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Full text of "Mittheilungen des Wiener Medicinischen Doctoren-Collegiums 6.1880"

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No. 


Boston 

Medical Library, 

19 BOYLSTON PLACE. 










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Googl 



MIITHEILUNGEN 

, ^ 

t 


des 

Wiener meitciniscben 






herausgegeben vom 


I 3 räsidinm 


nd redigirt vom Yice-Präsidenten des Collegiums 


Dr. Leopold Hopfgartner. 


VI. Band. 


Wien 1880. 

Itoßellschafts-Bachdrackerei, Wien. III., Erdbergstr. 3* 
Verlag des Collegiums. 


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Na m ensr eg i s ter, 


Pr. Adler Hans . 

„ Adler Heinrich 
„ Billroth Theodor, Prof . 

„ Chiari Hans, Prosector 107 
181. 297 

a Englisch Josef, Primararzt 46 
59. 69. 127. 285 
„ Elsenwenger ... 50 

„ Fridinger Carl ... 54 

„ Frisch A.v., Prof 13.21. 37 

„ Gerstel.150 

„ Griinfeld Josef ... 83 

„ Hajek S .169 

A Hebra Hans, Kit. v. . 83 

„ Hertzka.189 j 

„ Hyrtl, Prof. .... 325 I 
„ Hüttenbrenner A , Kit. v. 221 j 

229 i 

„ Jurid Gustav . < . . 132 ! 

„ Kiemann Franz, Prim.-A. 59 ' 
,, Lerch Alex. jun. 133. 245 j 
,, Mayer August . 197. 206 | 


Seite 

Dr. Meynert Th., Prof. 15. 33. 46 
,, Obersteiner H. jun., Prof. 

146. 157 

„ Pollak J. E.288 

„ Preyss Georg 29. 94. 202 
217. 225. 255. 281. 291 
„ Puschmann Th., Prof. 262 
,, Redtenbacher Leo . .213 

,, Schmerling R., Rit. v. 251 
,, Schneller Jos., O.-S.-R. 98 

194. 258. 324 
„ Schrötter L., Ritt, v., Prof. 

5. 273 

„ Schustler.297 

,, Weinberg Jakob. 298. 313 
,, Weissbach, Reg. Arzt 211 
218. 232. 237 
,, Winternitz David . .186 

„ Zeissl Maximilian . . 265 

,, Zontides Demeter . .287 

A Zuckerkandl, Prof. . . 1 


Seite 
. 121 
. 145 
77 



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Sachregister. 

Seite 

Aerzte, städtische. Gehaltserhöhung derselben.11 

Aerztekammer. Qomitö gewählt zur Berathung, wie sich 
gegen die vom Aerzteverei ns verband im Reichsrathe einge- 
brachte Petition um Aerztekammern zu verhalten sei . . . 17 

— — Petition des Doctoren-Collegium gegen Errichtung voti 

Aerztekammern (Ref. Preyss). 29 

— — Auch die ärztlichen Vereine der Bezirke Wiens haben 

Gegenpetitionen ein gebracht.31, 76 

— — Die leitenden Principien zur Berathung der Aerzte- 

kammerfrage im Abgeordnetenhause.131 

— — Zustimmung des Vereines homäopatischer Aerzte zur 

Petition des Collegiums gegen. ••....131 

An erkennu irg. Dr. Nusser wird auf sein Ansuchen mit 
vollen Bezügen pensionirt und erhält taxfrei das Bürgerrecht 228 

Anzeigen, literarische. Real-Encyklopädie von Eulenburg . 43 

— — Tagebuch für praktische Aerzte von G. Beck . . . . 110 

— — Illu8trirte Vierteljahrsschrift für ärztliche Polytechnik 111, 204 


— — Beck’s therapeutischer Almanach.186 

— — Für und wider die Kuhpockenimpfung von A. Vogt 

(bespr. von Schneller). . • ..194 

— — Onomatologia anatomica von Prof. Hyrtl.202 

— — Die am häufigsten vor kommen den Verfälschungen und 
Verunreinigungen des Mehle s von Prof. A. E. Vogl (bespr. 

von Schneller).. . 258 

— — Statistik des Sanitätswesens der im Reichsrathe ver¬ 
tretenen Königreiche und Länder für das Jahr 1876 . . . 281 


