich  nicht  viel  ge- 
voimen;  doch  bald  darauf  erhielt  ich  Kunde  von  einem  am  Golöe-Hofe 
^  Sachsenfeld  bestehenden  alten,  verfallenen  Gemäuer,  welches  der 
^ge  nach  eine  alte  Tempelruine  sein  sollte.  Ich  muss  gestehen,  dass 
^  auf  diese  Kunde  kein  grosses  Gewicht  legte,  weil  ich  mich  nicht 
^fmem  konnte,  als  Kaplan  von  Sachsenfeld  (1842  bis  1844)  von  einer 
solchen  Rnine  am  Gol£e-Hofe,  welchen  ich  damals  einige  Male  besucht 
katte  ond  an  dem  ich  öfters  vorüber  gekommen  war,  je  etwas  gesehen 
^  gehört  zu  haben.  Auch  dachte  ich  mir,  die  Buine,  falls  eine  solche 
<Q  finden  wäre,  dürfte  wohl  eher  von  dem  im  Jahre  1582  zu  Sachsenfeld 
eingestellten  Kirchenbaue,  als  von  der  nachmals  in  Scharfenau  neben 

12* 


—     180     — 

der  Stadt  Cilli,  wie  Hosolenz  schreibt,  erbauten  Kircbe  berrUhren. 
Doch  nahm  ich  mir  vor,  bei  dem  demnächst  in  das  Sannthal  zn  machenden 
Exkurse  dieses  alte  Mauerwerk  au&usuchen  und  in  Augenschein  xu 
nehmen. 

Am  9.  August  1877  Nachmittags  gieng  ich  Ton  Sacbsenfeld  auf  den 
kaum  mehr  als  >/%  Stunde  Weges  vom  genannten  Markte  entfernten 
Gol£e-Hof  und  wurde  daselbst  vom  Herrn  Josef  Halm,  pensionirten 
Eatastral-Vermessungs-Ünterdirektor,  Vater  des  Besitzers,  freundlichst 
zur  Ruine  geleitet*.  Dort .  angekommen,  erkannte  ich  zu  meiner  Ueber- 
raschung  auf  den  ersten  Blick  die  Ueberreste  der  Kirche  von  Scharfenau, 
denn  die  Mauern,  welche  stellenweise  noch  Vt  Meter  hoch  dastanden, 
zeigten  die  central  •  polygone  Anlage  der  Kirche,  wie  auch  die  den 
Tempelhof  im  Vierecke  umfassende  Einfriedungsmauer  mit  ihren  vier 
Eckthflrmen.  Kurz  gesagt,  es  waren  unverkennbar  vor  meinen  Aug«i 
die  Ueberreste  der  Kirche,  wie  solche  der  Propst  Rosolenz  be- 
schreibt Weiters  wurde  mir  hier  und  zwar  in  nordwestlicher  Richtung, 
in  einer  Entfernung  von  45  Klaftern  von  der  Kirche  eine  Stelle  gezeigt, 
wo  man  Qrundmauem  eines  kleineren  Gebäudes,  wahrscheinlich  eines 
Wohnhauses  geflmden  und  ausgegraben  hat;  und  als  ich  mich  endlich 
auch  um  die  drei  Teiche  erkundigte,  deren  in  der  obangeftlhrten  Ver- 
kaufsurkunde von  1687  Erwähnung  geschieht,  wurde  ich  auf  die  drei 
am  Fusse  des  TempelhOgels  liegenden,  vom  Verfica-Bache  bewässerten, 
noch  eingedämmten  Teichwiesen  aufmerksam  gemacht,  welche  erst  in 
neuerer  Zeit  vom  6ol(e-Hofe  hinweg  verkauft  worden  sind. 

Hiemit  war  es  also  vollends  konstatirt,  dass  der  6ol6e-Hof  wirklich 
das  ehemals  Tumperger'sche  und  dann  seit  1587  landschaftliche  Gut 
Scharfenau  und  das  dort  vorgefundene  alte  Mauerwerk  die  Ruine  der 
Scharfenauer  Kirche  ist. 

Der  Hof  Golöe  liegt  in  der  Sachsenfelder  Pfarrsgemeinde  Unter- 
Loschniz  (Spodna  Loinica)  und  kommt  vor  im  Grundbuche  der  Herrschaft 
Neucilli,  Amt  Hofrain,  Dom.  Nr.  1.  Er  war  bis  1841  ein  Eigenthum 
des  Johann  Apnar.  Spätere  Besitzer  dieses  Hofes  waren:  Josef  Ludwig 
Hausmann,  Inhaber  der  Herrschaft  Neucilli,  mit  1859  Anton  Schein, 
Bfirger  in  Cilli,  dann  mit  1861  Johanna  Schwab,  geb.  Halm,  ühr- 
machers-Witwe  in  Cilli,  von  welcher  ihn  ihr  Bruder  der  obgenannte  Herr 
Josef  Halm  überkommen  hat.  Der  Hof  mit  seinem  Grundbesitze  liegt 
auf  einem  langgestreckten  Hügel,  auf  dessen  Rücken  sich  die  Kirchen- 
ruine befindet.  In  der  Absicht  die  Kirchenstätte  urbar  zu  machen,  hat 
Herr  Halm  das  Gebüsch,  welches  die  Ruine  zum  Theile  verdeckte,  wie 
auch  einen  Theil  der  Ruine  bereits  hinweg  geräumt  und  ist  er  eben 
daran,  die  noch  vorhandenen  Mauerreste  zu  beseitigen.  So  war  es  mir 
demnach,  so  zu  sagen  noch  im  letzten  Momente  gegönnt,  die  Ruine  der 
lutherischen  Kirche  von  Scharfenau  zu  finden  und  zu  sehen. 


—     181     — 


Herr  Josef  Halm  hatte  die  Gefälligkeit  einen  Situationsplan  Yon 
dieser  Bmne  aa&nnehmen,  welcher  hier  folgt 

Nord 


u 


4^ 


Massstab  1  Zoll  »  10  Elftr. 


Eben  im  Begriffe  von  der  Ruine  den  Rückweg  nach  Sachsen- 
feld  anzutreten,  sprach  ich  von  den  Glocken,  welche  Martin  von  Säur  au, 
1-  f.  Verwalter  von  Gilli,  aus  der  Kirche  in  Scharfenau  genonunen, 
iber  unbekannt  wohin  gebracht  hat.  Da  meldete  sich  einer  meiner  Be- 
lleiter, ein  gebomer  Gutendorfer,  und  versicherte  mich,  in  seinen  Kindes- 
ithren  gehört  zu  haben,  dass  die  zwei  alten  Glocken  der  Pfarrkirche 
in  Gntendorf  (Gotov^e)  von  Gol^e  dahin  gekommen  wären.  Auf  diese 
Aussage  hin  begab  ich  mich  von  Golöe  geraden  Weges  nach  Gutendorf 
and  als  ich  dort  im  Pfarrkirchthurme  bei  den  Glocken  angelangt  war, 
machte  mich  auch  der  alte  Kirchendiener  auf  die  zwei  kleineren  daselbst 
hingenden  Glocken  aufinerksam,  mit  dem  Beift)gen,  dieselben  seien  von 
einer  ehemals  in  Golöe  bestandenen  Kirche  hieher  nach  Gutendorf 
Qbertragen  worden. 

Mit  vielem  Interesse  besichtigte  ich  dann  diese  beiden  Glocken  und 
fand  auf  denselben  folgende  zwei  gothische  Inschriften,  und  zwar  1.  auf 
der  kleineren  Glocke :  „o  rex  glorie  veni  cum  sancta  pace",  und  2.  auf 
^^  grösseren:  ^des  herren  bort  bleibt  in  ebigkeit  mcccccxxxiii"  (158S). 


—     182     — 

Schon  die  deutsche  Aufschrift  dieser  letzteren  Glocke  deutet  auf 
ihren  lutherischen  Ursprung,  w&])rend  die  erstere,  jedenfalls  Utere  Glocke 
vorerst  einer  katholischen  Kirche  gehört  hat  und  von  dort  nach  Scharfenau 
gekommen  sein  wird. 

Gestützt  auf  das,  was  ich  gehört  und  hier  gesehen,  konnte  und 
kann  ich  ohne  weiteres  Bedenken  annehmen,  dass  diese  beiden,  eben 
besprochenen  Glocken  gerade  jene  Glocken  sind,  welche  der  Verwalter 
Martin  von  Säur  au  im  Jahre  1600  aus  der  Scharfenauer  Kirche, 
bevor  diese  in  die  Luft  gesprengt  wurde,  hinwegnehmen  Hess. 

üeberaus  befriediget  mit  dem  Resultate  dieses  nachmitt&gigen  Ex- 
kurses kehrte  ich  Abends  von  Gutendorf  nach  Sachsenfeld  zurftck. 

So  sind  also  nunmehr  nicht  nur  die  noch  deutlichen  Sparen  des 
lutherischen  Friedhofes,  der  Kirche,  des  Pr&dikanten-  und  Todtengräber- 
hauses  zu  Windenau  >),  sondern  auch  der  Hof  Scharfenau  mit  den  üeber- 
resten  der  dort  bestandenen  lutherischen  Kirche  und  die  Glocken  desselben 
aufgefunden. 


<)  Siehe:  Das  Bisthum  und  die  Diözese  Lavant   1.  Theil,  Seite  319 
und  437. 


Urkundenbuch  des  Herzogthums  Steiermark, 

bearbeitet  von  J.  Zahn,  unter  Förderung  seitens  des  k.  k.  Ministeriums 
für  CnltuB  und  Unterricht,  des  steierm.  Landtages  und  der  steierm.  Spar- 
casse  in  Graz,  herausgegeben  vom  historischen  Vereine  für  Steiermark. 
I  Band  798—1199  (Graz  1876,  LVI  und  984,  88.  8«).  n.  Band  (Graz 
1379,  XXX  und  759  SS.)  Verlag  des  historischen  Vereines,  Druckerei 
nLeykam-Josefethal.^  —  Angezeigt  von  Dr.  F*  Krones* 

Es  kann  nicht  Aufgabe  dieser  Anzeige  sein,  den  reichen  stofflichen 
lohait  eines  Yon  der  Grazer  Druckfirma  „Leykam- Josefsthal  ^  tadellos 
hergestellten  Werkes,  das  nunmehr  in  seinen  grundlegenden  zwei  Haupt- 
theden  torliegt,  erschöpfend  zu  würdigen,  und  noch  weniger  stünde  es 
^  Schreiber  dieser  Zeilen  an,  der  Lobpreiser  einer  literarischen  Arbeit 
2n  werden,  welche  im  Verlage  des  historischen  Vereines  erscheint  und 
eioen  Mann  der  Wissenschaft  zum  Verfasser  hat,  dessen  Verdienste  um 
^  Arehiyswesen  der  Steiermark  und  um  deren  Geschichte  landbekannt 
änd,  dessen  fachmännischer  Ruf  auch  im  Auslande  feststeht. 

Aber  an*B  Herz  legen  sollen  diese  Steilen  dem  Steierm&rker  und 
^  Freunde  der  Geschichte  dieses  Landes  die  Bedeutung  und  den 
Notzen  eines  Werkes,  das  vor  allem  die  inhaltliche  Möglichkeit  seiner 
Aosftihrang  in  der  opferwilligen  Rücksicht  der  Landesvertretung  für  die 
^^Organisation  des  heimischen  Archivswesens,  für  seine  systematische 
Weiterung  und  Bereicherung  fand,  und  andererseits  durch  die  Muni- 
ficenz  des  k.  k.  Ministeriums  für  Gultus  und  Unterricht,  femer  durch  die 
^liherzigen  Spenden  des  Landtages  und  der  in  allen  heimischen  In- 
teressenfragen hilfreich  gesinnten  Sparcasse  in  seinem  Erscheinen  wirksam 
fpfördert  wurde. 

Nichtsdestoweniger  waren  und  blieben  die  Opfer,  die  der  historische 
Verein  dabei  zu  bringen  hatte,  für  seine  bescheidenen  finanziellen  Mittel 
^8  genug.  Er  brachte  sie  freudig,  denn  sie  galten  einem  verdienst- 
^eu,  in  seiner  Art  unentbehrlichem  Unternehmen.  Allein  er  hoffte 
auch,  und  Iftsst  diese  Hoffiiung  nicht  sinken,  dass  die  Freunde  seiner 
^^strebongen  und  der  Landesgeschichte  Überhaupt  durch  die  rege  Ab- 
Q^iune  eines  mit  Rücksicht  auf  Umfang  und  Inhalt  an  sich  nicht  theuren 
°ad  den  Veretosgenossen  gegenüber  im  Preise  bedeutend  herabgesetzten 
Werkes  ihr  lebendiges  Interesse  an  der  Landesgeschichte  darthun  und 
^  witsensehaftlich-patriötischen  Bestrebungen  des  Vereines  werkthätig 
QBtersttttzen,  dessen  ungeschw&chte  Ausdauer  ermöglichen  werden. 


—     184     — 

Eine  Umschau  unter  den  bezüglichen  modernen  Leistungen  der 
deutsch-Österreichischen  Provinzen  liefert  die  für  den  steierm&rkischen 
Geschichtsfreund  erhebende  Thatsache,  dass,  Ober-Oesterreich 
ausgenommen  und  abgesehen  von  dem  nur  als  Beilage  der  Zeitschrift 
„Istria **  erschienenen,  lückenhaften  und  kritisch  nicht  bearbeiteten  Codice 
Istriano  ( — 1526),  bislang  blos  die  Steiermark  für  die  qnellen- 
mässige  Begründung  seiner  mittelalterlichen  Landesgeschichte  durch  ein 
wissenschaftlich  angelegtes  und  durchgeführtes  Werk  sorgte.  Denn  das 
einst  beilagenmässig  angelegte  Diplomat.  Gamiolicum  für  Krain  uod  die 
ähnlichen  Publicationen  Salzburgs  können  nicht  veranschlagt  werden. 

Aber  auch  der  Blick  auf  die  anderen  L&ndergruppen  unseres 
Staates  vermag  dies  ehrende  Selbstgefühl  des  steierm&rkischen  Landes- 
archivs und  des  historischen  Vereines  nicht  herabzustimmen.  Im  Bereiche 
der  Sudetenlftnder  hat  Mähren  allein  das  Verdienst,  seinen  Codex 
epistolaris-diplomaticus  noch  in  der  vorm&rzlichen  Epoche  in  Angriff 
genommen  und  weiter  geführt  zu  haben.  Böhmen  entbehrt  bislang 
seines  Urkundenbuches,  nicht  minder  Oesterreichisch-Schlesien. 
Galizien  besitzt,  abgesehen  von  den  wachsenden  und  stattlich  ausge- 
führten diplomatischen  Einzelpublicationen,  gleichfalls  kein  solches;  der 
ältere  Dogiersche  Codex  diplomaticus  Foloni»  et  Litthaaniie  (1758— 
1764)  stammt  noch  aus  einer  Zeit,  wo  es  ein  Polenreich  gab.  Ungarn 
kann  allerdings  mit  seinem  vor  1848  schon  herausgegebenen  Codex  diplom. 
unter  Fej^rs  Autorfirma,  mit  dessen  Ergänzung  für  die  Arpädenzeit  durch 
6.  Wenzel ,  andererseits  mit  dem  Codex  patri»,  mit  den  jüngst  er- 
schienenen ürkundensammlungen  zur  Geschichte  der  angjoviniscben  und 
korvinischen  Periode  Staat  machen,  aber  einerseits  ist  das  Fed^r'schc 
Grundwerk  eine  sachlich  ungemein  mangelhafte  und  formell  unwissen- 
schaftliche Leistung  und  trotz  aller  Ergänzungen  in  seinen  Mängehi  nicht 
besser  geworden,  andererseits  das  Bedürfhiss  nach  einem  den  alten  and 
inzwischen  aufgehäuften  neuen  ürkundenstoff  systematisch  und  kritisch 
zusammenstellenden,  in  der  Einleitung  und  im  Begister  gemeinnützig 
sichtenden  Werke  noch  immer  nicht  befriedigt.  Das  verdienstliche  Urkun- 
denbuch  für  Siebenbürgen  (für  die  Zeit  —1301)  musste  in  den 
Publicationen  der  Wiener  Akademie  sein  Unterkommen  suchen  und 
bedürfte  längst  wesentlicher  Ergänzungen.  Die  rührige  Agramer  Akademie, 
besonders  durch  die  patriotische  Munificenz  Einzelner  gefordert,  besitzt  zu 
einem  allumfassenden  Urkundenbuche  Kroatiens  sehr  bedeutende  und 
fleissige  Vorarbeiten  und  Einzelsammlungen,  aber  kein  Ganzes. 

Dies  genüge,  um  die  achtbare  Stellung  zu  kennzeichnen,  wekhe  das 
Urkundenbuch  der  Steiermark  innerhalb  der  verwandten  liCiatungen 
anderer  Kronländer  Oesterreichs  einnimmt. 

Besehen  wir  uns  flüchtig  seinen  Inhalt  Die  beiden  Bände  lunfitfsen 
die  ältesten,  historisch-topographisch  schwierigsten,  aber  auch  wichtigstem 


—     185     — 

Epochen  der  Steiermark:  die  von  798—1192,  also  Yon  den  karolingischen 
Epoche  bis  zum  Aussterben  der  Traunganer,  der  ältesten  heimischen 
Dynastie,  und  die  von  1192 — 1246,  somit  die  babenbergische  Zeit,  die 
Periode  der  Personalunion  Oesterreicbs  und  Steiermarks. 

In  den  beiden  Bftnden  ruht  zun&chst  der  wichtigste  Schlüssel  zur 
Territorialgeschichte  und  historischen  Ortskunde  unseres 
Landes.  Von  den  783  Urkunden  des  I.  Bandes  sind  865,  von  den  470 
des  n.  264  bisher  ungedmckt ;  dazu  21  Nummern  Nachträge  zum  I.  Bande, 
QDter  denen  3  StQck  gleichfalls  erst  jetzt  veröffentlicht  vnirden. 

Yon  den  Urkunden  des  I.  Bandes  sind :  Kloster  Admont  allein  mit 
416  Kmnmem,  St.  Lambrecht  mit  40,  Seckau  34,  Göss  19,  Rein  18, 
Sehz  11,  Yorau  10,  Oberburg  6,  Geirach  4,  Spital  a.  Semmering  3  Ur- 
kunden bedacht,  unangesehen  die  zahlreichen  Urkunden,  welche  inlän-. 
disdie  Besitzrerhältnisse  und  Bechte  auswärtiger  Hochstifte  und  Klöster 
Aasserösterreichs  und  Oesterreichs ,  wie:  Aquileja,  Bamberg,  Beligne 
(Abtei  bei  Aquileja^,  Berchtesgaden,  Brixen,  Formbach  (in  Baiern  am 
Inn),  Freising,  Garsten,  St.  Georgen  a.  Längensee,  Gleink,  Göttweih, 
Gtnrk,  Michelbeuern,  St  Paul,  Reichersberg,  Rot  (a.  Inn),  Salzburg,  Sittich, 
Saben  and  Yiktring,  femer  den  Deutschorden  betreffen. 

Nicht  minder  reich  für  die  Kloster-  und  Landesgeschichte  erscheint 
der  n.  Band.  Auch  da  nimmt  Admont  mit  99  Nummern  den  Löwen- 
sntheil  ftir  sich  in  Anspruch ;  ihm  zunächst  das  Kloster  und  das  Bisthum 
Seckau.  Ausser  den  schon  beim  I.  Bande  angeführten  Landesklöstem 
srschemen  hier  neu :  das  regulirte  Chorherrenstift  Stainz  und  das  Domini- 
IsuKrkloster  Studenitz  im  Unterlande. 

Neben  der  oberländischen  Pfarre  Irdning  treten  hier  von  auswärti- 
ge Klöstern  zu  den  bereits  genannten :  Diessen  (Baiem),  Heiligenkreiiz, 
Hichelstetten  (in  Krain),  Ebemdorf  (Oebemdorf,  in  Kärnten)  Prüfhing 
(Baiern),  das  Spital  am  Pyhm  und  der  Jokanniterorden ;  überdies  das 
Hochstift  Lavant.  Ausserdem  findet  sich  schon  Material  für  die  ein- 
heimische Geschlechtergeschichte,  wie  der  von  Königsberg  in  Untersteier, 
TOQ  Peggan  (Peckah),  von  Pettau  und  Stnbenberg. 

Nun  aber  wollen  wir  der  Bearbeitung  dieses  Urkundenschatzes 
^  den  Gebrauch  des  Buches  gedenken.  Darin  steckt  bedeutende,  von 
^  diplomatischen  Wissenschaft  der  Gegenwart  streng  geforderte  Arbeit, 
^e  Einleitung  des  L  Bandes  wird  zunächst  den  Yerdiensten  eines 
Posch  und  Fröhlich,  Cäsar,  Muchar,  der  Munificenz  Erzherzog 
Job  an  n  8  und  dem  Zusammenwirken  der  Landschaft  und  des  historischen 
Vereines  (1846)  gerecht;  sie  gedenkt  auch  des  vertrauensvollen  Entgegen- 
kommehs  der  Herren  Aebte  von  St.  Lambrecht  (Suppan  und  Setz- 
oageQ  and  der  bezüglichen  Gonivenz  Admonts,  vertreten  durch  seinen 
•vortrefflichen'*  Archivar  W ichner.  Sodann  beleuchtet  der  Verfasser 
s^ine  kritische  Arbeit  mit  den  einzelnen  Urkundenbeständen,  die  kritischen 

13 


-     186     — 

Gesichtspunkte  bei  der  Herausgabe  der  Urkunden  und  den  Zweck  der 
erschöpfenden  Register,  beziehungsweise  Repertorien,  deren  erstes 
die  üebersicht  der  Urkunden  nach  deren  „individuellen  Zugehörung'', 
das  zweite  die  nach  den  „Ländembetreffen*'  ausser  der  Steiermark  ver- 
zeichnet,  das  dritte  die  gefälschten,  interpolirten,  rescribirten  und  ver- 
dächtigen Urkunden  zusammenstellt,  während  die  drei  eigentlichen  Re- 
pertorien oder  Hauptregister  den  Zweck  haben,  in  der  erschöpfendsten 
Weise  die  Massen  der  Personen-  und  Ortsnamen  nadi  allen  ihren 
abweichenden  urkundlichen  Schreibungen  alphabetisch,  mit  Jahresangabe, 
zu  ordnen,  andererseits  in  gleicher  Weise  sämmtliche  sachliche 
Ausdrücke  vom  Belange  zu  registriren. 

Analog  sind  Einleitung,  das  dreifache  Urkundenregister  und  die 
drei  Personen-,  Orts-  und  Sachnamen-Repertorien  auch  im  ü.  Bande  ge- 
halten. Als  neue  Momente  darin  erscheinen  die  Charakteristik  der  poli- 
tischen Verhältnisse  der  Steiermark  1192 — 1246  und  die  ausführliche 
Antwort  auf  die  fachmännischen  Urtheile  in  massgebenden  Zeitschriften. 
—  Soviel  Ober  das  Gebotene,  nun  ein  Wort  an  das  geschichtsfreond- 
liche  Publikum  der  Steiermark. 

Das  Urkundenbuch  ist  allerdings  kein  Werk  für  weite  Kreise,  kein 
landläufiges  Buch,  aber  neben  den  Annalen  und  Chroniken  eine  grund- 
legende Arbeit  ftlr  die  Landesgeschichte  im  Allgemeinen  und  Einzelnen. 
Dem  Kenner,  dem  die  Sprache  der  Urkunden  und  ihr  Wesen  vertraut 
ist,  brauchen  wir  die  Bedeutung  des  Werkes  nicht  nahe  zu  legen,  aber 
auch  fOr  den  der  urkundliöhen  Forschung  ungewohnten  Freund  der 
Landesgeschichte  bieten  die  deutschen  Regesten  der  Urkunden,  die  reich- 
haltigen Repertorien,  in  denen  eine  Fülle  von  Aufschlüssen  über  Personen, 
Orte  und  deren  Namen  u.  s.  w.  steckt,  bieten  die  Einleitungen  des 
Stoffes  vollauf  für  vielseitige  Belehrung. 

Bei  einem  Werke,  in  welchem  dynastische,  territoriale,  Kloster-  und 
Städte- Geschichte,  Ansiedlungswesen  u.  s.  w.  die  sicherste  Begründung 
erfährt,  darf  der  historische  Verein  als  der  Herausgeber  auch  eines 
zweiten  Quellenwerkes  von  anerkanntem  wissenschaftlichen  und  heimai- 
ländischen Interesse,  des  steierm.  Landrechtes,  bearb.  von  Dr.  F. 
Bischoff,  auf  werkthätige  Theilnahme  des  steiermärkischen Pub- 
likums rechnen.  Er  wird  darin  den  nothwendigen  Antrieb  zu  seinem 
weiteren  gemeinnützigen  Schaffen  in  dieser  Richtung  finden. 


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MITTHEILÜNGEN 


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HISTORISCHEN  VEREINES 


FÜB 


STEIERMARK. 


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HERAUSOEOEBEN 

VON  DESSEN  AUSSCHUSSE. 


XISITT-III.  HEFT- 


Oraz^  1880. 

Im  Selbstverläge. 


Xo  Cominission  der  k.  k.  Üniversit&ts-Buchhandlung 

Leuschner  &  Lubensky. 


.:&£l 


P-f.  C^^^t^.  ^CK.     -tl  f.  U,    /C/  Sdi^^  .<  /•  '':■  « 


^üüm.  Jai^^  Liier-  at^  Samüa  MaHott- 
Mvr0lrat.'T!^  Vätan..  Cojar.  tt  hmurnan. . 


1 


MITTHEILÜN6EN 


DS8 


ESTOEISCHM  VEREINES 


FÜB 


STEIERMARK. 


■««09»«- 


HBRAÜSOEOBBEN 

I 
I 
I 


VON  DESSEN  AUSSCHUSSE, 


TTIII-   HEFT. 


Graz,  1880. 
Im  Selbstverlaga 


In  CommiBsion  der  k.  k.  Univerait&te-fiuchhandlnng 

Leuschner  &  Lubensky. 


Lbykam-Josbpsthai.,  grax. 


^* 


Inhalt. 


A.  Vereins -Angelegenheiten. 

S«ite 

I.  Chronik  des  Vereines III 

II.  Yeränderungen  im  Personalstande  des  Vereines     .    .    .  XV 

III.  Uebersicbt  Ober  die  Empf&nge  und  Ausgaben       .    .    .  XVI 

IV.  Znw&ohse: 

A.  Fflr  die  Bibliothek XVIII 

B.  Für  das  Archif XXVI 

C.  Ffir  die  Kunst-  und  Alterthumssammlung    .    .    .  XXVI 
Aas  den  Berichten  der  P.  T.  Bezirks-Gorrespondenten    .    .    .  XXVII 

B.  Abhandinngen. 

Zar  Geschichte   des  Jagd-  und  Forstwesens  Steiermarks   in   der 

Zeit  Maximilians  I.,  Ton  Dr.  Franz  Martin  Mayer  .    .    .        3 

Doctor  Adam  von  Lebenwaldt,  ein  steirischer  Arzt  und  Schriftsteller 

des  17.  Jahrb.,  von  Dr.  Richard  Peinlich 42 

Sigismnnd's  Grafen  yon  Auersperg  Tagebuch  zur  Geschichte  der 
firanzOsischen  Invasion  vom  Jahre  1797.  VerG£fentlicht  Ton 
J.  Kratochwill,  revidirt  und  mit  Erläuterungen  versehen 
von  Dr.  F.  R.  v.  Krones 106 

C.  Kleinere  Mittheiinngen. 

Zar  Geschichte  des  Eisenerzer  Aufstandes  des  Jahres  1683,   von 

Job.  Krainz 218 

Literarische  Anzeigen,  von  Dr.  F.  R.  v.  Krones 219 


Register. 


A. 

Anersptrg,  Sigismand  Graf  von,  8. 
Tagebuch  vom  J.  1797  106.  — 
Actenst&cke  daraus  183.  —  Er- 
läntemngen  dazu  203. 

B. 

BangirtBer  Sigm.,  kais.  Waldmei- 
ster 13. 

BiKhoi;  Prof.  Dr.  Ferd.,  Mitglied 
des  im  Herausgabe  einer  Biblio- 
gn^e  eiogesetzten  Comit^'s  Y, 
Mitglied  des  Comit^'s  zur  fienr- 
thdlnng  der  Ortschroniken  VI. 

Bflser,  prftm.  Ortschronist  VII. 

D. 

DieCrtcftiitaiB,  Sigmund  ▼.,  Landes- 
bauptmann  16. 

E. 

Eisetschmidt,  Dr.  Samuel,  Arzt  in 
Graz  98. 

Erich,  Herzog  t.  Braunschweig  18. 
Ena«,  Lienhard  von,  Vitzdom  16. 

F. 

Flnt  Ernst,  Gassier,   Ausscheiden 
»US  dem   Ausschüsse   VI,  VTII. 

e. 

(Sruf  Joh.,  Conservator,  Antrag  IV. 
Grab  Wilhelm,  oberst.  k.  Jäger- 

meiater  81. 
Greswefl  Lukas  16. 
GriusMar  Michael  16. 
6rUtl«  Dr.  J.  C.  42. 

H. 

hrkamp  Job.,  Ortschronist  VH. 
mg  Hans,  k.  Forstmeister  14. 
Hiuer  Lienhard  37. 
Jerbentaia,  Hans  von  16. 
bteaii  Hans  16. 


J. 

Jigd-  und  Forstwesen,  zur  Gesch. 

des,  Steiermarks  etc.,  Abh.  von 

Dr.  F.  M.  Mayer  3. 
Jagdreviere,  Beschreibung  der,  um 

Eisenerz  und  Tragöss  81. 
— -  im  Kammerthal  36. 

—  um  Admont  36. 

—  im  Ennsthale  etc.  37. 
~  auf  dem  oberen  Murboden  40. 

K. 

Kahr  Franz,  Ortschronist  VII. 
Kal&dorf,  Alexander  von  16. 
Krailis  Job.,  Ortschronist  VU. 
~  der  Eisenerzer  Knappenaufstand 
213. 

KratochwUl  J.,  Mittheilung  des 
Tagebuches  des  Grafen  v.  Auers- 
perg  106. 

Kraatgasser,  Dr.  Job.,  Ortschro- 
nist vn. 

Krones,  Dr.  Franz,  R.  v.  M.,  Mit- 
glied des  zur  Heransgabe  einer  Bi« 
bliographie  eingesetzten  Comit^'s 
V,  Mitglied  des  Gomit^'s  zur  Be- 
urtheilung  der  Ortschroniken  VI. 
Vortrag  über  ein  Qrazer  Strassen- 
duell  IX.  Becensionen  219. 

KtUuelt  Anna,  Ortschronistin  VHI. 

Kttmmel,  Dr.  Emil,  Vortrag  über  die 
Bolle  des  Bieres  und  Weines  XH. 

RttschaU  Franz,  Ortschronist  Vlü. 

lange  Job.,  Bericht  als  Bez.-Gorresp. 

xxvn.  ^ 

Lebenwaldt,  Dr.  Adam  v.,  Abh.  von 
B.  Peinlich  42. 

—  seine  Werke  44. 

—  Biographie  48. 

—  Conterfei  64. 

—  sein  Wirken  als  Arzt  und  ge- 
lehrter Schriftsteller  67. 


Lebenwaldt,  Dr.  Adam  tob,  seine 

Stellung  zum  Aberglauben  seiner 

Zeit  80. 
Lechthaler  Caspar,  ob.  Bergmeister 

81,  37. 
Laschin,  Prof.  A.  v.,  Vortrag  über 

Balthasar  Weidacher  lY. 

M. 

Haitis,  Hans  von,  ob.  Bergmeister  1 2. 

Mayer,  Dr.  Franz  M.,  Mitglied  des 
zur  Herausgabe  einer  Bibliogra- 
phie eingesetzten  Gomit^'s  Y. 
Vortrag  über  Jagden  und  Jagd- 
reviere K.  Maximilians  in  Steier- 
mark YI.  Neuwahl  in  den  Aus- 
schuss  XIY.  Abhandlung  3. 

Meixner  Ant.,  Bericht  als  Bezirks- 
Gorrespondent  XXYH. 

N. 

Kepol  Adolf,  Ortschronist  YH. 
Noe  Heinrich,  Wahl  zum  Gassier  IX. 

P. 

Paner  Ludwig,  Bericht  als  Bezirks- 
Gorrespondent  XXYII. 

Peinlich,  Dr.  Richard,  Anträge  HI, 
XIY.  Mitglied  des  Gomit^'s  zur 
Beurtheilung  der  Ortschroniken 
VI.  Vortrag  über  die  Stadtwirth- 
schaft  von  Graz  vor  200  J.  IX- 
Yortrag  über  Sittenpolizei  des 
16.  Jahrh.  XL 

Pezlederer  A.,   Ortschronist  YIII. 

Pichl  Reichsritter  von  Gamsenfels, 
Karl,  Ortschronist  YIII. 

B. 

Raisp  Ferd.,  Ortschronist  YII. 
Raober  Ghristoph,  Bischof  von  Lai- 
bach^  16. 


I 


Reghaltser  Christoph  16. 
RAich  Job.  YH. 

S. 

Sanraa,  Erasmus  von  15. 

—  Wolf  von  16. 

Schackhan  Osann,  Thiergartner  in 

Qraz  17. 
Schmid  Georg,  Scriptor  HI,  Y. 
sollner  Franz,  Ortschronist  YII. 

T. 

Traopitx  Heinr.,  Pfleger  zu  Pfann- 
berg 15. 

Y. 

Tortrftge:  von  Prof.  Dr.  A.  von 
Luschin  lY ;  —  von  Prof.  Dr.  F. 
M.  Mayer  VI ;  —  von  Prof.  Dr. 
H.  von  Zwiedineck  -  Südenhorst 
IX,  XI;  —  von  Prof.  Dr.  R.  t. 
Krones  IX;  —  von  Regierungs- 
rath  Dr.  R.  Peinlich  IX,  XI ;  - 
von  Dr.  £.  Kümmel  XII. 

w. 

Weidacher  Balthasar,  Yortrag  über 
lY. 

Z. 

Zahn,  Jos.  von,  Antrag  UI.  Mitglied 
des  Gomit^'s  zur  Beurtheilung 
der  Ortschroniken  lY. 

Zolner  Yeit,  k.  Rath  22. 

Zwiedineck-Südenhorst,  Dr.  Hans  v., 
Yortrag  über  die  Gesandtschafts* 
reise  des  Freiherm  Adam  von 
Herberstein  nach  Gonstantinopel 
IX.  Yortrag  über  den  gegenw&r- 
tigen  Stand  der  Wallenstcinfrage 
XI.  Neuwahl  in  den  Ausscbuss 
XIY. 


i 


A. 


Vereins  -  Angelegenlieiten. 


Mittheil,  dos  hist.  Yereins  f.  Sieiennarlc,  XXVIIII.  Heft,  1880.  A 


Geschäfts -Uebersicht 


L 

Chronik  des  Vereines 

über  die  Zeit  Yon  der  31.  JahresTersammlung  am  30.  J&nner  1870  bis 
zur  32.  JahresYersammlung  vom  28.  Jänner  1880. 

1.  Ueber  den  in  der  31.  Jahres  -  Versammlung  vom 
30.  Jänner  1879  von  Herrn  Regierungsrath  Dr.  Richard 
Peinlich  gestellten  Antrag,  die  historischen  und  geogra- 
phischen Publicationen,  insoferne  dieselbe  Steiermark  betreffen, 
alljährlich  in  den  Mittheilungen  namhaft  zu  machen  0,  berieth 
der  Ausschuss  in  den  Sitzungen  vom  19.  Februar  und 
22.  März  1879.  Herr  Prof.  J.  v.  Zahn  erweitert  den  Antrag 
dahin,  es  solle  zuerst  eine  allgemeine,  nach  wissenschaftlichen 
Grandsätzen  bearbeitete  historische  Bibliographie.  Steiermarks 
geschaffen  werden,  welche  dann  von  Jahr  zu  Jahr  durch  Anzeige 
der  eben  erschienenen  Arbeiten  in  den  Mittheilungen  ergänzt 
werden  könnte.  Der  Ausschuss  erklärte  sich  einstimmig  für 
diesen  Antrag  und  beschloss  femer  diese  Bibliographie  in  den 
Mittheilungen  nöthigenfalls  in  Verbindung  mit  einem  Aufsatze 
erscheinen  zu  lassen.  Der  Ausschuss  gab  sich  der  Anschauung 
hin,  dass  eine  solche  Bibliographie  einem  Bedurfhisse  des 
gebildeten  Publicums  entgegenkomme  und  dass  eben  desswegen 
durch  einen  grösseren  Absatz  die  etwaigen  grösseren  Kosten 
gedeckt  würden.  Auch  wurde  beschlossen^  Herrn  Georg  Schmid, 
Scriptor  an  der  k.  k.  IJniversitäts-Bibliothek  in  Graz  zu  fragen, 


^  Ygl.  die  vorigjäbrigen  Mittheilungen  des  hist.  Y.  f.  Steiermark  X. 


-     IV     - 

ob  er  die  Ausarbeitung  der  Bibliographie  tibernehmen  wolle, 
und  im  Bejahungsfalle  ihn  zu  ersuchen,  den  Plan  vorzulegen, 
nach  welchem  er  die  Arbeit  vorzunehmen  gedenke. 

In  der  Sitzung  vom  19.  Februar  wurde  in  das  Comite 
zur  Beurtheilung  der  Ortschroniken  an  Stelle  des  Herrn  Prof. 
J.  V.  Zahn,  der  wegen  Abreise  austrat,  Herr  Regierungsrath 
Dr.  R.  Peinlich  gewählt. 

2.  In  der  Ausschuss-Sitzung  vom  16.  April  wurde  über 
Antrag  des  Herrn  Conservators  J.  Graus  einstimmig  be- 
schlossen, Sr.  Excellenz  dem  Herni  Statthalter  die  Glück- 
wünsche des  Vereines  zur  silbernen  Hochzeit  Ihrer  Majestäten 
durch  eine  hiezu  gewählte  Deputation  auszusprechen. 

3.  In  der  am  30.  April  1879  im  Gebäude  der  Landes- 
Oberrealschule  abgehaltenen  29.  Vierteljahres  -Versammlung 
hielt  Herr  Universitäts-Professor  Dr.  Arnold  L  u  s  c  h  i  n  Ritter 
von  Ebengreuth  einen  Vortrag  über  ;,Balthasar  Weidacher, 
eine  Paduaner  Studentengeschichte". 

Der  Vortragende,  dem  zufolge  mehrjähriger  Forschungen 
an  Ort  und  Stelle  ein  Material  von  seltener  Reichhaltigkeit 
über  die  innere  Geschichte  der  Universität  in  Padua  zur 
Verfügung  steht,  bot  aus  der  Fülle  seiner  stofflichen  Vor- 
arbeiten eine  höchst  interessante  Episode  des  Paduaner  Stu- 
dentenlebens,  die  sich  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts abspielt  und  als  Helden  den  geistlichen  „Präceptor" 
der  jungen  Herbersteine:  den  ehrsamen  B.  Weidacher, 
uns  vorführt.  Der  Vortragende  begann  die  eigentliche  Er- 
zählung mit  einer  Erörtemng  der  Paduaner  Universitätsver- 
fassung und  ihres  Fremdenbesuches,  insbesondere  von  Seite  de.s 
steiermärkischen  Adels  und  Patriziates,  und  gewährte  einen 
orientirenden  Einblick  über  die  Gliederung  der  ^Nationen"  an 
derselben,  mit  Streiflichtern  auf  die  kleinen  Kriegslisten,  die 
man  zu  Gunsten  des  Stimmenübergewichtes  bei  den  einzelnen 
„Nationen^  versuchte.  Die  Stärke  der  „deutschen  Nation"  in 
Padua  und  ihre  von  der  geschäftsklugen  Signoria  Venedigs 
gern  gewährten  Vorrechte  kamen  zur  Sprache,  insbesondere 
der  Umstand,  dass  man  auch  in  Hinsicht  des  Protestantenthums 


—     V     - 

der  deutschen  Universitätshörerschaft  gern  ein  Auge  zudrückte 
und  ihn  unter  der  Bedingung,  dass  er  zu  keinerlei  Religions- 
störungen führe,  seine  Wege  gehen  Hess.  Auch  der  genannte 
Präceptor  der  Herbersteine  war  ein  dem  „Lutherthum"  be- 
freundeter Mann,  was  den  neuen  und  darun)  doppelt  scharfen 
Paduaner  Bischof  bewog,  ihn  als  ketzerisch  gefährliches  Indi- 
viduum durch  die  Rettori  der  Stadt  verhaften  zu  lassen.  Die 
lebendige  Schilderung  des  darob  erstandenen  Unwillens  der 
deutschen  Studentenschaft,  ihres  Entschlusses,  die  Sache  des 
Verhafteten  als  ihre  eigene  auszufechten  und  vor  die  Herrin 
Padua's,  die  venetianische  Signoria,  zu  bringen,  der  Absendung 
der  Deputation  in  die  Lagunenstadt,  deren  erfolglose  Wan- 
derungen vom  kaiserlichen  Orator  zu  den  Studienrectoren  und 
dann  zum  gefürchteten  „Rathe  der  Zehn'',  welcher  in  echt 
^venetianischer  Weise"  den  ohnehin  aus  eigener  Einsicht 
kleinlaut  gewordenen  Stadtrectoren  von  Padua  eine  Nase  gab 
und  alles  Weitere  ihrer  „Klugheit"  überliess,  dieser  ScMl- 
derung  folgte  der  halb  ernste,  halb  heitere  Bericht,  wie  gross 
die  Verlegenheit  des  Stadtmagistrates  und  der  Aerger  der 
deutschen  Studenten  angesichts  der  Halsstarrigkeit  des  glau- 
benseifrigen, sich  hinter  alle  möglichen  Hindernisse  verschan- 
zenden Bischofs  wurde.  Selbst  die  erneuerte  Deputation  direct 
an  den  Dogen  brachte  die  Sache  in  kein  besseres  Geleise, 
bis  Wei  da  eher,  mürbe  geworden  durch  die  Haft  und  deren 
Unabsehbarkeit,  „zum  Kreuze  kroch,"  das  ist,  einen  Widerruf 
etwaiger  Abirrungen  vom  rechten  Glaubenspfade  in  bester 
Fonn  leistete.  Aber  auch  dann  noch  wickelte  sich  seine  Frei- 
werdung  ungemein  zähe  ab. 

4.  Herr  Scriptor  S  c  h  m  i  d  hatte  den  Plan,  nach  welchem 
er  die  Bibliographie  auszuarbeiten  gesonnen,  dem  Ausschusse 
vorgelegt  und  wurde  derselbe  einem  Comite,  bestehend  aus 
den  Herren  Prof.  F.  Bischoff,  F.  Krones  und  F.Mayer 
zur  Beurtheilung  überwiesen.  Das  schriftliche  Gutachten,  welches 
dieses  Comite  in  der  Sitzung  vom  24.  Juni  dem  Ausschusse 
vorlegte,  wurde  von  diesem  genehmigt.  Auch  wurde  in  dieser 
Sitzung  die  von  dem  zur  Beurtheilung  der  Ortschroniken  auf- 


-     VI     ~ 

gestellten  Comite  vorgelegten  Prämiirungs-  und  Anerkennungs- 
listen  genehmigt 

5.  Der  bisherige,  langjährige  Cassier  des  Vereines  Herr 
Ernst  Fürst  hatte  schon  bei  Ablauf  des  vorigen  Vereins- 
Jahres  die  Absicht  ausgesprochen,  die  Geschäfte  wegen  seiner 
fortdauernden  KränkUchkeit  niederzulegen.  Doch  hatte  er  sich 
bestimmen  lassen,  im  Interesse  des  Vereines  sein  Amt  wieder 
zu  übernehmen.  Da  nun  aber  die  Gesundheit  des  Herrn  Cas- 
siers  nicht  in  der  Weise  sich  kräftigte,  als  es  die  Fortführung 
der  Cassiers-Geschäfte  verlangte,  so  legte  er  das  Amt  nieder 
und  wurde  daher  die  3(K  Vierte^jahrsversammlung  mit  den 
Befugnissen   einer  allgemeinen   Versammlung  ausgeschrieben. 

Sie  fand  am  10.  Juli  statt.  Der  Schriftführer  Prof. 
F.  M.  Mayer  hielt  einen  Vortrag  über  ^Jagden  und  Jagd- 
reviere K.  Maximilians  I.  in  Steiermark*',  welcher  mit 
einigen  Erweiterungen  in  den  vorliegenden  ;,  Mittheilungen  *" 
zum  Abdrucke  gelangt  ist. 

In  dieser  Versammlung  verlas  auch  der  Herr  Vereins- 
vorstand Namens  des  Comite's  zur  Beurtheilung  der  Orts- 
chroniken den  Bericht  über  das  Resultat  dieser  Beurtheilung, 
woraus  wir  Folgendes  hervorheben: 

Im  Ganzen  meldeten  in  den  Jahren  1873 — 1878  53  Orts- 
chronisteu  ihre  Thätigkeit  an,  wovon  so  ziemlich  die  eine  Hälfte 
auf  Ober-,  die  andere  auf  Untersteier  entfällt  Auf  die  Auf- 
forderung, die  Ortschroniken  bis  Ende  Jänner  1879  zur  Begut- 
achtung abzuliefern,  trafen  36  Chroniken  ein,  wovon  jedoch  eine 
leer  war.  Das  Beurtheilungs-Comite  bestand  aus  den  HeiTen 
Prof.  Dr.  F.  Bisch  off,  Dr.  F.  Krones  und  Regierungsrath 
Dr.  R.  P  e  i  n  1  i  c  h.  Dieses  Hess  sich  bei  der  genauen  Prüfung 
der  Vorlagen  von  den  gemeingültigen  Grundsätzen  leiten,  wonach 
Gewissenhaftigkeit,  Ordnung  der  Anlage,  ausdauernder  Fleiss 
in  den  Aufzeichnungen,  Bündigkeit  und  Gewandtheit  in  der 
Darstellung  und  relativer  nicht  blos  durch  die  Natur  der  Oert- 
lichkeit,  sondern  vornehmlich  durch  den  Forschungs-  und  Mit- 
theilungstrieb  des  Chronisten  erzielter  Stoffreichthum  die 
Bedingungen  des  Anspruchs  auf  Anerkennung,  resp.  Prämürung 


—   vn   - 

bilden  müssten.  Das  Gomite  hat  sich  die  Arbeit  nicht  leicht 
gemacht,  es  hat  auch  den  localen  Schwierigkeiten,  dem  Um- 
stände, dass  eine  Chronik  den  Chronisten  wechselte,  Rechnung 
getragen. 

Das  Comite  und  der  Gesammt-Ausschuss  constatiren  mit 
Genugthuung,  dass  in  den  meisten  der  eingesendeten  Orts- 
chroniken sich  ein  erfreuUches  SU'eben  nach  zweckentspre- 
chender Erfüllung  der  gestellten  und  selbstgewählten  Aufgabe 
kundgibt  und  dass  5  von  den  35  geprüften  Chroniken,  also 
\'i  der  Prämiirung  und  8  weitere,  also  nahezu  y«  der  Aner- 
kennung würdig  erklärt  werden  konnten. 

Der  Prämiirung  ihrer  Leistungen  wurden  nachstehende 
Ortschronisten  in  folgender  Abstufung  theihaftig: 

1.  Herr  Johann  Krainz,  Lehrer  in  Eisenerz  und  Bezirks- 
Correspondent ,  für  die  Begründung  der  Ortschronik  von 
Oberwölz  und  die  Führung  der  von  Eisenerz  —  7  Ducaten. 

2.  Herr  Adolf  N  e  p  e  1,  Lehrer  in  Leutschach,  für  die  Chronik 
des  genannten  Ortes  —  5  Ducaten. 

3.  Hochw.  Herr  Johann  R  o  e  s  c  h,  vormals  Kaplan  in  Köflach, 
gegenw.  Pfarrer  in  Wörth,  fUr  die  Chronik  von  Köflach  — 
4  Ducaten. 

4.  Herr  Friedrich  Böser,  Director  der  Bürgerschule  in  Voits- 
berg,  für  die  Chronik  des  genannten  Ortes  —  4  Ducaten. 

5.  Herr  Franz  Söllner,  Oberlehrer  in  Fürstenfeld,  für  die 
Chronik  des  genannten  Ortes  —  4  Ducaten. 

Die  schriftliche  Anerkennung  ihrer  Leistungen  erwarben : 

1.  Herr  Med.  Dr.  Johann  Krautgasser,  Bezirkscorre* 
spondent  des  bist  Vereines  in  Mureck,  für  die  Chronik 
des  genannten  Ortes. 

2.  Herr  Ferdinand  R  a  i  s  p,  Güterverwalter  in  Pettau,  Bezirks- 
Correspondent  des  bist  Vereines,  für  die  Chronik  des  ge- 
nannten Ortes. 

3.  Herr  Jobann  H  a  r  k  a  m  p,  Lehrer  zu  St.  Marein  am  Pichels- 
baeh,  für  die  Chronik  des  genannten  Ortes. 

4.  Herr  Franz  Kahr,  Oberiehrer  in  Leibnitz,  für  die  Chronik 
des  genannten  Ortes. 


—   vm   — 

5.  Herr  A.  Pezlederer,  Apotheker  in  Kindberg,   für   die 
Chronik  des  genannten  Ortes. 

6.  Herr  Karl  Pichl,  Reichsritter  von  Gamsenfels  in  Kersch- 
bach,  für  die  Chronik  des  genannten  Ortes. 

7.  Frau  Anna  Kühnelt  geb.  Pichl  von  Gamsenfels  in  Ober- 
radkersburg,  für  die  Chronik  des  genannten  Ortes. 

8.  Herr  Franz  Kü  sc  hall,    Oberlehrer  in  Schöder,    für  die 
Chronik  des  genannten  Ortes. 

Da  dem  Ausschusse  des  historischen  Vereines  zur  Be- 
theilung solcher  besonderer  Leistungen  eine  Anzahl  von  Me- 
daillen (der  K.  Franzens-Statue  und  Erzh.  Johann-Medaillen) 
bei  Gelegenheit  der  Naturforscher -Versammlung  übergeben 
wurde,  so  beschloss  er  den  beiden  Erstgenannten  unter  den 
mit  schriftlicher  Anerkennung  bedachten  Herren  je  eine  der 
beiden  ersteren  Medaillen  und  den  vier  anderen  je  eine  der 
zweiten  als  Erinnerungszeichen  zuzuwenden. 

Indem  der  Ausschuss  diese  Prämiirungen  und  Anerken- 
nuugen  mit  Vergnügen  kund  macht,  gibt  er  sich  der  ange- 
nehmen Hoffnung  hin,  dass  das  Institut  der  Ortschroniken 
auch  in  Zukunft  seine  der  wissenschaftlichen  Heimatskunde 
erspriesslichen  Früchte  in  gleichem  und  noch  reicherem  Masse 
tragen  werde  und  betrachtet  das  ErspriessUche  der  ihm  zu 
Grunde  liegenden  Idee  für  gesichert. 

In  derselben  Vierteljahresversammlung  legte  der  Ausschu&s 
einen  Bericht  vor  über  die  beabsichtigte  Herausgabe  einer 
allgemeinen  steierm.  BibUographie  und  ersuchte  die  Versamm- 
lung um  ihre  Zustimmung  und  Genehmigung  der  Kosten.  Diese 
gewährte  Beides.  Der  Vorsitzende  theilte  hierauf  mit,  dass 
der  Vereinscassier  Herr  Ernst  Fürst  in  Folge  seines  lei- 
denden Gesundheitszustandes  genöthigt  sei,  sein  Amt  nieder- 
zulegen. Er  dankt  ihm  mit  warmen  Worten  für  die  langjährige, 
opferwillige  Verwaltung  seines  Amtes  sowie  für  das  Interesse, 
das  er  stets  dem  Vereine  entgegengebracht  und  lud  die  Ver- 
sammlung ein,  ihren  Dank  ^)  durch  Erheben  von  den  Sitzen  zum 

1)  Der  Ausschass  hat  nachher  auch  schriftlich  dem  scheidenden  Gassier 
seinen  Dank  ausgesprochen. 


—    IX     - 

Ausdrucke  zu  bringen.  Dies  geschah.  Herr  Ernst  Fürst 
dankte  hierauf  für  das  ihm  stets  bewiesene  Vertrauen,  worauf 
Herr  Heinrich  N  o  ö ,  Director  der  Staats  -  Oberrealschule  in 
Graz,  per  accl.  zum  Cassier  erwählt  wurde.  Herr  Director 
Noö  erklärte  sich  bereit  zur  Annahme  der  Wahl. 

6.  In  diesem  Vereinsjahre  fanden  auch  drei  Geselltgkeits- 
abende  (im  Hotßl  zur  Stadt  Triest)  statt;  am  15.  März  hielt 
Herr  Prof.  Dr.  H.  von  Z wiedineck-Südenhorst  einen 
Vortrag  über  die  Gesandtschaftsreise  des  Freiherm  Adam 
von  Herberstein  nach  Constantinopel  im  J.  1608.  Am 
19.  April  sprach  der  Vereinsvorstand  Herr  Prof.  Dr.  Franz 
Krones  R.  v.  Marc  bland  über  ein  Grazer  Strassenduell 
V.  J.  1708;  am  17.  Mai  handelte  Herr  Begioiungsrath  Dr.  R 
Peinlich  über  die  Stadtwirthschaft  von  Graz  vor  200  Jahren. 
Au  diese  drei  Geselligkcitsabende  schloss  sich  später  eine  ge- 
sellige Zusammenkunft  auf  dem  Rosenberge  (beim  Stoflfbauer). 
Alle  diese  Versammlungen  erfreuten  sich  eines  zahlreichen 
Zuspruches  von  Seite  des  Publicums.  Es  sei  gestattet,  eine 
kurze  Skizze  der  drei  gehaltenen  Vorträge  hier  anzuschliessen : 

].  Adam  Freiherr  von  Herberstein  aus  der  von  seinem 
(jfossvater  Wilhelm  begründeten  niederösten  eichischen  Linie 
dieses  weitverzweigten  steirischen  Geschlechtes  wurde  vom 
Erzherzog  Mathias  am  6.  Mai  1608  an  die  Pforte  ent- 
sendet, um  die  Ratification  des  Friedens  von  Szitva  -  Torok, 
zu  welchem  Mathias  die  Zustimmung  seines  kaiserlichen 
Bruders  endlich  erzwungen  hatte,  durchzuführen.  Er  begegnete 
in  Constantinopel  grossen  Schwierigkeiten,  da  man  dort  einen 
anders  stylisirten  Text  des  Friedensinstrumentes  vorwies,  als 
die  kaiserlichen  Functionäre  in  Szitva-Torok  vereinbart  hatten. 
Der  Umsicht  und  Festigkeit  Herbersteins,  der  allen 
Künsten  der  türkischen  Diplomaten  gegenüber  standhaft  blieb, 
gelang  es,  die  Ratification  des  ursprünglichen  Textes  dennoch 
zu  Stande  zu  bringen  und  die  Interessen  des  Hauses  Oester- 
reich  im  vollsten  Umfange  zu  wahren.  Nach  einer  sehr  be- 
schwerlichen Balkanreise  kehrte  Herberstein  am  3.  Jänner 
1609  nach  Ofen  zurück  ^   wo  er  bis  Herbst  d.  J.  beschäftigt 


-    X    — 

war,  die  Ausführung  der  Friedens-BestimmungeD  durchzusetzen. 
(Eine  ausführliche  Darstellung  der  ganzen  Mission  auf  Grund 
der  Relation  Herberstein's  an  König  Mathias  findet 
sich  in  der  « Wiener  Abendpost*',  1879,  Beil.  zu  Nr.  129 
und  130.) 

IL  Das  Grazer  Strassenduell  oder  richtiger  der  UeberfalK 
welchen  der  jüngere  Graf  Säur  au,  unterstützt  von  seinem 
Verwandten  Grafen  Herberstein  gegen  den  Grafen  lieopold 
von  Stubenberg  in  der  damaligen  Jesuiten-  jetzt  Büi^er- 
gasse  ausführte,  als  Letzterer  aus  dem  geh.  Rathe  ahnungslos 
heimfuhr,  hatte  den  Anlass  in  abfälligen  Bemerkungen  des 
Stubenberge r^s,  welche  kurz  zuvor  bei  einer  geselligen 
Zusammenkunft  des  Adels  im  Garten  des  damaligen  Lesliehofes 
(j.  Joanneum)  über  den  sie  provocirenden  Saurau  gemacht 
wurden.  Der  Ueberfallene  musste  trotz  tapferer  Gegenwehr 
mit  seinem  unzureichenden  Prunkdegen  der  überlegenen  Waffe 
des  Gegners  und  dessen  Helfershelfers  erliegen.  Der  Vor- 
tragende besprach  das  Ganze  und  die  criminelle  Behandlung 
des  Vorfalles  nach  den  im  Joanneum,  j.  Landes-Archive  ver- 
wahrten Acten. 

HL  Der  ärmere  Theil  der  Bürgerschaft  zu  Graz  wollte  unter 
den  Ursachen  seiner  misslichen  Lage  auch  die  wirthschafUiche 
Gebarung  der  Stadtbehörde  finden.  Hiedurch  veranlasst,  führte 
der  Bürger -Ausschuss  1660  bei  dem  Kaiser  Leopold  Be- 
schwerde und  bat  namentlich  zur  Abhilfe  der  unverantwortlichen 
Wirthschafb  um  die  Wiedereinführung  des  vor  Alters  bestan- 
denen „äusseren  Rathes"  und  um  Behebung  mehrerer  anderer 
das  gewerbliche  Leben  drückender  Vorschriften,  insbesondere 
um  Verringerung  gewisser  Steuern. 

Kaiser  Leopold  ordnete  die  Untersuchung  der  Sachlage 
an,  in  Folge  welcher  ein  kleiner  Theil  der  Uebelstände  1665 
durch  Regierungsverordnung  zur  Behebung  hätte  gebracht 
werden  können  und  sollen,  in  der  That  aber  dauerten  die 
meisten  Uebelstände  und  die  Verhandlungen  darüber  bis  in 
die  Mitte  des  18.  Jahrhundertes. 

Hiebei  lernen  wir  die  finanzielle  Lage  der  Stadt,  Einnahme 


—     XI     ~ 

aod  Ausgabef  die  leichtfertige  Buchfbhrang,  die  guten  Grehalte 
der  Magistrats-Personeu ,  den  Schlendrian  in  der  Verwaltung 
ziemlich  genau  kennen,  da  der  Vortrag  drastische  Belege  jeder 
Art  beibrachte.  Das  Hauptresultat  der  Einmischung  der  Re- 
gierung war  die  gesteigerte  Bevormundung  der  Stadtbehörde 
darch  dieselbe  und  ein  noch  mehr  schleppender  Geschäftsgang 
durch  die  Ueberweisung  aller  wichtigeren  Dinge  an  die  Begut- 
achtung durch  die  Regierungs  -  Commissionen  in  Graz  und 
in  Wien. 

7.  Am  30.  October  1879  fand  die  31.  Vierteljahresver- 
sammliiog  statt,  in  welcher  Herr  Regierungsrath  Dr.  Richard 
Peinlich  einen  Vortrag  über  Sittenpolizei  des  16.  Jahr- 
honderts  in  Steiermark  hielt. 

Der  Vortragende  gab  zuerst  die  Quellen  bekannt,  aus 
denen  er  seine  Darlegung  schöpfte ;  es  sind  dies  landesfürstliche 
Verordnungen,  Patente  und  Landtagsverhandlungen  aus  der 
Zeit  von  1495  bis  1604.  Deren  Inhalt  erstreckt  sich  im  All- 
gemeinen auf  Gotteslästerung,  Schwören,  Fluchen,  Zutrinken, 
Vollerlei  und  Spiel,  uneheliche  Gemeinschaft,  Kleiderluxus, 
verschwenderische  Gastereien  u.  s.  w.;  denn  in  Berechnung 
der  fttr  den  Vortrag  ausgemessenen  Zeit  beschränkte  sich 
derselbe  Dur  auf  das  gotteslästerliche  Schwören  und  Fluchen 
und  auf  das  Zutrinken. 

Zunächst  wurden  die  Motive  und  die  Art  und  Weise  des 
Entstehens  der  bezüglichen  Verordnungen  dargelegt,  dann  die 
bezüglichen  Laster  definirt  und  die  Quelle  ihrer  Verbreitung 
und  die  stufenweise  ernstere  Bekämpfung  derselben  durch 
Verbote  und  gesteigerte  Strafen  angegeben.  Wo  es  zur  Be- 
leuchtung der  Sache  erforderlich  war,  verbreitete  sich  der 
Vortrag  auch  bis  in  Einzelheiten. 

8.  Am  20.  Deccmber  fand  der  erste  Geselligkeitsabend 
in  diesem  Winter  statt  Herr  Prof.  Dr.  H.  v.  Zwiedineck- 
Stldenhorst  hielt  einen  Vortrag  über  den  gegenwärtigen 
Stand  der  Wallensteiiifrage,  wobei  eine  Uebersicht  der  durch 
Hallwich's  neueste  Publicationen  gewonnenen  Resultate  für  die 
Gesdiichte  von  1632—1634  gegeben  und  dabei  insbesondere 


—    XII    — 

auf  die  Stellung  des  Fürsten  Hans  Ulrich  von  Eggenberg 
zu  Wallenstein  hingewiesen  wurde. 

9.  Am  28.  Jänner  1880  wurde  die  32.  Jahresversammlung 
abgehalten,  in  welcher  Hen*  Dr.  Emil  Kümmel  einen  Vortrag 
hielt  über  die  Rolle  des  Weines  und  Bieres  als  Genussmittel 
während  des  Mittelalters  in  Steiermark. 

Die  Weinrebe  reichte  im  Mittelalter  viel  weiter  nach  Norden 
hinauf,  als  man  dies  heutzutage  für  möglich  halten  würde. 
Man  wird  aber  darüber  weniger  erstaunen,  wenn  mau  in  Be- 
tracht zieht,  dass  das  gleiche  Verhältniss  auch  anderwärts 
bestand,  ja  dass  sogar  Brandenburg  in  alter  Zeit  Weinbau 
hatte.  Als  die  besten  Weinsorten  galten  aber  auch  schon  im 
Mittelalter  der  Luttenberger ,  Pettauer,  Radkersburger ,  Pi- 
ckerer  u.  s.  w.  Auch  der  Hopfenbau  war  schon  zur  Zeit  der 
Hohenstaufen  in  unserem  Lande  heimisch.  Es  ist  demnacli 
irrig,  wenn  behauptet  wird,  dass  die  1788  zu  Hz  gepflanzten 
Hopfenreben  überhaupt  die  ersten  in  Steiermark  gewesen 
seien. 

Das  älteste  Bier  hierzulande  muss  nach  der  Art  seiner 
Zubereitung  Weissbier  gewesen  sein.  Nach  Einbürgerung  der 
Gerste  machte  dasselbe  dem  Braunbiere  Platz,  so  dass  es  wie 
eine  neue  Erfindung  klang,  als  1582  der  steirischen  Landscbnft 
ein  Recept  zur  Erzeugung  des  ;, köstlichen  weissen  Bieres" 
nach  Art  des  baierisch  -  sächsischen  Gebräues  oflFerirt  wurde. 
Der  Consum  dieser  alkoholhaltigen  Getränke  war  im  Mittel- 
alter ein  so  starker,  dass  der  sonst  keineswegs  pessimistische 
Spruchdichter  Peter  Suchenwirt  in  folgender  Weise  dagegen 
ankämpfte : 

„Nu,  pfui  Dich,  Vras  und  Trunchenhait, 

Mensch,  dortzu  pist  Du  beraitV 

Dir  tut  die  Vrashait  also  wol, 

Daz  Du  kannst  nimmer  werden  vol; 

Die  Trttnch  durichvliezzen  Dir  den  Slunt, 

Daz  Dir  des  Morgens  smecht  der  Munt, 

All  Dein  Chraft  ist  entwicht, 

Dich  wecht  der  Durst  und  anders  nicht." 


—   xm   - 

In  Cllli  und  im  Sannthale  herrschte  im  15.  Jahrhunderte 
eine  solche  Trunksucht,  dass  die  Bauern  fUr  je  ein  Hftfen  Wein 
firei  Häfen  Getreide  gaben.  Auch  in  Obersteier  wurde  zu  Zeiten 
^0  übermässig  gezecht,  dass  die  Regierung  die  schärfsten  Ver- 
ordnungen dagegen  erliess.  Das  auf  Bier  und  Wein  gelegte 
\  erbot  trug  aber  wieder  zur  weiteren  Verbreitung  des  Brannt- 
weines bei. 

Die  frühere  Art  des  Reisens  sicherte  gleichfalls  den  Markt- 
und  Landwirthen  einen  bedeutenden  Absatz  von  Bier  und  Wein. 
Der  Herr  Vortragende  theilte  ein  Bruchstück  eines  Reise- 
berichtes von  1585  mit,  woraus  hervorging,  dass  man  von 
Graz  ans  durchschnittlich  5 — 8  Tage  brauchte,  um  die  ober- 
^teirische  Grenze  zu  erreichen.  Von  der  Billigkeit  des  Weines 
zeugte  auch  jener  Posten  von  sechs  Kreuzern,  womit  zu  Frohn- 
leiten  ausser  dem  Schmiedlohne  noch  eine  Mass  Wein  gekauft 
^urde. 

Grosse  Schwierigkeiten  hatten  die  mittelalterlichen  Wein- 
reisenden zu  überwinden.  Der  Strassenzwang  und  die  Nieder- 
lagsbefiignisse  vieler  Ortschaften  wirkten  sehr  hemmend  ein. 
Der  Binnenhandel  mit  steirischen  Weinen  war  trotzdem  recht 
lebhaft  Die  Pettauer  z.  B.  verführten  theils  nach  Obersteier- 
inark,  theils  nach  Kärnten  und  Krain.  Aus  Kärnten  nach  Ober- 
>teierniark  hinein  wurden  die  italienischen  oder  sogenannten 
-Lag] "-Weine  eingeführt  Doch  war  dies  nur  gegen  Rückfracht 
mit  Ausseer  Salz  gestattet  Oesterreicher  und  ungarische  Weine 
unterlagen  einem  hohen  Aufschlage  und  Einfuhrzolle  und  nur 
u'ewisse  Herrschaften,  Klöster  und  Orenzorte  genossen  nach 
<ieni  diesbezüglich  angelegten  „Weinbuche''  bestimmte  Begün- 
stigungen und  Nachlässe.  So  wurde  eine  gefährliche  Concurrenz 
vermieden  und  der  Steirer  Wein  in  seiner  Existenz  geschützt, 
und  dies  mit  vollem  Rechte,  denn  —  wie  ein  Volkslied  singt  — 

„Reiner,  feuriger  und  stärker 
Sagt  man,  wachse  er  am  Rhein, 
Gleichviel,  unser  Steiermärker 
Ist  doch  auch  ein  edler  Wein!^ 

Darauf  theilt  der  Ausschuss  der  Versammlung  folgende 


—    XIV    — 

drei  Beschlösse  mit  und  ersucht  um  deren  Genehmigung : 
1.  In  Anbetracht  der  von  Jahr  zu  Jahr  anwachsenden  RQck- 
stftnde  in  den  Zahlungen  der  Mitg^eder  seien  kQnftighin  die 
Jahresbeiträge  gelegentlich  der  Zustellung  der  Publicationen 
durch  Postnachnahme  einzubringen.  2.  Es  seien  neueriiche 
Mahnschreiben  an  die  Säumigen  zu  erlassen.  3.  Die  eventuelle 
Löschung  säumiger  Mitglieder  sei  vorzunehmen.  Diese  Be- 
schlösse des  Ausschusses  werden  mit  einem  Amendement  des 
Herrn  Bedacteurs  E.  Spork,  es  seien  die  Mitglieder  schon 
nach  einjährigem  Rückstände  zu  mahnen,  genehmigt 

Hierauf  sollten  für  die  Herren  Proff.  H.  v.  Z  w  i  e  d  i  n  e  c  k- 
Sodenhorst  und  F.M.Mayer,  welche  nach  den  Statuten 
aus  dem  Ausschusse  zu  scheiden  haben,  Neuwahlen  vorge- 
nommen werden.  Herr  Regierungsrath  Dr.  R  Peinlich  be- 
antragte die  Wiederwahl  der  beiden  Herren  per  accl. ,  was 
auch  geschah.  Herr  Redacteur  F.  Spork  erklärte  im  Namen 
der  Versammlung  den  beiden  Herren  den  Dank  für  ihre  Mühe- 
waltung. 

Schliesslich  beantragte  Herr  Regierungsrath  Dr.  R.  P  e  i  n  1  i  c  h, 
der  Ausschuss  möge  erwägen,  wie  durch  zweckmässigen  Appell 
an  die  den  Zwecken  des  Vereines  befreundeten  Gesellschafts- 
kreise eine  Ergänzung  des  Mitgliederstandes  erreicht  werden 
könnte. 

Der  Bericht  des  Schriftführers  macht  auch  darauf  auf- 
merksam, dass  vor  700  Jahren  (1180)  die  Steiermark  zum 
Herzogthum  erhoben  worden  ist,  welches  Ereigniss  der  Aus- 
schuss etwa  im  April  durch  eine  entsprechende  Versammlung 
zu  feiern  gedenke.  Auch  hat  der  Ausschuss  für  den  Sommer 
einen  Ausflug  nach  Ehrenhausen  und  Gamlitz  zur  Besichtigung 
des  Mausoleums  und  des  von  dem  Ausschussmitgliede  Herrn 
Prof.  F.  Ferk  gegründeten  Museums  in  Aussicht  genommen. 


Veränderungen 

im 

Personalstande  des  Vereines 

in  der   Zeit  Tom  1.  Jänner  bis  Ende  December  1879. 


Zogewaehsen. 

Ordentliche  Mitglieder: 

Blamentbal  Riebard  Heinrich ,  Repräsentant  der  Reunione 
adriatiea  di  sicurtä  in  Graz.  —  P.  G  r  i  t  z  Karl,  Dr.  Th.  in  St.  Lam- 
breeht  —  Gurlitt  Wilhelm,  Dr.  and  Univ.-Prof.  in  Graz.  —  Hörnes 
Rudolf,  Dr.  und  Univ.-Prof.  in  Graz.  —  Kolb  Josef  Yon,  Yerwaltungs- 
rath  des  Museums  in  Linz  und  Director  der  Sparkassa  in  Linz-Ürfabr.  — 
Malfatti  Ritter  de  Rohrenbach  ad  Dezza  Leopold,  k.  k.  General- 
Stabsarzt  in  Pension  in  Graz.  —  Nugent  Lava!  Graf,  k.  k.  Kämmerer 
and  Gutsbesitzer  zu  Haus  am  Bacher  bei  Marburg.  —  Sameditsch 
l-ranz,  UniversitätS'KanzeliBt  in  Graz.  —  Scubitz  Eduard,  Oberlieut.  i.  P. 
in  Graz.  —  Sing  Josef  senior,  Kaufmann  in  Graz.  —  Walcher  Ferd., 
Prof.  in  Graz.  Zusammen  11  Mitglieder. 

Abgregangen« 

Au  sgetreten: 

Buchner  Peter,  Buchhändler.  —  Ebner  Johann,  Dr.,  Prof.  — 
Egartner  Matthäus,  Gutsbesitzer.  —  Fleck  Josef,  Yicar.  —  Gschirts 
Andreas,  Pfarrer.  —  Krzyzanowsky  de  Wola  Sienenska  Sta- 
nislaas,  Dr.  —  Kuefstein  Karl  Graf.  —  Müller  Gottfried,  Handels- 
mann. —  N 0 T a k h  Ignaz ,  Beamter.  —  Paltauf  Christian  Sigd., 
Dr.  Med.  —  Schachner  Ambrosius,  Kaufmann.  —  Schönbach 
Anton,  Dr.,  Univ.-Prof.  —  Schott  Johann  von.  Major  in  Pension.  — 
Uranitsch  Anton,  Dr.,  Advokat.  Zusammen  16  Mitglieder. 

Gestorben: 

B r n 8 c h  Fried. ,  Dr.  und  Prälat.  ~  Hammer-Purgstall 
Kar]  Freiherr  von.  —  Kellersperg  Ernst  Freiherr  von.  — 
Matzncr  von  Heilswerth  Leopold  Ritter,  Dr  —  Pangerl  Mathias, 
l>r.,  Prof.  —  Parapat  Johann,  Pfarrer.  —  Reiche  1  Josef,  Prof  — 
Schneemann  Bruno,  Kaplan.  —  Wurmbrand-Stuppach  Her- 
mann Graf,  M^jor.  Zusammen  9  Mitglieder. 

Verbleibt  der  Mitgliederstand  Ende  December  1879:   338. 

Bezirks  -Correspondenten. 

Gestorben: 
Hablesreiter  Yincenz,  Benefiziat. 


XVI     - 


U  e  b  e  r 

Über  die  Empfönge  and 


1 

2 
3 
4 
5 

Empfänge 

Oesl.Währ. 

fl. 

1 

kr. 

Cassarest  vom  31.  December  1878 

Beiträge  der  P.  T.  Mitglieder 

Zinsen  von  den  angelegten  Capitalien 

Für  verkaufte  Vereinspublicationen 

Subvention  der  hohen  Landschaft  pro  1879  .    .    . 

1362 

875 

42 

209 

1025 

64. 

1 

88 
61 
96 

1 

~  i 
9 

97 

Summe  der  Einnahmen    ... 

Wird  die  Summe  der  Ausgaben  von  der  der  Em- 
nfänffc  abcezoffen  mit 

3516 
2672 

so  verbleibt  am  31.  December  1879  ein  Rest  von 

Dieser  Cassarest  besteht  in: 

a)  angelegten  Capitalien    .    .  715  fl.  50  kr. 

b)  baarem   Gelde 127  „  62  „ 

843 

12  > 
121 

Also  in  Snmma  wie  oben  ....  843  fl.  12  kr 

Graz,  am  31.  December  1879. 

Heinrich  Nc 

d.  Z.  Gaader. 

848 
IS, 

—  xvn  — 


sieht 

Ausgaben  im  Jahre  1879. 


M 


1 
2 
3 
4 

5 
6 

7 
8 

9 

10 

11 


13 


13 


Ausgaben 


■I.  ■  — 

Remunerationen  an  die  Yereinsbediensteten  .   .   . 

Honorar  an  den  Hilfsbeamten  des  Vereines  .    .   . 

Entlohnung  an  den  Yereinsdiener 

Kanzleibedfirfnlsse 

Kosten  der  Yereinsversammlungen 

Schriftsteller-Honorare 

Bnchbinderarbeiten 

Der  Buchhandlung  Leuschner  &  Lubensky  ftür 
Versendung  der  Yereinsschriften 

Druck  des  II.  Bandes  nUrkundenbuch" 

Ankauf  von  24  Stack  kaiserliche  Randdukaten 
behufs  Prämiirung  der  Ortschronisten    .   .    . 

Mitgliederbeitrag  für  den  Gesammtverein  der  deut- 
schen Qeschichts-  und  Alterthumsvereine  in 
Darmstadt 

Beitrag  an  das  germanische  National  -  Museum  in 
Kümberg 

Ffir  Ankauf  Yon  BQchem 


Summe  der  Ausgaben  .    .   . 


Oesl.  Währ. 


fl. 


32 
180 
96 
98 
44 
885 
63 

24 
1100 

132 


5 

4 

2672 


kr. 


63 
9 

50 
42 

91 


96 


76 


80 


97 


KltlUU.  4m  ktet.  Veniu  f.  Steierntfk,  XITUI.  Heft,  1880. 


B 


Den  Sammlungen  des  Vereines 

sind   vom    1.   Jänner   bis   Knde   December    1879   zugekommen 

A.  Für  die  Bibliothek. 


1.  Durch  Schenkung. 

4223.  Graz:  Das  Ordinariat  des  Bisthums  Seckau,  den  Personalstand 
pro  1879. 

4224.  Marburg:  Das  Ordinariat  des  Bistbums  Lavant,  den  Personalstand 
pro  1879. 

4225.  Eberstein  Louis  Ferd.,  Freiherr  von,  königl.  preuss.  Ingenieur- 
Hauptmann  a.  D.  in  Dresden:  „Fehde  Mangolds  von  Eberstein 
zum  Brandenstein  gegen  die  Reichsstadt  Nürnberg  1516—1522. 
2.  Auflage,  1879.«* 

4226.  Krainz  Johann,  Lehrer  in  Eisenerz :  a)  Albrecht  von  Haller.  Ein 
Lebensbild.  Von  0.  von  Greyerz,  Pfarrer  in  Bern ;  —  b)  Albreclt 
von  Haller.  Sein  Lebenslauf.  Von  Dr.  Emil  Bldsch,  Bern  1877;  — 
c)  Wanderungen  durch  die  Steiermark;  —  d)  Sagen  aus  Steier- 
mark; —  e)  Mythen  und  Sagen  aus  dem  steir.  Hochlande,  1.  und 
2.  Heft. 

2.  Im  Schriftentansche. 

4227.  Agram,    südslavische   Akademie   der   Wissenschaften:    a)   Rad, 

45.  Band,  1878.  —  46.,  47.,  48.  und  49.  Band,  1879;  - 
b)  Monumenta,  9.  Band  und  Listine,  6.  Band,  1878. 

4228.  —     croatisch  -  archeologischer   Verein:    „Wiestnik,**    1.   Band, 

1.— 4.  Heft. 

4229.  Amsterdam,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Jahrbuch 
pro  1877;  —  b)  Verslagen  en  Mededeelingen  der  Letterkimdc, 
2.  Reeks,  7.  Theil,  1878. 

4280.  Antwerpen,  königl.  archeologische  Akademie  in  Belgien  (Anvers): 
a)  Annales,  31.  bis  34.  Band,  der  8.  Serie  1.— 4.  Band,  gedr. 
1875—1878;  —  b)  Bulletin,  1.  Band  der  2.  Serie,  Fascikel  1-12, 
vom  Jahre  1868—1877.  —  2.  Band  (3.  Serie),  Fascikel  1—3,  vom 
Jahre  1875—1877  und  2.  Partie  (3.  Serie),  Fascikel  1,  1879;- 
c)  Histoire  du  Peage  de  L'escaut,  1868. 


--    XIX    — 

4231.  Augsburg,  hisior.  Verein  im  Regierungsbezirke  Schwaben  und 
Kfuburg:  «Zeitschrift,"  5.  Jahrgang,  1.,  2.  und  3.  Heft,  1878. 

4232.  Bamberg,  hisior.  Verein  fOr  Oberfranken:  86.  und  41.  Jahresbericht. 

4233.  Basel,  histor.  nnd  antiquarische  Gesellschaft :  „Finanzrerh&ltnisse 
der  Stadt  Basel  im  14.  und  15.  Jahrhundert.  (Von  Dr.  Gustav 
Schönbeig.)  1879. 

4284.  Berlin,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Abhandlungen 
der  philologisch,  nnd  histor.  Glasse  aus  dem  Jahre  1877 
and  1878,  gedr.  1878/79;  —  b)  Monatsberichte  pro  1879. 

4235.  —    Verein  «deutscher  Herold":   Zeitschrift,   9.  Jahrgg.  1878. 

4236.  —    Verein  ftlr  die  Geschichte  Berlin's:  Schriften,  15.  Heft,  1878. 

4237.  Bern,  allgemein  geschichtsforschende  Gesellschaft  der  Schweiz: 
Jahrbuch,  4.  Band,  1879. 

4238.  Bregenz,  Vorarlberger  Museums-Verein:  18.  Rechenschaftsbericht 
filr  das  Jahr  1878. 

4239.  Breslau,  schles.  Gesellschaft  vaterländ.  Cultur:  a)  55.  und  56.  Jah< 

resbericht  pro  1877  und  1878:  —  b)  Fortsetzung  des  Ver- 
zeichnisses der  in  den  Schriften  von  1864  bis  incl.  1876 
enthaltenen  Aufsätze;  —  c)  General- Sachregister  der  in  den 
Schriften  der  Gesellsch.  von  1804  bis  incl.  1876  enthaltenen 
Aufsätze,  1878;  —  d)  Statut  vom  11.  November  1878. 

4240.  —  Verein  ftlr  Geschichte  und  Alterthum  von  Schlesien :  a)  Zeit- 
schrift, 14.  Bd.,  2.  Heft,  1879;  —  b)  GrQnhagens  Regesten  von 
1281—1290,  —  c)  Die  schlesischen  Siegel  von  1250-1300;  — 
d)  Eine  Audienz  Breslauer  BQrger  bei  Napoleon  I.  ao.  1813, 
gedr.  1878. 

4241.  Br&nn,    histor.  Section  der  m&hr.-schles.  Gesellschaft  zur  Beför- 

derung des  Ackerbaues,  der  Natur-  und  Landeskunde; 
a)  „Schriften,"  23.  Band,  gedr.  1878;  —  b)  Carl  von  Zierotin 
und  seine  Zeit,  1564—1615.  (Von  Peter  Ritter  von  Ghlu- 
mecky.)  2.  oder  Beilagen-Band,  Brunn,  1879. 

4242.  —     mährisches  Landesarchiv :  a)  Libri  citationum  et  puhonum, 

3.  Band;  —  b)  Codex  diplomaticus  Moraviee,  10.  Band,  1878. 

4243.  Budapest,  königl.  ungar.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Ar- 
chaeologiai  ^rtesitö,  Jahrgg.  1879. 

4244.  Cassel,  hessischer  Verein  ftlr  Geschichts-  und  Alterthumskunde 
von  Cassel,  Darmstadt  nnd  Mainz :  a)  Zeitschrift,  N.  F.  8.  Band, 
1.  und  2.  Heft,  1879;  —  b)  Mittheilnngen,  Jahrgg.  1877,  3.  und 
4.  Heft,  Jahrgg.  1878,  1.-4.  Heft,  und  Jahrgg.  1879,  1.  Heft.;  — 
c)  Bericht  Qber  die  heidnischen  AlterthQmer  der  ehemals  kur- 
hessischen Provinzen.  (6.  Supplement  der  Zeitschrift.)  1878. 

4245.  Christiania,  Verein  zur  Eriialtung  und  Anfbewahrung  nordischer 
Vorzeitdenkmäler:   a)  Aktmsessige  Bidrag  til  «Sveriges  politiske 

B* 


-    XX    - 

Historie  1812—1818;  —  b)  AktmsBBsige  Bidrag  tU  de  nordiske 
Rigers  politiske  Historie  i  1818  og  1814.  (Von  Yngrar  Nielsen;)  — 

c)  Om  norske  Kongers  Hyldiag  og  Kroning  i  seldre  Tid,  1873 ;  — 

d)  Undersgelse   af  Kongesagaens  Fremvsext.   (Von  A.  Gjassing.) 

1.  imd  2.  Heft,  1876;  —  e)  Pavelige  Nuntiers  Regnskabs  —  og 
Dagböger,  forte  under  Tiende  —  Opkrsevningen  i  Norden  1282  bis 
1884.  (Von  Prof.  P.  A.  Munch.)  1864;  —  f)  Rune-Indskriften  paa 
Ringen  i  Forsa  Kirke  i  Nordre  Helsingland,  1877;  —  g)  Fore- 

•  ningen  til  norske  fortidsmindersmerkers  bevaring,  für  das  Jahr  1878, 
.   gedr.  1879;  —  h)  Norsko  Bigninger  fra  fortiden,  10.  Heft,  1879. 

4246.  Darmstadt,  histor.  Verein  für  das  Grossherzogthnm  Hessen: 
„Archiv,"  14.  Band,  3.  Heft,  1879. 

4247.  Dresden,  königl.  sächsischer  Alterthumsverein :  jiMittheilnngen," 
29.  Hef^  1879. 

4248.  Elberfeld,  bergischer  Geschichtsverein:  Zeitschrift,  14. Band,  1878. 

4249.  Emden,  Gesellschaft  ftkr  bildende  Kunst  und  vaterländische  Alter- 
thttmer:  a)  „Die  heidnischen  Alterthfimer  Ostfirieslands,"  1879;  — 
b)  Jahrbuch,  8.  Band,  2.  Heft,  1879. 

4250.  Frauenfeld,  histor.  Verein  des  Cantons  Thurgau:  Thnrgauisrhe 
Beiträge  zur  vaterländischen  Geschichte,  19.  Heft,  1879. 

4251 .  Freiberg  in  Sachsen,  Alterthumsverein :  Mittheilungen,  15.  Heft,  1878. 

4252.  Freiburg  in  Breisgau,  Gesellschaft  zur  Beförderung  der  Geschichts-, 
Alterthums-  und  Volkskunde :  Zeitschrift,  4.  Band,  3.  Heft,  1878. 

4258.  Gen^ve,  Sociät^  d'histoire  et  d' arch^ologie :  '„M^moires  et  Docu- 
roents,  tome  I.,«*  3.  Heft,  1878;   -  tome  XX.  livraison,  1.  Heft,  1879. 

4254.  Genova,  Societä  Ligure  di  storia  patria:  Atti,  Volume  IX.  Fas- 
cikel  IV  und  Volume  XIV,  gedr.  1878. 

4255.  Giessen,  Oberhessischer  Verein  für  Localgeschichte :  1.  Jahres- 
beiicht  des  Vereini^ahres  1878/79. 

4256.  GlaruB,  histor.  Verein:  Jahrbuch,  16.  Heft,  1879. 

4257.  Görlitz,  Oberlausitzische  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  Neues 
LauBitz'sches  Magazin,  54.  Band,  2.  Heft  und  55.  Band,   1.  und 

2.  Heft,  1878/79. 

4258.  Görlitz,  naturforschende  Gesellschaft:  Abhandlungen,  16.  Band, 
1879. 

4259.  Göttingen,  königl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  Nachrichten 
ans  dem  Jahre  1878. 

4260.  Graz,    Carl  Franzens -Universität:   „Vorlese  -  Ordnung*^    für  das 

Sommersemester  1879  und  Wintersemester  1879/BO;  dann 
Verzeichniss  der  akademischen  Behörden  für  das  Studien- 
jahr 1879/80. 

4261.  —    technische  Hochschule  Joanneum:  Programm  für  das  Stu- 

dieiu^hr  1879/80. 


—    XXI    — 

4262.  Grasy  Joanneam,  recte  steierm.  Landes-AuBschuss :   67.  Rechen- 

schaftsbericht für  das  Jahr  1878. 

4263.  —    Verein  der  Aerzte  in  Steiermark:  Mittheilungen  des  14.  und 

15.  Yereinsjahres  1877/78. 

4264.  —     Christ].  Kunstverein  der  DiÖcese  Seckau:  „Kirchenschmnck", 

X.  Jahrgg.,  1879. 

4265.  —    akademischer  Leseverein  an  der  Universität  und  teohnischen 

Hochschule:  12.  Jahresbericht,  1879. 

4266.  —     steierm.   Gewerbererein :    Jahresbericht   des   42.  Yereins- 

jahres 1878. 

4267.  —     Historiker-Club:  3.  Jahresbericht  des  Yereinsjahres  1878/79. 

4268.  Greifswalde,  königl.  Üniversitäts-Bibliothek :  38  StQck  Inaugural- 
Dissertationen  und  4  Stück  Yorlesnngs- Verzeichnisse  des  Jahres  1878. 

4269.  Hall  in  Württemberg,  histor.  Verein  für  das  württembergische 
Franken:  a)  Zeitschrift,  10.  Band,  8.  Heft,  1878;  —  b)  Register 
zu  den  Binden  1—9  oder  Jahrgg.  1847—1873. 

4270.  Hamburg,  Verein  für  hamburgische  Geschichte:  a)  Mittheilungen, 
2.  Jahrgg.  1878/79;  —  b)  Zeitschrift,  N.  F.  4.  Band,  1.  Heft,  1879 ;  — 
c)  Verzeichniss  der  in-  der  Zeitschrift  des  Vereines  Band  1—6 
enthaltenen  Aufsätze,  1880. 

4271.  Hanau,  Bezirksverein  für  hessische  Geschichte  und  Landeskunde: 
«Die  Grabmäler  und  Särge  der  in  Hanau  bestatteten  gräflichen 
und  fürstlichen  Personen  aus  den  Häusern  Hanau  und  Hessen.^ 
(Von  Dr.  Reinhard  Suchier.)  1879. 

4272.  Hannover,  histor.  Verein  für  Niedersachsen :  Zeitschrift,  Jahrgg.  1879 
und  41.  Nachricht  über  den  histor.  Verein  für  Niedersachsen. 

4273.  Hartem,  Bureau  scientifique  central  N'eerlandeis :  a)  Archives 
N'eerlandaises,  tome  III,  4.  und  5.  Lieferung,  1878,  tome  lY, 
1.  und  2.  Lieferung,  1879;  —  b)  Programm  des  Jahres  1879. 

4274.  Helsingfors,  ünnländ.  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  a)  öfversigt 
af  Finska  Yetenskaps  Societetens  Förhandlingar,  Volume  19,  20. 
und  21 ;  —  b)  Bydrag  til,  kännedom  af  Finlands  Natur  och  Folk, 
vol.  27  bis  31;  —  c)  Observations  meteorologiques,  ann^s  1875, 
1876  und  1877;  -  d)  Carl  von  Linnö  Som  Läkare.  (Von  Otto 
E.  A.  ^jelt.)  1877. 

4275.  Hohenleuben,  voigtländ.  alterthumsforschender  Verein:  47.,  48. 
und  49.  Jahresbericht  nebst  1  Jahresbericht  des  geschichts-  und 
alterthumsforschenden  Vereins  zu  Schleiz,  1879 

4276.  Jena,  Verein  für  thüringische  Geschichte  und  Alterthumskunde :  Zeit- 
schrift, N.  F.  1.  Bd.,  der  ganzen  Folge  9.  Bd.,  8.  und  4.  Heft,  1879. 

4277.  Innsbruck,  Ferdinandeum :  „Zeitschrift«,  S.Folge,  23.  Heft,  1879. 
4*278.  Klagenfurt,  Geschichtsverein  für  Kärnten :  nCarinthia",  Zeitschrift, 

69.  Jahrgg.,  1879. 


-  xxn  — 

4279.  Klagenfurt,  Staats- Obergymnasium:  Programm  des  Studien- 
jahres 1879. 

4280.  Köln,  histor.  Verein  f&r  den  Niederrhein :  „ Anallen*",  33.  Heft,  1879. 

4281.  Königsberg,  königl.  und  UniTers.-Bibliothek :  „Altpreussische  Mo- 
natsschrift, N.  F.  Jahrgg.  1879,  16.  Band,  1.  bis  4.  Heft,  dann 

7.  und  8. 

4282.  Krakau,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Starodawne 
prawa  polskiego  Pomniki  tomo  V.,  1878;  —  b)  Rozprawy  i  Spra- 
wozdania  z  Posiedzen  wydzialu  filologicznego,  tomo  VI.,  1878;  — 
c)  dto.  der  histor.  filosof.  Klasse,  tomo  IX.,  1878  und  tomo  X., 
1879;  ~  d)  Acta  historica  res  gestas  poloniae  illustrantia,  tomo  I. 
von  1546  >~  1553,  gedr.  1878;  —  e)  Archivum  do  dziejöw  litera- 
tury  i  oswiaty  w  Polsce,  tomo  I.,  1878 ;  —  f)  Po  ucieczce  Hen- 
ryka  dzieje  bezkrolewia  1574—1575.  (Von  Yinzenz  Zakrzewskiego.) 
1878;  —  g)  Literarische  Mittheilungen  und  bibliografische  Be- 
richte, Jahrgg.  1879;  —  h)  Rocznik  Zarzadu  filr  das  Jahr  1878; 

—  i)  Zbiör  wiadomo^ci  do  Antropologii  Krajowej,  tomo  UI.,  1879 ; 

—  k)  Sprawozdania  Komisvji  do  badania  historgi  sztuki  w  polsce, 
3.  Heft,  1879 ;  —  1)  Katalog  Rekopisöw,  4.  Heft,  1879. 

4283.  Laibach,  Obergymnasium:  Jahresbericht  des  Schu^ahres  1879. 

4284.  Landshut,  histor.  Verein  von  und  für  Niederbaiern:  Verhandlongeo, 
19.  Band,  3.  und  4.  Heft,  gedr.  1877. 

4285.  Lausanne,  Soci^t^  d'  histoire  de  la  Suisse  romande :  a)  Memoires 
et  documents,  tome  84,  2.  livraison,  1879;  —  b)  La  Rose  de  la 
Cath^drale  de  Lausanne,  1879. 

4286.  Leeuwarden,  Gesellschaft  für  friesische  Geschichte,  Alterthums- 
nnd  Sprachenkunde:  a)  „Verslag  der  Handelingen"  ftlr  das  Jahr 
1877/78;   -    b)   „De  Vrye  Fries.  Mengelingcn«,   14.  Theil,  der 

8.  Serie  2.  Theil,  1.  und  2.  Heft,  1879. 

4287.  Leiden,  Maatschappy  der  Nederlandsche  Letterkunde:  a)  Hande- 
lingen en  Mededeelingen  vom  Jahre  1878 ;  —  b)  Levensberichten 
der  afgestorvene  Medeleden.  Beilage  zu  den  Handelingen  vom 
Jahre  1878;  —  c)  Gatalog  der  Bibliothek,  8.  Ausgabe,  1877. 

4288.  Leipzig,  königl.  sächs.  Gesellschaft  der  Wissenschaften:   a)  Ab- 

handlungen der  philologisch-histor.  Glasse,  7.  Band,  Nr.  5, 
6,  7  und  8,  8.  Band,  Nr.  1 ;  ~  b)  Berichte,  Jahrgg.  1875, 
2.  Heft,  1876,  1877,  1.  und  2.  Heft,  1878,  1.,  2.  und  3.  Hefl. 

4289.  —    Verein  für  die  Geschichte  Leipzigs :  ^Schriften",  2.  Samm- 

lung, 1878. 

4290.  —    deutsche  morgenländ.  Gesellschaft:  ,»Zeitschrift'',  32.  Band, 

4.  Heft,  1878,  83.  Band,  1.,  2.,  3.,  4.  Heft,  1879. 

4291.  —     fürstl.   Jablonowski'sche   Gesellschaft:    a)   Jahresberichte, 

1878,  1879;  —  b)  PreisBchrift«n,  22.  Band,  1879. 


—  xxm  — 

4292.  LeiBnig,  (jeschiehts-  and  Alterthums- Verein :  Mittheilungen,  5.  Heft, 
1878. 

4203.  Lemberg,  Graf  Ossolinski'sches  KationaMnstitut :  a)  Paraietnik 
Zbigniewa  Ossolinskiego  f  1623.  Lemberg  1879;  —  b)  Sprawo- 
xdanie  z  czynnoici  Zakladu  narodowego  imienia  Ossolinskich  za 
rok  1879;  —  c)  die  polnischen  Ortsnamen  der  Provinzen  Preussen 
and  Pommern  und  ihre  deutschen  Benennungen.  (Von  Dr.  Wojciech 
Ketrzyiiski.)  1879. 

1294.  Linz,  Museum  Francisco- Garolinum :  37.  Bericht  nebst  der  81.  Lie- 
ferung der  Beitrage  zur  Landeskunde  von  Oesterreich  ob  der  Knns, 
1879. 

4295.  Lübeck,  Verein  flQr  LObeck'sche  Geschichte  und  Alterthumskunde : 
a)  Verzeichniss  ?ou  Abhandlungen  und  Notizen  aus  Ittbecki sehen 
und  hansischen  Blättern,  1879;  —  b)  Jahresbericht  pro  1877 
und  1878. 

4296.  Marburg,  Staatsgymnasium:   Programm  des  Studiei\jahres  1879. 

4297.  Marienwerder,  histor.  Verein:  Zeitschrift,  3.  Heft,  1879. 

4298.  Metz,   die  Akademie  der  Wissenschaften:    „Mömoires**  3.  Serie 
7.  Jahrgg.  1877  78. 

4299.  Mitau,  kurländische  Gesellschaft  für  Literatur  und  Kunst: 
Sitzungsberichte  aus  dem  Jahre  1878. 

4300.  Mons,  Soci^tö  des  Sciences,  arts  et  des  Lettres  du  Hainaut :  M^- 
moires  et  Publications,  4.  Serie,  tome  UI.,  1878. 

4301.  München,  königl.  bair.  Akademie  der  Wissenschaften:  a]  Sitzungs- 

berichte der  philos.  philologisch  und  histor.  Classe,  Jahrgg. 
1878,  2.  Band,  1.-3.  Heft,  Jahrgg.  1870,  1.  Band,  1.  bis 
4.  Heft  und  2.  Band,  1.  und  2.  Heft;  ->  b)  Abhandlungen 
der  histor.  Klasse,  14.  Band,  2.  Abth.,  1878. 

4302.  ^     histor.  Verein  Yon  und  ftlr  Oberbaiem :  a)  Archiv,  37.  Band, 

1878;  —  b)  39.  und  40.  Jahresbericht  fOr  die  Jahre  1876 
und  1877. 

4303.  —     Alterthumsvereiu :  «Die  Wartburg",  6.  Jahrgang,  1879. 

4304.  Münster,  Literar.  Handweiser:  18.  Jahrgg.  1879. 

4305.  Neisse,  die  Gesellschaft  „Philomathie^" :  20.  Bericht  vom  Mai  1877 
bis  zum  August  1879. 

4306.  Neuburg  a.  d.  Donau,  histor.  Filialverein:  „GoUectaneen- Blatt, ^ 
42.  Jahrgg.  1878. 

4307.  NoTara,  die  Stadtbibliothek:  „Statuta  CommunitatisNovariae*'  vom 
Jahre  1277,  gedr.  1879. 

4308.  Ntkmberg,  germanisches  Museum:  Anzeiger  für  Kunde  der  deut- 

schen Vorzeit,  N.  F.  25.  Band  und  24.  Jahresbericht,  1878. 
43(j9.       »     Verein  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg:  Mittheilungen, 
1.  Heft,  1879. 


—    XXIV     — 

4310.  OsnabrOck,  Verein  fikr  Geschiebte  und  Alteribnmskunde :  Yerzeicb- 
Dies  der  Bibliothek  und  Handschrift -Sammlungen  des  Vereines. 
(Von  Dr.  Hennann  Yeltman.)  1879. 

4311.  Paris,  Soci^t^  des  antiquaires  de  France:  a)  «M^moires*',  38.  Band, 
der  4.  Serie  8.  Band,  1877 ;  -•  b)  Revue  de  L'  art  Gfar^tien  d'  ar- 
ch^ologie  religieuse  von  J.  Gorbiet,  1877. 

4312.  Pettau,  Bealgymnasium :  10.  Jahresbericht  des  Schuljahres  1878  79. 

4313.  Petersburg,  kaiserl.  archeologische  Commission:  Rapport,  Jahr- 
gang 1876. 

4314.  Poitieres,  Gesellschaft  der  Alterthumsforscher  des  westlichen  Fraok- 
reichs:  a)  „Bulletin«,  Jahrgg.  1879,  1.— 4.  Quartal;  —  b)  M«»- 
moires,  40.  Band,  2.  Fascikel  des  Jahrganges  1876,   gedr.  1879. 

4315.  Prag,  königl.  böhm.  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  a)  Sitzungs- 
berichte, Jahrgg.  1878;  —  b)  Abhandlungen,  5.  Folge,  15.  Band, 
1866—75,  6.  Folge,  9.  Band,  1877—78;  —  c)  Jahresbericht  pro 
1877  und  1878. 

4316.  Prag,  Verein  für  die  Geschichte  der  Deutschen  in  Böhmen:  a) 
Mittheilungen,  17.  Jahrgg.  Nr.  IH,  IV;  18.  Jahrgg.  Nr.  I,  H;  - 
b)  Jahresbericht  pro  1879. 

4317.  Regensburg,  histor.  Verein  von  Oberpfalz  und  Regensbnrg:  Ver- 
handlungen, der  N.  F.  25.  Band,  der  gesaromten  Verhandlungen 
33.  Band,  1878. 

4318.  Reval,  die  estländisch-literarische  Gesellschaft:  „Archiv*',  N.  F. 
6.  Band,  1879. 

4319.  Roma,  die  königl.  Akademie  dei  Lincei:  „Atti**  Seria  3.»,  Volume 
III.  Fase«  10—7«. 

4320.  Salzburg,  Gesellschaft  für  Salzburger  Landeskunde :  „Mittheilungen" 
des  18.  und  19.  Vereinsjahres  1878,  1879. 

4321.  Salzwedel,  altm&rk.  Verein  für  vaterländ.  Geschichte  und  Industrie : 
19.  Jahresbericht,  1879. 

4322.  Schwerin,  Verein  für  meklenburgische  Geschichte  und  Alterthums- 
kimde:  Jahrbücher  und  Jahresbericht,  43.  Jahrgg.,  1878. 

4323.  Sigmaringen,  Verein  für  Geschichte  und  Alterthumsknnde  in  Hohen- 
zollem:  „Mittheilungen",  11.  Jahrgg.,  1877  78. 

4324.  Speier,  histor.  Verein  der  Pfalz:  „Mittheilungen**,  7.  und  8.  Band, 
1879. 

4325.  Steinamanger,  histor.  archeologischer  Verein:  „A  vasmegyei  Re- 
göszeti-Egylet  evi  jelent^se",  7.  Heft,  1879. 

4326.  Stettin,  die  Gesellschaft  für  pommersche  Geschichte  und  Alter- 
thumskundo:  „Baltische  Studien**,  29.  Jahrgg.,  i:— 4.  Heft,  1879. 

4327.  Strassburg,  la  Society  pour  la  Conservation  des  Monuments  histo- 
riques  d'Alsace:  a)  Sitzungsberichte,  Jahrgg.  1879,  Nr.  1.  bis  12; 
—  b)  Bulletin,  10.  Band,  2.  Lieferung,  1879. 


—    XXV     — 

4328.  Stattgart,  königl.  Statist,  topograiisches  Bureau :  a)  WOrttembergische 

Jahrbücher  n^r  Statistik  and  Landeskunde,  Jalirgg.  1878,  l.bis 
5.  Heft,  Jahrgg.  1879,  1.  Band,  1.  Hälfte,  2.  Band,  1.  Hälfte; 
—  b)  Yierteljahreshofte  für  württembergische  Geschichte 
und  Alterthumskunde,  Jahrgg.  1878  und  1879,  1.— 4.  Heft. 

4329.  —    württembergischer  Alterthumsverein :  „Die  Cistersienserabtei 

Maulbronn'',  2.  Band,  8.  Heft,  1879. 

4330.  Trier,  die  Gesellschaft  ftür  nützliche  Forschungen:  Jahresbericht 
Ton  1874—1877,  gedr.  1878. 

4331.  Utrecht,  histor.  Genootschap:  a)  Werken,  neue  Serie,  Nr.  27  und 
28;  —  b)  Bijdragen  en  Mededeelingen,  2.  Theil,  1879;  —  c)  Wet. ' 

4332.  Washington,  Smithsonian  Institution :  Annual  Report  für  d.  J.  1877. 

4333.  Wernigerode,  Harzverein  für  Geschichte  und  Alterthumskunde: 
Zeitschrift,  12.  Jahrgg.  1879,  1.  und  2.  Heft. 

4334.  Wien,  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften :  a)  Sitzungsberichte, 

88.  Band,  1.— 3.  Heft,  89.  Band,  1.— 2.  Heft ;  —  b)  Sitzungs- 
berichte, Register  zu  den  Bänden  71—80;  —  c)  Archiv, 
56.  Band,  2.  Hälfte,  57.  Band,  1.  Hälfte;  -  d)  Denk- 
schriften der  philos.  -  histor.  Glasse,  27.  Band,  1878;  — 
e)  Fontes  rerum  austriacarum,  2.  Abth.  40.  Band. 

4335.  —     k.  k.  Central- Commission  ziu:  Erforschung  und  Erhaltung 

der  Kunst-  und  histor.  Denkmale:  „ Mittheilungen ",  N.  F., 
5.  Band,  1.— 4.  Heft,  1879. 

4336.  —     k.  k.  geografische  Gesellschaft:  nMittheilungen^  21.  Band, 

Jahrgg.  1878. 

4337.  —    heraldischer  Verein  „Adler** :  Jahrbuch,   ö.  Jahrgg.,  1878. 

4338.  —    archäologisch •  epigrafische  Seminar  der  k.  k.  Universität: 

„Mittheilungen«,  S.  Jahrgg.,  1.  und  2.  Heft,  1879. 

4339.  —     Tourist,  11.  Jahrgg.  1879,  1.  und  2.  Band. 

4340.  —    Lese-  und  Redehalle  an  der  technischen  Hochschule :  Jahres- 

bericht des  6.  und  7.  Vereinsjahres  1877/78  und  1878/79. 

4341.  Würzburg,  histor.  Verein  für  Unterfranken  und  AschaiTenburg : 
a)  Archiv,  25.  Band,  1.  Heft,  1879;  —  b)  Die  Geschichte  des 
Bauernkrieges  in  Ostfranken,  3.  Lieferung,  1878. 

4342.  Zürich,  antiquarische  Gesellschaft:  nMittheilungen*,  20.  Band, 
1.  Abth.,  2.  Heft,  1879. 

3.  Durch  Ankauf. 

4343.  Darmstadt,  der  Gesammtverein  der  deutschen  Geschichts-  und 
Alterthumsvereine :  Uorrespondenzblatt,  Jahrgg.  1879. 

4344.  Mainz,  römisch-germanisches  Central- Museum :  «Die  Alterthttmer 
unserer  heidnischen  Vorzeit",  8.  Band,  9.  und  10.  Heft,  1878. 


—    XZVI    — 

B.  Für  das  Archiv. 

1.  Urkunden  und  Acten. 

Geschenk  Yon  den  Herren: 

1626.  Jamnik  Franz,  Buchhändler  in  Graz :  17.  StQck  Original-Urkunden 
(Handschriften)  aus  dem  18.  Jahrhundert. 

1626.  Krenn  Johann,  Realit&tenhesitzer  in  Kaisersberg:  10  Stftck  l.V- 
künden.  (Garbenzehent-Register  der  Herrschaft  Kaisersberg  bei 
St.  Stefan  ob  Leoben  der  Jahre  1638  —  1668). 

1627.  Sperl  Rudolf,  Realitfltenbesitzer  in  Leoben:  Leobner  Mauthrait- 
brief  vom  Jahre  1607  und  7  Stück  Original-Pergament-Urkundeii. 

1628.  Welsersheimb  Karl  Graf  von,  Domherr  in  OlmQtz:  80  Stück 
Original-Pergament-Urkunden  aus  dem  16, 17.  und  18.  Jahrhundert. 

2.  Handschriften« 

1629.  Goehlert  Yincenz,  Dr.  und  Regierungsrath  a.  D.  in  Graz:  ^Kine 
Abschrift  der  ältesten  Handfeste  von  Krain  vom   Jahre  1597." 

1630.  Meixner  Anton,  Caplan  zu  St.  Veit  am  Yogau:  „Historische  und 
topografische  Notizen,  Sagen  und  Märchen.'* 

1631.  Welsersheimb  Karl  Graf  von,  Domherr  in  Olmütz:  25  Fascikel- 
Acten  des  16.  — 19.  Jahrhunderts,  betrefiend  verschiedene  steierm. 
adelige  Familien. 


C.  Für  die  Kunst-  und  Altorthums-Sammlang. 

Geschenk  von  den  Herren: 

1148.  Krainz  Johann,  Lehrer  in  Eisenerz:  Zwei  photographische  An- 
sichten, und  zwar  von  Stadl  bei  Murau  und  Turrach. 

1149.  Waidacher  Alois,  Lehrer  zu  Pols  bei  Judenburg:  £ine  alte  Kupfer- 
münze, aufgefunden  zu  Frojach  nächst  Murau. 

1150.  Zinnauer  Marcus,  Oberlehrer  zu  St.  Nicolai  im  Sausal:  „Ver- 
schiedene Gattungen  versteinerter  Meerm'uscheln  und  einen  Zahn 
eines  Seethieres. 


—  xxvn   - 

Aus  den  Berichten  der  P.  T.  Bezirks- 

C!orrespondenten. 

YoD  den  drei  eingelaufenen  Berichten  erwähnt  der  des  Herrn  Ludwig 
Paner  zu  Krieglach  einer  hölzernen  Gedenktafel  zu  Fressnitz,  welche 
die  Anwesenheit  der  Franzosen  daselhst  am  2.  Juni  1809  constatirt, 
sowie  der  Sammlungen,  welche  Herr  Alphons  Schückell  angelegt  hat.  — 
Der  Bericht  des  Herrn  Bürgerschullehrers  Hans  Lange  in  Fürstenfeld 
hcschäftigt  sich  mit  den  Rathsprotokollen  dieser  Stadt,  aus  denen  er 
sehr  ausführliche  Mittheilungen  macht.  —  Der  Bericht  des  Herrn  Kaplans 
A.  Meixner  zu  St  Veit  am  Yogau  gibt  Kunde  von  verschiedenartigen 
Sagen,  Gebräuchen  oder  Funden,  die  der  Herr  Berichterstatter  selbst 
gemacht  oder  von  denen  er  Kenntniss  erlangt  hat.  Wir  heben  aus  dem- 
selben das  Nachstehende  hervor: 

Drassling.  Die  mitunter  in  der  Dammerdc  vorkommenden  Berg- 
krystalle  werden  im  Seh  war  za-  und  Stieiingthale  BHtz-  oder  Donnersteine 
genannt.  Zu  Weinbnrg  nennt  man  die  durchbohrten  Serpentinhämmer 
und  Beile  Donnersteine,  da  man  glaubt,  dass  sie  beim  Donner  herunter- 
fallen und  einschlagen. 

£bit8ch.  Von  £hrenhau8en  weg  zweigt  sich  von  der  alten  Römer- 
und  späteren  Landstrasse,  die  über  den  Platsch  nach  Marburg  führt,  ein 
aralter  Saumpfad  ab,  der  in  die  Weingebirge  von  Ebitsch  führt.  Der 
Saumpfad  war  einmal  gepflastert  und  eine  römische  Anlage.  1874  fand 
ein  Weingartenbesitzer  in  seinem  anstossenden  Weingarten  zwei  Schuh 
tief  zwei  alte  sehr  grosse  Steigbügel  von  Eisen  mit  gelben  Knöpfen.  Auf 
dem  Saumwege  wurden  mehrere  alte  Hufeisen  gefunden,  wovon  zwei  auf 
einem  Baum  stock  kreuzlich  aufgenagelt  waren. 

Gabersdorf.  Beim  Ghirurgenhaus  daselbst,  das  einst  ein  herr- 
schaftlich BurgstalHscher  Keller  war,  ist  auf  der  Kellerthttr  ein  mar- 
morner Schlussstein  mit  einer  Hausmarke  zu  sehen.  Im  Besitze  der  Chi- 
nirgenfamilie  Stamm  befindet  sich  ein  sog.  Hohlehippcneisen,  das  aus  dem 
alten  Schlosse  Rabenho£  stammen  soll.  Die  eine  Platte  desselben  zeigt  das 
Paradeiser- Wappen  mit  dem  fiügel verzierten  Rittorhelm  darauf  und  der 
Umschrift:  Augustin  Paradeiser  1739.  Die  andere  Platte  hat  das  Pibracher 
Wappen  (einen  Biber)  mit  dem  gekrönten  Biber  verzierten  Ritterhelm  und 
der  Umschrift:  Margreth  van  Pibrah  Augustin  Paradeiser  Gemahl  1739. 
Machar  führt  in  seiner  Geschichte  Steiermarks  1467  Hanns  und  Bernhard 
Kitter  von  Gabersdorf  an;  vielleicht  ist  dieses  alte  Herrschaftshaus, 
dessen  letzte  Inhaber  der  Sage  nach  zwei  ungarische  Gräfinnen  waren 
und  die  dermalige  St.  Leonhardi-Kirche  gebaut  haben,  ein  alter  Edelsit^ 
gewesen. 


—  xxvm   — 

St.  Georgen  an  der  Stiefing.  Als  1875  das  Aolipauerische 
Haus  gebaut  wurde,  musste  um  Platz  zu  gewinnen,  der  Bergabhang  ab- 
gehoben werden.  Da  gerieth  man  auf  eine  nicht  zu  grosse  gemauert« 
Kammer;  mehrere  Nägel,  ein  massives  eisernes  Thierband  und  verschiedene 
Knochen  fanden  sich  vor.  Es  mag  daselbst  am  Fusse  des  Schlossberges 
am  alten  Marktthor  eine  „Wachstube**  gewesen  sein,  die  sammt  den 
darin  Befindlichen  1481  bei  der  ErstOrmung  und  Zerstörung  von  St  Georgen 
zu  Gnmde  ging. 

Gersdorf  unter  Strass  besitzt  noch  etliche  alte  GrabhQgel  untor 
dem  Dorfe ;  es  mögen  ursprünglich  mindestens  zwölf  gewesen  sein.  Beim 
Bauer  vulgo  Passer  erwarb  Herr  Kaplan  Meixner  1876  einen  scbönen 
17  Cent,  bohen  Majolikakrug,  der  den  Doppeladler  mit  dem  Bindeasch  ild, 
phantastische  Schmetterlinge  und  Blumengewinde  trug  und  auf  der  äus- 
seren Bodenfläche  die  Buchstaben  F.  M.  zeigte.  Besonders  schön  war 
der  Henkel  geformt.   Dieser  Krug  wurde  1809  von  den  Franzosen  mit- 

m 

gebracht,  die  viel  schwarzen  Wein  (wegen  der  Ruhr)  daraus  tranken. 
Durch  die  Güte  des  Herrn  Josef  Würz  inger,  pr.  Arzt  in  Strass,  erhielt 
Herr  K.  Meixner  zwei  im  Gersdorfer  Walde  ausgegrabene  Waffen :  einen 
Morgenstern  und  einen  Wurfspiess,  eine  sog.  Saufeder. 

Zu  Gersdorf  bestand  bis  1875  ein  sehr  grosses  Bauerngebofto, 
vulgo  Wirth  geheissen,  weil  seit  undenklichen  Zeiten  darauf  das 
Wirthsgeschäft  betrieben  wurde.  Es  war  dies  ursprünglich  ein  Edelhof: 
das  stockhohe  Haus  hatte  eine  Hauskapelle.  Ueber  die  historische  Erin- 
nerung, die  sich  an  dieses  Haus  knüpft,  vgl.  Peinlich,  Geschichte  der 
Pest  U,  450. 

Ziere  gg.  Beim  Winzerhaus  des  vulgo  Thorwirth  in  Zieregg  (Pfarre 
Witschein)  befindet  sich  ein  Inschriftstein. 

In  Graz  fand  der  Herr  Kaplan  an  verschiedenen  Orten  vrerth volle 
Gegenstände,  darunter  die  Meisterkanne  der  Schusterzunft  von  Moos- 
kirchen. Sie  hat  folgende  Aufschrift: 

SIMAN  HARTNER 

LAVRENZI  WVRZINGER 

GEORGIÜS  WOLWS  GRWER 

PEI  8IZER  HANS  ZIMMERMANN 

1736. 

Sie  ruht  auf  drei  Löwen  statt  der  Füsse  und  hatte  unten  einen 

Krahn.  Auf  dem  Deckel  hielt  ein  Löwe  einen  Wappenschild,  darauf  ein 

gespornter  Stiefel  mit  der  Zahl  1441  zu  sehen  war.  Innerhalb  des  Deckels 

war  die  Markung  mit  dem  steierischen  Pantherschild  und  einem  zweiten 

A  P 

Schild  mit  dem  Zeichen  ,-0^   Das  Gewicht  der  Kanne  betrug  12  Pfund. 

GroBB-Florian.  Zu  Lassenberg  in  der  Pfarre  Gross  -  Florian 
wurden  silberne  und  kupferne  Römermünien  gefunden. 


—    XXIX    — 

Jenseits  der  Mflhle  zu  Höfla  im  Sassthale  befand  sich  bis  1879 
bei  dem  Brüm»l  des  vulgo  Berggrögl  ein  merkwürdiger  fast  altarartiger 
Zierstein,  yod  den  Leuten  Spielstein*)  genannt.  Er  ist  aus  sehr  feinem 
Sandstein,  der  Länge  nach  durchbohrt,  auf  jeder  Seite  mit  einer  vier- 
blättrigen stilisirten  Rose  geziert,  die  in  den  Mittelpunkten  durchlöchert 
äind.  Unter  denselben  ziehen  grössere  Löcher  durch  den  Stein.  Da  das 
klassische  Groggemfeld  in  der  Nähe  ist,  so  mag  der  Stein  von  dort 
stammen.  Vielleicht  war  er  eine  Ära  fftr  die  Quellennymphe. 

Auf  dem  Neubruch  bei  Labuttendorf  fand  man  oft  Hufeisen, 
wfirfelformige  Ziegel  und  1879  auch  einen  Gamiol-Intaglio,  einen  Ringstein 
von  mittlerer  Grösse;  er  zeigte  das  eingegrabene  Bild  des  Merkur  an 
einer  Säule  stehend  wie  im  Fortgehen  begriffSen.  Er  hat  den  Flttgelhut 
auf  dem  Kopfe,  in  der  gesenkten  Rechten  einen  kurzen  Stab  und  trägt 
in  der  flachen  Linken  eine  Schüssel  oder  lange  Rolle.  Ein  beständiger 
Fundort  von  Antiken  ist  das  Groggernfeld,  auf  dem  die  älteste  An- 
siedluDg  war;  es  kamen  dort  selbst  Trümmer  eines  Mosaik -Boden  vor. 

Auf  der  sog.  Mitterlahn- Wiese  (südlich  an  das  Groggenifeld  stossend) 
befand  sich  ein  einziger  Kogel,  der  c.  1873  durchgraben  wurde,  wobei 
man  Ziegel,  Scherben  u.  ä.  fand,  die  man  nicht  achtete.  Im  März  1878 
«urde  der  Rest  abgegraben  und  man  traf  3'  unter  dem  Wiesboden  schwarze 
fette  Erde,  drei  grosse  schwarze  Töpfe  mit  je  8  Füssen  und  zwei  kleine 
^)ehalen  von  terra  sigilata,  alle  mit  Deckeln  geschlossen.  In  denselben 
waren  Knochen,  Kohlen  und  je  ein  Bronzestück  —  von  Fibeln :  2  Fibel- 
dorne, 2  Fibelkniestücke  und  ein  Obertheil.  Die  Terra  sigilata-Schale 
batte  Spiral-Ornamente  und  eine  lateinische  Inschrift  auf  dem  Innenboden 
aus  6  Bachstaben  bestehend,  die  aber  verwischt  wurden.  Oberhalb  lag 
ein  gebrochener  Serpentinharomer,  daneben  eine  steinerne  Deckplatte  von 
gelbem  Stein  und  ein  gerundeter  Tropfstein,  viele  gebrannte,  gespaltene 
Kiesel  und  ein  breites  Hufeisen.  Etwa  3  Klafter  entfernt  fand  sich  eine 
nicht  unliedeutende  Brandstätte. 

Landscha.  Bei  dem  grossen  Strassen- Kanäle  waren  bis  c.  1860 
Hinf  römische  Denksteine  eingemauert;  sie  wurden  später  herausgenommen 
und  von  zweien  Hess  der  damalige  Gasthofbesitzer  Sager  in  Wagna  die 
Figuren  und  Verzierungen  abhauen,  um  sie  als  Tischplatten  zu  ver- 
wenden. Als  Tischplatten  figuriren  sie  noch  im  Garten  dieses  (jetzt 
Krenn^sehen)  Gasthauses.  Diese  Steine  sowie  noch  zwei  andere  bei  dem 
gen.  Gasthause  eingemauerte  Reliefsteine  wurden  auf  dem  v.  Amtmann- 
^hwab'schen  Acker  gegenüber  der  Landschakapelle  ausgegraben. 

Lind.  Als  Johann  Schögler,  Bauer  in  Lind,  1875  sein  Wohnhaus 
äbriss,  fand  er  beim  Ausheben  der  Grundmauern  auch  den  Grundstein 
Qsd  unter  demselben  zwei  rothe  Kerzen  in  Kreuzform  gelegt  und  dabei 

*)  Er  b«flndet  lich  jetzt  Im  JoanDenm. 


—    XXX    - 

eine  grosse  Kupfermünze  von  der  französischen  Revolntioii  (c.  1798).  Ein 
ähnlicher  Fund  wurde  gemacht,  als  Herr  J.  Schahlenz  in  Hart  (Pfarre 
St.  Georgen  a.  d.  Stiefing)  c.  1846  das  alte  Wohnhaus  abriss.  £r  fand 
zwei  kreuzweis  gelegte  gelbe  Kerzen.  Zu  Seibersdorf  sagt  man,  dass  man 
nach  christlichem  Gebrauche  zwei  geweihte  rothe  Kerzchen  oder  doch 
zwei  Weihpalmzweige  in  Kreuzesform  unter  den  Grundstein  nebst  einem 
Geldstück  legen  müsse. 

Von  der  Domkirche  von  Marburg  theilt  Herr  Kaplan  Meixner 
mehrere  Steinmetzzeichen  mit. 

In  der  Umgebung  von  Radkersburg  wurde  eine  Mesaingfigur 
gefunden,  halb  Mann  halb  Ross.  Die  Füsse  des  thierischen  Unterleibei> 
sind  wie  bei  einem  hockenden  Affen  aufgezogen.  Der  Metallguss  ist  roh 
und  die  Formen  klappen  nicht,  die  Zeichnung  des  bekleideten  Obertheiies 
ist  jedoch  gefällig.  Bemerkt  mag  werden,  dass  das  älteste  Stadtwappen 
von  Radkersburg  drei  Affen  als  Wappenhalter  zeigt. 

Der  Bericht  erwähnt  dann  ausführlich  der  Funde  auf  dem  Trattenfeld 
bei  Siebing,  auf  dem  ^  antike  Geschirrtrttmmer  von  den  gröbsten  bis  zu 
den  feinsten  und  zierlichsten  Mustern  aufgefunden  wurden **.  Anch  der 
Markt  Strass  und  seine  Umgebung  ist  eine  Fundgrube  von  verschie- 
denen Antiquitäten.  Auf  der  Strasser  Mühle,  ehemals  der  Hofmühle  der 
Herrschaft  Strass,  wurden  die  Porträte  des  letzten  Eggenberger  Fürsten 
Christian  H.  (f  23.  Februar  1717)  als  etwa  7jährigen  Knaben  in  un- 
garischer Magnatentracht  dargestellt  und  seiner  Schwester  Marianna 
Josefa  (t  12.  Oetober  1774)  gefunden.  —  Schloss  und  Markt  Strass  hatten 
früher  grössere  Bedeutung,  der  Markt  war  durch  Gewerbe  und  Handel 
blühend.  Die  bis  1850  bestandene  Schusterzunft  war  nicht  nur  alten 
Ursprungs,  sondern  auch  von  grosser  Ausdehnung.  Sie  hielt  alljährlich 
ihre  feierlichen  Jahrtage  zur  Ordnung  der  Handwerks  -  Angelegenheiten, 
wozu  alle  Meister  der  hiesigen  Pfarre ,  die  von  St.  Nikolai ,  Leitersdorf 
und  von  St.  Peter  am  Otters bach  erscheinen  mussten.  Bis  1840  hatten 
sie  noch  ihre  zinnernen  Ständer  (Zunftkannen);  die  der  Meister  enthielt 
7  Mass,  die  der  Gesellen  5  Mass.  Ihren  christlichen  Sinn  und  ihre  Ver- 
möglichkeit  zeigte  die  Zunft  besonders  dadurch,  dass  sie  bei  der  Pfarr- 
kirche St.  Veit  am  Yogau  vier  Quatember  stifteten  nnd  dass  sie  vereint 
mit  der  Schneider -Innung  am  18.  Juni  1778  ftkt  den  Kleriker  Johann 
Friedrich  v.  Stadimann  den  Tischtitel  behufs  seiner  Ordination  zum 
Priester  gewährten  und  zwar  die  Schuster  mit  100,  die  Schneider  mit 
50  Gulden  jährlicher  Spende. 

Das  Sagenreiche  Streit feld,  wo  ein  römisches  Municipium  ge- 
standen, das  vom  Volke  „Stadt  Fraunella^  genannt  wird  (auch  Stadt 
Muroell),  gewährt  noch  immer  reiche  Funde,  ebenso  die  Gegend  hei 
Till  witsch.  Vom  Landgerichtskreuz  auf  dem  Leibnitzerfelde  erzählt 
der  Herr  Kaplan  eine  hübsche  Sage. 


-    XXXI    — 

Sehr  ansfobrlich  ist  der  Bericht  Über  St.  Veit  amYogau,  ebenso 
über  Wage  Adorf,  wobei  auch  Yon  dem  alten  Schlosse  am  Karberge 
s^sprochen  wird.  Ebenso  ausfDbrlieh  handelt  Herr  Kaplan  Meixner 
Qber  Wagna,  wo  fast  auf  allen  Gründen  Funde  von  Münzen  gemacht 
worden;  besonders  erweist  sich  der  Grund  des  vulgo  Kogelzenz  alljährlich 
alst  eine  reiche .  Fundgmbe. 

Schlirsslich  iheilt  Herr  Kaplan  Meixner  noch  eine  Reihe  Ton  An- 
sichten, Gewohnheiten  und  Anschauungen  des  Volkes  aus  der  Gegend 
von  St  Veit,  St.  Georgen  a.  d.  Stiefing  etc.  mit,  die  zur  Gharakterisirung 
von  Land  und  Leuten  von  Wichtigkeit  sind.  Den  Beschluss  der  werth- 
vollen  Au&eichnungen  des  Herrn  Correspondenten  A.  Meixner  macht 
<nDe  Mittheilung  über  eine  zu  St.  Georgen  herrschende  Ansicht  vom 
Untergange  der  Welt.  Er  soll  im  Jahre  1888  eintreten;  auch  wird  dort 
auf  die  Frage,  wie  lange  die  Welt  stehen  werde,  die  Antwort  erfolgen : 
Tausend  und  nicht  mehr  tausend  Das  heisst :  Die  Welt  wird  zu  Grunde 
geben,  bevor  sie  zweitausend  Jahre  gestanden  ist.  — 

Einer  zweiten  Mittheilung  desselben  Herrn  Bezirks- Correspondenten 
entnehmen  wir,  dass  beim  sog.  Kogelzenz  bei  Leibnitz  auf  einem  Acker 
verschiedene  Antiquitäten  gefunden  wurden,  welche  Herr  Prof.  Franz  F er k 
erwarb.  Eine  derselben,  eine  schwarze  bauchige  Urne  massiger  Grösse, 
trigt  die  eingeritzte  Inschrift: 

matiirIa. 

Diese  scheint  christlichen  Ursprungs  zu  sein,  wofür  der  Umstand 
spricht,  dass  das  eine  I  die  anderen  Buchstaben  überragt;  es  deutet, 
wie  Herr  Meixner  ausführt,  dieser  Buchstabe  auf  den  Namen  Jesus, 
wie  das  gleicher  Weise  oft  grössere  T  auf  das  Kreuz  Christi  weise,  ja 
selbst  schon  eine  Kreuzesform  sei.  Letzteres  wurde  erwiesener  Massen 
zor  Zeit  der  Verfolgungen  auf  den  Grabsteinen  christlicher  Körner  als 
Kennzeichen  ihres  Glaubens  angebracht,  so  dass  es  wohl  den  Christen 
oicbt  aber  den  Heiden  verständlich  war. 

Zu  St.  Veit  am  Yogau  wurde  im  Herbste  1879  gelegentlich  der 
Neupflastemng  des  Presbyteriums  der  Pfarrkirche  ein  Römerstein  entdeckt, 
der  von  weissem  Marmor  ist  und  seitwärts  einen  wulstigen  Rand  hat, 
der  aber  unten  fehlt.  Die  Inschrift  des  nun  in  der  Kirchhofmauer  ein- 
gemauerten Denkmals  ist: 

TITIAE 

SECVNDAE 

C  0  N I V  G  L 

Als  um  1865  die  alte  St.  Josephikapelle  am  Kirchhof  abgerissen 
wurde,  die  ursprünglich  eine  Rotunde  war,  traf  man  dort  und  bei  dem 
alten  gleichfalls  demolirten  Schulhause  auf  uralte,  nicht  zerstörbare 
Grundmauern,  in  denen,  wie  es  heisst  „steinerne  Heilige  eingemauert 
waren**,  die  wohl  Römerdenkmale  gewesen  sein  mögen. 


-  xxxn   ~ 

Von  den  Funden  bei  Wagna  (1879,  beim  ▼.  Lori)  S6i  der  too. 
30  Römerm&nzen,  bis  auf  einen  silbernen  Alezander  Serems  alle  toze 
Kupfer,  erwähnt. 

Beim  y.  Wiesler  in  Winterdorf  bei  Freiberg  (Pf.  Gleisdorf)  befiaad 
sich  1866  am  Treppenwege  neben  dem  Hause  („der  Greadn'')  eine  Platte 
von  weissem  Marmor,  2  Schuh  lang  und  11  Zoll  breit.  Sie  trug 
Inschrift:  Pro  jurisdictione  territorii  castelli  Freiberg  anno  1646. 


B. 


Abhandlungen, 


HiUlieil.  dm  Usk.  Yereliu  f.  Staiermuk,  XXYin.  Heft,  1880. 


Zur  Geschichte 

des 

Jagd-  und  Forstwesens  Steiermarks 

In  der  Zeit  Maximilians  L 

Toa 

Professor   Dr.   Franz   Martin   Mayer. 


iis  ist  eine  allgeinein  bekannte  Thatsache,  dass  Kaiser 
Maximilians  I.  liebste  körperliche  Erholung  die  Jagd  gewesen 
ist  Während  seine  FeldzOge,  seine  staatlichen  Einrichtungen, 
seine  kühnen  Entwürfe,  seine  Förderung  der  Künste  und 
Wissenschaften  in  weiteren  Kreisen  vergessen  sind,  haben 
sich  seine  Liebe  zur  Jagd,  seine  Abenteuer  auf  den  Höhen 
der  Gebirge  noch  inuner  im  Andenken  des  Volkes  erhalten. 
Als  die  vorzüglichsten  Quellen  für  die  Geschichte  des  Jagd- 
wesens zur  Zeit  dieses  Kaisers  gelten  der  Theurdank,  der 
Weisskunig,  des  Kaisers  geheimes  Jagdbuch  und  der  gleich- 
zeitige, auf  Pergament  gemalte  grosse  Triumphzug  des  Kaisers. 

Im  Weisskunig,  jenem  Werke,  in  welchem  er  die 
Geschichte  seines  Lebens  erzählt,  wird  seine  Geschicklichkeit 
im  Schiessen  mit  der  Armbrust  und  dem  „Stächlinpogen*' 
liervorgehoben  und  seiner  Jagden  an  der  österreichisch-steie- 
rischen Grenze  Erwähnung  gethan.  Der  Triumphzug  lässt 
(Üe  Ausrüstung  der  Jäger  für  die  verschiedenen  Arten  der 
«fagd  erkennen.  In  dem  allegorischen  Epos  Theurdank,  das 
vorzüglich  durch  den  schönen  grossen  Druck,  die  von  dem 
Meister  Johann  Schäufelin  herstammenden  Holzschnitte  und 
vor  Allem  durch  den  Namen  des  Verfassers  und  Helden  all- 
gemeine Aufmerksamkeit  erregte,  werden  die  Abenteuer  des 
^ers  erzählt,  von  denen  er  viele  auch  auf  seinen  Jagden 

1* 


—     4     — 

bestanden  hat.  In  diesem  Werke  wird  auch  Ton  jener  Gefahr 
berichtet,  in  welche  Max  bei  Gelegenheit  einer  Gemsenjagd 
beim  Dorfe  Zirl  in  der  Nähe   von  Innsbruck,   an   der  sog. 
Martinswand  gerieth ;  der  einfache  Bericht  darüber  wurde  später 
mit   verschiedenen  Zusätzen  versehen  und  hat  sich  nach  und 
nach  zu  einer  unserer  schönsten  Sagen  ausgebildet  Der  Kaiser 
war  wieder  einmal  von  dem  Hauptmanne  FUrwittig,  der  Per- 
sonification    des    unbedachten    Jugendübermuthes ,    verleitet 
worden,  eine  Jagd  auf  steilen  Felsen  zu  unternehmen.  WirkUch 
traf  er  mit  seinem  Speere  eine  Gemse,   aber  schon  war  sein 
Standort  ein  sehr   gefährlicher,   ^ydann   er  auf  einer  platten 
stundt,  darin  khein  eysen  hafften  kundt^.   Bei  der  nächsten 
Bewegung  brachen  an  einem  seiner  Fusseisen  fUnf  Zinken  und 
nur  der  sechste  hielt,   aber  auch   dieser  bog  sich  schon  in 
bedenklicher  Weise.   Wäre  auch  dieser  gebrochen,  sagt  das 
Gedicht,  so  wäre  der  Tod  des  kühnen  Jägers  unausbleiblich 
gewesen;  aber  ihm  half  Gott,  „das  er  mit  dem  ein  fiiss  wider 
hafftet,  da  er  in  setzt  nider".  Dieser  einfache  Bericht  wurde, 
wie  erwähnt,  später  mit  verschiedenen  Zuthaten  bereichert: 
ein  Engel,  erzählte  man  sich  im  17.  Jahrhunderte,  habe  den 
Kaiser,  der  auf  der  schroffen  Bergwand  weder  vor-  noch  rück-  i 
wärts  konnte,  aus  der  gefährlichen  Lage  befreit,  und  das  acht  | 
zehnte  Jahrhundert  verwandelte  den  Engel  in  einen  Bergmann 
oder  Jäger  *). 

Die  ganze  Liebe  des  Kaisers  für  das   edle  Waidwerk 
leuchtet  uns  aus  einem  Büchlein  entgegen,  welches  der  Kaiser 


^)  Vgl.  darüber  auch  J.  Newald,  Kaiser  Max,  der  Theurdank  als 
Oemsenjäger  und  Wahrheit  und  Sage  von  der  Martinswand,  in  J. 
N.  VogPs  Volkskalender  1879.  —  H.  J.  B(idermann),  zur  Ja^- 
geschichte  des  deutschen  Kaisers  Maximilian  I.  in  der  Jagdzeitung^ 
9.  Jahrg.  (1866),  Nr.  14  und  16.  —  Vgl.  auch  das  Festblatt  ftlr 
Tirol«  Schützen  und  Jäger,  1871.  In  diesen  Blättern  wird  auf  den 
„Tiffolischen  Adler"  des  Kanzlers  Mathias  Burglechner  auf- 
merkaam  gemacht  Zu  vergleichen  wären  noch  ü  h  1  a  n  d's  Schriften  zar 
Geschichte  der  Dichtung  und  Sage,  11.255  undHormayr's  Archit 
1818,  S.  186,  298. 


—     5     — 

selbst  yerfasst  und  eigenhändig  niedergeschrieben  hat.  Dies 
ist  Kaiser  Maximilian's  ^geheimes  Jagdbuch"  ^).  Es  enthält 
Rathschläge  und  Belehrungen  über  die  Jagd  ftlr  eine  Persön- 
lichkeit, welche  der  Kaiser  immer  König  Ton  Oesterreich  nennt 
Einen  König  von  Oesterreich  gab  es  aber  auch  in  damaliger 
Zeit  nicht  und  so  wird  es  wohl  einer  seiner  .Enkel,  Karl  und 
Ferdmand,  gewesen  sein,  zu  dessen  Nutzen  er  das  Büchlein 
zusammenstellte.  Hat  doch  Max  wu'klich  eine  Zeit  lang  die 
Absicht  gehabt,  die  österreichischen  Länder  zu  einem  König- 
reiche zu  erheben,  ein  Plan,  der  auch  nach  seinem  Tode  noch 
einmal  zur  Sprache  kam.  In  seinem  Jagdbuche  nun  handelt 
der  Kaiser  von  der  Ausrüstung  zur  Jagd,  der  Anordnung  des 
Zuges,  von  den  Erfordernissen  der  Bequemlichkeit,  von  den 
Gefahren,  die  den  Jäger  bedrohen;  er  spricht  von  der  Aus- 
rüstung zum  Fischfange,  beschreibt  die  kaiserlichen  Reviere 
in  den  tirolisch-baierischen  Alpen  und  fügt  schliesslich  einige 
lustige  Jagdabenteuer  bei. 

Die  Steiermark  wird  in  diesem  Büchlein  nur  einmal 
erwähnt,  und  zwar  da  wo  der  Kaiser  von  den  Bergschäften 
(pirgsdiafft)  handelt.  Er  gibt  zuerst  eine  genaue  Beschreibung 
eines  guten  Schaftes  und  fährt  dann  fort :  ;,Die  Schäfte,  König, 
die  dir  gehören,  die  lasse  in  einen  langen  Kasten  hängen, 
damit  sie  nicht  krumm  werden  und  lass  sie  mit  grober  Lein- 
wand überziehen.  Diese  Kästen  mit  den  Schäften  sollst  du 
haben  in  Innsbruck;  zu  Ehrenberg  einen;  zu  Gmunden  einen 
in  der  Burg,  unter  dem  Dache ;  in  der  Neustadt  einen,  in  der 
Burg,  in  der  grossen  Kirche,  bei  der  Orgel ;  zu  Rottenmann 
einen  im  Zeugthurme,  bei  des  Fürsten  Haus.  So  viel  magst 
Du  an  einem  jeden  Orte  Eisen  und  Schäfte  haben :  aufs 
wenigste  zwanzig.  Aber  zu  Innsbruck  sollst  Da  ihrer  am  meisten 
haben,  damit,  wenn  Dir  an  anderen  Orten  welche  fehlen.  Du 
diese  Orte  wieder  damit  versehen  kannst" 

Die  Schäfte  waren  fast  die  einzige  Waffe,  deren  man  sich  bei 
den  Gemsenjagden  bediente.  Auf  14  Bildern  des  Theurdank  sehen 


')  Ausgabe  von  Th.  Q.  v.  Karajan,  Wien  1858. 


—     6     — 

wir  den  Kaiser  mit  Wurfspeeren  versehen,  und  ausser  diesen  trägt 
er  keine  andere  Waffe ;  nur  auf  einem  einzigen  Holzschnitt  tragen 
der  Kaiser  und  seine  Begleiter  Ä^rmbrusten.  Schiessgewehre 
scheint  man  damals  noch  nicht  verwendet  zu  haben.  Der  Schaft 
wurde  geschleudert  und  man  nannte  das  Erlegen  der  Gemse 
durch  denselben  das  ^.Auswerffen  mit  dem  schaft".  Auch  wurden 
grosse  und  starke  Netze  aufgespannt  und  die  Gemsen  gegen 
sie  getrieben  und  in  denselben  gefangen.  Jedenfalls  ist  die 
Gemsenjagd  mit  dem  Schafte  sehr  mühevoll  gewesen.  Aber  je 
gefährlicher  die  Jagd,  desto  mehr  Reiz  muss  sie  auf  den 
Kaiser  ausgeübt  haben.  Die  HoQagden  späterer  Zeit  waren 
häufig  Feste,  die  mit  grossem  Prunke  ausgestattet  waren  und 
wobei  das  Erlegen  des  Wildes  keine  schwere  Sache  war ;  die 
Jagden  Maximilians  dagegen  sind  Unternehmungen  voll  Gefahren 
und  Beschwerden  gewesen;  sie  führten  ihn  nicht  auf  einen 
grünen  Wiesenplan  oder  auf  einen  eingehegten  ebenen  Jagd- 
platz, sondern  auf  die  grauen,  zackigen  Kalkfelsen  unserer 
Alpen,  wo  ausser  den  flüchtigen  Gemsen  kein  lebendes  Wesen 
zu  schauen  war. 

Ich  kann  mir  nicht  versagen,  aus  dem  Jagdbuche  noch 
jene  Stelle  herzusetzen,  in  welcher  der  Kaiser  mit  dem  grössten 
Stolze  von  dem  Wald-  und  Wildreichthum  seiner  österreichi- 
schen Länder  spricht  und  in  welcher  er  auf  eine  hier  ganz 
unerwartete  Weise  der  Jagd  eine  neue  Seite  abzugewinnen 
weiss ,  welche  bei  der  Beurtheilung  seiner  Charaktereigen- 
schaften wesentlich  in  Betracht  kommen  muss :  die  Jagd 
erscheint  ihm  als.  Mittel ,  mit  seinen  Unterthanen  in  nähere . 
Berührung  zu  treten,  ihren  Klagen  ein  auf  horchsames  Ohr  zu  | 
schenken.  „Du  König  von  Oesterreich, '^  schreibt  Max,  „nut 
Deinen  zum  Hause  Oesterreich  gehörigen  Erblanden,  sollst 
Dich  ewig  freuen  der  grossen  Lust  der  Waidmannschaft,  deren 
Du  mehr  hast,  als  alle  Könige  und  Fürsten,  zu  Deiner  Gesund 
heit  und  Erholung,  auch  zum  Tröste  Deiner  Unterthanen,  weil 
Du  ihnen  dadurch  kannst  bekannt  werden,  auch  der  Arma 
wie  der  Reiche,  der  Reiche  wie  der  Arme  täglich  bei  diesem 
Waidwerke  Zutritt  zu  Dir  hat,   so   dass  sie  sich  ihrer  Noth 


—     7     — 

zu  beklagen  und  sie  vorzubringen  vermögen,  Du  ihnen  auch 
solche  benehmen  kannst  mit  Lust,  indem  Du  während  des 
Genusses  der  Waidmannschaft  den  Bitten  der  Armen  Abhilfe 
gewähren  kannst.  Dazu  sollst  Du  alle  Zeit  Deinen  Secretär 
und  etliche  Käthe  auf  die  Waidmannschaft  mitnehmen,  damit 
Du  im  Stande  bist,  den  gemeinen  Mann,  wenn  er  Dich  besucht 
und  sich  Dir  nähert,  abzufertigen,  was  Du  dann  schöner  am 
Waidwerk  als  in  den  Häusern  thun  kannst  Damit  Du  aber 
keine  Zeit  verlierst,  so  sollst  Du  das  niemals  unterlassen, 
ausser  wenn  die  Falken  fliegen  oder  die  Hunde  jagen." 

Es  sind  noch  eine  Reihe  kleinerer  Quellen  für  das  Jagd- 
wesen unter  Maximilian  vorbanden,  doch  fällt  daraus  spedell 
für  Steiermark  nur  sehr  wenig  ab.  Als  König  Mathias  von 
Ungarn  im  April  1490  zu  Wien  gestorben  war,  erschien  König 
Maximilian,  der  sich  in  Tirol  befand,  in  den  östlichen  Alpen« 
ländem,  um  diese  Gebiete  wieder  zu  gewinnen  und  nach 
Ungarn  vorzugehen.  Am  13.  Juni  1490  hielt  er  sich  in  Rotten- 
mann auf,  von  wo  er  seinem  Vetter  Erzherzog  Sigmund  von 
Tirol  einen  Brief  schrieb  *),  in  welchem  er  über  seinen  Auf- 
enthalt berichtet.  ,Wier  sein,"  sagt  er,  „heut  in  den 
Ratenmaner  silberperg  gevaren  oder  gesloffen,  vnd  haben  darin 
fast  ain  schonen  anfank  gefunden,  gleich  zu  scheczen  ain  tag, 
darin  sunder  zbeifl  inderhalb  Y  oder  sex  jaren  gar  groslich 
erscheinen  mues  und  dy  genk  sind  dik  und  prait  aber  gar 
bert.  Wier  werden  margen  gemsen  jagen,  got  geb  das  wier 
mngen  ain  mit  unser  band  vollen,  wiet  tragen  besunderen  hass 
von  langen  zeiten  zu  denselben  wilden  tieren  und  wier  richten 
hie  ain  gejade  zu  mit  wilden  wurmen  genant  dy  sbarczen 
peeren,  der  seind  gar  vill  hie  umb.** 

Der  Brief  ist  nicht  ganz  verständlich;  dies  ist  auch  mit 
einigen  Notizen  in  des  Kaisers  Gedenkbttchem  ^)  der  Fall. 
Diese  wichtigen  Bacher  enthalten  Au£seichnungen  über  den 
Kaiser  interessirende  Gegenstände:   was  er  gehört  oder  was 


0  V.  T.  KrauB,  Maximilians  Briefwechsel  mit  S.  Prüscheok,  S.  64. 
')  Hormayr's  Taschenbuch,  1823,  1824,  1827. 


—     8     — 

er  beschlossen  und  demnächst  zur  Ausführung  bringen  mll, 
dictirt  er  seinen  Geheimschreiben!  oder  schreibt  wohl  auch 
selbst  in  seine  Bücher  ein.  Man  ersieht  aus  ihnen  den  ganzen 
Umfang  der  Dinge,  welche  der  Kaiser  seiner  Beachtung  wür- 
digt. Vom  Abt  von  Sittich  hat  er  gehört,  dass  er  ein  Buch 
besitze,  welches  tausend  Jahre  alt  sei ;  er  notirt  sich  dies  mit 
dem  Gedanken,  sich  dies  Buch  zn  erwerben.  Von  einem 
Schmied  in  Weichselberg  in  Erain  bringt  er  in  Er&hrung, 
dass  er  gute  Hellebarden  zu  machen  verstehe ;  von  der  Stadt 
Cilli  hört  er,  dass  sich  dort  alte  steinerne  Denkmäler  befinden, 
ebenso  vom  Kloster  Seiz.  Wo  er  einen  Bau  unternehmen,  einen 
Thiergarten  anlegen  will,  notirt  er.  Besonders  gerne  merkt 
er  auffallende  Leistungen  auf  dem  Gebiete  der  Jagd  und 
sonderbare  Vorkommnisse  bei  Thieren  an.  So  will  er  in  den 
Weisskunig  aufnehmen  lassen,  dass  er  dreimal  auf  einen  ren- 
nenden Hirschen  geschossen  und  zweimal  getroffen,  dass  er 
27  Hasen  nacheinander  geschossen  und  niemals  gefehlt. 

Für  Graz  macht  sich  der  Kaiser  einmal  folgende  Notiz: 
„Auf  die  alt  und  new  altan  zu  Gretz  vier  tisch  und  penk  von 
Merbl  zu  machen  und  glender  zu  baiden  altann  under  die 
zynnen,  damit  man  sich  darauf  laynen  und  zwischen  den  zynnen 
aussehen  mug.  Es  sollen  auch  auf  die  zynnen  gertl  und  darinn 
pluemen  und  andere  kreutl  geseet  und  gesetzt  werden.^  Für 
einen  Bau  zu  Rottenmann  bestimmt  er  einmal  300,  ein  andermal 
1500  Gulden.  Und  zu  Oppenberg  (Noppenberg)  liess  er  ein 
ähnliches  Haus  wie  zu  Rottenmann  auffbhren,  offenbar  ein 
Jagdhaus. 

Ueber  eine  Beobachtung,  die  er  in  der  Umgebung  von 
Graz  machte,  schreibt  er  auf:  „Item  dy  poeser  der  sparber 
(Fangvögel)  haben  wind  und  vangen  Hasen  umb  Gretz."  Die 
Ebene  von  Graz  muss  damals  nicht  reich  an  Wild  gewesen 
sein,  weil  sich  der  Kaiser  notirt:  „Item  in  das  Graetzer  Veld 
hasen  zu  kauffen."  Und  eine  andere  Notiz,  Graz  betreffend, 
lautet:  „Nota  zu  jagen  zu  Gratz  umb  die  hecken." 

Der  Biberfang  war  damals  in  Steiermark  noch  ergiebig. 
Der  Kaiser  schreibt  in  sein  Gedenkbuch:  „Item  dem  Glacher 


—     9     — 

zu  schmben  Fiber  zu  hayen  (hegen)  von  Wildon  auf  ain  halbe 
Meyl  gegen  Gräcz.'* 

Andere  derartige  Anmerkungen  sind  folgende: 

„Item  nach  den  schönen  Hiersghum  (Hirschgeweih)  im 
Eysenarzt  bey  dem  Vorstmaister  zu  fragen. 

Prope  Marpurgam  in  uno  lacu  sunt  ultra  mille  anete  in 
uno  loco  ^). 

Item  den  Selbnling  zu  Aussee  mehr  speysvisch  in  den 
See  ton  lassen. 

Den  Weg  im  Eyssenarcz  lassen  pflastern  und  zu  pessem 
und  all  pei  (Gebäude). 

Item  dem  Tiergarten  zu  Gräcz  und  zu  der  Newenstatt 
zuzurichten  und  in  den  zu  Gräcz  ain  prunnen  machen  zu  lassen. 

Item  Schespach  Herr  Caspar  Winprer  hess  Sesmir  und 
Peterlin  Valkner  soDen  die  Slosser  in  der  Grafschaft  Cilli 
besichtigen,  welche  zu  der  Waidnerey  und  Jegerey  gelegen 
sein  und  die  andere  zu  lehen  verkaufen  und  mit  demselben 
gelt  die  gejaidt  und  Waydnerey  Slosser  und  sonderUch  Saleck 
nnd  Osterwitz  zu  lösen. 

Item  Koldrer  maller  sol  die  Grafechaft  Cilli,  Friaul  und 
Ysterreich  mit  der  Lanndtschaft  abmallen.^^ 

Aus  diesen  dürftigen  Notizen  lässt  sich  höchstens  erkennen, 
dass  Maximilian  auch  in  Steiermark  dem  Jagd-  und  Forstwesen 
seine  Aufmerksamkeit  schenkte. 

Es  verdient  hier  erwähnt  zu  werden,  weil*  es  zu  Verglei- 
chen mit  anderen  Begierungsmaximen  des  Kaisers  herausfor- 
dert, dass  er  schon  im  Jahre  1500  von  der  provinziellen 
Verwaltung  des  Jagd-  und  Forstwesens  abzugehen  anfing. 
Sein  Jagdpersonal  blieb  nicht  von  Land  zu  Land  bestellt, 
sondern  er  wies  demselben  weit  umfassendere  Gebiete  an.  So 
ernannte  er  damals  beispielsweise  einen  gewissen  Wolflin  zum 
Unterjägermeister,  dem  er  mehrere  Jäger,  Knechte,  Knaben, 
einen  Koch,   emen  ^^ Windhetzer",   einen  Ross Wärter  und  ein 


0  Bei  Marburg  in   einem  Teich  gibt  es  mehr  als  tausend  Enten  aof 
einem  Flecke. 


—     10     — 

Oefährt  beigab.  Er  befahl  ihm,  mit  diesem  Gefolge  und  hundert 
in  Innsbruck  bereitstehenden  Hunden  an  der  Schiffslände  ober 
Hall  am  Inn  ein  Schiff  zu  besteigen  und  sich  nach  Wien  zu 
begeben.  Von  hier  aus  sollte  er  im  kommenden  Herbste  im 
Wienerwalde,  im  Leithagebirge  und  um  Petronell  Schweine 
jagen,  aber  nicht  mit  Rüden,  sondern  mit  geschulten  Jagd- 
hunden. Aber  nur  seclis  Schweine  dürfen  jeden  Herbst  gespiesst 
werden;  die  erlegten  sind  einzusalzen  und  auf  Saumrosseo 
den  Statthaltern  zu  Innsbruck  zu  senden,  welche  die  weitere 
Beförderung  an  den  Kaiser  zu  veranlassen  haben.  Im  Frühjahr 
wieder  hat  der  Unterjägermeister  diese  Reviere  der  Hirsche 
wegen  zu  durchziehen.  Sobald  aber  die  Hirschjagd  beendet  ist 
soll  er  sammt  seinem  Gefolge  nach  Steiermark  ziehen, 
dort  auf  dem  zwei  Meilen  von  Graz  entfernten  Vasoldsberge 
einen  Hirsch  „über  Land  hetzen,  jagen  und  fahen^  und  diesen 
dem  Reinprecht  von  Reichenburg  als  Geschenk  des  Kaisers 
übergeben.  Von  da  hat  sich  der  Jagd^ug  nach  Cilli  zu  begeben, 
wo  sechs  Hirsche  zu  erlegen  sind.  Einer  davon  ist  wieder  dem 
Reinprecht  von  Reichenburg  zu  überweisen,  auch  Friedrich 
von  Stubenberg,  Andreas  Hohenwarter,  Hauptmann  auf  Schloss 
Cilli,  der  Burgpfleger  zu  Cilli  und  der  ^  Suseiner  Jager"  sollen 
bedacht  werden.  Hat  die  Jagd  in  Steiermark  ihr  Ende  gefunden, 
so  soll  sich  Wolflin  nach  Wien  begeben  und  dort  die  weiteren 
Befehle  des  Kaisers  erwarten  *)• 

Genauere  Nachrichten  über  die  Jagd-  und  Forstverhüt- 
nisse  Steiermarks  zu  Kaiser  Maximilians  Zeiten  enthält  eine 
Handschrift  des  Landesarchivs  zu  Graz,  auf  deren  Inhalt  die 
ganze  folgende  Darstellung  beruht  -y 


*)  Nach  H.  J.  B(idermann).  Zur  Jagdgeschichte  des  deutschen  Kaisers 
Maximilian  I.  in  der  Jagdzeitung  1866,  Heft  14  und  15. 

-)  Nr.  104  des  Landesarchivs.  Sie  führt  den  Titel:  In  disem  nach- 
foligunden  puech  ist  vermerekht  vud  aigentlich  beschrihen  der  wildpan 
vnd  alle  hierss  vnd  gambsjaid  im  Innemperg  des  Eysennertzt  mit- 
sarobt  dem  wildpan,  so  nu  angeraint  ist  auch  allem  pirg  holtz  vnd 
weld  wie  das  gehaissen,  wo  das  gelegen  auch  winter  vnd  siuner 
sein  stend  hat  vnd  an  welchen  orten  das  zu  yinden  vnd  zu  jagen 


—    11    — 

Nach  dem  Tode  Maximilians  warde,  wie  noch  ausgeführt 
werden  wird^  gegen  die  Massregeln  des  Kaisers  in  Forst-  und 
Jagdangelegenheiten,  denen  man,  so  lange  er  lebte,  bald  willig, 
bald  unwillig  gehorchte,  Opposition  erhoben,  Vieles  von  dem 
was  er  angeordnet,  umgestossen  oder  in  Frage  gestellt  Dies 
war  um  so  eher  möglich,  als  seine  Erben  nicht  im  Lande 
waren.  Bald  nachher  hat  Erzherzog  Ferdinand  eine  landes- 
ftrstliche  Commission  zur  Untersuchung  und  Regulirung  des 
landesfürstlichen  Kammergutes  in  den  niederösterreichischen 
Ländern  eingesetzt ').  Um  diese  Zeit,  etwa  von  1524  bis  1528 
muss  es  gewesen  sein,  dass  unsere  Handschrift  abgefasst 
wurde  '^).  Sie  stellt  sich  als  eine  Art  Denkschrift  dar,  gerichtet 
an  den  Erzherzog  Ferdinand,  der  immer  als  König  angeredet 
wird,  wie  dies  ja  auch  im  geheimen  Jagdbuche  der  Fall  ist 
Der  Plan,  die  fünf  niederösterreichischen  Herzogthümer  als 
Königreich  zusammenzufassen  und  diesem  den  Erzherzog  Fer- 
dinand als  Herrscher  zu  setzen,  wurde  damals  wieder  verhau* 
delt  Oder  man  könnte  die  Abfassung  in  die  Zeit  nach  1526 
setzen,  in  welchem  Jahre  Ferdinand  König  von  Böhmen  und 
Ungarn  wurde. 

Den  Kern   der  Handschrift  bildet  die  Beschreibung  der 


ist,  nemlich  den  jaiden  im  Ennstal,  Wolkenstain,  Selckh,  Strecbaw, 
Paltental,  Camertal,  Steyr,  Lewbm,  Pruckh  vnd  Vordernperg,  der- 
gleichen die  jaid  im  Tragosstal  auch  die  admundischen  jaide,  so 
kay.  Mt.  ror  knrtzer  zeyt  vbergeben  Tnd  dem  Eysennertzt  angeraint 
sein  zusambt  den  vertregen  vnd  instruction  darüber  aufgericht  auch 
der  hach  vnd  swartz  weld  vnd  was  darinn  durch  die  kay.  Mt  vnd 
auf  irer  Mt.  beuelch  gehandelt  vnd  wie  die  verrer  in  wesen  zube- 
halten sein  vnd  zu  aufrichtung  des  wilpan  vnd  hayung  der  holczer 
weiter  zu  thun  ist  mit  vleis  zusamen  klawbt  wie  hernach  volgt.  Der 
Ck)dez  (Papier  mit  Pergamentumschlag)  wurde  nach  Maximilians 
Tode  geschrieben. 
»)  Mttchar  Vin.,  317.  ^ 

-)  Von  Kaiser  Max  wird  wie  eines  Verstorbenen  gedacht.  Hans  Hang 
wird  als  gewesener  Forstmeister  bezeichnet;  er  musste  1524  sein 
Amt  niederlegen  und  in  demselben  Jahre  wird  Erasmus  Heidenreich 
sein  Nachfolger,  der  auch  in  unserer  Handsch.  erscheint.  1528  erhielt 
Veit  Zollner,  der  später  en^ähnt  wird,  das  Amt  Münichthal. 


—     12     — 

Jagdreviere  in  Obersteiermark,  wie  sie  unter  Maximilian 
bestanden,  an  welche  sich  Acten  zur  Geschichte  der  Streitig- 
keiten des  Kaisers  mit  den  Klöstern  Göss  und  Admont  bezQglicb 
dieser  Reviere,  Instructionen  für  die  Forstmeister,  Vorschläge 
zu  Verbesserungen  anschliessen.  Sie  hatte  den  Zweck,  den  Erz- 
herzog Ferdinand  mit  dem  Zustande  des  Forstwesens  unter 
Max,  den  Veränderungen  nach  dessen  Tode  bekannt  zu  machen 
und  ihm  Verbesserungsvorschläge  an  die  Hand  zu  geben.  Der 
Verfasser  war  ein  Mann,  welcher  mit  den  Massnahmen  des 
verstorbenen  Kaisers  vollständig  vertraut  und  einverstanden 
gewesen  ist  und  den  Uebergriffen,  welche  sich  der  Adel  nach 
des  Kaisers  Ableben  zu  Schulden  kommen  liess,  abhold  war. 
Im  letzten  Abschnitte  stellt  er  dem  König  Ferdinand  sein 
Werk  anheim  mit  den  Worten :  „Hieinn  hat  nun  ewr.  ku.  Mt. 
den  wilban  mit  dem  gepurg  vnd  allen  jaiden,  wie  die  gelegen, 
wie  die  gehaissen  vnd  wie  die  zu  jagen  auch  zu  hayen  vnd 
vor  gewalt  der  menschen,  thier  vnd  andern  untziifer  zuuer- 
waren  sein  . . ." 

Bald  nachdem  Maximilian  die  österreichischen  Länder  zu 
regieren  begonnen  —  der  Zeitpunkt  wird  nicht  genauer  be- 
stimmt —  liess  er  durch  seinen  obersten  Bergmeister  Hans 
von  Maltis  alle  steierischen  Prälaten  nach  Wien  berufen 
und  ihnen  dort  auseinandersetzen,  dass  alle  Bergwerke,  Hoch- 
und  Schwarz  Wälder  „irer  kay.  Mt.  Regalia*'  seien,  worin  sie 
ihm  Schaden  thäten  ').  Diese  Betonung  des  obersten  Berg-, 
Forst-  und  Jagdregals  kann  man  die  ganze  Regierung  Maxi- 
milians hindurch  verfolgen  ^).  Es  ist  die  Zeit,  da  das  altdeutsche 


')  Im  Jahre  1496  hatte  E.  Maximilian  eine  eigene  Oommission  abgeordnet, 
welche  alle  landesfürsdichen  Bergbauten  in  Steiermark  besichtigen 
lind  darüber  berichten  sollte.  An  der  Spitze  dieser  Gommission  stand 
der  „obriste  Bergmeister''  Hans  Mallitz  (offenbar  derselbe  wie  der 
oben  genannte).  Muchar  YIIL,  196.  Sein  Name  wird  Iq  dem  von 
Muchar  citirten  Werke  „Malltits"  geschrieben.  Sollte  die  Benifung 
nach  Wien  eine  Folge  der  von  der  Gommission  gemachten  Wahr- 
nehmungen gewesen  sein?  Dann  wäre  sie  etwa  in  das  Jahr  1497 
zu  setzen. 

*)  Die    Stelle    lautet:    Im    eingang   kaiser    Maximilion  hochloblicber 


—     13     — 

Herkammen ,  wonach  der  Grundbesitzer  das  ausschliessliche 
Recht  besitzt,  auf  seinem  freieigenen  Grund  und  Boden  zu 
jagen,  mit  den  Anschauungen  der  Romanisten,  dass  die  meisten 
Landesfürsten  das  Recht,  überall  im  ganzen  Lande  zu  jagen, 
ersessen  haben,  im  Streite  lag  ')•  Zu  Maximilians  7eit  wurden 
zunächst  die  Hochwälder  als  Gegenstand  des  Forstregais  erklärt. 

Noch  vor  Ende  des  Jahrhunderts  hatte  Maximilian  Vor- 
kehrungen getrofifen,  um  der  Waldverwüstung  in  der  Umgebung 
von  Eisenerz  Einhalt  zu  thun.  Nicht  die  Sorge  um  die 
Jagd  ^lein  trieb  ihn  dazu  an,  sondern  auch  der  Umstand, 
dass  bei  der  steigenden  Holz-  und  Kohlennoth  der  Preis  des 
Roheisens  ein  höherer  wurde.  Er  ernannte  den  Sigmund  Baum- 
gartner  zum  kaiserlichen  Waldmeister  in  Inner-  und  Vordem- 
berg*) tmd  traf  am  4.  Februar  1499  noch  die  Anordnung, 
dass  die  Waldungen,  welche  mittels  Klausen-  und  Risswerken 
für  die  Gewinnung  des  Erzes  benützt  werden  können,  ein- 
gefriedet und  von  der  Benützung  durch  die  geistlichen  und 
weltlichen  Herren,  welche  auf  die  Schwarzwälder  um  Leoben, 
Vordernberg  und  Eisenerz  ein  Recht  zu  haben  vermeinten, 
gesichert  werden  sollen  ^). 

Es  ist  möglich,  dass  durch  diese  Anordnungen  viele  Rechte 


gedechtnfiss  der  österreichischen  lande  regierung  hat  ir  kay.  Mt. 
aU  prelaten  des  Lands  Steyr  durch  Hannsen  von  Maltis  irer  kay. 
Mt.  obristen  pergmaister  mit  ladung  vor  der  regierung  zu  Wienn 
der  perckhwerch,  hach  vnd  swarcz  weld  halben  fflrgenomen  vnd 
beklagt,  dieweil  alle  perckhwerch  auch  hoch  vnd  swartz  weld  irer 
kay.  Mt  regalia  weren,  darin  sy  in  irung  theten,  also  hat  ir  kay. 
Mt.  dieselben  mit  vrtl  ynd  recht  erhalten  laut  der  acta,  so  bei  der 
canntzley  ligen  soln. 

*)  H.  J.  Bidermann,  V^aidmännische  Erinnerungen  aus  Oesterreichs 
Vorzeit  8.  24  ff. 

-)  Msc.  24.  Von  Muchar  (VIII.,  199)  benützt. 

')  Msc.  28—29.  Muchar  VIII ,  200.  Wie  vernünftig  diese  Anordnungen, 
beweist  schon  der  kleine  Satz :  £s  ist  nothwendig,  dass  „vorbestimbter 
vnser  waldmaister  darob  sey  bey  disen  tellern  vnd  graben,  damit 
daselbs  das  eltist  holtz  angriffen,  das  jung  gehayt  vnd  darinnen 
nicht  gereudt  noch  prandt  gemacht  werden  ..." 


—     14     — 

Einzelner  verletzt  wurden,  wesshalb  denn  auch  von  allen  Seiten 
her  Einsprachen  erhoben  wurden.  Es  kam  zu  Streitigkeiten 
und  Verhandlungen,  von  denen  besonders  die  mit  der  Aebtissin 
von  Göss  und  dem  Bischöfe  von  Laibach  hervorgehoben  zu 
werden  verdienen. 

In  einem  Briefe  dd.  Leiden  5.  August  1 508  machte  Kaiser 
Maximilian  seinem  Forstmeister  in  Eisenerz,  Hans  Haug ')  die 
Mittheilung,  er  habe  in  Erfahrung  gebracht,  dass  im  Sommer 
stets  grosse  Hirschen  auf  das  Gebiet  der  Aebtissin  „genant 
die  Vobis,  Griesstain,  Newnwalt  vnd  Ogsenwisen"  •)  schweiften, 
wo  sie  von  den  Bauern  erlegt  würden.  Der  Forstmeister  möge 
sich  nach  Göss  verfügen  und  einen  Vertrag  mit  der  Aebtissin 
abschliessen :  sie  und  die  Ihren  mögen  von  der  Jagd  auf  das 
kaiserliche  Wild  abstehen,  wogegen  ihr  der  Forstmeister  all- 
jährlich zwischen  dem  12.  Juli  und  8.  September  einen  Hirschen 
fangen  und  nach  Göss  überbringen  werde. 

Dies  geschah.  Im  Vertrage  erklärte  die  Aebtissin,  dass 
sie  i,in  Tragosstall,  den  Griesstain,  die  Vobis,  Ogsenwisen. 
Newwald  vnd  denselben  orten  vmb  weder  hierssen,  gembsen 
noch  peren*)  durch  sich  noch  ir  lewt  nit  jagen,  sich  auch 
aller  sach  den  wilban  vnd  das  waidwerch  betreifend  ausserhalb 
des  reisgejaid  *)  entslahen  vnd  dem  vorstmaister  darin  in  kai- 
nerlay  weg  irrung  noch  eingriff"  thun  wolle. 

Der  Kaiser  bestätigte  den  Vertrag  und  bezeigte  seinem 
Forstmeister  mit  einem  Schreiben  dd.  Köln  den  9.  April  1 509 
sein  Wohlgefallen  über  die  rasche  Beilegung  dieser  Streitsache. 


*)  Msc.  lO*'  ff.  Hans  Haug  heisst  im  J.  1501  noch  „ku.  Maj.  Maotner 
und  Richter  in  Eisenerz''.  Interessant  ist  es  auch,  dass  derselbe 
Haug  bei  dem  Baue  der  Pfarrkirche  St.  Oswald  in  Eisenerz  (1493  bis 
1517)  als  Baumeister  fungirte.  Vgl.  J.  Krainz,  Eisenerz  und  die 
Pfarrkirche  St.  Oswald.  1878,  S.  23. 

*)  Alle  diese  Bezeichnungen  existiren  noch;  diese Oertlichkeiten  befinden 
sich  auf  dem  Uebergange  vom  Tragössthal  nach  Eisenerz» 

')  An  der  einen  Seite  der  Yobismauer  gibt  es  eine  Stelle,  welche  beute 
noch  das  BArenloch  heisst 

^)  Beisgejaid,  Jagd  auf  kleines  Waidwerk. 


—     15     — 

Anein  nachher  gab  es  doch  wieder  allerlei  Irrungen.  Die 
Aebtissin  hatte  nicht  die  Absicht,  sich  dem  Vertrage  lange  zu 
fbgen  und  wehrte  ihren  Unterthanen  nicht  die  Belästigung 
des  kaiserlichen  Wildes.  Sie  sagte  offen:  „sy  sey  nit  in  der 
zeit  (zeil?)  der  preleten,  sunder  ain  landtmanyn"  und  versicherte 
sich  auch  des  Beistandes  jener  Adeligen,  welche  Kinder  oder 
Verwandte  zur  Erziehung  im  Kloster  hatten.  Der  Kaiser  ordnete 
endlich  eine  Commission  ab,  welche  mit  ihr  einen  neuen 
Vertrag  abzuschliessen  beauftragt  wurde.  Der  Landeshauptmann 
Sigmund  von  Dietrichstein,  der  Vitzthum  Lienhard  von  Ernau, 
der  Pfleger  zu  Pfannberg  Heinrich  Traupitz  und  Hans  Hang, 
Amtman  und  Forstmeister  in  Eisenerz,  begaben  sich  demnach 
nach  Göss  und  unterhandelten  mit  der  Klostervorsteherin  und 
ihren  Beiständen  den  Herren  Cristoph  Rcghnitzer,  Erasmus 
und  Wolf  von  Saurau,  Hans  Hoümann,  Lukas  Greswein,  Hans 
von  Herberstein  u.  A.  wegen  der  Jagdgebiete,  welche  die 
Aebtissin  als  ihr  Eigenthum  erklärt,  die  aber  ;,zu  dem  Eysen- 
erzt  beschriben  vnd  verordent  sein''.  Die  kaiserlichen  Abge- 
ordneten verlangten  ihr  Privileg  zu  sehen,  aber  sie  wollte 
dasselbe  nicht  vorweisen,  indem  sie  erklärte,  sie  dtlrfe  dies 
ohne  Erlaubniss  der  Landschaft  und  des  Erzbischofs  von  Salzburg 
nicht  thun.  Erst  als  die  Abgeordneten  mit  Entschiedenheit 
auftraten,  Hess  sie  sich  zu  einem  neuen  Vertrage  herbei,  worin 
sie  versprach,  dass  sie  dem  Kaiser  die  Wälder,  so  viel  ihrer 
bZuq)  perckhwerch  des  Eysenerczt**  nothwendig,  überlasse,  dass 
sie  ohne  des  Waldmeisters  Wissen  und  Willen  kein  Holz  zum 
täglichen  Gebrauche  schlagen  lassen  und  nicht  gestatten  werde, 
dass  einer  ihrer  Unterthanen  Bäume  niederschlage,  Kohlen- 
meiler anlege  oder  sonst  den  Wald  verwüste.  Könne  sie  aber 
solche  Verwüstungen  nicht  hindern,  so  solle  der  Waldmeister 
die  Frevler  vor  sich  rufen  und  strafen,  ohne  von  ihr  gehindert 
zu  werden. 

Der  Kaiser  war  mit  diesem  neuen  Vertrage  zufrieden. 
Doch  war  man  darüber  nicht  in's  Reine  gekommen,  wem  die 
Strafgelder  zufallen  sollen  und  sollte  dies  der  Kaiser  entscheiden. 
In  seinem  an  die  Aebtissin  gerichteten  Schreiben  dd.  Ingol- 


—     16     — 

Stadt,  20.  August  1517,  entscheidet  sich  der  Kaiser  dahin, 
dass  diese  Strafgelder  zu  seinen  Gunsten  eingezogen  werden 
sollen  und  ermahnt  die  Aebtissin,  dem  Vertrage  genau  nach- 
zuleben ^). 

Auch  mit  dem  Bischöfe  von  Laibach,  Christoph  Rauber, 
gab  es  Streitigkeiten.  Im  Jahre  1501  fand  in  Admont  eine 
doppelte  Abtwahl  statt:  Michael  Griessauer  konnte  die  Bestä- 
tigung des  Kaisers  nicht  erlangen  und  Alexander  von  Kaindorf 
hatte  zu  wenig  Stimmen.  MaximiUan  setzte  nun  dem  Stifte 
den  Bischof  von  Laibach  und  Administrator  von  Seckau,  Chri- 
stoph Rauber,  als  Commendatarabt  von  Aiit  ihm  schloss  er 
zugleich  bezüglich  der  admontischen  Jagdrechte  einen  Vertrag, 
wovon  er  den  Forstmeister  Hang  mit  Schreiben  vom  14.  Juli 
1508  verständigte.  Der  Bischof  hat  dem  Kaiser  auf  dessen 
Lebenszeit  und  seinem  Nachfolger  für  drei  Jahre  nach  des 
Kaisers  Tod  „dieselbigen  gejaid,  so  an  vnser  gejaid  rueren  vnd 
stossen  nemblichen  vber  die  Ennspruggen  auf  die  recht  Strassen 
vom  Innerperg  auf  Admund  zuegestelit^.  Hans  Hang  versicherte 
sich  in  Folge  Auftrages  des  Kaisers  des  abgetretenen  Jagd- 
gebietes, kam  aber  sofort  darüber  mit  Christoph  Rauber  in 
Streit:  der  Bischof  beklagte  sich  bei  Max,  dass  Hang  weiter 
greife,  als  ihm  der  mit  dem  Kaiser  abgeschlossene  Vertrag 
erlaube.  In  Folge  dessen  erliess  Maximilian  an  Hang  (Brüssel, 
2.  Februar  1509)  den  bestimmten  Auftrag,  „das  du  hinfuro 
den  vorgemelten  des  von  Laybach  hiersch  vnd  gembsgejaiden, 
so  an  vnser  hiersch-  vnd  gembsgejaiden  im  Eysenertzt  stossen 
wie  vor  angetzaigt  ist,  vngeverlich  ain  meill  wegs  vber  landt 


0  Msc.  18:  . .  nachdem  aber  in  solchem  vertrag  der  straff  halben  wer 
hiewider  handelt  iming  ist,  wem  die  straff  zuesteen  vnd  wir  darinn 
entscbidt  thon  sollen,  kanst  das  bedenckhen,  dieweiU  aU  hoch-  vnd 
swartz  weld  vnser  fiirstenthumb  regalia  sein,  das  ist  straff  den  oder 
die,  so  wider  den  vertrag  handien,  holtz  slahen,  gereyt  prennen  vnd 
ander  verwuestung  in  den  holtzen  thun,  niemandt  pilUch  alls  vns 
zuesteet.  Vnd  haben  darauf  bemeltem  vnsem  ambtman  vnd  vorst- 
maister  Hanssen  Hawgen  vnd  vnserm  waldtmaister  in  Steyr  bevolhen, 
das  sy  also  die  straff  in  vnserm  namen  eintziehen  sollen . . . 


—     17     — 

vnd  zwo  meill  vber  joch  von  vnsern  jetz  gemelten  hierss  vnd 
gembsgejaiden  das  wilbret  hayest  (liegest)  vnd  in  demselben 
getzirckh  den  von  Laibach  noch  niemands  andern  kain  wilbrets 
nit  jagen,  schiessen  noch  vahen  lassest  vnd  welche  du  in  den- 
selben Gegenden  vnd  getznerckhen  begreiflfest,  die  das  wflbret 
jagen,  schiessen  oder  fahen,  dieselben  nach  vnsern  bevelch 
straffest^S  Er  wolle  auch  seinen  Ueberreitern,  die  er  nächstens 
ernennen  werde,  befehlen,  die  kaiserlichen  Waldungen  durch 
Steine  abzugrenzen.  Der  Bischof  könne  in  den  Bezirken,  die 
za  Admont  gehören,  Holz  schlagen,  Luchse^  Füchse  und  Marder 
fangen,  das  kleine  Waidwerk  verleihen,  aber  nur  mit  Wissen 
des  Forstmeisters ;  doch  dürfe  dadurch  das  grosse  Wild  weder 
gejagt  noch  vertrieben  werden;  dieses  müsse  allein  für  den 
Kaiser  gehegt  werden. 

Mit  dieser  Auseinandersetzung  des  Vertrages  erklärte  sich 
der  Bischof  einverstanden.  Der  Kaiser  überliess  ihm  nun  aus 
Dankbarkeit  einige  Jagden  in  der  Gegend  von  Cilli  und  in 
Krain,  die  jedoch  nicht  näher  bezeichnet  werden. 

Wie  strenge  der  Kaiser  auf  Schonung  seines  Wildes  sah, 
mag  man  auch  daraus  ersehen,  dass  Osann  Schackhan,  der 
1503  zum  Thiergärtner  in  Graz  mit  einem  Gehalte  von  22 
rheinischen  Gulden  jährlich  bestellt  wurde,  versprechen  musste, 
niemals  einen  der  Damhirsche  („Tändl"),  wenn  schon  einmal 
einer  sterben  sollte,  zu  essen.  Auch  musste  er  auf  die  Füchse, 
welche  durch  Löcher  in  den  Thiergarten  einkrochen  und  dem 
Wilde  nachstellten,  Selbstgeschosse  ^)  anbringen,  aber  so,  dass 
diese  nach  auswärts  schössen.  Edicte  gegen  Waldverwüstung 
and  Wilderei  wurden  wiederholt  erlassen  2).  Man  darf  jedenfalls 
annehmen,  dass  Eingriffe  in  das  Jagdregale  sehr  strenge 
bestraft  worden  sind.  Wie  vorsichtig  selbst  der  Forstmeister 
Hang  in  Dingen,  welche  das  landesfürstliche  Jagd-  und  Fischerei- 
recht  betrafen,  vorging,  ersieht  man  aus  einer  Stelle  in  einem 


')  Mucbar  VIII.,  216,  wo  „Selbstschloss*'  steht,  was  jedenfalls  „Selbst- 
geschoss'*  heissen  muss,  welches  Wort  öfter  vorkommt. 

^)  Muchar  VIIL,  207,  230,  239,  246. 

Xütbeü.  des  bist  Verein«  f.  Steiennark,  XXVm.  Heft,  1880.  2 


—     18     — 

Briefe  des  Kaisers  au  den  Forstmeister  dd.  Köln,  9.  April 
1 509.  Der  kaiserliche  Rath  Herzog  (Erich)  von  Braunschweig  * ) 
hatte  sich  an  Hang  mit  dem  Begehren  gewendet,  er  möge  ihm 
hundert  Stück  Selblinge  zusenden.  Der  Forstmeister  kam 
diesem  Begehren  nicht  sofort  nach,  sondern  er  berichtete 
darüber  zuerst  dem  am  Rhein  weilenden  Kaiser  und  erbat 
sich  auch  Verhaltungsmassregeln  für  den  Fall,  dass  der  ge- 
nannte Herzog  etwa  auch  den  Wunsch  äussern  würde,  in  den 
Bannforsten  jagen  zu  dürfen.  Der  Kaiser  sandte  nun  dem 
ängstlichen  Forstmeister  den  Befehl  zu:  „wo  bemelter  vnser 
oheim  hinfuro  solchs  weiter  an  dich  begeren  wurde,  das  du 
denselben  nachkhumest,  damit  berurter  vnser  oheim  auch  ain 
ergeczlichkhait  habe'^ 

Bald  nachdem  die  Angelegenheit  der  admontischen  Jagd- 
reviere  geordnet  war,  übersandte  der  Kaiser  seinem  Forst- 
meister Hang  eine  Instruction  bezüglich  dieser  Jagdgebiete  ). 
Sie  besteht  aus  fünf  Punkten.  Dem  Forstmeister  wird  daiin 
aufgetragen,  in  den  Admontischen  Hirschrevieren  alljährlich 
nur  einmal  zu  jagen  und  einen  oder  höchstens  zwei  Hirsche 
zu  fangen.  Er  hat  strenge  darauf  zu  sehen,  dass  die  an  dieseu 
Revieren  sitzenden  Bauern  sowie  die  im  Kammerthal  keine 
dem  Wilde  schädlichen  Hunde  halten.  Für  die  Admonter 
Reviere  und  für  die  von  Kammerthal  soll  er  je  einen  Forst- 
knecht bestellen  mit  einer  Besoldung  von  26  fl.  rheinisch  und 
soll  deren  Thätigkeit  genau  überwachen. 

Die  Admonter  Reviere  machten  dem  Forstmeister  noch 
manche  Sorge.  Die  Mönche  wie  die  Stiftsbauem  suchten  ihm 
in  Wort  und  That  die  Ausübung  seiner  Pflichten  zu  erschweren, 
worüber  er  getreulich  dem  Kaiser  berichtete.  Dieser  trug  ihm 
einmal  (mit  Schreiben  dd. :  in  vnserm  beer  bei  Badua  am 
XVIIII.  tag  Augusti  1 509)  auf,  er  möge  sich  durch  ihre  Reden 


<)  Der  Herzog  Erich  von  Braun  schweig  commandirte  1508  und  1509 
die  innerösterr.  Truppen  in  Friaul,  war  1510  Mitglied  des  Kriegrs- 
rathes  ftkr  die  n.-ö.  Länder  u.  s.  w. 

s)  Msc.  1Gb.  Datirt  Innsbruck  1.  Juni  1509. 


—     19     — 

nicht  beirren  lassen  und  die  Bauern,  die  sich  etwa  unter- 
stünden, in  den  dem  Kaiser  überlassenen  Revieren  zu  jagen, 
gefangen  nehmen  und  dem  Landesverweser  überantworten, 
„dann  du  im  Eysenertzt  sterckher  bist  dann  solch,  die  sich 
desselben  gejaidts  dir  zu  weren  vnderstanden^S 

Ein  Auftrag  gegen  die  Mönche,  welche  ihrer  Jagdlust 
nicht  zu  gebieten  vermochten,  erfolgte  am  21.  October  1509. 
Der  Forstmeister  sollte,  da  er  stärker  sei  als  die  Admonter, 
zu  erfahren  suchen,  wann  diese  jagten  und  dann  so  stark  als 
möglich  gegen  sie  ausziehen.  Die  er  betrete,  möge  er  gefangen 
nehmen  und  sich  von  ihnen  geloben  lassen,  „das  sy  sich  zu 
stundan  an  vnsem  hof  fuegen  vnd  sich  vnserm  hoffvnder- 
marschalch  ansagen  vnd  stellen^'.  Wenn  sie  dann  trotzdem 
noch  weiter  jagten  und  er  sie  neuerdings  in  seine  Gewalt 
bekäme,  so  solle  er  ihnen  ihre  Kutten  und  Kleider  wegnehmen 
und  diese  an  den  Hof  senden  *). 

Am  30.  December  1514  wurde  dann  ein  kaiserliches 
Mandat  ^)  an  alle  Unterthanen  zu  Brück  an  der  Mur,  Leoben 
vTrofayach  im  Kammerthal'^,  Eisenerz  „vnd  derselben  orten 
vmb  auch  in  den  admundischen  jaiden  oder  enden^^  erlassen, 
in  welchem  ihnen  verboten  wird,  in  den  angezeigten  Revieren 
^ch  mit  „puxen,  stahlen  oder  andern  geschucz'^  blicken  zu 
lassen,  Wild  zu  erlegen,  oder  schädliche  Hunde  zu  halten. 
Dagegen  müssen  sie  der  Aufforderung  zur  Jagd  auf  Wölfe 
Folge  leisten. 

Am  12.  März  1518  erliess  der  Kaiser  von  Innsbruck  aus 
^  Hans  Hang,  seinen  ßath,  Amtmann  und  Forstmeister  „beder 
Eysenerczt  des  hindtem  vnd  vordem  perg  bey  Leubm"  eine 
Instruction^),  welche  ihm  die  grösste  Sorgfalt  ftlr  Erhaltung 


0  Msc.  17b  :  ...  ob  aber  die  Admundischen  munich  in  denselben 
gejaiden  auch  weiter  jagen  weiten  vnd  du  sy  begreiffest,  das  du 
alsdann  denselben  munichen  ire  chuten  vnd  klaider  nemest  vnd  vns 
die  fuederlichen  zueschickhest,  dann  sy  vns  ire  khuten  verfallen  sein 
vnd  das  nit  lassest. 

^  Msc.  18  • . 

')M8c.  18»»  — 19»>. 

2* 


—     20     — 

der  Wälder  und  des  Wildes  zur  Pflicht  machte.  Niemand  darf 
in  den  kaiserlichen  Revieren  Roth-  und  Schwarzwild,  Gemsen, 
Reiher,  „antfögl"  und  Hasen  jagen.  Sollte  ein  Prälat,  Grat 
Herr  oder  Edelmann  dieses  Verbot  übertreten,  so  hat  ihnen 
Hang  schriftlich  Vorstellungen  zu  machen ;  fruchtet  dies  nicht 
so  soll  er  den  kaiserlichen  Räthen  oder  dem  obersten  Jäger- 
meister, wenn  er  im  Lande  ist,  die  Anzeige  erstatten;  falls 
auch  deren  Einschreiten  nutzlos,  soll  dem  Kaiser  berichtet 
werden.  Wenn  aber  Bürger  oder  Bauern  sich  vergehen,  soll 
„wo  die  handlung  nicht  gar  zu  grob^^  der  Forstmeister  mit  der 
Obrigkeit,  unter  welcher  sie  stehen,  den  Uebelthäter  strafen 
und  von  dieser  Strafe  soll  die  Obrigkeit  den  dritten  Theil, 
der  Forstmeister  das  Uebrige  erhalten.  Bei  grösseren  Vei^ehen 
soll  dem  Kaiser  Bericht  erstattet/ werden.  Die  Wälder  sollen 
nicht  „verschwendet^^,  die  abgefallenen  Aeste  beseitigt  werden, 
damit  „das  wilpret  darinnen  nicht  schaden  empfahe^^  Die  lieber- 
reiter,  Förster  und  Forstknechte  sollen  genau  beaufsichtigt 
werden,  damit  sie  dem  Wilde  ordentlich  die  Sulzen  machen. 
Der  Forstmeister  soll  anordnen,  „das  die  rüden  zwischen 
s.  Jörgen  vnd  Jacobstag  geprügelt  *)  vnd  die  jagdhundt  sched- 
liehen  rüden  gar  weggethan  werden,  damit  das  wilbret  von 
innen  nit  gejagt  noch  schadhafft  werde^^  Mit  Armbrusten  oder 
Büchsen  in  den  Wäldern  umherzustreifen ,  ist  zu  verbieten. 
Hang  möge  da,  wo  der  Jägermeister  dies  anordne,  dem  Wilde 
Heu  machen  lassen,  damit  es  im  Winter  nicht  Mangel  leide. 
Die  Kosten  hat  der  Vitzthum  im  Lande  ob  der  Enns  zu 
bestreiten. 

Der  Kaiser,  der,  wie  ein  Zeitgenosse  sagt  %  „vmb  nichts 
zorniger  worden  als  allein  vmb  wildbrats  willen^',  wird  wohl 
auch  oft  genug  über  Nachrichten  seines  Forstmeisters  aos 
Steiermark  „zomig^^  geworden  sein.  Der  Schaden,  den  das 
zahlreiche  Wild,  welches  nicht  angetastet  werden  sollte,  auf 
den  Feldern  der  Unterthanen  anrichtete  und  mehr  noch  die 


<)  d.  h.  durch  angehängte  Prügel  im  Laufe  gehindert  werden. 

*)  G.  Kirchmair's  Denkwürdigkeiten  in  Fontes,  1.  Abth.,  I.,  p.  442. 


—     21     — 

allgemein  verbreitete  Ansicht,  dass  zu  jagen  eigentlich  Jeder- 
mann berechtigt  sei,  bewirkten  zahlreiche  Eingriffe  in  die  landes- 
herrlichen Rechte.  Von  Tirol  meldet  ein  Zeitgenosse,  dass 
gleich  nach  dem  Tode  des  Kaisers  die  Bauern  „unglaubliche 
Zahlen^^  von  Wild  erlegt;  sie  erklärten,  sie  wollten  das  viele 
Wild  nicht  länger  dulden,  und  nicht  allein  30-  und  40jährige 
Bauern  ,jagten,  luffen,  vischten  vnd  viengen^^  sondern  auch 
die,  welche  vor  Jugend  oder  Alter  kaum  gehen  konnten,  auch 
Frauen  und  Mädchen  zogen  aus  gegen  die  Thiere  des  Waldes. 
Wir  haben  nun  allerdings  solche  Nachrichten  über  Steiermark 
nicht,  gewiss  aber  werden  hier  ähnliche  Zustände  eingetreten 
sein.  Bestimmt  wissen  wir^  dass  der  Bischof  von  Laibach  und 
die  Aebüssin  von  Göss  nach  des  Kaisers  Ableben  sofort  gegen 
die  abgeschlossenen  Verträge  gehandelt  haben.  Und  viele  Andere 
mit  ihnen.  Im  Sclilussabschnitte  unserer  Handschrift,  eine  Art 
Widmung  an  den  Nachfolger  Maximilians  in  Oesterreich,  wird 
noch  einmal  erzählt,  wie  dieser  Kaiser  alle  Hoch-  und  Schwarz- 
wälder für  sich  in  Anspruch  genommen  und  jenen,  die  sich 
dagegen  aufgehalten,  habe  sagen  lassen,  sie  möchten  ihn  ver- 
klagen, er  werde  ihnen  antworten.  Damit  habe  er  sie  zum 
Schweigen  gebracht  Jetzt  aber  träten  sie  wieder  hervor  und 
erklären  die  Hoch-  und  Schwarzwälder  für  ihr  Eigenthum  und 
zwar  ernster  und  „trutzlicher''  als  zuvor,  und  dabei  verschweigen 
sie  die  Verträge,  die  sie  mit  dem  Kaiser  abgeschlossen  und 
worin  sie  sich  dieser  Wälder  begeben  haben.  Sie  dulden  nicht, 
dass  die  Waldmeister  und  Amtleute  die  Waldfrevler  bestrafen 
und  führen  solche  Reden,  dass  die  Beamten  erschreckt  schweigen, 
um  sich  nicht  die  Ungnade  der  Gewaltigen  zuzuziehen.  So, 
heisst  es  weiter,  werden  ,,ku.  Mt  Sachen  versaumbt,  irer  ku. 
Mt  freihält,  gerechtickhait  vnd  aigenthumb  als  herin  vnd  lands- 
fursten  entzogen ,  gesmelert  vnd  der  kloster  vnd  andern  fleckhen 
vnd  einkhumen  erweitert". 

Und  nun  folgen  verschiedene  Vorschläge ,  um  die  Zustände 
zu  verbessern:  der  König  müsse  ebenso  vorgehen,  wie  die 
Kaiser  Friedrich  und  Maximilian.  Die  Hochwälder  müssen 
Regal  bleiben  und  wenn  die,  welche  Ansprüche  auf  sie  erheben, 


—     22     — 

nicht   abstehen   wollten,    mttssten    sie   vor   Gericht   gezogen 
werden. 

Auch  eingehendere  Vorschläge  zur  Hebung  des  Wildbanne^ 
wurden  gemacht  und  der  Aufzählung  der  Ursachen  des  Nieder- 
ganges des  Jagdwesens  angereiht  ^).  Dieser  Abschnitt  bietet 
des  Lehrreichen  sehr  viel,  wesshalb  ich  den  Gedankengang 
desselben  ausfuhrlich  wiedergebe. 

In  der  Seeau  (Gegend  am  Leopoldsteinersee  bei  Eisenerz) 
hat  Hans  Hang  einen  Fleck  ausreuten,  einzäunen  und  ftLr  das 
Wild  eine  Wiese  daraus  machen  lassen.  Sie  wurde  gemäht 
das  Heu  in  „Dristen"  *)  geschlagen  und  im  Winter  bei  tiefem 
Schnee  geöffnet  „da  sich  winterzeit  das  wilpret  hintzue  wie 
die  hert  viech  gelegt  vnd  des  lansing  (des  Frühlings)  erwardt 
hat^^;  auch  Hess  er  die  Seeau  „ausschnaiten^^  und  das  dichte 
Gestrüpp  wegräumen,  damit  das  Wild  „dardurch  hin  vnd  her 
wechslen  muge".  Aber  der  Nachfolger  des  Hang  Hess  alle 
diese  Anordnungen  unbeachtet,  das  Holz  in  der  Seeau  wurde 
niedergeschlagen  und  abgekohlt;  ja  Veit  Zolner')  hat  den 
Münich thalern  sogar  erlaubt,  ihr  Vieh  hinaufzutreiben;  „on 
zweifl  nit  vmbsunst",  setzt  der  Bericht  hinzu. 

Auch  auf  der  Fölz wiese  wurde  früher  in  gleicher  Weise 
für  das  Wild  gesorgt  und  Heu  hergerichtet  „daselbst  das 
wilbret  bey  den  dristen  auf  den  snee  hauff^enweis  in  grosser 
anczall  enhalb  des  erczbachs,  wie  jederman  gesehen  hat,  gelegen 
ist".  Auch  hier  lässt  Veit  Zolner  die  Bauern  gewähren;  sie 
haben  auch  eine  Brücke  über  den  Bach  „zu  nagst  bey  der 
wisen  geslagen ,  darüber  faren  sy,  ist  mit  den  alter  nit  her- 
khumen  vnd  vormalen  kain  pruggen  da  gewesen  und  wirt  des 


')  Msc.  25*  — 27»>. 

'^)  Dristen,  Tristen  sind  Haufen,  Schober. 

')  Veit  Zolner  erhielt  am  15.  December  1528  das  Amt  Mttnicbthal 
zu  Pfand ;  zugleich  ist  er  k.  Rath  und  Kammermeister.  Nach  Erasmiis 
Heidenreich  (1532)  wurde  er  Amtmann  in  Eisenerz  und  Forstmeistei 
zu  Yordernberg.  Im  J.  1517  besass  er  das  Schloss  Massenberg  bei 
Leoben  erblehensweise,  das  vor  ihm  Hans  von  Maltis  und  Hans 
Hang  besessen. 


—     23     — 

i;:eschrais  halben  das  wilbret  vom  hey  gejagt,  das  kumbt  den  pauern 
zu  guet,  so  die  hirssen  das  hey  nit  essen^S  Ebenso  hat  auf 
der  Stangelau  das  Wild  keine  Ruhe^  da  die  Bauern  ihr  Vieh 
dahin  treiben  und  das  Heu  benutzen.  Und  ähnlich  verhält  es 
sich  im  Krumpenthal  bei  Eisenerz. 

Der  Kaiser  hat  von  Hans  Harlanger  eine  Wiese  zu  Radmer 
,,bei  dem  jaidhaus"  ^)  gekauft ;  das  Heu  soll  auch  dort  für  das 
Wild  liegen  bleiben,  aber  die  Amtleute  fuhren  es  weg.  Die 
Burger  von  Eisenerz  überlegen  die  Radmer,  „so  die  mueter 
des  wilpan  ist^,  mit  Vieh,  lassen  die  Winterstände  des  Wildes 
abhauen,  wodurch  dieses  vertrieben  wird.  Haben  sie  doch 
..enhalb  des  Hals^^ ')  einen  ganzen  Wald  abgetrieben,  das  Holz 
verkauft  und  das  Geld  unter  sich  vertheilt.  Da  die  landcs- 
fUrstlichen  Forstleute  dazu  geschwiegen,  werden  sie  wohl  im 
Einverständnisse  gewesen  sein. 

In  der  Hieflau  fliesst  ein  Bach,  der  die  besten  Fische 
hat:  „verchen  (Forellen)  vnd  äschen".  Die  kaiserliche  Majestät 
hat  sie  über  die  Saiblinge  gelobt.  Sie  gehen  von  der  Enns  in 
Jen  Erzbach ;  aber  jetzt  ist  dieser  Eingang  durch  zwei  Wehren 
verbaut,  obwohl  solche  zu  bauen  verboten  worden;  die  Amt- 
leute haben  auch  dies  übersehen. 

Im  Sommer  laufen  viele  Knechte  herum  und  schiessen  das 
Wild  weg.  Der  Forstknecht  zu  Radmer  ist  zu  schwach  dies  zu  hin- 
dern. Daher  soll  mit  dem  Herrn  von  Strechau,  dem  die  Aemter 
jjehören,  verhandelt  werden,  dass  er  seinen  Richtern  und 
Amtleuten  befehle,  „damit  den  ledigen  vnd  straiffunden  knechten 
mit  armbrusten   vnd  püxen  zu  geen"  verboten  werde.   Wenn 


')  Zu  Radmer  in  der  Stuben  bestand  also  damals  schon  ein  landesf. 
Jagdhaus,  in  welchem  besonders  Kaiser  Ferdinand  IL  wiederholt 
verweilte.  Die  zweithUrmige  Kirche  dieses  kleinen  Ortes  ist  in  ihrer 
ersten  Anlage  von  ihm  gegründet  worden.  Seit  einigen  Jahren  besteht 
in  der  Nähe  des  Dorfes  ein  neues  Jagdhaus,  da  auch  unser  Kaiser 
häufig  in  dieser  Gegend  jagt. 

-)  Der  Weg  von  Radmer  nach  Eisenerz  führt  Über  den  sog.  Radmer- 
hals  (Einsenkung  zwischen  dem  Kaiserschild  und  Zackenkogel),  der 
hier  offenbar  gemeint  ist. 


—     24     — 

den  'Pflegern,  Herrschaften  und  Forstmeistern  die  Erlaubniss 
zu  jagen  gegeben  wird,  so  soUen  sie  das  Wild  „an  den  äussern 
orten,  so  nit  der  k.  M.  lusst  ist,  mit  hundten  vnd  in  beysein 
verstendiger  jager  jagen,  das  mag  das  wilbret  ee  (eher)  leiden, 
wenn  (als)  das  haimlich  nachsleichen^S 

Auch  dürfen  dem  Rothwild  nicht  „selbgeschoss  *)  gelegt 
noch  grueben,  peum  vnd  yallen  gemacht"  werdea  In  der 
Strechau,  in  der  Sölk,  um  Donnersbach  und  auf  dem  Tauem 
sind  treffliche  Jagden,  aber  die  Pfleger  und  die  „Dietriecb- 
steinischen"  wollen  keine  Forstknechte  dulden  „vnd  selbs 
hueten  ist  gleich  als  so  man  ain  pockh  zu  ainen  gartner  stellt"* 

Die  Forstknechte  müssen,  wenn  der  Schnee  weggeht,  die 
Sulzen  legen  und  dazu  rothen  Eemstein  nehmen  und  nicht 
weissen  Pfannenstein,  welchen  die  Bauern  stehlen  und  ihrem 
Vieh  heimtragen.  Sie  sollen  auch  täglich  auf  den  Bergen  sein, 
sich  mit  den  Bauern  nicht  zu  viel  abgeben,  um  nicht  als  ihre 
Kameraden  zu  erscheinen. 

Wie  früher  erwähnt,  wird  die  dauernde  Ordnung  des 
Wildbanns  von  der  Wahrung  des  obersten  Jagdregalps  und 
der  Zurückweisung  aller  Jener,  welche  auf  die  Hochwälder 
Anspruch  erheben,  abhängig  gemacht.  Mit  dieser  Ansicht  steht 
eine  zweite  im  engsten  Zusammenhange,  welche  im  Jahre  1 523 
durch  eine  officielle  Kundgebung  in  die  OefFenÜichkeit  trat. 
Am  8.  December  nämlich  erfolgte  die  Erklärung,  dass  „alle 
Stifter  und  Klöster  von  undenklichen  Zeiten  her  der  kaiser- 
lichen Majestät  rechte  Kammergtiter  seien,  mit  welchen  die 
Fürsten  zu  Oesterreich  nach  Gefallen  zu  handeln  und  darob 
keine  päpstliche  oder  geistliche  Erlaubniss  zu  begehren  ver- 
pflichtet seien"').   Die  Begründung  dieser  Anschauung  wird 


*)  Kaiser  Max  wird  wohl  das  hinterlistige  Tödten  des  Wildes  durch 
Selbstgeschosse  verboten  haben.  In  seinem  Memoricnhuche  von  1502 
(Hormayr*s  Taschenbuch,  1827,  S.  197)  notirt  er  sich ;  Item  der  kunifj 
sol  fürkumen,  das  das  wilpret  mit  den  selbgeschossen  nit  geschossen 
werde. 

2)  Muchar  VUI,  820. 


—     26     — 

auch  in  unserer  Denkschrift  ausführlich  versucht  und  es  ist 
hier  geboten,   den  Gedankengang  des  Verfassers  darzulegen. 

Es  bedarf,  sagt  der  Verfasser  %  keiner  „Disputation'^  und 
weiteren  Ausftlhrung,  „das  alle  perckhwerch  auch  hoch 
vDd  swarcz  w&ld  an  mitl  aines  yeden  lannds- 
fursten  regalia  sein,  die  auch  an  bewilligung  des  obristen 
lehenherm,  das  ist  ains  romischer  kaiser  odor  khünig  auf 
ewig  zeit  nit  mflgen  vergebeu,  verstifft  noch  vom  leben  getaut 
werden";  die  Gründer  der  Klöster  und  Gotteshäuser  haben 
diesen  nur  das  Recht  gegeben,  in  den  Hoch-  und  Schwarz- 
wäldem  für  den  täglichen  Bedarf  Holz  zu  schlagen,  keineswegs 
aber,  „das  sy  sich  der  leben  dermassen  vndersteen  vnd  der 
fürstlichen  obrickhait  vnd  regalia  annemen  vnd  in  zuaigen  sollen, 
sonder  ain  jeder  regierunder  fürst  desselben  lannds  ist  in  zu 
ainer  obrickait  vnd  vogt  dieselben  sti£ft  vor  gewalt  vnd 
Niirecht  zu  beschirmen  vnd  handhabung  verordent.  Sy  wer- 
den auch  fflr  des  fursten  camerguet  gehalten, 
deshalben  in  ir  notturft  dauon  auszutzaigen  was  sy  der  zu 
teglichen  prauch  bedurffen  vnd  nit  mer  ir  ist'S  In  den 
Stiftungsbriefen  ist  „selten*'  mehr  enthalten;  es  hat  auch  der 
Stifter  etwas  anderes  zu  vergeben  oder  zu  verstiften  nicht  die 
Macht  gehabt 

Nach  dieser  Auseinandersetzung  sind  also  die  Hochwälder 
Gegenstand  des  Jagdregals,  die  Klöster  haben  kein  Jagdrecht, 
ja  sie  gehören  zum  landesfOrstlicben  Kammergut. 

Gewiss  interessirt  uns  hier  zunächst  die  letzte  Behauptung, 
welche  eine  Theorie  aufstellt,  die  den  Rechtsanschauungen  des 
Mittelalters  so  ganz  entgegengesetzt  ist.  Sie  ist  offenbar  eine 
Folge  der  Lehren,  welche  durch  die  Romanisten  Verbreitung 
fanden.  Dieselbe  Anschauung  hat  sich  seit  der  hussitischen 
Bewegung  in  Böhmen  verbreitet  und  erhielt  in  den  ersten 
*  Jahrzehnten  des  siebzehnten  Jahrhunderts  eine  grössere  Trag- 
weite, als  die  Protestanten  diese  Anschauung  zu  der  ihrigen 
machten  und  den  Katholiken  gegenüber  erklärten,  dass  die 


')  Msc.  21—23. 


—     26     — 

Kirchengüter  königliche  Güter  seien,  dass  der  Clerus  nicht  der 
Eigenihümer,  sondern  der  Nutzniesser  sei  und  dass  das  Eigen- 
thumsrecht  dem  Könige  zustehe,  der  die  genannten  Güter 
beliebig  verschenken,  verkaufen  und  verpfilnden  könne  '). 

Jeder  Landniann,  fährt  der  Verfasser  unserer  Denkschrift 
fort,  in  welches  Fürsten  Land  er  immer  sitzen  mag,  ist  ver- 
pflichtet, auf  des  Fürsten  Begehren  „sein  gerechtickhait  brieflich 
oder  mundlich  vrkhundt,  welcher  massen  er  vnd  sein  vor 
eitern  solche  hach  vnd  swarcz  weldt  die  sy  ingehabt  oder  an 
sich  ^pracht  haben  .  .  furzubringen  vnd  antzutzaigen^,  und 
begründet  diese  seine  Behauptung  mit  folgendem  Satze :  „Dann 
dieweil  ain  jeder  lanndtman  den  gewalt  vnd  prauch  vbersein 
vndertan  hat,  das  er  seinen  holden  vnd  vnderthan  all  stund 
erfordern  vnd  sein  brieflich  vrkhundt  was  er  der  vmb  seine 
gueter  hat,  f&r  in  bringen  vnd  sehen  lassen  mues,  warumb  dan 
nit  auch  der  landsfurst,  so  des  landtman  vnd  seines  vndertan 
herr  ist,  solchs  auch  zu  erfordern  gewalt  haben  solt?*" 

Da  unsere  Denkschrift  so  entschieden  das  Jagdregale 
vcrtheidigt,  so  kam  es  darauf  an,  eine  genaue  Definition  der 
Hoch-  und  Schwarzwälder  zu  geben.  Dies  geschieht  im  dritten 
Abschnitte.  Diese  Definition  lautet  wörtlich :  Jene  Wälder  heissen 
Hoch-  und  Schwarzwälder,  „welche  von  den  wilpechen  vnd 
wasserflflssen  bis  in  die  hoch  vngepauen  noch  mit  leben  hueben 
vnd  Zinsen  nit  bewont  werden  noch  eingefangen  sind'*.  Wälder. 
welche  bei  den  Höfen,  Häusern  und  Lehen  der  Bauern  liegen 
und  welche  der  Bauer  für  den  täglichen  Gebrauch  nöthig  hat. 
heissen  nicht  Hoch-  und  Schwarzwälder,  sondern  „Fürhölzer': 
diese  „sollen  nit  abgeslagen  noch  gekolt,  sunder  zu  der  pauem 
huoben,  hofen,  leben  vnd  aigen  zu  zimer-  und  prennholU. 
gressen  und  andern  notturften  für  gespart  wordenes 

Wenn   Kaiser  Maximilian  Herrschafben,   Schlösser   oder 
Aemter  verpfändete  oder  verlieh,  so  nahm  er  immer  die  Hoch-  ^ 
und  Schwarzwälder,  den  Wildbann,   die  Fischwaide  und  alle 


')  Vgl.  A.  Gindely,   Gesch.   des  böhmischen  Aufstandes  von  1618. 
Prag,  1869,  S.  63  ff. 


—     27     — 

Bergwerke  von  der  Vergabung  aus  und  behielt  sie  für  sich; 
die  Pfandherren  mussten  gewöhnlich  einen  Revers  ausstellen, 
worin  8ie  auf  alle  diesbezüglichen  Ansprüche  verzichteten.  Sie 
mussten  die  Anordnungen  der  landesfürstlichen  Waldmeister 
bezüglich  der  Wälder  dulden,  die  Forstknechte  mit  dem  Wilde 
schaffen  sehen,  den  Bergrichter  betreffs  der  Bergwerke  handeln 
lassen.  Aber  sie  hielten  nicht  immer,  was  sie  im  Reverse 
versprachen.  Sie  Hessen  Holz  niederschlagen,  um  es  zu  ver- 
kaufen und  gestatteten  Kohlen  zu  brennen  und  „machen  sich 
und  iren  pflegem  damit  vill  einkhumen^S  So  findet  man  vom 
Kammerthal  herab  bis  eine  Meile  unter  Leoben  drei-  oder 
vierhundert  ausgereutete  oder  ausgebrannte  Stellen  ');  und 
Niemand  will  beachten,  dass  solches  Vorgehen  verboten  sei  und 
,,wirt  die  sachen  so  gröblich  und  trutzlich  gehandelt,  alls  weren 
^y  dartzoe  geboren,  das  sy  irer  kuniglichen  Majestät  camerguet, 
die  perckhwerch  verderben  und  zu  feiern  pringen  muesten, 
dann  die  jungen  weld  selten  gehait,  so  werden  die  guet  und 
das  holtz  auf  dem  stam  verkawft  und  wer  nit  ain  mensch,  so 
darauf  siecht,  so  sein  auch  die  Inhaber  zu  gewaltig,  deshalben 
sich  jeder  man  vor  in  fürchten  muess". 

Niemand  ist  vorhanden,  der  sich  der  Sache  des  Landes- 
fürsten annähme,  weder  der  Vitzdum  noch  die  andern  vom 
Kaiser  eingesetzten  Verordneten,  die  doch  reichlich  besoldet 
werden.  Aber  diese  Verordneten  sind  eben  Landleute  und 
haben  „so vill  swager,  veter  vnd  verwandten,  davon  sy  plent 
vnd  dermassen  betert  werden,  das  sy  romisch  kunigliche  Maje- 
stät alls  herm  und  Landsfürsten  schaden  vnd  mengl  weder 
sehen  noch  h5ren  ja  auch  nit  wellen,  das  ander  dauon  reden 
noch  solchs  melden  sollen^'. 

Die  Klöster,  heisst  es  in  der  Denkschrift  weiter,  denken 
Dor  darauf,  ihren  Besitz  zu  mehren  und  das  Gut  des  Landes- 
ftvsten  zu  schmälern.  Man  sehe  nur,  welche  Unmasse  von 
Holz  die  Aebtissin  von  Göss  in  der  Nähe  der  Stadt  Leoben 
lüederschlagen  liess,  nur  um  zu  zeigen,  dass  diese  Wälder  ihr 


')  . .  drey  oder  vierhundert  gereit,  prennt  vnd  sieg 


1 


—     28     — 

Eigenthum  seien;  denn  sie  bedarf  des  Holzes  nicht  und  lässt 
es  zum  grossen  Theile  verfaulen.  Auch  auf  der  anderen  Seite 
der  Mur  nimmt  sie  alle  Wälder  für  sich  in  Anspruch  und 
stützt  sich  dabei  auf  die  Hilfe  jener  Landleute,  die  ihre  Kinder 
zur  Erziehung  in  ihrem  Kloster  haben.  Ja,  sie  hat  sogar 
erklärt^  sie  wolle  nicht  eine  „prelatin  noch  kuniglicher  Majestät 
camerguet  sonnder  ain  lantmanyn  gehaissen  werden  vnd  mit 
ihren  guetem  frey  sein^  Die  Anzeige  hievon  ward  mündlich 
und  schriftlich  der  Regierung  erstattet^  es  kamen  darauf  Com- 
missäre  nach  Leoben  und  blieben  vier  Wochen  dort,  ohne 
etwas  zu  thun,  weil  einer  von  ihnen  eine  Tochter,  der  andere 
eine  Schwester  im  Kloster  hatte.  Desswegen  wäre  es  gut, 
wenn  nicht  die  Mitglieder  des  hohen,  weitverzweigten  Adels 
mit  Aemtern  bekleidet  wtlrden. 

Es  ist  dringend  nothwendig,  lautet  der  Schlussabschnitt 
dass  alle  Klöster  in  den  Erblanden  und  besonders  Göss  von 
verständigen  Leuten,  die  weder  Kinder  noch  Schwestern  noch 
Schwäger  im  Kloster  haben,  „reformirt"  werden;  ihre  Frei- 
heiten und  Privilegien  sollen  besehen  und  abgeschrieben  werden ; 
die  Hoch-  und  Schwarzwälder  sollen  sie  nur  um  den  täglichen 
Holzbedarf  zu  decken,  benützen,  die  Jagd  soll  ihnen  entzogen 
und  nur  das  Recht  zu  fischen  gelassen  werden.  So  würde  die 
GeisUichkeit  keiue  Ursache  fiuden,  ,;Wider  sein  Regel  und  den 
Orden,  so  die  heilligen  Veter  mit  gotlicher  Vorcht  gemacht 
und  aufgericht,  zu  sündten^^  (sündigen).  Das  freie  Leben  der 
Mönche  und  Nonnen,  das  sie  bisher  „vnverschombt  triben  haben'', 
war  die  Ursache  grosser  Sünden ;  dann  werde  auch  der  König  der 
fortwährenden  Streitigkeiten  mit  den  Klöstern  los  werden  und 
noch  dazu  Gottes  Gnade  ernten. 

Die  Erhaltung  des  Jagd-  und  Forstwesens  in  dem  Zu- 
Stande,  in  dem  es  sich  zu  Zeiten  Maximilians  befand,  und 
dadurch  die  Wahrung  und  Stärkung  der  landesfürstlichen  Macht 
den  Ständen  gegenüber,  sind  die  Triebfedern,  welche  den  Ver- 
fasser bei  der  Zusammenstellung  seiner  Denkschrift  geleitet 
haben.  Die  Schilderung  des  Umfanges  und  der  Beschaffenheit 
dieser  Jagdreviere  nimmt  einen  bedeutenden  Theil  der  Denk- 


—     29     — 

Schrift  ein  ') ;  die  folgende  Skizze  versucht  eine  üebersicht 
über  diese  Reviere  zu  geben. 

Wie  noch  heutzutage  die  Umgebung  von  Eisenerz  zu  den 
wald-  und  wildreichsten  Theilen  der  Steiermark  gehört,  so 
war  es  natürlich  auch  in  früheren  Zeiten  der  Fall.  Eben  mit 
diesem  Markte  und  mit  dem  Tragössthale  beginnt  unsere 
Denkschrift  die  Beschreibung.  Auf  dem  Wege  vom  Tragössthale 
nach  Eisenerz  finden  sich  zu  beiden  Seiten,  an  der  Oriesmauer 
zu  Neuwald,  an  der  Frauenmauer  ■)  viele  Gemsen  und  Hirsche ; 
die  letzteren  schweifen  im  Tragössthale  bis  gegen  St.  Kathrein, 
wo  sie  von  den  Bauern  und  den  Jagdbediensteten  der  Stuben- 
berger  stark  mitgenommen  werden.  Dies  ist  das  Gebiet, 
bezüglich  dessen  mit  der  Aebtissin  ein  Abkommen  getroffen 
worden.  An  der  Vobismauer  gibt  es  Roth-  und  Schwarzwild, 
Ilaren  und  Wildschweine.  Auch  längs  des  Gsoll-  und  Trofengbaches 
stehen  grosse  Hirsche,  welche  gejagt,  gerne  gegen  den  Präbühl 
hin  laufen.  Am  Präbühl  und  am  Erzberg  haben  sie  von  Seite 
der  Bauern  und  Erzführer  wenig  Ruhe.  Auch  an  der  „Veister'* 
am  Erzberge)  und  dem  Lengnitzthal  stehen  treffliche  Hirsche. 