— — Gesetze zur Abwehr und Tilgung ansteckender Thier¬ 
krankheiten und der Rinderpest von Prof. J. Rechner. . . 283 

— — Offener Brief an Dr. Erhardt, betreffend Dr. Winter¬ 

halters Schrift „Zur Kanalisation von Münchenvon Dr. G. 
Varentropp. (Besprochen von Dr. SchneUer.).324 

— — Kritik der gegen die Schwemm-Canalisation erhobenen 

Ein wände von Dr. J. Soyka. (Besprochen von Dr. Schneller) 324 
Ansprache des Präsidenten Dr. v. Schmerling an Dr. Vivenot 
bei Ueberreichung der Adresse anlässlich des 50jährigen 

Doctorjubiläums des Letzteren.251 

Asyl und Erziehungsanstalt für Blöd- und Schwachsinnige . 188 
A ufnahme neuer Mitglieder 5, 32, 68, 73, 75, 84, 91, 109, 

144, 162, 168, 188, 244, 260, 272, 296, 312, 326 
Aufruf zum Beitritt in den Viszanik - Vivenot’ sehen Unter¬ 
stützungsverein .. . . ,164 


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IV 


Seite 


Auszeichnungen 10, 32, 92, 110, 179, 212, 228, 236, 

244, 260, 272, 284 

Bericht über die Leistungen des Dootoren-Collegiums im 
Jahre 1879 von Dr. Preyss.94 

— — über die Leistungen des Unterstützungs-Institutes des 
Doctoren-Collegiums im Jahre 1879 von Dr. Preyss 217, 225 

— — über die Thätigkeit des Pensions-Institutes im Jahre 

1879 von Dr. Adler.121 

— — über die Geschäftsführung der Witwen-Societät des 
Doctoren-Collegiums im Jahre 1879 von Dr. Gerstel ... 150 

— — über die Leistungen des Carolinen-Spitals im ersten 

Semester 1880 von Dr. v. Hüttenbrenner. 221, 229 

— — des k. k. österr.-ungar. Nationalspitals in Constantinopel 

im Jahre 1879 von Dr. Weissbach . . . 211, 218, 232, 237 

— — das Comitö zur Wahrung der Standesinteressen (von* 

Dr. Schneller)...98 

Bitterwasser. Gemeinde-Direction in Pülnau ersucht um An¬ 
erkennung der Trefflichkeit desselben.163 

Blüthenperiode der ersten Wiener medic. Schule (2. Hälfte 
des vorigen Jahrhunderts). Vortrag von Herrn Prof. Puschmann 262 
Bücherspenden . . . 10, 75, 111, 172, 186, 194, 209, 242 


Casuistisches. Abnorm niedere Temperatur bei einem Kinde 
mit chronischer Lungeninfiltration und Bronchialcavernen von 
Dr. Elsenwenger.50 

— — Exsudatum pelviperitoneale, hacmatocele retro-uterina 

dextra (Genesung) von Dr. Lerch jun. ..245 

— — Beobachtungen über die Symptome und den Verlauf des 
sekundären Magenkrebs von Dr. Leo Redtenbacher . . . .214 

Comitd zur Wahrung der Standesinteressen, die früheren Mit¬ 
glieder wiedergewählt.163 

Congress, III. imternationaler, hygienischer in Turin . . . 228 

— — VII. internationaler, medicinischer für 1881 in England 236 


Dankschreiben des h. Ministerium des Aeusseren für die 
Besprechung des Berichtes über das Constantinopler Spital 
im Jahre 1878, desgleichen für 1879 . 40, 189 

— — des Herrn Hofrath Dr. v. Güntner für die Gratulation zum 

60. Doctor-Jubiläum . .. 250 

— — des Dr. Preyss für die Ovation anlässslich des vollende¬ 
ten 70. Lebensjahres.180 

— — des Prof. Hyrtl für die Feier seines 71. Geburtsfestes 306 
Einladungen zu den General-Versammlungen: 

ä) des Doctoren-Collegiums.76 

b) des Unterstützungs-Institutes . ..56 

c) des Pensions-Institutes . .. 76, 92 

d) der Witwen- und Waisen-Societät.120 


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y 


Seito 

Einladung zum Eintritte in die Section für öffentliche Ge¬ 
sundheitspflege.261 

— — zur Sitzung dieser Seetion am 1. December 1880 . . 284 

— — zu den wissenschaftlichen Versammlungen am 12. u. 26. 
Jänner, 16. Februar, 1. u. 15. März, 5. u. 19. April, 3. u. 

24. Mai, 25 Oct., 8. u. 22. Nov., 6., 20. u. 27. Dec. 12, 20, 
44, 56, 68, 92, 120, 132, 156, 260, 272, 284, 296, 312, 324 
Elektrisches Licht, Operation unter demselben .... 32 

Erlass des h. Unterrichts-Ministerium, betreffend das Ver¬ 
leihungsrecht des Bieil’schen Stipendiums.. 266 

Ernennungen. Dr. Hirsch z. Polizei-Bezirksarzt in Mariahilf 17 

— — Dr. Fleischl zum a. o. ö. Prof, der Physiologie und 

Dr. August Mayer zum Armenarzt im V. Bezirk . . . .110 

— — Dr. Bernheim Friedrich zum Armenarzt in Reindorf . 155 

— — Die DDr. Bändel, Chrobak, Obersteiner jun., Carl F. v. 
Rokitansky, Schnitzler Joh u. Zuckerkandl zu a. o. ö. Prof. 244 

Exstirpation des Uterus, über. Vortrag von Herrn Prof. 


Dr. Billroth.77 

Fakultätsacten die, welche sich auf Unterricht beziehen, 
wurden im Vereine mit Prof. Hofmann ausgeschieden und 

dem Akademischen Senate abgegeben.163 

Findelanstalt, n. ö. Landes-. Ueber die seit Gründung 
dieser Anstalt im Jahre 1784 bis Ende 1879 vorgekommenen 
Fluctuationen in Zuwachs und Abgang der Findlinge . . 54 

Gelenksentzündung, fungöse und ihre Beziehung zur 

Tuberculose. Vortrag von Dr. Englisch.59 

General- Versammlungen: 

Bericht über die des Doct.-Coll. am 22. März 1880.... 88 

„ „ „ „ Unterstützungs-Institutes.67 

w „ „ der Witwen-Societät.150 

„ „ „ des Pensions-Institutes.121 


Geschäftsraths-Sitzungen: 


am 

8. November 1879 

. 5 

am 

23. Juni .... 

. 241 

» 

17. December . . 

. 39 

9 

22. September . . 

. 250 

n 

28. Jänner 1880 

. 73 

n 

13. October . . . 

. 265 

n 

4. März . . . . 

. 75 

9 

27 

u 1 • n • . • 

. 289 

9 

17. .. 

. 83 

9 

17. November . . 

. 322 

» 

28. April . . . . 

. 162 

?? 

24. 

. 324 

9 

19. Mai .... 

. 208 




Gypsverbände bei Rippenbrüchen. Vortrag von Dr. Englisch 128 
Haemophilie, über. Vortrag des Dr. Hertzka.189 


Hartmann’s Ph. C. wiedergefundenes Bild.325 

Honorarfrage, zur Regelung der.188 


Hyrtl, Beschluss sein vollendetes 70. Lebensjahr zu feiern . 260 
— — Feier, anlässlich dessen vollendeten 70. Lebensjahres . 306 


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VI 


Seite 

Inauguration des für das Studienjahr 1880/81 gewählten 

Universitäts-Rectors. 258 

Jahresausweis der nied.-öst. Landesfindelanstalt .... 43 

Jubiläum, Prof. Arlt’s 40jähr. Doct.-, WÖlfler’s 30jähriges 

Dienst-Jub.10 

Jubiläum, Sr. Excellenz des Präsidenten Anton Ritter 
v. Schmerling 50jähriges Dienst-Jub.141 