Dagegen  ist  die  Umgebung  von  Vordemberg  einem  reichen 
Wildstande  nicht  günstig.  An  einer  Alpe,  Weidau  genannt, 
stehen  wohl  zu  Zeiten  Hirsche,  aber  das  viele  Vieh,  welches 
hieher  getrieben  wird,  die  Hunde,  welche  von  den  Bewohnern 
gehalten  werden  und  vorzüglich  der  Umstand,  dass  letztere  zu 
«jagerisch''  sind,  vertreiben  sie  wieder. 

Aber  die  Gegend  vom  Erzberg  zum  Reichenstein  ist  reich 
an  Hirschen ;  wenn  die  Wege  auf  den  Höhen  verstellt  werden, 
laufen  sie  gegen  den  Erzbach  und  selbst  in  den  Markt  Eisenerz. 
Ebenso  reich  sind  die  Höhen  und  Abhänge,  welche  sich  von 
Eisenerz  gegen  Kallwang  (Kheiclilwang)  erstrecken,  dann  das 
Iladmereck,  der  Radmerhals,  femer  die  Gegend  auf  der  Eisen- 
erzerhöhe, am  Wiking  und  Zargenkogel  gegen  Wildalpen  hin. 

Aber  das  an  Gemsen  reichste  Gebirge  ist  die  hohe,  kahle 


»)  Msc.  5—9.  Vgl.  die  Beilage. 

')  Die  .Mauer"  der  Haudscb.  halte  ich  für  die  „Frauenmauer'*. 


—     30     — 

Fölzmauer  (Veltzstain),  nordwestlich  von  Eisenerz,  deren  Cul- 
minationspunkt  der  Kaiserschild  ist  Dieses  Gebirge  ward  ak 
die  Mutter  der  Gemsen  angesehen,  die  hier  ihren  „Faks"  haben. 
Kaiser  Maximilian  hat  nie  erlaubt,  dass  hier  gejagt  werde,  das 
Gebirge  war  gefreit  und  gleichsam  als  äusseres  Zeichen  dieses 
Umstandes  liess  der  Kaiser  einen  goldenen  Schild  mit  seinem 
Wappen  an  einer  Stelle  dieses  Gebirges  anbringen.  Damit  wäre 
nun  auch  die  Bezeichnung  des  höchsten  Berges  dieser  Gruppe, 
des  Kaiserschildes  erklärt,  einer  Höhe,  welche  auch  später 
zu  Ferdinands  11.  Zeiten  und  selbst  bis  auf  unsere  Tage  ein 
beliebter  Punkt  für  die  kaiserlichen  Jagden  geblieben  ist 

Am  meisten  Genuss  gewährte  dem  Weidmann  die  G^end 
am  Leopoldsteiner  See.  An  der  Seemauer  kann  man  Gemsen,  in 
der  Seeau  Hirsche  jagen  und  im  See  Fische  fangen.  Kaiser  Maxi- 
milian ist  oft  in  dieser  Weise  seinem  Vergnügen  nachgegangen. 

Im  Gebiete  der  Gemeinde  Jassingau  und  g^en  Hieflau 
hin,  dann  links  hinein  am  Radmerbach  und  an  vielen  Stellen 
in  dieser  Gegend  gibt  es  Hirsche  und  Gemsen  in  grosser  Menge. 

Die  Denkschrift  geht  dann  zur  Beschreibung  der  zur 
Herrschaft  Kammerstein  im  Liesingthale  gehörigen  Jagden 
über;  das  Hauptthal  wie  alle  Seitenthäler  und  Gräben,  zumal 
der  Teichengraben  sind  äusserst  wildreich. 

Darauf  folgt  die  Beschreibung  der  Jagdreviere,  welche 
der  Kaiser  vom  Bischöfe  von  Laibach  zugestellt  erhalten  hat 
Sie  finden  sich  vorzugsweise  im  Harteisgraben,  um  Lainbach, 
im  Schwalbelthal  und  im  Landl. 

Die  besten  Jagden  im  Ennsthal  finden  sich  um  Schladming. 
Gröbming,  Haus,  am  Grimming,  am  Triebenbach,  am  grossen 
Griessstein,  in  der  Strechau,  am  Tauem,  wo  Kaiser  Maximilian 
ein  Jägerhaus  erbauen  liess  *) ;  dann  um  Oppenberg,  Donners- 
bach, in  der  Sölk  und  in  vielen  anderen  Gegenden. 

Viel  Sorgfalt  hat  der  Kaiser  Maximilian  auf  die  Jagd  im 
oberen  Murthale  verwendet;   auch  in  Scheifling  liess   er  ein 


')  Sollte  dies  das  jetzige  Gasthaus  in  Hobentauern  sein,  das  recht 
altcrthamlich  ausschaut  und  wirklich  aus  dem  16.  Jahrhundert  zu 
stammen  scheint? 


—     31     — 

Jagdhaus  bauen,  er  bestellte  in  der  Person  des  Hans  Harlanger 
einen  Forstmeister  und  einen  Forstknecht  in  Judenburg. 
Trotzdem  aber  Hess  sich  hier  keine  zufriedenstellende  Jagd 
erzielen.  Einmal  sind  die  Höhen  allzustark  mit  Bauemgehöften 
bedeckt,  dann  sitzen  in  diesen  Gegenden  zu  viele  Herren :  der 
Bischof  von  Seckau,  der  Abt  zu  St  Lambrecht,  die  Herren 
von  Stubenberg,  Liechtenstein,  Teuffenbach,  Pranck^  Greswein, 
Galler  u.  a.  m.,  welche  viele  Jäger  haben,  die  das  Wild 
schonungslos  erlegen.  Auch  an  Wilderem  fehlt  es  nicht,  welche 
das  Wild  verscheuchen.  Die  prächtigsten  Hirsche  verschwinden 
und  ihre  Felle  kommen  bald  nachher  bei  den  Gerbermeistem 
2u  Judenburg  wieder  zum  Vorschein.  Obwohl  die  meisten 
dieser  Wälder  an  der  Mur  landesfürstlich  sind,  so  nehmen  sie 
doch  die  genannten  Herren  für  sich  in  Anspruch,  wenn  auch  keiner 
einen  Beweis  vorzubringen  vermag.  In  diesen  Gegenden,  sagt 
die  Denkschrift,  ist  jede  Mühe  verloren. 


B  e  i  1  a,  j:^  e. 

I. 

Vermercklit  die  hierss-  vnd  jembssjaid,  so  zum  vorstambt 
im  Innernperg  des  Eysnerczt  beschriben  vnd  von  kay . 
Mt.  etc.  hochloblicher  gedechtnuss  zu  kayen  verordendt,  auch  von 
lierrn  Wilhalbn  von  Greis  kays.  Mt.  obristen  jagennaister 
vnd  Hannsen  Hawgen  irer  kay.  Mt.  ambtmann  vnd  vorst- 
maister  baider  Eisen erczt  irer  kay.  Mt.  rete  vnd  Caspar  L ech- 
taller beriten,  beschriben  vnd  zum  taill  bejagt  sein. 

1. 
Jaid  im  Eisennerczt  vnd  Trag? s. 

Erstlich  etliche  lustliche  hierss-  vnd  jembs  jaid  an  ainem  grossen 
pirg  haist  am  Griestain,  Newbaldt,  Ogsenwisen  vnd  der 
(Isolegg,  ligt,  so  man  von  TragÄss  in  das  Eisennerczt 
ziehen  will ,  auf  paid  Seiten ;  auch  ain  guet  jembssjaid  im  Stain 
vad  der  Maur  darob ;  diser  jaid  zeucht  sich  die  fraw  von  Goss 
an,  bat   aber   nie  nichts  darumb  zaigen  noch  furbringen  wellen. 


—     32     — 

So  stend  samer  zeit  die  grossen  hierssen  von  dem  jangen 
wilbret  hinaws  in  das  Tragosstall  bis  gar  gen  sanndEathrein 
auf  des  von  Stnbenberg  grant,  die  alsdann  von  den  pawren  vnd 
rfiden  nidergeworffen  auch  von  der  herschaft  daselbs  gejagt  vnd 
gefeit  werden;  deshalben  ist  auf  der  kay.  Mt.  beuelch  lawt  bic- 
nach  gestelter  abgeschrift  mit  der  abbtessin  von  G  o  s  s  gehandelt, 
das  sy  der  enden  nit  jagen  soll,  darumb  ir  die  kay.  Mt.  jarlich 
ain  hierssen  für  ir  vermainte  gerechtickhait  aus  gnaden  geben 
vnd  gen  Goss  antwurten  lassen  sol;  das  hat  sy  angenomen  vnrl 
zu  thuen  zuegesagt. 

Mer  ain  lustig  jembss  jaid  herein  pas  an  der  Vobismancr 
hat  auch  daselbs  vnden  im  wald  herab  rat-  vnd  swarz  wild,  peni 
vnd  wildswein. 

Mer  ain  guct  hierss  jaid  vom  Gsolegg  herein  die  wassersaig 
gegen  dem  Eisenerezt  von  der  hierssgrueben,  krautlen,  Ylbenlen 
Wintereben  ^)  vnd  pirg  daselbst,  lauft  der  Trafeng  zue,  deshalben 
muessen  die  ort  am  Glatz  vnd  dem  S  a  1 1 ")  woU  besetzt  sein, 
sunsst  lauft  es  dem  Prepfthl  zue. 

Ain  jaid  vom  Prep ftchl  oderLeubmer  auch  dem  Glatz 
vnd  vom  erczperg  stend  zutzeiten  guet  hierssen  sumer  vnd  wintor 
zeit,  haben  aber  daselbs  von  der  pauren  rüden,  ertzfllrern  vnd 
andern  nachsleicher  wenig  frits;  wo  man  die  jagt,  dringen  dem 
kolperg  oder  dem  erczperg  zue. 

Aber  ain  guet  hierssjaid  von  der  Veisster  ^)  vnd  dem  Lcng- 
nitztall  lauft  alles  auf  den  pach  der  TralTeng  ^)  vnd  gar  in  das 
Eysenertz,  wo  es  ordenlich  verwardt  vnd  bestelt  werdt. 

Im  Yordernberg  des  Eysenertzt  ist  sich  kains  lustsjaids 
noch  wilpan  zuuersehen .  allain  was  an  der  W  e  i  t  a  w  ^)  ist, 
welcher  alben  zutzeiten  hierssen  stend,  sein  aber  nit  bleiblich, 
dann  sy  mit  viech  vnd  hundten  zu  vast  vberlegt  werden,  so  sein 
die  leut  daselbst  zu  jagerisch  vnd  lassen  in  solchs  nit  weren  vnd 
Wirt  das  wilbret  von  den  nachsleichern  vertriben. 

Ain  treflich  hierssjaid  hinder  dem  Erczperg  gegen  dem 
Reychcnstain  werts  hat  albeg  winter  vnd  sumer  grass  hirssen 
daselbst,  muessen  die  seitenpheder  vnd  die  hoch  vber  den  kogi 
verstelt  vnd  verwart  werden,  so  lauffen  die  hierschen  all  dem 
ertzpach  zue  vnd  gar  in  marckht,  ist  lustig  vnd  gewis. 


^)  Krautlehne,  ülmlehne,  Wintereben  am  Abhang  des  Polster. 
2)  Damit  dürfte  der  Sattel  des  PräbOhl  gemeint  sein,  der  den  Polster 

mit  dem  „Rössel''  verbindet, 
s)  Feister,  Gegend  am  Erzberg. 
*)  Trofeng,  Bach  und  Dorf  bei  Eisenerz. 
'*)  Weidan,  Alpe  in  der  Gemeinde  Vordernberg. 


—     83     — 

Ain  gaet  lustig  vnd  schon  jaid  vom  Tuernfeld-thorl 
vnd  Teicheneckh  ^),  so  man  vber  das  pirg  von  Eheichl- 
va n g  ^)  zeucht,  herab  für  die  albm  der  C  a  1  i  t z  e  n  '),  es  mnessen 
aber  die  ansleuff  vber  sich  auch  anf  paiden  Seiten  anf  aller 
hoch  woU  verstelt  werden,  alsdann  lanft  es  der  Ramsaw  oder 
der  Peraas^)  zne  auf  den  Ertzpach. 

Mer  ain  lustig  jaid  vom  Redmeregg  vnd  der  EftchP), 
lawft  dem  Hals  ')  vnd  der  Ramsaw  zue  hat  guet  hierss,  man  mnes 
aach  das  phat  an  die  vellsalbm  verstellen. 

Aber  ain  hierssjaid  vnderm  Halls  vnd  den  Retten  in  dem 
Zermech,  stend  albeg  guet  hierssen,  soll  oben  in  der  want, 
damit  sy  nit  vber  sich  ausmugen,  besetzt  werden  vnd  gleich 
darob  ist  das  allerlustichist  gembssjaid  vom  pesen  Honhart  ^) 
hervber  an  den  Retten,  da  muessen  die  jembsen  auf  die  schut 
herab,  gar  auf  die  eben  vnd  mag  auch  ain  herr  sy  jagen,  hetzen, 
answerffen  vnd  in  den  neczen  vahen  oder  schiessen  sehen  vnd 
bedarf  nicht  steigen.  Die  kay.  Mt.  hochloblicher  gedechtnnss  ist 
auf  der  senft  dartzue  gefaren  vnd  hat  es  alles  gesehen. 

Mer  ain  guet  hierss  jaid  von  der  Galleiten ")  vnd  der  Anas- 
albm '),  lawfft  dem  Tuell  zue  vnd  vber  den  Tuelegg  ^^)  vnder  dem 
niarckh  an  Erczpach. 

Aber  ain  hierssjaid  von  Muni  cht  all  hinein  vnder  dem 
Teltzstain  ")  hat  guet  hierssen  lauft  gern  dem  Seeperg  oder 
derWultzing^'^)  durch  dieSeawn^^)  zue  oder  hinab  an  den  Ertzpach 

')  üeber  Teicheneck  führt  der  Weg  nach  Kalwang. 

^)  Kalwang. 

^  Vielleicht  Lasitzen?  Dies  wäre  ein  Gegend-,  Thal  und  Almname  in 
der  Gemeinde  Krampenthal  bei  Eisenerz. 

^)  Die  Beres  in  der  Ramsau  bei  Eisenerz. 

^)  Am  Kaiserschild  heisst  heute  noch  eine  Stelle  die  Kaiserkuchel, 
welche  Bezeichnung  aber  erst  zur  Zeit  Kaiser  Ferdinands  U,  ent- 
standen sein  soll,  der  dort  manchmal  den  Imbiss  nahm.  Da  kaum 
eine  andere  Gegend  hier  verstanden  sein  kann,  so  mttsste  diese 
Bezeichnung  älteren  Ursprungs  sein. 

*)  Radmerhals  heisst  allgemein  einfach  „der  Hals". 

^  Der  Honhart  in  der  Ramsau. 

')6alleithen,  Alpe  in  der  Gemeinde  Krampenthal,  auch  Galleithen- 
graben  mit  der  Beres  am  Eingange. 

*)  Vielleicht  die  Amensalpe  (Krumpenthal). 

'^0  Thal  eck,  eine  Höhe  bei  Eisenerz,  zu  der  man  durch  den  Thul- 
graben  kommt.  Wo  sich  der  Thalgraben  und  das  Miinichthal  ver- 
einigen, liegt  der  Bahnhof. 

^0  Darunter  werden  wohl  die  Fölzmaaern  gemeint  sein,  ein  Gebirgszug 
bei  Eisenerz,  dessen  Gulminationspunkt  der  Kaiserschild  ist.  Ein 
Fölzstein,  Fölzbach,  Fölzalpe,  Fölzgraben  finden  sich  auch  bei  Aflenz. 

^*}  Wilzing  und  Zargenkogel  in  der  Nähe  des  Leopoldsteiner  Sees. 

'^  Seeau,  ein  grosses  Thal  hinter  dem  Leopoldsteiner  See. 

)(ittt«U.  dM  hbt.  VmiBB  f.  Steiemutfk,  XXVUI.  Heft,  1S80.  3 


—     34     — 

Auf  dem  Yeltzstain  ist  das  aller  treflicbist  vnd  niaii^t 
jembssjaid  das  höchst  vnd  gresst  pirg,  ist  auch  die  mueter,  daracf 
sich  die  jembss  meren  vnd  ireu  valtz  haben  vnd  werden  der  oft 
vntzalper  vill  wie  die  hert  viechs  beieinander  gesehen,  sein  auch 
on  menigen  orten  auf  bemelter  albm  zu  jagen,  aber  kay.  Mt. 
hochloblicher  gedechtnflss  hat  die  nie  betrueben  noch  jagen  lasseu 
wellen,  sonder  alls  die  muetter  der  gembss,  dauon  alle  vmblignnde 
pirg  mit  gembsen  beseczt  werden,  gefreit,  es  sein  auf  ain  zeit 
in  dreyen  khuplen  oder  schockh  von  dem  vorstkhnecht  genannt 
Yeytl  ob  achthundert  bis  in  tawsendt  getzelt  worden.  Es  hat  anch 
Kaiser  Maximilion  ain  vergulten  schilt  mit  ir  kay.  Mt.  wappen 
derselben  ort  in  die  mauer  tragen  lassen,  so  vindet  man  aucb 
sumerzeit  auf  der  Yeltz  albm  guet  hierssen. 

Etliche  guete  hierss  jaid  von  der  Wultzing,  Zargen 
vnd  hindern  Seeawn  auch  derWildalbm  vnd  demGroskogI 
lauft  alles  auf  den  see  oder  dem  seeperg  zue  oder  hinder  sich 
an    die  Saltzaw,   hat    auch  in  der  hoch  der  mauer  vill  jembseu. 

Das  jembss  am  Seestain  ist  auch  ain  treflicher  lustjaid 
vnd  mag  ain  herr  auf  ain  tag  daselbs  jembsen  am  Seestain. 
hierssen  in  der  Seeaw  vnd  guet  visch  im  see  mit  einander  jafren 
vnd  vahen,  wie  dann  die  ka.  Mt.  selbs  gesehen  vnd  die  kay.  Mt. 
hochloblicher  gedechtnflss  offt  probirt  hat. 

Mer  ain  treflich  hierssjaid  von  der Newstickl  ^)  vnd  dar- 
gegen  vber  von  der  M  o  r  d  a  w,  laufft  alles  auf  den  Ertzpach,  ht 
die  wart  in  der  Jessingaw  zu  bestellen. 

Mer  ain  hierssjaid  von  der  Tuernfels  vnd  dem  Fridrirhs- 
eckh  laufft  alles  auf  den  Ertzpach. 

Etlich  treflich  hierssjaid  von  der  ra^en  Maur'*^),  der 
Wannthawsch  eiben '),  hifl(?)  vnd  satl,  laufft  bei  der  hifl- 
pruggen  oder  der  wildpretwisen  in  der  Hiflawn  an. 

Mer  zway  hierssjaid  vom  Pawngartvorst,  Lainpachegg 
vnd  Ofengraben  lawfft  bey  der  khreutzprnckhen  an  das  wasser 
die  Radmar  vnd  Ertzpach  an. 

Ain  guet  hierssjaid  am  Preslapm  vnd  Khrautgarten\) 
laufft  an  den  Redmerpach  vnd  dem  Netztall  gewondlich  zue. 

Ain  guets  jembsjaid  am  W  e  1  d  1  vnd  dem  S  t  e  n  g  l,  so  dar- 
gegen  vber  ist,   wegslen  von  ainem  perg  zum  andern  durch  den 


*)  An  der  Grenze  der  Gem.  Eisenerz  und  Jassingau. 

^)  Rothe  Mauer,  eine  Wand  bei  Hieflau. 

')  Wand  au,  ein  Pass  mit  Brücke  über  die  Enns  an  der  Grenze  der 

Bezirke  Eisenerz  und  St.  Gallen. 
^)  Der  Krautgartenbach  mündet  in  den  Radmerbach,  an  dem  die 

folgenden  Oertlichkeiten  liegen. 


—     35     — 

Redmer  pach,  ist  vasst  lastig,  mag  ain  herr  auf  der  eben  halten, 
siecht  ynd  bort  alle  ding. 

Aber  ain  guet  hierssjaid  vom  Khirchperg,  derStenglaw 
¥nd  der  Scbatlenten,  lauft  an  den  rorpach  oder  an  das  hynder 
XetztaL 

Ain  hierssjaid  vom  Houhart  vnd  Honhardts  graben  lauft 
an  Achernpach. 

Mer  etliche  treffliche  hierssjaid  von  Ah  er  nach  demZey- 
ersprwnn  vnd  Snechkar,  lauft  alles  an  Ahernpach. 

Mer  zway  treffliche  vnd  schone  hierssjaid  von Kuepachkar 
\üd  des  bertzogen  Camer,  lauft  auf  den  Rorpach. 

Trefflicher  lustiger  hiers&jaid  zway  von  paiden  seiten  zu 
jagen  vom  R o r  heraus  vnd  Lebleusprwnn  auf  der  ain  seiten 
vnd  vom  Neu  bürg  vnd  der  Yils,  auf  der  andern  seiten  hat 
albeg  gross  hierssen. 

Ain  treflich  jembs  auch  hierssjaid  am  Nogaur  auch  am 
Noganerkar  vnd  daselbst  vmb  stend  albeg  vil  jembsen  vnd  hirssen. 

Mer  ain  guet  jembsjaid  am  S  e  g  e  n  p  a  u  m,  ist  lustig  zusambt 
dem  jaid  am  weide  daselbs. 

2. 

Die  jaid  imCamcrtall  zu  der  herschaft  Camerstain  *) 
gehorent,  haben  des  von  Dietrichstain  erben  in. 

Im  Camertall  hat  es  vill  treflicher  jaid,  sein  aber,  sider 
damit  von  Trautmanstorf  die  herschaft  dem  Dietrichstainer  abtreten 
hat,  nit  gejagt  worden,  es  stet  aber  in  den  hernach  genanten 
plrg  weiden  vnd  greben  vii  rat  hoch  vnd  swartz  wildt. 

Erstlich  ain  pirg  vnd  graben  haist  der  Thurtin,  stet 
gewondlich  rat  vnd  swartzwild. 

Mer  pirg  vnd  tall  haist  der  Renach,  hat  auch  allerlay 
wilbret. 

Mer  ain  tall  zusambt  ainem  pirg  auf  paiden  seiten,  haist 
der  Hagenpach. 

Mer  von  paiden  seiten  von  der  Redingawn,  die  magt- 
^sen  vnd  tobergraben. 

Mer  ain  trefflich  pirg  stosst  binden  an  den  Techenegg^), 
welcher  perg  im  Eisenertzt  ligt,  sein  zwen  trefflich  greben,  jeder 
i&it  ainen  lustigen  wasser  haissen  die  kurtz  vnd  lang  Techen, 
hat  vil  Wilds. 

Mer  ain  wald  haist  der  Wolfsgraben. 


*)  Kammerstein,  jetzt'  Raine   zwischen  Kammern  und  Mantem.    Die 

Gegend  von  Kammern  heisst  noch  Kammerthal. 
')  Teicheneck. 

3* 


—     36     — 

Mer  die  teller  an  der  L  i  e  s  i  n  g  vntzt  in  den  wald,  so  sich 
iierr  Hans  Hofinan  annymbt  zu  der  Strechaw. 

Mer  die  Melding  bis  in  den  wald  sand  Ehnniganden. 

Mer.  zway  grosse  pirg  der  Treffing  vnd  Trautersperg 
susambt  dem  Yeitscher. 

An  welchen  obgenanten  orten  allen  vill  wilbrets  zn  zuglen 
vnd  ain  fürstlicher  treflicher  Inst  zu  machen  wer,  wo  die  herschaft 
vnd  inwoner  derselben  orten  Ordnung  dulden  vnd  leiden  wolten. 

3. 

Dise  nachgeschribne  jaid .  hat  anfengklich  her  Alexander 
Ehuendorffer,  so  abbt  zu  Admund  erweit  worden  ist,  kay.  Mt. 
hochloblicher  gedechtnuss  lawt  ainer  verfertigten  verscfareiboDg 
zuegestellt  vnd  geben;  alls  aber  der  bischolff  von  Laibach  der 
abbtey  zn  Admund  zu  Rom  als  ain  Gomentator  zu  sein  erlangt 
hat,  die  kay.  Mt.  mit  dem  bemelten  von  Laibach  auch  handeln 
lassen,  das  er  die  bemelten  admundischen  jaid  mit  im  zuetellero 
irer  kay.  Mt.  auch  bewilligt  vnd  voligen  lassen,  hat  die  auch 
Hanns  Hawg  irer  kaj.  Mt.  rat,  ambtman  vnd  vorstmaister  daselbs 
lawt  kay.  Mt.  bevelch  vnd  Instruction,  so  in  diesem  puech  mit 
vnd  B  1  ')  vertzaichent  sein  ingehabt,  vorsstknecht  daraufigesetzt 
vnd  gejagt  hat. 

Den  Hartleinsgraben  vnd  Saltzpachkhar^)  ist 
albeg  im  streit  gestanden  mit  den  Admundischen. 

Den  Hartleinsgraben  wiewol  den  vormalls  albeg  die  vorst- 
maister inngehabt  vnd  gehait,  so  ist  er  doch  jetz  durch  den  von 
Laibach  auch  eintzogen  worden,  dann  Haidenraich  vnd  Zolner 
haben  in  die  eintziehen  lassen. 

DerLainpach  vnd  SwelbltalP)  sein  auch  gehait  vnd 
jetzund  admundisch,  sy  haben  aber  bey  des  Hawgen  Zeiten  daselbs 
nit  jagen  thuren  vnd  sunderlich  des  Lainpachegg  der  Scheiben 
vnd  daselbst  vmb  sich  enthalten  muessen,  hat  auch  der  Hawg 
vorstknecht   daselbst    gehabt   vnd  nach  beuelch  kay.  Mt.  gejagt. 

Das  Lenntl  vnd  Khirchperg  sein  auch  admandisrh. 
haben  aber  nichts  weniger  an  der  grenitzen  still  halten  muessen. 

Vnd  alle  jaid  so  herdishalb  vnd  ennhalb  der  Enns  pis  auf 
den  R  0  s  t  a  t   vnd  vbergang  sein ,    welche  jaid  der  von  Laibach 


«)  Vgl.  8.  16. 

^)  Der  Harteisgraben  mündet  in  das  Gesäuse,  das  Sulzkar,  das  unter 

dem  Saltzpachkhar  verstanden  sein  dürfte,   ein  daneben  liegendes 

Hochthal. 
*)  In  der  Gemeinde  Landl  zwischen  Hieflan  und  Reifling.  Ist  das  (oV 

gende  Lenntl. 


—     37     — 

zu  stoBd  an  nach  der  kay.  Mi.  abgang  eingenomen  vnd  der  jar 
ansgang  nach  inhalt  des  vertrag  nit  gewart  hat,  haben  vormall 
still  sten  vnd  dert  orten  so  nachent  njt  jagen  thnren. 

Nw  lawt  der  kay.  Mt  beneich  vnd  vertrag,  so  der  von 
Laibach  bewilligt,  selb  dem  Hawgen  vberantwnrdt  hat,  nemlich 
von  irer  Mt.  grenitz  vnd  ain  rain  ain  meill  vber  landt  vnd  zwo 
meil  vber  joch  vmb  vnd  vmb  lant  irer  kay.  Mt.  brief  vnd  hie- 
beilignnder  copey  mit  B  vertzaicht. 

Wo  nnn  die  kn.  Mt.  den  bemelten  vertrag  mit  dem  von 
Laibach  nit  vernewt  vnd  irer  Mt.  wilbret  im  Eysenertzt  mit  frid 
der  hayung  zn  hilff  khnmbt,  dann  gedachts  wilbret  somerzeit 
hinvber  auf  die  bemelten  admnndischen  grnnt  stet,  do  es  alsdann 
zu  stnndan  nider  geworfen  vnd  gejagt  wirdet,  datnit  solchs  ab- 
gesteh  werde  vnd  den  Orten  so  hitzig  nit  roer  jagen,  so  ist  irer 
Mt.  hayung  alles  vergebens  vnd  verloren  vnd  zugelt  ir  Mt.  nuer 
deo  admnndischen  jagem  albeg  zu  jagen  das  wilbret,  so  von  kay. 
Mt.  ans  der  hayung  hinvber  steet. 

IT. 

Yermerckht  die  hierss  vnd  jembssjaid  so  im  £  n  s  t  a  1 1  vnd 
zunegst  daselbst  vmb  in  der  herschaft  Strechaw,  Wolcken- 
stain  vnd  Selckh  gelegen  vnd  durch  Casparn  Lechtaler 
obristen  pirgmaister  vnd  Lienharten  Hawser  gejagt  vnd 
beschriben  sein. 

Hierssjaid  im  Ennstall. 

Ain  hierssjaid  genandt  die  Ramsaw  ob  Sladming,  hat  sein 
flacht  an  die  Enns  vnd  mag  die  kay.  Mt.  zu  Sladming  ligen. 

Ain  hierssjaid  genannt  amEhochhof,  fleucht  an  die  Enns, 
mag  sein  Mt.  zu  Sladming  Grabming  oder  Haws  ligen. 

Ain  hierssjaid  genannt  auf  Startzen,  hat  auch  sein  flucht 
an  die  Enns  vnd  mag  sein  Mt.  zu  Gstat  ligen. 

Ain  hierssjaid  genannt  amNiderwald,  hat  sein  flucht  an 
die  Saltzaw,  mag  sein  Mt.  zu  Grebming  oder  Miterdorf  ligen. 

Ain  hierssjaid  am  Grimman,  hat  sein  fluch(t)  an  die  Enns, 
mag  sein  Mt.  zu  Iming  ligen. 

Ain  hierssjaid  genannt  imRormosim  Weissenpach,  fleucht 
an  die  Enns,  mag  Ir.  Mt.  am  Weissenpach  ligen. 

So  sein  zway  hierssjaid  ains  genannt  im  Sali  vnd  das  ander 
gcnanndt  am  Schwartzenegg  der  kay.  Mt.  zuegehorig  vnd 
an  der  von  Admunt  grnnt  gelegen,  daran  das  rat  vnd  swartz 
wild  wynnter  vnd  sumer  zelten  seinen  stand  hat;  die  bejagen 
die  admnndischen  jager. 


—     38     — 

Im  Paltentall  stet  ancb  etweoill,  welchs  auch  die  Ad- 
mundischen  bejagen  vnd  gantz  Sdten. 

Erstlich  ain  jembsjaid  genanndt  im  Grnenpacfa  in  der 
wilden  Trfieben. 

Ain  jembssjaid  genanndt  am  Ambtman  auch  in  der  wilden 
Trieben. 

Ain  jembssjaid  genanndt  am  Griesstain  auch  in  der 
wilden  Trueben. 

Die  jaid  sind  alle  fdr  ku.  Mt.  vnd  mag  ir  Mt/  dartzae 
geen  Reiten  vnd  am  Tanren  ligen. 


Ain  jembssjaid  in  der  Strechaw  am  Hohen  Henngst, 
genanndt  am  Polster. 

Ain  jembssjaid  am  Hochen  Henngst  genanndt  am  Ziersst. 

Ain  jembsjaid  am  Nidern  Henngst. 

Ain  jembssjaid  genandt  im  Stainkar  an  hochen  Henngst. 


Der  jaid  amThanren,  so  trefSiche  lustjaid  sein  deshalbeu 
die  kay.  Mt.  hochloblicher  gedechtnuss  ain  haus  hat  pawn  lasseu, 
derselben  jaid  zeuchen  sich  die  Admandischen  diser  zeit  anch  an. 

In  der  Strechaw  hat  kay.  Mt.  auch  ain  hans  pawn  lassen, 
sein  vast  treflich  vnd  lustige  jaid ,  ist  woll  ain  vorstknecht  im 
£nnstall,  siecht  aber  wenig  darauf,  der  phleger  auf  Strechaw  lesst 
im  kain  gewalt. 

Die  jembsen  an  diesen  jaid  haben  all  ir  flucht  an  den  hochen 
Henngst,  sind  lustjaid  vnd  mag  ir  Mt.  dartzue  reiten  vnd  am 
Tauren  oder  auf  der  Strechaw  ligen. 


Ain  jembssjaid  genanndt  an  der  Rewteralbm. 

Ain  jembsjaid  genanndt  das  Laufkhar,  gelegen  znnegst 
an  die  Reuteralbm  in  der  Strechaw. 

Ain  jembsjaid  genannt  am  Haderkhar. 

Ain  jembsjaid  genanndt  das  Jndnkhar. 

Sein  alle  viere  lustjaid  vnd  mag  ir  Mt.  dartzue  gen,  reuten 
vnd  im  jegerhaws  in  der  Strechaw  ligen. 

Ain  jembsjaid  genannt  am  Pockhstain  vnder  dem  hochen 
khar,  ist  ain  lustjaid  für  kay.  Mt.  vnd  mag  ir  Mt.  im  Noppen- 
perg  oder  in  der  Zeiring  ligen. 

Ain  jembssjaid  amPosen  snee,  mues  man  am  Schadstain 
vnd  Pustereckh  antziehen  vnd  hetzen,  so  hat  dann  das  wild  sein 


—     39     — 

äocht  aa  den  posen  snee,  dartzae  sein  Mt.  reiten  vnd  das  gancz 
jaid  sehen  vnd  in  Dornspach  ligen  mag. 

Äin  jembssjAid  genannt  am  61a  t,  ist  ain  lustig  jaid  far 
kay.  Mt.  vnd  mag  ir  Mt.  auch  in  Dornspach  ligen. 

Ain  jembssjaid  genanndt  am  Gagler,  ist  ain  lustjaid,  mag 
kay.  Mt.  zu  Weltz  oder  im  Dornspach  ligen. 

Ain  jembssjaid  genanndt  an  der  Raten  Wannt,  mag  sein 
Mt.  im  Donrspach  ligen. 

Ain  jembssjaid  vom  Hochstain,  mag  sein  Mt.  zu  Iming  ligen. 

Ain  jembsjaid  genannt  im  Schrein  auf  michel  Iming^ 
dartzue  sein  Mt.  reiten  vnd  zu  Irning  oder  im  Donrspach  ligen  mag. 

Ain  jembssjaid  in  der  Grossen  Selckh,  genannt  an  der 
Glockhen. 

Ain  jembssjaid  genanndt  am  Durren  Ridl. 

Ain  jembssjaid  genannt  am  Gruenen  Ridl. 

Ain  jembsjaid  genannt  am  Hochen  Canall. 

Zu  disen  vier  jaiden  mag  ku.  Mt.  in  der  grossen  Seickh  zu 
sand  Nicla  ligen. 

Ain  jembssjaid  ').  genanndt  zu  den  Hasenoren. 
Ain  jembssjaid  in  der  Klain  Seickh  an  die  Kerbein. 
Ain    jembssjaid    in   der   Klainen    Seickh   genannt  am 
äQlauf,  ist  ain  lust  jaid,  mag  sein  Mt.  in  der  klain  Selekh  liegen. 
Ain  jembsjaid  genanndt  an  der  Graswaundt. 
Ain  jembssjaid  genanndt  in  der  Wildenstell. 
Zu  disen  jaiden  mag  sein  ku.  Mt.  zu  Sladming  oder  Haws  ligen. 


Ain  jembsjaid  genanndt  am  G  &  1 1  e  e  g  g. 
Ain  jembsjaid  genanndt  an  dem  Hintern   Ofennach. 
Ain  jembsjaid  genanndt  an  den  Vordem  Ofennach. 
Dartzae  mag  sein  Mt.  zu  Sladmyng  ligen. 


Ain  jembsjaid   genannt   am   Nuetich,    mag   sein  Mt.    zu 
Renten  ligen. 

Ain  jembsjaid  genannt  in  den  Lachfeldern. 
Ain  jembsjaid  genannt  an  Miterweg. 
Dartzue  mag  sein  Mt.  auch  zu  Renten  ligen. 


Ain  jembsjaid   genanndt   am  Gruebstain  in  der  guantz, 
dartzae  mag  sein  Mt.  auf  der  purg  ligen. 


')  Es  steht:  hasnbssjaid. 


—     40     — 

Ain  jaid  genanndt  am  Hoch^staiD,  mag  kay.  Mi.  baide 
jagen  vnd  an  der  pnrg  ligen. 

Ain  jembsjald  genanndt  am  Melegg  mag  sein  Mt  auf 
Wolckhenstain  ligen. 

Ain  jembsjaid  genanndt  am  Steg  im  Weissenpach. 

Ain  jembsjaid  genanndt  an  Hochen  Hörn. 

Ain  jembsjaid  genanndt  am  Prwnnstain. 

Ain  jembsjaid  genanndt  am  Gasennz. 

Zn  disen  vier  jaid0n  mag  sein  Mt.  za  Luetzen  oder  im 
Weissenpach  ligen. 

Ain  jembsjaid  genanndt  am  Rabenstain,  mag  kn.  Mt 
zu  Lnetzen  ligen. 

Ain  jembsjaid  genannd  der  Adningstain  vnd  Pos- 
ruckht,  dartzue  mag  sein  Mt.  zu  Spitell  ligen. 

Drew  jembsjaid  ains  genanndt  der  Puechstain,  das  ander 
der  Reichenstain  vnd  das  drit  der  Fritzstain,  daran 
steen  etweail  jembsen  aber  die  admnndischen  jager  ftten  es  alles. 

III. 

Die  jaid  im  Muerpoden  hinaaf  von  Jndenbarg  nach 
der  Muer  vntzt  gen  Scheifling,  auch  auf  Moraw  vnd  sand 
Lamprecht. 

Nachdem  die  kay.  Mt.  hochloblicher  gedechtnoss  die  hajnng 
des  wllpan  hinauf  im  Mnerboden  auf  J adenbarg  vnd  von 
Jadenburg  bis  gen  Scheifling  vnd  daselbs  ain  aigen  jaid 
haws  hat  pann  lassen  vnd  von  dann  verrer  bis  gen  Moraw  auch 
auf  die  selten  hinein  vntzt  gen  sand  Lamprecht  bestelt  verordent 
vnd  ainen  aigen  vorstmaister  aaf  dieselben  jaid  nemlich  Hannsen 
Harlanger  zu  Irnfritzstorf,  so  ain  grosse  meill  ob  Moraw  ist, 
auch  ain  vorstkhnecht  zu  Judenburg  mit  namen  Laiencz  Hetinger 
gehalten  vnd  besold,  so  hat  sich  doch  derselben  ort  vmb  vnd 
vmb  kain  rechter  fürstlicher  lust  bei  vill  vleis,  mue  vnd  arbait 
nit  wellen  aufrichten,  noch  ain  wildpan  wellen  zuglen  lassen  aus 
vrsachen,  das  die  weld  daselbst  bis  auf  alle  hoch  an  vill  orten 
mit  hofen  vnd  paaren  heusern  auch  derselben  arbait  vasst  vber- 
legt  sein,  zum  andern  so  sitzen  der  art  will  treflicher  prelaten, 
herren  vnd  landlewt  nemlich  der  bischolf  vnd  probst  zu  Sekhaw, 
abbt  zu  sand  Lamprecht,  der  herr  von  Stubenberg  zu  Fraanburg, 
die  Herren  von  Liechtnstain  za  Moraw,  herr  Sebolt  Pogl  zum 
Reiffeustain,  herr  Seifrid  Windischgretzer  zu  Ehetsch,  herr  Hanns 
vnd  Jörg  von  Teuffenpach,  die  Prangher,  die  Greswein,  die  Galler 


—     41     — 

vnd  ander  mer,  die  jager  vnd  knecht  haben,  so  alle  ding  ersleichen 
(las  fliegnnd  wild  vnd  reisjaid  für  ain  vrsach  antzaigen  vnd  sein 
offt  grass  hirssen  geschossen  vnd  nidergeworffen  vnd  die  hewt 
bej  den  ledrem  zw  Jndenbnrg  vnd  andern  orten  gefunden  worden, 
aber  niemandt  hat  solchs  wellen  gethan  haben,  ist  auch  den 
forstkhnechten  offt  generlich  gestanden.  Dann  etlich  sagen,  sy 
sein  gefrejdt,  aber  ir  kainer  pringt  sein  freyhait  ftir  vnd  ist  die 
freundtschafft  vnd  geselschafft  zu  gross  vnd  tar  niemandt  danon 
reden  auch  die  knecht  sich  nit  allein  wagen  vnd  sein  der  him- 
liehen  nachsleicher  der  orten  gar  vili,  welchs  das  wilbret  scheicht, 
flewcht  vnd  verwegslt  sein  stend,  deshalben  alle  hayung  an  dem- 
selben ort  verloren  ist. 

So  sein  die  hoch  vnd  swarcz  weld  enhalb  vnd  herdishalb 
der  Maer  der  merem  teill  kn.  Mt.  vnd  geboren  zn  dem  gesloss 
Epenstain,  in  welchen  weiden  daselbst  man  jecz  mit  arbait  stet, 
der  anderen  weld  ziech  sich  an  Graf  Jörg  von  Montfort,  der 
pischolf  auch  der  probst  von  Seckhaw,  der  abt  von  sand  Lam- 
precht, der.herr  von  Stnbenberg,  der  Windischgretzer,  Prangher, 
Teaffnpacber  vnd  ander  mer  sagen,  sy  sein  ir;  haben  aber  nie 
nichts  darumb  fnrbracht  noch  ^ehen  lassen,  es  hilfft  auch  kain  hay  ^). 


0  Hegnng. 

Anmerkung.  Herrn  Lehrer  und  Bezirks- Gorrespondenten  Joh  K r a i n z 
in  Eisenerz  verdanke  ich  viele  Mittheilungen  aber  die  alten  Benen- 
nungen von  Orten  und  Gegenden,  deren  neue  Namen  nicht  immer 
leicht  erkennbar  sind.  Es  sei  nachträglich  noch  Folgendes  bemerkt : 

Zu  S.  33:  Betten  ist  heute  ganz  unbekannt;  Zermech  heisst 
jetzt  Z  er  mach  und  ist  die  Mauer,  an  deren  Fuss  der  Weg  vom 
Bärenlocb  zum  Badmerhals  fuhrt.  Die  Schutt  ist  die  noch  heute 
bekannte  B&renlochschutt. 

Zu  8.  34:  Zargen  sQdl.  vom  „Roller''  und  nö.  vom  Wilzing- 
kogel.  Es  gibt  eine  Hohe  Zargen  mit  dem  Zargenkogel  und  eine 
Niedere  Zargen  oder  Rohrmauer.  Unter  Wildalbm  ist  jedenfalls 
das  Dorf  Wildalpe  und  unter  Saltzaw  der  Fluss  Salza  zu  verstehen. 
Unter  Tuernfels  ist  die  Dürre  Fölz  gemeint. 

Zu  S.  35:  Kirchberg,  Stanglau  und  Ach  nach  (das  alte  Aher- 
nach)  in  der  Gem.  Radmer.  Zeyersbrunn  ist  das  Antonibrünnl  am 
Zeyres,  im  Finstergraben.  Ror  ist  ein  Sumpf  auf  Neuburg  d.  i.  Berg 
and  Sattel  hinter  dem  Schlosse  Greifenberg  in  der  hinteren  Radmer, 
wo  sich  auch  der  Lebleusprwnn  d.  i.  das  Brünnl  am  Loibner 
befindet.  Der  Nogauer  ist  der  Lugauer. 


-(5S£> 


Doctor  Adam  von  Lebenwaldt, 

ein  steirischer  Arzt  und  Schriftsteller  des  17.  Jahrhundertes. 

Biographische   and   culturhistorische   Skizze 


von 


Dr.  Richard  Peinlich. 


Einleitung. 

Als  Lebenwaldt  im  Jahre  1694  sein  bedeutendstes 
Werk,  das  „Arzneibuch",  in  die  Welt  schickte -und  seine 
hervorragendsten  Kollegen  demselben  neidlos  ihren  Beifall  mit 
auf  den  Weg  gaben,  da  rief  ihm  der  Marburger  Physiker 
Dr.  Joh.  Bened.  G  r  ü  n  d  1 1 '),  selbst  ein  gewiegter  Schriftsteller 
auf  dem  Gebiete  der  Balneographie,  bewundernd  zu: 

„Dein  grosse  Wissenschafft  kennt  man  in  vielen  Landen, 
Dein  unsterbliches  Lob  ist  überall  vorhanden : 
Dein  Ruhm  verwelcket  nicht,  der  Lorbeer-Zweig  wird  stehen. 
So  lang  im  obern  Feld  die  Sternen  werden  gehen.** 

Als  dann  Lebenwaldt  zwei  Jahre  darauf  die  irdische  Lauf- 
bahn beschlossen  hatte   und   die   kaiserliche   Akademie    der 


*)  Dr.  J.  Bened.  GrOndtl  (geboren  zu  Glogau  in  Schlesien,  gestorben 
1705)  war  in  der  2.  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  kaiserlicher  Feld- 
arzt, hernach  landschaftlicher  Physiker  fUr  das  Viertel  zwischen 
Mur  und  Drau  und  practischer  Arzt  zu  Marburg  (Steiermark), 
kaiserlicher  Pfalzgraf,  seit  1685  Mitglied  der  kaiserl.  Akademie  der 
Naturforscher  zu  Breslau  mit  dem  Beinamen  „Coclius  Aurelianus''. 
Von  ihm  erschien  1687  im  Drucke:  „Boitschocrene ,  das  ist  Aus- 
führliche Beschreibung  dess  In  Ünter-Steyer  weit-berühmbten  Roitschcr 
Sauerbrunn"  etc.  (Grätz  bey  denen  Widmanstetterischen  Erben.; 
Der  Physiker  zu  Schweinfurt  Dr.  Joh.  Mich.  Fehr  feiert  GrOndtl 
und  Lebenwaldt  (1685)  als  r.Styriae  duo  lumina*. 


-     43     — 

I 

Naturforscher   zu  Breslau   ihm   in   ihren  Jahrbüchern  ')   ein 
Ehrendenkmal  setzte,   schloss  der  Nachruf  mit  den  Worten: 

„Corpus  putrescat  tumulo,  mens  vivat  Olyrapo; 
Solaque  virtutis  gloria  semper  erit.^ 

Wer  hätte  da  nicht  erwarten  dürfen,  dass  Lebenwaldt's 
Nachruhm  wenigstens  durch  ein  paar  Generationen  erhalten 
bleiben  würde!  Aber  mit  dem  Nachruhm  und  seiner  Dauer 
hat  es  ein  gar  absonderliches  Bewandtniss,  insbesondere  auf 
österreichischem  Boden.  Nicht  selten  erlosch  das  Andenken 
einst  hochgefeierter  Personen  in  kurzer  Zeit,  weil  eben  die 
Standesgenossen  selbst  kein  Interesse  daran  nahmen.  Ein 
solches  Los  traf  Lebenwaldt  im  eigenen  Vaterlande,  sowohl 
dort,  wo  seine  Wiege  gestanden  war,  als  in  Steiermark,  wo 
er  durch  ein  halbes  Jahrhundert  rühmlichst  gewirkt  hatte. 
Vergeblich  sucht  man  seinen  Namen  in  der  Heimatsgeschichte 
auf  der  Liste  jener  Männer,  die  dem  Lande  zur  Ehre  gereichen. 
Niemand  weiss  von  ihm,  selbst  dort  nicht,  wo  man  einst  seine 
irdische  Hülle  in  die  Erde  barg. 

Bei  meinen  Studien  zur  „Geschichte  der  Pest  in  Steier- 
mark* war  ich  —  fast  nur  durch  einen  glücklichen  Zufall  — 
auf  Dr.  Lebenwaldt's  umfangreiches  „Land-,  Stadt-  und  Haus- 
Arzneibuch"  gerathen,  welches,  wie  kein  anderes  Werk,  die 
Pestilenz  nach  allen  Beziehungen  behandelt  Als  ich  aber  in 
gerechter  Würdigung  dieser  merkwürdigen  Leistung  eines  der 
Steiermark  angehörigen  Gelehrten  Umschau  nach  einer  Auf- 
zeichnung von  dessen  Lebenslauf  hielt  und  fand ,.  dass  über 
das  Leben  und  Streben  desselben  die  Lavine  der  Vergessenheit 


')  II  Memoria  Leben waldiana  piis  ejus  Manibu's  dicata  per  Ephemeridum 
Directorem"  (Dr.  Joh.  Paul  Wurffbain,  Physiker  zu  Nürnberg).  Zu 
finden  im  „Appendix  ad  annum  V  &  VI.  Decuriae  III.  Ephemeridum 
medico-physicarom  Academiae  caesareo-  Leopoldinae  naturae  curio- 
sonim  in  Germania".  (Norimbergae  1700.)  Seite  207—216.  Der  darin 
enthaltenen  kurzen,  aber  anthentischen  Lebensgeschichte  (die  Daten 
stammen  offenbar  von  Lebenwaldt  selbst  und  von  seinem  Freunde 
J.  6.  Schlecht)  habe  ich  mich  in  meiner  Darstellung  vollends  bedient. 
Wo  meine  Daten  aus  anderer  Quelle  stammen,  wird  diese  citirt. 


—     44     — 

m 

gerollt  war,  da  schien  es  mir  denn  doch  eine  Ehrenpflicht  der 
vaterländischen  Geschichtsschreibung,  das  Verdienst  dieses 
Mannes  und  dessen  Leben  und  Wirken  an  das  Tageslicht 
zu  ziehen. 

Die  mehrseitige  Bedeutung  desselben  gleich  im  vorhineiu 
ersichtlich  zu  machen,  wird  es  dienlich  sein,  eine  Uebersicht 
der  Berufsstellung  und  Amtswirksamkeit,  so  wie  der  Ehren  und 
Würden,  welche  derselbe  bekleidete,  und  ein  Verzeichniss  seiner 
Schriften  an  die  Spitze  zu  stellen. 

Johann  Adam  Christof  L  e  b  a  1  d  t ') ,  nachmals  geadelt 
mit  dem  Prädicate  von  und  zu  Lebenwaldt,  war  Doctor 
der  Philosophie  und  der  Heilkunde,  practischer  Arzt  zu  Graz, 
hierauf  Stiftsarzt  zu  Admont  und  Leib-Medicus  des  Abten  von 
Admont,  zugleich  landschaftlicher  Physicus  für  das  Enns-  und 
Paltenthal,  endlich  Arzt  zu  Leoben  und  Medicinalrath  der 
steirischen  Landschaft.  Vom  Kaiser  Leopold  hatte  er  die 
Würde  eines  Pfalz-  und  Hofgrafen,  den  Adel  und  die  Lorbeer- 
krone eines  kaiserlichen  Poeten,  vom  Papste  den  Charakter 
eines  öffentlichen  apostolischen  Notars  erhalten.  Die  kaiserüch 
Leopoldinische  Akademie  der  Naturforscher  zu  Breslau,  deren 
Mitglied  er  war,  erhob  ihn  zu  ihrem  Adjuncten.  Seine  Zeit- 
genossen rühmten  ihn  als  Schriftsteller  auf  dem  Gebiete  der 
Arzneiwissenschaft  und  der  Naturforschung,  als  Dichter  und 
Improvisator  in  der  lateinischen  und  deutschen  Sprache  und 
endlich  als  kunstreichen  Musikcompositeur. 

Von  seinen   in  Druck  ausgegangeneu  Werken   sind   die 
nachstehend  unter  Nr.  1  bis  6,  8  und  9  verzeichneten  bereits 
bibliographische  Seltenheiten  geworden. 
1.  „Adami  a  Lebenwaldt  etc.  Adagia  selecta  et  illustrata,  oder 
Poetische  Vebung  vber  300  alt  Teutsch-Lateinische  Sprich- 
wörter, alle  mit  Reimen  erleitert,  vnd  den  redlichen  Teut- 
schen  zu  Lob,  der  vnbetrieglichen  Warheit  zu  Ehre  an 


')  Der  Name  findet  sich  mehrfach  variirt  geschrieben :  Lebalt,  Lebwald, 
Lewald,  Leobaldt,  selbst  Lebolt.  Er  selbst  schrieb  sich  regelmässig 
„Adam  Lebaldt"  und  nach  seiner  Adelung  fast  immer  „Leben- 
waldt''; daher  ich  hier  diesem  Muster  folge. 


—     45     — 

Tsig  gebracht  vnd  gewidmet  Saltzburg,  Bey  Johann  Baptist 
Mayr,  Hoff-  vnd  Academischen  Buchtr."  (Ohne  Jahreszahl.) 
Klein  8'».  54  Seiten. 

2.  „Adami  a  Lebenwaldt  etc.  Monostichorum  extemporeanorum 

Centnria  prima,  secunda  et  tertia.''  (Salisburgi,  Sumptibus 
Joann.  B.  Mayr.  Ohne  Jahreszahl.  Jede  Centurie  erschien 
zuerst  für  sich  und  jede  einem  anderen  seiner  Freunde  ge- 
widmet) 1 2.  Alle  drei  Genturien  zusammen  zählen  46  Seiten. 

3.  „Lebenwaldt's  Poetische  Schimpf-  vnd  Ernst  Reden.  **  (Ohne 

Druckort  und  Jahreszahl.  100  Nummern,  zumeist  epigram- 
matische Gedichte.)  12.  62  Seiten. 
4. » Leben waldt's  355  Leoninische  Yerss,  Mit  Teutschen  Reimen 
erläutert''  (Ohne  Druckort  und  Jahreszahl.)  12.  44  Seiten. 

5.  ,,Lebenwaldt's  Poetische  Reimgedicht,  Von  dem  Lobwttrdigen 

Stand  dess  lustigen  Mayrschaüls-Leben."  (4.'°  11  Seiten, 
mit  einem  Titel-Kupferstich,  den  „Stibichhof"  darstellend, 
Ohne  Druckort  und  Jahreszahl.) 

6.  „Poetischer  FrUlings-Spaziergang.*'   Auf  der  Rückseite  des 

Titelblattes  findet  sich:  „A.  L.  V.  V.  Z.  Lebenwaldt  P.  M. 
C.  P.  C.  N.  A.  P.  P.  L.  S.  R.  J.  C.  N.  C.  A.  D.  Ae.  S.  (Initial- 
buchstaben von  Namen  und  Titel.)  Poetischer  Fraelings 
Spatziergang  Mit  Alexandrinischen  Versen  entworfifen^  etc. 
(Dedication.)  4.***  5  Seiten. 

7.  „ Adami  a  Lebenwaldt ,  Philosophi  et  Medici  etc.   Erstes 

Tractatel  Von  dess  Teufiels  List  vnd  Betrug  In  der  He- 
breer  Cabala,  Mit  einem  Vorbericht  Wie  der  TeuflFel  bey  dem 
Menschlichen  Geschlecht  auf  vnterschiedliche  Weiss  einge- 
schlichen. Klein  1 2. 80  Seiten.  Saltzburg,  Druckts  vnd  verlegts 
Joh.  Baptist  Mayr,  Hoff-  und  Academ.  Buchdrucker.  1680." 
„Andertes  Tractatel,  Von  der  List  vnd  Betrug  dess  Teuflfels 
In  der  Astrologia  Judiciaria,  Oder  zuvil  urtheilenden  Stern- 
Kunst  In  welcher  klar  vor  Augen  gestellet  wird,  dass  solche 
Wissenschafft  Grund-loss  vnd  von  dess  listigen  Teufiels- 
Schuelen  ihren  Urspmng  nehme.*'  12.  95  Seiten  (Druckort 
und  Jahreszahl  wie  oben.) 
»Drittes  Tractatel,  Von  dess  Teuffels  List  vnd  Betrug  In 


—     46     — 

den  Vier  Elementen  vnd  vil  andern  abergläubischen 
Dingen."  12.  149  Seiten.  (Druck  wie  oben.) 

„Viertes  Tractatel,  Von  dess  Teuflfels  List  vnd  Betrug  In 
der  Falschen  Alchymisterey  vnd  Goldmacher-Kunst,  dar- 
innen aussführlicher  Bericht  gegeben  wird  von  den  so  ge- 
nanten Fratribus  Roseae  Crucis  oder  Rosen-Creutzem  vnd 
Theophrasto  Paracelso. "  12.  129  Seiten.  (Druck  wie  oben. j 

„FünflFtes  Tractatel,  Von  dess  TeufFelss  List  vnd  Betrug 
In  der  Berg-Ruethen  vnd  Berg-Spiegl,  Mit  einem  Vorst^tz 
dess  Menschenspiegls  neroblich  von  der  Physiognomia,  Me- 
loscopia  vnd  Chiromantia. '^  12. 137  Seiten.  (Druck  wie  oben.) 

„Sechstes  Tractatel,  Von  dess  Teuflfels  List  vnd  Betrug  In 
der  WaflFen-  Salben  vnd  so  genannten  Sympathetischen 
Pulver."  12.  198  Seit.  (Druck  wie  oben,  aber  1681.) 

„Sibentes  Tractatel,  Von  dess  Teuflfels  List  vnd  Betrug  In 
der  Transplantation  oder  Vberpflantzung  der  Krankheit'' 
12.  165  Seit.  (Druck  wie  beim  6.  Tractate.) 

„Achtes  Tractatel,  Von  des  Teuflfels  List  vnd  Betrug  in 
Verführung  der  Menschen  zur  Zauberey :  AUwo  auch  vom 
Antichrist  als  letzten  Zauberer  gehandelt  wird,  mit  dem 
Beschluss,  wie  man  sich  vor  dess  Teuflfels  List,  Anfechtung 
vnd  Verführung  bewahren  solle."  12.  362  Seit  (Druck 
wie  oben,  aber  1682.) 

8.  „Khurtzer  Bericht  von  wunderlicher  Tugent  vndt  würckhung 

der  Gämbssn  Khugel  per  Adamum  Christophorum  von  Le- 
waldt,  Philosophiae  et  Medicinae  Doctorem"  etc.  (Format 
Druckort  und  Jahreszahl  unbekannt,  der  Titel  nach  dem 
Original-Manuscripte  des  Verfassers.) 

9.  „Damographia,  oder  Gemsen-Beschreibung,  In  Zwey  Theil 

abgetheilet:  Der  Erste  handlet  Von  dem  Edlen  Gemsen, 
Der  Andere  von  der  Kraflft  vnd  Tugentvollen  Gemsen-Kugel 
In  Track  verfertiget  durch  Adam  Lebwald  von  vnd  zu 
Lebenwald,  etc.  Cum  permissu  Superioram.  Saltzburg.  Ge- 
.  trackt  bei  Job.  Bapt  Mayr."  4^  55  Seit  Mit  4  Kupfer- 
stichen. (Die  Jahreszahl  ist  nicht  angegeben,  jedoch  auf 
1693  oder  1694  zu  setzen.) 


-      47      - 

10.  ^Landt-  Stadt-  und  Hauss-Artzney-Buch,  in  welchem  an- 
gezeigt und  erwiesen  wird,  wie  man  denjenigen  Krank- 
heiten, welche  ein  gantzes  Land  oder  mehr  Oerther 
anstecken,  sodann  durch  Contagion  und  Anklebung  ander- 
weitig fortgepflantzt  und  ausgebreitet  werden,  Als  da  seyn : 
die  Pest,  Pestilentzial-  und  Petechialische  Fieber,  Un- 
garische Kranckheit,  rothe  Ruhr,  Kinds-Blattem  etc.  mit 
Gottes- Gnad  und  Hlüff  sowohl  durch  geringe  als  kostbare 
Mittel  Widerstand  thun  könne.  Saromt  einer  Chronik  Aller 
denkwürdigen  Pesten,  sammt  einer  Information,  was  zu 
solcher  Contagions  -  Zeit  I.  Status  Politicus  und  Land- 
Obrigkeiten,  IL  Status  Ciyilis  oder  Stadt  -  Obrigkeiten, 
IIL  Status  Academicus,  oder  Schul-Vorsteher ,  IV.  Status 
Medico-Physicus,  oder  die  Medici  mit  ihren  Untergebenen, 
V.  Status  Theologicus  oder  Seelsorger  zu  thun  haben: 
Dabey  eine  fünffache  Cur  zu  finden,  nämlich  Cura  Theo- 
logica,  Prophylactica,  Curativa,  Refectiva  et  Purificativa, 
das  ist:  Geistliche  Trost-  Schutz-  Heil-  und  Krafft-Cur, 
sammt  einer  Anweisung  die  Häuser  und  Mobilien  zu  rei- 
nigen: Wobey  alle  QuaestioneS;  welche  in  dieser  Materi 
bey  denen  Practicis,  als  Theoreticis  aller  Facultäten  vor- 
fiülen  und  disputirlich  seynd,  möglichst  erläutert  werden. 
Alles  mit  grossen  Fleiss  und  Mühe  zu  der  Ehre  Gottes 
und  Liebe  des  Nechsten  aus  den  besten  Authoribus  zu- 
sammen getragen  und  durch  viertzig  Jährige  Praxin  mit 
eigenen  Experimenten  bekräfftiget  durch  Adamum  a  Leben- 
waldt  etc.  Nürnberg.  In  Verlegung  Christoph  Lochners 
Buchhändlers.  Anno  1695."  (Folio,  720  Seiten,  mit  dem 
Bildnisse  und  Wappen  des  Verfassers.) 
In  den  von  der  kaiserlichen  Akademie  der  Naturforscher 
zu  Breslau  ausgegebenen  Jahrbüchern  „MiscoUanea  curiosa, 
sive  Ephemeridum  medico  -  physicarum"  etc.  finden  sich  von 
1684  bis  1694  die  nachbenannten  30  „Observationes"  von 
Dr.  Lebenwaldt: 

Im  2.  Jahrg.   der  II.  Decurie:    „De   ossibus   draconum 
vere  existentium  et  eorum  usu.  —    De  caecitate  ex  remedio 


—     48     — 

superstitioso.  —  De  sanquine  caustico.  —  De  miro  Tabad 
effectu.  —  De  visci  quemi  admiranda  yirtute.*' 

Tm  3.  Jahrgange:  „De  femina  sine  ventriculo  vitali  — 
De  admiranda  calculi  curatione.  —  De  serpentis  morsu  pede 
intumescente  mirabiliter  curato.  —  De  claudicatione  ex  caiculo 
curata.  —  De  catarrho  suffocativo  ex  constrictione  colli.'' 

Im  5.  Jahrgange:  „De  venaesectione  noxia." 

Im  6.  Jahrgange:  „De  febri  maligna  in  se  ipso.  —  De  Asth- 
mate  flatulento  post  febrem  malignam.  —  De  hemia  varicosa.'* 

Im  7.  Jahrgange:  „De  vomitus  diutumi  cora.  —  De 
morbillorum  cura.  —  De  dysenteriae  cura.*^ 

Im  8.  Jahrgange:  „De  remedio  evporisto  in  faydrope 
ascite.  —  De  mirabili  metastasi.  —  De  sanquinis  mictione 
ex  abusu  myrrhae.  —  De  duplici  vesica." 

Im  9.  Jahrgange:  „De  singulari  amnii  cum  foetu  cohae- 
sione.  —  De  catarrho  epidemico.^ 

Im  10.  Jahrgange:  „De  foliis  aini  serpentom  charactere 
tinctis.  —  De  mirabili  diabete." 

Im  1.  Jahrgange  der  III.  Decurie:  „De  spiritu  comu 
cervi  in  febribus  malignis.  —  De  hydropicae  anatome.  —  De 
bile  comipta." 

Im  2.  Jahrgange  der  III.  Decurie:  „De  utilitate  Venae 
sectionis  in  pede.  —  De  Podagrae  tyrannide.« 

BiograpMsche  Skizze. 

Adam  Lebaldt  wurde  am  25.  November  1624  zu  »Sair- 
leinspach"  (Sarleinsbach),  einem  Marktflecken  im  Mahlviertel 
des  Landes  Oberösterreich  geboren.  Der "  Vater  Aegydios 
Lebaldt,  Rathsbürger  und  Marktschreiber  zu  Sarleinsbach, 
hatte  aus   erster  Ehe  einen  Sohn,  Namens  Tobias*).   Seine 


^)  Lebenwaldt  instituirte  zu  seinen  Erben  die  drei  Töchter  seines  Bruders 
Tobias  (selig),  (nach  dem  YerlassenBchafts  -  Inventar  im  steirischen 
Landesarchive)  woraus  zu  ersehen  war,  dass  er  einen  Stiefbruder 
hatte.  Die  übrigen  Familiendaten  sind  auf  Grundlage  der  Pfarr- 
Matrikel  zu  Sarleinsbach  gegeben. 


—     49     — 

zweite  Gattin  Christiaa  Hötzendorfer ,  Tochter  eines  Raths- 
bürgers  zu  Rohrbach,  gebar  ihm  sechs  Kinder,  die  aber  alle, 
ausser  unserem  Adam,  noch  im  Kindesalter  starben.  Der  Knabe, 
welcher  schon  mit  der  Muttermilch  die  Neigung  zur  Fröm- 
migkeit eingesogen  hatte,  erhielt  durch  eine  vortreffliche  Er- 
ziehung die  Grundlage  für  jene  Frömmigkeit,  katholische  Innig- 
keit, Arbeitsliebe,  Treuherzigkeit  und  Biederkeit,  die  ihn  als 
Mann  auszeichneten. 

Derselbe  befand  sich  noch  in  den  unteren  Lateinschulen, 
als  sein  Vater  1 640  starb.  Dies  brachte  übrigens  keine  Aen- 
(lerung  in  den  begonnenen  Studiengang,  denn  höchst  wahr- 
scheinlich war  derselbe  damals  Sängerknabe  in  einem  der 
seiner  Heimat  nahegelegenen  Stifte,  oder  an  der  Domkirche 
zu  Linz.  Darauf  deutet  wenigstens  Lebaldt^s  musikalische  Kunst- 
fertigkeit hin,  die  sich  in  ihrer  höheren  Ausbildung  bereits 
frQhzeitig  kundgab. 

Nachdem  er  1645  die  Lateinschule  zu  Linz  absolvirt 
hatte,  begab  er  sich  zum  Studium  der  Philosophie  an  die 
Universität  zu  Graz,  wo  er  aber  erst  am  14.  Februar  1647 
in  die  Matrikel  eingetragen  wurde  ^).  Die  zu  diesen  Jahren 
in  Steiermark  und  in  Graz  herrschende  Pest  hatte  nämlich 
nicht  unbedeutende  Stöiningen  in  das  akademische  Leben  ge- 
bracht,  vom  September  1646  bis  Ende  Jänner  1647  waren 
sogar  die  Schulen  ganz  geschlossen  gewesen  und  auch  die 
nächste  Zeit  darauf  nur  jenen  Studenten  der  Besuch  der  Col- 
legien  gestattet  worden,  welche  von  ihren  eigenen  Mitteln 
lebten  und  innerhalb  der  Stadt  wohnten"^. 

Unter  diesen  war  auch  Lebaldt,  der,  sich  fernhaltend 
von  dem  übrigen  rohen  und  excessiven  Studententrosse,  den 
Stadien  mit  solchem  Eifer  oblag,  dass  er  dieselben  „cum  laude '^ 


'*)  Der  Name  ist  in  der  Universitäts  -  Matrikel  „Leboldt"  geschrieben. 
Ausser  Lebenwaldt  wurden  damals  nur  7  Physiker  und  25  Logiker 
inscribirt. 

*)  Siehe  dazu  meine  ^Geschichte  der  Pest  in  Steiermark ''^  L,  525,  und 
meine  „Geschichte  des  Gymnasiums  in  Graz''  im  Gymnas.  -  Jahres- 
berichte 1870,  S.  42. 

UittkeU.  des  bist.  Verains  f.  St«iennark,  JXYUI.  Heft,  1880.  4 


—     50     — 

absolvirte.  Uebrigens  hatte  ihm  das  Studium  der  Logik  wegen 
der  damals  üblichen  Quälerei  mit  unnützen  Spitzfindigkeiten 
und  Wortklaubereien  wenig  gefallen,  da  ihn  die  Neigung  zur 
Physik  und  Naturkunde,  als  den  Grundlagen  des  medicinischen 
Studiums,  zog,  dem  er  sich  zu  widmen  beschlossen  hatte. 

Auf  diesen  Entschluss  hatten  Benedictiner  aus  dem  Stifte 
St  Lambrecht  massgebenden  Einfluss  genommen  und  noch  1 680 
bekannte  sich  Lebaldt  öffentlich  diesem  Stifte  ,,als  dem  Ver- 
anlasser seiner  medicinischen  Studien^  dankbar  verpflichtet'). 

So  bezog  er  denn  im  Herbste  1647  die  damals  hoch- 
bertthmte  und  insbesondere  von  Medicinem  stark  besuchte 
Universität  zu  Padua  und  widmete  sich  dem  gewählten  Fache 
mit  solchem  Verständnisse,  Eifer  und  Erfolg,  dass  er  den 
Professoren  bald  besonders  lieb  und  werth  wurde. 

Aber  das  italienische  Klima  schlug  dem  an  kömige 
Alpenluft  Gewohnten  nicht  gut  an,  ebenso  wenig  dem  Er- 
krankten die  italienische  Heilmethode. 

Doch  ich  will  diesen  Vorfall  Lebaldt  selbst  erzählen  lassen, 
und  zwar  zunächst  deshalb,  um  eine  Probe  seiner  Darstellungs- 
weise zu  geben: 

„Mich  hat  in  Welschland  febris  continua  tertiana  ergriffen, 
welches  sich  bald  in  causonem  et  ardentem  veränderte.  Es 
visitirten  mich,  weil  ich  beliebt  war,  drei  Herren  Medici.  Das 
bevor  e  mangiar  puoco  wurde  alsbald  verordnet,  keine  Ader 
ist  eröffnet  worden.  Was  geschah  ?  Das  Blut  wurde  also  ver- 
brent,  dass  wegen  Dicke  die  Circulation  nicht  mehr  von  statten 
gehen  wollte.  Man  machte  das  Creutz  über  mich  und  ich 
wurde  auf  den  Weg  der  Ewigkeit  geleitet  Der  Durst  war 
sehr  gross,  vox  clangosa  et  ejulans,  der  Mund  ganz  ausgedörrt, 
die  Zunge  schwartzbraun,  aber  der  Verstand  that  sich  nicht 
verlieren.  Ich  schickte  um  den  Barbierer  und  Apotheker,  bittend, 
dass  jener  Blut  aus  der  Ader  lasse,  der  andere  mich  mit  gutem 
Julep  genügsamen  Trankes  erlabete.  Dictum,  factum !  Das  Blut 


"*)  Lebenwaldt's   „ Erstes  Tractatel  von  des  Teufels  List**  etc.  in  der 
Widmungsschrift. 


—     51     — 

war  schwartz,  dick  wie  Pech,  verbrent  und  nntüchtig  eine 
Circulation  oder  Lebens-Ümkreiss  zu  verrichten,  musste  mit 
dem  Finger  aus  der  Ader  gedruckt  werden.  Die  Cur  wurde 
den  Tag  etlichemal  wiederholet  und  gieng  also  glücklich  von 
statten,  dass  ich  anfienge  besser  zu  respiriren,  um  das  Hertz 
ganz  leicht  zu  werden.  Darauf  folgte  ein  Schweiss  und  nach 
und  nach  (Gott  sey  gedankt)  die  Gesundheit^  ^). 

Mit  dieser  ersten  glücklichen  Kur  nach  eigener  Ordi* 
nation  am  eigenen  Leibe  hatte  Lebaldt  seinen  ärztlichen  Beruf 
erprobt 

Die  Erprobung  seines  musikalischen  Talentes  fiel  ebenfalls 
noch  in  seine  Studentenzeit  zu  Padua,  indem  er  zur  Feier  des 
Westphälischen  Friedens  ^ein  gantzes  Musicalisches  Amt''  kom- 
ponirte,  das  grossen  Beifall  fand  und  von  der  steierischen  (?) 
Landschaft  mit  einem  Ehrengeschenk  von  100  Thalern  aus- 
gezeichnet wurde  *).  Nachdem  er  bereits  die  Magisterwürde 
der  Philosophie*®)  erlangt  hatte,  wurde  er  im  J.  1652  in 
der  Kathedralkirche  von  Padua  zum  Doctor  der  Medicin  unter 
Ertheilung  grosser  Privilegien  promovirt. 

Bald   darauf  begann  er  zu  Graz  *')  die  ärztliche  Praxis 


^  Lebenwaldt's  ^ItAnd-  Stadt-  und  Haass  -  Artzneibuch"  III.  Theil, 
VII.  Cap.,  8.  878. 

^)  Die  Sache  erzählt  die  „Memoria  Lebenwaldiana'',  jedoch  konnte 
beim  Nachsuchen  in  den  landschaftl.  AusgabebUchem  der  betrefTende 
Posten  nicht  anfgefunden  werden.  AIP  mein  Bemühen,  diese  Gompo- 
sition  irgendwo  aufzufinden,  war  firuchtlos. 

'^)  In  dem  Diplome,  durch  welches  dem  Job.  Sauer,  ddo.  Padua  am  8.  Aug. 
1651,  die  Promotion  zum  Doctor  der  Rechte  bezeugt  wird,  ist  Adam 
i^Lebald"  Magister  der  Philos.  und  medicinae  Cand.  als  Zeuge  zu 
finden.  (Gopie  im  steir.  Landesarchive.) 

'')  Da  in  der  .Chronik  Ton  Maria  Rast«*  (Manuscript:  „NotataRastensia'' 
etc.  abschriftlich  im  st.  Landesarchive  und  deutsch  bearbeitet  im 
Drucke  herausgegeben  von  Jos.  Carl  Hofrichter)  unter  dem  Jahre 
1653  Job.  Adam  Lebenwaldt  nobilis  graec.  (med.  Dr.  in  Leoben) 
als  Schtller  der  dort  gewesenen  Lehranstalt  verzeichnet  erscheint, 
80  muss  bemerkt  werden ,  dass  dies  nur  auf  einer  Verwechslung 
beruhen  kann,  indem  dieser,  damals  schon  diplomirter  Arzt,  nicht 
mehr  Schaler  sein  konnte  (und  es  auch  nie  war);  wohl  aber  ist  es 

4» 


—     52     — 

unter  Führung  des  dortigen  landschaftlichen  Arztes  Dr.  Hermann 
Wamhauser  und  erwarb  sich  in  kurzer  Zeit  einen  so  grossen 
Ruf^  dass  ihn  der  Abt  des  Stiftes  AdmontUrban  Textor  1655  zu 
seinem  Leib-Medicus  und  zum  Hausarzte  des  Stiftes  machte  '  % 
Wiewohl  er  aber  nach  seiner  Dienstverpffichtung  nicht 
bloss  die  ärztlichen  Visiten  zu  machen,  sondein  in  der  Apotheke 
auch  persönlich  darauf  zu  sehen  hatte,  dass  die  Medicamente 
genau  und  sorgfältig  und  jedesmal  aus  guten  Substanzen  frisch 
gemacht  wurden,  so  bot  doch  der  Stiftsdienst  dem  thätigen 
Manne  nicht  hinlänglich  Beschäftigung.  Er  bewarb  sich  deshalb 
bei  der  steierischen  Landschaft  um  die  Stelle  eines  Physikers 
für  das  Enns-  und  Paltenthal,  und  überkam  dieselbe  1656 
mit  einem  jährlichen  Gehalte  von  300  fl.  rhein.  Währung  '-). 


wahrscheinlich,  dass  er  1653  auf  der  BQckreise  von  Italien  den 
damals  berühmten  Wahlfahrtsort  Maria  Hast  besuchte  und  sich  als 
frommer  Katholik  in  den  coetus  Marianus  aufnehmen  Hess. 

1^  Dem  Concepte  zu  einem  Bestallungsbriefe  des  Dr.  Joh.  Joach. 
Anomaeo  in  Steyer  1618  (im  Admonter  Archive)  entnehme  ich  in 
£rmangelung  einer  näheren  Quelle  die  Verpflichtungen,  welche  dcoi 
Leibarzte  des  Prälaten  oblagen,  nämlich:  „so  oft  derselbe  des  Doctors 
begehren  würde,  sei  es,  dass  der  Prälat  inner  oder  ausser  des 
Landes  weile,  soll  er  jederzeit  gehorsam  und  willig  zu  erscheinen, 
demselben  nachzureisen  und  in  allen  zutragenden  Fällen  seinem 
besten  Verstand  nach  mit  getreuem  Rath  und  ersprieslicher  Hilf  bei- 
springen,  dermassen  dass  er  auch  alle  und  jede  verordnete  Recept  nit 
allein  in  die  Apotheke  verordne,  sondern  auch  sehe,  dass  sie  daselbst 
frisch,  treu  und  mit  allem  Fleiss  präparirt  werde."  Als  Stiftsarzt 
hat  er  jeden  Monat  wenigstens  einmal,  es  sei  jemand  krank  oder 
nicht,  im  Convente  zu  erscheinen  und  Nachschau  zu  halten,  „bei  den 
Patienten  (den  üeberfluss  hindangesetzt)  zur  Erholung  ihres  Gesundts 
die  rechte  Nothwendigkeit  schleunig  zu  verordnen".  Dafür  erhält  er 
„zur  treulichen  Vergeltung ,  Bezahlung  und  "Erstattung  seines  ange- 
wendeten Fleisses,  Mühe  und  Arbeit"  jährlich  100  Reichsthaler 
(einen  pr.  12  Schilling  gerechnet)  und  zwei  Startin  Wein,  „wie  Ihre 
Gnaden  ihm  Herrn  Doctor  nach  seinem  Wohl  verhalten  auch  etwas 
guten  Trunks  verordnen  werden^.  —  Lebenwaldt  dürfte  als  in  Admont 
sesshafter  Arzt  wohl  einen  höheren  Gehalt  und  nebst  freier  Wohnung 
und  Lebensmittel-Provisionen  bezogen  haben. 

**)  Lebenwaldt's  Gesuch  erliegt  im  steir.  Landesarchive.  Die  Erledigung 
steht  im  landschaftlichen  Registrat.  -  Protokolle. 


—     53     — 

Mit  welcher  Geschicklichkeit  und  mit  welchem  Glücke 
Lebaldt  seines  Berufes  gewaltet  haben  mag,  beweist  die  kai- 
serliche Auszeichnung,  welche  dem  thatsftchlich  noch  jungen 
Arzte  zu  Theil  wurde,  indem  er  in  Würdigung  „seiner  in  der 
heilsamen  Facultät  und  freyen  Kunst  der  Arzeney  habenden 
guten  experienz^'  und  in  Anerkennung  der  guten  Dienste,  die 
er  „durch  seine  wohlerfahrene  praxim  roedicam  bereits  in  das 
siebente  Jahr  bei  hoch  und  nieder ....  erzeigte,  am  30.  Ok- 
tober 1659  zu  7,der  Ehren  und  Würde  eines  kaiserlichen 
Pfalz-  und  Hofgrafen"  erhoben  und  ihm  das  Prädicat  „von 
und  zu  Lebenwaldt"  verliehen  wurde  '*). 

Dass  diese  Auszeichnung  eine  aussergewöhnliche  und  nur 
selten  verliehene  war,  ergibt  sich  aus  dem  Umstände,  dass 
sich  in  der  Zeit  von  1670  bis  1692  unter  den  deutschen 
Aerzten  und  Universitäts-Professoren  sammt  Lebenwaldt  nur 
acht  finden,  denen  dieselbe  zugekommen  war,  davon  nebst 
diesem  nur  zwei  Gestenreich  angehörten,  nämlich  der  berühmte 
Wiener  Professor  Dr.  med.  Wilhelm  Mannagetta  und  der  steie- 
rische Landschaftsphysiker  im  Viertel  Judenburg  Dr.  Job. 
Seb.  von  Zoltenstein  zum  Weyer  *^). 


'^)  Nach  dem  Concepte  des  kaiserl.  Diplomes,  welches  beim  Ministerium 
des  Innern  im  Adelsarchive  erliegt.  (Die  Mittheilung  verdanke  ich 
dem  Herrn  k.  k.  Staatsarchivs-Director  Hofirath  Ritter  von  Arneth.) 

'^)  Aus  dem  Verzeichnisse  der  Mitglieder  der  kais.  Akademie  der  Natur- 
forscher zu  Breslau  (1670—1692)  ermittelt.  —  Der  Gomes  palatinus 
war  ein  Kronbeamter  des  deutschen  Kaisers  mit  der  Vollmacht, 
gewisse  sonst  nur  dem  Kaiser  zustehende  Rechte  im  Namen  desselben 
in  reichsstandigen  Ländern  auszuüben,  er  besass  also  nicht  blos  eine 
Würde,  sondern  auch  ein  Amt  mit  gewissen  Taxeinkünften  für  die  Aus- 
übung desselben.  In  der  Gomitiva  minor,  die  eben  Dr.  Lebenwaldt  be- 
sass, gehörte  hiezu  das  Recht,  Wappenbriefe  zu  ertheilen,  die  Echtheit 
von  Abschriften  kaiserlicher  Documente  zu  bestätigen,  nur  nicht 
bei  Fürsten,  Grafen  und  Freiherren ;  ferner  Unmündige  zu  beschützen, 
unehelich  Geborene  von  dieser  Makel  zu  befreien  durch  die  Erklä- 
rung, dass  sie  ehelichen  Kindern  gleich  zu  achten  und  zu  allen 
Würden,  Aemtem  und  Zünften  zuzulassen  seien.  Die  Nichtbeachtung 
oder  Verwerfung  solcher  von  Pfalzgrafen  ausgefertigter  „Briefe"  war 
mit  einer   „Pön  von  30  Mark  löthigen  Goldes**  belegt,   wovon  die 


—     54     - 

Einige  Zeit  darnach  zwischen  1665  und  1677  (das  Jahr 
konnte  ich  nicht  ermitteln),  wurde  demselben  auch  eine  hohe 
Anerkennung  seiner  Frömmigkeit,  kirchlichen  Treue  und  Ver* 
trauenswürdigkeit  zu  Theil,  indem  er  von  dem  Papste  zum 
Notarius  apostolicus  publicus  ernannt  wurde. 

Im  Jahre  1671  löste  Lebenwaldt  sein  Dienstverhältniss 
zu  dem  Stifte  Admont,  das  ihn  als  „einen  sehr  erfahrenen 
hochverdienten  Arzt^  **)  mit  Bedauern  scheiden  sah. 

Nach  einigen  Andeutungen  in  seinen  eigenen  Schriften 
lässt  sich  vermuthen,  dass  ihm  die  Ausübung  seines  Berufes 
durch  die  zu  stark  angewachsene  Leibesfülle  zu  beschwerlich 
und  durch  seine  leichte  Empfänglichkeit  für  erblidie  Krank- 
heitsstoffe zu  gefährlich  geworden  war  '^). 

In  der  Vorrede  einer  seiner  poetischen  PubUcationen  *'') 
(1679)  berichtete  er  nämlich,  „drei  M,  die  anderen  ein  Vor- 
gebirge übler  Hoffnungen  geworden  wären,  seien  ihm  zum 
Heile  und  Hafen  in  seinen  Sorgen:  Musa,  Musica,  Mediana'^. 

,  Viele  Jahre  habe  er  die  Medidn  ausgeübt,  eine  gefährliche 


eine  Hälfte  der  kaiserlichen  Hofkammer,  die  andere  dem  betrefTenden 
Pfalzgrafen  zufallen  sollte. 

Als  Beweise,  dass  Lebenwaldt  als  Pfalzgraf  fungirte,  können 
noch  vorhandene  Actenstücke  dienen,  nämlich  aus  dem  Jahre  1665 
ein  Wappenbrief  für  Hans  Gallmann,  Hammerverwalter  in  Klamm 
und  Trieben,  aus  1677  eine  Befreiung  von  der  Makel  der  unehelichen 
Geburt  des  Handwerkers  Hans  Schwaiger ,  fius  1678  die  Legalisirung 
der  Abschrift  des  Adelsdiplomes  von  Lor.  Lauriga,  aus  1695  ein 
Wappenbrief  fUr  den  Verwalter  von  Badkersburg  Peter  Khoppitsch 
und  ebenfalls  aus  1695  die  Legalisirung  der  Abschrift  des  Adels- 
diplomes fOr  Mosser  Bitter  von  Mosshardt. 

1^  Nach  dem  vom  Admonter  P.  Urban  Ecker  angelegten  „EUenchus 
officialium*^  im  Stifte  Admont  mitgetheilt  durch  den  Stiftsarchivar 
Jacob  Wichner. 

*^)  In  der  damaligen  Zeitperiode  herrschten  sehr  oft  Petechial-Fieber  und 
da  Lebenwaldt  eines  ausnehmenden  Bufes  in  Behandlung  dieser  Krank- 
heit genoss,  so  wurde  er  hänfig  zu  Bathe  gezogen  und  bei  solcher 
Gelegenheit  selbst  „dreimal  per  Contagium  periculose  inficirt''. 
(Arzneibuch,  Seite  482.) 

<*)  „Monostichorum  extemporaneorum  Centuria^  etc. 


—     55     — 

4 

Praxis,  deren  Lohn  sei:  si  non  mors,  saltem  morbus;  indem 
nämlich  der  Kranke  nach  der  Heilung  dem^  Arzte  die  Hand 
reicht,  so  wird  er  nicht  selten  der  Todtengr&ber  desselben.'' 

„Damit  ihm  nicht  immer  die  Morbona  (Krankheit)  als  Gast 
auf  dem  Genicke  sitze/^  habe  er  sich  nun  statt  der  Arznei* 
pflegt  der  Pflege  der  Poesie  ergeben. 

Lebenwaldt  übersiedelte  von  Admont  in  die  benachbarte 
Stadt  Rottenmann,  wo  sein  Freund  Johann  Georg  Schlecht 
von  Schlechtenthall  als  kaiserlicher  Mauth  -  Obereinnehmer 
wohnte.  Dieses  Freundschaftsbündniss  war  so  innig  und  un- 
zertrennlich, wie  einst  jenes  von  Orestes  und  Pylades.  Als 
daher  Schlecht  1674  die  Stelle  eines  „Schaffers^^  im  Frauenstifte 
Göss  (bei  Leoben)  übernahm  und  dorthin  übersiedelt  war, 
verlies»  auch  Lebenwaldt  Rottenmann  und  nahm  auf  dem  Gute 
Stibichhof  bei  Trofaiach,  das  er  sich  angekauft  hatte,  seinen 
ständigen  Wohnsitz,  nur  um  wieder  in  der  Nähe  des  Freundes 
za  leben. 

Aus  jener  Zeitperiode,  wo  Lebenwaldt  im  frischen  Genüsse 
der  schönen  Natur  und  der  geschäftlichen  Unabhängigkeit  sich 
glücklich  fühlte,  stammt  seine  Parodie  des  Horazischen 
^atus  ille". 

„Felix,  qui  potent  privatam  ducere  vitam 
Aulica  Sit  reliquis,  rustica  vita  mihi^^ '"). 

In  dieser  Zeit  des  ländlichen  Stilllebens  und  des  traulichen 
Verkehres  mit  bewährten  Freunden,  von  welchen  auch  Johann 
Christof  von  Reichenau  in  .,Ehrenhaimb"  genannt  werden  soll, 
lächelte  ihm  nicht  nur  die  Muse  der  Dichtkunst  und  liess  ihn 
in  fröhlicher  Laune  die  harmlosen  Pfeile  seiner  Epigramme  in 
die  Welt  schleudern,  sondern  drückte  ihm  auch  der  tiefe  Ernst 
der  Gelehrsamkeit  und  Wissenschaft  die  schwere  Waffe  des 
Geistes  in  die  Hand,  um  auf  Grundlage  seiner  vieljährigen  Stu- 
dien und  Notaten  die  bei  Gelehrten  und  im  Volke  herrschenden 
Wahnideen  und  den  Aberglauben  seiner  Zeit  zu  bekämpfen. 

Rasch  auf  einander  folgten  im  Drucke  seine  acht  Traktate 


'*)  Monostich.  eztemp.  Gent,  secunda,  Nr.  56. 


—     56     — 

gegen  des  Teufels  List  und  Betrug  *%  die  seinen  Namen  auch 
in  weiteren  Kreisen  bekannt  machten,  ebenso  rasch  seine 
dichterischen  Publicationen,  die  aber  mit  Ausnahme  der  „Adagia 
selecta'^  ohne  Angabe  des  Druckortes  gedruckt,  nur  für  den 
engeren  Kreis  der  Freunde  bestimmt  waren. 

Aber  auch  seine  poetische  Begabung  sollte  nicht  ohne  Aner- 
kennung bleiben,  indem  ihm  die  Universität  Wien  die  Krönung 
mit  dem  Dichter-Lorbeer  zuerkannte,  demzufolge  er  vom  Kaiser 
Leopold  1 679  das  Diplom  als  Po^ta  laureatus  caesarius  erhielt  - '). 

In  demselben  Jahre  schlich  sich  der  unheimliche  Würgengel 
der  Pest  in  die  obersteierischen  Alpenthäler  ein.  Flüchtlinge  aus 
Wien,  wo  die  Seuche  furchtbar  wüthete,  hatten  dieselbe  an 
mehreren  Orten  eingeschleppt,  unter  denen  auch  solche  waren, 
die  im  ärztlichen  Sprengel  Lebenwaldt's  lagen,  ja  sogar  —  wie 
er  selbst  berichtet  —  „eine  Meile  Wegs  um  seine  Wohnung 
(Stibichhof)  wurden  gleich  ein  Markt  und  sieben  Dörfer  inficirt". 
Zu  Vordemberg  und  Trofaiach  grassirte  die  Pest  1 680  abermals. 

Nun  war  zwar  unser  Doctor  nicht  mehr  als  Pestarzt  ob- 
ligirt  *  %  nichts  destoweniger  entzog  er  sich  nicht,  wie  mancher 


^'^)  Die  voUständigen  Titel  siehe  vorne  im  Verzeichnisse  seiner  Publi- 
cationen. Ich  ftlge  hier  die  interessante  Notiz  bei,  dass  dessen  6.  Trac- 
tatel  Yon  des  Teufels  List  und  Betrug  in  der  Waffensalbe  von  der 
österr.  Regierung  verboten  wurde.  (Catalogus  librorum  a  commissione 
c.  r.  aulica  probibitorum.  Viennae  1776.) 

'^*)  Das  Diplom  ist  mit  der  Jahreszahl  1679  im  Inventar  der  Hinter- 
lassenschaft Lebenwaldt's  aufgezeichnet,  eine  andere  Quelle  zur 
Ermittlung  des  genaueren  Datums  war  nicht  aufzufinden. 

'•)  Nach  dem  Antrage  der  landschaftlichen  Verordneten,  ddo.  Graz 
22.  April  1680,  wurde  Dr.  Ghrysost.  Müllauer  zu  Judenburg  als  ordent- 
licher Physicus  für  Obersteier  (mit  300  fl.  Besold.)  und  Dr.  Ferd. 
Caccia  zu  Leoben  als  landschaftl.  Medicus  (mit  150  fl.)  bestellt;  dem 
„Dr.  Leobalt  aber  als  einen  um  viel  Landsmitglieder  meritirten 
alten  Medico  seine  Kraft  Landtagsbeschluss  confirmirten  jährl.  150  tl. 
ad  dies  vitae  —  da  sie  ihm  citra  ii^juriam  nit  benommen  werden 
können  —  in  Gnaden  verliehen <'.  (In  der  Höhe  der  Besoldung  hatten 
sich  die  Verordneten  geirrt  und  wurde  ihm  die  Gebühr  von  300  fl. 
über  Reclamation  1681  zugesprochen.)  Bei  der  Hochzeitsfeier  des 
Dr.  Caccia  1681  zu  Leoben  erschien  Lebenwaldt  als  Vertreter  der 
Landschaft  und  als  Ueberbringer  des  Hochzeitpräsentes  derselben. 


—     57     — 

andere  Arzt,  seinem  gefährlichen  Berufe,  harrte  nicht  nur  un- 
erschrocken aus,  sondern  half  mit  Bath  und  That  alle  diejenigen 
Vorkehrungen  und  Anstalten  treffen,  mit  denen  man  damals 
der  abscheulichen  Seuche  zu  begegnen  pflegte,  und  bewies 
sich  insbesondere  in  der  Fürsorge  für  die  armen  und  gemeinen 
Leute  ungemein  thätig. 

Dazumal  schrieb  er  auch  „etliche  Regeln  für  die  Gemein^ 
welche  (in  Pestzeiten)  nicht  köstliche  Mittel  zu  kaufen,  oder 
ein  grosses  Buch  aufzuschlagen  und  zu  lesen  nicht  Zeit  und 
Gelegenheit  haben^\  wobei  er  sich  zumeist  an  die  Salzburgische 
Infections-Ordnung  hielt  * '). 

Gleichzeitig  gab  er  eine  „Particular  -  Instruction  für  die 
Priester'^  heraus,  „wie  sie  sich  in  expositione  conserviren  und 
schützen  sollen"**). 

Kaum  war  die  schwere  Pestzeit  überstanden,  als  ein 
neuer  Schrecken  über  die  Steiermark  hereinbrach,  der  Tür- 
kenzug nach  Wien  im  J.  1683.  Ein  Flügel  des  türkischen 
Heeres  nahm  seinen  Weg  sengend  und  brennend  durch  den 
nordöstlichen  Theil  des  Landes.  Ganz  Obersteier  lebte  in 
steter  Angst  vor  dem  Einbrüche  der  Kriegsgreuel,  da  durch 
stets  sich  mehrende  Schaaren  von  Flüchtlingen  aus  Nieder- 
österreich und  Wien  allerlei  Schreckensgerüchte  mit  gewöhn- 
licher Uebertreibung  bis  in  die  abgelegendsten  Thäler  getragen 
wurden.  Lebenwaldt  lebte  damals  auf  seinem  Stibichhofe.  In 
einem  Schreiben  vom  24.  Juni  1683  »0  schildert  er  die  Ver- 
hältnisse: „Du  möchtest  gerne  wissen,  wie  es  bei  uns  zugeht? 
Die  Musen  schweigen,  Mars  blitzt,  Bellona  triumphirt!  Man 
schmiedet  Schwerter  aus  den  Sicheln.  Die  Spiesse  der  Türken 
träufeln  vom  Blute  der  Christen.  Der  Mond  steht  im  Hause 
der  Erhebung  (astrologische  Anspielung),  die  Sonne  Oesterreichs 
erleidet  eine  Finsterniss.  Nur  wenige  stehen  bei  uns  waflfen- 
gerüstet  da ,  die  meisten  befinden  sich  auf-  der  Flucht   Wir 


^^  Im  «Arzneibuch*"  Seite  338  zu  lesen. 
'*)  Ebendort  Seite  111. 

^^)  DaB  in  lateiniscber  Sprache  verfasste  Schreiben  ist  an  den  Präses 
der  Akademie  in  Breslau  Dr.  Lucas  Schröck  gerichtet. 


—     58     — 

haben  leider  keinen  Horatius,  keinen  Cui*tius,  keinen  Mucius 
Scävola.  Was  mich  betriift,  so  stecke  ich  hinter  den  Mauem 
meines  Schlosses,  täglich  in  Furcht  vor  Ueberfall,  Plünderung, 
Raub  nnd  Brand.  Leider  besitze  ich  nicht  den  Gleichmutb  eines 
Archimedes.  Was  ich  fürchte,  ist  zwar  nicht  der  Feind,  nicht 
der.  Tod,  aber  das  Joch  der  Tirannei." 

Der  gewaltige  Sieg  des  Christenheeres  vor  den  Mauem 
Wien's  hob  zwar  bald  darauf  jede  Angst  vor  einem  Türken- 
einfall, dafür  aber  brachte  noch  desselben  Sommers  ein  Volks- 
aufstand  inmitten  der  steierischen  Alpen  noch  grössere 
Schrecken.  Holzknechte  aus  der  Gegend  von  Landl,  Berg- 
knappen und  Schmelzhütten- Arbeiter  von  Eisenerz  erhoben  die 
Fahne  des  Aufruhrs,  rissen  einen  Theil  der  Vordemberger 
Eisenarbeiter,  ja  selbst  einige  Bauern  mit  sich  und  trieben 
sich,  bis  zu  800  Mann  angewachsen,  drohend  und  brandschatzend 
in  der  Gegend  herum,  überfielen  Trofeng,  plünderten  namentlich 
die  Güter  der  Jesuiten,  indem  sie  fast  ärger  als  die  Türken 
wütheten  "). 

„Sie  hätten  auch  mich  geplündert"  —  schrieb  Dr.  Leben- 
waldt  am  3.  September  1683  einem  Freunde  —  „wenn  nicht 
die  Wohlthaten,  die  ich  ihnen  als  Arzt  erwiesen  hatte,  die 
raublustigen  Hände  zurückgehalten  hätten**  *'')• 

Uebrigens  hatten  diese  Vorfälle  unserem  Lebenwaldt  denn 
doch  das  frühere  Behagen  „an  dem  lustigen  Mayrschaffts- 
Leben''  auf  unbeschützter  Halde  stark  geschmälert,  zumal  er 
sich  in  seiner  literarischen  Müsse  und  in  seinen  Studien  durch 
die  wenig  gesicherte  Lage  seines  Hauses  gestört  gesehen  hatte, 
namentlich  in  einer  chemischen  Untersuchung  des  Salpeters, 
über  dessen  medicinische  Wirkungen  er  schon  langjährige 
Studien  gemacht  hatte,  deren  Resultat  alsbald  veröffentlicht 
werden  sollte,  sobald  er  durch  Experimente  alles  selbst 
genugsam  erprobt  hätte. 


«•)  Nach  den  Aufzeichnungen  vom  J.  1683  im  Tagebuche  der  Frau 
Maria  Elisabeth  Stampferin  zu  Vordernberg  (Manuscript)  und  im 
RathsprotokoU  von  Eisenerz. 

«')  Schreiben  an  Dr.  Schröck. 


—     59     — 

Dorcb  den  Tttrkenrummel  wurde  die  Vollendung  dieser 
Arbeit  gehemmt  und  verschoben  und  wie  es  schon  zuweilen 
zu  gehen  pflegt,  nie  mehr  zu  Ende  gebracht  '^). 

1684  verkaufte  Lebenwaldt  den  Stibichhof  und  zog  nach 
der  Stadt  Leoben,  wo  er  sich  im  Mühlthal  ein  (zur  Stadtpfarre 
L«oben  dienstbares)  Haus  mit  einem  kleinen  Grundstücke  an- 
gekauft hatte  *  *).  Hier  lebte  er  als  Hagestolz  bis  zu  seinem  Tode 
in  Gesellschaft  mit  seiner  Nichte  Katharina  Lebaldt,  der  jüngsten 
Tochter  seines  Stiefbruders  Tobias,  welche  ihm  die  Hauswirth- 
schaft  führte. 

Der  Wohnungswechsel  brachte  übrigens  keine  Veränderung 
in  die  unermüdliche  literarische  Thätigkeit  unseres  Gelehrten, 
gewohnt,  keinen  Tag  ohne  Zeile  vorübergehen  zu  lassen,  mehrte 
er  fort  und  fort  seine  ausserordentliche  Menge  von  Auszügen 
aus  gelehrten  Werken  und  zeichnete  auch  jede  seiner  eigenen 
EHahrungen  in  der  medicinischen  Praxis  auf. 

Daher  war  er  auch  einer  der  eifrigsten  Mitarbeiter  der 
damals  hochaufstrebenden  kaiserlichen  Akademie  der  Natur- 
forscher zu  Breslau,  welche  ihn  am  7.  Februar  1683  als  Mit- 
glied mit  dem  Beinamen  Aeskulap  H.  aufgenommen  und  am 
9.  Jänner  1689  zum  Adjuncten  ernannt  hatte.  Jahr  für  Jahr 
lieferte  er  für  die  akademischen  Jahrbücher  („Miscellanea 
cnriosa")  in  die  Abtheilung  „Observationes*'  Aufsätze,  in  welchen 
entweder  interessante  medicinische  Fälle  und  Erfahrungen  oder 
klimatische  Vorkommnisse  und  naturhistorische  Nachrichten 
mitgetheilt  wurden  *').  Einzelnes  darunter  ist  namentlich  für 
die  Culturgeschichte  der  Steiermark  von  Bedeutung. 

Das  von  Lebenwaldt  gegebene  Beispiel  und  sein  Einfluss 
regte  auch  mehrere  seiner  Collegen  in  Steiermark  zu  literarischer 

*^)  Memoria  Lebenwaldiana. 

^*)  Nach  dem  Yeriassenschaft-Inventar.  Uebrigens  hatte  Lebenwald  1680 
vom  Stifte  Göss  das  „Gütl  Ehrnhaimb**  ob  Leoben  gekauft,  aber 
bereits  1681  wieder  an  Joh.  Christof  von  Reichenau  (kaiserl.  Kammer- 
gntbeförderer,  Radmeister  und  einer  des  inneren  Käthes)  in  Yordem- 
berg  Terkanft.  (Beide  Kaufbriefe  im  st.  Landesarchive.) 

^  Die  Ueberschriften  dieser  „Beobachtungen^  finden  sich  vorne  in 
dem  Verzeichnisse  von  Lebenwaldt's  Werken. 


—     60     — 

Tbätigkeit  an,  so  finden  wir  denn  als  Mitglieder  der  Akademie 
aufgenommen  1685  den  landschaftlichen  Physiker  zu  Marburg 
Dr.  Johann  ßened.  GrOndtl,  1 690  Dr.  Mart.  Maxm.  Pruggroair 
1693  Dr.  Friedr.  Khem  junior  und  1697  Dr.  Johann  B. 
von  Wenkh,  alle  drei  practische  Aerzte  zu  Graz. 

Wie  schon  oben  angedeutet,  hatte  Lebenwaldt  eine  sehr 
empfiingliche  Natur  für  ansteckende  Krankheiten,  so  geschah 
es  denn,  dass  er  drei  Jahre  hintereinander  derlei  Uebel  erbte. 
Wiewohl  nämlich  bereits  1680  ein  eigener  Landschaftearzt 
(Dr.  Ferd.  Caccia)  für  das  Ennsthal  bestellt  war,  der  zu  Leoben 
seinen  Sitz  hatte  und  Lebenwaldt  gewissennassen  im  Buhestand 
lebte,  so  fehlte  es  demselben  bei  dem  hohen  Vertrauen,  das 
er  allgemein  genoss,  nicht  an  Patienten,  die  seinen  Rath  suchten. 
Bei  solcher  Gelegenheit  überkam  er  durch  den  Athem  eines 
kranken  Offiziers  1 685  ein  böses  Fieber,  das  unter  den  kaiser- 
lichen Hilfstruppen  grassirte,  die  in  Obersteier  ihre  Winterquar- 
tiere hatten;  1687  erbte  er  das  zu  Leoben  grassirende  Fieber 
und  1688  die  epidemische  Dysenterie.  Aus  dieser  Zeit  stammt 
das  in  seinem  stets  ungetrübten  Humor  hingeworfene  Bon  mot : 
„Saepe  aegri  medicos  non  munere,  fimere  donant,^^  zu  deutsch : 

Nicht  selten  wirft  ein  Kranker  zum  Honorar 
Den  lieben  Doctor  auf  die  Todtenbahr.  •  *) 


3')  Lebenwaldt  berichtete  darüber  in  den  „Observationes^.  In  seinem 
M Arzneibuch''  erzählt  er  in  der  Abhandlung  „von  denen  PetechiaJi- 
schen  Fiebern  und  ungarischen  Krankheiten"  (IV.  Theil,  11.  Cap., 
Seite  462),  dass  mehr  als  30  Aerzte  seiner  Bekanntschaft,  darunt(>r 
5  in  Steiermark  (die  Doctoren  Latomus,  Linus,  Montanas,  Brand 
und  Morell)  sich  durch  die  Ansteckung  bei  solchen  Fieberkranken 
den  Tod  holten.  Von  sich  selbst  berichtet  er,  „die  Wahrheit  (doch 
ohne  eitlen  Ruhm)  zu  sagen,  habe  ich  in  42jähriger  Praxi  medica 
viel  hundert  mit  dieser  Krankheit  behaffte  in  meiner  Cur  gehabt, 
ja  wann  es  Morbus  epidemicus  war,  oft  in  einem  Hauss  12  und 
mehr  Personen  ohne  absonderliche  Scheu  die  Pulss  gegriffen,  den 
Mund  und  Zungen  examinirt,  selbst  Medicamenta  exhibirt,  excre- 
menta  alvi  et  urinae  besichtigt,  dcrowegen  ich  dreymal  per  Contaginm 
periculose  bin  inficirt  worden,  doch  mit  der  Holff  Gottes  und  Gebrauch 
der  Artzney  wieder  restituirt  worden  relicta  tamcn  morbosa  dispo- 
sitione." 


—     61     — 

Ungeachtet  dieser  krankhaften  Affectionen  und  des  zu- 
nehmende Alters  finden  wir  Lebenwaldt  nicht  nur  literarisch 
thätig,  sondem  auch  von  poetischem  Geiste  angeregt.  Seine 
gemüthliche  Freude  an  der  Natur  lässt  ihn  noch  1690  die 
Lyra  wieder  zur  Hand  nehmen. 

Ein  ,,poeti8cher  Fruelings  Spatziergang  mit  Alexandri- 
nischen  Versen  entworflfen^^  zeugt  ebenso  von  seinem  Fortschritte 
im  deutschen  Rhythmus,  als  von  seiner  stets  gleichen,  feinen 
Auffassung  der  Natur  und  von  seinem  Witze. 

Insbesondere  interessant  und  schon  nach  wenigen  Jahren 
als  eine  bibliographische  Seltenheit  gesucht  ist  die  von  Leben- 
waldt 1693  verfasste  „Damographia  oder  Gemsen-Beschreibung^', 
worin  er  nicht  nur  mit  der  gewohnten  Gründlichkeit  alles  ab- 
handelt, was  in  naturhistorischer  und  sagenhafter  Beziehung 
hieher  gehört,  sondern  auch  von  der  wunderbaren  von  ihm 
selbst  erprobten  Heilkraft  der  Gemskugel  höchst  merkwürdige 
Dinge  erzählt. 

Im  Jahre  1695  erschien  endlich  das  Hauptwerk  seines 
Lebens  zu  Nürnberg  im  Drucke,  sein  „Land-  Stadt-  und 
Hauss-Artzney-Buch"  -*). 

Dieses  umfangreiche  Buch  enthält  alles,  was  überhaupt 
über  Pest  und  pestartige  Krankheiten  gesagt  werden  konnte 
in  solcher  Hülle  und  Fülle,  dass  demselben  kein  anderes 
gleichgestellt  werden  kann.  Der  Gegenstand  wird  nach  allen 
Seiten  hin  behandelt  und  beleuchtet  und  enthält  einen  wahren 
Schatz  von  auch  culturhistorisch  wichtigen  Daten,  die  sonst 
in  hundert  Werken  zerstreut  gesucht  werden  müssten.    Im 


"^  Siehe  den  vollen  Titel,  der  fast  ein  Inhalts vorzeichniss  ist,  vorne.  — 
Der  damaligen  Gepflogenheit  gemäss  offerirte  der  Verfasser  Exem- 
plare seines  Werkes  dem  Kaiser,  der  Landschaft,  den  Prälaten  und 
hohen  Adeligen,  die  auch  nicht  ermangelten,  mit  einem  stattlichen 
£hren8old  die  Gabe  zu  erwiedem.  Der  Stadt  Lcoben  schickte  es 
Lebenwaldt  1G06  zu  einem  Neujahrspräsent  und  der  Magistrat 
beschloss,  „da  es  ein  treffliches  Werk  und  ein  wohlausgearbeiteter 
Tractat  sei,  neben  höflichem  Danke  ihm  von  gemeiner  Stadt  aus 
24  Species-Keichsthaler  durch  den  Herrn  Bürgermeister  zu  präsen- 
tiren''.  (Leoben,  Rathsprotokoll.) 


—     62     — 

eigentlich  medicinisch^descriptivem  Theile  scheint  die  Masse 
der  angeführten  ärztlichen  Ansichten  aller  Zeiten  über  ein  und 
die  andere  Krankheits-Erscheinung  nnd  Heilart  geradezu  er- 
drückend und  die  Auffassung  l&hmend,  so  dass  es  einer  ernsten 
Sammlung  und  einiger  Muhe  bedarf,  um  sich  den  Gegenstand 
zurecht  zu  legen.  Diese  Ueberfblle  in  der  Darstellung,  scheint 
es,  war  auch  die  Ursache,  dass  das  Werk  von  vielbeschäftigten 
niedicinischen  Practikem  melir  gemieden,  als  gesucht  wurde, 
daher  man  es  auch  in  bezüghchen  Abhandlungen  selten 
citirt  findet 

Da  Kaiser  Leopold  I.  die  Widmung  angenommen  hatte, 
so  konnte  es  auch  unter  dem  Schutze  des  kaiserlichen  Adlers 
im  Drucke  erscheinen  und  Lebenwaldt  sprach  deshalb  die 
Hoffnung  aus,  „dass  es  von  der  Zoilorum  -  Gesellschaft  und 
Theoninischen  Zünfften  (schmähsüchtigen  Kritikern)  unan- 
gefochten bleiben  werde''.  Es  war  nämlich  ein  charakteri- 
stischer Zug  der  Gelehrtenwelt  jener  Zeit,  dass  es  eine 
besondere  Classe  von  neidigen  und  schneidigen  Recensenten 
gab,  die  es  sich  zum  Geschäfte  machte,  jede  neue  literarische 
Erscheinung  auf  das  Heftigste  anzugreifen,  herunterzureissen 
und  so  um  alle  Ehre  zu  bringen.  Jeder  Schriftsteller  hatte 
grosses  Bangen  vor  solchen  literarischen  Folterknechten  und 
suchte  sich  auf  diesem  oder  einem  anderen  Wege  sicher  zu 
stellen. 

Eben  deshalb  trug  der  Verfasser  Sorge,  dass  sein  neues 
Werk  von  bekannten  und  berühmten  Gelehrten  empfohlen 
werde.  Das  Titelblatt  und  ein  Summarium  wurde  denselben 
zu  diesem  Zwecke  zugesendet  und  die  hierüber  erfolgten 
„Aggratulationes"  gedruckt  und  dem  Werke  vorangestellt 
Da  alle  Gelehrten  jener  Zeit  im  Verfertigen  lateinischer  Ge- 
dichte mehr  oder  minder  gewandt  waren,  geschahen  diese 
Beglückwünschungen  zumeist  in  poetischer  Form  mit  über- 
schwänglichen  Phrasen  und  bei  dem  gedachten  Werke  mehr- 
seitig mit  der  so  bequem  gelegenen  Anspielung  auf  des 
Verfassers  Namen  (Lebenwald,  Löwenwald)  und  auf  den 
akademischen  Beinamen  Aeskulap. 


—     63     — 

Als  Gratulanten  sind  zu  nennen  Dr.  Luk.  Schröck, 
Physiker  zu  Augsburg,  Dr.  Job.  Paul  Wurflfbain,  Pbys.  zu 
Nürnberg,  der  erstere  Präsident,  der  letztere  Director  der 
Leopoldiniscben  Akademie;  Dr.  Job.  Friedr.  Khern,  senior, 
Dr.  Job.  B.  Wagner,  Dr.  Job.  Micb.  Charis,  Dr.  Job.  Jak. 
Antonelli  de  Gonzales,  Dr.  Job.  Friedr.  Kbern,  junior,  sämmtlicb 
Aerzte  in  Graz,  Dr.  Job.  Georg  Sixtus,  Arzt  zu  Hartberg  und 
Dr.  Job.  Ben.  Gründtl,  Arzt  zu  Marburg,  welcbe  zwei  letzteren 
ihre  Gratulation  in  deutseben  Versen  darbracbten. 

Der  Genuss  der  Freude  am  Gelingen  seines  Werkes 
mrAe  unserem  Lebenwaldt  jedocb  durch  schweres  Leiden  am 
Podagra  vergällt.  Einst  batte  er  derlei  Patienten  mit  dem 
bissigen  Epigramm  verspottet: 

„Ira,  Venus,  vinum,  quodsi  sint  causa  Podagrae, 
Cur  plures  non  sunt  filioli  Podagrae"?") 

Dan  litt  er  selbst  unter  der  Tiranuei  dieser  Krankheit,  was 
ihn  jedoch  nicht  binderte,  sondern  vielmehr  anfeuerte,  dieselbe 
zum  Gegenstande  seiner  Studien  zu  machen,  vielleicht  gelänge 
es  denn  doch  noch  zu  rufen : 

vlnventa  est  tandem  curans  medicina  Podagram."  '*) 

In  dem  letzten  Jahre  seines  Lebens  wandte  ihm  das 
Glück,  das  ihn  bisher  fast  unwandelbar  begleitet  batte,  den 
Rücken.  Ein  schwerer  Kummer  (welcher  Art  Hess  sich  nicht 
ermitteln)  bedrückte  ihn,  der  früher  so  humorreiche  Mann 
versank  in  Melancholie,  die  körperlichen  Kräfte  nahmen  rasch 
ab,  das  Blut  gerieth  in  Zersetzung  und  die  Wassersucht  machte 
seinem  edlen  Leben  ein  Ende.  Er  starb  mit  den  Tröstungen 
der  heil.  Religion  versehen  in  seinem  Hause  zu  Leoben  am 
20.  Juni  1696  im  72.  Jahre  seines  Alters,  der  letzte  seines 
Stammes  und  Wappens,  wie  er  der  erste  desselben  gewesen  war. 

Die  irdische  Hülle  wurde  am  23.  Juni  in  der  St.  Floriani- 
Kirche  der  Dominicaner  zu  Leoben  begraben  *^).  Ein  Grabstein 


'*)  Monosticha  extemporanea. 

**)  Observatio  Nr.  115  in  „Miscellanea  curiosa«.  (Decuria  III.  ann.  IL) 

-^)  Nach  dem  Todtenbuche  der  Lcobner  Stadtpfarre. 


—     64     — 

und  Epitaphium  ist  heutzutage  nicht  mehr  aufzufinden,  indem 
die  Kirche  nach  Aufhebung  des  Klosters  im  J.  1811  ver 
schiedene  profane  Verwendung  erhielt  und  später  baulich 
verändert  wurde.  Gegenwärtig  befindet  sich  in  dem  Gebäude 
das  k.  k.  Kreisgericht. 

Seine  Hinterlassenschaft  war  die  eines  Gelehiten,  sie 
bestand  zum  grössten  Theile  aus  Büchern.  Er  hatte  sich 
darüber  vor  Jahren  schon  oft  lustig  gemacht  und  dies  ios- 
besondere  im  „Testamentum   cujusdam  Doctoris^^  angedeutet: 

Emptis  Codicibus  vacuata  est  bursa,  quid  inde? 
Post  mortem  poterunt  liberi  habere  libros. 

Aber  das  hatte  sich  Lebenwaldt  gewiss  nicht  gedacht 
dass  seine  von  ihm  selbst  auf  2000  fl.  bewerthete  Bibliothek 
bei  der  Veräusserung  der  Verlassenschaft  in  der  Stadt  Leoben 
„keinen  Anwerth"  fand. 

Da  er  keine  Kinder  hatte,  sollte  nach  seinem  letzten 
Willen  Habe  und  Gut  auf  seine  drei  Nichten  übergehen ;  allein 
nach  Auszahlung  einiger  frommen  und  humanitären  Legate  blieb 
nur  ein  unbedeutender  Betrag  für  die  Haapterben  übrig  **), 

Zum  Schlüsse  dieser  biographischen  Skizze  dürfte  es  — 
schon  der  Kupferstich-,  Portrait-  und  Wappen-Sammler  wegen 
—  nicht  unpassend  sein,  einiges  über  die  äussere  Persönlichkeit 
Lebenwaldt's  und  was  dazu  gehört,  beizubringen. 

Ein,  wie  es  scheint,  wohlgetroflFenes  Conterfei  desselben  im 
Brustbilde  sammt  dem  Adelswappenschilde  von  Philipp  Kilian 


'**)  Lebenwaldt*8  sämmtliches  Vermögen  nach  der  Schätzung  im  Haupt- 
inventar hetrug  ohne  Bücher  und  Haus  3318  fl.  Das  Haus  von 
Lebenwaldt  selbst  auf  1000  fl.  bewerthet,  wurde  an  den  Leobn«r 
Bürger  und  Lebzclter  Johann  Selzsamb  um  634  fl.  verkauft.  Das 
Summarium  der  besonderen  Legate  und  Schulden  bezifferte  sich  auf 
2726  fl  ;  somit  blieb  selbst  nach  dem  Verkaufe  des  Hauses  und  der 
Bücher  nur  ein  geringer  Betrag  für  die  Erbinen.  Diese  fanden  den 
Vorgang  auch  nicht  recht  geheuer,  klagten  über  den  Testaments- 
executor (J.  G.  Schlecht),  wollten  wissen,  wohin  „das  schöne  Geld 
und  die  Kleinodien"  gekommen  seien  und  beanständeten,  dass  die 
Bibliothek  nicht  ordentlich  inventirt  worden  sei. 


—     65     — 

in  Kupfer  gestochen,  findet  sich  dem  oben  citirten  „Arznei- 
buche" vorgebunden*').  Die  Proportionen  des  Bildes,  das 
jedenfalls  zu  einer  späteren  Lebensperiode  aufgenommen  wurde, 
berechtigen  zur  Annahme,  dass  Lebenwaldt  eine  stattliche 
Person  von  mittlerer  Grösse  und  gedrungenem  untersetztem 
Körperbaue,  so  wie  von  nicht  geringer  Beleibtheit  gewesen  sei, 
in  der  That  ein  Mann  von  Gewicht,  da  er  nach  seiner  eigenen 
Angabe  über  zwei  Centner  wog.  Er  ist  in  der  Amtstracht, 
seidenem  Talar  und  pelzverbrämtem  Doctormantel  dargestellt, 
eine  schwere  Goldkette  mit  einem  Ehrenpfenning  zieht  sich 
von  der  linken  Achsel  unter  dem  rechten  Arm  hindurch.  Eine 
mächtige  Allonge-Perücke  umwallt  die  ernste  Stime  und  das 
ganze  kräftige  Haupt.  Das  breite  Antlitz  ist  glatt  rasirt  bis 
auf  einen  äusserst  schmalen,  kurzgeschnittenen,  kaum  merk- 
baren Schnurbartstreifen,  welcher  quer  die  Mitte  der  Lippe 
theilt.  Nase  und  Mund  mit  starker  Unterlippe  weisen  sich 
zwar  derb  geschnitten,  aber  in  wohlproportionirten  Formen. 
I)as  gerundete  nicht  besonders  breite  Kinn  schmückt  ein 
ziemliches  Grübchen,  das  volle  und  starke  Unterkinn  zeigt 
keine  Schlappheit,  sondern  ruht  stattlich  auf  der  weissen 
Halsbinde,  die  in  auf  die  Brust  fallenden  Schleifen  von  feinstem 
Spitzengewebe  endet.  Die  grossen  Augen  mit  lichtfärbiger  Iris 
treten  um  so  stärker  hervor,  da  sie  nur  von  schwachen  blonden 
Brauen  umzogen  sind.  Ungeachtet  ihres  freundlichen  Aus- 
druckes spricht  aus  der  ganzen  Physiognomie  die  milde, 
leidenschaftslose  Gravität  eines  selbstbewussten  entschiedenen 
Charakters. 

So  entsprach  die  äussere  Hülle  ganz  sicher  der  edlen 
Seele  und  dem  sittigeu  Wesen,  wodurch  Lebenwaldt  aus- 
gezeichnet war.  Eine  seiner  Herzenseigenschaften  wurde  schon 


'")  Das  Wappen  enthält  einen  aufrecht  links  schreitenden  Löwen,  der 
einen  entwurzelten  Baum  in  den  vorderen  Tatzen  trägt.  Der  kunst- 
fertige Kupferstecher  Phil.  Kilian  war  auch  bei  dem  Stiche  des 
steirischen  Schlftsserbuches  von  Vischer  betheiligt  gewesen.  (Siehe 
J.V.Zahn,  „J.  M.  Vischer**  etc.  in  den  Mitth.  d.  bist.  V.  f.  Stm.) 

MlitkeU.  dM  hUi.  Vereins  f.  Steiermark,  XXVm.  Heft,  1880.  5 


—     66     — 

früher  angedeutet,  sein  religiöser  Sinn  und  die  strenge 
kirchliche  Gläubigkeit.  Er  bekannte  den  katholischen  Glauben 
jederzeit  mit  Wort  und  That,  ebenso  in  kirchlicher  Andacht. 
wie  in  seinen  Schriften,  in  denen  er  bei  jeder  Gelegenheit  Gott 
die  Ehre  gab,  die  dargelegten  Ansichten  aber  jedesmal  der 
kirchlichen  Censur  unterwarf.  Charakteristisch  ist,  dass  er  1693, 
wo  der  Druck  seines  grossen  Werkes  begann,  mit  dem  Betrage 
von  100  fl.  ein  ewiges  Licht  vor  dem  Altar  der  h.  Katharina, 
der  Patronin  der  Gelehrten  (in  der  Stadtpfarrkirche  von  Leobon) 
stiftete,  das  an  Sonnabenden  und  Sonntagen  brennen  sollte  '^'). 

Von  semer  unwandelbaren  Freundestreue  war  schon  die 
Rede  und  wie  es  scheint,  war  es  gerade  seine  Vertrauens- 
seligkeit und  Biederkeit,  welche  dem  Freundschaftsbunde  mit 
Schlechtenthal  die  Dauer  bis  zum  Tode  lieh.  Die  Liebe  zu 
den  Verwandten,  Vettern  und  Muhmen  und  Pathenkindem. 
die  Gutherzigkeit  für  arme  Leute  bewährte  sich  noch  zuletzt 
in  seinen  testamentarischen  Verfügungen.  Wer  ihm  Wohl- 
wollen und  Neigung  gezeigt  hatte,  dem  blieb  er  stets  dankbar 
und  bezeugte  ihm  dafür  öffentlich  Achtung  und  Anhänglichkeit 
so  den  Aebten  und  Prioren  von  St.  Lambrecht;  Admont,  dem 
Probsten  von  Spital  am  Pihm,  dem  Dechante  von  Brück  a.  d  M., 
dem  Dr.  Samuel  Eisenschmidt,  dem  Vordemberger  Badgewerken 
Joh.  Christoph  v.  Reichenau,  dem  Job.  Josef  Stampfer  von 
Walchenberg  und  dessen  Schwester  Constantia,  dem  Reichs- 
grafen Carl  Brenner  und  dessen  Gattin  Maria,  geb.  Gräfin 
Dietrichstein,  denen  allen  er  sein  treues  Herz  durch  Widmung 
des  einen  oder  des  anderen  seiner  Werke  bewies. 

Dass  er  trotz  seines  Arbeitsfleisses ,  mit  dem  er  den 
Wahlspruch  der  Breslauer  Akademie  „nunquam  otiosus''  ins 
Leben  setzte,  doch  nicht  zum  grämlichen  Gelehrten  wurde, 
dass  er  heiteren  Verkehr  über  Tisch  bei  einem  Glase  Weine, 
einen  fröhlichen  Sang,  eine  humoristische  Anschauung  und 
ein  scherzhaftes  Wort  liebte,  verräth  manches  seiner  Sinn- 
gedichte, gilt  doch  ihm  selbst  die  Anspielung: 


'^)  Uauptinventar  der  Verlassenschaft  Lebenwaldt's. 


—     67     — 

Musicus  et  vates  numquid  par  nobile  fratrum! 
Cantat  uterque  lubens,  potat  uterque  libens. 

Bei  allem  Ehrgeize,  der  ihn  die  äusseren  Auszeichnungen 
anstreben  hiess,  die  ihm  wurden,  und  die  ihm  ungesucht 
sicherlich  nicht  zugekommen  wären,  zierte  ihn  doch  die  echte 
Bescheidenheit  in  dem  Masse,  dass  er  von  sich  bekannte: 

Triginta  et  plures  studui  didicique  per  annos, 
Et  tandem  didid,  me  didicisse  nihil. 

Vor  allem  liebte  er  ein  unabhängiges  Leben  und  wie  er 
sieh  nicht  heVbeiliess,  eine  Anstellung  bei  Hof  anzunehmen, 
so  wollte  er  sich  auch  nicht  in  das  Joch  der  Ehe  bequemen, 
wie  er  eben  in  Beziehung  auf  sich  selbst  sagte: 

Ter  trinis  nupsi  Musis,  decimamque  recuso, 
Ne  mihi  tunc  dandae  forte  forent  decimae. 

Noch  deutlicher  spricht  sich  dieses  aus,  indem  er  einen 
Bräutigam  belehit: 

Ducentem  uxorem  mala  vel  bona  vincit  illum; 
Lux  erit  haec  Domini,  crux  erit  illa  domini.  ^") 

Dr.  Lebenwaldt  als  Arzt  und  gelehrter  Schriftsteller. 

Um  die  äussere  Stellung  eines  Arztes  im  1 7.  Jahrhunderte 
im  allgemeinen  und  in  der  Steiermark  insbesondere,  richtig 
zu  erfassen,  wird  es  nothwendig  sein,  einige  allgemeine  Be- 
merkungen vorauszuschicken.  Der  Arzt  dieser  Zeitperiode 
unterscheidet  sich  doch  zu  wesentlich  von  dem  der  Gegenwart 

Zunächst  ist  bemerkenswerth,  dass  derselbe  sich  durch 
eine  besondere  Tracht  TOn  anderen  Menschenkindern  abheben 
konnte.  Welcher  Art  diese  war,  kann  aus  der  Beschreibung 
ersehen  werden,  welche  oben  von  Lebenwaldt's  Conterfei 
gegeben  wurde.  Uebrigens  war  aber  auch  in  der  „Kleider- 
ordnung" dafür  vorgesehen,  dass  in  Beziehung  auf  Stoffe  und 
Schmuck  die  Standesgemässheit  nicht  überschritten  werde. 


'•)  Alle  vier  cit.  Epigramme  aus  den  „Monast.  extemp." 

5* 


—     68     — 

Der  „Bucharzt",  d.  i.  der  studierte  und  von  einer  Facultät 
promovirte  und  diplomirte  Doctor  der  Medicin,  der  sich  au 
irgend  einem  Orte  ansässig  machte,  wurde  hiedurch  zwar  im 
allgemeinen  verpflichtet,  seine  Hilfe  Jedem  ohne  Unterschied 
des  Standes  angedeihen  zu  lassen,  allein  in  der  That  war  er 
doch  nur  für  die  höheren  Stände  und  vermöglichen  Bürger 
da.  Den  gemeinen  Leuten  beizustehen,  würde  seine  physische 
Zeit  kaum  hingereicht  haben,  wenn  diese  seine  Hilfe  überhaupt 
in  Anspruch  hätten  nehmen  wollen,  was  übrigens  für  gewöhnUch 
durchaus  nicht  der  Fall  war. 

Die  Anzahl  der  practicirenden  Doctoren  stahd  nämlich  in 
sehr  ungenügendem  Verhältnisse  zur  Menge  der  Bevölkerunfr, 
zumal  auf  dem  Lande»  In  Steiermark  gab  es  in  der  besten 
Zeit  deren  kaum  mehr  als  16  bis  20.  Diese  Zahl  wäre  noch 
geringer  gewesen,  wenn  nicht  die  Landschaft  (schon  seit  Mitte 
des  16.  Jahrhundertes)  um  die  Existenz  der  Aerzte  sicher  zu 
stellen,  aus  ihren  Mitteln  für  jedes  Landesviertel  einen  Arzt 
mit  fixer  Besoldung  bestellt  hätte,  dem  hiedurch  die  Ver- 
pflichtung oblag,  zunächist  dem  landschaftlichen  Adel  seines 
Viertels  jederzeit  zu  Diensten  zu  stehen,  ohne  denselben  mit 
der  Anforderung  eines  zu  hohen  Honorars  beschwerlich  zu 
fallen  *")• 


*")  Nach  der  im  17.  Jahrh.  geltenden  „Policey-Ordnung'*  Ferdinand's  11. 
(Art.  19.)  konnte  der  Doctor  der  Medicin  fftr  einen  Krankenbesuch 
in  der  Stadt  bei  Bürgern  30  kr.  rechnen,  bei  Adeligen  mehr.  Bei 
Besuchen  über  Land  konnte  er  bei  freier  Fahrt  und  Zehrung  hin 
und  zurück  für  jeden  Tag  2  fl.  fordern.  In  den  landschaftlichen 
Bestallungen  war  bedungen,  ftlr  einen  Besuch  in  der  Stadt  bei  ver- 
möglichen  15.  bei  gemeinen  Leuten  71.  kr.  zu  rechnen.  Bei  Fahrt*'ii 
zu  Kranken  am  Lande  war  die  Taxe  pr.  Meile  hin  nnd  zurück  mit 
30  kr.  nebst  freier  Zehrung  und  für  den  Aufenthalt  pr.  Tag  eben- 
falls mit  80  kr.  bestimmt. 

Die  Verpflichtungen,  welche  ein  landschaftlicher  Physiker  üIht- 
nehmen  mnsste,  kann  man  aus  dem  Bestallungsbriefe  des  Dr.  IjcIkii- 
waldt  entnehmen,  in  welchem  es  nach  dem  überhaupt  üblichen 
Formulare  heisst:  „Er,  Doctor,  solle  allen  Herren  und  Landleuten, 
deWiselben  Verwandten  und  Dienern  und  den  Ihrigen  auf  Elrforderun« 
in   ihren  Krankheiten   mit  Arznei   und  seiner  Kunst  gehorsam  und 


—     69     — 

In  der  Hauptstadt  Graz  stellte  sich  das  Verhältniss 
besser,  indem  daselbst  nicht  nur  zumeist  5  bis  6  von  der 
Landschaft  besoldete  Aerzte  practiclrten,  sondern  auch  andere, 
häufig  in  der  Absicht,  um  hier  abzuwarten  bis  etwa  die  be- 
soldete Stelle  eines  Landschaft-Physiker  frei  wurde  (so  z.  B. 
1628  Dr.  Hermann  Wamhauser).  Vertragsmässig  für  einen 
gewissen  Bezirk  bestimmte  und  besoldete  Aerzte  hiessen 
nämlich  Physiker,  andere  und  zumeist  nur  zeitweilig  besoldete 
Aerzte  bezeichnete  man  als  Medici. 

Es  mögen  hier  beispielsweise  die  landschaftlichen  Aerzte 
vom  J.  1681  sammt  ihren  Jahresbesoldungen  aufgeführt  werden, 
nämlich  in  Graz  1.  Samuel  Eisenschmidt  (650  fl.  Besold.), 
2.  Friedr.  Khem  (500  fl.),  3.  Job.  Plochinger  (500  fl.),  4.  Ant. 
Kevilaqua  (500  fl.),  5.  Ferd.  Anton  Voglmayr  (300  fl.);  für  das 
Viertel  Vorau  mit  dem  Sitze  in  Hartberg  Ant.  Mison  (500  fl.) ; 
für  das  Viertel  Judenburg  Joh.  Chrysost  Millauer  (300  fl.); 
für  das  Viertel  Ennsthal  mit  dem  Sitze  zu  Admont  Joh.  Most 
1300  fl.);  für  Leoben  Ferd.  Caccia  (150  fl.)  und  Adam  v.  Leben- 
waldt  (300  fl.);  für  da^ Viertel  Marburg  Christof  Prettermann 
'300  fl.);    für  Radkersburg  Joh.  Kasp.  Zollner  (300  fl.);   für 


gewärtig,  auch  den  Armen  nicht  minder  als  den  Reichen  treulich 
und  mit  bestem  Fleisse  hilflich,  rathsam  und  beiständig  sein  und 
solches  ausser  genügsamen  Ursachen  niemand  weigern,  verziehen 
and  verkürzen ;  insonderheit  aber  soll  er  verbunden  sein,  denen  (von 
der  Pest)  inficirten  Herren  und  Landleuten  oder  derselben  Verwandten 
auf  ihr  Begehren  zu  ihnen  reisen,  fürderlich  seinen  Rath  mitzutheilen 
und  menschlich  mögliche  Hilfe  zu  erzeigen.  Von  keinem  Kranken 
soll  er  ohne  ehehaften  (geschäftlichen)  Ursachen  nicht  wegeilen, 
sondern  selben  mit  höchsten  Fleiss  warten,  auch  soll  er  selbsten 
in  denen  Apotheken  sein  Aufsehen  haben,  dass  nichts  anderes,  dann 
was  er  verordnet  hat  und  dem  Kranken  nützlich  ist,  genommen  werde ; 
tuid  damit  solcher  Zeug  in  den  Apotheken  gefunden  werde,  soll  er 
alle  Quatember  einmal  die  Specereien  besichtigen;  da  er  nur  alte, 
verlegene  oder  untaugliche  Materialien  befindet,  dieselben  hinwegthun 
und  verwerfen ;  mit  keinem  Apotheker  eigenem  Nutz  keinen  Verstand 
haben  oder  machen  in  keinerlei  Weise,  dardurch  die  Herren  und 
Landleut  und  männiglichen  desTaxcs  halben  beschwert  sein  möchten." 
(Goncept  im  st.  Landesarchive.) 


—     70     — 

Pettau  Job.  B.  Wagner  (150  fl.)  und  fllr  das  Viertel  Cilli 
Jak.  Heipl  (300  fl.).  Zur  Bestellung  eines  Magister  Sanitatis 
für  die  Stadt  Graz  gab  «die  Regierung  gewöhnlich  einen 
Beitrag  *  ')• 

Nach  stabilen  Aerzten  an  anderen  Orten  sieht  man  sich 
vergeblich  uro.  Häufiger,  aber  im  Ganzen  ebenfalls  spärlich 
fand  man  „Wund-  und  Schnittärzte ^  hie  und  da  im  Lande 
ansässig,  dann  auch  Bader  (Aderlasser  und  Pflasterstreicher), 
obgleich  ihr  eigentliches  Berufsgeschäft,  das  Halten  von  „Feil- 
bädern'S  im  17.  Jahrhunderte  bereits  mehr  und  mehr  einge- 
gangen war. 

Wer  war  es  also,  der  den  niederen  Ständen  für  gewöhnUch 
ärztlichen  Rath  und  Hilfe  eitheilte? 

Dr.  Lebenwaldt  beantwortet  diese  Frage  mit  Uebersetzung 
eines  älteren  lateinischen  Distichons: 

„Mönch,  PfaflFe,  Apotheker,  Zahnbrecher,  Barbierer, 
Auch  Bader,  Marktschreyer  und  allerlei  Schmierer, 
Die  Juden  und  neunmal  verständige  Weiber 
Kuriren  mit  Stimpeln  die  kränklichen  Leiber.'^**) 

Und  bei  einer  anderen  Gelegenheit  bemerkt  derselbe  hiezu : 

„Oft  kommen  zusammen 
Die  ehrbarn  mit  Namen 
Meister  Bader  Schmiertegel, 
Apotheker  guck  in's  Fass. 
Jener  saugt  das  Blut,  wie  Egel, 
Dieser  gibt  das  Sasafras. 
Es  muss  alles  N-arcanisch  sein  (Narr-kanisch), 
Wann  man  nur  schenkt  wacker  ein."**) 

In  grösseren  und  wohl  auch  kleineren  Haushaltungen  am 
Lande  übernahm  es  gewöhnlich  die  kluge  und  sorgsame  Hausfrau 
selbst  nach  alten  Traditionen  mit  Hausmitteln  die  Kranklieiten 
ihrer  Angehörigen  zu  bekämpfen  oder  liess  irgend  Jemanden  aus 


^1)  Nach  dem  landschaftl.  Ausgalrenbuche  v.  J.  1681. 

*»)  Arzneibuch,  S.  127. 

*»)  Im  7.  Tractatel  von  des  Teufels  List  etc.,  S.  116. 


—     71      — 

der  Nachbarschaft  kommen,  der  sich  durch  Kräuterthee,  Salben 
oder  sympathetische  Heilmittel  einen  Namen   gemacht  hatte. 

Was  nun  die  wissenschaftliche  Arzneikunde  betrifift,  so 
wurden  ihre  hervorragenden  Träger  im  17.  Jahrhunderte  in 
hohen  Ehren  gehalten  und  —  nach  Dr.  Lebenwaldt's  Bericht  — 
..in  Frey-Herren,  Käthe  und  Adelichen  Stand  erhoben,  auch 
mit  herrlichen  Privilegien  und  Ehren-Titeln  begäbet",  wie  mau 
dies  ja  an  ihm  selbst  ersehen  kann.  Es  war  aber  auch  —  nach 
desselben  Mannes  Erklärung  —  „diese  Wissenschaft  und  Kunst 
in  weit  grösiere  Perfection  kommen,  wie  auch  per  artem 
Chymicara  und  Anatomicam  exaltirt  worden"  *^). 

Die  ältere  medicinische  Schule  (die  Salernitanische)  hatte 
nämlich  allein  auf  Hippocrates,  Galenus  und  Avicenna  ge- 
schworen, bis  im  16.  Jahrhunderte  der  geniale,  freiausblickende, 
kecke  Theophrastus  Paracelsus  Bombastus  ab  Hohenheim  die 
alten  Fesseln  der  Facultäts-Dressur  abzuschütteln  gelehrt  hatte. 
Er  wies  den  Forscherblick  der  Aerzte  auf  die  geheimen  Kräfte 
der  Natur,  damit  ihre  Wunder  studiert  würden  und  wurde  zum 
Bahnbrecher  für  die  Anwendung  der  Chemie  im  Gebiete  der 
Heilmittel.  Sein  Ungerzeig  brachte  freilich  erst  nach  mehr  als 
einem  Jahrhunderte  auch  in  die  starrgewordene  medicinische 
Doctrin  der  Schule  eine  tief  ergehende  und  die  neuere  Schule 
vorbereitende  Reform. 

Im  17.  Jahrhunderte  standen  sich  die  alte  und  die  neuere 
vou  Dr.  Helmont  in  bestimmte  Formen  gefasste  Schule  (die 
chemische  und  später  iatrochemische)  freilich  noch  schroff 
entgegen,  allein  verständige  Aerzte,  wie  eben  unser  Leben waldt, 
strebten,  ungeachtet  sie  der  alten  Schule  anhiengen,  von  den 
sichtbaren  Vortheilen  chemischer  Studien  und  Erfahrungen 
besonnenen  Gebrauch  zu  machen,  wenn  sie  auch  das  schwindel- 
hafte Vorgehen  mit  aller  Strenge  verwarfen. 

Leben waldt  spricht  mit  hoher  Achtung  von  Paracelsus  ^^), 


^^)  Arzneibuch,  in  der  Widmung  an  den  Kaiser. 

^^  Insbesondere  rechnet  er  demselben  zum  Verdienste  an,  ndass  er  in 
der  Chirurgie  ein  helles  Licht  angezündet  und  in  spagirischer  Prä- 
paration der  Medicamenten   viel  schöne  arcana  an  Tag  gegeben.** 


—     72     — 

vertheidigt  ihn  gegen  die  erbitterten  Angriffe  seiner  Gegner 
beschäftigt  sich  selbst  mit  chemischen  Arbeiten,  und  bekenot 
sich  ungescheut  als  „Alumnus  Hermetis";  er  rühmt  es,  dass 
„Anatomie  und  Chemie  ein  grosses  Licht  angezündet  hätten  \ 
aber  bei  ihm  heisse  es: 

„Non  ideo  amplector  nova  quod  sint,  sed  quia  vera. 
Was  neu  und  wahr  werde  offenbar,"**) 

verurtheilt  aber  auch  nicht  minder  energisch  den  beutelschnei- 
derischen  Schwindel  der  Alchymie,  welcher  sich  zu  seiner  Zeit 
auch  im  Gebiete  der  Medicin  breit  zu  machen  suchte. 

Er  geräth  geradezu  in  einen  heiligen  Zorn,  wenn  er  auf 
die  „herumziehenden  alchymistischen  Aerzte"  zu  sprechen 
kommt,  „welche  einfältigen  oder  vorwitzigen  Leuten  beständige 
Gesundheit  und  Nestorische  Jahre  versprechen,  die  Galenischen 
und  die  ordentlichen  Stadtärzte  beschimpfen  und  ihre  giftigen 
Elixire,  ihre  schmerzenstillenden  solarischen  Medicinen  und 
chimischen  Arzneien,  aus  Mercur,  Antimon  und  Arsenik  be- 
reitet preisen  und  die  Cur  im  voraus  mit  dem  halben  Honorar 
bezahlen  lassen,  damit  wenigstens  sie  nicht  leer  ausgehen, 
wenn  die  Cur  übel  ausgeht" 


(4.  Tractatel  von  des  Teufels  List  etc.,  S.  95.)  Lebenwaldt  gibt  in 
dem  citirten  Tractate  eine  kurze  Lebensgescliichte  und  einen  Einzel- 
bericht über  das  Testament  des  Paracelsus.  Ich  kann  nicht  umhio, 
das,  was  Steiermark  betrifft,  auszuziehen  und  hier  beizuf&gen :  Para- 
celsus hielt  sich  oft  in  Steiermark,  insbesondere  zu  Leoben  und 
Judenburg  auf.  Lebenwaldt  besass  selbst  einen  Brief  im  Original, 
worin  der  „damals  geweste  Secretarius  des  berühmten  hochlöblichen 
fürstlichen  Stifts  Admundt  pro  instructione**  an  Paracelsus  nach 
Judenburg  geschrieben  hatte,  wie  man  das  Sulphur  fixum  rubrum 
machen  solle.  Es  ist  auch  denkwürdig,  dass  in  dieser  uralten  Stadt 
noch  das  Haus  vorhanden,  mit  absonderlichen  chymischen  Zeichen 
und  Bildnussen  gemahlt,  in  welchem  er  sein  Chrysopaeam  oder 
Goldmachen  geübt,  auch  den  inwohnenden  Apotheker  als  seioen 
guten  Freund  die  Kunst  gelehrt,  durch  welches  Mittel  eine  vornehm»' 
Familie  erhebt  worden".  Zu  Leoben  soll  er  etliche  Truhen  mit 
Gütern  deponirt  gehabt  haben,  welche  die  „Geschaffter  des  letzten 
Willens"  von  dort  abforderten. 
*«)  Arzneibuch,  S.  479. 


-      73     — 

Lebenwaldt  erzählt,  er  habe  nicht  wenig  Patienten  gesehen, 
die  durch  solche  Mittel  für  ihr  ganzes  Leben  lang  zu  Grunde  ge- 
richtet waren,  wenn  sie  nicht  der  Tod  alsbald  ereilt  hatte. 

Solchen  After  -  Heilkünstlem  und  Chemikern  widmete  er 
die  Grabschrift: 

„Hier  liegen- 
Mörder  in  der  Artzeney, 
Betrüger  in  der  Alchimey, 
Ketzer  in  der  Theologey, 
Führer  zu  der  Zauberey 
TiefiF  in  der  Erden  begraben, 
Sonst  wurdens  g'fressn  von  den  Raben.  *"  *"') 

Lebenwaldt  zeigt  sich,  wie  schon  früher  bemerkt  wurde, 
auf  allen  Wissensgebieten  orientirt  und  seine  gelehrten  Ab- 
handlungen beweisen  nicht  nur  eine  ausserordentliche  Kennt- 
niss  und  Belesenheit,  sondern  auch  eine  seltene  Genauheit 
und  Sorgfalt  im  Ausziehen  und  Niederschreiben  alles  dessen, 
was  ihm  Wissens-  und  behaltenswerth  schien.  Daher  hatte  er 
auch  bei  Studien  oder  bei  practischer  Behandlung  von  Krank- 
heitserscheinungen stets  einen  ausserordentlichen  Vorrath  von 
Aussprüchen  gelehrter  Autoritäten  zur  Hand,  deren  Abwiegen 
und  Beurtheilen  ihm  nicht  selten  grosse  Mühe  gemacht  haben 
muss.  In  dem  Manne  findet  sich  nämlich  eben  ein  seltsamer 
Verein  von  klarer,  scharf  sondernder  Intelligenz  und  von  zähem 
Festhalten  an  althergebrachten  Vorurtheilen,  sobald  dieselben 
durch  berühmte  Autorität  gestützt  wurden.  In  solchem  Falle 
begab  er  sich  selbst  dann,  wenn  er  triftige  Gründe  hatte, 
derselben  entgegen  zu  treten,  der  eigenen  entscheidenden 
Stimme.  Es  scheint  eben,  als  wenn  ihm  die  allzu  grosse  Buch- 
gelehrsamkeit den  freien  Ausblick  beschränkt  und  die  kritische 
Kraft  gelähmt  hätte.  So  sieht  man  ihn  auch  von  dem  gelehrten 
Wahne  seiner  Zeit  nicht  frei,  es  dürfte  sich  denn  doch  einmal 
eine  „Panacäa'^  finden  lassen,  womit  man  allen  Krankheiten 
zu  Leibe  gehen  könnte. 


*^  4.  Tractetel,  8.  129. 


—     74     — 

„Die  Natur  —  schreibt  er  —  ist  keine  Stieff-Mutter,  man 
hat  bi8s  dato  sowol  in  dem  Menschlichen  Leib  als  in  den 
Medicinalischen  Mitteln  viel  nutzliche  Sachen  erforschet,  ... 
man  hofft  auch  noch  eine  Universal-Medicin  zu  erlangen,  dero 
Möglichkeit  ii^h  gänzlich  glaube,  dann  warum  soll  unser  Archäus 
oder  Spiritus  Vitalis  nicht  können  ab  aliquo  Symbolo  conser- 
virt  und  vermehrt  werden  usque  ad  tempus  praefixum  ?"  * '  i 

In  dieser  Beziehung  scheinen  auch  seine  mehrjährigen 
Studien  und  chemischen  Untersuchungen  über  das  Sal  nitruiii 
gemacht  worden  zu  sein. 

Eine  nicht  mindere  Aufmerksamkeit  widmete  er  der  Ana- 
tonne des  menschlichen  und  thierischen  Leibes  und  der  Physio- 
logie. Ueber  die  Functionen  des  Magens  und  des  Herzens, 
über  die  Aufgabe  und  Thätigkeit  des  Geblütes  waren  seine 
Studien  so  eingehend  und  ergiebig  gewesen,  dass  er  neue, 
reformirende  Ideen  gefunden  hatte,  die  er  in  einem  besonderen 
Tractate  „de  solutione  et  sequestratione  corporis  humani* 
niederlegte.  Die  Publication  desselben  wurde  nur  aus  dem 
Grunde  unterlassen,  weil  ihm  Dr.  Cornel  Bontekoe  (j  1685) 
in  der  VeröflFentlichung  der  gleichen  Ansichten  zuvorgekommen 
war  ^ "). 

Die  weitaus  reichsten  Erfahrungen  standen  unserem  Arzte 
über  die  „giftigen"  Volkskrankheiten  seiner  Zeit,  nämlich  das 
ungarische  Fieber,  Petechial-Fieber  oder  die  sogenannte  un- 
garische Hauptkrankheit,  zu  Gebote,  deren  Behandlung  er  in 
einem  besonderen  Tractate  •')  weitläufig  ausführte.  Nach  seiner 
Ueberzeugung  war  dieselbe  eine  neue  Krankheit,  während 
andere  Aerzte  behaupteten,  dieselbe  wäre  schon  in  frttlierer 
Zeit  einmal  (in  Spanien)  dagewesen,  ja  schon  Hippokrates 
hätte  dieselbe  gekannt. 

Lebenwaldt  bemerkte  dagegen:  „Es  braucht  aber  kein 
grosses  Disputirens,  dann  es  ist  kundbar,  dass  viele  neue 
Krankheiten  an  den  Tag  kommen,  das  Gestirn  bekommt  einen 

.*«)  Arzneibuch,  IL  Th.,  1.  Cap.,  S.  136. 
*»)  Arzneibuch,  IV.  Th.,  1.  Cap.  S.  470. 
*<')  Ebendort,  S.  471—579. 


-      75     — 

anderen  Stand  und  Rand,  die  Manier  zu  leben  in  Speis  und 
Trank  wird  verändert,  die  Sitten  und  GemUthsbewegungen 
seyn  weit  stärker,  als  vor  Zeiten,  Wasser,  Luft,  Getraid, 
Frucht  u.  8.  w.  nehmen  oft  eine  schlechtere  Natur  an  sich; 
es  ist  also  kein  Wunder,  dass  neue  Kränkelten  einschleichen 
und  andere  verwelken.  Es  kann  ja  auch  die  Welt  und  die 
Naturen  schwächer  werden  und  also  sich  andere  Krankheiten 
hervorthun"  u.  s.  w.  ^ ') 

Aus  Dr.  Lebenwaldt's  Schriften  geht  deutlich  hervor,  dass 
er  sich  in  der  Art  und  Weise  der  Krankenbehandlung  von 
seinen  CoUegen  unterschied,  lieber  das  angemessene  Verhalten 
des  Arztes  am  Krankenbette  hatte  er  sich  auch  in  einem 
besonderen  Tractate  „de  professione  medica''  des  weiteren 
ausgesprochen  '•  •') ,  allein  diese  Schrift  scheint  nicht  in  den 
Druck  gekommen  zu  sein,  wenn  dieselbe  nicht,  wie  so  manche 
andere,  gänzlich  in  Verlust  gerieth. 

Lebenwaldt  erwog  bedächtig  und  besonnen  alle  Erschei- 
nungen und  Zustände  an  dem  Patienten,  bevor  er  sich  zur 
P'estimmung  der  Heilmittel  entschloss,  er  behandelte  die 
Kranken  mit  einer  gewissen  Milde  und  Vertrauen  erweckend, 
er  vermied  es  vor  allem  eine  bedenkliche  Miene  anzunehmen 
oder  gar  durch  eine  rücksichtslose  Kundgebung  der  gefähr- 
lichen Lage  und  der  geringen  Hoffnung  auf  Genesung  zu  er- 
schrecken, was  damals  besonders  bei  solchen  Aerzten  üblich 
gewesen  zu  sein  scheint,  welche  in  den  Ruf  von  Wundercuren 
2U  kommen  suchten.  Dagegen  versuchte  er,  wenn  das  eine 
Mittel  nicht  half,  alsbald  ein  anderes  und  alle,  welche  ihm  sein 
reiches  Wissen  zur  Hand  gab,  denn,  pflegte  er  zu  sagen,  „man 
könne  des  Guten  nie  zu  viel  thun"  ■*  7. 

Man  wird  sich  daher  über  den  grossen  Ruf  nicht  wundern, 
den  Lebenwaldt  erlangt  hatte. 

Als  ein  absonderliches  Heilmittel,  welchem  Lebenwaldt 
durch  die  ganze  Zeit  seiner  Praxis  hohen  Werth  beilegte, 

^ )  Arzneibuch,  IV.  Th.  S.  471. 

** )  7.  Tractatel  von  des  Teufels  List  etc.,  S.  144. 

'')  Arzneibuch,  UI.  Th.,  7.  Cap.,  S.  395. 


—     76     — 

lernen  wir  die  „Gemsenkugel"  kennen,  lieber  ihre  medicinische 
Bedeutung  und  Wirksamkeit  hnt  er  zu  Beginn  und  zu  Ende 
seines  ärztlichen  Wirkens  sich  in  besonderen  Schriften  ausge- 
sprochen '**).  Er  schreibt  derselben  als  dem  steierischen  Bezoar 
eine  ungemeine  Heilkraft  zu.  Wenn  er  einerseits  die  im  Volke 
gangbaren  abergläubischen  Meinungen  abweist,  nämlich  sie 
schütze  vor  Vergiftung,  vor  Schwindel  und  Ohnmacht,  sie 
mache  unverwundbar,  ja  sogar  unsichtbar,  sie  verhelfe  der 
Büchse  zu  sicheren  Treffschüssen  u.  a.  m.;  so  behauptet  er 
anderseits,  dieselbe  sei  ein  köstliches  und  unübertreffliches 
Heilmittel  bei  Haupt-,  Herz-,  Magen-  und  Gedänn-Krankheiten. 
Er  weiss  26  Krankheiten  aufzuzählen,  in  welchen  er  die  Geni- 
senkugel  mit  bestem  Erfolge  gebraucht  hatte,  namentlich  gegen 
Pest,  ungarische  Krankheit  und  Petechien. 

Bemerkenswerth  ist  die  Cur,  welche  Lebenwaldt  ,al^ 
einem  noch  jungen  Practicus"  mit  einem  vornehmen  Patienten 
gelang,  den  „die  Gewalt  Gottes"  (der  Schlag)  berührt  hatte. 
Er  bereitete  demselben  eine  „köstliche  Medicin"  aus  60  üenis- 
kugeln  „digerendo,  circulando,  sublimando'^  und  heilte  ihn  so 
vollständig,  dass  er  noch  über  40  Jahre  lebte. 

Aber  auch  die  anderen  Körpertheile  der  Gerase  fand 
Lebenwaldt  zur  Bereitung  von  „herrlichen  Medicamenten' 
vortrefflich  und  er  selbst  hat  derlei  mit  „gedeihlichem  Effect* 
bei  verschiedenen  Leiden  verordnet  ''•'). 

Die  Therapie  in  der  Gegenwart  will  freilich  von  diesem 
Heilmittel  nichts  mehr  wissen  und  wird  auch  über  andere 
Curen  jener  Zeit  das  Haupt  bedenklich  schütteln,  so  zinn 
Beispiel  als  Lebenwaldt  an  sich  selbst  einen  Beinbruch  (iissurai 

**)  Siehe  oben  im  BttcherverzeichDissc  Nr.  8  und  9.  —  Von  der  erstcreii 
Schrift  berichtet  Lebenwaldt  in  der  Vorrede  der  letzteren,  „<e\W 
sei  sehr  beliebt  und  angenehm  gewest,  also  dass  etliche  hundert 
Excmplaria  in  kurtzer  Zeit  distrahirt  wurden".  In  derselben  bezitbt 
er  sich  ausser  auf  seine  eigene  Erfahrung  auf  die  Zoologie  dos  Pr. 
Joh.  Schröder,  der  die  Gemskugel,  «weil  sie  gleicher  weis,  wie  in 
den  Indianischen  Gaishirschen  der  Bezoar  gefundten  wirdt,  tUa 
Teutschen  Bezoar  nennt **. 

^^)  Damographia  a.  m.  0. 


—     77     — 

mittelst  „Drachenknochen^^  heilte.  Da  nämlich  die  Entzündang 
und  der  Schmerz  sehr  zugenommen  hatten,  liess  er  solche  zu 
Staub  stossen  und  mit  Eiweiss  zu  einem  Teig  anmachen.  Dieses 
Pflaster  legte  er  auf  die  wunde  Stelle  und  nach  seiner  Versiche- 
rung schwanden  Geschwulst  und  Schmerz  in  kurzer  Zeit  ^ ''). 

Als  das  grösste  Werk  von  Lebenwaldt's  gelehrter  Thätig- 
keit  wurde  bereits  in  der  biographischen  Skizze  dessen  „Land- 
Stadt-  und  Haus-Arzneibuch''  bezeichnet  und  der  vollständige 
Titel  desselben  angegeben  ' ').  Da  man  schon  aus  der  genauen 
Beachtung  dieses  den  Umfang  und  die  Richtungen  ersehen 
kaou;  in  welchen  die  Zuchtruthe  seiner  Zeit,  die  Pestilenz, 
behandelt  erscheint,  so  kann  hier  von  einem  näheren  Eingehen 
auf  diesen  Stoff  Umgang  genommen  werden ;  aber  davon  muss 
Erwähnung  geschehen,  dass  Lebenwaldt  bei  gegebenen  An- 
lässen mit  der  ihm  eigenthümlichen  Gründlichkeit  auch  alle 
Nebendinge  behandelt,  so  dass  man  durch  sein  Werk  vom 
Stande  der  Wissenschaft  auf  den  verschiedensten  Gebieten 
solche  Kenntniss  erlangt,  wozu  sonst  das  Studium  von  meh- 
reren hundert  Autoren  gehören  würde.  So  wird  in  der  Frage, 
ob  die  Pest  ein  „Ens  astrale^^  sei,  alles  abgehandelt,  was  den 
Mond,  dessen  Flecken  und  Wirkung  betrifft^  femer  die  kriti- 
schen Tage,  die  climacterischen  Jahre,  die  Finsternisse,  Ebbe 
und  Fluth,  die  Beschaffenheit  und  der  Einfluss  der  Gestirne, 
Mercur,  Venus,  Jupiter,  Saturn,  Mars,  der  Sonne  mit  ihren 
Makeln  und  der  Cometen  nebst  einer  Chronik  der  Cometen- 
jahre  und  das  Firmament.  In  der  Frage,  ob  die  Pest  ein 
,,Ens  elementare"  sei,  wird  alles  herangezogen,  was  von  Feuer, 
Wasser,  Erde  und  namentlich  von  der  Luft  bisher  bekannt 
und  gefabelt  worden  war.  In  der  Frage,  ob  die  Pest  ein  Gift 
^ei,  ünden  sich  weitläufige  Abliandlungen  über  die  Gifte  aller 
Art  und  ihre  besonderen  Eigenschaften  mit  einer  Menge  in- 
teressanter Anekdoten. 

In  dem  vierten  Theile  des  Werkes,  der  von  ansteckenden 

''•)  Observatio  ^do  ossilms  Draconnm"  in  den  Miscell.  cnrios.  Dec.  II. 

ann.  IL  (1683). 
•')  Im  Vorzei(  linisse  der  Werke  desselben  (Seite  44—47)  Nr.  10. 


—     78     — 

Fiebern,  von  der  rothen  Ruhr  und  den  Kindsblattern  handelt 
gibt  Lebenwaldt  einen  „Vorlrab  von  dem  Herzen  und  Geblüt**, 
und  im  Verlaufe  der  Abhandlungen  einen  „Vorbericht  von 
Beschaffenheit  des  Magens,  dessen  Speissröhr  und  anhan- 
genden Ingeweyds",  welche  beide  Tractate  ein  klares  Bild 
von  dem  Stande  der  diesbezüglichen  Wissenschaft  geben.  So 
wird  denn  dieses  Buch  für  die  Geschichte  der  Medicm  stets 
von  hoher  Bedeutung  sein.  Für  Juristen  wird  aber  von  Interesse 
sein,  was  darin  in  Betreff  der  Abfassung  von  Testamenten 
zur  Pestzeit  abgehandelt  und  mit  mehreren  thatsächlich  vor- 
gekommenen Fällen  beleuchtet  wird.  Der  Artikel  wurde  von 
Lebenwaldt's  Freund  Doctor  beider  Rechte  Job.  Fr.  Haid 
„der  kaiserlichen  befreyten  rauh  Eisen -Verlag  Stadt  Leoben 
hochmeritirten  Syndicus*  verfasst.  Andere  wichtige  Rechts- 
gewohnheiten und  Gerichtsfälle,  wie  sie  während  einer  Pest- 
seuche vorkommen  können,  sind  in  dem  Anhange  zum  ,,Status 
politicus"  verzeichnet  *'  '*). 

Lebenwaldt  war  jedoch  nicht  bloss  als  Arzt  Naturforscher, 
sondern  auch  im  weiteren  Sinne  des  Wortes,  daher  auch  ein 
Liebhaber  und  Sammler  von  Seltenheiten  jeder  Art  Er  besass 
eine  grosse  Sammlung  („Museum'')  von  versteinerten  Muscheln 
und  anderen  Petrefacten,  wie  selbe  damals  theils  im  Lande 
in  reichlichem  Masse  gefunden,  theils  von  Händlern  aus  fernen 
Ländern  gebracht  wurden;  z.  B.  „Natternzungen  und  Aeuglein 
von  Malta"  (nach  Lebenwaldt's  Ansicht  versteinerte  Zähne  des 
Fisches  Lamia),  Agtsteine,  Korallen,  auch  Moos  und  Gras,  auf 
welches  „Tufftwasser  geflossen  und  das  hernach  gleichsam  zu 
einem  Steine  geworden  ist".  „Solche  coagulirende  Wasser  — 
schreibt  er  —  gibt  es  in  Tirol,  Kärnten,  Pinzgau,  auch  in 
Steiermark,  wenn  man  Ruthen,  Zweige  oder  Stöcke  hinein- 
wirft, werden  sie  voll  Kröpfe."  Ueber  diese  Materie  wollte 
er  seiner  Zeit  in  einem  besonderen  Tractat  „de  calculo  et 
rerum  petrescentia"  Erläuterungen  geben.*')  (Mir  ist  dieser 
Tractat  nicht  zu  Händen  gekommen. 

5^  Arzneibuch,  S.  118  imd  46. 

59)  Arzneibuch,  Hl.  Th.,  VIII.  Cap.,  S.  420. 


—     79     — 

Am  reichhaltigsten  war  seine  Sammlung  von  fossilen 
Kooehen.  Er  hatte  sich  einmal  aus  der  Drachenhöhle  hei 
Rotheistein  ^^)  eine  grosse  Kiste  voll  kommen  lassen,  worunter 
vier  ,,abscheuliche''  Köpfe  (wahrscheinlich  yon  Höhlenbären, 
Lebenwaldt  hält  sie  für  Drachenköpfe)  von  verschiedener 
Grösse,  aber  alle  von  gleicher  Gattung  waren,  in  deren  Rachen 
Doch  etliche  grosse  krumme  Beisszähne  staken.  Ausser  meh- 
reren hundert  Zähnen  verschiedener  Art  erhielt  er  von  dort 
auch  4  Unterkiefer,  10  Klauen,  einige  Wirbelknochen,  Schen- 
kelknocben  von  merkwürdiger  Dicke,  Rippen  und  endlich  ein 
wie  Elfenbein  polirtes  Stück,  das  einer  menschlichen  Hirn- 
schale glich.  Derlei  Knochen  giengen  zu  jener  Zeit  unter  dem 
Namen  ,.Drachenbeine".  Man  benützte  dieselben  in  medici- 
nischer  Beziehung,  wie  das  insbesondere  hochgehaltene  so- 
genannte Einhorn,  welches  als  Heilmittel  gegen  Epilepsie, 
l>ösartige  Fieber,  vagirende  Gicht,  Dysenterie  u.  dgl.  verwendet 
wurde.  Diese  Drachenbeine  waren  daher  eine  sehr  gesuchte 
Waare  und  wurden  von  betrügerischen  Händlern  auch  für 
echtes  Einhorn  ausgegeben  und  zu  theueren  Preisen  verkauft. 

Zu  den  nicht  am  wenigsten  geschätzten  Stücken  der  Samm- 
lung Lebenwaldt's  gehörten  auch  Hirsch-  und  Gemskugeln,  von 
welch'  letzteren  schon  oben  die  Rede  war.  Seine  Ansicht  von 
(ier  Heilkraft  der  Gemskugel  führte  ihn  auch  dazu,  Natur  und 
Leben  der  Gemsen  überhaupt  näher  zu  erforschen  und  veran- 
lasste ihn  die  in  naturgeschichtlicher  Beziehung  höchst  interes- 
sante Schrift  „Damographia"  zu  verfertigen,  in  welcher  eine  aus- 
führliche Beschreibung  der  äusseren  Gestalt,  der  Lebensweise, 
üer  Nahrungsmittel,  des  Magens  der  Gemse  enthalten  ist  und 

*^')  „De  osßibus  Draconum,"  Obscrvatio  in  den  Mise,  curios.  Dec  II. 
«nn.  II.  und  Arzneibuch  S.  420.  —  Von  der  Draehenhöhle  zu  Röthel- 
sti*in  erzählt  Lebenwaldt,  dieselbe  sei  bei  zwei  Meilen  Weges  lang. 
(iegenwärtiK  w'eiss  man  nur  von  einer  viertel stttndigen  Ausdehnung 
(Göth,  das  Ilerzogthum  Steiermark,  II.,  433).  Noch  in  den  ersten 
Decennien  dieses  Jahrhunderts  kamen  aus  Oesterreich,  Kärnten  und 
Ungarn  Leute,  welche  nach  den  dort  vorfindlichen  Knochen  gruben 
und  die  Ausbeute  unter  dem  Namen  Einhorn  als  Universalmedicin 
verkauften. 


—     80     — 

ausserdem  alles,  was  von  Jägern  und  Gelehrten  über  dieses 
Thier  und  die  nach  ihm  benannte  Gemswurzel  gefabelt  wurde. 
Einen  nicht  uninteressanten  ..Zusatz''  bildet  die  Zusammen- 
stellung aller  Gefahren,  welche  Kaiser  Maxmilian  L  als 
passionirter  Gemsjäger  erlebte,  zumal  ein  Bericht  Über  dessen 
Versteigen  an  der  Martinswand.  Der  2.  Theil  der  Schrift  be- 
handelt Gestalt  (mit  Abbildungen),  Entstehung  und  Zusam- 
mensetzung und  endlich  die  famose  Wirksamkeit  der  Gem- 
senkugel.  — 

Mit  dem  Gegebenen,  wiewohl  hiedurch  das  Material  fiir 
die  Charakterisirung  Lebenwaldt^s  in  ärztlicher  Beziehung 
nichts  weniger  als  erschöpft  wurde,  dürfte  das  vorgesteckte 
Ziel  erreicht  sein,  welches  kein  anderes  war,  als  unseren 
Doctor,  zwar  als  ein  Kind  seiner  Zeit,  aber  doch  weitaus 
seinen  BerufscoUegen  vorausschreitend,  darzustellen. 

Zur  Vervollständigung  des  Bildes  müssen  eben  noch 
manche  Conturen  und  Linien  aus  den  folgenden  Abschnitten 
herbeigezogen  und  eingef&gt  werden. 

Dr.  Lebenwaldt  und  der  Aberglaube  seiner  Z*iit. 

Die  Eigenthümlichkeiten  des  17.  Jahrhundertes  in  cultur- 
historischer  Beziehung  sind,  wenigstens  was  unsere  Steierniark 
betrifft,  noch  wenig  bekannt.  Lebenwaldt's  literarische  Pro- 
ducte  charakterisiren  aber  nicht  bloss  seine  eigene  Bildung, 
sein  Wissen  und  seine  Anschauungsweise,  sondern  bilden  auch 
eine  reiche  Fundgrube,  um  sich  ein  Bild  von  dem  Culturleben 
seiner  Zeit  zu  machen. 

Insbesondere  in  jener  Beziehung,  welche  den  Irrwahn  und 
Aberglauben  seiner  und  der  vorausgehenden  Zeit  betrifft^  erlangt 
Lebenwaldt  durch  seine  acht  „Tractateln  von  dess  Teurfels 
List  vnd  Betrug"  eine  hervorragende  historische  Bedeutung. 

Der  volle  Titel  der  Tractate,  der  bereits  in  dem  vorne 
gegebenen  Verzeichnisse  seiner  Schriften  angeführt  ist,  belehrt 
uns  hinlänglich  über  den  Charakter  dieser  Abhandlungen  und 
über  die  systematische  Weise  der  Behandlung. 


—     81     — 

Was  nun  zunächst  den  Verfasser  betrifft,  so  bekundet 
diese  Arbeit  seine  ausserordentliche  Belesenheit  in  allen  den 
Werken  aller  Zeiten,  die  von  derlei  absonderlichen  JDingen 
handeln  und  ihre  Zahl  ist  wahrlich  nicht  gering.  Er  kennt 
und  citirt  alle  Gelehrten,  welche  für  oder  gegen  eine  Ansicht 
geschrieben  haben  und  zieht  alles  herbei,  was  er  aus  dem 
Volksleben  erfuhr  und  was  er  selbst  erlebte.  Aber  zum  grossen 
Theile  hat  er  es  nicht  mit  dem  gemeinen  Aberglauben  des 
ungebildeten  Volkes  allein,  sondern  mit  dem  der  gelehrten 
oder  doch  gelehrt  sein  wollenden  Welt  zu  thun. 

Lebenwaldt  schrieb  dieses  Wferk,  aufgefordert  von  den 
guten  Freunden,  die  er  sich  durch  seine  (damals  —  1680  — ) 
27jährige  ärztliche  Praxis  erworben  hatte,  ;,yon  denen  viele 
sich  mit  ihm  in  dergleichen  Materie  in  Disput  eingelassen  und 
von  denen  besonders  die  Unstudirten  ziemlich  weit  vom  rechten 
Zweck  und  Weg  der  Wahrheit  abgewichen  und  auf  die  aber- 
gläubische Seiten  zum  Theil  ex  ignorantia  crassa  gelenkt 
waren*.  Wofern  aber  —  fügt  er  bei  —  „auf  einem  oder  dem 
anderen  Orte  die  Feder  zu  sehr  gespitzt  erscheinen  sollte,  so 
ist  er  urbietig,  wann  ihm  das  widerige  dargethan  wirdet,  ab- 
zubitten und  die  Hand  zu  bieten,  aber  der  Teuifel  ist  schwartz, 
er  braucht  eine  scharflFe  Laugen". 

Wie  man  sieht,  ist  Lebenwaldt  geneigt,  allen  menschlichen 
Unsinn,  allen  Irrthum  und  alles  Böse  dem  Teufel  unmittelbar 
in  den  Schuh  zu  schieben,  ohne  zu  fragen,  ob  dieser  nicht 
zuweilen  in  logischer  Folgerichtigkeit  seinen  Antheil  abweisen 
könnte. 

Lebenwaldt  ist  davon  überzeugt,  dass  die  bösen  Geister 
nicht  bloss  durch  eine  Gesichtstäuschung,  sondern  auch  kör- 
perlich erscheinen  können.  Er  findet  es  unnothwendig  darüber 
viele  Worte  zu  machen,  da  man  „genugsam  Zeugniss  habe, 
dass  bei  unseren  Zeiten  auf  den  Friedhöfen,  Gräbern,  auf 
Oertem,  wo  «Scharfrecht"  gehalten  worden,  oder  Schlachten 
geschahen,  in  alten  Schlössern  und  Gebäuden,  ja  in  bewohnten 
Häusern  abscheuliche  Gesichte  und  Gespenster  gesehen  worden 
sind.  Es  dürfte  auch  selten  einer  gefunden  werden,  der  sagen 

IGUhcU.  dM  ^8t.  Vereins  f.  Steiermark,  XXYlll.  Heft,  1880.  G 


—     82     — 

könnte,   er  habe  in  seiner  Lebenszeit  nicht  etwas  erschreck- 
liches oder  unmenschliches  gesehen  oder  gehört"  *^')- 

Dieses  Bekenntniss  eines  sonst  nüchternen  Denkers 
charakterisirt  genugsam  die  Voranlage  und  Vormeinung  jener 
Zeit,  selbst  bei  ganz  natürlichen  Dingen  einen  Teufelsspuck 
zu  wittern,  sobald  sich  der  Zusammenhang  nicht  von  selbst 
klar  legte. 

Selbstverständlich  kann  ich  mit  Rücksicht  auf  den  Zweck 
dieser  Blätter  hier  nur  eine  Aehrenlese  aus  dem  durch  Leben- 
waldt  gebotenen  reichen  Stoffe  bieten  und  zwar  zunächst  gerade 
nur  von  solchem,  das  zu  culturhistorischen  Umrissen  dienlich 
werden  kann. 

Zu  dem  absonderlichsten  Irrwahne  zählt  die  caballistische 
Geheimwissenschaft,  dieselbe  hatte  im  17.  Jahrhunderte  lebhafte 
Anhänger.  Lebenwaldt  erzählt,  er  habe  hochgelehrte  Männer 
(er  wolle  ihre  Profession  verschweigen,  wahrscheinlich  waren 
es  Geistliche)  gekannt,  welche  in  „die  Caballisterei  gerathen 
und  sich  eingebildet  haben,  als  ob  sie  nun  mit  ihrem  Ver- 
stände alle  anderen  überträfen". 

Von  dem  gemeinen  Volke  berichtet  er,  unter  demselben  sei 
»schier  nichts  gemeiner,  als  mit  caballistischen  Charakteren. 
Figuren,  Siegeln,  mit  gegossenem  Metalle,  mit  Kugeln,  Ringen« 
Spiegeln,  Zetteln  mit  hebräischen  Buchstaben  "-)  oder  Planeten- 
zeichen und  weiss  nicht  was  für  Teufelswerk  sich  unsichtbar, 
schuss-  und  stichfrei  zu  machen,  den  Feind  zu  überwinden 
und  Glück,  Gunst,  Lob,  Ehre  und  Gut  nach  Wunsch  zu  er- 
erlangen". 


•*)  Im  1.  Tractatel,  S.  G.  Da  in  diesem  Absrhnitte  das  Citiren  jeder 
einzelnen  Quellenstelle  zu  oft  nothwendig  würde,  erlaube  ich  mir 
fernerhin  die  Abkfirzung,  nur  immer  dann  die  Quelle  zu  bezeichnen, 
wenn  der  benutzte  Tractat  scbliesst. 

^•)  In  den  „Miscellania  curiosa"  (Dec.  II.  ann.  IL)  erzählt  Lebenwaldt 
in  der  Observatio  „de  caecitate  ex  remedio  superstitiosa^  einen  Fall, 
der  ihm  selbst  vorgekommen  ist :  Ein  Fieberkranker  hatte  von  einrni 
Jäger  einen  „Fieberzettcl"  erhalten.  Kaum  hatte  derselbe  das 
beschriebene  Papier  verschluckt,  so  ft^hlte  er  gleich  ein  grosses 
Geläute  im  Kopfe  und  nach  einiger  Zeit  erblindete  er. 


—     83     — 


I 


n  Ja,  sie  loben  sich  noch  untereinander  —  fährt  Leben waldt 
ärgerlich  fort  —  und  sprechen:  Das  ist  ein  braver  Kerl,  der 
ist  gewichst;  der  kann  mehr  als  Biembraten;  —  er  hat  den 
Teufel  im  Busen,  im  Hosensack,  im  Fingerring,  und  noch  mehr, 
es  gibt  viele,  die  sich  solche  Teufelsleibsclaven  -  Zeichen  auf 
den  Arm,  auf  die  Brust  und  auFs  Herz  eindrücken."  *') 

Keiner  anderen  Wissenschaft  brachten  im  16.  und  1 7.  Jahr- 
hunderte die  Laien  eine  solche  Ächtung  entgegen,  wie  der 
Astronomie  und  ihrer  im  Ehebruche  mit  dem  Wahne  erzeugten 
Tochter,  der  Astrologie.  Lebenwaldt  will  aber  zwischen  einer 
.wahrhaften'  Astrologie  und  der  falschen  einen  Unterschied 
machen.  Es  sei  ein  verdammlicher  Missbrauch  —  eifert  der- 
selbe —  und  ein  teuflischer  Aberglaube,  aus  den  Sternen 
das  Geschick  der  Menschen  lesen  zu  wollen,  oder  gar  zu 
glauben,  es  hänge  von  denselben  ab.  Es  sei  nicht  ohne,  dass 
der  Mondwechsel,  die  Stellung  der  Gestirne  einen  Einfluss  auf 
die  Luft  nehmen,  „auch  gar  giftige  Qualitäten  den  irdischen 
Gtöchöpfen  einführen  können;  es  sei  nicht  ohne  Fundament 
und  es  zeige  dies  die  Erfahrung,  dass  man  in  Arzeneien  und 
Blutlassen  die  Zeichen,  worin  der  Mond  seinen  Gang  hat,  nebst 
dem  Wechsel  desselben  und  die  besten  Aspect  der  Planeten 
observiren  soll.''  Daher  tadelt  Lebenwaldt,  dass  „etliche  Ka- 
lendersclimiede  das  arme  nackende  Lassmandl  aus  ihrem  Al- 
roanach  bandisirt  haben;  denn  so  wie  manche  Erdgewächse 
augenscheinlich  unter  dem  Einflüsse  der  Gestirne  stehen,  warum 
sollte  dies  nicht  auch  mit  den  Feuchtigkeiten  im  Menschen- 
leibe sein.  Dies  erfahren  genugsam  die  Mondsüchtigen,  Epilep- 
tischen und  andere  Bresthafte,  welche  ihren  Kalender  in  Händen, 
Füssen,  Rücken  und  Haupt  mit  sich  tragen^. 

Manche  Aerzte  behaupteten  auch,  dass  in  gewissen  Krank- 
heiten die  Heilung  bei  einem  günstigen  Planetenstande  und 
zoträgHcher  Mondesphase  rascher  vor  sich  gehe,  während  üble 
Constellationen,  Kometen,  Finsternisse  schädlich  wirkten.  Man 
schrieb  es  auch  dem  Einflüsse  des  Planeten  Saturn  bei  seinem 


**)  Ans  dem  1.  Tractatel. 

6* 


—     84     — 

Standpunkte  im  Sternbilde  der  Zwillinge  zu,  dass  1677  bis 
1679  die  giftigen  Fleckfieber  und  die  ungarische  Hauptkrank- 
heit so  heftig  grassirte  und  an  verschiedenen  Orten,  namentlich 
in  Steiermark  vor  allem  junge  und  starke  Leute  dahinraffte. 
Dasselbe  Verhältniss  hatte  1625  und  1646  stattgefunden,  wie 
alterlebte  Bauersleute  unserem  Lebenwaldt  erzählt  hatten. 

Derselbe  glaubt  auch  fest  daran,  dass  „bösartige  Sterne 
durch  ihre  Ausdämpfung  die  Luft  tingiren^,  dass  diese  dem 
Wasser,  das  Wasser  der  Erde,  die  Erde  den  Gewächsen  das 
astralische  Gift  mittheilen  können  und  dass  so  eine  „astralische 
Pest"  **)  verursacht  würde;  freilich,  weil  die  Empfänglichkeit 
verschieden  sei,  nicht  allerorts,  und  weil  die  „astralischen 
Geister  bald  mit  arsenicalischem ,  bald  mit  mercurialischem. 
sulphurischem,  antimonialischem  und  salinischem  Brodero  ver- 
mischt sind",  nicht  überall  und  nicht  immer  in  gleicher  Weise. 

Daher  gibt  Lebenwaldt  zu,  dass  ein  Medicus  gar  wohl  zum 
Heile  seiner  Patienten  ein  Astrologus  sein  könne,  „allein  dagegen 
ist  zu  protestiren,  dass  einer  auf  die  Sterndeuterei,  dieses  teuf- 
lische Faxenwerk,  etwas  halte,  oder  sich  gar  darauf  verlege". 

In  Betreff  der  Kalender  sagt  Lebenwaldt:  ,Man  muss  sich 
wundern,  oder  vielmehr  darüber  lachen,  dass  es  jetzt  mehr 
Kalendermacher  **')  als  Besenbinder  gibt."  Dabei  machen  aber 
die  wenigsten  solche  Berechnungen  selbst,  sondern  schreiben 
derlei  ältere  Schriften  aus  und  solche  habe  man  von  ihm  selbst 
zu  leihen  begehrt  Aber  schändlich  sei  es,  was  sie  für  „pickel- 
häringische  Komödianten  -  Possen ,  Fabeln  und  alte  Weiber- 
Märchen  beigeben  und  dem  gemeinen  Volke  die  Astrologia 
judiciaria  oder  die  zigeunerische  Wahrsagung  aus  den  Planeten 
lehren.  Das  ist  keinen  Heller,  aber  wohl  einen  Schilling  — 
auf  den  hinteren  Theil  —  werth". 


^*)  Im  „Arzneibuch"  findet  sich  darüber  eine  ausftlhrliche  Abhandlnn.?. 

^'•)  Ein  steirischer  Kalendermacher  war  der  Doctor  der  Heilkunde  Job. 
Michael  Linus  (1646—1676),  Arzt  in  Graz.  1665  erschien  von  dem- 
selben ein  „Diarium  catholicum"  zu  Augsburg.  In  seinen  Kaiendom 
von  1652,  1653  u.  ff.  findet  sich  eine  kurze,  aber  sehr  beachtens- 
werthe  Geschichte  und  Beschreibung  steirischer  Stadt«  und  Wildbäder. 


—     85     — 

Es  herrschte  auch  der  verwerfliche  Utisinn,  dass  solche 
Kalender  ,  Wahltage  und  verworfene  Tage,  d.  i.  glück verheis« 
iiQnde  und  unglückselige^  aufführten,  so  wäre  z.  B.  der  3. 
und  13.  Jänner,  der  5.  und  25.  Homung  u.  s.  w.  glückbrin- 
•ieud  für  Kauf  und  Verkauf,  Häuserbau,  Reisen,  Heiraten.  Die 
;;emeinen  Leute  hatten  Scheu  vor  dem  ersten  Montag  im  April 
(mit  Bezug  auf  den  Brudermord  Kain's),  dem  ersten  Montag 
im  August  (wegen  der  Zerstörung  von  Sodoma  und  Gomorrha) 
und  dem  ersten  Montag  im  December  (wegen  Judas  des  Ver- 
räthers). 

Anderen  Unsinn  brachte  die  Aderlasstafel,  indem  sie  auf 
den  Neumond  reflectirend  die  Richtschnur  gab :  Wenn  man 
am  1 .  Tage  des  Neumondes  Blut  lässt ,  verliert  man  die  Ge- 
sichtsfarbe, am  2.  bekömmt  man  ein  Fieber,  am  3.  eine  andere 
böse  Krankheit,  am  4.  erfolgt  gählings  der  Tod,  am  5.  ver- 
schwindet das  Geblüt  —   erst  der  6.  Tag  ist  gut 

In  diese  ^Phantasey  incapricirt"  waren  aber  nicht  blos  un- 
gebildete, sondern  auch  gelehrte  und  geistliche  Männer,  so  dass 
sie,  wenn  der  Arzt  eine  Aderlass  verordnete,  zu  dieser  Tafel 
liefen  und  guckten,  ob  es  wohl  rathsam  wäre,  und  der  Arzt 
musste  oft  lange  disputiren,  bis  sie  nachgaben.  Eine  andere 
Tafel  im  Kalender  setzte  die  für  Schröpfen  und  Aderlassen 
überhaupt  verworfenen  Tage  an  —  und  zwar  eine  ziemlich  grosse 
Anzahl ;  —  sollte  jemand  diese  nicht  beachten,  drohte  allerlei 
Uebel,  wie  Blindheit,  Hauptwehe,  Tollsucht,  Krampf  u.  a.  m. 

Lebenwaldt  verurtheilt  dies  als  „Firlefanz",  der  aus  der 
alten  heidnischen  Sterndeuterei  hervorgegangen  sei,  „wobei  man 
nicht  wisse,  wie  weit  der  Teufel  dabei  sein  Spiel  getrieben 
habe*.  Auch  das  „Stellen  der  Nativität",  wie  man  es  noch  zu 
Ubenwaldt's  Zeiten  als  eine  Kunst  betrieb,  hielt  derselbe  für 
m  Uebel,  und  für  einzelne  Menschen  sogar  von  verderblichen 
Folgen ;  es  sei  „höllisches  Plunderwerk,  das  den  Menschen  zum 
Sclaven  der  Sterne  mächt"  •'''). 

Was  Lebenwaldt  über  Pyromantia,  Capnomantia,  Caromantia, 

••)  Aus  dem  2.  Tractatel. 


—     86     — 

A^roinanüa,  Hydromantia,  Geomantia;  Necromanüa,  Crystallo- 
mantia  u.  a.  m.  mit  grosser  Gelehrsamkeit  abhandelt,  bei  Seite 
lassend,  hebe  ich  nur  einige  in  Steiermark  tLbliche  Gebräuche 
heraus,  die  in  dieses  Capitel  gehören. 

Etliche  alte  Mütterlein  schrieben  das  Erkranken  einer 
Person  dem  Einwirken  eines  bestimmten  Heiligen  zu,  von  denen 
sie  eben  eine  gewisse  Zahl  für  so  geartet  hielten  und  daher 
„Verletzer"  nannten.  Um  nun  zu  erfahren,  welcher  aus  diesen 
die  Krankheit  geschickt  habe,  wurden  die  Namen  derselben 
auf  Zetteln  geschrieben  und  vor  jedem  ein  besonderes  Lichtlein 
angesteckt  Bei  wessen  Namen  das  Licht  zuerst  abgebrannt 
war,  das  ist  der  recht«,  der  hat  es  gethan  und  den  hatte 
man  hierauf  mit  gewissen  Ceremonien  zu  verehren. 

Um  die  Zukunft  zu  erfahren,  wurde  „in  der  Gemein" 
folgendes  „practicirt:  man  schlagt  zu  gewissen  Zeiten  ein  fri- 
sches Ei  in  das  Wasser,  dieses  gibt  unterschiedliche  Bildnussen, 
welche  man  den  andern  Tag  beschauet  und  darauss  von  dem 
zukünftigen  Jahr,  was  mit  ihnen  geschehen  soll,  urtheilt^  — 
„In  gewissen  Kirchen-Ceremonien  merken  sie  auf  das  Glocken- 
geläute, laufen  zu  den  fliessenden  Wässern  und  Brunnen, 
waschen  das  Angesicht  wider  die  LeberiSecken ,  andere  tbun 
aber  das  Gesicht  nicht  abtrocknen,  sondern  erwarten  ihren 
zukünftigen  Liebsten  oder  Ehegemahl,  welcher,  wann  sie  in 
die  Kirche  gehen,  vor  der  Kirchenthüre  erscheint." 

Zu  Lebenwaldt's  Zeiten  war  auch  noch  die  alte  Losfrage 
durch  Stichomantia  in  Uebung.  Wie  man  früher  hiezu  Homer 
und  insbesondere  Virgil,  später  die  h.  Schrift  (was  aber  ver- 
boten wurde)  befragt  hatte,  so  bediente  man  sich  jetzt  des 
Thomas  a  Kempis,  oder  auch  ein  und  des  anderen  Reimbuches. 
Lebenwaldt  meint,  wenn  kein  Aberglaube  dabei  sei,  könne 
man  es  thun.  Verwerflich  sei  aber  auf  die  Ars  notoria  und 
Ars  paulina  Vertrauen  zu  setzen.  Diese  soll  nämlich  „ohne 
Mühe  und  Studieren,  ohne  Lesen  und  Hören  aUe  Erkenntniss 
göttlicher  und  menschlicher  Dinge  dem  Hirn  in  kurzer  Zeit 
einpflanzen". 

Lebenwaldt  selbst  kannte  ein  „nasenwitziges  Bäuerlein^t 


—     87     — 

das  alle  ,,Schaden^  Wunden,  Geschwüre,  auch  Beinbrüche  und 
Äuskegelungen,  ohne  die  Knochen  einzurichten,  mit  einer  Salbe 
zurecht  brachte.  Als  er  den  Bauer  fragte,  woher  er  diese 
künstliche  Salbe  hätte,  antwortete  derselbe,  ein  Engel  habe 
ihm  im  Schlafe  die  Bereitung  derselben  gelehrt  Lebenwaldt 
zeigte  solches,  als  eine  .,suspecte  Sache'\  bei  der  Obrigkeit 
an,  aber  diese  liess  den  Bauer  seiner  Kunst  halber  un- 
geschoren "'). 

Wir  kommen  zur  Alchymisterei  und  Goldmacherkunst, 
welche  eben  im  17.  Jahrhunderte  ihre  Blüthezeit  hatte.  Die 
Beschäftigung  mit  derlei  entsprang  bei  einigen  aus  dem  un- 
stfllbaren  Triebe,  rasch  Reichthum  zu  erwerben,  sei  es  auf 
was  immer  für  einem  Wege,  bei  anderen  aus  der  Speculation 
auf  die  Thorheit  der  Menschen,  die  ja  eine  der  besten  Erwerbs- 
quellen abgibt 

Diese  unberufenen  Chemiker  werden  von  Lebenwaldt  mit 
derbem  Griffel  gezeichnet:  ^^ Diese  Lumpelzunft  und  Gesell- 
schaft hat  gemeiniglich  unter  sich  ungelehrte  Aerzte,  ver- 
dorbene Apotheker,  versoffene  Bader  und  Barbierer,  verarmte 
Juristen  und  Mauldrescher,  faule  Gold-  und  Kupferschmiede, 
Glockengiesser,  abgefühile  Umschweifer  und  Landlaufer,  Zahn- 
brecher, bankerot  spielende  Kaufleute ,  vagierende  Cleriker, 
ausgesprungene  Mönche,  aus  den  Schulen  gestossene  Stu- 
denten, schimmlichte  Schulmeister,  verroste  und  durch  die 
Länder  gestürzte  Hofmeister,  leutverblenderische  Gaukel-  und 
Taschenspieler,  ausgerissene  Soldaten,  hofifärtige  Aerzte  und 
Brunnengräber  (Quellenfinder) ;  ja  ich  habe  Schneider,  Schuster, 
Bierbrauer ,  Rauchfangkehrer ,  Fasszieher  und  Besenbinder 
gekannt,  welche  sich  auf  die  Goldmacherkunst  begaben.  Sie 
baben  etwa  ein  Theophrastisches  Büchel  von  solcher  Materie 
gelesen  und  obschon  sie  dasselbe  nicht  verstanden  haben, 
dennoch  ihr  Handwerk  auf  den  Nagel  gehängt  und  das  mit 
barter  Mühe  und  Arbeit  erworbene  Geldl  auf  Materialien, 
Gläser  und  Tiegel   angewendet,   Tag  und  Nacht  angefangen 


^  Aus  dem  8.  TractaieL 


—     88     — 

zu  brandein,   bis  die  Mittel  »ammt  der  Hoffnung  im  Rauche 
verschwanden." 

Solcher  Leute  kamen  einige,  oft  von  weitem  zugereist,  zu 
Doctor  Lebenwaldt,  um  in  ihrer  crassen  Unwissenheit  sich  bei 
ihm  Auskunft  über  allerlei  Namen  und  technische  Bezeichoun^ 
zu  holen,  z.  B.  was  prima  materia  sei  und  wo  es  sich  aulhalte, 
was  das  Chaos  fllr  ein  Thier  sei,  was  Panspenuia,  Terra 
adamica,  Gas,  Blas,  Mercurius,  Sal,  Sulphur  etc.  bedeute, 
anderer  dummer  Fragen  zu  geschweigen. 

„Andere  zogen  als  verschalkte  Gesellen  unter  dem  Schdne 
der  Heiligkeit,  ja  gar  in  einen  Mönchshabit  vermummt  einher, 
giengen  in  lauter  Demuth  herum,  bald  einen  Rosenkranz  oder 
ein  Gebetbucli,  bald  eine  charakteristische  Alchymisten-Schrift 
in  den  Händen  tragend ;  sie  versprachen  goldene  Berge,  warfen 
aber  heimlich  ihre  Augen  auf  das  Geld,  oder  wohl  auch  auf 
die  Minerva  oder  Mineram  Yeneris  und  Hessen  dann  gar  oft 
nicht  einmal  ein  aurum  potabile,  sondern  plorabile  zurück, 
wenn  sie  mit  dem  Mercurius  Flügel  an  den  Füssen  bekamen 
und  flüchtig  wurden." 

„Wieder  andere  kamen  in  Pracht  und  Herrlichkeit  daher 
als  graduirte  Doctoren  mit  allerlei  Titeln  und  falschen  Zeug- 
nissen, mit  Ringen  an  den  Händen  und  Dienern  hinter  dem 
Rücken,  das  waren  die  noblen  Betrüger,  von  denen  manche 
gar  hoch  kamen,  nämlich  —  auf  den  helllichten  Galgen.'^ 

Ueber  die  gefährliche  Charlatanerie  der  herumziehenden 
alchymistischen  Aerzte  wurde  schon  bei  früherer  Gelegenheit 
berichtet,  daher  hier  von  denselben  keine  Erwähnung  gemacht 
wird.  Was  dann  die  Secte  der  berüchtigten  Rosenkreuzer 
betrifft,  über  welche  Lebenwaldt  weitläufig  berichtet,  so  kann 
auch  diese  hier  füglich  unbeachtet  bleiben,  weil  dieselbe  von 
modernen  Schriftstellern  genugsam  gekennzeichnet  wurde,  es 
muss  nur  beigefügt  werden,  dass  es  deren  auch  in  Steiermark 
gab,  wie  man  auch  dort  nach  dem  Stein  der  Weisen  und  der 
Universal-Tinctur  suchte  "^). 

«p)  Aus  dem  4.  Tractatel. 


—     89     — 

Dass  es  thörichte  Leute  gab,  welche  auf  die  ^^igeuner- 
Profession"  des  Wahrsageus  aus  den  Linien  der  Hand  Ver- 
trauen setzten,  bedarf  keiner  weiteren  Beweisführung,  aber 
merkwürdig  ist,  dass  sich  auch  „gelehrte  Naturkundige^^  damit 
befassten.  Unser  Autor  erzählt:  „Es  seynd  mir  selbst  Medici 
bekannt  gewest,  welche  ehenter  dem  Kranken  nach  der  flachen 
Iland  als  nach  der  Pulss  gegriffen,  darinnen  mit  aufgespalten 
Augen,  tiefsinniger  Betrachtung,  Wendung  der  Hand,  Streichung 
der  Linien  aller  Krankheit  Anfang,  Ursach  vnd  End  erforschen 
VTid  verkündigen  wollen.  Ob  sie  es  pro  vana  gloriola  captanda 
vel  confidentia  excitanda  gethan,  will  ich  nit  vrtheilen.^^ 

Die  „physicalische  Gesichtskunst^*  (Physiognomik)  lässt 
Lebenwaldt  gelten,  wenn  sie  „intra  limites  eingeschränkt  und 
kein  praejudicium  der  Menschen  -  Freiheit  ist".  Aber  wie  ge- 
fährlich es  wäre,  auf  dieselbe  zu  bauen,  davon  weiss  derselbe 
allerhand  Beispiele  anzuführen;  anderseits  bemerkt  er:  „Die 
Reehtsgelehrten  steuren  sich  selbst  in  theils  Händel  auff  die 
Physiognomia,  also  wann  mehrer  von  einem  begangenen  Laster 
suspect  seint,  wird  derjenige  zum  ersten  auff  die  Foltern 
^(eworffen,  welcher  der  Ungestaltiste  ist  von  dem  Angesicht, 
weilen  man  vermaint,  er  sey  auch  in  dem  Gemüth  boss- 
hafftiger/* 

Zu  seiner  Zeit  —  fährt  Lebenwaldt  fort  —  wäre  es  aber 
ganz  falsch,  aus  den  „äusserlichen  Anzeigen  auf  die  Complexion" 
zu  scbliessen.  „Man  kann  anjetzo  bey  diser  pohtischen  Welt 
die  lieut  gar  wenig  aussnemmen,  es  kommbt  offt  ein  guter 
frommer  Mann  in  einen  bösen  Verdacht,  entgegen  der  schlimmste 
Schelm  wird  für  einen  Ehrenmann  angesehen,  es  steckt  oft 
^in  gottloser  verrätherischer  Judas  unter  einem  h.  Pauli  Gsicht, 
6in  Susanna-Bruder  oder  alter  Maechaberis  vnter  einem  grauen 
Haupt,  ein  junger  Bössewicht  vnter  einem  weissen  Bart ;  wann 
man  schon  dergleichen  von  der  Schaitl  an  auff  die  Fusssolen 
beschauen  thete,  so  wurde  doch  gleichwolen  kein  grundrichtiges 
Vrtheil  können  gefällt  werden." 

„Dahero  hat  nit  vnlängst  einer  auss  meinen  getreuen 
Pamassi-Brüdem  also  poetisirt: 


—     90     — 

0  cordata  prisca  fides 

Wo  last  du  dich  jetzt  hinbringen 

Vnter  falschen  Zungen  klingen, 

Die  das  Hertz  entzwey  zerschneiden. 

Vnd  in  diesem  schweren  Leyden 

Cor  fidele  adhuc  rides!" 

An  die  Bergruthe  und  den  Bergspiegel,  dienlich  zur  Aul- 
findung  von  Metall-Lagern  in  der  Erde,  welche  Lebenwaldt  im 
Anschlüsse  an  den  ,;MenschenspiegeP  kritisch  behandelt  und 
als  Teufelwerk  verwirft,  reiht  sich  die  Wasserruthe,  mit  welcher 
Brunnadern  entdeckt  werden  können.  JEine  solche,  mit  welcher 
wirklich  eine  unterirdische  Quelle  aufgefunden  worden  war, 
kam  ihm  selbst  zur  Hand  und  er  machte  mit  ihr  eine  Probe, 
aber  nicht  eher,  bevor  er  nicht  das  Kreuz  gemacht,  die  Ruthe 
mit  einer  heiligen  Sache  berührt  und  wider  alle  teuflische  Bei- 
wirkung  protestirt  hatte.  Als  der  Haselzweig  in  der  That  in 
der  Nähe  der  Brunnenquelle  sich  zur  Erde  senkte^  da  erschreck 
er  so,  „als  ob  ihm  der  Teufel  eines  flir  das  Ohr  gegeben  hätt^i". 
Fünf  Jahre  bewahrte  er  diese  Ruthe  in  seinem  Museum,  sie 
war  schon  ganz  dürr  geworden,  da  machte  er  mit  derselben 
wieder  eine  Probe,  in  welcher  sie  ihre  alte  Kraft  bew&hrte. 
Das  war  ihm  denn  doch  verdächtig,  er  erkundigte  sich  bei 
dem  Manne,  der  dieselbe  gemacht  hatte  und  erfuhr,  sie  sei 
mit  gewissen  Sprüchen  geschnitten  und  getauft,  da  befiel  ihn 
der  Argwohn,  es  könnte  denn  doch  der  Teufel  dabei  etwas 
zu  thun  gehabt  haben,  und  er  warf  selbe  augenblicklich  ins 

Feuer«")- 

Zu  den  absonderlichsten  sympathetischen  Mitteln,   denen 

man  auch  noch  im  17.  Jahrhunderte  viel  Vertrauen  schenkte, 
gehört  die  Waffensalbe.  Dieselbe  dient  unter  anderem  vorzüg- 
lich zur  Heilung  von  Wunden.  Mit  ihr  wird  aber  nicht  die 
Wunde,  sondern  die  Waffe  oder  der  Gegenstand,  welcher  die 
Wunde  verursachte,  gesalbt  und  sollte  dieser  nicht  zur  Hand 
sein,  so  genügt  es  einen  Stab  aus  Weidenholz  zu  nehmen,  den 


"^  Aus  dem  6.  Tractatel. 


—     91     — 

m&o  mit  der  blutigen  Stelle  in  Bertthrung  gebracht  hatte.  „Es 
thut's  auch  ein  Stuhlfuss  —  bemerkt  Lebenwaldt  spottend  — 
die  Wunde  wird  ohne  weiters  heil." 

Wir  haben  auch  einen  I^andsmann  aus  einem  viel  ge- 
nannten und  zahlreichen  Geschlechte  der  Stadt  Leoben,  den 
Doctor  der  Medicin  Oswald  Gabelkhover  (1512—1559),  der 
hiezu  ein  ganz  vorzügliches  Recept  anrUhmt,  dessen  Haupt- 
bestandtheile  sind:  Menschenfett,  Fleisch,  Mumia  und  Moos, 
das  auf  einem  in  freier  Luft  verwitterten  Todtenschädel  ge- 
wachsen ist 

Aehnliches  leistet  ein  sympathetisches  Pulver,  aus  im 
Wasser  aufgelöstem  Vitriol  bereitet  Ein  vom  Blute  der  Wunde 
gefärbtes  Tachlein  oder  Stück  von  einem  Kleide  oder  vom 
Hosenträger  wird  hergenommen  und  entweder  mit  diesem 
Pulver  eingestuppt  und  gut  aufbewahrt,  oder  das  blutige  Stück 
mit  solchem  Vitriolwasser  benetzt  und  an  emem  vom  Staube 
freien  Orte  aufbewahrt  Die  Wunde  soll  in  wenigen  Tagen 
bellen,  wiewohl  an  derselben  nichts  zu  geschehen  hat,  als  dass 
sie  rein  und  bedeckt  gehalten  wird.  „Wenn  es  wirklich  hilft 
—  »agt  Lebenwaldt  —  so  hat  der  Teufel  seine  Bratzen  dabei 
gehabt"  '^). 

Ein  bei  dem  Volke  (ungebildeten  und  gebildeten)  tief 
eingewurzelter  Aberglaube  findet  sich  bei  den  sogenannten 
sympathetischen  und  magnetischen  Curen,  von  denen  Leben- 
waldt bei  hundert  kennen  gelernt  haben  will ' ').  Eine  der  merk- 
würdigsten besteht  in  der  Ueberpflanzung  der  Krankheit,  welche 
eine  ganze  Secte  von  Aerzten  lehrte  und  behauptete,  es  ge- 
schehe durch  eine  Art  Magnetismus,  dass  der  Krankheitsstoff 


'^)  Aus  dem  6.  Tractatel. 

' ')  Hieher  gehört,  was  Lebenwaldt  (im  Arzneibuch,  S.  283)  in  Beziehung 
auf  in  Steiermark  vorgekommene  „Incantationes"  berichtet:  „Es  gibt 
bis  dato  noch  viele  alte  Hexen,  welche  mit  gewissen  Worten,  An- 
blasen etc.  die  schwersten  Krankheiten  curiren  und  nennen  es 
»anbeten**  (abbeten).  Ich  habe  oft  mit  dergleichen  Medusis  und 
Proserpinis  Händel  gehabt  und  sie  wollten  allezeit  mit  diesem  trium- 
pbiren,  weilen  bei  ihrem  Ansprechen  heilige  Worte  sein.* 


1 


—     92     — 

in  Pflanzen,  Thiere  (Frösche,  Krebse,  Fische.  Hunde  u.  a.i 
ja  sogar  in  Steine  übertragen  werden  könne. 

Eine  ganz  gewöhnliche  Cur  wird  z.  B.  auf  folgende  Art 
gemacht :  Man  nimmt  Blut  oder  Schweiss,  Harn,  Speichel,  aucli 
Nägelabschnitte  von  dem  Kranken ,  steckt  dieses  entweder 
zwischen  Rinde  und  Holz  eines  Baumes,  oder  bohrt  eigens  ein 
Loch  bis  an  das  Mark  des  Baumes  und  verschliesst  diesen 
Unflat  darin.  Der  Baum  oder  der  Ast  stirbt  ab  und  der  Kranke 
wird  gesund. 

Aus  den  mancherlei  von  Lebenwaldt  proscribirten  mag- 
netischen Hausmitteln,  deren  man  sich  in  Steiermark  bedienk. 
sollen  hier  (wegen  ihrer  Gemeinnützigkeit!)  drei  beLspielswek<e 
angeführt  werden :  Zahnschmerzen  heilt  man,  indem  man  einen 
Zweig  von  einem  „Felberbaum"  (Weide)  abschält  und  damit 
das  Zahnfleisch  so  lange  stochert,  bis  es  blutet  DanA  hüllt 
man  über  diesen  Zahnstocher  die  Rinde  wieder  und  steikt 
ihn  in  die  Erde.  Dadurch  werden  die  Zähne  auch  vor  dem 
faul  werden  behütet 

„Hühneraugen"  (Leichdornen)  bringt  man  weg,  wenn  man 
eine  lebendige  schwarze  oder  rothe  Schneke,  die  kein  Haib 
hat,  an  dem  Leichdom  reibt  und  auf  einen  Zaunpfahl  steckt. 
Wenn  derselbe  verdorrt  ist,   sind  auch  die  Leichdornen  wefr. 

Den  Kropf  bringt  man  weg,  wenn  man  ein  „Dampfe!" 
(Sauerteig)  um  den  Hals  bindet  und  hernach  dieses  Pflaster 
einem  Hunde  zum  Fressen  vorwirft,  oder  in  einen  knospenden 
Baum  steckt 

Bei  diesem  Anlasse  bemerkt  Lebenwaldt,  dem  Anwürfe 
eines  anderen  Schriftstellers  zu  begegnen,  es  sei  durchaus  un- 
wahr, dass  es  in  den  steirischen  Bergen  viele  Kröpfe  pebe: 
„die  Luft  sei  rein  und  gesund,  resch  und  körnig,  die  Leute 
gesund,  Wohlgestalt  und  sittenhaft/' 

Was  aber  alle  die  magnetischen  und  sympathetischen 
Mittel  betrifft,  so  warnt  derselbe  vor  ihrem  Gebrauche.  Man 
sage  nicht:  „Hilft's  nicht,  so  schadet's  nichts,  denn  gar  oft  kt 
der  Teufel  nicht  weit  davon.  Wir  lassen  ihm  ein  Haar  und 
er  fasst  uns  beim  Schopf/' 


—     93     - 

„Freilich  —  fährt  er  fort  —  wäre  es  zu  wünschen,  wann 
es  ohne  Verletzung  des  Gewissens  sein  könnte,  dass  (und 
jetzt  bekommen  wir  wieder  ein  helles  Streiflicht  auf  ein  an- 
deres Gebrechen  seiner  Zeit)  —  dass  bei  dieser  bauchsüchtigen 
und  verfressenen  Welt,  allwo  das  schlecker-  und  schlickerhafte 
Maul  mehr  als  der  Magen  und  die  Leibesgesundheit  beachtet 
wird,  die  Krankheiten  von  dem  Menschen  in  die  Hunde,  Katzen, 
Bäuiue,  Kräuter  und  Steine  bandisirt  werden,  alsdann  wollte 
irh  selbst  mit  heller  Stimme  und  weit  aufgespertem  Maule 
schreien : 

Weichet  alle  Galenisten 

Apotheker  und  Chemisten, 

Weil  die  Transplantation 

Alles  und  jedes  kuriren  kann.'^  *'  *) 

In  dem  achten  Tractate  behandelt  Lebenwaldt  des  Teufels 
Lbt  und  Betrug  in  Verführung  des  Menschen  zur  Zauberei. 
Man  findet  hier  alles  besprochen  oder  wenigstens  angedeutet, 
was  in  dieses  Gebiet  einbezogen  werden  kann.  Mit  den  lächer- 
li<*lien,  meist  unschädlichen  Vorurtheilen  der  Menschen,  mit 
•len  abergläubischen  Meinungen,  den  „leichten  Afterpossen" 
hej^nnnt  die  Reihe  und  steigt  auf  bis  zu  dem  grässlichsten 
Aberwitz  und  Irrwahn,  der  sich  im  Hexenwesen  breit  machte. 

Der  Aberglaube  im  Allgemeinen  ist  nach  Dr.  Lebenwaldt's 
Ansicht  „der  gerade  Weg  zur  Zauberei,  er  vennummt  sich  in 
ein  einfältiges  Kind, .  betrügt  unter  dem  Prätext  heiliger  Worte 
nnd  der  Andacht,  und  der  Teufel  ist  hier  der  Principal-Agent". 
Am  leichtesten  würden  die  Weiber  gefangen  und  sie  halten 
am  hartnäckigsten' fest,  denn  wenn  man  auch  noch  so  über- 
zeugend in  dieselben  hineinspricht,  sie  bleiben  dennoch  bei 
ihrer  Meinung,  besonders  die  alten  Weiber.  Es  sei  leichter, 
r,dera  Hercules  den  Streitkolben  zu  entwinden,  als  die  ihrem 
Hirn  eingepresste  Meinung". 

Uebrigens  fehlte  es  auch  nicht  an  Gelehrten,  die  tief  in 
allerlei  Aberglauben  befangen  waren. 


"^  Aas  dem  7.  Tractatel. 


—     94     — 

Es  kann  hier  nicht  alles  aufgezählt  werden,  was  toi 
Dr.  Lebenwaldt  als  Aberglaube  bezeichnet  erscheint,  die  G^ 
betlein  und  Segenssprüche,  Anhängsel  g^en  Leiden  uol 
Gebrechen,  die  Fieberzettel,  der  Hocuspocus  nut  dem  Abra- 
cadabra,  das  Kugelgiessen,  Mannschauen,  Lösein,  die  Zeitwahi, 
die  Kräuter  für  und  gegen  den  Zauber,  Amulete,  Alraunwunei, 
Gamswurzel,  Passauerkunst,  Feuersegen,   Diebssegen  u.  s.  w. 

Das  Material  des  Aberglaubens  ist  gross,  vieles  fast  allen 
Völkern  Europas  gemein,  aber  so  wie  jedes  Volk  seine  beson- 
deren Sitten  hat,  so  hat  es  auch  seinen  besonderen  Äber*l 
glauben.  Es  ist  Schade,  dass  Lebenwaldt  hier  nicht  regel- 
mässig und  mit  mehr  Sichtung  das  bezeichnete,  was  der 
Steiermark  eigenthOmlich  war.  Doch  lässt  sich  einiges  her- 
vorheben, was  er  als  „Fautzwerk  und  Pickelhärische  Possen*' 
bezeichnet : 

.,Gesetzt,  es  bekombt  einer  das  Panaritium  oder  Wurm 
am  Finger,  da  kombt  bald  eine  alte  FeU  mit  diesem  Spruch: 

Gott  Vater  fahrt  gen  Acker, 

Er  ackert  fein  wacker, 

Er  ackert  drey  Wurm  herauss, 

Einer  war  weiss,  der  andere  schwartz,  der  dritte  rotb, 

Hir  liegen  alle  Würmer  todt" 

Gegen  das  Nasenbluten  schrieb  einer,  der  diese  Kunst 
verstand,  gewisse  Worte  und  Buchstaben  mit  dem  Blute  auf 
die  Stime;  andere  hatten  die  Kraft,  die  Stillung  des  Blutens 
durch  „Abbeten"  zu  bewirken. 

In  Obersteier  war  es  üblich,  dass  man  es  nicht  wagte. 
die  Raubthiere  bei  ihren  eigenen  Namen  zu  nennen,  denn 
sonst  würden  sie  kommen  und  Schaden  thun;  so  hiess  man 
den  Geier  „Flieger"  oder  „Stamperl",  den  Fuchs  „Langschwanz', 
den  Wolf  „Unziefer"  und  den  Bären  „Breitschädel". 

Weitläufig  lässt  sich  Lebenwaldt  darüber  aus,  „l.  was  die 
Zauberei  sei;  2.  was  der  Pact  oder  Vertrag  mit  dem  Teufel 
in  sich  halte ;  3.  durch  was  für  Gelegenheit  man  in  das  Laster 
meistentheils  gerathe".  . 


—     95     — 

Es  ist  nicht  am  Platze,  dem  Verfasser  hier  auf  allen  Wegen 
nachzugehen,  ich  hebe  nur  heraus,  was  sich  für  unsere  Cultur- 
^eschichte  ergibt,  nämlich,  dass  zu  seiner  Zeit  viele  Gaukler 
und  Taschenspieler  unser  Land  durchzogen,  darunter  auch  der 
>ielbewunderte  Sicilianer  Blasius  Monfretin,  den  Lebenwaldt 
bald  sdbst  fbr  einen  Zauberer  gehalten  hätte,  wenn  er  nicht 
Zeugnisse  vom  Papste,  Kaiser  und  vom  P.  Kircher  (dem 
hochgelehrten  Jesuiten)  vorgewiesen  hätte. 

Bemerkenswerth  ist  auch,  dass  die  Schrift  „Doctor  Faust's 
Leben  schier  Jedermann  bekannt  war^ 

Es  muss  auch  der  leidigen  Thatsache  Erwähnung  ge- 
schehen, dass  die  abscheuliche  Hexenriecherei  und  der  tolle 
Glaube  an  Zauberei  in  der  Steiermark  gerade  im  17.  Jahr- 
hunderte seine  Blüthe-  und  Blutzeit  gehabt  hat. 

Dass  die  Hexen  und  Zauberer  Hagelwetter  machen,  den 
Menschen  und  dem  Viehe  durch  Anschauen,  Anblasen  oder 
Anrühren  etwas  Böses  anthun  können,  das  glaubte  und  be- 
schwor bei  Stein  und  Bein  nicht  nur  das  gemeine  Volk, 
sondern  auch  die  gelehrte  Welt,  Juristen  und  Mediciner  und 
namentlich  unser  Lebenwaldt'"*). 

Selbst  die  Fahrten  der  Hexen  auf  dem  Besenstiele  oder 
der  Ofengabel,  ihre  Anbetung  des  Teufels,  ihre  Hexenmahle 
und  Tänze  und  ihre  fleischliche  Vertrautheit  mit  dem  Teufel 
hielt  man  für  unbezweifelhafte  Wahrheit 

Wie  am  Harze  der  Blocksberg,  im  Neapolitanischen  der 
Beneventinische  Acker,  in  Schwaben  der  Heuberg,   in  Ober- 


'^  Ueber  einen  absonderlichen  Zauber-Regen  berichtet  Lebenwaldt  in 
der  154.  „Observatio"  der  Mise,  curios.  Dec.  II.  Ann.  X.  In  einer 
untersteierischen  Gegend  (ohne  nähere  Bezeichnung)  war  1691  ein 
sehr  starker  Regenguss  über  ein  Erlenwäldchen  niedergegangen, 
nach  welchem  auf  den  Baumblättern  deutlich  Schlangenbilder  ein- 
geprägt gefunden  wurden.  Ein  bald  darauf  eingezogener  Mann,  der 
in  allen  Arten  der  Zauberei  erfahren  war,  gestand  im  peinlichen 
Gerichtsverfahren,  er  habe  dieses  Gewitter  im  Bunde  mit  dem  Teufel 
gemacht,  damit  eine  Pest,  heftig  und  wild,  wie  Schlangengift  wirkend, 
entstände. 


—     96     — 

Oesterreich  der  Traunstein,  so  war  bei  uns  der  Schockel  S 
als  Schauplatz  von  teuflischen  Lustbarkeiten  verrufen^'). 

Wer  sich  auf  diesem  infernalischen  Gebiete  ex  professc 
genauer  informiren  will,  wird  in  der  berührten  Schrift  Leben- 
waldt's  genügsamen  Aufschluss  erhalten. 