— — Dr. v. Schmerling, des Coli.-Präs., 70. Lebensjahres . 132 

— — Dr. Preyss, zur Feier des vollendeten 70. Lebensjahres 175 

— — Prof. Dittel, 40jähr. Doct.-Jub.178 

— — Dr. Würstl Johann, ÖOjähriges Doct.-Jub.184 

— — Dr. v. Güntner, k. k. Hofrath, öOjähriges Doct.-Jub. 211 

— — Dr. v. Vivenot, 50jähr. Doct.-Jub.212 

Kinder-Spital, Caroline Riedl’sches, Einweihung und Er¬ 


öffnung am 4. November 1879 ..6 

— — Dr. Gersuni zum Chirurg. Primararzt ernannt . . . 73 


— — Gemeinderath bewilligt eine Subvention von 800 fl. .188 

— — Zahl der behandelten Beranken vom 1. Jänner bis 24. 
November und Kostenangaben der Anschaffungen, sowie der 


Yerpflegskosten in diesem Zeiträume.295 

Leichenverbrennung in Gotha.32 

Leistenhernie, Heilung mittelst Alcohol - Einspritzungen, 

Vortrag von Dr. Englisch.127 

M emorandum des Geschäftsausschusses des Aerzte-Vereins- 
Verbandes an den Reichsrath gegen die Petition des Doct.Coll. 

um Nicht-Creiirung von Aerztekammern.209 

Mikroskopische Präparate demonstrirt von Prosector 

H. Chiari.107 

Militärärztlicher Curs, Eröffnung desselben .... 220 

Missbr auch mit heftig wirkenden Arzneistoffen . . 40, 295 

— — Antwort, betreffs desselben auf eine Eingabe des Apotheker- 

Vereins „Progresso“ in Graz... 5 .42 

Morbus maculosusWerlhofii, demonstrirt von Dr. Heinr. 

Adler..145 

Nekrologe, Zsigmondy's.184 

-Hebra’s.205 

— — Carl v. Patruban’s.255 

— — Gustav Loebel’s.268 

— — Freiherrn von Dumreicher’s . 291 

Nervenkrankheiten, über die prognostische Bedeutung 

der Körper-Temperatur in — Vortrag von Professor Dr. 

Obersteiner junior.146, 159 

Notizen, 10, 20, 32, 48, 76, 110, 132, 144, 156, 168, 

179, 187, 220, 228, 236, 260, 272, 284, 295, 312 und 326 
Ovation, gebracht dem Prof. v. Sigmund bei seinem Scheiden 
von der Lehrkanzel ..196 


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VII 


Seite 

Ovation, dem O.-S.-R Dr. Hoffmann, nach vollendetem 
Decennium seiner Wirksamkeit als Spitals-Direotor ... 43 

Pensions-Institut, die neugewählten Functionäre . . .110 

— — Dr. Zsigmondy legirt einen Gründerbeitrag von 300 fl. 242 

Pilocarpin, Anwendung desselben in der Geburtshilfe. Vor¬ 
trag von Dr. Lerch jun. .133 

Petition des Doct.-Coll. betreffs der Regelung des ärzt¬ 
lichen Standes an den hoh. Reichsrath beschlossen ... 29 

— — die von Dr. Preyss abgefasste, im Geschäftsrath en bloc 

angenommen.74 

Pockenspital an der Triesterstrasse.228 

Präliminare der Einnahmen und Ausgaben des Doct.-Coll. 

für das Jahr 1880 . 75 

Preisaufgabeo, Rl^er’scher per 20.000 fl., Termin am 30. 
December 1881.20 

— — Ueber das Wesen der Miasmen und Contagien vom In¬ 
stitute der Wissenschaften u. Literatur in Mailand f. d. J. 1881 130 

Re chnungsausweis des Doct.-Coll. f. d. J. 1879, summarischer 112 
Referat über das Verhältniss der Privatärzte zu den Ver¬ 
sicherungs-Gesellschaften (Ref. Dr. Scholz).85 

Resignation der Stelle eines Secretärs und Cassiers von 

Dr. Hopfgartner.84, 86 

Sanitätsdienst, Organisation des städtischen.188 

— — Regelung des localen.283 

Sanitätsrath, Mittheilungen aus dem Obersten . . . 10, 179 

— — n.-ö. Landes- — dessen Constituirung . ..20 

Sectionfür öffentliche Gesundheitspflege 261, 275, 

290, 304 

Sofienspital, Eröffnung desselben.168 

— — Mittheilungen aus demselben.196 

Stadtj^iysikat, das künftige.283 

Standesinteressen. Die von Dr. Preyss redigirte Petition 

gegen die Errichtung von Aerztekammern en bloc angenommen 28 

— — Comiteberathung über das Verhältniss der Privatärzte 

zu den Versicherungs- Gesellschaften.73 

— — Dem Comitö, das mit Ausnahme einer alle ihm zuge¬ 
wiesenen Aufgaben erledigt hat, wird der Dank ausgesprochen 84 