Lebenwaldt  schliesst  seine  sämmtlichen  „Tractatel"  mit 
einer  Anleitung,  wie  sich  der  Christ  vor  den  Anfechtungen 
und  der  Verführung  des  Teufels  behüten  könne  und  solle  und 
mit  einem  Anhange  über  ein  zu  seiner  Zeit  viel  besprochenes 
Thema,  nämlich  über  den  Antichrist  und  das  Ende  der  Welt. 

Lebenwaldt  als  Dichter  und  Musiker. 

Es  muss  im  vorhinein  ausgesprochen  werden,  dass  es  auf 
diesen  Blättern  nicht  am  Platze  sein  kann,  die  Poesien  Leben- 
waldt's  einer  ästhetischen  Würdigung  zu  unterziehen,  da  docb 
selbst  eine  literarhistorische  Besprechung  die  Tendenz  der- 
selben überschreitet.  Hier  kann  nur,  insoweit  zugleicli  allge- 
meinen culturhistorischen  Zwecken  Rechnung  getragen  wird 
dichterischen  Schöpfungen  Raum  gestattet  werden. 

Man  nimmt  gewöhnlich  an,  dass  die  Steiermark  in  Bezug 
auf  Poesie  im  17.  Jahrhunderte  gänzlich  unfruchtbar  gewesen 
sei.  Dass  dies  in  Hinsicht  der  gelehrten  (lateinischen)  Dichtung 
ganz  und  gar  unrichtig  ist,  kann  schon  durch  die  Hinweisung 
auf  die  vielen  bei  Gelegenheit  der  Promotionen  an  der  Uni- 
versität zu  Graz  erschienenen  Gedichte  gezeigt  werden,  unter 
denen  gar  manches  volle  Beachtung  verdiente '  *). 


''^]  Unter  den  Epigrammen  in  der  Promotions-Ehrcnschrift  „Apiarinm 
e  Panthera",  die  von  den  Studierenden  der  Poesie  zii  Graz  16JH 
herausgegeben  wurde,  findet  sich  nachstehendes  Sinngedicht  auf  dif 
Schöckelhexen : 

„Miror  in  hoc  sagas  tam  multas  monte  morari. 
Tarn  vicina  illis  cum  tarnen  hie  pyra  sit* 
(Ein  regelrechter  Scheiterhaufen  [pyra]   stand  dort  stets  in  Bereit- 
schaft, um  in  Kriegszciten  alsbald  zum  Kreuthfeuer  zu  dienen.) 

'•'*)  Aus  dem  8.  und  letzten  Tractatel. 

^")  Von  Dichtern  aus  dem  Orden  der  Gesellschaft  Jesu,  die  sich  zu  Zeiten 
des  Dr.  Lebenwaldt  im  Collegium  zu  Graz  befanden,  sind  zu  nennen : 


—     97     — 

Inwiefern  der  Schule  längst  entwachsene  Männer  ihre  dort 
erlernte  Kunstfertigkeit  im  Verfertigen  lateinischer  Verse  auch 
auf  steirischem  Boden  mit  Erfolg  geübt  haben,  wurde  bereits  bei 
früherem  Anlasse  durch  Anführung  von  mehreren  gleichzeitig 
1 1 094)  thätigen,  versgewandten  steirischen  Aerzten  angedeutet. 

Es  ist  aber  auch  gar  nicht  anzunehmen,  dass  in  der  zur 
Zeit  des  Minnegesanges  liederreichen  Steiermark  später  der 
(lichterische  Mund  je  verstummt  sei,  ja  es  ist  sogar  gewiss, 
dass  die  Dichter-  und  Sangeslust  im  Volke,  namentlich  im 
Hochlande  niemals  erstarb.  So  hat  es  denn  sicher  an  Dichtern 
in  der  Mundart  niemals  gefehlt,  wenn  auch  nur  magere  Bruch- 
stücke von  deutschen  Dichtungen  derzeit  vorfindig  sind  und 
nur  wenig  Namen  genannt  werden  können,  von  denen  ich  bei 
(lieser  Gelegenheit  jedenfalls  des  Stadtschreibers  zu  Judenburg, 
Mathias  von  Pichel  (1641  —  1670),  nicht  vergessen  darf"). 

Während  aber  die  Mehrzahl  nur  als  Gelegenheitsdichter 
auftrat  und  eben  deshalb  gänzlich  verschollen  ist,  trat  die 
poetische  Anlage  und  die  Lust  und  das  Gefallen  an  der 
Pflege  derselben  bei  Lebenwaldt  mächtig  genug  auf,  um  der 
Dichtkunst  um  ihrer  selbst  willen  zu  huldigen.  Er  flüchtete  sich 

Christof  Kissenpfeniiing,  (Epigrammatiker)  f  1663,  Christof  Weiss 
t  1682  (Dramatiker),  Albert  Capeniiles  f  1694,  Joach.  Höller 
t  1703,  Leop.  Rackensperger  1 1710,  Joh.  Despotovich  f  1711,  Christ. 
Zenegg  f  1712  (Epigrammatiker),  Jos.  Sellenitsch  f  1712  (Dra- 
matiker) u.  a.  m. 
''')  Als  deutsche  Poeten  können  auch  genannt  werden :  Joh.  Jak.  Walch, 
Stadtscbreibcr  zu  Judenburg  in  den  neunziger  Jahren  des  17.  Jahr- 
hunderts, und  Daniel  Grabner,  1612  Stadtschreiber  zu  Voitsberg; 
femer  der  Bergwerksbesitzer  Johann  Jos.  Stampfer  von  Walchenberg 
(ein  Vordernberger),  Mitglied  des  Pegnitzer  Blumenordens  unter  dem 
Namen  Clitophon.  Da  Lebenwaldt  von  seinen  „getreuen  Pamassi- 
Brüdem'*  Erwähnung  macht  (5.  Tract.  v.  d.  Teuf.  List,  S.  102),  so 
kann  sogar  angenommen  werden,  dass  möglicher  Weise  durch  ihn 
selbst  angeregt,  in  Obersteier  eine  „getreue  Parnassi-Bruderschaft" 
bestand.  Wahrscheinlich  wollte  er  auch  diese  mit  seinem  Epigramm 
„de  poetis  modemis'*  (in  Monost.  extemp.)  treffen: 

„Sed  quid  de  nostris  dicendum  vatibus?  Omnes 
Pnngendo  cupiunt  esse  Epigrammatici.*' 

MittheU.  das  bist.  Tereins  f.  Bieiermark,  XXVm.  Heft,  1880.  7 


—     98     - 

sogar  vollends  in  die  Arme  der  Muse,  als  er  gefunden  hatte,  dass 
ihm  die  Uebung  der  Arzneikunde  stets  mit  Todesgefahr  bedrohte. 
Und  die  Muse  zeigte  sich  willig  und  huldreich  und  erklärte 
ihm  auf  seinen  Anruf:  „Die  Dichter  seien  ohnehin  jetzt  selten 
geworden  (rari  nantes),  verwahrlost  stünden  die  Götterhaine, 
verlassen  der  Gipfel  des  Pamassus.  Es  bedürfe  gar  nicht  der 
Finger,  die  Nase  allem  reiche  aus,  um  die  Nasones  und  Ma- 
rones  zu  zählen.  Daher  solle  er  sich  nicht  scheuen,  seine 
Gedichte  zu  veröffentlichen;  nur  möge  er  dieselben  nicht  Epi- 
gramme nennen,  da  ihnen  Homg  und  Stachel  fehle.^^ 

Er  habe  mit  dem  Dichter  erwiedert,  ,jedes  Epigramm  sei 
gut,  das  aus  zwei  Zeilen  bestünde;  zähle  es  mehr  so  gelte: 
Pangis  non  epigramma  facis'^  Uebrigens  sei  er  einer  von 
denen,  „qui  proficiendo  scribunt  et  scribendo  proficiunt*"  •  ^). 

Demgemäss  nannte  er  diese  erste  Sammlung  vob  latei- 
nischen Epigrammen  „Monostichorum  extemporaneomm  Cen- 
turia  prima"  und  zwar  auch  deshalb,  weil  er  selbe  ex  tempore 
im  Gespräche  mit  oder  in  Briefen  an  Freunde  gemacht  hätte. 
Drucken  Hess  er  sie  nur  auf  Verlangen  seiner  Freunde.  Ge- 
widmet war  die  erste  Centurie  (es  folgte  nachmals  eine 
zweite  und  dritte)   dem  berühmten  Grazer  Arzte  Dr.  Samuel 


•®)  Vorrede  der  „Monosticha  extemporanea".  (Den  vollen  Titel  dieser 
und  aller  anderen  Dichtungen  Lebenwaldt's  findet  man  vorne  Seite  45 
verzeichnet.)  Diese  Sammlung  von  Sinngedichten  wurde  1685  von 
einem  ungenannten  Dichter  in  deutscher  Uebersetzung  publicirt  unter 
dem  Titel :  „Dess  berümten  gekrönten  Poeten  Adami  a  Lowenwaldt, 
Monosticha  extemporanea  von  einem  auss  der  Gesellschaft  Jesu  der 
Poeterey  Liebhaber  in  das  Teutsche  Übersetzt  und  in  Track  gebracht. 
(Durch  Joh.  B.  Mayr,  Saltzburgischen  Hoff-  und  Academischen 
Buchdrucker  und  Handlern.  Anno  1685.)  Die  vorausgestellte  Dedi- 
cation  in  deutschen  gereimten  Jamben  (Alexandrinern?)  ist  von 
Dr.  Lebenwaldt's  Leib-Buchdrucker,  dem  genannten  Mayr,  unterfertigt 
und  schliesst  ihre  gewaltige  Lobpreisung  mit  den  Versen: 

Indessen  lebe  wol!  Gott  wird  dir  ausserlesen 

Dess  Himmels  Bezoar,  die  besten  Edlgstein. 

Leb'  lang,  frisch  vnd  gsnnd!  lass  (wie  allzeit  gewesen) 

Mich,  kluger  Löwenwald!  in  deiner  Gunste  seyn/* 


—     99     — 

Eisenschmidt,  zum  Zeichen  ungeheuchelter  Aufrichtigkeit  (ger- 
mani  candoris)  in  brüderlicher  Liebe  und  collegialer  Freund- 
schaft. Diesen  wählte  er  sich  auch  zum  Gönner  seiner  Verse, 
indem  er  das  Distichon  „contra  Zoilum^^  voranstellte: 

Metrorum  Samuel  quod  si  foret  ipse  Patronus, 
Liber  ab  interitu  fit  mens  iste  liber. 

Ich  erwähne  dieses,  einerseits  um  zu  zeigen,  in  welchem 
Verhältnisse  Lebenwaldt  zu  Eisenschmidt  stand,  anderseits 
weil  sich  mir  die  Verrauthung  aufdrängt,  dass  auch  letzterer 
ein  Poet  gewesen  sei. 

Diese  Monosticha  waren  aber  keineswegs  die  erste  poeti- 
sche Publication  Lebenwaldt's,  doch  sind  dieselben  schon  des- 
halb bemerkenswerth ,  weil  sie  auf  Kosten  des  Salzburger 
Buchdruckers  Job.  Mayr  erschienen.  Daraus  kann  mit  Sicherheit 
geschlossen  werden,  dass  Lebenwaldt  bereits  eines  weiteren 
Rufes  genoss  und  sich  daher  mit  dem  Drucke  seiner  Werke 
eine  gute  Speculation  machen  Hess. 

Uebrigens  war  derselbe  damals  bereits  Poeta  laureatus. 
Selbstverständlich  galt  der  Lorbeerzweig,  mit  welchem  Kaiser 
Leopold  des  Poeten  Stirne  gekrönt  hatte,  nur  der  gelehrten 
lateinischen  Poesie,  musste  doch  jeder  Candidat  des  poetischen 
Lorbeers  nach  dem  Statute  Maximilian's  L  und  Ferdinand's  L 
an  der  Artisten  -  Facultät  zu  Wien  von  den  Professoren  der 
Mathematik  (!),  Redekunst  und  Dichtkunst  geprüft  werden. 

Lebenwaldt's  Epigramme  zeugen  nicht  nur  von  grosser 
Gewandtheit  im  Gebrauche  der  lateinischen  Sprache,  von  voller 
Vertrautheit  mit  den  alten  Dichtem,  von  denen  er  Homer, 
Virgil,  Horaz,  Ovid,  Seneca,  Juvenal,  Catull,  Martial,  Lucrez, 
Claudian,  Statins,  Lucan,  Owen  und  Bälde  mit  charakteri- 
sirenden  Distichen  bedenkt,  sondern  sie  verrathen  auch  die 
Bekanntschaft  mit  Opitz,  Fleming,  Peucker,  Zesen,  ZinkgreflF  u.  a. 
Zeitgenossen,  aber  auch  seine  religiöse  Gläubigkeit  und  den 
ihm  eigenthümlichen  Humor,  einen  schlagenden  Witz  und  wie 
es  beim  Epigrammatiker  sein  soll,  einen  scharfen  Blick  für  das, 
was  sich  vor  seinen  Augen  abspielt 

7* 


—      100     — 

Der  Literarhistoriker  Gervinus  erwähnt  in  seiner  „Ge- 
schichte der  deutschen  Dichtung^'  (III.  B.,  S.  306)  Lebenwaldt's 
„Adagia  selecta  et  illustrata"  neben  Zinkgrefifs  „Apophtbeg- 
mata"  und  neben  Bist,  der  ebenfalls  eine  Reihe  von  Sprich- 
wörtern zu  Epigrammen  erweitert  hatte,  als  Beleg,  „wie  Sprich- 
wort und  Epigramm,  Anekdote  und  Sinngedicht  vielfach  in 
einander  verlaufen". 

Es  ist  ein  missgünstiger  Zufall,  dass  diesem  gewiegten 
Kritiker  nicht  Lebenwaldt's  andere  epigrammatischen  Dichtungen 
in  deutscher  Sprache,  die  „Leoninische  Verss"  und  „Poetische 
Schimpf-  und  Ernst-Reden"  zur  Hand  kamen,  indem  dieselben 
(als  Manuscript  gedruckt)  eben  nur  in  dem  engeren  Kreise 
der  Freunde  Verbreitung  gefunden  hatten.  Gerade  in  diesen 
Sinngedichten  verräth  sich  der  dichterische  Beruf  Lebenwalds 
und  seine  Würdigkeit  in  der  deutschen  Literaturgeschichte 
einen  Platz  zu  finden. 

Verlangt  man  aber  mit  Recht  vom  wahren  Dichter  nicht 
bloss  Verstandespoesie,  sondern  auch  das  Walten  von  Phantasie 
und  Gemtlth,  so  kann  man  eben  in  Lebenwaldt's  „Poetische 
Reimgedicht  von  dem  lobwürdigen  Stand  des  lustigen  Mayr- 
schafftsleben"  (um  1674  gedichtet)  und  im  „Poetischer  Frülings- 
Spaziergang"  (etwa  aus  d.  J.  1690  stammend)  sehen,  wie  der 
Anblick  der  Natur  ihm  das  Herz  erwärmt,  die  Sinne  belebt 
und  die  Objecto  der  Beschauung  im  buntfarbigen  Lichte  der 
Phantasie  erblicken  lässt  Bewundernd  ruft  er  im  erstgenannten 
Gedichte  aus: 

„Schau,  wie  herrlich  herfür  blicket 
Die  Lilie,  der  Blumen  Kron\ 
Steht  mit  weissem  Atlas  gesticket 
Wie  eine  Königin  im  Thron, 
Rund  formirt  und  bundt  geziert 
Mit  vielen  gülden  Zepterlein 
In  der  Mitten  pflanzet  ein, 
Vber  alle  triumphirt 


—     IM     — 

Werffe  deine  Augen-Straalen 
Auf  die  zarten  Tulipan, 
So  Apelles  nit  kann  mahlen. 
Schau  auch  die  Narzissen  an! 
Jene  sind  Auffwarterin^ 
Diese  aber  Edelknaben, 
Die  air  zu  bedienen  haben 
Den  König  und  die  Königinn.'^ 

u.  8.  w. 

Dieses  Gedicht  zum  Preise  des  „Mayrschaftsleben"  hat 
Lebenwaldt  einer  Rosamunda  mit  der  Zuschrift  gewidmet : 

„Edle  Frau,  dass  diss  Gedichte 
Ich  zu  Euren  Ehren  pflichte, 
Geschieht,  weil  Ihr  dem  Mayr-schaiTt-Leben 
Seyt  gewogen  und  ergeben/' 

Wenn  man  die  absonderhchen  Trennungsstriche  in  der 
3.  Verszeile  und  den  dadurch  bewirkten  Doppelsinn  beachtet 
-  eine  Wortspielerei,  die  jener  Zeit  eignet  —  lässt  sich 
unschwer  herausdeuteln,  dass  Amor  denn  doch  den  Poeten 
in  einem  schwachen  Augenblicke  umgamt  hielt,  so  sehr  er 
auch  sonst  von  Frauenliebe  nichts  wissen  wollte. 

Der  aus  einer  viel  späteren  Zeit  stammende  „FrüHngs- 
spaziergang"  bewegt  sich  im  steifen  Alexandriner,  frohmuthig 
des  Lenzes  Lust  schildernd,  wie  z.  B.: 

„Der  Lufft  ist  Lieder  voll,  die  Lerch  vnd  Wachtel  singen, 
Gfabr  ist,  dass  nit  vor  Lust  die  Berg  und  Thäler  springen, 
Der  von  dem  Winter -Wind  vor  abgedorte  Walt, 
Wie  auch  der  schwartze  Busch  wird  grün  und  Wohlgestalt. 
Der  Baum  krauset  sich  auff,  last  seine  Locken  fliegen. 
Das  Laub  der  Westen -Wind  thut  hin  und  wieder  wiegen, 
Der  vor  war  grau  vnd  weiss  gibt  jetzt  ein  schön  Gezelt, 
Ach  wie  offt  süssen  Schlaff  der  Morpheus  da  anstelt" 

Im  Verlaufe  dieses  „Spaziergangs"  theilt  Lebenwaldt  mit 
dem  Witze   eines   P.  Abraham  a  Santa  Clara  die  botanische 


—     102     — 

Spende  des  Frühlings  aus,  wie  z.  B.  „Liebstöckel  vnd  Je-länger- 
je-lieber  den  Eheleuten ;  Ehrenpreiss  dem  Brautvolk ;  Körbel- 
kraut anstatt  des  Löffelkraut  den  Jungfrauen;  Rittersporn,  Aller- 
manns-Harnisch,  Sigmarwurtz,  Löwenzahn  den  Soldaten^^  u.  s.  w. 

Wie  bekannt,  halten  epigrammatische  Dichter  nicht  selten 
ihrem  Zeitalter  einen  Spiegel  vor,  um  der  Thorheit  und  Un- 
sitte ihr  Conterfei  ersichtlich  zu  machen.  Der  Culturhistoriker 
kann  daher  auf  diesem  Boden  zuweilen  nicht  ohne  Erfolg  eine 
Aehrenlese  halten.  Leben waldt  selbst  gesteht  zwar  von  seinen 
Sinngedichten,  dass  die  Pfeile  stumpf  und  die  Witze  harmlos 
seien,  da  er  Allusionen  mehr  als  Elusionen  liebe«  doch  findet 
sich  manches,  was  die  Leute  seiner  Heimat  und  Umgebung  kenn- 
zeichnet, und  es  möge  gestattet  sein,   einiges  herauszuheben. 

Die  böse  Welt  seiner  Zeit  presst  Lebenwaldt  die  „Ex- 
clamatio^^  ab: 

Tempora,  prob  Superi!  proh  quam  perverse  videntur! 
0  mores,  o  res!  ores,  ut  sint  meliores ' '*). 

Man  hört  stets  nur  Uebles: 
Quae  nova  sint  quaeris?  Mala  sunt;  ergo  nova  non  sunt; 
Nam  non  sunt  nobis  haec  nova,  quae  mala  sunt. 


^')  Zur  Krläuterung  dieses  Wehorufes.  kann  die  Schilderung  dienen, 
welche  Lebenwaldt  (im  „Arzneibuch",  Seite  515)  von  seinen  Zeit- 
genossen bei  dem  Anlasse  macht,  wo  er  von  den  Ursachen  der 
Krankheiten  zu  seiner  Zeit  handelt:  „Ich  will  hierin  ein  andere 
Ursache  herftirziehen,  welche  ein  grösseres  Fundament  hat:  Nemlich 
die  Gemtithß-Passionen,  welche  mehr  und  mehr  steigen.  Vor  Zeilen 
nahm  man  in  den  Mahlzeiten  Speiss  und  Trank  mit  guter  Einigkeit, 
es  wurde  kein  Judaskuss  oder  Stich  in  die  Joppen  gegeben,  Prisca 
iides  gehalten,  der  Schlaff  war  ruhig  etc.  Anjetzo  geht  man  oft  mit 
einem  zornigen  Rausch  in  das  Bett,  speculirt  die  ganze  Nacht^  wie 
man  dem  Gegentheil  wieder  eines  versetzen  möge.  Ambitio,  ira, 
avaritia,  vindictae  cupiditas,  odium,  amor  inordinatus  gehen  äi\jet20 
so  stark  im  Schwang,  dass  auch  der,  so  gerne  ruhig  leben  wollte, 
beunruhigt  wird,  es  crfahrens  diese  am  meisten,  welche  in  Officiis 
sitzen.  Dergleichen  Discurs  hab  ich  mir  getrauet,  auch  bey  hoben 
Standespersonen  vorzubringen  und  seyn  nicht  unrecht  gesprochen 
worden." 


—      103     — 

Die  Gefährlichkeit  chemischer  Heihnittel  geiselt  er  durch 
das  Wortspiel: 

In  chymicis  firiuam  mediis  spem  ponere  noli, 
Talia  relinquunt  mortuum  crebro  caput. 

Die  eitle  Vorliebe  deutscher  Männer  für  ausländische 
Tracht  tadelt  er  zu  wiederholten  Malen: 

Est  modus  in  rebus,  tarnen  experientia  raonstrat, 
Germanis  nuUum  in  vestibus  esse  modum. 

Ex  habitu  quodsi  Persona  agnoscitur  omnis, 
Personam  qualem,  die  mihi,  Teuto  gerit  ?  '*®) 

In  den  „poetischen  Schimpf-  und  Emstreden"  wird  der 
(Nr.  13)  „teutsche  Frantzmann'*  ermahnt: 

„Ein  Teutscher  sucht  herumb,  was  Kleyder  er  soll  tragen, 
Schier  alle  Länder  durch  thut  er  vmb  Modi  fragen. 
Das  Niederland  die  Haar,  Spanien  gibt  den  Bart, 
Die  andre  Tracht  muss  seyn  geformt  nach  Frantzen  Art. 
Sey  es  vnd  gehe  hin!  Das  sag  ich  nicht  aus  Schertz, 
Ach  halt  vnd  b'halt  allein  ein  redlichs  teutsches  Hertz." 

Die  langen  Röcke  der  Männer  (von  blauer  Farbe  mit 
rothem  Kragen  war  modern)  persiflirt  er  (ebendort  Nr.  42): 

„0  kluger  Männer  Fund,  der  Rock  verdeckt  den  Leib 
Bis  auf  die  Wadel;  weil  die  Hosen  hat  das  Weib." 

In  Betreff  der  steirischen  Ehefrauen  lässt  uns  Leben- 
waldt  manch'  Schlimmes  vermuthen,  zumal  wirft  er  denselben 
Untreue  und  Herrschsucht  vor.  Er  selbst  blieb  unverehelicht, 
denn  (ebendort  Nr.  86): 

„Freyen  benimmt  die  Freud ;  Freyheit  benimmt  das  Freyen ; 
Ach  wie  offt  bringt  es  Leid  den  Leuten  vnd  gross  Reuen." 

Zarter  drückt  Lebenwaldt  denselben  Gedanken  aus  in 
Uebersetzung  des  leoninischen  Verses  (Nr.  17):  Quot  campo 
flores,  tot  sunt  in  amore  dolores. 


'^  Dieses,   wie   alle  anderen  hier  angeführten  lateinischen  Epigramme 
sind  aas  den  „Monosticha". 


—     104     — 

„Tn  den  Feldern,  in  den  Wäldern,  wie  viel  man  Blümlein  findt, 
In  den  Herzen,    so  viel  Schmerzen,  wo  die  Lieb'  ihr  Feuer 

anzündf' 
Vom  „Weiber-Reichthurab"  gilt  (Schimpf-  und  Ernstreden 
Nr.  36): 

„Wann  dir  ein  Weib  zubringt  vil  Gelt  vnd  grosses  Gut, 
Gedenk  nur,  dass  sie  dich  zum  Gehorsam  bringen  thut 
Dann,  wenn  sie  schon  auch  war  in  aller  Tugend  fein, 
Muss  doch  gleichwohl  das  Gelt  allzeit  der  Meister  sein." 

„Epitaphium  male  conjugati." 

Una  mihi  vitam  dedit,  dedit  altera  mortem 
Femina,  scire  cupis!  Mater  et  Uxor  erat. 
Böse  ist  die  Forderung  „ad  Grammaticos" : 
Grammatici,  vestras-mutate  ah!  obsecro,  leges, 
Feminei  haud  virtus  amplius  est  generis. 
Auf  absonderliche  Vorkommnisse  deutet: 

Ancillae  dominis  nubunt,  famuli  dominabus. 
Cur?  Quia  servitiis  hoc  meruere  prius. 
Dass  es  mit  der  Wahrheitsliebe  und  Ehrlichkeit  nicht  gut 
ausgesehen  habe,  lehrt  ein  den  Historikern  gewidmeter  Vere : 
Historia  est  veri,  dicis,  narratio;  dico, 
Hujus  sunt  pauci  temporis  historici. 
Konnte  hier  mit  den  gegebenen  Proben  der  Dichter  einiger- 
massen   und  wenigstens   insoweit  charakterisirt  werden,   dass 
man  selbst  von  dem  gegenwärtigen  Standpunkte  der  Kritik  ans 
zugeben  muss,   er  verdiene  denn  doch  einige  Beachtung;  so 
fehlt  doch  leider  jede  Probe,  um  die  Angabe  zu  belegen,  dass 
Lebenwaldt  auch   ein   guter  Musiker  und  kunstreicher  Coin- 
positeur  gewesen  sein  soll.    Wir  müssen  es  seinem  gelehrten 
Biographen   in    den    oben    citirten   Ephemeriden    aufs  Wort 
glauben,  dass  er  ebenso  vortrefflich  die  Vocal-  wie  die  Instru- 
mental-Musik verstanden  habe,  dass  es  ihm  ausnehmend  gelang, 
den  Liedertexten  ebenso  elegante  als  wohlklingende  Melodien 
anzupassen  und  dass  er  endlich  schon  als  Student  ein  „gantzes 
musikalisches  Amt"  componirt  habe,  dem  der  Beifall  nicht  fehlte. 


—      105     — 

Lebenwaldt  selbst  spricht  von  dieser  seiner  Kunst  nur 
einmal,  indem  er  berichtet,  er  habe  „1680,  da  die  Pest  gras- 
sirete  *  V,  ein  Trostlied  zu  Ehren  der  h.  Dreifaltigkeit  und  Maria, 
der  Mutter  Gottes,  in  Krieg,  Hunger,  Pest  und  anderen  Trüb- 
salen  zu  singen,  componirt",  das  „in  der  wunderthätigen  Kirchen 
der  beil.  Dreyfaltigkeit  zu  Trofaiach  musicirt  wordenes  Höchst 
wahrscheinlich  war  auch  der  Text  dieses  Liedes  mit  sechs 
Strophen  und  Chor  von  ihm  selbst  gedichtet®^). 

Hiermit  möge  diese  Skizze  geschlossen  sein.  Gelang  es 
meiner  Feder  auch  nicht,  ein  klares  und  vollständiges  Bild 
unseres  verdienten  Landsmannes  zu  zeichnen,  so  wird  doch 
ein  und  das  andere  das  Interesse  für  denselben  geweckt 
haben.  Die  Mängel  in  der  Darstellung  mag  der  leoninische 
Vers  (Nr.  78)  entschuldigen :  Qui  pingit  florem,  floris  non  pingit 
odorem,  den  Lebenwaldt  übersetzte: 

„Die  Färb  und  Gestalt  entwirfift  der  Maler  nach  Gefallen; 
Aber  des  Blümleins  G'ruch  wird  er  nie  können  malen." 


^^)  Eben  aus  dieser  Pestperiode  stammt  die  an  der  Pfarrkirche  zu 
Vordernberg  noch  gegenwärtig  eingehaltene  Verbindlichkeit,  am  Feste 
des  h.  Sebastian  jedesmal  fnr  Dr.  Lebenwaldt  eine  h.  Messe  zu  lesen. 
Laut  einer  im  dortigen  Magistratsarchive  befindlichen  Urkunde  hat 
nämlich  Maria  Elisabeth  Gräfin  v.  Neidhart,  damals  Besitzern!  von 
Leopoldstein  bei  Eisenerz,  dem  Bürgerspitale  zu  Vordernberg  200  fl. 
legirt  mit  der  Verpflichtung,  aus  den  Interessen  die  besagte  Messen- 
Stiftung  zu  bestreiten. 

^-)  Arzneibuch,  Von  der  geistlichen  Trost -Cur  in  der  Pest,  Seite  321, 
wo  auch  der  Text  des  Liedes  zu  finden  ist. 


7^^ 


Sigismiind's  Grafen  v.  Auersperg  Tagebuch 

zur  Geschichte  der  französischen  Invasion  v.  J.  1797. 

VeröfiFentlicht  von  J.  KratochvriU. 

Revidirt  und  mit  Erläuterungen  versehen  von  Dr.  F.  R.  y.  Krones, 

d.  Z.  Vorstand  des  historischen  Vereines. 


Einleitende  Worte. 

Die  Geschichte  der  französischen  Invasion  des  J.  1797  ent- 
behrt noch  immer  einer  erschöpfenden  actenmässigen  Behand- 
hing. Insbesonders  gilt  dies  von  der  Thätigkeit  der  damaligen 
provis.  Landescommission  als  ausserordentlicher,  die  Regierung 
vertretender  Behörde  und  des  Magistrates  der  Hauptstadt.  Da^ 
in  Rede  stehende  „Tagebuch"  eines  Zeitgenossen  und  Mitghedes 
jener  Landescommission,  des  Grafen  Sigismund  Auersperg, 
für  den  wichtigsten  Zeitabschnitt  der  Invasion,  29.  März  bis 
4.  Mai  1797  „auf  Befehl  der  provisorischen  Landescommission 
verfasst",  wie  es  im  Eingange  heisst  —  erscheint  somit  als  eine 
officielle  Berichterstattung  und  Rechtfertigung  der  damals  fun- 
girenden  verantwortlichen  Organe  des  ständischen  Körpers  und 
der  Grazer  Bürgerschaft,  mit  Beischluss  aller  darauf  bezüglichen 
Actenstücke  als  Belege  der  Darstellung,  mit  dem  Zwecke  der 
Vorlage  des  Ganzen  an  Kaiser  Franz  II.  Indem  Herr  K  r  a  t  o  c  h- 
w  i  1 1  dem  Vereins- Ausschusse  seine  Abschrift  und  zur  Revision 
auch  ein  zweites  in  seinem  Besitze  befindliches  Exemplar  des  Ta- 
gebuches behufs  der  Textrevision  und  Veröffentlichung  in  den 
Vereinsschriften  zur  Verfügung  stellte,  erwies  er  der  Geschichts- 
kunde der  Steiermark  und  Oesterreichs  im  Allgemeinen  einen 
willkommenen  Dienst. 

Hier  sei  zur  Erläuterung  der  geschichtlichen  Sachlage  io  einer 
chronologischen  Skizze  der  Gang  der  französischen  Inva- 
sion gezeichnet,  wie  er  sich  vom  März  1797  an  ergibt.  Vom  2. 


—     107     — 

bis  8.  März  finden  wir  das  Hauptquartier  des  Oberfeldlierrn  der 
französischen  Republik  noch  in  Mantna;  den  10.  d.  M.  steht  es 
iüBassano;  11. — 16.  März  begleiten  wir  es  über  Asolo,  Viana, 
Conegliano  nach  S  a  c  i  1  e,  16.  — 20.  März  über  Pordenone,  Valva- 
sone,  Palmanuovay  Viscone  nach  G  ö  r  z.  In  den  nächsten  6  Tagen 
kommt  es  zu  den  Gefechten  mit  den  Truppen  Erherzogs  Karl  bei 
Ponteba,  an  der  Klause,  bei  Tarvis.  Vom  26. — 30.  März  befindet 
sich  Napoleon  Bonaparte  in  Yillach,  30.  März  bis  2.  April  zu 
Klagenfnrt,  von  wo  der  General  en  chef  (31.  März)  das  salbungs- 
volle Schreiben  an  £rzh.  Karl  als  Beweis  der  „Friedensliebe^S  ander- 
seits (1.  April)  au  das  „Volk  von  Kärnten"  den  „Aufruf**  erlässt, 
der  französischen  Republik  als  „Freundin  aller  Nationen  und  ins- 
besondere der  braven  deutschen  Völker"  zu  vertrauen.  Er  verfügt 
die  Bildung  eines  „gouvemement  Central"  aus  zehn  Vertrauens- 
männern, mit  dem  Fhm.  von  Ankershofcn  (d'  Ankershoven)  an  der 
Spitze,  zur  Gesammtverwaltuug  Kärntens.  Ein  gleiches  soll  General 
Bcrnadotte,  der  in  Krain  eingebrochen  war,  hier  zu  Lande  einführen. 
General  M a s s e n a  erhält  die  Aufgabe,  die  Routen  Klagenfurt- 
Marburg  und  St.  Veit-Neumarkt-Unzmarkt  zu  beherr- 
Hben.  1.  April  wirft  er  die  Oesterreichcr  in  der  Gebirgsenge  zwi- 
schen Friesach  und  Neumarkt  zurück.  General  Chabot  wird  von 
Fricsach  aus,  wo  Bonaparte  2.,  3.  April  weilt,  herangezogen, 
Massena  an  die  Mur,  Guieu  nach  Neumarkt  beordert,  Bernadötte 
soll  mit  Zurücklassung  genügender  Besatzung  aus  Krain  herbei- 
rucken, die  Linie  Klagenfurt  -  Laibach  freihalten,  die  Strasse  nach 
Cilli  und  Marburg  recognosciren.  4.  April  steht  Bonaparte  bei 
Scheifling  und  dirigirt  die  Avantgarde  des  Gen.  Bon  gegen  Murau, 
Massena  nach  Judenburg.  Letzterer  hat  die  Rottenmann-Zeiringer 
Passage  zu  halten  und  Knittelfeld  zu  besetzen.  Der  Feind  steht 
bald  mitten  im  Lande.  6.  April  gibt  noch  von  Scheifling  aus  Bona- 
partc seine  Befehle  an  Massena,  Chabot,  Guieu,  Bon  und  Dom- 
browski  zur  Besetzung  des  oberen  Murthaies  von  Tamsweg  bis  Ju- 
denburg und  der  beiden  Tauernstrassen;  7.  April  steht  sein  Haupt- 
quartier schon  in  Judenburg,  von  wo  aus  er  an  die  österr. 
Generäle  Bellegarde  und  Merveldt  des  Waffenstill- 
i^tand  e  s  wegen  schrieb.  Derselbe  wurde  in  der  That  für  die  Zeit 
vom  7. — 13.  April  also  auf  6  Tage  abgemacht  und  die  Dem ar- 
<^ationslinie  festgestellt.  Als  Punkte  derselben  auf  französischer 
Seite  finden  wir  Windischfeistritz,  Marburg,  Ehren- 
Jansen,  Graz,  Brück,  Leoben,  Trofaiach,  Mautern, 
S.  Michael,  Rottenmann  und  Irdning  angesetzt. 


—     108     — 


Tage  Buch  über  die  Gfeschichte  hey  einitlGkuiig  der  feind- 
lich französischen  Truppen  in  dieser  Haupt  Stadt  6rraz  bis 
zum  gsBnzlichen  Abzug  derselben.  Im  Jahre  1797. 


Journal 

oder 
auf  Ackten  gegründete  Darstellung  alles  dessen,  was  sieb  in 
dem  Bezirke  der  Stadt  Graz  und  dem  lande  Steyerraarks  von 
dem  Zeitpunckte  an,  da  alle  Landesfürstliche  Stellen  aufgelöset 
und  abgerufen  wurden,  vor  und  während  der  besiznehmung 
der  Stadt  von  den  französischen  Kriegsherren  und  nacher 
bis  zur  Wiederherstellung  des  K.  K.  Guberniums  zugetragen 
hat,  nebst  einer  vorhergehenden  Einleitung,  die  alle  vorläufig 
von  den  Ständen  und  dem  Magistrate  der  Landesfbrstlichen 
Hauptstadt  diesfalls  getrofenen  Fürkehrungen  enthält,  ange- 
fangen von  29.  Märtz  und  beschlossen  am  4.  May  des  Jahren 
1797.  Auf  Befehl  der  provisorischen  Landes  Kommission  ver- 
fast  von  Sigmund  Grafen  v.  Aiiersperg. 

Die  Gegenstände,  welche  dieses  Journal  oder  diese  Historische 
auf  ackten  gegründete  Darstellung  iu  sich  fassen  muss,  lassen  sich 
am  ffiglichsten  in  vier  Zeit  Räume  abtheillen,  woraus  eben  soviele 
Abschnitte  dieses  Journals  entstehen. 

Der  erste  Zeitraum  oder  Abschnitt  enthält  die  vorlenfigen 
von  den  Herren  Ständen  und  dem  löblichen  Magistrate  dieser 
Haubstadt  getrofenen  Einleitungen  für  den  Fall,  wo  die  Landes- 
fürstlichen Stellen  und  die  denselben  untergeordneten  Landesfürst- 
lichen Aemter  aufgelöset  und  abgerufen  und  auch  das  K.  K.  Militär 
General-Comando  mit  den  mit  selben  verbundenen  Militär  Aemteni 
und  der  hier  bestandenen  K.  K.  Garnison  von  hier  abzoziehcu 
befehliget  wurden,  dieser  begint  mit  dem  29.  Märzen  imd  endet 
sich  am  4.  April. 

Der  zweyte  Zeit  Raum  oder  Abschnitt  enthält  die  Masneh- 
mungen,  welche  von  der  provisorischen  Landes  Kommission  mit 
beiwirknng  des  Magistrats  in  der  Zwischenzeit  von  Entfehrnung 
der  k.  k.  Landesstellen  und  des  Militärs  bis  zur  y?ircklichen  Ein- 
rückung der  französischen  Kriegs  Völcker  genohmen  wurden,  be- 
gint mit  dem  vierten  und  endet  sich  mit  dem  10.  April. 


—     109     — 

Der  dritte  Zeit  Raam  oder  Abschnitt  fasset  in  sich  alle 
Verhandlungen  Farkehrungen  und  Anordnungen,  welche  die  provi- 
sorische Landes  Kommission  einverständlich  mit  dem  magistrat 
während  des  hierseyns  der  französischen  Truppen  von  ihrem  ersten 
Einmarsch  angefangen  bis  zum  letzten  Abzüge  derselben  getrofen 
iiat.  Solcher  fängt  mit  dem  10.  April  an  und  dauert  bis  30.  des- 
!^elben  Monats. 

Der  vierte  und  letzte  Zeit  Raum  oder  Abschnitt  endlich 
begreift  alles  das  in  sich,  was  von  dem  Tage  des  Ausmarsches  der 
französischen  Kriegs  Völker  bis  zum  Tag  der  zurfickkehr  und 
Widerherstellung  der  k.  k.  Landesstellen  veranlasset  worden,  und 
enthält  die  Zwischenzeit  vom  30.  April  bis  4.  May. 

Der  erste  dieser  Zeit  Räume  oder  Abschnitte  kan  als  vor- 
hergehende Einleitung  dieses  Journals  angesehen  werden  und  ist 
om  so  wichtiger  und  nötliiger,  da  selber  so  manche  Fürkehrungen 
aiid  Masnehmungen  enthält,  deren  nützliche  Veranlassung  einzeln 
in  den  anderen  Zeit  Räumen  zur  Reife  gediechen,  und  wurde  aus  dem 
Grande  um  so  ausführlicher  behandelt,  als  solcher  die  ächten,  ofe- 
nen,  biederen  alle  ihre  Handlungen  in  diesen  so  betrübten  als  ge- 
fahrvollen Zeit  lauften  bezeichnenden  Gesinnungen  und  Gefühle  der 
Herren  Ständen  sowohl  alss  der  gesamten  Bürgerschaft  und  so  vieler 
einzelner  Glieder  derselben  in  das  volle  Liecht  setzet  und  zum 
unverfälschten  Masstab  dienen  muss :  nach  welchem  man  alle  ihre 
Fargänge  auf  der  gefahrvollen  bei  jeden  Schritt  mit  Stöhnender 
Ungewissheit  schreckenden  Bahn,  auf  welcher  nur  ihre  unerschütter- 
liche Treue  gegen  ihren  Landesfürsten  die  gerechteste  Liebe  zu 
ihren  Vaterland,  ihre  Eigene  Rechtschafenheit  und  Biedersinn  zum 
Wegweiser  übrig  blieb  und  Sie  leiten  muste,  abmessen  und  beur- 
theiUen  kann. 

Erster  Abschnitt 

Unterm  29.  März  1797  versammelten  sich  die  Bürger 
der  Landeshauptstadt  unter  dem  Vorsitz  ihres  Bürgermeisters 
zuin  erstenmal  in  einer  ausserordentlichen  Zusammentretung 
der  ganzen  Bürgerschaft,  um  jene  Vorkehrungen  zu  entwerfen 
und  vorzubereiten,  die  für  die  Sicherheit  der  landesfürstlichen 
Hauptstadt  bei  dem  gefahrvollen  immer  näher  rückenden  Zeit- 
punkt der  möglichen  Besetzung  derselben  von  feindlichen  Kriegs- 
heeren nöthig  und  vortheilhaft  wären. 

Man  berathschlagte : 

1.  wie  der  Emigration  der  vermöglichsten  Inwohner  vor- 


—      110     — 

gebeugt  werden  könne,  weil  durch  deren  Entfernung  zu  be- 
fürchten wäre,  dass  die  Kriegslasten  hauptsächlich  nur  die 
Anwesenden  drücken  dürften,  und 

2.  welche  Vorsichten  zur  Erhaltung  der  inneren  Sicher- 
heit und  Ruhe  bei  dem  Ausmarsche  der  k.  k.  Garnison  zu  er- 
greifen wären. 

Unterm  30.  März  wurden  über  diese  beiden  Oegenständo 
an  Se.  Excellenz  den  Herrn  Gouverneur  das  Ansuchen  der 
Bürgerschaft  mittelst  einer  Deputation  gestellt  ^dass  Niemand 
von  den  vermöglichen  Inwohnern  der  Stadt,  mit  Ausnahme 
jener  die  von  Amtswegen  abwesend  sein  müssen,  die  Stadt 
verlassen  dürfe,  ohne  mit  einem  Abzugspass  versehen  zu  sein. 
welchen  er  nur  gegen  vorläufige  Sicherstellung  für  den  ihn 
allenfalls  trefenden  verhältnissmässigen  Requisitions-  oder 
Brandschatzungs-Antheil  erhalten  könne  ^. 

Da  seine  Excellenz  Herr  Gouverneur  hierüber  die  Anzeige 
nach  der  höchsten  Behörde  machen  und  die  Allerhöchste 
EntSchliessung  abwarten  zu  müssen  sich  äusserte,  so  wurde 
hierüber  über  diesen  Gegenstand  nichts  weiter  veranlaset  und 
jede  diesfällige  Masnehmung  unterblieb  auch  in  der  Folge,  da 
keine  weiteren  höcheren  befehle  hierüber  erfolgten. 

In  Ansechung  der  Vorsichten  zur  Erhaltung  der  inneren 
Ruhe  und  Eigenthums  Sicherheit  wurde 

1.  von  Seite  des  Magistrates  an  das  Gubemium  die 
Bitte  um  Beibehaltung  der  bisher  bestandenen  k.  k.  Polizei 
Direction  sammt  der  ihr  untergeordneten  Mannschafft  gestellt 

2.  Die  bessere  Organisirung  der  schon  bestehenden 
3  bürgerUchen  Corps  vorgenohmen  und  beinebst  das  4.  Corps 
unter  der  allgemeinen  Stadtfahne  versammelt.  Um  selbe  zu 
dem  für  die  eintrettenden  Umstände  nöthigen  Fall  zu  vermehren, 
wurde  eine  Vorladung  an  die  Stadt  -  Inwohner  verfasst,  Herr 
Franz  Kaspar  Dobler  zum  Obersten  und  Komandanten  der 
ganzen  bürgerlichen  Miliz  von  dem  Magistrat  und  der  Bürger- 
schaft ernannt  und  von  der  provisorischen  Landes  Kommission 
bestättiget ;  und,  um  die  nöthige  Ausrüstung  dieser  Bürgerwache 
zu  erbalten,  ein  Theil  der  Rüstung  vom  k.  k.  Zeugamte  um 


—   111    — 

den  Preis  von  572  fl.,  welche  verschiedene  Bürger  und  bür- 
gerliche Stände  und  Innungen  aus  ihren  Eigenem  hergeschen- 
ket,  erkauft,  ein  Theil  auch  von  den  Herren  Ständen  aus 
ihrem  Zeughause  erbetten. 

An  diesem  Tage  machten  die  Herren  Stände  in  einigen, 
mit  mehreren  Mitgliedern  des  Gubemiums  unter  dem  Vorsitz 
Sr.  Excellenz  des  Herrn  Gouverneurs  gehaltenen  Zusammen- 
trettung  den  Vorschlag  für  den  eintretenden  Fall  des  Abzuges 
des  Gubemiums  in  der  Hauptstadt  des  Landes  eine  Deputation 
oder  Kommission  zu  errichten  und  selbe  mit  einem  fürnemlich 
für  die  Zwischenzeit  bis  zum  Einrücken  des  Feindes  nöthigen, 
und  vielleicht  auch  zur  Abwendung  grösseren  Schadens  die- 
nenden Geld  Vorrath  von  etwa  40000  fl.  zu  versehen. 

Diese  Kommission  sollte  aus  5 — 6  angemessenen  Mit- 
gliedern vom  geistlichen  Herren  und  Ritterstande,  dann  einigen 
Vertrauten  und  begüterten  Männern  aus  der  hiesigen  Bürger- 
schaft bestehen,  für  das  Land  das  Wort  führen,  die  von  dem 
Feinde  verlangt  werdenden  Gontributionen  oder  Bequisitionen 
so  viel  als  möglich  nach  einem  billigen  Ebenmass  vertheillen, 
und  ausschreiben,  somit  der  sonst  unvermeidlichen  Anarchie, 
Ungleichheit,  zu  Grunderichtung  einiger,  und  unbilliger  Er- 
leichterung anderer  Gültens  Besitzer  steuern,  das  Landesbeste 
im  allgemeinen  und  besonderen  nach  aller  Möglichkeit  be- 
fördern, und  Schaden,  Nachtheil  und  unbilligen  Druck  bei  jeden 
vorkommenden  Fall  zu  hindern  suchen. 

Dieser  Vorschlag  wurde  an  die  höchste  Behörde  mittelst 
eines  eigenen  Couriers  abgesandt,  und  kommt  die  diesfällige 
Erledigung  weiter  vor. 

Den  31.  März  wurde  in  Erwägung:  dass  Salz  und  Toback 
unter  die  nöthigsten  Bedüiihisse  des  Lebens  gehören,  und 
diese,  da  die  diesfälligen  k.  k.  Aemter  ebenfalls  mit  ihren 
Vorräthen  abziehen  sollten,  nothwendiger  Weise  fehlen  müssten, 
von  Seite  des  Magistrates  und  der  Bürgerschaft  einverständlich 
mit  den  Herren  Ständen,  um  dennoch  das  Publikum  in  der 
Zwischenzeit  damit  hinlänglich  zu  versehen,  die  Vorsicht  ge- 
braucht,  dass  nämlich   zwei  Handelsmänner  und  Bürger  der 


—     112     — 

Stadt,  nämlich  Herr  Josef  Dobler  und  Jacobin  unter  der 
Uebersicht  des  Handelsmannes  Johann  Mitschek  im  Namen 
derselben  und  der  Bürgerschaft  die  in  der  hier  befindlichen 
löblichen  Tobaksniederlage  vorfUndigeu  Vorräthe,  nenilich  an 
gepeitztem  Schnupftobak  26443  /f,  an  Hannauer  und  Anob 
3409  ^,  an  Rollen  und  Stämmen  24482  ß  und  an  Kreuzer- 
biefen  505000  Stücke  unter  folgenden  Bedingnissen  über- 
nehmen sollten: 

a)  um  den  auf  die  halbscheid  herabgesetzten  Preis,  b)  mit 
Beibelassung  des  b^/o  Gutgewichtes  und  der  5%  Provision, 
c)  mit  Ueberlassung  zweier  Manipulationsbeamten,  d)  gegen 
Rückname  des  überbleibenden  und  bei  Rückkunft  des  Amtes 
vorhandenen  Vorrathes,  es  möge  solcher  noch  gut  oder  ver- 
dorben sein  um  den  oben  bestimmten  Preis,  e)  dass  die  Zali- 
lung  des  abgesezten  Betrages  bei  gänzlicher  Verrechnung  und 
Wiedereintritt  des  Amtes  zu  bestehen  habe,  das  in  Feindes- 
hand gerathene  oder  von  demselben  gewaltsam  weggenohniene 
aber  nicht  vergütet  worden  dürfte  und  f)  dass  für  alle  diese 
Versprechen  die  Stände  sowohl  als  der  Magistrat  und  die 
Bürgerschaft  garantiren  müssten. 

Weiters  erliess  der  Stadt  Magistrat  an  alle  gegen  Ober- 
steier liegenden  benachbarten  Magistrate  und  Werbbezirke  ein 
Sendschreiben  um  dieselben  zu  ersuchen,  ihn  von  Zeit  zu  Zeit 
jeden  wichtigen  Vorfall  entweder  durch  die  Briefpost  oder  durch 
eigene  Bothen  zu  berichten,  um  im  Stande  gesezt  zu  sein,  zii 
verhüten,  dass  die  Inwohner  dieser  hauptstadt  weder  durch 
falsche  und  ungegründete  Nachrichten  irre  geführt,  noch  audi 
durch  Vorenthaltung  der  wahren  Beschafenheit  soi^los  gemacht 
und  auch  der  Magistrat  im  Stande  gesezt  werde,  in  diesem 
zwey  deutigen  Verhältnuss  entsprechende  Fürkehrungen  zutreffen. 

Am  1 .  April  versammelten  sich  die  Stände  in  einem  ausser- 
ordentlichen Landtag,  zu  welchem  auch  der  Bürgermeister  der 
Stadt  Graz  eingeladen  wurde.  Der  Gegenstand  desselben  war 
die  Berathschlagung  und  gemeinschaftliche  Uebereinkunft  über 
verschiedene  von  den  Ständen  und  der  Bürgerschaft  voraus 
bearbeitete  Masnehmungen. 


—  11^  — 

Es  warde  darin  vom  Herrn  Bürgermeister  die  Anzeige 
aber  die  im  Vergleiche  mit  dem  öffentlichen  Bedürfiiisse  in 
zu  geringer  Menge  im  Umlauf  befindliche  baare  Münze  gemacht, 
and  um  diesfällige  um  so  schieinigere  Abhilfe  gebeten,  weil  wirk- 
lich schon  die  Bankozettel,  welche  in  gehäufter  Menge  im 
Umlauf  waren,  mit  einigem  auch  nicht  unbeträchtlichen  Rabat 
ausgewechselt  würden. 

Diesem  zu  Folge  wurde  der  Herr  Gouverneur  durch  eine 
aus  dem  Landtag  eigens  abgesandte  Deputation  ersucht,  dass 
aus  denen  schon  in  Abzug  begriffenen  aber  noch  voriindigen 
Kamendkassen  wie  nicht  minder  aus  den  hiesigen  und  hieher 
geflüchteten  und  mit  den  ersteren  wieder  weiter  zu  gehen 
habenden  Krainerischen  landschaftlichen  Kassen  der  Vorrath 
an  baarer  Münze  zur  Auswechslung  der  Bankozettel  verabfolgt 
werden  möchte.  Der  Herr  Gouverneur  bewilligte  es  sogleich 
und  an  eben  dem  Tage  noch  begann  die  diesfäUige  öffentliche 
Einwechslung. 

Die  Uebemahm  aber  aller  in  den  k.  Proviant  Magazinen 
heftlndlichen  Vorräthe  auf  Rechnung  der  Stadt  und  Bürger- 
schaft, und  unter  der  Garantie  aller  4  Stände  wurde  von  dem 
Bürgenneister  ebenfalls  vorgeschlagen,  und  da  man  durch  die 
vorsichtige  Einleitung  einestheils  zu  Gunsten  des  allerhöchsten 
Aerars  die  beträchtlichen  Vorräthe,  die  nicht  leicht  mehr 
wegen  der  Menge  fortgeschaffet  werden  konnten,  und  zu  deren 
Vernichtung  auf  diesem  Falle  die  gemessensten  Befehle  nach 
dem  Beispiele  anderer  Länder  ertheilt  waren,  erhalten,  andern- 
theils  aber  auch  die  Stadt  sowohl,  als  die  benachbarten  Ge- 
genden von  der  drohenden  Gefahr  aus  Mangel  an  genügsamen 
Vorräthen  den  viellfältigen  nicht  leicht  abzuzwingenden  For- 
derungen eines  übermüthigen  uM  zügellossen  feindlichen  Kriegs- 
Volcks  nicht  genugthun  zu  können  (ver)-sicherte,  so  wurde  ebenfalls 
dieser  Uebemahm  der  Kais.  Vorraths  Magazine,  so  wie  jener 
des  Salz  und  Toback  unter  die  Garantie  aller  4  Stände  beschlos- 
sen, und  die  diesfalls  nöthige  Vorkehrung  mit  Einverständniss 
und  Begenehmigung  der  Landesstelle  mit  vereinten  Kräften  ins 
Werk  gesetzt  Endlich  wurde  auch  beschlossen,  dass  die  Be- 

lIitUi«U.  dM  Uit  Vereint  f.  SUiermftrk,  XXVIU.  Heft,  1880.  8 


—     114     - 

nennung  der  Glieder  der  Commission,  welche  die  Leitung  der 
Geschäfte  des  Landes  nach  Abgang  der  landesfUrsUichen  SteUen 
übernehmen  sollte,  gemeinschaftlich  von  dem  Herrn  Gouverneur, 
dem  Herrn  Landeshauptmann  und  dem  Stadtbürgermeister  zu 
beschechen  habe. 

Dies  waren  die  Hauptgegenstände  dieser  lezten  Ver- 
Sammlung  der  Herren  Stände,  in  welcher  so  manche  ver- 
schiedene oft  sich  kreuzende  Empfindungen  die  Herzen  der 
Anwesenden  durchbebeten. 

Der  minder  herzhaftere  sach  den  Greul  der  Verwüstung 
des  ruchlosen  Kriegs  Volcks  in  so  mancher  deutschen  Staiir 
auch  schon  auf  unsere  Vaterstadt  heranrücken  und  erwartete 
mit  thränendem  Auge  das  Loos  derselben,  der  beherztere 
konnte  sich  doch  des  Gedanckens  nicht  erwehren,  dass  selbst 
ein  schonender  Feind  ftirchterlich  seye,  und  die  bedencklich- 
sten  Folgen  nach  sich  ziehe.  Dieser  dachte  auf  persönliche 
Sicherheits  Anstalten,  auf  Rettung  des  Eigenthums,  jener  auf 
Mittel  die  bevorstehenden  Lasten  für  niemanden  zu  drückend 
und  so  viel  möghch  gleich  vertheilend  zu  machen.  Dieser 
strengte  seine  Geisteskräfte  dahin  an,  die  möglichen  Fälle,  die 
da  sich  ergeben  könnten,  voraus  zu  ordnen  und  die  möghch 
nöthigen  Vorkehrungen  anzugeben.  Jener  fühlte  den  inern 
Muth,  der  seinem  Herze  bei  den  Bild  der  Traurigen  Zukunft 
beinahe  entsunken  war,  durch  die  gemeinschaftliche,  jede  Gefahr 
trozende  Entschlossenheit  seiner  Landesleute  wieder  gestärckt. 
jeder  der  anwessenden  hatte  verschiedene  ßegriefe,  Empfin- 
dungen und  gedancken,  aber  der  Punckt,  auf  den  alle  Herzen 
zusamentrafen,  der  Gedancke,  an  den  sich  alle  andern  reyheten, 
das  Gefühl,  was  jede  Bnist  mit  gleichlautenden  schlage  durch- 
bebte, die  Empfindung,  die  jedes  Herz  mit  neuer  Schneikraft 
durchzitterte,  war  der  Wunsch,  der  Gedancke,  die  Bitte,  noch 
einmahl  zum  Thron  unsers  geliebten  Landes  Vaters  den  Schwur 
der  unverbrüchlichsten  Treue,  der  inigsten  biedersten  aufrich- 
tigsten Anhängigkeit  und  des  ewigen  unverbrüchlichsten  Gehor- 
sames zu  bringen,  selben  um  seinen  Schuz  und  Gnade  dringenst 
anzuflechen  und   die   Ehrfurchtvolleste  dringendste    und  aus 


—     115     — 

tliränenden  Auge  so  vieler  Tausenden  entlokte  Bitte  an  sein  Ya- 
terherz  zu  wagen,  uns  sobald  möglich  den  Frieden  zu  schencken. 
In  der  Versammlung  selbst  ward  der  Aufsacz,  der  diese 
Gefühle  und  Empfindungen  verdolmetschen  solte,  von  Sr.  Ex- 
cellenz Grafen  von  Schrottenbach  entworfen,  zu  Papier  gebracht, 
von  samentlichen  anwesenden  Gliedern  unterfertiget  und  durch 
einen  sich  freiwillig  darzu  erbietenden  Landstand,  Herrn  Leo- 
pold FreiheiTn  von  Stubenberg,  dem  österreichischen  Land- 
marschall Grafen  Khevenhüller  mit  der  Bitte,  als  hiesiger 
Landstand  solche  Sr.  Majestät  zu  behändigen,  überschicket. 

An  eben  diesem  Tage  und  in  Verfolg  der  oben  ange- 
führten Masnehmungen  wurde  von  der  hiesigen  Beckerzunft 
in  Corpore  der  vorfindige  in  beiläufig  1042  Ztr.  bestehende 
Salzvorath  vom  k.  k.  Salzamt  unter  folgenden  Bedingungen 
übemohnien:  A.  der  Ztr.  pr.  4  fl.  B.  dass  selber  bei  jedes- 
maliger Fassung  zur  haaren  Zahlung  des  gehobenen  Betrages 
verbunden  sein  solle.  C.  dass  selbe  die  Regie  aus  eigenen  zu 
bestreiten  habe,  und  für  die  remanenz  ausser  den  ausseror- 
dentlichen Fällen  von  feyer  und  Feindesgefahr  in  Solidum  zu 
haften  haben.  1).  das  nach  Rückkehr  des  k.  k.  Salzamtes  das- 
selbe den  in  Natura  verbliebenen  Salzrest  es  möge  selber  gut 
oder  beschädiget  sein,  um  den  nemlichen  dermaligen  üebergabs 
Werth  zurückzunehmen  verpflichtet  sei. 

Ebenso  wurden  über  Ansuchung  des  k.  k.  Verpflegs  Ma- 
gazins zu  dessen  Uebernahme  5  Bürger  u.  z  Herr  Joseph 
Stahl  als  Kommissär  und  die  Herren  Göttinger  und  Johann 
Pfefer,  Beckenmeister,  Herr  Diefenbacher  und  Lensacher,  Brau- 
meister und  Gastgeber,  bestimmt,  welche  den  vorfindigen  Ma- 
|2[azins  Vorrath  ordentlich  beschrieben,  denselben  in  verschiedene 
Orte  überbringen  Hessen,  und  das  mit  ämtlichen  Gegenschein 
zweifach  ausgefertigte  Uebemahms  Inventarium  vorlegen  sollten. 
^Qs  diesem  letzteren  ergab  sich,  dass  an  Mehl  523  Fässer 
und  3750  Säke  mit  6791  Ztr.,  an  Heu  3600  Ztr.,  an  Haaber 
1647  Säke,  an  Korn  3828  Metzen  in  2550  Säken,  an  Gersten 
^12  Metzen  in  406  Säken,  an  Kleien  193  Ztr.,  an  Bettfumi- 
turen  243  Colli  übernohmen  wurden. 

8* 


—     116     — 

Man  vertheilte  diese  Vorräthe,  so  viel  es  die  Zeit  znliess, 
und  nahm  mit  der  Yerfllhrung,  wozu  die  Inwohner  der  Stadt 
jeden  Standes  Bespannung  und  Wägen  hergaben,  aufkommen 
konnte  (sie!)  in  verschiedene  Orte  und  Depositorien ,  um 
durch  diese  Vorsicht  bei  eintrettenden  Fall  des  Einmarsches 
der  französischen  Truppen  solche  in  die  mehrere  üeberzeigung 
zu  bringen,  dass  diese  Yorräthe  keineswegs  dem  Landesf&rsten 
zugehörten,  sondern  dass  sie  nur  Privateigenthum  der  Bürger- 
schaft wären,  und  daher  desto  gewiser  vor  gewaltthätiger  Weg- 
nahme geschüzt  werden.  So  wurde  ein  grosser  Theil  Mehl  bei 
dem  Braumeister  Rechenzan  ein  anderer  bei  den  P.  P.  Francis- 
canem  und  mehr  als  \\  des  ganzen,  bei  6  hiesigen  Müllnem 
verlegt  Vom  Haaber  ward  ebenfalls  ein  grosser  Theil  bei  Herrn 
Rechenzan  verborgen,  und  mehrere  Privatpersonen  hatten  kleine 
Parthien  in  ihre  Wohnungen  unter  dem  Versprechen  der  ZurQk- 
stellung  übemohmen. 

Am  2.  April  Erhielt  der  Herr  Landeshauptmann  vom 
Minister  Grafen  Lasanzki  den  Auftrag,  sowohl  die  an  selben 
angewiesene  krainerische  als  auch  die  steierm.  stand.  Kassen 
und  die  wichtigsten  stand.  Schriften  und  Blicher  nach  Wien 
abzuschiken,  dann  die  in  dem  stand.  Zeughause  befindlichen 
brauchbaren  Waffen  an  das  Militär  abgeben  zu  lassen. 

Dem  stand.  Kollegium  wurde  Überlassen  wenn  der  Feind  nach 
Graz  kommen  sollte,  auseinander  zu  gehen  und  jeden  Gtiede  des- 
selben an  den  Ort  sich  zu  begeben,  wo  es  seine  Umstände  und 
Verhältnisse  räthlich  machten.  Die  ersten  zwei  Punkte  dieser 
Verordnung  wurden  in  den  folgenden  Tagen  in  Erfüllung  ge- 
bracht, über  die  allfällige  Entfei-nung  der  Mitglieder  des  stand. 
Ausschusses  und  der  Verordneten  Stelle  aber  glaubte  jedes  Indi- 
viduum derselben  es  seiner  Pflicht  gemäss  zu  seyn,  seine  Vater- 
stadt nicht  in  den  gefahrvollen  Augenblick  verlassen  zu  dürfen, 
wo  das  Vaterland  die  dringendsten  und  gerechtesten  Ansprüche 
auf  .iedes  einzelnen  Statsbürgers  thättige  und  unermüdete  ge- 
w  ^nschäftliche  Verwendung  zum  allgemeinen  besten,  zu  den 
.rhabenen  einzig  zu  beaugenscheinigenden  Zweck,  Ruch  und 
Ordnung  zu   erhalten,   mit  so  vieler  billigkeit  machen  könta 


—     117     — 

Gemeinschaftlich  war  also  von  sämmtl.  Mitgliedern  der  stand. 
Kollegien  der  Beschluss  gefast,  ihre  Vaterstadt  nicht  zu  ver- 
lassen, und  jeder  insbesondere  erboth  sich,  und  war  bereit, 
das  Seine  zum  allgemeinen  Besten  nach  Möglichkeit  und 
Kräften  beizutragen.  Jeder  blieb  seinem  Entschlüsse  getreu  und 
erprobte  bei  jedem  sich  nacher  ergebenden  Fall,  wenn  sich 
eine  Gelegenheit  dazu  erboth  oder  man  seine  mitwirckung  auf- 
forderte, dass  ihm  jede  Art,  dem  Vaterlande  nützlich  zu  seyn, 
erwünscht  und  willkommen  sey. 

Unser  würdigster  Fürstbischof  als  erster  Landstand  und 
Ausschuss  Rath  gab  das  erhabene  Beispiel  der  Standhaftesten 
Beharlichkeit,  und  sein  edles  mahnhaftes  und  Einsichtsvolles 
Betragen,  mit  dem  er  in  diesen  so  zweifelhaft  alss  gefährlichen 
Zeitpunckt  der  ihm  untergebenen  Geistlichkeit  Lehrer  und 
Beispiel  war,  muste  bei  der  seinen  Hirtenstabe  anvertrauten 
Volksmenge,  die  Verehrung,  Liebe  und  Anhänglichkeit  ver- 
mehren, die  ihm  dieselbe  mit  so  vielen  Rechte  zollet  und  hatte 
die  Folge,  dass  auch  die  unterstehenden  Seelsorger  ihre  Pfarr- 
gemeinden nicht  Verliesen  und  sie  mit  Leitung  und  mitwirckung 
unterstüzten. 

An  eben  diesem  Tage  erschien  vom  Magistrate  eine  ge- 
druckte hier  unter  Nr.  1  beigebogene  Nachricht,  wodurch 
sammentliche  Bürger  und  Inwohner  der  Hauptstadt  eingeladen 
wurden,  sich  zu  der  Stadt  und  Sicherheitswache  freiwillig  ohne 
Zwang  selbst  zu  stellen,  wobei  es  jedem  freigelassen  wurde, 
einem  der  schon  bestehenden  Corps  beizutreten,  oder  sich 
unter  der  allgemeinen  Stadtfahne  ohne  genauen  Uniformirung 
nur  für  die  Dauer  des  Bedarfes  einverleiben  zu  lassen. 

Der  Erfolg  derselben  war,  dass  eine  grosse  Anzahl  Männer, 
Adeliche  und  unadeliche  Gültenbesitzer  und  Wirthschaftsbeamte 
Hausinhaber  und  Bürger,  mit  einem  Worte  von  jedem  Stande 
und  Alter  herbeieilten,  um  zu  dieser  jedem  einzelnen  Mitgliede 
des  Staates  so  wichtigen  und  erwünschten  Veranstaltung  der 
Sicherheit  der  öffentlichen  Ruhe  und  Ordnung  nach  Möglich- 
keit beizutragen. 

Das    bürgerliche    Cavalerie    Corp    vermehrte    sich    um 


—     118     — 

I  150  Mann,   die  Grenadiers  auf  166  Mann  und  die  Jäger  auf 

179  Kopfe,  und  unter  der  Stadtfahne  versammelte  sieb  nicht 
I  unifomiirte  Mannschaft  die  Zahl  1827  Köpfen   so,    dass  die 

ganz  zur  Sicherheit  der  Stadt  und  ihres  Weichbildes  versam- 
melte Bürger  Miliz  2322  Mann  ausmachte. 
j  Sie  besetzten  an  diesem  Tage  bereits  schon  das  erstemal 

I  die  Hauptwache  und  besorgten  die  anderen  vom  k.  k.  Militär 

j  eingezogenen  Posten.  Auch  erbath  sich  die  gesammte  Bürger- 

schaft der  Hauptstadt  durch   eine  eigene  Deputation  von  S. 
Excellenz   dem  Herrn  Landes  Gouverneur   am  gleichen  Tage, 
dass  selber  einige  Gubernialräthe  so  wie  den  Provinzial  Staat 
I  Buchhalter  mit  einigen  seiner  Beamten  anweisen  möchte,  die 

Aufsicht  und  oberste  Leitung  der  magistratlichen  Verhandlungen 
für  die  Zeit  als  alle  landesfürstlichen  Stellen  aufgehoben 
würden,  zu  übernehmen.  Da  der  Herr  Landes  Gouverneur  aber 
ihnen  die  Unmöglichkeit  ihrer  diesfalligen  Bitte  zu  willfalireu 
äusserte,  da  solches  ohne  ausdrücklichen  Allerhöchsten  Befehl 
nicht  in  seiner  Macht  stünde,  so  musste  die  Bürgerschaft  diesen 
ihren,  nur  aus  ihrer  angewohnten  und  jede  ihrer  Handlungen 
begleitenden  Unterwürfigkeit  gegen  ihren  geliebten  Landes- 
fürsten entsprungenen  Wunsch  unerfült  sehen. 

Am  3.  April  theilte  das  Gubernium  den  Ständen  sowohl 
als  dem  Magistrate  die  hoche  General  Directorial  Verordnung 
mit,  wodurch  die  in  Vorschlag  gebrachte  provisorische  Lande> 
Kommission  mit  dem  Beisaze  genehmiget  wurde,  dass  S.  Maje- 
stät gegen  den  bekannten  und  in  mehreren  Fällen  illhmlicb 
erprobten  patriotischen  Eifer  der  Herren  Stände  gegen  die 
Liebe  für  ihr  Vaterland  und  gegen  die  jederzeit  beobachtete 
unverbrüchliche  Anhänglichkeit  des  durchlauchtigsten  Erzhauses 
Oesterreichs  sich  tröstlich  versehen ;  diese  Repräsentation  werde 
in  einer  so  kritischen  Epoche  wenn  sie  wirklich  eintretten 
sollte,  keinen  andern  als  lediglich  den  erhabenen  und  löblichen 
Zwek  wählen,  dem  Vaterlande  und  ihren  rechtmässigen  Son- 
verain  nützlich  zu  sein,  dem  Herrn,  Bürger  und  Bauer,  so  viel 
in  ihren  Kräften  stehen  würde,  die  möglichste  Schonung  und 
Erleichterung  von  dem  eisernen  Druck  des  Feindes  zu  bewirken. 


—     119     — 

Dieser  Verordnung  zu  Folge  wurde  nach  vorher  genoh- 
menen  Einverständniss ,  und  nachdem  die  wahlfähigen  Mit- 
l^iieder  aus  dem  Bürgerstande  zu  dieser  Kommission  von  der 
gesammten  Bürgerschaft  waren  erwählt  worden,  vom  Herrn 
Landes  Goavemeur,  dem  Herrn  Landeshauptmann  und  Herrn 
Btirgermeister  folgende  Beisitzer  emannt,  u.  z.  von  Seite  der 
Herren  Stände  zuerst  aus  dem  geistlichen  Stande:  S. 
fürstl.  Gnaden  Fürst  und  Bischof  von  Seckau,  Herr  Abt  des 
Zisterzienser  Stifts  zu  Rhein,  Abund  Kuntschack,  Verordneter. 
Von  Seite  des  Herrnstandes:  S.  Excellenz  Graf  Brandisz, 
Verordneter,  Herr  Ferdinand  Graf  von  Attems,  Verordneter. 
Vom  Ritterstande:  Herr  von  Schick  Ausschussrath.  Herr 

4 

von  Jacomini  Verordneter.  Von  Seite  der  Bürgerschaft: 
Herr  Doctor  Joh.  Nep.  Neuhold,  Advokat;  Franz  Deyerkauf, 
Handelsmann ;  Franz  Kasper  Dobler,  Handelsmann  und  Oberst 
der  bürgl.  Kavalerie ;  Dr.  Ignaz  Funk,  Advokat ;  Josef  Stahel, 
Bürger;  Daniel  Dereani,  bürgl.  Handelsmann;  Johann  Stiglitz, 
Handelsmann  und  Oberstwachtmeister  der  bürgl.  Kavalerie; 
Andreas  Leykam,  Buchdrucker ;  Ludwig  Amerbacher,  Direktor 
der  liiesigen  Katonfabrik ;  Josef  Bauer,  bürgl.  Bierbrauer ;  Johann 
Mark,  bürgl.  Seifensieder ;  Anton  Wolfarth,  bürgl  Färbermeister ; 
Franz  Haass,  Gastwirth  und  Representant  der  Städte  und 
Märkte  des  Landes;  Herr  Raspor. 

Die  Anzahl  der  Mitglieder  vom  Bürgerstande  wurde  aus 
dem  Grunde  so  vermehrt,  weil  ausser  den  zwei  Advokaten 
alle  übrigen  durch  ihre  eigenen  Gewerbsgeschäfte,  deren  Stö- 
rung nicht  zugegeben  werden  konnte,  jeder  Sitzung  ununter- 
brochen beizuwohnen  verhindert  würden,  in  welchem  Falle  die 
abwessenden  immer  in  die  andern  Compromittiren  musten. 

Der  Erfolg  und  die  Kommissions  Protokolle  zeigten,  dass 
einige  derselben  nur  wenigen  Sitzungen  beiwohnen  konnten, 
^iid  H.  Haass  nur  die  einzige,  wo  der  Gehorsams  -  Eid  hätte 
abgelegt  werden  sollen,  besuchte. 

An  eben  diesem  Tage  wurde  von  Seite  des  hiesigen  Ar- 
tillerie Komandos  der  stand.  Verordneten  der  Augenschein  der 
iiu  stand.  Zeughause  vorfindigen  Armaturen  vorgenohmen  und 


—     120     — 

befunden,  dass  1000  Stück  ganz  neu  geschieftete  und  mon- 
tirtc  gezogene  Jägerstutzen,  500  gezogene  Kugelrohr  Läufe 
für  das  k.  Militär  brauchbar  wären,  welche  auch  demselben 
übergeben  wurden.  Die  übrigen  Waffen  betrefend  so  wurden 
von  Seite  der  Herren  Stände  23  Stük  metallene  Kanonen  Bohre 
von  verschiedenen  Kalliber,  13  Stük  metallene  Bombenmörser 
von  verschiedenem  Gewichte,  2  metallene  Mörser  zum  Saliter 
stossen,  zu  Wasser  nach  Hungarn  abgeschickt 

Auch  wurden  50  Paar  Pistollen,  1225  Musketten  und  alte 
Patrontaschen  im  Einverständnisse  mit  dem  hiesigen  Artilerie 
Komando  zur  Bewaffnung  der  Bürger  Miliz  an  den  Magistrat 
der  Hauptstadt,  dann  100  Musketten  an  die  Bürgerschaft  von 
Radkersburg  und  50  Hellebarden  an  die  Unterthanen  der 
Comende  Leech  gegen  Empfangschein  abgegeben.  Bei  dieser 
Gelegenheit  verdient  der  rühmliche  Dienst  Eifer,  und  das 
wahrhaft  patriotische  Benehmen  des  Bau  Inspektors  und  Stän- 
dischen Zeughauss  Oberaufsehers  Heinrich  Formentini  in  Er- 
wänung  gebracht  zu  werden,  der  verschiedene  dem  Feinde 
willkommen  gewesene  Feldrequisiten  u.  z.  13  Stük  metallene 
Mörser,  30  Stk.  metallene  Gewichte,  295  Stk.  kupferne  Kessel, 
505  paar  Pistollen,  775  Pajonetten  und  500  Seiten  Gewehre 
nebst  allen  Zugehör  so  vorsichtig  zu  verbergen  wusste,  und 
dieses  Geschäft  mit  Zuziehung  nur  zweier  Vertrauensmänner 
selbst  ausführte,  dass  selbe  aller  Gefahr  des  Verlustes  ent- 
zogen wurden. 

An  eben  dem  Tage  Nachmittags  wurde  die  den  st  Herren 
Ständen  anvertraute  krainer'sche  stand  Kasse  nach  Wien 
abgesendet. 

Hiemit  schliesst  sich  der  erste  Zeitraum  und  Abschnitt 
dieses  Journals.  Er  enthält  vorläufige  von  sammentlichen  In- 
wohnern dieser  Stadt  so  wohl  einzeln  als  vereint  ergriefenen 
Masnehmungen  und  Fürkehrungen  für  den  eintrettenden  Falle, 
dass  diese  Stadt,  verwaist,  von  jeder  landesfürstlichen  Leitungs 
Stelle  entblöst,  von  Beschützung  der  k.  Truppen  getrent,  von 
jeder  nähern  Hülfe  ihren  eigenen  Schicksalle  überlassen  wurde. 
Getrofen,  verabredet  und  zum  Theil  ins  Werck  gesezt,  unter 


—     121     — 

den  Augen  und  mit  Begnehmigung  der  Landesstelle  ja  unsers 
gütigsten  Landesvaters  selbst,  musste  wahrer  Patriotismus,  und 
Vaterlandsliebe,  inige  und  aufrichtige  erprobte  Anhängigkeit 
an  den  vielgeliebten  Landei^fürsten  und  biedere  Rechtschafenheit 
vorsichtige  Klugheit  und  überlegte  Entschlossenheit  das  karack- 
teristiscbe  Gepräge  derselben  ausmachen,  den  Geist  bestimmen, 
der  selbst  die  künftigen  Handlungen  leiten  und  zur  Richtschnur 
aller  Benehmungen  dienen  solte. 

Zweiter  Abschnitt. 

Der  4.  April  war  der  erste  Tag  des  zunehmenden  Kum- 
mers, der  bangen  Erwartung  der  Dinge,  die  da  kommen  sollten. 

Schon  mit  grauendem  Morgen  sach  man  bescheinigte 
Anstalten  zur  Abreise  mancher  Privaten,  die  sich  und  ihre 
besten  Habseligkeiten  der  Gefahr  des  annähernden  Feindes 
entziehen  wollten.  Sammentliche  landesfbrstlichen  und  stän- 
dischen Stellen  und  Aemter  waren  aufgelöst;  die  Mitglieder 
der  ersteren,  die  nicht  bleiben  durften  oder  wollten,  hatten 
sich  schnell  entfernt,  oder  betrieben  ihre  Abreise  auf  das 
wirksamste. 

Der  Landeschef  Graf  Wellsperg  selbst  glaubte  auch  nicht 
länger  dem  allerhöchsten  Orts  erhaltenen  Befehl  gemäss  sich 
verweilen  zu  können,  und  verliess  um  10  Uhr  Morgens  diese 
Stadt 

Das  General  Militär  Komando  hatte  ebenfalls  schon  mit 
Tagesanbruch  die  Stadt  verlassen  nur  durch  eine  zurück- 
gelai<seue  Zuschrift  an  den  hiesigen  Stadt  Magistrat,  demselben 
die  Abrükung  der  hiesigen  Garnison  mit  dem  Beisatz  erinnert, 
derselbe  möge  die  Veranlassung  treffen,  dass  alle  erübrigenden 
nöthigen  Wachposten  von  der  Bürgerschaft  ausgestellt  und 
übernohmen  würden,  zugleich  aber  die  Mittheilung  beigefügt, 
dass  der  General  Major  Seckendorf  und  Hohenzollem  mit 
iliren  unterhabenden  Kriegsvölkem  in  wenigen  Tagen  hier 
durchziehen  würden. 

Ein  wonnevoller  Trost  für  unsere  Vaterstadt,  weil  vrir 
dadarch  die  Gewisheit  erhielten  vor  den  bevorstehenden  und 


—     122     — 

schon  gefürchteien  gänzlichen  Verlassung  alles  Schuten  den- 
noch  einmahl  vaterländische  Krieger  in  unseren  Mauern  zu 
sehen,  Männer  zu  bewillkonimen ,  die  wir  von  dem  lebhaften 
unerschütterlichen  Gefühle  unserer  inigen  und  biederen  An- 
hängigkeit an  unseren  Landesfbrsten,  von  unserer  aufrichtigsten 
ächtesten  Gresinung  des  wärmsten  Patriotismus  der  unver- 
brüchlichsten Fürstentreue  mit  überzeigenden  Worten  und 
sprechenden  Handlungen  versichern  konten. 

Alles,  was  noch  von  Kassen,  Archiven  und  Kanzlei  Akten 
hier  war,  wurde  meist  noch  an  diesem  Tage  abgesant,  und 
die  Abschückung  mit  möglichster  Eyle  befördert.  Die  Post- 
wagenexpedition nahm  auf  ihre  Diligenz  nichts  mehr  an,  und 
die  noch  vor  einigen  Tagen  nach  Triest,  Görz  und  Klagenfuri 
abgegangenen,  kehrten  zurück.  Flüchtlinge  von  wenig  entfern- 
teren Gegenden  und  Kreisstädten,  ja  selbst  die  KreisämUichen 
Beamten  von  Marburg  und  Zilly  sach  man  in  Menge  in  der 
Stadt  einen  Zufluchtsort  wider  den,  wie  es  hiess,  mit  schnellen 
Schritten  vorrückenden  Feind  suchen.  Der  Magistrat  dieser 
Stadt  suchte  durch  eine  gedrukte  an  allen  Orts  angeschlagene 
und  vertheilte  Currenda  (die  hier  unter  Nr.  2  beigebogen) 
inerliche  Ruche  zu  sichern  und  die  Inwohner  dieser  Hauptstadt 
über  die  Art  des  Benehmens  dass  sie  in  den  bevorstehenden 
Umständen  zu  beobachten  hätten,   bestmöglichst  zu  belehren. 

Die  provisorische  Landes  Kommission  eröfnete  an  diesem 
Tage  ihre  Sitzungen  und  begann  damit,  dass  selbe  das  nöthige 
untere  Personal  bestimmte:  Zu  Sekretärs:  den  ständischen 
Sekretär  Herrn  von  Schoupp,  Herrn  Dr.  von  Hoblnegg  und 
zur  Führung  der  französischen  Korrespondenz  Herrn  Sigmund 
Grafen  von  Auersperg  ernannte,  ihre  Kanzley  Expeditur  und 
Registratur  aus  dem  ständischen  Kanzleipersonal  besezte,  zu  ihrer 
rückbehaltenen  Operations  Kassa  einen  Kassier  ernannte ,  dem 
als  Adjunkten  ein  von  der  Bürgerschaft  bestimmt  wurden ,  zur 
Kontroll  eine  Buchhalterey  bestellte  und  ein  Individuen  hiezu 
vorzuschlagen  der  noch  anwesende  k.  k.  Rath  und  ProvinciftI 
Staatsbuchhalter  Ehrler  ersucht  wurde.  Weiters  bestimmte  die- 
selbe die  Art  ihrer  Geschäftsleitung  und  war  besorgt  durch  die 


—     123       ~ 

zurückgebliebenen  k.  k.  Oberpostamts-Officiers  den  ununterbro- 
chenen Postkurs  so  lang  es  immer  thunlich  sein  wurde  zu  ver- 
sichern und  trug  zugleich  den  hiesigen  Postmeister  auf,  auch 
ihn  Hinkunft  die  Besorgung  und  Beförderung,  so  wohl  der  Post- 
ritte als  Estafette  sich  angelegen  seyn  zu  lassen,  auch  traf  selbe 
die  Veranstaltung,  dass  das  den  Herren  Ständen  zugehörige 
aus  Holz  erbaute  Sommertheater  in  der  Vorstadt  der 
möglichen  Feuersgefahr  wegen,  abgebrochen  wurde. 

An  diesem  Tage  liess  auch  der  Magistrat  alle  jene  Schilde 
iiiit  dem  kais.  Adler,  welche  auf  den  verschiedenen  Magazinen 
und  Aemtem  sich  befanden  abnehmen,   und  dafür  grosse  ge- 
diiikte  Gartels  über   den  Thoren  aufmachen,  welche  in  fran- 
zösisch und  deutscher  Sprache  die  Bestimmung  dieser  Häuser 
anzeigten.    Man   gab    allen    den  Namen   von    „Magazins    du 
Magistrat  et  de  la  bougeoisi  de  Gratz**,  um  selbe  der  Gefahr 
zu  entziehen,    das   die  darin  befindlichen  Vorräthe  von  dem 
einrükenden  Feinde  nicht  als  landesfürstliches  Eigenthum  ange- 
sehen und  nach  Kriegsrecht  in  Beschlag  genehmen  werden  sollte. 
Die   auf  verschiedentlichen  Kaiserlichen  Gebäuden   und 
Aemtern  als  Mautamt,   Stempelamt,  LottogeftUen-Administra- 
tion,  Postamt  und  dergleichen  befindlichen  k.  k.  Wappen  hatten 
die  abziehenden  Aemter  bereits   selbst  eingezogen,   und  man 
bat  von  Seite  des  Magistrats  nur  jene  eigentlich  abgenohmen, 
welche  den  Verwahrungsort  k.  k.  und  landesfürstlicher  Güter 
bezeichneten ;  andere,  die  entweder  auf  Häuser  gemahlen  waren 
oder  an  solchen  Orten   sich  befanden,   wo  man  mit  Grunde 
hoffen  konnte,  dass  sie  keiner  Beschimpfung  oder  Misshandlung 
von  Seite  der  feindlichen  Kriegsvölker,  wie  solches  wiederholten 
Nachrichten  zufolge  in  anderen  benachbarten  Städten  und  Pro- 
vinzen geschehen  seyn  sollte,  ausgesezt  wären,  liess  man  nicht 
abnehmen,   und  so  geschah  es,   dass   der  im  stand.  Theater 
befindliche  siechtbare  und  geschmükte  kais.  Adler,  wie  auch 
auf  der  Hauptwache   der  Stadt   die   zwei   auf  den   grossen 
Schilderhäusern  (Wachhütten)  befindlichen  grossen  Adler  nicht 
Abgenohmen  wurden,  und  die  nachher  einrükenden  französischen 
Truppen  unter  denselben  die  Wache  verrichteten, 


—     124     — 

Endlich  besorgte  auch  der  Magistrat  die  Reinigung  und 
nöthige  Herstellung  der  Kasernen,  traf  die  Veranlassung,  dass 
die  Feuerspritzen  bei  denen  Thoren  der  Stadt  und  in  den 
Vorstädten  auf  den  Hauptplätzen  ausgestelt  wurden  und  er- 
neuerte alle  nöthigen  Feueranstalten. 

Den  5.  April  wurde  die  hier  sub  Nro.  3  gedruckte  Kund- 
machung  womit  die  provisorische  Landes  Komission  den 
Anfang  ihrer  wirklichen  Amtirung  erinnert,  in  der  Stadt  sovohl 
als  in  den  hiesigen  und  den  beiden  unterstehenden  Krds- 
ämtem  Marburg  und  Ciili  durch  Bothen-Register  publizirt 

In  Ansechung  der  obersteyerischen  zwey  Kreise  aber,  da 
solche  schon  theils  von  feindlichen  Kriegsvölkem ,  theils  den 
k.  k.  Truppen  besezet  waren,  und  also  die  Kundmachung  nicht 
mehr  statthaben  konnte,  wurde  ein  diesfälliger  Abdruck  nebst 
Abschrift  des  Gubernial  Intim,  vom  2.  dieses  und  des  Proto- 
kolls von  der  letzten  mit  dem  Gubernio  abgehaltenen  Concer- 
tation  an  S.  königl.  Hoheit  den  Erzherzog  Karl  mit  der  aller- 
unterthänigsten  Bitte  Uberschickt,  dass  hochderselbe  dieser 
Komission  die  Anleitung  gnädigst  zu  geben  geruchen  moege, 
wie  sich  selbe  mit  dieser  Veranlassung  in  Ansechung  der  ober- 
steyerischen zwey  Kreise  zu  benehmen  habe. 

Da  an  eben  diesem  Tage,  der  hiebei  dem  Spitalskomando 
zurückgebliebene  Herr  Oberst  Lieutenant  v.  Izzo  der  Komission 
erinnerte,  dass  selber  die  besorgung  des  von  hier  sich  ent- 
fernten k.  k.  Militär  -  General  -  Comando  ttber  sich  habe,  so 
wurden  selben  die  inzwischen  eingelangten  Militardepesdien 
übergeben  und  derselbe  um  gefällige  Mitwirckung  bei  vor- 
kommenden allen  fälligen,  selben  betrefenden  Gegenständen 
ersuchet. 

Den  6.  April  wurden  die  nöthigen  Anstalten  zur  endlichen 
FortschafFung  aller  noch  vorfindigen  k.  k.  und  ständischen 
Kriegsgeräthschaften  mit  verdoppelten  Eifer  besorgt,  und  da 
der  transport  zu  Wasser  der  sicherste  Weeg  schien,  Plöthen 
und  Flösserknechte  aus  Obersteyer  herabgezogen  und  zu  diesem 
Geschäfte  verwendet. 

Am  Abend  dieses  Tages  trafen  mehrere  k.  k.  Offizier  und 


—     125     — 

Quartiermacher  von  der  Arriergarde  unter  dem  Komando  des 
General  Feldwachtmeisters  Freiherm  von  Sekendorf  und  Grafen 
von  HohenzoIIem  hier  ein,  und  erfreuten  die  Stadt  mit  der 
frochen  Nachricht,  dass  an  kommenden  Morgen  dieselben  in 
unsem  Mauern  eintreffen  würden. 

Am  7.  April  graute  kaum  die  Morgenröthe,  als  schon  der 
Einmarsch  der  ganzen  Kolone  begann,  das  herbeiströmende  Volk 
dessen  Gefühle  bei  dem  Anblick  dieser  Krieger  frohe  Empfin- 
dungen zeigte,  sach  seine  Freude  durch  die  Nachricht  gemindert» 
dass  dieselben  nur  wenige  Stunden  bei  uns  verweilen  und  an 
demselben  Nachmittag  noch  ihren  Marsch  fortsetzen  sollten. 

Um  9  Uhr  Vormittag  traf  Herr  Feldwachtmeister  Freiherr 
von  Sekendorf  mit  seinem  Gefolge  ein;  er  wurde  an  den 
Grenzen  des  Weichbildes  der  Stadt  von  Herrn  Grafen  Sigmund 
Auersperg,  Offizier  der  bürgl.  Gavallerie,  im  Namen  der  provi- 
sorischen Landes  Remission  und  der  Stadt  empfangen,  und 
nach  seinem  Absteigquartier  im  Gasthofe  zur  goldenen  Sonne 
begleitet. 

Er  war  kaum  da  angelangt,  als  einige  Glieder  der  pro- 
visorischen Landes  Eomission  mit  dem  Herrn  Bürgermeister 
und  dem  Obersten  der  bürgl.  Miliz  ihn  daselbst  bewillkommten 
Qod  mit  jenem  innigen  Vertrauen,  das  nur  aus  dem  Gefllhle 
ächter  und  biederer  Anhängigkeit  an  seinen  Landesvater  ent- 
springen kann,  über  verschiedene  Gegenstände  die  die  gegen- 
wärtigen Angelegenheiten  betrafen,  sich  mit  selben  besprachen, 
über  manche  Punkte  seinen  wohlmeinenden  Rath  sich  erbaten. 

Diesem  (der  ebenso  den  edeldenckenden  Menschenfreund 
wie  den  biederen  seinem  Füi'sten  ganz  eigenen  Staatsbürger 
verrieth,  den  Muth  der  Stadtbewohner,  welcher  bei  manchen 
in  diesen  so  gefahrvollen  als  zweifelhaften  Umständen  zu 
sinken  begann,  aufs  neue  beseelte),  seinen  Kenntnissen;  seinen 
getreuen  auf  Erfahrung  gegründeten  Schilderungen  der  fran- 
zösischen Kriegs  Völcker  und  ihrer  Befehlshaber  verdanken 
wir  so  manchen  Leitfaden,  der  uns  in  der  Folge  die  wichtig- 
sten Dienste  geleistet,  so  manche  Massnehmung,  wodurch 
wir  schädlichen   und  willkürlichen  Erpressungen  vorgebeuget; 


—     126     — 

die  Standhaftigkeit ,  mit  der  wir  den  sich  immer  mehr 
nähernden  widrigen  Ereignissen  entgegensahen  und  ihre  bald 
darauf  eintrettende  wirkliche  Folge  zu  bestehen  den  Miitli 
hatten. 

Dieses  Journal  würde  an  historischer  Wahrheit  un<l  an 
getreuer  Darstellung  aller  vorgefallenen  Ereignisse  nur  ver- 
lieren, wenn  es  die  Gefühle  der  Verehrung  und  Dank- 
barkeit verschwiege,  die  alle  Inwohner,  und  vorzüglich  die 
Herzen  jener  erfühlten,  die  diesen  würdigen  in  jeden  Anbetracht 
so  schätzbaren  Mann  näher  kennen  zu  lernen  die  Ehre  hatten. 

Mit  bangen  Gefühlen  sahen  die  Inwohner  dieser  Stadt 
die  kaum  angelangten  Kriegsvölker  sich  schon  wieder  zum 
Aufbruche  rüsten.  Schon  begann  der  Marsch,  der  ganze  Zug 
war  in  Bewegung  und  dehnte  sich  von  einem  Ende  der  Stadt 
zum  Andern.  Mancher  Seufzer,  mit  Segenswünschen  begleitet 
entquol  der  Brust  der  Verlassenen,  manches  thränende  Auge 
blickte  den  Abziehenden  nach,  —  Todesstille!  (das  sicherste 
Zeichen  des  bangen  Gefühles)  herrschte  unter  der  häufig  auf 
allen  Gassen  veilheitten  Volksmenge,  die  noch  einmal  an  deni 
Anblick  ihrer  vaterländischen  Beschützer  sich  let^cen  wollte,  — 
als  auf  einmal  der  Ruf  erscholl,  und  mit  ungläubiger  Schnelle 
von  einem  Ecke  der  Stadt  zum  anderen  sich  verbreitete,  dass 
ein  Courier  S.  königl.  Hoheit  des  Erzheraog  Karl  die  Contre- 
Ordre  des  Marsches  gebracht  habe. 

Diese  frohe  Nachricht  mit  der  sich  die  gerechte  Hoffnung 
zu  noch  fröhlicheren  Berichten  gesellte,  wirkte  mit  unglaub- 
licher Kraft  auf  das  Herz  jedes  Anwesenden.  Die  herrschende 
Stille  unterbrach  frohes  aus  vollem  Herzen  strömraendes  Freuden- 
geschrei, der  auf  jeder  Stirn  gezeichnete  Gram  heiterte  sich 
in  hoffnungsvolle  fröhliche  Blicke  auf,  alles  lief  untereinander 
jeder  wollte  der  erste  die  fröhliche  Botschaft  verkünden,  keiner 
glaubte  sie  oft  genug  widerholen  zu  können. 

Die  ganze  Kolone  kehrte  in  die  kaum  verlassenen  Stand- 
quartiere zurück  und  die  Inwohner  freuten  sich,  zu  ihrem 
Nachtlager,  zu  ihrer  Beherbergung  zu  ihrem  besseren  Unter- 
lialt  nach  Ki^äften  beitragen  zu  können. 


—     127     — 

Der  Abend  und  ein  Tbeil  der  Nacht  war  der  Freude  der 
frohesten  Hoffnung  geweiht-  Aber  die  Dauer  dieser  frohen 
Gefühle  war  eben  so  kurz  als  sie  lebhaft  und  innig  waren. 

Am  8.  April  mit  Tagesanbruch  war  der  2.  Courier  Sr.  königl. 
Hoheit  des  Erzherzogs  mit  dem  Befehl  angelangt,  dass  die 
Truppen  über  Gleisdorf  sich  nach  Oesterreich  ziehen  sollten. 
Schon  um  7  Uhr  hat  die  erste  Abtheillung  ihren  Marsch  dahin 
angetretten,  und  Nachmittag  um  3  Uhr  folgte  Herr  Feldwacht- 
nieister  Graf  von  Seckendorf  mit  der  Kavallerie  dahin  nach. 

Der  Oberste  der  Bürger  Militz  mit  einigen  Offiziers  der 
Bürger  Kavallerie  begleiteten  selben  bis  an  die  Grenze  des 
Weichbildes  der  Stadt  Segenswünsche  und  Dankgefühle  der 
Inwohner  folgt  ihm ,  und  mit  ihm  verschwand  auch  die  letzte 
Hoffnung  des  Schutzes  für  unsere  Vaterstadt. 

Bürgerpflicht  und  FUrstentreue  waren  die  einzigen  Stützen, 
die  uns  übrig  blieben;  aber  durch  diese  Gefühle  belebt,  ge- 
stärkt, durch  die  vollkommste,  so  nothwendige  Uebereinstim- 
mung  aller  Stände,  dem  allgemeinen  Besten  sich  zu  weihen 
und  für  das  Wohl  des  Vaterlandes  und  unserer  Vaterstadt 
nach  Möglichkeit  zu  sorgen,  fuhr  man  fort,  die  diesfalls  noth- 
wendigen  Vorkehrungen  zu  treffen. 

Eine  der  nothwendigsten  schien  der  provisorischen  Kom- 
mission die  Einsetzung  eines  provisorischen  Kriminal  Gerichts, 
welches,  da  der  Magistrat  ohnehin  mit  Geschäften  überladen 
war  und  das  k.  k.  Apellations  Gericht  sich  getrennt  hatte,  die 
Kriminal  Verbrechen  in  der  Stadt  und  selbe  vom  Lande  zu 
untersuchen  und  zu  bestraffen,  die  Kriminalurtheile  der  Städte 
und  Märckte  und  der  freyen  Landgerichte  zu  revidiren  und 
die  Oberaufsicht  über  die  Straforte  und  die  Züchtlinge  auf 
sich  zu  nehmen  hätte.  Hiezu  wurde  der  k.  k.  Landrechtens 
Rath  Franz  Edler  von  Feldbacher  ersucht  das  Präsidium  auf 
sich  zu  nehmen  und  die  Magistratsräthe  Held  und  Kickl,  dann 
die  landesfürstlichen  Bannrichter  Dr.  Neubauer  und  Dr.  Tei- 
cher, die  privilegirten  Bannrichter  Dr.  Edler  von  Lederer  und 
l)r.  Gänster  als  Examinatoren  und  Räthe  nebst  3  Kriminal 
Aektuars    und    einige  Advokaten,   Solizitatoren    als  Kanzlei- 


—     128     — 

Personale  beigegeben.  Dieses  provisorische  Kriminalgericht 
wurde  durch  die  sub  Nro.  4  beigebogene  Currenda  im  Lande 
nachher  bekannt  gemacht 

Am  9.  April  wurden  noch  einige  mit  Pulv^er  und  Munition 
beladene  Wägen,  die  dem  Zuge  der  obbeschriebenen  Kolone 
folgten,  gegen  Hungern  fortbefördort,  und  in  Ansechung  des 
hier  befindlichen  Voraths  an  Pulver  die  Masnehmungen  bestinit 
um  selbes,  so  geschwind,  alss  es  bei  dem  sich  immer  meh- 
renden Mangel  an  Vorspanswägen  thunlich  war,  fortzubringen : 
weiters  bestättigte  die  provisorische  Landeskommission  in  Hin- 
sicht auf  das  Ceiisursgeschäft  die  von  den  Stadtmagistrat 
vorläufig  getrofene  Veranlassung  und  bestelte  eine  Interims 
Censur  Komission  in  den  Personen  der  Herren  Dr.  Hoblnegg  als 
Präsident,  Dr.  von  Lederer,  von  Ercko,  Kugelmeyr,  von  Va- 
renna,  Low  und  Strohriedl  und  Dr.  Weizer  als  Actuar, 
welche  dieses  Geschäft  mit  aller  Vorsicht  was  Religion  und 
Staatssachen  betreffe  leiten  sollten. 

Hiemit  schliesst  sich  der  zweite  Abschnitt  und  Zeitraum  diesfö 
Journals ;  so  wie  die  Gefahr  des  anrückenden  Feindes  immer 
drohender,  die  ehebaldigste  Besitznehmung  der  Stadt  von  feind- 
lichen Kriegsvölkern  immer  wahrscheinlicher  und  gewisser  war, 
so  erhob  sich  auch  immer  mehr  der  Muth  des  Landvolkes, 
das  Bewusstsein  der  Innern  Kräften,  die,  vereint  und  gehörig 
geleitet,  auch  einer  beträchtlichen  Macht  zu  widerstehen  ge- 
wachsen schien. 

Selbst  bei  der  schon  bestehenden  Besitznehmung  der 
obersteier'schen  Gegenden  wünschten  die  treuen  und  biederen 
Bewohner  Steiermarks  noch  (in)  einem  allgemeinen  Aufgeboth 
zur  Vertheidigung  ihres  Vaterlandes  sich  zu  sammeln. 

Die  Gewissheit  des  immerhin  vorher  als  ein  unglaubliches 
Ereigniss  angesehenen  wirklichen  Einbruches  eines  feindlichen 
Heeres  hatte  den  Geist  der  Nation  gewecket,  mit  unglaublicher 
Schnellkraft;  ihre  Vaterlandsliebe  mit  der  unverbrüchlichsten 
Anhängigkeit  an  ihren  Landesfürbten  verkettet,  und  den  all- 
gemeinen Wunsch,  Gut  und  Blut  für  die  Vertheidigung  des 
Vaterlandes   und   im  Dienste  des  Vaterlandes  zum  Opfer  zn 


—     129     — 

bringen,  in  den  Herzen  der  Landesbewohner  zur  Reife  gebracht. 
Von  mehreren  Gegenden  kommen  Berichte  und  Anfragen  ob  ?  und 
in  welcher  Zahl  sie  zu  diesem  Ende  erscheinen  sollten?  Das 
gutmQthige  Landvolk  glaubte  auch  ohne  Feuergewehr,  mit  ihren 
selbst  sich  vorbereiteten  Waifen  dem  Eindringen  des  Feindes 
widerstehen  zu  können  und  unglaubliche  Muhe  kostete  es  den 
Beamten  Seelsorgern  und  Gültenbesitzern  auf  dem  Lande,  dem 
Volk  begreiflich  zu  machen,  dass  bei  den  so  weit  vorgerückten 
feindlichen  Truppen,  bei  ihrer  Anzahl,  bei  der  gänzlichen  Ent- 
fernung alles  k.  k.  Militärs  und  ohne  ihrer  Anleitung,  bei  gänz- 
lichem Mangel  an  ordentlicher  Bewaffnung  und  Munition  von 
jeder  Art,  jeder  gewagte  feindselige  Widerstand,  jeder  bewaffnete 
Versuch,  sich  dem  vordringenden  Feinde  entgegenzustemmen, 
ohne  Nutzen  für  den  Landesfürsten  und  den  Staat  Tollkühn- 
heit nicht  Tapferkeit  wäre,  nur  die  gefährlichsten  und  schäd- 
lichsten Folgen  nach  sich  ziehen  könne,  und  statt  unser 
Vaterland  zu  retten,  und  vor  grösseren  Unglück  zu  beschützen 
vielhnehr  dasselbe  der  gänzlichen  Verwüstung,  der  grässlichsten 
Plinderung  der  blutgierigsten  Mordsucht  preisgegeben  würde. 
Die  provisorische  Landes  Kommission,  der  Stadt  Magistrat, 
ja  selbst  viele  gutgesinnte  Private  mussten  alle  ihre  Kräfte 
aufbiethen,  um  diese  in  allen  Gegenden  schnell  um  sich  grei- 
fende kriegerische  Stimmung  in  ihren  Keimen  zu  ersticken,  und 
zu  verhüten,  dass  ein  unzeitiger  und  durch  die  Umstände  ent- 
kräfteter Vertheidigungs-Eifer  keine  noch  schädlichem  Folgen 
nach  sieh  ziehe. 

Dritter  Abschnitt. 

Am  10.  April  beginnt  der  3.  Zeitraum  dieser  Geschichte, 
ein  Tag  der  den  Bewohnern  der  Hauptstadt  Graz  unvergesslich 
blieb!  Die  schreckliche  Ungewissheit  ihres  künftiges  Joches, 
die  die  Herzen  aller  die  vorgehenden  Tage  her  gefoltert  hatte, 
ward  auch  noch  am  Vormittage  dieses  Tags  nicht  beendet; 
keine  bestimmte  Nachricht  von  der  Annäherung  und  Hieher- 
kunfl  der  französischen  Truppen  erfolgte,  und  immer  sich 
widersprechende   Gerüchte  konnten   den  Bewohnern    diesfalls 

Mitth«U.  des  bist.  Vereins  f.  SteienaarV,  XXVUII.  Heft,  1880.  9 


—     130     — 

keine  Grewissheit  geben.  Da  jedoch  die  bfddige  Einrükung 
feindlicher  Mannschaft  immer  wahrscheinlicher  wurde,  so  be- 
schäftigte die  prov.  Landes  Kommission  sich  in  ihrer  Sitzung  mit 
den  vorläufig  diesfalls  nöthigen  Veranlassungen.  Durch  die  hier 
sub  Nro.  5  beigebogene  Verordnung  ermahnte  dieselbe  die 
Inwohner  der  Hauptstadt  in  wenig  Worten,  sich  bei  den  an- 
fälligen Einmarsch  der  französischen  Truppen  ruhig  zu  ver- 
halten ;  dann  wurde  der  Herr  Oberst  der  Bürger  Kavallerie  Franz 
Kaspar  Dobler  beauftragt,  eine  Patrolle  gegen  Pef^u  zu 
machen  um  bestimmte  Kundschaft  von  der  Anäherung  des 
Feindes  einzuziehen. 

Die  prov.  Landes  Kommission  beschloss  femer,  den  feind- 
lichen Generalen  bei  ihrer  Ankunft  ihre  Mitglieder  bis  an  die 
Grenze  des  Weichbildes  der  Stadt  Graz  entgegenzusenden,  und 
sie  um  Aufrechthaltung  der  Religion,  und  der  Geseze  dann  um 
Schonung  für  das  Eigenthum  und  die  Person  der  Bewohner 
zu  bitten. 

Die  Mitglieder,  welche  hiezu  ernannt  wurden,  waren :  Herr 
Fürstbischof  zu  Sekau,  Herr  Graf  von  Brandis,  Herr  von  Jaco- 
mini,  Herr  Bürgermeister  Dr.  Steifn  und  Josef  Stahel.  Um  sogar 
der  Möglichkeit  eines  Misverständnisses  vorzubeugen,  welches 
die  Feinde  bei  dem  Anblik  der  bewaffneten  Bürger  Miliz  hätten 
schöpfen  können,  wurden  gedruckte  Zettel  bei  den  Wach- 
häusern angeschlagen,  die  wörtlich  lauteten :  „Corps  de  Garde 
Civique  pour  maintenir  La  tranquillitä  et  Suret^  Interieure. " 
Diesen  Zetteln  waren  die  Nahmen  des  Herrn  Bürgermeisters 
Dr.  Steffn  und  Herrn  Obersten  Dobler  beigedrukt,  auch  waren 
sie  „par  ordre  de  La  Commission  provisorie,  de  la  Stirie**  von 
den  Sekretär  dieser  Kommission,  Herrn  Josef  von  Schouppe,  un- 
terzeichnet. Der  Trompeter  welcher  die  Patrolle  gegen  Peggau 
mitmachte,  war  beauftragt,  dem  Komandanten  der  feindlichen 
Truppen  einen  ähnlichen  Zettel  zu  überreichen  und  die  bürger- 
lichen Kavalleristen,  aus  denen  die  Patrolle  beslÄud  waren 
beordert,   bei  Ankunft  der  Feinde  ihre  Säbel   zu  versorgen. 

So  war  die  Lage  der  sich  selbst  überlassenen  Stadt  und 
so  waren  die  Vorkehrungen,  welche  die  prov.  Landes  Kommission 


—     131     — 

und  der  Bürgermeister  veranstalteten,  um  das  Vermögen  und 
die  Personen  80  vieler  Tausende  Menschen  in  dieser  kritischen 
Epoche  zu  sichern.  Die  Bewohner  wurden  durch  die  Thätig- 
keit,  der  vom  Magistrate  und  der  Bürgerschaft  zur  Aufrecht- 
baltung  der  Ordnung  und  innem  Ruhe  in  Bewegung  gesetzten 
Wachen  sehr  beruhigt,  und  es  herschte  durchgehends  eine  in 
solchen  Umständen  ungewöhnliche  Stille.  Die  Gewölbe  der 
meisten  Kaufläute  und  Krämmer  waren  offen,  der  Gewerbs- 
und Handwerksmann  besorgte  ruhevoll  und  ungestört  seine 
Arbeit,  alles  erwartete  mit  einer  bewunderungswürdigen  Stand- 
hafligkeit  und  Gelassenheit  die  drohende  Zukunft.  Um  die 
Mittagszeit  erst  erhielt  der  Oberst  der  Bürger  Miliz  durch  einen 
Expresen  des  Inhabers  der  Bergwerke  in  Peggau,  Herrn  Haipl, 
die  entschiedene  Nachricht  dass  die  Avant  garde  der  franzö- 
sischen Truppen  noch  sicher  an  diesen  Tag  in  Graz  eintreffen 
würden. 

Nachmittags  um  Vs^  Uhr  kam  ein  Both  von  Wolfspurg 
aus  Kärnthen  und  überbrachte  dem  hiesigen  Stadt  Magistrat 
ein  Paket  mit  Proclamationen  des  französischen  Ober  Generals 
an  verschiedene  theils  in  Steiermark  theils  in  Ungarn  liegende 
Städte  mit  dem  Auftrag,  solche  sogleich  unter  schwerster 
Verantwortung  durch  eigene  Bothen  zu  befördern.  Da  man 
aber  diese  Beförderung  von  Seite  des  Magistrates  für  höchst 
pflichtwidrig  hielt,  so  wurde  beschlossen,  diese  Proclamationen 
dem  zuerst  eintreffenden  französischen  Generalen  mit  der 
Aeusserung  dieser  Gesinnung  wieder  zurUkzustellen. 

Um  5  Uhr  erschienen  die  Generals  Beaumont  von  der 
Avant  Garde  der  Division  Gabot,  Manscourt,  von  der  Artillerie, 
begleitet  von  einigen  Offizieren  und  Jägern  zu  Pferde,  an  der 
Weinzerlbrüke. 

Kaum  wurde  sie  das  an  der  Brüke  stehende  Piket  der 
Bürger  Kavallerie  ansichtig,  so  sandte  ihnen  dasselbe  durch 
einen  Trompetter  das  oberwähnte  Katel  (Cartel)  entgegen,  und  als 
die  Generals  durch  ebendenselben  zurükversichern  Hessen,  dass 
sie  nicht  als  Störrer  der  öffentlichen  Ruhe,  sondern  als  Freunde 
kämen,  so  ritten  ihnen  der  auf  dem  Piket  befindliche  Oberste 

9* 


~     132     ~ 

der  Bürger].  Kavallerie,  Dobler,  und  der  das  Piket  komman- 
dirende  OflSzier,  Sigmund  Graf  von  Auersperg,  einige  Sdiritte 
entgegen,  ohne  ihnen  jedoch  militärische  Ehrenbezeugungen 
zu  erweisen,  unterrichteten  sie  ausführlicher  von  dem  Bestand 
der  Bürger  Miliz,  und  begleiteten  sie  gegen  die  Stadt 

Eine  halbe  Stund  später  kamen  die  von  der  prov.  Landes 
Kommission  ernannten  Mitglieder  bei  Göstingan.  Die  französischen 
Generäle  waren,  sobald  sie  selbe  erblickten,  vom  Pferde  ge- 
stiegen, sie  empfingen  mit  abgezogenen  Hute  die  Mitglieder 
der  Landes  Kommission,  erklärten,  dass  sie  nicht  als  Eroberer 
sondern  in  Folge  des  zwischen-  unseren  allergnädigsten  Mo- 
narchen und  der  Republik  abgeschlossenen  Waffenstillstandes 
in  Graz  einrücken  würden.  Den  Bürgerkorps  wurde  vorläufig 
die  Beibehaltung  ihrer  Waffen  bis  auf  weitere  Befehle,  und 
die  Fortsetzung  ihrer  bisherigen  Dienstleistung  zugelassen. 

Sie  versicherten,  dass  der  General  en  chef  Buonaparte 
bei  seinem  Einmarsch  den  Bewohnern  von  Steiermark  Schute 
für  Eigenthum  und  Person  zugesagt  habe.  Ihre  Aeusserungen 
wurden  von  den  Mitgliedern  der  Landes  Kommission  durch  das 
Versprechen  erwidert,  dass  die  Bewohner  der  Stadt  Graz  nicht 
die  Absicht  hätten,  ihnen  sich  zu  widersetzen,  und  dass  alle  Wach- 
samkeit der  Landes  Kommission  und  des  Magistrates  nur  dahin 
ginge,  während  ihren  Aufenthalt  die  öffentliche  Ruhe  ungestört 
zu  erhalten.  Zugleich  überreichte  der  Bürgermeister  dem  Herrn 
General  Beaumont  das  vor  kurzen  aus  Wolfspurg  erhaltene  Paket 
mit  den  französischen  Proklamationen,  und  stellte  ihm  die  Unmög- 
lichkeit der  diesfälligen  weiter  Beförderung  vor.  Der  General 
antwortete  ihm,  er  würde  in  seinem  Quartier  das  Weitere 
veranlassen.  In  diesen  Augenblik  traf  ein  Regiment  französischer 
Kavallerie  bei  Gösting  ein,  es  war  etwas  über  20ö  Man  stark. 

Die  Deputirten  der  prov.  Landes  Kommission  fuhren  nun  ein- 
zeln zur  Stadt  zuruk.  Die  französischen  Generals  erwarteten 
die  nachkommende  Manschaft  ihrer  Kavallerie,  und  gegen  6  Ulir 
Abends  zogen  sie  unter  den  Schall  ihrer  eigenen  mitgebrachten 
4  Trompeten  über  die  Lend,  den  Gries  und  die  neue  Brücke 
durch  die  Jakomini -Vorstadt,  zum  eisernen  Thor  herein. 


—     133     — 

Ihr  weiterer  Zug  ging  durch  die  Herrngasse  auf  den 
Hauptplatz,  wo  die  Mannschaft  sich  formirte  und  dem  General 
an  den  Stuffen  des  Rathauses  die  bereits  bei  Gösting  ge- 
machten Zusicherungen  von  den  Mitgliedern  der  prov.  Landes 
Kommission  wiederholt  wurden. 

Inzwischen,  dass  dieses  geschach,  war  die  prov.  Landes 
Kommission  besorgt,  den  Liquidaturs  Adjunkten  WeitenhüUer  mit 
dem  kurz  vorher  eingegangenen  Geld-Ueberschuss  pr.  33135fl. 
über  '^''  zurük  zu  behalten  bestimmte  Summe  von  40000  fl. 
nebst  einem  Bericht  an  die  höchste  Behörde,  der  die  wirkliche 
Verwaltung  der  prov.  Landes  Kommission  und  die  Bitte  um  weitere 
Verhaltungs  Befehle  enthielt,  ttber  die  ungarische  Strasse  nach 
Wien  abzuschicken.  Ein  Beweis,  dass  selbe  selbst  in  dem  aller- 
kritischesten  Augenblick  weder  Fassung  noch  Muth  verlohr 
lind  ihren  geliebtesten  Landesfürsten  immer  zum  einzigen  Augen- 
merk ihrer  Bürgerpflicht  zum  einzigen  Leiter  ihrer  Handlungen 
machte. 

Die  französischen  Generäle  betratten  nun  den  Saal  des 
Rathhaa%)es,  der  die  Avantgarde  komandirende  General  Beau- 
mont  wurde  in  dem  Hause  des  Herrn  Ferdinand  Grafen  von 
Ättems  einquartirt  und  man  beschäftigte  sich  mit  der  Unter- 
bringimg der  übrigen  OflSziere  und  der  Truppe. 

Sie  schienen  über  die  Ruhe  und  Ordnung  die  überall 
herrschte,  noch  mehr  aber  über  die  Volksmenge,  die  sie  bei 
ihren  Einmärsche  sowohl  als  auf  den  Strassen  und  an  den 
Fenstern  wahrnahmen,  nicht  wenig  betroffen.  Es  schien  sie 
besonders  zu  befremden,  dass  sie  auf  ihren  ganzen  Zuge  nicht 
einen  Laut  des  Beifalls  keinen  Zuruf  hörten ;  und  die  ununter- 
brochene Stille  bei  dem  so  grossen  Zulauf  bewies,  dass  man 
sie  ebensowenig  fürchte  als  man  über  ihre  unvermuthete  An- 
kunft, wie  sie  wahrscheinlich  sich  schmeichelten,  erfreut  war. 

Nach  einem  sehr  kurzen  Aufenthalt  im  Rathhause  ver- 
langten die  beiden  Generäle  gleich  in  das  Spital,  worin  die 
zurtikgebliebenen  Kranken  der  französischen  Gefangenen  ver- 
pflegt wurden,  geführt  zu  werden.  Sie  nahmen  daselbst  alles 
in  Augenschein,  und  erkundigten  sich  sehr  genau  bei  selben 


—     134     — 

über  ilire  Verpflegung  und  Wartung  und  waren  sehr  vergnügt 
und  zufrieden  über  die  diesfalls  erhaltenen  Berichte. 

Von  da  aus  verfügten  sich  die  beiden  Generäle  in  die 
für  sie  bestimmten  Quartiere.  Man  übergab  dem  General 
Beaumont  die  schon  früher  erwähnten  für  die  ungarischen 
Städte  erhaltenen  Proclaniationen  mit  der  Äusserung,  dasä 
man  sich  nicht  für  berechtiget  glaube,  an  der  diesftliigen 
Beförderung  theil  zu  nehmen,  und  jede  Mitwirkung  für  pflicht- 
widrig hielt.  Er  sandte  selbe  gleich  wieder  auf  das  Rathaus 
zurück,  mit  dem  ausdrüklichen  Befehl,  solche  alsogleich  entweder 
durch  eigene  Bothen  oder  wie  immer  zu  befördern. 

Da  man  aber  von  Seite  des  Magistrats  sich  dieser  Pflicht- 
verletzung nicht  schuldig  machen  wollte,  so  wagte  es  der 
Bürger  Josef  Stahel  dieses  Paket  in  seinem  Hause  zu  ver- 
bergen, und  hatte  das  Glück  bei  einer  Reise  nach  Wien  das- 
selbe Sr.  Majestät  dem  Kaiser  einzuhändigen. 

Die  Kavallerie  wurde  in  die  Bürgerhäuser  auf  den  Griess 
verlegt,  und  mit  Fourage,  Haber  und  Brod  aus  dem  von  der 
Bürgerschaft  übernommenen  Verpflegs  Magazin  versorgt 

Ungefähr  um  8  Uhr  kam  der  Kriegskommissär  Armanet 
nebst  einer  Menge  von  französischen  Verpflegs  Offiziern  an. 
Sie  waren  kaum  in  ihren  Quartier  gewiesen,  als  sie  zu  den 
Magistrat  zurükkehrten ,  um  für  die  am  heutigen  in  Frohn- 
leiten  eingerükte  Division  des  General  Chabot,  die  sie  auf 
8000  Mann  angaben,  für  den  11.  April  und  folgende  Tage 
bis  auf  Ordre  täglich  9000  Portionen  Brod  9000  Boutellen 
(100  auf  den  österr.  Emmer)  Wein  und  15  Schlacht-Ochsen 
forderten. 

Um  die  Gegend  um  Frohnleiten,  die  weder  mit  Mehl 
noch  mit  Schlachtvieh  versehen  war,  vor  den  Ausschweifungen 
eines  nicht  zu  befriedigenden  Volkes  zu  schützen,  wurden 
sogleich  die  betrefenden  Vorkehrungen  ergriefen. 

Es  war  noch  ein  kleiner  Vorrath  von  Brod  in  den  k.  k. 
Verpflegs  Magazin  bei  dem  Abmarsch  des  Sekendorf sehen 
Corps  zurükgelassen  worden ;  dieses  nebst  dem  Brod,  welches 
die  bürgerl.  Bäckermeister  zu  liefem  versprachen,  deckte  den 


—     135     — 

Bedarf  dieser  Forderung.  Die  Wirthe  in  Frohnleiten  wurden 
angewiesen,  den  Wein  zu  liefern  und  die  hiesigen  bilrgl  Fleck- 
sieder  noch  in  derselben  Nacht  in  die  Gegend  zum  Einkauf 
des  Schlachtviehes  ausgeschickt. 

Die  Vorspann  von  dem  Grazer  und  umliegenden  Werb- 
bezirken wnrde  hieher  beordert  und  mit  Brod  beladen  am  frühen 
Morgen  nach  Frohnleiten  abgeschikt 

Gegen  11  Uhr  Nachts  kam  ein  Corps  von  ungefähr 
2000  Mann  französischer  InCänterie  an.  Es  marschirte  mit  klin- 
gendem Spiel  durch  das  Murthor  die  Murgasse  und  die  Spor- 
gasse in  das  Seminarium,  das  selbem  als  Kaserne  überlassen 
wurde ;  wo  auch  die  sämmtliche  Mannschaft  mit  Brod  Wein  und 
Bier  versehen  wurde. 

Die  Truppen  waren  sehr  ermüdet,  sie  hatten  den  Marsch 
von  Brück  hieher  um  9  Uhr  angetretten.  Die  Nacht  war  sehr 
ruhig;  einzelne  zwischen  den  feindlichen  Truppen  selbst  aus- 
gebrochene Uneinigkeiten  waren  Folgen  des  auf  die  Ermüdung 
zu  hastig  genommenen  Weines  und  wurden  durch  die  Da- 
zwischenkunft  der  bürgl.  Sicherheitswache  bald  gestillt,  welche 
die  Unruhstifter  ohne  Bücksicht  der  Hauptwache  überlieferten. 
Von  der  zulezt  einmarschierten  Infanterie  blieben  bei  1 00  Mann 
beinahe  die  ganze  Nacht  vor  der  Hauptwache,  lagerten  sich 
vor  Müdigkeit  auf  dem  Pflaster,  und  Tags  darauf  besetzten  sie 
gemeinschaftlich  mit  der  bürgl  Miliz  die  Hauptwache  und  die 
Stadtthore.  Noch  vor  Mittemacht  erhielt  der  Magistrat  ein 
Schreiben,  dessen  Inhalt  viel  zu  merkwürdig  ist,  um  nicht 
in  seinen  ganzen  Inhalt  hieher  gesezt  zu  werden.  Es  lautet: 

„Grätz,  am  21"."  Germinal,  im  5'r  Jahre  der  französischen 
Kepublik,  (10.  April  1797),  Armanet,  Kriegscommissär  und  Ober- 
ster Verpflegs  Offizier  der  Division  des  General  Chabot  an  die 
Glieder  des  Magistrates  zu  Grätz.  Mein  aufhabendes  Amt  steht 
in  Verbindung  mit  allen  Theilen  unserer  Verwaltung,  ich  muss 
also  alle  die  Gegenstände,  die  wir  von  dem  Feinde  erobern,  genau 
untersuchen,  und  beschreiben.  Sie  werden  mir  folglich  anzeigen : 
1  '":•  Alle  österreichischen  Magazine  in  dieser  Stadt  nemlich  die 

Vorräthe  von  Mehl,  Wein,  Brand  wein,  Brod,  leeren  Säken, 


—     136     — 

Backöfen  und  zugehörigen  Werkzeig,  endlich  alles,  was 
nur  irgend  Bezug  auf  die  Nahrung  der  Soldaten  hat 
2'^?  Alle  zur  Nahrung  der  Pferde  vorfindige  Fourage :  Heu, 
Haber  und  Stroh.  3''."  Alles  kaiserl.  Schlachtvieh  und  Id- 
schlicht.  4*:  Alle  Bettfoumituren  und  die  für  die  Spitäler 
gehörigen  Einrichtungsstüke  nebst  den  Medicamenten.  5"?  Die 
Kleidungs  Vorräthe  und  Rüstung  der  Soldaten.  6*?  Die 
öifentl.  kaiserl  Kassen,  von  was  für  einer  Art  sie  auch 
immer  seyn  mögen,  doch  haben  diese  Kassen  in  ihren 
Händen  bis  auf  neue  Anordnung  zu  verbleiben.  IT  Die 
Salz  und  Tabak  Magazine  und  alle  übrigen  zu  den  Re- 
galien des  Kaisers  gehörige  Anstalten.  Einer  der  Syndiker 
der  Stadt  wird  mich  begleiter,  um  alle  diese  Gegenstände 
mit  mir  zu  untersuchen  und  aufzuzeichnen. 
Ich  bitte  Sie  Ihre  Einrichtung  so  zu  trefen,  dass  Wir 
Morgen  Früh  um  10  Uhr  anfangen  können. 

Gruss  und  Freundschaft 
Annanet." 
Da  auf  die  schleunigste  Rückantwort  gedrungen  wurde,  so 
musste  man  dieselbe  auf  die  wenigst  verfängliche  und  schädliche 
Art  einzukleiden  suchen.    Es  war  kein  Ausweg;  man  musste 
entweder  den  Franzosen  einen  Theil  verheimlichen,    das  war 
sehr  gefährlich,  oder  man  musste  sie  ihnen  entdecken,  dann 
waren  sie  verloren.  Der  erste  Weg  wurde  vorgezogen,  sosehr 
uian  auch  die  niederträchtigen  Verräther  fürchten  musste,  die 
leider !  auch  hier  doch  nur  in  kleiner  Anzahl  herumschliechen. 
Auch  konte  man  bei  der  Fladerhaftigkeit  und  dem  Leichtsin 
der  Franckreicher  in  dem  schlimsten  Falle  eine  Ausflucht  hoffen. 
Die  Antwort  an  den  Kriegskommissär  Armanet  ward  so 
abgefasst: 

Der  Kaiser  habe  hier  keine  Magazine.  Von  Proviant  in 
Magazine,  welches  ein  Eigenthum  der  Bürger  sei,  befänden 
sich  einige  Vorräthe  von  Mehl,  Korn,  Haber,  Heu  und  Stroh, 
welche  zur  Verpflegung  der  französischen  Truppen  auf  kurze 
Zeit  hinreichend  wären. 

Bettfoumituren   seien  für  die  Kranken  in  den  Spitälern 


—     137     — 

bestimmt,  Yorräthe  von  Wein,  Brandwein  fahret  die  kaieerl. 
Armee  niemals  mit  sich,  ihre  wenigen  Schlachtochsen  haben 
sie  bei  ihrem  Abmärsche  fortgetrieben,  und  da  niemals  hier 
eine  starke  Garnison  gelegen  habe,  so  fänden  sich  auch  keine 
Kleidungsstttcke  für  Soldaten.  Die  kaiserl.  Kassen  wären  bereits 
8  Tage  vor  den  Einmarsch  der  französischen  Truppen  nach 
Wien  abgegangen.  Von  den  von  den  Ständen  zurükbehaltenen 
Operations  Kassen  von  40000  fl.  wurde  keine  Erwähnung  ge- 
macht, und  auch  in  der  Folge  wurde  selbe  niemals  abgefordert, 
ja  nicht  einmal  untersucht.  Tobak  und  Salz  seien  bttrgl. 
Eigenthum. 

Der  Kriegskommissär  schien  mit  dieser  Antwort  zufrieden 
zu  sein ;  es  kommen  aber  bald  Auftritte  vor,  die  vom  Gegentheil 
überzeigten. 

Gegen  1  Uhr  nach  Mittemacht  kam  der  französische 
Überbefehlshaber  Buonaparte  mit  einem  sehr  zahlreichen  Gefolge 
von  Reitern  unter  dem  Nahmen  „guides  ä  cheval^,  die  eine  Art 
von  Leibwache  vorstellten  und  mit  den  ganzen  Generalstab 
an.  Seine  Wohnung  war  im  gräfl.  Christian  Stubenberg'schen 
Hause  bestimmt  Der  grösste  Theil  des  Generalstabs  ward 
dort  untergebracht,  die  Leibwache  band  ihre  Pferde  im  Hofe 
an,  so  gut  es  ging,  die  Reiter  selbst  lagen  an  der  Erde,  einiger 
Vorrath  von  Heu  und  Haber  war  an  der  Hauptwache  um 
den  schnellen  Bedürfnisse  zu  steuern,  aufgeführt,  aber  auch 
beinahe  im  selben  Augenblike  geplündert. 

Der  Quartiermeister  der  Stadt  Dr.  Krasskowitsch  hatte 
von  den  Ungeheuern  Schwallen  der  „Gommissairslnspecteurs**, 
n Garde  Magazins*^  und  „Employes"  so  wie  der  noch  ungleich 
grösseren  und  im  Verhältniss  mit  der  Mannschaft  überhäuften 
Anzahl  von  Offiziere,  die  oft  zu  hundert  auf  einmal  in  den 
Rathhaussaal  drangen,  sehr  viel  auszustehen. 

Jeder  war  ein  Vetter  des  Obergenerals,  jeder  war  unent- 
behrlich bei  ihm,  jeder  wollte  daher  so  nahe  als  nur  möglich 
bei  ihm  wohnen,  und  überhaupt  weiten  Sie  gar  niergend  Woh- 
nungen beziehen  als  auf  dem  Hauptplatz,  sogar  dem  angeblichen 
-Peruquier  de  Y  etat  Major •*  musste  eine  Wohnung  angewiesen 


—     138     — 

werden.  Viele  kamen  sogar  3 — 4inal,  und  da  es  nicht  möglich 
war,  ihre  Person  zu  unterscheiden,  so  erhielten  sie  auch 
wirklich  im  ersten  Anlauf  neue  Quartiere  so  oft  sie  kamen. 
Geg^n  halb  3  Uhr  war  es  ruhiger,  die  Wachstuben  geschlossen, 
einzelne  Bürger  suchten  die  Verirrten,  Bedrunkenen  und  über- 
haupt hie  und  da  auf  der  Strasse  zerstreuten  französischen 
Soldaten  auf  und  lieferten  sie  in  das  SeminariunL 

So  schloss  sich  die  Geschichte  eines  für  Steiermark  ewig 
denkwürdigen  Tages,  an  welchem  die  Stadt  Graz  von  eineDi 
feindlichen  Heer  besezt,  aus  dem  Munde  des  feindlichen  Gene- 
rals selbst  die  Nachricht  von  einem  Waffenstillstand  empfing. 
Diese  Nachricht  konnte  erdichtet  sein  --  es  konnten  Absichten 
im  Hintergrunde  verborgen  liegen,  die  nicht  leicht  zu  entdecken 
waren.  Ohne  Nachricht  vom  Hofe,  selbst  bei  dem  durch  Ungarn 
niemals  gesperrten  Postlauf,  war  diese  Stadt  vom  Feinde  be- 
sezt worden,  und  ganz  ihrem  Schiksale  überlassen.  In  dieser 
sehr  traurigen  Lage  suchte  sie  ihre  Rettung  einzig  in  den 
klugen  Anstalten  der  Landes  Kommission  und  des  Bürger- 
meisters, in  der  Thätigkeit  und  Wachsamkeit  der  bürgert.  Corps 
und  in  der  vereinigten  Mitwirckung  aller  Bürger  und  Inwohner ; 
dadurch  geschach  es,  dass  die  Bewohner  ohne  Furcht  den 
bewafheten  Feind  einziehen  Sachen,  dass  sie  diesem  Feinde 
Hochachtung  gegen  die  Bürgerwache  und  selbst  Besorgnisse 
abdrangen,  dass  in  den  1 9  Tagen  des  Aufenthaltes  der  Frank- 
reicher der  innere  Fried  nie  wessentlich  gestöhret  ward. 

Am  11.  April.  Kin  Theil  der  am  vorigen  Abends  einge- 
zogenen französischen  Truppen  steckte  am  frühen  Morgen  ein 
Lager  auf  dem  Hügel  aus,  der  an  der  Strasse  nach  Fürsten- 
feld liegt  und  die  Ries  genannt  wird. 

Es  waren  ungefähr  bei  400  Mann,  der  Rest  derselben 
wurde  in  die  Citadelle  verlegt  Der  Adel  und  die  Bürger  stellte 
ihre  Wägen  -  Pferde ,  zur  Verführung  des  Strohes  und  der 
Lebensmitteln  ins  Lager  und  in  die  Festung.  Die  Mannschaft 
im  Lager  auf  der  Riess  erhielt  Bretter  um  ihre  Paraquen 
zu  bauen,  die  Stangen  und  das  Brennholz  schlugen  sie  sich 
aus   dem   dort  befindlichen  Walde   selbst.   Am  selben  Tage 


—      139     — 

verfügte  sich  die  Landes  Kominission  zum  General  en  chef  Buona- 
parte,  um  von  demselben  Sicherheit  des  Eigenthums  und  der 
Persohnen,  freye  Ausübung  der  Religion  und  des  damit  ver- 
bundenen Gottesdienstes  sowie  Aufrechthaltung  der  Gesetze 
und  Rechte  des  Landes  sich  zu  erbitten.  Sie  wurden  von 
demselben  mit  einer  Art  empfangen,  die  nur  zu  sehr  zeigte, 
dass  er  sich  seiner  Macht  bewusst  sei,  und  die  derselben  sollte 
glauben  und  ftthlen  machen,  dass  er  als  Ueberwinder  komme. 

Seine  Rede  war  kurz  bestimmt  und  trocken.  Da  er  die 
Verfassung  und  Zusammensezung  der  prov.  Landes  Kommission 
erfuhr,  forderte  er  das  Namens -Verzeichniss  der  Mitglieder 
derselben  und  einen  Ausweis  des  Betrages  aller  in  Lande  be- 
stehenden landesfdrstl.  Abgaben  und  Anlagen  und  entliess  die 
Kommission  mit  der  Versicherung,  dass  er  für  das  Beste  des 
Landes  sorgen  wolle.  Die  Kommission  übersandte  ihm  gleich 
darauf  sowohl  das  Namens  Yerzeichniss  ihrer  Mitglieder,  als 
auch  den  Ausweis  der  bestehenden  Abgaben,  in  welchen  selbe 
aber  keine  andere  als  die  Dominikai  und  Rustical  Steuer  und 
den  Betrag  der  landesfürstl.  Städte  und  Merkte  ansezte,  bei- 
fügend, dass  von  selben  schon  2  Quartale  in  Voraus  bezalt 
wären,  und  dass  die  Kommission  unvermögend  wäre,  über  die  sonst 
noch  bestehenden  Abgaben  Steuern,  Mauthgefäble  und  ähnliche 
Anlagen  einen  Ausweis  zu  verfassen,  weil  die  diesfälligen 
Rechnungen  mit  denen  Kassen  auf  Befehl  des  Landesfürsten 
schon  längere  Zeit  abgeführt  worden,  und  auch  die  dabei 
angestellten  Beamten  und  Rechnungsführer  ebenfalls  abge- 
gangen seien. 

Bald  darauf  erschien  im  Sitzungssaale  der  Kommission  der 
frankreichische  General  Kommissär  Villemanzi  (Villemancy),  ein 
feiner  und  talentvoller  Mann,  der  bei  seinem  Eintritt  sehr 
genaue  und  bestimmte  Fragen,  über  die  hier  befindlichen 
Magazine,  über  die  Bevölkerung  und  Sitten  des  Landes,  über 
die  Kultur  des  Bodens  und  die  verschiedenen  Erzeignisse  des- 
selben, über  die  Manufacturen  und  Fabriken  und  überhaupt  über 
die  Staatskräfte  der  Steiermark  und  über  die  Abgaben  und 
Steuern  des  Landes  aufwarf, 


—     140     — 

Er  erkundigte  sich  um  die  kaiserl.  Magazinen  besonders 
um  die  Regalien  auf  eine  Weise,  die  viele  Kenntniss  des  Landes 
voraussetzte. 

Er  war  der  deutschen  Sprache  kundig,  es  war  alle  Vor- 
sicht nöthig  die  Aufschiasse,  die  ein  so  wohlunterrichteter 
Mann  mit  so  viel  Bestimmtheit  forderte,  so  zu  geben  dass 
daraus  kein  Nachtheil  für  das  übergebene  kaiserl.  Gut  und  das 
Wohl  des  ganzen  Landes  erfolgen  könnte.  Wir  blieben  fest 
bei  dem  Grundsatze,  die  Magazine  seyen  bür^.  Eigenthum. 
Wir  verheimlichten  allen  Vorrath,  der  auf  den  Mahlen  lag, 
der  ansehnliche  Haber  Vorrath,  der  in  dem  Gartensaal  des 
Braumeisters  Rechenzaun  war,  blieb  durch  die  Klugheit  des- 
selben unangetastet. 

Die  auf  freier  Strasse  beim  Rechenzaunischen  Hause 
gelegenen  Fässer  hatten  die  französischen  Generäle  bei  ihrem 
Einmärsche  bereits  gesehen,  und  das  bei  den  Franciskanem 
aufbewahrte  Mehl  wurde  durch  Verrath  entdekt 

Diese  Vorräthe  waren  nun  verloren,  nicht  mehr  zu  retten, 
wurden  indessen  meistens  an  die  bürgl.  Beckenmeister  abge- 
liefert, welche  durch  die  Thätigkeit  ihrer  würdigen  Vorsteher 
Gottinger  und  Pfefer  mit  ununterbrochener  aeuserster  Anstren- 
gung nicht  nur  die  in  Graz  eingerükten  Frankreicher  mit 
Brod  versorgten,  sondern  für  die  weit  zahlreicheren  Here  in 
Frohnleiten,  Brück  und  Leoben  die  Ungeheuern  Requisitionen 
glücklich  befriedigten. 

Über  die  Volksmenge  in  Steiermark  wurden  solche  Nach- 
richten gegeben,  welche  die  Franzosen  sehr  einschüchterten. 
Man  bestimmte  den  Stand  der  waffenfähigen  Bewohner  auf 
mehr  als  200.000  Mann;  man  vergass  nicht  den  friedlichen 
Karakter  des  biedern  Volkes  nach  Verdienst  zu  rühmen,  nichts 
destoweniger  erinnerte  man  die  Franzosen  an  das  Schiksal 
der  Jourdanischen  Armee,  für  den  Fall,  wenn  sie  sich  Aus- 
schweifungen erlauben  würden.  Die  Wirkung  dieser  Erinnerung 
war  sehr  sichtbar  und  mag  manche  härtere  Behandlung  fllr 
die  Folge  beseitiget  haben. 

Über    die  Kultur  der  Ei-zeignisse   des  Bodens  war  der 


—     141     — 

Gen.  C!oinm.  aus  dem  gedrukten  Werken  des  verstorbenen  Ka- 
nonikus zu  Voran  A.  J.  Caesar,  die  wir  in  seinen  Hsenden 
sahen,  gut  unterrichtet.  Die  Kräfte  des  Landes  gaben  wir  ihm 
init  Rücksicht  auf  den  Geldumlauf  und  als  Folge  eines  6jahrigen 
Kriegs  als  erschöpft  an ;  wirklich  war  auch  seit  Abwesenheit  der 
Kassen  das  haar  Geld  beinahe  verschwunden  und  die  Banko 
Zettel  von  den  meisten  Menschen  gar  nicht  angenohmmen,  so 
dass  sich  die  Bewohner  der  Stadt  oft  in  der  grössten  Ver- 
legenheit befanden.  Mit  diesen  meistens  allgemeinen  Antworten 
schien  der  General- Commissair  nicht  sehr  zufrieden.  Gedachter 
Commissair  ordonateur  en  Chef  machte  sodan  eine  Requisition 
von  60.000  par-Schuchen,  30.000  Hembder,  ebensoviel  Hossen 
von  blauem  Tuch  und  leinwandenen  langen  Gadien. 

Als  man  ihm  die  Unmöglichkeit,  all  diesen  ungeheueren 
Vorrath  liefern  zu  können,  vorstellte,  begnügte  er  sich  mit 
der  Zusage,  man  würde  ihm  in  der  kürzesten  Zeit  kundthuu; 
was  man  an  oberwähnten  Forderungen  zu  leisten  im  Stande 
wäre.  Der  General  -  Commissair  forderte  nun  Jemanden  ^  der 
ihn  zur  Besichtigung  aller  öfentlichen  Anstalten  begleiten 
sollte.  Bei  seiner  Rückkehr  schien  er  über  die  Verpfle- 
gung der  hier  zurückgebliebenen  kranken  Kriegsgefangenen 
zimlich  zufrieden,  doch  schrieb  er  eine  Requisition  von  300 
Heniäen,  1 50  Beinkleider,  1 50  Westen,  1 50  paar  Strimpfe  und 
1 50  paar  Schuchen  aus.  Dies  alles  wurde  geliefert ;  die  Hemden 
durch  eine  Sammlung,  welche  bei  den  Inwohnern  veranstaltet 
wurde,  die  übrigen  Kleidungsstüke  wurden  neu  angeschaft, 
es  ging  damit  so  wie  vorauszusehen  war;  am  Tage  nach  der 
Ablieferung  war  der  grösste  Theil  bereits  verkauft!  und  die 
Kranken  und  Halbgenesenen  eben  so,  wie  sie  waren. 

Gegen  der  Mittagszeit  kam  eine  Einladung  des  Ober 
Generals  an  die  Besitzer  der  Reitpferde.  Sie  wurden  aufge- 
fordert, die  Pferde  in  die  Reitschule  zu  stellen,  damit  sie  von 
dem  Obergeneral  besehen,  und  der  Kauf  gegen  baare  Bezahlung 
abgeschlossen  werden  könne.  Auch  kaufte  sowohl  er  als  die 
Übrigen  Generäle  beinahe  alle  in  der  Stadt  befindlichen  Pferde 
vom  schönem  Schlag,  alle  wurden  sogleich  bar  bezalt. 


—     142     — 

Gegen  3  Uhr  Nachmittag  ritt  der  Greneral  en  chef  be- 
gleitet von  seinem  ganzen  Etat  major,  allen  Generälen  und  ihren 
Adjutanten  unter  Voraustretung  seiner  Leibgarde  und  bestän- 
digem Blasen  seiner  vorausziebenden  Trompeter,  die  Umgegend 
zu  besehen.  Die  beiden  Ofliziere  der  bUrgl.  Kavalerie,  Graf 
Sigmund  Auersperg  und  Anton  GadoUa,  wurden  ersucht,  ihn 
dabei  zu  begleiten.  Er  ritt  um  die  Stadt,  erkundigte  sich  nach 
allen  Strassen  und  fragte  bei  jeder  derselben  sehr  genau,  ob 
auf  selber  Berge,    Gorges  oder  enge  Pässe  vorhanden  seien. 

Um  sieben  Uhr  hielt  der  Ober  General  offene  Tafel  wozu 
der  Herr  Oberst  Franz  Kaspar  Dobler,  der  Major  Stigfiz,  der 
Lieutenant  Leonardi  und  der  Adjutant  Klein,  alle  von  dem  Corps 
der  bürgl.  Kavalerie,  eingeladen  wurden.  Die  Absicht  dieser 
zweideutigen  Höfflichkeit  ward  bald  offenbar;  denn  als  die 
Offiziere  der  Bürger  Wache  in  das  Vorzimmer  des  Ober  Gene- 
rals getretten  waren,  näherte  sich  ihnen  der  General  der  Ar- 
tillerie, L'  Espinasse,  und  befragte  sie  mit  vieler  Zudringlichkeit 
ob  sie  nicht  besonders  mit  dem  Haupt  General  über  verschie- 
dene Gegenstände  sprechen  wollten?  Sie  antworteten,  dass  sie 
blos  zu  Tisch  geladen  seien;  er  wiederhollte  seine  Frage  öfters, 
und  als  er  immer  dieselbe  Antwort  erhielt^  verlies  er  sie  endlich. 
Während  der  Tafel,  wo  der  Oberst  Dobler  an  des  Haupt 
Generals  Buonaparte  rechter  Hand  sass,  —  erkundigte'  sich 
dieser  um  die  Aerarial  Güter,  besonders  aber  um  den  Ertrag 
der  Salzwerke  zu  Aussee.  Die  Antwort,  die  ihm  der  Obei'st 
gab,  war,  ^dies  ist  mir  unbekannt''.  Der  hiesige  Verkaufspreis 
des  Salzes  ward  ihm  auf  sein  Befragen  ges^;  aber  auf  die 
Frage,  wie  viel  der  Hof  bei  diesem  Preis  gewinne,  entschuldigte 
sich  der  Oberst  mit  seiner  unzureichenden  Kenntniss  dieses 
Gegenstandes.  Das  fernere  Gespräch  bezog  sich  meistens  auf 
die  Erzeugnisse  des  Landes  Steiermark  und  auf  den  Handel 
von  Ungarn  nach  Innerösterreich;  besonders  wiederhollte  der 
Ober  General  die  Frage,  ob  die  Eisenbergwerke  Privat-Eigenthum 
seien  ?  darüber  erhielt  er  die  der  Frage  mit  Wahrheit  begrün- 
dete Antwort,  dass  der  Hof  an  den  Eisenbergwerken  in  Steier- 
mark keinen  Antheil  habe.  Er  fragte  endlich,  ob  man  hier  den 


—     143     — 

Frieden  wünsche,  und  waram?  darauf  ward  ihm  geantwortet, 
dass  alle  den  Frieden  sehr  wanscben,  weil  dadurch  das 
wehselseitige  Band  der  Menschen,  die  Kultur  des  Landes  und 
der  Handel  neu  belebt  würden. 

Nach  dem  Speisen  kam  ein  Adjutant  des  Ober  Gene- 
rals ein  TravaQleur  d'esprit,  wie  ihn  die  Franzosen  nennen, 
zu  dem  Obersten;  er  sprach  ihn  deutsch  an  und  sagte  ihm 
ohne  Umschweife  „Nun  sei  der  Zeitpunkt  sich  von  Oesterreichs 
Herrschaft  loszureissen,  nun  müssen  die  Steuermärker  sich  von 
dem  Hofe  von  den  Ministem  und  dem  Adel  befreien;  ein 
Wort  an  den  General  würde  dem  Lande  den  Frieden  schenken 
und  es  frei  machen **;  worauf  der  Oberst  antwortete  „dass  er 
durch  das  traurige  Beispiel  Frankreichs  seit  1789  nicht  von 
den  Vortheilen  einer  republikanischen  Regierung  überzeugt 
wurden  sei,  dass  die  Steiermärker  mit  ihrer  Verfassung  sehr 
zufrieden  wären,  ihrem  Landesfürsten  treu  anhingen,  und  nie 
eine  diesfällige  Veränderung  wünschen  könten*". 

Mit  dieser  Äusserung  riess  er  sich  von  dem  elenden 
Verführer  los  und  verliess  den  Speisesal.  Auf  gleiche  Art 
ward  der  Major  Stiglitz  von  einen  andern  Adjutanten  des  Ober 
Generals  bearbeitet,  aber  der  Adjutant  ward  auf  die  selbe  Art 
wie  der  erste  abgefertiget  So  suchten  sich  die  Franzosen  durch 
Verführung  treu  gesinnter  Unterthanen  den  Bücken  zu  sichern. 
Sie  wollten  die  Bürger  u.  z.  die  wohlhabenden  Bürger  der 
Ltoder,  durch  die  sie  zogen,  zu  Verbrecher  machen,  denen 
die  Rückkehr  unmöglich  würde,  und  die  folglich  für  immer  an 
ibr  Interesse  festgebunden  bleiben  müsten. 

Aber  ihre  grobe  List  scheiterte  an  den  von  Liebe  für 
unsern  Fürsten  und  des  Vaterlandes  durchglühten  Herzen  der 
biederen  Bürger;  die  Verfuhrer  wichen  beschämt  zurück  vor 
der  unüberwindlichen  Grundfeste  des  österreichischen  Staates, 
der  Bürgertreue. 

An  demselben  Abende  wurde  die  Requisition  des  10.  Aprils 
wiederholt  und  zugleich  dem  Magistrate  aufgetragen,  die  Maga- 
zine von  Mehl  Getreide,  Haber  und  Heu  dem  Kriegskommissär 
anzuzeigen;    welches  mit  den  schon  früher  bemerkten  Ein- 


—     144     — 

schränkuDgen  geschah,  dafis  iein  sehr  namhafter  Vorrath  gänz- 
lich verschwiegen  wurde. 

Auch  machte  noch  am  selben  Abend  der  General  Com- 
missär  Villemanzi  im  Namen  des  General  en  chef  das  Ansacben 
an  die  prov.  Landes  Kommission  um  ein  Darlehen  von  1 2.000  fl. 
aus  der  stand.  Kasse,  die  Halbscheide  im  haaren  Gelde,  die 
Halbscheide  in  Banco  Zetteln  gegen  dem,  dass  er  diese  Summe 
alsogleich  rUkzahlen  wolle,  sobald  die  französische  Kriegskasse 
anlangen  würde.  Man  musste  die  Bewilligung  dieses  zweifel- 
haften Ansinnens  sich  gefallen  lassen  und  übersandte  dem- 
selben die  ganze  Summe,  die  er  verlangte,  durch  die  zw^ei 
Komissions-Mitglieder,  Herrn  Dereani  und  Teuerkauf.  Er  nahm 
aber  nur  den  in  Gold  in  1288  Stück  Dukaten  übersandten  Betrag, 
für  welchen  er  einen  Rückzahlungsschein  ausstellte  und  schikte 
die  ßanco  Zettel  und  übrige  Münze  wieder  zurük. 

Der  General  der  Artillerie  Manscourt  ging  auch  an  diesem 
Tage  unter  der  Begleitung  eines  Majors  vom  Geniecorps  auf 

« 

den  Schlossberg  in  das  Zeughaus  und  in  das  Pulvermagazin. 
Es  wurden  alle  Kisten  geöffnet,  alles  genau  aufgezeichnet, 
und  in  der  Folge  2  Wägen  mit  circa  20  Kisten  scharfe  Pa- 
tronen nach  Frohnleiten  und  3  Plöthen  mit  andern  Artillerie 
Requisiten  nach  Ehrenhausen  und  von  da  aus  zu  Land  über 
Mahrburg  nach  Klagenfurth  abgeführt.  Das  hiesige  k.  Artillerie 
Komando  hatte  vor  seinen  Abzug  diese  Munition  und  Artillerie 
Requisiten  nicht  mehr  fortbringen  können.  Das  rückgebliebene 
Interims  General-Komando  hatte  so  viel  möglich  war  und  man 
mit  Fuhren  zu  Wasser  und  zu  Land  aufkommen  konnte  fort- 
geschaft,  ja  selbst  während  des  Einrückens  der  französischen 
Avant-Garde  noch  5  Plöthen  mit  Munition  und  anderem  Aerarial 
Gut  nach  Warasdin  abgeschickt,  aber  die  so  schnelle  Ankunft 
des  Feindes  machte  jeden  fernem  Transport  unmöglich.  Merk- 
würdig aber  ist  es,  dass  der  französische  General  bei  dieser 
Untersuchung  am  stand.  Zeughaus  vorüberging,  es  nicht  ein- 
mahl zu  sehen  verlangte,  und  keine  Auskunft  darüber  forderte. 
An  diesem  Tag  kam  der  Syndikus  von  Mahrburg  und  brachte 
der  prov.  Landes  Kommission   einige  schon  früher   erwähnte 


—     145     — 

fihnliche  französische  Proclamationen,  die  dem  Magistrat  zu  Mar- 
burg zum  Weitersenden  übergeben  worden  waren.  Er  batt,  man 
möchte  ihm  diese  Proclamationen  abnehmen,  damit  der  Magistrat 
zu  Marburg  von  aller  diesfälligen  Verantwortlichkeit  entbunden 
würde.  Die  provisorische  Landes  Kommission  befahl  ihm,  selbe 
dem  Ober  General  zurückzustellen.  Er  gieng  zu  Buonaparte,  der 
ihm  aber  unter  der  strengsten  Verantwortlichkeit  befehlen  liess, 
diese  Proclamationen  dem  hiesigen  Magistrat  zur  weiter  Ver- 
sendung zu  übergeben.    Er  kam  nun  auf  das  Rathhaus;   der 
Herr  Bürgermeister  war  abwesendi  und  der  Magistrat  wollte 
die  Proclamationen  die  in  7  Gouvertz  an  die  Stadt  Magistrate 
zu  Pest^   Körment,  Raab,  Stuhlweisenburg,  Pressburg,  Ofen 
und  Eomom  addressirt  aber  versiegelt  waren,  nicht  annehmen. 
In  der  Hofoung,  den  nach  den  Äusserungen  des  Syndikus 
Menz  in  grosser  Angst  schwebenden  Magistrat  in  Marburg  zu 
befreyen,  und  in  der  Zuversicht,  diese  Proclamationen  so  wie 
die  früheren  in  Sicherheit  zu  bringen,   übernahm  der  Bürger 
Stahel  vom  Syndicus  Menz  dieselben,  und  quittirte  ihn  dafür. 
ADein  da  dieser  Mann  schon  bei  dem  französischen  Ober 
General  gewesen  und  von  ihm  mit  den  gemesensten  Befehl, 
diese  Proclamationen  zu  versenden,  an  den  hiesigen  Stadtroagi- 
strat  gewiesen  war,  so  durfte  er  es  nicht  wagen,  selbe  gerade 
bei  Seite  zu  schaffen.  Er  sigelte  sie  in  ein  Couvert  und  sandte 
sie  durch  einen  Mann  von  der  Wache  an  den  General  Beaumont 
Er  batt  ihn  schriftlich,  den  Magistrat,  der  sich  in  der  Unmög- 
lichkeit befinde,  die  Proclamationen  zu  versenden,   von  der 
Verantwortlichkeit  zu  befreien   und  sie  bei  sich  zu  behalten. 
Oeneral  Beaumont  liess  aber  sagen,   der  Magistrat  müsse  in 
Ermanglung  anderer  Gelegenheit  die  Versendung  durch   die 
Post  besorgen,  und  sich  darüber  ausweisen.  Zugleich  liess  er 
ihm  bedeuten,  künftig  nicht  mehr  Aufträge  zurückzusenden,  die 
dem  Magistrate  bei  schwerster  Verantwortlichkeit  auszuführen 
anbefohlen  sei.  Man  war  gar  nicht  in  der  Lage  einem  solchen 
bestimmten  Befehl   widersezlich   zu   handeln;   Bürger  Stahel 
nahm  also  die  beiden  Bürger,  Herrn  Ludwig  Amerbacher,  Di- 
relitor  der  hiesigen  Coton  Fabrik,  und  Anton  GadoUa,  Spezerei- 

VittktiL  dM  hiBi,  Veniu  t  SUiernuk,  XXVUl.  Heft,  1880.  10 


—     146     — 

hftndler  von  Graz ;  als  Zeugen  mit  sich,  gieng  auf  das  Postamt 
und  Obergab  gegen  Recepisse  die  7  versiegelten  Schreiben, 
jedoch  mit  dem  ausdrücklichen  Bedeuten,  diese  Schreiben  ent- 
weder hier  oder  sonst  wo  auf  der  Strasse  nach  Ungarn  zurück- 
zuhalten, damit  sie  nicht  an  ihre  Adresse  gelangten.  In  der 
Nacht,  die  diesem  Tage  folgte,  wurden  mehrere  Unruhstifter, 
sowohl  Frankreicher,  als  auch  hiesige  Einwohner,  die  aber 
alle  zur  niedrigsten  Klasse  des  Poebels  gehörten,  von  den  aus 
Bürgern  und  französischen  Soldaten  zusammengesetzten  Pa- 
troullen  eingebracht  und  der  Hauptwach  übergeben. 

Am  12.  April  um  10  Uhr  kam  ein  Adjutant  des  Ober- 
generals  auf  das  Rathhaus  und  meldete :  dass  der  Obergeneral 
um  11  UhrdieprovisorischeLandesEommission  bestätigen  wolle, 
dass  sich  somit  alle  Mitglieder  an  dem  Orte  versammlen  sollten, 
wo  bisher  die  Sitzungen  abgehalten  wurden,  und  dass  man, 
wenn  die  Eonmiission  versanunelt  sei,  dem  Obergeneral  hieven 
Nachricht  geben  möchte.  Um  11  Uhr  war  selbe  versammelt 
und  erwartete  den  zu  ihrer  Bestätigung  vom  Obergeneral 
bestimmten  General  Berthier,  als  dieser  aber  gegen  12  Ulir 
noch  nicht  erschienen  war,  wurde  der  Bürger  Stahel,  ein 
Kommissionsmitglied,  zum  Obergeneral  gesendet,  um  ihn  zu 
benachrichtigen,  dass  die  Kommission  versammelt  sei. 

Der  Abgeschickte  traf  den  Obergeneral  mit  Durchsehung 
einiger  Landkarten  beschäftiget  Der  General  Berthier  ward 
gerufen,  und  als  sich  derselbe  wegen  Geschäfte  entschuldigte, 
sandte  der  Obergeneral  an  den  hiesigen  Stadt  -  Comandanten 
General  Beaumont,  um  durch  ihn  die  Einsetzung  und  Bestätü- 
gung  der  Landes  Kommission  zu  veranlassen. 

Während  der  halben  Stunde,  die  bis  zur  Ankunft  des 
Generals  Beaumont  verflos,  war  der  Abgeschickte  allein  beim 
Obergeneral;  im  anstossenden  Kabinet  schrieb  ein  Adjutant 
an  der  für  Steiermark  bestimmten  Proclamation.  Der  Ober- 
general befragte  den  Abgeschückten  der  Landescommission 
über  die  Volkszahl  der  Stadt  und  des  Landes,  über  den  Ea- 
rackter  der  Bewohner. 

Die  erstere  ward  ihm  nach  der  in  der  Kindermann'schen 


—     147     — 

Karte  enthaltenen  Tabelle  angegeben,  und  über  den  Charakter 
der  Bewohner  auf  seine  eigene  Erfahrung  während  seines 
Aufenthaltes  in  Steiermark  und  besonders  in  Graz  verwiesen ; 
doch  sezte  der  Bürger  hinzu,  ,,die  friedlichen  Bewohner  der 
Gebiirge  würden  gegen  gewalthätige  Reizungen  nicht  gleichgültig 
sein^.  Darüber  lächelte  er,  doch  fragte  er  unmittelbar  darauf 
mit  dem  ihm  gewöhnlichen  Ernst,  ob  man  hier  mit  der 
österreichischen  Regierung  zufrieden  sei?  Diese  gefährliche 
Frage  glaubte  er  (Stahel)  nach  dem  Gefühle  seines  Herzens 
beantworten  zu  müssen,  und  als  der  Obergeneral  sich  äusserte, 
dass  ihm  viele  Klagen  gegen  diese  Regierung  angebracht 
worden  seien,  so  erwiderte  der  Bürger  wörtlich  folgendes:  „Un- 
voUkommenheit  sei  das  Los  aller  menschlichen  Einrichtungen, 
zwischen  mehrem  und  mindern  Vollkommenheit  der  Regierungen 
entscheide  der  Wohlstand  der  Bewohner  eines  Landes.  Es  gäbe 
in  jedem  Lande  unzufriedene  hier  aber  verhältnissmässig  nur 
sehr  wenige.  Die  Unzufriedenheit  einzelner  Glieder  der  Bürger 
Gesellschaft  liege  nicht  in  ihrem  Eifer  für  das  Wohl  des 
Ganzen  sondern  in  ihren  Egoismuss.^  Der  Obergeneral  schien 
über  diese  Aeusserung  ernster  zu  werden.  Er  tratt  in  das 
anstossende  Zimmer,  in  welchem  sein  Adjutant  schrieb,  und 
las  die  Schrift  fleissig  durch.  Der  General  Beaumont  trat  nun 
ein,  er  empfing  aus  der  Hand  des  Obergenerals  die  Schrift  mit 
dem  Auftrage,  die  Landes  Kommission  nun  zu  bestättigen.  Beau- 
mont durchlas  nun  das  Papier  ebenfalls,  und  hier  war  es,  wo 
Bürger  Stahel  auf  der  verkehrten  Seite  den  lezten  Abschnitt 
der  Proclamation  las,  der  lautete:  „La  Commission  de  la  Stirie 
pretera  sennent  d^  obeisance  a  tous  les  ordres  de  la  republique 
FranQoise.**  Die  Glieder  der  prov.  Landes  Kommission  waren 
dem  General  Beaumont  bis  zum  Eintrit  in  den  äusseren  Saal 
des  Landhauses  entgegen  gegangen;  während  der  Ceremonie 
des  Empfanges  erzehlte  der  Bürger  Stahel  dem  Grafen  v.  Brandis, 
dem  Bürger  Dehler  und  Teuerkauf  dass  der  Eid  des  Gehorsams 
gefordert  werden  würde.  In  diesem  Augenblicke  war  schon  der 
Entschluss  fest  in  ihrer  Seele,  diesen  Eid,  dessen  Folgen 
unabsehbar  waren,  nicht  zu  leisten.  Der  General  trat  an  den 

10* 


—     148     — 

Tisch,  die  Mitglieder,  wurden  bei  dem  Abschnitte,  der  ihre 
Namen  enthielt  auch  namentlich  aufgerufen;  als  der  letzte 
Abschnitt  vorgelesen  war,  durchfuhr  sie  alle  der  Geist  der 
wärmsten  Vaterlandsliebe,  edler  Unwille  über  den  Stob  des 
Gallischen  Befelchhabers,  beleidigtes  Gefühl  eigener  Kraft,  die 
laute  Stimmen  der  Bürgerpflicht  und  die  Bttrgertreue  gegen 
Fürst  und  Vaterland  entschieden  in  diesem  gefahrvollen  Augen- 
blick. Mitten  unter  seinen  Tausenden  ward  dem  französischen 
Obergeneral  der  geforderte  Eid  abgeschlagen. 

Der  Fürstbischof  war  der  erste,  der  dem  französischen 
General  in  kurzen  und  troknen  Worten  sagte,  er  habe  seinem 
Landesfürsten  den  Eid  der  Treue  und  des  Gehorsams  gdeistet, 
würde  diesen  Schwur  nie  brechen,  und  könne  daher  keinen 
ähnlichen  mehr  leisten.  Alle  Mitglieder  unterstützten  mit  gleich- 
lautenden Aeusserungen  diese  Worte,  und  erklärten,  sie  wären 
bereit  von  dieser  Versanunlung  abzutreten,  aber  nie  würde  man 
sie  bewegen  können,  pflichtwidrig  zu  handeln. 

Buonaparte  war  schon  zur  Abreise  nach  Obersteiermaric 
bereit,  er  sass  schon  im  angespannten  Reisewagen,  als  General 
Beaumont  ihm  die  Nachricht  brachte,  der  Eid  sei  verweigert. 
Er  gab  nun  den  Befehl,  die  Mitglieder  sollten  den  Eid  ab- 
legen, oder  es  würde  die  Kommission  suspendirt  Er  brach  in 
unanständige  Worte  und  Drohungen  aus.  Er  reiste  sogleich  ab. 

Gl.  Beaumont  kehrte  wieder  in  den  Saal  zurück,  vergebens 
wandte  er  alle  seine  Künste  der  Beredsamkeit  an,  vergebens 
zählte  er  die  Gründe  auf,  die  den  Obergeneral  der  Franzosen 
berechtigten,  den  Eid  des  Gehorsams  von  einem  eroberten j 
Lande  zu  verlangen.  Die  Mitglieder  der  Landes  Kommission  > 
wankten  nicht,  und  die  Versammlung  ward  aufgehoben.  Siechbar 
war  die  Freude  über  diesen  kühnen  Schrit  bei  unseren  Mit- 
bürgern. Einige  Bösewichte,  aber  zur  Ehre  dieser  Stadt  sey 
es  gesagt,  dass  ihre  Zahl  nur  äusserst  gering  war,  glaubten 
zwar  diesen  Zeitpunkt  zur  Ausführung  selbstsüchtiger  Pläne 
benüzen  zu  müssen,  sie  fühlten  vielleicht  selbst  die  Schwärze 
ihrer  Absichten,  sie  wagten  nicht,  damit  hervorzutretten. 

Während  diesen  Tagen  gaben  sich  die  französischen  G 


" 


-       149      - 

DerUe  alle  Mühe^  einzelne  Mitglieder  der  Kommission  zur 
Ablegong  des  Eides  unter  dem  Verwände  zu  bereden,  dass 
eine  andere  Kommission  von  dem  Obergeaeral  ernannt  werden 
d&rfte,  deren  Mitglieder  nicht  in  demselben  Grad  das  Zutrauen 
des  Landes  besitzen  dürften,  wie  die  Bestandenen.  Allein  ihre 
Gründe  wurden  standhaft  widerlegt,  die  gedachte  Einsetzung 
einer  andern  den  Absichten  des  Generals  en  chef  sich  fü- 
genden Kommission  unterblieb,  aber  er  Hess  uns  bald  filhlen, 
dass  er  die  Verweigerung  des  Eides  sehr  übel  nahm. 

Schon  am  Abend  kam  ein  Brief  von  dem  General-Kommissair 
Villemanzi  an  den  Magistrat  der  Stadt,  dessen  Inhalt  sehr  auf- 
fallend war.  Es  wurde  alles  hier  vorfindige  Mehl,  aller 
Haber  ohne  Rücksicht  auf  die  hier  und  in  Frohnleiten  lie- 
genden Truppen,  nach  Leoben  und  Prugg  zu  liefern  beordert. 
Zugleich  erschien  ein  sogenannter  „Agent  Militaire  de  la  Re- 
publique**,  mit  dem  Auftrag,  dass  der  Magistrat  ihn  in  seinen 
Verrichtungen  unterstützen,  und  überhaupt  sich  in  Alles  fügen 
sollte,  was  der  Agent  zur  Erfüllung  seiner  Aufträge  als  dienlich 
erachten  würde.  Der  ersten  Forderung  konnte  nicht  wohl  aus- 
zuweichen sein,  aber  verhindern  konnte  man  die  Abführung 
aller  Vorräthe  durch  kluges  Zögern,  man  konnte  sich  mit  der 
Unmöglichkeit  entschuldigen,  hinlängliche  Vorspannswägen  auf- 
zubringen, man  konnte  den  Vorspannswägen  eine  halbe  Ladung 
geben,  und  dadurch  ward  Zeit  gewonnen. 

Der  Agent  Militair  hingegen  war  gefährlich,  zwar  kannten 
wir  noch  nicht  die  ganze  Ausdehnung  seines  Amtes,  und  sein 
Beglaubigungsbrief  war  nur  in  sehr  allgemeinen  Ausdrücken 
abgefasst,  aber  seine  kalte  Mine,  seine  Zudringlichkeit,  sein 
H.  von  Employ^  liesen  alles  fürchten,  auch  wurden  die  Folgen 
semer  Sendung  bald  fühlbar.  Die  Requisitionen  dieses  Tages 
waren  sehr  unbestimmt,  aber  im  Ganzen  doch  denen  von  beiden 
vorigen  Tagen  gleich.  Einige  französische  Offiziere  fuhren  umsonst 
mit  der  Post  nach  Prugg,  sie  waren  mit  dem  Kriegskommissair 
einverstanden,  der  fttr  sie  die  Pferde  gefordert  hat  Die  Unge- 
wissheit,  in  der  wir  über  die  Verhältnisse  und  über  den  uns 
gar  nicht  angekündigten  Waffenstillstand  waren,  erlaubte  uns 


-       150     — 

nicht,  diesen  kleinen  Betrügereien  dnen  Damm  entgegen- 
zusetzen. 

Den  13.  April.  Der  Postkurs  wurde  nun  auf  Befehl  des 
Generals  Beaumont  geöffnet  Wir  hatten  Hofoung,  Verhaltungs- 
befehle von  unserem  allergnädigsten  Monarchen  zu  erhalten^  die 
wir  in  so  kritischen  Zeitverhältnissen  sehnlichst  erwartet  hatten. 
Es  war  wenigstens  möglich,  etwas  von  den  Anstalten  zu  er- 
fahren, die  zu  unserer  Befreyung  gemacht  wurden.  Die  Bothen 
von  den  an  den  österreichischen  und  ungarischen  Grenzen 
gelegenen  Städten  Hartberg  und  Fttrstenfeld  kamen  an,  die 
Franzosen  legten  ihnen  keine  Hindemisse  im  Weg ;  allein  auch 
diese  süsse  Hoffnung  war  vereitelt,  wir  erhielten  nicht  die 
mindeste  Nachricht  und  fanden  nur  in  der  Uebereiustimmung 
der  hiesigen  Bewohner,  in  dem  Muthe,  der  uns  nie  verliess, 
und  in  unserer  eigenen  Empfindungskraft  die  Mittel,  alle  Pläne 
der  Feinde,  denen  wir  ofenbar  Gewalt  nicht  entgegensetzen 
konnten,  zu  vereiteln. 

Anstatt  ihnen  die  hier  gelegenen  Vorräthe  zuzuführen, 
Hess  man  alle  Becken  fleissig  Brod  backen,  und  eine  unglaub- 
liche Menge  nach  Frohnleiten  und  Prugg  versenden.  Wir  ver- 
sendeten wenig  Mehl  auch  noch  weniger  Haber.  Jeder  Lub 
Commisbrod  wurde  um  ein  Pfund  leichter  gebacken,  wir  gaben 
sogar  den  grössten  Theil  der  vom  Lande  herein  beorderten 
Vorspannswagen  den  hiesigen  Commissairs,  die  in  das  Lager 
nach  St.  Leonhard  unnöthige  Fuhren  verrichten  Hessen,  um  uns 
mit  gänzlichen  Mangel  an  Vorspannswägen  zu  entschuldigen, 
und  die  anbefohlene  Abfuhr  von  Mehl  und  Haber  nach  Prugg 
und  Leoben  unmöglich  zu  machen.  Vergebens  drohten  die  zum 
Magistrat  gesandten  Anschaffungs-Gommissairs,  dass  sie  durch 
Detachements  das  Landvolk  zur  Vorspann  hereinzwingen  würden. 
Wir  riethen  ihnen,  keine  Versuche  dieser  Art  zu  machen,  wenn 
ihnen  ihr  Leben  lieb  sei,  und  wirklich  zogen  sie  ihre  Sicherheit 
dem  gefährUchen  Mittel  des  Zwanges  vor.  Sie  blieben  in  der 
Stadt  und  sandten  keine  Detachements.  An  diesem  Tage  sti^ 
der  Unwillen  der  Einwohner  dieser  Stadt  gegen  die  unge- 
betenen Gäste  auf  einen  merkUchen  Grad.  Verschiedene  kleme 


-      151     — 

Erpressungen  an  einzelnen  Personen,  Unfttge,  die  in  namhafter 
Anzahl  an  verschiedenen  Orten  mit  dem  weiblichen  Greschlechte 
verQbl  worden  waren,  verweigerte  und  nicht  geleistete  Zah- 
lungen für  genossene  Speiss  und  Trank,  Unordnungen,  die 
von  den  meistens  bedrunkenen  gemeinen  Soldaten  begangen 
worden,  hatten  die  Oemüther  in  Gährung  gebracht  und  den 
Wunsch,  sich  zu  rächen,  und  mit  bewaffneter  Hand  zu  schlitzen, 
hervorgebracht  Der  Magistrat  erhielt  die  bestinunte  Kunde, 
dass  in  einer  der  Vorstädte  bereits  wirkliche  Anstalten  hiefar 
getrofen  würden,  und  das  Volk  sich  zu  sammeln  bereit  wäre. 
Um  diesem  in  jedem  Anbetracht  gefährlichen  Entwurf  vor- 
zubeugen und  dem  daraus  nothwendig  entspringenden  Uebel 
mit  Gewalt  zu  steuern,  sach  sich  der  Bürgermeister,  in  dessen 
Namen  seit  Auflösung  der  prov.  Landes  Kommission  alle  öffent- 
lichen Verfügungen  ausgehen  mussten,  gezwungen,  durch  die 
hier  sub  Nro.  6  beigebogene  strenge  Verordnung,  selbst  mit 
Drohung  der  Todesstrafe,  das  Geboth  der  inneren  Ruhe  zu 
wiederhollen.  Die  nützliche  Folge  derselben  war  unverkenbar 
und  zwqrÜAch,  denn  es  ward  dadurch  nicht  nur  die  so  noethige 
Ruhe  und  Ordnung  erhalten,  sondern  auch  die  französische 
Hanschaft  auf  die  Grundursache,  die  zu  dieser  Verordnung 
Anlass  gegeben,  aufinerksam  gemacht,  und  Sie  konte  ihre 
zweifelhafte,  vieleicht  auch  gefahrvolle  Lage  nicht  miskennen. 

Den  14.  April.  Mit  unausstehlicher  Plage  und  unaufhör- 
lichen Drohungen  wurden  die  Brodliefenmgen  von  den  fran- 
zösischen Kommissairs  betrieben,  unsere  braven  Beckenmeister 
lieferten  täglich  18  bis  20000  Portionen  Brod.  Der  hiesige  Be- 
darf war  nur  gering,  aber  die  Versendungen  nach  Frohnleiten 
und  Prugg  erschöpften  täglich  den  Vorrath.  Siechbar  waren  die 
Betrügereien  der  französischen  Magazins -Verwalter.  Sie  hatten 
sich  gleidi  bei  ihrem  Einzug  in  die  Stadt  des  Verpflegsmagazins 
bemächtiget,  um,  wie  sie  sagten,  die  Bürger  der  Mühe  der 
Vertheilung  zu  überheben.  Sie  trieben  Handel  mit  Haber  und 
Getreida  Sie  verkauften  einen  Theil  des  auf  ihre  Requisitionen 
gelieferten  Weines,  sie  verkauften  Fleisch. 

Die  Klagen,  die  wir  darüber  vorbrachten,  konnten  diese 


—     152     — 

Missbräuche  nicht  hindern,  das  ganze  Heer  dies^  Betrüger 
war  eine  Kötte  ohne  Anfang  und  ohne  Ende.  Sie  theflten  den 
Raub,  aber  sie  wurden  doch  behutsamer,  da  Sie  wahrnahmen, 
dass  wir  Anstalten  trafen,  selbst  von  ihren  Vorräthen  zu  kaufen, 
um  rechtliche  Zeugnisse  gegen  sie  in  den  Hftnden  zu  haben. 

Vergebens  schrieb  der  Kriegkommissair  Armanet  und  der 
Oberkommissair  Pellizone  beinahe  alle  Stunden,  dass  wir  ohne 
ihre  Unterschrift  kein  Brod,  Wein  etc.  abliefern  möchten;  ja 
der  Bürgermeister  musste  sogar  die  hier  sub  Nr.  7  beige- 
bogene Warnung  an  das  Publikum,  nichts  von  den  Franzosen  zu 
kaufen,  eingehen  und  durch  den  Druck  bekannt  machen  lassen, 
allein  alle  diesfaellige  Fürkehr  war  vergeblich. 

Die  Bürger  hatten  das  Magazin  nicht  mehr  in  den  Hftnden, 
die  französischen  Employes  kehrten  sich  nicht  an  die  Befehle 
ihrer  Vorgesetzten.  Selbst  der  General  Beaumont  war  nicht 
im  Stande,  die  aus  dem  Hauptquartier  zu  Leoben  heimlich 
hieher  gekommenen  OflSziere  zur  Rückreise  zu  bewegen.  Er 
schrieb  einen  Brief  an  den  Magistrat  und  forderte  das  genaue 
Verzeichniss  aller  hier  befindlichen  und  einquartirten  Offiziere. 

Um  selbes  mit  Gewissheit  liefern  zu  können,  erliess  der 
Magistrat  die  hier  sub  Nro.  8  beigebogenen  Ausweise  und 
übergab  sie  dem  Herrn  Generalen. 

Aber  die  Offiziere  blieben  dennoch  hier.  ~  Oft  war  nur 
ftlr  einen  Offizier  Zimmer  und  Bett  angewiesen,  aber  statt 
einen  kamen  ihrer  4  und  mehrere.  Sie  wechselten  mit  dem 
Schlaffe,  die  andern  spielten  indessen.  Manche  trieben  sogar 
Handel  mit  den  Quartieren. 

Den  1 5.  April.  Der  Kriegskommissair  Armanet  brachte  einen 
neuen  Magazins  Verwalter  zum  Magistrat,  um  die  Vorräthe  vom 
Verpflegsmagazin  zu  übernehmen.  Es  ward  ihm  geantwortet: 
dass  diese  Vorräthe  sich  schon  in  den  Händen  der  französischen 
Ofiiziere  befänden,  die  während  der  6  Tage  ihres  Aufenthaltes 
darin  viele  Lücken  gemacht  hätten.  Wir  erinnerten  ihn,  dass  bei 
der  üblen  Wirthschaft  und  den  Betrügereien  der  Untergebenen 
das  Magazin  bald  aufgezehrt  sein  würde,  und  dass  wir  alssdann 
nichts  mehr  znr  Erhaltung  der  Truppen  beitragen  könnten.  Die 


—     153     — 

Frankreicher  fiihren  fort,  tftglich  eine  Menge  Wägen  zur  Abfllh- 
rnng  der  Magazine  zu  verlangen;  sie  erhielten  deren  sehr  wenige, 
oft  sogar  nicht  einen  einzigen,  wir  gaben  ihnen  zu  Yerstehen, 
dass  sie  ihre  eigenen  Wftgen  zum  Transporte  der  Lebensmittel 
hieherschaffen  sollten;  da  man  gut  wusste,  dass  sie  bei  der 
ganzen  Armee  nicht  einmal  hinlänglich  Pferde  zur  Fortschaffung 
ihrer  wenigen  Artillerie  hatten,  auch  kämmen  keine  Wägen  an, 
und  der  Transport  unterblieb. 

Der  Militär  Agent  der  französischen  Republik  fing  nun  an 
die  ersten  Schritte  zur  Vollziehung  seiner  Aufträge  zu  machen. 
Er  ersuchte  den  Magistrat,  sich  zu  versammeln,  und  äusserte 
sich,  dass  er  von  nun  an  nothwendig  allen  Sitzungen  desselben 
beiwohnen  mttsse.  Es  wäre  sehr  leicht  gewesen,  diesen  Kund- 
schafter durch  lange  Weile  aus  dem  Rath  zu  vertreiben,  aber 
wir  sagten  ihm  geradezu :  Die  Glieder  des  Bathes  glaubten  in 
seiner  Gegenwart  nicht  die  gesezliche  Freiheit  ihrer  Meinungen 
äussern  zu  dürfen.  Er  kam  zu  keiner  Sitzung. 

Wir  fühlten  nun  erst  ganz^  •  wie  seinem  eigenen  Vortheile 
zu  wider  der  französische  Obergeneral  gehandelt  hatte,  da  er 
die  provisorische  Landes  Kommission  aufhob.  Wir  nahmen  diese 
Trennung  der  Mitglieder  und  den  Befehl  des  Obei^enerals, 
sich  nicht  ohne  seine  Erlaubniss  zu  versammeln,  zum  Vorwand, 
um  sehr  viele  Forderungen  abzulehnen,  denen  nicht  leicht 
auszuweichen  war,  wenn  die  Landes  Kommission  in  ihrer 
Wirksamkeit  geblieben  wäre.  Die  Frankreicher  Sachen  das 
selbst  ein,  sie  drangen  in  den  Obergeneral,  die  Landes  Kom- 
mission wieder  einzusezen,  aber  sein  Stolz  liess  es  nicht  zu. 
Er  opferte  den  Wohlstand  seiner  Armee  dieser  Leidenschaft; 
der  reine  Gewinn  war  fbr  unser  Vaterland. 

Den  16.  April.  Die  Feier  des  Osterfestes  war  von  den 
Frankreichem  nicht  gestört,  so  ward  auch  die  Gharwoche  hin- 
durch der  Gottesdienst  in  allen  Kirchen  mit  den  gewöhnlichen 
Feierlichkeiten  gehalten;  die  Kranken  waren  die  ganze  Zeit 
hindurch  mit  dem  Hochwürdigen  öffentlich  versehen  worden, 
es  wurden  Prozessionen  gehalten,  und  die  Frankreicher  er- 
laubten sich  nie  auch  die  mindeste  Störung  der  Religions- 


—     154     — 

Übungen.  Wir  hatten  am  Vorabend  bereits  ihre  Requisitionen 
befriediget. 

Es  waren  einige  Wägen  nach  Frohnleiten  abgefahren,  um 
der  dort  stehenden  Division  des  Generals  Chabot  Lebensmittel 
zu  überbringen. 

Die  Becken  arbeiteten  unaufhörlich.  Zu  Leobra  und  Prugg 
war  alles  aufgezehrt,  die  zahlreiche  Armee  der  Frankreicher 
musste  von  hier  aus  mit  Allem  versehen  werden.  An  diesem 
Tag  ward  auch  auf  ausdrückliches  Verlangen  des  französißchen 
Generals  das  Theater  wieder  eröfhet  Man  hatte  sich  vorläufig 
schon  von  demselben  den  Verbot  erbeten,  dass  das  Marseiller 
Lied  oder  das  Qa  ira  und  dergleichen  nicht  gesungen  werdeo, 
und  niemand  auf  das  Theater  und  in  die  Coulissen  zu  gehen 
sich  erlauben  sollte  und  er  gab  die  gemessensten  Befehle,  die 
auch  in  der  Folge  in  Rücksicht  der  Lieder  nie  überschritten 
wurden.  Den  französische  Gemeinen  ward  nur  der  Zutritt 
auf  den  lezten  Platz  gestattet,  welches  freilich  mit  ihren  Be- 
griffen von  Freiheit  und  Gleichheit  nicht  ganz  zusammen 
stimmen  wollte,  aber  doch  so  ziemlich  gehalten  wurde,  und 
für  die  Stabs  und  Ober  OfSziere  mehrere  Logen  angewiesen. 
Der  Zulauf  von  Seite  der  Franzosen  war  sehr  gross  und  wuchs 
beinahe  täglich,  vorzüglich  wenn  Opera  groben  wurden,  da- 
gegen minderte  sich  täglich  die  Zahl  der  hiesigen.  Bian  konnte 
ihr  Betragen,  dass  doch  im  Grunde  selbst  bei  den  Ofiizieren 
nicht  sehr  gebildet  war,  nicht  gewöhnen  und  wollte  lieber  die 
Gelegenheit  zu  unangenehmen  Auftritten  vermeiden.  Die  Bürger 
Militz  besezte  auch  hier  gemeinschaftlich  mit  den  Franzosen 
in  ziemlicher  Anzahl  die  Wachen,  und  trug  hier  ebenfalls  nicht 
wenig  zur  Erhaltung  der  Ordnung  und  Buhe  mit  guten  Er- 
folg bey. 

Am  1 7.  April  brachte  ein  Courier  aus  Leoben  den  in  der 
Beilage  sub  Nr.  9  in  einer  wörtlichen  Uebersetaung  beigebo- 
genen Brief  von  dem  General  Kommissair  Villemanzi  an  die 
Mitglieder  der  aufgehobenen  Landes  Kommission,  dessen  Inhalt 
eme  Folge  der  Untersuchungen  und  Arbeiten  des  Militftr  Agenten 
war,  und  worin  derselbe  statt  bisher  den  fi^mzöedschen  Truppen 


—     155     — 

in  natura  gereichten  Verpflegang  zum  eigenen  Ankaufe  der 
Lebensmittel  eine  Abgabe  in  baarem  Gelde  von  wöchentlich 
30.000  Liyres  forderte.  Es  war  leicht  abzusechen,  dass  der 
französische  General  Kommissair  das  Wohl  des  Landes  nur  zum 
Vorwand  seiner  unerschwinglichen  Forderung  mache;  man 
wusste,  dass  die  Städte  Leoben,  Prugg,  der  Markt  Frohnleiten 
und  die  umliegenden  Gegenden  bereits  von  allen  Lebensmitteln 
entblöst  waren,  dass  sogar  die  Bürger  dieser  Orte  mit  ihren 
Hausgenossen  von  dem  leben  mussten,  was  ihre  Gäste  in  den 
Hotten  der  Landleute  blUnderten. 

(In  dieser  bedrängten  Lage  wurde  von  den  Mitgliedern  der 
prov.  Landes  Kommission  beschlossen,  sich  bittlich  an  die 
Stufen  des  Thrones  resp.  dessen  Stellvertretter  zu  wenden.) 

Offenbar  ward  der  Plan  des  General  Kommissairs  durch 
den  Militär  Agenten  Ruard  ausgearbeitet,  aber  es  war  hier 
kerne  öfentliche  Staatskasse.  Der  Mangel  an  baarem  Gelde  war 
sehr  drückend,  es  war  kerne  Möglichkeit  bei  der  Abwessenheit 
aller  Kassen  die  Bancozettln  in  klingende  Münz  umzusetzen, 
dass  wenige  Geld,  dass  aus  dem  täglichen  Verkauf  des  Salzes 
und  des  Tobacks  erlöst  wurde,  war  nicht  hinreichend,  die 
täglichen  Ausgaben  zu  bestreitten,  und  wenn  auch  die  Mög- 
lichkeit der  Zahlungsleistung  vorhanden  gewessen  wäre,  so 
würde  die  Gebahrung  mit  diesem  Geld  nicht  minder  nach- 
theilligere  Folgen  nach  sich  gezogen  habea  Nebst  dem,  dass 
die  Bestimmung  der  höchsten  Verkauipreisse  der  Lebensmittel 
blos  von  der  WiDkühr  der  Franckreicher  abgehangen  hätte 
und  sie  selben  immer  nur  zu  ihrem  Vortheille  bestimmt  haben 
würden,  so  wären  dabei  die  armen  Unterthanen,  deren  vor- 
zügliche Schonung  sie  zum  Hauptschein-Grunde  ihrer  Forderung 
angaben,  dadurch  nicht  mehr  durch  (!)  (vor)  Plinderung  und 
Erpressungen  sicher  gestellt  worden,  und  da  man  keiner  ihrer 
Worte  und  Verheissungen  festen  Glauben  beimessen  zu  können 
geschert  ward,  so  wurde  unsere  Lage  hierdurch  auch  nur 
um  80  bedencklieher.  In  dieser  kummervollen  und  kränckenden 
Ungewissbeit  glaubten  die  Mitglieder  der  provisorischen  Landes 
Kommission  auch  diesmal  keine  festere  Stütze  ihres  Heilss, 


—     156     — 

keinen  sicherern  Schatz  vor  der  sie  betrohenden  Oefiihr,  als 
an  den  Stuffen  des  Thrones  ihres  geliebten  Landesvaters,  und 
da  sie  sich  nicht  unmittelbar  an  ihn  selbst  verwenden  konnten, 
so  hofften  sie  doch  ihren  Zweck  bei  seinen  Stellvertretern  und 
Begwalügten  zu  erreichen. 

Wir  hatten  erfahren,  dass  m  Göss  kaiserliche  Gesandte 
mit  dem  französischen  Ober  General  am  Frieden  arbeiteten. 
Die  Glieder  der  Landes  Kommission  versammelten  sich  auf 
dem  Rathhause,  es  ward  eine  Denkschrift  an  den  Obergeneral 
verfast^  und  zween  Gliedern  der  Landes  Kommission,  dem  Grafen 
V.  Brandis  und  dem  Bürger  Stahel,  aufgetragen,  nach  Leoben 
zu  den  kaiserl.  Gesanden  abzureisen,  ihnen  diese  Denkschrift 
mitzutheilen,  und  sie  um  Verhaltungsbefehle  bitten. 

Das  Original  der  Denkschrift,  die  unter  Nr.  10  hier 
beigebogen  ist,  ward  durch  den  General  Beaumont  an  den 
Herrn  Obergeneral  Buonaparte  abgesant  Um  Afittemacht 
tratten  die  beiden  Mitglieder  der  Landes  Kommission  die 
Reise  nach  Leoben  an.  Ein  französischer  Chasseur  begleitete 
sie  als  Salve  Garde ;  ungehmdert  traffen  sie  im  Hauptquartier 
ein,  und  sprachen  mit  dem  von  Sr.  Majest&t  dem  Kaiser  zu 
dem  Friedensgeschftft  bevollmächtigten  Grafen  von  Meerfeldt 
in  seiner  Wohnung  zu  Göss.  Sie  erzählten  ihm  umständlich 
die  Ausdehnung  der  französischen  Forderung  und  ersuchten 
ihn  um  einen  dem  Wohl  des  Landes  und  der  Monarchie 
angemessenen  Rath.  Er  hatte  dazu  keine  Verhaltungsbefehle, 
doch  erfuhren  die  Deputirten  aus  seinem  Munde  die  Nachricht 
von  der  Unterzeichnung  der  Friedenspräliminarien,  und  er 
unterstützte,  wie  wir  später  erfuhren,  die  Denkschrift  bei  dem 
französischen  Obergeneral  mit  der  besten  Wirkung. 

Den  1 8.  April.  Belebt  durch  die  glückliche  Bothschaft  der 
Friedenspräliminarien,  kehrten  die  Deputirten  nach  Graz  zurQk. 
Sie  waren  die  Ersten,  die  ihren  Landsleuten  diese  so  lang 
und  so  sehnlich  gewünschte  Nachricht  verkündigten,  frohe 
Gefühle  durchbebten  die  Brust  jedes  bieder  denkenden  bei 
dieser  Gewissheit  Mancher  stille  Seifzer  stieg  zum  Himmel. 
Er   war   der  Ausdruck   des  Dankes,  und    segnete    unseren 


—     157     — 

Landesvater.  Aber  nur  im  StiUen  konnte  man  sich  dieser  in 
sich  so  berubigenden  Bothschaft  fronen.  Umningen  vom  Getöse 
der  wilden  und  rauhen  Krieger,  die  ihre  ausgelassene  Freude 
ober  die  gewisse  Hoffnung  nun  bald  in  ihr  Vaterland  zurück- 
zukehren,  nur  mit  bachanaUschen  Freuden  feierten,  noch 
fühlend  den  eisernen  Druck  ihrer  angemassten  Herrschaft,  gleich 
gequelt  durch  ihre  Forderungen,  wie  durch  ihre  empfindlichen 
Beweise  ihrer  geträumten  Gleichheit  und  Freiheit,  konnte  man 
sich  den  seeligen  Gefühlen,  die  die  Berechnung  der  goldenen 
Fruchte  eines  sehnlich  gewünschten  Friedens  in  unseren  Herzen 
erweken  sollte,  nicht  ganz  überlassen,  nur  halb  ihrem  tröstenden 
Einflüsse  Gehör  geben,  nur  in  weiter  Aussicht  die  Wohlthat 
desselben  erkennen.  Doch  waren  fhr  uns  auch  einige  augen- 
blikliehe  Vortheile  mit  dieser  frohen  Gewissheit  verbunden.  — 
Es  war  nun  weniger  von  den  Gewaltthätigkeiten  zu  fürchten, 
womit  uns  die  Frankreicher  bedroht  hatten,  es  Hessen  sich 
wieder  neue  Mittel  erfinden,  um  ihren  dringenden  und  stärker 
werdenden  Forderungen  auszuweichen. 

Sie  hatten  fbr  diesen  Tag  400  Centner  Mehl  und 
400  Centner  Hen  nach  Prugg  und  1200  Centner  Mehl  nach 
Leoben  ohne  Aufschub  und  unter  schwerster  Verantwortlichkeit 
verlangt ;  es  wurden  jedoch  nur  360  Ztr.  gesandt.  Der  Militär 
Agent  Richard  forderte  diese  Lebensmittel  mit  dem  Beisätze; 
dass  sie  aus  dem  Verpflegsmagazin  (welches  ohnehin  den 
Franzosen  gehöret)  nicht  genehmen  werden  sollen.  Dagegen 
versicherten  wir  ihn,  dass  die  französische  Armee,  ÜBb  wir 
nicht  ihre  Verpflegung  aus  dem  Magazin  fortsezen  dürften, 
selbe  keinen  Bissen  Brod,  keine  Portion  Fleisch  oder  Wein, 
kurz  gar  nichts  mehr  erhalten  würde,  dass  wir  uns  in  der 
Lage  befänden,  Gewalthätigkeiten  nicht  zu  fürchten,  dass  wir 
uns  übrigens  gegen  seine  Forderung  durch  den  General  Kom- 
nüssair  und  durch  unsem  Gesandten  schützen  würden.  Er 
verlangte  dies  alles  schriftlich,  wir  verweigerten  ihm  dieses  nicht 

Der  Kriegs  Kommissair  Armanet  forderte  über  das  ge- 
wöhnliche Bedür&iss  noch  30  Stück  Schlachtvieh,  um  sie  nach 
Frohnleiten  zu  senden. 


—     158     — 

Wir  schlugen  ihm  dies  gladerdings  ab,  er  eriii^  kein 
einziges  Stück ;  wir  wussten ,  dass  die  in  Frohnleiteii  liegende 
Division  mehr  als  100  Ochsen  und  KQhe  mit  sich  fbbrte^  wir 
konnten,  ohne  sie  geradezu  in  Mangel  zu  sezen,  doch  einige 
Tage  mit  der  Lieferung  warten  und  gewannen  dadurch  wenig- 
stens Zeit. 

Die  Festung  war  heut  vom  Kapitaine  Loyarbe  aufge- 
nehmen,  und  ihm  hiezu  über  sein  schriftlichets  Veriangen  die 
Instrumenten  geliefert 

Es  war  dies  wieder  dn  neuer  Kunstgriff,  wodurch  uns 
die  Frankreicher  bethören  und  die  Gemüther  beunruhigen 
wollten;  sie  wollten  Furcht  erwecken,  um  desto  gewisser  ffUi 
ihre  Sicherheit  zu  sorgen.  Der  Kriegskommissair  Armanet,  dem 
man  seine  Forderung  wegen  Schlachtvieh  abgeschlagen  hatte, 
wandte  sich  nun  an  den  General  Kommissair  Villemanzi,  wir 
erhielten  einen  Brief,  worin  für  den  21.  und  23.  April  100  Stück 
Schlachtochsen  unter  der  strengsten  Verantwortlichkeit  nach 
Prugg  zu  liefern  befohlen  war.  Vergebens  wandten  wir  uns  in 
dieser  Nothlage  an  die  ungarischen  Viehhändler,  es  wurde 
geantwortet,  dass  die  Ausfuhr  des  Schlachtviehes  ans  Ungarn 
bei  Todesstrafe  verbothen  sei.  Das  war  weder  mit  dem  Waffen- 
stillstand, weder  mit  den  darauf  unterzeichneten  Präliminarien 
übereinstimmend.  Wir  hatten  von  hier  bis  Leoben  eui  Heer 
von  mehreren  1 000  Frankreichem  mit  Lebensmitteln  zu  ver- 
sehen und  die  Quelle  derselben  war  nun  abgeschnitten.  "V^r 
waren  gezwungen,  das  Schlachtvieh  aus  einer  grossen  Entfer- 
nung hiehertreiben  zu  lassen,  aber  wir  konnten  doch  nicht 
die  ganze  Forderung  der  Franzosen  befriedigen« 

Für  die  hiesigen  Spitäler  musste  Küchengeschier,  Waag 
und  Gewichter,  Hacken,  Stühle  und  anderes  Hansgeräthe  geliefert 
werden.  Der  Magazins  Verwalter  Monicault  forderte  sogar  eine 
vollständige  Einrichtung  seines  Quartiers  mit  Spiegel,  Soffen 
u.  dgl.  aber  er  erhielt  nichts.  Der  Vorrath  von  Heu  war  nur  durch 
die  üble  Wirthschaft  der  Franzosen  erschöpft,  so  dass  kaum 
mehr  15  Ztr.  ausgegeben  werden  konnten.  Die  benachbarten 
und  sogar  entfernten  Werbbezirke  lieferten  sehr  beträchtlich; 


—    iBd    - 

manchen  Tag  kommen  über  40  Fuhren  an,  aber  sie  ver- 
schwanden ebenso  schnell  wieder,  viele  Fahren  kommen  gar 
nicht  in  die  Stadt,  sie  wurden  ungeachtet  der  sie  begleitenden 
Wache  geplündert 

Den  19.  April.  Die  französischen  Kommissaire  fuhren  fort, 
ihre  Bedürfnisse  sehr  ernstlich  zu  verlangen.  Sie  dehnten  solche 
auf  Gegenstftnde  aus,  die  wir  gar  nicht  kannten.  Sie,  die  jahre- 
lang in  Italien  das  ellendeste  Brod  gegessen  hatten,  wollten  nun 
nicht  mehr  das  gut  kemichte  Brod  annehmen,  welches  ihnen 
unsere  Becken  lieferten.  Sie  verlangten,  dass  alles  vorräthige 
Mehl  noch  einmahl  durch  die  Beutel  laufen  sollte.  Aber  wir 
stellten  ihnen  die  Unthunlichkeit  dieser  Arbeit  bei  den  starken 
Brodbedarf  vor  und  die  Sache  unterblieb.  Ihre  Forderungen 
an  Holz,  Stroh,  Bettfomituren,  Wein  und  weissen  Brod  ftlr 
die  Hospitäler  wurden  befriediget.  Sie  beschworen  uns  im 
Nahmen  der  Menschheit  und  plünderten  die  eine  Helfte  der- 
selben, nm  der  anderen  nicht  das  Bedürfhiss  sondern  Ueber- 
fluss  zu  reichen. 

Der  Oberkommissair  Buhot  kam  heute  von  Leoben.  Er 
war  ganz  das  G^entheil  von  den  bisher  uns  über  den  Hals 
gekommenen  Wüstlingen,  ein  feiner,  wohlgebildeter  Mann,  dem 
wir  in  mancher  Rücksicht  viel  zu  danken  hatten ;  er  that  den 
ungewöhnlichen  Neckereien  der  ihm  untergeordneten  Kommis- 
sairen,  wahrer  Vampire,  Einhalt,  und  sein  bescheidenes  und 
höfliches  Betragen  war  das  vollkommste  Gegenstück  an  den  be- 
leidigenden, immer  mit  Fluchen  und  Schmähworten  begleiteten 
Federungen  aller  andern.  Sein  erster  Auftrag  war,  mehrere 
Backöfen  in  den  Magazinen  errichten  zu  lassen,  um  die  sehr 
zahlreiche  französische  Armee  leichter  mit  Brod  zu  versehen. 
Auch  bestellte  er  1 000  baar  Schuhe,  welche  nach  einem  Preiss 
mit  1  fl.  42  kr.  bezahlt  werden  sollten.  Wir  stellten  ihm  zwar 
zu  wiederholten  malen  .die  Unnothwendigkeit  der  Backöfen,  die 
Unmöglichkeit,  solche  in  so  kurzer  Zeit  zu  Stande  zu  bringen, 
vor.  Es  war  umsonst;  es  wurde  eine  ungeheuere  Menge  Ziegel, 
Kalk  und  Bauwerkzeug  in  das  Magazin  geschafft,  über  50  Maurer 
arbeiteten  Tag  und  Nacht  an  den  6  neuen  Baköfen,  in  wenigen 


—     160     — 

Tagen  waren  selbe  fertig.  Aber  die  französischen  Becken  w^ 
gerten  sich  geradezu  der  Arbeit,  weil  sie  ihrer  Aeusseruog 
nach  seit  6  Monaten  kein  Geld  erhalten  hatten.  Die  grossen 
Kosten,  welche  die  Erbauung  der  Oefen  verursacht  hatten, 
waren  ganz  umsonst  und  den  bargerl.  Beckenmeistem  blieb  die 
Last  wie  bisher.  Um  die  Bestellung  der  Schuhe  zu  befördeni, 
wurden  alle  in  Gräjs  befindlichen  Schuhmacher  au%ebothai. 
Sie  versprachen  des  Tags  70  baar  Schuhe  zu  Uefem.  In  allen 
erhielten  die  Franzosen  1600  Paar. 

Am  20.  April.  Von  dem  General  Kommissair  ViUemanzi 
kam  ein  Schreiben  mit  der  Nachricht,  der  Obergeneral  wolle 
den  ihn  bei  seiner  hiesigen  Anwesenheit  gegebenen  Vorschuss 
rückzahlen.  Er  forderte  Jemanden  zur  Uebemahme  nach  Leobeo. 
Die  Glieder  der  prov.  Landes  Kommission  versanunelten  sich 
auf  dem  Rathhaus  und  beschlossen,  die  Bürger  Josef  Stahel 
und  Franz  Teuerkauf  mit  den  Documenten,  die  über  das 
Darlehen  ausgeferüget  waren,  in  das  Hauptquartier  za  sendai. 

Sie  tratten  ihre  Reise  sogleich  an  und  wurden  von  änen 
französischen  Ghaseur  als  Salve  Garde  begleitet  Die  am  16. 
d.  M.  von  den  Franzosen  geforderte  Kriegssteuer  von  300.000 
Livers  wöchentlich  (vgl.  o.  S.  155 !)  war  zwar  noch  nicht  geliefert, 
aber  sie  war  auch  noch  nicht  wideiTufen,  und  man  konnte  mit 
jeder  Stunde  fürchten,  dass  sie  mit  Strenge  eingetrieben  werden 
würde.  Man  konnte  zwar  dieser  Forderung  viele  Recbtsgründe 
entgegensezen,  allein  die  Frankreicher  hatten  70000  Bigonettee, 
und  im  Getümmel  des  Krieges  schweigen  die  Gesetze,  die  Macht 
des  Stärkeren  entscheidet  hier  allein,  wir  konnten  uns  gegen 
sie  nur  leidend  verhalten. 

Die  abgesandten  Bürger  beschlossen  w&hrend  der  Rase, 
die  Vorstellung  der  Unmöglichkeit,  eine  solche  Summe  in  baren 
Gelde  au&ubringen,  und  die  Widerrufung  dieser  Forderung 
zum  ersten  Gegenstand  ihres  Geschäftes  zu  machen. 

Sie  erschienen  vor  dem  General  Kommissair  und  machten 
ihn  mit  der  Lage  der  Stadt  Graz  bekannt.  Er  verlangte  von 
ihnen  schriftlich  das  Versprechen,  sich  der  ferneren  Verpflegung 
der  französischen  Armee  zu  unterziehen.  Bei  der  ersten  Reise, 


—     161     — 

die  Baiser  Stahel  nach  Leoben  gemacht  hatte,  ward  ihm  mit- 
getheilt,  dass  die  Franzosen  das  kaiserl.  SalziQagazin  in  Beschlag 
genommen  hatten,  um  es  als  Kriegsbeute  verkaufen  zu  können. 
Die  Erkundigung  der  französischen  Kommissairs  um  das  kais. 
Sälzmagazin  in  Graz  hat  diese  Sache  sehr  wahrscheinlich  ge- 
macht. Es  war  der  Zeitpunkt,  wenigstens  einen  Theil  dieses 
kaiserl.  Gutes  zu  retten. 

Man  machte  dem  General  Kommissair  den  Vorschlag, 
einige  100  Centner  Salz  aus  den  eroberten  kaiserl.  Magazinen 
zu  Leoben  der  Stadt  Graz,  die  wirklich  an  diesem  noth wendigen 
Lebensbedürfnisse  Mangel  habe,  (es  waren  aber  noch  8000  Ztr. 
in  Graz  vorräthig)  gegen  eine  gleiche  Quandität  Mehl  zu  Über- 
geben. Auch  diesen  Antrag  verlangte  der  General  Kommissair 
schriftlich.  Die  beiden  Bürger  schrieben  nun  in  des  Kommissair 
Zimmer  folgende  hier  sub  Nro.  1 1  beigebogene  Note.  Während 
der  Verfertigung  dieser  Note  hatte  der  General  -  Kommissair 
einen  seiner  Adjutanten  zur  Untersuchung  der  Salzvorräthe 
abgeschickt  Er  war  kaum  zurückgekehrt,  als  der  General- 
Kommissair  den  beiden  Grazer  Bürgern  die  hier  sub  Nr.  12 
beigebogene  schriftliche  Antwort  gab;  er  gab  ihnen  zugleich 
eine  Anweisung  auf  1 200  Ztr.  Salz,  die  sie  sogleich  beziehen 
solten  und  fragte,  ob  sie  die  Documenten,  die  über  das  Dar- 
lehen des  Obercomandanten  ausgestellt  waren,  mitgebracht 
bätten.  Sie  bejahten  dies,  er  rief  sogleich  einen  Adjutanten, 
um  sie  zu  dem  Kriegszahlmeister  zu  begleiten.  Dieser  ent- 
schuldigte sich  mit  Geldmangel  und  versprach  dagegen  die 
Zahlung  sicher  in  ein  paar  Tagen  zu  leisten;  aber  der  dies- 
falls abermahl  abgeschickte  Bevollmächtigte  erhielt  die  nemliche 
Antwort. 

Die  beiden  Abgesandten,  zufrieden  mit  dem  Bewustseyn, 
dem  Monarchen  einen  ansehnlichen  Theil  des  in  den  Händen 
der  Frankreicher  befindlichen  kaiserlichen  Guts  gerettet  zu 
haben,  machten  sogleich  Anstalt  zur  Abführung  des  Salzes.  Sie 
i^chlossen  einen  Kontrakt  über  die  Ablieferung  von  Salz  nach 
Uräz.  Sie  kehrten  mit  freudigem  Herzen  in  ihre  Vorstadt  zurück. 
Zwar  hatten  sie  nicht  den  Vorschuss,  der  an  den  französischen 

Ißtthftü.  dM  hist.  Vereina  f.  Steiermarlc,  XXVm.  Heft,  1880.  1 1 


—     162     — 

Obergeneral  gemacht  worden  war,  wieder  erhalten,  aber  sif* 
hatten  ihre  Mitbürger  von  der  traurigen  Lage  befreyt,  in  die 
Sie  die Eriegsbeisteuer  der  Frankreicher  gesezt  hatte.  Sie  hatten 
ein  nicht  unbeträchtliches  in  feindlichen  Händen  gewesenes 
Aerarial  Guth  gerettet,  also  weit  mehr  gethan,  alss  in  ihrent 
Auftrag  war. 

Bei  ihrer  Rückkehr  aus  dem  Hauptquartier  sahen  sie 
2  Abtheilungen  der  französischen  Armee  im  Marsch.  Es  waren 
die  beiden  Divisionen  von  Bernadotte  und  Massena,  welche  in 
Folge  der  abgeschlossenen  Friedenspräliminarien  nach  Gör/, 
Krain  und  weiter  nach  Italien  maschirten.  Ihre  Stärke  bestaii<I 
ohne  den  Tross  ungefähr  in  25000  Mann.  Sie  führten  geu:en 
40  Feldgeschütze  und  Haubitzen  mit  sich.  Die  Division  vou 
Serurier,  vorher  Chabot,  war  seit  dem  10.  April  in  Frohnleiten. 
ihre  ungefähr  aus  300  Mann  bestehende  Kavallerie  aber  in 
Peggau  gelagert.  An  diesem  Tage  rückte  sie  in  Graz  ein.  Die 
Avantgarde  von  der  Kavallerie  wurde  in  das  auf  der  Triester 
Strasse  nache  gelegene  Feldkirchen  verlegt,  die  aus  bif. 
8000  Mann  bestehende  Infanterie  aber  in  den  hier  befindlichen 
Kasernen,    Seminarien   und   der  Kriegskanzlei  untergebracht 

Im  Verpflegsmagazin  wurden  mehrere  Kisten  und  Fässer 
mit  Fomituren  erbrochen  und  geplündert.  Der  Bürger  Pfeffer 
machte  dem  Magistrat  die  Anzeige,  der  Bürgermeister  wandte 
sich  sogleich  um  Abhilfe  an  den  Plaz  Comandanten.  Die  in's 
Magazin  abgesandte  Wache  fand   die  Plünderer  nicht  mehr. 

Den  21.  April.  Da  ein  grosser  Theil  der  französischen 
Armee  sich  von  Leoben  in  Marsch  gesetzt  hatte,  so  unter- 
blieben nun  die  uns  so  lästigen  Versendungen  nach  Ober- 
steyermargkt  Desto  mehr  wuchsen  die  Bedürfnisse  für  die  (durcli 
die)  nun  eingetrofene,  aus  10000  Mann  bestehende,  Division  von 
Bernadotte,  welche  ein  Lager  auf  dem  Gräzerfelde  nächst  dem 
Pulverthurm  bezog,  und  wozu  Stroh,  Bretter  und  Holz  in 
ungeheurer  Menge  geliefert  werden  musste,  auf  etlich  und 
20000  Mann  angewachsene  Garnison  der  Stadt  Graz. 

Beide  hier  befindlichen  Divisionen  verlangten  täglich 
24000  Porzionen  Brod,  100  Emmer  Wein,  24  Schlachtochseu 


—     163     — 

uDd  4000  Rationen  Haber  und  Heu,  nebst  50  bespannten 
Wägen,  um  diese  Vorr&tbe  in  die  Lager  abzuführen. 

Der  Dienst  der  Btlrgerwache  war  sehr  beschwerlich  und 
oft  mit  Lebensgefahr  verbunden.  Die  Cavallerie  machte  ihre 
Patrollen  bis  nach  Peggau,  Kallstorf,  in  die  Einöde  und  eine 
grosse  Strecke  über  die  Gleisdorfer  Strasse  Tag  und  Nacht ; 
sie  kam  nie  ohne  Arrestanten  zurück. 

Die  Bauern  der  Nachbarschaft  waren  zum  Theil  von  den 
französischen  Marodeurs  geplündert  worden.  Sie  hatten  sich 
bewafhet  und  viele  dieser  Bäuber  erschossen  oder  erschlagen. 
Es  gab  Bösewichter,  welche  den  Bauern  gesagt  hatten,  die 
Gräzer  Bürger  seyen  mit  den  Frankreichem  im  Einverständnüss ; 
von  denen  Bauern  war  vielleicht  mehr  für  die  bürgerl.  Pa- 
tronllen  zu  fürchten,  als  selbst  von  den  Frankreichem.  Es 
gelang  uns  endlich  dadurch,  dass  unsere  Bürgerwachen  die 
Bauern,  die  mit  Holz  und  Heu  und  andern  Lebensmitteln  in 
die  Stadt  fuhren,  vor  den  Misshandlungen  der  Frankreicher 
thätig  beschüzten,  um  ihre  vorgefasste  Meinung  gegen  die 
Bürger  zu  ändern,  sie  brachten  ihre  Vorräthe  wieder  zum 
Markt,  sie  versprachen  sogar,  uns  in  Masse  zu  Hilfe  zu  kommen, 
wenn  wir  Lust  hätten,  uns  der  französischen  Truppen  mit 
Gewalt  zu  entledigen.  Wir  wurden  von  ihrer  Stimmung  noch 
mehr  überzeugt,  als  wir  genaue  Nachrichten  von  ihrer  kräf- 
tigen Gegenwehr  aus  der  Nachbarschaft  erhielten. 

In  dem  französischen  Lager  auf  der  Riess,  welches  anfangs 
(nur)  aus  700  Mann  bestand,  wurden  bereits  100  und  etliche 
70  Mann  vermisst 

Den  22.  April.  Die  Stadt  war  von  Offizieren  und  ihrem 
Gefolge  so  überladen,  dass  alle  Zimmer  doppelt  und  dreyfach 
besezt  waren,  die  Requisitionen  wurden  immer  häufiger,  oft 
glaubten  wir,  es  sey  unmöglich,  die  Forderungen  besonders  an 
Brod  zu  bestreitten ;  aber  unsere  braven  Beckenmeister  und  be- 
sonders ihre  Vorsteher  Göttinger  und  PfeflFer  zeigten  sich  in 
diesen  schweren  Tagen  als  thättige  Mitwircker  zum  allgemeinen 
Wohl  Durch  ihre  Betriebsamkeit  ward  nicht  nur  die  Armee  der 
Prankreicher  befriediget,  sondern  auch  die  Bewohner  der  Stadt 

11* 


—     164     — 

und  der  Gegend  litten  während  der  ganzen  Zeit  des  Aufent- 
haltes der  Frankreicher  nie  eine  Stunde  Mangel  an  irgend 
einer  Gattung  von  Brod. 

Es  wurden  von  dem  Ober  Kommissair  Bahot  20  Becken- 
knecht in  das  Yerpflegsmagazin  gefordert,  aber  auf  die  Vor- 
Stellung,  dass  diese  bei  ihren  Meistern  nothwendig  wären,  um 
das  für  die  französischen  Truppen  nothwendige  Brod  zu  ar- 
beiten, gieng  der  Ober  Kommissair  von  seiner  Forderung  ab. 
Von  dem  General  Kommissair  wurden  1 2000  par  kurze  Stifleten 
von  Zwilch  gegen  baare  Bezahlung  gefordert  Auch  verlangte 
man  eine  Quantität  Weinessig  für  die  Truppen  auf  den  Marsch. 

Die  Requisitionen  (?)  kamen  jedoch  weiter  nicht  in  Anregung; 
und  wir  erinnerten  auch  niclit  die  Frankreicher  daran.  Die 
Requisitionen  dieses  Tages  waren:  22000  Porzionen  Brod, 
24  Ochsen,  600  Ztr.  Heu,  4000  Razionen  Haber  und  20000  Por- 
zionen Wein. 

Gegen  6  Uhr  Abend  traf  der  General  en  chef  Buonapart« 
mit  seinem  ganzen  Generalstab  und  anderen  Generalen  hier 
ein.  Er  nahm  sein  Absteigquartier  wie  früher  im  gräfl.  Kristian 
Stubenberg'schen  Hause  in  der  Herrngasse.  Er  Hess  bei  dem 
Magistrate  die  Quartiere  für  den  kaiserl.  Gesandten  Grafen 
von  Meerfeld;  Bitter  St.  Vincent  und  für  den  königl.  neapoli- 
tanischen Bothschafter  Marquis  de  Gallo  ansagen. 