Sterbefälle 11, 18, 19, 32, 53, 68, 91, 110, 111, 156, 

166, 167, 168, 184, 205, 212, 228, 236, 244, 260, 272, 

284, 294, 295, 312 

Stipendien. Dem erfolgreichen Vertreter des Doct.-Coll. 
vor dem Verwaltungsgerichtshof wird der Dank durch eine 
Deputation ausgesprochen. 6 

— — Das Verleihungrecht des Gorischek , sehen Stipendiums 

geht auf den Präsidenten des Doct.-Coll. über. 7 

— — Die Uebergabe des Mosing’schen Stipendiumsfonds in 

die Verwaltung des Doct.-Coll. wird angeordnet.40 


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VIII 


Seite 

Stipendien, Das Stiftnngscapital Mosing’s, 10.900 fl., 
wird übernommen. 75 

— — Die Cnmulirung zweier Stipendien genehmigt .... 7 

— — Zwölf Stipendien neu verliehen 6, 41, 36, 162, 252, 323 

— — Von vieren wird der Genuss auf ein Jahr verlängert 

75, 253, 266, 322 

TJeberbürdung unserer Jugend auf Gymnasien und höheren 
Töchterschulen mit Arbeit begünstigt die Entstehung von 
Geistesstörungen. 236 

Unterstützungs-Institut. Personal- und Vermögensstand 
desselben am Schlüsse des Jahres 1879. Beilage zu Nr. 5. 

— — Ausschusssitz, am 27. Jänn. Aufnahme Pupini’s. — 

Kirschnek’s Erben spenden 300 fl. Rentencapital. — An Unter¬ 
stützungen bewilligt 575 fl.42 

— — Am 24. Pebruar. Dankschreiben an Kirschnek. — Granich- 
städten spendet 100 fl. Rentencapital. — An Unterstützungen be¬ 
willigt 100fl. — Aufnahme Wiesinger’s u. Gnändinger’s. 

Der Schlussrechnung das Absolutorium ertheilt. — Hopfgartner 
und Behsel legen ihre resp. Stellen zurück. Dankschreiben. 66 

— — Am 16. April. Alle ausgeschiedenen Mitglieder in der 
Generalversammlung wiedergewählt. — Prof. Dittel spendet 
300 fl. Rentencapital. — Unterstützungen 525 fl. bewilligt 139 

— Berathungen über die Mittel, eine grössere Mitglieder¬ 
zahl heranzuziehen.140 

— — Am 19. Mai. Aufnahme Froschaue r’s. — Zsigmondy 
spendet 200 fl. Rentencapital. — Unterstützung 200 fl. bewilligt. 

— Ein Antrag Pensionsgenüsse in Monatsraten zu beziehen, 

wird abgelehnt. 173, 242, 174 

— — Am 9. Juli werden 475 fl. Unterstützung bewilligt. — 

Zwei säumige Mitglieder sollen nach Ablauf des Jahres aus¬ 
geschlossen werden. — Hofrath v. Güntner spendet 1000 fl. 
Silber-Rentencapital. 254, 260 

— — Am 15. October. R. v. Vivenot, Preyss und Schück 

spenden Jeder 100 fl. Rentencapital, Ersterer Silberrenten. — 
Aufnahme von Kink, Läufer und Kless. — Für Unter¬ 
stützungen bewilligt 675 fl. ..280 

Uraemie nach Scharlach. Vortrag des Dr. S. Hajek . . .169 

Urkunde betreffs der Verwaltung der dem Doct.-Ooll. zu Gunsten 
von Mühlhauser’s Hinterbliebenen übergebenen Sammelbeträge 41 

Urkunden (80 Nummern) werden aus dem Archiv des Col¬ 
legiums ausgeschieden und von Herrn Decan Prof. Hofmann 
für die Universität übernommen ..109 

Vaccination, animale.156 

Verdauungs-Chemismus, über. Vortrag von Dr. August 
Mayer. .....197, 206 

Verordnung des h. Ministerium des Innern, betreffend die 
Abänderung der österr. Arzneitaxe vom 12. December 1879 8 