Wohnetruncken  über  das  Glück  nach  so  langem  vergeb- 
lichen Sehnen  endlich  wieder  einmahl  begwaltigte  unsers  ge- 
liebten Vaterlandes  in  unseren  Mauern  zu  erwarten,  Männer 
zu  sehen,  vor  denen  wir  den  Drang  unserer  Herzen,  den 
wir  so  viele  Tage  her  nicht  laut  äussern  durften,  erklären 
könnten,  ward  kein  Befehl  des  französischen  Generals  mit  so 
freudigem  Entzücken,  wie  dieser  befolgt 

Bei  der  so  Ungeheuern  Menge  von  französischen  Generalen 
und  Offizieren,  die  in  unserer  Stadt  lagen,  und  deren  ZaLl 
die  2000  überstieg,  ward  es  schwer,  sie  ihrer  Würde  und 
unserem  Herzenswunsche  gemäss  zu  beherbergen.  Man  machte 
einige  französische  Offiziere  ausziehen  und  bereitete  ihnen  so  die 
verlangten  Wohnungen.    Der  Oberste  der  bürgerl.  Cavallerid 


—     165     — 

ritt  ihnen  bis  an  die  Grenze  des  Weichbildes  der  Stadt  ent- 
gegen, um  selbe  einzuführen.  Nach  Mittemacht  kam  Herr  Major 
Graf  von  Meerfeld  und  den  2.  Tag  der  Ritter  St  Vincenz,  und 
Marqnis  de  Gallo  hier  an.  Diese  Nacht  war  sehr  unruchig,  aber 
die  Ausschweifungen ,  die  verübt  worden ,  waren  von  der  am 
wenigsten  schädlichen  Art,  sie  beschränkten  sich  auf  Weiber  von 
der  liederlichen  Klasse  und  auf  einige  Emmer  ausgegossenen 
Weines ;  die  Patroullen  brachten  die  Ruhestörer  in  die  Wache. 
Den  23.  April  verfügten  sich  einige  Glieder  der  prov. 
Landes  Kommission  zum  kaiserl.  Gesandten  Grafen  von  Meerfeld, 
.um  ihn  im  Nahmen  der  ganzen  Stadt  mit  dem  Gefühle  der 
inigen  Verehrung,  das  nur  aus  der  treuesten  Anhänglichkeit 
und  Ehrfiirchtsvollesten  Liebe  seines  LandesfUrsten  gegen  seine 
Stelle  vertretten  entspringen  kann,  zu  bewillkommen,  ihn  über 
Alles,  was  sich  in  dem  Verlaufe  der  so  harten  als  langwierigen 
PrQfungszeit  zugetragen,  und  veranlasset  worden,  zu  benach- 
richtigen, und  endlich  die  dringendste  und  mit  dem  heisesten 
Wunsche  jeder  Stadtinwohner  übereinkommende  Bitte  an  ihn 
zu  tbun,  er  möchte  nach  Möglichkeit  dazu  beitragen,  dass  der 
Aufenthalt  des  französischen  Kriegsheeres,  dessen  unerschwing- 
liche Forderungen  wir  nur  wenige  Tage  mehr  zu  befriedigen 
im  Stande  wären,  so  viel  möglich  verkürzet  werde.  Er  ver- 
sicherte sie,  dass  der  Aufenthalt  der  Franzosen  nicht  mehr 
über  3  Tage  dauern  würde,  und  ermahnte  sie,  alles  mögliche 
zu  ihrer  Verpflegung  sowohl  hier  als  auf  ihrem  Marsch  durch 
Untersteier  beizutragen,  und  auf  die  Vorstellung,  dass  die  Ver* 
Sammlung  der  Landes  Kommission,  welche  seit  dem  Tag,  als 
selbe  den  geforderten  Eid  dem  französischen  Befehlshaber 
verweigert  und  von  selben  suspendirt  wurde,  sich  nicht  mehr 
öffentlich  zu  versammeln  getraut  habe,  zu  diesem  Geschäft 
durchaus  nothwendig  seye,  erhielten  die  Mitglieder  den  Auf- 
trag, heute  noch  die  Sitzungen  anzufangen;  auch  rieth  er 
ihnen,  sich  selbst  zu  dem  Ober  Befehlshaber  der  französischen 
Armee  zu  begeben  und  selben  die  Unmöglichkeit  einer  längeren 
Verpflegung  seiner  Truppen,  vorzüglich,  weil  dieses  Land  von 
den  benachbahrten  keine  Unterstützung  erhielt,  vorzustellen. 


—     166     — 

Diesem  zu  Folge  begaben  sich  einige  Mitglieder  mit  dem 
Bürgermeister  zum  General  en  chef,  und  stellten  demselbes 
die  kummervolle  Lage  und  Verlegenheit  in  der  sich  die  Stadt 
Graz  wegen  längerer  Verpflegung  der  französischen  Truppen 
bei  den  nun  gänzlich  erschöpften  Lande  und  der  gehemten 
auswärtigen  Zufuhr  befände,  von  Ohne  sich  an  die  dies&lls 
vorgelegten  und  aus  Thatsachen  gezogenen  wichtigen  Gründe 
zu  kehren,  drohte  er  im  Falle,  dass  seine  Truppen  nicht  ge- 
hörig verpflegt  würden,  eine  Contnbution  von  400.000  fl.  aus- 
zuschreiben. Er  erneuerte  die  Vorwürfe  wegen  dem  der  fran- 
zösischen Republik  abgeschlagenen  Eid  des  Gehorsams  in  dcD  ^ 
beleidigensten  Ausdrücken,  und  rühmte  seine  Grossmuth  g^en 
sie  mit  den  Worten:  „Ich  hätte  ihre  Bürger- Wache  entwafiien 
nnd  die  Glieder  dieser  Landes  Kommission  nach  Paris  schiken 
können,  aber  ich  wollte  lieber  aus  Uebermass  der  Güte  fehlen, 
als  der  Strenge  der  Gescze  folgen.^  Belohnt  durch  den  Beifall 
ihres  Herzens  und  ihrer  gutgesinnten  Mitbürger  und  gerecht- 
fertiget für  ihre  kühne  Weigerung  durch  die  in  den  gefähr- 
lichsten Prüfungsstunden  ihrem  Monarchen  bewiesene  Treue 
ertrugen  die  Mitglieder  der  Landes  Kommission  mit  gross- 
müthigem  Schweigen  diese  schnöden  Vorwürfe  und  verliessen 
schnell  den  stolzen  Obergeneral. 

Nachmittag  um  4  Uhr  sezte  die  provisorische  Landes 
Kommission  ihre  dem  Besten  des  Landes  einzig  gewidmeten 
Arbeiten  im  Landhause,  Buonapartes  Wohnung  gegenüber,  fort 
Ihre  erste,  die  ihrem  Herzen  angelegendlichste,  Beschäftigmig 
war,  sich  vor  allem  dem  Throne,  dem  Vaterherze  ihres  so  ge- 
liebten, alss  gütigen  Landesftlrsten  zu  nächern,  und  in  einem  ganz 
kurzen  Auszuge  ihm  die  Geschichte  ihrer  Bemühungen  zum  Besten 
des  Vaterlandes,  ihrer  Leiden  wehrend  der  Zeit,  alss  sie  sich 
unter  dem  eisernen  Joch  der  gallischen  Kriegsvölcker  befanden, 
ihrer  Veranlassungen  zur  befriedigung  ihrer  unmässigen  For- 
derungen vorzulegen  und  diesen  Bericht  durch  einen  von  dem 
Grafen  von  Meerfeld  abgeschickten  Courier  zu  den  Stufen  des 
Thrones  zu  bringen,  um  weiter  den  bald  anzuhofenden  Ab- 
marsch der  französischen  Kriegsvölker  gehörig  vorzubereiten 


—      167     — 

and  alles  zu  leisten,  was  zu  ihrer  Verpflegung  auf  dem  Marsche 

erforderlich  wäre ;  die  Gegenden,  wodurch  sie  den  Zug  nehmen 

wurden,  so  viel  möglich  zu  schützen  und  zu  verhüten,  dass  selben 

kein  Anlass  zu  etwaigen  sich  leicht  erlaubenden  Ausschweifün- 

i:en,  Planderungen  und  derley  Unfüge  gegeben  werde,  so  wurden 

nicht    nur   die  Herren  Ki-eisshauptleute  der  untersteyerischen 

Kreisse   sich  wieder  an  ihre  Standorte  zu  verfügen,   und  die 

Leitung    der  Geschäfte  in  dem  für  ihre  Kriege  so  wichtigen 

als  gefahrvollen  und  bedencklichen  Zeitpunckte  zu  übernehmen 

angeeifert,  sondern  auch  die  Magistrate,  Werbbeziercks  Komis- 

sairs  und .  Wirtschaftsbeamten  verschiedener  Herrschaften,  der 

verschiedenen  Oile,  die  auf  der  von  den  französischen  Kriegs 

Völkern  einzuschlagenden  Strasse,  oder  in  der  Näche  derselben 

gelegen  waren,    aufgefodert,   die   diesfalls  getrofenen  Veran- 

lai^sungen  und  wegen  Herbeischaifung  und  Verführung  der  so 

Beträchtlichen   zur   Verpflegung  so  vieler  Tausend  nöthigen 

Naturalien  eingeleiteten  Fürkehrungen  ins  Werck  zu  setzen 

und  zu  vollziehen. 

Endlich  wurden  auch  der  französischen  Sprache  kundige 
Führangs  Kommissaire,  welche  die  abrükenden  Truppen  von 
Btazion  zu  Stazion  zu  begleiten  hatten,  ernannt,  und  mit  den 
nöthigen  Verhaltungs  Aufträgen  versehen. 

Am  Nachmittag  Hess  der  oberste  französische  Befehlshaber 
die  ganze  Infanterie  der  Division  Serrurier  vom  äussersten 
Imfang  der  Stadt  ausrücken  und  auf  den  an  der  rechten 
Seite  der  Triesterstrasse  angebauten  Feldern  militärische 
üebungen  machen.  Wie  schmerzend  es  den  Besitzern  dieser 
Grundstücke  fallen  musste,  durch  die  unnöthige  menschenfeind- 
liche Laune  des  stolzen  und  übermüthigen  französischen  Ober- 
generalen die  Früchte  ihrer  Arbeit,  ihres  Schweises,  ihrer 
gesegnedesten  Hoffnung  in  ihren  ersten  Keimen  zemicht  und 
verwüstet  zu  sehen,  lässt  sich  denken  und  fühlen.  Diese  Klage 
^ar  dadurch  um  so  gerechter  und  gegründeter,  als  auf  der 
andern  Seite  der  Strasse  eine  eben  so  grosse  Fläche  von 
Wiesen  lag,  wo  diese  so  unnöthigen  Üebungen  ohne  minderen 
Schaden  hätten  vorgenohmen  werden  können.  An  diesem  Abend 


—     168     — 

besuchte  Buonaparte  das  Theater;  die  Stille,  die  bei  seiner 
Ankunft  herrschte,  die  wenige  Bedachtnehmung,  die  man  seiner 
Gegenwart  bewies,  musste  seinen  Erwartungen  nicht  entsprochen 
haben.  Er  entfernte  sich  nach  einer  kleinen  vierti  Stunde. 

Den  24.  April  wurden  mit  Anbruch  des  Tages  die  mili- 
tärischen Uebungen  der  Division  Serruier  wiederholt  und  da- 
durch die  lezte  Hoffnung  noch  einen  Theil  der  Saat  der  ani 
vorigen  Tage  zertrettenen  Feldern  verschont  zu  sehen,  zer- 
nichtet. 

Der  Vortrab   der  französischen  Truppen  bestehend  aus 
ungefähr  400  Mann   brach  diesen  Morgen  von  hier  auf  und 
marschirte  gegen  Ehrenhausen.  Dadurch  sahen  wir  den  Wunsch, 
uns  von    diesen  in  jedem  Betrachte  so  lästigen  und  unange- 
nehmen Gästen  bald  gänczlich  befreit  zu  sehen,  zur  tröstenden 
Wircklichkeit    reifen,    und  noch    am    selben   Tag    erhielten 
wir    von  dem  Grafen  von   Meerfeld   die  Marschruthe    aller 
Kollonen    mitgetheilt    und    Sachen  getröstet  ihrem  baldigen 
gänzlichen   Abzüge  entgegen.    Die  Transporte  von  Heu  und 
Stroh  für  die  Lager  und  die   Cavallerie   dauerten   ununter- 
brochen fort,  der  vorschnelle  Charakter  der  Frankreicher  ertrug 
die  ordnungsmässige  Ablieferung  dieser  Naturalien  nicht ;  mehr 
als  die  Hälfte  der  Vorräthe,  welche  von  fernen  Gegenden  her- 
geschafft wurden,  fiel   durch   Plünderung  in   die  Hände  der 
Reiterei,  die  die  Bedeckung  ihrer  eigenen  Wachen  gar  nicht 
achteten.  Nicht  der  4.  Theil  von  allen  an  diesen  Tagen  den 
Frankreichern  gelieferten  Lebensmitteln  ward  von  ihnen  durch 
Quittungen  belegt. 

Um  1 0  Uhr  (Vormittags  desselben  Tages)  erhielten  wir  die 
traurige  Nachricht  von  einem  Mord,  der  von  einem  beiläufig 
60  Mann  starken  Zuge  französischer  Volontairs  bei  der  Stein- 
wand, */4  Stunde  ober  der  Weinzettelbrücke,  verübt  worden  war. 
Das  unglückliche  Opfer  war  der  Amtmann  Kogler  aus  dem 
Dorfe  St.  Stefan.  Er  war  mit  6  oder  7  Bauern  auf  das  Ge- 
schrei, dass  sich  in  einem  Hause  an  der  Steinwand  erhoben 
hatte,  zu  Hilfe  geeilt.  Er  war  ohne  Gewehr  und  entfloh,  als  er 
die  Uebermacht  der  Franzosen  ersah.   Er  ward  im  Fliechen 


J 


—     169     — 

erschossen    und   sein  Körper   hier  gerichtlich  untersucht  und 
begraben.  Die  Stimmung  des  Volkes  Ober  diesen  Vorfall  grenzte 
an  Verzweiflung.  Es  war  der  erste  vorsetzliche  Mord,  der  von 
den   Franzosen  in   dieser  Umgegend  begangen  worden   war. 
Die   hie  und  da  von  ihnen  sich  erlaubten  Erpressungen  und 
kleinen  Plünderungen   hatten  ohnehin  so  manchen  zu  bettler 
gemacht,  manche  Wohnung  des  Landmannes  geleert,  manche 
ohnehin  nicht  wohlhabende  Familie  zur  äussersten  Dürftigkeit 
gebracht  Manches  Herz  blutete  bei  dem  Eilend  seines  Mit- 
bürgers,  ohne  ihm  hilfreiche  Hände  leisten  zu  können,    und 
sah  sich   gleichem  Schicksaale  ausgesezt.    Aber  noch  konnte 
man  sich  damit  troesten,   das  doch  wenigstens  Menschenblut 
geschont  war,   desto  schrecklicher  thönte  im  Ohre  jedes  gut- 
gesinten    diese  sich   so   schnell   verbreitende  Nachricht.    Sie 
würde  vielleicht  die   schedlichsten  Folgen  nach  sich  gezogen 
haben,  wenn  die  Gewissheit,  bald  von  diesen  jede  Zucht  und 
Ordnung  vergessenden  Horden  befreit  .zu  werden,   und   die 
genaue  auf  jede  Folgen  haben  könnende  Handlung  ein  wach- 
sames Auge  tragende  Vorsicht  der  Obrigkeiten  die  Ruhe  und 
Ordnung  nicht  erhalten  hätte.  Während  dass  diese  Vorgänge 
die  Herzen   der  Inwohner   dieser  Stadt  mit  so   martervollen 
Gefühlen  peinigten,   äusserte  sich  der  Oberbefehlshaber,  der 
diesen  und   alle  von  seinem  Kriegsvolck  begangenen  Unfüge 
nicht  zu  wissen  das  Ansehen  sich  gab,  zu  wiederholtenmahlen 
den  Wunsch,  dass  zur  Belustigung  seiner  Offiziere  ein  öffent- 
licher Ball  veranstaltet  werden  sollte.    Man  stellte  ihm  vor, 
wie  wenig  das  Volk  noch  zur  Freude   gestimmt  sein  könnte, 
da  es  die  Folgen  und  schweren  Lasten  des  Krieges  noch  zu 
merkbar  fühlen  müsse ;  dass  sich  femer  die  hiesigen  Inwohner 
an   einer  solchen  Unterhaltung  theil   zu  nehmen  nicht  ent- 
schliessen  würden,  dass  man  vom  Hofe  noch  keine  bestimmte 
Gewissheit    der   unterzeichneten  Friedenspräliminarien   habe, 
dass  man  keinen  Ort  wüsste,   der  geräumig  genug  wäre,  um 
die  so  grosse  Anzahl  von  französischer  Offiziere  zu  fassen,  und 
man  keine  Art  kenne,   denselben  Tänzerinen  zu  verschaffen, 
da  freiwillig  nur  die  niedrigste  Klasse  auf  einen  solchen  Ball 


—     170     — 

zu  gehen  sich  entschliessen  könnte.  Buonaparte  bestand  all 
diesen  Gründen  ohngeachtet  auf  Anordnung  eines  Festes, 
musste  es  aber  sich  am  Ende  doch  gefallen  lassen,  dass  man 
diesen  seinen  Wünschen  nicht  willfahren  wollte. 

Den  25.  April  mit  Anbruch  des  Tages  begann  die  Divi- 
sion des  Generals  Bernadotte  ihren  Abmarsch.  Sie  war  bei 
10000  Mann  stark.  Die  Offiziere  trugen  ihre  Bagage  selbst, 
nur  wenige  Stabsoffiziere  hatten  Pferde,  und  der  ganzen  KoUone 
folgten  sehr  wenige  Wägen.  Sie  hatten  nach  der  vom  Obergeneral 
bestimmten  Marschroute'  ihre  erste  Station  in  Wilden  erhalten, 
und  in  der  dortigen  Gegend  lagern  sollen.  Allein  bei  ihrer 
Ankunft  forderte  General  Bernadotte  von  dem  Landesführungs 
Kommissair,  dass  seine  Truppen  alle  in  Wildon  sowohl,  als  in 
den  herumliegenden  Dörfern  untergebracht  werden  sollen.  So 
sehr  sich  auch  der  Kommissair  dawider  sträubte,  so  half  es 
nichts,  die  Truppen  cantonirten  in  Wildon,  Neudorf,  Lebring 
und  allen  am  Leibnitzerfelde  liegenden  Dörfern.  Es  lief  dabei 
nicht  ohne  Excesse  ab,  und  der  dortige  Führungs  Kommissair 
verwandte  sich  an  die  prov.  Landes  Kommission,  damit  selbe 
bei  dem  Obergeneral  erwirken  möge,  dass  ja  alle  nachfolgenden 
Divisionen  um  so  gewisser  zum  Biv(ou)aquiren  verhalten  würden, 
als  sonst  das  ohnehin  aufgebrachte  Landvolk  hart  in  Schranken 
zu  erhalten  sein  würde,  und  alle  hinsichtlich  der  Verpfle- 
gung der  Truppen  gemachten  vorläufigen  Anstalten  vereitelt 
würden. 

Die  Landes  Kommission  erhielt  auch  vom  General  Quar- 
tiermeister die  Zusicherung,  dass  alle  nachfolgenden  Kollonen 
nie  mehr  cantoniren  würden. 

Die  französischen  Kommissairs  verlangten  für  diesen  Tag 
200  Stück  Ochsen,  um  selbe  ihrer  Armee  nachzuführen.  Darauf 
nahmen  wir  gar  keine  Rücksicht.  Es  war  sehr  unbescheiden, 
zu  verlangen,  dass  ein  einziges  Land,  welches  noch  dazu  ball> 
ausgesogen,  und  dem  die  Zufuhr  aus  Hungam  abgeschnitten 
war,  eine  grosse  Armee  mit  Fleisch  versorgen  sollte,  und  ynv 
waren  gewohnt,  so  manche  gleichartige  übertriebene  Forderung, 
die  mehr  Versuche  als  Bedürfnisse  schienen,  durch  vorsichtige 


—     171     — 

Entschlossenheit  nie  zur  WirkHcbkeit  oder  gänzlichen  Erfüllung 
erwachsen  zu  lassen.  Noch  eine  qualvolle  Ereignis  sollte  diesen 
Tag  das  bisher  erlittene  Ungemach  vollenden  und  mehrte 
unsere  gerechte  Besorgnüsse  um  vieles. 

Die  Division  Massena  rückte  diesen  Abend  um  1 1  Uhr  in 
das  von  der  Division  Bemadotte  verlassene  Lager  am  Pulver- 
thurm.  Der  Marsch  dauerte  ununterbrochen  bis  am  anderen 
Morgen  um  9  Uhr.  8ie  war  über  10000  Mann  stark;  ein  an- 
sehnlicher Artilleriepark  begleitete  sie,  und  über  100  Stück 
Schlachtvieh  wurde  ihr  nachgetrieben. 

Der  Ruf  der  Zügellosigkeit  ward  diesem  meist  aus  frei- 
willigen und  aus  den  Züchtungen  der  italienischen  Gefängnisse 
und  Gesindl  aller  Art  bestehenden  Heerhaufen  vorausgegangen, 
aber  er  war  auch  schon  ziemlich  von  den  Bauern  zu  Katharein 
in  der  Laming  bei  Dragöss  und  im  Gössgraben  gereiniget 
worden;  hier  machte  diese  Division  zwar  bei  Tag  und  Nacht 
viel  Lärm,  aber,  wenige  Ausschweifungen  von  Trunckenbolden 
abgerechnet,  geschah  kein  Unglück,  nur  unsere  braven  Bürger- 
wachen hatten  an  diesem  Tage  die  Hände  voll  Arbeit,  und 
konnten  kaum  mit  der  Mannschaft  auslangen,  um  alle  Unruhe- 
stifter und  Trunkenbolde  fest  zu  machen,  deren  sie  an  diesem 
Tage  mehr  als  100  auf  die  Hauptwache  einbrachten. 

Am  26.  April.  Die  Division  Serrurier  marschierte  diesen 
Morgen  nach  Untersteier  ab,  sie  lagerte  des  Abends  auf  dem 
Leibnitzer  Feld  nahe  an  dem  Gut  Rezhof^  wo  die  Generalität 
untergebracht  wurde ;  der  aus  der  Kavallerie  bestehende  Vor- 
trab zog  sich  bis  Ehrenhausen.  Die  Requisitionen  dieses  Tages 
für  die  noch  hier  befindUchen  Truppen  waren  30000  Portionen 
Brod  und  Wem,  800  Ztr.  Heu,  4000  Ztr.  Stroh,  2800  Motzen 
Haber  und  30  Schlachtochsen.  Wir  lieferten  an  die  hier 
befindhchen  Truppen  20000  Portionen  Brod  und  soviel  Wein; 
10000  Portionen  Brod  wurden  abermal  nach  Ehrenhausen 
und  Wildon  zu  Wasser  gesendet,  Heu  und  Stroh  ebenfalls 
m  grosser  Menge  geliefert,  die  aber  nicht  genau  bestimmt 
werden  kann,  weil  der  grösste  Theil  auf  dem  Weg  nach  der 
Stadt,  ungeachtet   der  Bedeckung  geplündert  wurde.  Haber 


—     172     — 

lieferten   wir   mehr  nicht  als  60  Metzen  und  an  Schlachtvieh 
24  Stück. 

Der  französische  Obergeneral  Buonaparte  verliess  endlich 
diese  Stadt !  er  fuhr  um  1  Uhr  nach  Mitternacht  in  aller  Stille 
mit  der  Post  ab.  Er  verliess  mit  Unwillen  die  Stadt,  in  der 
man  ihm  keine,  auch  nur  die  geringste  Ehrenbezeugung  er- 
wiesen hatte,  die  Stadt,  wo  er  keine  einzige  französische  Co- 
carde  aufstecken,  keinen  Freiheitsbaum  errichten  sah,  die  Stadt 
in  der  sich  nicht  einmahl  eine  Proclamation  zu  publiciren 
Gelegenheit  fand,  die  Stadt,  in  der  ihm  der  Eid  des  Oehorsames 
unter  seinen  Tausenden  geweigert  wurde,  die  Stadt,  in  der 
man  jede  Gelegenheit  benützte,  um  sich  seinen  Forderungen 
entweder  ganz  zu  entziehen  oder  doch  wenigstens  selbe  so 
viel  als  möglich  zu  schmällem,  die  Stadt,  deren  Volk  er  selbst 
stolz  und  verwegen  hiess,  die  Stadt,  die  er  weder  durch  seine 
angenommene  Grösse  blenden,  noch  durch  seine  Macht  zittern 
machen  konnte,  die  Stadt  endlich,  wo  seine  travailleurs  d'esprits, 
seine  Agenten  und  Commissäre  vergebens  ihre  Netze  der  Ver- 
führung auswarfen,  wo  sie  keinen  fanden,  der  sich  durch  ihre 
Verheissungen  blenden^  durch  ihre  Trugschlüsse  irreführen  liess. 

Am  27.  April  reiste  der  kaiserliche  Gesandte  Graf  von 
Meerfeld  nach  Görz,  der  königl.  Neapolitanische  Botschafter 
Marquis  de  Gallo  und  Ritter  St.  Vincent  gingen  nach  Wien. 
Die  einzige  noch  in  Graz  befindliche  Division  von  Massena 
hielt  Rasttag  und  bereitete  sich  zum  Marsch  für  den  folgenden 
Tag.  Die  französischen  Kommissairs  hatten  einen  Anschlag  auf 
die  im  Verpflegsmagazine  noch  vorräthigen  Lebensmittel,  die 
in  circa  3000  Metzen  Korn  und  1485  Ztr.  Mehl  bestanden, 
gefasst,  und  diese  Gegenstände  zum  Verkaufe  ausgebothen. 
oder  sie  zu  verbrennen  gedroht.  Noch  war  die  bewaffnete 
Menge  ihres  Kriegsvolks  mit  Einschluss  der  von  der  Serrurieri- 
schen  Division  zurückgebliebenen  Mannschaft  18.000  Mann 
stark,  es  war  nichts  anders  zu  thun,  alss  diesen  Verkauf  auf 
eine  gute  Art  zu  hindern.  Ein  kleines  Geschenk  zur  rechten 
Zeit  angebracht  und  die  Verwendung  des  Grafen  von  Meerfeld 
bewirkte  die  Rettung  dieser  Vorräthe,  die  unsern  nachrückenden 


—     173     — 

Truppen  sehr  notliwendig  waren.  Es  wurden  Angestalten  zur 
Transportirung  der  französischen  Kranken  gemacht.  Sie  fuhren 
zu  Wasser  nach  Ehrenhausen  ab.  Der  dort  angestellte  Marsch 
Kommissär  erhielt  durch  eine  Staffete  den  Auftrag,  sie  durch 
Vorspami  nach  Marburg  bringen  zu  lassen.  Die  Requisitionen 
dieses  Tages  waren:  an  Brod  24000,  an  Wein  20000  Por- 
tionen, 800  Ztr.  Heu,  4000  Portionen  Haber  und  24  Schlacht- 
ochsen. Es  wurden  abermahl  zwey  Plöthen  mit  Brod  nach 
Wildon  und  Ehrenhausen  abgesendet  Die  KoUon  Bernadotte 
und  Sermrier  (welche  ohne  Rastag  nach  Laibach  ihrer  eigenen 
Marschroute  zu  Folge  angewiesen  war)  hielt  in  Marburg  einen 
Tag  an.  Dies  vermehrte  die  Brodlieferung  ansehnlich,  die  fran- 
zösischen Kommissairs  betrieben  diese  Lieferungen  sehr  ernstlich 
uad  wir  durften  ohne  uns  schweren  Unannehmlichkeiten  aus- 
zusezen,  sie  an  diesen  ersten  Lebensbedürfnissen  nicht  Mangel 
leiden  lassen. 

Den  28.  April.  Sie  erhielten  so  viel  Brod,  dass  die  am 
28.  April  mit  Anbruch  des  Tages  in  Marsch  gesezte  Division 
Massena  auf  2  Tag  Brod  fasste.  Die  von  den  obigen  Divisionen 
sowie  von  der  Division  Massena  in  Marburg  gegen  ihre  Marsch- 
route gehaltenen  Rasttage  waren  für  die  Bewohner  dieser  Stadt 
höchst  drückend;  vorzüglich  litt  dabei  der  Inhaber  der  Burg 
und  Herrschaft  Marburg,  Graf  Brandis,  in  dessen  beiden  nicht 
weit  von  einander  befindlichen  Schlössern  nicht  nur  die  Genera- 
lität und  viele  Oflfiziers  bewohnt  wurden,  sondern  sich  auch 
auf  seine  Kosten  verpflegen  und  herrlich  bewürthen  Hessen, 
ja  sogar  einen  Ball  veranstalteten,  anbei  aber,  da  das  Lager 
meist  gegen  seinen  Besitzungen  lag,  ihm  an  seinen  Waldungen 
und  Gärten  nahmhaften  Schaden  machten.  Ueberhaupt  erlaubten 
sie  sich  Excesse  aller  Art  und  betrugen  sich  auf  gleiche  Weise 
zwischen  mehr  und  weniger  verursachten  Schäden  auf  der 
ganzen  Route.  Es  blieb  nun  niemand  mehr  in  Graz  zurück, 
als  der  bisherige  Plaz  Komandant,  der  Oberst  Voix,  mit  dessen 
guten  Anstalten  wir  sehr  zufrieden  waren,  und  der  uns  gegen 
manche  unbillige  Forderung  so  wie  gegen  die  Ausschweifungen 
der  Truppen  sehr  thätig  geschützt  hatte.  Er  zog  die  in  vielen 


—     174     — 

Dache  an  der  Stadt  gelegenen  Oftiten,  einzelnen  Häusern  und 
Schlösem  auf  jedermaniges  Verlangen  mit  der  grössten  Bereit- 
Willigkeit  ausgestelten  Sauve  Gardes  ein  und  bereitete  sich  zur 
Abreise  auf  den  folgenden  Tag. 

Gegen  10  Uhr   kam  die  Nachricht,  dass  ein  von  Brück 
hieher  in  Marsch  gewesenes  Detachement  von  ungefehr  80  Mann 
von  den  Bauern  beim  Wirthshause  „zum  Thomahan^  angefaD^ 
und   viele   gedödtet  worden  seien.   Der  Oberst  der  Bürger 
Gavallerie,  Herr  Dobler,  ritt  augenbliklich  mit  einigen  Mitglie- 
dern dies  Corps  dahin.  Er  fand  von  den  reconvalescenten  firanzö- 
sischen  Soldaten  nicht  mehr  als  18  Mann,  die  übrigen  waren 
gedödtet,  oder  in  die  Mur  gesprengt  worden,  wo   sie  alle 
ertranken.  Der  Oberste  Beranger,  bisheriger  Platz  Eomandant 
in  Leoben,  hatte  das  Detachement  gefbhrt ;  er  hatte  3  schwere 
Wunden,  jedoch  keine  tödlichen;   eine  Kugel  war  ihm  durch 
die  Hutstolpe  gegangen.   Oberst  Dobler  rettete  ihn  und  die 
noch   übrigen   18  Mann  mit  eigener  Lebensgefahr   aus   den 
Händen    der    durch    vorhergegangene    Plünderungen   aufge- 
brachten Bauern,  die  ihren  Verlust  nun  durch  Mord  und  Raub 
an  unschuldigen  friedlich  auf  der  Herstrasse  ziehenden  Frank- 
reichem rächneten.   Das  Gepäck  des  Obersten,  seine  Pferde 
und  Schriften   wurde  durch   die  Thätigkeit  der  Bürgerwache 
gerettet,  und  hieher  gebracht,  der  Unglückliche  selbst  der  Pflege 
des  Wundarztes  übergeben,  man  versorgte  ihn  auf  die  seinen 
Umständen  angemessene  Weise;  nach  10  Tagen  folgte  er  mit 
der  ersten  kaiserlichen  Kolone  dem  französischen  Heere  nach. 
An  eben  diesem  Tage  liess  die  prov.  Landes  Kommission  zur 
Beförderung  des  höchsten  Dienstes  und  des  allgemeinen  Wohls 
sämmtliche  k.  k.  Behörden  und  Aemter  vom  Abmärsche  der 
französischen  Truppen  verständigen  und  ermahnte  selbe,  ihre 
Geschäfte  ungesäumt  wieder  fürzunehmen.  Er  erliess  auch  an 
den  Studien  Concess   die  Verordnung,  alle  Professoren  und 
Studirende  einzuberufen,  damit  mit  8.  Mai  die  Schulen  wieder 
eröffnet  werden  könnten.  Durch  die  hier  sub  Nr  1 3  beigebogene 
Kurrende  wurden  alle  Land  und  Stadtbewohner  dessen  belehrt 
und  an  Se.  Majestät  hievon  die  Anzeige  mit  der  Bitte  gemacht, 


—     175     — 

dass  sämmtliche  nach  Wien  abgeführte  ständische  Kassen  und 
Akten  ehemöglichst  zurükgesendet  würden.  Herr  Gubernialrath 
und  Kreishauptmann  Josef  von  Marquet  wurde  ersucht,  den 
Schaden  und  die  Verwüstungen,  welche  die  Frankreicher  in 
dem  Brugger  Kreise  veranlasst  hatten,  zu  untersuchen,  und 
sodan  die  Mittel  an  die  Hand  zu  geben,  wie  den  äusserst  Ver- 
unglückten geholfen,  oder  doch  wenigstens  deren  Eilend  zum 
Theil  vermindert  werden  könnte.  Diese  Untersuchung  war  um 
so  dringender,  als  die  dasige  Gegend  vorzüglich  den  Druck  des 
Feindes  gefühlt  und  am  meisten  gelitten  hatte.  Die  Kommission 
wollte  nicht  die  diesfälligen  bestimmten  Klagen  und  Beschwerden 
abwarten.  Sie  waren  kundig.  Sie  hielt  es  für  ihre  Pflicht,  sobald 
als  möglich  den  Verunglückten  zu  Hilfe  zu  eilen.  Herr  von 
Marquet  hatte  sich  durch  die  kurze  Zeit,  als  er  dem  Brugger 
Kreisamte  vorgestanden  hatte,  die  allgemeine  Achtung  und 
Liebe  und  ein  ausgezeichnetes  Zutrauen  zu  gewinnen  gewust, 
und  von  seinem  Diensteifer  und  Thättigkeit  konnte  man  sich 
die  bestmöglichsten  Dienste  versprechen. 

Femers  erliess  die  prov.  Landes  Kommission  die  hier 
sub  Nr.  14  beigeschlossene  Kurrende,  wodurch  zur  Wieder- 
herstellung und  Erhaltung  der  Strassen  im  guten  Stande  die 
nöthigen  Vorkehrungen  eingeleitet  wurden. 

Am  29.  April  giengen  der  französische  Oberst  Voix  und 
einige  wieder  genesene  Offiziers  unter  einer  bürgert.  Salve 
Garde  von  5.  Grenadiers  von  hier  ab.  Der  Oberst  erhielt 
ein  Empfehlungsschreiben  in  deutscher  Sprache,  worin  alle 
Werbbezirke  und  Beamten  angewiesen  wurden,  ihn  in  Schutz 
n\  nehmen  und  allenfalls  sicher  bis  zum  französischen  Heer 
zu  geleiten.  Er  hatte  dies  durch  sein  schon  oben  angertihmtes 
biederes  Betragen  wohl  verdient.  Die  bürgert.  Grenadiere  be- 
gleiteten ihn  bis  Windisch-Feistritz,  wo  er  zu  der  Massenischen 
Division  stiess.  Am  folgenden  Tag  erhielten  wir  durch  eine 
Estaffete  einen  Brief  vom  General  Brune,  der  die  Division 
Massena  komandirte,  aus  Marburg,  vom  (11.  Floreal)  30.  April 
datirt,  nach  Graz.  Er  beschwerte  sich  darin  sehr  bitter  über  den 
Anfahl  der  Bauern   auf  den  Obersten  Beranger  und  forderte 


—     176     — 

den  Magistrat  zur  Bestrafung  der  Bauern  auf,  die  diese  Unthat 
verübt  hatten.  Wir  beruhigten  ihn  durch  eine  angemessene 
Antwort  und  es  wurde  Alles  aulgebothen,  um  künftig  solche 
Gräul  zu  verhütten. 

Hiemit  schliesst  sich  der  3.  und  wichtigste  Zeitraum  und 
A4)schnitt  dieses  Journals. 

Ein   unbefangener  Blick   über  die  aneinander  sich  rei- 
henden,   und   oft   in    grossem  Widerspruche    mit    einander 
stehenden   Begebenheiten,    die   den   Stof  dieser    Geschichte 
ausmachen,   zeigt  einerseits   die  bedauerungswürdige   höchst 
zweifelhafte  und  gefährliche  Lage,  in  der  sich  unsere  Vaterstadt 
befand;    andererseits   den   Muth,    die  Entschlossenheit,   den 
Biedersinn,  die  unverbrüchliche  Bürgertreue,  den  ächten  Patrio- 
tismuss,  und  die  ungetheilte  Anhänglichkeit  an  ihren  geliebten 
Landesvater,   die  alle  Handlungen   der  Inwohner  derselben 
bestimmten.   Umrungen  durch  19  volle  Tage  vom  feindlichen 
Kriegsheere,   getrennt  von   unserem  Landesfürsten,    in   der 
Ungewissheit  der  Friedensverhandlungen,  deren  erste  Sage  wir 
nur  aus  dem  Munde  der  Frankreicher  hörten,  bestürmt  von 
unzähligen  immer  sich  mehrenden  Forderungen,  die  immer  von 
schrekenden  Drohungen  (begleitet)  waren,  konnten  nur  unsere  ei- 
genen Gefühle  unsere  Handlungen  bestimmen.  Vereint  bothen  da- 
her alle  Bewohner  der  Stadt  ihre  Kräfte  zur  Erhaltung  der  öffent- 
lichen Ruhe  auf,  das  schwere  Werk  gelang  über  alle  Erwartung 
glüklich.  In  dem  Bezirke  der  Stadt  und  der  Vorstädte  geschah 
kein  Mord,  kein  Raub.  Neun  Feuer,  die  im  Magazine,  in  der 
Kriegskanzlei,  im  Seminarium   und  im  Erziehungshause  dem 
Ausbruche  nahe  waren,  wurden  glüklich  gedämpft,  die  Sicherheit 
der  Personen  war  so  gross,   dass  man  zu  allen  Stunden  der 
Nacht  allein  und  ohne  Waffen  in  der  Stadt  umhergehen  konnte 
Aus  den  kaiserl.  Magazinen  von  Salz  und  Toback  wurde  hier 
kein  Loth  entwendet,  nur  ein  Wagen,  mit  Toback  geladen,  der 
von  hier  nach  Leoben  ging,  von  einer  der  Massenischen  Divi- 
sion nachziehenden  Trupp  Plünderer  bei  Frohnleiten  ganz  aus- 
geraubt 

Wir  hatten   den  frankreichischen  Obergeneral,  umgeben 


—     177     — 

von  seinem  Heer  den  uns  abgeforderten  Eid  des  Gehorsams 
an  die  französische  Republik  standhaft  verweigert. 

Wir  hatten  die  uns  auf  die  künftigen  Einkünfte  dieses  un- 
seres Monarchen  vorhinein  abgeforderte  Eriegssteuer  von  wö- 
chentlichen 300000  Livers  so  abzulehnen  gewusst,  dass  gar  nichts 
bezahlt  wurde.  Wir  hatten  die  Uebelgesinten  und  die  Nieder- 
trächtigen, die  unsere  Vorräthe  an  die  Frankreicher  verriethen, 
in  den  Schranken  gehalten.  Wir  hatten  schon  nach  dem  Ein- 
rücken des  Feindes  einige  1 00  Ztr.  Pulver  nach  Ungarn  glllklich 
abgesandt  Wir  hatten  unserm  allgeliebten  Monarchen  durch 
einen  Courier  33135  fl.  Geld,  die  nach  Abfuhr  der  Kassen 
eingegangen  waren,  noch  nach  dem  Einmarsch  der  Frankreicher 
Qberschickt  Wir  hatten  soni<t  noch,  wo  es  möglich  war,  mit 
Gefahr  aus  den  H&nden  der  Feinde  manches  zum  Regale 
Sr.  Majest&t  gehörige  Gut  gerettet 

Sollten  wir  fllr  diese  zum  allgemeinen  Wohl  mit  Ueber- 
einstimmung  aller  Stände,  blos  aus  eigenem  Antrieb  unter* 
nohmenen  und  glüklich  ausgeführten  Arbeiten  uns  die  Gnade 
unseres  geliebten  Landesfllrsten  nicht  erworben,  und  den  Dank 
unserer  Mitbürger  nicht  verdient  haben?  —  Wir  hoffen  das 
erstere,  und  sind  des  andern  gewiss. 

Vierter  Abschnitt. 

Den  30.  April  traf  die  prov.  Landes  Kommission  die 
Einleitung,  dass  nach  gänzlicher  Räumung  der  Stadt  von  den 
französischen  Völckem  die  k.  k.  Wappen  und  Adler  an  die  in 
das  bUrgl.  Versprechen  ttbernommene  Magazine  ßowohl  als  an 
jene  Orte  und  Gebäude,  wo  selbe  von  verschiedenen  Beamten 
aus  Fürsorge,  damit  selbe  nicht  von  den  tollkühnen  Frank- 
reichem beschimpft  zu  werden,  der  Gefahr  ausgesetzt  wären, 
abgenohmen  waren,  wieder  aufgestellt  wurden.  Sie  sorgte  dafür, 
dass  zur  Verpflegung  der  nachrückenden  k.  k.  Truppen  von 
den  hiesigen  Becken  die  möglichste  Menge  Brod  gebacken 
und  hiervon  ungesäumt  die  erforderliche  Anzahl  von  Brod- 
portionen und  die  bestimmte  Menge  von  Mehl,  Haber  und 
Heu  nach  Prugg  verführet  und  eben  so  auch  hier  in  Bereit- 

MiliUU.  4m  hUL  VmiBt  f.  Stolmnuk,  XIVUL  Heft,  1880.  1 2 


—     178     — 

Schaft  gehalten  werde.  Sie  veranstaltete,  dass  die  noch  erübri- 
genden und  geretteten  Mehl,  Haber  und  andere  Naturalien- 
Yorr&the  in  den  verschiedenen  Magazinen  und  Stationen  dem 
k.  k.  Verpflegsamte  ordnangsmässig  übergeben  wurd^. 

Der  Hauptmann  der  Leibwache  zu  Pferd  des  französisches 
Obergenerals  war  noch  zurück  und  wollte  die  zur  neuen  Mod- 
tirung  der  Leibwache  nöthigen  Tuche  von  den  Grazer  Kauf- 
leuten gegen  eine  von  ihm  auszustellende  und  baldigst  vom 
Obergeneral  mit  barem  Gelde  auszulösende  Quittung  erhalten. 

Der  Handelstand  glaubte  solches  ohne  Bewilligung  der 
prov.  Landes  Kommission  nicht  eingehen  zu  können,  welche 
ihnen  auf  ihre  Anfrage  die  Weisung  gab,  dass  sie  den  fran 
zösischen  Kommissair  die  anverlangten  Tücher  liefern  sollte, 
weillen  eine  diesfällige  Weigerung  vielleicht  für  das  Lani 
welches  die  Franzosen  doch  noch  nicht  ganz  verlassen  hatten, 
schädliche  Folgen  haben  dürfte,  und  die  gemachte  feierliche 
Zahlungszusicherung  hoffen  Hess,  dass  der  Betrag  hiefür  toh 
der  französischen  Kriegskassa  in  Görz  oder  Triest  dürfte  er- 
legt werden,  im  schlimmsten  Falle  aber  diese  Lieferung  als 
eine  für  die  französische  Armee  gemachte  Requisition  ange- 
sehen werden  müsste. 

Diesem  zu  Folge  wurde  dem  Garde  Hauptmann  1 42  Stück 
grüne  und  rothe  Tücher,  16  Stück  Leinwand  und  14  Stück 
Kameloth  im  Betrage  von  19.898  Livres  verabfolgt  und  von 
selben  der  Armee  unter  Bedeckung  der  bürgl.  Cavallerie  nach- 
geführt. 

Am  1.  Mai  wollte  die  prov.  Landes  Kommission  ihrer 
vorzüglichsten  Pflicht,  ihrem  gütigsten  Landes  Vater  die  getreue 
Schilderung  alles  dessen,  was  selbe  von  dem  1.  Tage  ihrer 
Einsetzung  an  veranlasset  und  bewirket  habe,  vorzulegeD. 
dadurch  Genüge  leisten,  dass  selbe  durch  einen  eigenen  Courier 
in  der  Persohn  ihres  Sekretairs  Sigmund  Grafen  von  Auersperg 
ihre  Geschäftsprotocolle  über  alle  von  dem  Tage  der  Entfernung 
der  kaiserlichen  Landesstellen  an,  vorgekommenen  Gegenstände 
an  Seine  Majestät  übersandte.  Nachdem  aber  der  Abgesandte 
unterwegs  in  sichere  Erfahrung  brachte,  dass  Se.  Miyestät  dem 


—     179     — 

Flerrn  Landes  Gouverneur  Grafen  von  Wellsperg  als  landesflirst- 
ichen  Eommissair  bereits  abgeordnet  hätten,  und  somit  durch 
ienselben  diese  Protokolle  etc.  überreicht  werden  mussten,  so 
ward  diese  Sendung  für  überflüssig  angesehen  und  die  Protokolle 
dem  Herrn  Landes  Gouverneur  nachher  behändiget. 

Dem  hiesigen  Magistrat  wurde  die  baldmöglichste  Ver- 
fassung der  Rechnungen  über  alle  von  den  Franzosen  gemachten 
Requisitionen  und  gegebenen  Verpflegung  aufgetragen  und  die 
Kreiasämter  angegangen,  die  von  den  französischen  Rriegsvölkem 
verursachten  Schäden  zu  erheben  und  mit  dem  alfäUigen  Vor- 
schlag einzubegleiten,  wie  und  auf  welche  Art  die  beschädigten 
Insassen  unterstützt  und  denselben  aufgeholfen  werden  könnte. 
An  diesem  Tage  endlich  war  es  auch,  dass  unsere  Vater- 
stadt sich  endlich  wieder  des  Anblickes  vaterländischer  Krieger 
erfreuen  konnte.  Es  zogen  bei  1500  Kroaten  und  Gränitzer 
durch  Graz,  um  in  ihre  Heimat  zurückzukehren. 

Am  2.  Mai  erhielt  die  provisorische  Landes  Kommission 
vom  Herrn  Landes  Gouverneur,  Grafen  von  Wellsperg,  eine 
Verordnung  ddo.  Wien  den  29.  April  des  Inhalts: 

„Da  ich  nach  erfolgter  Räumung  der  Stadt  Graz  von  den 
französischen  Truppen  allemächstens  wieder  in  Graz  einzutrefen 
and  die  Leitung  der  öffentlichen  Geschäfte  zu  übernehmen 
gedenke^  so  hat  die  Landes  Kommission  über  alle  seit  dem 
Tage  meiner  am  4.  dieses  erfolgten  Abreise  in  Graz  bis  zum 
Tage  Empfangs  gegenwärtiger  Verordnung  sich  ergebene  sowohl 
wichtige,  als  minder  bedeutend  scheinende  Vorfälle  einen  stand- 
haften, auf  Pflicht  und  Schuldigkeit  gegründeten  Bericht  in 
Gestalt  eines  Journals  vorzubereiten,  und  mir  bei  meiner  nahe 
bevorstehenden  Zurükkunft  ganz  unverzüglich  vorzulegen.  ** 
Diesem  zu  Folge  wurde  von  der  prov.  Landes  Kommission 
zur  Zusammensezung  eines  solchen  Berichtes  ein  eigener  Aus- 
schuss  bestimmt,  in  den  Persohnen  der  Herren  Ferdinand 
Graf  V.  Attems ,  Sigmund  Graf  v.  Auersperg ,  Bürgermeister 
ßr.  Steffh  und  Stahel  bestimmt,  welche  diese  Arbeit  auf  sich 
nehmen  und  solche  in  der  im  Verhältnis  mit  der  Wichtigkeit 
des  Gegenstandes  möglichsten  Kürze  der  Zeit  liefern  selten. 

12* 


—     180     — 

Am  3.  Mai.  Da  an  diesem  Tage  die  prov.  Landes  Kom- 
mission den  lezten  Hauptrapport  der  burgerl.  Wachen  erhielt 
so  glaubte  sie,  es  ihrer  Pflicht  (schuldig)  zu  seyn,  samm^itlicheD 
Chören  (Corps)  in  einem  Zeignisse,  das  hier  sub  Nr.  15  bei- 
gebogen liegt,  ihre  Zufriedenheit  und  den  Dank  aller  Inwohner 
für  die  so  wichtigen  und  erspriesslichen  Dienste  zu  bezeigen, 
die  selbe  durch  die  ganze  Zeit  der  Entfernung  alles  Eayserl. 
Militärs  in  so  manigfältigen  Gelegenheiten  mit  so  unerschro- 
ckenem Muthe,  strenger  beobachteter  Ordnung,  unermiedeten 
Fleise  und  pünktlichster  Genauigkeit  geleistet  hatten.  Der 
strengsten  Wahrheit  gemäss  und  ungezweifelt  ist  es,  dass 
man  der  Wachsamkeit,  dem  unablässlichen  Dienst  Eifer  nm\ 
dem  so  muthvollen  als  bescheidenen  Betragen  der  Herren 
Officieren  sowohl  alss  ihrer  untergebenen  während  der  ganzen 
Zeit  des  Hierseyns  der  Frankreicher,  die  nie  gestöhrte  Rah 
und  Ordnung  die  grössere  Sicherheit  der  Personen  und  d^ 
Eigenthums,  vorzüglich  zu  verdanken  hat,  und  dass  selbst  die 
Frankrciihcr  ungeachtet  ihrer  so  gehäuften  Menge  und  lieber- 
legenheit  gegen  die  bürgerlichen  Wachen  Achtung  verriethen 
und  selbe  vorzüglich  dadurch  bewiesen,  dass  bei  vielf&ltigeD 
Yerhaftnehmungen  einzelner  Trunkenbolde  und  Ausschweifer 
eine  Zusammenrottung  oder  Widersetzung  ihrer  Landleithe 
nie  statt  hatte,  dafür  lohnt  aber  auch  diesen  braven  Bürgern 
und  biederen  Männern,  die  oft  selbst  mit  Gefahr  ihres  Lebens, 
mit  Zurücksezung  ihres  Gewerbes  und  Versäumniss  ihrer  hauss- 
lichen Geschäfte  sich  ganz  dem  beschwerlichen  Dienste  zur 
Schitzung  ihrer  Vaterstadt  geweiht,  in  dem  Herzen  jedes 
rechtschafenen  das  heiseste  Dankgefühl,  die  gerechteste  Hoch- 
achtung, die  lebhafteste  Erkäntlichkeit,  und  wenn  auch  die 
Namen  jener,  die  sich  vorzüglich  hervorzuthun  Gelegenheit 
hatten,  nicht  besonders  angeführt  werden  können,  so  finden 
sie  doch  in  den  dankbaren  Gefühlen  ihrer  Mitbürger  da:> 
sicherste  und  ehrenvollste  Dennckmahl  ihrer  vorzüglich  gelei- 
steten Dienste. 

Am  4.  Mai  erhielt  diese  Kommission  ein  Präsidial  Schreiben 
vom  Herrn  Landes  Gouvenieur  folgenden  Inhalts:  „Nachdem  die 


—     181      - 

französischen  Truppen  zu  Folge  der  geschlossenen  Friedens- 
präliminarien das  Herzogthum  Steiermark  bereits  verlassen 
haben,  und  mir  unterzeichnetem  Landes  Gouverneur  die  einst- 
weilige Leitung  der  Geschäfte  Presidialiter  zu  besorgen  aller- 
gnädigst  aufgetragen  worden  ist,  so  hat  die  Wirksamkeit  der 
zur  interimals  Geschäfts  Verwaltung  aufgestellten  Landes  Kom- 
mission von  nun  an  aufisuhören,  und  werden  demnach  sämmt- 
liehe  Landesftlrstlichen,  Ständischen  und  Städtischen  Amter  und 
Privatpartheien  in  allen  öffentlichen  Angelegenheiten  nach  der 
gesezmässigen  Ordnung  entweder  unmitlbahr,  oder  durch  die 
wieder  hergestellten  Kreisämter  und  andern  Mittelbehörden  an 
mich  Landes  Gouverneur  und  Präsidenten  sich  zu  verwenden 
haben." 

Durch  dieses  Schreiben  ward  nun  die  prov.  Landes  Kom- 
mission gerade  nach  einer  Monatsfrist  von  ihrer  Entstehung 
aller  ferneren  Geschäftsleitung  enthoben. 

Wenngleich  die  Dauer  ihrer  Verwaltung  nur  kurz  war, 
so  war  sie  doch  um  so  wichtiger.  Sie  gleichte  nicht  einem 
Vorübergehenden  Metheore,  dass  mau  anstaunt  und  bald  wieder 
vergist 

In  den  Anallen  der  Vaterländischen  Geschichte  wird  sie 
immer  unter  die  fürnehmsten  Epochen  gezählet  werden  können. 
Sie  wird  immer  unter  die  vorzüglichsten  Monumente  echter 
Vaterlandsliebe,  unverbrüchlicher  Fürsten  Treue,  inniger  und 
biederer  Anhänglichkeit  an  ihren  Landes  Vater,  biederer  und 
redlicher  Bürger  Pflicht,  die  die  Bewohner  Steyermarks  seit 
vielen  Jahrhunderten  dem  durchlauchtigsten  Erzhause  in  ihren 
Herzen  errichtet,  glänzen.  Sie  darf  sich  schmeicheln,  dass  alle 
ihre  Handlungen,  ihre  getroffenen  Verfügungen,  die  von  jedem 
Untergebenen  und  allen  Landes  Insassen  immer  mit  der  grössten 
und  bereitwilligsten  Folgsamkeit  befolget  wurden,  All  von  ihr 
veranlasstes,  stäts  das  Gebräge  der  biedersten  Anhänglichkeit 
und  Treue  an  ihren  geliebten  Landesfürsten,  der  gehorsamsten 
lieförderung  und  Erhaltung  des  Wohls  des  Landes  und  ihrer 
Mitbürger  trug,  dass  sie  in  den  gefährlichsten,  zweifelhaftesten 
und  wichtigsten  Situationen   die  Aechtheit  ihrer  Gesinnungen 


—     182     — 

und  Gefbhle  für  Fürst  und  Vaterland  erwähret  und  erprobet 
hat.  Sie  konnte  aus  dem  Grunde  und  gestärkt  durch  inneres 
Bewustseyn  die  Verläumdungen,  die  niedrige  Bosheit,  Schmäh- 
sucht  und  Unverstand  wider  unser  Vateriand  zu  ?erbreiteo 
sich  bemüht,  nur  mit  Verachtung  und  edlem  Unwillen  lohnen 
Sie  konnte  es  wagen,  dissfalls  die  strengste  Untersuchung  zu 
gewärtigen  und  hielt  es  für  Pflicht,  S.  Majestät  durch  die  hier 
sub  Nr.  16  beigebogene  Bittschrift  darum  dringenst  zu  bitten. 

Hiemit  schliesst  sich  also  der  4.  Zeitraum,  resp.  der 
lezte  Abschnitt  dieses  Journals.  Das  ganze  ist  aus  den  sicher- 
sten untrüglichsten  QueUen  geschöpft  und  man  kann  ftlr  die 
Echtheit  und  die  gewissenvollste  Authenticität  bürgen.  Man 
wird  nicht  nur  keinen  vorzüglicheren  Umstand  darin  vermissen, 
sondern  aus  selben  auch  die  Beweggründe  mancher  Thatsache 
ersechen.  Weder  Partheiligkeit  noch  Missgunst  haben  die  ver- 
schiedenen Begebenheiten  geschildert,  jene  (Landes-Komm.)  der 
Wahrheit  getreu,  mit  der  gewissenhaftesten  Rechtsliebe  hat  di^e 
Geschäfte,  die  verschiedenen  Vorfälle,  die  sich  in  diesem  i&r 
unserem  Vaterlande  so  wichtigen,  unerwarteten  und  so  vieler 
Gefahr  verbundenen  qualvollen  Zeitraum  zugetragen  haben,  blos 
erzählt.  Tausende  der  Zeugen,  unter  deren  Augen  sie  bewirket 
wurden,  können  sie  bewähren  und  ihre  Gewissheit  bestättigen.  Sie 
zeiget  dass  jedem  Lande  so  preisswerthe  und  wohlthätige  Bild 
der  innigsten  und  festesten  Vereinbahrung  aUer  Stände  zum  ein- 
zigen gemeinnüzigen  grossen  Zwecke  der  Beförderung  des  all- 
gemeiaen  Wohles,  sie  schildert  die  kraftvollen,  thätigen,  uner- 
müdeten  Bemühungen  einzelner  Glieder,  zu  diesem  erhabenen 
Zweck  vorzüglich  beizuwirken. 

Sie  zeichnet  mit  getreuen  Umrissen  das  Gemälde  der 
ächtesten  Vaterlandsliebe,  Fürstentreue  und  Bürgerpflicht  der 
Steiermärker,  die  sie  Jahrhunderte  schon  unter  der  Regierung 
des  durchlauchtigsten  Erzhauses  nie  verläugnet,  oft  mit  ihrem 
Blute  versiegelt,  und  unter  den  drohendsten  Gefahren  zu  be- 
haupten gewusst  haben.  Sie  zeiget  endlich,  dass  für  Franz 
und  Theresien  gleiche  Gefühle  die  Herzen  der  hiesigen  In- 
s^assen  durchbeben,  dass  nichts  ihre  Treue  erschüttern,  ihre 


—     183     — 

Anhänglichkeit  mindern,    ihre  Liebe  für  Fürst  und  Vaterland 
entkräften  könne. 

Graz  den  12.  Juny  1797. 

In  Abwesenheit  des  Herrn  Landeshauptmannes  Excellenz 

Johann  Graf  und  Herr  zu  Brandis. 
Dr.  Joh.  Michael  Stefih, 

Bürgermeister. 

Sigmund  Graf  Aaersperg, 

Sekretär  der  prov.  Landes  Kommission. 


Beilagen. 

Nr.  1. 

Nachricht. 

Obschon  dermals  die  Gefahr  eines  feindlichen  Einfalles  kei- 
neswegs dringend  ist,  wäre  es  doch  immer  möglich,  dass  die 
hiesige  Militärgarnison  von  hier  abziehen,  und  diese  Hauptstadt 
ohne  innere  Sicherheitswache  verlassen  mOste. 

In  diesem  möglichen  Falle  wären  die  3  Bürgerkorps  allhier 
nicht  hinreichend,  die  innere  Sicherheitswache  vollkommen  zu  besezen. 

Es  ist  dahero  nöthig  vorläufig  dafür  zu  sorgen,  dass  diese 
3  Bflrgerkorps  so  viel  möglich  vermehret  werden,  die  übrigen 
Inwohner  dieser  Hauptstadt  aber  sich  ohne  genauer  Uniformirung 
nnr  für  die  Dauer  des  gegenwärtigen  Bedarfes  unter  der  allge- 
meinen Stadtsfahne  versammeln. 

In  dieser  Voraussetzung  werden  die  sämmtlichen  Bürger  und 
Inwohner  dieser  Hauptstadt  eingeladen ,  sich  zu  dieser  Stadts- 
and Sicherheitswache  freiwillig  und  ohne  Zwang  selbsten  zu  stellen, 
wobei  es  ihnen  freystehet,  endweder  einem  der  ohnehin  schon 
bestehenden  3  Bürgerkorps  beizutretton,  oder  aber  sich  unter  der 
allgemeinen  Stadtfahne  auf  vorbesagte  Art  einverleiben  zu  lassen. 

Nun  wird  hier  zurBeruchigung  des  Publikums  die  ämtliche  Ver- 
s^ichemng  feyerlichst  beigerückt,  dass  diese  Vorsicht  keineswegs  die 
kriegerische  Vertheitigung  dieser  Hauptstadt  selbst,  sondern  blos  und 
lediglich  nur  den  Schutz  des  Eigenthums,  die  Sicherheit  gegen  Streif- 
partheien,  die  Unterdrückung  der  übelgesinnten,  und  die  Abwendung 
Alles  Gesindel  und  Unfugs,  kurz  eine  innere  Nothwehre  zum  einzigen 
l^ndzweck  habe,  nach  dem  Beyspiel  der  Stadt  Triest  und  Laibach. 

So  eine  Vorsicht  fordert  schon  izt  frühzeitige  Anstalt,  und 
kann  und  darf  keinen  hiesigen  Inwohner  auf  den  Irrwahn  bringen, 


—     184     — 

dass    schon   izt   die  höchste  Gefahr  ohwalteii  mflsse,    weil  diese 
Yorsichts  Anstalten  öfentlich  eingeleitet  werden. 

Die  Meldung  zu  diesem  Beitritt  geschieht  entweder  bei  Herrn 
Franz  Kaspar  Dobler,  Komandanten  der  hiesigen  Bürger  Milii, 
oder  bei  Herrn  Stadthauptmann  Franz  Xav.  Mayr. 

Vom  Magistrat  der  LandesfftrstL 


■'•S'^  Hauptstadt  GrÄz  am  2.  April  1797. 

Hr.  2. 

Wir  Bürgermeister  und  Rath  der  Steyerm&rkischen  Haupt- 
stadt Graz  können  den  Bürger  und  sämmtl.  Inwohnern  dieser 
Stadt  nicht  verhellen,  dass  eine  Armee  der  französischen  Republik 
um  die  Stadt  zu  besezen,  wirklich  in  der  Nähe  anroke. 

Wir  finden  es  daher  unserer  obhandenen  Pflicht  gemäss 
dieselben  über  das  Benehmen,  dass  sie  in  den  bevorstehenden 
Umständen  zu  beobachten  haben,  bestmöglichst  zu  belehren. 

Das  erste  und  vorzüglichste  Mittel  ihrer  Rettung  ist  innere 
Ruche  und  Ordnung,  die  sie  vor  Allem  unter  sich  selbst  zu  er- 
halten, sich  thätlich  bestreben  müssen.  Höchst  traurig  wäre  es. 
wenn  diese  gestört  würde.,  wenn  Uneinigkeiten  unter  demjenigen 
entstehen  würden,  die  nie  mehr  Ursache  gehabt  haben  gemein- 
schaftlich zu  handeln,  und  sich  brüderlich  an  einander  zu  schiiessen, 
wenn  falsche  Begriffe  und  schiefe  Grundsätze  sie  zu  Unordnungen 
verleiten  konnten ;  denn  alles  dieses  (würde)  nur  die  bedauenmgs- 
würdigsten  Folgen  nach  sich  ziehen. 

Unter  den  Massregeln  der  guten  Ordnung  zählen  Wir  auch 
die  pünktlichste  Vorsorge  wegen  Feuersgefahr,  dass  nemlich  alle 
Hauseigenthümer  und  Einwohner  ihre  Wachsamkeit  dagegen  verdop- 
peln, auf  verdächtige  Leute  ein  wachsames  Auge  halten,  das5  alle 
Bäche  und  Wasserleitungen  in  den  hiesigen  Vorstädten  in  ihrem 
Lauf  erhalten,  alte  Feuer  Requisiten  in  brauchbaren  Stande  gese2t 
und  die  schon  bestehende  Feuerordnung  in  ihrer  Wirksamkeit 
erhalten  werde. 

Ruhige  Fügung  in  unser  Schiksal  ist  dermalen  unser  Loos, 
eine  männliche  Standhaftigkeit  und  ein  redliches  Betragen  soIleD 
und  werden  uns  durch  diese  Gefahr  glüklich  hindurch  ftlhren; 
ja  werden  uns  selbst  das  Zutrauen  und  die  Achtung  unserer 
Ueberwinder  verschaffen.  Wer  kennt  nicht  die  biederen  Gesin- 
nungen der  hiesigen  Einwohner?  werden  sie  solche  diesmal  ver- 
läugnen  ? 

Wir  erwarten  daher,  dass  sie  der  siegenden  Armee  der 
französischen  Republik  nicht  die  mindeste  Widersezlichkeit  (die 
nur  Tollkühnheit  genannt  werden  könnte)  entgegenstellen  werden. 


—     185     — 

Beleidiget    auch  keinen  einzelnen  Mann  dieser  Nation ,    sie 
ist  von  jeher  gegen  jede  Beleidigung  ansserst  empfindlich. 

Befolget  brave  Gräzer  jedes  Standes  diese  unsere  Anordnung 
auf  das  Genaueste,  lasset  Euch,  wir  beschwören  Euch,  nicht  ver- 
leiten   dagegen   zu   handeln   und  Ihr  werdet  die  Gefahr  gltlklich 
überstehen.    Habt   vorzüglich   das  Zutrauen  zu  Uns,    dass  unser 
ganzes  Bestreben  dahin  gerichtet  sein  wird  Euch  bei  dieser  be- 
vorstehenden Lage  mit  möglichster  Klugheit  zu  leiten.  Wir  hoffen 
zuversichtlich,    dass  Wir,   noch  bevor  die  französischen  Truppen 
hier    einrüken    werden.    Euch   schon  die  tröstliche  Versicherung 
von    Seite   des   Befehlshabers   werden    bekannt   machen   können,* 
dass,  wenn  Ihr  Euch  ruhig  beträgt,  Euer  Religion,  Euer  Eigenthum 
und  Euere  persönliche  Sicherheit  unverlezt  erhalten  werden  sollte. 
Sollten  sich  aber  wider  Yermuthen  abelgesinnte  unter  Euch 
befinden,   welche  da  glauben,   dass  ihnen  durch  dieses  Ereigniss 
Spielraum  gegeben  wird,  Unordnungen  zu  erregen,  Uneinigkeiten 
anzufachen  oder  Ausschweifungen  zu  begehen,   so  ermahnen  wir 
sie   ernstlich ,   ihre    ffir  sie  selbst  verderbliche  Anschläge  fahren 
zu  lassen ;  denn  es  ist  von  uns  fest  beschlossen.  Jede  derlei  That 
auf  das  schw^ste,  nach  der  Grösse  des  Verbrechens  zu  ahnden 
und  zu  bestraffen,  und  da  wir  schon  so  oft  während  dieses  Krieges 
gelesen  haben,  dass  einzelne  französische  Soldaten  ähnliche  Ver- 
gebungen mit  dem  Leben  haben  bezahlen  mtlssen,  so  wären  auch 
wir  verbunden,  ihnen  ähnliche  Beispiele  von  Strenge,  da  sie  die 
Zeitumstände  nothwendig  machen  würden,  zu  geben. 

Endlich  machen  Wir  bekannt,  dass  mit  allgemeiner  Ueberein- 
ätimmung  die  hiesigen  gutgesinten  Einwohner,  Bürger  und  nicht 
Bürger  sich  entschlossen  haben ,  nebst  den  noch  bestehenden 
3  bürgl.  Korps  sich  in  eine  zulängliche  Sicherheits  Anstalt  zu 
bilden ,  welche  vermögend  sein  wird  ,  die  gute  Ordnung  gegen 
jedes  strafwürdige  Unternehmen  mit  Strenge  zu  handhaben. 
Graz  den  4.  April  1797. 

Von  dem  Magistrat  der 

Steyermärkischen  Hauptstadt  Graz. 

Dr.  Job.  Michael  Steffn, 

Bürgermeister. 

Hr.  3. 

In  den  gegenwärtigen  Umständen,  da  die  französische  Armee 
bereits  2  Provinzen  Innerösterreichs,  nämlich  Kärnten  und  Krain 
nebst  dem  Litorale  besezt  hat,  und  nun  auch  in  dieses  Land 
Steiermark  einzurücken  im  Begriffe  stehet,  hat  sich  das  k.  k. 
Landes  Gabernium  in  allen  seinen  Abtheilungen  auseinanderbege- 
ben und  hiedurch  gegenwärtig  hier  Landes  zu  wirken  aufgehört. 


1 


—     186     — 

So  sehr  auch  die  Nothwendigkeit,  denen  Umständen  nach- 
zugeben, eintritt,  so  kann  doch  das  Land  Steiermark  in  dieser 
I<age  ohne  aller  Landes  Verwaltung  nm  so  minder  bestehen  und 
blossgelassen  werden,  da  die  Umstände  eine  Torsichtige  UebereiD- 
stimmnng  der  Landes*Insassen  nnd  die  Entfernung  aller  Willktlfar 
eines  jeden  einzelnen  nie  nothwendiger  gemacht  haben. 

Wir  Landeshauptmann  und  Bürgermeister  der  Hauptstadt 
Grftz  haben  demnach  Uns  in  diesem  Zeitpunkt  der  Landes  Ver- 
waltung provisorisch  anzunehmen  unseres  Amtes  zu  sein  befimden. 
und  haben  unter  unseren  Vorsitz  einen  Rath  aus  allen  St&nden 
Von  M&nnem,  die  das  öffentliche  Zutrauen  yorzAglich  besitzen 
und  dem  Lande  mit  Rath  nnd  That  nützlich  zu  sein  die  Fähig- 
keit nnd  guten  Willen  haben,  unter  der  Benennung  einer  ,,  Provi- 
sorischen steyrmarckischen  Landes  Kommission''  zu  diesem  End- 
zweck versammelt. 

Wir  machen  daher  alle  Landes  Insassen  ohne  Ausnahme, 
vorzüglich  den  gesammten  Werbbezirk-Kommissarien,  die  als  unsere 
untergeordneten  Aemter  in  dieser  prov.  Landes  -  Verwaltnng  za 
wirken  haben,  hiemit  bekannt,  dass  sich  Jedermann  in  allen  öffent- 
lichen auf  das  Wohl  des  Landes  bezugnehmenden  Gegenständen 
an  Uns  unter  der  Benennung  ^der  provisorischen  steierm.  Landes 
Kommission  in  Graz"  zu  verwenden,  auch  Uns  von  Allen  Vor- 
fallenheiten  in  soweit  dies,  ohne  sich  gegen  die  Pläne  der  Armeen 
verfänglich  zu  machen,  geschehen  darf,  Nachricht  zu  geben  habe. 

Wir  werden  auch  den  sämmtl.  Landes  Insassen  das  Fernere 
seinerzeit  kundmachen. 

Empfehlen  Euch  inmittels  ein  vorsichtiges  und  redliches 
Betragen  gegen  Jedermann  ohne  Ausnahme,  untersagen  auch  jede 
eigenmächtige  Vorkehrungen,  und  versehen  uns  eurer  Folgeleistnng 
und  eures  guten  Willens. 

Gegeben  den  5.  April  1797. 

Karl  Thomas  Grf.  v.  Brenner, 

Landeshauptmann. 

Dr.  Joh.  Michael  Steffn, 

Bürgermeister. 

Josef  von  Schouppe, 

Sekretär. 

Ir.  4. 
Gurrende 

an  sämmtl.  Landgerichte  des  Landes  Steiermark. 

Damit   in  dem  gegenwärtigen  Zeitpunkt,  da  das  inneröster. 

Appellationsgericht  auseinander  ging,  für  die  mittels  vorkommenden 

Kriminalgegeustände  Vorsehung  geschehe,  so  hat  die  prov.  Landes- 


—     187     — 

Kommission  zn  diesem  Theile  der  Staatsverwaltung  ein  prov. 
Kriminalgericht  anter  dem  Vorsitz  des  k.  k.  Land  Raths,  Herrn 
Edlen  von  Feldbacher,  niederznsezen  befanden,  und  demselben 
seinen  Wirkungskreis  bestimmt. 

In  dieser  Racksicht  wird  sämmtl.  Landgerichten  aufgetragen, 
alle  vorkommenden  zweifelhaften  und  offenbaren  Kriminalf&lle  mit 
Beilegang  der  Somarien  an  dies  prov.  Kriminalgericht  ungesäumt 
einzusenden,  von  dort  aus  die  weiteren  Anordnungen  abzuwarten 
und  demselben  in  Allem  die  vollkommene  Folgsamkeit  zu  leisten. 
6r&z,   von  der  prov.  Steierm.  Landes  Kommission 

den  29.  April  1797. 
Karl  Thomas  Graf  Dr.  Job.  Michael  Steffn, 

von  Brenner,  Bürgermeister. 

Landeshauptmann.  Jos.  von  Schouppe, 

Sekretär. 

fr  5. 

Von  der  prov.  steierm.  Landes  Kommission. 
Bei  dem  aHfälligen  Einmarsch  und  Eintritt  der  französischen 
Truppen  in  diese  Hauptstadt  oder  ihre  Vorstädte  sollen  alle 
Einwohner  sich  ruhig  verhalten,  gute  Ordnung  beobachten  und 
sich  aller  UngebQhrlichkeiten  so  gewiss  enthalten,  als  im  widrigen 
jeder  XJebertretter  oder  Stöhrer  ohne  Unterschied  an  der  Stelle 
bchärfest  bestrafet  werden  würde. 
Graz  am  10.  April  1797. 

Karl  Thomas  Graf  von  Brenner. 

Dr.  Job.  Michael  Steffn, 

Bürgermeister. 

Nr.  6. 

Es  sind  schon  jüngst  die  Einwohner  der  hiesigen  Hauptstadt 
auf  das  ernstlichste  gewarnt  worden,  sich  bei  dem  allfälligen  Ein- 
märsche der  französischen  Truppen  gut  und  friedlich  gegen  selbe 
zu  betragen -und  ihnen  auf  keine  Art  eine  Beleidigung  zuzufügen. 

Da  nun  der  Einmarsch  derselben  und  die  Besitznehmung 
dieser  Hauptstadt  wirklich  erfolgt,  so  wird  hiemit  neuerdings  jedem 
Einwohner  von  Graz,  bei  Leib-  und  im  erforderlichen  Falle  auch 
bei  Todes  Strafe  aufgetragen,  sich  sowohl  in  Reden,  als  in  Hand- 
lungen sorgfältigst  in  Acht  zu  nehmen,  dass  kein  französischer 
Soldat  aaf  was  immer  für  eine  Art  oder  zum  Zorne  gereizet 
werde. 

Vorzüglich  wird  den  bürgerlichen  Wachen  Bescheidenheit, 
Verträglichkeit  und  genaue  Dienstleistung  eingeschärft  und  sowohl 
den  3  bürgl.  Chören  als  der  unter  der  Stadtfahne  versammelten 


—     188     — 

Bürgerwache  eingeschärft,  so  oft  sie  zur  Wache  bestimmt  werden« 
die  ihnen  angewiesenen  Wachposten  so  gewiss  za  beziehen,  alss 
sie  im  widrigen  fOr  Widersezer  angesehen  und  ohne  Unterschied 
schärfstenst  bestraft  werden  w&rden. 

Die  strenge  Erhaltung  der  inneren  Ruhe  und  Sicherheit  ij»t 
man  im  gegenwärtigen  Zeitpunkt  nicht  allein  sich  selbst,  sondern 
auch  dem  guten  freundlichen  Benehmen  der  französischen  Armee 
mehr  als  jemals  schuldig. 

Graz  den  13.  April  1797. 

Dr.  Job.  Michael  StelTn, 

Bürgermeister. 

Josef  Kessing, 

Sekretär. 

Mr.  7. 

Warnung. 

Nach  folgender  anher  erlassener  Verfügung  hat  sich  Jeder- 
mann ohne  Unterschied  des  Standes  bei  schwerster  Ahndung  genau 
zu  achten  und  sich  vor  Strafe  und  Schaden  sorgfältig  zu  hüten. 

Vom  Magistrat  der  Haupt  Stadt  Graz 
am  14.  April  1797. 

Dr.  Job.  Michael  Steffu, 
Bürgermeister. 
Die  Unordnung,  welche  bei  der  Vertheilung  der  zum  Gebrauch 
der  französischen  Armee  nothwendigen  Lebensmittel  herschet,  die 
doppelte  Austheillung  der  Lebensbedürfnisse,  welche  durch  ihre 
Untergebenen  an  die  Soldaten  geschieht,  die  gegen  Quittungen 
ohne  Unterschrift  des  Eriegskommissärs  mancherlei  Bedürfnisse 
verlangen,  ihre  Klagen  an  Mangel  an  Quittungen  für  die  Lebens- 
mittel, welche  sie  an  die  Magazins  Verwalter  der  Republik  bisher 
geliefert  haben,  Ihre  Gefälligkeit,  die  Anfragen,  die  an  Sie  über 
dergleichen  Bedürfnisse  geschehen,  auf  der  Stelle  und  ohne  Unter- 
schrift des  Kriegs-Kommissärs  zu  befriedigen :  alles  dies  bestimmt 
mich  eine  Ordnung  zu  entwerfen,  nach  welcher  künftig  dergleichen 
Gegenstände  zu  behandeln  sein  werden. 

1.  Keine  einzige  Forderung,  von  wem  es  immer  sei,  ohne 
Unterschrift  des  für  die  Stadt  Graz  im  Dienste  befindlichen  Kriegs- 
Kommissairs  anzunehmen  und  zu  befriedigen. 

2.  Von  den  verschiedenen  resp.  Magazins  Verwaltern  die 
Bescheinigung  für  alle  Arten  von  Bedürfnissen,  für  die  Konmiissair 
angeordnet  hat,  unachsichtlich  zu  fordern,  nemlich  von  dem  Ma- 
gazins Verwalter  der  Lebensmitteln  die  Quittungen  für  Brod, 
Wein,   Hilsenfrücbte    und  Mehl,    von  dem  Futter  Inspektor  die 


—     189     — 

Scheine  für  Hea  and  Haver  nnd  von  dem  Fleisch  Inspektor  jene 
für  das  ihnen  gelieferte  Schlacht  Yieh. 

Die  Unterschriften  dieser  sammentl.  Magazinsanfseher  müssen 
ihnen  bekannt  gemacht  ond  von  dem  Kriegskomroissair  für  richtig 
anerkannt  sein. 

3.  Keine  Yertheilung  eines  oder  des  andern  Gegenstandes, 
an  wen  es  anch  sei,  oder  unter  was  vor  einem  Vorwand  es  ge- 
fordert werde,  zu  machen,  weil  die  dafQr  gegebenen  Quittungen 
auf  keine  Weise  an  zahlnngsstatt  angenommen  werden,  indem 
unsere  Magazine  errichtet  sind,  nm  alles,  was  richtig  ist  zu 
bescheinigen. 

4.  Da  es  keinen  Verkäufer  da  geben  kann,  wo  kein  Käufer 
befindlich  ist,  so  werden  Sie  auf  Befehl  des  General  en  chef 
Bonaparte  nnd  in  Nahmen  der  französischen  Republik  von  mir 
als  Yertretter  des  General  Kommissairs  angegangen,  den  Einwohner 
jeden  Standes  sowohl,  als  allen  hier  anwesenden  Fremden  zu 
verbiethen,  von  irgend  einem  französischen  Soldaten  oder  sonst 
im  Dienste  der  Republik  angestellten  Person  etwa  von  Kleidungs- 
stücken, Lebensmitteln  oder  andern  Gegenständen  von  was  für 
einen  Werth  sie  auch  schon  sein  mögen,  bei  körperlicher  nnd 
militärischer  Strafe  zu  kaufen. 

Graz  den  14.  April  1797 

unterzeichnet 

Pellizone, 
Commissaire  ordinateur  der  französischen 

Republic. 

Hr.  8. 

Auf  ausdrückliche  Anordnung  des  koroandirenden  Herrn 
Generals  Bonapartc  darf  fürohin  kein  Hausherr  oder  Inwohner 
einem  Offizier  oder  Soldaten  der  französischen  Armee  mit  oder 
ohne  Pferde  ohne  Vorweisung  eines  von  mir  Bürgermeister  unter- 
schriebenen Quartierscheines  in  sein  Haus  oder  in  seiner  Wohnung 
aufnehmen ,  bei  seiner  Ausquartirung  aber  den  Abzug  desselben 
alsogleich  anzuzeigen,  damit  man  femers  fürohin  den  Quartier- 
stand genau  wisse,  hat  der  komandirende  Herr  General  Beaumont 
zugleich  angeordnet,  dass  bis  morgen  als  den  Ostersonntag  um 
10  Uhr  Vormittag  jeder  Hausherr  der  Stadt  Graz  oder  ihrer 
Vorstädte  schriftlich  in  der  hiesigen  Rathsstube  einlege  und  aus- 
weise, was  nach  beiliegender  Tabelle  zu  wissen  nöthig  ist.  . 

Jene  Hausherren,  bei  welchen  gar  kein  Mann  oder  Pferde  der 
französischen  Armee  einquartirt  ist,  haben  blos  anzumerken,  dass 
(Vermählen  weder  Mann  noch  Pferd  inquartirt  seien.  Auf  die  Unter- 


—     190     — 

lassang  dieser  wichtigen  ÄDzeigen  bis  morgen  am  10  Ubr  Yor- 
mittog  nach  beiliegender  Tabelle  ist  eine  nnachsichtUcIie  Strafe 
eines  Dakatens  in  Gold  festgesezt. 

Von  dem  Magistrat 
za  Gr&z  am  15.  April  1797. 

Ir.  9. 

Freiheit  Gleichheit 

Italienische  Armee. 

Leoben  27.  Germinal  im  5.  Jahr  der  einzigen  and  antheil- 
baren  französischen  Repablik. 
Viliemanzy,  General  Commissair,  an  die  Mitglieder  der  Central 
Versammlang  von  Steiermark  zn  Graz. 

Ich  habe  genaue  Untersnchnngen  über  die  directen  und  in- 
directen  Abgabe  aller  Art  angestellt,  welche  die  Provinz  Steiermark 
jährlich  an  die  Kassen  des  Kaisers  abführt. 

Ich  habe  diese  Summen  mit  jenen  verglichen,  welche  den 
Ankauf  der  nothwendigen  Lebensmittel  für  die  französische  Armee 
verursacht,  und  finde  mit  Vergnügen,  dass  jene  Summen  mehr 
als  hinreichend  sind,  diesen  Aufwand  zu  bestreiten,  wenn  diese 
Art  der  Verpflegung  an  die  Stelle  der  bisher  ausgeschriebenen 
Requisitionen  gesezt  wird. 

Nicht  dieser  Gesichtspunkt  allein  bestimmt  mich,  den  Ankauf 
der  Lebensmittel  den  Requisitionen  vorzuziehen,  wichtigere  und 
dem  Lande  angemessene  Bemerkungen  überzeugen  mich  von  der 
Noth wendigkeit  dieser  Verfahrungsart,  die  blos  dahin  abzweckt. 
unter  den  wohlhabenden  Bewohnern  aller  5  Kreise  von  Steiermark 
die  Last  der  Verpflegung  unserer  Armee  gleich  zu  vertheilen. 

Sie  haben  dazu  mehr  als  hinreichende  Mittel  in  den  Händen, 
denn  die  Verpflegskosten  unserer  Armee  betragen  ungleich  weniger 
als  die  öffentlichen  Einkünften  des  Landes,  allein  auch  in  dem 
Falle,  wenn  diese  Kosten  diese  Einkünfte  überstiegen,  so  würde 
doch  das  Wohl  des  Landes  Sie  auffordern,  meinen  Vorschlag  mit 
Vergnügen  anzunehmen. 

Ich  habe  den  Obergeneral  die  Bemerkungen  mitgetheiit,  die 
ich  ihnen  hier  vorlege.  Er  hat  sie  gebilliget  und  ich  verhelle 
Ihnen  nicht,  dass  er  mit  Vergnügen  den  Ankauf  der  Lebensmittel 
an  die  Stelle  der  bisherigen  Requisitionen  sezen  wird.  Sie,  meine 
Herren,  werden  mich  in  den  Stand  sezen,  dieses  zu  unternehmen, 
wenn  sie  sich  entschliessen,  wöchentlich  eine  Summe  von  30.000 
Livres  an  die  Kasse  des  General  -  Einnehmers  unserer  Armee 
abzuführen. 

Wenn  Sie    betrachten,    dass   wir  seit  unserem  Eintritte  in 


—     191     — 

dieses  I^nd  die  öffentlichen  Einkünfte  sowohl  des  Soayerains  als 
der  StAdte  und  der  Yersorgnngs  Anstalten  auf  keine  Art  bezogen 
haben,  dass  Wir  ons  in  den  Besitz  der  Gelder  nicht  gesezt  haben, 
die  in  allen  diesen  resp.  Kassen  befindlich  waren,  als  unsere 
Armee  Steiermark  erobert  hat,  dass  wir  ebenso  wenig  uns  der 
öffentlichen  Magazine  des  Tabakes,  des  Salzes  und  der  Metalle 
bemächtiget  haben,  die  wir  nach  dem  Eroberungsrecht  (uns)  zu- 
eignen konnten,  dass  ihre  Manufakturen  unversehrt  geblieben 
sind,  dass  wir  Oberall  Magazine  angelegt  haben,  um  den  Bewoh- 
nern von  Steiermark  weniger  l&stig  zu  fallen,  so  werden  Sie  sich 
ohne  Aufschub  bequemmen,  die  geforderde  Summe  an  den  General- 
Einnehmer  abzuffthren  oder  doch  wenigstens  Anstalten  zu  ihrer 
Versicherung  zu  treffen,  um  den  armen  Landmann  von  der  Last 
der  Lieferungen  zu  befreien,  die  ihn  ohne  Zweifel  vernichten  wird ; 
der  arme  Landmann  allein  wird  das  Opfer  werden,  wenn  Sie 
was  immer  ffir  Ausflüchten  machen  werden,  um  der  Forderung 
auszuweichen«  die  ich  im  Namen  des  Obergenei*als  an  Sie  mache. 
Ich  bitte  Sie,  mir  so  schnell  wie  möglich  Antwort  auf  diesen 
Brief  zn  geben,  dessen  Inhalt  allein  das  wäre  Wohl  ihres  Landes 
zum  Zweck  hat. 

Yillemanzy. 

Nr.  16. 

Antwort  auf  den  Brief  des  Bürgers  Yillemanzy. 

Die  Glieder  der  prov.  Landes  Kommission  in  Steiermark 
haben  sich,  obschon  durch  die  Befehle  des  kommandirenden  Gene- 
rals getrennt,  ihren  Brief  vom  16.  April  mitgetheilt,  gehemmt  in 
ihrem  Wirkungskreise  sind  sie  ganz  ausser  Stand,  über  ihre  An- 
träge irgend  einen  Beschluss  zu  fassen;  um  Sie  jedoch  von  der 
Bereitwilligkeit  zu  überzeugen,  mit  welcher  sie  sich  auch  in  dem 
Zustande  der  Auflösung  dem  allgemeinen  Besten  widmen,  erlauben 
sie  sich  folgende  Bemerkungen  über  die  Depesche,  welche  sie 
am  11.  d.  M.  von  dem  Bürgermeister  der  Stadt  Graz  empfangen 
haben.  Die  direckten  Abgaben,  die  der  Kaiser  bisher  aus  dem 
Land  gehoben  hat,  belaufen  sich  nach  einem  ziemlich  genauen 
Calcul,  mit  Inbegriff  der  Grundsteuer,  auf  eine  Million  Gulden  oder 
3,000.000  französische  Pfund.  Yon  diesem  Betrage  sind  bereits 
2  viert^ährige  Quoten  nach  der  hergebrachten  Sitte  der  Yorein- 
zahlung  abgeführt,  sogar  noch  etwas  mehr,  weil  die  meisten 
Besitzer  kleinerer  Güter  mit  Anfang  des  Jahres  ihren  ganzen 
Steuerbetrag  vorhinein  bezahlen,  um  das  unangenehme  des  öfteren 
Abschickens  kleiner  Summen  zu  vermeiden.  Die  Einhebungskosten 
dieser  Einkünfte  betragen  mehr  als  10  von  hundert  und  müssen 


—     192     — 

vom  Ganzen  abgezogen  werden.  Es  lässt  sich  leicht  übersehen, 
dass  die  Einkanfte  des  2.  halben  Jahres  in  dem  kurzen  Zeitranm 
von  4  Wochen  erschöpft  sein  müssen,  falls  Sie  auf  der  Fordeningt 
die  ihr  Vorschlag  in  sich  fasst,  wirklich  beharren. 

Wir  können  nicht  in  den  Ertrag  der  indirekten  Einkünfte 
des  Kaisers  Einsicht  haben,  da  in  die  Kasse,  die  von  beson- 
deren nnd  ausser  aller  Verbindung  mit  dem  Lande  stehenden 
Beamten  verwalteten  Regalien  gehören;  aber  da  diese  Abgaben 
auf  Salz,  Tabak  etc.  die  Zölle  auf  ausländische  Waaren,  nnd  was 
dahin  einschlägt,  seit  dem  Einmarsch  der  französischen  Truppen 
in  diese  Provinz  ganz  aufgehöret  haben,  so  kann  von  dem  Ertrag 
derselben,  so  lange  die  gegenwärtige  Krisis  dauert,  gar  nichts 
in  Anschlag  gebracht  werden. 

Bereits  8  Tage  vor  dem  Einmarsch  der  französischen  Truppen 
in  Graz  waren  alle  Kassen ,  und  die  darüber  geführten  Bücher, 
ja  sogar  alles  Geld  und  die  Register  der  Landeskasse  abgeftüirt. 
Sie  können  sich  von  der  Wahrheit  dieser  Behauptung  durch  das 
Beispiel  der  Krainer  und  Kärnthner  so  wie  der  Görzer  und  Idrianer 
Kassen  und  durch  das  Bekenntniss  aller  hiesigen  Bewohner  über- 
zeugen. 

Selbst  die  zur  Abhilfe  dringender  Unglücksfälle  zur  Unter- 
stützung des  durch  Feuer,  durch  Überschwemmung,  des  durch 
Landesplagen  zu  Grunde  gerichteten  Unterthanes  und  endlich  zur 
Bezahlung  der  Interessen  an  jene  Bürger,  die  meist  in  der  Zeit 
der  Noth  das  Vaterland  mit  dem  Erwerb  ihres  Fleisses  gerettet 
hatten,  selbst  die  zu  diesem  erhabenen  Endzwecke  bestimmte 
Hilfskasse  ward  nach  Wien  geführt,  und  uns  in  dieser  höchsten 
Noth  eine  Kleinheit  von  40.000  fl.  meist  in  Papiergeld  überlassen. 
Mit  denen  haben  wir  bis  izt  einige  der  dringensten  Bedürfnisse 
bestritten,  ohne  irgend  einen  Zufluss  als  aus  dem  kümmerlichen 
Verkauf  der  unbedeutenden  Vorrathe  von  Salz  und  Tabak,  wäre 
sie  bereits  erschöpft  und  wir  in  die  traurigste  Lage  versezt, 
nicht  einmahl  dem  geplünderten  und  misshandelten  Unterthan 
ein  Stücklein  Brod,  Kleidung  und  eine  Hütte  geben  zu  können. 
An  diesem  Heiligthum  der  leidenden  Menschheit  wird  sich  die 
grossmüthige  französische  Nation  nicht  vergreifen.  Sie  wird  viel- 
mehr künftig  solche  von  dem  Kriege  unzertrennliche  Fälle  nach 
Thunliclikeit  durch  die  strengste  Manneszucht  zu  verhindern  suchen. 
Selbst  in  der  an  das  Volk  in  Kärnthen  erlassenen  Proclamation 
sichert  der  edle  Hauptgeneral  der  französischen  Armee  dem  lei- 
denden Unterthan  den  Ersatz  seines  Verlustes  aus  den  Einkünften 
des  Souvrens  zu.  Hier  wird  er  nicht  mit  sich  selbst  in  Wider- 
spruch stehen  wollen. 


—     193     — 

Aas  dieser  Kasse  haben  wir  auch  das  an  Sie  geleistete 
Darleben  von  beiläufig  18000  französischen  Pfunden  in  Gold 
geDommen.  Wir  sind  wegen  den  Ersaz  dieser  uns  so  unentbehr- 
lichen Summe  durch  Ihr  gegebenes  Wort,  und  durch  die  Treue  be- 
rnhigty  mit  welcher  Sie  Ihre  Zusicherungen  zu  halten  gewohnt  sind. 
So  sehr  wir  selbst  eine  durchaus  gleiche  und  folglich  weniger 
lästige  Yertheilung  der  Kriegslasten  unter  alle  Bewohner  der 
5  Kreise  von  Steiermark  wünschen,  so  ist  doch  diess  eine  un- 
Üiunliche  Sache,  da  die  2  Kreise  in  Obersteier  wegen  den  bereits 
erlittenen  und  noch  wirklichen  Druck  des  Krieges  ganz  erschöpfet 
sind,  die  drei  untersteirischen  Kreise  aber  durch  die  h&ufigen 
Durchmärsche  die  Last  des  Krieges  bis  zur  Erschöpfung  fühlen. 
Der  Reichthum  des  Landes  besteht  in  den  Erzeugnissen  seines 
Bodens,  die  Wohlfeilheit  der  Producte  ist  ein  Beweis  des  Oeld- 
mangels,  den  die  durch  6  Jahre  geleistete  doppelte  Kriegssteuer 
noch  bis  zur  gänzlichen  Yersiegung  alles  Metall  Geldes  herbei- 
gebracht haben. 

Es  bleibt  uns  nur  noch  die  Berichtigung  ihrer  Meinungen  in 
E&cksicht  der  Anstalten  und  die  dagegen  gestellte  Aufzählung  dessen, 
was  wir  Ihnen  geleistet  haben ,  ihrer  Einsicht  vorzulegen  übrig. 
Die  hiesigen  Kassen  waren  bereits  einige  Tage  vorhero  auf 
landesfürstlichen  Befehl  abgeführt,  als  Sie  diese  Stadt  betreten 
baben.  Niederlagen  von  Stahl  hat  der  Kaiser  nirgends  im  Lande, 
sie  sind  also  ebenso  wie  alle  Bergwerke  des  Landes  und  die 
einzige  hier  existirende  Kottunfabrik  Privat-Eigenthum. 

Als  die  kais.  Armee  diese  Gegend  verliess,  ward  der  Befehl 
bereits  gegeben,  alle  hier  befindlichen  Magazine  der  Zerstörung 
nnd  den  Flammen  preiszugeben,  Tabak  und  Salz  abzuführen  und 
die  Yorräthe  an  Getreide  und  Haber  in  den  Fluss  zu  schütten.  Da 
»tanden  einige  Männer  auf,  dennen  die  Vernichtung  des  Fleisses 
der  Landleute  wehe  that  und  bothen  sich  an,  die  noch  nicht  an 
die  Unterthanen  von  Seite  des  Hofes  bezahlten  Lieferscheine  ins 
Versprechen  zu  übernehmen  und  mit  den  dadurch  erhaltenen  Yor- 
räthen  die  allenfalls  auszuschreibenden  Bequisitionen  zu  bestreiten. 
Der  Landmann  sollte  hiedurch  vor  Erpressungen  gesichert 
Qnd  der  Frieden  im  Lande  erhalten  werden. 

Bei  der  Yertheilung  der  Kriegsschäden  und  Kriegs  -  Forde- 
ningen  sollten  die  Lieferscheine  der  Erzeuger  anstatt  des  haaren 
(^eldes  angenommen,  folglich  jeder  sosehr  als  möglich  erleichtert 
werden.  Dem  geringen  Salz  und  Tabak  Yorrath,  welcher  ebenfalls 
abgeführt  oder  veroichtet  werden  sollte,  ward  noch  ein  weit  edlerer 
Zweck  angewiesen.  Er  war  ebenfalls  ins  Yersprechen  übernommen 
tind  daraus  bisher  die  Militär  und  Civil  Spitäler,  also  blos  der 

»ttlifil.  dM  liiit.  Vereins  f.  Steiermark,  XXVIII.  Heft,  1880.  13 


-     194     — 

unglflckliche  and  sieche  Tbeil  der  Menschheit  gekleidet,  gen&hn 
und  verpflegt. 

Auch  die  Kranken  der  französischen  Nation  erhielten  davon 
ihren  beschiedenen  Theil;  sie  erhielten  besseres  Brod  als  die 
gesunden  Krieger,  sie  empfingen  ihren  Umständen  angemesseo« 
Yorräthe  an  Fleisch  und  Wein,  sie  wurden  alle  neu  gekleidet. 
Nun  erschöpften  sich  die  Yorräthe,  keine  Zufuhr  unterstfitzte  sie 
und  wir  werden  uns  binnen  wenigen  Tagen  aus  Mangel  an  Salz  in 
einer  sehr  traurigen  Lage  befinden. 

Dies  sind  also  die  Magazine,  deren  sich  die  französische 
Nation  ihrer  Meinung  nach  hätte  bemächtigen  können ;  aber  der 
ganze  darin  aufgehäufte  Yorrath  war  und  ist  noch  nicht  >od 
unserem  Souverain  bezahlt ;  es  war  weiter  nichts  ais  ein  Darlehen 
von  den  Unterthanen  in  Naturalien  erhoben,  welches  einst  nach 
geendigten  Krieg  bezahlt  werden  sollte. 

Die  Stadt  Graz  hat  durch  Uebernahme  der  Magazine  ihren 
Souverain  von  der  nach  geendigten  Krieg  dafür  zu  leistenden  Zah- 
lung entbunden,  sie  hat,  da  der  Zeitpunkt  des  französischan  Ein- 
marsches nahe  war,  die  Yerpflichtung  Ober  sich  genommen,  die»«" 
Schuld  zu  bezahlen ;  und  wenn  die  französische  Nation  auf  das 
Yermögeu  unseres  Souvrains  gegründete  Ansprüche  zu  haben  glaubt, 
so  kann  sie  sich  der  unbezahlten  Magazine,  die  gar  nicht  zu  den 
Yermögen  des  Souvrains  gehören  auf  keine  Weise  nnd  nicht  ohne 
Eingrif  in  die  Hütte  des  Landmannes  bemächtigen. 

Wir  wollen  von  der  kurzen  Yerwaltung  dieses  Heiligthnm> 
des  Landes  eine  nur  oberflächliche  Rechenschaft  ablegen. 

Wir  haben  seit  8  Tagen  diese  sehr  ansehnlichen  Yorräthe  nicht 
nur  allein  für  die  Bedürfnisse  der  hiesigen  Truppen  geöflTnet,  sondern 
sogar  die  Stadt  Prugg  und  den  Markt  Frohnleiten  damit  versehen, 
damit  die  dort  befindlichen  Garnisonen  vor  Mangel  gesichert  waren. 

Wir  haben  nebst  diesen  eine  ungeheuere  und  mit  dem  Stande 
der  hiesigen  Truppen  gar  nicht  in  Yerhältqiss  stehende  Menge 
sehr  guten  Weines  und  in  dem  nemlichen  Zeitraum  16  Schlacht- 
ochsen  in  Graz  geliefert,  ohne  die  aus  den  Fleischbänken  auf 
Requisition  gehobene  Menge  in  Anschlag  zu  bringen. 

Wir  haben  alles  vorräthigo  Leder  von  den  Gerbern  zusammen- 
gebracht ,  um  für  die  Truppen  Schuhe  arbeiten  zu  lassen.  Alle 
Yorräthe  von  blauen  Tuch,  die  in  einer  Stadt  ohne  Fabrik  ohnebin 
nicht  beträchtlich  sein  können,  alle  Leinwand,  die  hier,  so  wenis 
erzeugt  wird ,  befindlich  war ,  ist  in  den  Händen  der  Schneider 
und  der  Näherinen,  um  für  die  französischen  Soldaten  Bein  Kleider. 
Westen  und  Hembde  zu  machen.  Wir  haben  mit  Mühe  einige 
lOOpaar   Strümpfe    zusammengebracht,    um    sie   unter   die  dürf- 


-     195     — 

tigsten  Soldaten  zu  vertheilen.  Kurz,  ?rir  haben  weit  mehr  gethan, 
als  alle  jene  St&dte,  darch  welche  die  Armee  gezogen  ist;  und 
die  Ursache  war  einzig  die,  um  in  der  Stadt  und  auf  dem  Lande 
Ruhe  zu  erhalten  Izt  nach  einer  so  langen  und  schweren  Ver- 
pflegung fordern  Sie  von  uns  noch  einen  wöchentlichen  Geldbeitrag 
von  so  ungeheuerer  Ausdehnung,  dass  selbst  die  ftInQfthrigen 
Einkünfte  des  Monarchen  dadurch  übertroffen  werden.  Man  will 
daraus  die  Requisitionen  und  bisherigen  Lieferungen  bezahlen  und 
nns  mit  denjenigen,  was  wir  leisten  sollen,  auf  künftige  Einkaufte 
unseres  Souverains  und  sogar  auf  solche  anweisen,  die  gar  nicht 
mehr  vorhanden  sind.  Wenn  wir  durch  Forderungen,  die  unsere 
Kräfte  in  den  gewöhnlichen  Friedenszeiten  5fach  übersteigen,  izt 
in  der  Zeit  des  Eilends,  bei  der  Seltenheit  des  Metallgeldes,  bei 
der  vorzusehenden  Erschöpfung  aller  Lebensbedürfnisse  gedrükt 
werden,  so  sind  wir  der  sicheren  Hoffnung,  dass  die  Grossmuth 
der  Nation  mit  der  Heiligkeit  ihres  gegebenen  Wortes  gleichen 
Schritt  halten  und  uns  davon  befreien  wird. 

Würdigen  Sie,  diese  mit  dem  Gepräge  der  Wahrheit  ver- 
sebenen und  aus  dem  gepressten  Herzen  eines  durch  die  gegen- 
wärtige Lage  bedrängten  Volkes  strömende  Aeusserungen  dem 
Haupt  General  vorzutragen  und  die  blos  auf  Voraussetzungen 
gebauten  Entwürfe  zurückzunehmen. 

Sie  verhütten  dadurch  den  Ruin  eines  Landes,  dass  Ihnen  so 
viel  Beweise  jenes  Zutrauens  auf  ihr  Wort,  seiner  Rechtschaffen*' 
heit  und  seiner  Liebe  zum  Frieden  gegeben  hat  und  das  nichts 
mehr  wünscht,  als  Sie  und  alle  Franzosen  bald  in  dem  Schoose 
des  Friedens  und  als  seine  Freunde  zu  umarmen. 

Hr.  11. 

Sie   sehen  hier,   Bürger  General  Kommissair!  zwe7  Bürger 
und  Privatleute  von  Gr&z,  denen  das  Wohl  ihrer  Vaterstadt  sehr 
am  Herzen  liegt.  Sie  haben  von  Ihrem  Briefe  an  die  Glieder  der 
dorch  den  Haupt  General  Buonaparte  aufgelöste  Landes  Kommission 
in  Steiermark  Nachricht  erhalten,  und  da  bis  zu  der  Zeit,  wo  der 
Haupt  General  andere  Massregeln  für  gut  linden  wird,  keine  Ver- 
sammlung dieser  Landes  Kommission  statt  haben  kann,  so  haben 
sich  blos  einige  Glieder  derselben  entschlossen,   ohne  öffentliche 
Volhnacht  Sie,  Bürger  General  Kommissair !  um  Ihre  Verwendung 
hei  dem  Haupt  General  über  folgende  Punkte  zu  bitten: 
^"^  Dass   die   zu  Bestreitung   der  Requisitionen    uns  aufgelegte 
Summe  pr.  800000  Livre  wöchentlich  wegen  der  Unmöglichkeit, 
sie   zu   leisten,   nicht  gefordert  werden  möge     Wir  werden 
diese  Requisitionen,    so  weit  unser  Vermögen  zureicht,   wie 

13* 


—     196     — 

bisher  bestreiten^  jedoch  gegen  Quittungen,  die  uns  zar  Be- 
deckung wegen  der  fibernommenen  Verbindlichkeit  die  Liefer- 
scheine an  die  Unterthanen  zu  bezahlen,  bei  der  allgemeinen 
Ausgleichung  dienen  sollen.  2  'V  Dass  die  Magazine,  die  bisher 
zum  Theil  von  ihren  Untergeordneten  auf  eine  Art  verwaltet 
wurden,    die  dem  Dienst  ihrer  Armee  nicht  zuträglich  war, 
künftig   uns  überlassen  werden,   jedoch  mit  der  Bedingniss, 
dass   daraus    wie    bisher  die  Anschaffungen  der  Kriegskom- 
miss&rs  gegen  seine  Quittungen  bestritten  werden.  3*^  Dass 
Sie  uns  für  unser  höchstes  Bedürfniss  einige  100  Ztr.  Saiz 
aus  dem  Magazin  von  Leoben  zukommen  lassen,  die  wir  mit 
einer  gleichen  Quantität  von  Mehl,  die  bereits  von  uns  ver- 
langt  und   zum  Theil  auch  abgeliefert  worden,   ausgleichea 
wollen.  Für  den  Transport  werden  wir  selbst  sorgen. 
Die    persönliche  Zuneigung,    die  Sie  bei  ihrer  Anwesenheit 
in  Graz  gezeigt  haben,  lässt  uns  hoffen,  dass  die  Bitte,   die  wir 
hier   an  Sie  thun,    nicht  fruchtlos  sein  werde.    Wir  kennen  den 
grossen  Einfluss   ihrer  Talente    auf  den  komandirenden  General 
und   bitten  Sie ,    die   gestern  an  ihn  abgegangene  Depesche  mit 
ihrer  Verwendung  und  künftigem  Vorwort  zu  unterstützen. 
Leoben  am  20.  April  1797. 

Johann  Stahel. 
Franz  Deyerkaof. 

Nr.  12. 
Freiheit  Gleichheit 

Italienische  Armee! 

Leoben  am  1.  Floreal  in  5.  Jahre  der  einzigen  und  untheilbaren 

französischen  Republik. 
Villemanzi,  General  Eommissair,  an  die  Herrn  Mitglieder  des  Bürger 

Rathes  der  Stadt  Graz. 

Meine  Herrn! 

Ich  beantworte  zur  Stelle  den  Brief,  mit  dem  Sie  mich  heute 
beehrt  haben.  Sie  verlangen  darinen  die  Lebensmittel,  die  Ihnen 
unsere  Kommissärs  zum  Unterhalt  unserer  Armeen  abfordern 
werden,  wie  bishero  in  natura  zu  liefern,  anstatt  den  Betrag  der- 
selben in  die  Kasse  der  Republik  im  Baaren  abzuführen. 

Die  Forderung,  die  ich  in  dieser  Rücksicht  an  Sie  gemacht 
habe,  schien  mir  dem  Wohle  ihres  Vaterlandes  angemessen,  allein 
da  ihre  dagegen  gemachten  Bemerkungen  mich  überzeugt  haben, 
die  bisherige  Lieferungsart  sey  mit  dem  Besten  ihrer  Mitbürger  in 
richtigcrem  Verhältnisse,  so  beharre  ich  nicht  länger  auf  meiner  For- 
derung, die  ich  an  Sie  auf  Befehl  des  Hauptgenerals  gemacht  habe. 


—     197     — 

Ich  thne  dies  mit  desto  grösseren  Vergnügen,  da  ich  über- 
zeugt bin,  dass  die  Absicht,  die  ich  durch  diese  Forderung  vor 
Augen  hatte,  durch  Ihre  Aeusserungen  gänzlich  erfüllt  ist. 

Yillemanzi. 

Nr.  13. 

Gurrende. 

Nachdem  S.  k.  k.  Majestät  mittelst  Direktorial  Hofdekret 
vom  1.,  erhalten  3.  dieses  die  prov.  Landes  Kommission  oder 
Repräsentation  begwaltet  und  bevollmächtigt  haben,  auf  den  Fall 
der  Abwesenheit  der  hoben  Landesstelle  einsweilen  substitutiore 
die  Geschäfte  im  Lande  zu  leiten  und  für  die  gute  Ordnung  zu 
sorgen,  and  nachdem  man  in  dieser  Absicht,  da  die  französischen 
Trappen  heute  von  dieser  Hauptstadt  und  bis  zum  3.  des  künf- 
tigen Monates  vom  Lande  Steyer  vollkommen  abgezogen  seyn 
werden,  zum  besten  desselben  und  zur  unverzüglichen  Herstel- 
lung der  vorigen  Ordnung  für  nothwendig  gefunden  und  selbst 
mit  Yorwissen  des  von  S.  Majestät  anher  abgeordneten  Herrn 
General  -  Feldwachmeisters  Grafen  von  Meerfeld,  die  Einleitung 
getroffen,  dass  das  k.  k.  Laudrecht,  die  k.  k.  Ereisämter,  die 
k.  k.  Provinzial  Bau-  und  Strassen-Direction,  das  k.  k.  Ober  Post- 
amt, das  k.  k.  Versazamt,  die  hiesigen  Armenversorgungs  An- 
stalten, das  k.  k.  Bieraufschlags  -  Amt,  dann  das  stand.  General 
Einnehmer-  und  Fleischaufschlags  Ober- Amt  in  ihre  vorige  Wirk- 
samkeit unverzüglich  zurücktretten ,  so  wird  dieses  hiemit  allen 
zeit-  und  weltlichen  Obrigkeiten ,  den  landesfürstlichen  Städten 
Qod  Märkten,  allen  Freisassen,  Gültens  Inhabern  und  allen  Unter- 
thanen  and  Grundbesitzern  zur  Wissenschaft  und  Nachachtung 
mit  dem  Bemerken  bekannt  gemacht,  dass  die  gesammten  Gültens- 
Besitzer  und  Unterthanen  und  besonders  jene,  die  dem  unmittel- 
baren Druck  des  Krieges  wenig  oder  gar  nicht  ausgcsezt  waren, 
za  Vermeidung  der  unliebsamen  Zwangsmittel  bei  bereits  einge- 
trettenem  dritten  Eontributions  Quartal  sich  äusserst  und  nach  allen 
Kräften  sollen  angelegen  seyn  lassen ,  ihre  Schuldigkeit  sowohl 
au  das  ständische  General  Einnehmer  Amt  als  auch  übrige  Wein- 
anfschlags  und  Fleischaufschlags- Ober  Amt  ungesäumt  zu  Unter- 
stützung der  allgemeinen  Bedürfnisse  und  Auslagen,  zu  entrichten. 

Graz  am  28.  April  1797. 
(L.  S.) 
Karl  Thomas  Graf  Dr.  Job.  Michael  Steffn, 

von  Bräuner,  Bürgermeister, 

Landeshauptmann.  Josef  von  Schouppe, 

Sekretär. 


—     198     — 

Hr.  14. 

Gurrende. 

Von  der  k.  k.  steierm.  Landes  Kommission  wird  hicmit  be- 
kannt gemacht:  Indem  es  höchst  nothig  ist,  die  Strassen  wieder 
in  einen  guten  Stand  herzustellen  und  zu  erhalten,  so  werden 
hiemit 

1.  Alle  Strassen-Aufsichts-Individuen,  die  sich  von  ihren  StAtionb- 
Oertern  entfernt  haben,  aufgefordert,  sich  sogleich  und*  unver- 
züglich in  ihren  Stationen  wiederum  einzufinden,  besonders 
da  selbe 

2.  bei  den  bis  zum  3.  künftigen  Monats  Mai  erfolgenden  gänz- 
lichen Ausmarsch  der  französischen  Truppen  aus  dem  Lande 
Steyermark  bei  ihren  Strassengeschäften  und  Arbeiten  nichts 
zu  besorgen,  sondern  allen  Schutz  und  Sicherheit  sich  zu 
versprechen  haben,  zugleich  wird 

3.  hiemit  den  sämmtl.  an  der  Eameral-  als  Bankal  -  Strasse 
liegenden  Werbbezirken  aufgetragen,  auf  dass  selbe  im  Erfor- 
derungsfalle  den  an  sie  sich  wendenden  Strassen  Assistenten 
auf  jemaliges  Begehren  die  nöthigen  Arbeiten  und  Fuhren  gegen 
die    bisher    übliche  haare  Bezahlung  zu  stellen  haben  sollen. 

Graz  von  der  prov.  steierm.  Landes  Kommission 
den  29.  April  1797. 
(L.  S.) 
Karl  Thomas,  Graf  von  Brauner, 
Landeshauptmann. 

Dr.  Johann  Michael  Steffn, 

Bürgermeister. 

Josef  von  Schouppe, 

Sekretär. 

Hr.  15. 

Die  von  S.  k.  k.  apostolischen  Majestät  unserem  Allergnä- 
digsten  Landesfürsten  für  die  Zeit  der  wegen  Hieherrücken  der 
französischen  Truppen  erfolgten  Trennung  des  k.  k.  Landes 
Guberniums  vermög  höchster  Entschliessung  von  1.  April  d.  J. 
1797  angestellten  prov.  Landes  Kommission  findet  sich  verpflichtet, 
dem  löbl.  Corps  der  hiesigen  Bürger  Miliz  von  allen  sowohl  nni- 
formirt  als  nicht  uniformirten  Abtheilungen,  sowie  ihrem  würdigsten 
Herrn  Obersten  und  Komandanten  Franz  Kaspar  Dobler  mit  In- 
begrif  sämmtl.  Herrn  Staabs  dann  Ober  und  Unter  Offiziers,  dennen 
Gemeinen  den  öffentlichen  Dank  für  ihre  rastlosen  Bemühungen  und 
unermüdete  Wachsamkeit  durch  die  Zeit  der  aufgehabten  und  ftlr- 
gewalteten  Umständen  selbst  vorzüglich  vom  lö.  bis  28.  April  d.  J. 


/ 


—     199     — 

(wo  diese  Hauptstadt  unter  der  Bothmässigkeit  der  oben  be- 
nannten Feinde  sich  befand)  gefahrvollen  Bewachung  der  hiesigen 
Hauptstadt  und  umliegenden  Gegenden  in  ihrem  Eigenen  und 
aller  Insassen  Naramen  hiemit  abzustatten. 

Die  Kommission  fügt  zugleich  das  zeigniss  bei,  das  selbe  so 
wohl  die  innere  öffentliche,  als  auch  die  Privat  Sicherheit  der  Perso- 
nen und  des  Eigenthums  den  vortreflichen  von  dem  Herrn  Obersten 
and  Komandanten  Dobler  ergangenen  Anordnungen,  dem  uner- 
schrockenen Muth  und  unermüdet  bereitwilligsten  Verwendung 
der  gesamten  so  wie  der  einzelnen  Glieder  der  bQrgl.  Corps  und 
der  unter  ihnen  fQr  das  allgemeine  Beste  stätts  geherschten  rühm- 
lichsten Eintracht  verdanke  und  sich  es  nicht  nur  zum  Vergnügen, 
sondern  selbst  zur  heiligsten  Pflicht  machen,  sich  ihres  unaus- 
löschlichen Dankes  so  wohl  für  den  gegenwärtigen  Zeit  Punkt, 
als  auch  für  die  späteste  Nachweld  öffentlich  zu  entledigen. 

Welches  der  Herr  Oberst  sämmtlichen  unter  seinen  Commando 
stehenden  uniformirt  und  nicht  uniformirten  Korps  bekannt  zu 
machen  hiemit  bevollmächtiget  wird. 

Graz  von  der  prov.  steiermärkischen  Landes  Kommission 

am  3.  May  1797. 

Karl  Thomas  Gf.  v.  Bräuner  m.  p. 

Dr.  Johann  Michael  Steffn  m.  p., 

Bürgermeister. 

Joseph  von  Schouppe  m.  p., 

Sekretär. 

Nr.  16. 

An 
S.  k.  k.  Apostolische  Mtgestät. 

Euer  Migestät! 
Die  Mitglieder  der  nunmehro  aufgelösten  Steierischen  prov. 
Landes  Kommission  haben  mit  grössten  Schmerz  und  äusserster 
Betrübniss  in  sicherer  und  selbst  durch  den  hiesigen  Landes 
Goavemeur  in  verlässliche  Erfahrung  gebracht,  dass  sie  von  bos- 
haften Verläumdem  gelegenheitlich  des  Einmarsches  der  franzö- 
sischen Truppen  in  der  Hauptstadt  Graz  und  während  ihres  Auf- 
enthaltes bei  Euer  Migestät  beinahe  als  Verräther  des  Vaterlandes 
verschwärzt  und  als  solche  in  den  benachbarschaften  Provinzen 
nnd  in  der  Residenzstadt  Wien  geschildert  worden  sind.  Unsere 
im  höchsten  Grade  verlezte  Ehre  und  selbst  die  Pflichten,  mit 
welchen  wir,  Euer  Majestät,  ihrem  durchlauchtigsten  Erzhauses, 
nnsem  Vaterland  und  der  gesammten  Monarchie  verpflichtet  sind, 
fordern    uns   auf,    Allerhöchstdieselben   um    eine   unpartheiische 


—     200     — 

Untersuchung  der  strengsten  Art  und  um  Gerechtigkeit  zu  bitten. 
Werden  wir  strafhiässig  befunden,  so  bestraffe  man  uns  nach  aller 
Schärfe  der  Geseze,  um  ein  warnendes  Beispiel  zu  geben,  ist 
aber  im  Gegentheil  durch  eine  unpartheiische  Untersuchung  unser 
Betragen  gerechtfertiget,  so  werden  Euer  Majest&t  als  ein  ge- 
rechter Monarch  die  boshaften  Yerläumder  nach  den  Gesezen  zq 
bestraffen  wissen.  Wir  verlangen  keine  Nachsicht,  keine  Schonung, 
keine  Gnade,  sondern  nur  strenge  unpartheiische  Gerechtigkeit, 
welche  Hochstdieselben  auch  den  mindesten  ihrer  Untertbanen 
nicht  versagen.  Die  Verlftumder  können  nur  vorzüglich  von  hier 
sein,  welche  diese  boshaften  Lügen  nach  Wien  und  anderen  Orten 
überschrieben  haben  und  welches  Euer  Majestät  durch  ihre  wach- 
same Polizey  in  Wien  schon  in  Erfahrung  gebracht  haben  werden. 

Aus  der  unpartheiischen  Untersuchung  wird  es  und  muss  es 
sich  zeigen,  dass  man  ob  Seiten  des  hiesigen  Bürgermeisters  (dem 
ich  Landeshauptmann  das  unverfölschte  höchst  verdiente  Zeigniss 
geben  muss,  dass  er  sich  bei  allen  diesen  sehr  kritischen  Gelegen- 
heiten als  ein  getreuer  und  aufrichtiger  und  Euer  Majest&t  von 
ganzen  Herzen  zugethaner  Diener  betragen  hat)  durch  die  zweck- 
mässigen Anstalten  und  durch  die  in  den  Zeitumständen  nöthig 
gewordenen  sichersten  Verordnungen  mittels  der  durch  den  pa- 
triotischen Eifer  fast  aller  Stände  vermehrten  bürgl.  Sicherheits- 
wache ,  welche  eine  halbe  Stunde  weit  von  der  Stadt  bei  den 
Parieren  ausgestellt  wurde  und  PatrouUen  vorrücken  liess,  um 
die  Vorausgesandten  und  nachkommenden  Marodeurs  vom  Plündern, 
rauben  und  Morden  abzuhalten,  vollkommen  die  gute  Ordnung  und 
Ruhe  und  Sicherheit  in  dieser  Hauptstadt  und  in  den  Yorst&dt^n 
erhalten  hat. 

Es  wird  sich  zeigen,  dass  die  aus  den  Mitgliedern  der  prov. 
Landes  Kommission  den  gedachten  Truppen  bis  zum  Stadt  Pome- 
rium  entgegengeschickte  Deputation  an  den  französischen  General 
Beaumont  nichts  anders,  als  Schutz  für  die  Religion,  dann  Sicher- 
heit für  das  Eigenthum  und  der  Bewohner  der  Stadt  und  des  Landes 
verlangt  und  ihm  die  eben  kurz  vorhero  angelangten  französischen 
Proclamationen  nach  Hungarn  mit  der  Bemerkung  zugestellt  hat, 
dass  man  solche  anverlangter  Massen  nicht  weiter  versenden  könne. 

Es  wird  sich  zeigen,  dass  die  französischen  Truppen  nicht 
in  Triumph  eingeführt  worden  sind,  wohl  aber,  dass  bei  dieser 
Gelegenheit  viele  1000  Zuseher  waren,  die  weder  Furcht  und 
noch  weit  weniger  ein  Zeichen  von  Freude,  ja  vielmehr  Verach- 
tung blicken  Hessen. 

Es  wird  sich  weiters  bei  der  Untersuchung  zeigen,  dass  die 
Kommissions  Mitglieder    zu  wiederholtenmahlen  mit  Gefahr  ihrer 


-     201     — 

persöhnlichen  Sicherheit  nnd  mit  Gefahr  der  Beeinträchtigung 
ihres  Vermdgens  den  ihnen  anbefohlenen  Eid  eines  unbedingten 
Gehorsames  und  zwar  nach  dem  Wortlaut  gegen  die  Befehle  der 
französischen  Republic  schlechterdings  verweigert  und  mit  diesem 
standhaften  Betragen  erwirkt  haben,  dass  für  Steyermark  keine 
Proclamationen  erschienen  sind,  dass  die  Feinde  es  nicht  wagten, 
ihre  unmässigen  Forderungen  und  besonders  jene  von  100.000  fl. 
wöchentlich,  welche  auf  Rechnung  der  landesfürsl.  Einkünften  des 
Herzogtfanm  Steyermarks  zum  voraus  erhoben  werden  sollten,  ein- 
zutreiben, Kokarten  auszutheillen  oder  tragen  zu  machen,  Frei- 
heitsbäume ausserhalb  ihren  Lager  zu  errichten  und  öffentliche 
Redouten  und  Freudenfeste,  welche  der  Gomandirende  en  chef  zu 
wiederholten  mahlen  ausdrücklich  verlangte  und  welche  von  der 
prov.  lindes  Kommission  platerdings  abgeschlagen  wurde ,  mit 
Gewalt  zn  veranstalten.  Auch  wird  es  sich  zeigen,  dass  die  Kom- 
mission ungeachtet  der  persöhnlichen  Beleidigungen  des  französi- 
schen Comandirenden  en  chef  und  ungeachtet  seiner  Aeusserung, 
dass  es  nur  von  ihm  abgehangen  hätte,  die  Mitglieder  der  Kom- 
mission nach  Paris  abzuschicken,  wehrend  der  noch  nicht  aufge- 
hobenen Suspension  sich  am  23.  April  neuerdings  seiner  Wohnung 
gegenüber  im  Landhause  in  Absicht  auf  die  Beförderung  des 
höchsten  Dienst  und  zum  Wohl  des  Landes  versamelte,  und  es 
wird  sieh  zeigen,  dass  man  den  wohlgemeinten  Rath  des  General 
Feldwachtmeisters  Freiherrn  von  Seckendorf  und  Grafen  von 
Meerfeld  bestens  zu  Nutzen  machte,  und  dass  man  sich  sogar  auf 
den  königl.  neapolitanischen  Bothschäfter  Marquis  de  Gallo  über 
die  hier  befundenen  zweckmässigen  Anstalten  und  das  standhaft 
bezeugte  Betragen  der  hiesigen  Regierungs  Verwaltung  ohne  Scheu 
und  ohne  mindesten  Bedenken  beruffen  darf. 

Nicht  minder  wird  es  sich  bei  einer  unpartheiischen  Unter- 
suchung zeigen,  dass  man  nach  der  Weisung  des  General  Gf.  v. 
Meerfeld  zur  Verpflegung  der  französischen  Truppen,  um  keinen 
Anlass  zu  Excessen  zu  geben  und  um  solche  nur  vielmehr  zu 
verhindern,  alles  mögliche  beigetragen,  Führungs  Kommissärs  ab- 
geordnet und  die  Kreishauptleuthe  von  Mahrbnrg  und  Cilli  ersucht 
habe,  sich  nach  ihren  Bestimmungsort  zu  verfügen,  um  die  ge- 
troffenen Anstalten  zu  unterstützen ,  und  endlich  wird  es  sich 
zeigen  und  bestättigen,  dass  die  Kommission  zur  Beförderung  des 
höchsten  Dienstes  nach  Abzug  der  französischen  Truppen  alle 
Stellen  und  Aemter  ersucht  und  eingeladen  habe,  in  ihre  vorige 
Wirksamkeit  zurückzutretten,  damit  die  Ordnung  unverzüglich  wieder 
hergestellt  und  die  Finanz  und  Kameral  Gefühle  ehemöglichst 
in  ihren  vorigen  Gang  kommen  mögen. 


—     202     — 

Schlüsslich  wird  sich  auch  zeigen,  dass  die  Einwohner  der 
Stadt  Graz  and  des  Landes  mit  den  Anordnungen  dieser  Kom- 
mission vollkommen  zufrieden  waren;  ein  sicherer  Beweis,  dass 
solclie  ganz  zweckmässig  waren,  weil  das  Puhlicum,  welches  nur 
aus  den  Folgen  urtheilt,  immer  der  schärfste  Richter  ist. 

Die  Gewährung  dieser  allerunterthänigst  gehetenen  nnpar- 
theiischen  Untersuchung  hoffen  wir  in  tiefster  Zuversicht  von  Euer 
Majestät  Gerechtigkeitsliehe,  und  zwar  umsomehr,  als  hievon  nicht 
nur  unsere,  sondern  auch  die  Ehre  unserer  Nachkommen  und  selbst 
unseres  Vaterlandes  abhängt,  wobei  es  aber  fQr  uns  Pflicht  ist 
Euer  Majestät  offenherzig  in  kindlichen  Vertrauen  zu  bitten,  dass 
allerhöchstdieselbe  diese  Untersuchung,  um  allen  Anschein  einer 
Partheilichkeit  zu  vermeiden,  einem  eigenen  anher  abzusendeten 
Hof  Eomissär,  welcher  zugleich  das  vollkommene  Zutrauen  des 
Landes  besitzt,  allergnädigst  auftragen  wollen. 

Allergnädigster  Monarch !  gewähren  Sie  doch  unsere  gerechte 
Bitte,  und  Euer  Majestät  werden  zu  ihrer  eigenen  Beruhigung 
tiberzeigt  werden,  dass  höchstdieselben  an  uns  getreue  Unterthanen 
haben,  die  an  der  Treue  und  Anhänglichkeit  zu  ihrem  Fürsten 
den  Unterthanen  anderer  Provinzen  höchstdero  weitschichtigen 
Monarchie  nicht  nachstehen  und  vielleicht  vor  vielen  dieser  Pro- 
vinzen einen  entschiedenen  Vorzug  verdienen,  da  sie  mitten  unter 
dem  feindlichen  Heere,  mitten  unter  den  Drohungen  des  feind- 
lichen Befehlshaber,  mitten  unter  den  Künsten  der  Verführung, 
die  doch  so  häufig  angewendet  worden  sind,  unerschüttert  in  der 
ewigen  Treue  gegen  Euer  Migest&t  und  das  Vaterland  da  standen; 
und  selbst,  wenn  nach  der  in  Wien  in  Druck  erschienenen  aller- 
höchsten Kundmachung  vom  28.  April  durch  widrige  Umstände 
der  endliche  Frieden  ungeachtet  der  geschlossenen  Präliminariens 
Friedens  Artikel  vereitelt  werden  sollte,  so  zählen  Euer  Majestät 
auf  die  biederen  Steyermärker ,  auch  wir  sind  zu  Einem  allge> 
meinen  Aufgebothe  bereit,  u.  z.  um  so  mehr,  als  die  Stände  Steyer- 
marks  schon  in  vorigen  Jahre  sich  zu  allem  freywillig  angebotheo 
haben  und  ihre  Schuld  es  nicht  war,  dass  ihr  allerunterthänigste^ 
Anerbiethen  nicht  berücksichtiget  wurde. 

Graz  den  4.  Mai  1797. 


203     — 


Erlänterangen  zum  yoranstehenden  Tagebuohe 

von  Dr.  F.  Krone s  R.  v.  M. 

Der  officielle  Charakter  dieses  ungemein  detaillirten  Tage- 
baches oder  dieser  Rechtfertigangsschrift  der  prov.  Landescom- 
mission  erklärt  so  manche,  den  Gang  der  Tagesberichte  unter- 
brechende Kundgebung  loyalsten  Sinnes,  so  manche  überschweng- 
liche GefOhlsergiessung,  anderseits  den  Mangel  alles  dessen,  was 
eine  für  die  Oeffentlichkeit  —  wenigstens  unmittelbar  —  nicht 
bestimmte  Privataufzeichnung  unter  den  gleichen  Umst&nden  so 
anziehend  gestaltet ;  wir  vermissen  vornehmlich  den  Ausdruck  der 
eigensten  Gedanken  und  Empfindungen  in  ihrem  durch  die  Ereig- 
nisse bestimmten  Wechsel,  die  Erzählung  der  Begebenheiten  in 
ihrer  frischesten  Unmittelbarkeit,  die  ungekünstelte  Wiedergabe 
der  eigenen  und  der  allgemeinen  Anschauung  von  dem  Stande 
der  Dinge,  ohne  sich  viel  mit  dem  Abwägen  des  Wortes,  mit  der 
berechnenden  Yertheilung  von  Licht  und  Schatten  abzumühen.  Da- 
gegen bietet  uns  dieses  Referat  über  die  Thätigkeit  der  prov.  Landes- 
commission  wieder  das,  was  ein  privates  Tagebuch  nicht  bieten 
könnte,  eine  genaue,  allseitige,  actenmässige  Darstellung  sämmtlicher 
jene  Thätigkeit  beeinflussenden  und  regelnden  Vorgänge,  eine  Dar- 
stellung, welche  überdies  uns  in  die  Lage  setzt,  manches,  was  die 
Tradition  legendenartig  ausschmückte  oder  umwandelte,  auf  den 
Thatbestand  zurückzuführen.  Dies  gilt  vornehmlich  von  der  be- 
kannten Scene  des  12.  April  im  Landtagssaale,  auf  welche  wir 
an  betreffender  Stelle  zurückkommen. 

In  Bezug  des  Abdruckes  dieser  Quelle  muss  ich  Einiges 
bemerken.  Herr  KratochwiU  stellte  uns  sein  Manuscript  und 
die  diesem  selbst  zu  Grunde  liegende  Handschrift  zur  Verfügung. 
Letztere  ist  eine  gleichzeitig  sehr  rein  und  deutlich  geschriebene 
Parle  des  dem  damaligen  Kaiser  Franz  IL  als  Landesfürsten 
unterbreiteten  Schriftstückes,  Papierband,  Folio,  11 3 'A  Blätter 
stark,  von  denen  82  Vs  Blatt  auf  den  Text,  3 1  Blatt  auf  die  Acten- 
Beilagen  entfallen.  Herr  KratochwiU  legte  dem  Ausschusse  ursprüng- 
lich seine  Abschrift  vor,  dann  auf  Ansuchen  des  Ausschusses  jene 
Handschrift  selbst,  die  es  mir  ermöglichte.  Alles  von  Herrn  Kra- 
tochwiU als  nebensächlich  weggelassene  oder  anders  stilisirte  zu 
ergänzen,  auf  den  Wortlaut  jener  Handschrift  zurückzuführen  und 
so  eine  durchaus  genaue  Wiedergabe  derselben  als  historischer 
Quelle  zu  liefern.  Hiebei  wurde  auch  die  Orthographie  möglichst 
treu  gewahrt  und  nur  dort,  wo  die  Verständlichkeit  des  Textes  ge- 
litten haben  würde,  so  bei  der  regelmässig  wiederkehrenden  glei- 


—     804     — 

cheu  Bieguug  des  Dativ  und  Accusativ,  fand  eine  Richtigstellnng  statt. 
Das  „Bounaparte**  der  Handschrift  warde  durch  Baonaparte  ersetzt. 

Der  Verfasser  dieses  officiellen  Berichtes  der  Commission, 
Sigmund  Graf  v.  Auersperg,  war  kein  Mitglied  derselben, 
aber  eine  der  wichtigsten  ihr  zugetheilten  Persönlichkeiten,  leistete 
seinen  Dienst  im  bQrgerl.  Cavalleriecorps  als  Officier  und  wnrde 
als  federgewandter  Literat  und  Eingeweihter  in  alle  Angelegen- 
heiten der  prov.  Landescommission,  deren  französische  Cor- 
respondenz  er  als  „Secret&r**  zu  fahren  hatte,  mit  dieser 
Arbeit  beauftragt. 

Die  nachstehenden  Erläuterungen  sind  1 .  der  Gorrespon- 
dence  de  Napoleon  I.,  IL  Bd.  (Paris  1 859),  2.  der  G r * 2 e r 
Zeitung  von  1797,  3.  dem  Sonnabendsanhang  der  Gräzer 
Zeitung  d.  J.  und  4.  der  fleissig  gearbeiteten  und  meist  richtigen 
„Geschichte  der  merkwürdigsten  Begebenheiten  in  der  landesf. 
Provinzial-Hauptstadt  Grätz  in  Steiermark  mit  besonderer  Bezie- 
hung auf  das  uniformirte  und  militärisch-organisirte  Bürgercorps 

von  seiner  Entstehung  bis  zum  Jahre  1842" ver£asst  von 

Peter  Bald  auf,  frei  resignirten  Pfarrer  der  fürstbisch.  Diöceso 
Seckau,  Grfttz  1843,  8^;  in  einigen  Einzelheiten  auch S  c  b  1  o  s  safs 
^innerö.  Stadtleben  vor  hundert  Jahren,  eine  Schilderung  der  Ver- 
hältnisse in  der  Hauptstadt  Steiennarks  im  18.  Jahrb."  ....  Wien 
1877,  entnommen  und  ersch.  als  1.  Corr.  N.,  2.  Gr.  Z.,  3. 
S.-A.-A.,  4.  Baldauf  und  6.  Schlossar  citirt. 


S.  HO.  Das  Grazer  vereinigte  Bürgercorps  er- 
langte seine  einheitliche  Organisation  im  J.  1790,  insbesondere 
aber  auf  Grundlage  des  mit  Hofkanzlei-Yerordnnn  g  vom 
16.  Sept.  1791  sanctionirten  Statutes,  demzufolge  seither  a)  ein 
Jäger  Corps,  später  Schützen-Bataillon,  b)  eine  Grenadier- 
Abtheilung  von  2  Compagnieen  in  der  Maximalstärke  von 
150 Mann  und  c)  eine  Cavallerie-Abtheilung  von  2  Esca- 
dronen  in  der  Maximalstärke  von  100  Mann  die  drei  Einzelcorps 
bildeten,  die  in  ihrer Gesammtheit  von  einem Hauptansscbasse 
unter  dem  Vorsitze  des  Bürgermeisters  vertreten  und  verwaltet  er- 
scheinen und  dessen  Sitzungen  als  Central-Ansschusssitsongen  jedes- 
mal der  Obercommandant  des  Bürgercorps  (mit  dem  Ifilitftrrange 
eines  Obersten)  und  der  Auditor  beigezogen  werden  mnsste.  (Bald- 
auf S.  10—19.) 

Das  erste  Anerbieten  der  Bürgerschaft  zur  Uebemahmc 
des  Wachdienstes  fand  18.  Jänner  1793  zur  Zeit  der  starken 
Inanspruchnahme  des  Militärs  durch  den  Krieg  statt.  Der  damalige 
Landesgouverneur  Philipp  Graf  von  Welspe  rg-Reitenao 


—    205    — 

öbernahm  laut  Zuschrift  an  den  Bürgermeister  Dr.  Johann 
Michael  Steffn  und  an  die  Stabsofficiere  des  Bürgercorps  (vom 
11.  Febr.  d.  J.)»  die  Vorlage  dieses  Anerbietens  an  den  Kaiser. 
(Baldauf  S.  20—21.) 

Den  1.  April  erliess  der  Magistrat  an  den  Commandanten  ^ 
uod  zweiten  Christen  des  Bürgercorps  Franz  Caspar  Dehler  die 
Weisung,    sich  für  die  Uehernahme  des  allgemeinen  Sicherheits- 
dienstes vorzubereiten  und  zu  ergänzen,  (s.  dieselbe  b.  Baldauf 
S.  23—23.)  Vgl.  die  1.  Beilage.. 

Die  Bürgerwehr  unter  der  Stadtfahne  oder  die  sog. 
Fahnenwache,  ohne  eigentliche  Uniform,  stand  auch  unter  dem 
Bürgercorps  -  Commando  als  Wachtruppe,  aus  Bürgern,  Nichtbür- 
gem,  Studenten  u.  A.  zusammengesetzt.  Ihre  Feldwebels,  Corporäle 
Qud  Gefreite  trugen  Federbüsche,  jeder  Mann  eine  Gocarde  mit 
der  Landesfarbe,  um  nicht  vom  Feinde  als  Insurgent  angesehen 
and  behandelt  zu  werden.   (Baldauf  S.  26.) 

S.  119*  Mitglieder  der  provisorischen  Lande s- 
commission. 

SeckauerFürstbi  seh of  war  damals  Graf  J o s e f  Adam 
von  Arco  (f  3.  Juni  1802). 

Graf  Ferdinand  v.  Attems,  geb.  22.  J&nner  1746  in  Graz, 
1770  K&mmerer,  1772  Reg.-Rath,  1780  Landstands- Verordneter, 
1800  Landeshauptmann  und  geh.  Rath,  Curator  des  Joanneums, 
t  23.  Mai  1820. 

Caspar  Andr.  £.  v.  Jakomini,  geb.  18.  Okt.  1726  in 
S.Daniele  (Görz),  brachte  es  als  Sohn  eines  k.  k.  Einnehmers  durch 
Fleiss  und  Speculationsglfick  zu  einem  bedeutenden  Vermögen, 
siedelte  dann  nach  C  i  1 1  i  über  und  wurde  als  unternehmender 
Geschäftsmann  und  Geschäftsträger  der  Regierung  ein  Grossgrund- 
besitzer und  adeliger  Laudstand,  der  1778  in  Graz  sesshaft 
wurde,  1 783  den  Gedanken  fasste,  eine  neue  Vorstadt  zu  gründen 
und  dafür  auch  das  ganze  Terrain  vor  dem  eisernen  Thore  an 
sich  brachte.  Diese  Vorstadt,  die  auch  noch  seinen  Namen  trägt, 
kam  bald  als  eine  damals  schmuck  zu  nennende  zu  Stande.  Jako- 
mini t  15.  August  1805.  (s.  Schlossar  S.  15 — 16  nach  Ku- 
nitsch,  Biographien  merkwürdiger  Männer  der  österr.  Monarchie, 
IV.  Bdch.,  Graz  1807.) 

S.  121.  Was  das  Flüchten  von  Privaten  betrifft,  so  heisst 
es  in  der  Gr.  Z.  vom  4.  April:  „Hier  in  Graz  ist  es  dermalen 
äusserst  lebhaft.  Auf  der  Hauptcommercialstrasse,  aus  Untersteier- 
mark  und  nach  Obersteiermark  und  auf  der  Hauptstrasse,  die  von 
hier  nach  Ungarn  führt,  ist  es  beynahe  nicht  durchzukommen." 
S.  123.  Das  Sommertheater  inderVorstadt  befand 


—    206     — 

sich  vor  dem  eisernen  Thore,  eine  grosse  BretterhQtte,  in  welcher 
meist  nur  im  Sommer  4 — 10  Uhr  Abends  gespielt  warde.  Ein 
Director  des  landst.  Theaters  hatte  1701  diese  Filiale  für  deo 
grossen  Hänfen  als  Stätte  der  ordinärsten  Hanswarstkomddieo 
gegründet.  (Schlossar  S.  34.) 

S.  124.  Vgl.  fi.  die  Massregeln  t.  5.  April  die  Gr.  Z.  1797. 
Nr.  78. 

S.  125.  Feldwachtmeister  (Gr.  Z.  nennt  ihn  Nr.  81,  8.  April 
Generalmajor)  Freih.  v.  Seckendorf  hatte  3.  April  sein  Haupt- 
quartier in  Marburg  und  rückte  mit  6000  Mann  in  Graz  ein.  (Gr.  Z 
6.  April.)  —  7.  April  (Gr.  Z.)  heisst  es:  „Als  sie  beyde  (Seeken- 
dorf und  Hohenlohe)  Abends  eben  von  hier  gegen  Brack  aaf- 
brachen,  kam  bey  erwähntem  General  ein  Courier  mit  dem  Bekhl 
an ,  Halt  zu  machen  und  die  frohe  Nachricht :  WalFenstillstaod. 
Friede!  wiederhallte  durch  die  ganze  Stadt." 

Die  Waffenstillst  ands-Convention,  auf  welche  sich 
das  Friedensgerücht  bezog,  war  in  der  That  zwischen  den  beidea 
kriegführenden  Mächten  im  Hauptquartier  Bonapartes  zu  Juden- 
burg den  7.  April  (18.  Germinal),  um  Mitternacht,  von  General 
Merveld  und  General-Leuten.  Graf  v.  Bellegarde,  auf  der 
einen ,  Bouaparte  auf  der  anderen  Seite  unterzeichnet  worden. 
(Corr.  N.  S.  606—607,  Nr.  1702.)  Vgl.  Bald  auf  S.  28— 29. 
S.  129.  Ueber  die  Aufstandsgelfiste  des  Landmannes 
in  der  Umgebung  von  Graz  gegen  die  Franzosen  äussert  sich 
Baldauf  S.  33,  „es  sei  unter  dem  Bauernvolke  die  Sage  ver- 
breitet worden,  es  würde  die  grosse  Glocke  auf  dem  Schlossberge 
zu  einer  ungewöhnlichen  Stunde  geläutet  werden;  dies  wäre  da& 
Zeichen,  dass  man  in  der  Stadt  über  die  Franzosen  herfalle,  am 
Alle  umzubringen  und  das  Landvolk  aufgefordert  werde ,  dabei 
mit  Waffen  aller  Art  zur  Mithülfe  zu  eilen.  Der  loebliche  Sudt- 
magistrat,  da  er  Kunde  von  dieser  gefährlichen  Stimmung  erhielt, 

Hess  das  Läuten  der  grossen  Glocke bis  nach  Abzog  aüer 

Franzosen  einstellen,  und  schickte  Männer  aus  dem  Bürgercorps  | 
die    theils    Realitäten   in    den  Umgebungen    der  Stadt    besassen, 
theils  den  Landleuten  persönlich  bekannt  waren,  zu  ihnen  hinaus.  | 

um  sie  von  allen  Gewaltthätigkeiten  abzureden" 

S.  131.  Bezüglich  des  Pikette  an  der  Weinzettelbrücke  vgl 
Baldauf  S.  31—32.  Division  Gabot,  richtiger  G  ha  bot.  Na- 
poleons Befehl  an  diesen  Divisionär  d.  v.  8.  April  1797.  (Corr.N) 
Was  das  Verhalten  der  Franzosen  betrifft,  so  findet  sich  io 
der  Gr.  Z.  vom  6.  April,  Nr.  79  in  Bezug  der  von  Süden  heran- 
ziehenden bemerkt:  „Ueberall,  wo  sie  durchziehen,  wird  strengste 
Manuszucht  gehalten.*' 


—     20T     — 

S.  137.  ADknnft  Bonapartes  10.  April.  Nach  der 
uorr.  N.  befand  sich  Bonaparte  10.  April  in  Brück  (Nr.  1718, 
S.  624)  und  traf  Nachts  desselben  Tages  in  Graz  ein.  Die  Gr.  Z. 
johrieb  z.  10  April,  Nr.  83 :  „Eben  heut  am  Morgen  kommt  auch 
ier  en  chef  conunandirende  General  Bonaparte.  Er  kommt  nnd 
bringt  uns  den  Oehlzweig  des  Friedens;  denn  Grftz  soll  durch 
einen  hier  zu  schliessendcn  Frieden  seinen  Namen  verewigen.^ 
S  138.  Ueber  das  gegenseitige  Verhalten  der  Fran- 
zosen und  Grazer  schrieb  die  Gr.  Z.  vom  12.  April,  Nr.  84 
sehr  viel  Freundliches;  namentlich  Qber  den  freundschaft- 
lichen Empfang  der  Landescommission  durch  Bouaparte  ! 

S.  141.  Die  bezQglichen  Werke  des  verdienstvollen  Histori- 
kers J.  A.  C&sar  waren  offenbar:  Beschreibung  Steiermarks, 
2  Bände,  Gr&z  1773,  und  Beschreibung  der  Stadt  Graz,  3  Theile, 
Salzburg   1781. 

S.  148.  Huldigungs frage  12.  April.  GegenQber  dieser 
aclenmüssigen,  genauen  Schilderang  kann  sich  die  Legende  nicht 
behaupten,  welche  bei  Bald  auf  (S.  32 — 33)  und  in  den  Hand- 
büchern über  Landesgeschichte  ihren  Platz  gefunden :  Bonaparte 
selbst  sei  in  den  Landtagssaal  gekommen,  habe  zweimal  den 
Uuldigungseid  gefordert  und  als  Alle  wieder  einmüthig  gerufen : 
nWir  schwören  den  Franzosen  keinen  Eid!^  —  den  Sftbel 
aus  derScheide  gezogen,  mit  d  es  sen  flacher  Klinge 
auf  den  Tisch  geschlagen,  einen  Schimpfnamen 
gegen  die  ste irische  Nation  ausgesp  rochen  und  den 
Saal  mit  seiner  Generalität  verlassen.  Das  ist  somit  eine 
Entstellung  des  eigentlichen  Sachverhaltes. 

S.  151.  Excesse  der  Franzosen  betont  sehr  stark 
Bald  auf  S.  33,  die  Gr.  Z.  hinwieder  aus  naheliegenden  Gründen 
die  strenge  französische  Kriegsdisciplin.  Zum  15.  April,  Nr.  87 
heisst  es  hier:  „Gestein  sahen  wir  ein  Beispiel  der  strengen 
französischen  Kriegsdisciplin.  Sieben  Mann  von  den  hier  liegenden 
^nippen  erlaubten  sich  Excesse ;  sie  wurden  um  die  Mittagsstunde 
vor  das  Paulusthor  gebracht,  nachdem  ihr  Vergehen  und  ihre  Sen- 
tenz laut  abgelesen  war,  wurden  zwei  darunter  von  16  Mann 
erschossen,  die  flbrigen  5  mussten  mit  umgekehrten  Röcken  und 
njit  einer  Schrift  an  der  Brust,  worauf  Marodeur  zu  lesen  war, 
z^r  Schau  stehen." 

S.  154.  Wiedereröffnung  des  Theaters.  DerS.-A.-A. 
i^T.  87,  15.  April)  zufolge  war  das  Theater  am  6.  April  mit  der 
^^per:  „Das  unterbrochene  Opferfest •*  vorläufig  geschlossen  worden, 
*ia  die  sechsjährige  Pachtzeit  des  Unternehmers  Jos.  Bellomo 
Pben  damals  ablief.  Don  Iß.  (S.-A.-A.  Nr.  92),  am  Ostersonntage, 


1 


—     208     - 

eröffnete  H.Domaratius,  der  neue  Unternehmer  den  ersten  Theater- 
abend unter  „Trompeten-  nnd  Pankenschall^  and  bei  „doppelter 
Wacbsbeleuchtung^,  mit  einer  langen  Ansprache  in  Jamben,  woram 
dann  der  „Haasfrieden ^  von  Iffland  in  Scene  gieng. 

(Wen  es  interessirt,  findet  dieselbe  und  das  ganze  Theater- 
repertoire vom  1.  J&nner  1797  nach  dem  S.-A.-A.  bei 
Schlossar  u.  A.  0.  S.  66—80.) 

Die  anf  Verlangen  der  Franzosen  gegebene  Oper  war  Mo- 
zarts Zaaberflöte.  Charakteristisch  ist  die  Rflge  des  S.-A.-A. 
in  Hinsicht  der  vielen  französischen  Sprachschnitzer  auf  den  An- 
schlagszetteln,  die  in  einer  Stadt,  wo  es  doch  an  Eondigen  der 
französischen  Sprache  nicht  fehle,  wahrlich  vermieden  werden 
könnten.  Am  27.  April  (6.  Mai,  Nr.  104)  warde  auf  Verlangen 
der  Franzosen  Zemire  and  Azor,  Oper  in  4  Aufzügen  von 
Gretry,  gegeben,  welche  auch  sehr  zahlreich  erschienen,  sehr 
wenige  dagegen  vom  Stadtpublikum. 

Die  Vorstellung  des  Lustspiels:  Soliman  H.  und  die  drei 
Sultaninen,  Lustspiel  in  3  Acten  aus  dem  Französischen  vob 
Favart  —  nach  dem  Abzüge  der  Franzosen,  den  29.  April 
gegeben,  nennt  der  S.-A.-A.   „die  erste  ruhige  Vorstellung". 

S.  156.  Friedenspräliminarien.  WaffenstilLstands- 
Verl&ngerung  bis  zum  16.  April  (27.  Germinal)  Mittemacht;  ge^. 
von  Bonaparte  und  Meerveld.  (Co  rr.  N.  S.  631  —  632,  Nr.  1726) 
Bonapartes  B e r i c h t  andasDirectorium.  (Leoben  16.Aprü 
oder  27.  Germinal).  Meerveld  sei  13.  April  9  Uhr  Morgens  ein- 
getroffen und  der  Waffenstillstand  bis  20.  April  (1.  Flor^)  ver- 
längert worden.  Den  15.  April  traf  Marquis  de  Gallo  ein.  Ueber 
den  Abschluss  des  Präliminarfriedens  selbst,  im  £ggenwalder  Garten- 
pavillon,  drückt  sich  in  Hinsicht  der  Formalitäten  Bonaparte  sehr 
geringschätzig  aus ;  das  Ganze  sei  eine  „Farce*',  die  er  acceptirt 
habe,  „poar  m^nager  la  puerile  vanit6  des  ces  gens-ci'^.  Diese 
Berichte  und  die  Art.  prälimin.  vom  29.  Germinal  oder  18.  April 
1747    s.  Corr.  N.  S.  637—641,    648—650    und    651—653. 

Die  Gr.  Z.  feierte  die  Friedensbotschaft  den  20.  April,  Nr.  9«^ 
mit  nachstehendem  Chronostichon : 

GaVDete,  IVbILate  aVstrlaCI!  Longe  eXoptata 

PaX  nobis  reDDIta 
FrohLoCket,  IVblLlrt  OestrelChs  VoeLker! 
Der  Lange  sehnLICh  geWVnsChte  FrleDe  Ist  Vns  zVrVCkgegcben. 

S.  164.  Bonapartes  zweite  Anwesenheit  in  Graz. 
Die  Gr.  Z.  Nr.  93  24.  April  bis  28.  April  97,  ziemlich  wort- 
karg, bezüglich  der  Abreise  Bonapartes,  der  Diplomaten  u.  s.  v 
Als  während  der  ganzen  Invasionszeit  in  Graz  weilende  Genertle 


—     209     — 

stellt  die  Gr.  Z.  nachstehende  zusammen :  Bonaparte ,  Berthier, 
Clarke,  —  Divisionäre :  Dagna,  Dnmas,  Ney,  —  die  Brigadiers : 
Chasselonp,  Doroartin,  Manscourt,  Beanmont,  Meyer,  Charron, 
Marat,  Davoast,  Lasncs  (Lannes),  Fiorello,  Lafont,  Leclerc  (Gen.- 
Üj.  bei  Bonaparte). 

Als  die  zwei  unruhigsten  Tage  bezeichnet  die  Gr.  Z. 
die  beiden  letzten  der  französischen  Occupation  der  Stadt. 

S.  198— 199.  Nr.  15,  Beilage.  Vgl.  das  „Zeugniss"  der 
Bürgerschaft  bei  Baldauf  vom  1.  Mai,  S.  36 — 37. 

S.  199 — 202.  Nr.  16,  Beilage.  Dass  die  Regierung  denn 
doch  die  unlftugbaren  Verdienste  des  Bürgermeisters  Dr. 
Steffn  und  des  Bflrgercorps-Commandanten  Dehler  etc. 
anerkannte,  beweist  die  Verleihung  der  k.  k.  Rathswürde  an  den 
Ersteren  (Statth.-Erl.  vom  26.  Oct.  1797)  im  Geleite  einer  jähr- 
lichen Personalzulage  von  200  fi.  und  der  Inaussichtstellung  der 
nächsten  innerösterr.  Appellations-Rathstelle.  Commandant  Dehler 
erhielt  eine  Medaille.  Die  Gedächtnissfeier  des  Abzuges 
der  französischen  Truppen  aus  Graz  wurde  gem&ss  des  Beschlusses 
vom  28.  Februar  1798  fQrder  alljährlich  auf  den  28.  April  gelegt. 
(S.  Baldauf  S.  38—48.) 


Die  chronolog.  Uebersicht  der  französischen  Invasion  (o. 
S.  106 — 107)  ist  den  Actenstacken  der  Corr.  de  Napoleon  I., 
II.  Bd.,  entnommen. 


- — -€"89— 


MiitksU.  dM  Uft  Veraivs  t  8tei«nii«rk,  ÜVm.  fit«»,  18S0.  14 


c. 


Kleinere  Mittheilungen. 


14* 


Zar  Geschichte  des  Eiseoerzer  AafstaDdes  des  Jahres  i683. 

Ton  loh«  Kralni. 

Es  war  im  Jahre  1688.  Nach  neanzehnj&hrigem  Waffenstillstände 
hatten  die  Osmanen  neaerdings  den  blutigen  Krieg  in  des  Herz  der 
österreichischen  L&nder  getragen.  Mit  200.000  Mann  war  Grossvezier 
Eara  Mustapha  sengend  nnd  brennend  gegen  Wien  vorgerückt,  vor  dessen 
Hauern  er  am  13.  Jnli  anlangte. 

Die  Furcht  vor  den  wilden  Osmanen  war  selbstverständlich  eine 
ungeheure.  Schon  das  blosse  Gerücht,  die  kaiserliche  Reiterei  sei  bei  Pe- 
tronell  von  den  Titrken  überfallen  und  gänzlich  niedergehauen  worden, 
wirkte  auf  die  Gemüther  der  Bedrohten  ungemein  niederschlagend,  und 
bei  der  Kunde,  dass  die  Barbaren  bereits  im  Anmärsche  gegen  Wien 
seien,  entstand  grenzenlose  Verwirrung  in  der  Stadt ;  Wehgeheul  erftUlte 
die  Häuser  nnd  Gassen,  Viele  wussten  vor  Furcht  nicht,  was  beginnen 
UDd  liefen  sinnlos  hin  und  her.  Bald  aber  ertönten  auch  Fluch-  und 
Scfaeltworte  auf  den  Strassen,  man  verwünschte  laut  die  Urheber  dieses 
Unglückes,  zu  welchen  man  blindlings  auch  die  Jesuiten  rechnete.  Es 
worde  das  Gerücht  ausgesprengt,  der  Glaubens-  und  unzeitige  Bekehrungs- 
eifer der  Jesuiten  gegenüber  den  protestantischen  Ungarn  sei  die  Haupt- 
Qisache  an  diesem  Türkenkriege ;  ja  einige  den  Jesuiten  Abgeneigte  be- 
haupteten sogar,  die  Habsucht  dieser  Ordensmitglieder  nach  den  Gütern 
der  Bebellen  hätte  den  Wienern  die  Feinde  auf  den  Hals  gehetzt.  Kein 
Wunder,  wenn  daher  das  mindere  Volk,  welches  diesen  Gerüchten  bereit- 
willig und  ohne  nähere  Prüfung  Gehör  schenkte,  an  den  Mitgliedern  des 
Ordens  seinen  Groll  auszulassen  sich  bestrebte. 

In  Folge  dessen  sahen  sich  die  Jesuiten  genöthigt,  den  Gedanken  an 
eine  Flucht,  gegen  welche  sie  sich  anfangs  sehr  sträubten,  dennoch  zur 
Aasftkhnmg  zu  bringen.  Nur  15  Patres  und  17  Laienbrüder  blieben 
anf  Befehl  des  Provinzials  zurück.  Die  Uebrigen  zogen  ohne  alles  Gepäck 
u.  dgl.  von  Wien  ab,  aber  nicht  ohne  dass  sich  ihrer  Flucht  zahlreiche 


—     214     - 

HindemisBe  entgegenstellten,  denn  auch  unter  die  LandbeTÖlkenmg  var 
das  Gerflcht  von  der  angeblichen  Schuld  der  Jesuiten  an  dem  drohenden 
ünglQcke  gedrungen.  Und  da  die  Landleute  bekanntlich  nicht  nur  gleich 
dem  Stadtvolke  sehr  leichtgläubig  sind,  sondern  auch  zudem  noch  viel 
zäher  an  einmal  gefassten  Meinungen  und  Vorurtheilen  festhalten,  so 
grififen  sie,  sobald  sie  der  Jesuiten  ansichtig  wurden,  in  blinder  Wuth 
zur  nächstbesten  Waffe  und  fielen  Über  die  wehrlos  Einherziehenden  mit 
Schimpfworten,  Drohungen  und  Schlägen  her. 

Trotz  dieser  Gefahren  erreichten  die  Flflchtlinge  dennoch  ihre  Be- 
stimmungsorte. Am  schlimmsten  ergieng  es  den  Novizen  von  St.  Anna, 
circa  60  an  der  Zahl,  die  über  Nussdorf  durch  den  Wald  nach  Kloster- 
neuburg flohen.  Sie  wurden  unterwegs  mit  Steinwttrfen  und  Schlägen  aus- 
einandergesprengt und  Einer  auch  arg  verwundet.  Die  Flucht  musste  non 
auf  Seitenwegen  fortgesetzt  werden  und  auf  diese  Weise  gelang  es  ihnes, 
Ober  St.  Polten  die  Stadt  Leoben  in  Obersteiermark  zu  erreichen,  wo 
sie  zeitüber  bis  zum  Entsätze  und  Beft'eiung  Wiens  verblieben. 

Den  in  Wien  zurQckgebliebenen  Jesuiten  war  es  gleichfaUs  nicht 
gerade  am  Besten  ergangen.  Doch  erfüllten  diese  ungeachtet  der  ihnen 
vom  Pöbel  angethanen  Unbilden  zur  Zeit  der  Belagerung  als  Männer  ihre 
Pflichten,  sowohl  bei  den  Arbeiten  an  den  Befestigungswerken  und  bei 
der  Yertheidigung ,  als  auch  an  den  Betten  der  Kranken  nnd  Yerwon- 
deten  *). 

Den  nach  Leoben  geflüchteten  Jesuiten  war  ebenfalls  das  Gerficht 
von  den  Wiener  Vorgängen  vorausgeeilt.  Eine  grosse  Zahl  der  aus  Furcht 
vor  den  Gefahren  einer  harten  Belagerung  aus  Wien  Geflohenen  suchte 
ihr  Heil  und  den  Schutz  vor  den  wilden  Moslems  in  den  Bergen  der  Ober- 
steiermark. Gar  manche  dieser  Flüchtlinge  streuten  nun  die  erwähnten 
Anschuldigungen  absichtlich  aus  nnd  suchten  die  Bewohner  gegen  die 
Jesuiten  einzunehmen,  was  ihnen  hie  und  da  nur  zu  gut  gelang.  So  scheint 
auch  Eisenerz  unzweifelhaft  vielen  Wiener  Gästen  als  Zufluchtsort  gedient 
zu  haben,  die  durch  ihre  Umtriebe  Veranlassung  gaben  zu  einer  Revolte 
der  am  Erzberge  bediensteten  Knappen  und  anderer  Arbeiter,  die  eben 
gegen  die  Jesuiten  gerichtet  war. 

Es  befindet  sich  über  diesen  in  der  steiermärkischen  Geschichte 
bisher  gar  nicht  berührten  Knappenaufstand  zu  Eisenerz  im  Archiv  der 
k.  k.  priv.  Actiengesellschaft  der  Innerberger  Hauptgewerkschaft  die  hand- 
schriftliche Aufzeichnung  eines  Zeitgenossen,  welche  von  hohem  Interesse, 
insbesondere  für  die  Culturgeschichte  des  Landes  ist  und  es  daher  ver- 
dient, an  dieser  Stelle  zuerst  wortgetreu  wiedergegeben  zu  werden.  Das 
betreffende  Document  lautet: 


*)  Näheres   darfiber   siehe:    aOeschichte   des   k.  k.  I.    Siaafcsgf mnasioins   is 
Oras",  TOD  Dr.  Richard  Peinlich,  k.  k.  Regierongsrath  etc. 


—     215     — 

„Yerlaof  der  Anffinehr  vnd  Ranb,  so  am  14.  vnd  16.  Aug.  1683 
durch  die  Vorder-  ynd  Innerbergeriscbe  Pergarbeither  vnd  Pl&bauss-Leith, 
wie  auch  Palfauerische  Holz-Knecht  so  woll  in  der  Jesuiter  Mill  als  auch 
in  dem  MayrluuiBB  in  Gsoll  gewalttbetig  verlebt  worden. ** 

„£s8   ist  ein  zeithero  ain  allgemaine  Sag  herumbgangen ,   ob  solte 
von  dem  Leobnerischen  CoUegio  der  Soc :  Jesv  ain  grosamechtige  Summa 
Gelts,  nemblichen  bey  dritthalb  Startin  voll  hierhero  Ober  den  Prepichl 
auf  obberierte  ihre  Gietter  vnlengst  geflecht  sein  worden,  welches  ihr 
Mayr  in  Gsoll,  Namens  Simon  Krempel  (so  ain  hailloser  Bössewicht  vnd 
gar  bey  Zeiten  entflochen  ist)  das  deme  also  seye,  bejaet,  vnd  dem  ge- 
mainen Pdpl  solches  desto  mehr  zu  glauben  Anlass  geben  hat.  Daraus» 
dann  ervolgt  ist,  dass  am  14.  dits  sich  nit  allein  alle  Vorder-  vnd  Inner- 
bergerische  Aerztkhnappen ,   sondern  auch  vnterschiedliches  Volckh  aus 
dem  Camerthal,  mit  allerhandt  Wöhr  vnd  Waffen,  bey  angehen ter  Nacht 
von  dem  Prepichl,  vber  siebenhundert  starckh,  herab  vnd  strags  die  Müll 
vnd  Mayrhoff  zageloffen,  vnd  weillen  sie  in  denen  aufgeschlagenen  Gässten 
vnd  Tnichen  kain  Gelt  gefundten,  haben  sie  alle  Vahmusss,  was  sie  von 
Pdtt-  vnd  Leingewandt,  ?rie  auch  Zfln  vnd  Kupfergschirr  sambt  andern 
Mobilien  an  beeden  Orthen  gefundten,  weggenomben  vnd  partiert.  — 
Darauf  fiengen  sie  an  in  denen  Kellern,  Cämem  vnd  Ställen  die  Pödten 
aofzuhöben  vnd  zu  graben,  fundten  aber  khain  Gelt:  Am  Montag  Vor- 
vnd  Nachmittag  gienge  der  Handl  noch  weit  übler  an,  dan  es  seint  er- 
melten  Baubern  mehr   dan  dritthalbhundert  (von  ihnen  vmb  Beystandt 
citierte)  Holz-Khnecht  auss  dem  Admonterischen  Gebiett  über  Per«  vnd 
Tall  (weillen  man  selbe  durch  den  engen  Passs  über  die  Wanda-Pruggen 
nit  gelasssen)  am  Sonntag  zwischen  11  vnd  12  Uhr  in  der  Nacht  alhier 
dorcberischcnt  (?)  zu  Hilf  komben,  zu  welchen  sich  mit  anbrechenten  Tage 
vnsere  Khnappschafft  (ohne  den  Vorderbergeri sehen)  vnd  vasst  alle  Plä- 
hauss  Leith  vnd   vill  anderes  schlechtes  Gesindl,   Mannss-  vnd  Weibs- 
Persohn,  geschlagen,  die  in  der  Sambstag  -  Nacht  fiberlasssene  wenige 
Vahrnuss,  ja  auch   das  Geringste,    so  nur  eines  Kreizers  werth  war, 
geraubt,  die  Oefen  eingeschlagen,  die  Glasfenster  aussgehöbt,  alle  Ziemäss, 
▼as  von  Schmalz,  Butter,  Schotten,   Khäss,    siess  vnd  sauerer  Milch 
vorhanden  war,  vleissig  zu  sich  genomben  vnd  noch  ärger  alss  vorhero 
iiach  gegraben,  auch  das  Hey  im  Stadl  klein  durchauecht,  ja  sogar  die 
Balv:  ven:  Mistheuffen  bis  auf  dem  Grundt  überstritt,  es  hat  sich  aber 
yber  alles  disses  Nachsuechen   noch  khein  Gelt  finden  lassen.   Dahero 
sie  noch  mehr  ergrimbt  worden,  schickhten  von  ihnen  schockhweiss  Par- 
tbeyen  auf  die  hoch  vnd  niedem  Aelbmen,  Hessen  alle  Ochsen,    Khie, 
Kölber  vnd  Schwein  in  ein  Wissen  zasamben  treiben,  schussen  5  tapfere 
Schwein  nider,  stachen  2  Kölber  ab  vnd  schlueg  ainen  Ochsen,  welches 
sie  alles  straggs  verkhocht  vnd  verzölirten.  Darauf  wolten  sie  dass  f ihrige 
Vieh  (so  vber  2000  fl.  werth  ist)  vntereinander  verthaillen,  khunten  sich 


—     216     — 

aber  des  Handle  nit  voll  vergleichen,  schickten  deroweeg  (o  kheeke  Yer- 
messenheit)  zu  denen  Herrn  Ob-  vnd  Yorgehern  in  den  Markht  herein 
mit  Begehm,  man  solle  ihnen  OfPicier  hinauss  schickhen,  welche  ihnen 
das6  Vieh  vnpartheylsch  abthaillen  möchten.  Herr  Obervorgeher  schlaeg» 
ihnen  dises  Begehm  mit  Manier  vnd  Glimpfr  ab  (zumahlen  nit  raths&mb 
ist,  dem  rasenten  Pöfl,  in  ipsa  furia,  einen  Ernst  ohne  vberflisssiger 
Gegenmacht  zu  erzaigen)  vnd  begerte  hingegen  (weill  sie  sich  durch  Renn 
Maximilian  Bischoff  alss  Waltmaister,  so  vber  die  Holzkhnecht  zu  gn- 
bemieren  hat,  wie  auch  Herrn  Abrahamben  Abi,  Rechenschreiber  in  der 
Hiefelau  von  disem  ihren  vnsinigen  Vorhaben  abzustehen,  nit  bereden 
Hessen)  sie  sollten  wenigist  ein  Ausschuss  von  ihnen  herein  Bchickfaen. 
mit  welchen  er  reden  vnd  versuechen  wolte,  ob  nit  ein  anderes  medium 
zu  ergreiffien  wäre,  auf  dass  dise  Vichverthaillnng  (derfte  nit  sagen  Ranb- 
partirung)  vermitten  bleiben  mOchte.  Ess  stunde  gar  nit  lang  an,  da 
khomben  etlich  vnd  dreissig  Abgesandte  auf  freyen  Platz  im  Marckht^ 
den  Vorhalt  ad  referendum  zuuemehmen,  der  Ausschuss  bestiindte  in 
dreyerley  Partheyen,  als  Pergarbeither,  Plähaussleithen  vnd  Holzkhnechteo, 
welche  ainhöllig  meldeten,  dass  Vieh  sambt  dem  Gsoll  vnd  aller  ZaegehGr 
gehöre  nunmehr  ihnen  vnd  ihren  adhaerenten  zue,  betten  Fueg  vnd  Macht, 
solches  der  Gewerkschafft  oder  denen  von  Eisenärzt  käufflich  zu  über- 
lasssen,  wollen  derowegen  bedeute  Güetter  hiermit  gegen  m/40  fl.  fafll 
gesprochen  haben,  vnd  wann  sie  erfuehren,  dass  sich  die  Jesniter  weiter 
hierumben  annemben  wurden,  so  wolten  sie  mit  sechssfach  st&rckberer 
Macht  vnd  Anzahl  erscheinen  vnd  Alles,  wass  die  Jesuiter  zwischen  hier 
vnd  Leoben  possidieren,  sich  bemechtigen,  wie  auch  dass  Collegium  selbst 
vbergeweltigen,  versicherent,  dass  sich  in  wenig  Tagen,  wann  sie  es  nur 
verlangen,  vber  4000  Mann  zu  ihnen  schlagen  vnd  ainhölUg  mithalten 
wurden.  Dann  die  Societet  wäre  vnwidersprechlich  die  maiste  Yrsach  mit 
ihrer  zu  Nutzen,  denen  Kay:  Erb  -  Königreich  vnd  Lendem  aber  zum 
Verderben  eingerathenen  Religions- Reformation,  an  der  entstandenen 
vngarischen  Aufruehr  vnd  Rebellion,  Verderbung  Landt  vnd  Leith,  vnd 
mithin  durch  den  jezigerweckhten  bluetig  vnd  feurigen  TQrckhen-Khrieg, 
ein  Gefahr  der  ganzen  Christenheit.  Welches  alles  von  disen  dem  Ansehen 
nach  sonsten  dalckheten,  einfältigen  Leithen  gewiss  mit  Verwunderung 
anzuhören  war ,  vnd  befundten  worden ,  dass  sich  mit  ihnen  gar  nit 
vill  disputieren  lasse,  dann  die  Vernunft  hat  dem  Toben  den  Platz 
raumben  vnd  dass  Haubtquatier  beziechen  lassen  miessen. 

GleichwoU  bemiehete  sich  gedachter  Herr  Obervorgeher  (in  Anhörung 
einer  grosssen  Anzahl,  so  von  der  burglich.  Gmain  vnd  Gewerckhschaffts 
bedienten  zusamben  geloffen)  auf  alle  Weiss  dahin,  wie  er  disen  anf- 
rüehrischen  Tumult  stillen  vnd  denen  wiethenten  Leithen  ihr  rasente 
Weiss  besanfftigen  oder  mildern  möchte.  Fienge  deroweeg  an,  mit  ihnen 
allgemach  zu  tractieren,  und  khamc  die  Sach  nach  villen  Wortwechssln 


—    217     — 

endlichen  zam  Bflchluss  dahin,  dass  die  Yichpartierung  für  disBmahl 
niterlasssen  vnd  ainem  Jeden,  so  sich  zu  diser  Gonspiration  de  facto 
bekhennt  Tnd  zusamben  geschworen  haben,  (ausgeschlossen  deijenigen, 
«reiche  nur  das  Wunder  zu  sechen  Tnd  vmb  kheines  Raub  willen  zue- 
ereloifen  sind)  alsobalüen  ein  Reichstaller  auf  die  Handt  aussgethailt 
«rerden  solle.  So  auch  beschechen  vnd  seint  denen  auss  dem  OsoU  ab- 
e:ezogenen  Beballanten  Tor  dess  Herrn  Oberyorgehers  Hanss  durch  den 
Gwerkhschaffts  Gassier  gegen  fünffthalbhnndert  Reichstaller  behendiget 
worden  auf  guet  Raittung  vnd  in  Abschlag  dess  Jesuiterischen  KoUfrey- 
^Ites  zu  redimierung  dess  Viehes  ynd  Yerhiettung,  dass  die  Gietter  nit 
in  Brandt  gestdckht  werden. 

Yor  vnd  in  wehren ter  Anssthaillung  dess  Gelts  protestierten  sie  vill- 
mahls,  man  solle  nur  das  Yich  vnd  Guet  nit  denen  Jesuitem  lassen, 
dann  auf  Yernehmung  dess  widerigen  wurde  Übl  ärger  werden  vnd  sie 
mit  vill  stärkherer  Macht  zusamben  khomben.  Auf  Befragen,  wie  sie 
einen  Abkaufer  mit  einem  ordentlichen  Kaufbrief  versechen  vnd  mit  ge- 
miepamber  Schermbtragnng  versichern  khunten,  gaben  sie  alsobaldten 
Tnd  ohne  weiteren  Bedacht  zur  Antwortt,  wass  ein  Feindt  mit  Fueg  vnd 
Macht  einnimbt  vnd  selbsten  nit  besitzen  will,  dass  kan  er  ainem  Andern 
rechtmesssig  vberlassen,  es  solle  ein  löbl.  Gewerckhschaft  oder  wehr 
dise  Güetter  in  Kauff  nemben  will,  ihnen  nur  die  geringste  Turbierung 
des  Posess  zu  wissen  machen,  so  dann  wolten  sie  zu  Schierm-  vnd  Schutz- 
tragung  zeitlich  vnd  starckh  genueg  vorhanden  sein.  Es  wäre  nur  gar  zu 
^ill  wissent,  dass  die  Jesuiter  dise  Güetter  auch  nit  mit  giietten  Titl 
besitzen  vnd  an  sich  gebracht  haben. 

Auf  khonnfftig  Sambstag  haben  sie  sich  widerumben  zusamben  zn- 
rotten  vnd  alhero  zu  komhen  veranlasset,  auch  diejenige  500  fl.  so  dass 
Collegium  zu  Leoben  auss  allhiesigen  Kays.  Mauttambt  alle  Quartall  zu 
erhöben  hat,  selbsten  abzuhollen  vorgenomben.  Ob  es  beschechen  wierdet 
oder  nit,  stechet  zu  erwartten,-* 

Damit  endigt  die  Aufschreibung  über  diese  Revolte.  Weitere 
Mittheilungen  fanden  sich  bisher  in  den  Archiven  zu  Eisenerz  nicht  vor. 
Dagegen  berichtet  eine  sehr  interessante  Aufschreibung  im  Besitze  des 
Herrn  Grafen  von  Meran,  das  „Tagebuch  der  El.  Stampferin",  dessen 
Wiederauffindung  Herr  k.  k.  Regierungsrath  Dr.  Richard  Peinlich  ver- 
anlasst hatte,  von  dem  Yerlaufe  dieses  Aufstandes  der  Eisenerzer  Berg- 
knappen. Nach  der  Mittheilung  des  Herrn  Regierungsrathes  geht  aus 
diesem  Tagebuche  hervor,  dass  die  PlQnderung  des  Jesuitengates  im  GsoU 
der  Hauptact  dieses  Tumultes  gewesen  und  dass  darnach  die  Parole  aus- 
gegeben wurde,  man  müsse  nach  Leoben  ziehen  und  ttber  das  dortige 
Jesuitencollegium  herfallen ;  Einige  wollten  den  Zug  sogar  bis  nach  Göss, 
^'0  sich  ein  grosses  Frauenstift  befand,  ausgedehnt  wissen.  Es  gieng  auch 
das  Gerächt,  dass  die  Bauern  mithalten  wollten.  In  Yordernberg  war  die 


—     21»     - 

Furcht  vor  diesen  schlimmen  Leuten  mit  dem  Aerger  Terbnnden,  dass 
man  sich  nicht  mehr  vor  den  eigenen  Leuten  sicher  f&hlen  konnte,  und 
da  wegen  des  Torkenkrieges  keine  Soldaten  zor  Hand  waren,  so  musste 
man  den  Tumultuanten  gute  Worte  geben,  um  sie  zu  besänftigen  und  sie 
zu  bewegen,  von  ihrem  Vorhaben  abzustehen.  Es  gelang  dies  auch ;  der 
beabsichtigte  Raubzug  wurde  nicht  vollends  bis  nach  Leoben  ansge- 
dehnt,  sondern  es  giengen  die  Leute  schon  früher  Ober  gfltliches  Zoredeo 
auseinander. 


er 


Literarische  Anzeigen. 

Von  Prof.  Dr.  F.  R.  v.  Krones,  dz.  V.-Voret. 


1.  Steinwenter ,  Dr.  Arth:  Beiträge  zur  Geschichte  der 
Leopoldin  er.  Arch.  f.  österr.  Gesch.,  58.  Bd.,  S.  391— 508  und  im 
Sep.-Abdr.,  120  Seiten,  Wien  1879,  8**. 

Dr.  K  ü  m  m  e  l's  Abhandlung  „  Zur  Gesch.  Herzogs  Ernst  des  Eisernen* 
im  25.  Heft  der  Mitth.  des  hist.  Ver.  f.  Stm.  (1877)  war  ein  willkom- 
mener Beitrag  zu  der  Geschichte  eines  Habsburgers,  dessen  Bedeutung 
für  das  Geschichtsleben  Innerösterreichs  und  insbesondere  der  Steiermark 
ebenso  anerkannt  ist,  als  das  Bedllrfhiss  nach  einer  dem  Standpunkte 
historischer  Wissenschaft  gerechten  Monographie  über  denselben.  Ge- 
wissermassen die  Arbeit  Kümmels  ergänzend,  an  sich  jedoch  als  Beitrag 
zur  Geschiebe  der  Leopoldiner  —  wenngleich  mit  besonderer  Rücksicht 
auf  Ernst  den  Eisernen  —  stofflich  umfassender,  auf  l.reiterer  Grundlage 
aufgebaut,  erscheint  die  akademische  Pablikation,  deren  Titel  den  Reigen 
dieser  kurzen  literarischen  Anzeigen  eröffnet.  Steinwenter's  ebenso 
(TTündliche  als  gnt  lesbare  Abhandlung  bietet  nicht  bloss  eine  erschö- 
pfende Yerwerthung  des  gcsammten  im  Druck  vorhandenen  Quellen-  und 
Literaturstoffes,  sondern  auch  einiger  Arcbivalien  des  steierm.  Landes- 
archivs.  Die  Untersuchungen  des  Thatbestandes  im  Texte  und  in  den 
aasfhhrlichen  Excursen  zeugen  von  grosser  Gewissenhaftigkeit.  Die  chrono- 
logische Streitfrage,  betreffend  Herzog  Emst's  Pilgerfahrt  in's  gelobte 
Land,  wird  zu  Gunsten  des  Jahres  1414  (zweite  Jahreshälfte)  gelöst. 

2.  Zeissberg^  Dr.  H.  R.  y. :  a)Der  österreichische  Erbfolge- 
streit nach  dem  Tode  des  Königs  Ladislaus  Posthumus 
(1457)  im  Lichte  der  habsburgischen  Hausverträge,  b) 
Fragmente  eines  Nekrologes  des  Klosters  Reun  inSteier- 
mark. Arch.  f.  österr.  Gesch.,  58.  Bd«,  1.  H.,  a)  S.  1—171  und  b) 
217-229,  und  im  Sep.-Abdr.  (Wien  1879.) 

a)  Einer  der  massgebendsten  Kenner  der  Geschichte  Oesterreichs  und 
anerkannten  Forscher  auf  ihren  verschiedenen  Gebieten  hat  eine  der 


—     220      - 

unerquicklichsten  aber  wichtigsten  Episoden  derselben  zum  Oegenstande 
der  eingehendsten  Untersuchung  gemacht.  Die  Abhandlung,  welche  auch 
das  steiermftrkische  Geschichtsinteresse  unmittelbar  bertkhrt,  hebt  mit  der 
Untersuchung  der  habsburgischen  Hausverträge  seit  1282  an,  Torzugsweise 
aber  hat  sie  mit  dem  Wesen  und  den  Folgen  des  TheilungSTertrages  tod 
1879  zu  schaffen.  Die  Abmachungen  der  Leopoldiner  insbesondere  sät 
1406  werden  gründlich  untersucht,  vor  allem  aber  die  TerhängnissTolleo 
Uebereinkünfte  der  beiden  BrQder  Friedrich  (V.)  und  Albrecht  VL  seit 
1440.  Den  Haupttheil  der  Arbeit  bildet  die  ungemein  detaillirte  Schilderung 
des  Erbfolgestreites  der  beiden  genannten  Habsburger  (1458),  mit  Zu- 
grundelegung des  Wiener  Gopeybuches  und  aller  einschlftgigen  Quellen 
bis  zur  Taidung  des  2.  Oct.  1458. 

b)  Die  ^Fragmente  eines  Nekrologes  des  Klosters  Renn  in  Stmk." 
wurden  aus  der  Pergamenthdschr.  der  Wiener  Hofbibliothek  987  (TbeoL 
290),  durch  Yergleichung  mit  dem  Auszüge  eines  Renner  Nekrolf^pes  bei 
Fröhlich,  Diplom,  sacra  Duc.  StyrisB  H,  333,  und  zufolge  der  Nachrichten 
Ober  das  dortige  Archiv  von  Weiss  (Beitr.  z.  K.  stm.  G.-Qn.,  2.  J., 
S.  10  ff.),  mit  Bruchstücken  eines  im  Kloster  Reun  selbst  befindlichen 
Todtenbucbes,  in  ihrer  Zugehörigkeit  erwiesen  und  in  Hinsicht  des  ältesten 
Theües  der  Einzeichnungen  in  den  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  gesetzt. 

8.  0«  Kämmel:  Die  Anfänge  deutschen  Lebens  in  Oester- 
reich  bis  zum  Ausgange  der  Karolingerzeit.  Leipzig,  Verlag 
von  Duncker  und  Humblot,  1879  j  VTH  und  327  Seiten,  8». 

Kämmel,  dessen  gehaltvolle  Programmarbeit  von  1877 :  „Die  Anfänge 
deutschen  Lebens  in  Nieder- Oesterreich  während  des  9.  Jahrb.*  (Leipzig, 
Teubner),  als  Vorläufer  des  grösseren  Werkes,  die  freundlichste  Aulnabme 
bei  den  Fachmännern  fand,  liefert  hier  die  erste  Abtheilung  eines  gros- 
seren Unternehmens,  dem  er  den  Titel:  «Die  Entstehung  des  österr. 
Deutschthums"  gibt.  Der  reiche  Inhalt  des  auch  für  die  älteste  Geschichte 
der  Steiermark  bedeutenden  Werkes  gliedert  sich  in  drei  Haupttheile:  a)  D  i  e 
keltisch-römische  Grundlage,  b)  Der  Untergang  der  Römer- 
herrschaft und  die  Einwanderung  der  Slaven  und  c)  Die 
deutsche  Colonisation  während  des  neunten  Jahrhunderts. 

Der  erste  Haupttheil  zerfällt  in  4  Abschnitte:  L  Die  römische  Er- 
oberung, U.  die  Zustände  Noricums  und  Pannoniens  zur  Zeit  der  Unter- 
werfung, III.  römische  Verwaltung  und  Cultur  bis  auf  Diocletianus  und 
IV.  das  Christenthum  und  die  Vorboten  der  Völkerwanderung.  —  Der 
zweite  Haupttheil  umfasst:  I.  Das  Erlöschen  des  römischen  Lebeos, 
n.  die  Ansiedlungen  der  Slaven  (spec.  S.  148—169  auch  im  Gebiet«  der 
Drau,  Mur  und  oberen  Enns)  und  III.  der  Zustand  des  Landes  unter 
den  Slaven  und  Avaren,  während  der  letzte:  I.  Unterwerfung  und  Be- 
kehrung, n.  staatliche  und  kirchliche  Organisation,  UI.  die  Ansiedlungen 


—     221     — 

der  Deutschen  (8.  260—264  spec.  in  der  Steiennark)  und  IV.  die  Cultur- 
verhältnisse  im  Zeiträume  des  neunten  Jahrhunderts  in  sich  schliesst. 
Die  Beilagen  des  umsichtig  und  fesselnd  geschriebenen,  auf  breiter 
Literaturgrundlage  abgefassten  Werkes  behandeln  die  Stftmme  Pannoniens, 
Fa?iana  =  Mautern  und  Aelium  Cetium  =  S.  Polten  und  liefern  ein  Yer-  ; 

zeichniss  der  am  häufigsten  citirten  Urkunden. 

4.  Kummer^  Dr.  Carl  Fr. :  DasMinisterialengeschlechtvon 
Wildonie.  Arch.  f.  österr.  Gesch.,  59.  Bd.,  l.  Hälfte,  S.  177—322 
(und  Sep.-Abdr.),  Wien  1879. 

Die  poetischen  Erzählungen  des  Herrand  von  Wildonie 
und  die  kleineu  innerüsterr.  Minnesänger.  Wien  1880, 
Holder,  8». 

Die  erstangeführte  Abhandlung  ist  eine  im  familien-  und  güterge- 
Bchichtlichen  Theile  sehr  detaillirte  und  den  Gegenstand  in  Hinsicht  der 
politischen  Bedeutung  des  Geschlechtes  erschöpfende  Monographie.  In 
Bezug  der  genealogischen  Vorgeschichte  der  Wildonier  verhält  sich  Kum- 
mer mehr  negativ,  indem  er  die  Identität  der  Wildonier  mit  den  früher 
erlöschenden  Herren  von  Hengest  und  ihre  Verwandtschaft  mit  den  Herren 
von  Ruckersburg  in  Abrede  stellt.  Eine  Masse  urkundlichen  Materials 
finden  wir  verwerthet  und  überdies  im  Anhange  26  Urkunden  abgedruckt. 
Kummer's  Arbeit  iet  nach  ihrer  materiellen  Seite  hin  eine  willkommene 
Bereicherung  unserer  mittelalterlichen  Landes-  und  GeKchlechtergeschichte. 

Die  zweitangefülirte  Publikation  ist  vorzugsweise  literargeschicht- 
lichen  Charakters,  aber  auch  als  kulturhistorisches  Essay  von  Bedeu- 
tung und  insbesondere  ftlr  die  Eenntniss  des  geistigen  Lebens  der  Steier- 
mark im  13.,  14.  Jahrh.  von  Belang.  Wir  lernen  den  ganzen  Kreis  der 
»kleineren**  Sänger  von  Lenz  und  Liebe  kennen,  voran  den  Wildonier 
und  den  Stadecker. 

5.  A.  Wolf:  Geschichtliche  Bilder  aus  Oesterreich.  II. Bd., 
Wien  1880,  V  und  409  Seiten. 

Gerade  dieser  Band  des  an  kulturgeschichtlichen  Details  reichen 
und  anziehend  geschriebenen  Werkes  enthält  Vieles  was  der  Steiermark 
zugehört.  Berührt  schon  vielfach  die  „Einleitung"  dieses  Land,  so  ist 
gleich  die  erste  Biographie:  Maria  Elisabeth  Stampfer  (1687—1696) 
die  Lebensgeschichte  der  Vordernberger  Radmeistersgattin,  geb.  De- 
lator, ein  Styriacum,  welches  mit  der  Charakteristik  des  innerösterr. 
steierm.  Bergbaues  ein  sehr  anheimelndes  bürgerliches  Lebensbild  ein- 
leitet. Anch  die  Lebensgeschichte  des  Grafen  Sigmund  Joachim  von 
Trautmannsdorf  (1686—1706)  streift  das  steiermärkische  Interesse 
und  Gleiches  ist  bei  dem  IV.  Personen-  und  Zettenbilde:  Graf  Sigmund 
FriedrichKhevenhüller  (1666-1742)  der  Fall,  z.  B.  was  die  Erbhuldi- 


—     222     — 

gongsfeier  betrifft.  Am  meisten  bietet  nächst  dem  Anfangsst&cke  da^ 
Schlu888tflck  YIU.  Städte  and  Bfirger  1650—1792  nnd  zwar  dorr} 
den  Abschnitt  (889—409):  Franz  Schönbeck,  Wachszieher  in  Grv 
(1756—1883),  seine  Lehr-  und  Wanderjabre,  die  Stadt  Graz  im  aeht- 
zehnten  Jahrhundert,  Bericht  Schdnbeck's  Über  dieFranzosenin  Oest&* 
reich  (insbesondere  in  Graz)  1797,  1809,  Leiden  und  Opfer  des  BOmr 
thums  (1792-1817),  Schönbeck's  Ende  (der,  unverschuldet  in  DOrftigkeit 
verfallen,  als  einsamer  PfrQndner  im  Münzgraben  starb)  und  die  Charik- 
teristik  des  Stilllebens  in  Graz  vor  1848. 

6.  Hans  Y.  Zwiedineck-Sfidenhorst:  Hans  Ulrich  FfirstvoD 

Eggenberg,  Freund  und  erster  Minister  Kaiser  Ferdi- 
nand II.  Mit  zwei  Medaillon-Porträts.  Wien  1880,  Wilh.  BraumOller, 
VI  und  236  Seiten,  8». 

Es  ist  ein  Wechsel  volles,  an  inneren  Erschütterungen  und  äasserem 
Waffenlärm  reiches  Stück  der  Geschichte  Oesterreichs,  innerhalb  dessen 
die  staatsmännische  Thätigkeit  des  bedeutendsten  der  Eggenberger  ihre 
Kreise  zieht.  Stiller  ist  ihre  einleitende  Phase,  die  auf  dem  Boden  Inner- 
österreichs verläuft,  aber  auch  sie  ist  bedeutungsvoll,  und  gehört  die 
Gestalt  Hans  Ulrichs,  des  ersten  Fürsten  von  Eggenberg,  dem  dynastischen 
Oesterreich  im  Grossen  und  Ganzen  an,  so  darf  die  Steiermark  im  Be- 
sonderen ihn  zu  den  Ihrigen  zählen.  In  ihr  wurzelte  zunächst  das  Glück 
seines  Hauses,  das  Stammkapital  seiner  Erwerbungen,  und  bis  an  sein  Lebens- 
ende gewahren  wir  die  vielgliedrige  Kette  persönlicher  und  amtlicher 
Beziehungen,  welche  ihn  und  sein  Heimatland  aufs  Engste  verbanden. 
Zwiedineck-Südenhorst's  Buch  ist  die  erste  quellenmässige  Monographie 
über  die  Eggenberger,  deren  man  bislang  entbehrte,  hier  detailreicher, 
dort  skizzenhafter,  wie  das  ihm  eben  vorliegende  Material  gestattete,  und 
ihre  Form,  der  Styl  fesselt  das  Interesse. 

Die  Einleitung  gibt  Rechenschaft  über  die  persönliche  Meinung  des> 
Autors  von  seinem  Helden,  seiner  historischen  Rolle  und  der  G«Desi^, 
der  Natur  des  Buches.  Der  erste  Abschnitt  (1568 — 1608)  fUirt  uns  in 
das  Jugendleben  des  Eggenbergers  und  zugleich  in  dessen  besten  Manoe>> 
jähre  ein,  welche  er  als  geheimer  Rath  und  Hofkammerpr&sident  Erz- 
herzog Ferdinands  von  Innerösterreich  am  Grazer  Hofe  und  als  Diplomat 
auswärts  bis  zum  Tode  der  Regentin-Mutter  Erzherzogin  Maria  von  Baiem 
verlebte.  —  Der  zweite  Abschnitt  bebandelt  die  Jahre  1608  —  1618,  die 
Rolle  Eggenbergs  in  der  grossen  Krise ,  die  sich  an  den  habsborgiscb- 
österreichischen  Bruderzwist  und  Mathias'  Alleinregierung  (s.  1611)  knüpft ; 
es  zeigt  ihn  auch  als  gewinnstreichen  Geld-  und  Güterspeculanten.  Im 
dritten  Abschnitte  1618—1623  haben  wir  es  mit  dem  Uebergange  Ge- 
sammtösterreichs  an  den  steiermärkischen  Ferdinand  und  der  Entschei- 
dung der  grossen  Krise  durch  die  Schlacht  am  weissen  Beuge  an  tbon. 


—     223     — 

Eggenberg's  Gestirn  steht  im  Zenith ;  er,  der  Prinzipalminister  Ferdinands, 
Director  des  geheimen  Rathes,  erlangt  die  FOlle  böhmischer  Herrschaften, 
die  einst  den  Rosenbergem  gehörten  und  anderen  Besitz  noch,  sammt 
der  Fflrstenwürde.  Von  1623—1631  (vierter  Abschnitt)  geräth  der  Eggen- 
berger  immer  mehr  als  handelnder  Vordermann  in  die  verworrenen  Kreise 
der  europftischen  Politik,  welche  ein  grösserer  Name,  der  Wallenstein's. 
seit  1626  beherrscht.  Es  war  nicht  Eggenberg's  Schuld,  dass  der  Fried- 
länder  im  verhängnissvollen  Jahre  1630  verabschiedet  wurde,  aber  er  wich 
da  stärkeren  Verhältnissen.  Als  Generalstatthalter  von  Innerösterreich 
bat  er  zumeist  mit  finanziellen  Fragen  zu  schaffen.  Der  Lebensabend  des 
Eggenberger's  (1631—1634,  fünfter  Abschnitt)  verläuft  in  der  grossen 
Venricklnng,  welche  Gustav  Atlolf  und  Wallenstein  heraufbeschwören, 
der  Fall  des  Letzteren  hat  den  «Staatsmann''  Eggenberg  bei  Seite 
gedrückt,  sein  persönliches  Verh&Itniss  zu  dem  Kaiser  bleibt  ungetrübt; 
aber  er  überlebte  nicht  lange  die  unselige  Wendung. 

An  die  „Noten*^  knüpft  sich  ein  ziemlich  starker  „Anhang''  von 
Briefen,  Acten  und  Urkunden  zur  Geschichte  des  Fürsten  Hans  Ulrich 
Ton  Eggenberg  (65  Stücke),  von  denen  manches,  z.  B.  das  kais.  Memorial 
vom  12.  April  1632  für  die  Verhandlung  des  Eggenberger's  mit  Wallen- 
Btein,  von  bedeutenderem  historischen  Interesse  ist.  Die  Ausstattung  des 
Boches  ist  geschmackvoll. 

7. Br.F.  M.  Mftyor  (in  Graz):  Untersuchungen  über  die  öster- 
reichische Chronik  des  Matthäus  oder  Gregor  Hagen. 
Arch.  f.  österr.  Gesch.,  60.  Bd.,  2.  H.,  S.  295  ff.  (Sep.-Abdr.  48  Seiten.) 
Wien  1880. 

Diese  Abhandlung  hat  das  Verdienst,  eine  ziemlich  schwierige  Quellen- 
£rage  ihrer  Ldsoag  entgegengeführt  zu  haben.  Mayer  untersucht  mit  Zu- 
grundelegung eines  allerwärtsher  beschafften  Handschriftenapparates  die 
in  Rede  stehende  Quelle,  welche  sich  eines  allgemeineren  Ansehens  erft'eute 
ond  vielsdtig  ausgeschrieben  wurde.  Die  Ghrundlage  bildet  eine  Welt- 
cbronik,  in  welche  die  Landesgeschichte  Oesterreichs  eingefügt  erscheint. 
Die  kuriose  „heidnisch -jüdische  Urgeschichte  des  Landes  Oesterreich", 
eine  der  abenteuerlichsten  Fabeleien,  wird  von  mehreren  Handschriften 
bezeichnend  „ein  sehr  kurzer  Auszug  aus  einer  grossen  österreichischen 
Chronik^  genannt  Für  die  Landesgeschichte  Oesterreichs  benützte  der 
sogenannte  Hagen  das  Fürstenbuch  Jansen  BnenkePs,  des  Zeit- 
genossen der  babenbergischen  Schlusszeit  und  ihrer  Nachwehen,  die  Reim- 
chronik des  Steiermärkers  Ottokar  und  ein  Jahrbuch  derhabs- 
bargischen  Klosterstiftung  Königsfelden  in  der  Schweiz,  welches  wir 
jedoch  nur  mehr  in  dem  Auszuge  des  Glevi  Fryger  von  Waldshut  kennen. 
Hagen  ist  nur  als  Epitomator  und  Abschreiber  des  unter  seinem  Namen 
laufenden  Werkes   anzusehen;  als   eigentlichen  Verfasser  macht  Mayer 


—     224     — 

den  Theologen  Jobann  den  Seffner  mehr  als  wahrscheinlich.  Der- 
selbe scheint  identisch  zu  sein  mit  dem  bei  der  Wahl  des  S.  Lam- 
brechter  Abtes  Rudolf  Liechten  eck  er  (1387,  5.,  6.  M&rz)  urkundlich 
genannten  Johann  Sefher,  „Baccalaureus  und  Notar  der  aquilejer  Diöcese*. 
Seine  Herkunft  weist  auf  die  Steiermark,  allwo  häufig  in  den  Ur- 
kunden des  14.  Jahrhunderts  Sefher  yorkommen.  Seine  Bekanntschaft  mit 
der  Stadt  und  Gegend  G  i  1 1  i  spricht  auch  daftlr.  Seit  1891  erscheiiit  er 
an  der  Wiener  Universität. 

8  Jahresberiehte  der  Gesehichtswissenschaft^  im  Auftrage  der 

historischen  Gesellschaft  zu  Berlin  herausgegeben  yon  Dr.  F.  Ab r  a  h  am. 
Dr.  J.  Hermann,  Dr.  Edm.  Mayer;  I.  Jahrgang,  1878.  Berlin 
1880,  Vm  und  663  Seiten,  gr.  8". 

Dieses  Unternehmen  soll  einem  unläugbaren  Bedürfnisse  der  Histo- 
riker Yom  Fache  und  des  geschichtsfreundlichen  Publikums  Oberhaupt 
abhelfen.  Durch  Auftheilung  des  Referates  Ober  die  Masse  der  jährlich 
erscheinenden  historischen  Publikationen  unter  zahlreiche,  dem  unter- 
nehmen gewonnene  Fachmänner,  Gruppirung  der  eingelieferten,  nur  das 
Wesentliche  und  Neue  hervorhebenden  Berichte  nach  geographisch-staat- 
lichen Gebieten  und  durch  alphabetische  Verzeichnisse  der  besprochenen  Pu- 
blikationen, gelang  es  nach  mancherlei  in  der  Natur  der  schwierigen  Arbdt 
begründete  Hindernissen  und  Verzögerungen  den  Bericht  über  die  Erschei- 
nungen des  Jahres  1878  fertig  zu  bringen.  Diesem  ersten  Jahresberichte 
dürfte  der  zweite  über  die  Publikationen  des  J.  1879  noch  in  diesem 
Spätjahre  folgen.  Das  Alterthum  erscheint  in  12  Abschnitte  geglie- 
dert und  unter  11  Referenten  vertheilt.  Das  Mittelalter  omfasst 
38  Abtheilungen  )nit  eben  so  viel  Berichterstattern,  während  der  Neu- 
zeit 24  Referate  und  Referenten  zufallen.  Von  hierortigen  Referenten 
haben  Director  Dr.'Il  wof  für  die  sächsische  Kaiserzeit  bis  1002,  Krones 
ilXr  die  österr.  Lindergruppe  von  der  Urzeit  bis  1526  und  Prof.  Dr.  t. 
Zwiedineck-bc^denhorst  für  die  Gulturgeschichte  der  Neuzeit  ihre 
Berichte  eingeliefert. 

9.  Historiselies  Jahrbuch^  herausg.  von  der  Görres-Gesellschaft,  red. 
von  Dr.  Georg  Hüffer.  I.  Bd.,  1.  H.,  Münster  1880,  182  Seiten,  8^\ 

Wir  finden  darin  ein  Concurrenzuntemehmen,  der  histor.  Zeitschrift 
von  Sybel  an  die  Seite  gestellt,  welches  einen  stattlichen  Kreis  Ton  Mit- 
arbeitern zählt  und  in  schöner  Ausstattung  sich  ankündigt.  Von  Grazer 
Mitarbeitern  sind  die  Univ.-Professoren  und  Dr.  Theol.  B.  t.  Scher  er, 
Schuster,  Stanonik,  Regierungsrath  Prof.  Dr.  J.  B.  Weiss  und 
Dr.  V.  Zahn,  Landesarchivs  -  Director,  verzeichnet.  Noch  einem  Yereins- 
mitgliede,  P.  A.  Weiss,  Bibliothekar  des  Cisterzienser -  Stiftes  Renn, 
begegnen  wir  darin. 


—     225     — 

Der  einleitende  Artikel  von  Hü  ff  er:  RZur  Orientirung'',  bürgt  für 
die  Wissensclmftlichkeit  des  Programmes,  das  den  katholisch-confessio- 
nellen  Standpunkt  wahren  aber  jede  polemische  Tendenz  ausschliessen  will. 

Unter  den  5  Abhandlungen  ist  die  umfangreichste  die  des  Graz  er 
Mitarbeiten  P.  A.  M.  Weiss  (0.  P.):  »Die  Entwicklung  des  christlichen 
Bitterthoms.  Studien  über  die  Rolandsage ",  ein  auf  umfassenden  historisch- 
germanistischen Studien  beruhendes  Essay. 

Recensionen  und  Referate  bilden  die  2.  Abtheilung  des  Jahr- 
boches,  das  jährlich  in  4  Heften  erscheinen  soll. 

10.  Mittbellungen  des  Institates  fflr  österrelehlsehe  Ge- 

SChichtsforSChung^  unter  Mitwirkung  yon  Tb.  Sickel,  M.  Thausing 
und  H.  R.  T.  Zeissberg  redigirt  von  E.  Mühlbacher.  Innsbruck, 
Verlag  der  Wagnerischen  Buchhandlung,  gr.  &\  1880,  I.  Bd.,  I.  Heft, 
176  Seiten,  2.  Heft  (S.  179—389). 

Wir  dürfen  nach  den  beiden  vorliegenden  Heften,  denen  bald  das 
dritte  folgen  wird,  das  Unternehmen  als  die  erste  wissenschaftliche  und 
gesammt-österreichische  Revue  der  heimischen  Geschichtsfor- 
schung and  Geschichtschreibung  auf  das  Freudigste  begrüssen.  Gehörten 
doch  dem  genannten  Institute  in  Wien,  aus  dessen  Schoosse  das  ange- 
zeigte Unternehmen  hervorgeht  und  dessen  Entwicklungsgeschichte  Hofrath 
Prof.  Dr.  Sickel  (1.  Heft,  S.  1~19)  liefert,  Historiker  in  allen  Theilen 
Oesterreichs  als  Zöglinge  an  und  zwar  seit  seiner  Gründung  (1854),  als 
einst  und  noch  gegenwärtig  in  Graz  wirkend,  chronologisch  an  einander 
gereiht:  Erones,  Univ.-Prof.  Dr.  Roh.  Rösler  (f  1874),  Landesarchivs- 
Director  Dr.  Josef  v.  Zahn,  Prof.  Dr.  Pangerl.(t  1879  als  Prager 
Professor,  früher  im  hierortigen  Joann.- Archive  an^t^stellt) ,  Dr.  Hipp. 
TauBchinski  (einige  Jahre  in  Graz  weilend),  Raim.  Schubert  (Archivs- 
Beamter  am  Joanneum  in  Graz,  f  1864),  Prof.  Dr.  Th  an  er  (zu  Innsbruck, 
früher  Docent  des  Kirchenrechtes  in  Graz),  Univ.-Prof.  Dr.  Arnold  L  u  s  c  h  i  n 
V.  Ebengreath,  Gymn.-Prof.  und  Univ.-Doc.  Dr.  Wilh«  c  h  m  i  dt,  Realsch.- 
Prof.  und  Univ.-Doc.  Dr.  Fr.  Mayer,  dz.  Schriftf.  den  bist.  Vereines,  und 
Dr.  Ferd«  Kalten  brunner,  Univ.-Doc 

Das  Programm  des  Unternehmens  kennzeichnet  am  besten  seinen 
Umfang  und  die  bisher  erschienenen  Yierte^jabreshefte  erweisen  die  ge- 
wissenhafte und  plangerechte  Durchführung  dieses  Programmes. 

»Der  Richtung  des  Institutes  entsprechend,  soll  in  den  Mittheilungen 
Geschichtsforschung  für  Mittelalter  und  Neuzeit  im  weitesten  Umfange 
Vertretung  finden.  Die  Abhandlungen  werden  ausser  der  allge- 
meinen Geschichte  auch  Rechts-,  Kunst-  und  Gulturgeschichte,  sowie  die 
liistorischen  Hilfswissenschaften  (Quellenkunde,  Diplomatik,  Paläographie, 
(^nologie,  Siegellehre  u.  s.  w.)  berücksichtigen,  und  zwar  ohne  Be- 
schränkung des  Inhaltes  auf  den  speciell  österreichischen 

VitthttU.  dM  hSflt.  VereiBB  f.  Steiannwk,  XXVUII.  Heft,  18S0.  15 


—     226     — 

Stoff  und  ohne  Beschränkung  der  Mi t arbeiter  anf 
den  Kreis  der  ehemaligen  Institutsmitglieder.  Die 
kleinen  Mittheilungen  sollen  unbekannte  Dokumente  von  all- 
gemeinerem Interesse,  Berichte  über  Funde  in  Archiven  und  Bibliotbeken 
und  Aufsätze  zur  Richtigstellung  einzelner  geschichtlicher  Thatsacben 
bringen. 

Der  Liter atur her i cht  wird  die  wichtigeren  neuen  Erscheinonj^n 
auf  jenen  Gebieten  besprechen :  besondere  Aufmerksamkeit  soll  der  nicht- 
deutschen  Literatur  Oesterreich- Ungarns  gewidmet  werden,  um  dnrcfa 
fortlaufende  Referate  über  ihren  jeweiligen  Stand  zu  orientiren  und  ihre 
Ergebnisse  weiteren  Kreisen  zu  vermitteln.  Dem  literarisch  -  kritischen 
Thcile  werden  Inhaltsverzeichnisse  sämmtlicher  das  Programm 
berührender  Zeitschriften  Oesterreich-Ungarns  und  eine 
möglichst  vollständige  Bibliographie  der  genannten  Fächer  beige- 
geben werden." 

Das  erste  Heft  bietet  program mgemäss :  6  Abhandlungen,  10  kleine 
Mittheilungen ,  8  Literaturanzeigen ,  deren  Schluss  die  üebersicht  der 
periodischen  Literatur  Oesterreich-Ungarns  macht,  als  „Personalien* 
den  Nekrolog  des  leider  früh  verstorbenen  Dr.  K.  Foltz  und  ein  Ver- 
zeichniss    der  Mitglieder   des  Institutes  für  österr.  Geschichtsforschunfr 

Im  2.  Hefte  sind  3  Abhandlungen,  7  kleine  Mittheilungen,  7  Literatur- 
Anzeigen  und  die  Üebersicht  der  periodischen  Literatur  Oesterreich- 
Ungarns  untergebracht. 

11.  Steiermärkische  Oesehichtsblätter^  herausg.  von  Dr.  J.v 

Zahn,  Landesarchiv- Director,  I.  Jahrgg  ,  1.  Heft,  Graz  1880,  Druck  und 
Verlag  von  Leykam-Josefsthal,  64  Seiten,  8",  mit  einer  Incunabelrepro- 
duction  als  artistische  Beilage.  (Preis  des  Einzelheftcs  1  fl.  20  kr.  5.  W.) 

Diese  von  unserem  Ausschussmitgliede  herausgegebene  Publication 
heissen  wir  bestens  willkommen.  Sie  möge  als  Nachbarin  und  Verböndetf 
unserer  Vereinspublikationen  recht  heimisch  werden  im  Lande,  den 
Geschichtsfreunden  zu  Nutz  und  Frommen. 

Der  Inhalt  des  1.  Heftes  bietet  1.  als  „Geschichtslogende"  das  Bruch- 
stück einer  deutschen  Handschrift  des  Landesarchivs  aus  der  2.  Hälfte 
des  16.  Jahrb.,  „wie  die  Herren  von  Liechtenstein  und  Stuben- 
berg vor  Kaiser  Friedrich  Gnade  fanden ■*,  mit  einer  erläuternden  An- 
merkung. Es  ist  dies  ein  interessanter  halb  historischer  halb  legenden- 
hafter Beitrag  zur  Baumkirch  er- Historie;  2.  u.  d.  T. :  „Vom  Ilof- 
lager  Kaiser  Friedrichs  III.  in  Graz",  zwei  lateinische  Briefe  Dr.  A 
Scheue k's  an  B.  Georg  v.  Chiemsee,  Generalvicar  von  Salfbui* 
aus  dem  Admonter  Archiv  (v.  29.  Juni  und  7.  Juli  1484)  ganz  im  cha- 
rakteristisch geschraubten  Style  der  damaligen  Humanisten.  Als  3.  Rom- 
fahrten  im  Interesse  deutscher  Prälaten,  wird  (I.)  „Dr.  Pfisters  Reise 


—     227     — 

nach  Rom   beboffi   Erlangung   der  Bestätigang   für  Bischof  Moriz   von 
F r e i s i n g  1559  — 1560  (nach  einer  Abschrift  aus  Heckenstaller's 
Frisingensia  .  .  .)  abgedruckt:  ein  lehrhafter,  in  gemQthlichem  Deutsch 
geschriebener  Bericht,  wie  lange  man  in  Rom  herumgezogen  werde  und 
was  an  allerhand  Schwulitäten  und  Zehningskosten  bei  solcher  Reise 
auflaufen.  Nr.  4  und  6  bietet  zwei  Gräcensia  von  allgemeinstem  Interesse 
fiir  die  Geschichte  des  Sanität  swesens  und  der  Projectenmache- 
rei.  Erstere  Nummer  enthält  a)  das  „Promemoria  des  landschaftlichen 
Pbysikus  Dr.  Jak.  Schober,  betreffend  die  liebelst  an  de  bei  den 
Apotheken  in  Graz  überhaupt  und  bei  der  Landschaftsapotheke  im  Be- 
sonderen und  die  Mittel  zu  deren  Abhilfe''  vom  Jahre  1580,  in  welchem 
den  „welschen**  Grazer  Apotheker-  „Gesellen"  als  „Spieler,  Sauffer  und 
srortatores*'  kein  sonderliches  Loblied  gesungen  wird  und  b)  das  nGut- 
achten  der  drei  landsch.  Physiker  (Gäbelchouer,  Schober  und  Stoltz),  be- 
treffs Visitation   der  Apotheken  in  Graz  überhaupt  und  Einrichtung 
nnd  Verwaltung   der  Landschaftsapotheke   daselbst  insbesondere"    vom 
Jahre  1582  (April).  Die  zweitangeftlhrte  Nummer  enthält  überaus  interes- 
sante  ^  Acten  stücke ,   betreffend    ein  Project  des   reichsritterschaftlichen 
Hauptmannes  Job.  Jac.  v.  Seeland  in  Graz,  mittelst  einer  allgemeinen 
Steuer  auf  sämmtliche  Privatbedienstete  im  Lande  und  Zurelsende  die 
erste  Stadtbeleuchtung  einzuführen"  (nach  Original- Conceptcu  und  Copien 
im  steierm.  Landesarch.)  aus  den  Jahren  1718,  1719,  1723,  1724.   Der 
Projectenmacher  drang  aber  nicht  durch,  wie  sehr  er  sich  endlich  auch 
bei  dem  Kaiser  darum  ansetzte.  Zwischen  diesen  beiden  Nummern  findet 
sich  als  V.  unter  der  Ueberschrift :    „Aus  fernen-'  Reichen:    „Schreiben 
eines   österreichischen  Jesuitenmissionärs    an   den  Probst  von  Pol  lau, 
betreffend  seine  Reise  nach  Mexiko  und  seine  Erfahrungen  daselbst". 
(Landesarch.)   Interessant   ist  darin  die  Stelle,   welche  die  Gegend  von 
Mexiko    als    in   vielen  Theilen  der  Steiermark  ähnlich  bezeichnet. 
Die  Vn.  Abtheilung  bilden  Abdrücke  der  ältesten  Privilegien  von  Juden- 
hurg  (1270,  1276,  1277)  und  Fürstenfeld  (1277).   Im  „literarischen 
Anzeiger"    finden  wir  Besprechungen  neuer  Publikationen.   Den  Schluss 
föllen    historisch  •  bibliographische    Notizen    für    Steiermark 
(y.  Jänner  bis  15.  März  1880).   Eine   sehr   anziehende  Beigabe  ist  die 
typographisch  treue  Reproduction  eines  Abschnittes  aus  der  sog.  Nürn- 
berger Chronik  als  deutscher  Ausgabe  des  Chronicon  Hartmanni 
Schedelii,  welcher  dem  lateinischen  Originale,  der  Europa  des  Aeneas 
Sjlvius,  die  Beschreibung  der  damaligen  Steiermark  entlehnt. 

Die  Austattung  des  Heftes   gereicht   der  Druck-  und  Verlagsfirma 
zur  Ehre. 

12.  Job.  Krainz:  Mythen  und  Sagen  aus  dem  steirischen 
Hochlande,   gesammelt  und  herausg.  von  —  1.— 4.  Heft,  Brück  a. 

15* 


—     228     — 

d.  M.,  Druck  und  Vorlag  von  Carl  Jilg,  1880,  8«.  Preis  je  36  kr.  — 
Wanderungen  durch  Steiermark,  als  32.  B&ndcben  d«r  Volks- 
und  Jngendbibliothek  von  Jessen,  Verlag  von  A.  Pichler'»  Witwe 
und  Sohn  (Wien  1880),  92  Seiten,  12^  —  Sagen  aus  Steiermark, 
als  35.  Bändchen  dieser  Sammlung. 

Krainz  ist  ein  in  literarischer  Thätigkeit  stetig  wachsender  Msaa 
der  Volksschule,  welcher  Land  und  Leute  kennt,  dem  es  um  die  heimat- 
liche Geschichte,  insbesondere  nach  der  Culturseite  hin,  emstüch  za  thun 
ist  und  der  auch  das  Geschick  besitzt,  den  verschiedensten  Fanden  seines 
Sammlerfleisses  entsprechende  Gestaltung  zu  verleihen.  Alle  drei  Publi- 
kationen geben  hieftkr  Zeugniss.  Insbesondere  mOssen  dem  Geschichts- 
freunde die  zahlreichen  historischen  Sagen  im  erstangeführten  Unternehmen 
willkommen  genannt  werden. 

18.  Carl  Jauker:  Das  Herzogthum  Steiermark,  als  rV.  Bd.  der 
Sammlung:  Die  Länder  Oesterreich- Ungarns  in  Wort  und  Bild,  herausg. 
von  Dr.  Fr.  Umlauft  Wien,  Verlag  von  G.  Gräser,  180  Seiten, 
kl.  8"  (mit  zahlr.  Abbild,  und  einem  Titelbilde  in  Farbendruck). 

Ein  fleissig  gearbeitetes  und  lebendig  geschriebenes  BQchlein,  das  in 
der  Form  einer  Wanderung  durch  die  Steiermark,  touristische  und  meist 
richtige  Schilderung  mit  geschichtlichen  Erläuterungen  verknüpft.  Den 
Anfang  macht  die  ^ geschichtliche  Entwicklung  des  Landes **,  ihr  folgt  eine 
allgemeine  Erörterung  ttber  „Land  und  Leute**  und  dann  als  Ausgangs- 
punkt eine  ziemlich  ausführliche  Skizze  von  Graz  und  seiner  Umgebung. 


OiT», 


^^ 


MIHHEILÜNGEN 


DBS 


fflSTORISCHEN  VEREINES 


FÜR 


STEIERMARK 


m^ 


HBBAU80B0BBSN 

VON  DESSEN  AUSSCHÜSSE. 


s.«^y^y^** 


-  HEFT. 


Grai,  1881. 

Im  Selbstverlage. 


In  Commuisioii  der  k.  k.  Üniversitäts-Bachhandlung 

Leuschner  &  Lubensky. 


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MITTHEILUNGEN 


DBS 


KESTOBISCHM  TEBJIINES 


rÜR 


STEIERMARK. 


HERAÜSOEOEBEN 

VON  DESSEN  AUSSCHÜSSE. 


HEFT. 


Graz,  1881. 

Im  Selbstverläge. 


In  CommisBion  der  k.  k.  UniverslUtB-Biichhandlung 
Leuschner  &  Lubensky. 


Druck  von  Leykam-Josefsthal  in  Graz. 


Inhalt. 


A.  Tereins  -  Angelegenheiten. 

Chronik  des  Vereines III 

Veränderungen  im  Personal  stände  des  Vereines XI 

Ausweis  über  die  Cassa-Gebahrung XII 

Zuwächse : 

A.  Für  die  Bibliothek XIV 

B.  Für  das  Archiv XXIII 

C.  FQr  die  Kunst-  und  Alterthumssammhing XXIV 

B.  Abhandinngen. 

lieber  steiermärkische  Taufnamen,  von  Landesarchiv-Director  v.  Z  a  h  n  3 
Das  stadtische  Wirthscfaaftswesen   von  Graz   im  Jahre  1660,  von 

Dr.  R.  Peinlich 57 

Erzherzog  J  ohann  und  das  Joanneums- Archiv,  von  Dr.  Emil  Kümmel  106 
Mittheilungen  aus  dem  Fürstenfelder  Stadtarchive,  von  Hans  Lange  141 
Achtzig  Jahre  (1665—1745)  aus  dem  Gemeindeleben  des  Marktes 

Kindberg,  von  Prof.  H.  J.  Bidermann 153 

G.  Kleinere  Mlttheilnngen. 

I>ie  Vesten  Klausenstein  und  Holenstein,  von  Ignaz  Großen  .    .    .  235 

Altes  Messgewand  in  der  Radmer,  von  Johann  Krainz 237 

Alte  Bilder  in  Eisenerz,  von  Johann  Krainz 239 

Zu  G.  M.  Vischer's  Wirken  in  Steiermark 239 

Das  Jagd-Buch  von  Burgau,  von  Hans  Lange 243 

Aus  dem  Kriegsjahre  1809,  von  Hans  Lange 247 


Register. 


ArchiT^  s.  Joanneums- Archiv. 
Aust  y    Bezirks  -  Gorrespondent   in 
Gaal.   IX. 

Anssielliing'.i   s.    Landes-Ausstel- 
hing. 


Baoernkriegr  von  1525,  s.  Walcber. 

Beitrftg'e  zur  Kunde  Bteierm.  Ge- 
schieb tsqucllen,  Nichterscheinen 
derselben.  X. 

Bibliographie ,  historische ,  von 
Steiermark,  Nichterscheinen  der- 
selben. X. 

Bidennann^  Achtzig  Jahre  (1665 
bis  1745)  aus  dem  Gemeindeleben 
des  Marktes  Kindberg.  S.  158 
bis  232. 

Bilder,  alte,  in  £isenerz.  S.  239. 

BlsehofT,  Dr.  Ferd.,  Wahl  zum 
Ausschussmitglied.  X. 

Bfir^er  -  Anssehnss  in  Graz  im 
Jahre  1667.  S.  72. 

Borgmn,  Jagdbuch  von  .  .  .  S.  243 
bis  246. 

Barkhardt,  Wahl  zum  Rechnungs- 
revidenten.  X. 

C- 

Chrifltopbsbmderschaft,  Vortrag. 
VIII. 


Kggenbergrer  Urkunden.  III- 

Ehrendiplom  der  Landes  -  Aus- 
stellung. VII. 

Einladungsschreiben  zum  Eintritt 
in  den  Verein.  V. 

Eisenerx.  S.  239. 


Ferdinand  II.,  Kaiser,  S.  237  bis 

238. 
Ferky   Wahl   zum   Ausschussmit- 

mitglied.  X. 
Ferk-Mnsenm  in  Gamlitz,  EröfiT- 

nung  und  Besuch  desselben.  VI. 
Festschrift  zur  Erinnerung  an  die 

Erhebung   der  Steiermark   zum 

Herzogthum  (1180).  X. 
Fradeneck,  Franz  v.,  S.  113. 
Franzosen   in  Steiermark  (1809). 

S.  247—248. 
Fflrstenfeld^  s.  Lange. 


GamlitZ;  s.  Ferk-Museum. 
Geselligkeitsabende.  VIII. 
GraZ)  dessen  Wirthschaftswesen  im 

J.  1660,  s.  Peinlich.  —  Einkünfte 

und  Ausgaben    der  Stadt  im  J. 

1721,  S.  80—85. 
GndenaSy  Baron,  Geschenk  von  15  fl. 

VI. 
Garlitt,   VortriiR  über  Reisen  im 

Peloponnes.  VIII. 


Höfisches  Leben  im  Mittelalter, 
Vortrag,  s.  Reissenberger. 

Holenstein,  Vcste,  s.  Orozen. 

Hormayr,  Jos.  Freiherr  v.,S.  109  f., 
130,  134,  139,  140. 

I. 

Ilwof,  Wahl  zum  Vereinsvorstand. 
IX. 


—    VI    — 


Jagdbnch  von  Burgau.  S.  243—246. 
Jeiiiill,  Dr.  Joh.  S.  119. 
Jomnneams  •  Archi?  y    Erzherzog 

Johann  und  das...,  s.  Kfimmel. 
Johann^  £rherzog,  und  das  Joan- 

neums- Archiv,  s.  Kftmmel. 
Johanntter-Ordeng-Comthare  in 

FOrstenfeld.  8.  152. 


Kaiser^  Glückwunsch  des  Vereines 
zum  50.  Gehurtsfest  S.  Maj.  des 
Kaisers.  YII. 

Kaiserfeld,  Moriz  von,  KröfTuung 
derFestversammlung  am  29.  April 
1880  und  Schlussworte.  IV. 

Kalchbergy  Joh.  Ritter  von.  S.  HO, 
112,  116,  110—123,  125  135, 
138—140. 

Karlmann ,  Schenkungsurkunde 
Königs  Karlmann  von  977.  S.  1 19. 

Kindbergr^  s.  Bidermann. 

Klansensteln,  Veste,   s.   Großen. 

Kleiderordnuiigreii  ^  steiermärki- 
sche,  des  16.  Jahrh.,  s.  Peinlich. 

Kollmann  Ignaz,  S.  126.  129,  131, 
133,  139,  140. 

Krains,  Bezirks- Correspondent  in 
Eisenerz,  IX.  —  „Altes  Mess- 
gewand in  der  Radmer**,  S.  237 
his  238.  —  .Alte  Bilder  in  Eisen- 
erz", S.  239. 

KriegTSjalir  1809.  S.  247    248. 

KroneSy  dessen  Vortrag  über  die 
Vereinigung  der  Steiermark  mit 
Gesterreich,  IV,  dessen  Schrift: 
jyder  hist.  Verein  f.  Steiermark** 
etc.  V,  —  dessen  Vortrag  über 
das  Zauber-  und  Receptirbuch 
Stangl's,  VIII,  Wahl  zum  Vor- 
stand-Stellvertreter. IX. 

Knmar  Jos.  Aug.,  S.  130,  181, 
132,  133. 

Kümmel,  Erzherzog  Johann  und 
das  Joanneums  -  Archiv.  S.  106 
bis  140. 


Landes- Aasstellangr»  Betheilignng 
an  derselben.  VII. 

Landtagrs-SabTentloii,  s.  Subven- 
tion. 


htokgej  Bezirks-Correspondent  in 
Fürstenfeld,  III,  IX.  —  ,Mit- 
theilungen  aus  dem  Fftrstenfelder 
Stadtarchive**.  S.  141-152.,  Das 
Jagdbuch  von  Burgau*"  S.  2ia 
bis  246.  —  „Aus  dem  Kriegs- 
jahre  1809«  S.  247—248. 

Leltner,  AI.  R.  v.  S.  112. 

-  K.  G.  R.  V.,  80.  Geburtstag, 
Glückwunsch  des  Vereins.  VIII. 

Leopold  I.,  Kaiser,  in  Graz  (1660j 
8.  57. 


Magristrat   in  FOrstenfeld.  S.  li'J 

bis  151. 

-  von  Graz  im  Jahre  1660.  S.  5>iff- 

Besoldunj!    der    Magistratsper- 

sonen  (1711)  S.  81     85,  Anm. 

Messgrewandy  altes,  in  der  Radmer, 

s.  Krainz. 
Museum  in  Gamlitz,  s.  Ferk-Mu- 
seum. 


Namen,Taufnamen,Bteiennarkisch€, 

s.  Zahn. 
NoSy  Wahl  zum  Gassier.  X. 

o. 

Opemtexte^  Wiener,  Vortrag,  s. 

Werner. 
Oroien^    die  Vesten  Klansenstein 

und  Holenstein.  S.  235—237. 


Peinlich,  Vortrag  über  steirische 
Sittenpolizei  im  16.  Jahrh.  VIII. 

—  Vortrag  über  steierm.  Kleider- 
ordnungen des  16.  Jahrh.  VIII. 

—  Das  städtische  Wirihschafts- 
wesen  von  Graz  im  Jahre  1660. 
S.  57  ~  105. 

Peloponnes,  Gurlitt's  Reisen  im . . ., 
8.  Gurlitt. 


Badmery  altes  Messgewand  in  der.... 
s.  Krainz. 

Beceptir-  und  Zauberbuch  StangFs, 
s.  Krones. 

Beissenberg'ery  Vortrag  über  hö- 
fisches Leben  im  Mittelalter.  VUl. 


—  vn  — 


Rudolf  9  Erzherzog  -  Kronprinz, 
Glückwunsch  zu  Höchstdessen 
Verlobung.  V. 

s. 

Sehlossar^  Vortrag  Ober  die  St. 
Cbristofsbruderschaft.  VIII. 

Sittenpolizei  9  steirische,  im  16. 
Jahrb.,  s.  Peinlich. 

Stadtriehter  inFürstenfeld.  S.  141 
bis  149. 

StangPs  Receptir-  und  Zauberbuch, 
s.  Krones. 

SteiermlrUsche  Taufnamen ,  s. 
Zahn. 

Steiennark's  Erhebung  zum  Her- 
zogtbum  (1180),  Erinnerungsfest. 
III-V. 

Strass,  Eggenberger  Urkunden  in 
Strass.  III.  —  Französische  Trup- 
pen in  und  um  Strass  (1809) 
S.  247—248. 

SabrenttoBy  600  fl.,  des  Ministers 
f.  C.  u.  ünt.  VI.  —  vom  Land- 
tage 625  fl.  VII. 

T. 

TaBrnamen  y  steierm&rkische ,  s. 
Zahn. 


Unrahe^  Franz  R.  v.  S.  138. 


Vlseher'B,  6.  M.,  Wirken  in  Steier- 
mark. S.  239—243. 


Walcher,  Vortrag  über  den  Bauern- 
krieg 1525.  VII. 

Wartinger  Josef.  S.  1 11 ,  120—125, 
128,  130-140. 

Werner,  R.  M. ,  Vortrag  OberWiener 
Opemtexte.  VIII. 

Wiener  Operntexte,  Vortrag,  s. 
Werner. 

Wirthschaftswesen  von  Graz  im 
J.  1660,  s.  Peinlich. 


Zahn,  V.,  Vortrag  Aber  die  Er- 
hebung der  Steiermark  zum  Her- 
zogthum.  IV.  —  Wahl  zum  Aus- 
schussmitglied. X.  —  nUeber 
steierm&rkische  Taufnamen  **.  S.3 
bis  56.  —  ^Zu  G.  M.  Vischer*s 
Wirken  in  Steiermark  ^  S.  239 
bis  243. 

Zauber-  undReceptirbuchStangl's, 
s.  Krones. 

Zeidler,  Wahl  zum  Rechnungs- 
revidenten.  X. 


jCjL« 


Vereins  -Angelegenheiten. 


Hittlteil.  def  hist.  Vereines  f.  Steiermark,  XXIX.  Heft,  1881. 


Geschäfts  -  Uebersicht. 


Chronik  des  Vereines 

über  die  Zeit  yon  der  82.  Jahresversammlung  am  28.  J&nner  1880  bis 
zur  83.  JabresYersammlnog   am  26.  Jänner  1881. 

1.  Das  VereiDsmitglied  Herr  BUrgerschuUehrer  Hans 
Lange  in  Farstenfeld  machte  mit  Schreiben  vom  17.  Februar 
1880  den  Verein  darauf  aufmerksam,  dass  sich  im  Besitze 
des  Herrn  Baron  Albert  Kulmer  in  Strass  Urkunden  und 
Acten,  die  sich  vielfach  auf  die  Familie  der  Eggenberger 
bezögen,  befänden.  Der  Ausschuss,  dem  es  u.  A.  auch  obliegt, 
alte  Documente  zu  erwerben  und  dem  Verderben  zu  entreissen, 
sprach  seinem  thätigen  Vereinsmitgliede  Herrn  Hans  Lange 
seinen  Dank  aus  und  richtete  an  Herrn  Baron  Kulmer  am 
6.  März  ein  diesbezügliches  Ansuchen,  welches  aber  leider 
ohne  Erfolg  blieb. 

2.  Der  Ausschuss  hatte  sich  seit  längerer  Zeit  mit  dem 
Gedanken  beschäftigt,  ob  es  nicht  zweckmässig  sei,  im  Jahre 
1880  durch  irgend  eine  Feier  an  die  vor  700  Jahren  erfolgte 
Erhebung  der  Steiermark  zum  Herzogthume  zu  erinnern.  In 
mehreren  Sitzungen  kam  diese  Sache  zur  Sprache  und  sie 
wurde  in  der  Sitzung  vom  31.  März  1880,  in  welcher  der 
Ehrenpräsident  des  Vereins,  Sr.  Excellenz  der  Herr  Landes- 
hauptmann Moriz  von  Kaiserfeld  den  Vorsitz  führte,  end- 
gilüg  beschlossen  und  die  Modalitäten  der  Ausitlhrung  fest- 
gestellt Es  sollte  die  32.  Vierteljahrsversammlung  in  feierlicher 


-     IV     ~ 

Weise  in  der  Landstube  stattfinden ;  auch  sollten  zu  derselben 
die  Spitzen  der  Behörden  eingeladen  werden  und  der  Ver- 
waltungsbericht diesmal  entfallen. 

Der  Vereinsvorstand  Herr  Prof.  Dr.  Franz  Erones 
Ritter  von  Marchland,  der  Vorstand  -  Stellvertreter  Prof 
Dr.  Ferdinand  Bisch  off  und  der  Schriftführer  Prof.  Dr. 
Franz  Martin  Mayer  luden  am  26.  April  die  Vertreter  der 
Behörden  zu  dieser  Versammlung  ein.  Die  gedruckten  Ein- 
ladungen lauteten:  Der  historische  Verein  für  Steiermark  halt 
Donnerstag  den  29.  April  1880  um  6  Uhr  Abends  in  der 
Landstube  seine  32.  Vierteljahrs  Versammlung  als  Feier  der 
Erinnerung  an  die  im  Jahre  1180  erfolgte  Erhebung  der 
Steiermark  zum  Herzogthume. 

Programm: 

1.  Eröffnung  der  Versammlung  durch  den  Ehren- 
präsidenten des  Vereins  Se.  Excellenz  den  Herrn  Landes- 
hauptmann Moriz  von  Kaiserfeld. 

2.  Vortrag  des  Herrn  Landesarchivars  Prof.  Josef  von 
Zahn  über  die  Ausbildung  und  Erhebung  der  Steiermark 
zum  Herzogthume. 

3.  Herr  Prof.  Dr.  Franz  Krone s  Ritter  von  March- 
land über  die  Vereinigung  der  Steiermark  mit  dem  Lande 
Oesterreich  und  ihre  Stellung  im  Geschichtsleben  der  Monarchie. 

4.  Schlussworte  des  Herrn  Ehrenpräsidenten. 

Die  Feier  verlief  in  durchaus  würdiger  Weise.  Se. 
Excellenz  der  Herr  Statthalter  von  Steiermark,  Baron  K  ü  b  e  c  k, 
der  Landespräsident  Herr  Hofrath  My  r  b  a  c  h,  mehrere  Herren 
Landesausschüsse,  Se.  Excellenz  der  Feldzeugmeister  Freiherr 
Franz  Kuhn  von  Kuhnenfeld,  der  Herr  Bürgermeister 
der  Stadt  Graz,  Dr.  W.  K  i  e  n  z  1,  Se.  Excellenz  der  Präsident 
des  Oberlandesgerichtes  Herr  Ritter  von  Was  er,  der  Finanz- 
landesdirector  Herr  Hofrath  Kor  ab  Ritter  v.  Mühlström, 
Ihre  Magnif.  die  Rectoren  der  beiden  Hochschulen  Prof.  Dr. 
Karl  Blodig  und  Prof.  W.  Heyne  u.  s.  w.,  sowie  ein 
ausserordentlich  zahlreiches  Publicum  hatten  sich  zu  dieser 
Feier   versammelt    Die  Vorträge   legte   der   Ausschuss   zur 


bleibenden  Erinnerung  an  dieses  Fest  in  Druck  und  übersendet 
sie  heuer  seinen  Mitgliedern.  Nach  der  Versammlung  fand 
eine  gesellige  Zusammenkunft  im  Hotel  lloss  statt,  welche 
aber  unter  der  Ungunst  des  Wetters,  das  sich  während  der 
Festversammlung  sehr  verschlechterte,  stark  zu  leiden  hatte. 

3.  Aus  Anlass  der  Verlobung  Sr.  k.  und  k.  Hoheit  des 
durchlauchtigsten  Kronprinzen  Herrn  Erzherzogs  Rudolf 
sprach  eine  Deputation  des  Ausschusses  Sr.  Excellenz  dem 
Herrn  Statthalter  die  Glückwünsche  des  Vereines  aus  mit  der 
Bitte,  dieselben  allerhöchsten  Ortes  zur  Eenntniss  zu  bringen. 

4.  Der  Ausschuss  kam  dem  in  der  Jännerversammlung 
vom  Jahre  1880  zum  Beschlüsse  erhobenen  Antrage  der 
Herren:  Regierungsrathes  Dr.  R.  Peinlich  und  Redacteurs 
E.  Spork,  betreffend  allseitige  Einladungsschreiben  zum 
Vereinsbeitritte,  nach.  Es  wurden  mehr  als  300  solcher  Ein- 
ladungen ausgeschickt  und  damit  auch  einiger  Erfolg   erzielt. 

5.  Der  Vereinsvorstand  Herr  Prof.  von  K  r  o  n  e  s  - 
Marchland  hat  sich  der  Mühe  unterzogen,  aus  Anlass  des 
Umstandes,  dass  der  historische  Verein  im  Jahre  1880  das 
30.  Jahr  seines  selbstständigen  Bestehens  begeht,  eine  kleine 
Geschichte  des  Vereines  zu  verfassen,  welche  unter  dem  Titel : 
„Der  historische  Verein  für  Steiermark,  sein  Werden  und 
Bestand.  Eine  zeitgemässe  Erinnerung  von  Dr.  Franz  K  r  o  n  e  s 
Ritter  von  Marchland",  in  mehreren  Nummern  der  „Tages- 
post", und  nachher  auch  in  separaten  Abdrücken*)  erschien, 
welche  der  Herr  Verfasser  dem  Vereine  zum  Geschenke  machte. 
Der  Herr  Verfasser  macht  in  dieser  Schrift  darauf  aufmerksam, 
dass  der  historische  Verein  der  Zweitälteste  Fach- 
verein im  Lande  Steiermark  ist;  er  gedenkt  der  Pflege  der 
historischen  Studien  im  Lande  seit  Beginn  unseres  Jahr- 
hunderts, des  Entstehens  der  „ Steiermärkischen  Zeitschrift", 
des  Centralvereines  für  die  Geschichte  Innerösterreichs,  aus 
welchem  dann  der  historische  Verein  für  Steiermark  hervorging, 
welcher  sein   erstes  Heft  der  Mittheilungen  im  Jahre   1850 


*)  Das  Heftchen  ist  in  der  Yereinskanzloi  um  25  kr.  zu  haben. 


-     VI     - 

erscheinen  liess.  Es  ruht,  sagt  der  Herr  Verfasser  in  diesen 
Vereine  ein  Stück  des  geistigen  Lebens  und  Strebens  der 
Steiermark  seit  Tagen  her,  denen  es  nicht  so  leicht  wie  der 
späteren  Zeit  ward,  geistige  Geselligkeit  und  wissenschaftliche 
Forschung  zu  pflegen.  An  seinem  Zustandekommen  arbeü^en 
Männer  des  Landes,  welche  die  Intelligenz  ihrer  Zeit  vertraten 
und  von  denen  Einzelne,  die  der  Gegenwart  noch  erhalten 
blieben,  zu  den  Besten  und  Geachtetsten  zählen;  an  seiner 
Erhaltung  und  Führung  bis  zum  heutigen  Tage  bethfttigten 
und  bethätigen  sich  Persönlichkeiten,  denen  die  Wahrung  der 
berechtigten  Traditionen  und  angestammten  Ziele  des  Vereine 
am  Herzen  lag,  in  deren  Kreise  die  Förderer  und  Freunde 
der  Landesgeschichte  im  weitesten  Sinne  uns  begegnen. 

Die  Arbeit  des  Herrn  Verfassers  hat  u.  A.  auch  den 
Zweck,  weitere  Kreise  über  die  mehr  stille  Thätigkeit  des 
historischen  Vereines  zu  belehren  und  hebt  hervor,  dass  der 
Verein  mit  dem  Fortschritte  historischer  Forschung  im  steten 
Zusammenhange  blieb  und  sich  den  gemeinnützigen  Zwecken 
derselben  möglichst  anzupassen  suchte,  dass  er  sich  mit  der 
Oeffentlichkeit  in  thunlichst  rege  Berührungen  zu  setzen 
bemühte  und  jeder  engherzigen  Verknöcherung  fernhielt^  dass 
endlich  seine  Leistungen  trotz  des  engeren  Bodens  der 
Forschung,  auf  welchem  sie  sich  bewegen,  die  Aufmerksamkeit 
und  Anerkennung  des  wissenschaftlichen  Auslandes   erwarben. 

6.  Laut  Erlasses  vom  9.  März  d.  J.  gewährte  Se. 
Excellenz  der  Herr  Minister  für  Gultus  und  Unterricht  dem 
Vereine  den  Betrag  von  500  fl.  zur  Förderung  seiner  wissen- 
schaftlichen Zwecke.  Auch  schenkte  das  neu  eingetretene 
Mitglied  Freiherr  Gudenus  in  die  Vereinscasse  1 5  fl. 

7.  Am  20.  Juni  wurde  in  Gamlitz  das  von  dem  Aus- 
schussmitgliede  Herrn  Prof.  Franz  F  e  r  k  gegründete  Museum 
eröffnet.  Zahlreiche  Mitglieder  des  historischen  und  anthro- 
pologischen Vereines  wohnten  dieser  Feierlichkeit  bei  und 
bezeugten  dadurch  einem  in  selbstloser  Hingebung  geplanten 
und  glücklich  zu  einem  vorläufigen  Abschlüsse  gebrachten 
Werke  ihre  lebhaftesten  Sympathien.  Der  Ort  zeigte  sich  den 


-    vu    - 

Besuchern  im  Feiertagsgewande,  die  mit  lebhaften  Hochrufen 
empfangen  wurden.  Herr  Prof.  Ferk  schilderte  zuerst  das 
Zustandekommen  des  Museums,  worauf  die  Festgäste  dieses 
besichtigten.  Es  besteht  aus  dem  eigentlichen  Museum  und 
der  Bibliothek,  ersteres  wieder  aus  einer  landwirthschaftlichen 
und  einer  historischen  Abtheilung.  Der  Eindruck,  welchen  die 
Fülle  der  in  diesem  Museum  enthaltenen  Gegenstände  auf  die 
Festgäste  machte,  war  die  der  Ueberraschung  und  Bewunderung 
und  gaben  daher  alle  ihre  Zustimmung,  als  nachher  der  Vor- 
schlag gemacht  wurde,  diese  neue  Schöpfung  nach  dem  Namen 
des  Gründers  „Ferk-Museum**  zu  nennen. 

8.  Am  12.  Juli  1880  fand  die  33.  Vierte^jahrsversammlung 
statt,  in  welcher  Herr  Professor  Ferdinand  Wal  eher  einen 
Vortrag  über  den  Bauernkrieg  vom  Jahre  1525  hielt.  Herr 
Prof.  Walcher  gedenkt  über  dieses  Thema  noch  einmal  in 
einer  Versammlung  des  Vereines  zu  sprechen  und  wird  dann 
über  den  Inhalt  der  beiden  Vorträge  Bericht  erstattet  werden. 
In  dieser  Versammlung  theilte  der  Ausschuss  auch  mit,  dass 
der  Verein  in  der  diesjährigen  Landtagssession  Gefahr  lief, 
die  ihm  seit  seinem  Bestehen  alljährlich  gewährte  Subvention 
(von  525  fl.)  in  minderem  Umfange  zugewiesen  zu  erhalten. 
Doch  nahmen  sich  einige  den  Bestrebungen  des  Vereines 
gewogene  Herren  Landtagsmitglieder  der  Angelegenheit  des 
Vereines  in  erfolgreicher  Weise  an  und  wurde  die  bisherige 
Summe  bewilligt  Diesen  Herren  wurde  der  Dank  des  Vereines 
öffentlich  votirt 

9.  Der  historische  Verein  hat  sich  mit  seinen  Publi- 
cationen  und  Drucksorten  auch  an  der  Landesausstellung 
betheiligt  und  kann  der  Ausschuss  mittheilen,  dass  seine 
Bestrebungen   durch   das  Ehrendiplom    ausgezeichnet  wurden. 

10.  Am  18.  August,  dem  50jährigen  Geburtstage  Sr. 
Majestät  des  Kaisers  Franz  Josef,  hat  der  Verein  durch  zwei 
Ausschassmitglieder  dem  Herrn  Landespräsidenten  Baron 
Myrbach  seine  Glückwünsche  ehrfurchtsvoll  ausgesprochen. 

11.  Am  27.  October  fand  die  34.  Vierte^jahrsversammlung 
statt,  in  welcher  Herr  Begierungsrath  Dr.  Richard  Peinlich 


-     VIII     - 

einen  Vortrag  hielt.  Er  behandelte  darin  die  steirischeSittenpolizei 
im  16.  Jahrhunderte  in  Betreff  der  Unsittlichkeit  im  geschledit- 
liehen  Verkehre  sowohl  lediger  als  verehelichter  Pereonen  mit 
Andeutungen  über  die  Zustände  vor  dem  bezeichneten  Zeit- 
räume, sprach  über  Reformen  durch  Ferdinand  I.  und  Karl  IL. 
wies  auf  die  Polizeiordnungen  von  1530  bis  1596  und  die 
Landtagsverhandlungen  hin,  und  erwähnte  der  Strafen  und 
Mandate  in  Betreff  einzelner  Stände. 

12.  Am  18.  November  feierte  das  Ehrenmitglied  des 
Vereines  Herr  Gottfried  Ritter  von  L  e  i  t  n  e  r ,  welchen  der 
Verein  als  Mitbegründer  und  eifrigen  Mitarbeiter  zu  ehren 
hat,  seinen  80.  Geburtstag.  Der  Ausscimss  hat,  um  dem  ver- 
dienten Manne,  dem  bei  dieser  Gelegenheit  von  allen  Seiten 
Beweise  der  Anerkennung  und  Hochachtung  zukamen ,  auch 
seinerseits  ein  Zeichen  seiner  dankbaren  Verehrung  zu  geben, 
eine  Adresse  anfertigen  lassen,  welche  ihm  am  17.  November 
von  dem  gesammten  Ausschusse  überreicht  wurde. 

13.  Auch  in  diesem  Vereinsjahre  erfreuten  sich  die 
Geselligkeitsabende  des  Vereines  der  lebhaften  Theilnahme 
des  Publicums.  Solche  fanden  statt: 

1.  am  4.  Februar.  Herr  Prof.  Karl  Reissenberger 
sprach  über  das  höfische  Leben  im  Mittelalter; 

2.  am  18.  März.  Herr  Prof.  Dr.  F.  Krön  es  Ritter  von 
Marchland  hielt  einen  Vortrag  über  das  Zauber-  unJ 
Receptierbuch  Stangl's; 

3.  am  17.  November.  Herr  Prof.  Dr.  W.  Gurlitt  sprach 
über  seine  Reisen  im  Peloponnes; 

4.  am  14.  December.  Herr  Dr.  A.  Schlossar  behandelte 
in  einem  Vortrage  die  St.  Ghristophsbruderschaft  und 
ihre  Bedeutung; 

5.  am  24.  Jänner  1881.  Herr  Dr. Richard  Maria  Werner 
behandelte  die  älteren  Wiener  Operntexte. 

14.  Am  26.  Jänner  1881  fand  die  33.  allgemeine 
Jahresversammlung  statt  Herr  Regierungsrath  Dr.  Richard 
Peinlich  hielt  einen  Vortrag  über  „steiermärkische  Kleider- 
ordnungen des  16.  Jahrhunderts'';  dieser  Vortrag  behandelte 


-     IX     - 

folgende  Hauptpuncte:  Vorgeschichtliches  über  den  Luxus  in 
der  Kleidertracht  in  allen  Ständen ;  Streben  der  LandesfUrsten 
und  Stadtbehörden  demselben  zu  begegnen;  Mandate  Kaiser 
Ferdinand's  L,  des  Augsburger  Reichstages,  Karl's  IL,  land- 
schaftliche Verhandlungen ,  Unterschied  der  Kleiderordnung 
von  1542  und  1577,  Schilderung  einzelner  Trachten  und  ihrer 
Uebertreibungen ,  Urtheil  der  Prediger  und  Sittlehrer  über 
Pluderhosen  und  Halskrausen,  Fruchtlosigkeit  aller  Massnahmen 
gegen  den  Luxus. 

Der  Bericht  des  Ausschusses  gedachte  der  nächsten 
Arbeiten,  der  Geschenkgeber,  der  Bezirks-Correspondenten,  von 
denen  besonders  die  Bemühungen  der  Herren  Anton  Aust 
in  Gaal,  Johann  Krainz  in  Eisenerz  und  Hans  Lange  in 
Fürstenfeld    hervorgehoben    wurden ,    der  Ortschronisten   etc. 

Der  Cassabericht  konnte  einen  sehr  günstigen  Stand 
der  Finansen  berichten.  Er  wies  auf  die  wohlthätigen  Folgen 
der  Einhebung  der  Mitgliederbeiträge  durch  Postnachnahme 
hin  und  hob  hervor,  dass  fast  alle  Rückstände  beglichen 
wurden.  Freilich  hatte  sich  der  Ausschuss  in  diesem  Jahre 
genöthigt  gesehen,  einige  Mitglieder,  welche  trotz  aller  Mahnungen 
ihren  Verpflichtungen  nicht  nachkamen ,  aus  der  Liste  der 
Mitglieder  zu  löschen.  Diese  Einzahlung  der  Rückstände  ist 
für  die  Vereinsökonomie  von  der  grössten  Bedeutung,  da  die 
Vereinscassa  jetzt  nicht  mehr  genöthigt  ist,  bezüglich  ihrer 
Haupteinnahmsquelle  mit  Zahlen  zu  rechnen,  die  sonst  nur 
auf  dem  Papiere  standen  und  zum  grossen  Theile  imaginär 
waren. 

Der  Stand  der  Finanzen  wolle  aus  der  weiter  unten 
folgenden  Zusammenstellung  ersehen  werden. 

Da  nach  den  Statuten  sechs  Ausschussmitglieder  aus- 
zutreten hatten,  so  wurden  Wahlen  vorgenommen,  und  zwar 
wurden  gewählt: 

Zum  Vereinsvorstande  Herr  Dr.  Franz  Ilwof,  Director 
der  Landes- Oberrealschule;  zum  Vorstand-Stellvertreter  Herr 
Prot  Dr.   Franz   Krone  s   Ritter   von   Marc  bland;   zum 


-     X     - 

Cassier   wurde   der   bisherige   Cassier  Herr   Heinrich    Noe, 
Dircctor  der  Staats  -  Oberrealscbole  per  accl.   wiedergewählt 

Zu  Ausschossen  wurden  gewählt:  die  Herren  Prof.  Dr 
Ferdinand  Bischoff,  Prof.  Dr.  Josef  von  Zahn  und  Prot 
Franz  Ferk. 

Zu  Rechnungsrevidenten  wurden  gewählt:  Herr  Cassier 
Karl  Burkhardt,  welcher  sich  schon  viele  Jahre  dieser 
Mühewaltung  unterzogen  und  Herr  k.  k.  Statthalterei-Rechnungs- 
Director  Franz  Z eidler. 

Zuletzt  sprach  der  bisherige  Vorstand  Herr  Prof.  Krön  es 
den  Herren  Cassier  Director  No6  und  Schriftfbhrer  Dr. 
F,  Mayer  seinen  Dank  fQr  den  Eifer  aus,  den  sie  während 
seiner  Vorstandschaft  an  den  Tag  gelegt,  worauf  über  Antrag 
des  Herrn  Prof.  Wal  eher  die  Versammlung  dem  scheidenden 
Vorstande  ihren  Dank  für  seine  erfolgreiche  Thätigkeit  durch 
Erheben  von  den  Sitzen  kund  gab. 


Statt  der  historischen  Bibliographie  von  Steiermark, 
welche  der  Ausschuss  den  P.  T.  Mitgliedern  dieses  Jahr  über- 
geben zu  können  hoffte,  erscheint,  weil  der  Herr  Verfasser 
der  Bibliographie  das  Manuscript  derselben  bis  zum  heutigen 
Tage  (5.  Juli  1881)  noch  nicht  ablieferte,  dieses  umfangreichere 
Heft  der  „  Mittheilungen **,  welches  diesmal  auch  die  „Beiträge'' 
zu  vertreten  hat,  da  von  der  Publication  der  letzteren  w^en 
Kürze  der  Zeit  abgesehen  werden  musste.  Zugleich  übermittelt 
der  Ausschuss  den  P.  T.  Mitgliedern  die  „Festschrift  zur 
Erinnerung  an  die  Feier  der  vor  700  Jahren  stattgefündenen 
Erhebung  der  Steiermark  zum  Herzogthume  (1180)*'. 


Veränderungen 


im 


Personalstande  des  Vereines 

in  der  2^it   vom    I.  Jänner   bis  Ende  December  1880. 


Zugewachsen. 

Ordentliche   Mitglieder. 

Back  Franz,  Oberlehrer.  —  Blaschke  Karl,  k.k.  Finanzrath.  — 
ßolfek  Victor,  k.  k.  Oberst  i.  R.  —  Budinsky  Gustav,  Rechnungs- 
revident  i.  R.  ~  Cilli,  die  Bezirkslehrcrbibliothek.  —  Grollolanza 
Gustav,  Ritter  von,  Bezirkshaupt  mann.  —  DebuigneKarl,  Advocaturs- 
Concipient.  —  Eberl  Josef,  Postadniinistrator.  —  Fischer-Rolf, 
Marie,  Fräulein,  Private.  —  Forchheimer  Eduard,  Privatier.  — 
Fraidl  Franz,  Dr.  und  Universitäts-Professor.  —  Gebell  Wilhelm, 
Dr.  und  Universitäts-Professor.  —  Gross  Johann,  Gaplan.  —  Gudenus 
Ernst,  Reicbsfreiherr.  —  Hofbauer  Leopold,  Yicar.  —  Holzinger 
Josef  Bonaventura,  Advocat.  —  H  u  b  k  a  Ernst,  Pfarrer.  -  ■  Klammer 
Josef,  Privat. —  Kor  ab  von  Mühlström  Franz  Ritter,  k.k.  Ilufrath 
und  Finanz-Landes-Director.  —  Leiden  fr  ost  Robert,  Dr.  und  evangel. 
Pfarrer.  —  Lukas  Georg,  Dr.  und  Gymnasial- Director.  —  Macherl 
Feter,  Dr.  und  Präfect.  —  Marzani  Albert,  Graf,  Bezirks-Commissär. 

—  Maurer  M.  Floridus,  Chorherr  des  Stiftes  Yorau.  —  Moser 
Georg,  Lehrer.  —  M u r n i k  Othmar,  Dechant  in  Mariazeil.  —  Myrbach 
von  Rheinfeld,  Franz  Freiherr,  k.  k.  Hofrath  und  Landespräsident.  — 
Palla  Josef,  Professor.  —  Pröll  Clement,  Lehrer.  —  Puster 
Matthäus,  Pfarrer.  —  Riezelmaier  Josef,  Oberlehrer.  —  Roiek 
Johann,  Landesschul - Inspector.  —  Staudenheim  Ferdinand,  Ritter 
von,  Privat.  —  Teichmeister  Franz,  Lehrer.  —  Tomaschek 
Wilhelm,  Professor.  —  Z  i  n  d  1  e  r  Johann,  Dr.  und  LandesschuMnspeotor. 
Zusammen  36  Mitglieder. 

Abgegangen. 

Au  sgetreten: 
Brandts  Anton,  Graf.  —  Bruch  Heinrich,  Msgor  i.  R.  — 
Conrad  von  Eybesfeld  Sigmund,  Freilierr.  —  Findeys  Ludwig, 
Capitular.  —  Gross  Johann,  Caplan.  —  Guggen berger  Josef, 
Professor.  —  Haim  Johann,  Pfarrer.  —  He  seh  1  Richard,  Dr.  Med., 
k.k.  Hofrath  und  Universitäts-Professor.  —  Ilg  Albert,  Dr.  und  Gustos. 

—  Krone 8  Franz,  Lehrer.  —  Kühnelt  Anna,  Private  —  Macun 
Johann,  Professor.  —  Mi  kusch  Alois,  Lehrer.  —  Murnik  Othmar, 
Dechant  in  Mariazell.  —  Nedwed  Anton,  Notar.  —  Pauer  Ludwig, 
Lehrer.  —  Pils  Jacob,  Oberlehrer.  —  Pröll  Ludwig,  Bezirksrichter. 

—  Senior  Karl,  Dr.  Med.  —  Stadl  Ottokar,  Freiherr.  —  Tech  et 
Kranz,  Pfarrer.  —  Wurmbrand  Ferdinand,  Graf.  Zusammen 
22  Mitglieder.  Gestrichen  wurden  statutenmässig  46  Mitglieder. 

Gestorben: 

Rosenberger  Theobald,  Dechant.  —  R  a z  1  a g  Jacob,  Dr. 
mjd  Gfiterverwalter.  —  Säur  au  Anna,  Gräfin,  geb.  Gräfin  Go8s.  — 
Welsersheimb  Karl,  Graf,  Domherr,  undWimpffen  Gustav,  Graf, 
k.  k.  F.-M.-Lieut.  i.  R.  Zusammen  6  Mitglieder. 

Verbleibt  der  Mitgliederstand  Ende  December  1880  :  296. 


XII     — 


Ausweis  über  die 

des  historisclieii  Vereines  für 


»r. 


Eiiiuahinen 


Oest.  Währ, 


11.     kr.      fl. 


V- 


7 

8 


1  Cassarest  vom  Jahre  1879 

2;  Zinsen  von  angelegten  Capitalien 

3  Beiträge  der  P.  T.  Mitglieder: 

a)  fllr  das  Vereinsjahr   1872 

h)     „      r,  „     1873 

C)      n        n  n  1874 

d)  n        n  »       1875   

e)  n      n  n  1876 

f)  „        n  n  1877   

9)      n        n  n  1878   

Ä)  n   „      „  1879  

i)      n        n  n  1880 

Kß      n        n  n       aOoI   .  •  •  •  •    *  • 

Summe  der  Mitgliederbeiträge  .    . 
Subvention  des  h.  Ministeriums  f.  C.  u.  U.    •    •    • 

„  »     h.  steierm.  Landtages 

Für  verkaufte  Vereinspublicationcn : 

a)  „Mittheilungen"  und  ^Beiträge" 

h)  „Muchar's  Geschichte  der  Steiermark"  .    .    . 

c)  rZahn,  Urkundenbuch  der  Steiermark"  .    .    . 

d)  ^BischofT,  Steiermark.  Landrecht" 

e)  „Schriften  des  hist.  Vereines  f.  InnerÖsterr." 

f)  „Festschrift    zur   Feier    der   Erhebung    der 
Steiermark  zum  Herzogthme" 

g)  „Sigismund    Graf   v.  Auersperg's    Tagebuch 
vom  Jahre  1797" 

h)  „Krones,    Geschichte   des  hist.  Vereines  für 

Steiermark" 

t)  „Ansichten  von  Marburg  und  Judenburg"  .   » 


— ,  8431-2 
-■     4^•2I 


lOr 
10—     — 

16 

37 

77 
136 
246 
339 

97322   — 
9  — 


185S22 
bOti  — 
525  — 


14005  —  — 
4018    —    - 

30540;  —  - 
8  -'  —  - 
2  _    -- 

218     -  I- 


14 


50 

40. 


Zusammen 
Geschenk  des  Freiherrn  von  Gudenus  .... 
Taxe  für  1  Mitgliederdiplom 


Gesammtsumme  der  Einnahmen  im  Jahre  1880 


50i;7o 
15  — 

9 


428S30 


xm 


Cassa-Gebahrung 

Steiennark  im  Jahre  1880. 


Sr. 


1 
2 

4! 


5' 


10' 


Au  Stäben 


Oest.  Währ. 


fl.     kr.     fl.     kr. 


Honorar  an  den  Hilfsbeamten  des  Vereines    .   .    . 

Jahreslöhnung  des  Vereinsdieners 

Neajabrsgescbenke   und   sonstige   Remunerationen 

an  die  Vereinsbediensteten 

Kanzleibedfirfnisse  (Porti,  Stempel,  Papier,  Tinte, 

Drucksorten  etc.) • 

Reinigung   der  Kanzlei   im  Jahre  1879   und  1880 

und  Anstreichen  der  Kanzleithüre 

Kosten  der  Vereinsversammlungen 

Restzahlung   für   den  Druck   des   IL  Bandes    des 

„Ürkundenbuches  der  Steiermark** 

Dmckkosten  der  „Mittheilungen*",  XXVII.  Heft  (1879) 

„  „  „Beiträge«,  16.  Heft  (1879)    .    .    . 

Kosten  d.  Herausgabe  d.  „Mittheilungen",  XXVIIl. 

Heft  (1880)  u.  d.  „Beiträge«  (17.  Heft  (1880): 

ä)  Honorare  der  Autoren 

b)  Druckkosten  der  Mittheilungen 

e)  „  „    Beiträge 

d)  Buchbinderarbeit 


11 


12 


13 

14 

15 

,16 

17 
18 


Zusammen  .  . 
Kosten  für  Herausgabe  der  „Festschrift  zur  Feier 

d.  Erhebung  d.  Steiermark  z.  Herzogthume'' 
Kosten  fQr  150  Separatabdrücke   des  „Sigismund 

Graf  V.  Auersperg'schen  Tagebuches  v.  1807 

(aus  dem  XXVIU.  Heft  der  Mittheilungen'') 
Für  Versendung  v.  Vereinsschriften  durch  Leuschner 

und  Lubensky 

Beitrag  zum  „Gesammtvereine«  etc.  in  Darmstadt 
„  an  das  german.  Nationalmuseum  in  Nürnberg 
Kosten  der  Theilnahme  an  der  Landesausstellung 
Adresse  an  R.  y.  Leitner  zum  80.  Geburtstag  .  . 
Für  das  Abschreiben  von  Urkunden 


Gesammtsumme  der  Ausgaben  im  Jahre  1880  .    . 

Bilanz 

Summe  der  Einnahmen 

Davon  ab  die  Ausgaben  mit 

So  verbleibt  mit  Schluss   des  Vereinsjahres   1880 

ein  Rest  von  ....    • 

Dieser  Cassarest  besteht  aus: 

a)  angelegten  Capitalien 

b)  barem  Gelde 


24050 

480|50 

23734 

8327 


180 
96 

42 

117 

16 
69 

193 
402 
295 


18 


25 
15 

50 


99161 


88 


50 


81 


24 
5 
5 
7 

26 
1 


77 
82 


75 
10 


156550 
14112 


2581 


4288 
2581 


68 


30 

68 


170r.62 


Zusammen  wie  oben  .   . 

Heinrich  NoS, 

d.  Z.  Cusier. 


—  1706.62 


Den  Sammlungen  des  Vereines 

Bind   Yom    1.   J&nner  bis   Ende   December   1880   ingekommen: 

A.  Für  die  Bibliothek. 


1.  Durch  Schenkung. 

4345.  Grftz:  Das  Ordinariat  des  Bisthums  Seckan,  den  geistlicheo 
Personalstand  pro  1880. 

4346.  Marburg:  Das  Ordinariat  des  Bisthums  Larant,  den  geistlichen 
Personalstand  pro  1880. 

4347.  Admont:  Die  Benedictiner- Abtei ,  den  geistlichen  Personalstanil 
(Gatalog)  pro  1880. 

4348.  Este,  ProY.Padua,  die Manicipalität :  j, Gatalog  ihres  Archires'^,  1 880. 

4349.  Graz,  die  Verwaltung  des  Anna-Kinderspitales:  ,,86.  Rechen- 
schaftsbericht für  das  Jahr  1879^. 

4350.  Gelcich  Giuseppe,  Docent  in  Ragusa:  a)  „Le  lettere  e  le  arti 
alle  Bocche  di  Cattaro",  Fase.  I.  1879 ;  —  b)  „Memorie  storiehe 
sulle  Bocche  diCattaro**,  Zaral880;—  c)  „LeDisgrazie  dt  Cas- 
pare Guzman  Gonte  d'Olirarez*',  1880. 

4351.  Krainz  Johann,  Lehrer  in  Eisenerz:  a)  „Mythen  und  Sagen  ans 
dem  steier.  Hochlande '^ ,  Heft  8 — 7;  —  b)  „E.  H.  Johann  der 
Schutzengel  von  Steiermark",  Wien  1880;  —  „Denkwürdige 
Männer  aus  Steiermark^. 

4352.  Meixner  Anton ,  Missar  zu  Gabersdorf :  a)  ninstrirten  Volks- 
kalcnder  für  das  Jahr  1856,  von  F.  Menk-Dittmarsch,  2.  Jahr^g.. 
4.  Auflage;  —  b)  Kottowitz,  Gurort  Gleichenberg;  —  c)  Schloss 
Wildon ,  von  Karl  Lewohl ;  —  d)  Steier.  Nationalkalender  yom 
Jahre  1821;  —  e)  etliche  Urkunden  des  St.  Georger  Land- 
gerichtes und  —    f)  eine  Sammlung  yon  Haus-  und  Eigennamen. 

4353.  Oroien  Ignaz,  Domherr  in  Marburg:  nDtiS  Bisthum  nnd  die 
Diöcese  Lavant«",  lü.  Theil,  1880. 

4354.  Wichner  Jacob,  Pater  in  Admont:  „Schlussheft  der  Geschichte 
des  Benedictinerstiftes  Admont  vom  Jahre  1466  bis  auf  die 
neueste  Zeit",  gedr.  Graz  1880. 


—    XV     - 
2.  Im  Sekriftentausclie. 

4355.   Aaraa,  histor.   Gesellschaft  des   Gantons  Aargaa:    „Argovia''^ 

Band  XI,  Aaran  1880. 
4366.   Agram,  südslav.  Akademie  der  Wissenschaften :  a)  Rad,  Band  50, 

51,  52,  53 ;  —  b)  Monnmenta,  Band  10  und  Monumenta  Bagusina, 

Band  I,  1879. 

4357.  Agram,  croatisch-archeologischer  Verein :  a)  „Wiestnik^  Band  2, 
Heft  1—4,  1880;  —  b)  Rechenschaftsbericht  ftkr  das  Jahr  1879. 

4358.  Amsterdam,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften :  a)  Jahrbuch  pro 
1878;  —  b)  Yerslagen  en  Mededeelingen  der  Letterkunde, 
2.  Reeks,  8.  Theil,  1879 ;  —  c)  Yerhandelingen  der  Letterkunde, 
12.  Theü,  1879. 

4359.  Antwerpen,  königl.  archeologische  Akademie  in  Belgien  (Anvers): 

a)  ,Annales<<,   85.  Band,   (der   8.    Serie   Tome   Y),   1879;    — 

b)  »Bulletin«,  ü.  Band,  3.  Serie,  Fase  4  u.  5 ;  -  der  II.  Partie, 
Fase.  U-Y. 

4360.  Augsburg,  histor.  Yerein  im  Regierungsbezirke  Schwaben  und 
Neuburg:  „Zeitschrift**,  6.  Jahrgang,  Heft  1,  2  und  8,  1879. 

4361.  Bamberg,  histor.  Yerein  für  Oberfranken:  42.  Bericht  Aber 
Bestand  und  Wirken  des  Vereines  im  Jahre  1879. 

4362.  Berlin,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften :  a)  „Monatsberichte« 
des  Jahres  1880;  —  b)  Abhandlungen  philologisch  -  historische, 
aus  dem  Jahre  1879. 

4363.  Berlin,  Yerein  „Deutscher  Herold« :  „Zeitschrift^  X.  Jahrgg.  1879. 

4364.  —      Yerein   für  die  Geschichte  Berlins:    a)  „Schriften«,  Heft 

16,  17,  1880 ;  —  b)  ürkundenbuch  zur  Berliner  Chronik, 
Bogen  87  bis  129  des  1.  Bandes. 

4365.  Bern,  histor.  Yerein  des  Cantons :  „Archiv«,  9.  Band,  4.  Heft,  1 879. 

4366.  ~    allgemein  geschichtsforschende   Gesellschaft  der  Schweiz: 

„Jahrbuch«,  6.  Band,  Zürich  1880. 

4367.  Böhmisch-Leipa,  der  nordböhmische  Excursions- Club:  a)  Statuten 
des  Vereines;  —  b)  „Mittheilungen«,  2.  und  3.  Jahrgang,  1879 
und  1880,  Heft  1—4;  —  c)  „Zehn  Excursionen  im  Jahre  1878«, 
gedr.  1880. 

4368.  Bonn,  Verein  der  Alterthumsfireunde  im  Rheinlande:  „Jahrbücher«, 
Heft  66-69,  gedr.  1879  und  1880. 

4369.  Brandenburg  (am  Havel),  histor.  Verein :  „MErkische  Forschungen«, 
15.  Band,  Berlin  1880. 

4370.  Bregenz,  Yorarlberger  Museums-Yerein :  „19.  Rechenschaftsbericht 
des  Jahres  1879«. 

4371.  Bremen,  Abtheilnng  des  Künstlervercines  für  bremische  Geschichte 
und  Alterthümer:  „Jahrbuch«,  Band  XI,  anno  1880. 


—     XVI     — 

4372.  Breslau,   schles.   Gesellschaft  vaterländ.   Caltor:     „57.   Jabies- 

bericht«,  1879. 

4373.  —         Verein   für  Geschichte   und  Alterthum   von  Schlesien: 

a)  Zeitschrift,  15.  Band,  Heft  1;  —  b)  Regesten  zur 
schles.  Geschichte,  3.  Lieferung,  1880;  —  c)  Act» 
Publica,  Band  5,  1880. 

4374.  Brunn,  historisch- statistische  Section  der  mähr. -schles.  Gesellschaft 

zur  Beförderung  des  Ackerbaues,  der  Natur-  und  Landes- 
kunde: „Schriften**,  24.  Band,  1880. 

4375.  —      mährisches  Landesarchiv:  „Libri  citationum  et  pühonum-» 

lU.  Band ,   2.  Abtheilung,    1880.    (Von  Vincenz  Brandl^. 

4376.  Budapest,  königl.  ungar.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Ai- 
chaeologiai  Ertesitö,  Jahrgang  1880,  14.  Band,  Heft  1  nnd  % 
dann  4  und  5;  —  b)  Monumenta  Hung.  Historica,  in  oszt^ly. 
(von  Fraknoi),  Band  VI ;  —  c)  Monumenta  Hegni  TransUv.  (tod 
Szilägyi),  Band  IV  und  V;  —  d)  Archivum  Räköczianum,  I.  oszUly. 
Band  VI  und  VII;  —  a)  Literarische  Berichte  aus  Ungam, 
Jahrgang  1878  und  1879,  je  zu  4  Hefte ;  —  f)  Szörenyi  Bänsi^ 
(von  Pesti  Frigyes),  Band  I— IH,  1878. 

4377.  Cassel,  hessischer  Verein  für  Geschichts-  und  Alterthumsknndi 
von  Cassel,  Darmstadt  und  Mainz:  a)  „Zeitschrift**,  N.  F.,  8.  Bd 
3.  und  4.  Heft  1880;  —  b)  „Mittheilungen ^ ,  Jahrgang  1879, 
2.  3.  und  4.  Heft,  Jahrgang  1880,  1.  und  2.  Heft. 

4378.  Chemnitz,  Verein  für  Chemnitzer  Geschichte:  „Mittheilangen", 
2.  Heft,  Jahrbuch  für  1876—1878. 

4379.  Christiania,  Verein  zur  Erhaltung  und  Aufbewahrung  nordischer 
Yorzeitdenkmäler:  a)  „Foreningen  til  norske  förtidsmindesmerkers 
Bevaring,  für  das  'Jahr  1879;  —  b)  „Norske  Bygninger  fra 
fortiden**,  11.  Heft,  1880. 

4380.  Chur,  geschichtsforschende  Gesellschaft  für  Graubünden : .  9.  Jahi^- 
bericht«,  1879. 

4381.  Dijon,  die  Commission  des  Antiquit^s  du  departement  de  la  Coti' 
d'Or:    „Mömoires"  tomo  9  der  Jahre  1874,  1875,  1876  u.  1677. 

4382.  Donaueschingen,  Verein  für  Geschichte  und  Naturgeschichte: 
„Schriften",  8.  Heft,  1880. 

4383.  Dorpat,  gelehrte  estnische  GeseUschaft:  a)  „Verhandlongeo*. 
9.  und  10.  Band,  1.,  2.  und  3.  Heft,  1880;  —  b)  „Sitzungs- 
berichte", Jahrgang  1878  und  1879. 

4384.  Dresden,  königl.  sächsischer  Alterthumsverein:  a)  „MittheUiingen*, 

30.  Heft,  1880;  —  b)  Jahresbericht  1879/80. 

4385.  -—       Verein   für  Geschichte    und  Topographie  Dresdens   xmd 

Umgebung:  „Mittheilungen**,  3.  Heft,  1880. 


—  xvn   - 

4386.  Elberfeld,  bergischer  Geschichtsverein:  „Zeitschrift^,  15.  Band, 
1.  and  2.  Heft,  1879. 

4387.  Frankfurt  am  Main,  Verein  für  Geschichte  undAlterthumskunde: 
a)  «Mittheilungen",  5.  Band,  4.  Heft,  1879;  —  b)  „Neujahrs- 
blaU**  fbr  das  Jahr  1880;—  c)Die  Entwicklung  der  Gesellschaft 
zur  Beförderung  nützlicher  KOnste  und  deren  Hilfswissenschaften 
in  Frankfurt  am  Main,  1879. 

4388.  Frauenburg  in  Ostpreussen,  der  histor.  Verein  für  Ermland: 
„Zeitschrift"',  Band  7,  Heft  1  und  2;  der  ganzen  Folge  21.  und 
22.  Heft,  Jahrgang  1879,80. 

4389.  Fraaenfeld,  histor.  Verein  des  Gantons  Thurgau:  „Beiträgt, 
20.  Heft,  1880. 

4390.  Freiberg  in  Sachsen,  AlterthumsYerein:  „ Mittheilungen ",  Heft  16, 
1879. 

4391.  Freibarg  im  Breisgau,  Gesellschaft  zur  Beförderung  der  Geschichts-, 
Alterthums-  und  Volkskunde:  „ Zeitschrift **,  5.  Band,  1.  lieft, 
1880,  5.  Band,  2.  Heft,  1880. 

4392.  St.  Gallen,  histor.  Verein :  a)  Joachim  von  Watt,  deutsche  histor. 
Schriften,  3.  Band,  1879;  ~  b)  Urkundenbuch  der  Abtei 
St.  Gallen,  3.  Theil,  (6.  und  7.  Lieferung,  1330—1859),  gedr. 
1879. 

4393  Genovay  Societä  Ligure  di  storia  patria :  a)  Indice  degli  Atti  del 
Volume  Vn,  Parte  I ;  —  b)  Atti,  Volume  VH,  Parte  U,  Fase.  I ; 
-  c)  Atti,  Volume  XEI,  Fase.  HI,  1879. 

4394.  Glarus,  histor.  Verein:  »Jahrbuch**,  17.  Heft,  1880. 

4395.  Görlitz,  Oberlausitzische  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  Neues 
Lausitzisches  Magazin,  56.  Band,  Heft  1,  1880. 

4396.  Gdttingen,  kOnigl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  Nachrichten 
ans  dem  Jahre  1879. 

4397.  Graz,  Carl   Franzens-Üniversit&t :     a)   Vorleseordnung  für   den 

Sommersemester  1880  und  fOr  den  Wintersemester  1880/81. 

4398.  —   technische  Hochschule  am  Joanneum:  ^.Programm'*  für  das 

Studieigahr  1880/81. 

4399.  —    Steiermark.  Landesansschuss:  „68.  Jahresbericht  pro  1879** 

des  Joanneums  in  Graz. 

4400.  —    Staats-Oberrealschule:  8.  Jahresbericht  des  Schu^ahres  1880. 

4401.  —    steierm.  Landes  -  Oberrealschule :    „29.   Jahresbericht  des 

Studiei\jahres  1879/80**. 

4402.  —    Verein  derAerzte  in  Steiermark :  „Mittheilangen**,  16.  Jahr- 

gang, 1879. 

4403.  —    Christi.  Kunstverein  der  Diöcese  Seckau :  „Kirchenschmuck**, 

XI.  Jahrgang,  1880. 

MittheU.  de«  hirt.  Yereines  f.  Steiermark,  XXIX.  Heft,  1881.  B 


—    XVIII    — 

4404.  Graz,  akademischer  LeBererein  an  der  ünlTersitftt  nnd  technisdieD 

Hochschule:  „13.  Jahreshericht  pro  1880". 
4406.      —    Historiker-Gluh:  „3.  Jahresbericht^'  pro  1879^. 

4406.  Oreifswalde,  königl.  Universitäts-Bibliothek:  a)  85.  Inangiinü- 
Dissertationen  des  Jahrganges  1879;  —  b)  Yeneichniss  der 
Vorlesungen  des  Sommer-  und  Wintersemesters  1879.^80;  — 
c)  Index  Scholamm  f&r  dieselbe  Zeit. 

4407.  Halle  a.  d.  Saale,  thüringisch- s&chsischer  Verein  zur  ErforscboDg 
des  Vaterland.  Alterthums:  „Nene  Mittheilungen^ ,  Band  15, 
Heft  1. 

4408.  Hamburg,  Verein  für  hamburgische  Geschichte:  „Mittheflnngen^, 
III.  Jahrgang,  1880. 

4409.  Hanau,  Bezirksverein  für  hessische  Geschichte  nnd  Landeaknnde : 
„Mittheilungen''  Nr.  6,  Jahrgang  1880. 

4410  Hannover,  histor.  Verein  für  Niedersachsen:  a)  „Zeitschrift", 
Jahrgang  1880  und  „42.  Nachricht  des  Vereines;  —  b)  Syste- 
matisches Repertorium  der  im  Archive,  in  der  Zeitschrift  und  im 
hannoverischen  Magazin  enthaltenen  Abhandlungen,  1880. 

4411.  Harlem,  Bureau  scientifique  central  N^erlandais:  a)  Archives 
Neerlandaises  Tomo  XIV ,  Heft  3,  4  und  5 ,  Tomo  XV,  Heft  1 
und  2;  —  b)  Boletin  de  la  Academiea  Nacional  de  Ciencias  de 
la  Republica  Argentina,  Tomo  III,  Entrega  I  (Cördoba),  1879;  — 
c)  Programm  pro  1880  für  Preisschriften. 

4412.  Helsingfors,  finnlftnd.  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  a)  Acta, 
Tomo  XI;  —  b)  Bidragg  tili  k&nnedom  af  Finlands  Natur  och 
Folk,  82.  Heft;  —  c)  Observations  m^t^orologiques  anno  1878, 
gedr.  1880. 

4413.  Hermannstadt ,  Verein  für  siebenbOrg.  Landeskunde:  a)  Archiv, 
N.  F.  Band  XIV,  Heft  3  und  Band  XV,  Heft  1— 3 ;  —  b)  Jahres- 
bericht für  1878  und  1879;  —  c)  Programm  des  Hermannstidtcr 
Gymnasiums  für  1878  und  1879  —  und  d)  der  Hennannatidter 
Musikverein,  1877. 

4414.  Heidelberg,  Karl  Bartsch,  Hofrath  und  Professor  zu:  „Biblio- 
graphische Uebersichf  der  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 
germanischen  Philologie  im  Jahre  1879. 

4415.  Innsbruck,  Ferdinandeum :  „Zeitschrift",  24.  Heft,  1880. 

4416.  Kiel,  königl.  Schleswig  -  holstein  •  lauenburgische  Gesellschaft  für 
Geschichte  dieser  Herzogthümer:  a)  „Zeitschrift**,  Band  9,  1879; 
—  b)  36.  Bericht  zur  Alterthumskunde  Schleswig  -  Holsteins, 
gedr.  1879. 

4417.  Klagenfurt,  Geschichtsverein  für  Kärnten:  „Carinthia",  Zeitschrift, 
70.  Jahrgang,  1880. 


~     XIX     - 

44 1 8.  Klagenfurt,  natarhistorisches  Landesmuseum :  „Jahrbuch" ,  14.  Heft, 
27.  und  28.  Jahrgang ,   1878  und  1879 ,    gedr.  1880. 

4419.  K5hi,  histor.  Verein  für  den  Niederrhein:  „Annalen**,  84.  und 
86.  Heft,  1879—1880. 

4420.  Königsberg,  königl.  und  Universitäts-Bibliothek :  »Altpreussische 
Monatsschrift'',  N.  F.,  Jahrgang  1880,  17.  Band,  Heft  1—8. 

4421.  Kopenhagen,  königl.  dänische  Gesellschaft  fQr  nordische  Alter- 
thumskunde:  a)  „Aarboger**,  Jahrgang  1878,  Heft  2 — 4,  Jahr- 
gang 1879,  Heft  1-4,  Jahrgang  1880,  Heft  1;  —  b)  „Tillaeg", 
Jahrgang  1877  und  1878. 

4422.  Krakau ,  königl.  Akademie  der  Wissenschaften:  a)  Bozprawy  i 
Sprawozdania  z  Posiedzeü  wydzialu  histor.  filozoficznego,  Tomo  XI, 
1879  und  filologicznego ,  Tomo  YH,  1880;—  b)  Monumenta 
Medii  Aevi  historica  res  gestas  Polonise  illustrantia ,  Tomo  Y, 
1879; —  c)  Sprawozdania  Komisyi  do  badania  historyi  sztuki  w 
Polsce,  zeszyt  lY,  1879  und  tomo  H,  Heft  1,  1680;  — 
d)  Acta  Historica,  Yolume  IH  und  lY,  1879;  —  e)  Zabytki 
Przedhistoriczne  ziem  Polskich,  Seryja  I,  1879;  —  f)  Rocznik 
Zarzadu,  für  das  Jahr  1879;  —  g)  Katalog  rekopisöw,  Heft  Y, 
1880;  —  h)  Pamietnik  wydzialy:  filologiczny  i  historiczno- 
filozoficzny,  tomo  lY,  1880;  —  i)  Legenda  Obrazowa  o  Swiet6j 
Jadwizde  ksieznie  Szlazkiej,  1880. 

4423.  Laibach,  Obergymnasium:  „Jahresbericht^  des  Schuljahres  1880. 

4424.  Lausanne,  Soci^t4  d'histoire  de  la  Suisse  romande:  „M^moires 
et  Docpmento'',  tome  XXXH,  1880. 

4425.  Leeuwarden,  Gesellschaft  für  friesische  Geschichte,  Alterthums- 
ond  Sprachenkunde :  a)  Yerslag  der  Handelingen  pro  1878/79 ;  — 
b)  Gesta  Abbatum  Orti  Sancte  Marie  (von  Aem.  W.  Wybrands), 
1879;  —  c)  De  Yr^e  Fries.  Mengelingen,  14.  Theil,  8.  Folge, 
2.  Theil,  8.  Heft,  1880;  —  d)  Register  van  den  Aanbreng  yan 
1511  en  verdere  Stnkken  tot  de  Floreenbelasting  betrekklyk, 
1.--4.  Theil,  1879. 

4426.  Leiden,  Maatschappy  der  Nederlandsche  Letterkunde:  a)  Hande- 
lingen en  Mededeelingen  Tom  Jahre  1879 ;  —  b)  Levensberichten 
der  afgestonrene  Medeleden,  1879. 

4427.  Leipzig,  königl.  sächs.  Gesellschaft  der  Wissenschaften :  „Berichte'', 

Jahrgang  1879,  Heft  1  und  2. 

4428.  —     deutsche  morgenländ.  Gesellschaft:  a)  Wissenschaftlicher 

Jahresbericht  über  die  morgenländischen  Studien  vom 
October  1876  bis  December  1877,  Heft  1  und  2  (von 
Ernst  Kuhn  und  Albert  Socin),  1879;  —  b)  Zeitschrift 
34.  Band,  Heft  1-4,  1880. 

B* 


—    XX    — 

4429.  Graf  Ossolinski'sche  National-Instisut :  „Katalog  Rekopis^Sw",  ytm 
Dr.  Wojciech  Ketrzytiski,  Zeszyt  I,  Lemberg  1880. 

44S0.  Linz ,  Museum  Francisco  -  Garolinum :  38.  Bericht  nebst  der 
32.  Lieferung  der  Beiträge  zur  Landeskunde  von  Oesterreich  ob 
der  Enns,  1880. 

4431.  Lübeck,  Verein  für  iQbeck'sche  Geschichte  und  Alterthumskuode: 
,,Siegel  des  Mittelalters'',  Heft  10,  1879 

4432.  Lüneburg,  Museum sverein :  1.  und  2.  Jahresbericht  pro  187 :< 
und  1879. 

4433.  Luxembourg,  histor.  Section  des  Institutes  (Society  archeologiqQec 
„Publications",  33.  Band  (XI)  für  das  Jahr  1879,  34.  Bajid  (XII> 
pro  1880. 

4434.  Luzem ,  histor.  Verein  der  fünf  Orte  Luzem ,  Schwyz ,  unter* 
walden  und  Zug:  „Geschichtsfireund«',  Bd.  34,  1879,  Bd.  35,  1860. 

4435.  Middelburg  in  Holland,  die  Zeeuwsch  Genootschap  der  Wetea- 
schappen:  a)  Verslag,  1879;  —  b)  Zelandia  illustrata,  1.,  2-, 
3.  und  4.  Lieferung  des  I.  Bandes  und  I.Lieferung  des  IL  Bandes: 
—  c)  28  Stück  Broschüren  verschiedenen  Inhaltes. 

4436.  Mitau,  kurländ.  Gesellschaft  für  Literatur  und  Kunst:  „Sitzongs- 
berichte-'  aus  dem  Jahre  1879,  gedr.  1880. 

4437.  München,  königl.  bair.  Akademie  der  Wissenschaften:     a)  „Ab- 

handlungen  der  histor.  Classe**,  Band  14,  Abtheflung  3, 
1879,  Band  16,  Abtheilung  1  und  2;  —  b)  Sitzungs- 
berichte, Jahrgang  1879,  Band  II,  Heft  3,  Jahrgg.  18S0, 
Heft  1—6;  —  c)  »Ignaz  von  Loyola  an  der  römischen 
Curie*'  (von  August  von  Druffel) ,  1879 ;  —  d)  .Das 
Haus  Witteisbach  und  seine  Bedeutung  in  der  deutschen 
Geschichte«'  (von  J.  von  DöUinger),  1880;  —  e)  »Die 
Pflege  der  Geschichte  durch  die  Wittelsbadier"  (von 
Dr.  Ludwig  Rockinger),  1880. 

4438.  —         histor.  Verein  von   und   für  Oberbaiem:     a)   Archiv, 

88.  Band,  1879;  —  b)  41.  Jahresbericht  fOr  das 
Jahr  1878,  gedr.  1880. 

4439.  —         Alterthumsverein :  „Die  Wartburg",  7.  Jahrgang,  1880. 

4440.  Münster,  Literar.  Handweiser:  19.  Jahrgang,  1880. 

4441.  Neuburg  an  der  Donau,  histor.  Filialverein:  nCoUectaneen-Blatt', 
43.  Jahrgang,  1879. 

4442.  New- York,  American  Museum  of  natural  history:  „Annoal-Report*^, 
für  das  Jahr  1880. 

4443.  Nürnberg,  germanisches  National-Museum:   „Anzeiger  für  Kunde 

der  deutschen  Vorzeit**,  N.  F.,  26.  Jahrgang,  1879  and 
25.  Jahresbericht. 


—    XXI    — 

1444.  Kflrnberg»  Verein  ftr  Geschichte    der  Stadt  Nttmherg:    „Mit- 

theilujigen%  Heft  2,  1880. 

1445.  Paris,  Soci^t^  des  antiquaires  de  France:  »M^moires",  89.  Band, 
der  4.  Serie  9.  Band.  1878,  6.  Band,  der  3.  Serie,  1880;  — 
«Bulletin«,  Tomo  Xm,  Jahrgg.  1877,  1878  u.  1879,  gedr.  1879. 

U46.    Pettau,  Bealgymnasinm:  „ll'^fthreshericht  des  Schuljahres  1880^. 
t447.    Petersburg,  kaiserl.  archeologische  Gommission:     „Rapport*^  für 

das  Jahr  1877. 
1448.    Poitieres,    Gesellschaft   der  Alterthurasforscher   des   westlichen 

Frankreichs:  .Bulletins«',  Jahrgang  1880,  1.— 4.  Quartal. 

4449.  Porrentnii,  la  Soci^tö  jurassienne  d'emulation :  ^ Actes'' ,  30. Session, 
1879. 

4450.  Prag,  königi.  böhm.  Gesellschaft  der  Wissenschaften:  „Sitzungs- 

berichte*', Jahrgang  1879. 

4451.  —     Verein    für    die   Geschichte    der  Deutschen    in  Böhmen: 

a)  .Mittheilungen",  18.  Jahrgang,  Nr.  III  und  IV,  19.  Jahr- 
gang, Nr.  1,  2  u.  3;  —  b)  .Chronik**  der  SUdt  Elbogen 
(1471—1604),  von  Dr.  L.  Schlesinger,  1879 ;  —  c)  18.  Jahres- 
bericht 1879/80. 

4452.  —     Lese-  und  Redehalle  der  deutschen  Studenten:     .Jahres- 

bericht" des  Verein^ahres  1878/79  und  1879/80. 

4453.  Regensburg ,    histor.    Verein   von    Oberpfalz    und    Regensburg: 

a)  „Verhandlungen",  der  N.  F.  26.  Band,  der  gesammten  Ver- 
handlungen, 84.  Band,  1879;  —  b)  „Bonifatius",  eine  etymo- 
logisch-diplomatische Untersuchung  (von  Dr.  Cornelius  Will.), 
1880. 

4454.  Reval,  die  estländisch-literarische  Gesellschaft:  ,. Archiv",  N.  F., 
Band  VII,  1880. 

4455.  Riga,  Gesellschaft  für  Geschichte  und  Alterthumskunde  der  Ost- 
seeprovinzen: .Mittheilungen",  12.  Band,  S.  Heft,  1880. 

4456.  Roma ,  die  königl.  Akademie  dei  Lincei :  . Atti" ,  Seria  3, 
Volume  IV,  Fase.  I,  a.  7. 

4457.  Salzburg,  Gesellschaft  für  Salzburger  Landeskunde:  ^Mit- 
theilungen^  des  20.  Vereinfgahres,  1880. 

4458.  Schmalkalden,  Verein  für  hennebergische  Geschichte  und  Landes- 
kunde: „Zeitschrift",  3.  Heft,  1880. 

4459.  Schwerin,  Verein  für  mecklenburgische  Geschichte  und  Alter- 
thumskunde: „Jahrbücher  und  Jahresbericht",  44.  Jahrgg.,  1879. 

4460.  Sigmaringen  ,  Verein  für  Geschichte  und  Alterthumskunde 
in  HohenzoUem :  .Mittheilungen" ,  12.  Jahrgang ,  1878/79, 
13.  Jahrgang,  1879/80. 

4461.  Speier,  histor.  Verein  der  Pfalz:  a)  .Mittheilungen",  Bd.  IX;  — 

b)  Gatalog  des  Museums,  1880. 


—  xxn  — 

4462.  Stade,  Verein  fttr  Geschichte  nnd  Alterthum:  ^  ^jLrtMr', 
7.  Band,  1880;  —    b)  die  Mflnzen  der  Stadt  Stade,  Wien  1879. 

4468.  Steinamanger ,  histor. •  archeologischer  Verein:  «A  TaBm^ye 
R^g^Bzeti-Egylet  ^vi  jelent^se",  8.  Heft,  1880. 

4464.  Stettin,  die  GeBellschaft  f&r  pommer'sche  Geschichte  und  Alter- 
thamsknnde:  „Baltische  Studien",  Jahrgang  SO,  Heft  1 — 1,  1880. 

4465.  Strassburg,  die  Universität  and  Landesbibliothek:  a)  Die  Nen- 
gründung  der  Strassbnrger  Bibliothek,  1871 ;  -^  b)  die  £inweihiuig 
der  Strassburger  Universität,  1872;  —  c)  der  erste  Rector  der 
Universität  zu  Argentorati ,  Johann  Friedrich  Bruch ,  1872 ;  — 
d)  der  Rectoratswechsel  an  der  Universität  tu  Strassburg  am 
81.  October  1874;  —  e)  9  Stück  Dissertationen  ans  dem  Jahre 
1877,  1878  und  1879. 

4466.  Stuttgart,  kOnigl.  Statist.- topographisches  Bureau:  a)  Wfirttem- 
bergische  Jahrbacher  fUr  Statistik  und  Landeskunde,  Jahrgg.  1879, 
Band  I,  2.  Hälfte  und  Band  11,  2.  Hälfte;  —  b)  VierteUahres- 
hefte  für  wOrttembergische  Landesgeschichte ,  Jahrgang  HI, 
Heft  1—4,  1880. 

4467.  Tettnang,  Verein  für  die  Geschichte  des  Bodensee's  und  seiner 
Umgebung:  .Schriften**,  7.  und  9.  Heft,  1876—1879. 

4468.  Triest,  la  Societä  del  Gabinetto  di  Minerva:  nArcheografo 
Triestino-,  N.  S.  Volume  VI,  Fase.  IV,  Febr.  1880,  Volume  VH, 
Fase.  I  e  n,  Agosto  1880. 

4469.  Ulm,    Verein   für  Kunst-   und  Alterthum:    ^Münster  -  Blfttta^, 

2.  Heft  (von  If'riedrich  Pressel),  Ulm  1880. 

4470.  Utrecht ,    histor.  Genootchap :    a)  B^dragen  en  Mededeelingen, 

3.  Theil,  1880;  —  b)  Werken,  neue  Serie,  Nr.  29  und  81. 

4471.  Venedig,  L'istituto  Veneto  di  scienze,  lottere  ed  arti:  nAtti«, 
seria  quinta,  tomo  IV,  dispensa  decima,  poi  tomo  V,  dispensa 
1  sino  10,  tomo  VI,  dispensa  1  a  9. 

4472.  Washington,  Smithsonian  Institution:  „Annual-Report*  für  das 
Jahr  1878. 

4473.  Wernigerode,  Harzverein  für  Geschichte  und  Alterthumsknnde : 
„Zeitschrift^  12.  Jahrgang,  1879,  8.  und  4.  Heft,  gedr.  1880,— 
18.  Jahrgang,  1880,  Heft  1,  2  und  Schlussheft. 

4474.  Wien,  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften :  a)  Sitzungsberichte 

^  der  philos.- histor.  Glasse,  90.  Band,  Heft  1,  2  und  S; 
91.  Band,  Heft  1  und  2;  92.  Band,  Heft  1,  2  und  S; 
98.  Band,  Heft  1—4;  94.  Band,  Heft  I  nnd  2;  95.  Band, 
Heft  1—4 ;  96.  Band,  Heft  1 ;  —  b)  Register  hiezu  zu  d» 
Bänden  81-90;  —  c)  Archiv,  67.  Band,  2.  Hälfte; 
58.  Band,  1.  und  2.  Hälfte;  59.  Band,  1.  und  2.  Hälfte; 
60.  Band,   1.  Hälfte;  —    d)  Fontes  rerum  austriacanim, 


—  xxra  — 

41.  Band,  Abtheilung  n,  1.  und  2.  Hälfte;  42.  Band,  1879, 
2.  Abtheilang;  —  e)  Denkschriften  philos.-histor.  Giasse, 
Band  28,  29  und  30. 

4475.  Wien,  k.  k.  Central- Commission  zur  Erforschung  und  Erhaltung 

der  Kunst-  und  historischen  Denkmale:  „Mittheilungen ", 
6.  Band,  Heft  1-4. 

4476.  —     k.k.  geographische  Gresellschaft :  „Mittheilungen",  22.  Band, 

Jahrgang  1879. 

4477.  —     Verein  fVa  Landeskunde  in  Nieder- Oesterreich:  a)  Blätter, 

N.  F.  12.  und  13.  Jahrgang,  Nr.  1-12,  1878-1879,  — 
b)  Topographie  von  Nieder- Oesterreich,  3.  Band,  Heft  4, 
5  und  6,  1879. 

4478.  —     archeologisch-epigrapfiische  Seminar  der  k.  k.  Universität : 

ffMittheilungen  aus  Oesterreich'^ ,  4.  Jahrgang ,  Heft  1 
und  2,  1880. 

4479.  —     Alterthnmsverein:  „Berichte  und  Mittheilungen",  18.  Band, 

1879. 

4480.  —     Tourist,  XH.  Jahrgang  1880,  1.  und  2.  Band. 

4481.  Wiesbaden,  Verein  ftr  nassauische  Alterthumskunde  und  Qe- 
schichtsforschung :  „Annalen*',  16.  Band,  1879. 

4482.  Zürich,  antiquarische  Gesellschaft :  „Mittheilungen*^,  44.  Bd.,  1880. 

3.  Dnreh  Ankauf. 

4483.  Darmstadt,  der  Gesammtverein  der  deutschen  Geschichts-  und 
Alterthumsvereine  :  „  Correspondenzblatt  **  ,  Jahrgang  1880, 
Heft  1-12. 


B.  Für  das  Archiv. 

L  Urkunden  und  Acten. 

Geschenk  von  den  Herren: 

1632.  Althai  1er,  Ingenieur  in  Graz:  6  Stück  Original  -  Pergament- 
Urkunden. 

1633.  Meixner  Anton,  Missar  in  Gabersdorf:  Einige  alte  Urkunden, 
Landkarten,  Notizen  und  ein  geschriebenes  Gebetbuch  ans  Gross- 
Florian. 

1634.  Sehn  er  ich  Josef,  Notar  zu  Wolfsberg  in  Kärnten:  92  Stück 
Urkunden,  theils  Original-Pergament  und  theils  Handschriften  des 
Gutes  Bayerhofen. 


-    XXIV    - 
n.  Handschriften. 

1635.  Herr  Puff  Herrn.,  Notar  in  Oberradkersburg :  Tagesbefehlsprutokol] 
der  im  Jabrc  1848  zu  Marburg  bestandenen  Nationalgarde,  ferser 
ein  Arrestanten-Protokoll  vom  Jahre  1809—1818  des  4.  Dragoner- 
Regiments  und  sonstige  Handschriften. 


C.  Für  die  Kunst-  und  Alterthums-Sammlnng. 

Geschenk  von 

1151.  FrauK  ähnelt  Anna,  geb.  EdlePichlY.  Garn  8  en  fei  8,  Telegrafen- 
beamtensgattin  in  Graz:  Eine  Landkarte  des  Bisthums  Bamberg 
und  26  Stack  Schlachtenpläne  aus  dem  18.  Jahrhundert. 

1 1 52.  Herrn  Pichl  y.  Gamsenfels  Karl,  Gutsbesitzer  in  Oberradkers- 
burg: Ein  Pferdehufeisen,  gefunden  im  Jahre  1850  im  Dorfe 
Urschendorf  bei  Luttenberg,  muthmassend  aus  der  Zeit  der 
türkischen  Kriege  herrührend. 


B. 


Abhandlungen. 


Mitthetl.  d08  hint.  Vereinai  f.  Steiermark,  XXIX.  Heft,  1881.  1 


üeber  steiermärkische  Taufnamen. 

Vom 

Landesarchiv-Director  v.  Zahn. 


£js  geht  die  Sage,  zu  Hag  bei  Ebersberg  in  Baiem  habe 
gegen  Ende  des  10.  Jahrh.  ein  Mann  gelebt,  der  hiess 
Huninger,  Den  Namen  hatte  ihm  sein  Vater  gegeben,  der 
auch  zu  Hag  bei  Ebersberg  in  Baiem  wohnhaft  gewesen,  in 
einem  Gehöfte  an  jener  Strasse,  welche  die  Nachkommen  der 
bekannten  „Geissei  Gottes ^^  die  wilden  Ungarn,  bei  ihren 
Einfällen  in  Sttddeutschland  zu  ziehen  pflegten.  Dieser  baju- 
warische  Mann  muss  Bitteres  an  ihnen  erlebt  und  tiefer  Grimm 
wider  diese  neuen  Hunnen  sein  Herz  erfüllt  haben.  Es  heisst 
nämlich  y  er  wollte  seinen  Hass  in  seines  Sohnes  Namen 
widerspiegeln:  der  sollte  des  Jungen  Lebensziel  benennen, 
und  jeder  Ruf  ihm  dieses  wach  erhalten.  Darum  nannte  er 
ihn  Huninger.  Mit  dem  einen  Theile  dieses  Wortes,  das  später 
Hernien  lautete,  bezeichnete  man  Heiden  und  Biesen  im  All- 
gemeinen, ein  gespenstisch  Geschlecht  der  Yorwelt  oder  Mythe, 
und  im  Besonderen  waren  die  Vorfahren  unserer  östlichen 
Nachbarn  gemeint,  blutgierig  Beide  und  unwiderstehlich.  Den 
Sinn  des  ganzen  Namens  wird  man  sich  aber  leicht  zurecht 
legen,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  in  dem  Auslaute  f^ger" 
unser  heutiges  Wort  Spiess  seiner  Bedeutung  nach  sich  birgt 
Hatte  der  Sohn  des  anonymen  Vaters  grimmen  Segen  voll  in 
sich  aufgenommen,  dann  hat  er  wohl  auch  (955)  bei  Augsburg 
mitgeholfen,  die  magyarischen  Unholde  aus  den  Gefilden  um 
den  Lech  und  die  Amper,  die  Isar  und  den  Inn  zu  veijagen 

1* 


—     4     — 

—  auf  Nimmerwiedersehen!  Letzteres  aber  konnte  Hunmger 
damals  nicht  so  sicher  wissen  und  so  baute  er  in  seiner 
Familie  vor.  Da  sein  Weib  ihm  der  Söhne  vier  schenkte, 
theilte  er  seines  väterlichen  Hasses  Erbe  vierfach  aus,  und 
prägte  jedem  seiner  Jungen  den  Stempel  der  Abkunft  und 
des  Lebenszweckes  in  dessen  Namen  gerade  so  auf,  wie  er  ihn 
überkommen.  So  hiess  er  sie  nach  der  Reihe  Huninftar, 
Huninwi,  Huninleä  und  HunintoL 

Das  ist  nun  eines  der  seltenen  Beispiele,  dass  die  ge- 
schäftige Sage  aus  unserer  ältesten  Volksgeschichte  Sinn 
und  Meinung  der  Namengebung  lebendig  übermittelte.  Wir 
brauchen  allerdings  nicht  strenge  zu  glauben,  dass  in  diesem 
tragischen  Sagenbilde  Alles  sich  so  verhalte,  wie  es  beriditet 
wird;  allein  wenn  auch,  ist  damit  doch  nicht  Veranlassung 
gegeben;  dasselbe  aus  unseren  Ueberlieferungen  zu  tilgen. 
Dass  es  uns  überkam,  mag  blos  als  Beleg  vom  Sinniren  des 
Volkes  gelten,  als  Beweis  des  Strebens,  Namen  voll  Klangs 
auch  voll  im  Inhalte  sich  zu  gestalten,  und  grosse  geschicht- 
liche Ereignisse,  sozusagen  mit  Detail  von  ihrer  Scholle  aus- 
gestattet, zu  sich  sprechen  zu  lassen  und  doppelt  sich  der 
Erinnerung  einzuprägen. 

Es  kann  als  sicher  angenommen  werden,  dass  gar  man- 
chem unserer  Personennamen  aus  alten  Tagen  ein  Stück 
Geschichte  innewohne.  Nur  verrathen  wird  uns  blos  ausnahms- 
weise, welche  Dinge  und  Gedanken  jeweilig  den  Pathenspruch 
bestimmten.  Doch  ist  weder  nöthig;  noch  angängig,  in  j  e  d  e  m 
Personennamen  unserer  Vorzeit  eine  Art  von  Ablagerung  beson- 
derer Begebnisse  sehen  zu  wollen.  Es  genügt  zu  wissen,  dass  es 
Zeiten  gab,  in  welchen  diese  Producte  des  gesellschaftlichen 
Lebens  an  Vielseitigkeit  und  Tiefe  ihrer  Bedeutung  unseren 
Tagen  gegenüber  vortheilhaft  sich  hervorhoben.  Von  dieser 
Herrlichkeit  hatte  man  schon  vor  Jahrhunderten  lebhafte 
Vorstellungen,  und  eben  zur  Zeit,  als  die  Verflachung  auf  dem 
Namengebiete  unwiderstehlich  sich  breit  machte,  wiesen  manche 
Schriftsteller  mit  beredten  Worten  auf  Jene,  ohne  aber  damit 
den  Gang  des  Verfalles  aufhalten  zu  können.  Da  sei  zunächst 


—     5     — 

ein  Herr  von  Pappenheim  genannt,  der  für  sich  selber  aller- 
dings den  wenig  nationalen  Taufhamen  MaUhaeus  führte  und 
zu  Kaiser  Max  I.  Zeiten  als  Domherr  zu  Augsburg  lebte.  ^) 
Mit  noch  mehr  Liebe  zum  Gegenstande  und  in  liebevollem 
Suchen  nach  Gelegenheit  zur  Aussprache  äussert  sich  „der 
Vater  der  bairischen  Geschichte '^j  Hans  Thurmaier,  gewöhnlich 
Aventinus  genannt,  ein  Zeitgenosse  des  Ersteren.  „Unsere 
Alten, ^  sagt  er,  „haben  viel  auf  Namen  gehalten;  für  sie  lag 
darin  ein  Mitwirken  der  angerufenen  Gottheit,  ein  Hinweis 
auf  Glück  und  Lebensgang  des  Menschen.  So  unbesonnen, 
wie  wir  pflegen,  gingen  sie  in  der  Wahl  derselben  nicht  vor ; 
sie  überlegten  sie  sich  wohl  an  acht  Tage,  denn  was  der  Name 
des  Kindes  besagte,  das  sollte  das  Kind  auch  sein.**  Diesem 
Bedürfnisse,  dem  eigenen  Denken  und  Wollen  in  dieser  Rich- 
tung freien  Ausdruck  zu  lassen,  stand  eben  in  Vorzeiten  nichts 
im  Wege  —  oder  wir  können  auch  sagen,  nichts  helfend  zur 
Seite,  kein  Heiligenverzeichniss,  kein  Dynastenregister,  noch 
sonst  ein  Schema,  dem  unschlüssigen  Pathen  die  Namenwahl 
bequemer  zu  machen.  Wir  haben  diese  Hilfen,  und  sind  der 
Schwierigkeit  der  eigenen  Erzeugung  von  Namen  für  unsere 
Kinder  längst  enthoben. 

Vor  1000  und  mehr  Jahren  war,  lässt  sich  behaupten, 
jeder  Name  —  und  man  kannte  damals  nur  Personennamen, 
und  soll  auch  hier  von  anderen  nicht  die  Rede  sein  —  war  das 
Namen wesen  eine  Art  von  Dichtung,  und  jeder  neue  ein  neuer  Vers 
derselben.  Unsere  Zeitgenossen  können  begreiflich  zu  gutem 
Theile  diesen  Hergang  nicht  mehr  verstehen,  und  wir  ihn 
sämmtlich  in  grossem  Umfange  wohl  auch  nicht  mehr  üben. 
Allein  ganz  fremd  ist  er  ihrer  Vielen  doch  wieder  nicht,  nur 
kennen  sie  ihn  blos  aus  femgelegenen  Volksgebieten.  Gar 
Manche  haben  Geschichten  aus  den  Prärien^  aus  dem  Leben 
der  Indianer  Nordamerikas  gelesen  und  sich  vielleicht  auch 
an  deren  sonderbaren  Namen  dieser  und  ihrer  Frauen  erbaut, 


*)  „Von  dem  vralten  Stammen  ...  der  Herren  von  Calatin",  Augsburg, 
1554. 


—     6     — 

an  deren  bald  kriegerischem  Klange,  bald  gerollthlichem  Tone, 
weniger  wohl  an  deren  schwerfälliger  Bildlichkeit  Dabei  dachte 
indess  man  selten  daran,  dass  die  eigenen  Vorfahren  die 
gleiche  Weise  gepflegt,  wechselnd  nur  im  Laute  und  meist 
auch  in  den  Voi*stellungen.  Sie  war  eben  dem  sittlichen  und 
gesellschaftlichen  Stande  des  Volkes  entsprechend,  angeboren 
und  ureigen.  Wir  selbst  haben  nur  kein  Verständniss  mehr  itlr 
ihre  Formen,  allein  das  Wesen  selbst  ist,  trotz  allem  Ab&rben 
unter  dem  Einflüsse  der  Zeitläufte  und  der  Anschauungen  in 
deren  Gefolge,  uns  geblieben.  Mit  der  alten  Sprache  ist  uns 
nur  die  genaue  alte  Weise  abhanden  gekommen ;  der  Gedanke, 
der  sie  belebte,  den  üben  wir,  unbewusst  dieser  Geroeinschaft, 
auf  demselben  und  dem  neu  hinzugetretenen  verwandten  Ge- 
biete noch  immer. 

Den  Inhalt  und  historischen  Charakter  der  alten  Personen- 
namen haben  in  vielen  Fällen  bei  uns  die  Familiennamen 
aufgenommen  und  jene  darin  gewissermassen  ersetzt  Noch 
mehr  lässt  sich  dies  von  jenen  Adelsprädicaten  sagen,  welche 
seit  dem  16.  Jahrh.  hierlands  in  Aufnahme  gekommen  sind. 
Es  mtlsste  ein  Buch  von  hohem  Interesse  und  gewaltiger 
Vielfärbigkeit  sein,  das  die  Geschichte  einer  Centenniums- 
gruppe  solcher  freigewälter  adeliger  Beinamen  in  ihren  Veran- 
lassungen darlegte.  Man  sieht,  dass  wir  in  neuem  Gewände 
der  alten  Sitte  nicht  gar  so  ferne  stehen. 

Und  wie  diese  Beinamen  in  ihrer  Gesammtheit  ein  Product 
ihrer  Zeiten  und  deren  Anschauungen  sind,  so  waren  es  auch 
stets  die  Personen-  oder  Taufnamen.  Nur  versteht  die  eine 
Zeit  die  andere,  und  würdiget  die  eine  Anschauung  die  vorher 
geltende  nicht  immer.  Und  so  ist  jeweilig  die  neue  von  sich 
und  der  Vorzttglichkeit  ihrer  Weise  derart  eingenommen  gewesen, 
dass  sie  ganz  übersah,  wie  ihre  Grundsätze  in  derselben 
Richtung  die  gleichen  von  vordem  seien,  und  nur  ihr  Aus- 
druck ein  anderer  —  ob  eine  haltbarer,  entsprechender,  das 
beirrte  nicht. 

Doch  gerade  dieser  Wechsel  in  der  Aeusserlichkeit  belegt 
die  Bedeutung  der  Taufnamen  in   der  Geschichte;    dass  der 


nationale  Standpunct  dabei  weniger  erfreut  wird,  ist  eine 
andere  Sache.  Allein  durch  jenen  Wechsel  kennzeichnet  sich 
das  Personennamenwesen,  wie  schon  bemerkt,  als  Product  von 
Einflüssen,  welche  jeweilig  ein  Volk  auf  seinem  geschichtlichen 
Entwicklungsgange  beherrschen,  und  die  sonach  gutentheils 
immer  in  jenen  förmlich  sich  ausprägen.  Jede  neue  Weise 
da,  setzt  einen  Umschwung  dort  voraus. 

Das  gilt  im  Leben  des  Einzelnen,  wie  in  jenem  ganzer 
Generationen. 

Der  junge  Mann,  der  die  klösterlichen  Weihen  nimmt, 
streift  den  Taufnamen,  den  er  als  Laie  trug^  ab;  der  bisher 
bewährte  Patron,  dessen  Schutz  er  in  der  Taufe  empfohlen 
worden,  muss  einem  anderen  von  noch  mehr  ausgesprochener 
Leitungsfähigkeit  weichen^  und  der  Mönch  soll  fürder  nach 
des  exquisiten  Geistesvogtes  Sinn  und  Beispiel  wandeln  und  — 
thut  es  manchmal  auch.  So  prägt  die  Wandlung  des  Geschickes 
in  Personennamen  des  Einzelnen  sich  ab. 

Noch  greifbarer  und  breitspuriger  erweisen  sich  derlei 
Zeichen  als  Ergebnisse  bedeutender  geschichtlicher  Ereignisse 
und  einschneidender  politischer  Umwälzungen.  Das  Facit 
solcher  ist  durch  „politische  Taufnamen"  ein  vollständiger 
Bruch  mit  dem  bisher  üblichen  Personennaraenwesen,  wenn 
nicht  für  immer,  so  doch  auf  lange  Zeit. 

Um  von  kleineren  Zeichen  auf  grosse  Erscheinungen 
überzugehen,  sei  zuvörderst  der  Thaten  des  modernsten 
italienischen  Guerillero  gedacht,  die  manchem  Jungen,  dessen 
Wiege  nicht  im  „hesperischen  Lande^^  schaukelte,  den  Tauf- 
namen  Garibaldi  eintrugen.  Hat  doch  des  Zuluhäuptlings 
Tschetewayo  Freiheitssinn  sogar  in  der  Brust  manch  englischen 
Vaters  so  viel  Widerhall  aufgelockt,  dass  der  seinen  gelegent- 
lichen Sprössling  mit  diesem  Kaffemamen  belegte,  und  so 
das  Ereigniss  vom  Cap  der  guten  Hofihung  in  seiner  Familie 
an  der  Themse  abspiegeln  liess.  Wie  ernst,  trotz  ihrer  Ab- 
sonderlichkeit, muthet  aber  nicht  der  Puritaner  Weise  an? 
Ihnen  genügte  in  ihrem  Frömmigkeitssinne  und  ihrer  Gotterge- 


-     8     — 

benheit  nicht  mehr  der  herkömmliche  Name;  deo  Täufling 
sollte  auch  ein  kräftiger  Bibelsatz  im  Leben  geleiten.  Da 
drückte  das  politische  und  das  confessionelle  Glaubensbe- 
kenntniss  zugleich  dem  Namen  seinen  Stempel  auf  -  allerdings 
in  etwas  länglicher  Weise.  „Jonas  0  Herr  erquicke  meine  Seele 
denn  sie  dürstet  Dein  Smith^  oder  ^^James  Jehovah  st&rcke 
meinen  Arm  zur  Vernichtung  Deiner  Feinde  M'Kenzie^'  — 
mögen  Proben  einer  Weise  sein,  die  zwar  keineswegs  immer 
so  fadenartig,  dafür  jedoch  im  grossen  Style  die  Taufhamen 
Altenglands  beherrschte.  Angesichts  unserer  eigenen  Vorfahren 
haben  indess  wir  gar  keine  Veranlassung,  diese  puritanische 
Weise  zu  belächeln.  Auch  unsere  Ahnherren  in  der  PeirQcke 
haben  eine  solche  geübt,  aber  statt  des  langen  BibeWerses 
mit  ganzen  Gruppen  von  Heiligen,  einer  Art  von  Rettungs- 
gesellschaft, unter  deren  Schutz  der  neue  sündhafte  Welt- 
bürger gestellt  wurde.  Und  wenn  mit  jenen  Namen  sich  die 
Zeit  Cromwells  kennzeichnet,  so  scheidet  sich  durch  diese 
wieder  bei  uns  die  jesuitische  des  geistigen  Stilllebens  von 
der  vorhergehenden  und  nachfolgenden  Periode  ab.  Ganz 
ähnliche  Sprossen,  aber  sehr  wenig  frommen  Charakters,  trieb 
zu  Ende  des  vorigen  Jahrhundertes  Frankreich,  und  wider- 
holte den  Trieb  anfangs  dieses  in  zwei  wechselnden  Formen. 
Die  grosse  Staatsumwälzung  rief  die  Namen  des  republicani- 
schen  Alterthums,  sowohl  griechischer  als  römischer  Abkunft, 
wach ;  ihnen  folgten  jene,  welche  die  napoleonische  Zeit,  dann 
jene,  welche  die  Legitimität  der  Bourbons  in  Frankreich  in 
Zeugenweise  belegten.  Man  konnte  um  1795  herum  seinen 
Knaben  nicht  leicht  Louis  nennen,  und  um  1820  nicht  leicht 
Aristides,  ohne  verdächtig  zu  werden.  Und  selbst  heute,  und 
in  unserer  eigenen  Staatsgemeinde  können  wir  den  Einfluss 
nationaler  Bewegungen  auf  die  Taufmatrikel  beobachten. 

Man  sieht,  der  Personenname  ist  für  das  Bild  der  Ge- 
schichte der  Menschheit  eine  Art  Staffage.  Nicht  an  der  Tracht 
der  Figuren  allein  ermöglichen  sich  Studien  über  die  Nation 
Trägers,  sondern  auch  an  den  Namen,  und  damit  über  die 
Zeit  desselben;  deren  Strömungen,  sein  ^B^kenntniss,  —  nicht 


—     9     — 

mit  absoluter  Sicherheit,  wohl  aber  mit  gewisser  relativer,  wie 
eben  ein  Abklatsch  die  Umrisse  der  Formen  widergibt. 

Aber  nicht  grosse  und  kleinere  Zeitereignisse  beeinflussen 
allein  das  Namengebiet.  Es  machen  sich  dabei  noch  vielerlei 
Umstände  geltend,  die  mit  den  Territorien  der  Namenträger 
in  Verbindung  stehen,  und  keineswegs  mit  irgendwelcher  plötz- 
licher Umwälzung.  Die  Bemerkuug  haben  wohl  schon  Viele 
gemacht,  wie  sehr  z.  6.  in  Deutschland  der  Norden  vom 
Süden  im  Allgemeinen  sich  bezüglich  der  Personennamen  unter- 
scheidet Allein  das  Gleiche  gilt  auch  von  einzelnen  Ländern, 
und  manchmal  sogar  von  solchen  recht  beschränkten  Umfanges, 
gleichgiltig  ob  sie  den  Fürsten  -  und  der  spielt  bekanntlich 
dabei  keine  geringe  Rolle  —  gemeinsam  haben  oder  nicht. 
Es  genügt  die  Verschiedenheit  der  Confession  in  Einem  Lande, 
jene  der  Diöcesen,  der  Pfarrpatrone  sogar,  um  den  da  und 
dort  gebräuchlichen  Namen  bestimmte  Abtönung  zu  verleihen  ^). 
Man  erzählt  von  Leuten,  welche  sich  darin  übten,  den  Sonntags- 
spaziergängem  aus  ihren  Bewegungen  von  hinten  das  Hand- 
werk abzulauschen,  das  selbe  in  der  Woche  trieben ;  so  Hesse 
sich  auch  den  Personennamen  auf  den  Geschäftsschildem  — 
cum  grano  salis  —  absehen,  unter  welchem  Principe  jene  den 


')  Das  sind  bleibende  Ingerenzen,  insoferne  von  Dauerhaftigkeit  in 
diesen  Dingen  die  Rede  sein  kann.  Eine  andere  dergleichen  ist 
das  Heiligenregister  in  den  Händen  mancher  Seelsorger,  welche, 
ohne  Eltern  oder  Pathen  zu  hören,  darauf  halten,  dass  der  Täufling 
ja  den  Namen  bekomme,  welchen  der  Geburts-  oder  Tauftag  im 
Kalender  ausweise.  Allein  diese  Art  basirt  auf  reiner  Willkür,  und 
schliesst  die  freie  Wahl  und  selbstständige  Unterordnung  unter  irgend- 
einen Zug  nach  Ort  und  Zeit  gänzlich  aus.  Dass  indess  durch  eine 
solche  Methode  dem  Namenwesen  in  gewissen  Gegenden  ein  höchst 
wunderlicher  Charakter  sich  aufprägen  muss,  liegt  auf  der  Hand. 
In  Tirol  kann  man  derlei  unschwer  beobachten,  und  in  neuester 
Zeit  wurde  auf  den  Lechrain  bei  Augsburg  als  eine  Musterstätte 
dieser  Art  gewiesen.  In  gemischten  Bezirken  kömmt  es  wohl  auch 
vor,  dass  ein  slavisch  gesinnter  Pfarrer  das  gewöhnliche  Heiligen- 
register mit  einem  Verzeichnisse  slavischer  Personennamen  vertauscht, 
die  dann  mit  mehr  Bereitwilligkeit  auf  der  einen,  als  Vorliebe  auf 
der  andern  Seite  auch  Kindern  deutscher  Eltern  zugetheilt  werden. 


-      10     — 

Trägern  geworden.  Und  die  Wahl  ist  gross,  denn  der  Principe 
haben  wir  heute  viele,  und  doch  eigentlich  kein  Priacip  — 
und  dabei  durchaus  weder  Namenreich th  um,  noch  Namen- 
schönheit in  jener  Ausdehnung,  wie  jene  unsere  Vorfahren 
mit  ihrem  Einen  Principe  damals  besassen,  als  d»-  Name 
Steiermark  noch  nicht  gefunden  war. 

Im  Ganzen  wollte  ich  damit  nur  gezeigt  haben,  dass  die 
Taufnamen,  die  bisher  in   sehr  ausgedehnter  Weise  Gegen- 
stand von  Erörterungen  gewesen   sind,   auch  nach   der  Zeit 
für  ein  einziges   Land  zu  solcher   sich  eignen.  Möge  es  mir 
gelingen,    in   dieser  Beschränkung   der  Aufgabe   gerecht  zu 
werden!    Das   Gebiet  sei  hier   die  Steiermark;  die  zeitliche 
Umrahmung  reiche  so  weit,  als  die  eigentliche  Bewegung  sich 
abhebt.  Allerdings  hört  dieselbe  nicht  gänzlich  auf,  allein  die 
grossen  Anstösse  und  mit  ihnen  der  scharf  markirte  Wechsel 
ermatten.  Dass  in  der  Betrachtung  dem  Anfangsmomente  des 
Namenwesens   bei   uns  weitaus  der  Löwenantheil  zuiUlt,   ist 
begreiflich.  Ist  er  doch  der  Ausgangspunct  aller  späteren  Aende- 
rungen  im  Gegenstande,  und,  soviel  man  sehen  kann,  inn  Ring- 
laufe auf  diesem  Blatte  geschichtlichen  Lebens,  ebenfalls   der 
Endpunct,    denn   wir  kehren   zu  ihm  zurück.    Seine 
Fäden   sind  nicht  abgerissen;    sie  haben  sich  nur  vermindert 
in  der  Zahl,  mit  der  sie  uns  festhalten.    Auch  kennzeichnet 
er  eine  Periode  des  Namenwesens  voll  sprachlicher  Schönheit 
sinnlicher  Kraft  und  ethischer  Tiefe,  die  uns  stolz  sein  lässt  auf 
den  Reichthum,  den  sie  birgt,  und  der  uns  erst  allmälich  durch 
philologische  Mühen  erschlossen  wird.  Es  gewährt  auch  keinen 
geringen  Reiz,   zu   zeigen,    wie   etwa  eine   steirische   Tauf- 
matrikel im  XII.  Jahrhundert  ausgesehen  hätte,  wenn  sie  da- 
mals schon  geführt   worden  wäre.   Vielleicht  irre   ich  darin, 
aber  fast  möchte  ich  annehmen,  dass  in  dieser  Richtung  noch 
Einiges  geboten  werden  könnte,  Vergleichsstoff  nämlich  zwischen 
der  kahlen  Nüchternheit  und  der  fadenscheinigen  Armuth  des 
Namenwesens  unserer  Tage,  und  dem  bedeutungsvollen  Farben- 
reichthume  in  jener  Zeit,  da  unser  Land  sein  Staatswesen 
allmälich  klar  bekam.    Wie   sollte  aber   da  auch  nationales 


—    11    - 

Fühlen  nicht  mit  hineinspielen,  wo  das  ureigene  Volksthum  in 
unberührter  Ursprünglichkeit,  gedankenreich  und  kräftig,  milde 
und  gewaltig  sich  ausspricht?  Da  beginnt  man  sogar  die  Slaven 
zu  beneiden,  denen  ihre  Sprachentwicklung  und  die  ihrer 
Familiennamen  es  gestattet,  die  uralten  volksthümlichen  Tauf- 
Damen  wieder  hervorzuholen,  welche  einzelne  ihrer  Stämme 
übrigens  fast  gar  nicht  eingebüsst,  Dank  der  nationalen  Kirche. 
Ein  überfrommes  Ohr  mag  freilich  nicht  ganz  mit  Unrecht  aus 
den  Taufnamen  unserer  ältesten  Zeit  etwas  heidnisch  angemuthet 
werden.  Allerdings  lag  diese  jenen  Tagen  noch  näher,  wo 
statt  des  Einen  Gottes  die  Götter,  und  statt  der  Heiligen 
Dämone  und  Naturerscheinungen  verehrt  und  gefeiert  wurden. 
Doch  mag  man  in  dieser  Hinsicht  sich  trösten:  dieselben 
Namen  trugen  auch  ■ —  unbeschadet  ihres  Christenthumes  — 
die  Priester,  welche  aus  der  Glaubensstätte  an  der  Salza  die 
Jesuslehre  an  die  Mur  und  Drau  verpflanzten,  welche  den 
Slaven  Karantaniens  das  Evangelium  predigten,  und  es  trugen 
sie  auch  Jene,  welche  vor  sieben  und  acht  Jahrhunderten 
Klöster  und  Pfarren  hierlands  stifteten,  somit  unverdächtige 
Leute  einer  weltlich  und  geistlich  grundlegenden  Zeit 

Ein  schöner  Taufhame  kann  als  ebenso  inhaltsreiche, 
wie  billige  Mitgift  für's  Leben  gelten.  Mit  dem  Pathenspruche 
verknüpft  sich  für  den  Täufling  meist  auch  ein  Segensspruch. 
Eine  Persönlichkeit  —  in  den  meisten  Fällen  nur  der  Name 
derselben,  oder  auch  blos  dessen  Klang  ~  bildet  dessen  Kern. 
Der  Persönlichkeit,  deren  Name  entlehnt  wird,  soll  das  Kind 
nachleben,  oder  was  der  Name  bedeutet,  soll  es  werden  oder 
ausführen,  der  Welt,  den  Eltern 'und  sich  zu  Ehre  und 
Frommen.  Heutzutage  nimmt  den  Posten  als  Musterbild  für 
den  Täufling  (wenn  die  Sache  ernst  genommen  wird  und  nicht 
nur  so,  dass  «das  Kind  einen  Namen  hat"),  in  der  Regel  ein 
nichtverwandter  Heiliger,  oder  ein  verwandter  Nichtheiliger 
ein,  eine  bekannte  Grösse  aus  irgendeiner  Dichtung,  oder 
ein  grosser  Bekannter  aus  der  Landes-  oder  Staatsgesellschaft. 
Das  mag  dahingestellt  bleiben,  in  welchem  Masse  die  Segens- 
wünsche und  Vorbilder  sich  an  dem  Benamsten  bewähren,  und 


—     12     — 

ob  die  Verdrängung  unserer  volksthttrolichen  Namen  dunb 
jene  von  Heiligen  sittlich  sich  lohnte.  Am  Ende  kann  aller- 
dings auch  in  alten  Tagen  ein  Hadt4hrand  ein  höchst  fried- 
fertiger Mann  gewesen  sein,  und  anderseits  will  man  beob 
achtet  haben,  dass  mit  den  Heiligennamen  nicht  auch  die 
Zahl  der  lebendigen  Heiligen  gewachsen  seL 

Allein  von  der  Schönheit  der  ttbergrossen  Mehrzahl  jeU: 
üblicher  Tauinamen  soll  nicht  die  Rede  sein.  Sie  werden 
ja  Vielen  gefallen:  dem  Einen  liegt  ein  Stück  evriger  Selig- 
keit darinnen,  die  Anderen  kennen  nur  diese  Eormen,  dif 
Dritten  scheuen  ungewohnten  Klang  —  aber  Viele  hatten  doch 
anders  gewählt,  wenn  sie  mitreden  hätten  können,  und  dar- 
unter gibt  es  welche,  die,  von  der  ewigen  Schönheit  der 
eigenen  Sprache  beseelt,  jenen  aus  deren  Schatze  den  Vorzug 
geben.  Mir  haben,  wenn  ich  in  italienischen  Documenten  sie 
begegnete,  die  Namen  BenttvogUo,  Nascinibene,  Nasdngnfrrn 
oder  Crescimhme  und  Vincingtierra  immer  ganz  absonderlich 
gefallen  —  nicht  ihres  angenehmen  Tonfalles  halber,  sondem 
des  ausgeprägt  Individuellen  wegen,  das  sie  in  sich  schliessen 
Dann  liegt  auch  in  ihnen  ein  Stück  jener  Schöpfungskraft, 
welche  gerade  dem  deutschen  Namenwesen  so  eigen  ist  Aber 
derlei  Erzeugnisse  sind,  nebenbei  bemerkt,  auf  romanischem 
Boden  recht  selten.  Weit  häufiger  —  vorwaltend  im  Mittel- 
alter —  begegnen  wir  daselbst  unseren  volksthümlicheo 
Personennamen,  freilich  hundertfältig  entstellt  Dieses  Ent- 
lehnen bietet  uns  nach  mehrfachen  Richtungen  hin  Belege: 
zuvörderst,  dass  der  Sinn  eines  Namens  gar  nicht  verstanden 
zu  werden  braucht,  ohne  dass  die  Beliebtheit  des  Letzteren  litt«: 
dann,  wie  sehr  ein  angestammtes  Princip,  wenn  es  sich  eingelebt, 
forterbe,  trotz  der  nationalen  Gegnerschaft,  welche  sonst  dem 
Gründer  desselben  nicht  verheimlicht  wird,  und  endlich,  das$ 
in  unseren  Namensformen  doch  einigermassen  Wohlklang  aucli 
für  die  Fremden  liegen  müsse,  sonst  hätten  sich  die  darin  so 
heiklen  Romanen  damit  nicht  derart  befreundet,  wie  es  geschah^)- 

1)  Die  Italiener  haben  wenig  Ahnung  davon,  dass,  namentlich  im  Norden 
und   im   Gentrum  ihrer  Halbinsel,   ein   gut   Theil   der   Personen- 


—     13     — 

Das'  sind  kleine  Proben  aus  der  Laienwelt  eines  sicher- 
lich der  positiven  Religion  gänzlich  angehörigen  Gebietes. 
Aber  auch  die  klerikale  Welt,  und  selbst  in  später  Zeit, 
bindet  sich  nicht  an  die  Namen  eines  Martyrologiums,  und  in 
italienischen  Kreisen,  wie  auch  bei  uas^  finden  wir  Personen- 
namen eigener  Erfindung,  in  welchen  die  Friedseligkeit  der 
Gesinnung  sich  abgelagert  hat  Doch  ausschliesslich  gehören 
sie  keineswegs  der  Gesellschaft  der  Geweihten  an,  wenn  jene 
obigen  nur  der  ungebundenen  Welt.  Da  treffen  wir  auf  Bona- 
rmturOy  auf  Omnebonum  (Ognihme)  und  Grajsiadei,  und  bei 
uns  in  deutschen  Nonnenklöstern  auf  eine  Bona,  eine  ÄmdbiUsy 
eine  Mirabilis,  welche  etwa  ausserhalb  der  Elostermauern 
Guota,  Liüba  und  HimiUrud  geheisseu  haben  könnten. 

Es  war  also  diese  eigene  Mache  der  Taufnamen  in  allen 
Kreisen  eine  selbstverständliche.  Man  kannte  es  gar  nicht 
anders,  als  nach  Gefühl  und  Gemüth,  nach  Sinnen  und  Streben, 
nach  Gelegenheit  und  Zweck  —  aller  Verehrung  für  die 
Heiligen  weit  unbeschadet  —  freischöpfend  darin  vorzugehen. 
Das  war  dem  deutschen  Volke  ebenso  angeboren^  wie  es  im 
Alterthume  der  Fall  war,  und  bei  vielen  Völkern  heute  noch 
geübt  wird.  Erst  die  Berahrung  mit  anderen  Nationen  und 
neuen  Ideen  brachten  und  bringen  allenthalben  Abgehen  von 
der  Regel  zu  Stande.  Und  überall  ist  auch  der  erste  Vorgang 
derselbe:  man  knüpft  an  gewisse  örtlich  geläufige  Begriffe 
aus  dem  Natur-  und  Seelen-,  aus  dem  öffentlichen  oder  pri- 
vaten Leben  an,  und  „das  Wort  wird  Fleisch'',  d.  h.  die  Be- 


namen,  die  beute  noch  gang  und  gäbe,  deutscher  Abkunft  sind,  ferner, 
dass  eine  Menge  von  Familiennamen  bei  ihnen  existiren,  die  nichts 
Anderes  als  deutsche  Taufnamen  vorstellen.  Interessant  ist,  dass  da- 
selbst gerade  unsere  ältesten  und  besten  Namensformen  sich  erhielten, 
welche  bei  uns  entweder  auch  als  Familiennamen  abgestorben, 
oder  lautlich  ganz  abgeschwächt  sind.  Das  erklärt  sich  dadurch, 
dass  diese  unsere  Producta  in  deren  Blüthezeit  daselbst  eingeführt 
und  gepflanzt  wurden,  femer  dass  die  Vocalisation  unserer  Personen- 
namen von  damals  weit  mehr  als  die  spätere  dem  Yocalismus  des 
Romanischen  zusagte.  Die  Namen  waren  so  leichter  aussprechbar, 
und  das  sicherte  mit  ihre  Vererbung. 


—    u    — 

griffsbezeichnung  wird  der  Name  eines  Menschen.  Zuvörderst  sind 
einfache  BegriiFe  die  gewählten,  und  wohl  auch  die  eingehen 
Namen  die  ältesten.  Und  zwar  haben  jene  der  ersterea  den  na- 
türlichen Vorrang,  welche  auf  grosse  äusserliche  Eigenschaften, 
seltener  auf  innere,  hinweisen.  So  adalf  chrafl,  berht,  em».^. 
grim,  heri  (hart),  od,  odai  u.  s.  w.  ^),  und  diesen  entsprechend 
treten  Namen  jenes  Gethieres  in  den  Wahlkreis  ein,  diL^ 
entweder  gleichfalls  besondere  Stärke  repräsentirt,  mit  dem  der 
Mann  um  das  Leben  ringt,  an  dem  er  seine  eigene  Kraft 
erprobt,  und  das  ihm  gewissermassen  als  Massstab  f&r  sich 
selber  dünkt,  —  oder  Gethier,  mit  dem  er  seine  Sagenwelt  aus- 
gestattet. Solche  sind  ar,  her,  ebar,  wolf,  UrU  und  rabcm. 

Damit  wäre  indess,  auch  bei  grosser  Zahl  einfacher  Begriffs- 
Worte,  nicht  weit  gereicht  worden.  Es  halfen  nun  Zusammen- 
setzungen derselben  aus.  Zwei  Stämme  fügten  sich  aneinander: 
mancher  liess  bei  manchem  den  Anschluss  zu  Kopfe  oder  zu 
Ende  oder  zu  beiden  zu,  und  es  erweiterte  sich  der  Kreis  der 
Namen  um  Bedeutendes.  Wir  selbst  üben  in  unseren  Bei- 
worten verschiedenen  Charakters  derartige  Kuppelung,  ontl 
finden  —  hinsichtlich  der  leichteren  Verständlichung  der  alten 
Personennamen  sei  das  gesagt  —  es  ganz  natürlich,  dass  das 
erste  der  beiden  gekoppelten  Substantiva  adjectivische  Bedeu- 
tung hat.  So  meinen  wir  mit  Goldkind  unser  goldiges  Kind, 
mit  Lichtpunct  einen  leuchtenden  Punct;  wir  sprechen  auch 
von  bärenhafter  Kraft  und  von  Löwenmuth.  Benützen  wir  die 
obigen  einfachen  Begriffsbezeichnungen  zu  solcher  Verknüpfung, 
so  ergeben  sich  die  Namen  Ädalberkt  und  OdaUberhty  Chrafiheri 
und  Oddlheri,  Berhtheri  und  HeriberM,  Ebarlieri  und  Wolfheru 
Wolfpreht  und  Ebargrim.  *) 

Damit  schloss  aber  die  Findigkeit  nicht  ab.  Der  einfache 
Name  oder  der  zusammengesetzte  konnten  unter  demselben 
Zärtlichkeitsgefühle,  das  sie  gab,  noch  mannigfache  Modelungen 
durchmachen.  Es  sind  die  Koseformen,  die  Jeder  kennt,  Jeder 


»)  Hinsichtlich  der  Bedeutung  dieser  Worte  sei  auf  das  p.  20,  Note  « 
folgende  Vcrzeichniss  gewiesen. 


—      15     — 

übt,  und  die  wohl  an  Jedes  Namen  geübt  worden  sind,  oder 
an  seinem  Prädicate  in  der  Einderstube.  Diess  ist  das  Beich 
unserer  modernen  Pepi  und  Mucki.  Aber  die  Alten  ver- 
kürzten nicht  blos  Namen,  sondern  auch  (wie  wir  thun)  ver- 
längerten in  erneuter  Koseform  wieder  Verkürzungen.  So 
wurde  aus  Chunigund  Chuna  und  Chunüa,  aus  Heinrich  Hinzo 
und  HinaeUn,  aus  Irminfrid  Tmmo  und  Imieo,  aus  Eber- 
tcin  Ebbo  und  Eherlin.  Die  Fülle  dieser  Abformen  ist  eine 
überraschend  grosse,  und  so  wenig  zu  übersehen,  wie  jene  der 
reinen  Namen,  und  diess  ungeachtet  der  grossen  Vorarbeiten, 
die  seit  etwa  40  Jahren  der  Fleiss  der  Germanisten  daran 
gewendet  hat. 

Damit  ist  aber  die  Möglichkeit  und  auch  der  Brauch,  aus 
demselben  Worte  durch  leichte  Modelung  einen  neuen  Namen 
zu  bilden,  noch  immer  nicht  erschöpft 

Es  ist  vorher  Mancherlei  von  Taufen  die  Rede  gewesen, 
und  von  persönlichen  Vorbildern,  für  die  Namenwahl  aufge- 
stellt. Auch  unsere  Vorfahren  thaten,  nachdem  der  Fond  an 
Namen  einmal  grösstentheils  geschaffen  war,  das  Gleiche. 
Nichts  war  ja  natürlicher,  als  dass  dem  neuen  Familiengliede 
neben  dem  Schutze  auch  der  Name  einer  Person  der  Familie 
gewidmet  wurde.  So  nahm  der  römische  Client  seines  persön- 
lichen, und  nimmt  der  fromme  Christ  seines  Pfarr-  oder 
Landespatrons  Schutz  und  Namen  an.  Die  Neigung,  Namen  ganz 
oder  anklangsweise  zu  vererben,  bestand  bereits  zur  Zeit,  als 
es  Familiennamen  noch  nicht  gab;  wenn  mit  einem  Namen 
etwas  Geistiges  zugleich  eingeimpft  werden  sollte,  so  lag  es 
klar,  dass  vielfältig  eine  solche  doppelte  Uebertragung  aus 
dem  Schosse  der  eigenen  Familie  den  Vorzug  erhielt.  Es 
heisst,  man  habe  gerne  den  Vätern,  noch  mehr  aber  den 
Grossvätern  die  Wahl  oder  das  Vorrecht  eingeräumt,  ihre 
Namen  den  Enkeln  zu  geben  —  eine  Gepflogenheit,  die  so 
sehr  in  der  Menschennatur  begründet  erscheint,  dass  wir  ihr 
sogar  bei  den  Turkmenen  als  einer  althergebrachten  begegnen. 
Auf  diese  Art  bildeten  sich  theilweise  ständige  Personennamen 
in  Familien.  Zuweilen  sogar  lässt  sich  an  ihnen  die  Zugehörigkeit 


—     16     — 

der  Träger  zu  diesem  oder  jenem  Hause  mit  relativer  Sicher- 
heit verfolgen,  obgleich  damit  begeisterte  Genealogen  öfters 
argen  Missbrauch  treiben.  Aber  die  Frische  der  Spradie 
gestattete,  selbst  ein  Verwandtschaftsverhältniss  im  Namen 
auszudrücken,  „und  sie  bediente  sich  dafür  eines  Abiaales. 
Wenn  der  Vater  einen  Namen  mit  einfachem  Laute  hatte 
erhielt  der  Sohn  denselben  Namen  mit  gesteigertem  Vocale. 
Hiess  also  eine  Mutter  Ada,  so  konnte  ihre  Tochter  Ida 
heissen,  wenn  die  Mutter  Bäba,  die  Tochter  Buoba*^  u.  s.  w.  'i 
Später  trat  eine  ausgiebigere  Weise  ein,  die  gewissermasseo 
an  die  Alliteration  erinnert.  Es  ist  eine  Form,  deren  Möglich- 
keit im  Allgemeinen  kurz  vordem  angedeutet  wurde,  und  deren 
Verwendung  fUr  Haus-,  Familien-  und  Verwandtschaftszwecke 
hier  genauer  erwähnt  werden  soll.  Die  Sprösslinge  erhielten 
darnach  nicht  ganze ;  in  der  Elternschaft  bereits  übliche 
Namen,  sondern  Zusammensetzungen  aus  Theilen  derselben. 
Namensstämme  der  Grossmütter  auf  der  einen,  konnten  mit 
solchen  der  Grossväter  auf  der  andern  Seite  zu  neuen  Namen- 
gestalten verknüpft  werden,  je  dem  Sinne  der  Stämme,  und 
dem  Geiste  der  Sprache  angemessen.  Wie  das  lautete^  sollen 
wenige  Beispiele  aus  dem  Wiegenlande  unserer  deutschen 
Bevölkerung,  aus  Baiem,  zeigen.  So  nennt  der  freisingische 
Kanzleischreiber  Kozroh  um  die  Mitte  des  neunten  Jahr- 
hunderts, und  einer  seiner  Nachfolger  des  zehnten,  uns  einen 
Vater  Unfrü,  der  seinen  Sohn  Deotfrä  nannte,  einen  Ilpranl. 
der  seine  Tochter  llpurc  hiess,  eine  Mutter  Deotwih^  die  ihr 
Mädchen  Deoistvint  taufte.  Zwei  Schwestern  Liutswini  und 
Eüanswint  lassen  auf  einen  Vater  LiutoU  und  etwa  eine 
Mutter  EUanmut  schliessen ;  allerdings  hätten  die  Eltern  auch 
EUanhart  und  Liuigart,  oder  Switbero  und  SwitUhiU  heissen 
können  —  begreiflich  grosse  Verlegenheiten  für  behördliche 
Becherchen,    wenn    damals  schon  Fremdenpolizei   bestanden 


1)  Weinhold,  die  deutsche  Frauen,  21.  •—  um  1080  erscheint  bei  Teufen- 
bach  in  Obersteier  eine  Frau  Imaia,  welche  nach  diesem  Gesetze 
auf  einen  Vater  Amdlo,  oder  auf  eine  Mutter  AmaHa  scbiiessen  Hesse. 


—     17     — 

hätte.  Und  diese  Proben  lassen  sich  aus  ältester  Zeit  (denn 
zuerst  verkommt  im  Namenwesen  diese  feine  Seite)  von  überall 
her  belegen,  wo  Deutsche  sitzen :  aus  Frankreich  nicht  minder, 
wie  aus  Italien,  vielfach  und  zierlich.  Und  so  muss  man  sich 
schliesslich  sagen,  dass  die  eingangs  erzählte  schöne  Sage  von 
Huninger  und  seinen  Söhnen  gleichfalls  auf  diesen  Familien- 
und  Sprachgebrauch  und  nicht  nothwendig  auf  ein  weit- 
erschütterndes  Ereigniss  zurückgeführt  zu  werden  hätte.  *) 

1)  l^ark  hat  in  seinen  „Kosenamen  der  Germanen '^  (Sitzangsberichte 
der  kais.  Akademie  52,  345)  einen  FaU  componirt,  der  witzig,  klar 
und  lehrreich  genug  ist,  um  ihn  hier  als  Beispiel  zu  verwerthen.  Er 
setzt  Yoraus,  dass  zwei  germanische  Eltempaare,  0er  und  JEßZto, 
dann  BäU  und  BerhUi,  je  einen  Sohn  und  eine  Tochter  hatten.  Diese 
hiessen  Ehar  und  Swinta,  heirateten,  und  übertrugen  auf  ihre  Kinder 
nach  Yolkessitte  die  eigenen  Namen  und  die  ihrer  Eltern  in  Zu- 
sammensetzungen. Friede,  Gesundheit  und  der  Himmel  begünstigten 
ihren  Bund  absonderlich:  sie  konnte  alle  Mutationen  aus  den 
sechs  Namen  auf  ihre  Kinderschaar  verwenden,  die  80  Köpfe  zählte, 
12  Knaben  und  18  Mädchen  —  nichts  Unmögliches,  wenn  auch 
Seltenes.  Fassen  wir  nun  von  den  beiderseitigen  Grosseltern  zu  den 
Enkeln  das  Ergebniss  in  einen  Stammbaum  zusammen,  so  wird  sich 
an  dem  Massenbeispiele  die  Schmiegsamkeit  unserer  Sprache  klar 
erweisen.  Der  Stammbaum  wäre  folgender: 

Ger  HOta,  BäÜ  Berhia 

I  I 

Ebur  Swinta 


BaUhOt,  BaUgery  BäUsunrU,  Berhtger,  BerJUhilt,  BerJUswint,  EbwrhiU, 
Eburhälda,  EburBwint,  Eburberhta,  EburhdU,  Eburger,  OerbaU,  OerMU, 
Gerbalda,  Qerberht,  Gerswitd,  Oerberhla,  HütebäU,  HiUebaUda,  Hüte- 
SioifUj  Hütd}erht,  Hüteger,  HHUberJUay  Stointd)ur,  StoinidtaM,  SunfUe- 
bcdda,  Sunntberhta,  Swintger,  SwinthtU, 

Diesem  Beispiele  sei  angeschlossen,  dass  sich  aus  Förstemanna 
althochdeutschem  Namenbuche  belegen  lässt,  wie  ganz  ungewönn- 
lich  reiche  Kuppelungen  manche  Namensstämme  ermöglichen.  So 
weist  er  auf  berJU  869  Personennamen  auslautend  und  87  anlautend 
nach,  auf  firid  225  und  70,  auf  ger  197  und  98,  auf  hart  259  und 
54,  auf  heri  289  und  99,  auf  rod  15  und  112,  auf  rieh  210  und  85, 
auf  waü  290  und  80,  und  auf  toolf  gar  881  und  101  —  also 
fast  500  Namen,  in  welchen  das  Appelativ  wolf  zu  Anfang  oder 
zu  Ende  vorkömmt!  Und Förstemann  ist  noch  keineswegs  vollständig! 

MitUi«a  Ana  hbt.  Yeraines  f.  Steiermark,  XIIX.  Heft,  1881.  2 


-     18     — 

Doch  air  das  Gesagte  spielt  in  einer  Zeit,   welche  mn 
Jahrhunderte  von  der  abliegt,  die  w  i  r  im  Namenwesen  unsere 
beste  und  reichste  nennen.  Gegenüber  den  westlichen  Terri- 
torien   deutscher  Zunge    sind    wir    hierlands  Spätlinge   der 
Cioionisation  innerhalb  des  Rahmens  des  deutscht!  Reiches. 
Und     da    die    Einwanderung    unserer    Vorfahren    nicht    in 
grossen  Massen  und  überschwemmend  geschah,  so  entwickelte 
sich  das  deutsche  Element  erst  spät  zu  einer  gewissen  docu- 
mentirten,  für  uns   entsprechend  zahlreichen  Existenz.    Dsa 
Namenleben  hängt  für  uns  von  jenem  in  den  Urkunden  ab,  die 
es  bezeugen.  Erst  mit  dem  X.  Jahrh.  regt  es  sich  da  embryonen- 
haft;  auch  im  XL  ist  es  noch  unverwendbar,  und  erst  im  XU. 
wird  es  ergiebig.  In  letzterem  Zeiträume  liegt  für   nnsereo 
Zweck  unsere  Fundgrube.  Aber  deren  Inhalt  ist  doch  im  Laufe 
der  Jahrhunderte  etwas  vertrocknet ;  die  ursprüngliche  Frische 
besitzt  er  nicht  mehr,  weder  nach  seinem  Aeusseren,    dem 
Namenklange,   noch  bezüglich  jener  Feinheiten,   die    soeban 
dargelegt  worden,  noch  auch  ist  mit  der  Zeit  die  Zahl  ge- 
wachsen, —  im  Gegetftheile.  Aber  er  repräsentirt  eben  unseren 
Reichthum,  und  der  Umstand,  dass  Andere  dessen  mehr  haben^ 
darf  uns  den  eigenen  schmäleren  Besitz  nicht  nüssachten  lassen. 
Und  gross  genug  ist  derselbe  immerhin,  um  an  dem  Landes- 
vorrathe  zu  zeigen,  aus  welcher  Ideenwelt  die  Väter 
unsererVäter  ihre  Namen  heraus  gegriffen.  Wesent- 
lich aber  ist  er  es,  um  an  ihm,  an  der  stranunen  Schönheit 
der  Männer-,  und  an  der  Lautmilde  der  Frauennamen  unseren 
heutigen  Stand  in  der  Sache  in's  rechte  Licht  zu  setzen,  nnd 
dessen  kümmerliche  Armuth  und  schales  Einerlei. 

Was  bei  uns  die  allseitige  Abschwächung  des  Namen- 
wesens im  XU.  Jahrh.  gegenüber  dem  IX.  und  X.  in  Baiem 
hervorbrachte;  ruht  wohl  zum  geringsten  Theile  in  Ursachen, 
die  im  Lande  selbst  zu  suchen  wären.  Die  gleiche  Erscheinung 
zeigt  sich  uns  nämlich  in  unserem  Stanmüande  selber.  Sie  ist 
also  keine  örtliche,  sondern  eine  organische,  die  das  ganze 
Wesen  durchdrang,  wo  dasselbe  immer  leben  mochte.  Jede 
geistige  Strömung  hat  solche  Phasen  auf-  und  absteigender 


-     19     - 

Richtang  durchzumachen,  und  so  auch  die  Sprache,  und  mit 
derselben  ihr  Product,  der  Name.  Unsere  Väter  konnten  nicht 
festhalten,  was  ihren  Vettern  in  der  gemeinsamen  Heimat  trotz 
ihrem  massigen  Zusammenleben  abhanden  kam. 

Es  ist  auch  nicht  zu  glauben,  dass  die  Entwicklung  des 
Eirchenwesens  durch  den  Import  specifischer  Heiligennamen 
das  germanische  Namenwesen  sonderlich  geschädigt  hatte. 
Dass  diese  „fromme*'  Gruppp  die  nationale  schliesslich  tOdtete, 
wie  der  ^pheu  den  kräftigen  Baum,  das  mag  nicht  geleugnet 
werden.  Aber  das  XH.  Jahrh.  war  noch  nicht  die  Zeit  des 
gefährlichen  Anschmiegens  der  einen  an  das  andere.  Im  Gegen- 
theile  zählen  wir  bis  dahin  und  noch  lange  Zeit  darnach  unsere 
Priester  zu  den  besten  Germanisatoren.  Die  Taufe  voran 
stempelten  sie  Leute  in  Menge  durch  die  Namen  zu  Deutschen, 
welche  etwa  bei  einer  Volkszählung  unter  unserem  ersten 
Herzoge  ihre  „ Umgangssprache''  mit  allem  Fuge  als  . windisch*' 
hätten  einzeichnen  lassen  können.  Das  Uebrige  machten  die 
Predigten  und  der  allgemeine  Verkehr.  Auch  hat  die  römische 
Kirche  in  solchen  Dingen  sich  stets  frei  von  Engherzigkeit 
gehalten  —  von  ihren  kleinsten  Organen  kann  man  das  viel- 
leicht nicht  behaupten.  Zudem  ist  der  Procentsatz  der  wirk- 
lichen heiligen  oder  biblischen  Namen  im  XH.  Jahrh.  gegenüber 
dem  X.  keineswegs  auffällig  gewesen,  obgleich  eine  so  lange 
Reihe  geistlicher  Mtthen  dazwischen  liegt  ^). 


0  Die  Fremdnamen  —  jfldisch-biblischer,  griechischer  oder  lateinischer 
Abkunft  —  die  im  XII.  Jahrh.  in  Steiermark  vorkommen,  sind  un- 
geflüir:  Ähsohn,  Adam,  JJexander,  Constantin^  David ^  Diony8, 
Johcmnes,  Jsak,  Judas^  Lortne,  Martin^  Fätr,  Boman,  Samson, 
Thomas,  Virginius,  —  dann  für  Frauen  AgaÜha,  Agnes,  Benedicta, 
Bewigna,  ChrisUna,  Clara,  Elisäbähy  Euphetniaf  Hdena,  JudUh, 
Margardh,  Petrissa  und  Sophia.  Die  Namen  Abraham^  AlbinuSf 
Amieiu,  Leo,  Magnus  und  Stephamus  können  ebensowohl  fremde  als 
auch  verfremdete  deutsche  Namen  sein,  nämlich  Afiram,  Albo,  Amte, 
Lewe,  Magan  und  SUaeno,  anderseits  wieder  Pügrimus  eine  Ver- 
deutschung von  PeregriniM.  Obige  Namen  finden  wir  grösstentheils 
blos  bei  Klosterangehörigen,  Johannes  nur  bei  solchen. 

2* 


—     20     — 


Doch  gehen  wir  an  die  Fundgrube  selbst,  was  sie  an 
Personennamen  für  unsere  Heimat  bis  gegen  das  Jahr  1200 
uns  bietet. 

Sehen  wir  auch  hier  zuvörderst  nach  den  einfachen 
Namen  oder  Stämmen,  die  allerdings  zuweilen  von  Ver- 
kürzungen schwer  zu  scheiden  sein  mögen.  Da  haben  wir 
Ädalo,  ÄJbo,  Anno,  Ävo,  Pdbo^  Patto^  Pcpo,  Boto,  Bom^  Bwi>o, 
Charl,  Chraßo,  Trunto,  Tuto,  Eber,  Ekko,  Eneo,  Emust,  Frodo, 
Gero,  Grimo,  Gros,  Hagino,  Haimo^  Sinto,  Huch^  Matmo. 
MuGlo,  Otto,  0/fo,  Rabo,  ScHcho,  Spiso,  Scroth,  Sndlo,  WaU/k 
Wito  und  Wolfo  für  Männer,  für  Frauen  dagegen  Ädala,  Ata, 
Berkta,  CKleina,  Emcha,  Engüa,  Gema,  Golda^  Guta,  Süku 
Himeila^  Itnalaj  Xtefto,  Pim,  Sigen^  Truta,  Tuta,  Uta  und 
TTtütna.  ^ 


1)  Für  die  aufgeführten  und  aufzuführenden  Namen  folgt  hier  du 
YerzeichnisB  der  Stämme,  soweit  möglich  solche  zu  geben,  and 
ebenso  deren  Bedeutung.  Den  Zweck  dieser  Liste  habe  ich  kaum 
nöthig  darzulegen.  Aber  wozu  ich  mich  yerpflichtet  fühle,  ist  hier 
anzusetzen,  dass  in  Einzelfragen,  in  welchen  die  Ansichten  der 
Forscher  entweder  gespalten  oder  unklar,  Herr  Prof.  Dr.  Schönbacb 
mit  gefälligem  Rathe  mir  an  die  Hand  ging.  Zu  erwähnen  habe  ich 
noch,  einerseits  der  Raumerspamiss  und  anderseits  des  Gr^branches 
der  Liste  wegen,  dass  die  meisten  hier  angeführten  substantiTischen 
Stämme  aofjectiyische  Verwendung  haben. 


aäcd,  Adel,  vorzüglich. 

cA,  sehr,  gänzlich ;  doch  wohl  auch 
Verkürzung  aus  adai, 

dB),  wird  auf  Elfen  bezogen. 

aU,  wohl  aus  toott;  s.  dieses. 

ant,  Eifer;  als  Auslaut  =  parti- 
cipiell,  wie  das  heutige  — end. 

ans  (später  m  und  os)  =  Ver- 
stärkung, also:  ausgezeichnet. 

ar,  Adler. 

arheo  (ori&o),  Erbe. 

arm  (trw) = Verstärkung  in  ausser- 
ordentlicher ,     überirdischer 
Weise. 

(MC,  Esche,  Lanze. 


harn  (bom),  Kind. 

her  {hero),  Bär;  aber  auch  Hdd, 
Krieger  und  s.  auch  pem, 

perht  {perty  prekl^,  ruhmroll,  glän- 
zend. 

pem,  geboren  (männlich). 

pa,  1.  Beil,  2.  Güte. 

püd,  Pfeil. 

ptTfi,  geboren  (weiblich). 

lad,  haU>,  Gebieter. 

hold,  häH  kühn. 

hortf  Schild. 

pram,  Ruhm. 

prant,  1.  Schwert,  2.  Flamme. 

brod,  Lanze. 


—     21     — 


Nebst  einer  kleinen  Musterkarte  von  Lauten  öfihet  sich 
hier  bereits  eine  kleine  Welt  von  Begriffen  auf  Personennamen 


bruny  RQstung. 

bw>bo,  Knabe. 

purg  (pire),  Schutz. 

charl,  Mann. 

her  8.  ger. 

Jus  8.  gis. 

Mein,  klein. 

€hrafl,  Kraft. 

diun,  das   Geschlecht  (Familie), 

aber  auch  kühn. 
taga,  Schwert. 

dio  (div,  die\  Knecht  (Dienerin). 
diot  (diet),  Volk,  Stamm. 
trat,  tapfer,  schnell. 
trag,  Bote? 
trigü,  Lftufer. 
trost,  Trost. 
intt,  1.  Freund,  2.  Kriegerschaar, 

3.  (im  Auslaute  nur)  die  Traute, 

Geliebte. 
Mä,  Geduld,  Ausdauer. 
Umt,  gepanzert. 
eher,  Eber. 
ekki,  Schwert. 
egü  (agüj,  Schwertspitze. 
dZofiy  m&chtig. 
de,  wol  =  aiah,  Heiligthum  (auch 

Hirsch). 
emi,  emicha,  yon  ama  (em)  9  Fleiss. 
engü,  Engel. 
emo,  Riese;  wohl  auch  Yerkfir- 

zung  eines  Namens  mit  Engü — 9 
era,  Ehre. 
erchan,  vornehm. 
emust,  ernster  Kampf. 
vasi,  fest. 

wM^,  1.  Volk,  2.  Kampfesschaar. 
frid,  Schutz. 
firo,  1.  Herr,  2.  froh. 
frod,  klug. 


flrum,  fromm. 

ga9te,  Schritt. 

gcirt,  1.  Gehege,  Haus,  2.  aneifemd. 

gep,  freigebig. 

geU,  1.  wild,  2.  bedeutend. 

gern  {zuOemmund),  aus^ep,  s.dieees. 

ger,  Spiess. 

gern,  begierig,  begehrt. 

gis,  Lanze. 

gisH  Geisel,  Unterpfand. 

gHs,  glänzend. 

gnan,  Namensvetter. 

gat,  Gott 

goUd,  Gold,  werthyoU. 

goz,  kluger  Mann. 

grim,  Helm. 

gros  (von  rtcodF  =  hrod,  s.  dieses). 

guot,  gut. 

gund,  Kampf. 

hade,  Kampf. 

hag,   —an,  1.  Gehege,  Haus,  2 

geschickt. 
haitn  (JuMm),  Haus,  Heimat. 
halm,  8.  hdm, 
Juan,  s.  haim» 
hand,  Hand,  anfassend. 
hart,  kräftig. 
hos,  schön,  glänzend. 
h^  Person,  Geschlecht. 
hde.  Haue. 
hdf,  Hilfe. 
hdm  (haim)j  Helm. 
her,  l.  Heer,  2.  Krieger,  3.  Schwert. 
hUd,  Kampf. 

himeila,  prächtig  (weiblich). 
hint9 

höh,  hervorragend. 
huch,  Geist,  Sinn. 
hun,  Riese. 
imdl  {amälF)f  Arbeit. 


—     22     — 


verwendet:  dhrafl  und  wunna,  eneo  und  Meina,  enmsi  und 
engüa,  scroth  und  himeila  bilden  Gegensätze  aus  dem  krftftigeD 


ing  (anlautend.) 

tmiy    8.   CH"0l« 

MfN»  Eisen,  Rüstung. 

Iem<,  Land. 

lew,  Löwe. 

;A^  leicht. 

lUb  (fiop),  Liebe,  geliebt. 

Unt,    1.   die   Schlange    (Drache), 

2.  Linde,  mit  Lindenschild  be- 

wafhet,  8.  weich. 
Uueh  (lofieft),  Flamme. 
Uut,  Volk. 
Kufr,  auch  Verkürzung  von  Namen 

mit  ImU-  7 
lo^  (Iowdi),  B.  Ittidi. 
kh,  Hain. 
Am^  laut,  berühmt. 
mäht,  Macht. 

mal  {madaU)  Versammlung. 
man,  Mann. 
mant,  freudig. 
maneg,  Manche. 
mar  {mer),  Ruhm. 
marh,  Grenze. 
megm,  gross. 
mut,  Muth. 
mmU,  -Schutz. 
nand,  kühn. 
nü,  Hass. 
not,  Eampfesnoth. 
nord  =  von  Norden  her? 
oi,  Besitz. 
otag,  Besitzer. 
odäl,  grosser  Besitz  (nach  Einigen 

auch  Vaterland). 
cü,  s.  toaU, 
oif,  s.  UHjif, 
ort,  Schärfe,  Schwert. 
raban,  ram,  Rabe. 


roh  =  rag,  s.  ragan, 

rat,  Rath. 

raf,  Eile. 

ragan,  klug. 

ra$n,  s.  rafton;  scheint  aberaucL 
noch  eine  weitere  Bedeutiuig 
zu  haben. 

rand,  Schildesrand,  Schild. 

rieh,  Herrschaft. 

rinch  (ring),  Held. 

rud  (ruod),  Ruhm. 

run,  Geheimniss,  WisseD,   Rune. 

sal,  1.  (freier)  Hof,  2.  dunkel 
(gerüstet). 

sola,  freigebig. 

sakho,  8.  säl  2. 

sar,  Rüstung. 

soakih,  Knecht. 

8cMd,  SchUd. 

scroth,  Schnitt,  Hieb. 

scitri,   Schauer,    Kampf,   Ver- 
nichtung. 

stark,  stark. 

stein.  Stein,  Hammer. 

se,  Meer. 

sdp,  YoUst&ndig. 

Sit,  Gewohnheit,  Charakter. 

sig,  Sieg. 

sint.  Weg. 

sneBo,  1.  tapfer,  2.  schnell. 

sun,  1.  wahr,  2.  Rache, 

swana,  Schwan. 

sware,  schwarzgerüBtet 

swint,  1.  tapfer,  2.  heftig. 

unc  =  ine,  bedeutet  als  Auslaut 
die  Abstammung  des  Benannten 
vom  Namenträger  des  Anlautes. 

ur? 

wcd,  Wahlstätte. 

loakh.  Fremder. 


—     23     — 

Mannesleben  zum  milden  Gestalten  der  Frau.  Allein  auch  im 
Kreise  der  weiblichen  Namen  zeigen  Ueba  und  hiUa  den 
Wirkungskreis  des  Weibes  zweigespalten:  in  Lieben  und 
Geliebtsein,  und  in  Theilnahme  an  Wagniss  und  Wehre  des 
Mannes.  Am  gemütlichsten  drückte  sich  übrigens  jenes  Eltem- 
paar  aus,  welches  seinem  Söhnchen  den  Gruss  WiUecum  als 
Name  beilegte. 

Wenn  nun  schon  damit  ein  Stück  Seelenleben  unseres 
Volkes  sich  offenbart,  muss  es  umso  reicher  sich  aus  den  zu- 
sammengesetzten Namen  darlegen.  Nicht  nur,  dass  neue  Begriffs- 
bezeichnungen damit  auftreten,  die  sonst  ausser  der  Zusammen- 
setzung bei  uns  in  Namen  nicht  sich  zeigen,  so  erweitern  sich 
auch  die  Namenbegriffe  durch  die  Verbindungen  der  Stämme. 
Alle  Namen  aber,  die  bis  zum  Schlüsse  des  XII.  Jahrb.  in 
Steiermark  auftauchen,  sind  es  nicht,  welche  hier  zu  Geltung 
gebracht  werden,  doch  ihr  grösster  Theil.  Ebenso  ist  keines- 
wegs bei  allen  gegebenen  die  Deutung  möglich  oder  sicher. 
Endlich  kann  man  für  diese  Zeit  die  alte  Weise  der  selbst- 
ständigen Findung  von  Namen  kaum  mehr  hoch  in  Anschlag 
bringen.  Es  dürften  ihrer  wenige  mehr  neu  geschöpft  worden 
sein.  Dies  ging  wesentlich  nur,  als  die  sprachliche  Bedeutung 


loaU,  Herrscher;  davon  in  Ab- 
dampfung wohl  dUf  ÖU. 

wem,  Meinung. 

war,  Vorsicht. 

wart,  Schatz. 

UHU,  scharf. 

wentü  {wandal),  veränderlich. 

wer,  Schutz,  Abwehr. 

wie,  Kampf. 

wid,  wü,  1.  Wald,  2.  Weide,  8. 
Spiess. 

wihf  geweiht,  fromm. 


wü,  Wim,  Wille. 

wQt,  Wild. 

win,   Freund,  freundlich,  geliebt. 

wis,  klug,  Führer. 

woif,  Wolf;  davon  in  Abdumpfung 
cHf  und  in  Ümlautung  aif,  stets 
mehr  mit  dem  Sinne  als  un- 
gemein stark,  dann  mit  Bezug 
auf  das  Thier. 

wun,  Wonne. 

wurm,  Lindwurm,  Schlange. 

£ei£,  zart. 


Es  bedarf  wohl  keiner  besonderen  Begründung,  wesshalb  in 
dieser  von  germanistischer  Forschung  absehenden  Darstellung 
obiges  Yerzeichniss  keineswegs  durchaus  in  der  einer  bestimmten 
Zeit  angehörigen  oberdeutschen  Sprachform,  sondern  in  jener  wesent- 
lich gegeben  ist,  in  welcher  die  Namen  selber  erscheinen. 


—     24     — 

der  Namen  noch  durchaus  lebendig  im  Sinnen  des  Volkes, 
und  der  Name  nicht  blos  ein  solchen  sondern  zuvördent 
noch  Begriff  war.  Mit  der  Zeit  ergab  sich  aber  der  Erstere 
für  den  Zweck  als  das  Nothwendigere,  und  daraus  folgerte 
das  Verblassen  des  Begrifiislebens  in  demselben,  das  Stocken 
in  der  Findung  neuer  Namen,  das  Ausfallen  alter.  Man  hatte 
allerdings  nicht  vergessen,  was  Namen  sagen  wollten  und  wie 
sie  entstanden  seien,  allein  man  begann  nur  mehr  vom  Capitale 
derselben  zu  zehren.  Dass  Ersteres  der  Fall,  zeigt  Hugo  von 
Trimberg  (von  Früheren  abzusehen),  der  da  singt: 

„ Nemehari^ 

Nimmervol  vnd  Nagehart^ 
Schindengast  vnd  Luegenhart, 
vnd  sin  hruoder  Truegenhart, 
Smeichart^  SweroU,  Glihsenhart, 
SUnOuifi,  Eratjßhart,  Judenbari^ 
Lcerenbitdd  vnd  FVIlenscie 
pflegent  des  hoves  naht  vnd  iac.^ 

Es  war  also  das  Gebiet  des  Spottnamens,  auf  dem  die 
alte  Weise  noch  lebte,  wie  es  noch  heute  der  Fall,  und  wie 
sie  beim  Aufkommen  der  Familiennamen  sich  vornehmlich  mit- 
thätig  erwies.  Daher  ist  nicht  gemeint,  als  sollten  in  unserer 
heimatlichen  Glanzperiode  die  Taufnamen  über  dem  Weihwasser 
noch  ganz  im  Bewusstsein  und  mit  der  Willensrichtung  der 
ältesten  Zeit  gespendet  worden  sein.  Das  muss  wohl  in  dem 
Masse  gewichen  sein,  als  die  Gewöhnung  an  herkömmliche 
Namen  zu,  und  der  Brauch  des  Neufindens  abgenommen 
hat  Bei  einer  Anzahl  mag  die  Lebendigkeit  des  Begriffes 
kaum  gelitten  haben,  wenn  es  nämlich  ein  solcher  w^ar^  der 
mit  dem  Denken  des  Volkes  täglich  vielfach  sich  verflocht 
Wird  doch  wohl  auch  heute  der  Name  Goifrid  kaum  g^eben. 
ohne  dass  der  Pathe  im  frommen  Sinne  an  Gott  dächte,  an 
Gottes  Frieden  und  Frieden  in  Gott,  und  mehr  noch  an  Gott 
als  bei  Gothard^  weil  ihm  für  das  Wort  hard  der  B^riff, 
die  Deutung  verloren  ging  und  weil  er  glaubt^  die  Letzteren 


—     26     — 

fär  den  ersteren  Namen  ganz  zu  besitzen,  was  nebenbei  gesagt, 
bezQglich  des  Auslautes  frid  meistens  irrig  ist 

Es  ist  also  bei  uns  im  12.  Jahrb.  keinesfalls  mehr  bei 
der  Namengebung  im  vollen  Sinne,  wie  etwa  vier  und  fünf  Jahr- 
hunderte früher  vorgegangen  worden.  Das  Innere  des  Namen- 
lebens ist  gewissermassen  eingeschlafen,  das  Aeussere  ist  — 
soweit  Schlaf  und  Leben  sich  decken  und  wieder  unterscheiden 
-  geblieben.  Oder  wenn  wir  einen  Vergleich  mit  unseren  weit- 
läufigen Schloss-  oder  Elösterbauten  heranziehen  wollen,  bei 
denen  alle  Räume,  oft  auch  sehr  viel  Anderes  noch  aus  diesen 
erhalten,  nur  das  Leben,  das  sie  einst  durchzog,  ist  gewichen, 
und  wer  sie  heute  bezieht,  denkt  selten  daran,  welche  Ver- 
anlassungen die  Bauten  schufen,  oder  fuhlt  sich  gelegentlich 
auch  ungemüthlich  darinnen.  So  Mancher,  der  heute  Herbei 
heisst,  weiss  nicht,  was  der  Name  sagen  will,  und  fast  Hesse 
sich  wetten,  dass  GrimoU  jetzt  für  Manchen  ziemlich  unbe- 
quem sich  tragen  würde.  Dergleichen  hindert  aber  nicht, 
^ohlerhaltene  Räume  uns  in  dem  Sinne  und  Leben,  das  sie 
ernst  schuf  und  schmückte,  zu  restauriren,  und  bei  unseren 
steirischen  Namen  des  XII.  Jahrh.  zu  zeigen  zu  versuchen, 
nach  welchen  Anschauungen  sie  unvordenkliche  Zeiten  früher 
geschöpft  worden  waren,  in  Formen,  in  denen  sie  zu  jener 
unserer  Glanzperiode  sich  noch  erhalten  hatten. 

Diese  Anschauungen,  doch  von  allgemeinerem  Standpuncte 
aus,  schildert  trefflich  Andresen:  „Die  ursprünglichen  Eigen- 
namen des  deutschen  Volkes  erfüllen  einen  grossartigen, 
änsserlich  aber  verhältnissmässig  kleinen  Gedankenkreis;  ihr 
durchaus  ehrender  Inhalt  ist  so  ausnehmend  kriegerisch,  dass 
auch  diejenigen  Namen,  welche  nicht  von  Kampf  handeln, 
sondern  den  Frieden  tragen,  an  dem  Hauptcharakter,  welcher 
sie  sämmtlich  auszeichnet,  theilzunehmen  scheinen.  Friede  bedeutet 
vorzugsweise  Schutz  und  Schirm,  und  ist  in  alten  Namen  schwer- 
lich als  etwas  Innerliches  zu  verstehen.  Rath  und  Ansehn,  Wille 
und  Gedanke,  Treue  und  Anhänglichkeit  sind  unfehlbar  Eigen- 
schaften und  Zustände,  welche  ebendahin  passen,  wo  Ernst  und 
Männlichkeit,  Macht  und  Stärke,  Glanz  und  Ruhm,  Besitz  und 


—     26     — 

Adel  dem  Neagebornen  als  Zierden  ftür  seinen  Lebensweg 
gewünscht  und  gehofft  werden.  Allen  diesen  Begriffen  über- 
geordnet ist  der  Kampf;  ihm  sind  fünf  verschiedene  (Wort-i 
Stämme  gewidmet  aus  denen  sich  die  gangbarsten,  gewicht- 
vollsten Namen  gebildet  haben.  Zum  Kampfe  gehören  Wehr 
und  Waffen,  Kühnheit  und  gerechter  Zomeshass,  geboren 
Heer  und  Volk  und  Stammmesgenossenschaft,  Land  und  Leute; 
allen  stehen  Sieg  und  Siegesbeute  in  hoffnungsreicher  Aussicht 
Die  Gottheit,  deren  Gnade  und  Hilfe  der  Krieger  erfleht, 
bleibt  unvergessen,  Elfen,  Riesen  und  andere  übermenschliche 
Wesen  mitbegriffen;  den  Thieren,  welche  den  Göttern  heihg 
sind,  wird  bedeutsam  gehuldigt.  Ueberall  sind  Wald  und  Hain 
das  bevorzugte  Land.^ 

Sehen  wir  denn  nach  den  Gruppen,  welche  aus  unserer 
einheimischen  Namenschar  sich  bilden  lassen,  gleichsam  den 
Fähnlein,  welchen  sie  sich  unterordnen. 

Das  ist  zuvörderst  die  von  Land  und  Leuten,  und 
bilden  diese  die  Stämme  hnd^  dann  diot  (didj,  volch  und  lud. 
Aus  ihnen  weisen  sich  bei  uns  die  Namen  Landprehty  Landfrid 
und  LantrcU,  femer  Diotpato,  Dietpöld,  Diäpram,  Dieiprant, 
Didprehtj  Dietger,  Diähard,  Dielher,  Dietmar,  Dietram,  Dielrat. 
Diärich^  Dietwich  und  Diämn,  weiter  Liuiperhtj  lAutpcid, 
Liutprand,  Litdfrid,  Liutger,  Liuigoe,  Lhdhard,  lAutoU^  lÄuiraw 
und  Liuiwalch,  endlich  Volprehi^  Volker,  Volchtnary  VoldhoU 
und  VolchraJt  —  für  Frauen  aber  Diäpirg  (Diotpurg),  Didkilt. 
Diemuot,  Liutgart  und  Litäpirg,  und  endlich  Volchstcini.  Kose- 
formen aus  diesen  Namen  sind  und  werden  in  unseren  ein- 
heimischen Schriften  genannt  Laiso,  Diesa,  DiejsiU  und  Die^o, 
lAuea,  und  Liuzo,  endlich  auch  Folchüo.  —  Der  Fremde, 
der  nicht  des  Landes  und  Volkes  war,  hiess  wdlch,  und  in 
diese  Kategorie   ist   wohl  ein  gewisser  Liutwalch  zu  stellen. 

Was  den  Stand  anbelangt,  waltet  in  den  Namen  stets 
der  Begriff  des  Vornamens  vor,  mit  den  Stämmen  tidal,  charl 
und  erchan,  und  wenn  je  solche  erscheinen,  die  auf  Dienest- 
Schaft  sich  beziehen,  wie  die  {dio,  div,  dei)  und  scalch^  so 
weisen  ihre  Zusammensetzungen,  dass  nicht  gemeine  Hörigkeit 


—     27     — 

gemeint,  sondern  die  Unterordnung  unter  Gott,  das  Vaterland 
und  das  Heer.  Indess  tragen  Namen,  welche  den  Stamm  adäl 
in  sich  schüessen,  keineswegs  blos  Freie.  Es  muss  darunter 
so  wie  bei  erchan,  metaphorisch  auch  blos  edle  Gesinnung 
gemeint  gewesen  sein.  Und  charl^  das  specifisch  „Mann"  be- 
deutet, doch  mit  dem  Sinne  des  besonders  Hervorragenden, 
ist  desshalb  eher  hieher,  als  in  die  folgende  Gruppe  zu  reihen. 
Es  mag  als  bezeichnend  angesehen  werden,  dass  die  Namen 
mit  adal  besonderer  Beliebtheit  sich  erfreuen.  Wie  dagegen 
jeder  germanische  Stamm  Vorzugs-,  oder  ihm  allein  eigene 
Personennamen  gebrauchte,  so  ist  auch  der  Name  Giarl  als 
fränkischer  bei  uns  ungewöhnUch,  daher  sehr  selten.  Wir  be- 
gegnen ihm  also  nur  in  ein  paar  Familien,  und  auch  da 
blos  vereinzelt.  Dagegen  haben  wir  Ädah,  ÄdaR>ero,  Adilbolä^ 
AddlbrefUj  AdaJfrid,  Adaiger,  Adilgog,  AdeVialm,  AdeOhorl, 
Adühoh,  AdaloU^  Adalram  (jener  hochadelige  Mann,  der  aus 
Aerger  über  seine  Frau  zum  Stifter  von  Seckau  wurde),  Adäl- 
rich^  Adahmc,  Adahvart,  Adalwic^  Addhvich  und  AdcUwin^ 
ferner  ErchanpoU,  Erchanpreht,  Erchinger,  Erchanhari  und 
Erchanrat,  —  für  Frauen  dagegen  Adoda  (die  Verwandte 
Kaiser  Heinrich's  U.  und  Mitbegründerin  des  Klosters  Göss); 
Addgart,  AdeJheüj  Adalpurch  und  Adcdsmni,  vereinzelt  endlich 
emeErchanmid.  Für  die  Bezeichnung  eines  Dienstverhältnisses 
lassen  sich  bei  uns  nur  Engilscdlch,  Gotisccdch  und  OddUcdlch 
{odal  soll  nach  emzelnen  Forschem  auch  die  Bedeutung  von 
Vaterland  in  sich  schliessen),  dann  Engildie,  Hamideif  Herideo 
und  Gatesdiu. 

Das  Geschlecht  bezeichneten  entweder  einfache 
Stämme,  wie  deren  oben  eine  Anzahl  schon  vorgeführt 
wurde,  oder  Zusammensetzungen  mit  den  Auslauten  man  und 
wipy  und  so  begegnen  wir  bei  uns  Aeeman.  Enffilman,  Enei- 
fnan,  Gepman,  Liupman,  Salman,  Siffgeman,  Sunmany  Swarz- 
fnan  und  Trutman,  dann  Ajsawip,  Gnanwip,  Gruottmp  und 
Liuzi€ip,  Doch  versteht  es  sich,  dass  wie  einzelne  einfache 
Stämme  nur  Männern  zukommen,  so  auch  Zusammensetzungen 
gewisser  Art  blos  Männern  oder  auch  blos  Frauen.  So  bedeuten 


—     28     — 

alle  Namen,  die  auf  bald,  hart,  olf  u.  s.  w.  enden,  nur  Erstere, 
dagegen  kommen  die  auf  gart,  gund,  hüd  und  Unt  nur  Frauen 
zu,  und  sollen  Proben  davon  bei  späteren  Gelegenheiten 
sprechen. 

Das  Verhältniss  der  Verwandtschaft  ist  in  unseren 
Denkmalen  in  grossväterlichem  Grade  vermuthUch  durch  Avo 
Ava,  nicht  weniger  vermuthlich  von  väterlicher  durch  AUo 
und  PabOj  im  nachkömmlichen  durch  Artbo  (Arbo),  durch 
Barn  und  Suonüie^  in  Auslauten  durch  bam  und  pim^  und 
das  seitUche  durch  Liebeswester  vertreten.  Auch  Gnanno  spricht 
man  als  Verwandtschaftsbezeichnung  zu,  doch  ist  man  seiner 
eigentlichen  Meinung  noch  nicht  sicher.  Bei  uns  wären 
somit  Grnannico,  Gnannilo  und  Cfnanunp  noch  näher  zu  be- 
stimmen. Und  ist  Sunekind  etwa  der  Enkel  vom  Sohne  ?  Dieser 
Name,  den  das  grosse  altdeutsche  Namenbuch  Förstemanns 
nicht  aufführt,  hat  bei  uns  eine  eigenthümliche  Geschichte. 
Er  ist  uns  nicht  aus  unserer  reichen  Periode  und  nicht  ein- 
mal unmittelbar  als  Personen-,  sondern  blos  als  Ortsname, 
also  mittelbar,  und  zwar  erst  aus  dem  Anfange  des  XV.  Jahr- 
hundertes  erhalten.  Da  liegt  nicht  weit  von  Riegersburg,  in  der 
Pfarre  Breitenfeld;  ein  Dörfchen,  das  den  wunderlichen  Namen 
Sanct-Eind  fuhrt.  Man  war  geneigt,  die  Erklärung  in  dem 
Heiligencultus  zu  suchen,  der  sich  den  Heiland  noch  in  der 
Wiege  vorstellte,  und  ihn  abgesondert  von  seiner  späteren 
Thätigkeit,  einzig  als  das  heilige  Kind  xax  'e^o^^riv  zur  Ver- 
ehrung heranzog.  Erst  das  älteste  urkundliche  Vorkommen,  im 
Vereine  mit  dem  Dialekte  des  Volkes,  entwickelte  den  Vorgang 
und  zeigte,  dass  der  Personenname  Sunkind  zu  Grunde  liegt 
aus  dem  das  Volk  Sohkind  machte,  das  die  Verhochdeutscher 
der  Ortsnamen  als  Sand-Kind  ansahen,  und  thatsächUch  wurde 
Letzteres  dialektisch  nicht  anders  als  Songkind  ausgesprochen  ^). 

Begreiflich  spielt  dasreligiöseMoment  keine  geringe 
Rolle  dort,  wo  überhaupt  Naturanschauung  und  Gefühlsleben 


1)  Einige  sehen  in  mtn  eine  Kürzung  aus  sundar  =  besonders,  a'is> 
gezeichnet  u.  dgl. 


—     29     — 

so  sehr  ausgeprägt  sind,  wie  bei  den  Personennamen.  Dass 
hierin  das  alte  heidnische  Gebiet  und  das  neue  christliche 
sich  begegnen,  mag  ausser  Zweifel  stehen,  nur  ist  es  mehr 
als  wahrscheinlich,  dass  die  Bedeutung  der  Namen  aus 
Ersterem,  ihre  persönliche  Beziehung  zur  ehemaligen  Götter- 
welt in  der  Gesellschaft  des  XU.  Jahrhunderts  nicht  mehr 
lebte.  Und  so  werden  sich  die  betreffenden  Namen  entweder 
blos  erhalten  haben,  weil  man  die  sprachliche  Bedeutung  des 
Wortes  irmino,  tvidant  u.  s.  w.  noch  inne  hatte,  noch  mehr 
aber,  weil  die  betreffenden  Namen  einmal  da  waren.  So  geht 
es  ohne  Zweifel  auch  manchen  Namen  von  Thieren,  da  diese 
Wesen  um  die  genannte  Periode  gewiss  für  Namenschöpfung 
jene  bewegenden  Anlässe  den  Pathen  nicht  mehr  gegeben 
haben  können,  wie  in  der  gottlosen,  aber  götterreichen  Urzeit 
Was  sollte  auch  in  jenen  Tagen,  wo  Klöster  und  Pfarreien, 
die  thätigen  Stätten  christlicher  Glaubenslehre,  unser  Land 
schon  reich  bedeckten,  der  mythische  Riesenwurm  Lind  und 
der  Yorauseilende,  ausspähende  Götterrabe  in  den  christlichen 
Namen?  Ihre  Bezeichnungen  mögen  darin  ungefähr  jene  Rolle 
gespielt  haben,  wie  heute  gewisse  Göttemamen  des  Alterthums 
in  unserer  feineren  Diction.  Zum  Mindesten  wird  Niemand 
glauben,  dass,  wer  von  „Söhnen  des  Mars^  und  von  „  Jüngern 
Mercurs^  spricht  (leider  gab  es  im  Alterthume  keine  Gottheit 
des  Tintenfasses  und  der  Bureaukratie),  an  diese  Mitbeleber 
des  classischen  Himmels  weiter  denkt.  Immerhin  aber  waren 
die  Bezeichnungen  aus  dem  Götterreiche  unseres  Volkes 
während  dessen  Heidenthumes  noch  im  XII.  Jahrhunderte  gang 
und  gäbe.  Daher  lassen  sich  die  Äsen  und  Irmin  und  Ingo, 
und  Lind  und  Raban  in  der  Anführung  der  Namen,  welche 
sie  nennen,  nicht  wohl  vermeiden,  denn  es  ist  ja  weniger  die 
Gedankenwelt  der  Letzteren  im  XIL  Jahrhunderte,  welche  hier 
zur  Anschauung  gebracht  werden  soll,  als  vielmehr  jene  der 
Urzeit,  wie  selbe  —  wenngleich  meist  nur  mehr  lautlich  und 
nicht  mehr  sinnlich  oder  verstanden  —  noch  im  XII.  Jahr- 
hunderte spielte.  Und  so  illustriren  dieselbe  aus  unseren 
Schriftstücken  Ansbert,  Ansfrid  und  Anshalmy  Irmbertf  Jrmfrid 


—     30     — 

Ermgonf,  Irmhart  und  Jrmstein,  Baban,  Babingerj  Adakram, 
Afram,  Eberan,  Gruntram,  Wcdräbo  und  Ingram,  dann  ArtnlM, 
PurcMinty  TrtäUnt,  BeüMint  und  Selint,  wozu  wir  noch  weiters 
Irmgart  und  Irmpurch  fügen.  Auch  die  Namen  Bi*go  und 
HübreM  liessen  sich  dieser  Gruppe  einverleiben;  zum  Min- 
desten ist  ihr  Stamm  hug  (Geist)  sachlich  damit  verwandt 
und  dass  derselbe  in  der  Bedeutung  eine  hohe  Stufe  einnahm, 
zeigt  die  Namensverbindung  Hugideo,  die  man  indess  bei  uns 
vergeblich  suchen,  doch  in  einem  der  lieblichen  Bilder  Scheffels 
desto  sicherer  finden  wird.  Möglicherweise  sind  die  Namen, 
welche  von  geheimnissvollem  Wissen  (run)  sprechen,  ebenfalls 
der  Götterzeit  entnommen,  wie  Alrun,  Friderufiy  Waknm  und 
TFiZruM;  und  vielleicht  auch  Elegart^  als  Schützerin  des  heiligen 
Hains  und  des  Heilthums  {aiah).  Dafür  ist  indess  auch  die 
reinchristliche  Welt  in  unseren  heimischen  Namen,  und  wohl 
inniger  vermeint  als  jene,  vertreten.  Das  belegen  Go^perU, 
Got^old,  Gotd>rot,  Gotefrid,  GotescaUh,  Gotideo  (Gotsdiu  weibl.), 
dann  Engäpero,  EngiJbrekt^  EngilpoU,  Engädio,  Engüfrid^  Engü- 
ger^  Engdhart,  Engilhelm,  Engilmaot,  Engilrat,  Engäram,  En- 
gOrich,  Engüscalch^  Engilwan  und  Engikoart,  Ja,  dem  hohen 
Begriffe,  welchen  auch  wir  gelegentlich  dem  Worte  »Herr* 
zuwenden,  entsprechend,  wäre  es  möglich  auch  den  Namen 
Frowin  hieher  zu  beziehen  —  wie  correlativ  zu  Godwin^  welche 
Namensform  wir  übrigens  nicht  besitzen. 

Vom  Besitze,  und  zwar  an  eigenem  und  ausgedehnten 
Gute,  an  welchen  die  Stämme  od^  otag^  odal,  hag,  haim  und 
kam  erinnern,  sprechen  Otperkt^  Otfrid,  Otger,  Otgoa,  Oäoeh, 
Otto  und  Ottvin,  Otaker^  OdcUprdU,  Odalhart,  Odalrichy  Odalscakh 
und  Gemot,  Hagano,  Hagd>am^  Haimberi,  Haimo  und  Hämidtej 
und  vom  Sitze  im  Walde  Wido  und  Widman  —  obgleich 
diese  Namen  sich  auch  auf  den  Weidenspeer  und  den  damit 
Ausgerüsteten  beziehen  können. 

Reiche  Auswahl  bieten  uns  die  Namen,  deren  Stämme 
zum  Theil  auf  Eigenschaften  des  Menschen  Bezug  nehmen. 
Dabei  sind  allerdings  jene  in  der  Minderzahl,  welche  Güte, 
Liebe  und  Freundlichkeit,   Freundschaft   und  Friedfertigkeit 


—     31     — 

meinen,  gegenüber  denen,    die    in   mehr  oder  weniger  aus- 
gesprochener Form  an  öfFentliches  Auftreten  Anderen  gegenüber 
oder  über  Anderen,  und  an  den  Kriegspfad  erinnern.  Für  die 
erstere  Gruppe   seien   die   Stämme  pil,  trost,   tuUy  era,  fro, 
frumj  gep,  gold,  gut,  Jms,  heid,  heJfy  hug,  UM,  Ueb,  lint,  müt, 
sä,  wanj  um  und  zeiz  erwähnt,   und  die  Namen   Ermfrid, 
Frobreht  und  Frowin,  FrumoU,  Oepehartj  Gebeno,  Gepman  und 
Gebolf,  Guotman,   Helfrich,   Buch,  FHälieb^   SUüieb,  Liqpman, 
Sämer,  Engthoan,  Äddhoin,  Älbmn,  Diäwin,  Frowin^  Gozmn, 
Litdwin,  Nordwin,  Otwin  und  Zeizolf,  dann  von  Frauen  TrostkiU, 
TuUfMd,  ErifUntd,  Frogart,  Fh'omut,  Goldpurch,  Hasmtd^  Adelheid, 
LfJUtnut  und  MiUrtd.  Allein   schon  bei  diesen  Namen  macht 
sich  ein  Umstand  zum  Theile  bemerkbar,  der  auch  hindert, 
die  Zahl  derselben   zu    vermehren.    Theoretisch  genommen, 
haben   nämlich   die  genannten  Stämme  wohl  im  Ganzen  den 
Charakter    der  Friedensseite    des   gesellschaftlichen  Lebens, 
allein   derselbe   geht  sehr  häufig  durch   die  Kuppelung  mit 
einem  zweiten  Stamme,  der  entschieden  dieser  Richtung  nicht 
angehört,  gänzlich  verloren.   So  nehmen  selbst  TtiUmut  und 
TrosthiU  in  der  Gruppe  eine  kaum  sichere  Stellung  ein,  und 
PilhiU  wäre  trotz  seines  unkriegerischen  Anlautes  wegen  des 
kampfhauchenden  Auslautes  schwer  einstellbar,  von  TnMlüp 
und  Baidfvin  u.  A.  zu  geschweigen. 

Kampf  und  Krieg,  und  was  damit  zusammenhängt, 
haben  nämlich  den  Löwenantheil  an  den  Schöpfungen  der 
Personennamen.  Mehr  als  zwei  Drittel  der  Belege,  die  wir  aus 
unserem  Lande  für  das  Thema  überhaupt  geltend  machen  können, 
gehören  der  Richtung  an,  wo  Gesinnung  und  Waffe,  oder 
wie  es  heute  heisst,  „Blut  und  Eisend  Zusammenklang  und 
Inhalt  bilden.  Und  damit  wir  in  der  Fährte  bleiben,  wollen 
wir  auch  hier  die  Anlagen  der  Menschen,  die  Eigenschaften, 
in  den  Namenstämmen  voransetzen.  So  wie  eben  gedacht, 
tritt  bei  dieser  Gruppe  nicht  minder  der  Fall  ein,  sonst  harm- 
lose Stämme,  wie  perJU,  gern,  rat  u.  s.  w.  der  kriegerischen  Ge- 
sammtanlage des  Volkes  halber  und  auch  der  bedeutsamen 
Kuppelungen  wegen  hieher  beziehen  zu  müssen.  Es  ergeben 


—     32     — 

sich  die  Stämme  ant,  ans  (a$,  os),  perht  (preiht),  boi,  bM 
(baJd).  chun,  ehraft,  eUiin^  eng,  vast,  frid,  frod,  gtmc,  gart,  geti. 
gerfij  gUs,  goz,  hart,  hun,  irm,  tnagm  {megin),  maJd,  manty  muL 
mtmt,  nant,  nü,  oU,  olf^  rat,  raf,  rag,  rah,  rieh,  stark,  selp,  sneK 
sunntf  waU,  wart,  tventil  und  unü.  Sie  geben  uns  für  sich 
und  durch  ihre  Zusammensetzungen  die  charakteristischen 
Eigenschaften  für  Mann  und  Frau  für  die  bewegte  Seite  des 
Lebens  in  den  Namen  Weriant  und  Wigant,  Änspert,  Ansfrid 
und  ÄnshaLm,  Ädalprehi,  Chuniperht,  Diäpreht,  Ellafiperhty  Ikgä- 
pret,  Erchanpreht,  VolbreM,  FHdeberht^  Frohreht^  Grotapertj  Goz- 
preht,  Liutpreht,  Otpreht,  Oddlpreht^  Beginpert,  BerhloU  und  Berktotf, 
Herhot,  Merihot,  Baibot  und  Beginbot,  ÄdaJbdld,  DidboJd^  EngObold. 
Gotebold,  LtutpoU,  Meginbold,  Sebold,  Wiüibald,  Baldraty  Bai- 
drich  und  Baldwin^  WaUchun  und  Chunipreht,  Chraflo,  JSBan- 
perht  und  EUanhart,  Enei,  Enzo,  Encikint  und  Ensiman. 
AdciJfrid,  Erchanfrid,  Hartfrid^  Irmfrid,  Landfrid,  lAuifrid 
Mahtfrid,  Meginfrid,  Otfrid,  Bichfrid,  Sefrid,  Starkfrid,  WaU- 
frid  und  Friderich,  Frodo,  Wolfgang,  Geümar,  Gemat  und 
GemoU,  Adalgoe,  Ermgoz,  Litäkoz,  Megingoz,  Otkoe,  GroeprehL 
Goehart  und  Goewin,  Adalhart,  Berinhart,  TameJhart^  Diefhari, 
EUanhartj  Engühart,  Erchanhart,  LkUhart,  Mcginhart,  Odalhart, 
Sunthartj  Werinhart,  Hartrut,  Hartfrid,  HariUep,  Bärtman, 
Hartmut,  Hartnid^  Hartrat  und  Hartunc,  Adühun  und  Sunprditf 
Irmberty  Irminfrid  und  Ermgoz,  Meginbold,  Meginfrid,  Megingos^ 
Meginher,  MeginoU  und  Meginwart,  Mahtfrid  und  Germant, 
Muio,  Mutrich,  Hartmut  und  Wolmtd,  EgilmuM,  GemmutU, 
Bichmunt  und  Warmunt,  Hartnit,  AdaioU,  AmoU,  BerhioUy 
VolchoU,  Lifdold,  ManegoU,  MeginoU,  Baio%  BeginoU  und 
WoJfoU,  Amdlf  Berhtolf,  GeboJf  und  BichoJf,  Baldrat,  Berdärat, 
Diärai,  Erchanrat,  Volchrai,  Frumraty  Gisilrat,  Hartraty  Lomtrat, 
Mahraty  Selprai,  Wolfrat,  Batboto,  Batkis,  Bather,  BaioU  und 
Batolf,  BafoU  und  Bahwin,  Bagmpoto,  Beginpreht^  BegirAoh  und 
BeginoU,  Adalrich,  Engilrich,  Helfrich,  Bichfrid,  BichoJf  und 
Bichwan^  Starkfrid  und  Starkhand,  Selprat,  Sndlo,  Su?üb^o, 
Switger  und  Swithart,  WoMchm,  WaUfrid,  Watihery  WaÜman. 
WüUo,   WaUricJi  und  WaUunc,  Adalwart,  Engilwart,  Megmtcart 


—     33     — 

und  B^mwart,  WiUibM  und  WUÜher.  Und  in  dieser  gewiss 
nicht  schmächtigen  Liste  sind  eine  Anzahl  Namen  nicht  auf- 
geführt, trotz  der  einschlägigen  Stämme,  weil  ihrer  unten  bei 
kleineren  und  präcisen  Gruppen  noch  gedacht  werden  soll. 
Ferner  ist  der  Frauen  Berhta  und  Berktrat  zu  erwähnen,  der 
Adilspurch,  Dietpirg,  Frideburff,  Gerbirg ^  Eädepurchy  Vastpurch^ 
Heüenpurch,  Herbirg,  Hüteburch,  Irimpurch,  Litäpirgy  Merburch^ 
Balburch,  Wentilburg,  Werinpurch,  Wicpirg,  WiUihirg^  Wolf' 
pirg  und  Chunipurchy  der  Eüanhilt,  ÄdaJgart,  Liutgart^  Elegart, 
Frogart,  Irmgart,  Liutgart  und  RicUcari,  der  Hunpurch,  MakChüt^ 
MeginhiU,  Addmut,  Diemtd,  Erchanmut,  Herimtä^  GUsmtd^ 
Hademut,  Hasmut  und  Snelmut,  der  Nantrtd,  Engärai,  JBVumrat, 
Sigerat^  Wirai  und  Wilrat,  der  EcUpurch  und  Badegunä^  der 
Adälsmnt,  Escsumt,  EngüswitU  und  Volchstdmdj  endlich  der 
Wentilpurch  und   Wetdilmtä. 

Nehmen  wir  an,  der  Mann  tritt  mit  gesammter  Kraft 
und  Wehr  und  Waffe  in  den  Kampf,  dessen  Phasen  er  bis 
zum  siegreichen  Schlüsse  mitmacht  Die  Letzteren  lassen  sich 
an  den  Namen  erkennen,  sowie  des  Streiters  mannigfaches 
Rüstzeug. 

Das  Letztere  in  seiner  Gesammtheit  ist  uns  angedeutet 
in  den  Stämmen  brun,  isin  und  sar,  seiner  Farbe  in  perhty 
sal  und  swarjs,  und  es  entsprechen  die  Personennamen  Bruno 
und  WaJbrun,  Isinperht,  Isihbold  und  Isinrich,  Sarhilo,  Salacho, 
Salman  und  Swareman.  Eine  Brutihild  —  um  diese  Gruppe 
auch  durch  eine  Frau  zu  zieren  —  liess  sich  filr  damals  in 
Steiermark  nicht  nachweisen. 

Den  Krieger  deckt  sein  Helm  {grim,  heim),  und  beziehen 
sich  auf  diese  Schutzwehr  die  Namen  ßtUegrim,  Isingrim, 
Wasagrim  und  Wo^grim,  dann  ÄdeJhdlm,  Anshalm^  Ämhalmf 
IHethalm^  Engilhdlm,  ErcharMlm,  Gerhalm^  Gundahalm,  Megin- 
hcdm,  Beginhalmj    WilUhehn  und   WoJßelm, 

Nur  möchte  ich  die  Vermuthung  aussprechen,  als  wenn 
mit  heim  zuweilen  die  Verbindung  nicht  so  sehr  auf  das  be- 
sagte Rüststück,  als  vielmehr  auf  die  Idee  des  Schutzes, 
und  zwar  des  Geschütztseins,  wiese. 

MittbeU.  des  hist.  YereiiiM  f.  Steiemuirk,  IXIX.  Heft,  1881.  3 


—     34     — 

Aehnliches  mag  auch  bei  den  Stämmen  hart,  rant  nnd 
8€häd  der  Fall  sein,  welche  den  Schild  des  Kri^ers  be- 
deuten, und  für  welche  uns  die  Namen  Herbord^  Herrarä, 
BantoU,  Bantolf  und  Bantunn,  dann  Schilbunch  (?)  erhalten  smd 

Das  Schwert  bezeichnen  die  Ausdrücke  prantj  tagn, 
ekkiy  egil  und  egm^  öfters  auch  heri,  dann  orf,  und  wir  finden 
mit  diesen  Stämmen  die  Namen  Alprard,  Dietprantj  Her^anL 
HiUibrandy  Liutprant,  Scuribrant  und  Wurmprant^  Tagino  und 
Tagininus,  Ekkebert,  Ekkefrid,  Ehhehard  und  Ekkenck,  EgiUmmä 
und  Egilolf,  E{g)inwic  und  Ortprekt,  OrÜiq),  Ortotf  und  Chiwin. 

Aus  der  ältesten  Zeit  datirt  die  Bewaffnung  ndt  dem 
steinernen  Hammer  {stein)  in  der  Form  einer  Hammer- 
hacke  gebildet,  wie  solche  gross  und  klein  noch  vielfadi 
gefunden  und  im  gewöhnlichen  Leben  Donnerkeile  genannt 
werden.  Auf  sie  weisen  die  Namen  Irmstein  und  Wolfstem. 

Dieser  Waffe  folgte  in  der  Zeit,  und  vor  dem  Schwerte 
der  S  p  i  e  s  s ,  von  der  Weide  genommen,  oder  aus  der  linde 
geschaftet,  oder  von  der  Esche  geschnitten  (ose  [esk],  IM,  wü 
fram,  ger,  gis,  spis,  brat)  und  dass  er  eine  Hauptwaffe  ge- 
wesen, darauf  deuten  die  Zahl  der  Stämme,  zugleich  mit  jener 
der  Namen,  als  Äscerich,  Ascwin  (Escwin),  Widker^  Afidds. 
Balkis  und  Framrich,  Ädcdger,  Diäger^  EngUger,  Eberger, 
Erchanger,  Volker,  Sdmger,  Lkäger,  Otager,  Bäbinger,  Budger, 
Suntger  und  Wolfger,  dann  Gerbert^  Ghrbot,  Gerbold^  Gerhakn, 
Oerhoh,  Gerloh,  Germania  Gero^  GeroU,  Gerrich,  Genme  und 
Gertüic^  und  endlich  Spiso  und  GotebroL  Frauennamen  aber 
dieser  Gruppe  sind  Escswind,  Gerbirg^  Grertnä,  und  s&mmtliche 
auf  lifd,  wie  Amilint,  PurcMint,  TrutUni,  EberUnty  GerUnt,  Beid^- 
lint  und  Selint  —  wenn  nicht,  was,  wie  bei  dem  ersten  und 
letzten  Namen  sehr  wahrscheinlich,  einige  davon  eher  auf  die 
Schlange,  die  mythische  oder  gewöhnliche,  zu  beziehen  sein 
sollten. 

Den  Pfeil,  piü,  nennt  uns  der  Name  W^dfpiU^  und  er 
weist  auch  zugleich  darauf,  wie  wenig  in  der  Zeit  der  Schöpfimg 
dieser  Namen  der  Femkampf  mit  dem  Bogen  geübt  wurde. 


—     35     — 

und  wie  die  eigentliche  Handwaffe,  der  Speer  und  das  Schwert, 
die  Lieblingswaffe  der  Germanen  gewesen. 

Die  Kriegers chaar  ist  fertig;  die  Einzelnen  (heri) 
bilden  die  Truppe  (folch^  truht,  her),  und  von  ihnen  sagen  die 
Namen  Dielher,  Erchanher,  CHsUher,  Gundaher,  Herbord,  Her- 
prehiy  Herideo,  Herinc,  Herman,  Hermutf  HeroU,  Herrich, 
Herwic,  Sicher,  Bather,  Eudkery  WaUher,  Werinher  und  WiUiher, 
dann  jener  der  Frau  Herpurch.  Vereinzelt  erscheint  auch 
TnMliep  {DnisUeb),  und  der  in  der  Schaar  kämpft,  heisst 
Haidfolch  {Hadfolch). 

Die  kriegerische  Unternehmung  {sint,  der  Weg; 
später  reisa  genannt)  beginnt;  wer  sich  darin  hervorthut,  den 
bezeichnet  der  Name  Sintperht. 

Die  Wahlstatt  (wcd)  ist  gefunden  ~  in  der  heidnischen 
Zeit  sollten  die  Götterraben  voranziehen  und  den  Feind 
suchen  und  heimkehrend  seine  Stätte  anzeigen  —  und  weisen 
auf  diese  Oertlichkeit  Walbrun  und  WaJrabo. 

Auf  ihr  tobt  der  E  a  m  p  f ;  seine  Benennungsstämme  hadu, 
hiä,  gund,  emust,  scroih,  scuri  und  toic  sind  in  ihren  feineren 
Unterscheidungen  noch  nicht  vollkommen  klar  gelegt  Nach 
ihnen  sind  die  Namen  Hadapreht^  Hadamar,  Haderich  und 
HadoU  gebildet,  dann  HiUebold,  Hildebrand,  HiUegog,  BUte- 
grim  und  HiÜewart,  Ghmdahelm  {Gandhalm),  Crunfher,  Chm- 
daher,  Gvmpdld,  Oundhard,  GundoU,  Gundolf  und  Quntram, 
Ernusi,  Scroih  und  Scuribrant,  daxin  Ädaltvic,  Eknoic,  Qerwig,  Hart- 
wig, Hdmwigj  Herwic,  Ludwig,  Wigant,  Wiebot,  WikboU,  Wikhart, 
Wikman  und  WtgoU,  —  und  der  Frauen  Theilnahme  an  dieser 
Seite  des  öffentlichen  Lebens  tritt  erst  recht  hervor  durch  die 
Namen  AJbegund,  Badegund  und  Oumpim,  Hadepurch  und 
Hadelouch,  PiJhiU,  DiethiÜ,  BUitAiU,  EmihiU,  Frohiü,  LohhiU, 
MahlhiU,  MeginhiÜ,  BichhiU,  Swanehitt,  TroslhiU  xmd  Wulf- 
UU,  Hütqmrch,  HiUetrud  und  HiUewig,  Hadewig,  Wieburch 
und  Wi(c)rat. 

Der  Sieg  (sig)  ist  errungen.  Ihn  wollen  ebenso  warme 
als  fachmännische  Wünsche  der  Pathen  in  den  Namen  Sige- 
perhtj  SigibotOy  SigiboU,  Sigefrid,  Sigehart,  Sigäoh,  Sigmar  und 

3* 


—     36     — 

Sigum  an  die  Personen  ihrer  Schützlinge  binden ;  und  Frauen- 
namen  dieser  Färbung  sind  Sigen  {Siguna\  S^qmrck  und 
Sigerat. 

Damit  verknüpft  sich  Ruhm  und  Ehre,  aof  welche  ans 
die  Stämme  pram,  mar  und  rud  (ruod)  mit  den  Nam^ 
Didpram  und  Litdpram,  DietmoTj  EngibnaTy  VoOanarj  Sode- 
mar,  Regmmar,  Sigemc^,  GeUmar,  Oisdmar,  und  WiUmar^ 
dann  Rudpold^  Ruprehi,  Rudger^  Rudhari,  Rudlkbj  Rudolfe  Ru- 
lant  und  Rudum  verweisen,  endlich  Meriboto  und  die  weib- 
lichen Merpurdk  und  Merpim. 

Was  aus  dem  Worte  gisil^  welches  Geissei,  Gefangene 
bedeutet,  in  jeder  Verbindung  zu  lesen  sei,  ist  unklar.  Wir 
machen  da  bei  uns  für  Männer  die  Namen  Qisilpery  Gisd- 
mar  und  GtsloU  namhaft.  Sehr  wahrscheinlich  steckt  die  Wurzel 
gis  (Speer)  in  einigen  derselben. 

Noch  bleibt  uns  die  Gruppe  der  Thiere,  welche  für 
Taufhamen  den  Leihstoff  abgeben.  Ks  sind  nur  solche,  welche 
—  wie  schon  gesagt  —  entweder  der  Götterwelt  der  Urzeit 
dienten  {InU  und  raban),  oder  solche,  deren  .Gewandtheit 
Stärcke  und  Schönheit'  sie  in  einem  von  strotzender  Kraft 
getragenen  Volksleben  „Göttern  und  Helden  vergleichen  lies^  \). 
Diese  Art  Poesie  würde  unseren  Tagen  nicht  mehr  anstehen; 
allein  zwischen  ihrer  Zeit  und  der  unseren  liegt  eine  andere 
im  gleichen  Brauche  vermittelnd,  die  wir  nicht  aUein  sehr 
gefällig  finden,  sondern  welche  wir  auch  ausgiebig  üben. 
Das  ist  jene  der  Thiernamenwelt  für  Familiennamen  und  der 
Thiere  für  Wappen.  Und  darin  liegt  nichts  als  die  Ueber- 
tragung  alter  Denkweise  auf  neue  Gebiete  gesellschaftlicher 
Lebensformen,  und  wir  mögen  daraus  sehen,  wie  wenig  w 
mit  bestimmten  Aeusserlichkeiten  zugleich  auch  deren  Grenius 
abzustreifen  vermögen.  Vom  mythischen  Gethiere  ist  schon 
zu  Anfang  die  Rede  gewesen ;  wir  bleiben  bei  jenem;  mit  dem 
der  Mensch  in  den  ältesten  Tagen  auf  unserem  Boden  um 
Leben  und  Ueberhand  stritt.  So  weisen  auf  den  Adler  die 


1)  WeMiMf  deutsche  Fraaen,  10. 


—     87     — 

Namen  Arnhelm^  Arno  und  Artikis^  auf  den  Bären  Permger^ 
Bernhart  und  Pemo%  auf  das  Wildschein  Eberan^  Eberger, 
EberhaH,  Eberolf  und  Eberwin  mit  dem  Weibchen  MerUnt, 
und  die  Ciombination  zwischen  Wildschwein  und  Löwen  in 
Eberlev  —  vermuthlich  die  Bezeichnung  des  Ebermännchens. 
Eine  wesentliche  Rolle  muss  der  Wolf  hierlands  gespielt 
haben,  wenn  nach  der  Zahl  der  Personennamen  auf  seine 
Häufigkeit  zu  schliessen  ist;  von  ihm  reden  Wolfpero,  Wolfpreht^ 
Wolftrigü,  Wolfgang,  Wolfger,  Wolfgrim,  Wolfhelm,  Wulfinch, 
Wolftiee,  Wolfo  {Woffo),  Wolfram,  Wolfrat  und  Wolf  stein, 
dann  die  Namen  der  Frauen  WulfpUt,  Wolfpurch  und  WulfhiU. 
Man  mag  sich  vorstellen,  dass  in  diesen  Namen  viel  Aben- 
teuerliches aus  dem  Jagdleben  unserer  Vorfahren  stecken 
mag,  von  dem  gelegentlich  zu  erzählen  gut  wäre,  aber  auch 
gleichviel  Ernstes  aus  dem  Ringen  um  das  eigene  Leben 
und  das  der  Familie  zwischen  dem  Menschen  und  dem  Raub- 
thiere.  Mit  welchem  ;, Drachen"  der  älteste  Wurmprant  ange- 
bunden, und  den  er  mit  Schwertesschärfe  erlegt,  dass  er  den 
Namen  bekam,  der  dann  weiterging,  bis  er  als  Geschlechts- 
name überblieb,  wäre  nicht  minder  Gegenstand  berechtigter 
Neugier.  Indess  wollen  wir  diese  rauhe  Gruppe  mit  dem 
wohlklingenden  Namen  Suandhüt  beschliessen,  der  aber  nicht 
eine  Frau  bezeichnet;  die  mit  einem  Schwanen  raufte,  son- 
dern eine  schwanenweisse  Kämpferin. 

So  weit  der  vornehmste,  und  der '  Hauptsache  nach  meist 
heroische, Theil  unserer  heimatUchen  Namen  bis  zum  Jahre  1 200. 
Dass  dieselben  aber  nicht  letzteren  Ton  allein  anschlugen, 
ist  gleichfalls  schon  an  mehreren  Stellen  der  Erzählung  klar 
geworden.  Nur  sind  die  Koseformen  in  ihrer  Existenz  in 
einer  Zeile  blos  angedeutet  worden.  Sie  mögen  jetzt  das  Namen- 
bild jener  Zeiten  abschliessen,  gewissermassen  zugleich  als 
Gegensatz  des  Freundlichen  zum  Ernsten,  und  um  auch  nach 
dieser  Richtung  den  Reichthum  des  Namenlebens  und  die 
Modulationsfähigkeit  der  Namen  in  einer  Art  Probegruppe 
vorzuführen.  So  kommen  in  Steiermark  vor  Acdin  (Äcili, 
Acin\  Arno,  Azzo,  Bahso,  Petto,  Petmo,  Peao  {PeciU),  Picea, 


—    88     — 


Chfmga,  Tagmmiy  DieUa,  Hemo^  Dieia 
(Diego,  Diezüi),  EberUn,  Eiszilo,  Eszüj  Friede,  Fritd,  Gfum- 
nieo  {Gnanmlo\  Ooei  (Gojrin),  GMi,  GumpUo,  Haiza  {Heüo), 
Eesü  (Hesüaj  Meäa),  ho,  Laizo,  Laneo,  Uußa  (Lkufi,  Uu£o). 
Maedmj  Magnufa^  Matuo,  Mauso,  Nansa,  NoßOj  Ozi,  Baeo, 
Bickmza  {Biekiza,  Bichsa),  Büfili,  Buzüo  (Rußo),  Sarhäo, 
Sicca    (Sicco^   Siccili),    Sigila    {Sigüo),   Sirus^    SizOj   Suonäie, 

Waea    {Waei,    Wiuiduiy    Wcuril,    Wesil,    WeciU),    Wentikna, 

WUdo,  Wo/fo,  Wulßo. 

Man  wird  zugestehen,  dass  dieses  Namenleben,  das  in 
Musterkartenweise  hier  entfaltet  wurde,  den  Vergleich  mit 
dem  Brauche  der  Gegenwart  nahe  legt  Dem  Reize,  ihm  zu 
folgen,  soll  aber  weder  gänzlich  widerstanden,  noch  bereit- 
willig gehorcht  werden.  Es  ist  in  dieser  Richtung  ein  gut 
Theil  dem  Leser  selber  zu  überlassen.  Mir  möge  nur  ein 
Streifen  Raum  zu  Ende  der  Schilderung  fbr  die  Neuzeit  bleiben, 
dem  mit  thunlichst  flüchtiger  Feder  zugestrebt  werden  soll. 

So  wie  die  Beispiele  oben  es  belegten,  stand  es  um 
unser  Personennamenwesen  bis  zu  Ende  des  Xn.  Jahrh.  Auf 
die  6  e  s  a  m  m  tbevölkerung  der  Steiermark  ist  dabei  aller- 
dings insofeme  keine  Rücksicht  genommen  worden,  als  hier 
blos  des  deutschen  Elementes  gedacht  ist  Aber  unser  Land 
war  damals  zweisprachig,  wie  heute,  nur  im  umgekehrten 
Verhältnisse.  Den  35%  Wenden  der  Gegenwart  mochten  im 
xn.  Jahrh.  etwa  35^-o  Bajuwaren  gegenüber  stehen,  eher 
weniger  als  mehr,  und  keineswegs  in  der  Vertheilung  von 
heute.  Aber  eine  solche  Hereinziehung  fremdsprachigen  Ele- 
mentes liegt  nicht  allein  nicht  im  Plane,  noch  würde  die 
Armuth  des  Materiales  das  Bild  gewinnen  lassen.  Für  das 
Slaventhum  in  Steiermark  war  das  deutsche  Wesen  das  ton- 
angebende, sowie,  es  überhaupt  in  allen  Winkeln  des  Landes 
dessen  Gang  in  der  Geschichte,  in  Cultur  und  Sitte  bestimmte. 

Und  so  fragt  es  sich  denn  für  uns,  wie  dieses  Namen- 
wesen sich  das  Mittelalter  hindurch  gestaltet  und  wie  die 
reformatorische  Neuzeit  es  behandelt  habe? 


—    89    — 

Die  fühlbarste  Herrschaft  auf  Erden  übt  jene  Veränder- 
lichkeit, der  alles  Irdische  unterliegt ;  und  namentlich  was  der 
Mensch  als  Zuthat  seiner  Erscheinung  in  der  Gesellschaft  an 
sich  trägt,  daran  nagt  und  wischt  die  Zeit.  So  bietet  uns  denn 
das  XVI.  Jahrh.  einen  wesentlich  neuen  Charakter  des  Namen- 
lebens^  —  sowohl  nach  Innen,  was  die  Namenschöpfung,  ihre 
Tendenz  und  Quelle,  als  nach  Aussen,  was  den  Klang  der 
persönlichen  Bezeichnungen  anbelangt.  Nicht  anders  ist  es 
mit  der  lieben  Gegenwart,  nur  lässt  es  diese  an  der  Innerlich- 
keit des  Reformationszeitalters  fehlen,  und  in  der  Aeusserlich- 
keit  steht  sie  in  Kahlheit  auf  derselben  Höhe,  welche  ihre 
Trachten  einnehmen.  Diese  Wandlungen  indess  sind  weder 
plötzlich  hereingebrochen,  noch  gänzlich  ohne  Zeichen  und 
Vorläufer  gewesen:  der  Uebergang  vollzog  sich  allmälig,  im 
Ebenmasse  der  Culturentwicklung,  vom  XVII.  Jahrh.  zu  uns 
wie  zum  XVI.  aus  dem  Mittelalter. 

Für  uns,  die  wir  das  heimische  Namenleben  vom  nationalen 
Standpuncte  aus  betrachten,  hat  dasselbe  begreiflich  den 
höchsten  Wärmegrad  zu  einer  Zeit,  wo  dieser  Standpunct 
die  meiste  Befriedigung  für  sich  erzielt  Die  Temperatur  ist 
also  im  XII.  Jahrh.  darin  auf  ihrem  Höhepuncte  —  Air  uns, 
die  wir  für  den  Zug  nationaler  Namen  nur  an  dem  Endpuncte 
einer  örtlich  und  zeitlich  fernen  Leitung  vom  Westen  her 
sitzen,  und  dieser  Westen  hat  dann  selbstverständlich  in  diesen 
Dmgen  einen  anderen  Wärmemesser.  Wir  nun  können  bereits 
im  Xni.  Jahrh.  die  Wahrzeichen  sinkender  Namentemperatur, 
das  Abkühlen  des  Namenlebens  deutlich  spüren.  Sie  bestehen 
nicht  so  sehr  im  Zurückweichen  des  Volksthümlichen  und 
Eingebomen  vor  Fremdem  und  Zugewandertem,  als  viebnehr 
in  der  Abschwächung  des  Ersteren.  Diess  Moment  macht  sich 
sowohl  am  Reichthume  an  Namen  überhaupt,  als  an  der  sonst 
scharf  anklingenden  Prägnanz  ihrer  Formen  insbesondere 
geltend.  Es  ist  diess  ungefähr  dieselbe  Wandlung,  welcher 
auch  der  einzelne  Mensch  mit  wachsendem  Alter  an  seinen 
Gesammtkräften  und  einzelnen  ihrer  Uebungen  unterliegt;  er 
selbst  fühlt  sie  entweder  nicht  oder  glaubt  nicht  an  sie ;  anders 


—     40     — 

aber  Jene,  die  ihn  in  langen  Pausen  beobachten.  Und  was 
die  Namen  anbelangt,  so  haben  sie  eben  Antheil  an  jener 
Veränderung,  die  an  der  Sprache  im  Ganzen  sich  voUzieht 
an  ihrem  Geiste  und  an  ihren  Formen.  Doch  nicht,  dass  eine 
solche  erst  mit  dem  XII.  Jahrh.  eingetreten  wäre,  sondern 
dieselbe  Macht  arbeitete  schon  seit  Jahrhunderten  und  hat 
eigentlich  nie  geruht.  Die  Sprache  ist  eben  ein  Product  des 
menschlichen  Geistes,  für  dessen  Erzeugnisse  und  ihre  fkit- 
Wicklung  es  keinen  Stillstand  gibt  Was  wir  daher  vom  XII. 
zum  Xni.  Jahrh.  an  den  Personennamen  Auffälliges  bemerken, 
ist  in  gleicher  Weise  oder  ähnlich  schon  seit  Jahrhunderten 
an  sie  getreten.  Es  mässigt  sich  der  reiche  Erfindungszug 
bei  den  Namengebungen ;  es  schwächen  sich  die  älteren 
scharfen  Vocalisationen  und  treten  Zusammenziehungen  und 
Abdumpiungen ,  förmliche  Verluste  der  Worte  an  Stoff,  ein. 
Ein  Hroadhoc  des  IX.  Jahrh.  ist  im  XII.  zu  Rudhoh.  ein 
ChJoihahari  zu  Lothar  und  Luather^  ein  Tagahhart  zu  Deginhari 
und  Demhart,  ein  Audachtr  zu  Otaker  und  Otger  geworden. 
Da  die  Namengebung  zu  allen  Zeiten  unter  Einwirkung  mannig- 
facher Anschauungen  und  Verhältnisse  stand,  diese  aber 
wechselten,  so  fielen  schon  frühzeitig  Namen  aus,  da  ihre 
StQtzpuncte  in  der  Gesellschaft  aufgehört  hatten.  So  wie  es 
bei  den  verschiedenen  deutjschen  Stämmen  verschieden  Nam^s- 
bräuchliches  gegeben,  so  muss  bei  den  Einzelnen  schon  zu 
früher  Zeit  auch  das  bestanden  haben,  was  wir  Mode  nennen. 
„Blumennamen''  z.  B.,  „wie  sie  Griechen  und  Slaven  fbr 
Frauen  verwandten,  scheinen  sich  unter  den  Germanen  früh 
verloren  zu  haben''  ^),  und  zwar  bezieht  sich  das  auf  eine 
Zeit,  welche  ferne  jener  liegt,  die  wir  als  die  bajuvarische 
Blüthepoche  bezeichnen,  und  die  sicher  freier  von  äusseren 
Einflüssen  war,  als  spätere  Tage  es  wurden.  Der  Wandel  ist  ein 
steter ;  seine  Folgen  au  Früchten  und  Lücken  lassen  sich  nur 
aus  den  Vergleichen  verschiedenaltriger  Zeitbestände  an  Namen 
erkennen. 


1)  Weinhold,  a.  a.  0.  10. 


—     41     — 

Für  das  Xm.  Jahrh.  gilt  fortschreitend  in  Aenderung 
an  den  Namen  das  Geiche  wie  vorher:  es  ist  ein  Zerbröckeln, 
das  scharfe  Umrisse  zerstört  und  stellenweise  Lücken  einreisst 
Bis  dahin  sehr  geläufige  Taufnamen  treten  ausser  Reih'  und 
Glied  oder  werden  seltener ;  die  lautliche  Abschwächung  nimmt 
mit  jener  der  Sprache  im  Allgemeinen  bei  deren  Uebergang 
aus  dem  Althochdeutschen  in's  Mittelhochdeutsche  zu.  Der 
Namenschatz  verliert  an  Gewicht  und  Prägekunst  Daftlr  ge- 
winnen einzehie  Namen  an  Beliebtheit,  während  früher  blos 
einzelne  Stämme  sich  solcher  erfreuten,  jedoch  die  Namen  aus 
ihnen  vielerlei  sein  konnten.  Das  Wesen  beginnt  sich  zu 
vereinfachen,  zu  vemüchtem.  Namen,  die  vordem  bereits  selten, 
wie  Charl,  Germatit^  SiUebrant,  Hudi,  Scroth,  Scuribrant  u.  a.  m. 
gehen  vollständig  verloren,  oder  treten  in  die  conservativen 
Kreise  der  unteren  Volksschichten  zurück,  welche  allmälig 
nicht  mehr  so  lebhaft  im  Urkundenwesen  herbeigezogen  werden, 
und  tauchen  viel  später  endlich  als  Geschlechtsnamen  in 
bäuerlichen  Kreisen  wieder  auf.  Andere  Namen,  früher  häufig, 
werden  seltener  und  rücken  so  gewissermassen  zu  gänzlichem 
Verschwinden  vor.  Dafür  bilden  sich  Gruppen  solcher,  mit 
denen  eifersuchtslos  ein  grosser  Theil  der  Gebomen  geschmückt 
wird,  so  Chunrad,  Dielmary  IHderich,  Heinrich,  Liutpold,  Uddl- 
rieh  u.  s.  w.  Das  sind  indess  keine  Ausnahmsverhältnisse,  die 
blos  für  Steiermark  Giltigkeit  hätten:  diese  Zustände  im 
Namenwesen  müssen,  wenn  nicht  in  allen,  so  doch  in  mehreren 
deutschen  Territorien  gleichzeitig  und  gleichfarbig,  doch  mit 
gewissen  Stammesschattirungen,  aufgetreten  sein.  Ihre  Veran- 
lassung hatte  damals  weder  mit  Politik,  noch  irgendwelcher 
dynastischen  oder  Heiligenpatronanz  zu  schaffen,  sondern  ging 
unbewusst  aus  der  Gesammtheit  selber  hervor.  Es  wäre  un- 
zweifelhaft ein  Verdienst,  würden  die  Einzelgründe  dieser 
Bewegung  der  Geister  für  jene  Zeiten  erschöpfend  dargelegt 
Dass  es  von  geringem  Einflüsse  auf  unsere  Kenntniss  der 
Dinge  nicht  ist,  dass  seit  dem  XIII.  Jahrh.  das  Zeugenschafts- 
wesen in  den  Documenten  sich  vermindert,  dass  nicht  allein 
weniger  Personen,  sondern  auch  weniger  Glassen  der  Landes- 


-     42     — 

bewohner  fbr  diesen  öffentlichen  Dienst  herbeigezogen  werden, 
dass  somit  Namentrftger  von  da  ab  zurückgedrängt  werden, 
die  froher  den  Löwenantheil  der  Zeugenschaften  trugen,  ist 
sicher.  Dieser  Umstand  würde  aber  nur  eine  Lttcke  im  Materiale 
erklären,  und  nicht  jene  in  der  Sache  selbst.  Ebenso  wäre 
es  nicht  richtig,  das  Eindringen  der  sogenannten  HeiligennameD 
um  jene  Zeit  als  den  Wechsel  bedingend  für  das  nationale 
Namenwesen  anzusehen.  Auch  wenn  dasselbe  bedeutender 
gewesen  wäre,  als  es  tbatsächlich  war,  würde  dasselbe  keines- 
wegs alle  Erscheinungen  begründen  lassen.  In  Wirklichkeit 
ist  dieser  Zuwachs  nicht  einmal  in  den  Conventen  und  noch 
weniger  in  den  Laienkreisen  gegenüber  früheren  Jahrhunderten 
auffällig.  Bios  der  Name  Johannes  gewinnt,  noch  nicht  beim 
Adel  und  der  Bürgerschaft,  wohl  aber  bei  den  Priestern  und 
Hörigen.  Es  ist  diess  überhaupt  ein  bedeutsamer  Name^  der 
ungemein  lange  eine  hervorragende  Beliebtheit  genoss,  wie 
etwa  der  Frauenname  Maria  vom  XVI.  Jahrb.  ab.  Damals 
war  mit  ihm  Johann  der  Täufer  noch  allein  gemeint,  der 
„Rubmesbote''  {Merihoto)  Christi  und  Vorläufer  desselben,  und 
es  mag  nicht  ohne  tiefen  Grund  sein,  dass  gerade  dieser 
Name  für  die  allmälig  stärker  eindrängenden  Heiligennamen 
der  Bahnbrecher  gewesen.  ^)  Namen  anderer  Nationalitäten, 
deren  Herrscher    damals   im   Lande   sich   geltend   machten. 


1)  Der  Name  langte  aus  Italien  zu  uns,  und  aus  Italien  kamen  eben 
auch  mit  dem  XIII.  Jahrh.  die  Bettelorden  der  Dominicaner  und 
Minoriten,  um  nachzuhelfen,  wo  die  alten  Orden  der  Benedictiner. 
Augustiner  u.  s.  w.  sich  angeblich  nicht  hinreichend  erwiesen.  Es 
ist  nicht  unmöglich,  dass  von  da  ab  in  solchen  klerikalen  Kreisen 
ein  Hebel  anzunehmen  ist,  der  für  früher  mit  Unrecht  angesetzt 
würde.  So  ganz  Unrecht  hat  eigentlich  der  sonst  katholische  Historiker 
und  Prinzenerzieher  Joh.  Thurmaier  (16.  Jahrh.)  nichts  wenn  er  — 
gleichwohl  etwas  bitter  —  sagt:  y,dit$e  Namen  Peter,  C^eorg,  Bdns, 
Pa/ui,  Anna,  Katharina,  Margareth  vnd  dergl.  seind  bey  den  TeutsAen 
nemoe,  es  haben  sie  vnsere  Vorfahren  nitht  gd)raveht,  haben  ersi 
nach  Keyser  Fridrichs  des  andern  Tode  eingedrungen,  nctMiem  da4i 
heHige  Bämische  Eeich  in  AbfäU  bracht  ist  worden,  durch  Anriehten 
der  Bömisehen  G^eisÜigkeit,  dur(^  wdeher  List  die  Christen  ffoch 
heutiges  Tages  vneins  seind,  wider  einander  toben  vnd  wUten", 


—     48     - 

vermissen  wir.  Die  Fremdherrschaften  der  Ungarn  und  Böhmen 
haben  sich  in  dieser  Richtung  nicht  erinnerlich  gemacht ;  dazu 
fehlte  wesentlich  das  Durchdringen  des  ganzen  Landes  und 
aller  seiner  Schichten  von  derselben. 

Jener  Zug,  der  fllr  das  XIII.  Jahrhundert  als  tonangebend 
hingestellt  wurde,  dauerte  durch  das  ganze  Mittelalter  an, 
namentlich  was  die  Zunahme  der  biblischen  und  römischen 
Heiligennamen  anbelangt,  mit  steigendem  Wachsthume. 