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IX 


Seite 

Verzeichnis der Functionäre des Doct.-Coll. im J. 1880/81 129 

— — jener Mitglieder, welche dem Vi8zanik-Vivenot , sehen 
Unterstütznngsverein im 1. Semester 1. J. neu beigetreten sind. 254 

Vivisectionsfrage, zur.144 

Warnung vor in ärztlichen Ordinationsstunden sich ein¬ 
schleichenden Schwindlern.180 

Witwen- und Waisen-Societät, Verzeichniss der im 
Jahre 1879 neu aufgenommenen Mitglieder.10 

— — Anträge zur Aenderung einzelner Paragraphe in den vom 

Ausschüsse vorgelegten Statuten ......... 64 

— — Einladung, dass sich die Mitglieder des Doct.-Coll mit 

der Aufnahmswerbung beeilen sollen, da die Aufnahmen 
nach den neuen Tarifen kostspieliger werden dürften . . .156 

Wohnungs-Veränderungen 144, 156, 179, 188, 220, 

236, 272, 284, 296, 312 und. 326 


Zeugnisse für durch Krankheiten verhinderten Schulbesuch 
sollen von den Amtsärzten ausgestellt werden? . . . .163 

Wissenschaftliche Versammlungen. 

Am 15. December 1879. Ueber anatomische Befunde der Nasen- 
höhle und des Nasenrachenraumes. Vortrag von Prof. 
Zuckerkand 1. — Hierauf spricht Prof. v. Schrötter 

über die Bedeutung dieser Studie ..1 

Am 12. Jänner 1880. Vorstellung von 5 Kindern mit ver¬ 
krümmten unteren Extremitäten von Prof. A. Frisch 13 
Vortrag des Prof. Meynert über Grundlagen zur Grup- 

pirung der Hemisphärenkrankheiten.15 

Am 26. Jänner. Vortrag des Prof. A. Frisch über Tam¬ 
ponade der Trachea bei Diphtheritis. 21 

Am 16. Febrnar. Vortrag des Primararzt Dr. Englisch 

über fungöse Gelenksentzündung. 46, 59, 69 

Am 1. März. Vorstellung eines Kranken mit enormen Milz¬ 
tumor von Primararzt Dr. Kiemann .57 

Vortrag von Prof. Billroth über Exstirpation des Uterus 77 
Am 15. März. Vorstellung von zwei Kranken mit Lichen ruber 
von Dr. Hans Hebra. — Vorstellung eines Kranxen mit 
Polypen in der Harnröhre von Dr. Grünfeld. — Vor¬ 
trag des Dr. August Mayer über Verdauungs-Chemismus 83 
Am 5. April. Dr. Chiari demonstrirt Präparate eines Falles 
von Mikrocephalie. — Vortrag des Dr. Hertzka über 
Haemophilie. — Dr. Englisch empfiehlt die hämosta- 
tische Baumwollcharpie von Eckstein . . . . *. . ,107 

Am 19. April. Vorstellung eines Kranken mit Leistenhernie, 
geheilt mittelst Alcohol-Einspritzungen; dann Vortrag über 
Gypsverbände bei Rippenbrüchen von Dr. Englisch. — 


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X 


Vortrag des Dr. Lerch jun., über Anwendung des Pilocarpin 

in der Geburtshilfe.. 

Am 3. Mai. Vorstellung eines Falles von morbus macul. Werlhofii 
von Dr. Heinrich Adler. — Vortrag des Prof. Ober¬ 
st e i n e r jun. über die prognostische Bedeutung der Körper¬ 
temperatur in Nervenkrankheiten. — Vortrag des Dr. S. 

H a j e k über Uraemie nach Scharlach. 

Am 24. Mai. Dr. Chiari H. demonstrirt einen Fall von 
Porencephalie. — Vortrag des Dr. Gustav Juriö über 
die chirurgische Behandlung der Haemorrhoidalknoten 
Am 25. October. Vortrag des Prof. Puschmann über die 
Blütheperiode der ersten Wiener Schule. — Dr. Max 
Ze is sl demonstrirt mehrere mikroskopische Präparate eines 

Adenoms der Sublingualdrüse. 