Die  Zahl  der  deutschen  Tau&amen  sinkt  während  des 
XIV.  und  XV.  Jahrhunderts  mehr  und  mehr.  Selbst  im  Xin. 
Jahrhunderte  beliebte,  treten  bis  zur  Seltenheit  zurück:  so 
der  Name  Hsinrich.  Aber  das  Volk,  welches  in  dieser  Rich- 
tung, so  wie  in  vielen  anderen,  Herkömmliches  am  zähesten 
bewahrt,  erh&lt  von  ihm  die  Koseformen  Heina  und  HemaL 
Der  Name  Konrad  nimmt  dagegen  an  Beliebtheit  zu.  Im 
XIV.  Jahrhunderte  hat  die  deutsche  Sprache  die  Kanzleien 
—  die  geistlichen,  und  geistliche  Angelegenheiten  in  weltlichen 
ausgenommen  —  vollständig  occupirt;  sie  hat  ihr  Thätigkeits- 
gebiet  erweitert,  damit  aber  doch  den  Verfall  des  deutschen 
Namenwesens  nicht  gehindert  Die  fremden  Heiligennamen 
wachsen  fühlbar  in  der  Zahl ;  Johann  wird  nicht  allein  häufig, 
sondern  tritt  aus  den  Kreisen  der  Priester-  und  Unterthans- 
schaft  auch  in  jene  des  Adels  über,  doch  im  Anschlüsse  an 
die  bisher  üblichen  volksthümlichen  Namen  germanisch  verkost 
als  Sans,  Hoensel  und  Hensil  Achaa^  Christian^  Christoph^ 
dann  Georg ^  Jakob,  Nikolaus  und  Simon  lagern  ein,  zum 
Theile  auch  beim  Adel,  wesentlich  aber  bei  den  Landleuten. 
Man  sieht,  wo  die  Namenbewegung  auf  frommen  Zuschnitt 
zuerst  in  Gang  gebracht  wurde.  Bei  den  Bauern  sind  Johann, 
Georg  und  Jakob  vornehmlich  gerne  gehört.  Vielleicht  steht 
das  damit  in  Verbindung,  dass  es  sogenannte  „Grundheilige^^ 
oder  „Zinspatrone'^  waren,  denn  zu  Georgi,  Johannis  und  Jacobi 
mussten  die  Bodenabgaben  entrichtet  werden  —  eine  Ordnung 
der  Dinge,  welche  in  ihrer  Entwicklung  sich  auch  nicht  vor 
dem  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts,  also  dem  Ansätze  zur 
Einbürgerung  der  biblischen  und  Heiligennamen,  nachweisen 


—    44     — 

lässt  Allerdings  gehörte  aucb  Michael  zu  jenen  drei  bedeatungB- 
vollen  Namen;  merkwürdig  genug  fällt  jedoch  dieser  bttrger- 
liche  Name  für  das  XIV.  Jahrhundert  —  wie  es  scheint  —  gans 
aus,  und  taucht  selbst  im  XV.  blos  selten  erst  auf.  Das  ist 
auch  die  Zeit^  wo  die  Namen  Josef  und  Maria  nur  in  höchst 
vereinzelten  Fällen  uns  begegnen,  hundert  und  mehr  Jahre 
später  als  in  Italien  und  selbst  in  Erain,  der  letztere 
in  Conventen,  der  erstere  früher  bei  Juden  als  bei  Laien- 
christen. Neben  diesen  Fremdnamen  spielt  eine  grosse  Zahl 
noch  unserer  volksthümlichen ,  allein  des  gewöhnlichsten 
Schlages  und  mit  starken  Widerholungsgruppen,  aber  in  diese 
hinein  doch  manchmal  ein  origineller  alter  Name.  So  finden 
wir  im  XIV.  Jahrhunderte  einen  A sanger ^  einen  Starläujmd. 
in  der  Familie  von  Fladnitz  den  „Hammerschwinger"  Stein- 
wald,  in  jener  von  Pettau  Herdegen,  und  in  der  von  Emmer- 
berg  (Bertholdstein)  Bidegen.  Es  hatte  also  alle  Poesie  in 
Namen  doch  noch  nicht  geendet!  Aber  schon  um  jene  Zeit, 
die  ganz  gewiss  den  Import  von  Heiligennamen  aus  Italien 
her  betrieb,  sehen  wir  bereits  vereinzelte  Fälle  wälscher  Tauf- 
namen in  unseren  heimischen  Familien.  So  um  1427  einen 
Zesar  bei  den  Sari;  und  es  möchten  ihrer  mehr  namhaft 
gemacht  werden  können.  Die  Veranlassungen  zu  solchen 
entschieden  humanistisch  gefärbten  Namenswahlen  sind  an- 
nähernd dieselben  wie  in  der  eigentlichen  humanistischen  Zeit: 
Bekanntschaft  mit  italienischem  Wesen  durch  Kriegsdienste, 
durch  Studien  an  den  dortigen  Universitäten  und  durch 
Heiraten,  manchmal  Beides  oder  Alles  zusammen.  So  sdilug 
sich  Friedrich  von  Stubenberg  im  Dienste  Herzog  Rudolfs  auf 
friaulischem  Boden  mit  den  Schaaren  Franz^  von  Carrara 
herum,  was  ihn  nicht  hinderte,  seines  Gegners  Schwester 
1367  in  seine  Heimat  an  der  Mürz  und  Feistritz  als  Gattin 
zu  geleiten.  Die  Dame  führte  den  Namen  Carraresia.  Dieselbe 
Zeit  bietet  uns  auch  den  ersten  Fall  von  Doppelnamen,  und 
zwar  im  Hause  der  von  Liechtenstein,  wo  uns  bald  mit,  bald 
ohne  Zusammenziehung  BudoJf  Otto  (Kudatf)  erwähnt  wird. 
Von  einigem  Interesse  mag  es  sein,  dass  ganz  im  6^en- 


—     46     — 

Satze  zur  Männerwelt,  im  XIV.  Jahrhunderte  bei  den  Frauen 
der  alte  volksthttmliche  Namencharakter  fast  unbeschadet  blieb. 
Während  das  Fremde  in  jener  mehr  und  mehr  um  sich  griff, 
ist  sein  AntheU  an  Frauennamen  sehr  gering,  kaum  merkbar 
höher  als  im  XII.  Jahrhunderte.  Doch  haben  die  nationalen 
derselben  selten  jene  Prägnanz  und  bildliche  Schönheit,  wie  in 
letztgenannter  Zeit,  sondern  sind  meist  gewöhnliche.  FQr  diese 
Betheilung  der  männlichen  Sprossen  mit  den  modischen  frem- 
den Namen,  und  die  Vernachlässigung  der  weiblichen  dabei, 
muss  es  also  doch  wohl  einen  Grund  gegeben  haben.  Die 
Erscheinung  gilt  nämlich  nicht  für  einen  beschränkten  Kreis, 
sondern  wird  in  grosser  massgebender  Vergleichungszahl  auf- 
fällig. Ob  dabei  jene  Beiseitestellung  von  Einfluss  war,  in  der 
das  weibliche  Geschlecht  in  öffentlichen  und  wesentlichen  Ange- 
legenheiten gegenüber  dem  männlichen  stand  ?  Bei  dem  Vor- 
drängen der  Heiligennamen  wurde  der  Taufname  ohnehin 
bald  Confessionssache,  und  so  erinnert  dieser  merkwürdige 
Umstand  an  einen  Fall,  der  sich  zur  Zeit  der  Gegenreformation 
(1600)  in  Pettau  zutrug.  Bischof  Jakob  Brenner  von  Seckau 
leitete  daselbst  die  Untersuchung.  Er  war  bei  einer  vermög- 
lichen  Protestantin  bequartiert.  Sie  wendete  sich  an  ihn  mit 
der  Versicherung,  sie  wolle  bleiben  was  sie  war,  und  nicht 
katholisch  werden.  „Geh'  sie  nur  kein  Aergemuss,  liebe  Frau^\ 
sagte  ihr  der  viel  gelästerte  ;, Ketzerhammer'',  „an  einem 
Weibe  liegt  iiichts''.  Sei  dem  wie  inuner,  der  auffällige  Unter- 
schied zwischen  der  Männer-  und  Frauenwelt  in  deren  Tauf- 
namen liegt  vor,  und  unter  denen  der  Letzteren  sind  manche 
schöne  alte,  und  manche,  mir  nicht  immer  klare,  fremde 
Namen  absonderlichen  Klanges.  Im  XIV.  Jahrhunderte  finden 
wir  zu  Admont  eine  Nonne  Vreuday  in  der  Familie  v.  Holeneck 
eine  Frau  Tiffras;  im  XV.  in  der  Gegend  von  Leohen  eine 
Osanna^  in  Untersteier  eine  Baladesi  (Paiatista\  bei  der 
Familie  von  Krotendorf  eine  Jrmenia,  und  im  Kloster  Admont 
eine  Lunäa. 

Bis  zur  zweiten  Hälfte  des   XV.  Jahrhunderts  hat  die 
Zersetzung    des    alten   Namenstandes    bei    den   Männern   in 


—     4«     — 

unserem  Lande  gewaltig  mn  sich  gegriffen.  Während  im 
XII.  Jahrhunderte  das  Verhältniss  der  fremdoi  zu  den  toQs- 
thQmlichen  Namen  wie  2:50  gewesen,  war  es  zu  jener  Zät 
schon  wie  4 : 5  ^).  Das  alte  schöne  Geb&ude  war  am  Zerfalle. 
Sollten  nun  künftig  nur  mehr  biblische  und  Heilig^namen 
Anrecht  auf  Christenmenschen  haben?  Vorläufig  hielten  sie 
den  nationalen  das  Gleichgewicht;  diese  kamen  aus  der  Mode: 
^man  trug  sie  nicht  mehr"*,  kann  man  sagen,  denn  es  musste 
im  Ganzen  mit  ihnen  doch  weit  gekommen  sein,  wenn  ein 
Matthseus  von  Pappenheim  zu  Ende  des  XV.  Jahrhunderts 
an  sich  gewöhnliche  deutsche  Namen  als  Curiosität^i  ,der 
Alten''  auffasst  Ablehnender  hätte  man  selbst  im  vorigen 
Jahrhunderte  sich  nicht  stellen  können. 

Das  Ergebniss  der  Herabminderong  hat  sich  eigentlich 
ziemlich  rasch  vollzogen,  während  die  Anbahnung  ersichtlich 
blos  langsam  geschehen  war.  Ob  auf  den  Eilschritt  der  letzten 
Stadien  nicht  politisch-religiöse  Verhältnisse  Einfluss  nahmen, 
mag  dahingestellt  bleiben:  erwähnt  sei  nur,  dass  der  Haupt- 
Umschwung  in  die  erste  Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts  &Ut, 
und  das  ist  die  Zeit  der  Beendigung  der  Kirchenspaltung, 
der  Concile  von  Constanz  und  Basel  und  der  Hussitenkri^;e. 
—  doch  eme  wahrhaft  fromme  Zeit  wird  man  sie,  ungeachtet 
ihres  Cultus  frommsinniger  Namen,  kaum  nennen. 


1)  Zur  Erlangung  eines  annähernd  verwendbaren  statistischen  Resnltati^s 
nehme  man  das  ürkundenwerk  irgend  einer  grossen  Gremeinde,  das 
die  Documente  derselben  für  das  XV.  Jahrhundert  enthält,  and  steUe 
daraus  die  Namen  zusammen.  So  kann  Wiehner^s  Gesch.  von  A.dmont 
8.  Bd.  dienen,  wenn  man  nicht  etwa  Muchars  steir.  Gesch.  Torziefat. 
Die  Namen  aus  Wichnera  Buche,  und  zwar  von  A — M  und  den 
Jahren  1400-66  untersucht,  geben  für  Männer  52  deutsche, 
39  biblisch-römische  und  1  slavischen  Namen  (natürlich  in  mehr- 
hundertfachen Daten),  und  also  das  Verhältniss  von  4 : 5.  Johann 
ist  der  beliebteste,  ihm  zunächst  Nikolaus,  zur  Halbscheid  Heiiirich, 
znm  Drittel  Georg,  zum  Viertel  Andreas,  Friedrich,  Jakob,  Konrad 
und  Ulrich  so  beliebt  wie  Johann.  Die  Gruppirung  nmfasst  Priester 
wie  Laien;  unter  Ersteren  ist  eine  wesentliche  Bevorzugung  der 
nichtdeutschen  Namen  nicht  zu  merken.  Darin  haben  sich  die  alten 
Orden  von  den  späteren  stets  unterschieden. 


—     47     — 

Nach  Allem  zu  schliessen,  falls  die  Ueberwucherung 
des  Alten  durch  das  Neue  fortdauerte,  blieb  für  Ersteres 
kaum  ein  Halt  mehr  -  wenn  nicht  vielleicht  wieder  eine  Mode 
oder  eine  bessere  geistige  Strömung,  oder  Beides  jenen  Um- 
schwung abd&mmte.  Allerdings  kam  es  dazu,  doch  in  einer 
Art,  die  man  zu  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  kaum  voraus- 
gesehen. Da9  eine  fremde  Element  wurde  nämlich  durch  zu- 
tretende andere  förmlich  paralysirt  und  das  gesammte  Namen- 
wesen durcheinandergerüttelt. 

Wenn  je  seine  Fähigkeit,  den  Inhalt  der  Zeiten  wider- 
zuspiegeln, sich  nachwies,  so  war  das  im  XVI.  Jahrhunderte 
der  Fall.  Sein  früherer  Entwicklungsgang  wurde  aufgehoben, 
und  während  er  im  XV.  eine  religiöse  Richtung  bezeugte, 
so  reflectiren  jetzt  politische  und  religiöse  und  rein  hu- 
manistische, eigen-  und  fremdnationale  Bewegungen  aus  ihm 
nach  allen  Seiten.  Bei  den  Einen  kennzeichnet  der  Taufname  die 
au&trebende  Lehre  des  Protestantismus  und  die  Verknüpfung 
des  neuen  Lebens  mit  den  gereinigten  Glaubenssätzen  durch 
ein  Symbol,  und  als  das  hat  uns  der  Taufhame  zu  gelten. 
Andere  haben  mit  gleicher  Betonung  die  bald  als  mehr  oder 
minder  katholisch  sich  charakterisirenden  Namen  behalten. 
Da  hinein  spielen  die  neutralen  historischen,  in  Familien  her- 
kömmlichen, und  bei  der  Zerfahrenheit  der  Dinge  in  einer 
Zeit,  wo  das  Alte  mit  dem  Neuen  rang,  mögen  wir  in  Einem 
Hause  öfters  dreierlei  Namencharakteren  begegnen.  Nur  Johannes 
scheint  Allen  gleich  werth;  er  mag  30—40%  der  männlichen 
Bewohner  als  Ruf-  oder  als  Beiname  gedient  haben,  und 
inaugurirt  bei  uns  den  Brauch  der  Doppelnamen,  welcher  seit 
der  Mitte  des  XVL  Jahrhunderts  besonders  in  den  Kreisen 
der  Vornehmen  um  sich  greift.  ^) 


*)  Ob  der  Name  Johannes  in  der  Zeit  der  Beformation  Yon  protestan- 
tischer Seite  nicht  noch  in  anderem,  der  neuen  Lehre  angepassten 
Sinne  aufgenommen  wurde,  will  ich  nicht  behaupten;  es  will  mir 
aber  scheinen,  als  ob  die  Katholiken  ihn  eine  Zeit  lang  weniger 
gern  gewählt  hätten,  ähnlich  wie  sie  Maria  bevorzugten,  die  Pro- 
testanten aber  lieber  nach  anderen  Namen  griffen.  In  dieser  Richtung 


—    48     — 

Zu  diesen  drei  tonangebenden  Richtungen  trat  aber  noch 
die  humanistische,  entweder  eine  solche  im  Streben,  oder  in  d^ 
Namen  allein,  ohne  dass  man  mehr  dahinter  zu  suchen  hätt^, 
als  Behagen  an  fremdem  Klang.  Die  erstere  Art  ergab  sich 
durch  den  Besuch  auswärtiger  Universitäten  seitens  der  jungen 
Leute  aus  den  bemittelten  Kreisen  der  Steiermark,  nam^t- 
lich  jener  Italiens,  und  überhaupt  kam  italienisches  Wesen  in 
Tracht  und  Sprache  und  auch  in  Namen  zu  grossem  Eanfluss. 
Es  vermittelte  gewissermassen  zwischen  der  damaligen  Zeit 
und  dem  Altertbume,  und  rückte  die  Verehrer  durch  die 
verwandte  romanische  Sprache  demselben  näher.  Und  es  ist 
bekannt,  wie  sehr  man  es  in  Italien  liebte,  durch  Annahme 
und  Nachahmung  des  römischen  Namenwesens  als  mit  der 
classischen  Zeit  innig  verbündet  sich  zu  zeigen.  Das  Beispiel 
wirkte  durch  die  deutschen  Besucher  Italiens  auf  deutsche 
heimatliche  Kreise,  und  es  erhielt  noch  kräftigenden  Nach- 
schub durch  die  lebhaften  Verbindungen,  welche  seit  des 
Tagen  der  spanischen  Habsburger  z¥rischen  Italien  und  deo 
österreichischen  Landen  eintraten.  Namentlich  seit  der  Schaf- 
fung Innerösterreichs  (1564)  wurde  aus  Oesterreichisch-Friaul 
aus  Görz  und  Istrien  starker  Zufluss  aus  allen  Ständen  nach 
Graz  geleitet:  wälsche  Sitte,  wälscher  Rath,  wälsche  Kunst- 
fertigkeit, namentlich  in  dem  regen  Bauhandwerke,  und  wälscher 
Handelsgeist  gewannen  hier  breiten  Boden.  Die  Vertreter 
dieses  fremden  Elementes  brachten  gefällige  Formen  mi 
Namen  mit,  welche  nicht  nur  Sympathien,  sondern  durch  Fa- 
milienverbindungen  auch  Vervieliälügung  in  deutschen  Kreisen 
fanden. 


müssten  speciellere  üntersucfaungen  gepflogen  werden.  Gleicherweise 
könnten  solche  zeigen,  oh  der  Doppelnamenbrauch  nar  der  Yorliebt' 
für  den  Namen  Johannes  seinen  Ursprung  verdankt,  oder  deia 
Importe  vom  „ Reiche  **  her,  oder  der  Erkenntniss  der  Noth wendig- 
keit gegenüber  der  eingerissenen  Namenarmuth,  die  zahlreiches 
Familienmitglieder  nicht  anders  als  durch  Namenkuppelungen  anter* 
scheiden  zu  können  (ganz  so  wie  man  in  alter  Zeit  Namenstämm^ 
zu  neuen  Namen  verknüpfte),  oder  einem  Zusammentreffen  mehrerer 
dieser  Anlässe. 


—     49     — 

Die  Personennamen  dieser  Zuwanderer  hatten  sozusagen 
blos  humanistischen  Schliff,  ohne  gelehrtes  Streben  und  dgl. 
aber  nichts  mit  der  Humanistik  zu  thun.  Eher  hätten  wir 
gewisse  alte  deutsche,  oder  der  deutschen  Dichtung  wenigstens 
angehdrige  Namen  dieser  Gruppe  mit  theilweisem  Stämpel 
feinerer  Bildung  anzufügen.  Auch  sie  tauchen  bei  uns,  doch 
leider  nur  vereinzelt  auf,  dann  aber  selbst  welche  ganz  eigen- 
thamlicher^  neuer  deutscher  Findung  —  in  Summa,  es  legt 
sich  eine  wahre  Musterkarte  von  Namen  Systemen  und  Namen 
im  XYI.  Jahrhundert  bei  uns  dar.  Wenn  wir  ursprünglich  nur 
von  Einer  Namenwahrung,  im  XIV.  Jahrhundert  beginnend, 
und  im  XY.  wachsend  von  zweien  dergleichen  im  Lande  sprechen 
können,  so  hat  im  XVI.  bereits  eine  ganze  Gruppe  solcher 
sich  eingestellt :  die  historische  oder  volksgerechte,  die  katho- 
lische und  protestantische,  die  classisch  -  humanistische,  die 
romanisch-fremde  und  die  deutsch-poetische,  daneben  eine, 
die  man  fast  die  neugermanische  nennen  mOchte,  und  die 
wunderlich  genug  neben  dem  protestantischen  Biblicismus 
sich  ausnimmt^  und  neben  slavischen  Koseformen  oder  unga- 
rischen von  Heiligennamen. 

Sehen  wir  euie  Anzahl  Proben. 

Bei  denen  v.  Stubenberg  ist  der  Name  Wolf  oder  Wiü- 
fing  ein  ererbter  seit  dem  Xu.  Jahrh.  Auch  im  XVI.  tragen 
ihn  eine  Anzahl  Glieder  der  Familie.  Andere  dagegen  der- 
selben nennen  sich,  ihre  Confession  zu  bezeugen,  Davide  Daniel 
und  Ahraham.  Ein  ungewöhnlich  Ding  um  einen  Abraham 
von  Stubenberg !  Vielleicht  um  es  zu  erklären,  und  da  bereits 
damals  einzelne  steirische  Familien  begannen,  ihre  Genealogien 
aufzubauschen,  hat  man  sich  die  Sage  construirt,  das  Geschlecht 
der  t7.  Siubenbtrg  sei  mindestens  so  alt  „wie  Christus  am 
Kreuz^^  und  als  der  Heiland  in  Jerusalem  starb,  habe  der 
jüdische  Edelmann  Abraham  von  Stubenberg  an  seinen  Vetter 
TVulfmg  in  Steiermark  geschrieben:  „Lieber  Vetter,  heute 
haben  wir  Einen  gekreuzigt,  und  dabei  hat  es  die  Erde  ge- 
schüttelt^^  (Die  Curse  sind  nicht  angegeben.)  Das  steht  aber 
ganz  im  Einklänge  mit  der  Belebung   der  mittleren  Donau- 

MiUheU.  dM  hirt.  VereinM  f.  Stoiemark,  XXIX.  Heft,  1881.  4 


—     50     — 

lande  in  vorrömischer  Zeit  durch  jüdische  Herzogthflmer,  vie 
HageHy  Thurmaier  und  Lounus  sie  tneben.  Bei  denen  v.  Jedm- 
speugm  klingt  der  Name  Hclafemes  blutig  an;  ihm  können 
wir  eine  ganz  hübsche  Auswahl  von  Judiths  entgegenstellen, 
so  bei  denen  v.  Badnumnsdorf^  Sehärfehbergy  Stematk^  Traut- 
numnsdorf^  bei  den  Bindscheida  u.  s.  w.  Die  v.  Sffersdarf 
weisen  Enoch^  die  v.  Witfersdürf  Jonas^  die  Buqap  und 
V.  Scheyer  Abraham^  die  v.  Staudach  Danidf  v.  TftudmoMnsdorf 
Davidf  und  so  auch  Lengheim,  v,  Moshekn  Tobias  nach  mit 
ganz  flüchtigem  Griffe  in  jenes  volle  Leben;  die  v.  Sduraüen- 
bach  zieren  sich  mit  einer  Bebecea^  mit  einer  Esther  die  Galltr. 
die  V.  Badmannsdorf  und  Scheyer,  mit  einer  Eva  die  Hefmann. 
die  V.  Windischgräjgf  die  Zebinger  und  ZdOner,  mit  einer  Sarak 
die  von  Teufevibadi,  mit  einer  Z>a  die  Thümdl^  und  die  Namen 
iSoIofite  und  Susawui  sind  ganz  geläufige.  Bei  den  Si&biths 
finden  wir  den  erzenglischen  Dreiklang  CMbrid,  iZopAoel  und  Uri^ 
wie  denn  überhaupt  eine  greifbare  Neigung  herrschte,  gewisse 
Gruppen  aus  der  biblischen  und  Heiligenwelt  in  Famili^i  zu 
reprftsentiren ;  so  die  h.  DreikOnige,  die  ,  JlifiiüäBner*^  u.  s.  w^ 
wie  wir  dergleichen  bei  den  Familien  Bremker^  Teufenbaeh  und 
Windischffräts  treffen.  Die  humanistische  oder  italienisdi- fremde 
Richtung  finden  wir  in  einem  Septimius  der  Jörger,  in  JBdäor 
bei  denen  v.  Emau  und  von  TriAeneck,  in  BannOHMl  der 
V.  Eck,  in  Vespasian  von  Paar,  in  Frau  Cassanek^  Babaäa 
aus  GOrz,  und  den  Damen  Lioia,  Lucia,  Ponlaaäla,  Sidonia. 
sämmtlich  mit  ihren  Gatten  aus  dem  Süden  eingewandert^  und 
namentlich  Sidonia  ist  von  da  ab  in  guten  Kreisen  ein 
sehr  beliebter  Name.  Bei  den  letztgenannten  Frauen  wissen 
wir,  dass  sie  aus  der  Fremde  stammen;  den  Kinfluas  des 
Fremden  auf  die  Mädchennamen  unserer  Heimat  sieht  man 
in  Horeiüina  Putterer^  Cordüla  von  Prank,  Comdia  von  Kain- 
berg^  Felicitas  v.  Kühnburg^  Helene  Bued  und  Weiser,  Pofyxem 
V.  Bogendorf  und  v.  Backnite,  Sabina  v.  Teufenbadij  Sibitta 
von  Montfort,  Verena  von  Lind  u.  A.  Aber  das  ist  nur  ein 
Ausschnitt,  nicht  blos  aus  der  steirischen  Namengesellschaft 
überhaupt,  sondern  aus   der  des  Adels   im  Besonderen;   er 


—     51     — 

iesse  sich  noch  vermehren,  vorzüglich  wenn  man  in  die  Kreise 
ler  Beamten-  und  Bürgerwelt,  der  Künstler  und  Handwerker 
niffe,  welch  letztere  beide  Classen  sehr  stark  fremde,  wesentlich 
talienische  Elemente  aufweisen.  Denn  auch  der  Kreis  der 
Beamten  war  zum  grössten  Theile  aus  Fremden  gebildet. 
Und  unter  Beamten  im  damaligen  Sinne  meinen  wir  nur  jene 
^nächst  um  die  Person  des  Regenten,  welche  nicht  noth- 
ivendig  Eingebome  sein  mussten;  es  wimmelte  am  Hofe  von 
Käthen  und  Secretären  aus  Baiem  und  Italien,  und  so  auch 
in  den  hochklerikalen  Kreisen. 

Die  Namen  Christian  und  Christoph  werden,   fbr   das  in 
seinen  Grundvesten  bewegte  Ghristenthum  bezeichnend,  unge- 
mein häufig.  In,   sagen  wir,  christlich-germanischer  Färbung, 
muthet  der  Name  Kirchfdda  an,   dem  wir  bei  den  Denen 
V.  Greissenegg  und  v.  Lamberg  begegnen.    Jenen  stellt  sich 
bei  den   v,  Teufenbach  im  Oberlande  ein  Tristan  gegenüber, 
dessen  Pathe  wohl  geistesverwandt  mit  den  Urhebern   des 
Bilderschmuckes  aus  der  deutschen  Heldendichtung  ist,  welcher 
in  mehreren  Burgen  die  Wände  der  Prunksäle  zierte.    Doch 
eine  IsoÜ  ist  uns  noch  nicht  begegnet,  dagegen  ein  AmaXarich 
bei  V.  Eibiswaid  und  ein  Esmarind  bei   der  Familie  Buepp\ 
Manche  Namen  verschwinden  in  fremdartiger  Verkosung,  wie 
der  sehr  gewöhnliche  von  Margareth  in  Marusch^  oder  in  einer 
Verstümmelung,  welche  belegt,  dass  jene  Zeit  die  Namen  der 
Vorfahren  längst  nicht  mehr  verstand.    So  ist  bei  Denen  v. 
Badmannsdorf  der  Name   Walchun  ein  herkömmlicher,  und 
das  XVI.  Jahrh.   machte  aus  ihm  einen  Waücarn^  das  XVH. 
einen  WoJkom  —  somit  eine  Art  Benvenuto! 

Aber  auch  diese  Namenbewegung  hatte  ein  Ende,  und 
zwar,  da  Gewalt  in  ihre  Anlässe  eingriff,  theilweise  ein 
rasches.  Von  der  Feme  besehen  und  im  Vergleiche  mit  einer 
früheren  oder  späteren  Periode,  gleicht  sie  einer  Art  von 
Wirbel,  in  dem  eine  Menge  Elemente  treiben,  und  der 
schliesslich  sich  auflöst,  eine  Anzahl  der  Letzteren  untertaucht 
^nd  in  seiner  Strömung  nur  einen  Rest  an  der  Oberfläche 
^eiterträgt.   Mit  der  Beseitigung  des  Protestantismus  hörten 

4* 


—     52     — 

die  jüdisch-biblischen  Namen  gänzlich  auf  und  die  humanistischen 
nahmen  ab-  Dafür  kamen  eine  Menge  früher  nie  genannter 
Heiligennamen  in  Gunst,  namentlich  Ignag^  Cajdan^  Dismai 
Liborius,  bei  Frauen  ganz  vorwaltend  Maria^  und  man  b^ann 
auch  die  Männer  in  den  besseren  Ständen  mit  letzterem 
Namen  zu  schmücken.  Die  Zahl  der  deutschen  Personennameii 
ist  verschwindend  gegenüber  den  specifischen  Heiligennamen. 
Nur  Eines  hat  aus  dem  XYI.  Jahrh.  sich  intact  fortgebildet 
denn  es  war  nicht  nur  Mode,  sondern  auch  ein  Ausdruck  der 
Frömmigkeit  und  Heiligen  Verehrung :  die  Doppelung,  auch 
Vervielfältigung  der  Taufnamen.  Die  besseren  Stände  haben 
diese  durch  das  ganze  XYH.  Jahrh.  geübt  und  sind  mit  dem 
Schlüsse  desselben  auf  sieben  und  mehr  Namen  gestiegen  ^)  — 
die  wunderlichsten,  buntesten  Gruppen  —  der  kleine  Adel 
und  Beamtenstand  folgten  ihm  allmälig  nach  und  wer  uid 
1 700  nur  mit  Einem  Namen  in  der  Taufmatrikel  eingetragen 
ist,  gehörte  anbedingt  nicht  annähernd  zur  „Gesellschaft''. 

So  wären  wir  denn  beim  XVIII.  Jahrh.  angelangt.  Offen 
gestanden  ist  das  eine  Stagnationsperiode  ihren  meisten  Jahr- 
zehnten nach,  ganz  so  wie  ihre  Literatur  —  immer  nur  tob 
Steiermark  gesprochen  —  und  wenn  in  letzterer  Beziehung 
dennoch  bemerkenswerthe  Ausnahmen  auftraten,  so  waren  das 
wie  krampfhafte  Anstrengungen  Einzelner,  den  Schleier  der 
Schläfrigkeit  abzuschütteln.  Im  Namenleben  herrscht  jene  ein- 
seitige Macht,  welche  zu  Anfang  des  XVn.  Jahrh.  das  Scepter 


1)  Dabei  wechseln  aber  dieselben  Personen  die  ihnen  Torgeschriebeoeo 
Taufhamen  nach  Belieben,  entweder  in  der  Reihe  oder  mit  anderen, 
die  ihnen  gar  nicht  verliehen  sind,  aber  besser  gefallen.  Eine  AmA 
Maria  Äntania  kann  sehr  wohl  mit  Maria  Anna  ÄnUmia,  mit  Asm 
Äntonia  und  Äntonia  gleich  sein.  Ein  Graf  Ignae  AnUm  Jose^ 
Katzianer  betont,  so  lange  er  jung  ist,  den  Ignag,  als  Mann  sdireibt 
er  sich  Anton  Joieph^  und  sonst  redet  man  nur  von  ihm  als  Jb«^ 
Sein  Sohn  Joseph  Anton  beliebt  als  Jüngling  sich  Herbert  and  Smiert 
Joseph,  später  aber  Joseph  Anton,  wie  er  getauft  ist,  zu  schreiben. 
Ein  voraussichtiger  Pathe  soll  einmal  das  halbe  Dutzend  Namen 
aller  Farbenschattirungen  motivirt  haben;  „Da  kann  sich  dann  der 
Bub'  heissen,  wie  es  ihm  je  am  besten  passt.^ 


-     53     — 

ergriffen ;  der  Uebergang  zur  Gegenwart  liegt  zur  Betrachtung 
zu  nahe  und  fbr  die  Gegenwart  kennt  Jedermann  den  Stand 
des  Themas  selber.  Aber  scheiden  lässt  sich  von  demselben 
nicht,  ohne  an  die  Jetztzeit  einen  Massstab  gelegt  zu  haben, 
welchen  eben  der  Ausgangspunct  und  zugleich  Kern  dieser 
Darstellung  an  die  Hand  gibt. 

Dem  entsprechend  wäre,  sozusagen  das  Ende  auf  den 
Anfang  zu  prüfen,  und,  oberflächlich  mindestens,  zu  sehen, 
welche  Reste  unserer  Glanzperiode  an  Personennamen  im 
Lande  noch  gang  und  gäbe  ?  Dann  ob  das  neuerliche  Aufleben 
unseres  nationalen  Denkens  (gleich  wie  bei  den  Slaven)  auch 
bei  uns  in  Namen  schon  ersichtlich  reflectirt? 

Bejahend  kann  in  letzterer  Beziehung  die  Antwort  aller- 
dings lauten;  wäre  die  Vereins-  und  Bierbank-Kannegiesserei 
jedoch  haare  Münze,  so  müsste  allerdings  das  statistische 
Resultat  ganz  anders  lauten.  Bescheiden  wir  uns  damit,  dass 
vorläufig  der  Keim  unbezweifelt  im  Treiben  steht 

Gewiss  besitzen  wir  noch  heute  eine  Zahl  unserer  eigen- 
thümlichen  Taufnamen  im  Brauche,  sowohl  solche,  die  schon 
im  XII.  Jahrh.  hier  vorkamen,  als  andere,  von  der  Feme 
eingeführte.  Das  Angebome  lässt  sich  eben  nicht  ausrotten, 
und  es  ist  keine  Reaction  auf  Erden  so  mächtig  und  namentlich 
keine  so  andauernd,  um  gänzlich  und  für  immer  zu  beseitigen, 
was  im  Volksblute  stec^kt.  Aber  gesunken  ist  die  Zahl  jener 
Namen  auf  eine  sehr  bescheidene  Minderzahl  und  ihr  ur- 
sprünglich farbenglänzender  Charakter  ist  matt  und  abgeblasst. 
In  diesen  Rest  müssen  wir  logischer  Weise  auch  aufnehmen, 
was,  wenn  auch  nicht  bajuvarischen,  so  doch  immerhin  deutschen 
Gepräges,  an  Namen  aus  Italien  und  Frankreich  oder  sonst 
aus  fernen  deutschen  Stammesgebieten  uns  zuwanderte.  Auch 
das  Xn.  Jahrh.  weist  deren  auf^.  die  entweder  an  sich  oder 
als  stammfremde  selten  waren.  So  Chart,  During,  Hermann^ 
Ludwig  u.  s.  w.  Davon  sind  auch  heute  noch  welche  nicht  zu 
häufig,  die  einen  in  städtischen,  die  anderen  in  ländlichen 
Kreisen,  oder  beiderseits.  So  wird  man  bei  uns  statt  Ludwig 


—    H    — 

weit  häufiger  Älays  begegnen,  was  doch  nur  eine  franzödsch- 
italienische  Yerquetschung  für  lAtdwig  ist,  aber  hinter  ihm 
steht  ein  heiliger  Mann  von  grosser  Schutzkraft;  der  italiraische 
heil.  Äbys  ist  uns  auch  örtlich  näher,  als  der  französische 
heil.  Ijudicig^  und  das  im  Ganzen  kennzeichnet  den  Genius 
der  Namengebung  für  weite  unserer  Kreise.  Der  Name  Karl, 
dem  fränkischen  Stamme  angehörig,  ist  auf  bajuvarischem 
Boden  nie  recht  zur  Eingesessenheit  gelangt,  und  auch  bei 
uns  nicht,  auf  bajuvarischem  Coloniallande.  Bis  zum  XVI.  Jahrh. 
gehört  er  hier  zu  den  grössten  Seltenheiten,  und  audi  die 
Canonisation  des  grossen  Frankenkönigs  und  ersten  Kaisers 
änderte  an  der  Sache  nichts.  Erst  durch  Zuwanderer  aus 
Wälschland  bürgerte  er  sich  hier  ein,  und  nach  Carlo  Graf 
Borromeo^  dem  segensvollen  Erzbischofe  von  Mailand,  den 
Manzoni's  schöner  Roman  „I  promessi  sposi**  verewigte,  gewann 
er,  unter  dem  eben  gedachten  Einflüsse,  grössere  Geltung.  Im 
XII.  Jahrh.  fremd  und  heute  nicht  selten  sind  Adolfe  der  vom 
Rheine  herkam,  Eaimund  und  FranjB^  die  aus  Frankreich. 
AJfons  und  Ferdinand,  die  aus  Spanien,  Alfred  und  Arthur, 
die  aus  England  einwanderten.  Denn  unser  Adalfrid  des 
XII.  Jahrh.  ist  ausgestorben,  ohne  aDes  Erbe,  scheint  es, 
selbst  in  Familiennamen.  Und  die  Aufnahme  an  sich  zwar 
deutscher,  aber  von  der  Fremde  zugemittelter  Namen  wirkte 
auch  auf  gelegentliche  fremdartige  Staffirung  sonst  landsässiger 
Namen.  So  hatte  vom  Metropolitanpatrone  Salzburgs  her 
Ruprecht  stets  und  in  allen  Kreisen  älterer,  und  in  den  niederen 
späterer  Zeit  seine  Geläufigkeit;  in  den  feineren  zieht  man 
heute  entschieden  das  französisirte  Robert  vor.  Im  Ganzen 
jedoch  wird  man,  wenn  man  die  deutschen  Taufhamen  der 
Gegenwart  überblickt,  nicht  nur  ihrer  wenige  im  Vergleiche 
selbst  zum  XIII.  Jahrb.,  sondern  auch  nur  matte  E^Lemplare 
derselben  finden. 

Und  sollte  diess  der  gesammte  Nachlass  jenes  Namens- 
lebens in  dem  unseren  sein? 

Nein,  denn  wir  führen  ein  doppeltes,  in  Personen  und 
in  Familien.   Darauf  habe  ich  schon  hingewiesen,   dass  von 


—     Sb     — 

firsterem  der  beste,  weil  sprechendste  Theil,  ab^  venKjl^leiert, 
im  4en  Numra  der  Letzteren  geborgen  ist  ^ 

Allein  dieser  Fond  an  deutschen  Personennamen,  di^r  uttä 
gevisseffmassen  als  Erinnerung  utad  als  Mahnung  gebfiebe'ijk  ist, 
hat  bekatintlfch  seine  Concurrenz.  Sie  hatte  sich  uhs^em 
Namenschatze  wesentlich  mit  dem  XlV.  Jahth.  Als  sölthte 
angeheftet,  und  ist  bei  der  ihtn  gewordenen  inneren  Sth'wftölm 
immer  grösser  und  kräftiger  geworden ;  sie  hat  mit  atrdet'en 
Concurrenten,  die  im  XVI.  Jahrb.  hinzutraten,  ihn  förmlich 
überwuchert,  und  weder  aus  der  Gestaltung  des  deutschen 
Reiches,  noch  jener  des  deutschen  Geisteslebens  oder  der  Sprache 
ist  ihm  während  des  XVII.  und  XVIII.  Jahrb.  ein  Ahstoss 
gegeben  worden,  sich  zu  erheben  und  den  £pheü  utn  seinen 
Stamm  abzustreifen.  Mit  dem  XIX.  Jahrb.  ist  diese  Anregung 
eingetreten.  Doch  steht  das  Namenleben  unter  Einflüssen,  die 
verschieden  sind  und  auf  den  einzelnen  Territorien  deutscher 
Zunge  der  Umkehr  nur  zaudernd  Raum  geben.  Daher  kann 
von  Gleichmässigkeit  der  Restauration  auf  dem  Gesammtgebiete 
nicht  die  Rede  sein.  Man  wird  sie  im  deutschen  Norden  mehr 
als  im  Süden,  auf  protestantischen  Gebieten  mehr  als  auf 
katholischen,  in  mittleren  und  höheren  Kreisen  mehr  als  in 
den  unteren  yorgeschritten  finden. 

Wie  steht  nun  das  Verhältniss  des  allseitigen  Namen- 
verbrauches bei  uns  ?  Zu  wessen  Gunsten  schlägt  da  noch  das 
Zünglein  der  statistischen  Wage  aus?  Und  wenn  in  der 
Namengebung  Tendenzen  liegen,  welche  derselben  haben  der- 
malen die  Oberhand? 


0  Auf  sie  einzugehen,  liegt  ausser  der  Handweite  der  Aufgabe.  Fttr 
Jene,  die  erst  wissen  möchten,  wie  das  gemeint  ist,  gebe  ich  Familien- 
namen, heute  meist  wohlbekannt,  die  ursprünglich  Taufhamen  waren, 
zur  Probe  in  Eekhart,  Erhard,  Enefikd,  Erkenger,  EUd,  FVcUdd, 
Frank,  Freismui,  Friedl,  JFVuhmann,  Oimpl,  HMsmann,  Haim, 
Haring,  Earimann,  Hetel,  HiUdfrand,  Kuhn,  Knabl,  KüssoU,  Leifert, 
Leypold,  Manhardt,  Meinert,  Menhard,  Nusshold,  Peinhardt,  PöUl, 
PöUl,  BiecU,  Bupp,  Schweiger,  Seidl,  Siegl,  ürJep,  Völkel,  Walcher, 
WaUi,  Winter,  die  man  noch  um  Vielfaches  yermehren  könnte. 


-     56     — 

Da  lässt  sich  unter  Zuhilfenahme  der  Statistik  und  des 
eigenen  Fohlens  allerdings  nur  sagen,  dass  unsere  volkstfaum- 
lichen  Namen  es  nicht  sind,  dass  sie  es  aber  sein  werden, 
doch  langsam,  langsam,  gleich  dem  Pendel  der  Zeit,  denn 
allmftlig  sind  die  Dinge  so  geworden,  wie  sie  sind,  und  allmftlig 
kehren  sie  wieder.  Wir  aber  werden  die  Heimkehr  der  Namen 
Hagebam  und  Schilbunthy  Didpratit  und  Scuribraniy  Lantfras 
und  Siatitfraz,    Wasacrim  und  Wolfgrim  nicht  mehr  sehen.  M 


t)  Die  Statistik  bat  zwar  für  absolute  Scblüsse  immer  wenig  Eignung, 
fikr  relative  jedocb  gewiss  grosse.  Cum  grano  salis  mag  auch  Fol- 
gendes nur  mitgetheilt  sein.  Im  Grazer  Adressbucbe  ftlr  1881  sind 
von  A— M  die  Familie  Maier  und  MüBer,  Haas  und  Gruber,  Fudu 
und  Fischer,  Egger,  Berger  und  Bauer  diejenigen,  welche  die  meisten 
eingetragenen  Vertreter  ibrer  Namen  aufweisen,  nämlich  142, 
1S8,  76,  71,  69,  61,  49,  SS  und  81.  Diese  660  Individuen  mbren 
unter  sich  102  verscbiedene  Taufhamen,  deren  41  deutsch,  27  römisch, 
18  griecbiscb,  16  jüdisch  -  biblisch  nnd  1  slavisch;  9S  derselben 
theilen  sich  unter  246  Personen  und  es  bleiben  9  als  die  beliebtesten 
für  414  Individuen  übrig.  Von  diesen  sind  S  deutschen  Ursprunges 
und  6  biblischen.  Die  Ersteren  sind  Alois  mit  21,  Karl  mit  45  und 
Franz  mit  66  Stimmen;  in  der  Gesammtzabl  erscheint  sonst  kein 
deutscher  Name  Öfter  als  zehnmal.  Diese  drei  genannten  beziehen 
^sich  auf  Alois  von  Padua,  auf  Karl  Borromäus  und  auf  Franz 
Xaver  oder  Seraphicus,  haben  also,  was  Beliebtheit  anbelangt,  mit 
deutschem  Wesen  nichts  zu  thun.  Sonst  sind  am  häufigsten  Joseph 
mit  88  und  Johann  mit  80  Stimmen,  und  dass  bei  Frsterem  auch 
öfter  an  Joseph  den  Nährvater  und  Joseph  den  Landespatron  gedacht 
wird,  als  an  Kaiser  Joseph  n.,  mag  ausser  Zweifel  sein. 


Das  städtische  Wirthschaffcswesen  von 

Graz  im  Jahre  1660. 


Tob 
Dr.  R.  Peinlich. 


Die  ökonomische  Lage  der  steierischen  Städte  hatte  sich 
gegen  die  Mitte  des  XVII.  Jahrhundertes  fast  überall  gar 
kläglich  gestaltet  Nicht  nur,  dass  sich  die  Zahl  von  verarmten 
Bürgern  stetig  mehrte,  ging  auch  das  Gemeinwesen  selbst  in 
auffallender  Weise  zurück.  Dazu  hatten  zwar  mancherlei 
Ursachen  zusammengewirkt,  von  denen  das  genusssüchtige 
Leben  und  Treiben  der  meisten  Staatsbürger  nicht  die 
geringste  war,  aber  wie  es  schon  zu  gehen  pflegt,  sah  man  die 
eigentlichen  massgebenden  Factoren  nicht,  sondern  schob  das 
Gesammtproduct  ohne  weiters  irgend  einem  in  die  Augen 
fallenden  Nebenumstande  zu. 

In  der  Hauptstadt  Graz  wollte  man  geradezu  die  Väter 
der  Stadt  für  den  empfindlich  merkbaren  Rückgang  der 
städtischen  Wirthschaft  verantwortlich  machen.  Schon  in 
früheren  Jahren  hatte  der  ärmere  Theil  der  Bürgerschaft, 
der  vom  Handwerke  und  Kleingewerbe  kärglich  lebte,  seine 
Unzufriedenheit  mit  der  Amtsverwaltung  der  zumeist  reichen 
Rathsbürger  zu  erkennen  gegeben  und  bei  derselben  Abhilfe  seiner 
bedrängten  Lage,  aber  vergebens  gesucht.  So  ergriff  denn  die 
Bürgerschaft,  als  Kaiser  Leopold  L  1660  zur  Erbhuldigung 
nach  Graz  kam,  diese  Gelegenheit,  um  ihre  Beschwerden  gegen 
den  Magistrat  unmittelbar  vor  den  Landesfürsten  zu  bringen, 


—     68     — 

in  der  vertrauensvollen  Stimmung,  dass  sich  nun  alles  nach 
ihren  Wünschen  wenden  werde.  ^) 

Es  war  bei  solchen  Huldigungen  von  Altersher  Qblich, 
dass  so  wie  die  Landschaft,  auch  die  Städte  beim  Landes- 
fttrsten  um  Bestätigung  ihrer  alten  Rechte  und  Freiheiten 
anhielten.  Das  war  auch  von  Seite  des  Magistrates,  als  Be* 
Präsentanten  der  Hauptstadt  Graz  am  8.  Juli  1660   in  aller 

geachehen.  ^) 


1)  Der  Aufsatz  beruht  durchaus  auf  handschrifUichen  Quellen, 
grösstentheils  OrigiDal-Acten  aus  dem  steierm.  Laadesarchire  uod 
aus  den  Registraturen  der  k.  k.  steierm.  Statthalterei  und  der 
Landeshauptstadt  Graz. 

*)  Der  Magistrat  von  Graz  bestand  im  Jahre  1660  ans  nacbbenannten 
Mitgliedern: 

1.  Bürgermeister:  Simon  Gordin  von  Rosegg.  Derselbe  hatte  die 
phflosophischen  Schulen  absolvirt,  war  Hofmeister  des  Erzherzoirs 
Karl  gewesen,  gelangte  1629  in  das  Rathsmittel,  war  von  1640  bis 
1653  Marscball  der  landesfttrstl.  St&dte  und  M&rkte  in  Steiensark. 
fungirte  1640  und  1641  als  Stadtrichter.  1644  bis  1646,  1649  bi« 
1652  und  1657  bis  1661  als  BArgermeister,  erhielt  1653  den  Adel 
mit  dem  Prädicate  „von  Rosegg"  und  starb  am  23.  September  1661. 
(Dessen  Grabstein  ist  im  Joanneum.) 

2.  Stadtrichter:  Ferdinand  WidmanstFiter,  geboren  zu 
Graz  den  4.  April  1624,  ein  Enkel  des  1585  von  München  einge- 
wanderten Buchdruckers  Georg  Widmanstetter.  Er  focht  in  seiner 
Jugend  gegen  die  Türken,  nach  erlangter  Grossj&brigkeit  abernahm 
er  die  von  seinem  Vater  (Ernst  f  1635)  ererbte  Buchdruckerei  iii 
Graz  als  kaiserl.  Hofbuchdrucker,  hielt  auch  eine  Gastwirtbschtft, 
wurde  1659  Mitglied  des  Käthes,  war  1660,  1661,  1668  utid  1664 
Stadtrichter,  von  1665  bis  1667  Bürgermeister  und  starb  kinderlos 
am  10.  Jänner  1668.  Er  vererbte  die  Buchdruckerei  (fideicommis- 
sarisch)  an  die  Nachkommen  seiner  Schwester,  welche  den  fürstlich 
Eggenberg'schen  Rath  und  Kanzler  Dr.  Job.  Beckh  zur  Ehe  hatte. 
(Nach  genealogischen  Angaben  des  k.  k.  Hauptmannes  Leop.  von 
Beckh^Widmannstetter.) 

8.  Stadtschreiber:  Dr.  juris  Jakob  Codrus  (Sohn  des  Stadt- 
schreibers von  Judenburg  Jak.  Codrus)  von  1658  bis  1682  im  Raths- 
mittel, starb  am  25.  April  1686. 

Rathsherren:  1.  Georg  Friedr.  Vögtlin  (Sohn  des  Dr.  juri^ 
Math.  Vögtlin,   Syndicus  zu  Schlettstadt  im  Elsass)  von  1644  bis 


—    M     — 

Da  die  bezügliche  Sehrift  der  6q)flogenheit  sach  früher 
in    öffentlicher    Rathsyersainmluiig  der  Gemdnde  TorgeleBen 

1664  im  Rathsmittel,  von  1654  bis  1660  Stadtkämmerer^  7on  1654 
bis  1656  Sudtrichter. 

2.  Andreas  Fleischhacker,  Bfirger  und  Handelsmann 
(s«t  1617)  von  1644  bis  1664  Ra^sverwandter;  1062  Stadtriehter. 

8.  Wolfgang  Sartori,  geb.  von  WQrzbuiig,  kaoi  aJb  Bach- 
druckergeselle 1620  nach  Gras,  wurde  1685  Leiter  der  Widman- 
stetter'schen  Druckerei,  dann  Gastgeb,  1645  Bathsherr,  1648  bis 
1651  Sudtrichter,  1653  bis  1656  B&rgermeister.  1651  erhielt  er 
den  AdelsUnd  mit  dem  Prädicate  „v.  Ehrenpichl^  und  starb  am 
22.  Juni  1662. 

4.  Gabriel  Bapha^l  Khleinb erger,  Gastgeb  in  der  Mur- 
vorsUdt,  von  1646  bis  zu  seinem  Tode  am  16.  Mai  1660  Raths- 
bfli^er. 

5.  Sebastian  Haupt  kam  1630  als  Buchbinder  aus  dem 
deutschen  Reiche  nach  Graz,  kaufte  1638  die  Papiermühle  in  Graz, 
etablirte  sich  als  Buchhändler  und  war  Yon  1646  bis  circa  1663 
im  Rathsmittel.  1646  und  f.  J.  gab  er  die  Schreibkalender  des 
I>r.  Mich.  Linus  heraus, 

6.  Michael  Ziege Imttller,  Bürger  von  1649  bis  1664  im 
Bathe,  1653  bis  1657  Stadtkämmerer  und  Stadtbaumeister,  1657 
bis  1659  Stadtrichter,  1662  bis  1664  Bürgermeister. 

7.  Hans  Heinrich  Hu  eher,  Hof-  und  Landschafts  -  Barbier 
(seit  1638),  von  1651  bis  1664  im  Rathsmittel,  1652  und  1653 
Stadtrichter,  starb  25.  Februar  1664. 

8.  Johann  R  a  a  n,  1624  Seidenstricker,  Perlhefter  und  Handels- 
mann, kam  1652  in  den  Rath,  war  1665  Eirchenpropst  der  Stadt- 
pfarre, starb  1669. 

9.  Peter  Yolkh  aus  Vorheim  im  Bisthnm  Bamberg,  geboren 
circa  1630,  Sohn  des  dortigen  Bürgermeisters  (heiratete  1656  in 
Graz  die  Tochter  des  gewesenen  Rathsherrn  Christof  Ehnorr),  war 
von  1656  bis  1698  Rathsherr,  starb  am  17.  Mai  dieses  Jahres. 
£r  war  1670,  1671  Stadtrichter,  1676,  1677,  1682  bis  1686,  1692  bis 
1694  Bürgermeister  und  wurde  1694  wegen  seiner  Verdienste  zum 
kaiserl.  Rath  ernannt  und  geadelt  mit  dem  Prädicate  „von  Yolkhens- 
dorP*.   (Ein   Handelsmann  Pet,  Yolkh  befand  sich  1617  in  Graz.) 

10.  Friedrich  Grimb,  Bürger,  Rathsbürger  von  1657  bis  1666. 

11.  Melchior  Gelb  (geb.  wahrscheinlich  zu  München  1590) 
Bürger  und  Handelsmann  in  Graz  seit  1628,  von  1657  bis  1678  im 
Bathe,  1667  bis  1669  SUdtrichter,  1671,  1672  Bürgermeister;  starb 
am  81.  August  1678. 


—     60     — 

worden  war,  hatten  die  unzufriedenen  Gemeinde-Mitglieder 
davon  Kenntniss  erlangt,  dass  man  in  derselben  auf  ihre 
Wünsche  keinen  Bedacht  genommen  hatte.  So  nahmen  sie 
denn  die  Förderung  ihrer  Angelegenheiten  in  die  eigenen 
Hftnde  und  überreichten,  durch  die  vier  Yiertelmeister  der 
Stadt  vertreten,  am  13.  Juli  dem  Kaiser  eine  Bitt-  und  eine 
Beschwerdeschrift. 

Mit  welcher  Zuversicht  dieser  Schritt  gemacht  wurde, 
ergibt  sich  aus  den  Eingangsworten  der  Gesuche.  Das  eine 
derselben  hebt  also  an:  „Dass  Euere  kais.  Majestftt  in  das 
Landt  zu  khomben  sich  allergenedigst  entschlossen,  vrierdt 
zweifelsohne  auss  kheiner  anderen  Ursach  auch  nit  geschehen 
seyn,  allein  dass  unter  andern  dess  freudenreichen  Acts  der 
Erbhuldigung  die  gravirte  Burgerscha£ft  in  deroselben  Stadt 
und  Märkht  ihre  Beschwemussen,  in  wessen  sie  sich  beschwert 
befinden,  Euerer  kais.  Majestät  als  bey  dem  klaren  Pruenen 
Quellen  voller  Justitz  iezt  fürbringen  und  darüber  dass  reme- 
dirlich  hailsambe  ganz  unfailbarlich  überkhommen  sollen.^ 

Die  andere  Supplik  gibt  eingänglich  die  Sehnsucht  zu 
erkennen,  mit  welcher  die  Abhilfe  erwartet  wurde:  „Wass- 
massen  wir  arme  mit  Leib,  Guett  und  Bluet  unterworffene 
und  verpflichte  gemeine  Burgerschafft  disser  Lantsillrstlichen 
Hauptstadt  Gratz  vill  Jahr  mit  betrüebten  Hertzen  geseuflEzet 
und  mit  Verlangen  erwart,  dass  deren  ainssmalss  die  Qnaden 
Portten  unseres  Verlangen  allhier  angelangt"*  u.  s.  w. 

Die  wichtigste  und  wesentlichste  Bitte  der  Bürgerschaft 
ging  darauf  hinaus,  dass  ihr  ein  besonderer  Einfluss  auf  die 
städtische  Verwaltung,  oder  doch  eine  mehrere  Einsicht  und 
thatsächlich  eine  Controle  über  die  Geldgebahrung  gestattet 
werden  möchte. 

Zu  diesem  Zwecke  verlangten  sie  vom  Kaiser,  dass  der 
Stadt  das  1448  von  Friedrich  IV.  ertheilte,  aber  längst  ausser 


(Zwei  aus  den  genannten  Rathsbürgern  waren  1660  nicht  mehr 
in  dieser  Eigenschaft  thätig,  da  die  Zahl  derselben  sich  stets  auf 
Zwölf  beschränkte;  welche  zwei  gewissermassen  nnr  mebr  als 
Titular-Rathsherren  anzusehen  wären,  war  nicht  erfindlich.) 


—     61     — 

Uebung  gekommene  Privilegium  „der  jährlichen  Raths ver- 
kehrung'' (das  ist  Ausscheidung  und  Neuwahl  von  vier  Mit- 
gliedern), respective  die  Wiedereinsetzung  eines  „äusseren 
Rathes*  verliehen  werden  möchte.*) 

Wir  wollen  diese  an  und  für  sich  zwar  wichtige  Ange- 
legenheit nicht  in  den  Rahmen  der  vorliegenden  Darstellung 
einbeziehen  und  berichten  nur,  dass  die  Regierung  das  Gesuch 
unbedingt  abschlägig  beschied  (22.  December  1660)  und  eben 
dies  auch  später  that,  als  die  Bürgerschaft  am  30.  Sep- 
tember 1722  mit  demselben  Ansinnen  gekommen  war. 

Da  aber  das  besagte  Gesuch  selbstverständlich  bei  den 
derzeit  fungirenden  Rathsbürgern  einen  sehr   üblen  Eindruck 


»)  Das  Privilegium  lautet:  „"Wir  Friedrich  von  Gottes  Gnaden  Rom. 
König,  zu  allen  Zeiten  Mehrer  des  Reiches,  Herzog  zu  Oesterreich, 
zu  Steier,  Kärnten  und  Krain,  Graf  v.  Tirol  etc.  haben  diese 
Ordnung  nach  unserer  Räthe  Rath  fürgenommen  und  gemacht  und 
meinen,  dass  die  ehrbaren,  weisen,  unsere  getreuen,  lieben  Bürger- 
meister, Richter  und  die  Bürger  gemeiniglich  hie  zu  Graz  dieselbe 
Ordnung  zu  halten  und  der  nachgehen,  als  hernach  geschrieben 
stehet,  also  dass  nun  fürbass  jährlich  die  Gemein  vier  aus  dem 
Rath  und  zwei  aus  den  Führern  (Vierem)  der  Gemein  verkehren 
BoU  und  mag.  Da  entgegen  mag  dann  der  Rath  vier  aus  der 
Gemein  auch  hinwider  zu  Führern  nehmen,  also  dass  jährlich  vier 
aus  dem  Rath  und  zwei  aus  den  Führern  von  der  Gemein  verkehrt 
und  vom  Rath  andere  an  derselben  statt  hinwieder  gesetzt  werden 
sollen,  doch  dass  sie  derer  keinen  des  Jahres,  wo  sie  verkehrt 
werden,  desselben  Jahres  weder  zu  Rath  noch  zu  Führern  hin 
wieder  nicht  setzen  und  dieselben  sechs,  so  nun  also  von 
Neuem  zu  Rath  und  Führern  erkiest  werden,  sollen  zu  den 
nächst   künftigen  Weihnachten   zum    erstenmal    anfahen,    uns    zu 

.  schwören  und  Huldigung  zu  thun.  Ob  wir  aber  die  Zeit  im  Lande 
nicht  wären,  so  sollen  sie  solchen  Eid  und  Huldigung  thun  unserm 
Landschreiber  in  Steier,  wer  der  je  zu  Zeiten  ist  und  demnach 
jahrlich,  so  sich  solche  Verkehrung  und  Versetzung  des  Rathes 
und  Vierer  thun  sollen  und  mögen,  der  alte  Rath  an  unserer  Statt 
solchen  Eid  und  Gelobung  selber  von  ihnen  aufnehmen,  als  sie 
vormals  gethan  haben  und  von  Alters  ist  hergekommen.  Gegeben 
zu  Graz  am  Erchtage  vor  St.  Ulrichstag  Anno  Domini  1448,  unsers 
Reiches  im  neunten  Jahre.*'  (Nach  einer  Abschrift  im  k.  k.  Statt- 
balterei- Archive. ) 


-     62     — 

gemacht  hatte  und  ganz  geeignet  war,  die  aufgebrachte  Stirn- 
mimg  gegen  die  Bittsteller  zu  steigern,  so  möge  Einiges  aus 
der  Ablehnungsschrift  des  Magistrates  vom  2.  October  1660 
hier  Platz  finden,  was  dazu  dienen  kann,  die  Art  and  Weise 
erkennen  zu  lassen,  wie  der  Magistrat  Qber  einen  etwaigen 
äusseren  Rath  und  die  Freunde  desselben  dachte. 

In  der  bezQglichen  Schrift  heisst  es  unter  anderem: 

^Es  ist  zu  bedenken  und  für  eine  gewisse  Wahrheit 
zu  halten,  dass  der  äussere  Rath,  bevorderst  wann  derselbe 
mit  deren  Handwerkern  ersetzt  sein  wird,  alsbald  dem  Ma- 
gistrat gleich  sein  und  nach  ihren  hartnäckigen  Köpfen  dis- 
poniren  wollte,  davon  hätten  die  hohen  Tribunalien  ewige 
Disuniones,  Zwietracht,  Gmein-  und  Rechtshändel  zu  erwarten : 
die  RathsbeschlQsse  könnten  nicht  mehr  geheim  erhalten 
werden,  und  es  ist  sogar  ihre  Absicht,  der  Gemein  parte  zu 
geben,  wie  mit  der  Stadtcasse  disponirt  wird.'' 

Im  Verlaufe  der  Darstellung  bezeichnet  der  Magistrat 
die  Bürger  als  »personae  inhabiles  et  plane  indociles""  und 
macht  sich  darüber  lustig,  wie  es  aussehen  wird,  wenn  mit 
der  Zeit  einmal  nicht  nur  der  äussere,  sondern  auch  der 
innere  Rath  aus  lauter  Handwerkern  bestände,  welche  Vor- 
mittags am  Rathhause  als  Judices  und  Nachmittags  in  der 
Werkstatt  bei  der  Arbeit  sässen,  was  der  Hauptstadt  zu 
einem  ewigen  Spotte  gereichen  würde. 

Schliesslich  spielte  der  Magistrat  in  kluger  Berechnung 
einen  besondem  Trumpf  aus,  um  die  Regierung  gegen  die 
Beschwerdefahrer  einzunehmen.  ;,Hat  nicht  die  Regierung  und 
die  Hofkammer  immediate  das  jus  inspectionis**  in  die  städ- 
tischen Rechnungen?  Werden  sich  die  beiden  „hoch verstän- 
digen Tribunalien''  von  der  Bürgerschaft  in  dieses  Recht 
eingreifen  lassen? 

Und  wenn  man  dann  die  Petition,  oder  die  Intention 
derselben  genau  betrachte,  so  zeigt  es  sich,  dass  die  „Bürger- 
schaft ebenso  die  hohen  Tribunalien  wegen  Unfleisses  oder 
nicht  gehabter  Inspection,  wie  den  Magistrat  wegen  schlechter 


—     63     — 

Haushaltung  und  Untauglichkeit  inculpirt  und  beim  Kaiser 
tradudrt" . 

Somit  wäre  also  den  Bürgern  ein  hoher  Verweis  zu 
geben,  die  „unnoth wendige,  widerwärtige  und  zu  künftiger 
Schande  und  Confusion'^  führende  Petition  zu  verwerfen,  die 
Aufwiegler  und  Rädelsführer  aber  sollten  wegen  der  i,so  hoch 
ansehnlichen,  hochverständigen  und  allergetreuesten  Tribu- 
nalien'' angethanenen  Schmach  und  Unbil  „  andern  zum 
Exempel  der  Billigkeit  nach  abgestraft  werden**. 

Die  Regierung  und  Hofkammer  stellte  sich  in  ihrem 
Berichte  über  das  magistratliche  Gutachten  (2.  October  1660) 
im  Allgemeinen  auf  die  Seite  des  Magistrates.  Sie  hätte  bisher 
;,  befunden,  dass  desselben  Handlungen  in  civilibus,  crimina- 
libus,  politicis  und  oeconomicis  nichts  erwinden  lassen^;  sie 
halte  nicht  dafür,  dass  ein  äusserer  Rath  vom  Nutzen  sein 
werde,  zumal  wenn  derselbe  «mit  plebe  mechanica,  quae  lucri 
semper  avida  est  et  communiter  utilitatem  honestati  praefert, 
unerfttUt  würde,  ohne  jährliche  Besoldung  nicht  dienen,  aiudt 
wohl  ihrem  Handwerke  mehr  nachgehen,  als  die  Raths-Ses- 
siones  frequentiren  dürfte;^  aber  dass  die  Rechnungssachen 
im  Beisein  eines  von  den  Bürgern  deputirten  Ausschusses 
aufgenommen  werden,  scheine  ^ihr  (der  Regierung)  nicht 
uneben,  sondern  gar  hoch  nothwendig  zu  sein**. 

Die  in  der  zweiten  Supplik  der  Bürgerschaft  dargelegten 
Beschwerden  ergehen  sich 

1.  über  die  Aufhebung  der  Mauthfreihe:it,  welche 
die  Stadt  durch  ein  Privilegium  vom  Jahre  1373  (1521  er- 
neuert) genossen  hatte.  Vermöge  desselben  waren  die  Bürger* 
von  Oraz  „mit  ihrer  Kaufmannschaft  und  Arbeit  aller  Orts*' 
von  Zoll  und  Mauth  befreit  gewesen,  jetzt  seien  sie  aber 
«diesem  Onere^  unterworfen.  (Der  Zeitpunkt,  von  welchem  an 
die  Freiheit  aufhörte,  ist  nicht  angedeutet.) 

2.  Wird  der  Uebelstand  beklagt,  dass  die  adeligen 
Gmundherrschaften  die  Schuldeneintreibung  von  Personen,  die 
auf  ihrem  Boden  leben,  sehr  oft  erschweren  und  verhindern, 
während   doch  die  Bürger  von  Graz   durch  ein  Privilegium 


—     64     — 

vom  Jahre  1357  befiigt  sind,  jeden  Schuldner  in  der  Stadt 
anzuhalten  und  zu  pftnden.  Diese  Freiheit  ist  auch  j,  davon 
kommen,  und  so  nun  eines  Herrn  Unterthan  bei  einem  Burger 
etwas  entleihen  thuet,  und  welchen  man's  aus  christlidier 
Liebe  und  tragenden  Mitleiden  seiner  Noth  so  gar  auch  nit 
abschlagen  kann,  so  pflegt  seine  Herrschaft  dem  leihende 
Bürgersmann,  wie  man  im  Sprichwort  zu  sagen  pflegt,  aller- 
band  PrQgel  unter  die  Füsse  zu  werfen.  Bald  wird  fürgeben« 
wie  dass  der  Untherthan  alles  der  Herrschaft  schuldig  sei 
bald  ein  anderes  um  Geduld  und  also  fortan,  bis  handgreif- 
lichen gespürt  wird',  dass  das  Geld  nicht  zu  bekommen  ist 
jySoUen  aber  Procuratores  (Advocateu)  aufgenommen  und  der 
Process  mit  langer  Hand  ausgeführt  werden*',  so  kostet  da^ 
meist  ebensoviel,  als  die  Schuld  austrägt,  daher  man  sich  zu 
diesem  nicht  entschliessen  kann  und  wül;  „welches  nun  eine 
Ursache  ist,  dass  hierüber  der  Bürgersmann  crepiren  und 
wider  alles  christliche  Recht  und  Billigkeit  um  das  seinige 
kommen  muss.^ 

3.  Finden  sich  die  Bürger  durch  die  Wirthshäuser  in 
und  vor  den  Vorstädten,  welche  im  fremden  Burgfrieden^) 
(auf  herrschaftlichen  Gründen)  liegen,  in  ihrem  Erwerbe  beirrt, 
während  doch  das  früher  erwähnte  Privilegium  von  1357  den 
Weinausschank  den  Stadtbürgem  allein  vorbehielt  Die 
^Zapfl-  und  Winkelwirth  schneiden  uns  Bürgern  das  Brod 
vom  Maul  ab  und  damit  diesen  Leuten  ihr  Handel  um  so 
besser  von  statten  gehe,  pflegen  sie  dabei  heilloses  und  laster- 
haftes Gesindel  zu  halten.  Da  werden  allerhand  Sünden  und 
Laster  geübt,  und  die  göttliche  Majestät  also  dabei  offendirt, 
dass  nit  zu  fragen  ist,  warum  so  gefährliche  Zeiten  einlaufen 


*)  Im  umfange  des  städtiBchen  Weichbildes  befanden  sich  vier  fremde 
Burgfriedsfreibeiten,  seit  1358  die  Gommende  am  Lech  in  der 
St.  Leonharder  Vorstadt,  seit  1699  der  Münzgraben- Bargfried« 
seit  uralter  Zeit  der  Weissenegger'sche  (nachmals  Fürsten  von 
Eggenberg  gehörig)  in  der  Murvorstadt  und  der  8 tadl ersehe 
Burgfried  am  Graben.  Die  Berainung  und  Beschreibung  geschah 
zuletzt  1621. 


—     65     — 

und  wir  so  gar  nit  mehr  zu  einem  fruchtbaren  Jahr  gelangen 
mögen. 

Daher  sollten  die  fremden  Burgfrieden,  welche  bis  weit 
in  die  Vorstadt  hineingehen,  wieder  aufgehoben  und  unter 
die  städtische  Jurisdiction  kommen,  welche  dann  j,  solches 
Lumpengesindel  apprehendiren**  könnte. 

4.  Handelt  von  dem  »Weinleitgeben  durch  unbllrgerliche 
Leute*^.  Die  Stadt  hatte  ein  altes  Privilegium,  „dass  keiner, 
welcher  nit  Burger  ist,  hat  handeln  oder  Wein  verkaufen 
dürfen/)  Jetzt  aber  geht  alles  über  und  über,  der  Herr,  sein 
Hauspfleger,  Procuratores  und  dergleichen  inwohnende  Personen 
pflegen  indifferenter  den  Wein  unter  Reifen  zu  verkaufen,  ja 
auch  gar  darauf  ihre  Schnellen  zu  halten,  damit  sie  nur  desto 
statthcher  ihren  Verschleiss  promoviren  können,  nicht  weniger 
auch  Kostgänger  zu  halten,  die  sonsten  gar  wohl  bei  der 
Bürgerschaft  unterkommen  könnten.  Diese  befinden .  sich  ganz 
in  keinem  Mitleiden,  machen  gleichwohl  ihren  stattlichen 
Nutzen,  entziehen  also  unser  Gewerb  und  schlagen  uns  darmit 
solcher  Gestalt  zu  Grund  und  Boden,  dass  nachmalen  ja  nicht 
zu  fragen  ist,  warum  dieser  oder  jener  Burger  bei  der  Stadt 
nicht  bestehen  kann  und  nothgedrungener  Weise  zu  Grunde 
gehen  muss*". 

5.  Wird  um  die  Herabsetzung  der  städtischen  Steuer 
auf  die  Einfuhr  von  Wein,  die  mit  30  kr.  per  Startin 
(das  ist  zehn  Eimer)  entrichtet  werden  musste,  auf  15  kr. 
petitionirt,  da  man  in  früheren  Zeiten  nur  so  viel  bezahlt 
hätte  und  die  Erhöhung  nur  zu  dem  Zwecke  eingeführt  und 
angenommen  worden  sei,  um  die  Unkosten  der  Ableitung 
des  Grazbaches  in  den  Stadtgraben  zu  bestreiten.  Nun  seien 
aber   diese    30  kr.-  schon    „perpetuirlich    in    ein    ordinari 


*)  Das  PriTilegiam  in  Bezog  auf  Weinhandel  und  Ausschank  wurde 
von  Herzog  Albrecht  10.  August  1867  als  ein  von  Alters  her 
gegebenes  bestätigt,  von  Erzherzog  Ernst  am  St.  Margarethentag 
1418  erneuert  und  von  den  nachfolgenden  Landesf&rsten  wiederholt 
bestätigt,  wurde  aber  fast  ^ar  nie  beachtet. 

lCitth»U.  dM  Uni.  VerelBes  f.  St«l«mArk,  XUX.  Heft,  1881.  6 


—     «6    — 

Gefiül**  verwandelt,  was  gegen  das  Versprechen  und  die  Ab- 
rede wAre. 

6.  Beanstandet  die  Bürgerschaft,  dass  sie  nebst  der 
Gewerbe  und  Handwerkssteuer  die  zum  Handwerke  und  Ge- 
werbe benOthigten  Waarensorten  besonders  versteuern  mOsse. 

7.  Wird  gegen  die  vom  Magistrat  gepflogene  Erhöhung 
der  Haussteuer  protestirt.  Wenn  nämlich  ein  Bürger  sein 
Haus  „in  etwo  erweitem  oder  erbauen  thuet,  damit  er  sich 
mit  seinem  Gewerb  desto  bass  geraumben  möge,  da  er  aber 
em  solches  besser  erbautes  Haus  einem  andern  Bürger  weiter 
verkauft,  so  werde  geschwind  ein  höherer  Zins  und  extra 
ordinari  Contribution  daraufgeschlagen'',  so  dass  Niemand  von 
den  aufgewendeten  Bauunkosten  einen  Gewinn  ziehen  könnte. 

8.  Wird  verlangt,  dass  keiner  „zu  Burger  nit  aufge* 
nommen  werde,  er  habe  sich  dann,  wie  in  anderen  Städten 
allenthalben  gebräuchig  ist,  häuslichen  ankauft,  oder  100  Thaler 
in  die  Kammeramts- Gasse  erlegt,  dass  er  sich  jedoch  in 
einem  gewissen  Termm  wirklich  häuslich  ankaufe,  wenn  nicht 
solle  sein  Depositum  verfallen  und  er  wiederumben  von  der 
Stadt  beurlaubt  werden'. 

9 Wir  begehren  nichts"  —  heisst  es  schliesslich  in  d^ 
Bittschrift  —  „was  nicht  theils  früher  bei  der  Hauptstadt 
als  Privilegmm  gewesen,  theils  dem  gemeinen  Wesen  und  der, 
Bürgerschaft  hoch  nutz-  und  erspriesslich  wäre  und  wo  nichtl 
zumal  der  kön.  Majestät  selbsteigenes  Interesse  hierunter! 
liegen  thuet;  indem  dadurch  eine  Stadt,  als  wie  es  nun  allezeil 
bey  denen  Hauptstädten  sein  solle,  mit  ihrem  eigenen  gemeinenj 
Wesen  so  wandelbar  gepflanzet  wird,  dass  dieselbige  nit 
eme  berüehmte  Mutter  aller  anderen  Städte  sein  und  bldbeoil 
auch  sonst  in  anderweg  eine  wahre  Vormauer  und  Schi 
des  Landes  genannt  werden  kann'. 

Kaiser  Leopold  übernahm  mit  seiner  gewohnten  Gflt 
die  gedachten  Suppliken  und  befahl  die  Begutachtung  der 
selben  derart  zu  beschleunigen,  dass  er  dieselben  noch  vd 
seiner  Rückkehr  nach  Wien  erledigen  könnte. 


—     67     — 

Die  Hofkanzlei  gab  dieselben  am  28.  Juli  an  die  geheimen 
Räthe,  diese  am  3.  August  an  die  i.  ö.  Regierung  und  Hof- 
kammer, diese  am  11.  August  an  den  Grazer  Magistrat  Dieser 
fertigte  sein  Gutachten  am  15.  September,  die  Regierung 
erledigte  es  am  2.  October.  Als  aber  Leopold  I.  in  beschleu- 
nigter Weise  am  18.  October  nach  Wien  abreiste,  lag  die 
Resolution  noch  nicht  zum  Abschlüsse  vor,  sondern  blieb  der 
geheimen  Stelle  zur  raschen  Erledigung  überlassen.  Diese 
ordnete  neue  Erhebungen  an,  bestellte  mit  kaiserlicher  Ge- 
nehmigung vom  4.  November  und  22.  December  1660  eine 
besondere  XJntersuchungs  -  Commission ,  deren  schliesslicher 
Bericht  am  17.  April  1663  an  den  Kaiser  ging  und  am 
17.  Jänner  1665  von  den  geheimen  Räthen  durch  eine  kaiser- 
liche Hauptresolution  zum  Theile  erledigt,  zum  Theil  einer 
weiteren  Untersuchung  und  Behandlung  überwiesen  wurde. 

1674  wurde  wieder  ein  Theil  der  Beschwerdepunkte 
erledigt,  allein  da  die  bisherigen  Verordnungen  wenig  Gehorsam 
und  mancherlei  Gegenvorstellungen  gefunden  hatten,  1700, 
1706  neue  Beschwerden  vorgebracht  wurden,  so  beschäftigten 
sich  1711,  1719,  1722,  1723,  1728  Commissionen  mit  neuen 
Erhebungen,  die  endlich  1733  zu  einer  Hauptresolution  Kaiser 
Karl  VI.,  bestehend  in  60  Punkten,  führte.  Weil  aber  Alles 
beim  Alten  blieb,  so  erneuerten  sich  die  Commissionen  in 
Wirthschaftssachen  1740,  1746  u.  f.  f.  und  fanden  ein  eigent- 
liches Ende  erst  da,  als  Kaiser  Josef  IT.  1783  eine  neue 
Organisation  der  Magistrate  und  ein  strammeres  Regiment 
einführte. 

Zu  unseren  Bürgerbeschwerden  zurückkehrendi  müssen 
wir  zunächst  das  Gutachten  in  Beachtung  nehmen,  welches  der 
Magistrat  darüber  abgab. 

llit  Ausnahme  der  Sache,  die  Winkelwirthe  betreffend, 
die  er  auch  mit  allem  Eifer  zur  seinigen  machte,  verhielt  sich 
derselbe  gegen  alle  Punkte  ablehnend  und  erklärte  sogar 
bezüglich  der  Limitirung  der  Weinsteuer,  der  Aufhebung  der 
Waarensteuer  (des  sogenannten  „Ansagegeldes^'),  der  Steuer- 
erhöhung bei  überbauten  Häuseiii  und  endlich  der  Abweisung 

6* 


—     68     — 

nicht  ansässiger  Bürger  ,fovire  die  BOrgerschaft  das  grösste 
Unrecht  in  der  Welt  und  handle  in  his  punctis  immediate 
wider  ihren  geleisteten  Bürgereid,  der  gemeinen  Stadt  Frei- 
heiten zu  schätzen  und  zu  handhaben,  den  Nutz^i  und 
Fronunen  zu  befördern,  Schaden  und  Nachtheil  aber  abzu- 
wenden." 

Am  meisten  empört  zeigte  sich  der  Magistrat  gegen  den 

„Hauptaufwiegler  der  Borger,  Hans  Fritz,  bOrgerL  Schneider 
und  Hasenwirth  in  der  Schmiedgasse  ^),  und  seine  3  oder 
4  Socii,  seu  potuis  complices  dieses  Au&tandes  contra  Magi- 
Stratum.  Es  wttrde  ihm  (dem  Schneider)  besser  anstehen,  er 
würde  bei  seiner  Scheere  verbleiben,  der  cauponiae  abwarte 
und  seine  Gäste  um  ihr  baares  Geld  besser  tractiren,  damit 
sie  nicht  Ursache  hätten,  wegen  der  schlechten  Tractation 
andere  Wirthshäuser  zu  suchen. '^ 

Aus  den  Einzelheiten  der  magistratlichen  Schrift  nimmt 
vor  Anderem  das  leidige  Verhältniss  der  Winkelwirthe  unsere 
Aufinerksamkeit  in  Anspruch,  da  wir  hierin  ein  ganz  absonder- 
liches Stück  socialer  Uebelstände  im  städtischen  Weichbilde 
enthüllt  finden. 

Es  wird  ganz  erklärlich,  dass  dem  Magistrate  an  der 
Abschaffung  „der  unbürgerlichen,  sich  in  und  ausser  der 
Stadt  in  anderer  Grundobrigkeiten  dienstbaren  Häusern  auf- 
haltenden Winkelwirthe  und  Gastgeber''  sehr  viel  gelegen  sein 
musste.  „Es  ist  ein  für  allemal  richtig  und  wahr*,  berichte 
der  Magistrat,  „dass  diese  Gott  und  der  Welt  und  vornehmlich 
der  Bürgerschaft  schädlichen  Leute  den  Bürgern  einen  grossen 
Eintrag  thun,  dem  Tazherm  (der  Landschaft)  seine  Gebühr 
verschwärzen,  die  arme  Bauerschaft  und  den  gemeinen  Mann 


•)  Der  erwähnte  Hans  F  rit  z  ist  derselbe,  welcher  1666  das  Kirchlein 
zu  Maria  Grttn  gründete  und  erbaute  und  der  sich  noch  bei  Leb- 
zeiten im  hiesigen  Franziskanerkloster  ein  Grabmal  herrichten  Hess, 
das  die  von  ihm  selbst  rerfasste  Grabschrift  erhielt: 

Steht  auf  ihr  Todten,  kommt  Tor  Gericht, 

Denn  Gott  alles  Gute  und  Böse  sieht. 

Empfange  jeder  seinen  Lohn 

Umb  dasi  was  er  auf  Erd'n  gethan. 


—     69     — 

betrügen  und  quod  pessimum  est  et  summe  dolendum  wegen 
ihres  Gewinnes  aUerlei  lasterhaftes  Gesinde  aufhalten  und 
mit  einem  Worte  zu  allen  Uebehi  und  Lastern  Anlass  geben, 
wie  wir  es  täglich  erfahren  müssen.  Ja  sie  frageten  nichts 
darnach,  obgleich  wissentliche  Landesverräther  bei  ihnen  ein- 
kehren würden  und  wann  man  ihnen  Geld  verhiesse,  würden 
sie  selbst  Yerräther  abgeben.  Was  diese  Leute  tempore  in- 
fectionis  Uebles  verursachen,  hat  die  hochlöbliche  Regierung 
und  Hofkammer  ohne  unser  gehorsames  Erinnern  mit  Betrübniss 
zum  öfteren  Malen  erfahren.  ** 

„Es  ist  sich  zu  erbarmen,  dass  sich  bei  der  Stadt  Graz 
dergleichen  Leute  dürfen  aufhalten,  welche  anderwärts  nicht 
wurden  passirt  und  dass  ein  jeder  Herr  und  Landmann  (Land- 
stand) in  dessen  Gebiet,  alle  anderen  Städte  und  Märkte  in 
ihrem  Burgfried,  ja  ein  jedes  Dorf  pro  suo  libitu  disponiren 
kann  und  dabei  geschützt  wird,  und  hingegen  die  Hauptstadt 
Graz  zuwider  ihren  habenden  Privilegien  durch  die  Finger 
zuschauen  muss,  dass  ein  jeder  aus  dem  zehnten  Lande  her- 
gelaufene Mensch  oder  sonsten  ein  Hauspfleger  in  einem 
Freihause,  oder  einer  anderen  Grundobrigkeit  dienstbaren 
Behausung  sitzt,  Leutgebt  (Wein  ausschenkt)  und  Kostgänger 
hält,  und  diejenigen  Mittel,  damit  sich  ein  Bürger  erhalten 
könnte,  an  sich  zieht,  hingegen  aber  keiner  Contribution  unter- 
worfen sein  will,  welches  ja  wider  die  Vernunft  und  omnem 
politicum  statum  militirt,  und  danenhero  ex  dictis  rationibus, 
motivis  et  fandamentis  ganz  biUig  und  recht  abzustellen  ist.^ 

Der  Magistrat  bittet  daher  um  die  Aufhebung  dieser 
Wirthschaften  und  um  die  Erlaubniss,  „den  Wein,  den  sie  zu 
dieser  Wirthschaft  erkaufen  und  in  den  Burgfried  der  Stadt 
bringen,  wo  nicht  unter  dem  „Dachtrapf^  (Dachtraufe),  so 
doch  wenigstens  im  Burgfrieden  hinwegzunehmen  und  zu 
coii£sciren,  dann  es  ist  sonsten  kein  modus  diesen  bösen 
Leuten  das  Weinschenken  zu  verbieten.'^ 

In  Betreff  der  30  kr.  Steuer  für  einen  in  die  Stadt 
gebrachten  Startin  Wein  legte  der  Magistrat  unbezweifelhaft 
dar,  dass  dieselben  seit  1611  (also  vor  der  Grazbach- Ableitung, 


—     70     — 

die  1618  geschehen  neiii  soll)  emgehoben  upd  uoweig^Gh 
bezahlt  wurden. 

Diese  Steuer  betrug  1560  bis  1562  45  kr.,  1563  und 
1564  35  kr.,  1572  bis  1574  25  kr.,  1575  bis  1579  24  kr., 
1581  bis  1582  25  kr.,  1583  und  1584  22  V^  kr.,  1585  und 
1586  26  kr.  und  1587  bis  1610  20  kr. 

Somit  war  die  sich  beschwerende  Bürgerschaft  übel  infor- 
mirt  und  könne  das  seit  50  Jahren  geübte  Recht  nicht 
bestreiten. 

üeber  die  Forderung,  dass  das  sogenannte  „Ansagegeld"' 
d.  i.  die  Besteuerung  der  zum  Gewerbsbetrieb  erforderiichen 
Producte  aufgehoben  werde,  äusserte  sich  der  Magistrat: 
„Dass  der  Bäcker  vom  Getreide,  der  Schuster,  Sattler  und 
Riemer  vom  Leder,  der  Schmied  und  Schlosser  vom  Eisen, 
der  Wirth  vom  Hafer,  der  Kerzenmacher  vom  Wachs,  die 
Händler  vom  Honig,  Weinstein,  Salz  u.  s.  w.  der  Stadt  Steuer 
zahlen,  beruht  auf  altem  Privilegium.^  Uebrigens  ad  das  „eine 
so  vermessene  Rede  und  Petitio,  welche  gestrax  ohne  alle 
Barmherzigkeit  auf  das  schärpfiste  soUte  abgestrafft  werden. 
Und  zwar  warum?  Weil  es  so  in  ganz  Deutschland,  in  allen 
Erbländem,  in  allen  Städten  und  Märkten  von  Steiermark 
practidrt  wird.  Würde  so  etwas  dort  lautmärig,  was  hätte 
man  nicht  für  Ungelegenheiten,  Klag^  und  vielleicht  noch 
anderes  Uebel  zu  erwarten.^  Die  Stadt  könnte  mit  ihren 
Steuerbüchern  vom  Jahre  1560  bis  auf  1660  erweis«,  dass 
dieses  Ansagegeld  ohne  irgend  eine  Beschwerde  in  Schwung 
gewesen  sei.  Und  es  müsse  dabei  verbleiben. 

Die  Stadt  könnte  überhaupt  keines  ihrer  Steu^mittel 
und  „Intraden*'  entbehren,  da  die  Contribution  ohnehin  nicht 
der  thatsächUchen  Ausgabe  entspräche,  das  «Waehtgeld*"  *) 
nicht  für  die  „Stadtguardi**  erklecke  und  vom  Mauthehikommen 
wohl  ein  grosses  Geschrei  gemacht  werde,  aber  irriger  Weise, 
weil  was  heute  einkönmit,  morgen  auf  Wasser-,  Brücken-  und 


')  Das  V\rachtgeld  (fraher  Wacht-  und  Scartgeld  geheissen)  war  eine 
Ablösung  fbr  den  Wacht-  und  Patrouillen -Dienst,  den  die  Bürger 
in  alt^  Zeiten  selbst  leisten  mnssten. 


—     71     — 

Stadt-Bauten,  auf  Besserung  der  Basteien  und  Mauern  weg- 
gehe. Die  Erhaltung  des  gemeinen  Wesens  koste  j&hrlich 
etliche  1000  Gulden.  Womit  könnte  man  Proviant,  Munition, 
S&uberung  des  grossen  und  kleinen  Geschützes  bestreiten, 
wenn  man  keine  „media **  hatte  ?  Wo  blieben  die  Besoldungen, 
Becompensen  und  hundert  andere  gleichsam  stündliche  Aus- 
gaben? u.  s.  w. 

„Wenn  das  Einkommen  verkürzt  werde,  so  würde  die 
Stadt  das  erste  Jahr  labefactiren,  das  andere  Jahr  aber  darauf 
um  Trauen  und  Glauben  kommen  und  in  gänzliches  Verderben 
gerathen  müssen.  Der  Magistrat  weiss  es  am  besten,  wie 
schwer  es  zu  hausen  sei.^ 

Eben  deshalb  könnte  auch  nicht  auf  die  nach  dem  Werthe 
der  Häuser  modificirte  Steuer  bei  einem  Verkaufe  verzichtet 
werden,  da  dies  ^eine  hundertjährige  in  viridi  observantia  et 
usque  in  hodiemum  diem  practicirter  Modus  und  Freiheit  ist** 

In  Bezug  auf  das  „letzte  Petitum,  dass  Niemand  zum 
Bürger  aufgenommen  werde,  er  habe  denn  sich  angekauft 
oder  100  Thaler  depositirt",  erklärt  der  Magistrat,  „non  est 
opere  pretium  zu  antworten,  denn  wir  müssten  diesen  tnodum 
nur  bei  denen  Supplikanten  anfangen,  deren  der  Fünfzigste 
nicht  behaust  ist  und  gleichwohl  viele  Jahre  lang  alda  haust, 
und  viele  deren  ihre  Steuern  nicht  bezahlen.'' 

Wie  schon  oben  angedeutet  wurde,  konnte  und  wollte 
der  Kaiser,  oder  vielmehr  die  oberste  Stelle  (die  geheimen 
Räthe)  in  einer  so  weitläufigen  und  wichtigen  Sache  nicht 
ohne  eingehende  Untersuchung  entscheiden,  sondern  fand  es 
räthlich,  eine  besondere  Commission,  bestehend  aus  dem  Vice- 
Statthalter  Johann  Maxm.  Grafen  von  Herberstein  und 
dem  L  ö.  Hofkammerrathe  Wolf  Andr.  von  Ealtenhaussen, 
za  bestellen,  welche  die  Frage  der  Regierung  und  Hofkammer 
zarecht  legen  sollte. 

Gleichzeitig  wurde  auch  angeordnet,  dass  die  Bürgerschaft 
vier  Vertrauensmänner  (einen  aus  jedem  Stadtviertel)  wählen 
sollte,  welche  einen  bürgerlichen  Ausschuss  bilden  und  zunächst 
in   die  Wirthschaftsverwaltung  des  Magistrates  von  1653  bis 


—     72     — 

1660  genaue  Einsicht  za  nehmen  und  der  Regierung  hierQber 
Bericht  zu  erstatten  hätte.  ^) 

Das  war  unzweifelhaft  eine  werthvolle  Errangeoschait 
der  Bürger,  zumal  da  in  Aussicht  gestellt  worden  war,  einem 
j&hrlich  zu  wählenden  Ausschusse  fortan  das  Recht  zu  geben, 
von  der  wirthschafüichen  Gebahrung  des  Magistrates  Kenntniss 
zu  nehmen. 

Die  gewählten  Vertrauensmänner,  der  schon  erwäJinte 
Bürger  Hans  Fritz,  dann  der  Gastgeb  Ludwig  Heipl,  der 
Wachskerzler  Michael  Lueff  und  der  Bürger  Gbns  Jörg 
Pf  äff  unterzogen  sich  ihrer  gewiss  schwierigen  Aufgabe  mit 
allem  Eifer. 

Die  von  ihnen  gemachten  Bemänglungen  der  städtischen 
Rechnungen,  die  hierüber  vom  Magistrate  gegebenen  Auf- 
klärungen, die  von  der  oben  genannten  Wirthschafts-Com- 
mission  angestellte  Ueberprüfung  nebst  Gutachten  gaben  der 
Regierung  eine  ausreichende  Grundlage,  unterm  1 7.  April  1 663 
vor  den  Kaiser  mit  Bericht  und  Vorschlägen  zu  kommen. 

Aus  dessen  Resolution  vom  6.  December  1664  und 
21.  Februar  1665  lässt  sich  der  ganze  Stand  der  städtischen 
Wirthschaft  und  was  für  die  Zukunft  diessbezüglich  verordnet 
wurde,  entnehmen  und  auf  Grundlage  dieser  Ekborate  und 
Anordnungen  soll  hier  ein  getreues  Bild  des  „Grazerischen 
Wirthschafts Wesens  **  gezeichnet  werden. 

Es  ist  jedoch  im  Vorhinein  zu  bemerken,  dass  im  Ver- 
laufe dieser  Untersuchungs-  und  Berathungsperiode  noch 
andere  Fragen,  die  von  der  Bürgerschaft  ursprünglich  nicht 
in  Anregung  gekommen  waren,  zur  Besprechung  und  Er- 
wägung kamen,  daher  die  schliessliche  Erledigung  über  Aen 
Rahmen  der  ursprünglichen  Beschwerdepunkte  weit  hinausgeht 

Die  vom  Ausschusse  der  Bürgerschaft  gemachte  Bemäng- 
lung der  Stadtkammer-,  Bau-  und  Spitalmeister-Rechnungen 


s)  1667  waren  im  Bürger- AusBchuss  Ladw.  Heipl,  Wirth,  Job.  G.  Pfaff, 
Glaser,  Christof  ReiDgrueber,  Lederer  und  Job.  Mangolt,  Bader. 
Diese  waren  in  Sacben  des  Gemeindewesens  ebenso  tbätig  und 
energisch,  wie  seinerzeit  der  Ausschuss  1660  und  1661. 


—     78     — 

vom  Jahre  1653  bis  1660  umfasste  zwölf  Hauptpunkte.  Wir 
lassen  jedem  Punkte  wenn  nöthig,  die  magistratliche  Ein- 
sprache und  die  Regierungserledigung  unmittelbar  folgen,  um 
weitläufige  Wiederholungen  zu  vermeiden  und  die  zweckdien- 
liche Uebersicht  und  Beurtheilung  der  Sachlage  zu  fördern. 

Es  fand  sich 

1.  dass  bei  der  städtischen  Kammer  niemals  ein  ordent- 
liches „Ausstandsbuch''  errichtet  gewesen  war,  so  dass  nicht 
ersichtlich  wurde,  wie  viel  von  einem  Jahr  auf  das  andere  an 
SteuerrQckständen  verblieben  war,  und  die  Eintreibung  bei 
den  Schuldnern  schon  aus  dieser  ämtlichen  Ungenauheit 
Schwierigkeiten  verursachte. 

Der  Ober  -  Stadtkämmerer  entschuldigte  sich,  er  habe 
niemalen  eine  schriftliche  Amtsinstruction  erhalten,  sondern 
nach  der  mttndlich  überlieferten  Observanz  und  Praxis  die 
Steuerzahlungen  in  dem  Steuer-Buche  bemerkt,  die  Beträge 
den  Bürgern  quittirt  und  den  etwaigen  Rückstand  am  Rande 
des  Buches  notirt.  Dasselbe  stünde  jederzeit  der  C!ommission 
zur  Ansicht  bereit 

Die  Gommissäre  berichteten,  „wiewohl  diese  Observanz 
jederzeit  ungefährlich  ohne  Verdacht  des  Ober-Kämmerers 
tamquam  boni  viri  im  Schwung  gewesen  sei,''  so  empfehle 
es  sich  doch  für  die  Zukunft,  ordentliche  Rechnungsbücher 
einzuführen  und  nebst  dem  Protokolle  über  die  Empfänge 
ein  besonderes  Register  über  die  Ausstände  zu  führen  u.  s.  w. 
und  Anstalt  zu  treffen,  dass  die  Ausstände  zur  rechten  Zeit 
hereingebracht  würden. 

Durch  die  Saumseligkeit  des  Magistrates  war  die  Summe 
der  SteueiTückstände  bedeutend  angewachsen,  da  aber  die 
Abfuhr  der  Steuer  an  die  Landschaft  zu  den  bestimmten 
Terminen  im  vollen  vorgeschriebenen  Betrage  geschehen 
musste,"*)  so  war  die  Stadt  genöthigt,  den  nicht  eingeflossenen 


^  Darch  Patent  vom  10.  Juli  1632  wurde  zur  Tilgung  der  „Schulden 
des  Kaisers"  (so  nannte  man  damals  die  Schulden  des  kais.  Aerars, 
z.  B.  ftkr  Kriegszwecke)  eine  nextraordinari  Gontribution*  unter 
dem  Titel  „Zinsgulden**    auferlegt,  wobei   die  Stadt  Graz  der  j&hr- 


—     T4     — 

Betrag  Büt  anderem  Oelde  zu  ersetzen  und  geriefh  hiedurch 
in  grosse  Schulden,  ohne  in  die  Lage  zu  kommen»  sich  bei 
den  Steuerschuldnern  Ersatz  zu  suchen,  da  die  Einhebung 
der  Bfickstände  bei  denselben  durch  TodesftUe,  Abzug  aus 
der  Stadt,  Bankerotte  und  andere  Umstände  unmöglidi  ge- 
worden war. 

Die  kaiserliche  Resolution  vom  6.  December  1664  trag 
dem  Magistrate  die  Anlegung  und  die  Art  der  Einrichtung 
eines  Ausstandbuches  auf,  allein  merkwürdiger  Weise  war 
dieses  bis  1674  noch  nicht  geschehen,  und  1706  wieder  in 
unpassender  Form  geführt  vorgefunden;  auch  noch  1723  üanden 
sich  die  Bücher  nur  summarisch  geführt  und  1733  musste 
die  Regierung  energischer  darauf  dringen,  dass  ein  neues 
Steuerbuch  angelegt  werde,  in  welchem  Landesanlagen,  Zins- 
gulden, Leibsteuer  und  Wachtgeld  gesondert  und  so  auch 
die  bürgerlichen  Lasten,  welche  in  die  Stadtcassa  gehörten, 
gesondert  und  specificirt  eingeschrieben  wurden. 

Schon  1706  erklärte  die  Regierung,  das  „Aufliegen  der 
Gemeinde^   rühre  von  dieser  sträflichen  Nachlässigkeit  und 

liehe  Betrag  von  1200  fl.,  zuweilen  auch  das  Doppelte  traf.  Sonder- 
barer Weise  machte  der  Magistrat,  in  der  Meinung,  diese  Steuer 
dürfte  nicht  lange  andauern,  keine  Umlage  auf  die  Bürger,  sondern 
zahlte  dieselbe  bis  zum  Jahre  1649  Jahr  (tr  Jahr  aus  der  Stadt- 
casse.  Bis  dahin  hatte  sich  diese  Ausgabe  für  den  Zinsgulden  auf 
19.260  fl.  summirt.  Erst  jetzt  (nach  16  Jahren)  besann  sich  der 
Magistrat,  dass  es  denn  doch  nicht  gehe,  diese  Steuer  aus  anderen 
Mitteln  zu  bestreiten.  Nun  wurde  sie  freilich  den  behausten  Bürgern 
zur  Haussteuer  geschlagen,  den  übrigen  Bürgern  in  besonderer 
Weise  repartirt,  allein  doch  schon  zu  spät,  da  bereits  schirerf 
Schulden  zu  machen  nothwendig  geworden  war.  Dazu  kam  1S4^ 
und  1649  die  Bequartirung  von  drei  Begimentsstäben  (der  Generali" 
Johann  de  Werth,  Tilly  und  Pappenheim)  welche  40.000  fl.  kostete 
Von  1650  an  betrug  der  einfache  Zinsgulden  für  die  Stadt  154S  Am 
doch  wiu*de  in  einigen  Jahren  drei-  oder  vierfach  abgefordert, 
während  you  der  Bürgerschaft  mit  Mühe  nur  1100  fl.  eingebracht 
werden  konnten.  Daher  masste  der  städtische  Seckel  jährlich  Za- 
schüsse  machen  und  nahm  zu  diesem  Zwecke  Capitalien  auf,  wo 
man  selbe  eben  fand.  So  entstand  der  Ruin  der  städtischen 
Wirthscbaft 


-     76     - 

schlechten  Buchhaltung,  von  der  „alleugrossen  ConniTOiz  und 
dabei  unterlaufenen  verschiedenen  Privatabsehen  des  Magi-. 
strates,  zuvorderist  dessen  Vorfahren'  (1653—1660)  her. 

Im  2.  Puncte  beanständete  der  Ausschust,  dass  der 
j&hrliche  Beitrag  der  Stadt  Pettau  zur  leichteren  Erhaltung 
der  Stadtwache  i^')  (aus  50  Mann  bestehend)  in  Graz  im 
Betrage  von  500  fl.  (seit  1653}  nicht  in  Empfang  gestellt 
worden  war. 

Dieser  Concurrenz  -  Beitrag  wurde  eigentlich  (zufolge 
Resolution  vom  23.  October  1633)  vom  Kaiser  aus  den  Ein- 
künften der  Hofkammer  gegeben  und  war  die  Stadt  Graz  nur 
angewiesen,  denselben  aus  der  Urbarsteuer  der  Eammerstadt 
Pettau  (im  Betrage  von  1700  fl.)  zu  beziehen. 

Diese  war  aber  im  Jahre  1660  bereits  seit  9  Jahren 
mit  dem  Beitrage  im  Ausstande  geblieben  und  schuldete  nun 
4500  fl.  In  dem  besagten  Jahre  schritt  Pettau  beim  Kaiser  um 
Nachlass  dieser  Schuld  ein,  allein  das  Gesuch  war  1667  noch 
nicht  erledigt  und  der  Ausstand  auf  7500  fl.  angewachsen. 
In  diesem  Jahre  liess  die  Stadt  Graz  von  dieser  Schuld  2500  fl. 
ein  und  wollte  sich  begnügen,  wenn  Pettau  nur  die  übrigen 
5000  fl.  zahlen  wollte  (Abrechnungs-Act  vom  18.  Juli  1667). 
Das  war  denn  freilich  auch  eine  bedenkliche  Verfügung  über 
städtische  Einnahmen,  welche  weder  die  Gemeinde,  noch  die 
Regierung  billigen  konnte. 

Uebrigens  blieb  die  Entscheidung  in  dieser  Sache  in 
suspenso  (21.  Februar  1665),  bis  hierüber  genauere  Infor- 
mation erlangt  wäre. 


^^)  Die  Verlegenheiten  bei  Bezahlung  der  Stadtquardia  dauerten  bis 
1702.  Durch  kais.  Resolution  vom  14.  Februar  1708  wurde  n&mlich 
eine  „Regierungs-Quardi'*  von  80  Mann  zu  Fuss  und  20  Mann  zu 
Pferd  organisirt,  wozu  jährlich  ans  den  extraordin&ren  Landes- 
anlagen 5000  fl.  bewilligt  wurden.  Diese  Mannschaft  wurde  der 
frnher  bestandenen  Stadtwache  von  50  Mann  „aggreglrt  und  ein 
Corpus  gemacht".  Der  Magistrat  sollte  sich  aber  mit  den  5000  fl. 
„begnügen  lassen"  und  damit  nicht  nur  diensttaugliche  Leute  an- 
werben, sondern  auch  mit  Montur  und  Waffen  und  die  Reiter  mit 
Pferden  i^ersehen  und  fort  und  fort  richtig  verpflegen,  (f) 


—     76     — 

Ferner  fand  der  Ausschuss  ungerechtfertigt, 

3.  dass  der  Stadtrichter  zu  Marktzeiten  das  Stadtgeld  von 
den  „Kirchtagshütten '^  (Marktbuden); 

4.  den  Ertrag  ^der  halben  Murthor-BrQckenmaoth^  (die 
zur  Marktzeit  im  doppelten  Betrage  zu  entrichten  war),  und 

5.  die  volle  Summe  der  einlaufenden  Strafgelder  bezog« 
während  demselben  nach  dem  Gebrauche  in  anderen  StAdteo 
nur  der  dritte  Theil  davon  gebühren  sollte. 

Der  Ausschuss  trug  darauf  an,  dass  diese  drei  j,  Regalien  "* 
der  Gemeinde  zu  ^^verraiten''  wären. 

Der  Stadtrichter  replicirte,  „er  habe  sonst  fbr  seine  viel- 
ftitigen  labores,  pericula  vitae  und  sonsten  zu  Markt-  and 
anderen  Zeiten  habenden  unglaublichen  Bemühungen  eine 
andere  Besoldung  nicht,  herentgegen  aber  die  Malefizpersonen 
jederzeit  ex  proprio  zu  alimentiren  und  justificiren  zu  lassen, 
welches  ihm  jährlich  viel  Mehreres  als  diese  Accidentien 
kosten  thäte."* 

^Es  wäre  auch  nicht  practicirlich ,  oder  rathsam  and 
ihre  Bestrafung  oder  Verbrechen  in  die  Rechnung  einzusetzen 
und  der  Gemeinde  offenbar  zu  machen,  alldieweilen  es  zu 
Zeiten  nicht  der  Mühe  werth  und  e  contrario  eine  weitläufige 
Raitung  und  Arbeit  auf  sich  tragen  würde.'' 

Es  wurde  auch  dargethan,  dass  bereits  1612  bei  einer 
Generalvisitation  der  Städte  und  Märkte  von  der  betreffenden 
Commission  der  Antrag  gestellt  worden  war,  die  vorbenannten 
Regalien  dem  Stadtrichter  abzunehmen,  allein  der  damals 
regierende  Landesfürst  Erzherzog  Ferdinand  hätte  seine  Zu- 
stimmung nicht  gegeben  und  so  sei  es  beim  alten  Gebraoche 
geblieben  und  könnte  auch  derzeit  so  belassen  werden. 

Bei  dieser  Frage  kamen  auch  die  Besoldung  und  die 
Accidentien  der  sämmüichen  Magistratspersonen  zur  Berathung 
(wovon  an  einer  anderen  Stelle  die  Rede  sein  wird),  und 
wurde  in  Betreff  derselben  vorläufig  bemerkt,  dass  man  es 
im  Allgemeinen  bei  der  bisherigen  Uebung  bewenden  lasse. 
Nur  sollte   das  „Netgahrsgeld",  welches  der  Magistrat  1652 


—     77     — 

aus  eigener  Autorität  von  1 8  fl.  auf  24  fl.  erhöht  hatte,  wieder 
auf  den  vorigen  Betrag  redudrt  werden.  Und  weil  sie  fast 
Al]e  ohnehin  Nebendienste  hätten,  so  wünscht  die  Commission, 
„man  möchte  ihnen  ernstlich  einbinden,  dass  sie  sich  fürdershin 
mit  diesem  Auswurf  beschlagen,  ihre  eigennützige  Steigerung 
der  Besoldung  unterlassen  und  zu  fernerem  Einsehen  keine 
Ursache  geben  sollen.  ** 

Dasselbe  Bewandtniss  sollte  es  haben 

6.  mit  der  „Eühtratte**  (Grasplatz  vor  dem  eisernen 
Thore  und  Neuthore,  jetzt  Jakominiplatz  uud  Radetzkystrasse). 
Der  Ertrag  der  Grasnutzung  fand  sich  in  den  Büchern  der 
Stadt  nicht  ausgewiesen,  „wiewohl  von  jedem  Hauptvieh,  es 
sei  einer  Bürger,  oder  nicht,  das  darauf  gehalten  wurde, 
jährlich  ein  bestimmter  Betrag  zu  bezahlen  war." 

Desgleichen  fehlte  7.  die  Angabe,  „was  das  Heu  im 
Stadtgraben  und  die  Ochsenhalt  vor  den  Fleischhackern  (vor 
dem  Neuthore)  ertrage,  was  doch  billiger  Weise  der  Gemeinde 
verrechnet  werden  sollte." 

Dieser  Ertrag  war  bisher  dem  Bürgermeister  als  ein 
Accessorium  seines  Amtes  gelassen  worden.  Die  Commissäre 
gaben  ihre  Meinung  dahin  ab,  man  sollte  „diese  Accidentien 
den  Rathsbefreundten  neben  ihrer  Besoldung  um  so  viel 
weniger  entziehen,  weil  man  künftig  lauter  in  studiis  versirte, 
prncticirte  und  gelehrte  Leute  und  Männer  in  den  Rath  zu 
nehmen  gedenke,  welche  sich  bei  entzogenen  und  geschmällerten 
Regalien  nicht  gebrauchen  lassen  würden,  massen  denn  ohne- 
diess  bishero,  ungehindert  solcher  zugelassenen  Unterhaltung 
fast  keiner  zu  bekommen  gewesen,  welcher  sich  hätte  ge- 
brauchen lassen  wollen.*" 

8.  Begehrte  der  Ausschuss,  dass  „die  Rosstauscher, 
Maller  und  Mehlbauem  in  das  gemeine  Mitleiden  gezogen 
und  die  Bürgerschaft  annehmen  sollten ;  indem  sich  dieselben 
bei  der  Stadt  mit  ihrem  Gewerbe  ernähren^  die  Müller  und 
Mehlbauer  an  den  Wochenmärkten  ihr  Mehl,  Gries  u.  a. 
Pfenweriher  verschleissen,  so  sei  es  billig,  dass  sie  auch  von 


—     78     — 

ihrem  Gewerbe   eine   gebohrliche  Anlage  reichen  und  dass 
dieselbe  dem  Gemeinwesen  verrechnet  werde.  ^  ^^) 

Magistrat  und  Regierung  fand  dies  empfehlenswerth,  in- 
soweit  es  den  «umliegenden  Herrschaften  nicht  prl^didrlich 
w»re.« 

9.  Wurde  bemängelt,  dass  ,,derBruckhfar8ch"  (die  Brücken* 
hirse),  eine  Abgabe,  welche  die  Bauern  am  Grazerfdd  der 
Stadtgemeinde  zu  leisten  hatten,  dem  Gemeinwesen  nicht  ver- 
rechnet wurde. 

Diese  Abgabe,  über  deren  Entstehen  und  Berechtigung 
übrigens  der  Magistrat  keine  Auskunft  zu  geben  im  Stande 
war,  betrug  im  Ganzen  ungefähr  «15  Grazer  Viertel  Korn  und 
und  81  Viertel  Hirse  **.  Dieses  Getreide  wurde  aiyahrlich  unter 
die  Rathsbürger  und  zum  Theil  auch  an  Magistratsbeamte 
▼ertheilt.  Mithin  kam  auf  eine  Person  nur  ein  kleines  Quantum. 
Die  Commission  schlug  vor,  dasselbe  als  ein  „altes  Accisum*" 
denselben  zu  belassen,  zumal  es  »so  schlecht  und  gering  sei, 
dass  es  nicht  der  Mühe  werth  ist,  diessfalls  eine  Neuerung  zu 
introduciren^. 

10.  Fehlte  in  dem  Empfangsausweise,  was  die  .Fratschler 
oder  FOrkäufler  contribuiren''. 

Nach  dem  Berichte  der  Commission  hatte  es  mit  diesen 
und  den  „Platzsitzern"  eine  solche  Beschaffenheit,  dass  man 
in  das  Verlangen  des  Ausschusses,  dieselben  ,in  das  st&dtische 
Mitleiden  einzubeziehen,  nicht  simpliciter  einwilligen  könnte, 
indem  die  Regierung  selbst  unterschiedliche  Patente  zum 
FQrkauf  ausgetheilt  und  unterschiedliche  Herren  und  Land- 
stände ihre  bestellten  Leute  auf  dem  Platze  sitzen  und  feil 
haben  lassen,  welche  der  Burgerschaft  nicht  unterworfen  seien. 


^)  hm  Jküira  1726  waren  diese  Kletnrerkäufer  zum  gröBsten  Theile 
«och  Yon  Abgshen  frei»  wodurch  die  stadtiacbe  Cassa  einen  merk- 
lichen Entgang  haben  rnnsste»  denn  man  s&hlte  80  Eoestauscher, 
58  Melbler,  88  Gärtner,  27  Hühnerfratocbler  (diese  zahlten  17S5 
zusammen  90  fl.  Steuer),  27  Obstfratschler,  7  Hnhnerfutter-Fratschler, 
9  B)*anntweihbrenner,  84  Tandler,  etliche  Stftrkmacher  und  Lonte 
„so  mavbfl  Gebäck  feilbaben-*. 


—     79     — 

Uebrigens  sei  der  Magistrat  derzeit  ohnehin  daran,  diese 
Leute  so  viel  sich  thun  lässt,  zu  Abreichung  <nnes  gewissen 
Quantums  anzuhalten*'.  Man  solle  es  also  unterdessen  beim 
alten  Gebrauche  lassen 

11.  gab  der  Ausschuss  an,  „dass  die  Ratbsfreunde  von 
ihren  Häusern  keine  Steuern,  noch  auch  ordinari  und  extra- 
ordinari  Anlagen  entrichten  thäten^S  indem  solche  nicht  in 
den  Empfang  gestellt  und  verrechnet  erschienen,  während 
dieselben  doch  schuldig  seien,  „gleichwie  andere  Mitbürger 
alle  Anlagen,  wie  die  auch  Namen  hätten^^,  abzurichten. 

,,Sintemalen  aber  der  Magistrat,  so  mündlich,  als  schrift- 
lich, vor  den  in  Sachen  verordneten  Commissären  syncirirt, 
das  sie  einige  Exemption  diesfalls  (ausser  der  Befreiung  vom 
Wachtgeld  und  dass  sie  1 2  Startin  Wein  unversteuert  in  die 
Stadt  führen  lassen  dürfen)  nicht  prätendirten,  hingegen  die 
Commissarien  in  den  Raittungen  befunden,  dass  sie  gleichwohl 
wenig  oder  gar  nichts  an  ihren  Steuern  bezahlt'^  so  sind  die- 
selben (wie  auch  die  Regierung)  der  Meinung,  dass  die  Baths- 
freunde  hiefür  nicht  allein  ihre  Steuern  entrichten,  sondern 
auch,  was  sie  hieran  bisher  ausständig  blieben,  nach  und  nach 
abzahlen  sollten; 

12.  endlich  will  der  Ausschuss  um  die  angelegten 
Capitalien,  durch  welche  etliche  ,,Herren-Häuser^^  von  den 
aligemeinen  bürgerlichen  Lasten  befreit  wurden,  Wissenschaft 
haben  und  ersehen,   wie  die  Interessen   verrechnet  würden. 

Hiezu  erklärte  sich  der  Magistrat  bereit  und  die  Re- 
gierung fand  die  Sache  hiedurch  geordnet. 

Nach  dieser  in  den  12  Hauptpuncten  dargelegten  Be- 
mänglung der  städtischen  Wirthschaft,  welche  „specifice  ftlr 
alle  Particular-Raittungen'^  Geltung  haben,  brachte  der  Aus- 
schuss seine  besonderen  Bemängelungen  einzelner  Posten  in 
den  Rechnungen  über  die  Ausgaben  Jahr  für  Jahr  zur 
Eenntniss  der  Regierung.  Bevor  wir  zu  einer  Berichter- 
stattung über  diesen  Act  gehen,  scheint  es  erspriesslich  zu 
sein,  eine  üebersicht  der  städtischen  Einnahmen  und  Ausgaben, 
insoweit  sie  uns   vom  Jahre  1653  bis   1660  vorliegen,    vor 


—     80     - 


Augen  zu  legen.  Es  betrug  in  Beichswfthrung  (1  fl«  =  60  kr.; 


1  kr. 


1653  — 

1654  —  18.861 

1655  —  19.821 

1656  —  28.461 

1657  —  62.043 

1658  —  35.164 

1659  —  33.879 

1660  -  33.303 


4  ^). 

der  Empfang 

24.085  fl.  1  ^  27      ^ 


die  Ausgabe 


n 


n 


it 


n 


11 


3 
2 
5 

7 
5 
1 

4 


11 


11 


11 


11 


20  V. 
28% 
26 
27 

I 
13 

9 


11 


11 


11 


11 


11 


24.893  fl. 

18.673 

21.040 

28.731 

66.700 

34.429 

34.919 

32.702 


1   ß 


11 


11 


11 


11 


W 


n 


7 
2 
7 
2 
3 


w 


11 


18 
6 

19 
11 
21 
20 
26 
10 


.V 


»» 


H 


Berechnet  man  hievon  den  achtjährigen  Durchschnitt«  so 
stellt  sich  der  jährliche  Empfang  auf  31.856  fl.,  die  Ausgabe 
auf  32.761  fl.  und  es  ergab  sich  ein  jährliches  Deficit  von 
905  fl.  Des  Vergleiches  halber  möge  auch  der  8jährige  Durch- 
schnitt von  1703  bis  1711  hier  bemerkt  werden,  wo  der 
jährliche  Empfang  28.420  fl.,  die  Ausgabe  29.275  fl.  und  das 
Deficit  855  fl.  beträgt. 

Man  sieht,  der  Unterschied  ist  fbr  beide  Jahresreihen 
nicht  so  gross,  dass  man  nicht  aus  den  Zahlen  der  letzteren 
auf  die  ersteren  einen  Rückschluss  machen  könnte.  Somit  sind 
wir,  da  uns  eine  Specification  von  Einnahme  und  Ausgabe 
von  1653—1660  fehlt,  im  Stande  aus  der  vorliegenden  Spe* 
cificirung  vom  Jahre  1711  eine  nahezu  entsprechende  Einsicht 
von  dem  städtischen  Vermögenstande  zu  gewinnen. 

1711  betrugen 

A.  die  unveränderlichen  Einkaufte. 


1.  Haussteuer 

2.  Leibsteuer  und  Zinsgulden. 

3.  Interessen  von  Capitalien    . 

4.  Landschaft].  Sanitäts-Beihilfe 

5.  Unterthanen-Urbarzins    .    . 

6.  Unterthanen-Robotgeld   .    . 

7.  Unsteigerlicher  Grunddienst 


5722  fl. 

7 

2799  „ 

2 

2432  „ 

7 

160  „ 

13  „ 

6 

22  „ 

6 

103  .. 

3 

^ 


»1 


n 


11 


11 


Zusammen  .   12.237  fl.     1   ji    9  A 


—    81     — 

E  veränderliche  Einkünfte. 
(Der  Ansatz  nach  vierjährigem  Durchschnitte.) 

1.  Leibsteuer  und  Zinsgulden  von  un- 

behausten  Bürgern      725fl.    6(i 

2.  Wachtgeld  und  Zinsgulden  von  un^ 

behausten  Bürgern 491  „  5  „ 

3.  Wohnungs-  und  Gewölb-Bestand    .   1282  „  2  „ 

4.  Waaren-Einfuhr  der  Bürger   .    .    .   3739  „  —  „ 

5.  Gewerbe-  oder  Handwerkssteuer   .   1947  »  5  ;, 

6.  Handlungs-Ansage-Geld  (für  Kauf- 
mannswaaren) 1405  06» 

7.  Einfuhr-Steuer 4145  „  3  „ 

8.  Viehmauth 14  „  —  , 

9.  Niederlage  (Gebühr  fremder  Kauf- 
leute)     1264  „  1  „ 

10.  Wag-Geld 749  ^  3  „ 

1 1 .  Thorbüchse  (Brückenmauth,  Sperr- 
geld)       .....  387  «  3  „ 

12.  Bürger-Einstands-Taxe 184  ;,  ß  „ 

13.  Platzgeld  von  den  Fratschlem  .    .  64  „  —  „ 

14.  Zins  für  das  Viehhalten  auf  der 

Kühtratte 76   ^     6    „ 

15.  Zehnter Pfenning(Besitzwechseltaxe)     153   j,     b   „ 

16.  Extra  Einkommen  verschied.  Art  .       42    „     1    „ 

Zusammen  .   16183  fl.    2  |i   26  ^ 
HiezudieunveränderLEinkünftepr.  12237   „     1„     9^ 

Hauptsumme  .   28420  fl.    4  |i     5  ^. 

C.  Unveränderliche  Ausgaben. 

1.  Steuer  an  die  Landschaft  ....  9068  fl.  —  ß 

2.  Remanenzgeld  an  das  Yicedomamt     247    »     1    » 

3.  Magistratliche  Besoldungen^^)    .       4409   »     4   „ 


Fürtrag  .    13724  fl.     5  (l 

1*)  Die   Ausgaben    aaf  Besoldung   der  RathsbOrger  und  Magistrats- 
Bediensteten  stellen  sich  in  besonderer  Specific ation,  wie  folgt : 

HittheU.  dea  hUi.  Vereines  f.  Steiennark,  XXIX.  Heft,  1881.  6 


—    82     — 

Uebertrag  .    13724  fl.     5     ß 

4.  Besoldung  der  roagistratlichen  Be- 
diensteten    2027   „   —    ,. 

5.  Mahlzeit  für  die  Rathshenen  bei 
der  Votivprocession    nach    Maria 

Femitz 30    „  —    „ 

6.  Almosen  für  das  Franziskanerkloster       1 2    „  —    „ 

7.  Räucherung  des  Rathhauses  an  den 

drei  heiligen  Weihnachtsabenden  .         2    r  —    r 

8.  Zimmer-„Ausreiben"  derRathsstube 

und  Stadtkämmerei 3   „  —    ^ 

9.  Schreiben  und  Einbinden  der  Stadt- 
kämmerer-Rechnung         11 


yt  » 


Zusammen  .   15809  fl.  7  J!   22  A 
.    (Einschliesslich  der   nicht  ausge- 
setzten Pfenninge  in  den  Einzel- 
posten.) 


Besoldung  eines  jeden  Rathslierrn: 

Recompens fl.  150. 

Kirchtagsgeld  &  12  fl ^    24. 

Neujahrsgeld,  ein  sechsfacher  Ducaten »24. 

Befreiung  vom  Wachtgeld  (das  ist) ,      3. 

Befreiung  von  der  Weinsteuer  auf  12  Startin ^      6. 

der  „Bruckhirsch**  in  Geld  angeschlagen ,      5. 

für  Aufsicht  des  Bürgerspitales      „      3 

vom  Ertrage  des  slädt.  Eiskellers „      3. 

vom  Ertrage  des  städt.  Fischbehälters ^      3. 


Zusammen  .    .    .  fl.  221. 

Der  Bürgermeister    bezog    dazu    noch   Functionsge- 

bühr fl.  200. 

Grasnutzung  der  „KQhtratte**  in  Geld  angeschlagen  auf  .  „    50. 

Brennholzgeld •    .  „    12. 

allerlei  Accidentien ^  200. 

von  einem  neu  erwählten  Rathsherm  100  Spec.-Thaler     •  „  200. 

von  jedem  neu  aufgenommenen  Bürger  bei  der  Eides- 

ablegung ,     4. 


—     83    — 

D.  Veränderliche  Ausgaben. 

1.  Interessen  von  105.374  fl.Capitalien  5423  fl.  —  |i 

2.  Auf  das  Stadtgebäu  (Baulichkeiten)  1305  ^  —  ^ 

3.  Allerlei  kleine  Ausgaben    ....  4606  »  —  r 

4.  Baumateriale 1209  ;,  —  „ 

5.  Futter  für  die  vier  städtischen  Rosse  120  „  —  ;, 

6.  Vermögenssteuer 200  »  —  „ 

7.  Fürllekrutenstellung(30— 36Mann) 

und  für  Contigent-Mannschaft  .    .     600    „  —    » 

Zusammen  13465  fl.     6  ß  29  A. 
(Einschliesslich  der  bei  den  Ein- 
zelposten nicht  ausgesetzten  Pfen- 
ninge.) 
Hiezu  die  unveränderl.  Auslagen     15809  „     7  „  22  „ 

Hauptsumme  29275  fl.  6  ß    21  ^. 
Endlich  mag  hier  noch  übersichtlich  bemerkt  werden,  was 
der  Stadt  am  Einkommen  entging: 

Der  Stadtrichter  hatte  nebst  den  Gebühren  der  Raths- 

stelle  per fl.221.— 

das  Standgeld  von  den  Markthtttten,  ungefähr „150.— 

die  halbe  Einnahme  von  der  Brückenmauth,  ungefähr  .    .  „    20. — 
von  am  Magistrat  angelegten  Capital ien  Interessen-Gcnuss  „    15.— 

Inventurs-Taxen,  durchschnittlich „150.— 

das  „Schwertumgeld**  per „    40.— 

von  jedem  neu  aufgenommenen  BQrger  Taxe „      1.— - 

und  s&mmtliche  Gerichtsstrafgelder 

Zusammen.   .    .fl. 596.— 

Der   StadtBchreiber  hatte    nebst  den  Gebühren  der 

Rathsstelle  per fl.  221  — 

Amtsbesoldung „  200.— 

Holzgeld „    24.— 

Für  Haltung  eines  Schreibers •....„    32.— 

Sämmtliche  Kanzleitaxen,  durchschnittlich  im  Jahre  •   .    .  „  850.  — 

Inventurstaxen,  durchschnittlich  im  Jahre „150.— 

Recompens  von  den  „Städten  und  Märkten  gemeines  Mit- 

leidens** ^    76.— 

Zusammen  .    .  fl.  1052.— 
6* 


—     84     — 

1.  ,Buss  und  Wandel**,  d.  i.  der  Betrag  der  Geldstrafen 
für  Unzucht^  Frevel,  Muthwillen,  Antastung,  Gewichtsgebrechen 
u.  a.  m.,  wovon  sonst  gesetzlich  der  Stadtgemeinde  zwei 
Drittel  gebührten. 

2.  Das  Standgeld  von  Kleinhändlern  am  Platze. 

3.  Das  Standgeld  Dir  die  Kaufmannshütten  zur  Maitoeit 
(Egydi    und  Fastenmarkt). 

4.  Der  Ertrag  der  städtischen  Eisgrube,  des  städtischen 
„Fischkhalters**  (Fischbehftlters)  und  des  „Bruckhirsch*. 

5.  Der  Ertrag  der  doppelten  Mauth  zu  Marktzeiten. 

6.  Der  Antheil  an  den  Amtstaxen  für  Ausstellung  von 
,, Kundschaften**  (Zeugnissen)  und  der  „Fedi**  (Gesundheits- 
pässen zu  Pestzeiten). 

7.  Der  Antheil  an  dem  » Bürger- Anleitgelde**  (Einstands- 
gebühr der  von  auswärts  kommenden  und  sich  ansässig 
machenden  Bürger). 

Der  „Städte  und  Märkte  Mar  schall**  hatte  neben 
der  Rathsstelle fl.  185.- 

Der  Stadtkämmerer  nebst  der  Rathsstelle  eine  Be- 
soldung per „  120.— 

Fttr  Schreiben  und  Einbinden  der  Rechnung „    11.30 

Zur  Schadloshaltung  für  eingelaufenes  schlechtes  Geld  .   .  „     5.— 

Der  Unterkämmerer  nebst  der  Rathsstelle „   80.— 

Der  Baumeister  nebst  der  Rathsstelle  Extra-Deputat    .    .  „    60.— 
Jeder  „Pupillar-Commissär**  nebst  der  Rathsstelle  Extra- 
Deputat    y,    50.- 

8  Rathsdiener,  wöchentlich  ä  1  fl.  30  kr.    .  • „  234.— 

Holzgeld  ä  12  fl „    86.- 

Der  Stadttumer  wöchentlich  6  fl „  312.- 

Der  Turner  am  Schlossberg-Ührthurme  ein  Holzgeld  per   .  .    49.30 

Die  3  Stadt-Feuermfer  zusammen  jährlich 282.— 

Der  Markrichter  jährlich ,    48.- 

Der  Schrankenhater  in  der  Prankergasse  monatlich  4  fl.   „    48.— 
„  «  n     n    Schörgelgasse         „         *  »     ■    48.- 

„  „  beim  Lazareth  „         1  fl. 

30  kr.  und  Freiquartier „    18.— 

Der  Schrankenhater  am  Gries  monatl.  8  fl.  u.  Freiquartier  ,    48.— 
n               T)               in  der  Leonharderstrasse  monatlich 
2  fl.  und  Freiquartier „    24.— 


—     85     — 

8.  Die  Steuer  von  den  hofbefireiten  Handwerkern  und 
von  adeligen  Einwohnern,  die  bürgerliche  Gewerbe  betrieben. 

Da  es  denn  doch  etwas  zu  weitläufig  vorkommen  dürfte, 
wenn  aus  dem  vorliegenden  Actenstücke  sämmüiche  Bemäng* 
lungen  der  Ausgabeposten  von  1653—1660  sammt  den  bezüg- 
lichen Gutachten  und  Entschuldigungen  oder  Erklärungen  hier 
aufgeführt  würden,  halten  wir  es  für  angemessen,  von  dem 
chronologischen  und  systematischen  Gange  der  Berichterstattung 
sowohl  in  den  Artikeln  des  Büi*ger- Ausschusses  als  in  den 
Aufklärungen  des  Magistrates  und  in  dem  Gutachten  der 
Commissäre  abzuweichen,  einzelne  Daten,  die  zerstreut  vor- 
kommen, zusammenzufassen,  ändere,  als  unbedeutend  ganz 
wegzulassen  und  bei  einzelnen  Jahren  gerade  nur  das  Wich- 
tigste und  Interessanteste  herauszuheben. 


Der  Landaufseher  monatlich  2  fl • fl.  24. — 

4  Thorw&rter  beim  Morthore  nebst  Quartier  jährlich  .  .  „  80.— 
Der      „  „      eisernen    Thore   24   fl.   und   28   fl. 

Qnartiergeld „    52.— 

Der  Thorw&rter  beim  Sackthore  nebst  einer  Besoldung  von 

der  k.  k.  Hofkammer  und  Freiquartier  jährlich  .   .   .    .  „    12.— 

Der  Thorwärter  beim  Paulusthore  jährlich „    24.— 

6  „Spiess-Rathhäusler*'  (die  beim  Bürgermeister  und  Stadt- 
richter  aufwarten  und  fUr  aUe  pro  justitia  et  publico 

vorfallenden  Verrichtung  zu  dienen  hatten)  ä  monatl.  4  fl.  „  288. — 

Der  nPestmedicus"  als  Recompens n  100.— 

Der  „Magister  Sanitatis,  weil  er  die  Todten  zu  visitiren 

hat  und  in  casu  Pestis  immediate  ezpositus  est^  .  .  .  „  150.— 
Der  Gerichtsdiener  nebst  9  fl.  Holzgeld  72  fl.   50  kr. 

Besoldung »    81.50 

Der  Stadtmeister  nebst  12  fl.  Hobsgeld  26  fl.  Besoldung  .  .  „  38.— 
2  Aufseher  bei  der  Viehschlachtung  an  der  Brücke  ä  52  .  „  104.— 
Beim  Stadtbauamte  der  Stadtzimmermeister  wöchentlich 

Ifl.  SOkr n    78.- 

Beim  Stadtbauamte  der  Anrescher  wöchentlich  fl.  15kr.  .  „  65.— 
Beim  Stadtbauamte  der  Qassenräumer  wöchentlich  Ifl..   .  „    52.— 

„  „2  Stadtfuhrleute  wöchentlich  pr.  2  fl. 

15  kr.  =  4  fl.  80  kr «  233.— 

Beim  Stadtbauamte  „Schaittenklauber''  wöchentlich  1  fl.  .  „    &2.— 

„  „  2  Fuhrknechte  ä  2  fl „    50.— 


—     86     — 

1.  Die  Ausgaben  für  ßtadüscbe  Baolicbkeiten  von  1653 
bis  U)GO  betragen  zusammen  23.494  fl.  Von  diesen  ist  aber 
nur  ein  Betrag  von  11.020  fl.  mit  Rechnungen  und  Wochen- 
zetteln ordentlich  belegt,  auch  findet  sich  nicht  angegeben, 
wo,  zu  welchem  Zwecke  und  was  wöchentlich  gearbeitet  wonle. 
Auch  fehlt  die  Specification«  wo  das  Baumaterial  erkauft  und 
wo  oder  wie  es  verbraucht  worden  war.  Der  Ausschoss 
beanständete  daher  die  Rechnung  und  verlangte  bessere  Er- 
läuterung. 

Der  Stadtmagistrat  „demonstrirte,  es  wäre  eine  Unmög- 
lichkeit  alle  Schindel,  Nägel,  Laden,  Bäume,  Ziegel,  Staadach 
etc.  item  die  Tagwerker  in  speeie  bei  einem  so  grossen  bei 
gemeiner  Stadt  führenden  Hauptgebäu,  auch  hin  und  wieder 
bald  verfallenden  Ausbesserungen  specifice  zu  benennen, 
zumalen  man  die  Baumaterialien  auf  Vorrat  und  in  eventuni 
und  also  ehe  man  dieselben  in  der  Noth  bedürfte  erkaufen 
und  nothwendig  das  Vertrauen  in  den  Baumeister  (stets  einer 
aus  den  RathsbQrgern)  tamquam  praesumptive  bonum  virum 
setzen  müsse  ^. 

Die  Commissäre  finden  diesen  Punct  nicht  unerheblich, 
aber  wenn  man  auch  das  vollste  Vertrauen  auf  die  Redlichkeit 
des  Baumeisters  hätte,  so  sei  es  doch  wenigstens  für  die 
Zukunft  räthlich  und  in  der  Ordnung  zu  einer  genaueren 
Ausweisung  und  Rechnungscontrole  Anstalt  zu  treffen.  Daher 
sollte  auch  nach  dem  Antrage  des  Ausschusses  von  dem 
Magistrate  aus  drei  von  der  Gemeinde  vorgeschlagenen 
Personen  ein  »Anrescher"  oder  Unterbaumeister  gewälilt  werden 
und  auch  eine  ordentliche  Specificirung  von  allem  und  jedem, 
wenn  auch  nicht  Vis  auf  das  allerkleinste  gemacht  und  amtlich 
vorgelegt  werden. 

2.  Bei  dem  Ansätze  von  214  fl.  45  kr.  für  Hafer  für 
die  „2  Züge  Stadtrosse**  bemerkt  der  Ausschuss  (zu  1653) 
vor  Alters  hätte  man  nur  einen  Zug  gehalten,  und  es  wäre 
auch  gegangen,  es  sollte  daher  in  Zukunft  ebenso  gehalten 
werden. 


—     87     — 

Der  Magistrat  replicirte,  dass  dann  auf  die  j,  aufgedingten 
Fuhren''  mehr  Geld  aufginge,  als  die  Erhaltung  des  zweiten 
Zuges  koste. 

Die  Commissäre  stimmten  diesem  bei  und  empfahlen,  es 
bei  den  zwei  Zügen  zu  belassen,  aber  es  sollte  „  denen  von 
Graz  eingebunden  werden,  dass  sie  sich  der  gemeinen  Stadt- 
pferde in  usus  privates,  sonderlich  zu  solchen  Zeiten,  da  sie 
dem  gemeinen  Wesen  etwas  verabsäumen  würden,  keineswegs 
gebrauchen  sollten**. 

3.  Findet  es  der  Ausschuss  nicht  zu  billigen,  dass  jeder 
von  den  Rathsherren  nebst  einer  Jahres-Recompens  von  150  fl. 
ein  absonderliches  Kirchtagsgeld  von  24  fl.,  ein  Neujahrs- 
präsent pr.  18  fl.  und  ausserdem  andere  Kanzlei-Regalien 
geniesse.  Vor  18  Jahren,  also  bis  1642,  hätte  jeder  nur  50  fl. 
Kecompens  bezogen  und  in  solcher  Weise  sollte  es  in  Zukunft 
wieder  eingerichtet  werden. 

Es  wurde  diess  mit  der  Angabe  begründet,  dass  in  Linz, 
Klagenfurt,  Laibach  und  anderen  Städten  die  Rathsherren  keine 
Besoldung  bezögen  und  nur  »zu  Neujahr  mit  einem  geringen 
Präsent  sich  beschlagen  lassen  müssten".  Denen  von  Marburg 
hätte  die  Regierung  erst  vor  Kurzem  das  Ansuchen  um  eine 
jährliche  Besoldung  von  25  fl.  totaüter  abgeschlagen,  unge- 
achtet dort  die  Magistratsräthe  die  Steuern  und  Anlagen 
bezahlen  müssten. 

Der  Magistrat  remonstrirte  selbstverständlich  gegen  diesen 
Antrag,  die  Commissarien  und  die  Regierung  Hessen  diese 
Frage  ganz  und  gar  ausser  Acht  und  übergehen  dieselbe  in 
ihren  Berichten.  Aber  aus  der  Resolution  Karl  VL  vom  Jahre 
1733  ist  zu  ersehen,  dass  die  Rathsherren  ihre  Bezüge  und 
Regalien  bis  dorthin  ungeschmälert  behaupteten. 

4.  Die  Magistratsbeamten  nahmen,  ungeachtet  sie  ohnehin 
ergiebige  Besoldungen  erhielten,  für  das  Schreiben  ihrer  Amts- 
rechnungen besondere  Recompensen  in  Anspruch.  Auf  diesen 
Titel  erhielt  der  Mauthner  jährlich  50  fl.,  der  Registrator 
30  fl.  und  der  Stadtkämmerer  10  fl.  Da  aber  diese  Arbeiten 
zum  Dienst  gehörten  und  das  gemeine  Wesen  nicht  schuldig 


-     88     — 

wäre,  Extra-Belobnnngen  zu  geben,  worden  aHe  diese  Posten 
bemängelt  und   deren  Streicbung  fbr  die  Zukunft  beantragt 

Aber  die  Commissäre  nahmen  sich  hier  der  Beamten  an 
und  bilfigten  deren  Angabe,  dergleichen  Schreiberei  sei  eine 
„extraordinari  Arbeit»  zu  welcher  die  Nacht  dem  Tage  zu 
Hilfe  genommen  werden  mQsste.  Da  diese  empfangenen  Recom- 
pensen  fiberdiess  ein  bereits  gegessenes  Brot  sei,  so  möge  es 
de  praeterito  dabei  sein  Bewenden  haben,  inskünftig  aber 
sollte  es  in  Ansehung  der  schweren  Zeiten  entweder  abgestellt 
und  den  Stadtkämmerem,  so  derentwegen,  wie  aOe  Raitdiener 
ihre  Besoldung  haben,  aufgebQrdet,  oder  aber,  da  etwa  des 
alten  Gebrauches  eine  Consideration  genonunen  werden  sollte, 
auf  die  Hälfte  limitirt  werden  könnte.^ 

In  der  That  wurde  auch  diese  Recompens  dem  Manthner 
auf  30  fl^  dem  Registrator  auf  24  und  dem  Stadtkämmerer 
auf  6  fl.  herabgemindert 

5.  In  den  bezüglichen  8  Jahren  waren  der  Gemeinde 
906  fl.  für  Papier  ^^)  und  anderen  Kanzleibedarf  aufgerechnet 
worden,  darunter  75  Buch  gedruckter  „Fedi".  Da  diese 
Rechnungsposten  der  Stadtschreiber  zu  verantworten  hatte, 
der  nebst  einer  jährlichen  Besoldung  pr.  200  fl.  ausserdem 
die  Besoldung  als  Rathsberr  pr.  150  fl.  und  die  völligen 
Kanzleitaxen  genoss,  so  wurde  die  Extra -Verrechnung  von 
„Kanzleinothdurft**  beanständet  unter  Hinweisung  auf  die 
Thatsache,  dass  bei  der  Regierung  die  halben  Kanzleitaxen 
zur  BeschafiFung  des  Kanzleibedarfis,  bei  der  Landschranne, 
wo  der  Schrannenschreiber  keine  ordinäre  Besoldung  bezöge, 
dieser  von  den  Kanzleitaxen  zu  bestreiten  wäre  und  aus  diesen 
auch   noch   der  Gehalt   der  untergeordneten  Amtsschreiber. 


11)  Die  Berechnung  ergab  in  8  Jahren  Papierverbranch  768  fl.  Auf 
Grundlage  meines  Materiales  für  eine  Geschichte  der  Preise  machte 
ich  eine  Berechnung.  £in  Riss  Papier  kostete  1  fl.  20  kr.  (bis  2  fl. 
10  kr.),  somit  waren  578  Riss  erkauft  worden,  das  wnrde  jährlich 
72  und  monatlich  6  Riss  geben.  Rechnet  man  jährlich  nach  Abzug 
der  Sonn-  und  Feiertage  und  Gerichtsferien  300  Arbeitstage,  so 
würen  am  Magistrate  täglich  bei  40 — 50  Bogen  Terschrieben  worden. 


—    89    — 

Es  wurde  dem  Stadtschreiber  nachgerechnet,  dass  derselbe 
von  den  Taxen  für  Ausstellung  der  Fedi  (das  Exemplar  nur 
auf  15  kr.  berechnet)  1500  fl.  eingenommen  hätte.  (?)  Für 
das  „Rait-Commissariat''  erhielt  derselbe  50  fl.  Honorar  und 
endlich  auch  24  fl.  jährlich  auf  Brennholz. 

Da  aber  der  Stadtschreiber  ohnehin  gut  besoldet  sei^  so 
wurde  es  für  billig  gehalten,  ihm  die  genannten  „Zubussen'' 
und  die  halben  Kanzleitaxen  zu  streichen. 

Darauf  vermeldete  der  Stadtschreiber  in  seiner  Gegenrede : 

,,Von  solchem  Papier  etc.  wird  das  wenigste  in  die 
Stadtkanzlei  verbraucht^  sondern  davon  die  Steuer-Contribution 
und  andere  BQcher,  item  die  ProtocoUa,  Tagzettel,  Quittungen, 
Bescheinungen  und  dergleichen  gemacht,  davon  zu  schweigen, 
dass  bloss  zu  der  Bathsbefreundeten  Neujahr  12  Riss  Papier 
genommen  werden,  so  er  aus  eigenem  Säckl  zu  zahlen  nicht 
könne  adstringirt  werden  in  Ansehung  auch  die  Taxen  eine 
so  namhafte  Summe;  wie  vermeldet  werde,  nicht  eintragen.^ 

„So  sei  ihm  auch  der  Magistrat  in  Kraft  eines  Special- 
vertrages verschrieben,  die  Kanzlei  mit  allen  Nothdurften  ohne 
sein  Entgeld  zu  versehen.  Davon  könne  er  nicht  lassen.^ 

Die  Commission  und  die  Regierung  fand  sich  jedoch 
nicht  bewogen,  in  dieser  Sache  ganz  und  gar  für  den  Stadt- 
schreiber Partei  zu  nehmen.  Da  bei  aUen  Stellen,  wo  Secretäre 
die  Taxen  geniessen,  diesen  obliege,  für  die  Kanzleibedllrfhisse 
zu  sorgen,  so  sollte  diess  auch  bei  ihm  in  Uebung  kommen. 
„Es  sei  auch  unwidersprechlich,  dass  der  Stadtschreiber,  ob 
er  auch  nicht  alles,  was  in  der  Rechnung  einkomme  (z.  B. 
Steuerbuch  betreffend),  doch  gleichwohl  davon  einen  guten 
Theil  in  seinen  Expeditionibus ,  so  ihm  überflüssig  bezahlt 
werden,  verbrauche". 

„Sintemalen  er  aber  den  Kanzlei  Tax  gar  auf  ein  Geringes 
extendirt,  hingegen  die  Bürgerschaft  vielfältig  darüber  Be- 
schwerung thut,  als  ob  er  dieselbe  steigern  thäte,  und  aber 
kein  besseres  Mittel  auf  die  Fein  zu  kommen,  vermeinten  die 
Commissarii  nicht  abs  re  zu  sein,  wann  der  Stadtschreiber 
den  halben  Tax  für  sich  behielte,  den  anderen  halben  Theil 


-     90     - 

aber  der  Gmain  veraitten  solle,  und  zwar  darum ,  weil  ihm 
ohnehin  ausser  der  grossen  Besoldung,  so  er  von  sein^ 
Dienste  und  der  Rathsstelle  absonderlich  zu  geniessen  habe, 
auch  den  halben  Inventurs-Tax,  so  nit  wenig  austrage  emn- 
nehmen  habe." 

a Jedoch  sei  ihm  fürderhin  auch  die  Rathsstelle  neben 
dem  Stadtschreiberdienst  zu  belassen  ex  eo,  quod  sit  notoriuin. 
dass  bei  dem  Magistrat  und  Stadtgericht  gleichwohl  unter- 
schiedliche casus  vorfallen,  so  in  jure  tarn  civili,  quam  criminaG 
fundirt  sind,  allwo  der  Stadtschreiber  tamquam  praesumptive 
vir  doctus  et  Jurisperitus  infonnando  et  notando  das  Meiste 
thun  müsse.  In  Betrachtung,  der  Gemeinde  doch  wenig  ge- 
holfen sein  würde,  wann  man  ihm  die  Rathsstelle  benehmen 
und  einem  Anderen  ad  complendum  numerum  conferiren  sollte. 
wie  er  dann  gleichwohl  per  indirectum  mit  seinen  informationibus 
dasjenige  würde  können  zuwege  richten,  was  man  ihm  directe 
nicht  vergunnen,  oder  gestatten  wollte,  dahingegen  auf  den 
Fall,  dass  er  etwas  Unrechtes  begehen  würde,  man  ibm 
propter  sinistrum  votum  besser,  quam  propter  informationem 
sinistram  zukommen  könnte." 

6.  Unter  den  Ausgaben  für  die  Rathsherren  fand  sich 
verzeichnet  im  Jahre  1653  23  fl.  und  1654  9  fl.  45  kr.  far 
„Confecf*  ^»)i  1654  auch  7  fl.  30  kr.  für  mehrere  Flaschen 
wälschen  Weines,  1658  gar  30  fl.  für  Confect.  1658  hatten 
die  Rathsfreunde  zweimal  einen  Ausflug  auf  ^^Recreation^'  nach 
Toblbad  gemacht  und  das  eine  Mal  ^darauf  verzehrt  11  fl. 
32  V2  kr.,  das  andere  Mal  22  fl.  30  Vj  kr.*^  1657  wurden  für 
dieselben  ^12  Paar  seidene  Klagstrümpfe  (wahrscheinlich  bei 
Gelegenheit  der  feierlichen  Exequien  für  Kaiser  Ferdinand  III.J 
in  Rechnung  gebracht   und  desselben  Jahres  auch  30  fl.  für 


^*)  Das  gedachte  Confect  dürfte  unzweifelhaft  nicht  als  eine  mOssiKe 
Leckerei  der  Rathspersonen  in  die  Rechnung  gekommen  sein,  son- 
dern als  ein  Pestpräservativ,  wie  es  in  jener  Zeit  häufig  in  üebuni^ 
war.  In  den  AusgabebQchern  der  steierm.  Landschaft  vom  16.  Jahr- 
hunderte erscheinen  zu  wiederholten  Malen  im  Ansätze  .Scatl  con- 
fectionis  überantis  für  den  (bösen)  Luft  in  die  Rathsstobe*'. 


—     91     — 

2  Paar  neue  Pistolen  (ohne  Angabe,   für  wen  sie  bestimmt 
waren). 

Alle  diese  Posten  wurden  bemängelt,  da  man  solche  doch 
nicht  dem  Gemeinwesen  aufhalsen  könnte. 

7.  Die  an  mehr  oder  minder  hochgestellte  Uegierungs- 
beamte  oder  Advocaten  (etwa  20  Personen  sind  benannt)  im 
Laufe  von  8  Jahren  unter  dem  Titel  ;,Präsente  oder  Regalien*' 
eingestellten  Rechnungsbeträge  geben  eine  Gesammtsumme 
von  5000  fl.  Diese  Geschenke  erschienen  bald  als  eine  Gabe 
in  baarem  Geld,  bald  in  der  Form  einer  Nachsicht  der  pflicht- 
mässigen  Leistungen  an  Steuergeld,  bald  auch  als  Präsente 
von  Wildpret 

Derlei  Posten  sind: 

1654  Sr.  Excellenz  Herr  Jöchlinger  ein  Steuernach-  fl.    kr. 

lass  per 440  — 

Sr.  Excellenz  ein  Präsent  mit 341  — 

1658    „        „        eine  Verehrung  von 307  45 

Der  Ausschuss  bemerkt  bei  diesen,  wie  auch  andern 
Posten:  „Wofür?  Was  für  Dank  würdiges  hat  er  der 
Stedt  gedient ?<" 

1654  An  Valentin  Specht's  Tochter  Kirchtaggeld  .      11  — 
1654  Für  die  Frau  des  Christof  Thomani  Steuer- 

nachlass 43  — 

(„Ist  bemittelt  und  ohne  Erben"). 

1656  An  Herrn  Hans  MüUer's  (Rathsbürgers)  Hoch- 
zeitspräsent        18  — 

1656  Herrn   Hans    Heinrich   Hueber   v.   Huebegg 
(Rathsherrn)  Hochzeitspräsent 33  — 

1657  Herrn  v.  Webersperg  einen  Steuernachlass  .      72  — 

1658  Herrn  v.  Liechtenheimb  Steuernachlass  ...      74  — 
1658  Herrn  Grafen  v.  Tattenpach  für  das  Haus  in 

der  Hofgasse  Steuernachsicht 210  — 

1658  »Dem  Tertschen  wegen  der  Klingendrat'schen 

(Rathsbürger  selig)  Raittung  verehrt*'    ...      11  — 

(„Geht  das  Gemeinwesen  gar  nichts  an".) 

1658  Herrn  von  Domsperg  geschenkt 305  -^ 


6 

5>> 

15 

5 

56 

45 

22 

30 

.06 

Oii 

36 

30 

43 

e; 

—     92     — 

1658  Herrn  v.  Gabelhoven  die  Anlage  für  j,Soldaten-      A     ^^ 
Verpflegung*  nachgesehen 30  — 

(Hatte  eiB  Haus  in  der  Sporgasse.  Der  Ausschuss 
wundert  sich  Über  diese  Nachsicht,  da  die  BOi^er 
keine  solche  erhielten.) 

1658  Herrn  Dr.  Carl  Würzburger  (Advocat)  Haus- 

steuemachBicht 139  — 

1658  38  Schnepfen  den  Hof beamten  in  Wien  verehrt 
1660  86  Schnepfen  den  Hofbeamten  in  Wien  verehrt 

und  dem  Boten,  der  sie  getragen  hat    .    .    . 

1659  Dem  Herrn  Dr.  Leitner  Steuemachsicht    .    . 
1659  Dem  Hm .  Dr.  Tentius  die  Weinsteuer  geschenkt 
1659  Dem  Herrn  Valentin  v.  Webersperg  (Kanzler- 
amtsverwalter 1664)  geschenkt 106  871 

1659  Dem  Herrn  Dr.  Kheller  an  Steuern  nachgesehen 
1659  Dem  Herrn  v.  Liech tenhaimb  Hochzeits-Präsent 
1659  Dem  Herrn  Dr.  Fleischhacker  anWeinsteuer 

geschenkt ^   .      31  — 

1659  Den  MttUer'schen  Erben  an  Steuern,  Laden- 
zins und  Tag- Ausstand  zusammen  nachgesehen  1354  — 

(„Hatte  sollen  vor  allen  anderen  Creditoren  aus  dem 
Nachlasse  hereingebracht  werden.''  Der  Ausschuss 
protestirt  ein-  für  allemal  gegen  solche  grosse  und 
unbefugte  Geschenke,  „die  das  Gemeinwesen  in  den 
höchsten  Ruin  stecken.*'  Der  Magistrat  sollte  zum 
£rsatze  des  Nachtheiles  verhalten  werden.) 

1660  Den  Erben  nach  Bernhard  Nidenaus  (weiland 
Rathshem)  die  angewachsene  Erbsteuer  und 
den  10.  Pfennig  geschenkt,  zusammen  .    .    . 

1660  Dem  Herrn  von  Liechtenhaimb  Steuemachlass 
1660  Dem  Herrn  Wolf  Ignaz  von  Ehaltenhausen 

(Bruder  des  Vice-Statthalters)  Steuemachlass 
1660  Dem  Herrn  Dr.  Wundegger  die  Steuer  geschenkt 
1660  Dem  Peter  Morell  die  Weinsteuer  geschenkt 
1660  Dem   Herrn   Regieruugsrath   v.  Marcovitsch 

von  der  Morell'schen  Haussteuer  geschenkt .      48  ili 

1660  Dem  Herrn  v.  Sidenitsch  Präsent 150  — 

u.  a.  m. 


134 

— 

10 

21  i 

189 

30 

45 

— 

33 

45 

—     93     — 

Die  Commissäre  und  die  Regierung  äusserten  sich  über 
diese  Verschenkungen,  sie  seien  „einer  aus  den  fümehmsten 
Puncten,  dass  die  Stadt  in  so  grosse  Schuldenlast  einge- 
runnen". 

„In  der  That  sei  der  Magistrat  bisher  allzu  liberal  mit 
der  Cassa  umgegangen.  Dieweilen  aber  die  Meisten,  so  solche 
Liberalität  genossen,  bereits  abgestorben,  auch  sonsten  res 
nit  mehr  ihtegra  ist,^  so  liesse  sich  für  die  Vergangenheit 
^ohl  nichts  mehr  machen,  als  eben  durch  die  Finger  zu  sehen. 

„Es  sei  jedoch  dem  Magistrate  mit  allem  Ernste  und 
bei  Bedrohung  mehreren  Einsehens  einzubinden,  dass  derselbe 
fUrderhin  etwas  gesparsamer  mit  der  Cassa  umgehe,  massen 
dann  von  derlei  Verschankungen  fürohin  der  gemeine  Aus- 
schuss  Wissenschaft  haben  und  ohne  desselben  dergleichen 
nit  passirt  werden  solle ^. 

8.  Der  Rathsherr  Georg  Friedrich  Vögtlin  war  im  Jahre  1657 
vom  Magistrate  an  den  königlichen  Hof,  damals  zu  Prag, 
geschickt  worden,  um  in  wichtiger  städtischer  Angelegenheit 
(Cassirung  der  Hoffreiheiten)  thätig  zu  sein  und  hatte  fbr 
seine  Zehrung  und  Geschäfte  600  fl.  mitbekommen.  Der  Bürger- 
ausschuss  wollte,  bevor  er  diesen  Posten  gutheissen  könnte,  eine 
specificirte   Verrechnung   desselben   zur  Einsicht  bekommen. 

Diese  erfolgte  denn  auch  nachträglich,  wie  folgt: 

fl.    kr. 

Dem  obersten  Kanzler  verehrt 1 50  — 

Dem  Herrn  Sidenitsch  (Secretär  des  geheimen  Bathes) 

verehrt 150  — 

Herrn  von  Abele  (Regierungsrath?)  16  Kronen,  d.  i. .  29  20 
Den  zwei  Schreibern  des  Herrn  von  Sidenitsch  wegen 

zweier  „Befelch**  verehrt 11  — 

Dem  Schreiber  des  Herrn  Würzburger,  Namens  Paul .  3  — 
Dem  Kammerdiener  des  obersten  Kanzlers,  Namens 

Ferdinand 7  20 

Dem  Kanzleidiener 3  40 

Bei  der  königlichen  Audienz  »denen  Hartschiem,  Tra- 

bandten  und  Thürhütem'' 13  20 


^     94    — 

Den  Quardi-Soldaten  bei  der  königlichen  Residenz  am    fl-   ^■ 
Ilradschin 1  30 

Bei  der  erzfürstlichen  Durclilaucht  Audienz   gegeben 

in  allem 9  40 

Dem  Tagen  des  Fürsten  von  Auersperg 3  — 

Dem  Pagen  des  Herrn  Obrist-Hofmeisters 3  — 

Item  Reiseauslagen  hin  und   zurück  für  62  Posten 

ä  1  fl.  30  kr .   93  — 

Trinkgeld    auf  jeder   Post.  18  kr.   auch   zu   Zeiten 

mehrers 18  36 

Hin  und  her  auf  der  Reise  verzehrt 18  — 

Zu  Prag  gewes3n  fünf  Wochen,  jede  Woche  für 
Zimmer,  Licht,  Heizen  und  Bettgewand  sammt  der 
Kost  6  fl 30  - 

Dann  einem  „Kerl,   den  ich  zu  Prag  hin  und  wieder 

geschickt,  gegeben*' 3  40 

j,Item  bin  ich  unterwegs  und  auch  zu  Prag  übel  auf 
worden,  habe  unterschiedliche  Medicin  und  andere 
Sachen  gebraucht  aus  den  Apotheken"    ....     4  — 

i,Als  ich  von  Prag  hinweg,  in  meinem  Wirthshaus  Trink- 
geld gegeben" 1  30 

j,Dann  habe  ich  zu  unterschiedlichen  Malen  ein  und 
andern  guten  Freund,  welche  mir  in  meiner  ge- 
habten Commission  allen  guten  Beistand  geleistet, 
zu  Gast  gehalten* 9  — 

i^Dann  «uch  für  mich  absonderlich  extra,  dann  ich 
genugsam  habe  müssen  hin  und  wieder,  ja  zu 
Zeiten  zwei-  oder  dreimal  auf  das  königliche 
Schloss  (am  Hradschin)  hinauf  laufen,  und  der 
Wein  zu  Prag,  wie  wissentlich  (ich  aber  das  Bier- 
trinken im  Winter  nicht  gewohnt)  theuer  genug  ist     G  — 

;,Item  habe  ich  einem  ehrsamen  Magistrate  unter- 
schiedliche ihrer  königlichen  Majestät  damalen 
Bildnuss  in  Kupfer  gestochen,  mitgebracht,  dafür 
zahlt" 2  — 

Dann  für  ein  Windlicht  bezahlt 1  — 


—     95     — 

„Dann  auch  absonderlichen  für  Briefgeld,  dem  Barbier,  item 
dem  Bader  für  Köpfllassen  (Schröpfen),  für  Wäscherlohn, 
in  summa  wegen  allerhand  nothwendigen  Ausgaben,  welche 
alle  zu  specificiren  mir  unmöglich  und  man  wohl  weiss, 
dass  einem  auf  solchen  Orten  nicht  eine  Spen-Nadel  oder 
nar  einen  Tritt  umsonst  thut,  zumalen  ich  es  genugsam 
erfahren,  als  weiss  ich  deshalb  nichts  gewisses  auszu- 
werfen". 

Es  macht  also  die  Summe  der  Ausgaben  571  fl.  51  kr. 
Der  Magistrat  liess  dem  Vögtlin  billiger  Weise  zunächst  die 
unverrechnet  gebliebenen  28  fl.  9  kr.  und  belohnte  ihn  ausser- 
dem f&r  die  glückliche  Ausführung  seines  Auftrages  mit  einem 
Recompens  per  500  fl. 

Die  Regierung  hatte  1664  bei  der  Superrevision  der 
Rechnungsbücher  gegen  diesen  Posten  nichts  einzuwenden 
und  musste  ilm  daher  auch  der  Ausschuss  passiren  lassen. 

9.  Mit  aufmerksamem  Auge  hatten  die  Rechnungsrevi- 
soren des  Bürgerausschusses  die  Aufschreibung  über  städ- 
tische Schulden  (hinaus)  und  die  jährliche  Interessenzahlung 
verfolgt,  aber  zu  ihrem  grossen  Missfallen  den  Abgang  aller 
Erläuterungen  bemerkt,  wo  die  entlehnten  Capitalien  in  Ver- 
wendung gekommen  waren,  oder  wer  dieselben  in  Empfang 
genommen  habe. 

Es  wurde  bemerkt,  dass  die  Stadt  an  Zinsen  bezahlte  im 
Jahre         1653     3257  fl.       —       1657       3216  fl.  30      kr. 
,             1654     1744  n        —       1658       7191   n    —       „ 
„             1655     1398  „        —       1659*5)  5533  ^    _       ^ 

„  1656     3110  „        —       1660       4070  «    —       „ 

Es  wurde  herausgefunden,  dass  bei  einer  67o  Verzinsung 
die   Schulden   im  Jahre  1657   betrugen    53000  fl.  —     kr. 
dazu  kamen  neue  Schulden  ...1657      7900»—       „ 

„        ...    1658       5566  „    —       „ 

„        ...    1659       5210  ,    42  V2  ^ 

;,        ...    1660       7800  „    —       „ 

<fi)  Inclasive  der  ROckzahlung  eines  Capitah. 


—    96    — 

Also  in  vier  Jahren  ein  Schulden- 
zuwachs von 26476  fl.  42  Va  kr- 

und  ein  Gesammtschuldenstand  von  .    .     79486  „  42  Vj  ^ 

AUe  diese  Schulden  seien  ohne  Vorwissen  der  Graieinde 
gemacht,  »ungeachtet  alle  bürgerlichen  Anlagen  so  hoch 
gestiegen  wären,  dass  es  nit  erhört  wird,  dass  in  allen  Erz- 
herzog von  Oesterreichischen  Erbländem  einige  Bürgerschaft 
so  hoch,  als  in  Graz  belegt  worden  sei*'.  Daher  protesürt 
der  Ausschuss  gegen  die  Bezahlung  von  Interessen  und  von 
Capital  durch  die  Gemeinde. 

Selbstverständlich  blieb  es  bei  einem  leeren  Protest,  da 
der  Magistrat  am  Ende  doch  in  der  Lage  war,  gehörige  Auf- 
schlüsse über  die  Entstehung  der  Schulden  zu  geben  und 
seine  Gebarung  genügend  zu  rechtfertigen. 

Mit  Uebergehung  noch  einiger  anderer  Mängelsposten 
werden  im  Nachstehenden  diejenigen  Anordnungen  der  kaiser- 
lichen Resolution  vom  21.  Februar  1665  angeführt  und  aufge- 
zählt, durch  welche  und  mit  welchen  die  Regierung  das  städtische 
Wirthschaftswesen  wieder  in's  Aufnehmen  zu  bringen  hoffte. 

Durch  diese  Verordnung  sollte  ;,eine  ganz  heilsame  und 
höchst  nothwendige  Regul  und  Richtschnur  gegeben  sein,  nach 
welchen  der  Magistrat  künftig  seine  Raittung  legen  und  die 
Hauswirthschaft  anstellen  soUe^: 

1.  „Soll  jederzeit  zu  Ende  des  Jahres  bei  Bedrohung 
schärfers  Einsehens  desselben  Jahres  Raittung  gelegt,  dem 
Ausschuss  zur  Einsicht  überreicht  und  mit  des  Magistrates 
beschehener  Ablehnung  der  i.  ö.  Regierung  und  Hofkammer 
übergeben  werden.^ 

2.  „Sollen  alle  und  jede  Ausstände,  sie  haben  Namen 
oder  rühren  her,  woher  sie  wollen,  in  dem  gedachten  Termin 
aus  ihren  Büchern  extrahiren  und  bei  der  vorgemeldeten 
Raittung  primo  loco  in  Empfang  nehmen,  hierüber  ein  ordent- 
lidies  Ausstand- Verzeichniss  aufrichten  und  halten,  auch  solches 
jederzeit  in  Empfang  und  Ausgabe  führen,  Interim  aber,  weil 
solche  Ausstände  zweifelsohne  eine  namhafte  Summe  aus- 
tragen werden  und  diese  die  grösste  Ursache  der  erwachsenen 


—     97     — 

Schulden  ist,  solches  Ausstandbuch  zur  Regierung  und  Hof- 
kammer  Händen  alsobalden  einreichen.^ 

3.  „Soll  der  Magistrat  einen  Extract  aller  gemeinen  Stadt 
Anlagen'^  und 

4.  ,,über  das  Steuerbuch  (weil  solches  loco  Urbarii  ist) 
jährliehen  ein  Stift-Register  oder  Anschlagbuch  machen  und 
solches  wie  alle  andern  Anschlagbücher  vom  Burgermeister, 
Stadtrichter,  Stadtschreiber,  dem  jüngsten  Rathsverwaudten 
und  dann  auch  von  zweien  des  gemeinen  Ausschusses  unter- 
schreiben lassen ;  auch  in  demselben  jederzeit  die  Extraordinari 
Verwilligungen,  Wachtgelder  und  Handwerkssteuern,  wie  auch 
alle  anderen  ordinari  Anlagen  (darunter  jedoch  das  Ansag- 
geld in  der  Mauth  und  die  Weinsteuer,  so  kerne  Gewissheit 
haben,  nit  verstanden  sein)  ordentlich  setzen  sollen,  darmit 
dergestalt  der  Bürgerschaft  der  bisher  gehabte  Argwohn  der 
Ungleichheit,  so  der  Magistrat  in  Anschlagung  der  Steuer 
gebrauchen  möchte,  benommen  werde.  Mit  dem  Leibsteuer- 
Buche  aber,  allermassen  sich  solches  anjetzo  befindet,  soll  es 
auch  femers  sein  Verbleiben  haben." 

5.  „Soll  der  Magistrat  bei  der  Stadtkammer  darob  sein, 
dass  absonderlich  von  dem  Steuerbuche,  auch  das  Ansagegeld 
und  die  Weinsteuer  der  unbehausten  Bürger  wie  auch  des 
völligen  Urbar  in  Empfang  genommen  und  darin  alsbald  wann 
und  wie  viel  ein  jeder  Burger  etwas  erlegt,  mit  Namen  ver- 
mert  werde.  Dann  weil  sonder  Zweifel  der  Stadtkammerer 
diesen  Bezahlem  wegen  solcher  Abschlagszahlung  entweder 
eine  Quittung  gibt,  oder  solches  in  ihren  habenden  Auszügen 
vermerken  muss,  also  auch  solche  Vormerkung  in  dem  Aus- 
standbach geschehen  kann,  damit  selbiges  gegen  sein,  des 
Stadtkammerers  ihnen  Burgern  bei  ihrer  in  Abschlag  thuenden 
Bezahlung  von  sich  gebenden  Quittung  gleichlautend  seien  und 
man  untereinsten  gleich  wissen  möge,  ob  und  wem  und  was 
und  wie  viel  erlegt  worden." 

6.  »Die  Gefälle  sollen  zu  keiner  anderen  Ausgab,  als 
wohin  sie  gewidmet,  als  zu  Bezahlung  der  Landschaft  ange- 
wendet werden." 

MittlieU.  des  bist.  Vereines  f.  Steiermark,  XlIX.  Heft,  1881.  7 


—     98     — 

7.  «Die  von  Graz  sollen  nicht  Macht  haben  ohne  Wissa 
und  Einwilligung  der  Regierung  und  Hofkammer  Besoldung 
und  Regalien  für  sich  selbst  zu  verbessern.^ 

8.  ;,  Denen  von  Graz  werden  die  allzu  gross  verübten 
Schankungen  und  Nachsehungen  und  was  dergleichen  unnoth* 
wendige  Ausgaben  sein,  diesmal  verwiesen ;  in's  künftige  aber 
bei  Bedrohung^  schärferen  Einsehens  nicht  gestattet,  ohne 
Vorwissen  des  Ausschusses  dergleichen  namhafte  Posten  (dann 
hierunter  die  geringere  denen  bene  meritis  beschebene  gebühr- 
liche Ergötzlichkeiten  nicht  verstanden  werden)  weder  sie 
ihnen  Selbsten  untereinander,  noch  anderen  OfiBcieren  oder 
Bedienten,  oder  wem  es  wolle,  zu  schenken,  zu  präsentiren 
oder  nachzusehen.  Und  dahin  fbro  bei  Revidirung  der  Raittung 
dergleichen  Excess  wahrgenommen  würden,  solche  entweder 
cassirt,  oder  zum  Fall  die  Auszahlung  oder  Nachsehung  schon 
wirklich  beschehen  wäre,  die  Gutmachung  von  den  Parteien 
wiederum  begehrt  werden  solle;  welches  Verstandes  dann 
auch  ebenmässig  es  mit  denen  Anticipationen  und  Entleihungen 
haben  soll,  dass  solche  entweder  mit  Vorwissen  der  Gemein 
gemacht,  oder  aber  nidl  und  nichtig  sein  sollen." 

9.  ;,Weil  fUrkömmt,  dass  der  Magistrat  das  Ansaggeld 
mehrerstheils  sonderlich  den  vornehmen  Handelsleuten  bestand- 
weise hinQbergelassen,  dergestalten  dass  dieselben  kaum  die 
Hälfte  desjenigen,  so  sie  sonsten  bezahlen  müssten,  entrichten^ 
also  ist  dem  Magistrat  befohlen,  dass  er  solche  Bestand  aof- 
künden  und  solche  wie  alle  anderen  Gefälle  einfordern  und 
der  Gemein  verraitten  solle." 

10.  ;,und  schliesslichen,  weilen  nicht  alles  so  genau  und 
eigentlich  vorgeschrieben  werden  kann  und  mit  einem  Wort 
der  Mangel  guter  Policei  die  mehreste  Ursache  ist,  warum 
zu  Zeiten  das  gemeine  Wesen  zu  Grunde  geht,  also  wird  dem 
Magistrat  hiemit  alles  Ernstes  aufgetragen  und  anbefohlen, 
dass  er  sich  derselben  nach  Möglichkeit  befleissen  soUe.'' 

In  Betreff  einiger  anderen  bürgerlichen  Beschwerden 
und  Wünsche,  die  erst  nach  bereits  geschlossener  Commission 


—     99     — 

eingebracht  worden  waren,  wurden  in  derselben  Resolution 
vom  21.  Februar  1665  nachstehende  Erledigungen  gegeben: 

1.  Dass  der  Ausschuss  in  allen  Wirthschaftssachen  ohne 
Unterschied  gleiche  Session  mit  dem  Magistrat  habe,  wird 
nicht  bewilligt,  weil  ihm  eben  die  Errichtung  eines  äusseren 
Käthes  nicht  gestattet  wurde  und  ihm  auch  nicht  auf  diesem 
Umwege  zugestanden  werden  kann. 

In  welchen  Fällen  der  Ausschuss  zugleich  mit  Magistrate 
im  Rathe  sitzen  könne,  wurde  schon  durch  die  obigen  Artikel 
angegeben  und  wird  nun  von  der  Regierung  in  den  Puncten 
2,  3,  und  4  wiederholt  ausgedrückt. 

5.  Dass  ohne  Beisein  und  Vorwissen  des  Ausschusses 
keine  Ausgabe  oder  Anschaffung  giltig  sein  sollte,  kann  mit 
Hinweisung  auf  Punct  1  nicht  statthaben. 

6.  Ebenso  kann  nicht  bewilligt  werden,  dass  ohne  ihr 
Beisein  und  Vorwissen  keine  Inventur  vorgekehrt  werden  solle, 
weil  eine  solche  ohnedies  durch  den  Stadtrichter,  Stadt- 
schreiber, Registrator,  Stadtwachtmeister  und  Viertelmeister 
und  zwar  in  Gegenwart  der  Erben  und  Interessirten  vorge- 
nommen wird,  und  dadurch  aller  Verdacht  aus  dem  Wege 
geräumt  und  weitere  Unkosten  verhindert  werden. 

7 .  Die  Aufnahme  der  Armen  in  das  Bürgerspital  gebührt 
dem  Magistrate  allein  und  hat  sich  der  Ausschuss  nicht  ein- 
zumengen. **). 


'^')  Die  Spitalmeister- Amtsrechnungen  vom  Jahre  1652  bis  1658  zeigten 
in  runder  Summe: 

Empfang :  Ausgaben : 

1653  —  32.083  fl.  —  30.907  fl.  - 

1654  —  82.066  „  -  29.559  „  — 

1655  —  31.655  „  —  30.341  „  — 

1656  —  29.969  „  -  80.078  ,  - 

1657  —  31.039  „  —  29.290  „  — 

1658  -  81.214  „  —  31.214  „  — 

Somit  in  Summa  einen  Activrest  per  5163  fl.  —  Interessant  ist  der 
Vergleich  mit  „Burger- Spital ^Raittung"  (Hofbuchdrucker  Georg 
Widmanstetter  war  Spitalmeistcr)  vom  Jahre  1603,  die  uns  voll- 
ständig erhalten    ist.    Der   sämmtliche    Empfang    stellt    sich    auf 

7* 


Bilanz 

1176  fl. 

Activrest 

706  „ 

» 

1314  „ 

n 

109  „ 

Cassaabgang 

1749  „ 

Activrest 

326  „ 

j> 

—     100    — 

8.  Auf  die  Beschwerde,  dass  der  Stadtrichter  und  Stadt- 
schreiber allzu  grosse  Inventurs-Taxen  nehmen  und  daher 
ihnen  nur  ein  Ducaten  per  Tag  und  ein  Schilling  (zy^  kr.) 
vom  Blatt  Papier  passirt  werden  sollte,  wird  resolvirt:  Nach- 
dem es  der  Wille  der  Regierung  ist,  alle  derlei  Unkosten. 
so  viel  möglich  zu  beschränken,  so  soll  sich  die  Inventurs- 
Taxe  bei  Erbschaften,  die  über  Abzug  der  Schulden  über 
10.000  fl.  austragen,  nicht  über  100  fl.  erstrecken.  Bei  Erb- 
schaften unter  diesem  Betrage  hat  es  beim  alten  Gebrauche 
zu  verbleiben  und  soll  von  jedem  100  fl.  nur  1  fl.  Taxe  ge- 
nommen werden. 

9.  Dem  Stadtschreiber  ist  die  Rathsstelle  neben  seinem 
Dienste  zu  belassen,  wie  es  bereits  früher  verordnet  wurde. 

919  fl.,  5  Schilling  (ß),  22  ^;  die  Ausgabe  auf  791  fl.,  6  ß,  U  ^V 

Diese  „gegen  einander  gelegt  und  gehebf,  befindet  sich,  dass  der 
Empfang  die  Ausgaben  mit  127  fl.  7  ß,  Q  ^  übertreffen. 

Empfang                                       fl.  ß  ^ 

1.  Rest  so  dem  Spitalmeister  von  1602  schuldig  Terblieben    98  5  21 

2.  Summe  der  „Geschäft  und  Geschenk"  in's  Spital    .    139  6  16 

3.  Sammelgeld 208  3  27 

4.  Zins  und  Steuer 264  7  20 

5.  Von  n  ausgelassenen  Grundstücken" 19  9  — 

6.  „Fuhrgeldt''   (für  geleistete  Fuhren  für  Anbau  auf 

fremden  Aeckern,  Frachtfuhren) 11  4  7 

7.  „Haltgeld"  (Weidezins  für  Kühe  und  Schweine)     .  16  7  fi 

8.  Aus  dem  Maierhof  verkauft  Kälber  und  „Spanfadl**  3  5  4 

9.  „Gemeiner  Empfang"  (aus  dem  Verkaufe  you  allerlei 
Yerlassenschaftsstücken  der  Spitäler,  femer  Lamm- 
felle, Kühhäute  etc.) 21  7  15 

10.  Für  verkauftes  „Kraut" 2     1     2C 

11.  Weinfechsung  am  Hühnerberg  8    Startin  (=  10  Eimer) 

„  „    Rosenberg    3«/,  , 

„  „    Haberbach    6%  n 

„  „    Graben         8  „ 

„  „    Algerstorf     2%  „ 

„    VöUing         1 

„  „    Schilgestorf    %  „ 

Zehentwein  von  Feistritz  9V,  „ 

zusammen  34  Va  „ 

12.  Verkauf  von  Wein  7  Startin  ä  18—20  fl 1H2 

Summe  des  völligen  Empfanges     .   .   .    919    5    ±2 


—     101     — 

10.  Dass  kein  Bürger  bezüglieh  von  Schulden  unter  15  fl. 
zu  klagen  verstattet  werden  sollte,  scheint  nicht  unerheblich 
211  sein,  lässt  sich  aber  nicht  immer  vermeiden.  Da  der  Stadt- 
richter und  der  Magistrat  sich  anerboten  haben,  ihr  Möglichstes 
zu  thun,  dass  solche  r  geringe  Klagen^  vermittelt  und  gütlich 
beigelegt  werden,  so  soll  es  dabei  gelassen  werden. 

1 1 .  Wird  es  der  Discretion  des  Magistrates  anheimgestellt; 
dass  auf  Begehren  der  Gemeinde  die  Verhöre  nicht  gar  so 
spät,  als  bisher,  nämlich  um  1 0,  sondern  um  8  Uhr  angestellt 
werden ;  dass  die  Parteien,  alsbald  es  sein  kann,  vorgelassen, 
oder  die  Tagsatzung,  wann  dieselbe  ihren  Fortgang  nicht 
haben  kann,  ex  officio  zu  einer  gelegenen  Zeit  und  nicht  blos 
nach  dem  Belieben  der  Advocaten  überlegt  werde. 

Ausgaben.  ü,  ß  ^ 

1.  Fflr  Fleisch  zum  Tisch  der  Spitaler 184  6  28 

2.  Dienstboten-Lohn 45  1  18 

3.  Zins  und  Steuer  so  das  Spital  Yon  seinen  Gründen 

dient 10    8    27 

4.  Auf  „das  Schnitt^  von  Gerste,  Korn,  W^eizen,  Hafer, 
Hirsch,  Wicken,  Fenchel  und  Heidekom  (ungefähr 

484  Tagwerke  k  7-8  kr.  täglich) 61     7     18 

6.  „Madt^  (Tagwerker  zum  Heu  und  „Gramaf  machen)        9    8      6 

6.  Weinbau-Ausgaben  (Gruben,  Schneiden,  Lesen.) 

Hühnerberg 21  6  28 

Haberbach 29  4  8 

Rosenberg  .   .    .    • 25  2  4 

VölHng 18  7  22 

Algerstorf 22  7  14 

Graben 80  5  14 

SchUUngstorf 19  5  6 

7.  ^Auf  Handwerksleut,  so  in's  Spital  gearbeitet  haben 

(Glaser,  Sattler,  Wagner,  Seiler,  Zimmerer,  Maurer)  .      29    4     — 

8.  Allerlei  „gemeine  Ausgaben"  (Kerzen,  „K&smachet**, 
Getreide,  Stroh  u.  a.  m.  zur  Hauswirthschaft,  Medi- 
camente, Weingartstecken,  Metzger-Lohn,  Küchen- 

und  Maierhof-Einrichtungsstücke  etc.) 280    2     15 

9.  ff  Um  Holzhacken^  (Fällen,  Schneiden  und  Klaftern 

der  Bäume)  81  Klafter 9    3  4 

10.  Quartal  -  Lohn    für   den    „Sammler"    des    Spital- 

almosens  k  d  ß 14  — 

Summe  der  Ausgaben  .   .   .  791    6  14 


—     102     — 

12.  Geringere  („schlechte'')  iDJuri-Händel  sollen  mOndlich 
und  gütlich  beigelegt,  oder  deren  Schlichtung  dem  r Handwerk' 
überlassen  und  keine  Appellation  gestattet  werden. 

13.  Das  Begehren  des  Ausschusses,  dass  nicht  alle 
städtischen  Aemter  unter  den  Rathsbefireundten,  sondern  auch 
unter  den  Bürgern  ausgetheilt  würden,  dass  daher  ein  Unter- 
kämmerer, Unterspitalsmeister,  ein  Mauth-Gegenschreiber  aus 
der  Gemeinde  bestellt  werden,  kann  nicht  statthaben,  weil  es 
neue  Unkosten  verursachen  würde  und  dieses  Begehren  über- 
haupt nur  auf  Misstrauen  beruht.  Aber  ein  Unterbaumeister 
und  »Anrescher*  wird  bewilligt 

14.  Dass  bei  der  Wahl  des  Stadtrichters  der  Ausschuss 
vorher  resigniren  uud  zwei  daraus  durch  die  Bürgerschaft 
verwechselt  werden  sollen,  wird  nicht  bewilligt,  weil  der  Ma- 
gistrat dagegen  einiges  Bedenken  hat. 

15.  Für  billig  wird  gefunden  und  anbefohlen,  dass  der 
Extract  der  Anlagen,  welche  der  Bürger  in  das  Amt  zu  zahlen 
hat,  und  ebenso  die  Bescheinigung  ordentlich  specificirt  werden, 
damit  jeder  desto  besser  sehen  und  unterscheiden  mag,  was 
und  unter  was  für  einem  Titel  er  zu  zahlen  habe. 

16.  Es  ist  ganz  in  der  Ordnung,  dass  die  bei  gemeiner 
Stadt  vorkommenden  Contrabandfälle  zu  Nutzen  des  Gemein* 
Wesens  verrechnet  werden. 

1 7.  Die  Herabsetzung  der  Wein-Einfuhrsteuer  von  4  Schil- 
lingen (30  kr.)  auf  2  Schillinge  wird  nicht  bewilligt 

1 8.  Dass  die  unbehausten  Bürger  den  ihnen  aufgetragenen 
Zinsgulden  nicht  bezahlen  wollen,  dart'  nicht  gestattet  werden, 
indem  sie,  wie  die  hausbesitzenden  Bürger  Gewerbe  treiben 
und  daher  auch  mit  diesen  die  gleichen  Lasten  zu  tragen 
haben,  zumal  der  Zinsgulden  ohnehin  nur  „ein  Geringes  aus- 
trägt". Würde  man  die  Steuerlast  nur  den  behausten  BUrgem 
aufladen  wollen,  so  würde  sich  bald  kein  Hausbesitzer  mehr 
finden  lassen. 

19.  Die  Beschwerde,  betreffend  die  Steuersteigerung  der 
erneuerten  und  verbesserten  Häuser  und  Bingerung  der  zu 
Grunde  gehenden   wurde  dahin  erledigt,  dass  der  Magistrat 


—     103     — 

diese  Procedur  wieder  einzustellen  habe,  weil  dieselbe  ungerecht 
und  unbillig  sei.  So  wie  kein  Grundherr  von  sich  selbst 
berechtigt  ist,  seine  unterthänigen  Gründe  zu  steigern,  so 
auch  nicht  der  Magistrat  in  Betreff  der  Häuser.  „Dergestalt 
würde  ein  guter  und  fleissiger  Hauswirth,  der  das  Seinige 
vom  Leib  und  Maul  erspart  und  solches  auf  Verbesserung 
seines  Hauses  anwendet,  wegen  seiner  guten  Hauswirthschaft 
mit  der  Steigerung  gestraft;  hmgegen  der  üble  Hauswirth, 
der  das  Seinige  verthan  und  dadurch  das  Haus  in  Abbau 
und  Ruin  gebracht  hat,  dieser  seiner  schlechten  Wirthschaft 
wegen  durch  die  darauf  folgende  Verringerung  der  Steuer 
gleichsam  recompensirt  und  ergötzt"  Uebrigens  kann  es  schon 
Ausnahmen  geben,  es  ist  aber  in  solchen  Fällen  die  Genehmi- 
gung der  Regierung  einzuholen. 

20.  Die  vom  Ausschusse  erbetene  Herabsetzung  der 
Handwerks-  oder  Gewerbesteuer,  wie  auch  die  Limitirung  des 
Wachtgeldes  auf  15  kr.  und  die  Abstellung  der  „Hafer-Mauth'^ 
kann  derzeit  noch  nicht  bewilligt  werden. 

21.  Es  kann  für  die  Zukunft  keinem  Bürger  erlaubt 
werden,  mehr  als  ein  Gewerbe  zu  betreiben,  Weinschank  und 
Salzhandel  ausgenommen,  was  jedem  Bürger  in  Steiermark 
freisteht 

22.  „Dass  an  Wochenmarkt  -  Tagen  ausser  den  Bürgern 
Niemand,  so  lange  der  Fahn  ausgesteckt  ist,  einzukaufen 
verstattet  werden  solle  ^,  dieses  Begehren  des  Ausschusses 
findet  die  Regierung  „nicht  allein  ungereimt  und  vermessen, 
sondem  auch  derentwegen  impertinent,  weil  sich  in  Graz  viele 
Stellen  befinden  und  solche  dergestalten  in  Erkaufung  ihrer 
Nothdurft  allen  Bürgern  nachstehen  müssten*'.  Somit  wird 
dieses  Begehren  abgewiesen.  ^^)  Endlich 


1^  Das  Recht  der  Bürger,  an  Wochenmarkttagen  vor  allen  anderen 
Bewohnern  der  Stadt  und  ohne  Gonciirrenz  derselben  ihren  Bedarf 
an  Lebensmitteln,  namentlich  Getreide,  Obst,  Brennholz  u.  a.  ein- 
kaufen zu  können,  beruhte  auf  uralten  Privilegien,  die  zu  einer 
Zeit  gegeben  worden  waren,  wo  man  in  Graz  keine  Dicasterien, 
keine  landschaftlichen  und  Regierungsbeamten  fand,   die   selbst  ver- 


—     104     — 

23.  ist  es  ein  Unfug,  wenn  die  Stadtsoldaten  bei  den 
Stadtthoren  von  den  hereinfahrenden  Wägen  mit  Brennholz 
mehrere  Scheiter  und  von  Ziegclfuhren  sogar  auch  Ziegel. 
gleichsam  als  einen  NaturalzoII,  abfordern  und  sich  aneignen, 
und  ist  daher  vom  Magistrate  alsbald  zu  verbieten. 

Diese  kaiserliche  Resolution  (die  jedoch  noch  einige 
strittige  Puncto  unerledigt  Hess)  wurde  am  28.  März  1665 
im  Original  durch  die  Ausschussmitglieder  Hans  Fritz  und 
Michael  Lueff  erhoben  und  den  8.  Mai  desselben  Jahres  im 
Beisein  der  BQrgerschalt  durch  den  Stadtschreiber  Jacob 
Codrus  in  der  Rathsstube  verlesen. 

Wiewohl  ersichtlicher  Weise  die  Regierung  den  besten 
Willen  hatte,  durch  diese  Verfügungen  allen  Missst&nden  ein 
Ende  zu  machen,  den  Magistrat  und  die  Bürgerschaft  mit 
einander  zu  versöhnen  und  dahin  zu  bringen,  dass  sie  in  bester 
Eintracht  zur  Hebung  des  Gemeinwesens  zusammenwirken 
und  die  städtische  Wirthschaft  in  besseren  Flor  zu  bringen; 
so  gelang  ihr  diess  doch  nicht.  Die  meisten  misslichen  Zu- 
stände blieben  in  ihrem  alten  Wesen,  der  Magistrat  selbst 
schaltete  und  waltete,  als  wäre  ihm  gar  keine  bestimmte 
Regel  und  Richtschnur  vorgeschrieben  worden  und  sonderbarer 
Weise  sah  auch  die  Regierung  diesem  Treiben  fbr  gewöhnlich 
ruhig  und  gleichmüthig  zu. 

So  kam  es  denn,  dass  nach  einzelnen  ruckweise  gege- 
benen Anstössen  zur  Wiederaufstellung  von  wirthschafUichen 
Commissionen  (1700,  1706,  1711,  1722)  im  Jahre  1723  eine 
solche  Commission  in  Schilderung  der  tlblen  Lage  der  Stadt 
erklärte,  so  könnte  die  Sache  nicht  mehr  belassen  werdeo. 
denn  ,so  ist  wahrhaftig  das  praecipiüum  zum  Untergänge 
schon  geöffnet  und  genügt  ein  einziger  Ungltlcksstoss,  um  das 
ganze  Gebäude  des  gemeinen  Wesens  auf  einmal  höchst  be- 
dauerlich Über  den  Haufen  fallen  zu  machen^. 

Leider  kam  auch  diese  Commission  mit  keiner  Heilung 
der  ererbten  Uebel  in  der  städtischen  Wirthschaft  zu  Stande, 


Btändlich  in  gleicher  Weise,  wie   die  StadtbOrger,   ein  Anrecht  auf 
billigen  Einkauf  hatten. 


—     105     — 

und  es  ist  unglaublich,  aber  wahr,  dass  aus  der  Resolution 
des  Kaisers  Karl  VI.  vom  Jahre  1733,*^)  die  sich  in  60  Puncten 
über  alle  Verhältnisse  der  städtischen  Verwaltung  erstreckt, 
unzweifelhaft  zu  ersehen  ist,  dass  sich  die  meisten  im  Jahre  1660 
kritisirten  und  als  unstatthaft  erklärten  Zustände  bis  in  diese 
Zeit  fortgeschleppt  und  fast  ungeändert  erhalten  hatten. 


"*)  Karl  VI.  Resolution  bringt  als  Besserungsmittel  für  den  wirth- 
Bchaftlichen  Zustand  der  Stadt  Qraz  nachstehende  Rathschlägc: 

„Natürliche  Mittel  einer  Stadt  aufzuhelfen  bestehen  in  dem, 
dass  die  BQrger  selbst  sich  allerhand  Handwerkskünsten  und  derer 
Perfectionirnng  befleissigen,  sodann  damit  dermassen  hantieren, 
dass  nicht  allein  das  in  der  Stadt  einmal  befindliche  Geld  darin 
erhalten,  sondern  auch  noch  mehreres  Geld  gegen  allerhand  gute 
verfertigte  Waren  vom  eigenen  Land  und  von  der  Fremde  hinein- 
gezogen werde,  als  hat  der  Magistrat,  die  bestellte  kaisei-l.  Gom- 
missiou  und  die  Regierung  selbst  ob  mehrere  Einfuhr-excolir-  und 
Emporbringung  aller  zur  menschlichen  Nothdürften  erforderlichen 
Handwerkern  eifrig  zu  dringen  und  inständig  zu  halten ;  zu  solchen 
Ende  dann  seind  aus  dem  magistratlichen  Mittel  selbst  besondere 
dem  Werk  gewachsene  Männer  zu  benennen,  welche  auf  sothane 
Beförderung  der  Handwerker  stets  fort  besonders  invigiliren,  denen 
Meistern  zusprechen,  dass  sie  selbsten  sich  der  Arbeit  und  fleissiger 
Obsicht  annehmen,  damit  solche  auf  das  beste  gerichtet  und  hernach 
umb  ein  leidentliches,  oder  mit  einem  billigen  Gewinn  verkauft, 
mithin  die  Kaufer  zu  Öfterem  Kaufe  veranleitet  werden;  besonders 
sind  jene  Handwerker  so  bald  als  möglich  in  die  Stadt  zu  bringen, 
woran  es  bis  dato  sehr  gebricht  und  deren  Ermanglung  halber 
stets  so  viel  Geld  hinausgehet,  e.  g.  die  Tuchmacherei ;  massen 
solange  diese  nicht  nach  Nothdurft  in  der  Stadt  verlegt  wird,  die 
Tnchkrammer  das  einheimische  Geld  gegen  das  einführende  fremde 
Tuch  stets  aus  der  Stadt  und  aus  dem  Lande  führen  werden, 
welches  die  Burgerschaft  selbst  verdienen  und  erhalten  könnte  und 
sollte.  Desfalls  auch  der  Burgerschaft  die  Ueppigkeit  in  Mahlzeiten 
über  ihr  Einkommen,  in  Spaziergängen  zur  Arbeitszeit  und  in 
Kleidung  von  auswärtigem  Gewand,  Spitzen  oder  dergleichen  zu 
massigen  ist. 

unterdessen  wird  der  Magistrat,  wenn  anders  die  Vorsteher 
ernstlich  wollen,  auch  dem  Publice  (öff.  Wesen)  mit  dem  eine  Er- 
sparung zu  bringen,  dass  nemblich  die  Passiv- Capitalien  (so  der- 
malen k  6  pr.  Cento  liegen)  auf  5  pr.  Cento  reducirt  werden." 


Erzherzog  Johann  und  das  Joanneums- 

Archiv. 

Yoa 
Dr.  Emil  Kümmel,  st.  1.  Archivbeamter. 


W  ie  der  Wanderer  hie  und  da  gerne  auf  die  zurQck- 
gelegten  Strecken  zurückblickt,  um  mit  dem  Gefühle  der 
Befriedigung  zugleich  einen  Antrieb  zu  fernerer  Wanderung 
zu  erhalten,  so  möge  es  dem  Historiker  gegönnt  sein,  zu 
gewissen  Zeiten  Rückschau  zu  halten  über  die  bisherigen 
Leistungen  der  heimischen  Historiographie  und  nachzuspüren 
den  jeweiligen  Lebensbedingungen  derselben.  Oft  spriesst  aus 
solchen  Erwägungen  ein  glücklicher  Gedanke  empor,  nutz- 
bringend für  Gegenwart  und  Zukunft. 

Drei  Werke  gibt  es  in  der  steirischen  Geschichtsliteratur, 
an  denen  vor  Allem  der  Blick  des  Forschers  haften  bleibt: 
C a e 8 a r's  Annales  ducatusStyriae(1768 — 1777),  Schmutzes 
historisch- topographisches  Lexikon  und  Muchar*s  Geschichte 
des  Herzogthums  Steiermark.  Die  Annalen  Caesar's  ersetzen 
für  Steiermark  einigermassen  das,  was  Erain  und  Kärnten 
schon  längst  mit  Valvasor  hatten.  Wenn  man  sie  mit  Posch's 
Chronologia  s.  ducatus  Styriae  (1715—20  erschienen)  oder 
mit  der  bei  Gelegenheit  der  Erbhuldigung  Kaiser  Kari's  VI. 
im  Jahre  1728  veröffentlichten  Historia  ducum  Styriae  ver- 
gleicht, so  muss  man  anerkennen,  dass  Caesar  die  Beiden 
weit  überflügelt  hat.  Die  stete  Bezugnahme  desselben  auf  die 
ihm  zur  Verfügung  gestandenen  und  hier  theilweise  abge- 


"     107     — 

druckten  Quellen  und  die  daran  geübte  Kritik  haben  seinem 
Werke    einen    unvergänglichen  Werth   gesichert.    Aber  mit 
welchen   Mitteln  hatte   Caesar  gearbeitet!   Ausser  den  zwei 
Theilen    der  Diplomataria  s.   ducat.  Styr.  (1756)   mit  ihren 
überaus  fehlerhaften  Urkundenabdrucken,  der  erwähnten  Chrono- 
logia  von  Pusch  und  emigen  unbedeutenden  Jesuiten-Disser- 
tationen war  fast  ausschliesslich  das  Elosterarchiv  von  Voran 
seine  Hauptquelle.   Bei  einem  so   dürftigen  Apparate  ist  es 
demnach  kein  Wunder,  wenn  manchmal  sein   Gesichtskreis 
sich  verengte,    und   der  nach  Klarheit   strebende  Forscher 
unbewusst  in  Irrthümer  sich  verwickelte  und  manches  schon 
Richtiggestellte  von  Neuem  wieder  verwirrte.  Treffend  wurde 
der  Stand   der   geschichtlichen  Literatur  über  Steiermark  im 
Jahre  1811    mit  folgenden  Worten  gekennzeichnet:    ^Noch 
immer  haben  wir  keine   kritische,   noch  viel  weniger  eine 
philosophische  Geschichte  Innerösterreichs.  Tiefes  Dunkel  hängt 
schwer  über  jene  Zeiten,  wo  die  Mark  Steyer  und  das  karan- 
tanische  Herzogthum  unter  den  deutschen  Reichsprovinzen,  in 
vielfachen  Verwicklungen  mit  Ungarn  und  Italien  auftraten. 
Die  rühmlichen  Bemühungen   der  beiden  Petze,    Coronin^s, 
Fröhliches  sind  leider  nur  diplomatische  Bruchstücke.  Megiser 
und  Yalvasor  —  Stapelörter  längst  ausgemerzter  Fabeln  und 
Aberglaubens  — ,   den  Annalen   des  Vorauer  Chorherm  Jul. 
Aqu.  Caesar  —  gebricht  es  ganz  an  jenem  Geiste,  durch  den 
allein   die  Geschichte  die  Lehrerin   aller  Zeiten,  und  etwas 
mehr  ist,  als  ein  blosses  Bepertorium  von  Namen  und  Zahlen 
und  unnützen  Streitfragen.  Unleugbar  also,  dass  uns  noch  gar 
sehr  Vieles  zu  thun  übrig  geblieben  ist" 

Diese  Kritik  finden  wir  in  einer  —  Gurrende  vom  10.  Sep- 
tember 1811,  worin  sämmtliche  Werbbezirke  von  Steiermark 
und  Kärnten  aufgefordert  werden,  zur  Förderung  der  Vater- 
landskunde durch  Einsendung  von  Archivalien  an  das  neu 
gegründete  Landesmuseum  in  Graz  beizutragen.  Da  in  dieser 
Note  ein  ganz  neuer  Gedanke  mit  der  Sprache  der  Begeisterung 
zum  Ausdrucke  gelangte,  wodurch  zugleich  der  erste  Anstoss 
zur  Bildung  des  Joanneums-Archives   gegeben  ward,  und  da 


—     108     — 

eben  bezQglich  des  letzteren  das  erste  uns  bekannte  Programm 
darin  enthalten  ist,  so  dürfte  es  geboten  sein,  zur  Orientimog 
über  diese  ganze  Frage  auch  die  Schlusssätze  der  Currende 
hier  zu  reproduciren :  „Sammeln  ist  zum  hohen  Ziele  der 
erste  Schritt.  Sandkorn  für  Sandkorn,  Stein  ftlr  Stein  machen 
den  stolzen  Bau.  In  den  Archiven  der  Klöster,  der  Städte, 
der  Herrschaften,  der  adehgen  Familien,  in  Bibliotheken  liegen 
sonder  Zweifel  sehr  viele  noch  ganz  unbekannte  Urkunden, 
Correspondenzen,  Acten.  Diese  der  Vergessenheit  zu  entreissen 
ist  ein  rühmlicher  Zweck,  ein  ehrenvoller  Auftrag.  Es  werden 
sonach  hiermit  sämmtliche  Stifter  und  Klöster,  P&rreien, 
Magistrate,  Werbbezirke,  Ortsgerichte,  Gutsbesitzer  und  Insassen 
aufgefordert,  was  sie  von  Urkunden,  Archival-Acten,  geschicht- 
lichen Nachrichten,  wichtigen  Correspondenzen  in  Staats- 
angelegenheiten etc  besitzen,  abschriftlich  an  ihr  vor- 
gesetztes Kreisamt  einzusenden.  Alles  soll  in  das  Landes- 
Museum  gebracht,  geordnet,  daraus  sodann  im  Verein  nait 
der  vollständigen  Sammlung  aller  gedruckten  Werke  über 
Innerösterreich  eine  Geschichte  dieser  Lande  hergestellt  werden, 
von  der  Urzeit  an  auf  die  römische  Eroberung,  die  Völker- 
wanderungen, die  slavisch-fränkischen  Fehden,  die  Zeiten  der 
Herzoge  und  Markgrafen  aus  den  Häusern  Steyer,  Mürzthal, 
Sponheim,  Görz;  die  Babenberger,  der  mächtige  Ottokar,  der 
endlich  die  österreichischen  Lande,  Sieg  und  Leben  Rudolphen 
von  Habsburg  lassen  müssen,  wie  Inner  -  Oesterreich  unter 
verschiedenen  Linien  durch  Jahrhunderte  mild  und  gerecht 
beherrscht,  endlich  unter  dem  zweiten  Ferdinand  auf  immer 
mit  dem  Hauptstamm  der  Monarchie  vereiniget  worden  und 
unter  mannigfaltigen  Stürmen  treu  und  fest  gleich  ihren 
Bergen  ausgeharrt:  Alles  dieses  wird  einst  die  Geschichte 
wahr  und  warm  schildern,  zum  ehrenden  Andenken  der  Alt- 
vordern, der  Gegenwart  und  Zukunft  zum  Beispiele,  zur  War- 
nung, zur  Nacheiferung.  —  Dieses  ist  das  Ziel  Wer  immer 
den  Boden,  der  ihn  gebar  und  nährt,  dankbar  liebet,  dem  sein 
Vaterland  ist,  was  es  Jedem  sein  soll,  kann  unmöglich  die 
geringe  Mühe  scheuen,   dem  Moder  und  der  Vergessenheit 


—     109     — 

zu  entreissen,  was  immer  von  Inner- Oesterreich  erhalten  und 
fortgepflanzt  zu  werden  verdient*^ 

Unterschrieben  ist  diese  Gurrende  von  Erzherzog 
Johann,  dem  Schöpfer  des  oberwähnten  „Landes-Museums^* 
Diese  Enunciation  ist,  wie  gesagt,  der  erste  öffentliche  Schritt 
zur  Ausführung  einer  Idee,  mit  welcher  sich  der  Prinz  schon 
lange  ernst  und  eingehend  'beschäftigt  hatte.  ^) 

Als  er  den  grossartigen,  für  Steiermark  von  weitreichenden 
Folgen  begleiteten  Gedanken  zur  Gründung  eines  Bildungs- 
Institutes  grösseren  Massstabes  fasste  und  darüber  in  ver- 
trauten Kreisen  Rücksprache  pflegte,  da  wurde  auch  nicht 
vergessen ,  die  Nothwendigkeit  einer  gründlichen  Pflege  der 
historischen  Vaterlandskunde  zu  betonen.  Allem  Anscheine 
nach  dürfte  es  besonders  Josef  Freiherr  v.  Hormayr  —  seit 
3.  April  1808  Director  des  k.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staats- 
archives  —  gewesen  sein,  welcher  mit  dem  ganzen  Feuer 
seiner  Persönlichkeit  für  die  angeregte  Idee  eintrat.  Auch  in 
Steiermark   gab    es    glücklicherweise    einen    Mann,    welcher 


*)  Die  folgende  Arbeit  beschäftigt  sich  einzig  und  allein  mit  der 
Gründungsgeschichte  und  der  ersten  Entwicklung  des  Joanneums- 
Archives.  Es  wurde  daher  so  viel  als  möglich  vermieden,  die  das 
Joanneum  im  Allgemeinen  betreffenden  geschichtlichen  Daten  un- 
nöthiger  Weise  hereinzubeziehen.  Diese  letzteren  werden,  seit  dem 
Vorhandensein  der  trefflichen  Monographie  Göth's  „Das  Joanneum 
io  Gratz  geschichtlich  dargestellt,  Graz  1861",  als  bekannt  voraus- 
gesetzt. —  Die  hiezu  benutzten  Quellen  sind:  I.  Die  Aufschreibungen 
£rzh.  Johannas  und  die  mit  ihm  hierüber  geführte  Correspondenz, 
welche  sich  finden  1.  im  erzherzoglichen  Archive  selbst,  welches  dem 
Verfasser  Dank  der  Liberalität  Sr.  Excellenz  des  Herrn  Grafen 
Franz  v.  Meran  offen  stand,  2.  im  Steiermark.  Landesarchive  in  der 
Actensammlung  „Joannea'',  Fase.  33  und  34,  und  3.  in  der  von 
Dr.  A.  Schlossar  1878  zu  Wien  bei  BraumUller  herausgegebenen 
Sammlung  von  117  Briefen  des  Erzherzogs  Johann  an  J.  R.  von 
Kalchberg ;  II.  die  Acten  der  Custodie  des  Joanneums.  —  Bezüglich 
der  weiteren  Geschichte  des  Joanneums-Archives  und  dessen  Ver- 
einigung mit  dem  landschaftlichen  Archive  zum  „Steiermark.  Landes- 
archive"  sei  verwiesen  auf  J.  Zahn :  „Zur  Geschichte  des  landschaftl. 
Archivwesens  in  Steiermark^  im  I.  Jahresberichte  des  st  Landes- 
archives,  Graz  1870,  S.  27—45. 


—     110    — 

für  das  Project  ein  warmer  und  verständnissvoller  Farsprecher 
wurde  —  der  Schriftsteller  Johann  Bitter  v.  Ealchberg,  mit 
welchem  Erzherzog  Johann  längere  Zeit  hindurch  correspon- 
dirte.  Der  Staatsarchivar  Hormayr  musste  natürlich  der  An- 
sicht sein,  dass  eine  gediegene  Historiographie  nicht  möglich 
sei,  solange  nicht  eine  geordnete  Quellensammlung  bestände; 
ein  Centralarchiv  müsse  geschaffen  werden,  worin  die  historisch 
bedeutenden  Urkunden  und  Acten  aus  den  verschiedenen 
Städten  und  Märkten,  Burgen  und  Klöstern  entweder  im 
Original  oder  in  Abschrift  deponirt  würden.  Auch  was  sich 
ausserhalb  des  Landes  befinde,  müsse  herbeigezogen  werden. 
In  diesem  Sinne  legte  er  auch  die  im  Staatsarchive  befind- 
lichen, auf  Inner-Oesterreich  bezüglichen  Urkunden  dem  Erz- 
herzoge vor.  Mit  rastlosem  Eifer  arbeitete  nun  der  Prinz  an 
der  Bealisirung  seines  Planes.  Seinen  Wiener  Aufenthalt  im 
Jahre  1810  verwendete  er  dazu,  die  Hofbibliothek  und  das 
Staatsarchiv  durchzuarbeiten ;  alles  auf  Steiermark  und  Kärnten 
Bezügliche  Hess  er  abschreiben.  Zugleich  wanderte  er  bei  Händ- 
lern herum  und  besuchte  Licitationen,  um  „die  alten  Scri- 
benten  Oesterreichs  "*  zu  sammeln.  Zur  selben  Zeit  ersuchte 
er  auch  Kalchberg,  die  Acten  des  steirisch-ständischen  Archives 
durchzusehen  und  nach  seinem  Ermessen  jene  abschreiben  zu 
lassen,  welche  einem  Geschichtschreiber  nützlich  sein  können. 
„In  gleicher  Absicht  —  schrieb  am  27.  Dec  1810  der  Erz- 
herzog an  Kalchberg  —  werde  ich  dem  Prälaten  von  Rein 
schreiben,  der  in  seinem  Kloster  manch'  Schönes  liegen  hat: 
was  die  Privat-Archive  und  jene  der  Städte  betrifft,  so  ist 
dieses  ein  Gegenstand,  den  ich  künftiges  Frühjahr  durch  Aus- 
Sendung  irgend  eines  Verständigen  vorzunehmen  gedenke. 
Die  ganze  Sammlung  will  ich  dann  im  Museum  niederlegen, 
damit,  wenn  einmal  ein  junger  Mann  sich  über  die  Geschichte 
seines  Vaterlandes  machet,  er  alles  jene  finde,  was  noch 
bestehet. « 

Auch  der  im  obigen  Briefe  berührte  Vorsatz,  das  Land 
hinsichtlich  seiner  Archivalien  bereisen  zu  lassen,  wurde  im 
Auge    behalten,    und    zwar   hatte  Kalchberg   den  Erzherzog 


-    111    — 

gleich  von  vorneherein  auf  jenen  Mann  aufmerksam  gemacht, 
welcher  zu  solchen  Missionen  am  geeignetsten  schien,  auf 
den  ständischen  Registraturs-A^juncten  Josef  Wartinger.  Am 
16.  August  1811  erliess  der  Kreishauptmann  zu  Graz,  Ant 
Freih.  v.  Spiegelfeld,  an  sämmtliche  Bezirks  -  Obrigkeiten, 
Magistrate^  Dominien  u.  s  w.  folgendes  Circulare :  ,  Seine  des 
Erzherzogs  Johann  kaiserl.  Hoheit  haben  verroög  einem  an 
den  unterzeichneten  Kreishauptmann  unmittelbar  erlassenen 
hohen  Handschreiben  dd.  Wien  vom  29.  v.  M.,  den  Herrn 
Professor  und  steyermärkisch  -  ständischen  Archivar  Joseph 
Wartinger  bestimmet,  im  Grätzer  Kreis  nicht  nur  das  stän- 
dische und  städtische  Archiv,  sondern  auch  die  Archive  der 
Magistrate  und  Dominien  vom  flachen  Lande  und  nach  Mög- 
lichkeit auch  die  Privat-Archive  fleissig  durchzublicken  und 
zu  sehen,  ob  sich  daselbst  bisher  noch  in  geschichtlicher 
Hinsicht  für  die  Steyermark  ungenützte  Urkunden  und 
Schriften  vorfinden.  Sämmtliche  Bezirks- Obrigkeiten,  Magistrate, 
Dominien  und  Jurisdizenten,  sowie  die  Herren  Pfarrer  und 
die  Vorsteher  geistlicher  Gemeinden  werden  daher  hievon  zu 
dem  Ende  in  die  Kenntniss  gesetzet;  damit  dem  gedachten 
Herrn  Joseph  Wartinger  bey  seinen  diessfälligen  Unter- 
suchungen nicht  nur  kein  Hindemiss  in  den  Weg  geleget, 
sondern  demselben  in  diesem  für  die  Steyermark  so  nütz- 
lichen Unternehmen  durch  eigene  Anhandlassungen  allent- 
halben hilfreiche  Hand  gebothen  werde.  Uebrigens  wird  zur 
Erleichterung  des  Geschäftes  wesentlich  beytragen,  wenn  von 
den  Bezirks  -  Obrigkeiten ,  Magistraten,  Dominien,  Pfarren, 
Stiftern,  Klöstern  u.  s.  w.,  bei  denen  sich  Archive,  alte  Docu- 
menta, Schriften  oder  Denkmäler  vorfinden,  die  über  die 
Landesgeschichte  einen  Aufschluss  geben  können,  hievon  vor- 
hinein die  Anzeige  hierher  gemacht  wird,  um  solche  dem  vor- 
erwähnten Herrn  Wartinger  zum  Leitfaden  seiner  diessfälligen 
Geschäftsreise  mittheilen  zu  können,  daher  auch  diese  Anzeigen 
ehestens  zuversichtlich  erwartet  werden." 

Leider    l^m    es  für  den  Augenblick    nicht   zu    dieser 
projectirten  Archivsreise;   wahrscheinlich  wollte  man  vorerst 


-     112     — 

orientirende  Erwiderungen  abwarten,  und  wurden  zur  Be- 
schleunigung derselben  am  10.  September  und  28.  October 
1811  neuerliche  Circularien  ausgesendet  Das  Resultat  der- 
selben war  jedoch  gleich  Null.  Erst  in  der  zweiten  Sitzung 
der  Curatoren  des  Joanneums  am  14.  December  1811  konnte 
Kalchberg  von  einem  Erfolge  berichten.  Der  Gubemialbeamte 
Alois  Ritter  v.  Leitner  hatte  36  päpstliche,  an  den  Hof  zu 
Graz  gerichtete  Originalbriefe  ^)  und  einen  gedruckten  S^alender 
von  1592  übergeben.  Ebenderselbe  war  es  auch,  welcher  den 
2.  und  3.  Theil  von  StadFs  ^hellglänzendem  Ehrenspiegel' 
abtrat,  worüber  Kalchberg  in  der  dritten  Curatorensitzung 
am  21.  December  1811  referirte.  Diese  Stücke  bildeten  den 
Grundstock  des  Joanneums-Archives,  indem  die  Sammlangen 
des  Erzherzogs  erst  später  in's  Joanneum  gelangten.  In  einem 
Briefe  des  Erzherzogs  äusserte  sich  derselbe  folgendermassen 
über  die  historische  Abtheilung  des  Museums:  ;, Meine  vorzüg- 
lichste Aufmerksamkeit  ist  auf  das  Fach  der  Geschichte  und 
auf  die  Lesebibliothek  gerichtet.  Ersteres  ist  bis  itzt  äusserst 
arm;  im  Museo  sind  erst  einige  Beyträge  eingegangen,  und 
noch  fehlen  nebst  denen  im  ganzen  Lande  zerstreut  liegenden 
Urkunden  (die  hoffentlich  nach  und  nach  einlangen  werden) 
die  bereits  über  Innerösterreich  gedruckten  Geschichtsbücher 
und  jene  der  nachbarlichen  Länder.  Viele  dieser  besitze  ich 
selbst  und  werde  sie  nebst  jenem  ^),  was  ich  bereits  sammelte, 
nach  Graz  bringen.  Bis  auf  das  Frühjahr  lässt  sich  ihre  Zahl 
sehr  vergrössem.  Dadurch  wird  dann  wenigstens  das  noth- 
wendigste  vorhanden  seyn,  wo  ein  wissbegieriger  Leser  nach- 
schlagen kann." 

Je  bescheidener  der  Anfang,  desto  grösser  war  die  Sorgfalt 
die  man  für  das  Vorhandene  verwendete.  Am  28.  December  1811 
beantragte  Kalchberg,  dass  es  der  Sicherheit  wegen  nicht 
allein  zweckmässig,  sondern  sogar  höchst  nothwendig  sei,  dass 


')  Zum  ersten  Male  gedrackt  1880  in  den  „Steiermark.  Greschichts- 
blättem",  I.  Jhrgg.  S.  69  flf. 

>)  Im  Concepte  stand:  „nebst  den  Diplomen^;  diess  wurde  aber  ge- 
strichen und  durch  Obiges  ersetzt. 


—     113     — 

alle  dem  Museum  übergebenen  und  geschenkten  Manuscripte, 
historischen  Urkunden  u.  s.  w.  abgeschrieben  und  nur  die 
Abschriften  zum  Gebrauche  verabreicht  werden  sollen.  Dieser 
Autrag  wurde  (möglicherweise  mit  Bücksicht  auf  die  im 
Wiener  Staatsarchive  über  dessen  Benützung  bestehenden 
Xormen)  einstimmig  acceptirt,  und  sofort  auch  die  beiden 
vorhandenen  Bände  Stadl's  dem  ständischen  Expeditor  zur 
Besorgung  einer  Abschrift  übergeben. 

Einer  der  Ersten  unter  den  Auswärtigen,  welche  sich 
für  die  Sammlung  von  Archivalien  ernstlich  bethätigten,  war 
Franz  v.  Fradeneck,  Kreishauptmann  zu  Klagenfurt  Ueber 
seine  nächsten  Erfolge  in  dieser  Beziehung  erstattete  er  am 
11.  Jänner  1812  an  den  Erzherzog  folgenden  Bericht:  ;,In 
Ansehung  der  zweyten  gnädigsten  Aufforderung  Euerer  kaiser- 
lichen Hoheit  zu  Beiträgen  für  eine  Geschichte  Inneröster- 
reichs habe  ich  dem  steiermärkischen  Landeshauptmann  Grafen 
v.  Attems  als  ersten  Gurator  des  Johanneums  erst  unter 
3.  (1.  M.  einen  Auszug  aus  dem  Steuerbuche  der  Stadt  Villach 
übersendet,  welcher  die  merkwürdigsten  Epochen  dieser  uralten 
Stadt  und  das  ebenso  merkwürdige  Testament  des  Grafen 
V.  Widmann  gewesenen  Bürgers  von  Villach  und  Nobile  di 
Venezia  in  sich  enthält.  Ich  habe  mich  auch  im  vertrauten 
Wege  um  ähnliche  Beiträge  vom  Burgamt  Villach,  dann  von 
Millstadt  und  Amoldstein  verwendet,  ohne  aber  bis  nun  etwas 
erhalten  zu  haben,  daher  ich  meine  Versuche  erneuem  werde. 
Aus  dem  Klagenfurter  Kreise  ist  an  derlei  alten  Urkunden 
wenig  zu  hoffen;  schon  für  das  Staatsarchiv  sind  die  dies- 
fälligen  Nachsuchungen  fruchtlos  gebUeben.  Die  Archive  der 
Klöster  und  Stifter  sind  theils  bei  ihrer  Aufhebung  nicht 
genug  gewürdiget,  theils  in  der  Folge  schon  ausgemustert 
worden;  von  den  wenigen  Privatdominien  hingegen  gehen 
allenthalben  die  gleichen  Berichte  ein,  dass  sich  in  ihren  un- 
bedeutenden Schriftensammlungen  (denn  Archive  lassen  sie 
sich  nicht  nennen)  keine  alten  zweckmässigen  Urkunden  vor- 
finden. Indessen  werde  ich  nicht  ablassen  zu  suchen  und  auch 
den  kleinsten  Fund  zu  Euerer  kaiserlichen  Hoheit  Füssen  legen''. 

Hittheil.  dM  Mut.  Veraines  f.  Bieiennark,  IXIX.  Heft,  1881.  8 


—     114     " 

Einen  nicht  viel  besseren  Erfolg  hatte  vorläufig  eine  m 
30.  Jänner  1812   erlassene  Aufforderung  des  Erzherzogs  as 
die  Prälaten  von   Voran,  Reun,  St.  Lambrecht  und  Admont 
worin  Jener  ein  förmliches  Programm  über  die  für  vaterlän- 
dische Geschichtszwecke  zu  entwickelnde  Thätigkeit  ansf&hrte: 
„Nur  Vereinigung  der  Kräfte  kann  hier  durchdringen.  Schon 
die  Sammlung  der  Materialien  erfordert  unverdrossenen  Fleis& 
Die  Denkmale  der  Vorzeit  richtig  zu  lesen  und  zu  würdigen, 
setzet  der  Vorkenntnisse  manche  voraus.  Aber  ein  noch  drin- 
genderes Bedürfniss  sind  Männer,   die  sich  der  Geschichte 
widmen  und  somit  der  Sammlung,  und  mit  dem  Verständnisse 
der  Urkunden  zugleich  auch  ihre  Anwendung  zur  Ausf&Ilaog 
mancher  Lücke  in  der  vaterländischen  Historie,  zur  Berichti- 
gung manches  eingewurzelten  Irrthums,  zu  mancher  neuen 
Entdeckung  in  ihrer  Gewalt  haben.  Wo  könnten  diese  billiger 
und  zuverlässiger  aufgesucht  werden,  als  in  der  klösterlichen 
Stille  und  Müsse,  wo  in  BibUothek  und  Archiv  die  nöthigeo 
historischen  Subsidien  fast  immer  mehr  als  zur  Grenüge  vor- 
handen sind.  Es  muss  selbst  für  den  Bestand  der  Stifter  die 
besten  Folgen  haben,  wenn  man  sieht,  dass  sie  sich^s  emstlicii 
angelegen  sein  lassen,  mit  dem  Geiste  der  Zeit  fortzuschreiten. 
,dass  der  Vorwurf  ungerecht  und  hämisch  sei :  die  Zeiten  der 
Bessel,  der  Petze,  Klein,  Rauch,   Cäsar,  etc.  seien  vorüber 
und  hätten  einer  gedankenlosen  Ruhe  oder  blossen  coDt^m- 
plativen  Studien  Platz  gemacht.  Aber  nicht  allein,    dass  die 
Bearbeitung  vaterländischer  Geschichten  von  der  Congregation 
S.  Maure  und  von  St  Blasien   bis  nach  Molk  und  Göttweili 
stets  eine  den  Klöstern  gleichsam  vorbehaltene  Zierde  war. 
so  ist  es  auch  im  Gebiete    der  Literatur,  der  Philosophie, 
der  Kunst  —  wieder  nur  die  Historie,   die  alle  andern  An- 
sichten in  sich  vereinigt  Sie  ist  somit  ohnehin  auf  jeden  Fall 
ein  Hauptbildungszweig  Ihrer  jungen   Leute.   Der  Wunsch. 
den  ich  Ihnen  hiermit  ausdrücke^  ist  ihrer  Bestimmung  eben 
so  verwandt  als  ehrenvoll,  wenn  gemeinnützige  Früchte  daraos 
hervorgehen,  und  ruhmvoll  für   unsere  innerösterreichischen 
Klöster  und    ihre   Vorsteher,  wenn    sie  in   itziger  Periode 


—     115     — 

darinnen  als  Beispiel  hervorleuchten.  Dieser  Wunsch  ist  nämlich, 
dass  Sie  einige  Ihrer  jüngeren  Conventualen,  die  nicht  zu 
anderen  Functionen  nöthig  sind  und  Liebe  und  einige  Vor- 
kenntnisse dazu  zeigen,  vorzugsweise  der  Geschichte  überhaupt, 
vorzüglich  aber  der  vaterländischen  weihen  möchten.  Sie 
können  dann  die  Materialien  ordnen,  benützen,  etwa  vor- 
handene schon  frühere  Arbeiten  feilen  und  fortsetzen,  dem 
Museum  und  dadurch  dem  Vaterlande  einen  sehr  wichtigen 
Dienst  leisten.  Was  Ihnen  in  gleicher  Ansicht  von  Seite  des 
Herrn  Gouverneurs  zukommen  wird,  ist  mit  mir  concertirt 
Vornehmlich  ersuche  ich  Sie  zuvörderst  um  baldige  und 
erschöpfende  Beantwortung  folgender  Fragen:  1.  Ob  eine 
ungednickte  Chronik  Ihres  Stiftes  oder  vielleicht  der  ganzen 
Provinz  oder  andere  historische  Elucubrationen  ehemaliger 
Mitglieder  vorhanden  seyn?  2.  Ob  Ihr  Stift  einen  codicem 
traditionum  besitze  und  zwar  richtig  abgeschrieben  oder  nur 
im  Original?  3.  Welche  Ihrer  Documente  über  das  Jahr  1300 
hinaufreichen?  Ob  Sie  überhaupt  ein  chronologisches  Ver- 
zeichniss  über  ihr  Archiv  und  von  den  vorhandenen  Urkunden 
oder  doch  von  den  meisten  und  vorzüglichsten  verlässige 
Copien  haben?  4.  Vorzüglich  wichtig  sind  die  Urkunden, 
genealogischen  Nachrichten  und  andern  Denkmale  aus  der 
Zeit  der  Ottokare  und  Leopolde  Markgrafen  von  Steyer  und 
der  noch  früheren  oder  gleichzeitigen  kämthnerischen  Herzoge. 
Auf  diese  wollen  Sie  ein  ganz  vorzügliches  Augenmerk  richten 
und  mir  darüber  sowie  überhaupt  über  den  Gegenstand  dieser 
Zuschrift  und  über  die  Mittel  zur  Förderung  des  gemeinsamen 
vaterländischen  Zweckes  Ihre  Ansichten  gefälligst  mittheilen, 
den  wir  Alle  mit  gleichem  Eifer  umfassen  müssen^. 

Im  Zusammenhange  mit  den  in  dieser  Einladung  und  in 
jener  ersterwähnten  Gurrende  von  1811  ausgesprochenen 
Wünschen  des  Erzherzogs  stehen  die  vier  Preisfragen,  welche 
derselbe  zu  Beginn  des  Jahres  1812  ausschrieb  und  die  — 
trotzdem  sie  nicht  vollständig  gelöst  wurden  und  auch  nicht 
gelöst  werden  konnten,  solange  das  hiezu  erforderliche  Ur- 
kundenmateriale  nicht  gesammelt  war  —  ohne  Zweifel  sehr 

8* 


—     116     — 

glQcklich  gewählt  waren,  um  eben  die  aOgemeine  AnüoDerk- 
samkeit  darauf  zu  lenken,  wie  sehr  es  zur  Ermöglichmig  einer 
gründlichen  Landesgeschichtschreibung  geboten  sei,  die  in: 
Lande  zerstreuten  Archivalien  zu  concentriren.  Aber  noch 
musste  eine  geraume  Zeit  verstreichen,  ehe  sich  diese  richtige 
Einsicht  verallgemeinerte.  Der  am  18.  März  1812  an  des 
Erzherzog  erstattete  Curatorenbericht  meldet  noch  immer 
keinen  positiven  Erfolg  und  enthält  nur  fromme  WQnsche: 
„Man  hat  unter  Maria  Theresiens  und  Joseph's  Regierung 
aus  den  ständischen  Archiven  und  den  Bibliotheken  der 
Klöster  fast  alle  merkwürdigen  Urkunden  weggenommen  und 
nach  Wien  überschickt.  Von  diesen  dem  Vaterlande  ^^ 
raubten  Heiligthümem  wenigstens  getreue  Copien  wieder  b 
erhalten,  ist  der  sehnlichste  Wunsch  aller  Patrioten  Steyer- 
marks;  allein  die  Erfüllung  desselben  kann  nur  durch  Sr 
kaiserlichen  Hoheit  Gnade  geschehen,  da  Höchstdenselbeo 
der  Zutritt  zu  alP  diesen  verborgenen  Quellen  offen  st^ht 
Von  der  guten  Gesinnung  der  Steyermärker  ist  andererseits 
zu  erwarten,  dass  sie  dasjenige,  was  sie  noch  an  historischen 
Schätzen  besitzen,  dem  Institute  gerne  überlassen  werden 
Die  Anschaffung  jener  altem  gedruckten  historischen  Werke. 
aus  denen  die  neueren  Geschichtschreiber  schöpfen  müssen, 
unterliegt  ohnehin  keiner  grossen  Beschwerde,  sondern  fordert 
nur  Zeit  sie  allgemach  aufzufinden". 

An  der  hier  erbetenen  Unterstützung  liess  es  der  Erzhenog 
auch  wirklich  nicht  fehlen.  „Für  die  Sammlung  geschichtlicher 
Urkunden  bin  ich  hier  nicht  müssig,  ich  fand  manches 
Schönes",  schrieb  er  aus  Wien  an  Kalchberg.  „Im  historischeu 
Fache  habe  ich  bey  vierzig  Werke  bereits  vorräthig,  welche 
die  innerösterreichische,  illyrische,  ungarische,  deutsche  Ge- 
schichte betreffen,  eben  so  eine  Anzahl  Diplome  und  Maou- 
Scripte".  Und  in  einem  dritten  Schreiben  aus  Wien  berichtete 
er  mit  sichtlicher  Freude:  „An  historischen  Quellen  erhalte 
ich  hier  so  manch  gute,  so  z.  B.  Herrgotts  vortreffliches 
Werk,  die  Scriptores  rerum  Italicarum  des  Muratori,  die 
beste  Sammlung  über  italienische  Geschichte,  alle  auf  Inner- 


—     117     — 

Österreich  bezugnehmenden  Urkunden  aus   dem  Hausarchive, 
die  Diplome  aus  der  Hofbibliothek  und   die  dortigen  Manu- 
Scripte,  von  welchen  zwei  Cillyer  Chroniken  bereits  abgeschrieben 
sind.''  Dank  dieser  energischen  BethUtigung  konnte  der  Prinz 
am  Schlüsse   des  Jahres  1812  mit  Befriedigung  die  Früchte 
derselben  überblicken:   ;;Ein  volles  Jahr  ist  nun  verflossen, 
seit  das  innerösterreiche  National-Museum,   dem  die  dortigen 
Herrn  Stände  meinen  als  des  Stifters  Namen  beilegten,  seinen 
Anfang  genommen  hat.  —  Binnen   dem  kurzen  Zeitverlaufe 
haben  sich  hier  einige  tausend  für  die  Provinz  Innerösterreich 
in  mehrfacher  Beziehung  hochwichtiger  Urkunden  zusammen- 
gefunden, theils  aus   den   reichen  Schätzen  des  kaiserlichen 
geheimen  Staatsarchives  in  Wien,  theils  aus  den  ständischen, 
bischöflichen,  städtischen^  montanistischen  und  Privatarchiven. 
Dazu  habe  ich  überall  viele  Bereitwilligkeit  und  nur  an  wenigen 
Orten  Zweifel  und  eine  dem  Geiste  der  Zeit  ganz  und  gar 
nicht  mehr  zusagende  Schüchternheit  gefunden,  die  oftmals 
dem   Einzelnen  oder   dem  Ganzen  nach  Umständen  überaus 
wichtige  Papiere  lieber  dem  Moder  und  der  Vergessenheit 
als   gemeinnützigem  Gebrauche  überliefern  will.  Es   ist  um 
so   Wünschenswerther,    dass   das   Joanneum  ein    allgemeines 
Depot  der  wichtigsten  Urkunden  und  Besitztitel   des  Landes 
nicht  nur,  sondern  auch  der  Corporationen  und  Privaten  werde, 
je   häufiger   die  Beispiele    sind,    dass  feindliche  Invasionen, 
Feuersbrünste,  Ueberschwemmungen,  andere  Elementar-UnfäUe 
und  Sorglosigkeit  vielen  geistlichen  und   weltlichen  Körper- 
schaften, vielen  Familien    ihre    wichtigsten  Auskunfts-   und 
Besitztitel  entrissen  haben '^.  Darüber  seien  alle  Besitzer  mög- 
lichst aufzuklären  und  dieselben  zu  ermahnen,  ihre  Adels- 
diplome, Lehensbriefe,  Stammbäume  u.  s.  w.  in  beglaubigten 
Abschriften  zu  deponiren  und  sich  so  durch   diese  Verdopp- 
lung auch  vor  jeder  Verlustesgefahr  doppelt  sicher  zu  stellen. 
In  welcher  Weise  der  Prinz  die  Einlieferung    von  Ar- 
chivalien und  deren  Bearbeitung  arrangirt  haben  wollte,  geht 
um    deutlichsten    aus    einer  Zuschrift    an   die   Stände    vom 
16.  November  1813   hervor:    „Unmögüch  kann  jemals  eine 


—     118     — 

Geschichte  des  Landes  verfasst  werden,  wenn  nicht  alle  Ma- 
terialien gesammelt  sind.  Und  diese  liegen  zerstreut,  fbr  die 
Nachkommenschaft  verloren,  wenn  sie  nicht  jetzt  henrorge- 
zogen  und  gerettet  werden.  Dieses  Ifisst  sich  nur  dadurch 
erreichen,  wenn  alle  im  Land  zerstreut  liegenden  Urkunden 
und  Handschriften  an  das  Institut  eingesendet  werden.  Dort 
werden  selbe  geordnet,  gelesen,  abgeschrieben  und  dann  den 
Besitzern  zurückgestellt.  Diesen  soll  es  freygestellt  bleiben, 
das  Original  zurückzunehmen  oder  solches  im  InstitaU- 
Archive  gegen  einen  Empfangsschein,  welcher  ihm  das  Eigen- 
thums-  und  Zurücknahmsrecht  vorbehftlt  —  zu  lassen  und 
sich  mit  einer  vidimirten  Abschrift  zu  begnügen.  Letztere 
werden  ihnen  auch  den  Gebrauch  erleichtem,  indem  sich 
wenige  finden  werden,  die  alte  Schriften  zu  lesen  im  Stande 
sind.  So  allein  können  oft  sehr  wichtige  Familien-Documente 
vor  Verlust,  Verderben,  Feuer  geschützt  werden.  So  allein 
können  Familien  schnell  und  leicht  Aufschlüsse  über  Alles 
finden,  was  sonst  so  manche  fruchtlos  suchet,  so  das  Andenken  an 
manches  Haus,  an  manche  That  der  Vorfahren  erhalten  werden. 
Ich  hoffe  mit  Zuversicht,  dass  dieser  mein  Antrag  beheiziget 
keinen  Schwierigkeiten  unterliegen  wird.  Zu  aufgeklärt  sind 
alle,  um  nicht  das  Wohlthätige  und  nützliche  davon  einzu- 
sehen. Zu  sehr  liebt  jeder  sein  Vaterland,  um  nicht 
den  Wunsch  einer  baldigen  Geschichte  desselben  realisirt 
zu  sehen.  Ich  rechne  auf  die  Bereitwilligkeit  der  Stifte, 
Herren,  Besitzer,  Städte  und  Märkte.  Erstere,  welche  so 
herrliche  Archive  besitzen,  werden  gewiss  mit  dem  Beyspiele 
vorangehen,  und  ich  hoffe  bald  die  Folgen  durch  reichlich 
eingehende  Beyträge  zu  sehen.  Bereits  haben  schon  einige 
die  Bahn  gebrochen;  so  Graf  Stadl  durch  die  Ueberreichnng 
seines  steyermärkischen  Herrenspiegel,  so  die  Magistrate 
von  MürzzuscUag  und  Eindberg  durch  die  Einsendung  des 
Verzeichnisses  jener  Urkunden,  die  sie  besitzen.** 

Die  zuletzt  erwähnte  Uebergabe  des  Stadl'schen  Ehren- 
spiegels war  bereits  im  Jänner  des  Jahres  1813  erfolgt  und 
bildete  einen  würdigen  Pendant  zu  der  Abtretung  einer  Beihe 


—     119     - 

von  Urkunden  aus  dem  Familien-Archive  der  Gräfin  Christine 
V.  Wildenstein.  Ebenso  bekundete  das  Stift  St  Lambrecht 
ein  werkthätiges  Interesse.  Aber  auch  aus  Klagenfurt  wurden 
Beiträge  (Urkundenabschriften  u.  s.  w.)  eingesendet,  und  ein 
ganz  besonderes  werthvolles  Geschenk  machte  Dr.  Joh.  Jenuli 
in  Elagenfurt,  welcher  am  3.  September  1813  die  vielbe- 
sprochene Schenkungsurkunde  Königs  Karlmann  vom  9.  Sep- 
tember 977  überschickte,  bis  jetzt  noch  die  älteste 
Originalurkunde  im  Steiermark.  Landes- Archive.  „Die 
Arbeiten  des  Joanneums  gehen  ihren  erwünschten  Gang  fort  — 
schrieb  am  24.  Februar  1813  der  Erzherzog  an  den  Kreis- 
hauptmann in  Cilli,  Grafen  Auersperg  — ;  die  historisch- 
archivaliBche  Ausbeute  ist  ganz  besonders  bedeutend.  Dieses 
Frühjahr  und  diesen  Sommer  werden  sich  meine  Bemühungen 
ganz  vorzüglich  auf  Untersteier  und  auf  Kärnten  richten.'' 
Andererseits  wieder  richteten  die  Curatoren  Ersuchschreiben 
an  den  Oberverwalter  der  fürstlich  Schwarzenberg'schen 
Herrschaft  Murau  und  an  Sigm.  Frh.  v.  Königsbrunn,  als 
Eigenthümer  der  Herrschaft  Liechtenstein.  Um  die  Angelegen- 
heit in  noch  besseren  Fluss  zu  bringen,  trug  der  ständische 
Ausschuss  die  Archivsfrage  im  December  1813  dem  Landtage 
vor,  und  wurde  auf  diesem  wirklich  beschlossen,  Auffor- 
derungen ergehen  zu  lassen:  1.  an  sämmtliche  Dominien  und 
Magistrate  im  Herzogthume  Steiermark;  2.  an  die  k.  k.  fünf 
Kreisämter;  3.  an  die  k.  k.  Domänen- Administration  in  Steier- 
mark und  Kärnten;  4.  an  die  Prälaten  von  Renn,  St.  Lambrecht, 
Admont  und  Voran. 

Mit  welcher  Ungeduld  Prinz  Johann  die  Vorgänge  am 
Joanneum  beobachtete,  beweist  die  Erwiderung  auf  einen  Brief 
Kalchberg's.  Dieser  hatte  (25.  December  1813)  den  Erzherzog 
erinnert,  dass  Fürst  Schwarzenberg  zu  Murau  ein  sehr 
interessantes  Archiv  habe;  „eine  unmittelbare  Aufforderung 
von  E.  k.  Hoheit  könnte  ihn  zur  Herausgabe  der  unbenutzten 
Urkunden  bestimmen".  Die  Antwort  hierauf  lautete:  „Mürz- 
zuschlag  und  Kindberg  haben  geliefert;  Leoben,  Brück  gaben, 
was  sie  haben,  die  Staatsherrschaften,  die  Gewerke  ebenfalls ; 


—     120     — 

es  sind  nur  noch  die  Klöster  und  die  Privathenren,  —  letztere 
gar,  die  ihre  Geheimnisse  (oh  bone  deus !)  lieber  den  Mäusen 
und  Ratten  anvertrauen  als  dem  Landes- Archiv ;  vielleicht 
ftirchten  sie  sich,  dass  eine  Parallele  zwischen  ihnen  und  ihreD 
kernhaften  Voreltern  gezogen,  nicht  sehr  günstig  ausfallen 
möchte.  Ich  gedenke,  dieses  Frühjahr  in  jedem  Kreise  eraen 
durch  das  Kreisamt  und  mich  bestimmten  CSommissär  herum- 
wandern  zu  lassen,  der  die  Papiere  durchsuchen  wird.  An 
Fürst  Schwarzenberg  und  Graf  Stubenberg  schreibe  ich.*  Ein 
Monat  später  (23.  Februar  1814)  berichtete  der  Erzherzivg 
schon:  „Mit  dem  Fürsten  Schwarzenberg  habe  ich  gesprochen, 
er  versprach  mir  alles  zu  geben,  was  er  hat;  da  hoffe  ich. 
da  das  Archiv  in  Ordnung  ist,  manches  zu  erhalten.*  —  Die 
Anspielung  auf  den  Grafen  Stubenberg  bezog  sich  aui 
das  Stubenberg'sche  Schlossarchiv  zu  Wieden,  auf  welches 
Kalchberg  den  Erzherzog  aufmerksam  gemacht  hatte.  Bei 
dieser  Gelegenheit  brachte  Jener  von  neuem  wieder  Archivs- 
bereisungen  in  Anregung,  welche  bekanntlich  schon  1811  an- 
gekündigt waren.  So  schrieb  er  am  4.  April  1814  in  dieser 
Beziehung  an  den  Erzherzog:  „Der  arme,  immer  kränkelnde 
Wartinger,  der  so  sehr  einer  Aufmunterung  bedarf,  wird  völlig 
blind  von  dem  ewigen  Lesen  alter  Urkunden.  Ich  wünschte 
ihn  —  welches  zugleich  eine  kleine  Lustreise  wäre  —  auf 
Wieden  schicken  zu  dürfen,  weil  mir  Graf  Stubenberg  sagen 
Hess,  er  habe  viele  alte  Urkunden,  die  er  nicht  lesen  könne, 
er  wisse  also  nicht,  was  er  zu  schicken  habe."  Und  schon 
früher  einmal  (17.  Februar  1814)  hatte  Kalchberg  gemeint: 
^Das  beste  Mittel,  Urkunden  zu  erhalten,  dürfte  wohl  sein, 
die  vorzüglichsten  Archive  des  Landes  zu  erforschen,  dann 
dem  Eigenthümer  zuzuschreiben,  und  wenn  man  von  ihm  die 
Zusage  der  Herausgabe  erhält,  den  Wartinger  abzusenden, 
dass  er  selbst  auswähle  und  mitnehme.  Derley  Zuschrifteo 
werden  aber  nur  von  E.  k.  Hoheit  selbst  erlassen  einen 
Erfolg  haben."  Aehnlich  drückte  sich  derselbe  in  seinem 
ämtlichen  Gutachten  vom  8.  März  1814  aus^  worin  sich  einige 
treffende  Bemerkungen  finden,  wie  z.  B.:  „Die  Menschen,  an 


~      121     — 

die  man  sich  wenden  muss,  haben  entweder  keinen  guten 
Willen  oder  sind  zu  gleichgültig,  oder  zu  unwissend.  Der 
letzte  Fall  ist  der  gemeinste,  und  viele  würden  gerne  geben, 
Nvas  sie  haben,  aber  sie  wissen  selbst  nicht,  dass  sie  etwas 
Merkwürdiges  besitzen.  Ganze  Archive  nach  Grätz  zu  über- 
senden, ist  ebenfalls  zu  beschwerlich.  Es  bleibt  also  nur  der 
Weg  übrig,  sich  unter  der  Hand  zu  erkundigen,  wo  sich 
etwas  befinde  und  dann  —  nach  erhaltener  Einwilligung  des 
Eigenthümers,  Jemand  abzuordnen,  der  selbst  die  Besichtigung 
und  Auswahl  vornimmt  Wo  grössere  Archive  bestehen,  die, 
wie  zu  Admont  und  Murau,  Repertorien  haben,  kann  freilich 
schon  durch  die  Einsendung  der  letzteren  vieles  erörtert 
werden  und  aus  ihnen  die  Wahl  geschehen." 

Mit  dem  Projecte  der  Archivbereisungen  zeigte  sich  der 

Erherzog    vollkommen    einverstanden.    ^Wartinger   soll  nach 

Kapfenberg  und  den  Orten  gesendet  werden,  wo   etwas  zu 

finden  ist,  es  gibt  manch'  alte  Pfarren,  die  so  etwas  haben  ^ 

—  schrieb  er  an  Kalcliberg  (14.  April  1814),   und  dann,  als 

Kalchberg  (21.  Juni  1814)  von  dem  günstigen  Erfolge  War- 

tinger's  auf  dem  Schlosse  Wieden  berichtete  und  zugleich  neue 

Vorschläge  erstattete,    erwiderte  er  (25.  Juni  1814):    j,Ich 

hatte  nie  gezweifelt,  dass  das  Stubenbergische  Archiv  Ausbeute 

geben  würde.    Wartinger  soll   alles   abschreiben  lassen  und 

wenn  es  nothwendig  wird,  dahin  zurückkehren.  Soll  im  Mürz- 

thal  nichts  anderes  zu  finden   sein  ?  Hat  Aflenz   nichts  ?   Ist 

bey  dieser  Pfarre  und  bey  mehreren  noch  alten  nichts  mehr 

zu  finden?  Den  Prälaten  von  Rein  werde  ich  anreden,  mir 

scheinet,  ihm  wäre  das  liebste,  wenn  Wartinger  zu  ihm  hinauf 

gienge  und  dort  die  Auswahl  träfe.  Die  Schlösser  Trautenfels, 

Steinach,  das  Salzamt  zu  Aussee,  Wolkenstein   und  Admont 

haben  noch  vieles.  Nicht  zu  vernachlässigen  sind  die  Pfarren ; 

ich  fand  bey  manchen  schöne  brauchbare  Behelfe  zur  Geschichte. 

Wartinger  muss  reisen,  sonst  gehet  es  nicht.  ^  Später  einmal 

(26.  Februar  1816,    aus  London)  bestimmte  der  Erzherzog 

den  Reiseplan  Wartinger's   noch    genauer:    i,Hat  Wartinger 

vorigen  Sommer  und  Herbst  gesammelt?    Diess   ist   höchst 


—     122     — 

wichtig,  aber  gut  wäre  es,  wenn  er  darin  gleichiuassig  vor- 
ginge, nemlich  Gegend  vor  Gregend,  Ort  vor  Ort**  —  Bezüg- 
lich des  Reuner  Archivs  hatte  Ealcbberg  folgenden  höchst 
beachtenswerthen  Vorschlag  gemacht:  „Das  Stift  Rein  hat  m 
4  grossen  Bänden  eine  Abschrift  aller  seiner  Urkunden  bis 
1600.  Da  das  Stift  die  Originalien  besizt  so  kOnnte  es  uns 
leicht  diese  Abschriften  überlassen  oder  wenigstens  erlauben, 
dass  wir  diese  4  Bände  ftlr  uns  abschreiben  dürften.  Ich  bitte 
£.  k.  Hoheit  hierüber  mit  dem  Prälaten  zu  sprechen,  der  uns 
auch  die  Wildenstemischen  Documente  überlassen  könnte. 
Der  Prälat  zeigt  sich  zuweilen  gefällig,  aber  seine  Entschlüsse 
sind  veränderlich.^ 

Bereitwilliger  zeigte  sich  der  Abt  von  St  Lambrecht 
der  am  23.  Februar  1814  auf  die  erhaltene  Einladung  zur 
Uebersendung  der  merkwürdigsten  Documente  und  Urkunden 
erwiederte,  dass  von  Seite  seines  Stiftes  schon  das  Mögliche 
zur  Bereicherung  des  Joanneums  geschehen  sei,  und  selbes 
nicht  unterlassen  werde^  künftig  entdeckte  Merkwürdigkeiten 
dem  Institute  bereitwilligst  mitzutheilen.  Einen  entschieden 
günstigen  Erfolg  boten  die  Bemühungen  um  die  Stubenberger 
Archive.  Am  1.  Juli  1814  berichtet  Kalchberg  dem  Erzherzoge, 
dass  Karl  Herr  v.  Stubenberg  seine  Origmalurkunden  mit  Vor- 
behalt des  Eigenthurosrechtes  abgetreten  habe,  dass  WarUnger 
nochmals  nach  Wieden  geschickt  werde  und  dass  dieser  dann 
auch  nach  Aflenz  gehen  wolle.  Zugleich  bittet  Kalchberg,  der 
Erzherzog  möge  den  Fürsten  Schwarzenberg  bewegen,  das  zu 
Murau  befindliche  Archivsrepertorium  an  die  Curatoren  einzu- 
senden und  die  Urkunden  zum  Abschreiben  zu  yerabfolgen; 
auch  wäre  es  gut,  wenn  Warünger  nach  Murau  ginge,  da  auch 
der  dortige  Magistrat  Urkunden  habe.  Der  Erzherzog  möge 
sich  vom  Reuner  Abte  bestimmte  Versprechen  geben  lassen. 
Admont  habe  sein  Repertorium  eingesendet,  doch  meine  War- 
tinger,  die  Einsicht  der  Urkunden  selbst  wäre  trotzdem  noth- 
wendig;  somit  sollte  Wartinger  auch  nach  Admont  geschickt 
werden.  —  Mit  diesen  Propositionen  zeigte  sich  aber  der 
ICrzberzog  nicht  ganz  einverstanden.   „Was  Murau  und  Rein 


—     123     — 

betrifft,*  schrieb  er  am  6.  Juli  zurück,  „werde  ich  besorgen, 
Wartinger  soll  sich  mit  jenen  Archiven  und  zerstreuten  Ur- 
kunden bey  Dominien,  Familien  und  Pfarren  beschäftigen, 
welche  in  Unordnung  unbekannt  liegen,  die  in  den  Stiftern 
und  in  den  grösseren  geordneten  Archiven  sind  immer  zu 
zu  haben.''  Auf  das  hin  meldete  Ealchberg  am  3.  August  1814: 
«AVartinger  ist  wieder  im  Mürzthale,  um  Urkunden  zu  sammeln. 
Wir  wollen  auch  zusammen  eine  Reise  nach  Deutschlandsberg 
machen,  wo  sich  riele  von  Salzburg  angekommene  Urkunden 
befinden.'' 

Diese  Archivsfahrten  Wartinger's  waren  allerdings  meisten- 
theils  von  gutem  Erfolge  begleitet,  doch  traf  ihn  doch  hie  und 
da  so  mancher  misstrauische  Blick,  welcher  den  ausserordent- 
lich sensitiven  Mann  oft  bitter  kränkte.  Um  derartigen  Ver- 
legenheiten für  die  Zukunft  vorzubeugen,  ersuchte  Kalchberg 
am  25.  Jänner  1815  den  Erzherzog,  für  Wartinger  ein  Creditive 
auszufertigen,  wodurch  dieser  dann  legitimirt  erscheinen  könne. 
Erzherzog  Johann  anerkannte  das  Zweckmässige  dieses  Vorschla- 
ges und  übersendete  schon  nach  vier  Tagen  an  die  Curatoren 
behuä  Einhändigung  an  Wartinger  folgendes  Creditive :  „Schon 
bey  der  ersten  Gründung  des  Joanneums  habe  Ich  die  Absicht 
ausgesprochen,  dort  auch  eine  Sammlung  alter  Urkunden,  die 
auf  die  Geschichte,  Genealogie  und  alte  Geographie  der 
Provinzen  Inner  -  Oesterreichs  Bezug  haben,  zu  veranstalten, 
damit  dieselben  vor  der  Zerstörung  verwahrt  werden,  zur 
Kenntniss  des  Geschichtsforschers  gelangen  und  einst  zur 
Verfassung  einer  pragmatischen  Geschichte  dieser  Länder 
dienen  können.  Aus  diesem  Grunde  wurden  bereits  von  Mir 
und  von  den  Curatoren  des  Institutes  mehrere  allgemeine 
Aufforderungen  und  specielle  Zuschriften  erlassen,  solche  Ur- 
kunden an  das  letztere  einzusenden,  und  wirklich  bewiesen 
manche  Besitzer  derselben  hierin  eine  nachahmungswürdige 
Bereitwilligkeit  Da  jedoch  die  Erfahrung  zeigte,  dass  manche 
Archive  zu  reichhaltig  sind,  um  ganz  übersendet  zu  werden, 
dass  dne  selbst  zu  treffende  Auswahl  für  die  Eigenthümer 
derselben  zu  schwer  ist,  dass  so  mancher  Besitzer  auch  ein- 


—     124     — 

zelner  Documente  deren  wissenschaftlichen  Worth  selbst  nicht 
zu  beurtbeilen  vermag :  so  finde  Ich  es  für  nothwendig,  einen 
mit    den    erforderlichen    Kenntnissen   versehenen    Mann  die 
Auswahl  und  Sammlung  solcher  Urkunden  fbr  das  Joanneum 
anzuvertrauen.   Indem  Ich  nun  diessfalls  in  den  ständischen 
Archivar  Herrn  Joseph  Wartinger  Mein  volles  Vertrauen  setze, 
so  werden  alle  Adeligen,  Güterbesitzer,  Magistrate,  Abteyen, 
Klöster,  Dechanteyen  und  Pfarrvorsteher  von  Mir  eingeladen, 
demselben  die  Durchsuchung  ihrer  Archive  oder  Durchlesung 
einzelner  Urkunden  zu  gestatten,  und  sowohl  seinen  Worten« 
als  auch  seinen  Zuschriften   volles  Vertrauen  zu   schenken. 
Sie  können   sich   ganz  auf  seine  gewissenhafte  Treue,   fbr 
welche  das  Institut  bürgt;  verlassen,  und  es  soll  vollkonunen 
in  Ihrer  Willkühr  stehen,  diejenigen  Urkunden,  welche  er  als 
für  das  Joanneum  geeignet  erklärt,  demselben  entweder  un- 
bedingt zu  überlassen,  oder  sich  das  Eigenthumsrecht  vorzu- 
behalten oder  aber  zu  fordern,  dass  nach  genommener  Abschrift 
das  Original   wieder  zurückgeschickt  werde.    So  wie  auf  die 
genaue  Erfüllung  dieser  Bedingungen  mit  Zuversicht  gerechnet 
werden  kann,  so  rechne  auch  Ich  darauf,  dass  die  biederen 
Bewohner  Inner-Oesterreichs  diese  Aufforderung  zu  würdigen 
und  Mir  ihre  patriotische  Bereitwilligkeit  zu  erproben  nicht 
unterlassen  werden.'' 

Auch  die  steirische  Landschaft  stellte  am  3.  Februar  1815 
ein  ähnliches  Beglaubigungsschreiben  für  Wartinger  aus,  worin 
dieser  bei  allfälligen  Reisen  allen  Besitzern  von  Archivalien 
empfohlen  wurde.  —  Diese  beiden  Beglaubigungsschreiben 
bilden  einen  bezeichnenden  Abschnitt  für  die  Popularishrung 
des  jungen  Institutes.  Man  gewann  nun  im  Allgemeinen  zu 
demselben  umsomehr  Vertrauen,  je  mehr  man  sich  überzeugte, 
wie  uneigennützig  und  solide  man  an  demselben  vorging. 
Zudem  waren  ruhigere  Zeiten  in's  Land  gekommen,  die  all- 
gemeine Aufregung  schwand  dahin,  und  man  fand  wieder 
Interesse  an  friedlichen  Bestrebungen.  Vom  Jahre  1815  an 
gingen  nach  Laut  der  Jahresbericlite  des  Joanneums  die  Bei- 
träge  an  dieses  mit  einer  erfreulichen  Begelmässigkeit  ein. 


—     125     — 

und  aueh  Wartinger  wurde  auf  seinen  Archivsbereisungen  noch 
freundlicher  als  zuvor  aufgenommen.  So  schrieb  einmal  Ealch- 
berg  (am  4.  April  1815)  an  den  Erzherzog:  ^ Wartinger  ist 
von  seiner  Reise  zurückgekehrt.  Er  wurde  fast  überall  gut 
aufgenommen,  knüpfte  manche  nützliche  Verbindungen  an  und 
brachte  wenige  Urkunden,  aber  viele  Versprechungen  der 
Uebersendung  von  Abschriften  mit";  und  dann  wieder  (am 
23.  Aug.  d.  J.):  „ Wartinger  ist  durch  zwei  Monate  in  der 
obem  Steiermark  herumgewandert,  ging,  um  dem  Institute 
keine  grossen  Kosten  zu  verursachen,  fast  immer  zu  Fuss, 
und  war  an  manchen  Orten,  besonders  zu  St.  Lambrecht  sehr 
glücklich.  Viele  Urkunden  aus  dem  XIII.,  einige  aus  dem  XII. 
und  eine  aus  dem  X.  Jahrhunderte!  Auf  seiner  Reise  erfuhr 
er  auch,  dass  die  ältesten  Urkunden  der  aufgehobenen  Stifte 
sich  in  Wien  befinden,  und  glaubt,  es  wäre  gut,  Abschriften 
derselben  zu  erhalten.  Vor  allem  von  Göss,  welches  die  ältesten 
Urkunden  hatte."  Diese  letztere  Entdeckung  war  allerdings 
keine  neue  mehr.  ,Was  in  Wien  ist,"  antwortete  der  Erz- 
herzog, „habe  ich  abgeschrieben,  nach  Gratz  gesendet;  sowohl 
aus  unserem  Archive  als  auch  aus  der  Bibliothek.  Da  ist 
nichts  mehr  zu  finden;  jene  von  Göss  liess  ich  abschreiben 
und  liegt  eine  Abschrift  in  der  Liceal-Bibliothek  in  Gratz." 
Damit  hatte  es  mit  dem  blossen  unausgesetzten  Sammeln 
vorläufig  ein  Ende;  eine  andere  Frage  von  nicht  minderer 
Wichtigkeit  trat  nun  für  die  nächste  Zeit  in  den  Vordergrund, 
und  zwar  die,  das  Archiv  zweckentsprechend  einzurichten.  Bis 
zum  Jahre  1816  bildete  es  einen  Anhang  zu  der  am  Joanneum 
bestehenden  Leseanstalt.  Der  Umfang  dieser  letzteren  wurde 
vom  Erzherzog  folgendermassen  bestimmt:  „Sie  wird  sich,  da 
in  Grätz  ohnehin  schon  eine  Bibliothek  bestehet,  ausser  den 
Büchern,  die  zu  den  Lehrfächern  des  Joanneums  gehören  ~ 
vorzüglich,  nur  auf  2  Gegenstände  beschränken^  nemlich  auf 
das  Fach  der  Geschichte  und  der  mit  ihr  in  Verbindung 
stehenden  Wissenschaften  im  weiteren  Sinne,  dann  auf  die 
Haltung  der  besten  in-  und  ausländischen  Journale.  Indem 
der  Mensch  immer  des  Menschen  wichtigstes  Studium  bleibt, 


—     126     — 

80  gewährt  die  Geschichte  eine  eben  so  nQtzliche  als  ange- 
nehme LectQre,  und  damit  auch  der  Freund  der  Vaterlands- 
geschichte   seine  weiterstrebende  Forschbegierde  befriedigen 
könne,  soll  mit  dem  historischen  Fache  eine  Sammlung  alter 
Urkunden,  die  auf  die  vaterländische  Geschichte  Bezug  haben, 
insoweit  sie  nur  immer  aufzufinden  sind,  verbunden  sem.' 
Die  unmittelbare  Verwahrung  und  Instandhaltung  der  Archiva- 
lien  oblag  dem  Scriptor  Kollmann,  einem  begabten,  aber  derlei 
inferioren  Gegenständen  gegenüber  durchaus  nicht  begeisterten 
Manne,   lieber   den  Zustand  des  Ärchives  unter  seiner  Ver- 
waltung finden  wir  nur  folgende  kurze  Notiz  von  seiner  Hand  aus 
dem  Jahre  1816:   «Das  Archiv  verdankt  der  Liberalität  des 
Herrn  Carl  Schmutz  40  grosse  wohlgeschlossene,  eigens  ver- 
fertigte gleiche  Cartons,  in  welchen  die  1097  Stücke  Stuben- 
bergischen  Urkunden  und  auch  die  Wildensteinischen  aufbewahrt 
werden.  Von  dem  Wartingerischen,  blos  in  der  zufälligen  Reihe 
des  Vorfindens  entworfenen  Verzeichnisse  ist  ein  zweites  chrono- 
logisches der  Stubenbergischen  Urkunden  verfasst  worden.' 
Je  weiter   die  Sammlungen  des  Joanneums  an  Umfang 
zunahmen,  desto  mehr  stellte  sich  aber  das  Bedürfhiss  heraus, 
das  Archiv  von  der  Leseanstalt  zu  trennen,  und  in  einem 
eigenen  Locale  unterzubringen.  Schon  im  Jänner  1815  hatte 
der  Erzherzog  in  einem  Schreiben  an  Kalchberg  die  Bemer- 
kung gemacht:  „Rücksichtlich  des  Platzes  für  das  Archiv  gehe 
ich  neuerdings  die  Curatoren  an."   Doch  so  lange  Jener 
abwesend  blieb,  geschah  nichts;  nach  fast  anderthalb  Jahren 
schrieb  er  abermals  an  Kalchberg  über  diese  Angelegenheit: 
„Neugierig  bin  ich  zu  sehen,  ob  Bibliothek,  Journale,  alles  in 
Ordnung  ist  und  was  das  Archiv  machet,  da  sollte  denn  doch 
einmal  ein  Platz  gefunden  werden  —  es  ist  einer  der  wich- 
tigsten Zweige  des  Institutes.   Schreiben  Sie  mir  nichts,  was 
dasselbe  betrifft,   da  ich  nächster  Tage  auf  das. Land  gehe 
und   alles   mit   eigenen  Augen  sehen  will,   wenn  ich  einen 
Augenblick  dazu  finde,  dann  wollen  wir  mündlich  recht  auf- 
richtig sprechen,    um  bey  nunmehr  dauerhaft  scheinendem 
Frieden  das  angefangene  Werk  zu  vollenden/    Prinz  Johann 


—     127     — 

war  kein  Freund  des  Aufschiebens;  noch  im  selben  Monate 
(29.  Mai  1816)  schrieb  er  an  die  Curatoren,  worin  er  ihnen 
seine  Zufriedenheit  mit  ihren  bisherigen  Einrichtungen  kund 
gab,  zugleich  aber  auch  Vorschläge  für  eine  Neuaufstellung 
der  Antiquitäten  und  Archivalien  machte,  indem  er  auf  das 
Gerücht  hinwies,  dass  die  ständische  Buchhaltung  aus  dem 
Landhause  in  die  Caseme  in  der  Färbergasse  übersiedeln 
solle.  In  diese  im  Landhause  gewonnenen  leeren  Räume  könnte 
dann  die  bisher  im  Joanneum  befindlich  gewesene  Zeichnungs- 
schule einziehen.  ^Das  Institut  gewinnt  dadurch  die  von  ihr 
und  von  dem  Zeichenmeister  besetzten  Zimmer,  davon  wären 
die  zwei  an  der  Hauptstiege,  von  welchen  eines  gewölbet  ist, 
für  das  geschichtliche  Archiv  einzuräumen,  wo  dann  Wartinger 
ungetrübet  seine  Arbeit  fortsetzen  und  die  besitzenden  Ur- 
kunden ordnen  könnte.  Die  Zimmer  gegen  der  Raubergasse 
können  zur  Aufstellung  der  Alterthümer,  Münzsammlung 
(welche  auch  geordnet  zu  werden  verdient),  der  alten  Ge- 
mählde  verwendet  werden.  Die  bestehenden  römischen  Denk- 
mähler  wären  dann  auf  dem  Gange  und  Stiege  einzumauern 
und  aufzustellen.^ 

Wie  ernst  es  Erzherzog  Johann  mit  seinem  Vorschlage 
nahm,  beweist  folgende  Bemerkung  in  einem  Briefe  an  Kalch- 
berg  (v.  1.  Aug.  1816):  „Rücksichtlich  der  zwei  Zimmer  itlr 
das  Archiv,  da  ich  wenigstens  diese  haben  muss,  gehe  ich 
officiell  an  die  Curatoren."  Und  wirklich  erhielten  letztere  schon 
am  3.  August  nachstehende  erzherzogliche  Zuschrift:  „Ich 
habe  den  Herrn  Curatoren  über  die  Nothwendigkeit  der  Ein- 
richtung des  Instituts -Archivs  Meine  Ansichten  mitgetheilt 
überflüssig  ist  es  daher,  dass  Ich  Mich  in  weitere  Erörterungen 
dieses  Gegenstandes  einlasse.  Nun  bietet  sich  aber  durch  den 
Todfall  des  Zeichenmeisters  Marder  die  Gelegenheit  dar,  den 
bisher  vergebens  gesuchten  Raum  für  dieses  Archiv  zu  finden, 
wenn  man  hiezu  die  zwei  Zimmer  an  der  Stiege  einräumte 
welche  zu  diesem  Zwecke  vollkommen  geeignet  sind.  Es  wäre 
daher  Mein  Wille,  die  Zustandebringung  desselben  baldmöglichst 
bewirket  zu  wissen,  und  Ich  wünschte,  dass  Sie  die  nöthigen 


—     128     — 

Einleitungen  treffen  mOcbten,  damit  dieses  Locale  ordentlich 
eingerichtet  werde  und  Warünger  —   der  allein  hiezu  fähig 
ist   —   die   zum  Archiv  gehörigen  Schriften  und   Urkandeo 
zum  Gebrauche  zweckmässig  aufstellen  und  eintheiien  könne. 
Das  Zimmer  hingegen,  wo  das  Archiv  dermalen  aufbewahrt 
wird,  könnte  dann  zur  Yergrösserung  der  Bibliothek  dienen' 
Darauf  erwiederten  die  Curatoren  am  22.  August,  dass  dorrh 
die  Ausführung  dieses  Vorschlages  nicht  viel  geholfen  sein 
würde,  indem  durch  die  Ausdehnung  der  Archivsräumlichkeiten 
die  der  Zeichnungsschule  noch  mehr  beschränkt  virürden.  Sie 
baten   demnach  den  Erzherzog ,   er  möge  beim  Kaiser  die 
Bewilligung  erwirken,  dass  die  Stände  zum  Ankaufe   eines 
eigenen  Gebäudes   für   die  Zeichnungsakademie  etwa  20  bis 
30.000  fl.  aus  ihrem  Domesticum  verwenden  dürften.   Diesem: 
letztere  Project  fand  aber  der  Erzherzog  für  undurchführbar, 
wie  wir  aus  einem  Briefe  an  Kidchberg  vom  29.  September 
1816  ersehen:    ;,Der  Vorschlag  des  Landeshauptmannes,  ein 
neues  Gebäude  zu   erkaufen,   um  die  wenig  oder  gmr  nicht 
dem  Land  nützende   Zeichenschule  unterzubringen,   ist  gar 
nicht  annehmbar,   darüber  erhalten  die  Curatoren  meine  be> 
stimmte  Antwort  —  ich  getraue  mich  nicht,  dem  Kaiser  mit 
so  einem  Vorschlage  zu  kommen,  da  er  mich  gewiss  abweisen 
würde.'' 

Nun  modificirten  die  Curatoren  am  12.  October  1816 
ihren  früheren  Antrag  dahin,  dass  sie  den  Erzherzog  ersuchen, 
derselbe  möge,  damit  das  ständische  Domesticum  nicht  weiter 
beschwert  würde,  beim  Kaiser  mündlich  dafüi'  interveniren, 
dass  es  der  Landschaft  gestattet  sein  möge,  eme  ihr  zum 
Neuankaufe  von  Tafelsilber  zur  Verfügung  stehende  Summe 
von  43.881  fl.  zur  Erwerbung  eines  passenden  Hauses  (doch 
im  privaten  Wege,  um  die  Forderungen  der  Verkäufer  zu 
massigen)  zu  verwenden.  Die  Veranlassung  zu  diesem  neuen 
Vorschlage  war  eine  Zuschrift  des  Erzherzogs,  die  einige 
Tage  vorher  eingetroflfen  war  und  worin  er  in  dürren  Worten 
auseinandersetzte,  dass  der  Kaiser  seine  Einwilligung  zur 
beabsichtigten  Benützung  des  Domesticalfondes  nicht  geben 


—     129     — 

werde.  Er  schlug  daher  vor,  dass  man  hiezu  einen  günstigen 
Augenblick  abwarten  möge  und  unterdessen  die  zwei  Zimmer 
der  Zeichnungsschule  für  das  Archiv  herrichten  solle,  „was 
doch  ohne  allen  Anstand  geschehen  kann.  Ich  ersuche  Sie 
daher  nochmals  dringend,  diesen  Gegenstand  zu  beherzigen, 
damit  doch  endlich  unser  Archiv  organisirt  und  die  Schriften 
in  Ordnung  gebracht  werden  können,  wozu  es  doch  an  der 
Zeit  ist,  und  die  immer  mehr  sich  anhäufenden  Materialien 
späterhin  die  Sichtung  nur  beschwerlicher  machen  würde". 

Das  Project,  mit  dem  für  Silberankauf  bestimmten  Be- 
trage ein  Haus  zu  kaufen,  um  daselbst  die  Zeichen-,  Fecht- 
und  Tanzschule  unterzubringen,  lobte  der  Erzherzog  in  seiner 
Antwort  vom  19.  December  1816:  »Ich  werde  es  Mir  ange- 
legen sein  lassen,  diesen  Gegenstand  Sr.  Majestät  vorzutragen 
und  von  demselben  die  Bewilligung  dazu  zu  erhalten.  Da  aber 
dieses  sich  noch  einige  Zeit  verziehen  könnte,  so  ist  das  erste 
und  nothwendigste  für  die  Sicherstellung  des  Archivs  sogleich 
zu  sorgen;  dieses  mit  der  Bibliothek  vereinigt  kann  nie  in 
Ordnung  kommen  und  verdient  seiner  Wichtigkeit  wegen  eine 
besondere  Aufsicht''.  Er  dringt  auf  sofortige  Abtretung  der 
zwei  Zimmer  für  das  Archiv.  „Ehe  dieses  nicht  geschieht, 
wird  man  auf  zahlreiche  Einsendungen  nie  Anspruch  machen 
können,  und  ohne  diese  lässt  sich  nie  an  die  für  jeden  Ge- 
schichtsforscher und  Geschichtschreiber  so  nothwendige  chro- 
nologische Sammlung  denken ''.  Auf  das  hin  zeigten  die  Cura- 
toren  am  28.  December  1816  dem  Erzherzoge  an,  dass  sie 
die  nöthigen  Vorkehrungen  behufs  Raumerweiterung  für  das 
Archiv  eingeleitet  hätten.  Am  gleichen  Tage  beauftragten  sie 
Wartinger  zur  Uebemahme  der  Archivalien,  forderten  den 
Scriptor  Ignaz  EoUmann  zur  Uebergabe  derselben  auf,  und 
richteten  an  den  ständischen  Au8schuss  das  Ansuchen,  den 
ständischen  Archivar  von  der  Besorgung  der  ständischen 
Current-Registratur  zu  entheben  und  diese  an  den  ersten 
ständischen  Registraturs-Adjuncten  zu  übertragen. 

Zur  Sicherung   vor  Feuersgefahr  und  Einbruch  machte 
nun  Kalchberg  den  Vorschlag,  das  eine  gewölbte  Zimmer  mit 

Mitiheil.  des  bist.  Vereines  f.  Bteiennark,  XXIX.  Heft,  1881.  9 


—     130    — 

einer  eisernen  Thttr  und  mit  eisernen  Fensterbalken  zu  ver- 
sehen, und  die  zweite  Thür  vom  Gange  herein  zu  yermanem. 
Ganz  zufrieden  antwortete  der  Erzherzog  am  1.  März  1817: 
^Die  Herstellung  des  Archives  freut  mich  sehr,  es  ist  gnt 
dass  dieser  Zweig  in  Ordnung  kömmt  Wartingers  Fletss  wird 
ordnen,  was  da  ist,  und  wird  das  Mangelnde  zu  finden  wfesen*. 
Wie  konnte  aber  Wartinger  dieser  Hoffiaung  entsprechen, 
da  doch  seine  Stellang  zum  Joannemnsarchiye  noch  immer 
keine  gesicherte  war?  Seit  1810,  also  überhaupt  von  allem 
Anfange  an  war  er  gewissermassen  das  Factotum  dieser  Anstalt, 
und  trotzdem  konnte  er  die  längste  Zeit  nicht  an  demselben 
Wurzel  fassen.  Der  Grund  hiefUr  ist  in  seiner  Stellung  bei 
der  landschaftlichen  Registratur  zu  suchen.  In  den  ersten 
Jahren  der  Existenz  des  Joanneums-Archives  wäre  es  für  ihn 
entschieden  ein  schlechter  Tausch  gewesen»  wenn  er  etwa 
seinen  Registraturs-Posten  hätte  aufgeben  und  die  Archivar- 
stelle am  Joanneum,  die  übrigens  erst  creirt  hätte  werden 
müssen,  übernehmen  wollen.  Letztere  hätte,  wenn  nicht  etwa 
Erzherzog  Johann  aus  seinem  Vermögen  das  Fehlende  ergänzte, 
kaum  ihren  Mann  genährt  Es  war  auch  nur  einmal  im  Ernste 
ein  Bewerber '  darum  aufgetreten,  obschon  auch  ein  Brief 
Hormayr's  an  den  Erzherzog  (vom  17.  Jänner  1814)  auf  eine 
vorübergehende  Neigung  des  Ersteren,  die  Leitung  des  Archives 
zu  übernehmen,  schliessen  Hesse  ^).  Der  k.  k.  Oberlieutenant 
a.  D.  Jos.  Aug.  Kumar,  der  bekannte  Monographist  über 
die  Herberstein,  war  Ende  des  Jahres  1814  nach  Graz 
gekommen  und  suchte  daselbst  einen,  seinen  wissenschaftlichai 
Neigungen  entsprechenden  Platz  am  Joanneum  zu  erhalten. 
Erzherzog  Johann  war  durchaus  nicht  abgeneigt^  seinen 
Wünschen  entgegenzukommen,  doch  er  suchte  zuvor  sich  zu 
informiren  und  verlangte  auch  von  Kalchberg  über  Kumar 


0  n*  •  •  •  Dass  man  mir  nicht  einmahl  jenes  erbethne  wissenficfaaft- 
liehe  Asyl  und  Exil  nach  Gratz  vergönnte,  zum  gewisslich  grossen 
Vortheile  des  wenngleich  seinem  königlichen  Gründer  theuren 
Johanäums,  entlarvt  am  Besten  die  schmähliche  Animosität,  zu  der 
man  den  Kaiser  hierinn  missbraucht  ....'' 


-     131     — 

ein  Gutachten.  Kalchberg  kam  diesem  Verlangen  am  3.  De* 
cember  1814  in  folgender  Weise  nach:  ;,Kumar  besitzt  aller- 
dings Fähigkeiten  und  vielen  Eifer  fUr  das  Studium  der 
Vaterlandsgeschichte.  Er  ist  noch  sehr  jung  und  kann  es, 
wenn  ihn  seine  Augen  nicht  hindern  0?  in  diesem  Fache  weit 
bringen.  Dass  wir  ihn  in  keinem  Falle  mit  Kollmann  in  eine 
Verbindung  bringen  dürfen,  davon  bin  ich  überzeugt;  aber 
wir  müssen  uns  auch  in  Acht  nehmen,  den  guten,  edlen 
Wartinger,  der  doch  auch,  wie  alle  Gelehrten  etwas  viel  Em- 
pfindlichkeit besitzt,  zu  kränken  und  zurückzuschrecken.  So 
viel  mir  scheint,  wünscht  Kumar,  dass  ihm  das  Archiv  des 
Joanneums  in  einem  abgesonderten  Locale  ganz  übergeben, 
dabey  ein  Quartier  zur  Wohnung  eingeräumt  werde,  und 
seine  fernere  Hoffnung  mag  wohl  darin  bestehen,  entweder 
Kollmanns  Stelle  oder  doch  eine  Zulage  zu  seiner  Pension 
zu  erhalten.  Ich  muss  bekennen,  dass  ich  ihn  allerdings  für 
das  Institut  benützt  sehen  möchte,  auch  wäre  es  unpolitisch, 
ihn  abzuweisen.  Doch  Wartinger  darf  darüber  nicht  verloren 
gehen,  sonst  wäre  der  Verlust  grösser  als  der  Gewinn.  Kumar 
hat  selbst  für  Wartinger  viele  Achtung,  und  übergab  ihm, 
als  er  in  das  Feld  zog,  seine  Schriften  und  Urkunden  mit 
der  Weisung,  sie,  wenn  er  bliebe,  dem  Joanneum  zu  über- 
reichen. Gerade  unter  Wartinger's  Leitung  könnte  der  junge 
Mann  seine  vollendete  Ausbildung  erhalten,  und  die  Zeit 
dürfte  auch  jenen  jugendlichen  Soldatenstolz  massigen,  mit 
dem  im  Civilleben  hart  fortzukommen  ist.  Meine  unmass- 
gebliche Meinung  besteht  also  darin,  Kumaf  s  Gesuch  sollte 
den  Curatoren  ämtlich  mit  dem  Auftrage  mitgetheilt  werden, 
dass  demselben  bekannt  gemacht  werde:  E.  k.  Hoheit  hätten 
sein  patriotisches  Anerbieten  gefällig  aufzunehmen  geruhet. 
Es  sey  bereits  beschlossen,  dem  Archive  einen  abgesonderten 
Platz  zu  bestimmen,  und  dasselbe  der  Aufsicht  des  ständischen 
Archivars  Wartinger  anzuvertrauen.  Sollte  also  Kumar  mit 
diesem  vereint  gemeinschaftlich  wirken  wollen,  die  Documente 


0  Kumar  hatte  bekanntlich  im  Feldznge  von  1813  ein  Auge  verloren. 

9* 


—     132     - 

und  Urkunden  zu  sammeln,  zu  vermehren  und  zu  ordnen. 
so  wQrde  diess  als  ein  verdienstlicher  Beweis  seiner  Vater- 
landsliebe angesehen  und  auch  nach  Zeit  und  Möglichkeit 
gewürdigt  werden  **. 

Mit  solchen  Aussichten  konnte  sich  aber  Kumar  nicht 
befreunden.  Am  14.  Jänner  1815  machte  Ealchberg  den  Erz* 
herzog  aufmerksam,  dass  Kumar  gesonnen  sei,  in  eine  andere 
Provinz  zu  übersiedeln  und  seine  Urkunden  mitzunehmen, 
wenn  sein  Anerbieten  nicht  angenommen  wQrde.  Ganz  solle 
man  ihn  nicht  fahren  lassen;  „er  könnte  allenfalls  zum  Steier- 
mark. Topographen  und  Genealogen  ernannt  werden*.  Es 
könnte  ihm  vielleicht  aufgetragen  werden,  mit  den  zu  sammehideD 
Vischer'schen  Platten  ein  ähnliches  Werk  wie  Valvasor  zu 
verfassen.  Auf  diese  sehr  beachtenswerthen  Vorschläge  ant- 
wortete der  Erzherzog  ganz  kurz  (am  22.  Jänner  1815): 
x,Könnte  ich  nur  Kumar  helfen,  schade,  wenn  er  dem  Lande 
verloren  ginge,  ich  erwarte  Schell  ^),  um  die  einst  bedachte 
AuiForderung  seinetwegen  an  den  Landeshauptmann  zu  machen. 
Ist  denn  schon  ein  Baum  für  das  Archiv  ausgemittelt  oder 
nicht  ?  Es  wäre  höchst  noth wendig,  damit  Warünger  ganz  die 
Aufsicht  darüber  erhielte.^  Man  sieht,  der  Erzherzog  reflec- 
tirte  nur  auf  Wartinger.  Die  Aussichten  für  Kumar  verrin- 
gerten sich,  und  dieser  trat  denn  auch,  doch  entsprechend 
seinem  Charakter,  den  Rückzug  an.  Am  29.  März  1815  stellte 
er  den  Antrag,  gegen  Ersatz  des  Porto's  seine  gesammelten 
Urkundenabschriften  aus  Inner- Des terreich  von  1301 — 1530 
dem  Joanneum  mitzutheilen :  j,  Obgleich  der  gehorsamst  Unter- 
zeichnete in  seinem  Vaterlande,  der  Steiermark,  bei  Aus- 
führung patriotischer  Gesinnungen  nur  Hindemisse  und 
Unterdrückung  erfahren,  obgleich  seine  Vorliebe  für  dieses 
Land  und  der  Kenntniss  über  dasselbe,  die  bisher  jeden  seiner 
Schritte  leitete,  ihn  bis  itzt  immer  nur  in  Schaden  und  Nach- 
theile  versetzet  hat,  so  ist  doch  in  ihm  noch  nicht  aller  Kaim 
der  Liebe    für  sein  Vaterland   erstickt  und  er  vermag  doch 


*)  Adjutant  und  Secretär  des  Erzherzogs. 


—     133     — 

noch  nicht;  einem  inneren  Drange  zu  widerstehen,  der  ihn  für 
den  Nutzen  und  die  Ehre  desselben  zu  wirken  reitzet . .  .^ 
Ein  Jahr  später  (am  14.  August  1816),  als  es  sich  um  die 
Beschaffung  eines  Copisten  handelte,  bemerkte  Kalchberg  in 
einem  Schreiben  an  den  Erzherzog  so  nebenbei :  „  Mit  Eumar 
ist  nichts  zu  machen,  er  sucht  uns  nur  Urkunden  wegzu- 
haschen,  nicht  welche  zu  verschaffen.^ 

Um  so  eifriger  verfolgte  Kalchberg  das  Project,  War- 
tinger  an  die  Spitze  des  Archives  zu  stellen.  Schon  in  seinem 
Gutachten  vom  8.  März  1814  hatte  er  sich  in  dieser  Be- 
ziehung befürwortend  ausgedrückt:  „Fast  wäre  zu  wünschen, 
dass  das  Archiv  des  Institutes  ganz  dem  Archivar  der  Stände 
anvertraut  würde,  da  nur  von  ihm  zu  erwarten  ist,  dass  er 
es  in  Ordnung  zu  bringen,  so  erhalten  und  Alles,  was  in 
seinen  Kräften  steht,  zu  dessen  Vermehrung  beytragen  werde." 
Zwei  Jahre  später  wiederholte  er  diesen  Vorschlag  in  einem 
Briefe  an  den  Erzherzog  (vom  2.  Mai  1816):  ;,Das  neue 
Archiv  ist  ebenfalls  auf  dem  Puncto  der  Vollendung  und  ich 
hoffe,  mein  gnädiger  Herr  werde  damit  zufrieden  seyn.  Desto 
dringender  muss  ich  die  Bitte  wiederholen,  Wartinger's  Er- 
nennung zum  Doppelarchivar  doch  bald  zu  einer  günstigen 
Entscheidung  gelangen  zu  machen.  Ich  möchte  ihm  so  gern  die 
Urkunden  bald  übergeben,  denn  in  den  Händen  KoUmann's,  für 
den  sie  keinen  Werth  haben,  sind  sie  wahrlich  nicht  gut 
verwahrt.*'  Am  9.  October  d.  J.  prädsirte  er  seine  Meinung 
hierüber  noch  genauer.  Wenn  Wartinger  von  den  laufenden 
Geschäften  der  ständischen  Registratur  enthoben  werden 
würde,  so  dass  jene  der  erste  Adjunct  leitete,  so  könnte 
Wartinger  die  Archivarstelle  am  Joanneum  übernehmen.  Nur 
müsste  ihm  nothwendig  ein  Schreiber  beigegeben  werden. 
Bequemer  für  Wartinger  und  sicherer  für  die  Urkunden  würde 
es  sein,  wenn  er  sie  alle,  jedoch  die  des  Joanneum  abgeson- 
dert, im  Landhausarchive  verwahren  dürfte,  welches  geräumig 
und  vollkommen  feuergesichert  sei.  Wer  diese  Urkunden  ein- 
zusehen wünschte,  könnte  diess  auch  bei  Wartinger  im  Land- 
bause    thun,    der    ohnehin   ein  eigenes  Zimmer  habe.    Das 


—     134     — 

ständische  Archiv  hänge  ohnehin  mit  jenem  des  Joanneum 
historisch  zusammen,  es  sei  schwer,  sie  immer  getrennt  zn 
lassen.  Ganz  abgesonderte  Archivare  zu  halten,  sei  zu  kost 
spielig  und  vielleicht  auch  wegen  der  Collisionen  nicht  ratb- 
sam.  —  Vorläufig  erreichte  jedoch  Kalchberg  nur  das  Eine. 
dass  die  Stände  dem  Archivar  Wartinger  ihre  Anerkennanti 
über  seine  bisherigen  Leistungen  am  18.  November  I&IG 
ausdrückten :  „Je  edler  Ihre  Anspruchslosigkeit  ist,  womit  Sie 
sich  der  ehrenden  Oeffentlichkeit  entziehen  wollen,  desto 
lebhafter  ist  unsere  Anerkennung.  ** 

Es  unterliegt  nicht  dem  geringsten  Zweifel,  dass  alle 
diese  Bemühungen  Ealchberg's  im  vollsten  Einklänge  mit  den 
Wünschen  Erzh.  Johannas  standen;  um  so  interessanter  ist 
es  zu  erfahren,  dass  Letzterer  auch  im  entgegengesetzten 
Sinne  bearbeitet  wurde,  und  zwar  von  Hormayr.  Die  Bedeutuni: 
dieses  Mannes  für  das  Joanneum  ist  nicht  zu  unterschätzen,  aus 
einem  Berichte  desselben  an  den  Staatsminister  Mettemich 
vom  22.  November  1812^)  ersieht  man,  was  er  persönlich 
für  die  Copirung  von  Urkunden  des  Staatsarchives  für  das 
Joanneums-Archiv  gethan  hat  Hormayr  schrieb  nun  1814 
folgenden  merkwürdigen  Brief  an  den  Erzherzog:  ,, Hätte  mein 
Antrag  Gehör  gefunden,  so  würde  die  historische  Parthie  des 
Johannäums  (wohin  auch  Genealogie,  Diplomatik,  Heraldik  etc. 
gehören)  bald  in  anderem  Schwünge  sein.  Darf  ich  etwas 
aurathen,  so  lassen  Höchstdieselben  die  einkommenden  Ur- 
kunden nach  Wien  wandern  und  im  Geheimen  untersuchen 
und  abschreiben  —  den  ersten  Geheimarchivar  Enechtl^), 
einen  fleissigen,  geschickten  und  stillen  Mann  zu  sich  rufen 
und  distinguiren  ihn,  wie  er's  verdient,  so  ist  zwei  schönen 
Instituten  geholfen,  die  Documente  doppelt  gesichert  gegen 
jede  Verlustesgefahr  —  und  sie  werden  doch  nii^nds 
richtiger  copirt  und  besser  gewürdiget*  Merkwürdig  sind  auch 
die  Urtheile  Hormayr's  in  seinen  Briefen  an  den  Erzherzog 


<)  Abgedruckt    im    „Tascheobuche    für    die    vaterländ.    Gescbichte' 

25.  Jahrgg.  (Leipz.  1836)  S.  479. 
*)  1834—46  Director  des  StaatsarchiYS. 


—     135     — 

über  die  Thätigkeit  Wartinger's  als  Sammlers  und  Schrift- 
stellers: „Die  Recherchen  für  den  historisch-genealogischen 
Theil  des  Johannäums  sind  trefflich.  Zum  Sammeln  ist  War- 
tinger  übrigens  ein  wahres  Gegenstück  zu  Rabener's  Nilson 
scribenSv  der  die  Chronik  von  333  Nordlichtem  in  Versen 
geschrieben  hat"  (Juli,  1814).  „Die  Fragmente  von  Wartinger 
aus  Steyermarks  ältesten  Geschichte  im  Aufmerksamen  sind 
weniger  kokett  geschrieben,  aber  eben  so  elend  wie  Kalch- 
berg's  Ikarusflüge  in's  Gebieth  der  Historie.  Neugart,  Eichhorn, 
das  sind  Männer!''  (Februar,  1814).  „Zeither  erhielt  ich 
Wartinger's  mageres  Skelet,  für  die  unteren  Schulen  denn 
doch  nicht  so  übel"  (December  1814). 

Am  28.  December  1816  unterbreiteten  die  Curatoren 
dem  ständischen  Ausschuss  die  Mittheilung,  dass  das  Archiv 
des  Joanneums  von  der  Leseanstalt  getrennt  und  in  ein  ab- 
gesondertes Locale  übertragen,  und  dass  die  Aufsicht  hierüber, 
sowie  über  die  Münzen  und  Alterthümer  dem  ständischen 
Registrator  und  Archivar  Josef  Wartinger  anvertraut  worden 
sei.  ^So  sehr  die  Curatoren  sich  zur  Bestätigung  verpflichtet 
fühlen,  dass  das  Institut  seine  Bereicherungen  in  diesem 
Fache  vorzüglich  den  Kenntnissen  und  der  rastlosen  Thätig- 
keit Wartinger's  zu  verdanken  habe,  und  derselbe  so  ganz 
geeignet  sey,  dem  ihm  neu  zugedachten  Geschäfte  zu  ent- 
sprechen: so  fühlen  sie  sich  doch  zugleich  zur  Anzeige  ver- 
pflichtet, dass  er  bey  dessen  Besorgung  nicht  im  Stande 
bleiben  werde,  auch  seinen  älteren  Dienstpflichten  wie  bisher 
zu  entsprechen.  Um  also  eine  GoUision  der  Pflichtverhältnisse 
zu  vermeiden,  glauben  die  Curatoren  vorschlagen  zu  müssen, 
dass  die  Besorgung  des  ständischen  und  des  Joanneums-Ar- 
chives  ganz  und  einzig  dem  Wartinger  anvertraut,  die  stän- 
dische Current  -  Registratur  aber  dem  ersten  ständischen 
Registraturs-A^juncten  zur  Leitung  übergeben  werde.  Es  hätte 
demnach  der  ständische  Archivar  auch  zugleich  Archivar  des 
Joanneum  zu  sein,  und  sein  gegenwärtig  auf  900  fl.  systemi- 
sirter  Gehalt  dürfte  nur  auf  1000  fl.  erhöht  werden.  Da 
andererseits  der  Gehalt  des  ersten  ständischen  Registraturs- 


-      136     — 

Adjuncten  auf  700  fl.  systemisirt  ist,  so  dürfte  derselbe  nur 
auf  800  fl.  erhöht  und  diesem  Adjuncten  der  Titel  Registrator 
gegeben  werden.  Auf  solche  Art  könnten  die  Herren  Stände  | 
für  ihre  beyden  Archive  auch  in  späterer  Zeit  immer  einen 
gelehrten  Mann  wählen,  der  mit  allen  ihm  nöthigen  Hülfs- 
Wissenschaften,  besonders  Sprachkenntnissen  versehen,  sdoea 
Fache  ganz  gewachsen  wäre.  Der  Gehalt  von  1000  fl  würde 
manchen  geschickten  Historiker  bewegen,  sich  um  die  Stelle 
zu  bewerben."  Die  Stände  wendeten  sich  nun  am  2.  J&nner 
1817  mit  ganz  gleichen  Vorschlägen  an  das  k.  k.  Gubemium. 
als  die  nächste  Instanz,  von  wo  am  26.  Februar  d.  J.  folgende 
Entscheidung  eintraf:  „Von  hoher  Hofkanzlei  wurde  unter 
6.  d.  M.  dem  Gubernium  erwiedert:  dass,  wenn  die  Aufstellung 
eines  Archivars  an  dem  Joanneum  auch  wirklich  für  noth- 
wendig,  nützlich  oder  erwttnschlich  befunden  werden  wollte, 
dieselbe  dennoch  nie  in  einer  solchen  Modalität  angetragen 
werden  könne,  dass  hiebey  eine  Aenderung  in  dem  ständischen 
Registratur -Personale  und  den  für  dasselbe  systemisirten 
Gehalten  nach  sich  gezogen  werde.  Daher  könnte  ein  Indivi- 
duum der  ständischen  steirischen  Registratur  das  Archiv  an 
dem  Joanneum  alsdann  und  nur  in  der  Art  und  Weise  in 
seine  Obsorge  nehmen,  wenn  dieses  Individuum  seine  auf- 
habenden Registratursgeschäfte  nicht  versäumte.^ 

Von  dieser  ungünstigen  Erledigung  setzten  die  Stände 
den  Erzherzog  am  22.  März  in  Kenntniss  und  baten  ihn, 
beim  Kaiser  die  Bewilligung  eines  der  beiden  folgenden  Vor- 
schläge zu  erwirken:  1.  Entweder  Wartinger  der  ständischen 
Current  -  Registratur  zu  entheben  und  dieselbe  auf  den  bis- 
herigen ersten  Registraturs -Adjuncten  zu  übertragen.  ,Der 
Archivar  muss  Genealogist,  Historiker,  Philolog,  Geograph  seyn 
und  eine  besondere  Uebung  in  Lesung  und  Entzifferung  alter 
Urkunden  besitzen;  der  Registrator  bedarf  nur  eine  genaue 
Kenntniss  des  Organismus,  der  inneren  Einrichtung  einer 
Registratur,  vereint  mit  einem  glücklichen  Gedächtniss  und 
einem  besonderen  Geiste  der  Ordnung.  Letztere  Eigenschaft^ 
bpsitzt  der  erste  Adjunct  in  genügender  Weise,  während  erstere 


—     137     — 

nur  dem  Wartinger  eigen  sind.**  Oder,  wenn  dieser  Antrag  absolut 
nicht  zulässig  sei,  2.  dem  ständischen  Archivar  und  Registrator 
Wartinger  zu  diesen  beiden  Geschäften  auch  noch  das  dritte, 
nämlich  die  Einrichtung  und  Besorgung  des  Joannoums- 
Archives  beizufügen^  indem  nur  der  ständische  Archivar  hiezu 
die  bereits  erprobten  Fähigkeiten  besitze;  ihm  dafür  aber 
300  fl.  seinem  bisherigen  Gehalte  zuzulegen,  indem  gerade 
so  viel  auch  jene  Professoren  des  k.  k.  Lyceums  ex  domestico 
bekommen,  Vielehe  am  Joanneum  Vorlesung  erhalten.  ** 

Erzherzog  Johann  kam  dieser  Bitte  nach,  wie  folgendes 
Decret  der  Hofkanzlei  vom  25.  Juli  1817  beweist:  „Eurer 
k.  Hoheit  verehrter  Erlass  vom  20.  April  1.  J.  gab  der  Hof- 
kanzley  die  Veranlassung,  jene  Verhandlungen  wieder  anzu- 
knüpfen, die  schon  früher  wegen  Besorgung  der  Archivars- 
geschäfte am  Johanneum  zu  Grätz  gepflogen  wurden.  Seine 
k.  k.  Majestät  haben  unterm  20.  July  hierüber  zu  entschliessen 
geruht,  dass  dem  ständischen  Registrator  und  Archivar  War- 
tinger  auch  die  Achivsgeschäfte  des  Johanneums  gegen  eine 
Remunerazion  jährl.  300  fl.  aus  der  ständischen  Domestikal- 
kasse mit  der  Verbindlichkeit  übertragen  werden  dürfen,  dass 
seine  früheren  Obliegenheiten  keinen  Abbruch  zu  leiden  haben." 
Somit  war  denn  auch  diese  Frage  abgethan. 

Ehe  noch  diese  Entscheidung  eintraf,  zeigte  Wartinger 
am  1.  Juli  1817  an,  dass  die  Urkunden  bereits  in  den  neu 
zubereiteten  Verwahrungsort  übertragen  worden  seien  und 
bat,  ihn  in  Hinsicht  der  Haftung  für  diese  Urkunden  auch 
nur  für  Dasjenige  zu  verpflichten  und  verantworüich  machen 
zu  wollen,  was  sich  jetzt  wirklich  im  Archive  befinde,  und 
worüber,  sobald  es  immer  thunUch  sein  werde,  in  einem  Ver- 
zeichnisse eine  kurze  Uebersicht  zur  Kenntniss  gebracht  werden 
solle.  Dies  wurde  am  2.  Juli  seitens  der  Guratoren  bewilligt, 
mit  dem  Auftrage,  dass  Wartinger  ein  Verzeichniss  der  ihm 
übergebenen  Urkunden  anlegen  und  jenes  der  Scriptor  Koll- 
mann als  Uebergeber  der  letzteren  unterschreiben  solle. 

In  Folge  der'  Ueberbürdung  Wartinger's  stellte  sich  jedoch 
bald  die  Nothwendigkeit  heraus,  ihm  einen  Copisten  zur  Seite 


—     138     — 

zu  stellen.  Schon  ein  Jahr  zuvor  hatte  Kalchberg  in  einem 
Briefe  an  den  Erzherzog  (vom  14.  August  181G)  das  Bedflrfhiss 
eines  Absctireibers  als  dringend  dargestellt  Er  hatte  damals 
einen  gewissen  PanfiUi,  einst  Besitzer  von  MQnchhofen  und 
durch  Fallissement  ein  Bettler  geworden,  vorgeschlagen,  der 
gut  Uteinisch  könne  und  sehr  gebildet  sei.  Der  Prinz  war 
jedoch  damals  auf  diese  Frage  gar  nicht  eingegangen.  Jetzt 
jedoch  machte  er  sich  anheischig,  die  Besoldungen  des  Zimmer- 
Wärters  und  des  Hausmeisters  am  Joanneum  (zusammen  500  flL) 
aus  seinem  Sacke  zu  bestreiten,  wenn  dafür  m  Copist  von 
den  Ständen  beigestellt  werde.  Die  Curatoren  nieteten  nun 
am  12.  November  1817  ein  diesbezQgliches  Gresuch  an  das 
Gubemium,  worin  sie  unter  Anderem  dariegten,  dass  ein  Copist 
eribrderiich  sei,  da  die  meisten  Urkunden  nur  zur  Abschrift- 
nähme  geliehen  werden,  Wartinger  aber,  der  zugleich  die 
Currentgeschalte  der  ständischen  Registratur  besorgen  müsse, 
unmöglich  auch  noch  abschreiben  könne.  Das  Gubemium  er- 
widerte am  25.  Februar  1618,  dass  die  Hofkanzlei  die  Anstel- 
lung eines  Copisten  für  das  Archiv  mit  dem  jährlichen  Gehalte 
von  400  fl.  (gleich  dem  höchsten  Gehalte  eines  Ereisamts- 
kanzlisten)  bewilligt  und  verordnet  habe,  dass  die  Besoldungen 
des  Zinmierwärters  und  Hausmeisters  im  Betrage  von  zusammen 
460  fl.  einzuziehen  seien.  —  Auf  Grund  dieser  Erledigung 
bewilligten  die  Verordneten  am  22.  October  1818  das  Gresuch 
des  ständischen  Accessisten  Franz  Xaver  v.  Unruhe  um  Ver- 
leihung der  Copistenstelle  am  Joanneums-Archive,  gegen  £ides> 
leistung  und  Liquidirung  des  Gehaltes  von  400  fl.  vom  1.  No- 
vember an,  wonach  sein  bisheriges  Adjutum  auüeuhören  habe. 
Hiemit  war  der  äussere  Entwicklungsprocess  für  Decennien 
hinaus  abgeschlossen;  jetzt  konnte  erst  an  eine  Ordnung  am 
Archive  und  an  Repertorien  daselbst  ernstlich  gedacht  werden. 
Ein  gut  geordnetes  Archiv  war  das  Ideal  für  Erzherzog 
Johann.  Schon  1813  (1.  November)  äusserte  er  sich  den 
Curatoren  gegenüber:  „Nothwendig  ist's,  dass  unverzü^ich 
ein  vollständiges  Verzeichniss  der  bestehenden  Sammlungen 
verfasst  werde.  Wartinger  soll,  als  jener,  der  die  alten  ^rächen 


—     139     — 

am  besten  kennt,  das  Verzeichniss  der  geschichtlichen  Docu- 
mente  und  Urkunden  über  sich  nehmen^.  Die  Folge  davon 
war  ein  landschaftliches  Decret  vom  6.  November  1813  an  j 

den  ständischen  Archivar  Wartinger,  die  vorhandenen  Archi- 
valien zn  registriren.  Ein  halbes  Jahr  darauf  (14.  April  1814) 
schrieb  der  Erzherzog  an  Kalchberg:  „  Wartinger  tragen  Sie 
auf,  dass  er  mir  dass  Verzeichniss  der  alten  und  neuen  Be- 
nennungen der  Orte,  so  sich  in  den  Urkunden  befinden,  mache, 
ich  bedarf  es  nothwendig!*'  In  welcher  Weise  Wartinger  diesem 
Auftrage  nachkam,  ist  aus  der  oben  erwähnten  Aufschreibung 
KoUmann's  von  1816  ersichtlich.  Seitdem  nun  das  Archiv 
auf  sicherem  Grunde  stand,  nahmen  nicht  nur  die  Arbeiten 
an  demselben  einen  erfreulichen  Fortgang,  auch  sein  Einfluss 
nach  aussenhin  zeigte  sich  von  Jahr  zu  Jahr  in  wachsender 
Bedeutung.  „Die  vielen  Besuche,  die  vielen  mündlichen  und 
schriftlichen  Anfragen  von  öffentlichen  Behörden  und  von 
Privaten,  und  die  hierüber  ebenfalls  theils  mündlich,  theils 
schriftlich  gegebenen  Auskünfte  aus  den  verschiedenen  Fächern 
des  Archivs  beweisen  immer  mehr  für  die  Gemeinnützigkeit 
dieses  Zweiges  des  Joanneums,  und  beweisen  zugleich,  wie 
äusserst  wünschenswerth  für  öffentliche  Behörden  und  Privaten 
die  Bildung  eines  Landesarchives  wäre^.  (Jahresbericht 
des  Joanneums  v.  1827,  S.  8.) 

Die  Theilnahme  Erzherzog  Johannas  am  Archive  seit  seiner 
Organisation  war  eine  äusserlich  kaum  mehr  merkbare.  Ihm 
genügte  es,  dasselbe  auf  die  Beine  gebracht  zu  haben,  und 
er  freute  sich  über  die  guten  Erfolge  allda,  doch  liess  er 
es  von  nun  im  Allgemeinen  seine  eigenen  Wege  gehen.  Mit 
Recht  konnte  er  es  sein  Werk  nennen,  denn  wie  wir  gesehen 
haben,  hat  er  in  allen  Stadien  der  Entwicklung  desselben 
(Sammlung  von  Archivalien,  Einrichtung  des  Archives,  Arbeiten 
daselbst,  Anstellung  des  Archivars  und  des  Copisten)  ent- 
scheidend eingegriffen.  Allerdings  haben  auch  Kalchberg  und 
Hormayr  keinen  unwesentlichen  Einfluss  hiebei  auf  den  Erz- 
herzog ausgeübt,  doch  war  derselbe  schliesslich  durchaus 
kein  massgebender ;  Hormayr  fand  im  Grunde  genommen  sehr 


—     140     — 

wenig  Berücksichtigung,  und  Kalchberg  hatte  bei  aller  Vor- 
tre£flichkeit  seiner  Vorschläge  doch  immer  nur  im  Auge,  die 
oft  militärisch  knapp  gehaltenen  Willensäusserungen  des  Erz- 
herzogs  verständig  und  sachgemäss  zu  erläutern  und  in  ein 
gewisses  System  zu  bringen.  Wie  ruhig  und  objectiv  der  Erz- 
herzog zu  Werke  ging,  zeigt  sich  am  besten  aus  der  mit  ihm 
geführten  Correspondenz.  Die  Briefe  Hormayr's  von  1814 
strömen  oft  über  von  leidenschaftlichen  Ergüssen  über  Kalch- 
berg, Wartinger,  Eollmann  u.  s.  w.  Diess  hinderte  aber  den 
Prinzen  durchaus  nicht,  in  unveränderter  Stimmung  über  das 
Archiv,  das  er  selbst  im  Feldzuge  uud  auf  seiner  Reise  nach 
Grossbritannien  nicht  ausser  Acht  liess,  zu  correspondireo. 
Nur  unter  so  günstigen  Auspicien  aber  konnte  es  möglich 
sein,  dass  Werke,  wie  die  eingangs  erwähnten  von  Schmutz 
und  Muchar,  zu  Stande  kamen. 


Mittheilungen  aus  dem  Fürstenfelder 

Stadtarchive. 

Von 
Hans  Lange,  Bezirkscorrespondent  in  Fttrstenfeld. 


1.  Die  Stadtriehterwahl  im  XYII.  und  XTIII.  Jahrhundert. 

An  der  Spitze  der  Stadtgemeinde -Vertretung  stand  der 
Stadtrichter  ^  der  hier  zugleich  auch  Landrichter  war.  Die 
Wahl  desselben  fand  bis  zur  zweiten  Hälfte  des  XVIII.  Jahr- 
hunderts in  der  ersten  Hälfte  des  Monates  Deccmber  statt 
und  währte  die  Functionsdauer  bis  zum  Jahre  1760  ein  volles 
Jahr;  im  genannten  Jahre  wurde  die  Dauer  der  Amtszeit  von 
der  Regierung  auf  drei  Jahre  festgesetzt 

Der  Stadtrichter  wurde  von  den  Bürgern  aus  der  Mitte 
der  Rathsherren  gewählt. 

Vor  der  versammelten  Bürgerschaft  resignirte  der  alte 
Stadtrichter  „ alten  Herkommens"  auf  sein  Ehrenamt  Darauf 
forderte  er  die  Bürger  auf,  ^zum  ersten,  zum  andern  vnd 
zum  dritten  Male,  wenn  er  einen  oder  den  andern  unbillige 
Aufrichtung  gethan  oder  das  gleiche  Recht  nicht  ergehen  lassen, 
der  soUe  vortreten  und  es  anzeigen.^ 

Nun  hatte  Jeder  das  Recht,  Beschwerden  über  den  ab- 
tretenden Stadtrichter  vorzubringen,  da  später  vorgebrachte 
Beschwerden  von  demselben  nicht  mehr  berücksichtigt  zu 
werden  brauchten.  Wenn  sich  darauf  Niemand  beschwerte,  so 
lautete  die  gewöhnliche  Antwort  des  Sprechers  der  Bürger- 
schaft,  „sie  hätten   über  ihn  nur  liebs  vnd  guets  zu  sagen". 


—     142     — 

Nun  wurde  der  abtretende  Stadtrichter  von  der  Ver- 
sammlung gebeten,  ^zum  ersten,  zum  andern  vnd  driten  mahl 
dass  er  sich  auf  das  eingehende  Jahr  für  ihren  Vorgeber  und 
Stadtrichter  gebrauchen  lasse^.  Gewöhnlich  nach  einif^en  Ent- 
schuldigungen willigte  er  ein,  für  das  kommende  Jahr  wieder 
Stadtrichter  zu  bleiben,  was  im  Rathsprotokolle  mit  der  fol- 
genden Formel  eingetragen  wurde:  „Ist  also  folgendts  auf  das 
. . .  Jahr  Herr  ...  de  novo  zu  einem  Statt  Richter  confirmando 
erkhüst  worden.  ** 

Nahm  aber  der  resignirende  Stadtrichter  durchaas  nicht 
mehr  eine  Wiederwahl  an,  so  schritt  man  sofort  zur  Neuwahl. 
Der  Syndicus  machte  im  Rathsprotokolle  so  viele  wagrechte 
Striche  als  Rathsherren  waren.  Die  Bürger  nannten  nun  den 
Namen  des  Candidaten,  was  der  Stadtschreiber  in  der  obei) 
angedeuteten  Weise  im  Rathsprotokolle  bezeichnete.  Die  Mehr- 
zahl der  Stimmen  entschied.  Das  Wahlergebniss  wurde  im 
Rathsprotokolle  mit  dem  Satze  ersichtlich  gemacht:  folglich 
wurde  Herr mit .  . .  Stimmen   zum  Stadtrichter  erwählt 

Der  neue  Stadtrichter  trat  sein  Amt  aber  erst  mit  1 .  Jänner 
des  kommenden  Jahres  an;  in  der  Zeit  zwischen  der  Wahl 
bis  zum  Amtsantritte  hatte  er  sich  persönlich  von  der  inner- 
österreichischen Regierung  zu  Graz  »nach  fnrweisung  der 
Beichtzettel''  die  Amtsbestätigung  und  den  Bannbrief  zu  ver- 
schaffen. Für  den  Bannbrief  wurde  zu  Beginn  des  XVn.  Jahr- 
hunderts eine  Kanzleitaxe  von  4  fl.  entrichtet  und  dem 
Expeditor  1— 2  fl.  verehrt.  0 

Ein  solcher  Bannbrief  lautete:  „Wir  N  die  von  (Titel 
des  Regenten)  allergnädigste  angeordnete  Inner-Oesterreichische 
Regierung  bekennen  hiermit,  dass  wir  den  edelvesten,  auch 
fürsichtigen  N.  N.,  Bürgern  in  der  landesfürstlichen  Stadt 
Fürstenfeld,  zum  Richter  aufgenommen,  ihme  auch  Bann  und 
Acht  auf  das  Jahr .  .  .  verliehen,  wissentlich  mit  diesem  Brief 
also:  dass  er  daselbst  in  der  Stadt  Fürstenfeld  Oe<lo<^b  nicht 
weiter)  über  das  Blut  zu  richten  haben,   dabei  aber  dem 


1)  Stadtrichter-Rechnung  vom  Jahre  1619. 


—     143     — 

Annen  als  dem  Reichen,  und  dem  Reichen  als  dem  Aimen 
ein  gleiches  Recht  ergehen  lassen  und  darinnen  weder  Müh^ 
Freundschaft  oder  Feindschaft,  noch  iechters  anderes  ansehen 
wolle ;  massen  uns  er  dann  auch  solches  gelobt  und  geschworen 
hat ;  Ohngefthrlich :  Mit  Urkhund  dieses  Briefe. 
Geben  in  der  landcsftlrstlichen  Hauptstadt  Graz  den  ....**) 
Ein  Stadtrichter  sollte  zwar  nicht  I&nger  als  drei  Jahre 
hinter  einander  dieses  Amt  verwalten,  doch  wurde  davon  oft 
Umgang  gepflogen.  Von  den  dictirten  Strafgeldern  hatte  der 
Stadtrichter  auf  die  Hälfte  davon  Anspruch. 

2.  Reihenfolge  der  Stadtrichter  in  Fflrstenfeld.  ^) 

1332  Friedrich  Schneider*  1333  Ullrich  Steger*.  1400 
Nicklas  Riegerstorfer*  1436  Peter  Grill*.  1438  Friedrich 
Schneider*.   1586  Willibald  Zürfuss.    1602  Simon  Paugkher. 

1604   Hans  Weiss.    1607   Max  Ulbl.   1613—14  Hans  Weiss 

• 

1615  Peter  Kolb.  1618—19  Hans  Weiss.  1620—21  Peter 
Kolb.  1622—23  Lorenz  Maninger.  1624  Georg  Kummer. 
1625—27  Peter  Kolb.  1628  Georg  Wirker.  1629—30  Paul 
Fuchs.  1631—32  Lorenz  Maninger.  1633—35  Georg  Wirker. 
1636  Peter  Kolb-  1637  -  38  Georg  Kummer.  1639-40  Georg 
Würker.  1641—42  Georg  Jacob.  1643-48  Kaspar  Ruepp. 
1649  Georg  Jacob,  1650—52  ?  1653—56  Georg  Schickh. 
1657— 58  Georg  Woyda.  1659—61  Georg  Schickh.  1662—64 
Adam  Ackermann.  1665—66  Christof  Hamerl.  1667—68  Adam 
Ackermann.  1669—71  Georg  Schickh.  1672  ?  1673  Michael 
Sammer.  1674  Georg  Jacob.  1675  Christoph  Hamerl.  1676—77 
Michael  Sammer.  1678—80  Hans  Georg  Ruepp.  1681  Andreas 
Ruepp.  1682—84  Georg  Schedenegg  von  Ehrenegg.  1685—88 
Reichardt  Ankhter.  1689—90  Georg  MauUer.  1691—92  Georg 
Dellmor  von  Lilienfeld.  1693—95  Reichardt  Andreas  Ankhter. 


*)  Das  Original  der  obigen  Abschrift  stammt  aus  dem  XVIII.  Jahrh. 

2)  Die  mit  einem  Sternchen  bezeichneten  Namen  wurden  den  Mitthei- 
lungen des  historischen  Vereines  oder  ans  Muchar's  Geschichte  des 
Herzogthnms  Steiermark  entnommen. 


-     144     ^ 

1696—99  Lorenz  Rohrer.  1700—4  Johann  Georg  Kropf- 
1705—7  Franz  LandL  1708—9  Johann  Sammer.  1710—13 
Franz  Landl.  1714—17  Andreas  MauUer.  1718 — 19  Johann 
Georg  Christoph  Neupauer.  1 720—27  Franz  LandL  1 728—35 
Johann  Josef  Dollath.  1736—40  Johann  Georg  Schrockk 
1741—52  Johann  Georg  MauUer.  1753—58  Franz  Josef 
Santner.  1759—67  Johann  Georg  Mauller.  1768—74  Rudolf 
Rohrer.  1775—89  Franz  Hofstetter.  1790  Gottlieb  Gamd 
und  1791  Kaspar  Greinitz. 

S.  Der  Stadtrichter  als  Landrichter. 

Der  Fürstenfelder  Landgerichtsbezirk  umüasste  die  Beziike: 
Magistrat  Ftlrstenfeld ,  Johanniter  -  Commende  Fttrstenfeld, 
Augustiner  -  Herrschaft  FUrstenfeld,  Herrschaft  Welsdorf  und 
Herrschaft  Kaisdorf  bei  Ilz.  Dazu  gehörten  folgende  Gemeinden 
mit  Angabe  der  Häuseranzahl  im  Jahre  1614:  Altenmarkt  22. 
Aschbach  12,  Bierbaum  19,  Blumau  12,  Dietersdorf  1 5,  Fürsten- 
feld  238,  Gillersdorf  16,  Gross-Wilfersdorf  25,  Hartl  25,  Hain- 
feld 16,  Ilz  ?,  Kaisdorf  10,  Loipersdorf  24,  Leitersdorf  45, 
Magland  12,  Maierhofen  a.  d.  Feistritz  14,  Neudorf  34,  Raders- 
dorf  6,  Reigersberg  7,  Stein  18,  Söchau  32,  St.  Kind  25. 
Speltenbach  14,  Schwarzenhofen  (jetzt  Schwarzmannshofen)  5. 
Unterlam  20,  Uebersbach  38  und  Waltersdorf  24. 

Sobald  eine  Person  dem  Landgerichte  eingeliefert  wurde, 
ward  der  Angeklagte  vom  Stadtrichter  in  Gegenwart  von 
mindestens  zweier  Rathsherren  zuerst  „gütlich^  verhört,  woba 
entschieden  wurde ;  ob  der  Beschuldigte  auch  peinlich  zu 
befragen  sei.  Das  Torquiren  geschah  zumeist  im  sogenannten 
Reckthurm,  wo  die  Folterwerkzeuge  aufbewahrt  waren.  Das 
Protokoll  beim  Verhöre  führte  der  Stadtschreiber,  der  hier  zu- 
gleich Landgerichtsschreiber  war.  Die  Stadt  hatte  stets  einen  von 
ihr  besoldeten  Rechtskundigen  in  Graz,  der  bei  verwickelten 
Processen  um  seine  Meinung  befragt  wurde,  welcher  auch 
in  Form  eines  guten  Rathes  dem  Stadtrichter  das  zu  fällende 
Urtheil  mittheilte. 


—     146     — 

Wurde  ein  Verbrecher  zum  Tode  verurtheilt,  was  nach 
dem  peiulichen  Schlussverhöre  geschah,  so  wurde  das  Todes- 
urtheil  zuerst  geheim  gehalten.  Der  Gerichtshof  zum  Fällen 
des  Urtheiles  bestand  aus  allen  Bathsherren  und  aus  zwei 
Gemeinführem  oder  Viertelmeistem. 

Darauf  wurde  aus  Graz  der  Freimann  verschrieben, 
wenn  derselbe  nicht  schon  beim  peinlichen  Verhöre  zugegen 
war.  Sobald  der  Freimann  ankam,  trat  der  volle  Gerichtshof 
wieder  zusammen,  der  Verbrecher  wurde  nun  vorgeführt  und 
der  Landrichter  sprach  zu  ihm:  Du  werdest  dich  wohl  zu 
erinnern  wissen,  wie  dass  man  Dir  Deine  Verbrechen  verwichen 
vorgelesen  und  Du  alles  bestätiget  hast  Also  sage  ich  Dir 
und  kündige  dir  den  Tod  an,  dass  Du  in  dreien  Tagen  sterben 
musst  Bereue  Deine  Sünden,  es  wird  Dir  also  ein  Geistlicher 
zugesellt  werden. 

Am  dritten  Tage  nun  versammelte  sich  der  Gerichtshof 
zuerst  in  der  Gerichtsstube ;  der  Landrichter  frug  seme  Räthe : 
Ob  dieser,  wie  im  geheimen  Rathe  geschlossen  wurden,  annoch 
des  Todes  sterben  solle  oder  nicht  ?  Die  gewöhnliche  Antwort 
der  Bäthe  war:  Was  in  dem  geheimen  Urtheil  geschlossen 
worden,  soll  allerdings  dabei  sein  Verbleiben  haben,  Grott 
sei  gnädig  seiner  armen  Seelen. 

Nun  ging  der  Gerichtshof  in  die  o£Fene  Gerichtsschranne, 
welche  bei  schöner  Witterung  am  Hauptplatz,  bei  schlechtem 
Wetter  im  Vorhause  des  Bathhauses  eröffnet  wurde. 

Ehe  sich  der  Zug  in  Bewegung  setzte,  fhig  der  Land- 
richter den  Verurtheilten :  Ob  er  auch  allen  seinen  Feinden 
verzeihe,  auch  deigenigen,  die  ihn  verurtheilt  haben?  Dieser 
antwortete  gewöhnlich  mit  „Ja**,  worauf  ihm  der  Richter  mit 
«sanften**  Worten  zusprach. 

Nun  setzte  sich  der  Zug  zur  Gerichtsschranne  in  Be- 
wegung; voran  schritt  der  älteste  Gemeinführer,  das  Richter- 
schwert tragend,  der  zweite  Gemeinführer  folgte  mit  dem 
Gerichtsstabe,  dann  kamen  die  Mitglieder  des  Rathes,  zuletzt 
der  Stadtrichter  in  seiner  Amtstracht;  schliesslich  der  Verur- 
theilte  und  dessen  Wache. 

]fit«]i«iL  d«s  hUt.  YenlnM  f.'Steiemiurk,  XXIX.  Heft,  1881.  ^Q 


—     146     — 

In  der  offenen  Gerichtsschranne  verlas  der  Stadtacfareiber 
mit  lauter  Stimme  das  Urtheil  mit  der  EingangBformel:  Auf 
des  armen  Sünders  gethanen  nnd  bekannten  Ifissethatea 
haben  meine  Herrn  Beisitzer  dahin  beschlossen,  dass  er  sdl 
dem  Freimann  in  seine  Hand  und  Band  übergeben  imden, 
der  soll  ihn  nehmen  und  wohlverwahrter  zu  der  gewöhnBcfaea 
Riohtstätte  hinausführen  und  alldorten  ihm  .  • .  (nun  folgt  die 
zu  erleidende  Todesart). 

Darauf  rief  der  Landrichter:  Ist  ein  kaiserlicher  Fro- 
mann  vorhanden,  der  trete  herein  in  die  offene  Halefiz- 
schrannen  zum  ersten,  —  zum  zweiten  —  und  zum  dritten  Malel 

Der  Freimann  trat  nun  vor  den  (xerichtshof  und  spradi: 
Herr  Stadt-  und  Landgerichtsverwalter  in  Fürstenfeld!  Man 
hat  mich  in  die  kaiserliche  offene  Malefizschrannen  heran 
berufen,  zum  ersten,  zum  zweiten  und  zum  dritten  Male,  also 
frage  ich,  was  man  von  mir  heutigen  Tages  will? 

Der  Stadtrichter  antwortete:  Freimann,  hast  Du  das 
UrtheQ  vernommen? 

Der  Freimann:  Ja! 

Der  Stadtrichter:  So  thue  ihm  einen  Vollzug! 

Bei  diesen  Worten  brach  er  den  Gerichtsstab  und  warf 
denselben  dem  armen  Sünder  vor  die  Füsse.  Der  Freimann 
übernahm  den  Verurtheilten,  und  der  Zug  setzte  sich  zur 
Richtst&tte  in  Bewegung. 

Nach  vollzogener  Hinrichtung  versammelten  sich  die 
Grerichtsherren  und  der  Geistliche,  welcher  dem  Venufheiltai 
m  den  letzten  Lebensstunden  zur  Seite  stand,  zur  Gerichts- 
mahlzeit,  deren  Kosten  vom  Landgerichte  bestritten  wurden« 

Konnten  sich  Richter  und  Rath  bei  einem  Processe  nicht 
einigen,  oder  der  Magistrat  hatte  in  einem  Hexenprojsesa  zo 
richten,  so  wurde  über  Ansuchen  der  Bannrichter  hierher 
gesandt,  welcher  dann  dem  Gerichtshofe  pr&sidirte;  die  durch 
ihn  auflaufenden  Kosten  hatte  das  Landgericht  zu  bezahlen. 

Jeder  Selbstmörder  wurde  dem  Landgerichte  eingdiefart, 
und  die  Leiche  verbrannt;  der  Landrichter  berührte  den 
Todten  als  Zeichen  der  Uebemahme  mit  dem  Gerichtastabe, 


—     147     — 

wofür  ihm  1  fl.  und  1  Pfenn.  von  jenem  Bezirke,  dem  der 
Selbstmörder  zugehörte,  zu  entrichten  war. 

4.  Amtsantritt  des  Stadtriehters. 

Am  2.  Jftnner  eines  jeden  Jahres  versammelte  sich  die 
ganze  Bürgerschaft  Der  neue  Stadtrichter  begrüsste  die 
Versammlung  mit  folgenden  Worten:  „Warumben  anheunt 
sowohl  vor  einen  löblichen  Magistrat  als  einer  Ehrsamen 
Bargerschaft  die  Zusammenkunft  gepflogen  würdet,  ist  ohne- 
deme  wissend,  massen  entweder  die  Aemter  zu  confirmieren 
oder  zu  übersetzen  seind.  Ehe  aber  solches  vorzunehmen  will 
ich  sowol  einem  löblichen  Stadtmagistrate  als  auch  einer 
ehrsamen  Burgerschaft  das  neu  gebome  Jesu  Kindlein  zu 
einer  glückseligen,  fried-  und  freudenvoll  vergnügten  neuen 
Jahr  angewunschen  haben.  Dieses  neue  Jesu-Kindlein  gebe, 
dass  sie  nicht  nur  allein  das  neuangefangene  Jahr,  sondern 
auch  noch  viel  dergleichen  nachfolgende  in  Fried  und  Einig- 
keit, in  best&ndiger  Gesundheit,  in  Leibs  und  der  Seelen 
Vergnügenheit,  in  Liebe  gegen  Gott  und  seinen  N&chsten  und 
was  ihm  ein  jedweder  noch  selbst  eigen  contendo  zu  wünschen 
verlangete,  zurücklegen  möchte.  Wann  also  diesen  meinen 
wolmeinenden  Herzenswunsch  ein  jedweder  in  sein  Herz 
hinein  druckete,  auch  selben  haltete,  so  versichere  ich  gleich- 
sam vor  gewiss,  dass  wir  nicht  nur  allein  von  dem  neugebomen 
Jesu  Kind  em  gesegnetes  und  fruchtbares  ein  jeder  nach 
seinen  contendo  vergnügtes  Jahr  überkommen  werde,  sondern 
würde  auch  uns  dermalen  einst  mit  selben  in  der  ewigen 
Glorie  zu  erfreuen  haben;  welches  ich  sowohl  einen  löblichen 
Stadt  Magistrat  als  auch  einer  ehrsamen  Bürgerschalt  grund- 
herzig wünsche.^ 

Nach  dieser  Anrede  resignirten  die  Bathsherren  ihre 
Stadtftmter,   wurden  aber  gewöhnlich  wieder  damit  betraut 

Diese  Stadtämter  resp.  die  Functionäre  derselben  waren : 

Der  Stadtkftmmerer;  derselbe  hatte  die  Einkünfte 
der  Stadt  zu  verwalten. 

10* 


—     148     — 

Der  Spitalmeister  besorgte  die  Verwaltung  des 
Spitales  und  des  Pfründnerhauses, 

Der  Zechmeister  oder  Kirchenprobst  verrechnete  die 
Em-  und  Ausgaben  der  Stadtpfarrkirche.  Vom  Magistrate 
wurden  fbr  dieses  Amt  zwei  Rathsherren  dem  jeweiligen 
Johanniter-Comthur  präsentirt,  der  davon  einen  w&blte.  Als 
zu  Ende  des  1 7.  Jahrhunderts  die  Joseficapelle  erbaut  wurde, 
kam  noch  ein  besonderer  Zechmeist^r  für  dieselbe  hinzu. 

Der  Ziegelherr  hatte  die  städtischen  Ziegelöfen  unter 
seiner  Aufsicht 

Der  Baumeister  (einige  Zeit  war  ein  Ober-  und  Unter- 
baumeister) hatte  die  Auüsicht  über  die  städtischen  Gebäude 
und  über  den  Stadtwald;  ohne  dessen  Anweisung  duifte 
Niemand  Holz  aus  dem  letztem  führen.  Mit  dem  Stadtwacht- 
meister hatte  er  sich  stets  von  dem  guten  Zustand  der  Feuer- 
herde und  Rauchfiinge  in  der  Stadt  zu  überzeugen.  Zu  diesem 
Amte  brauchte  man  nicht  ein  Baukundiger  zu  sein,  denn  es 
kommt  vor,  dass  Schuster,  Schneider  etc.  dieses  Amt  verwalten. 

Die  Mauthschlüsselbewahrer,  und  zwar  einer  für 
die  Mauth  bei  der  Stadt  und  einer  für  die  der  Stadt  eigen- 
thümliche  Mauth  zu  Hz;  beide  waren  die  eigentlichen  Rech- 
nungsleger  für  die  Mautheinnahmen  und  Ausgaben. 

Im  18.  Jahrhundert  kam  noch  ein  Mauthschlüsselbewahrar 
für  die  neuerrichtete  Mauth  in  Gross-Wilfersdorf  hinzu. 

Die  beiden  Thorschlüsselbewahrer;  sie  waren 
stets  für  das  rechtzeitige  Oeffiien  und  Schliessen  der  beid» 
Stadtthore  verantwortlich. 

Nach  der  Aemterbesetzung  fand  die  Aufnahme  der  neuen 
Bürger  statt.  Die  vol^ährigen  BürgerssOhne  der  Stadt  wurden 
ohne  Anstand  aufgenommen;  dagegen  mussten  Fremde  ihren 
Oeburtsbrief  vorzeigen  und  die  Entlassung  aus  dem  Verbände 
der  früheren  Gemeinde  oder  Herrschaft  nachweisen.  Die  Auf- 
nahms-Taxe  bestand  in  2  fl.  und  Lieferung  eins  oder  zweier 
Feuereimer  auf  das  Raihhaus.  Zu  Beginn  des  XVn.  Jahrfa. 
musste  jeder  Fremde  auch  noch  hier  hausbesessen  und  ver- 
heiratet sein,  um  als  Bürger  aufgenommen  werden  zu  können. 


—     149     — 

Durch  begangene  Verbrechen  oder  durch  Ungehorsam  gegen 
den  Magistrat  wurde  er  aus  dem  Bürgerverbande  ausge- 
schlossen. Kam  ein  Bürger  als  Pfründner  in  das  hiesige 
Armenhans,  so  musste  er  sein  Bürgerrecht  selbst  aufkünd^ 
er  wurde  als  Bürger  » beurlaubt^. 

Hierauf  ¥rurden  die  neuen  Bürger  vom  Stadtrichter 
beeidet;  leider  ist  die  Eidesformel  nicht  mehr  auffindbar. 

Nach  der  Bürgeraufhahme  wurden  die  Polizei-  und  sonstige 
Yorschriften  vorgelesen,  innere  Stadtangelegenheiten  geschlichtet 
Bitten  und  Beschwerden  entgegengenommen.  Dann  trat  die 
Bürgerschaft  ab  und  der  Magistrat  hielt  dann  gewöhnlich 
eine  Bathssitzung. 

5.  Der  Magristrat. 

Derselbe  theilte  sich  in  den  innem  und  äussern  Rath 
Der  innere  Rath  bestand  aus  den  Rathsherren,  auch  Raths- 
freunde  oder  Rathsverwandte  genannt,  deren  Zahl  acht,  zehn, 
auch  zwölf  betrug.  Sie  wurden  gewöhnlich  über  Vorschlag 
des  Stadtrichters  vom  Magistrate  auf  Lebenszeit  hiezu 
gewählt;  der  jeweilige  abtretende  Stadtrichter  war  der  Senior 
des  innem  Rathes.  Mit  Regierungsbefehl  vom  23.  Juni  1706 
bedurfte  auch  die  Rathsherrenwahl  der  landesfürstlichen  Con- 
firmation. 

Der  Eid,  den  ein  Rathsherr  bei  seinem  Amtsantritte 
leisten  musste,  lautete:  „Ich  N.  schwöre,  dass  ich  einen 
Durchl.  unsem  gnädigsten  Herrn  und  Landesftlrsten,  N.,  auch 
einen  Ersamen  Magistrat,  Richter  und  Rath  dieser  Stadt 
Fürstenfeld,  treu,  gehorsam  und  gewärtig  sein,  und  gemeiner 
Stadt  Freiheit  nicht  allein  helfen  hanthaben  und  vertheidigen, 
auch  ohne  Vorwissen  bemelt  eines  ersamen  Magistrates  nie- 
manden davon  offenbaren  oder  das  Geheimnis  aussagen,  sondern 
wider  männiglich  dieselben  vertheidigen,  schützen  und  aller- 
dings verschwiegen  und  in  Geheim  halten,  und  Reichen  als 
den  Armen,  Armen  sowohl  Reichen,  Urtheil  und  Recht  ergehen 
lassen,  sowohl  auch  aller  Versammlungen,  so  wider  Ir  Durchl. 
und  Einen  Ersamen  Richter  und  Recht  seint,  meiden,  so  alles 


-     160     — 

dasa  einen  Ebrliebenden  Mann  anstehet  und  gebührt,  leisten 
und  gehorsam  sein.  So  wahr  mir  Gott  helfe  und  das  hl.  Etbd- 
gelium''  ^). 

Die  Rathsherren  bekleideten  die  bereits  erwähnten  Stadtr 
ämter,  sassen  zu  Gericht  und  bildeten  zusanmien  gegenüber 
der  Bürgerschaft  in  Civil-Streitigkeiten  die  erste  Instanz. 

Im  Jahre  1628  wurden  aus  der  Mitte  der  Bathsherm 
zwei  zu  Steuereinnehmern  ernannt,  „die  haben  ein  TrüchleiD 
machen  zu  lassen  und  sie  haben  an  bestimmten  Tagen  auf 
dem  Rathhause  zu  sitzen  und  die  Steuern  einzunehmen  und 
alsbald  in  das  Trüchlein  zu  legend 

Zum  jeweiligen  Landtage  wurden  zwei  Rathsherren,  ge- 
wöhnlich aber  der  Stadtrichter  und  ein  Rathsherr   deputirt 

Im  Jahre  1736  erhielt  jede  Zunft  emen  Rathsherren 
als  jyZunft-Commissär^.  Bei  Verlassenschafts  -  Abhandlungen 
und  Concursen  wurde  immer  ein  Rathsherr  als  Commissir 
oder  Curator  bestellt  Vom  Jahre  1642  an  bezog  jeder  Raths- 
herr 6  fl.  jährlich  als  Remuneration  aus  der  Stadtcasse. 

Der  äussere  Rath  bestand  aus  vier  Gemeinführem  und 
dem  Bürgerauschusse,  welche  von  der  Bürgerschaft  jährlich 
gewählt  wurden.  Die  Gemeinftüirer  mussten  denselben  Eid 
leisten  wie  die  Rathsherren,  je  zwei  hatten  den  Rathssitzungen 
beizuwohnen^  sie  waren  Vertreter  der  Bürgerschaft  gegenüber 
dem  Magistrate. 

Der  Bürgerausschuss,  aus  zwölf  Personen  bestehend,  war 
nur  bei  aussergewöhnlichen  Angelegenheiten  thätig;  er  scheint 
die  Viertelmeister  über  die  Wünsche  und  Beschwerden  der 
Bürger  informirt  zu  haben. 

Bei  der  jährlichen  Steuerbemessung  iungirten  Raths- 
herm,   Viertelmeister  und  Bfitglieder  des  Bürgerausschusses. 

0  Das  Original  dieser  Eidesformel  stammt  aus  der  Zeit,  als  der 
Magistrat  bier  protestantisch  war,  also  vor  1600,  denn  nach  dem 
Worte  „Versammlungen"  oben  folgte :  „und  die  katholischa  Kirche" ; 
statt  am  Schlüsse  „und  das  hl.  £Yangelium<<  wurde  über  landes- 
fürstlichen Befehl  gesetzt:  „und  alle  Heiligen*'.  Die  Eidesformel 
fUr  den  Stadtrichter  und  Syndicus  konnte  ich  im  Archire  nicht 
finden. 


—     161     — 

6.  Tom  Magistrate  besoldete  Amtspersonen. 

Ein  sehr  wichtiges  Amt  war  das  des  Stadtschreibers 
oder  Syndicus.  Derselbe  musste  aus  der  Gesetzkunde  geprüft 
sein,  wurde  zwar  vom  Magistrate  als  solcher  ernannt,  bedurfte 
aber  der  Bestätigung  der  Regierung  in  Oraz.  Wenn  sich  ein 
Syndicus  seine  Amtsbestätigung  in  Graz  einholte,  so  bekam 
er  vom  Magistrate  ein  „Credentialschreiben''  mit  Ein  Solches 
lautete :  „Euer  . . .  Gnaden  und  Gnaden  thun  wir  gehorsamst 
hinterbringen,  wie  dass  (N.)  gewester  Stadtschreiber  alda  den  (x) 
laufenden  Monates  dieses  Zeitliche  gesegnet;  wan  nun  wegen  täg- 
lich sowoll  Landgericht  als  anderer  gemeiner  Statt  Vorfallenheiten 
solch  Stattschreiberamt  unersezt  nicht  kann  gelassen  werden,  als 
haben  wir  ein  solches  (N.)  als  einen  indem  Stattschreiberamts- 
sachen  wohl  erfahrenen  und  praktizirten  Mann  yerliehen. 

Gelangt  demnach  an  Euer  . . .  Gnaden  und  Gnaden  unser 
gehorsamstes  Bitten,  ihme  (N.)  in  Gnaden  bei  solchen  Statt- 
schreiberamt zu  confirmiren,  uns  zu  Hochgnaden  Hulden  unter- 
thänigst  empfehlend. 

Euer  . . .  Gnaden  und  Gnaden 

Unterthänigst  gehorsamste 
N.  Richter  und  Rath.«  *) 

Der  Syndicus  hatte  die  ganze  innere  Verwaltung  der 
Stadt  und  die  Stadtkanzlei  in  seinen  Händen,  er  war  die 
eigentliche  Seele  der  Geschäfte  des  Magistrates  in  jeder  Be- 
ziehung. Er  hatte  eine  freie  Amtswohnung  und  50  fl.  Jahresgehalt 

Der  Stadt  Wachtmeister  war  stets  ein  Bürger;  er 
war  das  Polizeiorgan  der  Stadt  Worin  seine  Besoldung  be- 
stand, konnte  ich  nicht  finden. 

Der  Stadtbote  besorgte  die  Postgeschäfte  ftlr  den 
Magistrat. 

Die  Thorsperre r,  welche  in  den  über  den  Stadtthoren 
erbauten  Kanmiem  wohnten,  bewachten  die  Thore. 

Der  G  e  richtsdiene  r,  welcher  die  Aufsicht  und  „Atzung" 
der  Arrestanten  besorgte,  half  auch  beim  Torquiren.  Seine 
Jahresbesoldung  bestand  in  20  fl.  und  „ein  par  Stiefeln". 

0  Das  Original  stammt  aus  dem  Jahre  1724. 


—     162     — 

Ueber  mein  Ansuchen  erhielt  ich  vom  Johanniter-Ordens- 
Grosspriorate  folgende  Liste  der  FUrstenfelder  Ordens-Comthure 
mitgetheilt: 

1232  Perhohus,  alias  Bemhocb,  Priester  und  Meister. 
1266  Leutwin.  1273  Heinrich.  1287  Rechwin,  Comthur  und 
Prior.  1296  Nudunge.  1306  Wilhelm.  1332  Mathias  Wetter. 
1349  Otto.  1367  Johann  Rinderschinck.  1398  Niklas  von  Prag. 
1413  Stefan  Ksodhase«  Grosspriorats-Statthalter  in  Oesterreicli, 
Steiermark,  Kärnten  und  Erain.  1427  Martin  Kever,  alias 
Kefer,  Comthur  und  Pfarrer.  1448  Laurentius  Herttenfelder. 
1451  Johann  Keser,  Comthur  und  Statthalter  in  Oesterreich. 
1464  Sobald  Puechl.  1488  Andreas  Wenig.  1504  Kaspar  von 
Stain.  1 509  Philipp  Flachperger,  decretorum  Doctor,  Comthur 
und  Pfarrer.  1520  Fabian  von  Maltis.  1535  Franz  von  Mindorf. 
1538  Martin  Vetter.  1556  Ludwig  Freiherr  von  Poll weiller. 
1565  Jacob  von  Gloyach.  1580  Furio  Molza.  1594  Eneas 
von  Gonzaga.  1598  Felician  Moschowsky  von  Morawczin^  alias 
Mosch  von  Moriz  auf  Schönstein  und  Beneschau.  1614—24 
Heinrich  Freiherr  von  Logau.  1624 — 33  Rudolf  von  Paar. 
1633  Niklas  Cari  (später  Graf)  von  Gaschin.  1661  Wilhelm 
Leopold  von  Rheinstein  und  Tattenbach.  1662  Ferdinand 
Ludwig  Graf  von  Kolowrat.  1684  Johann  Josef  Graf  von 
Herberstein.  1687  Wolfgang  Sebastian  Graf  von  Pötting.  170:^ 
Carl  Leopold  Graf  von  Herberstein.  1722  Gundacker  Graf 
von  Dietrichstein.  1739  Michael  Ferdinand  Graf  von  Althan. 
1748  Anton  Graf  von  Coloredo.  1789  Vincenz  Graf  KoUowrat- 
Liebsteinsky.  1820  Johann  Josef  Graf  von  St  Julien.  1831 
Franz  Anton  Graf  von  Hrian.  1838  Ludwig  Graf  von  Pergai. 
1851  Adolf  Graf  Podstatzky  -  Liechtenstein.  1862  Alexander 
Graf  von  Attems.  1877  Gottfried  Freiherr  von  Andrian-Werburp. 

Von  den  Dorfgemeinden  der  Umgebung  von  FOrstenfeld 
besitzt  nur  Uebersbach  ein  altes  Gemeindebuch.  Die  Auf- 
zeichnungen beginnen  mit  dem  Jahre  1662;  sie  enthalten  die 
Reihenfolge  der  Dorfrichter,  Lebensmittelpreise,  UnglQcksftlle, 
als:  Viehseuchen,  Heuschreckenschwärme ,  Cholera,  Ueber- 
schwemmungen  und  Brände;   letztere  aus  der  neuesten  Zeit 


Achtzig  Jahre  (1665—1745)  aus  dem 
Gemeindelehen  des  Marktes  Kindherg. 


Von 

Prof.  H.  J.  Bidermann. 


Jb  asst  man  die  geographische  Lage  des  Marktes  Kindberg 
in's  Auge,  so  ist  man  versucht,  dessen  Entstehung  und  Empor- 
kommen dem  Handelszuge  zuzuschreiben,  der  vom  Semmering 
her  und  in  entgegengesetzter  Richtung  seit  vielen  Jahrhunderten 
das  Mürzthal  belebt.  In  Wirklichkeit  verhält  es  sich  aber 
damit  anders.  Wenn  schon  der  Fremdenverkehr  und  das 
„Strassengewerbe**  immerhin  einigen  Antheil  an  den  Schick- 
salen dieses  Ortes  haben,  so  sind  doch  diese  Factoren  nie 
dafür  entscheidend  gewesen.  Nicht,  dass  die  Mürz  in  der 
Gegend,  wo  Kindberg  liegt,  sich  und  so  zugleich  dem  Verkehre 
Bahn  brach,  sondern  dass  sie  hier  zum  Frommen  industrieller 
Unternehmungen  ein  starkes  Gefälle  hat  und  sich  zum  gleichen 
Zwecke  in  mehrere  Binnsale  abzweigen  liess,  ferner  dass  sie 
hier  in  firüher  Zeit  Lehmschichten  ablagerte,  die  znr  Thon- 
waarenerzeugung  einluden,  und  dass  in  der  Nähe  verschiedene 
Seitenthäler  münden,  deren  Bewohner  ihren  Bedarf  an  gewissen 
Gewerbeerzeugnissen  am  bequemsten  aus  Kindberg  beziehen: 
das  sind  die  für  die  Entwicklung  des  Ortes  von  jeher  mass- 
gebenden Naturverhältnisse.  Daneben  spielten  auch  Elementar- 
Ereignisse  und  politische  Begebenheiten  stets  eine  untergeord- 
nete BoUe.  Sie  griffen  nur  vorübergehend,  bald  fordernd,  bald 
hemmend   ein.   Ihre  schlimmen  Folgen  zu  überwinden,   ihren 


—     164     — 

günstigen  Einfluss  anszuntttzen,  war  jeweflen  Sache  der  Be- 
völkerung, die  sich  da  zusammenfand.  Inwiefeme  diese  dem 
gewachsen  war,  hing  von  deren  Thatkraft  und  Einsicht,  aber 
auch  von  den  Yermögenskräften  ab,  über  welche  sie  verfügte. 
Damach  gestaltete  sich  innerhalb  des  typischen  Rahmens  ihrer 
Verfassung  das  Culturleben  der  Marktgemeinde,  welches  hin- 
wieder auf  die  Bedingungen  zurückwirkte,  von  denen  es  selber 
abhing. 

Hierüber  geben  die  Rathsprotokolle  des  Marktes,  so  weit 
sie  erhalten  sind,  Aufechluss.  Fehlt  es  gleich  nicht  an  sonstiges 
Behelfen  zur  Aufhellung  der  Geschichte  von  Kindberg,  so 
gewahrt  doch  Nichts  tieferen  Einblick  in  das  Treiben  und 
Trachten,  in  die  Tugenden  und  Laster,  in  die  Leiden  und 
Freuden  der  vorzeitlichen  Eindberger,  als  diese  Protokolle 
und  das  nachstehende  Bild,  zu  dem  ich  ihnen  ohne  and»- 
weitige  Zuthat  die  Farben  entlehne,  zeigt,  was  aus  einer 
scheinbar  so  kargen  und  unerquicklichen  Quelle  sich  scböpfec 
Iftsst.  0 

Dieselben  umfassen  die  Zeiträume  1665 — 1667,  1677  bis 
1683  (Februar),  1688—1691  (Februar),  1701  (März)— 1703 
(Jänner),  1705  (Februar)— 1707  (Jänner),  1709  (Rebruar)- 
1713,  1715  (August)— 1729  (März),  1742  (April)  -  1754 
(December).  Obschon  lückenhaft  und  stellenweise  mit  solcher 
Eilfertigkeit  niedergeschrieben,  dass  das  Verständniss  sehr 
erschwert  ist  (was  namentlich  von  den  beobachteten  Rechts- 
formen und  Bechtsnormen  gilt),  enthalten  sie  doch  eine  seltene 
Fülle  von  Einzelnheiten,   die  vor  Vergessenheit  bewahrt  2U 


<)  Ich  ftge  nur  in  der  Form  von  Anmerkungen  einzelne  Erläutenmgen 
hinzu,  welche  aus  anderer  Quelle  stammen,  die  ich  jedesmal  spedell 
bezeichne.  Dass  ich  mich  auf  wenige  derlei  Zusätze  beschränke,  hat, 
von  der  Tendenz,  den  Werth  jener  Protokolle  desto  deutlicher  her- 
vortreten zu  lassen,  abgesehen,  darin  seinen  Grund,  dass  ich  den 
ganzen  Aufsatz,  den  Intentionen  des  Yereins-Ausschusses  gemäss, 
in  der  Zeit  vom  10.  Juni  bis  1.  Juli  1881  zu  Papier  bringen  musstet 
wenn  nicht  das  Erscheinen  des  Heftes  der  „Mittheilungen'',  filr 
welches  er  bestimmt  ist,  eine  ungeziemende  Verzögerung  edddes 
sollte. 


—     166     — 


irerden  verdienen  und  im  Folgenden  nach  den  hier  zur  besseren 
Uebersicht  verzeichneten  Rubriken  geordnet  sind : 

I.  Verfassung  und  Verwaltung  der  Gemeinde  (einschliess- 
lich der  Rechtspflege). 
II.  Beziehungen  des  Marktes  zur  Herrschaft  Oberkindberg. 

III.  Oeffentliche  Lasten. 

IV.  Truppenbewegungen  und  Reiseverkehr. 

V.  Handelsbeziehungen. 

VI.  Gewerbe- Thätigkeit  und  Gewerbe-Polizei. 
VII.  Vermögensverhältnisse  und  Armenpflege. 

VUI.  Zustand  der  Bildung  und  der  Sitten. 

Dass  ich  den  meinen  Lehrfächern  (Statistik  und  Staats- 
recht) verwandten  Rubriken  die  meiste  Aufmerksamkeit  zuwende, 
möge  meinem  Berufe  zu  Gute  gehalten  werden.  Zu  wissen- 
schaftlichem Gebrauche  ausgezogen  habe  ich  die  hier  ver- 
wendeten Daten  grösstentheils  während  meines  Ferienaufent- 
haltes zu  Kindberg  in  den  Monaten  August  und  September 
1880.  Ich  verdankte  die  Möglichkeit,  dies  mit  Müsse  zu 
thun,  so  wie  die  Nachholung  eines  Versäumnisses  der  von 
historischem  Sinne  Zeugniss  gebenden  Bereitwilligkeit  des  Herrn 
Bürgermeisters  von  Eindberg,  Ant  Pezledrer,  und  der 
Dienstfertigkeit  des  dortigen  Magistratsecretärs  Herrn  Andreas 
Prinstl. 

I.  Yer&ssaiig  und  Yerwaltang  der  Gemeinde 

(einschliesslich  der  Rechtspflege). 

Die  Geschäfte  der  Marktgemeinde,  wozu  auch  die  Burg- 
friedens -  Gerichtsbarkeit  gehörte,  wurden  vom  Magistrate 
besorgt,  der  sich  in  den  inneren  und  äusseren  Rath 
theilte  und  an  dessen  Spitze  der  Marktrichter  stand. 
Diesen  erwählte  alljährlich  am  St.  Blasius-Tage  (3.  Febr.) 
die  gesammte  Bürgerschaft  aus  ihrer  Mitte.  Wurde  gegen 
diese  Wahl  bis  zum  22.  Febr.  rSt.  Peters  Stuhlfeier)  von 
keiner  Seite  eine  Einwendung  erhoben,  so  galt  sie  für  con- 
firmirt  und  empfing  der  neugewählte  Richter  an  dem  soeben 
genannten  Tage  den  landesfilrstlichen  Gerichtsstab  aus  den 


—     166     — 

Händen  seines  Vorgängers.  Einer  aosdrOdfi^i 
Bestätigung  der  Wahl  durch  die  Regierung  bedurfte  es  nicht: 
ja  es  wohnte  nicht  einmal  dem  vorerwähnten  Uebergab^cte 
ein  Commissär  derselben  bei.  Der  im  Jahre  1665  erwiUtt 
Marktrichter,  Michael  Dörer,  übernahm  den  Gerichtsstab^  m 
es  im  Bath8prot9kolIe  vom  6.  März  1665  heisst,  «im  Nasi» 
der  allerheiligsten,  unzerthailten  Dreifaltigkhait :  Gottes  des 
Vaters,  Sohns  und  heiligen  Geists,  wie  auch  der  abeiigebeiie- 
deitesten  Himbelskönigin  und  Mutter  Gottes  Maria"  and  er 
gelobte  bei  diesem  Anlasse,  mit  Gottes  Hilfe  so  seines  Amtes 
zu  walten,  dass  er  den  Freiheiten  und  Gerechtsamen  des 
Marktes  nichts  vergibt  Einer  besonderen  Verpflichtung  gegen 
den  Landesfürsten  geschieht  da  keine  Erwähnung,  wenn  ^etck 
bei  anderen  Gel^enheiten  der  Magistrat  es  gerne  betonte, 
dass  er  im  Namen  des  Kaisers  Recht  zu  sprechen  berufen  sei. 
Der  Marktrichter  bezog  keinen  festen  Gehalt,  sondern  Gerichts- 
taxen und  erhielt,  wenn  er  darum  ansuchte  und  der  Magistrat 
ihm  wohl  wollte,  bei  seinem  Austritte  aus  dem  Amte  dne 
Gratification,  welche  meist  dazu  diente,  Rechnungsrückstände 
zu  begleichen.  Dafür  lag  ihm  ob,  der  Marktgemeinde  aber 
finanzielle  Schwierigkeiten  durch  Vorschüsse  hinwegzuhelfen: 
wenigstens  wurde  vorausgesetzt,  dass  er  diess  thun  könne  und 
wolle.  Als  Hanns  Rainhalter  am  3.  Februar  1677  das  Richter 
amt  resignirte  und  abermals  zum  Richter  erwählt  wurde, 
ersuchte  er  die  Bttgerschaft  öffentlich,  .mit  Abzahlung  der 
alten  Ausständt  und  Steuern  hinfüro  besser  sich  einzufindeo, 
weillen  sein  Peutl  gering ;  sonsten,  da  ein  Pfandtung  einlaufen 
sollte,  wolle  er  dessen  entschuldiget  sein**.  Bemitteltere  Gemeinde* 
Vorsteher  leisteten  mitunter  namhafte  Geldvorschüsse  zu  Gun- 
sten des  Marktes.  So  lieh  z.  B.  im  Juni  1720,  als  die  steier- 
märkische  Landschaft  mit  dem  Markte  über  Steuerrückstände 
sich  verglich,  der  damalige  Richter  351  fl  her,  damit  die 
Landschaft  bedungener  Massen  befriediget  werden  konnte 
Häufiger  noch  überhob  ein  ehrgeiziger  Richter,  dem  daran 
lag,  wiedergewählt  zu  werden,  den  ärmeren  Theil  der  Bürg«- 
Schaft  des  Steuerzahlens  und   trieb  so  Stimmenkauf  oder  es 


-      157     - 

gründete  ein  berechnender  Kopf,  wie  der  Marktrichter  Mathias 
Ebundtschakh  war,  auf  diese  Zuvorkommenheit  ein  reichliche 
Zinsen  tragendes  Ausbeutungssystem.  Der  eben  Genannte,  ein 
wohlhabender  Fleischhauer,  welcher  schon  im  Jahre  1661  zum 
Marktrichter  gewählt  worden  war,  gelangte  im  Jahre  1688 
abermals  zu  dieser  Würde.  Unmittelbar  darauf  legte  er  eine 
Uneigennützigkeit  au  den  Tag,  welche  die  ganze  Gemeinde 
in  freudiges  Erstaunen  versetzte.  Unter  seinem  Vorsitze  fasste 
der  ehrsame  Rath  am  11.  M&rz  1688  den  Beschluss,  dass 
den  sogenannten  Richtertrunk,  womit  der  neugewählte  Markt- 
richter die  Bürgerschaft  herkömmlicher  Weise  zu  bewirthen 
hatte,  er  aus  seinem  eigenen  Sacke  bestreiten  sollte,  statt  ihn 
der  Gemeinde  anzurechnen.  Und  am  1 2.  October  des  nämlichen 
Jahres  war  er  es,  der  beim  Pantaidinge  den  Antrag  auf  Ab- 
schaffung des  s.  g.  „Ladgeldt^'s  (einer  Yeränderungsgebühr,  die 
auch  beim  Tode  eines  behausten  Bürgers  für  die  Umschreibung 
des  Hausbesitzes  zu  entrichten  war)  stellte,  indem  er  darin 
eine  Herabwürdigung  der  Bürgerschaft  zu  erblicken  vorgab, 
welche  unter  diesem  Gesichtspuncte  den  zinspflichtigen  Bauern 
gleiche  und  dadurch  Gefahr  laufe,  einem  Grundherrn  als 
Municipal-Gemeinde  überliefert  zu  werden.  Dafür  erbat  er 
sich  von  der  Gemeinde  den  ihr  zustehenden  Gerichtshafer 
als  Remuneration,  von  welcher  er  jährlich  50  Gulden  heraus- 
zahlen wolle,  u.  z.  30  Gulden  in  Gestalt  von  Remanenzgeldem, 
den  Rest  aber  baar  an  die  Gemeindecassa,  wobei  er  sich 
rühmte,  das  Yiertl  Getreide  mit  so  viel  Gulden  zu  bezahlen, 
als  zu  Graz  am  Markte  dafür  Groschen  bezahlt  werden. 
Natürlicher  Weise  wurde  Beides  zugestanden  und  er  am 
3.  Febr.  1689  zum  dritten  Male  zum  Marktrichter  erwählt 
Er  dankte  fUr  diese  Auszeichnung  mit  der  Versicherung,  dass 
alle  Steuerrückstände  der  Bürger  beglichen  seien.  Das  hiess 
mit  anderen  Worten:  er  habe  aus  Erkenntlichkeit  diese 
Rückstände  getilgt  Die  Bürgerschaft  lohnte  ihm  diess  im 
folgenden  Jahre  mit  seiner  Neuwahl  und  nun  setzten  es  die 
ihm  befreundeten  Rathsherren  trotz  des  Widerspruchs  der 
s.  g.  Vormünder  (der  Gemeinde)  durch,  dass  die  ganze  Geld- 


—     168    — 

gebarung  des  Marktes,  welche  sonst  Sache  besonderer  .Kiffi- 
merer''   war,   ihm  anheimgegeben  und  selbst  die  YerwaltoBg 
des  Waisenvermögens  ihm  anvertraut  wurde,  ungeachtet  er 
die  „Gerichts-Raitung"'   für  die  vorausgegangenen  zwei  Jahre 
noch  nicht  gelegt  hatte.  Er  musste  am  1.  März  1690  hioan 
erinnert  werden  und  zOgerte  auch  dann  noch  mit  der  Bedi- 
nungslegung  bis  zum  October.  Dies  erweckte  Verdacht,  so  dass 
die  Pantaiding- Versammlung  vom  13.  October  1690  zur  PrOfoii^ 
der  Rechnung  die  vier  ehevor  minder  vertrauensseligen  Vor- 
münder und  ausserdem   drei  Mitglieder  des  inneren  Rathes 
zur  Revision  derselben  berief.  Bei   dieser  Gelegenheit  zdgte 
sich,   dass  Khundtscbakh  um   70  Achtl  Zinshafer  weniger  io 
die  Einnahmsrubrik  eingetragen  hatte,  als  sich  gebohrt  haben 
würde,  und  dass  er  die  Gemeinde  obendrein  am  Preise,  za 
welchem    er    die    verbuchten  Zinshafer  -  Quantitäten   eintrug, 
verkürzt  hatte.  Auch  andere  Mängel  wurden  offenbar.  So  hatte 
er  z.  B.  den  Schützen,  welche  auf  der  Schiesstätte  des  Markt» 
sich  einübten,  an  Schicssprämien  je  15  kr.  verabfolgt,   statt 
der  präliminirten  1 2  kr.,  femer  für  ein  Festmahl,  das  er  beim 
Ausstecken   der  Marktfahne    anlässlich    der  Eröffnung  eines 
Jahrmarktes   der  Bürgerschaft  gab,   36  fl.  5  kr.  in  Aasgabe 
gestellt,    während  die  Rechnungsrevisoren  blos   18  fl.   dafiir 
passirten,  u.  s.  w.    Diese  Wahrnehmungen    waren    geeignetv 
den  gesammten  Magistrat  blosszustellen.    Letzterer  beschloss 
daher,  das  Ausschwätzen  mit  einer  ßeldbusse  von  6  Ducaten 
zu  belegen,  damit  „  Alles  und  Jedes  in  gueter  Verschwiegenheit 
bleibe.  **    Eine  neuerliche  Pantaidings- Versammlung  sah   dem 
Khundtscbakh    am  24.  October  1690  von  der  bemängelten 
Mehraufrechnung  57  fl.  56  kr.  nach.  Aber  es  blieben  inuner 
noch  über  30  fl.  unbedeckt  und  die  Grazer  Regierung  beeilte 
sich,  mittelst  eines  bei  jener  Versammlung  verlesenen  Befehles 
nicht  nur  auf  die  Wiedereinsetzung  von  Kämmerern,  sondern 
auch  auf  Verrechnung  der  Waisengelder  zu  dringen.  Die  Vor- 
münder thaten,  hiedurch  ermuntert,  desgleichen  und  protestirten 
lebhaft  dagegen,    dass   die  Waisengelder  mit  Umgehung  der 
Gerhabschaften    „zu   gemainen    Markt   eingezogen    werden'. 


—     169     — 

Sie  verlangten  ferner,  dass  über  die  Getränk-  und  Gewerbe- 
steuer, welche  Khundtschakh  gleichfalls   ohne  jede  Gontrole 
eingenommen  hatte,  öffentlich  Rechenschaft  gegeben  werde. 
Derselbe  erfreute  sich  aber  immerhin  noch  eines  derartigen 
Anhangs,  dass   der  Rath  am  30.  October  1690  ihm   obigen 
Rechnungsrest  bis  auf  7  Gulden  nachsah,   worauf  er  in  der 
Sitzung  vom  29.  Januar  1691  mit  der  Erklärung  antwortete: 
die  Bestimmung  des  neuen  1.  f.  Kopfsteuer-Patents^  wonach 
jeder  Bürger  mindestens  Einen  Gulden   zu  erlegen  gehabt 
hätte,  sei  in  Kindberg  unausführbar,  „sintemahlen  hier  mancher 
das  ganze  Jahr,  ja  in  seinem  ganzen  Vermögen  khaum  Einen 
Gulden  Gelt  vermag''.  Als  der  Tag  der  Neuwahl  des  Markt- 
richters kam,  einigte  sich  gleichwohl  die  Mehrheit  der  Wähler 
dahin,  dass  von  Khundtschakh  anzunehmen  sei :  er  werde  sich 
nicht  länger  mehr  (als  Richter)   gebrauchen  lassen.    Darauf 
hin  wählten  sie  statt  seiner  den  Martin  Pamer.    Aber  zehn 
Jahre  später  gelangte  er  doch  wieder  auf  jenen  Vertrauens- 
posten und  es  ist   bezeichnend,    dass    damals  Khundtschakh 
einem  Gläubiger  seines  Nachfolgers  (Pamer)  als  Bürge  für 
den  Betrag  von  270  fl.  haftete,  von  welcher  Verbindlichkeit 
er  erst  am  14.  April  1701  enthoben  wurde.  Um  seine  Wieder- 
wahl thunlichst  auszunutzen,  erbat  er  sich  am  22.  März  1701 
ein  Gemeindegrundstück  ins  Eigenthum  und  die  bestandweise 
Ueberlassung    der   Trank-    und    Gewerbesteuer  -  Einhebung. 
Ersteres  wurde  ihm  abgeschlagen,  Letzteres  dagegen  bewilliget, 
wenn  schon  mit  der  nicht  gerade  schmeichelhaften  Ermahnung : 
er  möge  die  Menge  des  Weines,  den  er  selber  verbraucht,  ohne 
Hinterhalt  eingestehen.   Uebrigens  ertrugen  schon  die  Taxen 
und  Geldbussen,  auf  welche  der  Richter  Anspruch  hatte,  ein 
Erkleckliches.  Jeder  Kauf  eines  Hauses  imWeichbilde  des  Marktes 
war  an  die  Zustimmung  des  Magistrats    gebunden,    welcher 
insgemein  von  Fall  zu  Fall   die  dabei  zu  erlegenden  Taxen 
bestimmte.  Als  Georg  Krassberger  am  28.  August  1715  vom 
Achaz  Schöpfer  ein   Haus   sammt  Acker,  Garten  und  zwei 
Hölzern  (d.  h.  Waldantheilen)  um  300  Gulden  und  4  Gulden 
„Leykauf^    erwarb,    musste    der  Käufer  12,    der  Verkäufer 


—     160     — 

3  Gulden  beim  Marktgerichte  erlegen.  Von  diesen  15  Gold« 
erhielt  der  Richter  l  y^i.  An  den  Strafgeldern,  zu  deren  fin- 
hebung  fast  bei  jeder  Rathssitzung  Anlass  sich  darbot,  parti- 
cipirte  der  Richter  mit  zwei  Drittbeilen;  ja  die  Burgfriedens- 
bussen  fllr  Ehebrüche  und  drgl  Delicte  flössen  bis  zum  Aogißt 
1716  ganz  in  seine  Tasche,  was  allein  schon  in  mancheai 
Jahre  mehrere  hundert  Gulden  ausmachte.  Jeder  abtretende 
Richter  konnte  wieder  gewählt  werden;  doch  nor  drei  Mal 
nach  einander.  Dann  musste  dem  Herkommen  gemäss  dss 
Amt  auf  einen  Anderen  übergehen.  Es  kam  auch  vor,  dass 
die  Bürgerschaft  einen  Marktrichter  vor  Ablauf  der  Functions- 
dauer  seines  Amtes  entsetzte.  Solches  widerfuhr  am  2.  Mai 
1715  dem  Richter  Christian  Georg  Prugger,  welcher  aber 
dadurch  der  Pflicht,  am  Schlüsse  des  eigentlichen  Amtsjahres 
jR^rmlich  zu  resigniren,  sich  nicht  enthoben  glaubte.  Auch  die 
Bürgerschaft  bestand  auf  feierlicher  Uebergabe  des  Amtes 
und  wollte  nicht  einmal  zugeben,  dass  Prugger  sich  dabei 
durch  einen  Bevollmächtigten  vertreten  liess.  Der  neu  ge?rählte 
Richter  wurde  durch  die  Rathsherren  und  eine  Anzahl  Bürgen 
welche  paarweise  vor  ihm  herschritten,  feierlich  einbegleitet, 
d.  h.  dieser  Zug  bewegte  sich  aus  der  Kirche,  wo  ein  Fest- 
gottesdienst stattfand,  zum  Hause  des  Gefeierten. 

Der  sogenannte  innere  Rath,  dessen  Mitgliederzahl  nicht 
festgestanden  zu  haben  scheint,  ergänzte  sich  msgemein  selbst 
und  zwar  vorzugsweise  durch  Cooptirung  von  nVormCLndem'^. 
Die  jährlich  wiederkehrende  Resignation  der  Gemeindeamt«' 
erstreckte  sich  auf  ihn  nur  insofeme,  als  einzelne  Mitglieder 
desselben  der  Rathsherrenwürde  überdrüssig  waren  oder  von 
ihren  Collegen  als  unfähig,  an  den  Rathssitzungen  weiterhin 
theilzunehmen,  waren  erklärt  worden.  So  heisst  es  im  Proto- 
kolle vom  3.  Februar  1702:  „meldet  der  angesetzte  (substi- 
tuirte)  Herr  Marktrichter  Ebner,  dass  jedesmahl  am  heutigen 
Tag  die  vacierenden  Rathsstellen  wären  ersetzt  worden;  also 
befragt  Er  einen  ersamen  Magistrat,  ob  derselbe  etwann  mit 
Räthen  für  genug  besetzt  (zu  sein)  vermainete  oder  aber 
ain  vndt  anderes  Subjectum  hinein  nemben  wollte.   Ist  be- 


—     161     — 

schlössen,  dass,  wann  Herr  Drimmer  und  Herr  Wieser  herein- 
geben wollten,  der  Rath  schon  damit  ersetzet  genug  seye.** 
Wer  nicht  ausscheiden  wollte  oder  zum  Austritt  sich  gedrängt 
sah,  blieb  ruhig  in  seinem  Amte.  Aber  es  ereignete  sich 
sieht  selten,  dass  Zerwürfnisse  in  Mitte  des  inneren  Bathes 
oder  Beleidigungen,  die  einem  Mitgliede  desselben  Seitens 
emfacher  Bürger  widerfuhren,  den  Austritt  zur  Folge  hatten, 
sowie  anderer  Seits  Bathsherren,  über  deren  Vermögen  der 
Concurs  eröffnet  wurde,  bis  zu  dessen  Beendigung  den  Baths- 
sitzungen  ferne  bleiben  mussten. 

Gleiches  gilt  von  den  „Vormündern*',  welche  übrigens 
als  die  Anwälte  ^^gemeiner  Bürgerschaft*'  unter  Einflussnahme 
dieser  dergestalt  gewählt  wurden,  dass  die  Bürger  dem  inneren 
Rathe  einen  Temavorschlag  erstatteten,  aus  welchem  Letzterer 
durch  Mehrheit  der  Stimmen  sich  den  ihm  Genehmsten  erkor. 
So  berichtet  z.  B.  das  BathsprotokoU  vom  3.  Februar  1717 
hierüber  Folgendes:  „Umbweil  Herr  Mathias  Lanzenbacher 
aus  dem  Innern  Bath  mit  Dott  abgangen,  also  ist  aus  ein- 
helliger Wahl  des  Bathes  Herr  Jakob  Kolhoffier  in  den  inneren 
Rath  eingenommen  worden,  anstatt  dessen  als  eltisten  Vor- 
mündter  seint  dahero  von  der  Bürgerschaft  drei  aus  der 
Gemem  vorzustellen".  Von  den  hierauf  Proponirten  erhielt 
der  Bürger  Pofellner  acht  Stimmen,  Pibermann  sechs,  Häntsch 
eine.  Der  Erstgenannte  trat  daher  in  den  äusseren  Bath  ein. 

Auch  ihre  Zahl  schwankte.  Bald  fimgirten  vier^  bald  blos 
drei.  Sie  waren  die  autorisirten  Sprecher  der  Bürgerschaft 
und  hatten  hinwieder  diese  zu  beschwichtigen,  wenn  sie  dem 
Magistrate  grollte  oder  gar  offen  sich  wider  denselben  auf- 
lehnte. Ein  solcher  Tumult  entstand  am  14.  März  1718  vor 
dem  versammelten  Bathe  aus  Anlass  der  Bewerbung  des 
damaligen  Marktschreibers  um  seine  Belassung  im  Dienste. 
Vergebens  verwies  der  Bichter  die  Aufrührer  zur  Buhe  und 
drohten  die  Bathsherm,  wenn  nicht  sofort  Abbitte  geleistet 
i^erden  würde,  zu  keiner  Sitzung  mehr  zu  erscheinen.  Endlich 
^ard  im  Bathe  beschlossen,  die  Bürger  einzehiweise  vorzu- 
rufen und  von  ihnen  bündige  Erklärungen  zu  verlangen.   Da 

MitUieil.  dM  Uffi.  Vanines  t  Stoienurk,  XXIX.  Heft,  1881.  1 1 


~   IM  — 

meldeten  die  i, Vormünder' :  ;,die  RebeUanten  hätten  sieh 
geeinigt,  draussen  zu  verbleiben ;  die  Uebilgen  aber  wOnschten^ 
aUe  zugleich  in  den  Rathssaal  eingelassen  zu  werden.^  Diesem 
Begehren  wurde  willMrt  und  nun  leisteten  die  Vormünder 
im  Namen  der  Bürgerschaft  vor  dem  inneren  Käthe  Abbitte, 
womit  der  Gonflict  beigelegt  war. 

Bis  zum  Jahre  1677  war  mit  den  Bathsstellen  keine 
fixe  Entlohnung,  sondern  blos  der  Anspruch  auf  einen  Theil  der 
eingehenden  Geldbussen  verbunden.  Damals  (am  12.  November) 
wurde  vom  Magistrate  beschlossen,  dass  künftighin  jedes 
Mitglied  des  inneren  Rathes  jährlich  einen  Ducaten  und  jedar 
j, Vormund''    einen  Reichsthaler  als  Becompens  erhalten  soll 

Unter  den  Bediensteten  der  Gemeinde  stand  der  Markt- 
schreiber obenan.  Er  genoss  ein  Naturalquarüer  im  Baths- 
hause  und  einen  kleinen  Gehalt  (der  im  Jahre  1680  mit 
60  fl.  bemessen  war);  ausserdem  bezog  er  allerlei  Kanzlei- 
gebühren, insbesondere  Schreibe  -  Taxen,  wogegen  er,  wenn 
seine  Kraft  nicht  ausreichte,  einen  E[anzlei-Gehilfen  aus  Eig^iem 
zu  unterhalten  hatte.  Zu  Anfang  der  Periode,  mit  welcher 
wh*  es  hier  zu  thun  haben,  oder  doch  bald  nachher  (1679) 
war  Primus  Felician  Fromblacher  j^geschwomer  Marktschrmber" 
zu  Kindberg.  Derselbe  prunkte  mit  dem  Titel  eines  kaiser- 
lichen Notarius  publicus  und  dünkte  sich  dem  löblichen  Ma- 
gistrate an  Einsicht  und  Pflichteifer  so  sehr  überlegen,  dass 
er  ihn  bei  der  Landesstelle  zu  Graz  verklagte.  Dadurch  zog 
er  sich,  nachdem  er  zuvor  schon  ein  Zeit  lang  durch  andere 
Beamte  ersetzt  worden  war,  im  Jahre  1700  abemuds  die 
DienstesenÜassung  zu,  und  da  er  nichtsdestoweniger  aus  seiner 
Naturalwohnung  nicht  weichen  wollte,  musste  er  auf  geUnde 
Weise  delogirt  werden.  Das  RathsprotokoU  vom  22.  M&rz  1 701 
meldet  dies  und  gibt  als  Ursache  an:  „weillen  er  ein  so 
übles  Maull  (hat),  auch  einen  ganzen  Magystrat  bei  der  Re- 
gierung also  höchst  schimpflich  angegeben^.  Desto  besser  vertrug 
sich  mit  dem  Bathe  der  aus  Mureck  herbeigerufene  Maikt- 
schreiber  Lorenz  Trimer,  dem  die  Ehre  zu  TheQ  wurde,  am 
9.  März  1689  unter  die  Mitglieder  des  inneren  Bathes  auf- 


—     168     — 

genonunen  zu  werden.  Fromblacher's  Nachfolger  im  Jahre  1701 
war  Joh.  Jos.  Langenmantl  aus  einem  berühmten  Augsburger 
Patrizter-Geschlechte.  Diesem  folgte  im  Jahre  1703  Gregor 
Pottgorsberg  (Podgorschegg  ?)  aus  Erain,  den  der  ihn  im 
Juli  1710  ablösende  Marktschreiber  Mathias  Lakhner  mit 
Knittelversen,  die  er  in's  Rathsprotokoll  eintrug,  als  einen 
Ränkeschmied  bezeichnet,  welcher  umsonst  seine  Abkunft  aus 
Krain  verleugnet  habe  (.bleibt  ein  Crainer  an  sein  letztes 
Endf).  Am  10.  November  1712  wurde  Lakhner  durch  den 
Jos.  Lorenz  Prunner  ersetzt,  welcher  bis  zu  seinem  Tode  die 
Stelle  bekleidete  und  dem  ein  Schreiber  Namens  Hanns  Adam 
Ehugleyssen  zur  Seite  stand,  welcher  nach  seines  Dienstgebers 
Ableben  vom  Magistrate  sich  eine  „Becompens**  erbat,  worauf 
ihm  Tuch  zu  einem  Rocke  bewilligt  wurde.  Am  22.  Februar  1720 
gelangte  Franz  Mathias  Khundtchakh  zu  jener  Stelle.  Der- 
selbe war  früher  zu  Brück  an  der  Mur  bedienstet  gewesen 
und  beeilte  sich  nunmehr,  den  Titel  so  wie  die  Befugnisse 
eines  Notarius  publicus  zu  erwerben  Am  18.  März  1720 
verlieh  ihm  Beides  der  Hofkammer-Procurator  Steitz  zu  Graz 
in  seiner  Eigenschaft  als  Comes  palatinus.  Anfangs  1727  taucht 
vorübergehend  wieder  ein  Langenmantl  als  Marktschreiber 
aof^  der  jedoch  die  Protokolle  nicht  selber  schrieb,  sondern 
durch  emen  Andern  führen  liess.  Am  20.  Mai  1728  ward 
Jos.  Ant  Weckher  in  dieses  Amt  installirt  und  zwar  mit 
folgenden  Bezügen:  80  Gulden  Gehalt,  12  Klafter  Hohs, 
8  Gulden  Reisepauschale,  freie  Wohnung  sammt  Zugehör. 
Dabei  war  vierteljährige  Kündigung  bedungen.  Die  Stellung 
des  Marktschreibers  hatte  sich  also  seit  dem  Jahre  1680 
einigermassen  gebessert  und  es  kam  damals  auch  kaum  mehr 
vor,  dass  der  Magistrat  diesen  Beamten  vor  beleidigenden 
Uebergriffen  des  Marktrichters  schützen  musste,  wie  eis  im 
October  1678  geschah,  wo  der  damalige  Marktschreiber  die 
Intervention  des  Rathes  wider  Verletzungen  des  Briefgeheim- 
nisses in  Anspruch  nahm,  die  sein  Vorgesetzter  sich  ihm 
gegenüber  wiederholt  erlaubte. 

Sache    des  Marktschreibers   war  es,   bei  Rechtshändeln 

11* 


—    184    — 

aller  Art  fbr  die  Emhaltung  des  herköminlichen,  gerichtlichen 
Verfahrens  und  fhr  die  dem  Landesrechte  entspredioide 
Fonnulirung  der  Erkenntnisse  des  Marktgerichtes  zu  soigen. 
Dun  kam  auch  die  ProtokoUirung  aller  wichtigen  Voikomm- 
nisse  zu,  welche  Gegenstand  von  Rathsverhandlangen  waren. 
Häufig  wurde  er  mit  besonderen  Biissionen  nach  Auswärts 
betraut,  namentlich  nach  Wien  und  Graz,  wofbr  er  dann  auch 
eine  besondere  Entlohnung  erhielt 

DieRechtspflege  gab  dem  Marktmagistrate  überhaupt 
und  daher  auch  diesem  seinen  Functionär  viel  zu  schaffen. 
In  erster  Lüde  waren  es  Ehrenhändel,  welche  ihn  be- 
schäftigten. Aber  auch  Verletzungen  der  ihm  schuldigen 
Achtung,  eheliche  Zwiste,  von  UnmOndigen  begangene  Dieb- 
stähle, UnzuchtsMe,  Thätlichkeiten,  welche  schwere  Körperver- 
letzungen nach  sich  zogen,  und  andere  Vergehen  wider 
das  Leben  oder  die  Gesundheit  der  Menschen  betrachtete  der 
Magistrat  als  zu  seiner  Gerichtsbarkeit  gehörig. 

Einige  Beispiele  mögen  dies  beweisen  und  zugldch  über 
die  verhängten  Strafen  Aufschluss  geben. 

Am  5.  Mai  1665  entschied  der  Rath  über  wechsdseitige 
Injurienklagen  des  Bürgerssohnes  Jacob  Ehundtschackh  und 
des  Gemeinde-Schafhirten,  welche  einander  beschimpft  und 
durchgeprügelt  hatten:  Letzterer  habe  mit  den  empfangenen 
Schlägen  vorlieb  zu  nehmen  und  sie  sich  zur  Warnung  dienen 
zu  lassen ;  Ersterer  aber  soll,  weil  er  in  eigener  Sache  Bichter 
war,  dem  Marktrichter,  in  dessen  Competenz  er  solcher  Gestalt 
eingriff^  zur  Strafe  einen  Dacaten  entrichten.  In  der  Begd 
lautete  bei  Ehrenhändeln  das  Urtheil  dahin:  dass  der  Belä- 
diger  dem  Gekränkten  vor  Zeugen  oder  gleich  im  Grerichts- 
saale  j,ein  gutes  Wort  geben  solle^.  War  der  Kläger  nicht 
anwesend,  so  erbat  sich  der  Verurtheilte  dann  häufig  die 
Assistenz  einiger  Bathsheri*en,  welche,  damit  der  Kläger  ihm 
desto  gewisser  verzieh,  bei  diesem  ihr  Fürwort  einlegten. 

Am  23.  Juli  1716  verklagte  Peter  Penggl  den  Orts- 
chirurgen (Bader)  Daniel  Munggl,  einen  Stänkerer  der  sddimin- 
sten  Sorte,  dass  dieser  ihm  nachrede,  er  sei  wie  ein  Verbrecher 


—     166    — 

in  Eisen  und  Banden  dem  Landgerichte  zu  Widen  eingeliefert 
worden.  Das  Marktgericht  ertheilte  dem  Kläger  ein  gutes  Leu- 
mundszeugni8s(Attestation  seines  ehrlichen  Namens)  und  ver- 
urtheilte  den  Geklagten  zu  ;, herzlicher  Abbitte'  sowie  zum 
Eostenersatze  für  den  Zeitverlust,  den  der  Kläger  durch  seine 
Beschwerdeführung  erlitten. 

Diese  milde  Praxis  rührte  ohne  Zweifel  von  der  Häufig- 
keit derartiger  Klagen  her,  denen  gegenüber  der  Magistrat 
sich  gewöhnte,  in  den  Veranlassungen  dazu  „blosse  Hitzig- 
keiten'' zu  erblicken. 

War  der  Magistrat  selber  oder  in  ihm  die  gesammte 
Gemeinde  oder  gar  das  kaiserliche  Ansehen,  in  dessen  Abglanz 
er  sich  als  Gerichtsbehörde  sonnte,  verunglimpft  worden,  so 
entwickelte  er  freilich  grössere  Strenge.  Der  Gastwirth  und 
Bierbrauer  Martin  Dnteregger  z.  B.,  welcher  im  Jahre  1681 
dem  Marktrichter  einen  vollen  Krug  zum  Kopfe  warf  und 
denselben  mit  einem  Küchengeräthe  bedrohte,  erhielt  drei  Tage 
Arrest  in  Eisen  andictirt,  die  er  allenfalls  mit  64  Gulden 
ablösen  konnte,  vorausgesetzt,  dass  er  auch  im  Geleite  von 
sechs  Rathsherren  Abbitte  leistete.  Der  Wirth  verstand  sich 
zu  Letzterem  und  versöhnte  sich  schliesslich  aus  Grund  des 
Nachlasses  der  Hälfte  jener  Busse  mit  dem  Marktrichter  bei 
einem  Tractamente,  dem  er  alle  Bathsherren  beizog.  Er  hatte 
übrigens  schon  im  Juli  1666  die  gesammte  Gemeinde  ge- 
schmäht und  war  darob  damals  zu  einer  Geldbusse  von 
30  Reichsthalem  verurtheilt  worden,  vor  deren  Bezahlung  er 
das  Gerichtshaus  nicht  verlassen  durfte. 

Als  Anfangs  April  1702  kundbar  wurde,  der  Hammer- 
schmiedmeister Prugger  habe  wegen  eines  Raufhandels,  wobei 
er  im  Burgfriedensbereiche  des  Marktes  einen  Bauer  blutig 
geschlagen  hatte,  sich  mit  dem  Landgerichts-Verwalter  zu 
Krieglach  und  mit  dem  Beschädigten  abgefunden,  glaubte 
der  Magistrat  seine  Gerichtsbarkeit  damit  wahren  zu  sollen, 
dass  er  auch  seinerseits  den  Prugger  wegen  jenes  Delictes 
und  obendrein  wegen  Verletzung  der  Gerichtshoheit  ver- 
urtheilte. 


—     16«     — 

Das  ,,Aeffeni"  (Bekritteln)  eines  marktgerichtlicbea  Ur- 
tbeiles  bedrohte  ein  Magistratsbeschluss  vom  26.  August  17 IG 
mit  einer  Geldbusse  von  je  einem  Speciesthaler. 

Wenn  ein  Marktinsasse  Qbereilter  Weise  seinem  Borger- 
rechte  entsagte  und  bei  ruhiger  Ueberlegung  dies  rOckg&ngig 
zu  machen  suchte,  so  wurde  das  auch  als  ein  der  Gremeinde 
angethaner  Schimpf  betrachtet  und  der  Hitzkopf  mit  Arrest 
bestraft,  wie  es  am  15.  October  1677  der  „Pettenmadi^- 
(Rosenkranz-Erzeuger)  Caspar  Mayr  an  sich  erfuhr,  der  dess- 
halb  bis  zum  Beginne  der  Nacht  auf  dem  Thurme  geÜBBgen 
gehalten  wurde,  ungeachtet  drei  Vormünder  ihr  Fürwort  für 
ihn  einlegten,  und  er  ^um  Gotteswillen  um  Verzeihung  bat". 
Ein  Bürger,  der  geäussert  hatte :  die  Herren  des  Raths  könnten 
sich  zu  Lichtmess  auch  mit  gelberen  und  kleineren  Kerzen. 
als  welche  ihnen  damals  auf  Kosten  der  Gemeinde  ausgefolgt 
zu  werden  pflegten,  begnügen,  wurde  im  März  1690  für  diese 
n vermessene  Scallierung"  damit  bestraft ,  dass  er  den  Preis 
jener  Kerzen  zu  erlegen  verhalten  wurde. 

Als  im  Februar  1720  der  schon  genannte  Ortschirurg 
(Munggl)  den  Pfarrkaplan  Jos.  Klein  durch  Verbreitung  einer 
Schmähschrift  verunglimpfte  und  gleichzeitig  das  angesehene 
Prugger'sche  Ehepaar  beschimpfte,  ward  er  verurtheilt :  4  Species- 
thaler der  St  Georgenkirche  zu  verehren,  8  Tage  lang  die 
Bürgerstube  nicht  zu  verlassen  und  Abbitte  zu  leisten.  Dagegen 
war  er  das  Jahr  zuvor  mit  geringer  Ahndung  davongekommen, 
als  zwei  Bauern  aus  der  Veitsch  wider  ihn  die  Klage  vor- 
brachten, dass  er  für  einen  Arzneitrank,  nach  dessen  Genuss 
der  Patient  sogleich  gestorben  war,  vier  Gulden  verlangt  habe. 
Die  Bauern  wollten  gegen  Rückstellung  der  beiden  „Oelgltssl-' 
drei  Gulden  zurück  ei halten.  Das  Marktgericht  erkannte  ihnen 
aber  blos  zwei  Gulden  zu,   welche  Munggl  ausliefern  musste. 

Sehr  übel  bekam  einem  rabiaten  Weibe,  der  Gschmeidlerin, 
dass  sie  im  April  1677  mit  der  Frau  des  Rathsherm  Ten- 
halter  in  einen  „Greünhandel**  sich  einliess  und  später  sich 
auch  an  diesem  Würdenträger  vergriff,  ihn,  der  doch 
^bezecht    gewesen*',    beim  Barte  zur  Erde  zog   und  sonst 


—     167     — 

schmählich  tractirte.  Dafhr  wurde  sie  schon  am  13.  April  1677 
„innerhalb  vier  Wochen  mit  Mann,  Sackh  und  Packh  sich  von 
hinnen  zu  begeben  beurlaubt^  und  als  sie  zu  excediren  fort- 
fuhr, beschloss  der  Magistrat,  es  solle  ihr  »ein  Stundt  lang 
die  Fiedl  im  Gerichtshaus  allda  angelegt  werden.** 
Nur  auf  vieles  Vorbitten  und  Lamentieren  ward  ihr  diese 
Strafe  nachgesehea  Aber  sie  musste  sohin  binnen  drei  Tagen 
den  Markt  verlassen. 

Das  gleiche  Loos  hatte  im  April  1690  rein  schlechtes 
Weibsbild^,  die  Christine  genannt,  welche  sich  von  einem 
Nagelschmiedknechte  an  einen  abgelegenen  Ort  hatte  begleiten 
lassen,  wo  ihr  Mann  diesen  erwischte  und  ihm  den  Fuss 
abschlug,  lieber  sie  verhängte  der  Magistrat  die  Ausweisung, 
aber  ausserdem  noch  die  Strafe  des  Tragens  des 
spanischenMantels,  mit  welchem  angethan  sie  die  Markt- 
gasse entlang  auf-  und  abgeführt  werden  sollte.  Diese  Strafe 
kam  auch  noch  im  August  1726  zur  Anwendung,  wo  ausge- 
stossene  Schmähungen  an  einem  unverbesserlichen  Weibe 
damit  geahndet  wurden. 

Unzucht  (ausserehelicher  Verkehr)  wurde  am  Weibe, 
auch  wenn  es  nicht  verheiratet  war,  strenger  geahndet,  als 
am  Manne.  Am  18.  Januar  1719  hatte  eine  Bürgerstochter 
desshalb  vier  Gulden  an  die  Markteasse  zu  zahlen ;  ihr  Buhle, 
der  Sohn  eines  Bürgers,  aber  nur  3  fl.  45  kr.,  wovon  die 
Kreuzer  zu  einem  Trünke  für  die  Gerichtsbeisitzer  bestimmt 
waren. 

Einen  15jährigen  fremden  Burschen,  welcher  gestohlen 
hatte,  liess  der  Magistrat  durch  den  Gerichtsdiener  über  die 
Grenzen  des  Burgfriedens  jagen,  zuvor  aber  noch,  wie  es  im 
Protokolle  vom  4.  März  1680  heisst,  »an  der  Cionfin  woll 
prüglen,  woran  er  sich  zu  spüglen  und  hierüber  inskonffdg 
zu  bessern  Ursach  haben  sollte.^ 

Ein  Weib,  welches  beschuldiget  war^  in  einer  fremden 
Behausung  alle  GriUen  zusammengefangen  und  mit  sich  fort- 
getragen zu  haben,  kam  (Ende  Mai  1681)  mit  einem  blossen 
Verweise  davon,  obschon  der  Ankläger  behauptete:  r,^  müsse 


—     168    — 

etwas  Anderes  darunter  steckhen',  und  diesen  Verdacht  damit 
begründete,  dass  auch  ein  „todter  Rosskopf"  in  jenem  Hause 
vergraben  gefunden  wurde.  Dagegen  wurde  (im  September 
1678)  ein  Mann,  welcher  einen  Knecht  beredet  hatte,  im 
Stalle  seines  Dienstgebers  unter  dem  Pferdestande  einen  Todten- 
köpf  mit  lyLuststuckwurzen**  (Levisticum)  gefüllt  zu  vergraben 
und  damit  eine  Hexerei  zu  treiben  (die  Pferde  sollten  dadurch 
zu  reichlicherem  Futtergenusse  disponirt  werden),  zur  Aus- 
stellung am  Pranger  und  zur  Ausweisung  verurtheilt  u.  z. 
mit  der  Begründung:  „er  sei  von  jeher  als  ein  loser  Mensch 
bekannt,  der  sein  Leben  lang  Possen  trieb/ 

Am  16.  Juni  1689  verhandelte  das  Marktgericht  über 
ein  Weib,  welches  beschuldigt  war,  ihr  Kind  „verschlafen'' 
(d.  h.  wohl  im  Schlafe  erdrückt?)  zu  haben. 

Am  14.  Juli  1678  wurde  ein  Handelsmann  aus  München, 
Moriz  RuflFier,  wegen  Misshandlung  des  Wirthes  Unteregger, 
als  wodurch  er  die  Marktfreiheit  gebrochen  habe,  zur  Abbitt- 
leistung  und  zu  einer  Busse  von  vier  Ducaten  verurtheilt  Drei 
davon  wurden   ihm  auf  sein  höfliches  Anhalten  nachgesehea 

Am  3.  August  1716  sass  der  Magistrat  über  einem  Bauer 
von  Spital  am  Semmering  zu  Gericht,  welcher  einen  durch- 
reisenden Knechte  zu  Kindberg  einen  tödtlichen  Streich  ver- 
setzt hatte,  an  welchem  dieser  durch  mehrere  Tage,  mit  Lebens- 
gefahr ringend,  daniederlag.  Der  Uebelthäter  wurde  mit  einer 
Burgfriedensstrafe  von  24  Gulden  belegt,  hatte  aber  ausserdem 
an  den  Bader,  welcher  den  Schwerverletzten  behandelte,  zwei 
Gulden,  an  den  Gerichtsdiener  einen  Gulden  zu  entrichten  und 
die  „Atzungskosten"  sowohl  für  seine  Person  als  für  den 
Kranken  zu  bestreiten.  Die  eigentliche  Busse  wurde  späterhin 
auf  die  Hälfte  ermässigt  Ein  kais.  Gestütmeister,  welcher  aus 
Muthwillen  eine  Pistole  gegen  die  Wohnung  des  Gewerken 
Prugger  abschoss  und  dessen  Gesicht  mit  Schrotkömem 
verletzte,  zahlte  dafür  einen  Gulden  Burgfriedensstrafe  und 
dem  Verletzten  einen  Ducaten  Schmerzensgeld  (1717,  20.  Mai). 

Die  härteste  Strafe,  welche  das  Kindberger  Markt- 
gericht während  des  hier  in  Betracht  kommenden  Zeitraumes 


—     169    — 

verhängte,  war  die  des  Verlustes  der  rechten  Hand, 
womit  im  Juni  1688  ein,  der  „Wendenspann"  genannter  Mann 
dafür,  dass  er  während  des  Jahrmarktes  einige  Streiche  aus- 
getheQt  hatte,  bestraft  werden  sollte.  Allerdings  war  demselben 
Yon  Vornherein  die  Wahl  gelassen  worden  zwischen  dem 
Verluste  der  Hand  und  dem  Erläge  von  32  Gulden,  und 
schliesslich  begnügte  sich  das  Gericht  mit  drei  Thalem,  wovon 
zwei  der  Marktrichter  behielt,  der  dritte  aber  in  die  Gemeinde- 
casse  gelegt  wurde. 

Der  Verhaftung  bediente  sich  der  Magistrat  auch  als 
eines  Mittels,  rückständige  Gemeindesteuern  einzutreiben,  indem 
er  die  säumigen  Bürger  arretiren  liess  und  so  lange  festhielt, 
bis  sie  mindestens  einen  Theil  entrichteten.  Solches  wiederfuhr 
z.  B.  im  Mai  1717  dem  Bäckermeister  Helmreich.  Endlich 
machte  er  von  diesem  gewaltsamen  Mittel  Gebrauch,  um  Ge- 
meinde-Insassen, welche  nicht  zu  den  behausten  Bürgern 
zählten,  sondern  blosse  ^Angerer^,  d.  h.  auf  dem  Gemeinde- 
Anger  mit  Bewilligung  des  Magistrats  sesshaft  gewordene 
Eeuschler  waren,  von  eigenmächtigem  Fortziehen  abzuschrecken, 
beziehungsweise  dafür  zu  strafen.  Denn  er  erblickte  in  dieser 
Art  Insassen  Unterthanen  der  Marktgemeinde,  welche  es  sich 
wobl  auch  gefallen  lassen  mussten,  auf  deren  Rechnung  als 
Recruten  abgestellt  zu  werden.  Dieser  Auffassung  gemäss 
fällte  er  am  6.  Juli  1723  das  Erkenntniss:  drei  ohne  seine 
Erlaubniss  nach  Niederösterreich  auf  Arbeit  ausgezogene 
»Angerer^  seien  ;,nach  Befund  in  die  Keuchen  zu  stecken^. 
Dem  wehrte  jedoch  ein  Regierungserlass  vom  3.  August  1724, 
der  die  Freizügigkeit  der  arbeitenden  Volksclasse  in  Schutz  nahm. 

Zu  den  Polizei-Üebertretungen,  welche  mit  Geldbussen 
geahndet  wurden,  gehörten  auch  Verschleppungen  von  Einrich- 
tungsstücken und  anderen  Mobilien,  durch  welche  Eheweiber 
ihre  Männer  in  deren  Abwesenheit  schädigten,  und  Störungen 
des  ehehchen  Hausfriedens  durch  liederlichen  Lebenswandel 
des  einen  oder  anderen  Gatten. 

In  privatrechtlicher  Beziehung  liefern  die  ßaths- 
protokolle  von   Kindberg  eine  mmder  charakteristische  Aus- 


-     170     — 

beute;  doch  ist  es  immerhin  von  Interesse,  den  Gang  des 
bezüglichen  Verfahrens  zu  verfolgen  und  die  Entscheidungen 
des  Marktgerichtes  kennen  zu  lernen,  mit  welchen  einzebe 
Processe  ihren  Abschluss  fanden. 

Zu  einer  sehr  complicirten  Aufgabe  gestaltete  sich  die 
Abwicklung  eines  Concurses,  dafeme  dessen  Masse  auch  borger- 
liche Realitäten  in  sich  begriff,  weil  Niemand  ein  solches 
Besitzthum  erwerben  konnte,  der  nicht  VollbOrger  war  oder 
vom  Marktmagistrate  die  Dispens  von  diesem  Erfordernisse 
erhielt  Um  aber  als  VoUbUrger  anerkannt  zu  werden,  musste 
der  sich  meldende  Käufer  das  auf  dem  betrefifenden  Hanse 
radicirte  Gewerbe  oder  ein  dahin  übertragbares  selbstständig 
auszuüben  nicht  nur  gewillt  sondern  auch  an  sich  befähiget 
sein  und  im  gegebenen  Falle  die  Erlaubniss  dazu  erhalten. 
Letzteres  war  oft  dadurch  erschwert  oder  gar  unmöglich 
gemacht,  dass  der  Magistrat  einzelnen  Ankömmlingen  gegen- 
über sich  verpflichtet  hatte,  keinen  Concurrenten  neben  ihnen 
zu  dulden  und  selbst  schon  bestehende  Gewerbsbefiignisse  zu 
ihren  Gunsten  einzuziehen  oder  doch  deren  Ausübung  zu 
sistiren.  Demzufolge  dauerte  es  oft  lange,  bis  fCar  ein  zur 
Concursmasse  gehöriges  Haus  ein  die  Gläubiger  halbwegs 
befriedigender  Erlös  erzielt  wurde,  und  noch  länger  verzögerte 
sich  zuweilen  die  Realisirung  der  in  den  gewerblichen  Betriebs- 
anstalten, Rohstoff- Vorräthen  und  Halbfabrikaten  steckenden 
Werthe.  Hatte  sich  endlich  ein  Uebemehmer  dafür  gefunden, 
so  zahlte  doch  derselbe  fast  nie  die  auf  diesen  Vermögensob- 
jecten  haftenden  Forderungen  haar  ab,  sondern  sie  wurden  ihm 
Überbunden  und  er  ging  mit  den  Concursgläubigern  Vergleiche 
ein,  wodurch  ihm  entweder  Zahlungsfristen  oder  Nachlässe 
gewährt  wurden.  Bis  der  Concurs  sein  Ende  erreichte  nnd  die 
Gläubiger  zu  ihrem  Gelde  gelangten,  wechselten  die  von  ihnen 
mit  Beschlag  belegten  Objecto  mitunter  viermal  den  Besitzer. 
Es  betheiligten  sich  dann  also  ausser  dem  Cridatar  drei  von 
diesem  verschiedene  Capitalisten  der  Reihe  nach  an  der 
Befriedigung  der  Gläubiger,  denen  die  Concursobjecte  so 
lange  verhaftet  blieben,  bis  auch  der  letzte  Kreuzer  ihres  Gnt- 


r 


—     171     — 

habens  getilgt  oder  eine  Abfindang  mit  ihnen  getroffen  war. 
Die  eigentliche  Ursache  dieser  Aufschübe  war  die  Unzuläng* 
fichkeit  des  haaren  Vermögens,  das  die  einzelnen  Besitznach- 
folger mitbrachten,  in  Verbindung  mit  der  hohen  Einschät- 
zung der  Objecto.  Wollte  ein  Besitzer,  der  an  der  Möglichkeit, 
den  übernommenen  Verpflichtungen  ohne  gänzliche  Erschöpfung 
seines  Betriebsfondes  nachzukommen,  verzweifelte,  den  ver- 
hängnissvollen Besitz  wieder  los  werden,  so  mussten  seine 
Freunde  oder  Verwandten  für  die  successive  Erfüllung  Jener 
Bürgschaft  leisten.  Dann  erst  wurde  er  seiner  persönlichen 
Haftung  durch  den  Magistrat  enthoben  und  aus  dem  Gemeinde- 
oder vielmehr  Bürger- Verbände  des  Marktes  wieder  entlassen. 
Der  förmlichen  Concurs-Erklärung  ging  die  Vermögens-Ein- 
schätzung voraus.  Der  Marktrichter  ordnete  dieselbe  an,  sobald 
ihn  viele  Gläubiger  zugleich  überliefen  und  die  Summe  der 
von  diesen  angemeldeten  Forderungen  das  Activvermögen  des 
eingeklagten  Schuldners  zu  übersteigen  schien.  Ob  ein  solches 
Missverhältniss  obwaltete,  hatte  der  Marktrichter  allein  zu 
beurtheilen.  Weigerte  er  sich,  es  als  vorhanden  anzuerkennen, 
so  konnte  er  die  Concurs-Eröffnung  auf  Jahre  hinausschieben. 
Auch  einzelne  Klagebegehren  liess  er  oft  lange  unberück- 
sichtiget,  so  dass  die  Regierung  zu  Graz  mit  Erlass  vom 
23.  August  1678  den  Eindberger  Magistrat  zu  besserer  Ad- 
ministrirung  der  Justiz  aufforderte.  War  aber  einmal  das 
Vermögen  eingeschätzt,  so  galt  es  bereits  als  der  freien  Dis- 
position des  bisherigen  Eigenthümers  entzogen.  Schon  im 
Jahre  1667  drohte  der  Magistrat  einem  Bürger,  welcher  der- 
artige Vermögensbestandtheile  schädigte,  mit  Abschafiung  aus 
seinem  Hause  und  Sperre  desselben.  Einer  der  umfassendsten 
Concurse,  welche  in  der  ersten  Hälfte  des  XVUI.  Jahrhunderts 
vom  Marktgerichte  durchgeführt  wurden,  war  der  des  Ge- 
werken  Josef  Fraidt,  den  dieser  dadurch  abzuwenden  suchte, 
dass  er  am  9.  October  1716  seinen  Hammer  nebst  Schleiferei 
und  anderer  Zugehör  um  770  Gulden  verkaufte,  mit  welchem 
Erlöse  er  insbesondere  seine  Verbindlichkeiten  gegen  die 
Waisencasse  des  Marktes  erfüllte    Aber  mit  Beginn  des  fol- 


—     172    — 

genden  Jahres  bestürmten  den  Marktrichter  so  viele  GUliib^ 
desselben,  dass  die  einleitenden  Schritte  zur  ConcursyerhiD- 
gung  gethan  werden  mussten.  Nach  vielen  Tagsatzungen  wurde 
am  28.  Juni  1717  der  Concurs  als  eröffnet  erklärt  und  am 
19.  Juli  das  Edict  verlautbart,  welches  die  Forderungeo 
rangirte.  Nur  die  Prioritätsgläubiger  waren  mit  dem  bis  dahin 
realisirten  Vermögen  des  Schuldners  gedeckt  Die  übrigen 
Gläubiger  wurden  auf  den  Erlös  einer  erst  noch  zu  ver- 
äussemden  Mtthle  verwiesen,  deren  Verkauf  durch  den  ^io 
Sachen  eligirten  Edicts-Curator''  im  Namen  Jener  bewerk- 
stelliget und  volkogen  wurde.  Als  Vorzugsposten  wurden,  wie 
aus  einem  Edicte  vom  7.  Mai  1690  zu  ersehen  ist,  in  An- 
schlag gebracht:  rückständige  Steuern,  Taxen  und  Erbthefle. 
Da  nach  diesem  Edicte  die  übrigen  Posten  nicht  ihre  ToUe 
Bedeckung  fanden,  sondern  die  betreffenden  Gläubiger  beim 
Gulden  9  kr.  verloren,  so  wurden  dieselben  hinsichtlich  des 
unbedeckten  Restes  ihrer  Forderungen  auf  Dasjenige  verwiesen, 
was  der  Cridatar  „wenn  er  heute  oder  morgen  wieder  zu 
eigenen  Mitteln  käme^,  aus  diesen  nachträglich  abzuzahlen 
in  der  Lage  wäre. 

Verhandelt  wurde  vor  dem  Marktgerichte  durchweg  münd- 
lich. Muth willige  Behelligungen  hielt  der  ;, Klaggroschen''  hintan, 
welchen  jeder  Kläger  vor  Allem  zu  entrichten  hatte.  Bemittelte 
Parteien  brachten  einen  Stadt-  oder  Marktschreiber  aus  der 
Umgegend  als  ihren  Sachwalter  (Procurator)  mit.  Bei  Concursen 
erschien  wohl  auch  schon  im  XVn.  Jahrhunderte  zuweilen 
ein  Doctor  der  Rechte  vor  den  Schranken  des  Marktgerichtes, 
wenn  Kaufleute  ihre  Ansprüche  geltend  machten ;  so  z.  B.  im 
Jahre  1677  Dr.  Lucas  Perko  als  Anwalt  der  Wiener  Handels- 
firma Lindtenberger  beim  Concurse  des  Gastwirthes  und  Kauf- 
mannes Wemhardt.  Ein  gerne  dahin  entsendeter  Parteien- 
vertreter war  damals  und  noch  zehn  Jahre  später  Jos.  Wart- 
egger.  In  den  Jahren  1715  und  1717  fand  sich  in  dieser 
Eigenschaft  wiederholt  der  Leobner  Stadtschreiber  Dr.  Job. 
Georg  Reindl  ein;  so  z.  B.  am  10.  September  1715  auch  zu 
einer  ^^peremtorischen  Tagsatzung'.  Die  damaligen  Urtheile  des 


—     173     — 

Marktgerichtes  in  Civilprocessen  tragen  mitunter  noch  das 
Gepräge  grosser  Naivetät.  Am  26.  März  1680  wusste  der 
Magistrat  seinem  Zweifel  an  der  Rechtsbeständigkeit  einer  vor 
ihm  eingeklagten  Zahlungsverpflichtung,  die  ihm  andererseits 
doch  wieder  begründet  erschien,  auf  keine  andere  Weise  Aus- 
druck zu  geben,  als  dadurch,  dass  er  dem  Kläger  (einem 
ungarischen  Wirthe)  die  Hälfte  seiner  Forderung  zusprach. 
Vom  Jahre  1731  ab  werden  die  Interventionen  der  Doctoren 
der  Rechte  (Murmayr,  v.  Apostelen  u.  A.)  immer  häufiger  und 
mehren  sich  auch  in  den  Protokollen  die  Citate  aus  dem 
Corpus  Juris  civilis  (Romani).  Vor  dem  Marktgerichte  gelangten 
weitläufige  Satzschriften  zur  Verlesung,  welche  auch  den  Proto- 
kollen theilweise  eingeschaltet  wurden,  so  dass  der  Uebergang 
zum  schriftlichen  Verfahren  sich  allmählich  ohne  besondere 
Anordnung  vollzog.  Ende  November  1741  trat  demgemäss  an 
die  Stelle  des  Marktschreibers  ein  geschulter  und  geprüfter 
Syndicus. 

Von  anderen  Oemeinde-Bediensteten  sind  hier 
zu  nennen:  die  Kämmerer,  die  Täzer  (Verzehrungssteuer- 
Einnehmer),  ein  Gewerbesteuer-Einnehmer,  vier  Viertelmeister 
(Polizei- Aufseher  in  den  einzehien  Abtheilungen  des  Marktes), 
zwei  Förster,  der  Schullehrer,  ein  Baumeister,  ein  Spital- 
meister, ein  Wachtmeister  (Anführer  der  Bürger-Patrouillen), 
zwei  Wächter  (auch  ;, Feuerrufer''  genannt,  das  heisst:  Nacht- 
wächter), ein  Wegmacher,  zwei  Brotwäger  und  Fleisch- 
beschauer, ein  Gerichtsdiener,  ein  Geiss-  und  Kuhhirt  und  ein 
Sau-Halter. 

Den  Täzern  wurde  oft  von  den  Wirthen  die  Thüre  der 
Keller  gewiesen;  ja  sie  sahen  sich  zuweilen  am  Leibe  und 
Leben  bedroht  und  den  Marktrichtem  blieb  dann  nichts 
Anderes  übrig,  als  selber  sich  ins  Mittel  zu  legen,  wobei 
ihnen  einige  Rathsherren  und  der  Gerichtsdiener  das  Geleite 
gaben.  Die  Förster  bewirthschafteten  die  Gemeindewälder 
und  sorgten  für  die  Auszeigung  der  Baumstämme,  welche 
daselbst  gefällt  werden  durften.  Der  Baumeister  leitete 
die  baulichen  Herstellungen,  deren  Kosten  die  Marktgemeinde 


—     174     — 

bestritt  Der  Wachtmeister  war  der  UDmittelbare  Vorgesetzte 
des  Gerichtsdieners  und  hatte,  wenn  dieser  unzulänglich  war, 
bei  nächtlichen  Streifungen  so  wie  zur  Delinquenten-Bewachoii? 
Bürger  aufzubieten.  Er  betheiligte  sich  auch  an  den  feieiiiehen 
AusrQckungen  und  Aufzogen  der  gesammten  wehrfthig€D 
Bürgerschaft,  deren  Waffenübungen  (mit  Ausnahme  des 
Scheibenschiessens)  er  wahrscheinlich  leitete.  Doch  war  ihis 
für  solche  Fälle  ein  „Fähnrich''  voigesetzt  und  ein  j, Führer^ 
zugetheilt,  welche  beiden  Chargen  nicht  durch  die  Gemeinde 
als  solche  besetzt  worden  zu  sein  scheinen. 

Wenig  Erbauliches  ist  über  die  Schullehrer  tod 
Kindberg  aus  der  Zeit,  mit  welcher  wir  es  hier  zu  thoc 
haben,  zu  melden.  Es  wird  davon  später  (im  VUI.  Abschnitte; 
die  Rede  sein.  Ebenso  von  der  Armenpflege  (im  Vn.  Absch.). 

Vollbürger  waren  blos  Diejenigen,  welche  im  Markte 
ein   Anwesen,   womit  das  Bürgerrecht   verknüpft    war,    inne 
hatten.  Die  Söhne  Solcher  wurden,   sobald  die  das  Alter  der 
Grossjährigkeit  erreichten,   zum  Bürgereide  zugelassen   und 
hiessen  Junge  Bürger".  Das  Recht,  an  den  Magistratswahlen 
theibsunehmen,  stand  ihnen  offenbar  nicht  zu.  Aber  auch  Voll- 
bürger  waren  von   diesem  Rechte  ausgeschlossen,    so    lange 
ein  über  sie  verhängter  Concurs  währte  und  endete  derselbe 
mit  dem  Verluste  ihres  Anwesens,  so  erlosch  überhaupt  ihre 
Bürgerqualität.  Derlei  herabgekommene  Leute  zogen  insgemein 
die  Auswanderung  dem  Verbleiben  im  Gemeindeverbande  vor 
und  erhielten,  wenn  sie  darum  ansuchten,  aus  der  Gremeinde- 
casse  einen  Zehrpfennig,    oder,    falls  sie  der  Gemeinde  als 
Bürger  Dienste  geleistet  hatten,   eine  Remuneration.    Setzeu 
sie  ihren  Aufenthalt  in  der  Gemeinde  fort,  so  wurden  sie  wie 
Fremde  behandelt.   Nicht  einmal  als  „Haiczstaller*,  was  eine 
Gtemeindeangehörigkeit  untergeordneter  Art  bedeutete,    liess 
man  sie   gelten.    Als  im  Jahre  1690   der  verarmte  Hafher- 
meister  Sebastian  Khürschner  den  Magistrat  bat,    ihm  min- 
destens diesen  Rang  zuzugestehen,  ward  ihm  diess  für  dermalen 
abgeschlagen.  Mit  Mühe  nur  erlangte  derselbe  die  Erlaubniss, 
im  Garten  des   Hauses,    wo   er  zur  Miethe  wohnte,    einen 


—     175     — 

Brennofen  erbauen  zu  dürfen,  mittelst  welchem  er  sein 
erlerntes  Gewerbe  auszuüben  fortfuhr.  Mit  seinem  Vorhaben, 
den  noch  nicht  vertheilten  Rest  des  Vermögens,  das  er  seinen 
Gläubigem  hatte  abtreten  müssen,  eine  Keusche  zu  kaufen, 
welche  als  Pfand  für  deren  noch  unbefriedigte  Forderungen 
dienen  sollte,  wurde  er  vom  Magistrate  an  diese  Betheiligten 
gewiesen,  welche  jedoch  ihre  Einwilligung  verweigerten.  So 
blieb  ihm  die  Gelegenheit,  sich  aus  seiner  gesellschaftlichen 
Erniedrigung  emporzuarbeiten,  versagt.  Vermögenslose  Ge- 
meindeinsassen bedurften  zu  ihrer  Verehelichung  der  Zustim- 
mung des  Marktrichter«.  Noch  im  Jahre  1742  beschied  der 
damalige  Gemeindevorsteher  ein  hierauf  gerichtetes  Gesuch 
abschlägig  mit  dem  Bemerken :  wenn  der  Pfarrer  diese  Braut- 
leute jyzusammensprechen''  wolle,  so  stehe  dies  bei  ihm; 
wird  aber  das  Weib  .grossen  Leibes **,  so  werde  die  Gemeinde 
nie  zugeben,  dass  sie  im  Marktbereiche  niederkomme.  Zu- 
ziehende Gewerbetreibende  mussten  sich  vor  Allem  in  die 
Gemeinde  einkaufen.  Ausnahmsweise  wurden  unter  dieser 
Bedingung  auch  Handwerksgesellen  zum  Hauskaufe  zugelassen. 
Neu  aufgenommene  Bürger  waren  gehalten,  den  Magistrat  zu 
bewirthen,  was  „das  Hansen"  hiess,  und  im  XVIH.  Jahrhunderte 
lag  ihnen  auch  ob,  Feuereimer  für  das  Löschrequisiten- 
Magazin  der  Gemeinde  beizustellen.     « 

Mehrere  Male  im  Jahre  fand  sich  die  gesammte  Bürger- 
schaft zusammen,  um  mit  den  Angelegenheiten  der  Gemeinde 
sich  zu  beschäftigen.  Namentlich  war  diess  bei  den  P  a  n  t  a  i- 
dingen  der  Fall.  Diese  wurden  vierzehn  Tage  vor  Michaelis 
und  vierzehn  Tage  darnach  abgehalten.  Eröffnet  wurden  diese 
Versammlungen  mit  der  Ablesung  der  Bürgerrolle;  dann 
wurden  die  Grenzen  des  Markt-Burgfriedens  in  Erinnerung 
und  verschiedene  Gebrechen  der  Gemeinde- Verwaltung,  Ueber- 
griffe  Einzelner,  insbesondere  Forst-  und  Weide-Frevel  u.  drgl. 
zur  Sprache  gebracht  Der  anwesende  Magistrat  fasste  unter 
Mitvrirkung  der  Bürgerschaft  die  bezüglichen  Beschlüsse. 
Was  da  ein  ftir  alle  Male  verordnet  ward,  gelangte  bei  allen 
folgenden  Pantaidingen  zur  Verlesung,   damit  Jedermann  sich 


—     178     — 

darnach  zu  benehmen  wisse.  ^)  Das  Wegbleiben  Yon  diesen 
Versammlungen  unterlag  einer  Strafe,  welche  bis  zum  Jahre 
1740  von  Fall  zu  Fall  zuerkannt  wurde;  damals  beschloss 
jedoch  der  Magistrat  (am  5.  Mai),  dass  derartige  Versäum- 
nisse das  erste  Mal  mit  einer  Busse  von  15  Kreuzern,  im 
Wiederholungsfalle  von  30  Kreuzern  geahndet  werden  sollen. 
Beim  Pantaidinge,  das  am  15.  November  1741  stattfand, 
kam  dieses  Statut  zur  Anwendung  und  wurden  ihm  gemäss 
sieben  Bürger  bestraft;  ein  Beweis^  wie  gleichgiltig  damals 
bereits  ein  Theil  der  Bürgerschaft  solchen  feierlichen  Pro- 
ceduren  gegenüber  sich  verhielt.  Dass  die  Bürgerschaft 
jährlich  zur  Aemter-Erneuerung  und  zur  Installirung  des 
Marktrichters  möglichst  vollzählig  zu  erscheinen  hatte,  versteht 
sich  von  selbst.  Am  28.  Februar  1709  gebot  der  Magistrat, 
dass  die  Bürger,  welche  Mäntel  besitzen,  mit  diesen  be* 
kleidet  zu  jenen  Versanmdungen  sowie  zum  Opfergange  in 
der  Kirche  sich  einfinden  sollen. 

Die  Marktgemeinde  genoss  die  Vorzüge  der  Land- 
standschaft, hatte  aber  daran  wenig  Freude,  weil  sie  sich 
durch  die  corelativen  Lasten  arg  überbürdet  fühlte.  Sie 
machte  deshalb  von  den  einschlägigen  Rechten  selten  Gebrauch. 
Als  Anfangs  1683  an  den  Magistrat  die  Einladung,  den  Land- 
tag zu  beschicken,  erging,  leistete  er  derselben  keine  Folge. 
Lange  schon  war  kein  Abgeordneter  des  Marktes  mehr  in 
der  Grazer  Ständestube  erschienen  und  er  trug  nichts  zum 
Unterhalte  des  sogenannten  Marschalls  der  landesfürstlichen 
Städte  und  Märkte  bei,  welcher  diese  permanent  vertrat  Von 
neuerlicher  Theilnahme  an  den  Landtagsverhandlungen  besoiigte 
der  Magistrat  nicht  nur  die  abermalige  Heranziehung  des 
Marktes  zur  Bestreitung  der  Kosten,   welche  jener  Marschall 


<)  „Burgfriedensbescbreibang  und  Statuten  von  Kindberg  von  circa 
1665**  sind  in  der  Sammlung  steiriscber  und  kärntnischer  Taidinge, 
welche  (von  den  Grazer  Professoren  F.  fiiscboff  und  A.  Schönbach 
herausgegeben)  den  VI.  Band  der  von  der  YTiener  kaiserlichen 
Akademie  der  Wissenschaften  veröffentlichten  „Oesterreichischen 
Weisthamer*"  bildet,  S.  77—79  abgedruckt. 


\ 


—     177     — 

vei'ursachte,  sondern  auch  die  Unterbrechung  einer  Verjährung, 
mit  Hilfe  welcher  er  vom  Markte  die  Verpflichtung,  an  die 
Landschaft  Steuern  zu  zahlen,  abwenden  zu  können  hoffte. 
Anlässlich  der  Erbhuldigung  jedoch,  welche  Kaiser  Karl  VI. 
im  Juli  1728  zu  Graz  entgegennahm,  glaubte  die  Markt- 
gemeinde es  ihrer  Ehre  schuldig  zu  sein,  dass  sie  gleich 
anderen  Trägern  landschaftlicher  Beftignisse  Abgeordnete 
entsendete,  welche  diesen  zur  Seite  die  Huldigungsacte  mit- 
machten. Die  hiezu  Erkorenen  waren  der  Marktrichter  Pankraz 
Fürst  und  der  Marktschreiber  Weckher.  Unter  Führung  des 
Landeshauptmannes  stellten  sich  Beide  am  6.  Juli  dem 
Monarchen  vor.  Und  zuvor  schon  hatte  der  Magistrat  kein 
Bedenken  getragen,  an  einer  vom  Marschall  der  landesfürstl. 
Städte  und  Märkte,  Leop.  Friedrich  Kopp,  auf  den  1.  Mai 
1717  nach  Brück  an  der  Mur  einberufenen  Conferenz 
der  obersteirischen  Gemeinden  dieser  Art  sich 
zu  betheiligen,  deren  Zweck  die  Ergründimg  der  Ursuchen 
des  ökonomischen  Verfalles  derselben,  sovrie  die  Erstattung 
von  Vorschlägen  zur  Abhilfe  war. 

H.  Beziehungen  des  Harktes  znr  Herrschaft  Ober- 

Elndberg. 

Dass  die  auf  ihre  Bechte  eifersüchtige  Marktgemeinde 
sich  in  mannigfaltige  Conflicte  mit  der  in  ihrem  Weichbilde 
nistenden  und  eine  besondere  Gerichtsbarkeit  beanspruchenden 
Herrschaft  verwickelt  sah,  lag  in  der  Natur  der  Dinge. 

Den  meisten  Anlass  dazu  gab  die  Burgfriedens- 
Frage.  Der  Magistrat  leugnete,  dass  das  den  Markt  über- 
ragende Schloss  Ober-Kindberg  ein  Burgfrieden  für  sich  sei. 
Die  dasselbe  besitzende  freiherrliche  (später  gräfliche)  Familie 
Inzaghi  dagegen  behauptete  dies.  Sie  folgerte  es  aus  dem 
Umstände,  dass  dieses  Schloss  der  Sitz  der  Verwaltung  der 
gleichnamigen,  das  Gebiet  des  Marktes  theilweise  umfangenden 
Herrschaft  war,  und,  hievon  abgesehen,  vindicirte  sie  es  ihm 
als  einem  adeligen  Ansitze.  Innerhalb  der  Dachtraufen  des- 
selben sich  ereignende  Unzuchtsfälle  zog  demnach  ihr  Ver- 

Mittheil.  des  Ust.  Yereinea  f.  Stfilenowk,  ZXIX.  Heft,  1881.  12 


—     178     — 

Walter  vor  sein  Forum,  gleichviel,  ob  die  Bescbuldigtoa  zum 
Hausstande  der  Herrschaft  gehörten  oder  Insassen  des  Marktes 
waren.  In  zwei  solchen  Fällen  begehrte  der  Verwalter  die 
Auslieferung  des  Thäters  seitens  der  Marktobrigkeit.  Diese 
jedoch  wendete  obige  Negation  ein.  Der  erste  Streit  hierüber 
dauerte  von  1 7 1 4  bis  1717;  der  zweite  hub  im  Herbste  1 724 
an  und  wurde  rasch  beigelegt.  Wahrscheinlich  hätte  auch  der 
erste  Conflict  einen  rascheren  Verlauf  genommen,  wären  damals 
die  Gemüther  der  Kindberger  Bürgerschaft  nicht  durch  eine 
parallel  laufende  Zwistigkeit  besonders  erregt  und  wider  die 
Familie  Inzaghi  eingenommen  gewesen. 

Diese  betraf  den  Calvarienberg  am  linken  Ufer  der 
Mürz,  welchen  Graf  Abondio  Inzaghi  seinem  Zwecke  ent- 
sprechend ausgestattet  hatte  und  mit  welchem  er  ein  Armen- 
haus in  Verbindung  zu  bringen  entschlossen  war.  Der  Rector 
des  Grazer  Jesuiten- Collegiums  hatte  als  Ordinarius  loci  im  Jahre 
1677  seine  Einwilligimg  hiezu  gegeben.  Sieben  Jahre  später 
widmete  der  Graf  dieser  Stiftung  ein  Capital  von  6000  Gulden. 
welches  er  beim  Ausseer  Salzamte  deponirte  (oder  dort  gut 
hatte).  Sein  Sohn  Johann  Anton  vermehrte  dasselbe  um  4000 
Gulden;  dessen  Bruder  Job.  Philipp  aber  stiess  diese  Stifhin.:: 
zu  Gunsten  des  Paulaner-Ordens  um,  dem  er  damit  am  Fusse 
des  Kindberger  Calvarienberges  ein  Kloster  zu  gründen  be- 
absichtigte. In  Ausführung  dieses  Planes  erbaute  er  dort  eine 
Kirche  und  ein  stattliches  Wohnhaus.  *)  Geistlicher  Seits  wurden 
ihm  keine  besonderen  Schwierigkeiten  bereitet.  Desto  heftiger 
opponirte  die  Marktgemeinde,  welche  besorgte,  dass  das  Be* 
stehen  eines  Klosters  in  jener  Gegend  nicht  nur  das  Ein- 
kommen der  Pfarrkirche  im  Markte  (nämlich  das  an  Opfer- 
gaben und  sonstigen  Spenden)  schmälern,  sondern  auch  zu 
einer  Beeinträchtigung  der  dahin  sich  erstreckenden  Burer- 
friedens-Gerechtsame  führen,  somit  die  Gemeinde,  welche  als 


»)  Nach  G.  Göth,  Das  Herzogth.  Steiermark,  I.  Bd.,  S.  429,  wurde 
das  Haus  im  Jahre  1682,  die  Kirche  aber  schon  im  Jahre  1674 
erbaut.  Die  Bodeniläche,  auf  welcher  Beide  stehen,  und  der  Calva- 
rienberg gehören  dermalen  zur  Landgemeinde  Kindberg. 


—     179     — 

Patron  besagter  Kirche  fllr  den  eventuellen  Entgang  aufzu- 
kommen hatte,  doppelt  schädigen  würde.  Inzwischen  hatten 
Paulaner- Mönche  das  ihnen  zugedachte  Gebäude  wirklich 
bezogen  und  die  gottesdienstlichen  Verrichtungen  m  der  damit 
zusammenhängenden  Kirche  übernommen.  Sie  vergalten  der 
Marktgemeinde  den  vorerwähnten  Widerwillen  mit  heraus- 
fordernder Gehässigkeit.  In  den  Jahren  1710  und  1711  wehrten 
sie  den  von  der  Pfarrkirche  des  Marktes  aus  zum  Calvarien- 
berge  wallfahrenden  Processionen  den  Zutritt  daselbst  Sie 
sperrten,  obschon  keine  Seuchengefahr  drohte,  beim  Heran- 
nahen der  betenden  Volksmasse  das  Thor  ab,  durch  welches 
allein  der  Calvarienberg  damals  zugänglich  war,  und  verhackten 
es.  Das  empfand  die  Marktgemeinde  als  einen  untilgbaren 
Schimpf.  Noch  in  einem  Berichte  vom  28.  März  1716  (an  die 
Grazer  Segierung)  kam  der  Magistrat  darauf  zu  sprechen. 
Um  so  entschiedener  legte  er  im  Jahre  1711  gegen  die  An- 
siedlung  der  Paulaner  Verwahrung  ein,  als  ein  Erlass  der 
Grazer  Regierung  und  Kammer  vom  4.  April  1711  ihn  auf- 
forderte, sich  über  das  bezügliche  Vorhaben  des  Grafen  Joh. 
Philipp  Inzaghi  zu  äussern.  Nicht  einmal  „ein  Diversorium^ 
zu  ihrer  Erholung  gönnte  er  ihnen  dort.  Er  verlangte  viel- 
mehr die  Wiedereinsetzung  von  Weltpriestem,  denen  der 
Gottesdienst  dort  ursprünglich  anvertraut  war.  In  den  folgenden 
fünf  Jahren  kühlte  sich  die  Erbitterung  so  weit  ab,  dass  der 
Magistrat  in  dem  oben  citirten  Berichte  sich  mit  der  An- 
siedlung  der  Paulaner  einverstanden  erklärte,  vorausgesetzt, 
dass  diese  die  Burgfriedens  -  Gerechtsame  des  Marktes 
respectiren,  die  Zahl  von  6  nicht  überschreiten,  ohne  förm- 
liche Klausur  dort  wohnen,  der  Bürgerschaft  die  Lebensmittel 
nicht  vertheuem,  keinerlei  Gewerbe  dort  treiben,  auch  des 
Bierbrauens  und  Weinauschänkens  sich  enthalten,  jeglichen 
Scandal  unterlassen  und  der  Pfarrkirche  des  Marktes  kein 
Einkommen  entziehen,  wofür  nicht  die  Grafen  Inzaghi  Ent- 
schädigung leisten  würden.  Da  goss  ein  neuer  Gewaltact 
abermals  Oel  in  die  kaum  gedämpften  Flammen.  Der  Ver- 
walter der  Herrschaft  Ober-Kindberg  liess  nämlich  auf  Befehl 

12* 


—     180     — 

seines  Gebieters  am  Ereuzerfindungstage  durch  20  Baaen 
alle  Verkaufsstftnde  niederreissen,  welche  auf  der  CalYarien- 
berg- Wiese  von  Krämern  mit  Erlaubniss  des  Markt- Magistrat 
errichtet  worden  waren.  Damit  verletzte  er  aufs  Gröblichste 
nicht  nur  dessen  Ansehen,  sondern  auch  die  Burgfriedens- 
Gerichtsbarkeit,  die  sich  derselbe  dort  beilegte.  Der  Markt- 
richter machte  bei  diesem  Anlasse  (in  der  Rathssitzung  vom 

5.  Mai  1716)  geltend,  dass  beim  Einweihen  der  Kirche  am 
Fusse  des  Calvarienberges  und  seither  bei  allen  kirchlichen 
Festen,  welche  dort  begangen  wurden,  die  vom  Magistrat« 
zugelassenen  Krämer  dort  unbeiiTt  ihre  Waaren  feilboten  und 
dass  unter  dem  Schutzdache  derselben  selbst  der  die  Kirdie 
weihende  Bischof  Zuflucht  vor  einem  Regengusse  fand,  wodurch 
diese  Verkaufsstände  gewissermassen  geheiliget  worden  seien. 
Der  Verwalter  hatte  femer  dem  Gerichtsdiener  des  Marktes 
verboten,  auf  dem  Calvarienberge  bewaffnet  einherzugehen. 
Graf  Inzaghi  wünschte,  dass  in  Zukunft  die  fraglichen  Ver- 
kaufslicenzen  bei  den  Paulanem  an  Ort  und  Stelle  erwirkt 
werden.  Indessen  legte  sich  auch  die  hierüber  entstandene 
Aufregung  bald.  Am  22.  Mai  1717  beschloss  sogar  der  Ma- 
gistrat über  Antrag  des  Marktrichters  Pankraz  Fürst,  deni 
Grafen  Inzaghi  zu  seinem  Namensfeste  zu  gratuliren  und  am 

6.  September  des  nämlichen  Jahres  theilte  der  vorgenannte 
Gemeindevorsteher  dem  versammelten  Rathe  mit:  er  habe  in 
Begleitung  des  Marktschreibers  den  Grafen  abermals  im 
Schlosse  Ober-Kindberg  ;,becomplimentiert*,  bei  welcher  Ge- 
legenheit derselbe  die  zwischen  ihm  als  Herrschaftsinhaber 
und  dem  Markte  obschwebenden  Differenzen  besprach.  Diese 
betrafen  damals  1.  die  vom  Magistrate  verfügte  Demolierung 
eines  kleinen  Hauses  auf  herrschaftlichem  Territorium,  in 
welchem  der  Graf  Leuten  Unterkunft  gewährt  hatte,  die  durch 
ihre  Beschäftigung  das  Interesse  der  Bürgerschaft  verletzten; 
2.  den  schon  oben  erwähnten  Unzuchtsfall,  worüber  der  Graf 
den  im  Markte  ansässigen  Thäter  durch  seinen  Verwalter  zur 
Rechenschaft  ziehen  wollte;  3.  das  Recht,  VerkaufslieenzeD 
an  die  den  Calvarienberg  besuchenden  Krämer  zu   ertheilen. 


—     181     — 

Der    Magistrat  von  Eindberg  war  nun  dermassen  versöhnlich 
gestimmt,  dass  er  dem  Grafen  folgende  Zugeständnisse  machte: 
ad  1 .  das  abgerissene  Haus  darf  wieder  erbaut  werden,  wenn 
der  Graf  durch  einen  Revers  zusichert,   dass  er  weder  einen 
Schmied  darein  aulhehmen,  noch  eine  Gastwirthschaft  (Taverne) 
in  demselben   dulden  wird;    ad  2.  im  Innern  des  Schlosses 
vorfallende  Vergehen  wider   die   Sittlichkeit   soll   der   herr- 
schaftliche Verwalter  zu  ahnden  befugt  sein;  dagegen  wahrt 
isich    der   Magistrat   seine   Gerichtsbarkeit  in  Ansehung  der- 
artiger Vorkommnisse,  wenn  sie  in  den  herrschaftlichen  Mair- 
höfen,   Scheuern  u.  s.  w.  sich  ereignen;   ad  3.  beharrt  zwar 
der  Magistrat  bei  seinem  Ansprüche,  dass  die  Verkaufslicenzen 
für   den  Calvarienberg  er  zu  ertheilen  habe;    doch  will  er, 
weil  der  dortige  Verkaufsplatz  mit  Schranken  umgeben  ist, 
jährlich   vom    Grafen,   als   dessen   Eigenthum   er   den  Platz 
betrachtet,    durch   einen   Bürger    sich   die   Zustimmung   zur 
Hinausgabe  der  Licenzen  erbitten   (ihn  darob  i^begrüssen^). 
Noch   zwei  Mal  traten   acute  Bückschläge  ein.   Zunächst  im 
Mai  1720,  wo  der  Magistrat  durch  einen  Regierungs-Erlass 
vom   30.  April  überrascht  wurde,    der  zu   seiner  Kenntniss 
brachte,  dass  der  Graf  Inzaghi  den  Calvarienberg  dem  Paulaner- 
Orden  ins  Eigenthum  zu  überlassen  vorhabe,   und  dann  im 
November   1724  anlässlich  eines  neuen  Unzuchtsfalles.    Die 
durch  letzteren  hervorgerufenen  Verhandlungen  endeten  damit, 
dass  der  Magistrat  auf  Zureden  des  Marktschreibers  die  Aus- 
lieferung des  Thäters  bewilligte,  u.  zw.  auf  Grund  folgender 
Erwägungen :  derselbe  sei  nur  ein  Knecht  und  das  Eind  eines 
ünterthans ;  er  verging  sich  mit  einer  herrschaftlichen  Dienst- 
magd im  Innern  des  Schlosses  und  wenn  Derartiges  vorfällt, 
entspricht  es  dem  Art.  1  des  IH.  Theiles  der  Landgerichts- 
Ordnung,   dass  der  Thäter  der  betreffenden  Grundherrschaft 
zur  Bestrafung  ausgeliefert   wird.    Dieser  Entscheidung  ging 
ein  Briefwechsel   voraus,  bei  welchem  der  Marktrichter  und 
der  herrschaftliche  Verwalter   sich   wechselseitig   ;,  Monsieur, 
hochverehrter  Herr*'  titulirten  und  Jeder  selbst  beim  Zusam- 
menfalten seines  Briefes   genau  die  Büge  des  anderen  sich 


—     182     — 

zum  Vorbild  nahm.  Neun  Jahre  zuvor,  am  14.  December  1715. 
war  das  Verhältniss  zwischen  diesen  beiden  Functionären  noch 
ein  so  gespanntes,  dass  der  Verwalter,  um  seiner  V^ürde  nichts 
zu  vergeben,  vor  Tagesanbruch  auf  dem  Rathhause  sidi 
einfand  und  den  beim  FrUhgottesdienste  anwesenden  Markt- 
richter  nebst  zwei  BQrgem  des  inneren  Rathes  dorthin  citiTte, 
um  seines  Gebieters  Ungnade  ihnen  zu  offenbaren.    Damals 
bedeutete  demselben  der  in  Eile  zusammengetretene  Magistrat: 
er  möge  sich  gedulden  und   der  Marktschreiber  vervnes  ihm 
sein   ungeziemendes   Benehmen.    Jetzt   (1724)    glaubte    der 
Marktrichter   (Sensengewerk  Joseph   Messer)    sein    Ansehen 
schon  genug  gewahrt  zu  haben,  indem  er  seiner  Antwort  auf 
des  Verwalters  Zuschrift  die  Bemerkung  einschaltete :  er  hätte 
es  statt  zu  schreiben  vorgezogen,   dem  Verwalter  auf   dem 
Calvarienberge   zu  begegnen   und  ihm  dort  mündlich  obigen 
Magistratsbeschluss  zu  eröffnen.  —  Die  letzten  Zerwürfiaisse 
wegen  des  Calvarienberges  waren  schon  im  Jahre  1722  durch 
einen  Regierungs-Erlass  vom  22.  Mai  beglichen  worden,  welcher 
dem  Magistrate  ankündigte:   der  Kaiser  habe  in  Anbetracht 
der  oben  angeführten  Entstehungsgeschichte  dieses  Andachts- 
ortes   entschieden,   dass   dort  ausschliesslich  Weltpriester  zu 
wohnen  und  zu  wirken  haben.  Vorerst  sollte  blos  ein  solcher 
Priester  als  Vicar  dort  angestellt  und  von  den  Interessen  des 
Stiftungscapitals  per  300  Gulden  eine  solche  Zahl  armer  Leute. 
als   damit  erhalten   werden   konnte,   wirklich   dort  verpflegt 
werden;   würde   aber  das  Einkommen    der  Calvarien-Kircke 
sich  vermehren,   so  sollte  dem  Vicar  ein  Hilfspriester  beige- 
geben werden.  Das  Patronat  über  den  Andachtsort  blieb  der 
Familie  Inzaghi  vorbehalten,   aber  unbeschadet   aller  Rechte 
des  Kindberger  Magistrats  und   unter   Aufsicht  des  Markt- 
pfarrers, mit  welchem  im  Jahre  1698   ein  Abkommen    hier- 
über getroffen  worden  war    Der  Magistrat  freute    sich  über 
diese  Entscheidung   dergestallt,    dass   er  seinen  Agenten   in 
Wien,   welcher  ihn  schon  am   20.  Mai  hievon   verständiget 
hatte,  einen  Ducaten  als  ;,Recompens*'  verehrte. 