Am 8. November. Vortrag des Prof. v. Schrötter über 

Trachealstenosen. 

Am 22. November. Vortrag des Primararzt Dr. Englisch 
über Einklemmungserscheinungen bei Entzündung leerer 
Bmchsäcke. — Dr. Zontides demonstrirt einen Fall 
von Filaria medinensis. — Dr. J. Polak bespricht das 

Vorkommen dieses Nematoden in Persien. 

Am 6. December. Dr. Schustler demonstrirt einen Fall von 
Carcinom in der Continuität der männlichen Harnröhre. 
— Dr. Chiari demonstrirt eine seltene Form von Com- 
munication der Herzventrikel. — Vortrag des Dr. Wein¬ 
berg zur Technik der Endoscopie. 297, 


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Seite 

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285 

313 








VI. Rd. Ausgegeben am 8. Jänner 1880. Nr. 1. 

V »* 1 MITpMipN 

Wifloer iiiiliElptoJMt^rfti}Gelli8ims. 

Erscheint jeden zweiten DonnerKu^jBi» hal^erSSiT^eKjT gap^er Bogen and darüber, an 
20 Bogen im Jahre. — Ganzjähriger^JroqQpmjfötiür'r5[ic^*fmglieder des Collegiums im In¬ 
lande 8 fl., nach dem Auslände 6 MrkT^ ginninvn WiinTmnin 26 kr. = 60 Ptg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlang Toeplitz dt Deatftebe 
(vormals Karl Ccermah), Wien, I., Schottengasse 0. 

Zuschriften und Zusendungen an die Redaction: Wien, Kanzlei des Wiener 
Doct.-Coll. und der Witwen- und Waisen-Soeietät, Rothenthurmstrasse 23. ' 

Inhalt • Ueber anatomische Befunde der Nasenhöhle und des Nasenrachenraumes von Herrn 
Dr. Zuckerkand 1. — Aus dem Geschäftsrath (8. Nov. 1879). — Dr. Gorischek’sches Sti¬ 
pendium. — Abänderung der österf. Arzneitaxpreise. — Kundmachung. — Notizen. — Aus 
dem Pensions-Institute. — Einladung. 

In der wissenschaftlichen Versammlung am 15. Dec. 1879 

hielt Herr Prosector Dr. Zuckerkandl nachstehenden, von 
Demonstrationen an Präparaten gefolgten Vortrag 

Ueber anatomische Befunde der Nasenhöhle und des 
Nasenrachenraumes. 

Von der Nasenhöhle aus verzweigt sich ein System von 
pneumatischen Räumen, die das Oberkiefergerüste einnehmen, 
in das Innere des Stirnbeines find des Keilbeines reichen und 
durch das Cavium pharyngonasale und die Eustachische Ohr¬ 
trompete sich auch in den Gehörapparat fortsetzen. 

Die Communicationsöffnuugen zwischen der Nasenhöhle 
und der Oberkiefer- und Stirobeinhöhle befinden sich im mittleren 
Nasengange, in einer, in Bezug auf Länge, Weite und Direction 
Varianten, halbmondförmigen Rinne untergebracht, von welcher 
aus vorne ein ostigun frontale in die Stirnbfinhöhle, und rück¬ 
wärts eine zweite Oeffnung — ostium supramaxillare — in 
die Highmorshöhle hineinführt. 

Die Communicationsöffnung für die Keilbein- und High¬ 
morshöhle liegen näher der Decke als dem Boden jener Höhle, 
in die sie führen; die für die Oberkieferhöhle schliesst sich so¬ 
gar an die obere Wand der Höhle au, während die in die 
Stirnbeinhöhle führende Oeffnung günstiger situirt ist, denn sie 
lagert am Fundus des Sinus. An den Communicationsöffnungen 
gehen die Bekleidungen der Nebenhöhlen in die Nasenschleim¬ 
haut über und nehmen daselbst einen anderen Charakter an; 
denn die Schleimhaut der Nasenhöhle ist dick, drüsen- und 
gefässreich und mit der knöchernen Unterlage in fester Ver¬ 
bindung. Die Mucosa der Nebenhöhlen hingegen gleicht dem 


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2 


Ansehen nach mehr einer serösen Membran; sie ist dünn y 
drüsen- und gefässarm und ziemlich lose an die Höhlen¬ 
wandungen geheftet. 