Ein  viel  Stoff  zu  Reibungen  bietendes  Ereigniss,  nämlich 


—     183     — 

die  im  Mai  1682  vom  Schlossbesitzer  unternommene  Erbauung 
eines  Thores  an  dem  zum  Schlosse  emporführenden 
Wege  wurde  gleich  Anfangs  seines  bedrohlichen  Charakters 
entkleidet,   indem  Job.   Philipp  Freih.   von   Inzaghi   unterm 
10.  August  1682  auf  rechtsverbindUche  Weise  erklärte,   dass 
daraus  für  die  Marktgemeinde  keinerlei  Nachtheil  entspringen 
soll.  Es  handelte  sich  dabei  um  einen  uralten,  den  Möstling- 
graben  durchschneidenden  Saumpfad;  durch  dessen  Absperrung 
eine  der  Lebensadern  des  Marktes  unterbunden  worden  wäre. 
Damit  ja  kein  Zweifel  daran  bestehe,   dass   dieser  Weg  im 
Burgfrieden  des  Marktes  liegt,  gab  die  Bürgerschaft  dem  Kaiser 
Karl  VI.,  als  er  am  22.  Juni  1728  auf  der  Reise  nach  Graz 
im  Kindberger  Schlosse  zukehrte,  mit  fliegenden  Fahnen  und 
klingendem  Spiele  bis  zur  oberen  Schlosspforte  das  Geleite. 
Auch  präsentirte   sich  hier  der  Magistrat  dem  Kaiser,   ob- 
schon  Graf  Inzaghi   durch  seinen  Verwalter  dies  rügte  und 
ihn   abzuschaffen  Miene  machte.    In  des  Monarchen  Gegen- 
wart  durfte   es   der   Graf  auf  keine   heftigen  Auseinander- 
setzungen ankonunen  lassen.  So  behauptete  denn  die  Bürger- 
schaft  an   einem  wichtigen  Gedenktage  ihr  diesfälliges  Recht 
und  der  damalige  Marktschreiber  verzeichnete  diese  Thatsache 
obendrein  im  Rechtsprotokolle  zum  ewigen  Gedächtnisse. 

m.  Oeflfentllche  Lasten. 

Bei  Beginn  der  Periode,  welcher  die  vorliegenden  Angaben 
entstammen,  war  der  Markt  Kindberg  schon  stark  verschuldet 
und  mit  einem  namhaften  S  t  eu  erb  et  rageimRück  Stande. 
Letzterer  belief  sich  am  26.  Juni  1665  auf  1340  Gulden; 
die  Schulden  des  Marktes  aber  rührten  vornehmlich  von  Dar- 
lehen her,  die  derselbe  ein  Jahrzehent  früher  contrahirt  hatte. 
So  besass  damals  der  in  Graz  wohnhafte  Dr.  Job.  Jacob 
Weiss  einen  am  2.  August  1654  ausgestellten  Schuldschein 
der  Gemeinde  über  550  Gulden;  die  Grazer  Buchhändler 
Mathias  Fischer  und  Jos.  Crist.  Erhardt  klagten  im  Jahre 
1678  einen  über  50  Gulden  ein,  der  am  St.  Georgstage  1658 
zu  Händen  des  Georg  Mägerl;  eines  gebomen  Kindbergers, 


—     184     — 

ausgestellt  und  von  diesem  ihnen  cedirt  worden  war.  Dabei 
litt  die  Gemeinde  solchen  Mangel  an  baaren  ZahlungsmitteliL 
dass  sie  den  beiden  Buchhändlern  zu  deren  Befriedigung 
Eisen  anbot  und  dem  Dr.  Weiss  seit  sechs  Jahren  keine 
Interessen  hatte  entrichten  können.  Vergebens  untersuchte 
die  Regierung  im  Jahre  1665  durch  Commissäre  das  Wirth- 
Schafts wesen  des  Marktes.  Im  Jahre  1682  stak  derselbe  so 
tief  in  Schulden,  dass  am  5.  März  die  Mitglieder  des  äusseren 
Rathes  dem  inneren  Vorstellungen  darüber  machten.  Eis  war 
das  freilich  eine  Zeit,  wo  die  Extrasteuern  sich  häuften  und 
die  Ordinari-Abgaben  mit  jedem  Jahre  stiegen.  Dies  fiel  dem 
Markte  um  so  schwerer,  je  weniger  er  von  Alters  her  mit 
solchen  Auflagen  in  Anspruch  genommen  worden  war.  Denn 
er  stand  bis  in's  XVII.  Jahrhundert  hinein  unter  dem  Vicedom- 
amte  und  hatte  blos  an  dieses  die  sog.  landesfbrstliche  Urbarial- 
steuer  zu  entrichten.  Jetzt  besteuerte  ihn  auch  die  steier- 
märkische  Landschaft,  u.  z.  auf  Grund  einer  Gttlteneinlage  von 
30  Pfund  Pfennigen.  Wie  der  Markt  in  das  ständische 
Gültenbuch  gerathen  war,  wusste  der  Magistrat  selber  nicht 
Daher  betraute  er  unterm  16.  Juli  1690  den  Marktschreiber 
mit  den  Erhebungen  darüber.  Vor  Allem  aber  galt  es,  dem 
Markte  Schonung  zu  erwirken.  Zu  diesem  Ende  versprach  der 
Magistrat  Mitte  April  1678  dem  landschaftlichen  Buchhalter 
Hochkhofler  in  Graz  für  den  Fall,  dass  er  die  Belegung  des 
Marktes  mit  dem  Extra  -  Zinsgulden  abzuwenden  vermöchte, 
„ein  gutes  Essen  Fisch*.  Bereitwilligst  ertheilte  dieser  pflicht- 
getreue Beamte  die  Zusicherung,  dass  der  Markt  künftighin 
diese  Steuer  nicht  mehr  zu  zahlen  haben  würde,  worauf  ihm 
die  dankbare  Gemeinde  50  Stück  Fische  verehrte  (6.  Mai 
1678).  Aber  im  Jahre  1690  wurde  dem  Markte  der  vierfache 
Zinsgulden  und  eine  Leibescontribution  (Kopfsteuer)  obendrein 
auferlegt  Das  wiederholte  sich  Jahr  um  Jahr.  Gezahlt  wurde 
nur  wenig.  Daher  erschien  am  22.  September  1705  der  land- 
schaftliche Pfänder  und  drohte  wegen  i:ückständigep450  Gulden 
Zinssteuer  und  130  Gulden  gemeiner  Landschafbs-Contribution 
seines  Amtes  zu  walten.  Der  Magistrat  wies  ihm  Gegenansprüche 


—     186     — 

vor,  insbesondere  Quittungen  des  Militärs  über  empfangene 
Verpflegung,  Rechnungen,  welche  die  Gemeinde  anlässlich  der 
Durchreise  eines  türkischen  Gesandten  (Gesandten  nach  der 
Türkei  ?)  beglichen  hatte,  Vorspannsanweisungen  u.  s.  w.  Da- 
durch liess  er  sich  beschwichtigen.  Der  Markt  zahlte  nun  erst 
recht  nicht.  So  erreichten  dessen  Steuerrückstände  bis  zum 
10.  Juli  1711  die  Höhe  von  1476  Gulden.  Hierunter  waren 
wohl  auch  die  95  Gulden  Vermögenssteuer-Pauschale  begriffen, 
welches  die  Bürgerschaft  am  2.  September  1710  im  Wege 
der  Abfindung  auf  sich  genommen  hatte.  Der  Commissär,  mit 
welchem  sie  diesen  Betrag  vereinbarte,  empfing  von  ihr  unter 
dem  Titel  der  Zehrungskosten  5  Gulden  7  Kreuzer.  Bezüglich 
der  mittlerweile  wieder  aufgetauchten  Extrasteuer  verlegte 
sich  der  Magistrat  gleichfalls  aufs  Unterhandeln;  aber  nicht 
nach  Graz  wendete  er  jetzt  sich  deshalb,  sondern  nach  Wien. 
Das  RathsprotokoU  meldet  zum  27.  September  1715  darüber 
Folgendes:  „Ist  ein  Brieff  von  Wienn  khomben,  abgelessen 
worden,  worinnen  angefiegt  wierdt,  dass  wann  der  Markht  in 
totum  ins  Vizedombambt  solle  geben  werden,  erfordert  es  an 
gnädigen  Herrn  v.  Plöckhner  ein  Regal  mit  800  Gulden,  wofern 
aber  gleich  wie  andere  Stött  und  Märkhter  der  Markht  mit 
billichen  Onera  in  die  Comudität  gelassen  (wird),  ein  Regal 
per  400  Gulden."  Darauf  hin  schickte  der  Magistrat  den 
Bürger  Wielandt  mit  500  Gulden  nach  Wien.  Doch  schon 
drei  Tage  später  ward  derselbe  zurückberufen.  Die  Unterhand- 
lung zerschlug  sich.  Mit  der  Mission,  sie  wieder  in  Gang  zu 
bringen,  betraute  der  Magistrat  im  folgenden  Jahre  den 
Marktschreiber.  Damit  er  eine  freundliche  Aufnahme  finde, 
gab  ihm  der  Marktrichter  zwei  Auerhähne  mit  nach  Wien. 
Dieser  fragt  von  hier  aus  am  22.  Mai  1716  brieflich  an,  auf 
welche  Summe  der  Magistrat  sich  einlassen  wolle  und  was 
für  Regale  er  den  massgebenden  Persönlichkeiten  in  Aussicht 
stellen  dürfe.  Die  Antwort  lautete:  ausser  dem  vierfachen 
Zinsgulden  und  dem  schuldigen  Remanenzgelde  wolle  man 
höchstens  80  Gulden  zahlen;  bleibt  der  Markt  künftig  mit 
Mehrerem  verschont,  so  wird  er  seinen  F.  T.  Patronen  „auf 


—     186     — 

alle  mögliche  Weis"  sich  erkenntlich  zeigen  und  gelftnge  es 
dem  Hofkanzlei-Referendär  v.  Pöckhner,  den  Markt  unter  die 
Steuerherrlichkeit  des  Vicedomamtes  zurnckzuverseizen,  somit 
ihn  des  Mitleidens  an  den  landschaftlichen  Umlagen  zu  flto- 
heben,  so  sollte  das  dem  gefälligen  Hofrathe  mit  einer  Extra- 
Recompens  von  50  Reichsthalem  gelohnt  werden.  Indessen 
auch  dieser  „  Accord*'  scheint  nicht  zu  Stande  gekommen  zu  sdo. 
Herr  v.  Plöckhner  schied  im  October  1716  aus  säner 
einflussreichen  Stellung.  Der  Kindberger  Magistrat  suchte  noii 
zwar  denselben  damals  durch  Zusicherung  eines  » guten 
Khuchel- Regals^  zum  Aushändigen  gewisser  Actenstücke  an 
seinen  Nachfolger  zu  bewegen,  und  diesem  some  dem  obersten 
Hofkanzler  verehrte  er  damals  je  einen  Gemsbock ;  allem  von 
der  Steuer-Angelegenheit  war  da  keine  Rede.  Um  so  nach- 
drücklicher gedachte  die  Marktgemeinde  derselben  in  ihrer 
Beschwerdeschrift  von  1717,  in  welcher  sie  anfühlte :  sie  habe 
ausser  dem  vierfachen  (Zins-)  Steuergulden  auf  Grund  einer 
ihr  angedichteten  Einlage  im  Gültenbuche  der  Landschaft  an 
diese  in  manchen  Jahren  200—400  Gulden  Extrasteuem  abzu- 
führen und  ihre  Schuldenlast  sei  demzufolge  bis  zur  Höhe  von 
3000  Gulden  gestiegen.  Hiezu  kamen  Anfangs  September  1717 
weitere  1000  Gulden,  welche  die  Gemeinde  damals  beim 
Pfarrer  von  St.  Lorenzen  im  Mürzthale  zur  Tilgung  ihrer 
Steuerrückstände  gegen  vierpercentige  Verzinsung  aubahm. 
Sie  verglich  sich  schliesslich  über  diese  Rückstände  mit  der 
steiermärkischen  Landschaft.  Unterm  15.  Juni  1720  wurde  in 
Form  einer  bis  Ende  1718  reichenden  Abrechnung  Nach- 
stehendes festgesetzt:  Der  Markt  schuldet  der  Landschaft  an 
Extra-Steuer  900  Gulden  (nämlich  jährliche  60  durch  15  Jahre), 
an  Ordinari  -  Contribution  (seit  1701)  1080  Gulden  und  an 
sonstigen  Auflagen 880 Gulden,  zusammen  also  2860 Gul- 
den. Davon  sind  durch  Gegenansprüche  gedeckt  750  fl.  41  kr« 
u.  z.  durch  sein  Guthaben  beim  landschaftlichen  Zinsgulden- 
Amte  108,  durch  Etappenforderungen  (von  1702  bis  1707) 
642  Gulden  41  Kreuzer.  Der  Rest  mit  2109  Gulden  19  Kreuzer 
ist   sogleich  baar  zu  erlegen.  Künftighin  soll  der  Markt  an 


—     187     — 

Jahressteuer  Alles  in  Allem  nicht  mehr  als  200  Oulden  zu 
entrichten  haben.  Das  Guthaben  beim  Zinsgulden -Amte  per 
108  Gulden  resultirt  aus  Mehrleistungen  der  Gemeinde  im 
Verhältnisse  zu  den  ihr  vorgeschriebenen  Beiträgen  (Zinsgulden) 
zur  Vergütung  solcher  Leistungen,  nämlich  der  Beherbergung 
und  Naturalverpflegung  von  ständig  einquartierten  Truppen  und 
der  Beistellung  von  Vorspann  für  durchmarschirendes  Militär, 
sowie  für  andere  auf  diese  Weise  zu  befördernde  Personen. 
An  Service -Gel  dem  allein  hatte  der  Markt  880  Gulden 
zu  fordern,  an  Vorspannsgebühren  (von  1701  bis  1709) 
748  Gulden  12  Kreuzer. 

Damit  ist  eine  öffentliche  Last  gekennzeichnet,  welche  in  den 
ersten  Decennien  des  XVIII.  Jahrhunderts  zu  Kindberg  noch 
härter  empfunden  wurde,  als  die  eigentliche  Steuerlast,  und  schon 
früher  dem  Markte  grosses  Ungemach  bereitete.  Denn  die  Ver- 
gütung, welche  die  Bürger  dafür  empfingen,  entschädigte  sie 
nicht  im  Entferntesten  für  die  Opfer,  welche  sie  diesfalls 
brachten.  Dieselbe  war  eben  an  sich  schon  karg  bemessen 
und  wurde  zumeist  blos  von  der  auf  sie  entfallenden  Zinsgulden- 
Schuldigkeits  -  Tangente  abgeschrieben.  Was  die  Gemeinde 
darüber  hinaus  Einzelnen  baar  bezahlte,  milderte  blos  deren 
Ueberbürdung,  ohne  sie  zu  beheben  und  musste  alsbald  wieder 
in  der  Form  von  Gemeinde  -  Umlagen  rückgezahlt  werden. 
Kaum  dass  der  eine  und  andere  mit  Standquartieren  sehr 
heimgesuchte  Bürger  einen  Ueberschuss  in  Händen  behielt, 
der  bei  der  Grösse  des  gerade  von  ihm  Geleisteten  und  Er- 
duldeten kein  annehmbarer  Ersatz  für  ihn  war. 

Schon  im  Beginne  der  Aufzeichnungen,  welche  die  noch 
vorhandenen  Kindberger  RathsprotokoUe  uns  überliefert  haben, 
geschieht  einer  Zuschrift  des  landschaftlichen  Kriegscommissärs 
Georg  Freiherrn  v.  Welsersheimb  (vom  13.  December  1665) 
Erwähnung,  womit  derselbe  dem  Markte  aufträgt,  das  dort 
seit  einem  Monate  (im  Winterquartier)  liegende  Kriegsvolk 
„gegen  Wieder-Refundierung''  aus  der  vom  nächsten  Landtage 
zu  bewilligenden  ;,Extraordinari-Contributions-Dargabe"  den 
Winter  über  zu  verpflegen.  Der  Magistrat  beschloss  sohin 


—     188     — 

;,da88  man  mit  höchster  Lamentation  der  Unmöglichkeit  dem 
Herrn  Commissari  zuschreiben  und  Entschuldigung  thun 
solle,  sintemalen  die  Belegung  (mit  Truppen)  dem  gemaineo 
Markhte  gahr  zu  schwahr^.  In  der  That  war  diese  Einquar- 
tierung mit  grossen  Auslagen  verbunden.  Dem  Quartiertrager 
z.  B.,  welcher  den  Feldwebel  beherbergte,  mussten  daftr 
wöchentlich  von  seiner  Steuerschuldigkeit  1  Gulden  15Kreuzer 
abgeschrieben  werden.  Das  Deprecieren  half  nicht.  Am  „heiligen 
Abende  "^  erhielt  der  Magistrat  ein  Schreiben  des  Capitän- 
Lieutenants  vom  Coppy^schen  Regiinente,  welcher  die  zu  Kind- 
berg  bequartierte  Truppen -Abtheilung  befehligte,  womit  ihm 
eröfinet  wurde,  dass  die  steiermärkische  Landschaft  erst  vom 
Januar  1666  an  die  Kosten  der  Truppen  Verpflegung  trage, 
folglich  bis  dahin  der  Markt  entweder  für  jeden  ihm  zuge- 
wiesenen Soldaten  dessen  Bedarf  an  Brot  und  Fleisch  in  natura 
zu  liefern  oder  diese  Leistung  mit  einem  Reichsthaler  per 
Kopf  abzulösen  habe.  Der  Capitän  -  Lieutenant  erklärte  sich 
übrigens  bereit,  diese  Requisitionen  zu  bescheinigen  und  stellte 
es  dem  Markte  anheim,  darüber  mit  der  Landschaft  Abrech- 
nung zu  pflegen.  Darauf  hin  willigte  der  Magistrat  mit  Bei- 
ziehung der  ^Gmain'',  die  da  durch  fünf  Personen  vertreten 
war,  in  die  Vorstreckung  eines  Zinsgulden  -  Betreffnisses  per 
30  Gulden,  deren  Empfang  der  Officier  bestätigen  wolle. 
Dadurch  verschaffte  er  sich  und  der  Bürgerschaft  für  einige 
Wochen  Ruhe.  Aber  Anfangs  Februar  1666  tauchten  neue 
Ansprüche  auf.  Am  4.  dieses  Monats  meldete  sich  spät  Abends 
ein  Capitän  -  Lieutenant  vom  Mochure'schen  (?)  Regimenter 
Joh.  Ernst  Pramberger,  auf  dem  Rathhause  mit  einer  auf 
30  Gulden  lautenden  Zahlungsanweisung  der  Landschaft.  Da 
die  Markteasse  leer  war,  musste  in  der  Nacht  nach  Brück 
an  der  Mur  zu  einem  Helfer  in  der  Noth  geschickt  werden, 
damit  der  drängende  Officier  abgefertigt  werden  konnte.  Am 
folgenden  Morgen  begehrte  der  im  Markte  liegende  Feldwebel 
einen  Vorschuss  für  seine  Mannschaft,  damit  sie  Brot  kaufen 
könne.  Bis  dahin  hatte  ihr  der  Marktrichter  Schellowitz,  seiner 
Profession  nach  ein  Bäcker,  für  mehr  als   80  Gulden  Brot 


—     189     — 

auf  Borg  geliefert ;  nun  weigerte  er  sich,  dieses  Creditgeschäft 
fortzusetzen,  und  bat  er  den  Magistrat,  ihn  für  entschuldigt 
zu  halten,  wenn  aus  seiner  Weigerung  ^ein  Unglickh  entstundte''. 
Der  Magistrat  fand  es  durchaus  i,unrathsam%  dem  Militär 
baares  Geld  zu  verabfolgen,  und  bewog  daher  lieber  den 
Marktrichter,  noch  durch  etliche  Tage  das  Brot  in  natura  zu 
liefern;  späterhin  sollte  er  durch  einen  anderen  Bäcker  darin 
abgelöst  werden.  Eine  Wendung  zum  Besseren  trat  erst  im 
April  1666  ein,  wo  der  Kriegscommissär  den  Magistrat  be- 
nachrichtigte, dass  er  der  schleunigen  Einsendung  einer  „Ab- 
raitung**,  welche  zwischen  der  Bürgerschaft  und  den  Soldaten 
im  Beisein  eines  Officiers  vorzunehmen  wäre,  entgegensehe, 
und  dass  künftighin  alle  Monate  diese  Abrechnung  zu  wieder- 
holen sein  wird.  Er  forderte  den  Magistrat  auf,  die  rück- 
ständigen Rechnungen  durch  einen  eigenen,  ^bei  Tag  und 
Nacht^  eilenden  Boten  ihm  zuzusteUen.  Es  war  auch  hohe 
Zeit,  dass  dieser  Trost  der  Gemeinde  zu  Theil  wurde.  Die 
Einquartierung  dauerte  bis  in  den  Sommer  hinein.  Am  1.  Juni 
klagte  der  Kaufmann  Hueber,  dass  der  Feldwebel  seit  40  Wo- 
chen in  seinem  Hause  sei;  dieser  aber  zeigte  sich,  als  man 
ihm  ein  anderes  Zimmer  anwies,  sehr  wählerisch.  Am  25.  Juni 
1666  begehrte  ein  neu  angekommener  Fähnrich  Quartier.  Das 
war  ein  anspruchsvoller  Mann,  welcher  der  Gemeinde  viel  Ver- 
druss  bereitete.  So  muthete  er  ihr  am  17.  August  zU;  sie  möge 
ihm  ein  Zeugniss  ausstellen,  dass  seine  Soldaten  in  den  Monaten 
Juni  und  Juli  Alles,  was  sie  bezogen,  auch  bezahlt  haben. 
In  Wirklichkeit  waren  sie  jedoch  in  allen  Wirthshäusern 
Zechen  schuldig  gebUeben.  Der  Magistrat  wich  jener  Zumu- 
thung  durch  die  Gegenbemerkung  aus:  dass  eine  solche  Be- 
stätigung Erhebungen  voraussetze,  welche  erst  gepflogen 
werden  müssten.  Hierauf  verlangte  der  Fähnrich,  dass  der 
Stall  für  seine  Pferde  gedielt  (mit  Brettern  belegt)  werde.  Der 
Magistrat  willfahrte  dem.  Zehn  Tage  später  unterhandelte 
Letzterer  mit  ihm  über  ein  Service-Relutum.  Drei  Abgeord- 
nete suchten  seine  Forderungen  herabzustimmen.  Schliesslich 
gab  sich   der  Fähnrich  mit  einer  Ablösung  von    1    Gulden 


—     190     — 

per  Woche  unter  der  Bedingung  zufrieden,  dass  diese  ihm 
für  die  ganze  Zeit,  welche  seit  seiner  Ankunft  zu  Eindberg 
verstrichen  war,  nachgezahlt  werde.  Der  Magistrat  fügte  sich 
darein  „zur  Verhütung  eines  ferneren  Unheils  und  w^en 
pesseren  Commando".  Am  6.  December  übergab  der  Fähnrich 
demselben  ein  Verzeichniss  weiterer  Ansprüche.  Er  stellte  & 
seiner  Wahl  anheim,  ob  man  ihm  ein  leeres  Haus,  dazu  aber 
j^ein  Mensch  zum  Auswaschen  und  Achtunggeben  aufs  Feuer" 
beistellen,  oder  aber  ein  „bewohntes  Quartier  mit  einem 
accomodierlichen  Zimmer,  dem  nöthigen  Holze,  Liegerstatt, 
Bettgewand,  Tischzeug,  Handtüchern.  Lichtem  nach  Bedarf 
und  Kuchelgeschirr  einräumen  wollte *'.  Am  12.  März  1680 
notificirte  der  Kriegscommissär  zu  Brück  dem  Magistrat«, 
dass  er  am  folgenden  Tage  fünf  Reiter  dortselbst  werde  zu 
übernehmen  haben,  wozu  der  Marktrichter  abgeordnet  wurde. 
Die  Lückenhaftigkeit  der  RathsprotokoUe  gestattet  nicht,  diese 
Drangsale  des  Marktes  weiter  zu  verfolgen.  Aus  späteren 
Jahrgängen  erfahren  wir,  dass  der  Magistrat  zu  Geschenken 
an  die  betreflTenden  Commissäre  seine  Zuflucht  nahm,  um  den 
Markt  von  den  Standquartieren  der  Truppen  zu  befreien.  So 
erhielt  Niclas  Schmidt  zu  Brück  deshalb  am  22.  Mars  1701 
drei  Gulden  und  als  der  Marktrichter  Mathias  Lanzenbacher 
am  3.  Februar  1705  sein  Amt  resignirte,  anerkannte  die 
Bürgerschaft  dankbar,  dass  er  es,  wie  kein  Zweiter,  verstanden, 
dem  Markt  Erleichterungen  dieser  Art  zuzuwenden.  Er  recht- 
fertigte auch  im  folgenden  Jahre  wieder  diesen  guten  Ruf,  indem 
er  auf  die  commissariatische  Ordre  vom  3.  April  hin,  wonach 
ein  Rittmeister,  ein  Corpora!,  ein  Trompeter  und  ein  Ge- 
meiner vom  Martini'schen  Kürassier-Regimente  auf  mehrere 
Wochen  zu  Kindberg  Standquartier  beziehen  sollten,  am 
.5.  April  nach  Brück  reiste  und  beim  Kriegscommissär  die 
Zurücknahme  dieser  Ordre  durchsetzte.  Unter  Kaiser  Karl  VI. 
verlor  die  bezügliche  Last  viel  von  ihrer  Gehässigkeit  dadurch, 
dass  nun  die  umliegenden  Bauerngemeinden  den  Markt  mit 
Futter  für  die  einquartierte  Cavallerie  unterstützen  mussten, 
Am  9.  März  1717  fand  eine  Zusammenkunft  von  Vertretern 


—     191     — 

dieser  Gemeinden  statt,  welche  unter  sich  ausmachten,  wie 
viel  Fuder  Heu  und  Viertl  Hafer  jede  „Rotte"  fbr  die  damals 
im  Markte  Standquartier  haltenden  Cttrassiere  des  Martigny'schen 
Regiments  zu  liefern  hätten.  Uebrigens  hatte  schon  ein  land- 
schaftliches Patent  vom  16.  April  1710  der  Bürgerschaft  ver- 
heissen,  dass  sie  in  Zukunft  dem  Militär  selbst  bei  Stand- 
quartieren blos  „Dach  und  Fach^  beizustellen  haben  würden, 
indem  die  Mannschaft  so  gut  wie  die  Officiere  zur  Bestreitung 
ihrer  Verpflegung  mit  baarem  Gelde  versehen  werden.  Aber 
gleich  wie  dieses  Patent  auf  das  unausgeführt  gebliebene 
Militär-Reglement  vom  3.  December  1697  sich  stützte^  so 
gelangte  es  auch  selber  nicht  zur  gehörigen  Anwendung.  Nur 
dessen  weitere  Bestimmung,  dass  in  Zukunft  bäuerliche  Ge- 
meinden nicht  mehr  mit  Truppen  belegt,  sondern  dafür  mit 
einem  VierÜ-Gulden  zur  Zinsguldensteuer  herangezogen  werden 
sollten,  erlangte  praktische  Bedeutung. 

Andererseits  fielen  hie  und  da  im  Markte  auch  Soldaten - 
Excesse  vor,  wie  z.  B.  am  23.  Februar  1715,  wo  mehrere 
Leute  vom  Mannschaftsstande  den  Wirth  Krieger  mit  ent- 
blössten  Bajonetten  bedrohten.  Der  Stationscommandant  be- 
langte die  Thäter  vor  dem  Magistrate,  welcher  hinwider 
ersuchte,  die  Soldaten  künftighin  nicht  über  8  Uhr  Abends 
im  Wirthshause  zu  belassen.  Daher  versah  der  Magistrat  am 
5.  März  1717  einige  abgedankte  Soldaten  der  Garnison  bereitwillig 
mit  einem  „Laufgelde^  und  beschwerte  er  sich  im  Mai  1717 
u.  A.  über  die  dem  Markte  auferlegten  vielen  und  lästigen 
„Soldatenquartiere**  mit  dem  Hinweise  auf  die  Begüngstigung, 
deren  diesfalls  Aflenz,  Kapfenberg  u.  a.  Orte  fortwährend 
theilhaft  würden.  Welche  Summen  der  Markt  in  Folge  der 
Fortdauer  seiner  Belegung  mit  Soldaten  im  Jahre  1720  vom 
Lande  zu  fordern  hatte,  und  womit  er  sich  schliesslich  be- 
gnügen mussten,  wurde  schon  oben  bemerkt  Unwillkürlich 
drängt  sich  da  die  Erwägung  auf,  welche  Verwendung  die 
Zinsguldenerträgnisse  des  ganzen  Landes  fanden,  wenn  ein 
an  der  Heerstrasse  gelegener  Ort,  wie  Kindberg,  am  Schlüsse 
einer  längeren  Verrechnungsperiode  nur  um  108  Gulden  mehr 


—     192     — 

vom  Zinsguldenamte  an  Vergütung  ftür  Standquartiere  zu 
fordern  hatte,  als  er  demselben  an  Beiträgen  zu  solcher  Ent- 
schädigung schuldetet)  Auch  in  den  nächsten  Jahren  hatte 
der  Markt  diese  Last  zu  tragen.  Am  27.  März  1721  quälte 
ihn  wieder  ein  Fähnrich  mit  vielerlei  Ansinnen.  Derselbe 
beanspruchte  eine  besondere  Behausung,  das  obligate  lyMensch-" 
(ohne  Bezeichnung  des  Zweckes)  und  einen  „Extra-Boten 
zum  Hin-  und  Herschicken'';  für  seine  Soldaten  aber  nahm 
er,  wenn  sie  Wache  hielten,  „Servicegelder''  in  AnsprucL 
Der  Magistrat  brachte  ihn  beim  Bürger  Kohlhofer  gegen 
eine  Vergütung  von  45  Kreuzer  per  Woche  unter,  und  bewilligte 
jedem  Wache  haltenden  Soldaten  2  Kreuzer  tägliche  Zulage. 
Am  9.  März  1722  remunerirte  er  den  Corpora!,  der  als  Stations- 
commandant bei  froher  Laune  erhalten  werden  musste,  auf  sein 
Begehren  mit  1  Gulden  30  Kreuzer  per  Monat  blos  die  Bitte 
beifügend,  dass  er  gute  Mannszucht  halten  möge.  Am  9.  Juni  1723 


<)  Es  wäre  lehrreich,  wenn  sich  ermitteln  Hesse,  welchen  Geldbetng 
ein  Hausbesitzer  für   die  Quartierlast,  die  er  trug,  als  EntschSi- 
digung    vom    Magistrate   zuerkannt    erhielt.    Scheinbar    liegt   ein 
Behelf,  dies  zu  eruiren,  auf  Seite    114  des  V.  Bandes  der  Baths- 
protokoUe  vor,  wo  nftmlich   die  Beträge   eingetragen  sind,   welche 
den  einzelnen  Bürgern  jener  Last  wegen  von  ihrer  Steuerschuldigkeit 
der  Landschaft  gegenüber  in  Abzug   gebracht,   also  Tom   ganzen 
Lande  bestritten  wurden.  Es  heisst  dort,  dass  jedem  Bürger,   der 
das  Jahr  über  nur  Einen  Soldaten  aushielt,  daftlr  30  kr.  ange- 
rechnet wurden.  Sechs  Hausbesitzer  erhielten  darnach  einen  Steuer- 
nachlasB  von  je  2  fl.,   Andere  von  1  fl.  30  kr.,  von  1  fl. 'und  yoq 
45  kr.    Alleines   ist  leider   nicht  bemerkt,    durch   wie    Tiele 
Tage  die  Einquartierung  getragen  worden  sein  musste,  um   diese 
Entschädigungsansprüche  zu  begründen.    Wie  gross   aber  die  Zn- 
zahlung  der  Markt  gemeinde  zu  diesen  Vergütungen,  welche 
auf  die  einzelnen  Bürger  im  Verhältnisse  zu  ihrer  Steuerkraft  um- 
gelegt wurde,   war,   gibt  beiläufig  die  Liquidirung  eines  „Si>eseD- 
auszügl's"  zu  erkennen,  das  der  Gastwirth  Lackhner  im  Februar  1706 
dem  Magistrate  vorlegte.   Von  20  fl.  58  kr.,   die   er   als  Quartier- 
entschädigung  beanspruchte,    schrieb  ihm  der  Magistrat  14  fl.   vod 
seiner  alten  Schuldigkeit  an  Landessteuem  ab.  Der  Rest  wnrde  als 
sein  Betreffniss  an  jener  Gemeindeumlage  nicht  vergütet,  sondern  er 
damit  in 's  gemeine  Mitleiden  der  Marktgemeinde  gezogen. 


—     193     — 

setzte  dieser  C!orporal  eine  Erhöhung  des  Service-Geldes,  das 
der  Magistrat  ihm  zahlte,  von  drei  auf  vier  Kreuzer  durch. 
Der  Quartierträger  (Bäckermeister  Helmreich)  sollte  sie  ihm 
verabreichen.  Als  am  4.  Januar  1724  die  Frage  entstand, 
wie  die  Kosten  der  Bequartierung  eines  Lieutenants,  welcher 
damals  in  den  Markt  verlegt  wurde,  zu  vertheilen  seien,  beschloss 
der  Magistrat,  sie  auf  die  gesammte  Bürgerschaft  zu  repar- 
tieren. Da  Einzelne  unter  diesen  sich  sträubten,  ihren  Beitrag 
hiezu  einzuzahlen,  drohte  denselben  der  Magistrat  am 
7.  März  1724  mit  Verdoppelung  der  ihnen  zugewiesenen 
Mannschaft  Jener  Lieutenant  fand  es  übrigens  zuträglicher, 
im  April  1724  seinen  Aufenthalt  zu  Brück  an  der  Mur  zu 
nehmen  und  schrieb  von  dort  dem  Kindberger  Magistrate: 
er  könne  mit  dem  ihm  von  diesem  bisher  entrichteten 
Service-Gelder  per  8'/2  Gulden  im  Monate  dort  nicht  sein 
Auslangen  finden.  Er  erhielt  Vertröstungen  zur  Antwort. 

Zum  30.  September  1724  ist  im  Rathsprotokolle  fol- 
gendes notirt:  „Herr  Richter  zaiget  an,  es  wäre  der  roth- 
kopfete  Soldat  zu  ihm  kumben,  verlanget  ein  Hörberg,  dann 
der  Kayser-Bäkh  wolle  ihn  nit  mehr  behalten.  (Beschluss:) 
Magistrat  will  denjenigen  Soldaten,  welcher  auf  Unter- 
Khapfenberg  gehöret  und  ain  grosskamerischer  Befreiter  ist, 
abschaffen  und  statt  dessen  den  obbemelten  Rothkopf  zum 
Tümbacher  einstöllen  und  den  Zünnss  davor  bezallen*^.  Unter 
diesen  Soldaten  sind  offenbar  Invaliden  zu  verstehen, 
welche  der  Markt  zu  versorgen  hatte. 

Ueberhaupt  werden  von  da  an  die  Standquartiere 
activer  Truppen  immer  seltener.  Als  der  Kriegscommissär 
am  28.  Juni  1726  dem  Markte  die  Ankunft  einer  Garnison 
unter  Commando  eines  Lieutenants  ankündigte,  setzte  er 
sogleich  bei:  das  betreffende  Regiment  sei  bereit,  alle  Soldaten- 
schulden an  dortige  Bürger  zu  bezahlen;  nur  möge  in  Zu- 
kunft kein  Quartiertrager  mehr  ohne  Vorwissen  des  Ober- 
oder Unterofficiers  einem  Soldaten  Etwas  borgen.  Und  am 
20.  Juni  1729  lief  ein  vom  7.  Mai  des  nämlichen  Jahres 
datirtes  Patent  der  Landschaft  ein,  welches  in  Erinnerung 

Mittheu.  des  bist.  Veninea  f.  Steiermark,  XZIX.  Heft,  1881.  1 3 


—     194     — 

brachte,  dass  kein  einquartierter  Soldat,  auch  kein  kranker 
oder  im  Arrest  befindlicher  oder  auf  Wache  stehender,  baares 
Geld  zugewendet  erhalten  darf.  Damit  klingt  die  schwere 
Heimsuchung  der  Vorzeit  aus. 

Unter  Maria  Theresia  entfielen  die  Erpressungen  des 
Militärs  von  selbst  mit  ihrer  vornehmsten  Ursache:  der  Un- 
regelmässigkeit seiner  Entlohnung,  für  deren  Folgen  dasselbe 
eben  an  den  Quartierträgern  sich  schadlos  zu  halten  gewisser- 
roassen  gezwungen  war. 

Diese  Wirkung  machte  sich  auch  bei  den  Durchzogen 
der  Truppen  geltend,  welche  an  sich  schon  keine  geringe 
Bürde  waren,  nachdem  weder  der  Staat  noch  das  Land  f&r 
die  bei  solchen  Anlässen  dem  Militär  erwiesenen  Dienste 
irgend  eine  Vergütung  zu  leisten  pflegten.  Wie  zahlreidh  die- 
selben im  XVIIL  Jahrhunderte  waren,  erhellt  aus  dem  nächst- 
folgenden Abschnitte  (IV).  Unter  Karl  VI.  kam  eine  Beihilfe 
des  Aerars  für  Vorspann-Leistungen  auf  und  waren  die  durch- 
ziehenden Truppen  gehalten,  die  ihnen  verabfolgten  Mund- 
portionen baar  zu  bezahlen,  wie  mindestens  ein  Patent  der 
Landeshauptmannschaft  vom  18.  September  1723  verkündete. 

Im  XVII.  Jahrhunderte  hatte  der  Markt  auch  nodi  an 
der  Beistellung  der  Landesrobot  zur  Befestigung 
von  Graz  sich  zu  betheiligen.  Eine  Aufforderung  hieza 
erging  an  ihn  seitens  der  Landschaft  am  30.  März  1665. 

Hörte  gleich  diese  Verpflichtung  später  auf,  so  traten 
andere  an  deren  Stelle,  welche  noch  schwerer  zu  erfüllen 
waren. 

Hieher  sind  zu  rechnen:  die  Beistellung  von 
Pferden  für  den  Armeebedarf  (ein  hierauf  abzielender 
Befehl  kam  dem  Markte  am  16.  Jänner  1703  zu),  die  unent- 
geltliche Beförderung  von  Sträflingen  und  Häft- 
lingen innerhalb  des  Burgfriedens,  Streifungen  wider 
Vagabunden  und  Uebelthäter,  Strassen  -  Er  weite  r  nngen 
und  Reparaturen,  Pestwachen,  Beiträge  zn  den 
Contagions-Kosten  und  Armenanstalten,  wdche 
im  Gesetzgebungswege  vorgeschrieben  wurden. 


—     196     — 

Von  Letzteren  wird  später  (im  VII.  Abschnitte)  die  Rede 
sein.  Das  von  der  Gemeinde  aus  freien  Stücken  von  Alters 
her  verabreichte  ^^Allgemeine  Almosen''  war  im  Jahre 
1677  (29.  März)  von  ihr  eingezogen  worden,  mit  Ausnahme 
der  üblichen  Unterstützungen  an  durchreisende  Geistliche, 
Edelleute  und  Gefangene.  Als  Motiv  ist  angegeben,  dass  „die 
Anderen  ohnedas  gleich  wollen  hervmbgehen'* ;  also  lasse 
man  es  beim  » Hausiren"  bewenden.  Doch  in  das  Gemeinde- 
Budget  für  1688  wurden  unter  obigem  Titel  doch  wieder 
16  Gulden  eingestellt. 

Pestwachen  hatte  der  Markt,  soweit  die  Raths- 
protokolle  darüber  Aufschluss  geben,  in  den  Jahren  1679/80, 
1710,  1716,  1738  und  1741  aufzustellen  und  zu  unterhalten. 
Im  letztgenannten  Jahre  galt  es,  den  Semmering  zu  bewachen, 
zu  welchem  Ende  der  Magistrat  am  23.  September  1741  die 
BUrgerroIIe  verlesen  und  die  Abwesenden  aufzeichnen  Hess. 
Jeder  Wachmann  erhielt  aus  der  Markteasse  2  kr.  Tages- 
zulage. Im  Jahre  1738  ordnete  die  Regierung  mit  Befehl 
vom  27.  November  eine  strenge  Beaufsichtigung  des  Verkehres 
über  den  Almsteig  und  durch  die  Stainz  an,  damit  einer  Ein- 
schleppung der  Pest  aus  Ungarn  vorgebeugt  werde.  Im  Jahre 
1716  aber  stellte  die  Sanitäts -Hauptdeputation  zu  Graz  schon 
Anfangs  September  durch  ein  Patent,  welches  ein  besonderer 
Bote  am  1 1.  September  Mittags  dem  Magistrate  überbrachte; 
alle  Kirchtage  und  sonstigen  Zusammenkünfte  der  drohenden 
Seuche  wegen  ein.  Zunächst  achtete  die  Bevölkerung  wenig 
hierauf.  Das  Rosalienfest  auf  dem  Georgenberge  wurde  nichts- 
destoweniger von  Krämern  und  Käufern  besucht.  Aber  am 
20.  September  verbreitete  sich  das  Gerücht,  die  Pest  sei  in 
der  Stadt  Brück  zum  Ausbruche  gekommen.  Nun  stellte  auch 
die  Gemeinde  Kindberg  Wächter  aus,  sperrte  sie  drei  Strassen 
durch  Thore  ab  und  liess  sie  Niemanden  mehr  aus  der 
Richtung  von  Brück  her  den  Markt  betreten,  der  nicht  einen 
zu  Kapfenberg  ausgestellten  Gesundheitspass  vorwies.  Am 
22.  September  untersagte  der  Magistrat  allen  Hausbesitzern 
die  Beherbergung  von  Fremden.  Wer  nach  Leoben  oder  Brück 

13* 


—     196     — 

reiste,   musste  bei  der  Rückkehr  Quarantäne  halten.    Ende 
September  erging  an  die  österreichischen  und  einheimischen 
Gäuknechte  wegen  Pestgefahr  das  Verbot,  in  die  Braitenau 
(bei  Pemegg)  sich  zu  begeben.  Am  30  September  erhielt  der 
Magistrat  die  Nachricht,   dass  die  Stadt  Brück  ringsam  ab- 
gesperrt sei  und  die  Absicht  bestehe,   den  Verkehr  aus  dem 
Mur-  und  Mürzthale  über  den  Greggerberg  zu  leiten.    Nun 
wurden  auch  Spione  ausgeschickt,  welche  alles  Verdächtige 
melden  sollten.    Am   7.  October  requirirte  die  (Dontagions- 
Landes-Commission    zwei  Wächter    aus  Kindberg   für   jenen 
Gebirgsübergang  bei  Brück.   Es   wurden   zwei  Marktbüi^er: 
der  Gschmeidler  Paul  Türkh  und  Colman  (Coloman?)    Leit- 
zinger  dahin  entsendet;  doch  kehrten  sie  rasch  zurück,    weil 
inzwischen  ein  Pestcordon  aus  abgedankten  Soldaten  gebildet 
worden    und  in  Brück  eine  Abtheilung  der  Grazer   Stadt- 
Quardia  zur  Bewachung  des  Verkehres  eingetroffen  war.  Am 
13.  October,  wo  die  Pestgefahr  schon  sehr  nahe  gerückt  war, 
so  dass  am  Vortage  die  Marktgemeinde  das  Gelübde  geüian 
hatte,  im  Falle  ihres  Verschontbleibens  den  Rosalientag  fortan 
als  Festtag  zu  begehen  und  an  demselben  nach  St  Lorenzen 
und  Allerheiligen  wallzufahren,  —  fand  zu  Rommersdorf  (?)  unter 
Leitung  des  Pest-Commissärs  Joh.  Georg  Ehrenn  eine    Con- 
tagions-Conferenz  statt,   auf  welcher  böse  Vorkommnisse  zur 
Sprache  kamen.    Zu  Brück,    hiess  es,    sei    der   Eidam    des 
Lederermeisters  Graf  an  „den  schwarzen  Petetschen'^  gestorben, 
de&sgleichen  der  Weissgärber  und  ein  Weib  im  dortigen  La- 
zarethe.  Man  regelte  darauf  hin  die  Proviantzufuhr  zu  dieser 
Stadt  und  den  Krankentransport   dahin   (der  von  neun  Uhr 
Abends   an  über  die  Grazer  Brücke  seinen  Weg  zu  nehmen 
hatte),  ordnete  die  Ausräucherung  der  Briefe   an  und  unter* 
sagte    das    Abhalten    der    Kirchtage.     Die     Marktgemeinde 
erneuerte    ihr  Gelübde  am   19.   October   in  Gegenwart  des 
Pfarrers.    Am  folgenden  Tage   besprach   der    Rath   die  ihm 
berichteten  Resultate  jener  Conferenz,   wobei   des  Ger&chtes 
Erwähnung  geschah,   dass  zu  Ober-Eich  bei  Brück  vier  Per- 
sonen  an   der  Pest  gestorben   seien  und  zu  Farrach  (?)  bei 


~      197     — 

Judenburg  die  Seuche  gleichfalls  ausgebrochen  sei.  Erst 
Anfangs  Jänner  1717  wurden  die  Pestwachen  auf  dem  Wurzl- 
Berge  redudrt.  Contagions-Beiträge  waren  dem  Markte 
schon  am  4.  Februar  und  am  14.  Mai  1716  vom  betreffenden 
Landes-Commissär,  Primus  von  Eönigsbrunn,  abverlangt  worden, 
und  zwar  im  Betrage  von  68  Gulden.  Nach  längerem  Sträuben 
bewilligte  der  Magistrat  diesen  Beitrag  und  berief  er  zu  dessen 
Repartition  eine  Versammlung  der  Bürgerschaft  ein  (18.  Mai). 
Aus  dem  Jahre  1710  liegt  blos  ein  Regierungs-Mandat  vom 
1.  August  vor,  das  die  Sämer  von  Pinkafeld  in  Ungarn  vom 
„Einfahren  ins  Land  oder  Mürzthal^  abzuhalten  bezweckte, 
damit  nicht  durch  sie  die  Pest  eingeschleppt  werde.  Im  Falle 
offener  Widersetzlichkeit  sollte  auf  sie  geschossen  werden. 
Das  setzt  die  Aufstellung  von  Wachposten  voraus.  Auch  im 
Jahre  1679  galt  diese  Massregel  den  Sämern,  welche  über 
die  Alm  nach  Krieglach  zu  ziehen  pflegten.  Sie  wurde  damals 
durch  ein  Schreiben  des  Pest  -  Commissärs  Zehentner  zu 
Liechtenegg  vom  25.  September  angeordnet,  welchem  zufolge 
der  Magistrat  die  umliegenden  Gebirgspässe  zu  verbacken 
und  Wächter  bei  Tag  und  Nacht  zu  unterhalten  beschloss. 
Uebrigens  war  schon  am  1 3.  September  auf  der  Oberkindberger 
Schlosswiese  ein  Mann  gestorben  und  begraben  worden^  der, 
mit  seinem  Weibe  aus  Niederösterreich  zugewandert,  dort 
fieberkrank  durch  vierzehn  Tage  im  Freien  gelegen  und  wegen 
Pestgefahr  in  kein  Haus  Aufnahme  gefunden  hatte.  Ein  landes- 
hauptmannschaftliches  Mandat  vom  3.  October  verhängte  über 
alle  aus  Niederösterreich  zureisenden  Personen  eine  vierzig- 
tägige Contumaz;  eines  vom  11.  October  sistirte  die  Fremden- 
aufnahme zu  Eindberg,  dessen  Thore  sohin  von  6  Uhr  Früh 
bis  8  Uhr  Abends  sorgfältig  bewacht,  zur  Nachtzeit  aber 
geschlossen  wurden.  Am  19.  December  trug  der  vorgenannte 
Commissär  dem  Magistrate  auf,  im  Markte  eine  Contumaz- 
Anstalt  für  Cavaliere  und  ein  Lazareth  zu  errichten,  für 
welches  ein  Magister  Sanitatis  angeworben  werden  sollte. 
Denn  der  Markt  selber  stand  nun  im  Verdachte,  inficirt  zu 
sein,  nachdem  der  Bürger  SchadÜeitner,  von  einer  Reise  nach 


—     198     — 

Mureck  zurttckgekehrt,  einbekannt  hatte,  dort  in  einem  Hau^. 
aus  welchem  drei  Personen  an  der  Pest  weggestorben  vaien. 
gewesen  zu  sein.  Derselbe  musste  sammt  den  Seinigai  im 
eigenen  Hause  Quarantäne  halten.  Erst  am  4.  März  1680  zo^ 
der  Magistrat,  dem  Beispiele  der  Stadt  Graz  folgend,  die 
Pestwachen  wieder  ein. 

lieber  die  ihr  aufgebürdeten  Kosten  der  Strassen- 
erhaltung  beschwerte  sich  die  Marktgemeinde  bitter  im 
Jahre  1717.  Sie  machte  geltend,  dass  im  Burgfrieden  vier 
grosse  und  drei  kleine  Brücken  sich  befinden,  deren  Erhaltung 
ihr  obliege,  dass  diese  im  Jahre  1714  durch  Hochwasser 
grossen  Schaden  gelitten  hätten  u.  s.  w.  Sie  war  genöthiget 
bald  darauf  in  der  Person  eines  herabgekommenen  Büi^rs 
einen  Wegmacher  zu  bestellen,  dem  sie  vier  Gulden  Besoldung 
nebst  einigen  Accedenzen  auswarf  (4.  November  1717}).  Wahr- 
scheinlich hängt  dies  mit  einem  Patente  wegen  Erweiterung 
der  Strassen  bis  zur  Breite  zweier  Wägen  zusammen,  welches 
dem  Magistrate  am  6.  August  1717  zukam.  Einige  Elrleich- 
terung  gewährte  dem  Markte  die  am  17.  October  1717 
ausgemittelte  Concurrenzpflicht  mehrerer  Bauern  -  Rotten 
Streifungen  oder,  wie  man  sie  damals  nannte,  i^Rftuber- 
und  Bettler- Jagden^  wurden  namentlich  im  Jahre  1716  wieder- 
holt vorgenommen. 

Von    durchpassierenden    Sträflingen    und    Häft- 
lingen  seien  hier  blos   erwähnt:    mehrere  nMaleficanten", 
welche  am  8.  Juni  und  3.  Juli  1716  auf  Wägen  durch  den 
Markt  geführt  wurden,  ohne  dass  sie  absteigen  durften;  fbnf 
Galeeren-Sträflinge,  welche  am  9.  Mai  1717  auf  vom  Markte 
beigestellten  Wägen  bis  MUrzhofen  fuhren  (woraus  der  damalige 
Marktschreiber  eine  Prätension  auf  Erweiterung  des  märktischen 
Burgfriedens  ableiten  zu  können  hoffte)  und  ein  am  30.  Sep- 
tember 1705   vom  Landprofossen   über  Langenwang   dabin- 
geleiteter  Ketzer,  seines  Zeichens   ein   Schuster,   welcher  im 
Lande  ob   der  Enns  Irrlehren  zu  verbreiten   gesucht  hatte, 
woftlr  er  zur  Galeerenstrafe  verurtheilt  worden  war. 

Weiteren  Aufwand  verursachten  dem  Markte  die  Ver- 


—     199     — 

zebrungSBteaer-AnaprQche  der  Finanzverwaltung,  die 
mit  der  Bestätigung  seiner  Privilegien  verbundenen 
Auslagen,  im  Gemeindeinteresse  unternommene  Bauten  und 
andere  Veranstaltungen  dieser  Art  So  fasste  z.  B.  die 
Bürgerschaft  am  6.  März  1665  den  Beschluss,  nZweenSawpem" 
aus  Gemeindemitteln  anzuschaffen  und  einem  Bürger  zur  Pflege 
zu  obergeben.  Am  19.  Mai  17 IS  düng  der  Magistrat  den 
Brucker  Rauchfangkehrermeister  mit  einer  Jahresbestallung 
von  30  fl.  34  kr.  zum  Kehren  aller  Rauchfänge  des  Marktes, 
was  des  Jahres  fUof-  bis  sechsmal  geschehen  sollte.  Die 
Bürgerschaft  war  jedoch  mit  dieser  Vorsoi^e  keineswegs  ein- 
verstanden, sondern  verweigerte  dem  im  Juli  1718  Einlass  be- 
gehrenden Rauchfangkehrermeister  den  Zutritt  in  die  einzehen 
WohnhiUiBer ;  ja  die  Tochter  eines  Tischlers  beschimpfte  sogar 
aus  Anlass  dieser  Vorsorge  den  Marktrichter  öffentlicb^auf  un- 
fläthtge  Weise.  Und  doch  hatte  die  Regierung  die  Gemeinde 
schon  unterm  2.  December  1705  aufgefordert,  eine  Feuerlösch- 
Ordnung  einzuführen  und  LöschgerAthe  anzuschaffen. 

Der  »Regale",  welche  der  Markt  aufwendete,  um  si 
in  massgebenden  Kreisen  Gönner  zu  erwerben  und  der 
Gunst  zu  sichern,  geschah  bereits  Erwähnung.  Es  war  d 
nicht  minder  eine  öffentliche  Last,  wie  die  von  Staatsweg 
verordneten  Abgaben.  Ausser  den  Geschenken,  welche  Letztet 
willen  sowohl  nach  Wien  als  nach  Graz  wanderten,  ging 
derlei  Sendungen  häufig  ohne  specielle  Zweckbeziehung  na 
diesen  beiden  Städten,  insbesondere  aber  an  den  jeweiUg 
Hofkanzlei-Refendär  für  Inner-Oesterreich.  So  verehrte  diese 
der  Mi^trat  am  21.  Januar  1716:  6  Schnepfen,  2  Has 
und  2  Rebhühner,  welche  zusammen  um  6  Gulden  32  Kreuz 
in  Graz  angekauft  worden  waren,  und  dazu  ein  Kalb. 

Gewissermassen  gehören  endlich  hieher  dieVerpflichtungf 
welche  der  Markt  in  Ansehung  der  dortigen  Seelsor^ 
und  der  dazu  dienenden  Gebäude  hatte.  Ihm  stand  d 
Erhaltung  des  Pfarrhofs  zu,  und  wenn  ein  Pfarrer  starb  oh: 
seinem  Nachfolger  ein  entsprechendes  Inventar  zu  hinterlassf 
so  hatte  der  Markt  das  Fehlende  zu  ergänzen.  Daher  schlo 


—     200     — 

der  Magistrat .  am  7.  Januar  1702  mit  Dazwischenkunft  des 
Verwalters  der  Herrschaft  Ober-Kindberg  und  auf  Wunsch 
des  Besitzers  derselben  mit  dem  Pfarramte  einen  Vertrag, 
wonach  jeder  Pfarrer  statt  des  Inventars  200  Gulden  seinem 
Nachfolger  zum  Antreten  der  Pfarre  testamentarisch  zuwenden 
und  bei  seinen  Lebzeiten  jährlich  10  Gulden  zu  baulichen 
Reparaturen,  so  wie  zu  anfälliger  Erneuerung  des  „Haupt- 
gebäudes^ beim  Magistrat  hinterlegen  sollte.  Einige  Jahre 
früher  schon  hatte  der  Rector  des  Grazer  JesuitencoUegiums 
als  Ordinarius  loci  die  Dotirung  einer  Kaplansstelle  bei  der 
Pfarrkirche  des  Ortes  in  Anregung  gebracht-  Er  entbot  zu 
diesem  Ende  am  4.  April  1690  fünf  Rathsherren  ins  Schloss 
Ober-Kindberg,  wo  er  abgestiegen  war,  und  stellte  denselbea 
vor,  wie  sehr  der  kränkliche  Pfarrer  eines  Gehilfen  bedürfe.  Durch 
Zusicherung  eines  Beitrags  bewog  er  den  Magistrat;  dass  dieser 
bis  zu  des  Pfarrers  Genesung  oder  Tod  seiner  Seits  gleichfedls  sich 
verpflichtete,  dem  anzustellenden  Hilfspriester  wöchentlich  einiges 
Geld  zu  reichen.  Aber  ganz  erreichte  der  Rector  seinen  Zweck  erst 
im  Jahre  1709,  wo  er  anlässlich  der  Ueberprüfung  der  Kirchen- 
rechnungen, welcher  er  beizuwohnen  pflegte,  den  Magistrat 
bestimmte,  aus  der  Markteasse  zum  Unterhalte  eines  Kaplans 
eine  jährliche  Subvention  von  30  Gulden  zu  bewilligen.  *)  Im 
März  1720  schloss  der  Magistrat  wegen  Vergoldung  des  Hoch- 
altars der  Pfarrkirche  mit  dem  Brucker  Maler  Ignaz  Marxer 
und  wegen  Ausschmückung  desselben  durch  Statuen  mit  dem 
Neuberger  Bildhauer  Hanns  Michael  Luger  (Lazer?)  so  wie 
(bezüglich  der  Strahlen,  des  Gewölks^  eines  Schildes)  mit 
dem  Brucker  Tischler  Ant.  Nagl  Verträge  ab.  Auch  den  Altar 
der  Kirche  auf  dem  Georgenberge  (ausser  dem  Markte)  liess 
er  im  Jahre  1724  restaurieren.  Es  fehlte  wenig,  so  hätte  der 
Gemeinde  das  Rechtsverhältniss,  in  dem  sie  zu  jenen  kirchlichen 
Erfordernissen  stand,  eine  Besteuerung  durch  die  geistliche 
Obrigkeit  eingetragen,  als  diese  im  October  1716  zu  Forti- 


0  Der  bezügliche  Vertrag  kam  am  29.  September  1709  zu  Stande. 
Siehe  G.  Göth,  a.  a.  0.,  I.  453,  wo  aber  derselbe  fälschlich  als 
einen  zweiten  Kaplan  angehend  bezeichnet  ist. 


—     201     — 

ficationszwecken  Geld  aufzubringen  in  Verlegenheit  war.  Der 
Bischof  von  Seckau  muthete  ihr  damals  zu,  aus  dem  Kirchen- 
vermögen, das  sie  verwaltete,  6  Gulden,  und  aus  dem  einer 
Bruderschaft  4  Gulden  jährlich  an  „Türkensteuer''  zu  ent- 
richten. Was  sie  hierauf  antwortete,  ist  aus  den  Rathsproto- 
koUen  nicht  zu  ersehen. 

IT.  Truppenbewegungen  und  Beiseverkehr« 

Sowohl  für  die  Kriegsgeschichte  als  für  die  des  Mürz- 
thales  ist  es  von  einigem  Belange,  die  Durchmärsche  zu 
kennen,  welche  in  den  RathsprotokoUen  vom  Jahre  1705  an 
verzeichnet  sind.  Weshalb  in  früherer  Zeit  diese  Aufzeichnungen 
unterblieben,  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  sagen.  Vielleicht 
hängt  es  mit  der  Aussicht  auf  theilweise  Vergütung  der 
bezüglichen  Quartierslast  zusammen,  welche  sich  gerade  erst  in 
jenem  Jahre  dem  Markte  eröffnet  haben  mag.  In  Wirklichkeit 
erhielt  er  freilich  hiefür  keine  (sondern  blos  fttr  die  Stand- 
quartiere eine  dürftige),  wie  wenigstens  noch  im  Jahre  1717 
von  seinen  Repräsentanten  behauptet  wurde.  ^) 

1705,  4.  Februar  hält  ein  Hauptmann  des  Sereny'schen 
Dragonerregiments  mit  10  Mann  durch  2  Tage  Rast  und 
empfängt  da  täglich  für  seine  Person  8  Mundportionen  (ohne 
Getränke)  und  6  Pferdeportionen,  wogegen  die  Mannschaft 
per  Kopf  blos  eine  Mundportion  und  dazu  den  Trunk  erhält. 

1705,  5.  März  übernachtet  ein  Lieutenant  im  Dienste 
des  Greneral- Wachtmeisters  Herzog  von  Würtemberg:  Patriz 
La  Roche,  ein  Irländer,  mit  8  Mann. 

1706,  29.  Januar,  übernachtet  ein  Proviantolficier  der 
in  Italien  stehenden  Armee  mit  den  ihm  beigegebenen  Fuhr- 
wesens-Knechten. 

1706,  16.  und  24.  März,  ,, grosses  Quartier **. 
1706,  22.  April,  ebenfalls. 

1706,  7.  Mai,  Rasttag;  16.  und  17.  Mai  abermals  Rast- 
tag u.  zw.  von  Abtheilungen  des  Marquis  Langallerie^schen 

0  Dass   der  Umfang  der  Last  seit  dem  Jahre   1710  eiDgeschränkt 
war,  ergibt  sich  aus  den  unten  folgenden  MittheOongen. 


—     202     — 

und  Graf  BonnevaTschen  Begiments  auf  dem  Marsche  nach 
Italien.  Im  Hause  des  Gewerken  Prugger  allein  Hegen 
5  Of&dera 

1706,  11.  Juni,  königlich  dänische  Truppen. 

1706,  1.  Juli,  ein  Lieutenant  und  13  Reiter  vom  Graf 
Steinville'schen  Cürassier-Regimente. 

Der  nächsten  Eintragung  dieser  Art  begegnen  wir  beim 
Jahre  1710,  wo  am  5.  April  ein  Lieutenant  des  Liehotzky- 
schen  Hussarenregiments  mit  mehreren  Reitern  zu  zweitägiger 
Rast  eintraf.  Bei  diesem  Anlasse  sah  sich  der  Markt  (wie  es 
scheint  zum  ersten  Male)  der  Nothwendigkeit,  für  Pferdefutter 
und  Streustroh  selbst  zu  sorgen,  durch  den  landscbafUichen 
Kriegs-Commissär  Freih.  v.  Teuffenbach  überhoben,  wddier 
in  Folge  einer  Weisung  der  Grazer  Hofstellen  zur  Yerpflegong 
der  betre£fenden  Pferde  32  Grazer  Yiertl  Hafer  und  3  schwere 
Heufuder  ins  Kindberger  Fourage-Magazin  schaffen  liess.  Der- 
selbe zahlte  auch  dem  Marktrichter  am  26.  April  1710  f&r 
25  Mundportionen,  die  der  zur  Begleitung  der  Raccoria- 
nischen  (?)  Bagage  bestimmten  Mannschaft  verabfolgt  worden 
waren,  3  fl.  48  kr.  und  für  93  beigestellte  Vorspannpferde 
am  30.  April  24  fl.  48  kr. 

Am  23.  Juni  1712  rechnete  der  Magistrat  mit  der  Bürger- 
schaft über  die  Einquartierung  des  Graf  Mercy'schen  Stabes 
ab,  welche  nur  eine  transenale  gewesen  sein  kann,  wdl  die 
bezagliche  Forderung  der  Bürgerschaft  blos  14  fl.  30  kr. 
betrug.  Dabei  wurde  den  Wirthen  ^Service-Geld**,  das  ae 
aufrechneten,  nicht  passirt 

Am  14.  December  1715  nächtigten  zu  Kindberg  70  Köpfe 
des  Wallis'schen  Regiments,  darunter  40  Ober-  und  Unter- 
Officiere. 

Dass  auch  in  der  Folge  noch  oft  Durchmärsche  statt- 
fanden, unterliegt  keinem  Zweifel  und  es  erklärt  sich  z.  B. 
hieraus  die  zum  16.  October  1741  eingetragene  Notiz,  dass 
damals  ein  Recrut  des  Pareyti'schen  (Baireut'schen?)  Regiments 
aus  dem  Hause  des  Joh.  Rendl  entfloh.  Allein  die  Raths- 
protokolle  schweigen  darüber.  Bios  die  in  einer  Rathssitzung 


—     208     — 

vom  26.  März  1720  yorgekommene  Beschwerde,  dass  der  Markt 
zur  Baststation  fast  aller  durchmarschlrenden  Truppen  aus- 
ersehen zu  sein  scheine,  ist  angemerkt,  dabei  aber  auch  die 
Erledigung,  welche  dahin  lautete,  dass  diese  Klage  füglich  auf 
sich  beruhen  könne,  nachdem  die  meisten  Durchzüge  vor- 
über seien. 

Was  wir  über  den  eigentlichen  Beiseverkehr  durch 
die  Protokolle  erfahren,  ist  von  geringer  Bedeutung,  obschon 
in  der  Beschwerdeschrift  von  1717  gesagt  wird,  dass  vor 
Zeiten  die  Wirthe  zu  Kindberg  viel  Fremde  zu  beherbergen 
hatten  und  der  Markt  Zukehrstation  für  alle  Beisenden  war, 
nachdem  zwischen  Krieglach  und  Kapfenberg  keine  Gelegenheit 
zur  Einkehr  sich  darbot.  Das  habe  sich  erst  geändert,  seit 
zu  Mürzhofen  und  Wartberg  Gastgeber  sind.  Seitdem  könne 
auch  der  einzige  Wagner  im  Orte  nicht  mehr  bestehen,  sondern 
zehre  von  seinem  Vermögen,  so  dass  er  mehr  schuldig  ist, 
als  er  besitzt.  In  der  That  hatte  der  Wagner  Philipp  Ebrmann 
aus  Schwaben,  der  durch  die  Bakozy'schen  Bebellen  aus 
Ungarn  vertrieben  und  zuletzt  zu  Peterwardein  als  Geselle  in 
Verwendung,  am  12.  August  1709  nach  Kindberg  gekommen 
war,  um  hier  sein  Gewerbe  selbstst&ndig  auszuüben,  zwei 
Monate  später  wieder  zum  Wanderstabe  gegriffen  und  in 
einem  Bürgerverzeichnisse  von  1716  erscheint  neben  4  anderen 
Wirtben  ein  einziger  «Gastgeb^  (der  Schwarzadler- Wirth  Job. 
Stöger).  Sqhon  im  Jahre  1677  hatte  der  Magistrat  auf  An- 
dringen des  Wirthes  Fritz,  der  das  bis  dahin  erste  Einkehr- 
haus aus  der  Wemhardt'schen  Concursmasse  angekauft  hatte, 
den  Beschluss  gefasst,  künftighin  blos  zwei  »Einkehrungstafeh" 
zu  dulden.  Am  Schlüsse  der  Periode,  mit  welcher  wir  es  hier 
zu  thun  haben,  gab  es  deren  allerdings  wieder  drei. 

Von  hervorragenden  Persönlichkeiten,  welche  in  diesem 
Zeiträume  durch  Kindberg  reisten,  sind  vor  Allen  zu  nennen: 
die  beiden  Kaiser :  Leopold  I.  (dessen  Obersthofmeister  am 
9.  November  1666  veranlasste,  dass  zur  bequemeren  Unterkunft 
das  Wernhardt'sche  Haus  mit  dem  angrenzenden  Hueber'schen 
durch  einen  hölzernen  Gang  und  mittelst  Durchbrechens  der 


—     204     — 

Mauern  verbunden,  so  wie  für  Erbauung  zweier  Hofküdien 
gesorgt  wurde)  und  Karl  VI.,  zu  dessen  feierlichem  Empfange 
die  BQrger  am  22.  Juni  1728,  mit  Ober-  und  Untergewehr 
angethan,  ausrückten.  Letzterer  kam  in  Begleitung  seiner  Ge- 
mahlin und  der  ältesten  Erzherzogin  um  1 1  Uhr  Vormittags 
an,  speiste  beim  Grafen  Inzaghi  im  Schlosse  und  setzte  um 
4y2  Uhr  Nachmittags  die  Reise  fort  Femer  verdienen  Er- 
wähnung: die  Königin  von  Polen,  zu  deren  „Herauf- 
reise*' die  Landschaft  mit  Patent  vom  4.  Januar  1678  Zimmer 
in  Bereitschaft  zu  halten  und  die  Strassen  zu  reparieren 
befahl;  der  kaiserliche  Gesandte  bei  der  hohen 
Pforte  (Freih.  v.  Quarient?),  welcher  zur  FortschaflFung  semes 
Gepäcks  am  12.  April  1706  an  die  100  Pferde  benöthigte  und 
dessen  Gefolge  auf  drei  Gasthöfe  vertheilt  wurde ;  endlich  der 
neuemannte  Hofkanzlei-Referendär  (bisher  Regierungskanzler 
in  Graz)  Dr.  Luid!,  von  dessen  bevorstehender  Ankunft  der 
Mttrzhofer  Postmeister,  ihm  voranreitend,  den  Magistrat  am 
1 5.  Juli  1716  benachrichtigte,  worauf  dieser  Einige  aus  seiner 
Mitte  zu  dessen  Begrassung  abordnete.  Grosses  und  gerechtes 
Aufsehen  muss  eine  Schaar  von  112  aus  der  tür- 
kischen Gefangenschaft  erlösten  Christen  ver- 
ursacht haben,  welche  am  21.  Febmar  1710  den  Markt 
passirte.  Die  Mehrzahl  dieser  Leute  (wovon  Viele  auf  Vor- 
spannwägen transportirt  wurden)  war  im  Jahre  1683  bei  der 
zweiten  TQrkenbelagerang  Wien's  in  der  Umgegend  dieser 
Stadt  von  Tataren  gefangen  genommen  worden.  Unter  ihnen 
befanden  sich  aber  auch  22  noch  ungetaufte  Kinder,  nämlich 
Sprösslinge  von  Tataren,  welche  diese  mit  bei  jenem  Anlasse 
erbeuteten  Christenweibem  erzeugt  hatten.  Dieselben  sollten 
erst  in  Wien  feierlich  getauft  werden.  Die  ganze  Schaar  war 
durch  die  Bemühungen  des  Trinitarier-Ordens  in  Freiheit 
gesetzt  worden  und  war  ein  lebender  Beleg  für  die  Erspriess- 
lichkeit  dieses  Wirkens. 

Y.  Handelsbeziehungen. 

So   günstig   gelegen   Kindberg  für  die  Theilnahme  am 
Waarenumsatze  ist,  und  so  sehr  sich  die  hiesige  Bürgerschaft 


-     205     — 

obendrein  durch  die  Maathfreiheit,  welche  sie  an  allen  Mauth- 
stätten  der  Steiermark  genoss,  hiezu  ermuntert  fbhlen  musste, 
so  findet  sich  doch  in  den  Raths  -  Protokollen ,  aus  welchen 
ich  den  Stoff  zu  dieser  Abhandlung  schöpfe,  von  dem  Titel 
eines  ^kais.  Kammergutsbeförderers''  abgesehen^  den  der 
Hammermeister  Prugger  im  Jahr^  1717  führte,  keine  Spur, 
dass  hier  eine  Speditions -  Unternehmung  bestand,  ja  nicht 
einmal  der  Sitz  eines  ansehnlichen  Handelsgeschäftes  war  der 
Markt  Vielmehr  erfüllte  die  wenigen  Eaufleute,  die  sich 
daselbst  niederUessen,  der  kleinlichste  Krämergeist  Im  Jahre 
1665  trat  Einer  derselben,  Namens  Ho  ff  mann,  klagend  auf, 
weil  der  Bürger  Paul  Kalchgruber  Waaren  aus  Wien  bezogen 
hatte  und  weil  zwei  andere  Bürger  an  Sonn-  und  Feiertagen 
vor  der  Kirche  ihre  Waaren  feilboten.  Der  Magistrat  schenkte 
aber  dieser  Beschwerde  kein  Gehör,  sondern  bedeutete  dem 
Kläger,  dass  er  es  nur  dem  Ueberhalten  seiner  Mitbürger 
und  seinem  groben  Benehmen  zuzuschreiben  habe,  wenn  seine 
Yorräthe  wenig  Absatz  finden.  Neben  ihm  betrieben  damals 
Beruh.  Caspar  Wernhardt  und  Simon  Hueber  zu 
Kindberg  gemeinschaftlich  ein  Handelsgeschäft.  Dasselbe  war 
jedoch  in  der  Auflösung  begriffen  und  die  beiden  Gesell- 
schafter sahen  sich  von  ihren  Gläubigem  bedrängt  Unter 
diesen  war  die  Wiener  Firma  Lindtenberger  einer  der 
bedeutendsten.  Sie  schuldeten  dieser  aus  einer  Obligation  vom 
21.  Januar  1656  den  Betrag  von  279  Gulden  22  y4  Kreuzer, 
welchen  sie  durch  Ratenzahlungen  per  35  Gulden  auf  jedem 
Grazer  Markte  zu  entrichten  sich  anheischig  gemacht  hatten. 
Allein  trotz  einer  im  März  1661  erfolgten  gerichtlichen  Er- 
mahnung war  im  März  1665  noch  kein  Kreuzer  davon  bezahlt. 
Dem  Handelsdiener  Stephan  Khenigstorffer,  der  sie  im  Auf- 
trage jener  Firma  damals  neuerdings  belangte,  wendete 
Wernhardt  ein:  er  habe  den  Schuldbrief  ausgestellt,  ohne 
seinen  Inhalt  zu  kennen  und  die  Verbindlichkeit,  welche  er 
betrifft,  rühre  noch  von  seiner  Mutter  her;  auch  sei  es  nicht 
sein  Verschulden,  dass  der  Handelsdiener,  welcher  die  erste 
Einmahnung  besorgte,  auf  einen  Vergleich,  wonach  die  Gesell- 


—     206     — 

schafter  bereit  waren,  jene  Schuld  durch  üebergabe  tod 
Waaren  im  Werthe  von  400  Gulden  und  von  Wein  im  Werthe 
von  100  Gulden  zu  tilgen,  zurQckwies.  Dermalen  habe  das 
Waarenlager  allerdings  keinen  so  hohen  Werth  mehr.  Dennoch 
anerkennt  er  die  Schuld  und  will  er  sie  ratenweise  berichtigen: 
nur  mögen  davon  40  Gulden,  die  er  bei  der  klagenden  Wiener 
Firma  für  gelieferte  400  Stttck  Sensen  gut  hat,  davoB  abge- 
zogen werden.  Als  tlber  Wemhardt  der  Concurs  verhingt 
wurde,  meldete  auch  der  Wiener-Neustadter  Kaofiraann 
Russ  eine  Forderung  von  150  Gulden  wider  die  Masse  an: 
eine  Frau  Maria  Katharina  von  Gablkhoven,  vormalige  Be- 
sitzerin der  Herrschaft  Kindberg,  meldete  200  Gulden  an  u.  s.  w. 
Der  Cridatar  war  allerdings  zugleich  Gastwirth  und  es  ist 
daher  nicht  klar,  ob  Unfälle  beim  Betriebe  seines  Handels- 
geschäftes oder  der  schlechte  Gang  des  Wirthsgeschftftes  seinen 
Ruin  herbeiführten.  Der  Magistrat  mochte  erstere  Veranlassung 
höher  anschlagen.  Denn  er  verbot  unterm  28.  April  1677,  d.  b. 
gerade  zur  Zeit,  wo  jener  Concurs  endete,  allen  wälschen  und 
anderen  fremden  Krämern,  im  Markte  mit  Waaren  zu  hausier^ 
welche  in  hiesigen  Kaufläden  vorräthig  waren.  Den  Simon 
Hueber  hatte  am  23.  September  1666  der  Nürnberger 
Handelsmann  Zacharias  Khrünner  wegen  einer  Schuld  von 
20  Gulden  belangt;  die  Hauptursache  aber,  warum  auch  Hueber 
seinen  Zahlungsverbindlichkeiten  nicht  nachkam,  war  ein  Gut- 
haben per  800  Gulden,  welches  die  vorgenannte  Frau  von 
ihm  zu  fordern  und  zu  dessen  Rückzahlung  er  im  Jahre  1 662 
den  Gertrauds-Hof,  welcher  ihm  gehörte,  um  500  fl.  verftussert 
hatte.  Er  kam  nicht  einmal  mit  den  Zinsen  fikr  d^i  Best 
dieser  Schuld  auf,  und  gerieth  so  gleichfalls  in's  Elend.  Zu 
Anfang  des  XVIII.  Jahrhunderts  war  Anton  Schmidt  des 
Marktes  einziger  Handelsmann.  Wir  machen  seme  Bekannt- 
schaft anlässlich  einer  Klage,  welche  der  Leobner  Handelsherr 
Job.  Max  Egger  im  Juli  1701  wider  ihn  anstrengte.  Im  fol- 
genden Jahre  war  seine  Zahlungsunfähigkeit  eine  entschiedese 
Sache.  Wer  ihn  ablöste,  ist  unbekannt.  Keinesfalls  war  das 
ein  gefährlicher  Concurrent  in  den  Augen  des  Job.  Melchior 


—     207     — 

Khienberger,  welcher,  Sohn  eines  Handelsmannes  zu  Füssen 
im  Allgäu^  im  Mai  1706  zu  Eindberg  das  BQrgerrecht  an- 
suchte, offenbar  in  der  Absicht,  hier  dem  Berufe  seines  Vaters 
sich    zu    widmen.    Ob    dieser  Ausländer   wirklich  hier  sich 
niederliess,  geht  aus  den  Rathsprotokollen  nicht  hervor ;  wohl 
aber    ergibt  sich  aus  folgender  Eintragung  mit  ziemlicher 
Gewissheit,  dass  der  Markt  eine  Zeit  lang  eines  ständigen 
Handelsmannes  ganz  entbehrte,  daher  sich  mit  einem  blossen 
Krämer   behelfen  musste,   der  nebenher  noch  das  Schneider- 
handwerk betrieb.  Als  nämlich  im  October  1712  Joh.  Georg 
Kellner  aus  Kapfenberg  sich  erbot,  in  Verbindung  mit  seinem 
Bruder,  welcher  Lebzelter  zu  Trofaiach  war,   das  Fraidt'sche 
Haus  in  Eindberg  zu  erwerben  und  hier  ein  Handelsgeschäft 
zu   eröffnen,   stellte  er  laut  Protokoll  vom  27.  October  dem 
Markte  Bedingungen.   Er  verlangte  vom  Magistrate   die  Zu- 
sicherung, dass  er  auch  mit  Ausschluss  aller  Savoyarden  und 
sonstigen  „Umträger**  der  einzige  Handelsmann  hier  sein  und 
bleiben  werde.  Dies  wurde  ihm  zugestanden  mit  der  Beschrän- 
kung, dass  der  Schneider  Pemhofer  seinen  Kramladen  so  lange 
offen   halten  darf,  bis  er  seinen  Waarenvorrath  „versilbert** 
hat    Damit  war  freilich  Anlass  zu  kleinlichem  Gezanke  ge- 
geben. Am  ^2.  November  1715  verklagte  Kellner  den  Schneider, 
weil  dieser  »breite  Kleider**  verkaufte,  d.  h.  Tuch  zu  solchen 
ausschnitt.  Den  einzelnen  Gewerbetreibenden  blieb  es  selbst- 
verständlich   unverwehrt,    die    erforderlichen   Rohstoffe    von 
auswärts    zu   beziehen    und   ihre  Erzeugnisse   direct  dahin 
abzusetzen.    Daher   stand    im   Jahre   1716    der   Kindberger 
Kürschner  Jacob  Wieser  mit  den  Oedenburger  Kürschnern 
Jacob  Rapacher,  Michael  Kern  und  Daniel  Windisch  in  Ge- 
schäftsverbindung  und  legte  er  dem  Magistrate  die  heikle 
Frage  vor,   ob  er  sich  für  Forderungen,  die  er  an  letztere 
Beide  hatte,   mit  Geld  bezahlt  machen  dürfe,   welches  er 
Ersterem  schuldete?  Der  ihm  zu  Theil  gewordene  Bescheid 
ist  nicht  aufgezeichnet.   Als  jedoch  der  Schneider  Pernhofer 
im  Jahre   1717  Felle  aus  Linz  bezog,   um  sie  weiter  zu 
verkaufen,    erhob    der  Weissgärber  Michael  Mayr   dagegen 


—     208    — 

Einsprache.  Ebensowenig  konnte  es  der  Handelsmann  Kellner 
damals  verwinden,  dass  der  Marktrichter  einem  Savoyarden 
erlaubt  hatte,  im  Markte  hausieren  zu  gehen.  Der  Magistrat 
anerkannte  in  der  Sitzung  vom  22.  Mai  1717,  dass  das  dem 
Kläger  ertheilte  Versprechen  dadurch  verletzt  ward  und  be- 
schloss,  mit  derartigen  Hausierern  es  genau  so  zu  halten^ 
wie  man  in  Brück  und  Leoben  mit  ihnen  verfährt  Dass  er 
es  vorher  damit  weniger  genau  nahm,  geht  schon  daraas 
hervor,  dass  am  10.  August  1709  ein  im  Dienste  eines  Seiden- 
waarenhändlers  aus  Holla  in  Savoyen  stehender  Kraxentr^er 
seinen  Herrn  vor  dem  Marktgerichte  verklagte.  Vom  Zutreiben 
ungarischen  Rindviehes  seitens  der  Kindberger Fleisch- 
hauer gibt  ein  Schreiben  des  Grafen  Christoph  Batthiany 
Zeugniss,  welches  dieser  am  17.  März  1680  vom  Schlosse 
Rechnitz  aus  an  den  Magistrat  richtete,  um  eine  darauf  bezQg- 
liehe  Geldforderung  ungarischer  Unterthanen  zu  unterstützen, 
und  welches  dem  betreffenden  Rathsprotokolle  eingeschaltet  ist 
Die  ausgebreitetsten  Verbindungen  unterhielten  ohne 
Zweifel  die  Sensenschmiedmeister  des  Marktes.  Daher  wurde 
das  Regierungsmandat  vom  15.  Juni  1705,  welches  den  Verkauf 
von  Sensen  nach  Ungarn  verbot,  auch  speciell  dem  Kindbei^er 
Magistrate  zugefertigt.  Die  Zufuhr  von  Eisen  erfolgte  von  der 
Stainz  her  über  den  Calvarienberg;  für  die  Erlaubniss  hiezo 
entrichtete  Primus  von  Königsbrunn,  der  allein  sich  ihrer 
erfreute,  dem  Markte  jährlich  einen  halben  Centner  Eisen. 
Die  oben  erwähnte  Mauthfreiheit  nutzten  am  meisten  die 
Wirthe  und  Weinhändler  aus,  indem  sie  aus  üntersteiermark 
grosse  Quantitäten  Wein  bezogen,  und  einen  ansehnlichen 
Theil  davon  unter  dem  Reife  abgaben.  Ihnen  bereitete  es  die 
empfindlichste  Sorge,  dass  um  das  Jahr  1678  verschiedene 
Mauthämter,  insbesondere  das  Grazer  und  das  Wildoner,  ihre 
Weinfuhren  nicht  mehr  mauthfrei  wollten  passieren  lassea 
vorgebend,  dass  das  betreffende  Privilegium  wegen  mangelnder 
Bestätigung  erloschen  sei.  Auf  diese  Nachricht  hin  schoss  die 
Bürgerschaft  sogleich  200  fl.  zusammen,  um  eilends  diese 
Bestätigung  zu  erwirken.  Aber  unter  Kaiser  Joseph  I.  wurde 


—     209     — 

auch  die  nachgeholte  Bestätigung  von  den  Mauthämtem  nicht 
mehr  respectirt  und  daran  änderte  sich  unter  Karl  VI.  nichts, 
so  dass  im  Jahre  1717  dies  einer  der  Hauptbeschwerdepunkte 
des  Marktes  war.  Ein  anderes  damals  geäussertes  Gravamen 
betraf  die  Beeinträchtigung  des  Gäuhandels  durch  die  Amtleute 
in  der  Stainz  und  durch  den  Handelsmann  Strasser  zu  Mürz- 
hofen,  welcher  von  seinem  Gewinne  schon  ein  kleines  Schloss 
sich  erbaut  hatte,  während  jene  Amtleute  in  einem  einzigen 
Jahre  mehr  untersteirischen  Wein  in  den  Verkehr  brachten, 
als  alle  Kindberger  Wirthe  zusammen  in  zwei  Jahren.  Immerhin 
gab  es  im  Markte  nach  dem  Bttrgerverzeichnisse  von  1716 
noch  einen  besonderen  „ Weinhandelsmann **  (Mathias  Angerer, 
Haus-Nr.  84).  Wenn  es  in  den  Protokollen  wiederholt  heisst : 
dieser  oder  jener  Bürger  sei  »in  die  March"  gefahren,  so 
sind  damit  wohl  Besuche  von  Jahrmärkten  jenseits  der  Drau 
gemeint.  Den  Salzhandel  rissen  allmälich  die  Bauern  an  sich, 
welchen  die  Sämer  dazu  behilflich  waren.  Ein  Regierungs- 
erlass  vom  14.  April  1724,  welcher  den  Stichhandel  mit 
Getreide  und  Salz  zuliess,  begünstigte  diese  dem  Markte  nach- 
theilige Anmassung.  Andererseits  suchte  die  Handelsfirma 
Kellner  das  ihr  eingeräumte  Monopol  zu  behaupten  und  liess 
es  nicht  einmal  ungerügt,  dass  im  December  1724  ein  Krämer 
im  Orte  Knöpfe  verkaufte.  Am  19.  August  1727  meldete  sich 
Joseph  Dotter  aus  Gross-Höflein  in  Ungarn  als 
Käufer  für  das  Kellner'sche  Anwesen,  auf  welchem  nun  Kellner's 
Witwe  sass.  Er  wurde  am  11.  October  zum  Bürgereide  zu- 
gelassen (ge^en  eine  Taxe  von  1  Gulden),  musste  jedoch  geloben, 
so  lange  diese  Witwe  das  Geschäft  fortführte,  ihr  in  keiner 
Weise  Eintrag  zu  thun.  Genau  zwei  Jahre  später  hielt  der 
Handelsmann  Ferdinand  Del tory  um  Verleihung  des  von 
der  Firma  Kellner  genossenen  Monopols  an  und  erlangte  es. 
Als  jedoch  derselbe,  hierauf  gestützt,  im  Jahre  1740  einem 
Bürger  Namens  Leitzinger,  welcher  um  etliche  Groschen 
Stockfisch  verkauft  hatte,  dies  für  die  Folge  verwehrt  wissen 
wollte,  wies  der  Magistrat  in  der  Sitzung  vom  28.  Juli  dieses 
Begehren  zurück  und  sprach  er  den  Grundsatz  aus :  es  stehe 

KttheiL  des  hisL  VeNines  f.  Steiemuk,  XXIX.  Heft,  1881.  14 


—    210    — 

der  BQrgerschaft  frei,  »mit  der  Eleinigkheit  zu  handeln".  Nur 
Savoyarden  durften  sich  auch  jetzt  nicht  mehr  als  Krämer 
im  Markte  blicken  lassen ;  dagegen  erhob  der  Magistrat  keine 
Einwendung,  als  am  12.  April  1742  Herr  Johann  Baptist 
Fransen,  „Sayvoiat  in  Leoben ",  vor  ihm  von  der  venritweten 
Webermeisterin  Theresia  Dittler  20  Gulden,  welche  diese  der 
falliten  Firma  „Emineth  &  Jordan **  (in  Wien?)  schuldig  war, 
zur  theilweisen  compensiven  Begleichung  einer  Forderung, 
welche  er  an  letztere  Firma  hatte,  ausbezahlt  erhielt 

Von  auswärtigen  Fuhrleuten  0  sind  in  den  RathsprotokoDen 
erwähnt:  beim  16.  December  1715  ein  Villacher  Frachter 
(Blasius  Lambrecht),  dem  der  „WeinhUter''  von  Mürzzuschlag 
nacheilte,  weil  er  hier  fünf  Fässer  mit  Leinwand  durchzn- 
schmuggehi  gesucht  hatte;  beim  28.  Juni  1728  ein  Regens- 
burger Landkutscher  (Wolfgang  Paumann),  dessen  Weib 
zu  Kindberg  Misshandlungen  erdulden  musste,  derentwegen 
er  vor  dem  Marktgerichte  Klage  führte. 

Die  nächste  Poststation  war  Mürzhofen;  als  »Post- 
beförderer **  daselbst  erscheint  1665  Andrft  von  Peilstein, 
1727  Joh.  Georg  Gössner. 

Tl.  Gewerbethätigkeit  und  Gewerbe-PoliseL 

Die  mehrerwähnte  Beschwerdeschrift  von  1716,  welche 
diesfalls  den  besten  Leitfaden  abgibt,  schildert  die  Gewerbe^ 
thätigkeit  des  Marktes  als  in  kläglichem  Niedergange  begriffen. 

Die  Zahl  der  Gärbereien  war  seit  40  bis  50  Jahren  von 
neun  auf  eine,  die  der  Hafner- Werkstätten  in  den  letzten  Jahr- 
zehenten  von  sieben  auf  zwei,  die  der  Schneider- Werkstätten 
von  sechs  auf  zwei  herabgesunken.^)  Das  Ueberhandnehmen 
der  Gäu- Arbeiter  wird   als  Ursache  dieses  VerfaHs  an- 


f)  lieber  die  Sämer  8.  oben,  Abschnitt  L,  die  wider  die  Pest  getrofieoeo 

Vorkehrungen. 
>)  Die  Erzeugung  von  Töpfen  war  einer  der  ältesten  Industrienreige 

des  Marktes.    Siehe:  v.  Zahn,  Materialien  zur  inneren  Geschichtt" 

der  Zünfte  im  14.  Jahrg.  der  Beiträge  z.  K.  steierm.  Geschieht»- 

quellen  S.  96. 


I 


—     211     — 

gegeben.  So  hatten  sich  in  gräflich  Stubenberg^schen  Markte 
Kapfenberg  vier  Hafiaer  niedergelassen  und  tu  Krieglach 
arbeitete  einer  in  einem  vom  dortigen  Postmeister  ihm  ein- 
geräumten kleinen  Hause  mit  zwei  Gesellen  und  einem  Lehr- 
linge. Auch  zu  Langenwang  bestand  in  einer  dem  Pichlwanger 
Schmiede  gehörigen  Keusche  eine  Hafnerwerkstätte.  Schneider 
gab  es  in  der  Yeitsch,  zu  Wartberg,  zu  Krieglach,  in  der 
Stainz,  zu  Mttrzhofen,  Allerheiligen  u.  s.  w.  Die  betreffenden 
Herrschaften  duldeten  sie,  obschon  drei  Regierungsbefehle 
ergangen  waren,  welche  ihnen  auftrugen,  dieselben  zu  besei- 
tigen. Kam  hinwider  ein  Kindberger  Schneider  ^auf  die  Stör^, 
d.  h.  zur  Arbeit  in  ein  Privathaus  im  Bereiche  der  Stuben- 
berg'schen  Grundherrlichkeit,  so  ergriffen  ihn  die  dortigen 
Gerichtsdiener,  sperrten  ihn  ein  und  nöthigten  ihn,  durch  eine 
Geldbusse  sich  zu  befreien.  Die  Kindberger  Tischler  hun- 
gerten und  blickten  voll  Neid  auf  einen  ;,Fretter*  in  der 
Yeitsch,  der  in  einer  Flachsröststube  dort  seine  Werkstätte 
aufgeschlagen  hatte  und  drei  bis  vier  Gesellen  beschäftigte, 
wogegen  Jene  das  ganze  Jahr  über  nicht  um  20  Gulden 
„auf  eigene  Hand^,  d.  h.  ohne  Vorausbestellung  Waaren 
erzeugten.  Dorfechmiede,  Bauemschuster  und  Weber  sassen 
ringsum.  Dazu  trieben  die  Dienstboten  mit  den  Fussbeklei- 
dungen,  die  sie  von  ihren  Dienstgebem  an  Lohnes  statt 
erhielten,  einen  die  Markt-Schuster  schädigenden  Handel.  Der 
einzige  Kürschnermeister  von  Kindberg  hatte  an  dem  von 
Krieglach,  der  einzige  Glaserer  des  Marktes  an  einem  zu 
Langenwang  stümpernden,  der  Sattler  an  einem  zu  Krieglach 
unbefugt  arbeitenden  einen  gefährlichen  Concurrenten.  Den 
Absatz  der  Bäcker  schmälerten  die  zu  Wartberg,  in  der 
Yeitsch  und  in  der  Stainz  ihr  Unwesen  treibenden  Pfuscher. 
Ein  ^gelernter"  Färber  zu  Krieglach,  zwei  „ungelernte"  in 
der  Stainz,  je  ein  derlei  Unhold  im  Allerheiligen-Graben  und 
in  der  Yeitsch  verbitterten  dem  zu  Kindberg  seit  einigen 
Jahren  sesshaft  gewordenen  Färber  Pankraz  Fürst  das  Leben. 
Nach  dem  Bürger- Yerzeichnisse  von  1716  war  übrigens 
die  Zahl  der  Gewerbetreibenden  im  Markte  Kindberg  immer 

U* 


—     212     — 

noch  beträchtlich.  Es  »timint  dasselbe  auch  nicht  durchwegs 
mit  jener  grau  in  Grau  gemalten  Schilderung  überdn.    So 
gab  es  z.  B.  darnach  dort  nicht  zwei,  sondern  fbnf  Schneider 
(vielleicht  zwar  arbeiteten  drei  derselben  ohne  Gesellen  und 
verstand  man  unter  einer  ^  Werkstätte  **  nur  die  mit  Gesellen 
besetzte  Arbeitsstube).    Noch  behaupteten  sich  vier  Weber, 
vier  Schuster,  fünf  Nagelschmiedmeister,  zwei  Sensenschmied- 
meister  (Jacob  Zeillinger  und  Balthasar  Kaltenbrunner),  zwei 
Hufschmiedmeister,  drei  Bäcker  (Philipp  Helmreich,    Gabriel 
Almosslechner,  Martin  Zwainzleithner),  zwei  Tischler  und  in 
Uebereinstimmung    mit    der    Angabe    der  Beschwerdeschrift; 
zwei  Hafner  (Bernhard  Perger  und  Mathias  Häntsch).    Bios 
einen  einzigen  Vertreter  hatten  im  Markte  folgende  Gewerbe: 
die    Schlosserei,    das   Wagner-Handwerk,    die    Lederei,    das 
KQrschner-Handwerk,  die  Sattlerei,  die  Riemerei,  die  Gärberei, 
die  Huterzeugung,  die  Erzeugung  von  Rosenkränzen   (Feten- 
macherei),    das  Fleischaushacken,    das  Bierbrauen,    die  Leb- 
zelterei,  das  Pulvermachen,  die  Saliterbereitung,  die  „Gschmeid- 
lerei'',  die  Glaserei   und  das  Fassbinden.   Ueberdiess  ist  ein 
;,Hammermeister'  ohne  nähere  Bezeichnung  (Christian  Georg 
Prugger),  und   der  uns  seiner  Stänkereien  willen  schon  be 
kannte  „Bader''  Daniel  Munggl  aufgeführt  Letzterer  behelligte 
fast    mehr   noch    als    die    übrigen    Gewerbetreibenden    den 
Magistrat    mit    Beschwerden    wegen  Gewerbestörung.    Aber, 
unbeliebt  und  wenig  geachtet,  wie  er  war,  fand  er  damit  auch 
auf  dem  Pantaidinge  vom  19.  April  1717  kein  Gehör,    ob* 
schon   er   gleich   vier  Curpfuscher  (die  Frau  Prugger,    die 
„Wällischin''  und  das  Mayr'sche  Ehepaar)  auf   einmal    ver- 
klagte. Vielmehr  wurde  ihm  bedeutet,  dass  man  „dieser  dienst- 
haften Frauen    und  Weiber  Hilff   höchst    vonnöten   hättet 
Bei  10  Thaler  Strafe   wurde  ihm  untersagt,    eine   derselben 
weiter  zu  bedrohen.  Nur  der  Beinbruchscuren  sollten  sie  sich 
enthalten.  Der  „Wällischen''  räumte  der  Magistrat  sogar  eine 
Wohnung  im  Kathhause  ein  dem  Mungl  zum  Trotz,  ^weillen 
er  die  leith  mit  der  überschwenglichen  Bezahlung  übertreibet'. 
Dessen  Vorgänger,  Leonhard  Leyss,  stand  in  besserem  Rufe. 


—    213    — 

Er  war  „Badknecht''  in  Graz  gewesen  und  hatte  die  Kind- 
berger  „Badstube''  im  Jahre  1 665  erheiratet,  indem  er  die'dieselbe 
besitzende  Witwe  Maria  Salome  Henzehnann  zur  Frau  nahm. 
Nach  dem  Tode  dieser  ehelichte  er  im  Jahre  1679  die  bei 
ihm  bedienstet e  „Kindermenschin^  :  eine  mit  der  damaligen 
Gewerbe-Yerfassung  zusammenhängende  sociale  Erscheinung. 
Ein  erheiratetes  Gewerbe  war  auch  das  des  Sensengewerken 
Martin  Mandlpauer,  welcher,  aus  dem  „Ländl"  (Land  ob  der 
Enns?)  gebürtig  und  bisher  Schmiedknecht,  am  27.  April  1720 
vor  dem  Magistrate  die  Erklärung  abgab :  er  wolle  die  Witwe 
des  Gewerken  Zeillinger  zum  Traualtare  fuhren  und  mit  ihr 
deren  Seusenschmiede  übernehmen.  Zwei  Monate  später 
(20.  Juni)  erläuterte  er  auf  Befragen  des  Magistrats  diese 
Ankündigung  dahin,  dass  er  die  Witwe  nur  dann  heirate, 
wenn  sie  ihm  ihre  Mühle  verschreibt  Letztere  antwortete 
auf  die  Frage,  ob  sie  hiezu  bereit  ?  —  :  sie  thue  es  gezwungen. 
Die  solchergestalt  vorbereitete  Ehe  war  auch  keine  glück- 
liche. Am  24.  Januar  1724  musste  der  Magistrat  den  Mandl- 
pauer ermahnen:  er  möge  seinen  „versoffenen,  liederlichen 
Wandel"  ändern.  Wie  viel  vom  Niedergange  der  Gewerbe 
im  Markte  auf  Rechnung  derartiger  Vorkommnisse  zu  setzen 
ist,  lässt  sich  nicht  ermitteln ;  aber  sie  dürfen  als  mitwirkende 
Factoren  hier  nicht  unbeachtet  bleiben.  0 


0  Um  eine  Vergleichung  der  oben  dargestellten,  gewerblichen  Zust&nde 
mit  denen  der  Gegenwart  zu  ermöglichen,  theile  ich  hier  Folgendes 
mit:  Nach  der  Liste  der  Gemeindewähler  vom  Jahre  1879  gab  es 
damals  im  Markte  Kindberg  4  Sensengewerke  (von  welchen  Jos. 
Schmölzer  nahezu  200  fl.,  jeder  der  übrigen  8  über  100  fl.  an 
directen  Steuern  —  Zuschläge  ungerechnet  —  zu  zahlen  hatte), 

5  Besitzer  von  gemischten  Waarenhandlungen  (darunter  Einen,  dessen 
Jahres-Schuldigkeit  252  fl.  96  kr.  betrug),  1  Geschirrhändler,  1  Apo- 
theker, 1  praktischen  Arzt,  1  Bräuer  (Franz  Wolfbauer  mit  231  fl. 

06  kr.  directer  Steuerschuldigkeit),  8  Wirthe,  1  Bahnhof-Restaurateur, 
3  Fleischhauer,  3  Bäcker,  2  Greisler,  1  Lebzelter,  1  Seifensieder, 
1  Weissgärber,  1  Lederer,  1  Handschuhmacher,  2  Sattler,  1  Wagner, 
1  Hufschmied,  1  Nagelschmied,  2  Schlosser,  1  Zimmermeister, 
1  Anstreicher  (zugleich  Maler),  1  Sägemühlbesitzer,  1  Hafner,  1  Fass- 
binder, 3  Tischler,  1  Seiler,  7  Schuhmaoher,  6  Schneider,  1  Weber, 


—    216     — 

Khundtschackh  Alles  auf,  um  diesen  zu  zwingen,  dass  er  ihm 
sein  Haus  mit  dem  darauf  haftenden  Gewerbe  abkaufe,  nicht 
aber  das  des  Christoph  Morasch  erwerbe.  Setzte  er  dies  durch, 
so  wich  er  nicht  nur  der  Concurrenz  dieses  Ankömmlings,  son- 
dern auch  den  Intriguen  des  eigenen  Sohnes  und  den  Misshellig- 
keiten  aus,  welche  ein  ehemaliger  Kindberger  Fleischer  Namens 
Landerl  durch  sein  Bestreben,  wieder  in  Kiudberg  zum  Betriebe 
zugelassen  zu  werden,  hervorzurufen  drohte.  Obendrdn  scheint 
der  alte  Khundtschackh  kurz  vorher  in  einer  Anwandlung  von 
Missmuth  auf  die  Ausübung  seines  Gewerbes  verzichtet  zu 
haben,  weshalb  der  Magistrat  ihm  nicht  gestatten  wollte,  weiter 
noch  Fleisch  auszuhacken.  Hierüber  erbosste  er  dergestalt 
dass  er  in  der  Bathssitzung  vom  12.  November  1677  der 
BathsherrnwUrde  sich  entschlug  und  mit  der  Drohung:  er 
werde  den  Kindbergem  „einmal  ein  anderes  Licht  anzünden^  — 
nach  Hause  eilte.  LanderFs  Geschäft  übte  nun  Georg  Höritz 
aus.  Es  bestanden  also  gleichzeitig  drei  Fleischhauerei-Gerecht- 
same im  Markte.  Aber  der  neu  zugezogene  Girstorfer,  welcher 
das  Geschäft  des  Chr.  Morasch  übernommen  hatte,  fürchtete 
sich  blos  vor  den  beiden  Khundtschackhen  und  bat  daher 
am  7.  Februar  1678  den  Magistrat  um  Schutz  vor  denselben, 
„damit  er  sich  etwan  alhier  mit  Ehre  erhalten  und  sein 
stückhlein  Broth  ruhebig  geniessen  möge"*.  Der  Magistrat 
sicherte  auch  demselben  seine  Protection  unter  der  Bedin- 
gung zu,  dass  er  die  Bürgerschaft  zufriedenstellt.  Dem  konnte 
Girstorfer  um  so  eher  nachkommen,  je  bereitwilliger  der  Ma- 
gistrat  im  folgenden  Jahre  auf  zwei  Steigerungen  des  Fleisch- 
preises einging.  Zu  den  Befugnissen  der  Fleischhauer  gehörte 
damals  auch  die  Erzeugung  von  Unschlittkerzen.  Unterm 
1.  März  1690  wurde  die  Verkaufstaxe  für  diese  mit  acht 
Kreuzer  per  Pfund,  die  für  Unschlitt  mit  sieben  Kreuzer 
per  Pfund  festgesetzt.  Allein  dieselbe  muss  nur  zu  Gunsten 
der  Bürgei*schaft  gehandhabt  worden  sein;  denn  als  Sigmund 
von  Leuzendorf,  ein  benachbarter  Gutsbesitzer,  dem  Fleischer 
Höritz  drei  Centner  Kerzen  als  unbrauchbar  zurückstellte, 
gab  er  ihren  Preis  mit  330  Gulden  an,  wonach   das  Pfund 


—     217     — 

eilf  Kreuzer  kostete.  Ein  Regierungspatent  vom  17.  Januar  1691 
ordnete  folgende  Verkaufspreise  (per  Pfund)  an:  Bindfleisch 
zwei,  Unscblitt  sechs,  ordinäre  Kerzen  sechs  Kreuzer,  baum- 
wollene Kerzen  sieben  Kreuzer,  zwei  Pfenninge.  Im  Jahre  1716 
war  bis  zum  5.  März  zu  Kindberg  ein  einziger  Fleischhauer 
in  Tbätigkeit.  Damals  setzte  die  Bürgerschaft  dem  Kolbacher 
einen  Zweiten,  Anton  Krieger,  zur  Seite.  Beide  sollten  von 
vierzehn  zu  vierzehn  Tagen  mit  dem  Ausschroten  abwechseln, 
die  heiligen  Zeiten  ausgenommen,  wo  es  sie  gleichzeitig  thun 
mussten.  Es  ward  ihnen  auch  verboten,  die  besten  Fleisch- 
zu  Hause  zum  Auskochen  zu  verwenden. 

Weniger  Anstände  setzte  es  mit  den  Bäckern  ab, 
obschon  auch  ihre  Auffilhrung  keine  tadellose  war.  Der  Re- 
gierungserlass  vom  28.  März  1665,  welcher  die  Steigerung 
des  Fleischpreises  zu  Kindberg  untersagte,  bezeichnete  das 
dort  gebackene  Brot  als  „gantz  locherig,  schwambig  und  nit 
wol  ausgepachen''  und  den  Preis  desselben  als  nicht  im  ent- 
sprechenden Verhältnisse  zu  dem  des  Getreides  stehend.  Am 
10.  Juni  1678  verbot  der  Magistrat  den  Bäckern,  ausser  den 
Kirchtagszeiten  Jemandem  Brot  ins  Haus  zu  scliicken,  welchem 
Verbote  sich  jedoch  die  Bäcker  Henneschmidt  und  Dörer 
nicht  fügen  wollten,  vorgebend,  dasselbe  betreffe  eine  Hand- 
werkssache, die  sie  unter  sich  zu  schlichten  hätten.  Der 
gleichen  Widersetzlichkeit  begegnete  die  Anordnung  des 
Magistrats  vom  12.  November  1715,  welche  nicht  nur  das 
Gewicht  und  den  Preis  des  Brotes  bestimmte,  sondern  auch 
vorschrieb,  dass  dasselbe  mit  Tupfen  zu  markiren  sei.  Alle 
drei  Bäcker  des  Marktes  wiesen  diesen  Auftrag  mit  Protest 
zurück.  Der  Magistrat  aber  beharrte  dabei  und  bedrohte 
Jeden,  der  „  ungetupftes  ^  Brot  verkaufen  würde,  mit  dessen 
Einziehung  zu  Gunsten  der  Spitalsarmen,  so  wie  mit  einer 
Geldstrafe  von  drei  Ducaten.  Eine  weitere  Verordnung  des- 
selben vom  28.  März  1716  schrieb  für  die  Kreuzersemmel 
ein  Gewicht  von  11  Loth,  2  Quintel;  für  den  Groschenlaib 
1  Pfund,  31  Loth,  ly^  Quintel  vor.  Beide  Brotgattungen 
sollten    „getipfelt''    werden.    Dass   eigene   „  Brotwäger  ^   und 


—     218     — 

„Fleischbeschauer*'  bestellt  waren«  wurde  schon  oben  (Ab- 
schnitt I)  erwähnt  Neben  diesen  ist  unter  den  am  5.  Matz 
1716  B erneuerten''  Functionären  des  Marktes  auch  ein  .Kandl- 
zimentierer"  genannt.  Damals  theilten  sich  in  diese  drei  Ver- 
richtungen das  jüngste  Mitglied  des  inneren  Rathes  und  der 
älteste  »Vormund^  der  Gemeinde. 

AufiiEdlend  schwach  waren  in  Kindberg  von  jeher  die 
Baugewerbe  vertreten.  Ein  zünftiger  Maurermeister  li^s 
sich  dort  erst  im  Jahre  1716  nieder.  Zwar  erbot  sich  hiezu 
schon  im  Jahre  1690  Georg  Elbmayr  aus  St  Lorenzen  im 
Mttrzthale ;  allein  er  muss  auf  unaberwindliche  Schwierigkdten 
gestossen  sein.  Als  es  im  September  1709  den  Pranger  des 
Marktes  zu  repariren  galt,  wurde  hiezu  ein  Maurer  aus 
Krieglach  berufen,  der  aber  seinerseits  an  diese  ehrenrührige 
Arbeit  erst  dann  ging,  nachdem  zwei  Delegirte  des  Maurer* 
handwerks  zu  Brück  dreünal  mit  ihren  Hämmern  an  den 
Pranger  geklopft  und  ihn  ausdrückhch  ermächtiget  hatten, 
dieser  Arbeit  sich  zu  unterziehen.  Da  derselbe  solchergestalt 
einmal  vor  Verunehrung  gefeit  war,  legte  er  sofort  auch  an 
die  jyKeuche'*  im  Rathhause  Hand.  Endlich  kaufte  sich  am 
26.  August  1716  der  Maurermeister  Simon  Viselli  aus 
Krieglach  im  Markte  an.  Eines  Zimmermeisters  geschieht 
durch  die  ganzen  80  Jahre,  welche  wir  vor  uns  haben,  keine 
Erwähnung.  Dass  es  im  Jahre  1728  zu  Kindberg  änen  Maler 
gab,  erfahren  wir  anlässlich  der  Vorbereitungen  zur  Durch- 
reise des  Kaisers  Karl  VI.  Der  Magistrat  übertrug  demselben 
—  er  hiess  Martin  Kienhoffer  —  die  Aufsicht  über  das  für 
den  Kaiser  und  dessen  Gefolge  bereit  gehaltene  Greflügel. 

Ausser  Krieglach  war  Aflenz  ein  Ort,  aus  welchem 
Gewerbetreibende  häufig  nach  Kindberg  übersiedelten;  so 
1665  ein  Kürschner,  1677  ein  Weissgärber,  1709  ein  Schlosser. 
Aus  entfernteren  Gegenden  zogen  selten  welche  zu.  Ich  merkte 
mir  an:  einen  Tischler  (Philipp  FeisÜ)  aus  Wien,  wdcher 
im  October  1718  das  Haus  des  Webers  Dietler  um  150  Gulden 
kaufte,  und  einen  Schneider  (Joh.  Georg  Eberschwanger)  aus 
Wels  im  Lande  ob  der  Enns,  welcher  am  13.  November  1741 


-    219    — 

die  Behausung  des  , Schneider-Thomas"  zu  erwerben  sich 
bereit  erklärte.  Die  Anfänge  der  of&ciellen  Gewerbe- 
statistik reichen  in  Kindberg  wie  anderswo  bis  zum  Jahre 
1726  zurück,  wo  zuerst  ein  Erlass  der  Begierung  und  Hof- 
kammer zu  Graz  vom  20.  März  die  Vorlage  von  Tabellen  über 
die  im  Markte  befindlichen  Manufacturisten  und  Professionisten 
nebst  dem  Nachweise,  ob  dieselben  zünftig  oder  nicht,  wie 
bemittelt  ein  Jeder  ist  und  wie  viel  Schutzgeld  Jeder  dem 
kais.  Aerar  jahrlich  entrichten  könnte,  —  verlangte.  Eme  Nach- 
trags-Verordnung vom  August  beschränkte  diese  Erhebungen 
auf  die  Zunftgenossen  und  Künstler.  Am  22.  October  traf  ein 
dritter  Erlass  in  dieser  Angelegenheit  ein,  welcher  die  Ein- 
sendung der  begehrten  Angaben  urgirte  und  weder  Kaufleute 
noch  Krämer  zu  übersehen  empfahl,  i) 

TD.  Yermögens-Terhältnisse  and  Armenpflege. 

Die  traurige  Lage  der  meisten  Gewerbetreibenden  des 
Marktes  musste  das  aus  besseren  Zeiten  überkommene  Stamm- 
vermögen erschöpfen  und  Erscheinungen  hervorrufen,  welche 
deutlicher  als  statistische  Ausweise  die  successive  Verarmung 
der  Bürgerschaft  offenbaren.  Zwar  erhielt  sich  die  Zahl  der 
Steuerparteien  ziemlich  unverändert  Sie  oscillirte  um  die 
Zahl  70.  Auch  ragten  immer  noch  einzelne  Familien  durch 
Reste  ererbter  Wohlhabenheit  hervor.  Allein  die  dürftigen 
überragen  diese  weitaus  und  selten  verging  ein  Jahrzehent 
ohne  wirthschaftliche  Katastrophen,  als  was  die  Goncurse  in 
Mitte  der  Bürgerschaft  fast  immer  sich  darstellen.  Der  erste 
Concors,  dem  wbr  in  den  BathsprotokoUen  begegnen,  ist  der 
de?  Nagelschmiedes  Mathias  MölÜ  (1667).  Von  den  Mitgliedern 
des  Magistrats,  welche  im  Jahre  1688  um  den  Rathstisch  sich 


1)  Diese  statistischen  Erhebungen  erstreckten  sich  über  die  ganze 
Monarchie.  Ich  fand  darauf  bezügliche  Actenstücke  im  alten 
Gerichts-Archive  in  Kitzbüchl  in  Tirol  so  gut  wie  im  Säroser 
Comitats-Archive  und  nicht  minder  in  den  böhmischen  Cameral- 
Acten  des  Beichfinanz-Archivs  zu  Wien. 


—     220    — 

gruppirten,  hausten  im  nämlichen  Jahre  noch  zwei  (der  Hafner 
Sebast  Khürschner  und  der  HuÜBchmied  Andr.  Tenhalter)  ab ; 
zwei  Jahre  später  sah  Thom.  Henigschmidt  durch  eine  peca- 
niäre  Klemme  sich  gezwungen,  aus  dem  öffentlichen  Leben 
zu  scheiden;  1705  traf  dieses  Los  den  Martin  Pamer. 

Kharschner  und  Tenhalter  verabredeten  sich, 
ihr  GlQck  in  Ungarn  zu  versuchen.  Sie  wollten  nach  Stahl- 
weissenburg  ziehen.  Ersterer  erbat  sich  zuvor  noch  die 
Meinung  des  Magistrats,  ob  er  wohl  gut  daran  thäte  ?  Darauf 
erhielt  er  unterm  25.  September  1688  folgenden  gRathschlag^ : 
j^Man  kann  ihn  weder  ein-  noch  abhalten;  befindt  er  sein 
mehreres  und  besseres  Gltlckh  in  Ungarn  zu  Uberkhumben« 
wirdt  ein  ehrsamer  Magistrat  nicht  ermangln,  ihme  allen  be- 
förderlichen Vorschub  zu  erweisen;  vermaint  er  aber  lenger 
hier  zu  verbleiben  und  das  Haus  zu  renovieren,  auch  die 
Creditores  zu  contentieren,  wierdt  er  nit  minder,  wie  vorhin, 
noch  jederzeit  angenemb  sein  und  in  allem  Werth  gehalten 
werden."  Nun  besann  sich  Khürschner  eines  Anderen.  Er  blieb 
in  Eindberg,  wenn  schon,  wie  aus  dem  Vorhergehenden 
(s.  oben  Abschnitt  I)  sich  ergibt,  unter  kümmerlichen  Ver- 
hältnissen. Wiederholt  wendete  er  sich  an  die  Marktgemeinde 
um  Unterstützung.  Er  machte  seine  derselben  geleisteten 
Dienste  geltend,  durch  welche  er  das  Seinige  versäumt  habe 
und  in  ein  liederliches  Leben  gerathen  sei.  Die  Antwort  hierauf 
war,  dass  der  Magistrat  ihm  „aus  purer  Barmherzigkeit^ 
sechs  Reichsthaler  bewilligte.  Tenhalter  scheint  jenen  Vor- 
satz ausgeführt  zu  haben.  Ihm  hatten  namentlich  die  Eingriffe, 
welche  ein  gewisser  Kalchgruber  sich  in  dessen  Hufschmied- 
Gerechtsame  erlaubte,  den  Aufenthalt  zu  Kindberg  verleidet, 
wo  er  ohnehin  an  Michael  Neugepauer  einen  rechtmässigen 
Concurrenten  hatte.  Vergebens  war  jener  durch  den  Magistrat 
auf  Kessel-  und  Gitter-Arbeit  beschränkt  worden.  Er  wagte 
es  dennoch,  sogar  des  Marktpfarrers  Pferde  zu  beschlagen. 
Thomas  Henigschmidt  verkaufte  am  17.  April  1690 
sein  Haus  und  nahm  gleichfalls  mit  Berufung  auf  seine  der 
Gemeinde  geleisteten  Dienste  deren  Mildthätigkeit  in  Anspruch. 


—     221     — 

wurde  jedoch  auf  die  Zukunft  vertröstet,    dafeme   er  » einen 
ruhesamben  und  friedlichen  Wandel  ftlhrt". 

Martin  Pamer,  dem  der  Magistrat  schon  im  Jahre 
1678,  als  er  das  Wemhardfsche  Haus  an  sich  brachte,  in 
Ansehung  seiner  Rathsherrenwürde  und  Schuldenlast  (da  er 
^(ohnedas  ein  grosser  Gelter'^)  mehr  als  die  Hälfte  der  Besitz- 
veränderungsgebtthr  nachgesehen  hatte,  beschwor  denselben 
im  August  1705,  ihm  zu  den  von  seinem  liederlichen  Weibe 
ihm  nonttragenen*',  d.  h.  hinter  seinem  Rücken  theils  ver- 
kauften, theils  verpfändeten  Mobilien  zu  verhelfen  und  gestand 
bei  diesem  Anlasse  unumwunden:  er  sei  durch  dieses  Gebahren 
an  den  Bettelstab  gebracht.  Das  betreffende  Verzeichniss, 
welches  er  überreichte,  belehrt  uns  über  den  Comfort 
eines  Kindberger  Bürgerhauses  im  Anfange  des 
XVni.  Jahrhunderts.  Pamer  hatte  darnach  bis  vor  Kurzem 
folgende  Einrichtungsstücke  besessen :  einen  „rothmarmel- 
steinemen^  Tisch  im  Werthe  von  4  fl.,  neun  mit  rothem 
Leder  überzogene  und  mit  Messingnägeln  beschlagene  Tafel- 
stühle (zus.  mit  16  fl.  45  kr.  bewerthet),  drei  weitere 
Stühle  dieser  Art  (zus.  4  fl.  30  kr.);  zwei  Stühle  aus  Nuss- 
baumholz  (1  fl.  12  kr.),  einen  grossen  venetianischen  Spiegl 
in  reichvergoldetem  Rahmen  und  mit  Silber  belegt  (den 
er  auf  8  fl.  schätzte  und  in  der  bei  St  Polten  gelegenen 
Fabrik  gegen  ein  Pferd  eingetauscht  hatte),  Federbetten  und 
Polster  in  grosser  Menge  (zusammen  mit  50  fl.  bewerthet), 
Himmelbett-  und  andere  Bett-Sparten,  eine  rothsammtne 
Polsterzieche,  einen  blauen  Kopfpolster,  einen  rothen  Vorhang 
mit  Fransen,  Bilder  an  den  Zimmerwänden,  Silber-  und  Zinn- 
Geschirr  u.  s.  w.  Auch  einen  schwarzen  Mantel  aus  gutem 
Tuche  mit  Sammtaufschlägen,  welcher  20  fl.  gekostet  hatte, 
zwei  Silbergürtel  und  ein  mit  8  Loth  Silber  beschlagenes 
Gehänge  beklagte  Pamer  als  ihm  durch  sein  Weib  entwendet. 
An  diese  Zusammenstellung  reihe  ich  das  Inventar  über 
das  ^jSchatzgeld*',  Silbergeschmeide,  »End  und  Gependt**, 
ferner  über  die  Leibeskleider  und  das  „Chrysambgeld",  welches 
die  Töchter  der  Baderin  Maria  Salome  Leyss  aus  deren  erster 


—     222     — 

Ehe  im  Jahre  1679  nach  dem  Tode  ihrer  Mutter  zugewiesen 
erhielten.  Dasselbe  vergegenwärtiget  uns  Züge  eines  sinkesden 
Wohlstandes,  welche  mehr  noch  an  die  besseren  Tage  als  an 
die  schlechten  Zeiten,  die  nun  heremgebrochen  waren,  ennnem. 
Der  bezügliche  Verlass  begriff  in  sich:   12  Ducaten  (wovon 
8  freilich  schon  beim  Lechner  in  der  Stainz  versetzt  waren:. 
11   Reichsthaler,   6  silberne  Becher,   darunter   2  rergoldete 
(welche    gleichfalls    in    der   Stainz   der  Auslösung   hantenX 
3  silberne  Gürtel^  3  sübeme  Löffel,  1  Halskette  mit  silbernem 
Kreuze  und  2  anderen  Anhängseln  aus  Silber,  einen  gross^i  ver- 
goldeten Schatzpfennig  mit  der  Jahreszahl  1541,  einen  «Pfiindt- 
ner" -Thaler,   2   goldene  Ringlein   mit  kleinen  Rubinstein^L 
3  silberne  Agnus  Dei  (eines  davon  vergoldet),  3  Stücke  sonstiger 
Anhängsel  aus  Silber;  femer  an  Kleidern:  eine  ansehnliche 
Menge    von   Röcken   (darunter   2   taffetne),    »Hüllmänteln^, 
Wämsern  (darunter  2  „tamaschkene")  und  Yortttchem    (dar- 
unter  4   taffetne),    1    Mieder    aus   Tamask   u.   s.   w.     Als 
Zeichen  ungünstiger  Erwerbsverhältnisse  ist  die  1716  auf- 
tretende Erscheinung  zu  betrachten,  dass  HandwerksgeseDen 
Soldaten  wurden.  Im  folgenden  Jahre  bejammerte  der  Magistrat 
in    seiner    mehrerwähnten  Beschwerdeschrift    die    Verödung 
des  Marktes.    An  die  20  Häuser  (von  89,   die  der   Markt 
damals  zählte)  waren  zum  Verkauf  ausgeboten ;  manche  standen 
leer  und  Niemand  wollte  sich  ihrer  annehmen.  Im  Gegensatze 
hiezu  kamen  die  Bauern  empor.    Dass  der  eine  und  andere 
3000,  6000,  8000,  ja  30,000  Gulden  in  baarem  Gelde  hinter- 
liess,  war  nun  keine  Seltenheit  mehr.  Anlässlich  der  gewerbe- 
statistischen Erhebungen  von  1726  versicherte  der  Magistrat 
abermals:  die  Zahl  der  bemittelten  Bürger   des  Marktes  sd 
äusserst  gering.  Doch  in  einzelnen  Familien  erbte  sich  noch 
immer  ein  ziemlich  grosses  Vermögen  fort, an  welchem 
dann  auch  Personen  niedrigen  Standes  zuweilen  participirten. 
So  hatten  z   B.  die  Waisen  des  Bürgers  Jos.  Joachim  Nery, 
welcher  im  Jahre  1688  Raihsherr  gewesen  war,  nach  einem 
Ausweise  vom  Jahre  1717  geerbt:  von  ihrer  Tante,  der  Frau 
Margaretha  von  Leuzendorf,    1618  Gulden  16  Kreuzer,  von 


—     223     — 

ihrem  Oheime,  Jos.  Ant.  von  Leozendorf,  250  Gulden  3  Schilling, 
von  ihrer  Mutter,  welche  nach  dem  Tode  des  Nery  den  reichen 
Hammermeister  Prugger  geheiratet  hatte,  einer  gebomen  von 
Leuzendorf,  2400  Gulden.  Ueberdies  hatte  Letztere  ihrer 
Tochter  aus  zweiter  Ehe  Kleider  und  Schmuck  im  Werthe 
von  200  Gulden  hinterlassen.  Christian  Georg  Prugger 
war  ein  Halbbruder  dieses  Mädchens.  Als  er  im  Jahre  1746 
starb,  veranschlagte  man  sein  baares  Vermögen  zu  2 1,000  Gulden. 
Aber  wirklich  vorgefunden  wurden  angeblich  blos  8000  Gulden. 

Ein  beträchtliches  Vermögen  sammelte  sich  durch  Ver- 
erbung in  den  Händen  des  Back  er  jungen  Franz  Hafferl. 
Derselbe  besass  demzufolge  im  Jahre  1718:  827  Gulden 
39  Kreuzer.  Davon  waren  100  Gulden  nAendl-Gut*^  (Erbtheil 
nach  dem  Grossvater),  298  Gulden  55  Kreuzer  väterliches 
Erbe,  135  Gulden  j^Mannsrüstung^,  183  Gulden  „Extra-Zu- 
bringen*  des  Vaters. 

Zum  Schlüsse  seien  hier  ein  paar  Zahlenreihen  mitge- 
theilt,  welche  eine  Uebersicht  über  die  beiläufigen  Ver- 
mögens-Verhältnisse der  Kindberger  Bürger  zu  verschiedenen 
Zeiten  gewähren. 

Als  es  im  Jahre  1678  die  Kosten  der  Bestätigung  der 
Marktprivilegien  aufzubringen  galt,  steuerten  dazu  bei :  Mathias 
Khundtschakh  30  Gulden  (damals  ungefähr  so  viel,  als  eine 
Keusche  auf  dem  Gemeinde-Anger  kostete),  Martin  Pamer 
20  Gulden,  der  Marktrichter  Hanns  Rainhalter  und  der  Sensen- 
gewerk Hanns  Messer  je  15  Gulden,  Jacob  Khundtschackh, 
Peter  Tschörmann,  M.  Unteregger  und  Georg  Höritz  je 
10  Gulden,  der  Hammermeister  Hanns  Eder  6  Gulden,  der 
Hauenschmied  Lorenz  PfeflFer  4  Gulden.  Bei  Umlegung  der 
Kopfsteuer  im  Jahre  1690  wurden  mit  je  1  Gulden  80  Kreuzer 
blos  10  Bürger  belegt,  nämlich  Joh.  Nery,  M.  Unteregger, 
M.  Pamer,  Mathias  Pemer,  Hanns  Rainhalter,  Carl  Purck- 
staller,  Jacob  Eberl,  Joh.  Georg  Prunner,  Mart.  Khundtschackh 
(der  Marktrichter)  und  Simon  Fürst.  Mit  je  1  Gulden  wurden 
damals  38  Bürger  besteuert;  der  Best  (22)  theils  mit  18,  theils 
mit  30,  theils  mit  45  Kreuzern,  obschon  das  betreffende  Patent 


—     224    — 

fbr  Bürger  nur  zwei  Abstufungen:  1  Gulden  und  1  Gulden 
30  Kreuzer  kannte,  was  jedoch  der  Magistrat  als  auf  Kind> 
berg,  wo  „Mancher  das  ganze  Jahr,  ja  in  seinem  Vermögen 
khaum  Aiuen  Gulden  Geld  vermag^,  vollkommen  nnan- 
wendbar  bezeichnete.  Weiber  hatten  die  Hälfte  der  Steuer- 
Schuldigkeit  ihrer  Ehemänner,  Kinder  den  vierten  Theil  der 
Steuer  ihrer  Väter,  Gesellen  je  30  Kreuzer,  Dienstboten  je 
3  Kreuzer  zu  entrichten. 

Zur  Vermögenssteuer,  deren  Relutum  im  September  1710 
zu  zahlen  war,  wurden  herangezogen:  der  Sensenschmied- 
meister  Balthasar  Kaltenbrunner  mit  10  Gulden  59  Kreuzer, 
der  Fleischhauer  Andreas  HoUerspacher,  der  Hammerschmied 
J.  J.  Fraidt,  der  Bäcker  Philipp  Helmreich  mit  je  3  Gulden^ 
der  Bierbrauer  Jacob  Kohlhofer  mit  5  Gulden  30  Kreuzer, 
der  Sensengewerk  Zac)iarias  Zeillinger  mit  5  Gulden  10  Kreuzer 
und  der  Weinhändler  Angerer  mit  4  Gulden  30  Kreuzer. 

Zur  Versorgung  verarmter  Bürger  diente  das  Bürger- 
spital, in  welches  sich  aber  die  Candidaten  einkaufen  mussten. 
Am  23.  Juni  1678  z.  B.  that  dies  das  Wimberger'sche  Ehe- 
paar mit  20  Gulden  und  einer  Kuh.  Gleichzeitig  fasste  der 
Magistrat  den  Beschluss,  dass  auch  ^der  blinde  Ruepl'  in 
das  Spital  aufgenommen  werden  solle  i,  damit  er  sich  nicht 
etwan  in  ein  Wasser  vergehe^;  aber  auch  nur  dann,  wenn 
11  Gulden,  die  er  bei  dem  Katzenstainer  liegen  hat,  dem 
Spitale  zugewendet  werden  und  wenn  sein  Bruder  in  der 
Stainz  keinen  Platz  für  ihn  hat. 

Eine  umfassende  Regelung  erfuhr  die  Armenpflege 
im  Jahre  1724.  Damals  legte  ein  Begierungs-Erlass  vom 
24.  Januar  der  Marktgemeinde  die  Pflicht  auf,  die  zu  ihr  zu- 
ständigen Armen,  welche  ihr  aus  dem  Lande  unter  der  Enos 
zugeschoben  wurden,  zu  übernehmen  und  zu  verpflegen.  Am 
23.  Juni  beschloss  der  Magistrat  eine  allgemeine  „Bettler- 
Visitation''  und  ernannte  er  dazu  vier  Corporäle.  Am  6.  Juli 
nahm  er  die  „Sortirung^  der  bei  dieser  Gelegenheit  aufge- 
grifi'enen  Bettler  vor.  Es  kamen  29  Weiber,  2  Männer  und 
2  Kinder  in  Frage.  Davon  wurden  18  nach  ihren  auswärtigen 


—     225     — 

Gebartsorten  abgeschoben,  darunter  Agathe  Ressl,  eine  40  Jahre 
alte  Witwe  aus  Mooskirchen  in  Schwaben  mit  einem  krummen 
Buben  und  einem  „närrischen  Mädl*.  Waren  diese  Schritte 
schon  durch  Normative  der  Staatsbehörden  veranlasst  worden, 
so  verfügte  die  von  der  Grazer  Regierung  unterm  9.  September 
1725  verlautbarte  rHaupt-Instruction*  die  Beherbergung  der 
ortseinheimischen  Bettler  in  ihrer  Heimatgemeinde.  Dadurch 
sah  sich  der  Magistrat  von  Kindberg  in  die  Nothwendigkeit 
versetzt,  aus  dem  Bürger-Spitale  alle  ortsfremden  Pfleglinge 
zu  entfernen.  Die  Zutheilung  Derjenigen,  deren  Heimat  sich 
nicht  genau  ermitteln  liess,  lag  dem  Landgerichte  Widen  ob. 
Dieses  wies  mittelst  der  sogenannten  Schub-Zettel  derlei  Indi- 
viduen den  umliegenden  Dorfgemeinden  und  Herrschaften  zu. 
Andere  erhielten  die  Weisung,  Kindberg  binnen  einer  bestinmiten 
Frist  zu  verlassen,  ohne  dass  ihnen  bedeutet  wurde,  wohin 
sie  sich  zu  begeben  hätten.  Mehrere  Arme  letzterer  Art  wurden 
im  Marktburgfrieden  noch  länger  geduldet,  wenn  sie  fleissig 
zu  arbeiten  versprachen.  Bald  machte  sich  der  BUckschlag 
dieser  neuen  Ordnung  der  Dinge  bemerklich.  Am  1 9.  December 
1724  meldete  der  Spitahneister  Wielandt:  die  seiner  Obhut 
anvertrauten  Spital -Armen  wären  jetzt  sehr  übel  daran,  da 
sie  in  den  Dorfgemeinden,  welche  ihre  Armen  dermalen  selber 
erhalten  müssten,  keinerlei  Beihilfe  mehr  empfangen.  Er 
beantragte  daher,  entweder  denselben  zu  gestatten,  dass  sie 
an  einem  Tage  der  Woche  im  Markte  Almosen  sammeln 
dür/en  oder  Jemanden  zu  bestellen,  der  dann  statt  ihnen 
be'.teln  geht.  Der  Magistrat  bestimmte  den  Mittwoch  zum 
Tage,  wo  sie  von  Haus  zu  Haus  die  Mildthätigkeit  anflehen 
'iurften,  nachdeni  die  anderen  „hergeschobenen  Bettler^  an 
jedem  Montage  und  Samstage  diesen  Rundgang  zu  unternehmen 
die  Erlaubniss  erhalten  hatten. 

Vom  „gemeinen  Almosen*'    des  Marktes  war  bereits  die 
Rede  (s.  oben  Abschnitt  HI). 


Hiithetl.  des  bist.  Vereines  f.  Steiermark,  XXIX.  HeO,  1881.  1  5 


—     226     — 

ym.  Zustand  der  Bildimg  und  der  Sitten. 

Wie  der  Verfall  der  materiellen  Cultar  überhaupt  ins- 
gemein mit  dem  der  geistigen  Hand  in  Hand  geht,  so  war 
auch  zu  Kindberg  in  den  Zeiten  der  Verarmung  des  dermalen 
im  Aufschwünge  begriffenen  Marktes  nicht  viel  von  Intelligenz 
und  sittiicher  Würde  zu  merken.  Der  Magistrat  zwar  hütete 
sich,  den  auf  Hexerei  lautenden  Anklagen  beizupflichten; 
aber  unter  der  Bürgerschaft  war,  wie  wir  oben  (im  Abschnitt  h 
gesehen  haben,  der  Glaube  an  derlei  boshafte  Beschädigungen 
verbreitet  Hieraus  erklärt  sich  auch  die  im  Juli  1677  von 
einem  Weibe  wider  die  Frau  des  damaligen  Schullehrers  ans- 
gestossene  Drohung:  sie  werde  ihr  etwas  anthun,  dass  sie 
„erkhrumpen,  erlamben  und  verdorben  müsste*^,  sowie  der 
durch  die  RathsprotokoUe  beim  Jahre  1869  constatirte  Ge- 
brauch des  Schimpfwortes  „Schögglfahrerin*',  was  so  viel  als 
Wetterhexe  bedeutete.  Andere  Prädicate,  womit  aufgeregte 
Bürger  und  Bürgerinnen  sich  wechselseitig  bedachten,  um 
ihrem  Grolle  Luft  zu  machen,  waren:  Bamhäuter(1665), 
Schinder  (1677),  alter  Schelm,  Hurentreiber  (1689)  u.  s.  w. 
Wenn  die  Wirthin  Strobl  im  November  1689  den  Bader  Rneü 
ausserdem  einen  „bayrischen  Sauhalter^  schalt,  so  hatte  diess 
vielleicht  in  dessen  Abkunft  aus  Baiem  seinen  Grund 
Raufereien  waren  gegen  Ende  des  XVH.  Jahrhunderts 
an  der  Tagesordnung.  Bald  prügelten  sich  herabgekommene 
Bürger  mit  den  Knechten  ihrer  Rivalen  oder  mit  diesen  selber 
herum ;  bald  ohrfeigten  und  stiessen  sich  die  Weiber.  Letztere 
nahmen  wohl  auch  den  Kampf  mit  Männern  auf.  So  packte 
die  Frau  des  Lederers  Ruprecht  Gänzer,  kaum  umsonst  «die 
Spiessin"  genannt,  im  Juni  1666  den  Wirth  Unteregger  am 
Halse  und  bei  den  Haaren.  Der  zu  dessen  Befreiung  herbei- 
eilenden Gattin  desselben  appliderte  sie  einen  solchen  Stos5 
in  den  Unterleib,  dass  dieselbe  rücklings  in  den  Hofraum  stürzte. 
Wie  die  „Gschmeidlerin"  im  April  1677  den  Bathsherm 
Tenhalter  misshandelte,  wurde  schon  oben  (im  Abschnitt  1 1 
berichtet.  Ebenso  manche  andere  hieher  einschlägige  Begeben- 


~     227     — 

heit.  Im  Juni  1665  bedrohte  der  Handelsmann  Hofmann  seinen 
Mitbürger  Pamer  bei  der  Kellerbeschreibung,  die  dieser  im 
Auftrage  des  Magistrates  vornahm,  mit  dem  „Oxenzem"  (Ochsen- 
ziemer). Der  Sensengewerk  Simon  Fürst  wurde  im  Januar 
1690  von  zwei  Parteien  wegen  ehrenrühriger  Aeusserungen, 
die  er  zu  Schottwien  gethan  hatte,  belangt  und  musste  sich 
schuldig  bekennen. 

Den  Vergehen  wider  die  Sittlichkeit  gegenüber  legte 
der  Eindberger  Magistrat  zwar  grosse  Strenge  an  den  Tag,, 
wie  aus  den  Beispielen  erhellt,  die  zur  Illustration  seiner  Art, 
Recht  zu  sprechen,  oben  angeführt  wurden.  Dennoch  waren 
Ehebrüche  so  gewöhnlich,  dass  der  ehemalige  Markt- 
schreiber Georg  Pamer  zur  Zeit,  wo  er  dieses  Delictes  halber 
in  Untersuchung  stand,  gleich  als  wäre  er  ein  völlig  unbe- 
scholtener Mann,  den  Magistrat  um  eine  Recompens  fbr 
geleistete  Dienste  anging  (Juni  1665). 

Von  gottesdienstlichen  Verrichtungen  sind 
die  Fronleichnams  -  Procession,  Bittgänge  zum  Erflehen  des 
göttlichen  Segens  für  die  kaiserlichen  Waffen  und  ähnliche 
feierliche  Umzüge  zu  erwähnen.  Das  Pulver,  welches  8  Schützen 
gelegentlich  der  erstgenannten  Procession  verschossen,  hatte 
der  im  Markte  ansässige  Pulvermacher  statt  der  Steuer  zu 
liefern  (Magistratsbeschluss  vom  17.  December  1665).  Die 
Ehrerbietung,  womit  die  Bürgerschaft  an  solchen  Umzügen 
sich  betheiligte,  bedurfte  der  Nachhilfe  durch  eine  Verordnung 
der  Marktobrigkeit,  welche  am  28.  Februar  1709  derselben 
einschärfte,  allen  Processionen  „bemäntelt,  züchtig  und  ehr- 
erbietig beizuwohnen.*'  Zu  den  Pflichten  des  Organisten  der 
Pfarrkirche  gehörte  auch  das  Wetterläuten.  Ausserdem 
wurde  durch  Schiessen  die  Gewalt  der  Gewitter  zu 
zertheilen  versucht.  Zur  Heiligung  des  Sonntags  verbot 
der  Magistrat  am  23.  December  1728  das  Abladen  der  Wein- 
fässer während  des  Hochamtes.  Die  Fasten  geböte  wurden 
dermassen  lau  beobachtet,  dass  die  Grazer  Regierung  sie 
unterm  19.  October  1689  der  Bürgerschaft  in  Erinnerung 
brachte  und  auch  die  Beisenden  ihnen  unterworfen  erklärte. 

15* 


—     228     — 

Die  sog.  Lumpitänze  wurden  in  Verbindung  mit  der  den 
Wirthen  eingeschärften  Mahnung,  nach  10  Uhr  Nachts  in  ihren 
Zechstnben  blos  durchreisende  Fremde  zu  dulden,  erst  am 
5.  Juli  1712  abgeschafft.  Mummenschanz  gereichte  dem 
Magistrate  zum  Anstosse.  Mindestens  musste  ein  Bäckenjunge, 
der  als  Weib  roaskirt  herumgezogen  war,  zur  Strafe  daftlr 
ein  halbes  Pfund  Wachskerzen  für  den  Bedarf  der  Pfsurkirche 
erlegen  (1.  April  1721).  Des  Heiligendreikönigs-Spieles 
geschieht  beim  1.  Januar  1682  Erwähnung,  wo  ein  Bäcken- 
junge  aus  Kapfenberg,  der  von  hier  am  Vorabende  mit  mehreren 
Genossen  nach  Kindberg  gekommen  war,  um  dieses  Spiel 
aufzuführen  und  dabei  den  Herodes  darzustellen  hatte^  wegen 
eines  Streithandels  vor  dem  Marktgerichte  erschien.  Das 
Scheibenschiessen  war  eine  seit  dem  XVL  Jahrhunderte 
übliche  Belustigung.  Um  zur  Theilnahme  daran  zu  ermuntern, 
beschloss  der  Magistrat  am  1.  Juni  1740,  dieselbe  ohne  Rück- 
sieht  auf  die  Qualität  der  angebrachten  Schüsse  zu  honorieren, 
u.  z.  sollten  der  Lieutenant  der  Bürgergarde,  der  Fähnrich 
und  der  Schlosser  für  zweimaliges  Mitwirken  je  40  Kreuzer, 
jeder  Schütze  und  der  Wächter  im  Schiessstande  je  30  Kreuzer 
erhalten.  Gelage  und  Schmausereien  bildeten  den 
gewöhnlichen  Abschluss  feierlicher  Amtsacte,  wie  der  Richters- 
wahl, der  Aufnahme  neuer  Bürger,  der  jährlichen  Berainung 
des  Burgfriedens  („Rain-  und  Stein-Schau").  Am  18.  August 
1716  wurde  auch  die  Geburt  eines  kaiserlichen  Prinzen  damit 
festlich  begangen.  Als  es  sich  am  14.  Mai  1705  zufällig 
ereignete,  dass  in  dem  Wirthshause,  wo  die  von  der  Rain-  und 
Stein-Schau  Heimgekehrten  zechten,  ein  quiescirter  Hofkanzlist 
aus  Wien  mit  Frau  und  Jungfrau  Tochter  auf  der  Reise  nach 
Graz  anwesend  war,  wurde  auch  diese  Familie  dem  Festmahle 
beigezogen.  Die  Bürgerschaft  rechnete  es  sich  „zu  einer  Ehre, 
dieselbe  zu  tractieren^.  Dass  das  Tabakrauchen  in 
Kindberg  frühzeitig  Eingang  fand,  ergibt  sich  aus  einem  mit 
dem  Lorenz  Pfeffer  am  11.  April  1682  aufgenommenen  Ver- 
höre, bei  welchem  dieser  aussagte :  er  habe,  als  ein  incriminirtes 
Ereigniss  eintrat^  sich  eben  in  seiner  Stube  niedei^esetzt  und 


—     229     — 

„ein  Pfeiffen  Dowäkh  trinkhen  wollen''.  Zum  Lotteriespiel 
verleitete  die  Bürgerschaft  der  eine  und  andere  „Glückshainer^, 
besonders  zur  Zeit  der  Jahrmärkte,  und  wie  wenig  Gewinnst- 
chancen  dieselbe  dabei  hatte,  lehrt  eine  Gerichtsverhandlung 
vom  30.  Juni  1716,  vnder  einen  solchen  Glücksritter,  welcher 
der  Tochter  des  zu  Kindberg  stationirten  kais.  Ueberreiters 
(Gefiülwächters)  einen  von  ihr  gemachten  Gewinn  vorenthielt. 
Derselbe  erbot  sich  schliesslich,  statt  des  Gegenstandes  einen 
Speciesthaler  zu  Messen  für  die  armen  Seelen  im  Fegefeuer 
zu  erlegen,  worauf  der  Magistrat  mit  der  Modification  einging, 
dass  er  51  Kreuzer  von  diesem  Gelde  der  Beschädigten  als 
Ei-satz  zuerkannte. 

Wenn  die  Bevölkerung  von  Kindberg  gegen  Ende  des 
XVII.  Jahrhunderts  und  zu  Beginn  des  folgenden  kein  Tugend- 
spiegel noch  auch  der  Markt  eine  Bildungsstätte  war,  so  hatten 
daran  gewiss  die  gleichzeitigen  Gebrechen  des  hiesigen  Schul- 
wesens grossen  Antheil.  Denn  dieses  bot  damals  ^  den 
RathsprotokoUen  nach  zu  urtheilen,  weder  durch  die  Art,  wie 
der  Unterricht  ertheilt  wurde,  noch  durch  den  Ort,  wo  dies 
geschab,  noch  vermöge  der  Persönlichkeiten  der  Lehrer  irgend 
eine  Gewähr  für  gute  Erziehung  der  Jugend. 

Der  erste  Schullehrer  des  Marktes,  dem  wir  in  den 
Protokollen  begegnen,  war  Franz  Ferd.  Hoffory.  Dieser 
erbat  sich  am  16.  October  1666,  also  zu  einer  Zeit,  wo  der 
Wintercurs  sicher  schon  begonnen  hatte  oder  doch  hätte 
beginnen  sollen,  einen  Urlaub  zu  einer  Reise  nach  „alt  teutsch 
Ötenburg*^.  Der  Magistrat  ertheilte  ihm  nicht  nur  die  ange- 
suchte Reiselicenz,  sondern  verabfolgte  ihm  auch  einen  Gehalt- 
vorschuss  von  4  Gulden.  Da  Oedenburg  in  jener  Zeit  der  Sam- 
melplatz zahlreicher  steiermärkischer  Exulanten  und  der  Mittel- 
punkt der  protestantischen  Religionsübung  für  einen  weiten 
Umkreis  war,  da  femer  diese  Religionsübung  einen  nationalen 
Hintergrund  hatte,  auf  welchen  mit  der  Bezeichnung  der 
Stadt  als  einer  j, altdeutschen^  füglich  angespielt  werden 
konnte:  so  drängt  sich  die  Vermuthung  auf,  dass  Hoffory 
dem  protestantischen  Bekenntnisse  anhing  und  daraus  in  Kind- 


—     230    — 

berg  kein  Hehl  zu  machen  brauchte.  Fehlt  es  ja  doch  sogar 
in  den  RathsprotokoUen  nicht  an  weiteren  Anhaltaponkten 
für  die  Meinung,  dass  der  Protestantismus  damals 
im  Mürzthale  noch  ziemlich  verbreitet  war.  Ab- 
gesehen von  der  Oberauüsicht  über  das  Kindberger  Eirch^i- 
wesen,  welche  noch  immer  der  Rector  des  Grazer  Jesuiten- 
GoU^ums  führte,  und  von  der  oben  erwähnten  EinscbArfüng 
des  Fastengebots  im  Jahre  1689,  geschieht  z.  B.  beim  eben 
genannten  Jahre  (18.  April)  eines  Fleischhauers  aus  Morz- 
Zuschlag  Erwähnung,  welcher  insgemein  der  „luthrische  Hanssl'' 
hiess.  War  Hoffory  wirklich  protestantisch  gesinnt,  so  musste 
es  ihm  schwer  fallen^  mit  der  Geistlichkeit  des  Marktes,  die 
dies  unmöglich  billigen  konnte,  in  gutem  Einvernehmen  zu 
leben  und  sein  ganzes  Verhalten  war  dann  nicht  ge^gnet, 
Schulzwecke  zu  fördern. 

Job.  Ruprecht  Pfeiffer,  welchen  die  Bürgerschaft 
im  Jahre  1677  mit  dem  Lehramte  betraute,  war  ein  seiner 
erotischen  Gelüste  wegen  übel  beleumundeter  Mann,  musste 
schon  bei  seiner  Anstellung  ermahnt  werden,  nicht  auf  Winkel- 
schreiberei sich  zu  verlegen,  hielt  die  Schule  nicht,  wie  be- 
dungen war,  in  seiner  Wohnung,  sondern  im  geräuschvollen 
Hause  des  Webers  und  kümmerte  sich,  da  er  zugleich  Organist 
und  vor  Allem  überhaupt  Musikus  war,  weit  mehr  um  die 
Sängerknaben  („Discantisten^),  denen  er  beim  Ifagistrate 
Belohnungen  erwirkte,  als  um  die  übrige  Schuljugend.  Nach 
seinem  zu  Anfang  des  Jahres  1690  erfolgten  Tode  wurde  ein 
Lehrer  aus  der  Radmer  bei  Eisenerz  berufen^  dessen  in  den 
Protokollen  nur  anlässlich  dieser  seiner  Berufung  gedacht  ist 

Kläglich  gestalteten  sich  die  Kindberger  Schulverhältnisse 
auch  unter  dem  Lehrer  Peter  Mayrhoffer  (1709—1726), 
welcher  gleich  nach  Antritt  seines  Amtes  ein  grosses  Haus 
kaufte,  jedoch,  weit  entfernt,  die  Schule  in  dieses  zu  verlegen, 
vielmehr  den  Lehrdienst  als  Nebensache  betrachtete,  so  dass 
die  Gemeinde  ihn  verhielt,  einen  ^Präceptor''  statt  seiner  zu 
bestellen,  welcher  aber  auch  nicht  entsprach.  Um  einiger- 
massen  dem  abzuhelfen,  verlegte  der  Magistrat  mit  Beschlus^ 


I 


-     231     - 

vom  5.  März  1716  die  Schule  ins  Rathhaus.  Am  7.  März 
klagte  die  Bürgerschaft  in  öffentlicher  Versammlung,  dass 
Mayrhoffer  die  Kinder  nicht  gut  instruire,  sondern  es  ihnen  an- 
heimstelle, sich  wechselseitig  zu  unterrichten,  und  mit  ihnen 
höchst^is  allerlei  Possen  treibe.  Der  Magistrat  ermahnte  ihn 
daher,  öfter  in  die  Schule  zu  kommen  und  wenigstens  ^zu- 
zusehen.''  Aber  das  fruchtete  wenig.  Am  21.  März  1726 
rousste  dem  nachlässigen  Manne  abermals  sein  Unfleiss  ver- 
wiesen und  er  neuerdings  aufgefordert  werden,  statt  seiner 
einen  „Präeeptor^  zu  unterhalten. 

Zum  Schlüsse  will  ich,  und  zwar  thunlichst  mit  den 
Worten  des  betreffenden  Protokolls,  eine  Liebesgeschichte 
erzählen,  deren  Held  der  obengenannte  Schullehrer  Pfeiffer 
ist,  weil  sie  das  gesellige  Leben  in  Eindberg,  so  wie  es  gegen 
Ende  des  XVII.  Jahrhunderts  beschaffen  war,  insbesondere 
aber  den  Verkehrston,  welcher  damals  dort  herrschte,  gut 
charakt^risirt  Die  meisten  massgebenden  Factoren  sind  darin 
wie  in  einem  Brennpuncte  zusammengefasst 

Am  8.  Februar  1666  trug  der  Bürger  Ruprecht  Gänzer, 
ein  Lederer,  dem  Magistrate  vor:  sein  Soldat  (d.  h.  der  bei 
ihm  einquartierte)  Gapitän  Armiss  (?)  habe  ihm  berichtet, 
dass  während  er  (Gänzer)  in  der  March  abwesend  war,  Herr 
Pfeiffer  sein  Weib  nächtlicher  Weile  abholte,  ins  Wirthshaus  des 
Jacob  Khundtschackh  führte  und  wieder  nach  Hause  begleitete, 
wo  er  sich  mit  ihr  einsperrte  und  sie  zusammen  Wein  tranken ; 
Pfeiffer  habe  erst  gegen  zwei  Uhr  Morgens  das  Haus  verlassen 
und  seinen  Weg  durch  den  Garten  genommen.  Dieser,  über  vor- 
stehende Beschuldigung  vernommen,  sagte  Folgendes  aus :  als 
der  Gänzer  vormals  in  der  March  gewest,  habe  die  Spiessin 
(so  hiess  dessen  Weib  im  Volksmunde)  in  einem  Reindl  etwas 
zum  Jacob  Khundtschackh  getragen;  darauf  hin  sei  er  auch 
hingegangen  und  habe  er  vermeldet:  er  besitze  daheim  ein 
paar  Stückhl  Fisch;  die  wolle  er  spendieren.  Hernach  habe 
er  diese  wirkhch  hinübergetragen  und  aufgemacht  (ausgeweidet). 
Die  Frau  Khundtschackh  gab  ein  Essen!  Schnecken  dazu  und 
das  Alles  verzehrten  sie  im  Frieden.   Später  gingen  er  und 


—     232     — 

die  Spiessin  nach  deren  Wohnung.  Sie  trugen  ein  VierÜ  Wein 
mit  sich,  das  sie  in  der  Kammer  zusammen  austranken  Un- 
ehrbares sei  nicht  vorgefallen.  Darauf  könne  er  ein  leibliches 
Jurament  ablegen.  Der  Zeuge  „Capitan  Armiss^  versicherte, 
während  der  Abwesenheit  des  Gänzer  wiederholt  bencerkt  zu 
haben,  dass  ein  Mann  nächtlicher  Weile  dessen  Hius  und 
zwar  die  Schlaf kammer  betrat;  wer  es  gewesen,  wisse  er 
freilich  nicht.  Insbesondere  habe  das  Weib  in  der  Jfacht,  wo 
sie  beim  Wirthe  Khundtschackh  mit  einem  Begleiter  zechte. 
Besuch  gehabt.  Als  er  sie  am  folgenden  Morgen  deshalb  zur 
Rede  stellte,  habe  sie  Anfangs  geleugnet,  später  aber  doch 
gestanden,  dass  ein  Mann  bei  ihr  war,  und  nur  in  Abrede 
gestellt,  dass  Böses  geschah.  Dann  schenkte  sie  ihm  (dem 
Zeugen)  ein  Hemd,  damit  er  über  das  Vorgefallene  desto  lieber 
schweige.  Pfeiffer  aber  habe  seine  Besuche  fortgesetzt  »da 
er  sich  der  Spiessin  nicht  meiden  khan".  Vor  vierzehn  Tagen 
betrat  die  Spiessin  nach  dem  Rosenkranze  den  Pfarrhof.  Das 
„habe  seine  Wege.*  Am  nächsten  Morgen  war  das  Thor  des 
Gänzer'schen  Hauses  offen  und  stand  die  Spiessin  ungewöhn- 
lich früh  auf,  um  es  eigenhändig  zu  schliessen.  Darauf  hin 
legte  sich  Zeuge  in  der  folgenden  Nacht  auf  die  Lauer  und 
nahm  er  auch  wahr,  dass  sich  Einer,  Namens  Fischer,  bei  der 
Spiessin  eine  Bratwurst  briet  Doch  schlug  der  Versuch,  diesen 
abzufangen,  fehl.  Die  weiteren  Aussagen  des  Zeugen  betreffen 
drei  Löcher,  welche  die  Spiessin  ihm  aus  Rache  für  ihre 
Denuncierung  mit  einem  eisernen  Leuchter  in  den  Kopf  schlug, 
wofür  er  zwei  Thaler  Schmerzengeld  verlangte. 

Pfeiffer,  der  damals  Gemeinde- Vormund  war  und  den 
Gemeindestier  bei  sich  in  Verwahrung  hatte,  erhielt  des  durch 
ihn  erweckten  Verdachts  willen  eine  Geldbusse  von  zehn 
Thalern  zuerkannt  und  wurde  vom  Magistrate  angewiesen, 
künftig  das  Gänzer'sche  Haus  nie  mehr  zu  betreten.  Ob  er  dem 
nachkam  ist,  wie  überhaupt  in  der  Regel  ein  guter  Lebens- 
wandel, den  RathsprotokoUen  nicht  zu  entnehmen. 


c. 


Kleinere  Mittheilungen. 


Die  Vesten  Klausenstein  und  Holenstein. 

Von  Ignaz  Orolen^  Domcapitular  in  Marburg. 

Klausenstein.  Zu  den  älteren  Testen  des  steirischen  Unter- 
landes gehörte  die  Yeste  Klausenstein.  Dieselbe  haben  König  Ottokar 
im  Jahre  1270  und  König  Rudolf  am  22.  October  1279  dem  Grafen 
Ulrich  von  He nn bürg  und  seiner  Gemalin  Agnes,  der  Herzogs- 
witwe, yerschrieben.  *)  Weiters  erwähnen  ihrer  noch  eine  Urkunde  vom 
80.  Mai  1831,  in  welcher  der  Aglaier  Patriarch  Paganus  kundgibt, 
dass  er  den  Gleriker  Jacobus  de  Patavia  auf  die  Kaplanei 
»ecclesie  sive  Gapelle  S.  Egidii  de  Ghlasennstain" 
investirt  habe,  *)  und  die  zu  Wien  am  Perchentage  1336  ausgefertigte 
Urkunde,  laut  welcher  die  Herzoge  Albert  und  Otto  die  Yeste 
Klausenstein  u.  a.  dem  Friedrich  Freien  von  Seunock  und 
seinen  Erben  verpfändeten  *).  In  späteren  Urkunden  ist  mir  der  Name 
dieser  Yeste  nicht  mehr  vorgekommen.  Wahrscheinlich  war  dieselbe 
schon  im  16.  Jahrhunderte  verfallen,  woraus  es  auch  erklärlich  wäre, 
dass  man  jetzt  schon  lange  her  nicht  mehr  wusste,  wo  diese  Yeste 
gestanden  war. 

Schon  der  verstorbene,  sehr  verdiente  Geschichtsforscher  Dr.  Earl- 
mann  Tangl  ersuchte  mich  seinerzeit,  ihm  die  Burgställe  Klau- 
senstein, Freudeneck  und  Sachsenwart  ausfindig  zum  machen.  Wohl 
vermuthete  ich  schon  damals,  dass  die  Yeste  Klausenstein  sUdlich  von 
Cilli  zu  suchen  sei;  aber  erst  die  obangefOhrte  Aglaier  Urkunde  von 
1331  brachte  mir  diessbezüglich  die  richtige  Orientirung. 

Da  ich  nämlich  die  aufgelassene  oberwähnte  Kapelle  St.  Egidii, 
welche  noch  bis  1848  am  rechten  Sannufer  neben  der  Steinbrücke  und 
nächst  der  Sannmttndung  gestanden  ist,  noch  gesehen  und  gekannt  habe, 
so  konnte  mir  nach  Lesung  der  erwähnten  Urkunde  nicht  mehr  fraglich 
sein,  wo  ich  Klausenstein  zu  suchen  hätte. 

Im  Sommer  1878  kam  ich  in  eben  dieser  Angelegenheit  nach 
SteinbrUcken  und  schaute  dort  lange  nach  den  Felsenhöhen  und  nach 
den  umliegenden  Bergen,  konnte  aber  nirgends  eine  Spur  von  einer  Yeste 
erspähen.  Schon  dachte  ich,  dass  mein  Ausflug  resultatlos  bleiben  werde. 

1)  Mnchsr.  Oeach,  d.  St  Y.  887.  428.  *)  NoüxenbUtt  der  k.  k.  Ak.  d.  W.  1858.  *)  Muchv. 
0«ach.  d.  St.  YI.  272. 


—     236     — 

Da  theilte  ich  kurz  vor  meiner  Abreise  einem  Herrn  aas  Ratschach 
den  Zweck  meines  Erscheinens  in  Steinbrilcken  mit,  und  dieser  erwiderte 
mir,  er  habe  von  einer  Yeste  Klausenstein  nie  etwas  gehört,  wohl  aber 
wisse  er,  dass  der  Fels  über  dem  Stationsgebäude  alldort  Klauenstein  (sie) 
genannt  werde.  Bei  diesen  Worten  blickte  ich  nach  dem  Felsen  und  be- 
merkte dort  Über  dem  Stationsgebäude  einen  kleinen  Felsenvorspmng, 
auf  welchem,  oder  vielleicht  höh  er  oben  die  Yeste  Elausenstein  gestanden 
sein  muss.  i)  Dafür  spricht  die  bisher  im  Yolksmnnde  bewahrte,  wenn 
auch  corrumpirte  Benennung  des  Felsens  und  die  Lage  der  ehemaligen 
St.  Kgidi-Capelle,  welche  da  in  nächster  Nähe  der  Yeste  Klausen st^in 
stand  und  desshalb  mit  Recht  Capeila  S.  Egidii  de  Klausenstein  genannt 
werden  konnte. 

Yielleicht  wurde  die  Yeste  Klausenstein  auch  vom  Herzoge  Leopold 
und  zwar  mit  der  steinernen  Savebrücke  zugleich  und  zu  ihrem  Schutze 
um  1222  erbaut  >).  Ohne  Zweifel  wurden  die  zu  diesem  BrQckenbaue 
erforderlich  gewesenen  Steine  von  den  dortigen  Felsenwänden  am  linken 
Saveufer  hergenommen  und  wird  bei  den  hiezu  vorgenommenen  Felsen- 
Sprengungen  auf  den  Bau  der  genannten  Yeste  Bedacht  genommen 
worden  sein. 

Unter  den  von  den  ausgestorbenen  Qrafen  von  Gilli  hintcrlassenen 
Gütern  wird  auch  ein  Thurm  bei  Ratschach  genannt.  >)  Sollte  dieser 
Thurm  etwa  die  Yeste  Klausenstein  sein  ?  Den  Burgstall  der  oberwähnten 
Yeste  Freudeneck  konnte  ich  bisher  noch  nicht  ausfindig  machen,  ver- 
muthe  aber,  dass  auch  dieser  im  Tüfiferer  Districte  zu  suchen,  und  dass 
unter  dem  von  der  Cillier  Chronik  (Annales  Duc.  Stir.  IH.,  145)  ange- 
führten: „Freidenberg.  Bei  Tiferein  Thurn",  Freudeneck  zu  verstehen  sei. 

Holenstein.  Das  Notizenblatt  des  Jahres  1858  der  k.  k. 
Akademie  der  Wissenschaften  brachte  ausser  der  oben  besprochenen 
Urkunde  von  1831  noch  eine  zweite  für  Üntersteiermark  interessante 
Urkunde,  nämlich  die  vom  19.  October  1342,  in  welcher  der  Patriarch 
Bertrand  zu  wissen  gibt,  es  habe  ihm  Dietmar  der  P&rrer  von 
Gonowiz  berichtet,  dass  Heinrich  Tanarius  auf  seinem  eigenen, 
unter  seiner  Yeste  „Holenstayn^  gelegenen  Grunde,  in  der  Pfarre 
Gonowiz,  eine  neue  Capelle  S.  Pancratii  zu  seinem,  seiner  Eltern  und 
anderer  Gläubigen  Seelenheil  erbaut  habe  und  nun  Willens  sei,  zu 
dieser  Capelle  ein  Beneficium  für  einen  Priester  zu  errichten;  und  e^ 
habe  der  Pfarrer  Dietmar  Namens  des  Tanarius  hiezu  um  die 
oberhirtliche  Genehmigung  gebeten,  welche  er,  der  Patriarch,  mittelst 
dieser  Urkunde  ertheilet. 


<)  Beim  Baue  der  Eisenbahn  nnd  des  Bahnhofes  wnrden  hier  grosse  FelseasprengaD^B 

Toi^^enommen. 
2)  Diese  Brücke  wurde   in   der  Fehde  der  Cillier  Grafen  mit  Friedrich  IV.  14»— 144i 

sersMrt;  der  Gegend  alldort  ist  aber  der  Name  SteinbrÜoken  geblieben. 
S)  Knchar.  Gesch.  d.  St.  VIl.  426. 


—     237     — 

Die  gewiss  schon  seit  Jahrhunderten  verschollene  ond  in  Vergessen- 
heit gerathene  Yeste  Holenstein  stand  also  in  der  Pfarre  Gonowiz,  aber 
wo  ?  Wollen  wir  diese  Frage  lösen,  bleibt  uns  nichts  Anderes  übrig,  als 
dass  wir  die  von  Tanarius  errichtete  Gapelle  S.  Pancratii  ausfindig 
machen. 

Diese  Gapelle  stand  neben  dem  Jamnik-Hofe  in  der  aus  dem 
alten  Pfarrsprengel  Gonowiz  exscindirten  Pfarre  St.  Egiden  in  Rätschach 
nod  ist  nebst  dem  Jamnik-Hofe  in  Vischers  Bilderwerke  abgebildet. 
Ihr  letzter  Beneficiat  war  der  Priester  Michael  Schlacker,  welcher 
dieses  durch  die  Besignation  des  Priesters  Johann  Male  vacant 
gewordene  Beneficium  am  10.  Juni  1784  verliehen  erhielt  und  am 
17.  August  1808  als  Pfarrer  von  St.  Johann  bei  Unter-Drauburg  starb, 
worauf  das  Beneficium  der  Gapelle  St.  Pancratii  zum  steirischen 
Religionsfonde  eingezogen  wurde. 

Die  Gapelle  St.  Pancratii,  in  welcher  laut  decanalämtlichem  Berichte 
vom  Jahre  1795  schon  seit  1775  nicht  mehr  Messe  gelesen  wurde, 
begann  Johann  Weissmann,  Inhaber  des  Jamnik-Hofes  1771  bis 
1802,  zu  Wirthschaftszwecken  zu  benützen,  wobei  sie  aber  immer  mehr 
in  Abbau  gerieth  und  endlich  Anfangs  dieses  Jahrhundertes  gänzlich 
verfiel. 

Hier  also  muss  die  Yeste  Holenstein  gestanden  sein  und  zwar 
nicht  an  der  Stelle  des  Gutsgebäudes  Jamnik,  d.  i.  nicht  neben,  sondern 
ober  der  Gapelle  S.  Pancratii,  weil  ja  diese  Gapelle  laut  oben  angegebener 
Urkunde  „in  fundo  sub  Castro  Holenstayn  sito''  erbaut  wurde.  Eine 
Localbesichtigung  müsste  hierüber  verlässlichere  Auskunft  schaffen. 


Altes  Messgewand  in  der  Radmer. 

Von  Johann  Erainz^  Bezirks- Gorrespondent  in  Eisenerz. 

Kaiser  Ferdinand  U.  Hess  in  Radmer  die  gegenwärtige  Pfarr- 
und  Wallfahrtskirche  St.  Antonius  de  Padua  nach  dem  Muster  der 
gleichnamigen  Kirche  zu  Padua  erbauen,  und  die  Einweihung  dieses 
Gotteshauses  fand  am  10.  August  1602  in  Gegenwart  der  erlauchten 
Familie  des  fürstlichen  Erbauers  statt. 

Bei  dieser  Kirche  wird  als  Andenken  ein  Messkleid  aufbewahrt, 
welches  von  den  Töchtern  des  Kaisers  Ferdinand  II.  gestickt  und  hieher 
geschenkt  wurde.  Dieses  Messkleid  ist  in  Bezug  auf  Reichthum,  Farben- 
pracht und  Feinheit  der  weiblichen  Handarbeit  ein  Meisterstück  ersten 
Ranges.  Die  Darstellung:  „Pfaue,  Hirschen,  Eidechsen,  Heuschrecken 
(Gottesanbeterinnen)  und  Phantasiepflanzen'',  zeichnet  sich  durch  feine 
Stylistik  und  klare  Zeichuung  aus,  doch  trifft  die  Gomposition  einiger 
Vorwurf,    der  einer  Uebcrladung,   eines   unorganischen  Aufbaues   und 


—     238     — 

wohl  auch  —  mit  Rttcksicht  auf  den  gegenwärtigen  Standpunkt  kirch- 
licher Kunst  —  der  einer  yerfehlten  StofFwahl;  letzterefl  findet  jedoch 
anderseits  eine  Entschuldigung,  und  zwar  durch  den  Umstand,  dass  eben 
die  Widmung  eine  solche  für  Jagdzwecke  gewesen  sein  dürfte.  Kaiser  Fer- 
dinand II.  oblag  mit  besonderer  Vorliebe  dem  Waidwerke  in  der  wild- 
reichen Gegend  von  Radmer ;  er  hatte  daselbst  sein  eigenes  Jagdschloss  — 
dermalen  Gewerkschaftsgebäude  —  und  wenn  er  dann  in  der  tob  ihm 
erbauten  Kirche  dem  Gottesdienste  beiwohnte,  so  wurde  —  der  Tradition 
nach  —  das  Messkleid  vom  celebrirenden  Priester  benützt.  Der  Grand, 
auf  welchem  alle  dargestellten  Gegenstände  reliefartig  mit  Gold  und 
mit  auf  das  Verschiedenste  nüancirter  Seide  gestickt  sind,  ist  indigoblaue, 
leider  schon  sehr  faltig  gewordene  Seide,  von  der  sich  die  Figuren  ins- 
gesammt  hell  abheben.  Die  Arbeit  selbst  (Hochstickerei)  zeigt  eine 
geradezu  vorzügliche  Technik  und  unermüdliche  Geduld;  die  Stickerei 
ist  so  bunt,  dass  z.  B.  jede  einzelne  Feder  der  Vögel  in  3—4  Farben 
schillert,  ohne  dass  jedoch  dadurch  irgendwie  die  Harmonie  des  Ganzen 
gestört  erscheint.  Die  Vögel  sind  zwar  als  Pfauen  gedacht,  doch  ist  ihr 
Gefinder  ein  vorwiegend  helles  und  sind  selbst  die  bekanntlich  häss- 
lichen  Beine  dieses  Vogels  in  herrlichem  Carmin  ausgeführt.  Zwei  der 
Pfauen  sind  dargestellt  im  Kampfe  um  eine  Heuschrecke.  —  Die  mit 
feinstem  Geschmacke  zusammengestellten  Farben  des  Messgewandes  sind 
wunderbar  frisch  erhalten,  auch  die  Goldbordon  sind  intact  geblieben, 
da  sie  den  Stempel  des  17.  Jahrhunderts  an  sich  tragen ;  dagegen  zeigt 
das  herrliche  Kleid  deutliche  Spuren  barbarischer  Verstümmelung.  Nicht 
nur  dass  man  das  Gewand  in  seinem  ganzen  Umfange  gekürzt,  es 
wurden  auch  einzelne  Stellen  ausgeschnitten  und  die  übrigen  Theile  ohne 
Rücksicht  auf  die  Zeichnung  zusammengenäht!  So  fehlen  z.  B.  die  daran 
angebracht  gewesenen  Wappen,  die  Buchstaben  A.  B.  R.  B.  und  V.  H. 
I.  £.  wie  auch  die  Jahreszahl  1658.  Sowohl  die  Buchstaben  als  auch 
die  Jahreszahl  waren  noch  in  der  ersten  Hälfte  des  Jahrhunderts 
(ca.  1840)  an  dem  Messkleide  ersichtlich,  während  die  Wappen  um  diese 
Zeit  schon  schadhaft  gewesen  sein  sollen.  Jedenfalls  mag  die  entstandene 
Schadhaftigkeit  die  Ursache  der  Zerstücklung  dieses  Prachtkleides  ge- 
wesen sein.  Die  Stola  zeigt  an  der  Schmalseite  recht  hübsche  Arabesken, 
ist  jedoch  an  beiden  Enden  gleichfalls  aus  mehreren  Stücken  zusammen- 
gesetzt. Es  erinnert  somit  dieses  Messkleid  sehr  an  jene  herrliche, 
uraltgestickte  Bettdecke  im  Schlosse  Guttenberg  bei  Graz,  welche  angeblich 
von  einer  gebomen  Baumkircher,  verehelichten  Stubenberg,  herrührt, 
aus  welcher  man  sonderbarer  Weise  das  grosse  gestickte  stubenbergische 
Wappen  herausgeschnitten,  worauf  sodann  die  beiden  noch  immer  riesigen 
Seitentheile  zusammengenäht  wurden.  —  Die  erste  photographische  Auf- 
nahme jenes  Messkleides  fand  vor  Kurzem  auf  Kosten  des  Herrn  Josef 
Arbcsser,  Edl.  v.  Rostburg  statt. 


—     239     — 

Alte  Bilder  in  Eisenerz. 

Von  Joh,  Erainzy  Bezirks-Gorrespondent. 

Im  Kastengebäude  der  Innerberger  Hauptgewerkschaft  in  Eisenerz 
befindet  sich  ein  aus  dem  16.  Jahrhunderte  stammendes,  bei  zwei  Meter 
breites  und  eben  so  hohes,  aber  leider  in  seinen  wesentlichen  Theilen 
ganz  unkenntlich  gewordenes  Gemälde  von  Eisenerz,  und  die  Hauptgewerk- 
schaft bewahrt  im  Amtshause  (an  entsprechender  Stelle)  die  in  Oel 
gemalten  Portraits  der  Oberkammergrafen :  Josef  Freiherr  von  Haugwitz, 
Johann  Edler  Ton  Koflern,  Franz  Freiherr  von  Halleg,  Dismas  Franz 
Graf  von  Dietrichstein,  Emanuel  Graf  yon  Schärfenberg  und  Franz  von 
Schüler  wie  auch  der  beiden  k.  k.  Werksdirectoren  Josef  Fortunat 
Sybold  und  Franz  Ritter  von  Ferro.  Die  Bildergrösse  beträgt  mitsammt 
der  21  Gm.  breiten  schwarzen  Holzrahmen  l'l  Meter  Höhe  und 
0-96  Meter  Breite. 


Zu  G.  M.  Vischer's  Wirken  in  Steiermark 

haben,  seit  ich  dasselbe  in  jenem  grösseren  Aufsatze  im  24.  Hefte  dieser 
»Mittheilungen''  (1876)  dargestellt,  sich  eine  Anzahl  neuer,  meist  ganz 
von  seiner  Hand  geschriebener  Acten  im  Landesarchive  gefunden.  Sie 
tragen  Einiges  noch  dazu  bei,  die  Stellung  dieses  verdienstlichen  Geo- 
graphen im  Lande  und  sein  Streben  und  Ringen  zu  beleuchten,  ohne 
übrigens  an  dem  Wesentlichen  jener  Schilderung  irgend  etwas  zu  ändern. 
Es  ist  Sache  der  Pietät  gegenüber  dem  Andenken  des  Mannes,  solche 
actenmässige  Beiträge,  welche  bisher  noch  nicht  in  Verwendung  gekommen, 
der  im  Allgemeinen  abgeschlossenen  Darstellung  seines  Wirkens  nach- 
zuschicken. Denn  darüber  ist  man  sich  im  Klaren,  dass  mancherlei 
Puncte  desselben  bis  nun  keineswegs  geklärt  werden  konnten;  diese 
also  sehen  noch  immer  beleuchtenden  Nachträgen  entgegen.  So  wissen 
wir  bekanntlich  nichts  über  Yischer's  Abgang  von  Graz  und  die  Weise 
seines  Abschiedes,  und  auch,  was  ich  jetzt  biete,  wirft  eine  neue  Episode 
auf,  nämlich  einen  förmlichen  Process  mit  A.  Trost.  Ich  kann  also 
wahrlich  nur  sagen,  dass  mit  Gegenwärtigem  ich  blos  die  Reihenfolge 
von  Zusätzen  eröffiie,  welche  regelmässig  nach  jeder  Schilderung  einer 
Person  oder  eines  Gegenstandes  auf  breiterer  Grundlage  einherznhinken 
pflegen  und  welche  ebensowenig  zu  vermeiden  sind,  als  sie  gewöhnlich 
begrttsst  werden,  wenn  ihr  Object  darnach  ist.  Und  G.  M.  Yischer  wird 
man  in  seiner  Richtung  und  für  seine  Zeit  eine  an  sich  einzige  Stellung 
kaum  je  aberkennen. 

Nehmen  wir  die  neuen  Acten  nach  den  Materien  vor,  welche  sie 
berühren. 


—     240     — 

Im  Frfibjahre  1676  aberreicht  er  seine  eben  fertige  nieder- 
Österreichische  Landkarte  den  steierm.  Verordneten. 

nYomemblich  wird  dess  Menschen  Aug  (schreibt  er  [und  ich  lasse 
alle  Formalien  weg])  mit  dem  Lobspmech  Tners&ttlich  beschriben,  weülen 
selbigess  niemahlen  noch  mit  der  Fehme,  noch  mit  der  Hänge  der 
gegenstehenden  Sachen  khan  ersättiget  werden,  sonder  allzeit  noch  lieber 
fehmer  in  die  Weithe,  zn  deme  dan  absonderliche  Hilfglässer  gebraucht 
werden,  vnd  geren,  wo  nur  möglich,  die  gantze  Welt  mit  allen  dann 
begriffnen  Sachen  vbersechen  wollte,  dass  darumben  yon  Weissen  Tnd 
Hochvernunfftigen  billich  vnd  rOhmblich  dess  Menschen  Aug  solch  Bahn- 
wort  zugeschriben  worden.  Nun  aber  mit  allergnädigister  Yerwilligiuig 
der  Rom.  kays.  Majestät  vnd  von  der  löbl.  Landtschafit  in  Oesterreieh 
vnder  der  Enns  vorgeschossenen  Vnkhosten  habe  ich  dem  Aug  des« 
Menschen  zu  gefallen  alle  vomembe  Orth,  wie  sie  sich  in  ihrem  Standt 
vnd  Wessen  sechen  lassen,  eigentlich  gezeichnet  vnd  inss  Khnpfer  bringen 
lassen,  welche  £ur  Excellenz,  HochwOrden  vnd  Gnaden  Gnaden  ich 
hiemit  in  dieffister  Demueth  vnd  getröster  Zuuersicht  vortrage,  sie  werden, 
weillen  dero  Befraindte,  Verschwägerte  vnd  Bekhante  selbige  besitzen, 
sich  daruon  nennen  vnd  schreiben,  Eur  Excellenz,  HochwQrden  vnd 
Gnaden  Gnaden  annemblich  vnd  ihren  genadig  begürigen  Augen  gefällig 
sein,  vnd  mich  mit  einer  genädigen  Remuneration  also  begnaden,  durch 
welche  ich  angemuntert  werde,  von  meiner  gemachten  Arbeit  ein  Mehrers 
vorzutragen." 

Mit  der  Schwulst-  und  Gnadseligkeit  von  Bittschriften  oder  Wid- 
mungen jener  Tage  muss  man  nicht  zu  sehr  rechten ;  es  scheint  manchmal 
die  Regel  gegolten  zu  haben,  je  unverständlicher,  in  der  Phrase  gestreckter 
und  besteckter,  desto  demttthiger  vor  dem  Auge  der  hohen  Behörde  und 
desto  sicherer  ihrer  milden  Hand.  Yischer^s  nicht  unklar  gedachte  abex 
geschraubt  gefasste  Widmung  wurde  mit  80  fl.  honorirt,  und  es  waren 
acht  Exemplare  der  Karte  gewesen,  also  8  Thaler  per  Stück  remunerirt 
worden.  Die  Geldanweisung  erfolgte  am  20.  Mai  1676. 

Wie  aus  p.  14,  Note  10  meines  Aufsatzes  ersichtlich,  hat  Yischer 
auch  einen  Theil  Ungarns,  soweit  er  am  rechten  Ufer  der  Donan  bis 
zur  Raab  in  den  Händen  des  Kaisers,  kartographisch  au^enommen. 
Diese  Arbeit  hatte  ungefähr  12  Jahre  nach  ihrer  AusflSJmmg  die  Ehre 
einer  neuen  Auflage,  und  iin  Jänner  1685  legt  er  „8  der  neuen  vngarischen 
Landcarthen*'  den  steir.  Verordneten  vor,  zu  billigem  Kaufe.  Er  sagt, 
„auf  mein  vnderthänigess  Anmelden,  ob  ich  nicht  der  hochlöbl.  Verord- 
neten Stöll  etliche  von  den  neu  aufgelegten  Stierischen  (II)  Landtcarten 
(welche  dermahlen  in  höchsten  Aestimo  ist,  also  zwar,  dass  man  eine 
per  4  vnd  5  Ducaten  bezahlt  hat)  ist  mir  solches  verwilligt,  vnd  8  dero, 
iede  vmb  8  Ducaten  begehrt  worden,  welche  ich  hiemit  liefere,  vnd  and) 
entgegen  das  Versprochene,  weillen  ich  mich  in  Verfertigung  der  Kupier- 


—     241     — 

stich  gantz  vnd  gar  meiner  GeltmitU  entplöst  habe,  in  gehorsamer 
Ynterthänigkheit  solicitiere.'' 

Die  folgenden  Actenstücke  betreffen  die  Steiermark.  Land- 
karte und  reihen  in  meinem  Aufsatze  zu  p.  20  uff. 

Da  ist  zuerst  ein  „Memorial .  .  .  pro  gnädiger  Anschaffung  einer 
Zöhrung  zu  fehrner  vnd  langwürigen  Bayse  die  Mappa  vber  das  Herzog- 
thamb  zu  uerferttigen.**  Er  sagt:  „Auf  mir  genädig  zugeschikhtes  Patent, 
dass  ich  in  diessem  Herzogthum  aller  Ortfaen  vngehindert  eine  recht- 
mässige mappam  oder  Landtcarthen  zu  machen,  raissen  khönde,  habe 
ich  mich  nunmehr  desselben  bedient  vnd  den  20^"^°  nechst  verwichenen 
Julii  den  Anfang  meiner  Baisse  gemacht,  vnd  zwar  ersten  Ober-Steyer, 
damit  ich  nit  wegen  nechstfallenden  Sehne  khonfftig  in  dissem  Werkh 
alda  verhindert  werde,  vor  mich  genomben,  verhoffe  innerhalb  etlich 
Wochen  meisten  Theil  dess  Ennss-  vnd  Judenbnrger  Yiertl  zu  zeigen^, 
—  und  bittet  um  Geldanweisung,  damit,  setzt  er  fort,  „ich  dissen  Herbst 
vnd  Winter  hindurch  souil  möglich  noch  raissen  khönde,  vnd  also  mein 
vorhabende  mappam  vngehindert  eheistens  heruorbringen^.  Darauf  wurden 
ihm  300  fl.  angewiesen  und  am  28.  October  1678  zuvörderst  170  fl. 
ausbezahlt. 

Auf  sein  nicht  erklärtes  Säumen  in  der  Unterschrift  des  Gontractes 
(p.  22,  Nota  26)  bezieht  sich  das  nachfolgende  Schreiben. 

„Eur  Excellenz,  Hochwürden  vnd  Gnaden  Gnaden  haben  Ihnen 
genädig  belieben  lassen,  mein  jüngsthin  in  Ynderthänigkheit  vberraichtes 
Memoriale,  darinnen  ich  die  vnendbörliche  fernere  Raissvnkhosten  zu 
Verförtigung  der  Mappen  solicitiert,  verbschaiden  zu  lassen,  sofern  ich 
derentwegen  gefertigten  Contract  werde  in  die  Ganzley  liferen,  vnd  ent- 
gegen den  andererseits  gefertigten  heraussnemben,  werde  weiterer  Be- 
schaid  eruolgen. 

Dissess  ist  nunmehr  beschechen,  gelanget  deme  nach  an  Eur 
Excellenz,  Hochwürden  vnd  Gnaden  Gnaden  mein  vnderthftniges  Bitten, 
Sie  geruhen  zu  Gewinnung  der  nunmehr  tauglichen  Fruelingszeit  vnd 
BefUrderung  dess  Werkhs  mir  die  contrahierte  600  fl.  vor  die  zwey 
verförtigte  Yiertl  in  Gnaden  anzuschaffen,  vnd  befelchen,  dass  ich  disses 
Gelts  vmb  erstbemelter  Yrsachen  willen  eheist  möge  handthabig  werden.^ 

Man  wies  ihm  die  Summe  an  und  bezahlte  ihm  am  19.  März  1676 
fOr's  Erste  150  fl.  und  am  letzten  April  abermals  so  viel. 

Auf  diese  zweite  Bäte  bezieht  sich  das  folgende  Ansuchen: 

„Eur  Excellenz,  Hochwürden  vnd  Gnaden  Gnaden  haben  mir  vor 
etlich  Wochen  vor  die  zwey  verförtigte  Yiertl  in  Ober  Steyer  die  contra- 
hirtc  600  fl.  in  Gnaden  angeschafft,  vor  welche  Gnad  ich  mich  vnder- 
thänig  gehorsamblich  bedankhe.  Weillen  ich  aber  selbigem  noch  nicht 
völlig  (habe)  khönnen  habhafft  werden,  gelangt  an  Eur  Excellenz,  Hoch- 
würden vnd  Gnaden  Gnaden  mein  abermahlig  vnderthänig  gehorsame 

Mittlien.  des  hist.  Yerainea  f.  Steiermark,  XXIX.  Heft>  1881.  16 


—     242     — 

Bitt,  noch  fehrnere  gen&dige  Anbefehlung  zu  than,  dass  ich  zu  denselben 
möge  khomen  vnd  meine  nothwendige  vnd  langwirige  Baissen  dannit 
bestreitten  vnd  mit  meiner  Arbaith  eine  hochlöbl.  Landtscfaafft  eheistcns 
sobald  möglich  befridigen  möge.** 

Auch  das  ist  im  Aufsätze  p.  35,  Note  ersichtlich,  dass  Yischer 
auf  sein  Geld  ftlr  Geliefertes  manchmal  längere  Zeit  warten  musste. 
Namentlich  war  das  zwischen  1682  bis  84  der  Fall,  in  welche  Pause 
der  grosse  TUrkenkrieg  und  die  Belagerung  Wiens  und  wohl  auch  grosse 
Ebbe  in  der  steierm.  Landescasse  fiel.  So  bittet  er  im  Herbste  1684: 
„Eur  HochwOrden  vnd  Gnaden  Gnaden  berichte  ich  in  gehorsamer  Ynter- 
thänigkheit,  dass  ich  vngefehr  vor  2  Jahren  der  hochlöbl.  Verordneten 
StöU  contrahierter  Massen  100  Steyerische  Landtcarthen  per  50  Reichs- 
thaler gegeben,  die  Anschaffung  aber  der  Bezahlung  von  Herrn  Grafen 
vonLengheimb  alss  damaligen  Herrn  Präsidenten  nicht  bekhomen  khönnen, 
darumben  auch  mich  wegen  der  Bezahlung  gar  nit  anmelden  derffen^  — 
und  jetzt  wurden  ihm  auch  am  21.  October  desselben  Jahres  seine  75  fl. 
ausgehändiget. 

Ungefähr  vom  Anfange  März  1676  datirt  Yischer's  Vorlage  seiner 
grossen  Ansicht  von  Graz.  „Eur Excellenz, ^  sagt  er,  „HochwOrden  vnd 
Gnaden  Gnaden  haben  auss  dissen  Beylagen  genädig  zuersehen,  welcher- 
gestalten  ich  die  Haubt-Vestung  von  Statt  Grätz  deliniert  vnd  durch 
meinen  bestölten  Eupferstöcher  (habe)  lassen  inss  Khupffer  bringen,  daruon 
Eur  Excellents,  Hochwürden  vnd  Gnaden  Gnaden  ich  in  gehorsamster  De- 
muth  ein  Dutzet  exemplaria  präsentiere,  mit  vnderthänigster  Bitt,  mein  ao- 
gewendten  Fleiss,  MOhe  vnd  Vnkhosten  in  gnadige  Consideration  zu 
ziechen  vnd  mir  mit  einer  gnädigen  Recompens  zu  begegnen,  verspreche 
in  dero  Werkhen  auch  absonderlichen  Fleiss  anzuwenden  vnd  solche 
hoche  Gnad  nach  Möglikheit  abzudienen."  Die  Verordneten  machten  ihm 
das  Abtragen  leicht,  denn  für  12  Exemplare  betrug  das  Ehrengeschenk 
ganze  8  Thaler  oder  12  fl. 

Auf  Lieferung  der  Topographie  und  auf  Forderungen  aus  der- 
selben bezieht  sich  eine  Eingabe  von  etwa  Jänner  1685.  Sie  berührt 
Verhältnisse  und  Differenzen,  welche  der  im  gedachten  Aufsatze  ali^ 
druckte  Buchhaltersbericht,  p.  133  berührt  „Eur  Hochwflrden  vnd 
Gnaden  Gnaden  haben  sich  auss  dissen  Beylagen  genädig  znersechen, 
dass  ich  auf  ein  Neuess  nunmehr  13  Kupfer  an  der  Steyerischen  Topo- 
graphia  verfertigt,  aber  weiter  fortzufahren  wider  Geltmitl  erfordert 
werden.  Gelangt  deme  nach  an  Eur  Hochwürden  vnd  Gnaden  Gnaden 
mein  vnderthanigs  Bitten,  mir  die  ausständige  55  Ducaten  vor  die  o5 
eingeraichte  Topographien  in  Gnaden  volgen  zu  lassen,  sonsten  wird 
dass  Werkh  wider  geseumbt,  weillen  ich  alle:  als  Kupferschmid,  Pallierer. 
KhupferstÖcher,  Druckher  vnd  Papierer  gleich  nach  empfangener  Arber 
bezahlen  muess.^ 


—     243     — 

Schliesslich  haben  sich  noch  zwei  lose  Acten  gefunden,  welche  auf 
einen  Streit  zwischen  Yischer  und  seinem  Hauptarbeiter,  dem  Kupfer- 
stecher And.  Trost  hinweisen.  Der  Zwist  fiel  mindestens  in's  Jahr  1679, 
mag  aber  schon  vorher  geblüht  haben;  ich  habe  in  den  Gerichtsacten 
der  Landeshauptmannschaft,  denen  die  zwei  fraglichen  Documente  ent- 
nommen sind,  vergeblich  nach  mehr  Aufklärung  gesucht.  Der  Streit 
betraf  die  Lieferung  der  Stiche.  Yischer  behauptete,  Trost  für's  Ganze 
verpflichtet  zu  baben,  Letzterer  erklärte,  er  könne  gehen,  wann  er  wolle. 
Das  erklärt  wohl  auch  die  Stockung  und  die  Beiziehung  anderer  Kräfte 
und  die  Vollendung  des  Schlösserbucbes  nach  Yischer.  Dieser  schwur 
einen  Gerichtseid,  „dass  Andreass  Trost  alle  die  Herrschaften  vnd 
Schlösser  in  Steüermarkht  zu  stechen  yber  sich  genomben,  vnd  vor  Voll- 
endung dieser  Arbeit  von  mir  nit  zu  gehen  versprochen,  vnd  doch  selbe 
nit  perficirt  habe.**  Sein  Rechtsvertreter  war  Dr.  Georg  Ruess,  jener 
Trostes  Dr.  Job.  Andr.  von  Pettenegkh,  der  Ahnherr  eines  unserer  jüngsten 
Grafen  im  Reiche.  Im  landesbauptmannischen  AmtsverhOre  vom  16.  Mai 

1679  erfolgte  die 

„Decisio. 

Der  Fischer  ist,  dass  der  Andreas  Trost  alle  die  Herrschaften  vnd 
Schlösser  in  Steüermarkht  zu  stechen  yber  sich  genomben  vnd  selbe  nit 
perficirt  habe,  darzue  zu  thuen  schuldig,  wie  recht  ist,  inmittels  hat  das 
Anrueffen  sein  anstandt. 

V.  beschwert  sich,  man  habe  von  Stuckh  zu  Stuckh  tractiert,  also 
dass  er  nach  jedem  Stuckh  frey  sey  gewesen  hinwekh  zu  gehen,  ergo 
billich  die  Beschwehr. 

R.  in  dieser  Sach  werde  requiriert.  Personae  webrc  nit  mieglicb, 
einen  gleich  nach  einen  verrichten  Stuckh  loss  zu  lassen. 

Fehrer  erkhent, 
Khan  nit  dingen"  — 
womit  dermalen  unser  Actennachtrag  schliesst.  Zahn. 


Das  Jagd-Buch  von  Burgau. 

Von  Hans  Lange^  Bezirks-Correspondent  in  Fürstenfeld. 

In  einem  Inventur- Protokolle  der  ehemaligen  Herrschaft  Burgau, 
das  jetzt  im  Archive  des  Fürstenfelder  k.  k.  Bezirksgerichtes  liegt, 
befindet  sich  im  Anfange  das  „JaLgd  Buech,  Wass  Bey  der  Hocbgräff liehen 
Herschafft  Burggau  sich  in  Gwir  Befindet,  Vnd  Von  Jabr  zu  Jahr  Auff 
der  Jagt  Geschossen  wirt.** 

Dieses  Buch  zerfällt  in  zwei  Tbeile;  im  1.  Theile  werden  die 
Jagd-  und  Scheibengewehre  der  Herrschaft,  im  2.  Theile  die  Jagd- 
ergebnisse aufgezäblt. 

16* 


—     244     — 

An  Jagdgewehren  besass  die  Herrschaft  im  Jahre  1787: 

a)  15  Flinten,  meist  mit  Messing  beschlagen,  einige  mit  Silber  oder 
Gold  eingelegt.  Fast  bei  jedem  Gewehre  ist  der  Name  des  Ter- 
fertigers,  des  BOchsenmachers ,  angegeben;  diese  waren:  Der 
BQchsenmacher  von  Fürstenfeld  (ohne  Name),  Adam  GrSzl  ron 
Wien,  dann  der  Büchsenmacher  von  Judenburg. 

b)  Gezogene  Flinten  vier  Stück;  eine  von  Josef  Wiesthaler,  eine  von 
„Einen  Extra  Zeig  smidf 

c)  „Birstuzen^  3  Paar;  ein  Paar  von  Johann  Nenreiter  in  Salzborg, 
ein  anderes  Paar  von  Marcus  Kellner  in  Wien. 

An  Scheibenrohren  besass  die  Herrschaft  im  Jahre  1737:  4  lange 
Rohre  und  10  Paar  kurze  Stutzen,  darunter  ein  Rohr  «mit  Ein  gar 
sehen  aussgeschnitenen  schloss  So  mit  Hirsch  Jagt  Vnd  Ynderscbitlich 
Feltzeichen  aussgearbeith,  der  Lauff  aber  mit  Einem  Z.  und  J.  gezeichnet 
Die  kurzen  Stutzen  sind  von  Johann  Neureiter  in  Salzburg,  Franz  Celner 
in  Salzburg,  von  Ferdinand  Reiner  und  vom  Fürstenfelder  BQchsen- 
macher. 

Die  Aufzählung  der  Jagdbeute  beginnt  mit  dem  Jahre  1737  und 
endigt  mit  dem  Jahre  1750.  Dabei  ist  sorgfältig  angegeben  wann,  von 
wem  und  was  erlegt  ward. 

Geschossen  wurden  im  Jahre  1737 :  67  Hasen,  17  Füchse,  20  Rehe, 
20  Rebhühner,  5  Wölfe,  58  Waldschnepfen  und  43  Moosschnepfen.  Unt^r 
den  Schützen  kommen  vor:  Excell.  Graf  Trautmannsdorf,  Graf  „Sigerl-^, 
der  10  Jahre  später  als  Excellenz  Graf  Sigmund  Trautmannsdorf  erscheint, 
Graf  Max  Trautmannsdorf,  Graf  Saurau,  Excell.  Graf  Josef  Wildenstein, 
Graf  Heinrichsperg,  Graf  Steinbeiss,  der  Pfarrer  von  Neudau,  der  Pater 
Lector  Augustiner,  der  Kammerdiener,  der  Lakai,  das  Forstpersonale 
und  als  sehr  guter  und  eifriger  Jäger  sehr  oft  der  ^Hunzbue  Wmstl'', 
der  einige  Jahre  später  als  „J^Lger  Wastl*'  vorkommt. 

Im  Jahre  1738  vnirden  geschossen:  36  Hasen,  20  Füchse,  18  Rehe, 
36  Waldschnepfen,  102  Moosschnepfen  und  5  Wildschweine.  Schützen: 
der  Excellenz  Graf  (Trautmannsdorf),  Graf  Erdödy,  Excell.  Graf  Josef 
Wildenstein,  der  Pfarrer  von  Neudau,  „Pater  Bretiger",  der  Hofmeister, 
der  Laufer,  der  Lakai,  der  Glaser  von  Pöllau,  der  Zimmermann  von 
Birkfeld  und  das  Forstpersonale,  als:  Forstmeister,  Obeij&ger,  Jager, 
Waldhüter  und  „Hunzbue  Wastl".  Ein  Wildschwein  wurde  von  Bauern 
zerhauen. 

Im  Jahre  1739  wurden  geschossen:  14  Rehe,  7  Füchse,  16  Hasen, 
15  Waldschnepfen,  6  Moosschnepfen  und  4  Wölfe.  Schützen:  Herr  Baxa. 
Lieutenant  Mather,  Lieutenant  Rummel,  Stadtpfarrer  von  Hartberg,  Pater 
Prior,  der  Schlosskaplan  Petriner  Gabriel  Saurer,  der  Schreibeijungt^ 
und  das  Forstpersonale. 


—     245     — 

Im  Jahre  1740  wurden  geschossen:  9  Behböcke,  8  Behe,  18  Füchse, 
oi  Hasen,  83  Waldschnepfen,  3  Moosschnepfen,  84  Bebhühner.  Schützen: 
Die  Excellenz  Gräfin  (Trautmannsdorf),  das  „Freülle  von  Auersperg^ 
schoss  einen  Waldschnepfen,  Graf  Max,  Herr  Baxa,  der  Prediger  von 
Fnrstenfeld,  der  Pfarrer  Ton  Nendau,  der  Marktrichter  von  Burgau,  der 
Richter  yon  Schweinz,  der  Schreibeijunge,  der  Mundkoch  und  das  Forst* 
personale. 

Im  Jahre  1741  wurden  geschossen:  4  Hirsche,  4  Behböcke,  7  „Beh- 
Schachteln^,  19  Füchse,  54  Hasen,  43  Waldschnepfen,  14  Moosschnepfen, 
55  Bebhfihner  und  23  Wild&nten.  Schützen :  Excellenz  der  Graf,  Excell. 
Graf  Wurmb,  Herr  Prankh,  Herr  „phalvasor",  Graf  Marche,  P.  Antoni 
von  Fürstenfeld,  der  „Haiduken  WastP  und  das  Forstpersonale. 

Im  Jahre  1742  wurden  geschossen :  2  Hirsche,  2  Behböcke,  6  Beh- 
schachteln,  7  Füchse,  63  Hasen,  49  Waldschnepfen,  äO  Moosschnepfen, 
70  Bebhühner  und  84  Aenten.  Schützen:  Excellenz  der  Graf,  Excellenz 
Frau  Gräfin  schoss  einen  Hasen,  der  Bischof  von  Seckau  Freiherr  von 
Firmian,  Graf  Prankh,  Herr  Baxa,  Pater  Lector,  Pater  Antoni,  der 
Pfarrer  von  Xeudau,  Graf  Max,  „Ihro  fürstl.  gnaden  gehöriger  Capelen 
Dienner",  der  kleine  Laufer  und  das  Forstpersonale. 

Im  Jahre  1743  wurden  geschossen:  1  Hirsch,  9  Behböcke,  5  Beh- 
schachteln,  7  Füchse,  65  Hasen,  68  Bebhühner,  28  Waldschnepfen, 
20  Moosschnepfen  und  30  Aenten.  Schützen:  Excell.  der  Graf,  Graf 
Prankh,  Graf  Galler,  Graf  Auersperg,  Herr  Baxa,  der  Schlosskaplan, 
der  Stadtpfarrer  von  Hartberg,  Herr  Fröhlich  von  Hartberg,  der  Pfarrer 
von  Waltersdorf  und  das  Forstpersonale. 

Im  Jahre  1744  wurden  geschossen :  2  Wölfe,  8  Behböcke,  4  Schachteln, 
2G  Füchse,  55  Hasen,  189  Bebhühner,  80  Waldschnepfen,  34  Moos- 
schnepfen, 27  Aenten,  1  Otter,  1  Marder,  1  „Hassen  Hiendl**.  Schützen: 
Excell.  der  Graf,  Graf  Prankh,  Graf  Auersperg,  Herr  Baxa,  der  Erz- 
priester, der  Hauptpfarrer  von  Waltersdorf,  der  Kaplan  Steger,  Doctor 
Demarkh  (?)  und  das  Forstpersonale. 

Im  Jahre  1745  wurden  geschossen:  8  Behböcke,  6  Behschachteln, 
2  Wölfe,  9  Füchse,  63  Hasen,  86  Bebhühner,  35  Waldschnepfen,  98  Moos- 
schnepfen, 28  Aenten,  8  Baubvögel,  2  Beiher,  2  Marder,  2  Haselhühner. 
Schützen:  Excell.  der  Graf,  Graf  Max,  Graf  Weichard  von  Trautmanns- 
dorf, Graf  Kottulinsky,  Franz  Karl  Graf  Wurmbrand,  Graf  Prankh, 
Gräfin  „Weyhärdin"  von  Trautmannsdorf,  geb.  Gräfin  von  Wagensperg 
schoss  einen  Behbock,  Gräfin  von  Wurmbrand,  geb.  Gräfin  von  Herber- 
stein schoss  einen  Hasen,  Pater  Mathias  Lector  Augustiner,  der  Schloss- 
kaplan Saurer,  Pater  Amadeus  von  „S.  Joannes",  der  Stadtpfarrer  von 
Hartberg  und  das  Forstpersonale. 

Im  Jahre  1746  wurden  geschossen:  4  Behböcke,  2  Behschachteln, 
17  Füchse,  33  Hasen,  32  Aenten,  14  Waldschnepfen,  18  Moosschnepfen, 


—     246     — 

27  Rebhühner,  9  Reiher,  15  Raabvögel,  darunter  2  Steinadler.  Schätzen: 
Excell.  der  Graf,  OrafMax,  Graf  Anersperg,  GrafPrankh,  Gräfin  Traot- 
mannsdorf,  „Freylle  Heinrieta  gebohme  Freylle  gräffinVonPrankh*  scbcs 
einen  Rehbock,  das  Forstpersonale. 

Im  Jahre  1747  wurden  geschossen:  4  Rehböcke,  6  Rehschaditebi, 
2  Rehkitze,  5  FQchse,  45  Hasen,  25  Aenten,  16  Waldschnepfen,  13  Moos- 
schnepfen, 52  Rebhühner,  12  Reiher,  20  Raubvögel.  Schützen:  Graf  Max, 
Graf  Weich ard,  Excellenz  Graf  Sigismund  von  Trautmannsdorf,  ExceU. 
der  Graf,  Graf  Prankh,  Hauptpfarrer  Josef  Karl  Aichinger  and  das 
Forstpersonale. 

Im  Jahre  1748  wurden  geschossen:  8  Rehböcke,  3  Rehschachteh^ 
47  Hasen,  2  Wildtauben,  21  Aenten,  16  Waldschnepfen,  9  Moosschnepfen, 
52  Rebhühner,  16  Reiher,  11  Raubvögel.  Schützen:  Excell.  der  Graf, 
Graf  Auersperg,  Excell.  Graf  Wurmbrand,  der  Hauptpfarrer  von  Walters- 
dorf, der  Schlosskaplan  Petriner  Josef  Bigotti,  das  Forstpersonale. 

Im  Jahre  1749  wurden  geschossen:  8  Rehböcke,  3  Rehschachteln, 
10  Füchse,  42  Hasen,  26  Aenten,  27  Waldschnepfen,  30  Moosschnepfen, 
26  Rebhühner,  3  Reiher,  13  Raubvögel.  Schützen:  Excell.  der  Graf, 
Graf  Karl  Trautmannsdorf,  Graf  Gundaker  Herberstein,  Rittmeister 
Baron  Delanes  vom  Regimente  Hohenzollem,  die  Lieutenants  Baron 
Ulmb  und  Rothkirchen  vom  Regimente  Hohenzollem,  der  Feldscherer, 
P.  Januari,  barfüssiger  Augustiner  von  St.  Johannes,  der  Kapellan  von 
Petersdorf,  der  „Kuechlschreiber''  und  das  Forstpersonale. 

Im  Jahre  1750  wurden  geschossen :  1  Hirsch,  1  Hirschthier,  13  Reh- 
böcke, 15  Rehschachteln,  10  Füchse,  60  Hasen,  35  Aenten,  3  Wald- 
schnepfen, 30  Moosschnepfen,  2  Rebhühner,  1  Haselhuhn,  5  Reiher. 
Schützen:  Graf  Weichard,  Excellenz  der  Graf,  Excellenz  Graf  Ernst 
Sigmund  Trautmannsdorf,  Excell.  General  Nadasdi,  Rittmeister  Oivaiasi 
und  Lieutenant  Baron  ülmb  •  vom  Regimente  Hohenzollem,  der  Feld- 
scherer Johann  Kleber,  der  Kaplan  Johann  Koller  von  Kaltenbrunn  nnd 
das  Forstpersonale. 

Diese  Aufzeichnungen  wurden  in  den  Monaten  vom  September  bis 
März  geführt. 

Eine  boshafte  Hand  schrieb  in  das  Jagdbuch:  „Im  Jahre  1823: 
14  Rehböcke,  9  Schachteln,  7  Kitze,  18  Füchse,  97  Hasen,  120  Wald- 
schnepfen, 146  Rebhühner,  130  Aenten,  7  Reiger  hätte  man  schiessm 
können,  wenn  sie  wären  dagewesen.^ 


—     247     — 

Aus  dem  Kriegsjahre  1809. 

Von  Hans  Lange^  Bezirks-Correspondenten  in  Fttrstenfeld. 

Im  Jahre  1809  wurde  bei  der  ehemaligen  Herrschaft  Strass,  u.  z. 
Kode  Mai  ein  Yerpflegsamt  errichtet,  za  welchem  auch  die  Herrschaften 
Miireck,  Brunnsee,  Weinburg  und  Wetzeisdorf  Naturalien  zur  Verpfle- 
gung der  österreichischen  und  französischen  Truppen  liefern  mussten. 
Vcrpflegscommissär  war  Alois  Edler  von  Eunsti. 

Folgende  österreichische  Truppen  wurden  in  der  Zeit  vom  Mai 
bis  Juni  von  Strass  ans  verpflegt  :9 

Infanterie  und  Jäger:  Triester  Jäger,  1.  Marburger  Landwehr- 
Bataillon,  2.  Banal-Begiment,  2.  Banderial-Bataillon,  ein  croatisches 
Banderial-BataiUon,  10.  Banal-Grenz-Begiment,  Stabs-Infanterie,  Otto- 
<^aner  Grenz-Begiment  Nr.  2,  dann  der  Geueral-Quartiermeisterstab  und 
der  Generalstab. 

Gavallerie:  £rherzog  Josef  Husaren,  Frimont  Husaren,  Hohenlohe 
Dragoner,  Banderial- Gavallerie  und  Savoyen-Dragoncr.^ 

Ferner:  das  2.  Artillerie-Regiment,  das  Bombardier-,  Handlanger- 
und  Fuhrwesen- Gorps,  Pioniere  und  Aerarial-Fleisch-Begie. 
Für  diese  Truppen  wurden  in  Strass  geliefert: 
5089  Brot-Portionen,  ä  l»/'*  ff, 
2818  Fleisch-      „        ,     «4  » 
4788  Wein-        „        „     V«  Mass, 
1148  Hafer-        „        »      1  Metzen, 
3712  Heu-  „         »      8  AT, 

88  Gentner  Stroh, 

137  Waldklafter  Holz  (eine  Waldklafter  =  %  Wiener  Klafter). 
Am  19.  Juli  1809  lieferte  der  Bezirk  Strass  allein  an  die  öster- 
reichischen Truppen:  88  Gtr.  22  ff  Mehl,  214  Gtr.  40  ff  Heu,  121  Gtr. 
80  ff  Stroh. 

Französische  Truppen  kamen  am  20.  Juli  nach  Strass.  Von  diesem 
Tage  bis  zum  10.  October  vrurden  nacheinander  in  Strass  verpflegt: 
Infanterie:  Das  9.,  13.,  25.,  29.,  35.,  53.  und  92.  Regiment. 
Gavallerie .  Ein  Ghasseur-Begiment  zu  Pferd,  6.  Husaren-Regiment ; 
dann  das  Detachement  des  di£ferens,  das  Detachement  des  divers  Gorps, 
das  Detachement  des  Blessös  und  das  Bataillon  de  marche. 
Diese  Truppen  erhielten: 

31485  Portionen  Brot,  ä  ly,  ff, 
2101  Metzen  Hafer, 

22  Gentner  63  ff  Kleie, 
2408        „       84  „  Heu, 

*)  Diese  Truppen  Is^erteii  in  dieser  Zeit  auf  dem  linken  Manifer,  u.  z.  bei  Landscha, 
Oberrogaa  und  Strass. 


-       248     — 

1039  Geniner  50  flf  Stroh, 
104  Klafter  weiches  Brennholz, 
20  Ochsen,  1  Stier,  10  KOhe, 
167  Centner  71%  ff  Fleisch, 

40  Startin  5  Eimer  6  Mass  Wein,  und    10  Startuftss^r. 
2lVc  Metzen  Bohnen,  ^ 

183  „4  Massl  Weizen, 

252  «    2       „       Korn, 

131  Centner  68      flf  Weizenmehl,    i   woraus  die  Brotpor- 
261        «        86i|  n  Kommehl,       |  tionen  erzeugt  wurd<*ii. 
Dazu  leistete  der  Strasser  Bezirk: 
825  Metzen  4  Massl  Hafer, 
1301  Centner  60  ff  Heu, 

538        „        Stroh;    das    Uehrigc    leisteten     die    Bezirke 
ürunnsce,  Weinburg,  Poppendorf,  Laubegg  und  Wetzeisdorf. 

In  der  Zeit  Tom  20.  October  1809  bis  4.  Jänner  1810  marschirtes 
durch  oder  lagerten  bei  Strass  (französische  Truppen): 

Infanterie:"  Das  1.,  3.,  5.,  8.,  9.,  14.,  18.,  19.,  23.,  36.,  52.,  62.. 
84.,  92 ,  102.  und  106.  Regiment. 

Cavallerie :  Dragoner  de  la  Reine,  das  23.,  28.,  29.,  und  30.  Dragoner- 
Regiment,  dann  das  6.  Husaren-Regiment. 

Das  6.,  14.  und  19.  Regiment  des  chasseurs  k  chevaL 
Artillerie:   Das  2.  Regiment  zu  Fuss,   das  4.  Regiment  zu  Pfeni. 
der  Train  d' Artillerie,  des  1.  und  14.  Regiment  Artillerie  lögcre. 

Ferner:    das  Detachement  des  troupes  dltalie,  das  Detacfaemcüt 
des  diff^rens  Corps,  Marodeurs,  Officiere  der  Genie,  Fuhrwesen. 
Diese  Truppen  fassten  in  Strass: 
23446  Brot-Portionen,  & 
16057  Fleisch-     „         „ 
2716        n      Rationen  „ 
23554  Wein-  „       „ 

935       „  n        n 

10913  Hafer-  „       „ 

10917  Heu-  „       „ 

265  Centner  30  ff  Stroh, 

12V6       II        »Greislwerk"  und  76  Klafter  weiches  Holz, 
Zwischen   dem    14.  und   17.  December    1809   versammelten  sich 
zwischen  Ehrenhausen  und  Marburg  12300  Mann  Franzosen. 

In  Strass  lag  als  Garnison  eine  Escadron  der  Dragoner  der  Königin 
mit  220  Mann  und  220  Pferden. 

Alle  vorstehenden  Daten  sind  den  Rechnungen  des  Yerpflegs- 
commissärs  von  Kunsti  entnommen,  die  sich  gegenwärtig  noch  in 
Strass  befinden. 


1V4 

ar. 

17 

Loth, 

1 

«, 

'/« 

Mass, 

1 

n 

V* 

Metzen, 

15'/, 

e, 

AoküodiguDg. 


Die  früher  erschieDenen  PublicationeD  des  historiscben  Yereinfs 
für  Steiermark  können  von  V er einsmit gliedern  durch  die  Ver- 
einskanzlei (Joanneum,  I.  Stock)  bedeutend  billiger  als  im  BuchhaDdel 
bezogen  werden;  nämlich: 

1.  Schriften  des  bist.  Vereines  fär  Innerosterrelehy  erst^ 

(und  einziges)  Heft,  1848,  Preis  für  Mitglieder  50  kr.,  Ladenpreis 
1  fl.  50  kr. 

2.  Hittlieilangen  des  bist.  Yerelnes  für  Steiermark,  »eit 

1850.  Preis  für  Mitglieder  pr.  Heft  50  kr.,  Ladenpreis  pr.  Heft  1  fi. 
50  kr.,  Ladenpreis  des  XIX.  Heftes  2  fi.  50  kr.  (Vergriffen  sind 
Hefte  I,  V,  XI,  XII,  XHI,  XVII.) 

3.  Beiträge  zur  Kunde  steierm.  OeschiehtsqaeUen,  $&^ 

1864.  Preis  für  Mitglieder  pr.  Heft  50  kr.,  Ladenpreis  pr.  Heftlil. 
50  kr.,  Ladenpreis-  des  9.  Heftes  2  fl.  50  kr.  (Vergriffen  ist  Heft  lO/i 

4.  A.  T.  Mnchar's  Geschiclite  der  Steiermark^  9  Bände  (ind 

Registerband).  Preis  für  Mitglieder  15  fl.,  Ladenpreis  24  fl.  Einzek- 
Bände  dieses  Werkes  kosten :  der  2.  und  8.  Bd.  hu  Mitglieder  &  2  ä , 
im  Buchhandel  ä  3  fl.  86  kr.;  der  4.,  5.,  6.,  7.  und  8.  Bd.  in: 
Mitglieder  ä  1  fl.  50  kr.,  im  Buchhandel  ä  2  fl.  50  kr.;  der  :^ 
(Register-)  Bd.  für  Mitglieder  8  fl.,  im  Buchhandel  6  fl.  (Der  1.  Bd. 
kann  nur  mit  der  vollständigen  Ausgabe  bezogen  werden.) 

5.  Steiermärkisclies  Landreclit  des  Mittelalters^  bearbfie' 

von  Dr.  Ferd.  Bischof f,  Graz  1875.  Preis  für  Mitglieder  2fi 
Ladenpreis  3  fl. 

6.  Urkandenbnch  des  Herzogthums  Steiermark^  bearbeitr 

von  Josef  Zahn,   I.  Band,   Graz  1875.    Preis  für  Mitglieder  5  t! 
Ladenpreis  8  fl.  —  II.  Band,  Graz  1879.  Preis  für  Mitglieder  4  Ö . 
Ladenpreis  7  fl. 

7.   Ansicht  der  Stadt  Marburg.  Nach  einem  Originale  aus  i^i 

Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts  fOr  die  Theilneluner  an  der  2. Win 
derv'ersammlung  (Pfingsten  1876)  von  Herrn  K.  Haas.  Zu  bezühtr 
durch  die  Kunsthandlung  des  Herrn  Jamnik  (Hauptplatz)  oder  d^ 
Vereinskanzlei.  Preis  1  fl.,  für  Mitglieder  80  kr. 

8.  Ansicht  der  Stadt  Judenburg  Tom  Jahre  1756.  Zu  u 

ziehen  ebendaselbst  um  30  kr.,  oder  ftlr  Mitglieder  in  der  Yemc- 
kanzlei  um  20  kr. 

Ferner  erschienen: 

9.   Festschrift    zur  Erinnerung  an  die  Feier   der  vor  700  Jafr  r 

stattgefundenen  Erhebung  der  Steiermark  znm  Herzogthum  (ll^ 
Graz  1880.  50  kr. 

10.  Der  historische  Yerein  für  Steiermark^  sein  Werden  in 

Bestand.  Eine  zeitgemässe  Erinnerung,  von  Dr.  F.  KroDes  l 
V.  M.  25  kr. 

11.  Sigisniund's  Grafen  y.  Auersperg  Tagebuch  zur  Gesciic; 

der  französischen  Invasion  vom  J.  1797.  Veröflfentlicht  vonJ.  Kn- 
tochwill,  revidirt  und  mit  Erläuterungen  versehen  von  Dr.  F.  i 
V.  Krön  es,  dz.  Vorstand   des  bist.  Vereines.    Separatahdrnd  * 
dem  XXVllI.  Hefte  der  Mittheiluugen.  Graz  1880.  80  kr. 

*)  Verg^riiTene  Hefte  werden  am  den  Mitgliederpreis  surAckgekaufl.  ^ 


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MAn  5  -  1827