In Bezug auf die physiologische Function der Nebenhöhlen 
wäre zu bemerken, dass mehrere Theorien aufgestellt wurden 
und dass selbst die veralteten, bereits widerlegten, noch in 
neueren Werken der Anatomie Eingang gefunden haben. 

Abgesehen von den höchst abenteuerlich klingenden Theorien 
der ältesten medicinischen Forscher kann man an der Hand 
der Literatur drei Theorien verzeichnen, die der Discussion 
würdig sind. Die Höhlen sollten einmal der Geruchsperception 
dienen, und für diese wurden besonders die des Stirn- und 
Keilbeins in Anspruch genommen. Gegen diese Auffassung sprechen 
einmal die Unmöglichkeit Olfactoriusfasern in die Schleimhäute 
der Nebenhöhlen zu verfolgen, und anderseits Experimente, die 
man an Personen angestellt hat, denen krankhafte Processe die 
eine oder die andere Nebenhöhle eröffnet hatten. 

Einer zweiten Ansicht zufolge fiel den Nebenhöhlen die 
Aufgabe zu, Schleim zu secerniren, ihn in die Nasenhöhle zu 
ergiessen, um ihre Schleimhaut geeignet feucht zu erhalten, 
und dazu seien die Communicationsöffnungen günstig unter¬ 
gebracht. 

Trotzdem schon M. J. Weber die Aufmerksamkeit darauf 
lenkte, dass diesfalls die Secretion der Nebenhöhlen eine be¬ 
deutende sein müsste, dass die Nasenschleimhaut dickflüssigen 
Schleim zur Genüge produciren und die Communications- 
öffnungen der Oberkiefer- und Keilbeinhöhle für den Abfluss 
aus diesen Höhlen nicht glücklich situirt sind, so gibt es doch 
noch Anhänger dieser Theorie. Z. fugt dem noch bei, dass falls 
Webers Ausführungen nicht die richtigen wären, man in den 
tiefliegenden Theilen der Oberkiefer- und Keilbeinhöhle Secret 
vorfinden müsste, wogegen der Befund an der Leiche spricht. 
Es bleibt daher nur übrig anzunehmen, die Schleimsecretion 
der Schleimhäute in den Nebenhöhlen diene zur Befeuchtung 
dieser Membramen selbst, und es verdunste während der 
Passage von Luft, oder werde noch dazu zum Theile resorbirt. 

In neuerer Zeit tauchte über die Leistung der Nebenhöhlen 
eine dritte Ansicht auf, die wohl bald viele Anhänger gewinnen 
wird. Nach dieser dienen die Höhlen dazu, die Luft zu erwärmen, 
wodurch in der Regio olfactoria eine Luftströmung entsteht, die 
die mit Riechstoffen versetzte Luft zu allen Theilen der Riech¬ 
schleimhaut fuhrt. 

Uebergehend auf die krankhaften Erscheinungen in diesen 
Schleimhäuten, wie sie sich in der Leiche zeigen, führt Z. 
folgendes aus: 

Die Hyperaemie der Nasenschleimhaut mit geringer eitriger 
oder seröser Secretion wird häufig angetroffen. Bei dieser Affeotion 
sind die Schleimhäute der Nebenhöhlen intact, oder nicht selten 




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3 


mitergriffen. Letzterenfalls sind feie injicirt und dabei häufig mit 
Ecchymosen versetzt. 

Bei der Rhinitis mit reiehlieher Schleimseeretiön ist die 
Mucosa der Nasenhöhle weniger injicirt und nicht besonders 
geschwellt. 

Erkranken hiebei die Nebenhöhlen, so sind es vornehm¬ 
lich die Schleimhäute, die wesentlich leiden. Diese schwellen 
in den höheren Graden der Erkrankung aufs 10—löfache an, 
verengen die Höhle selbst, und umschliessen in geringer Menge 
ein schleimig - seröses oder eitriges Fluidum. Bei der Rhinitis 
mit Production von Eiter ist die Nasenschleimhaut auch in der 
Leiche oft geröthet, in die Höhle selbst ist dünnflüssiger Eiter 
ergossen, oder ein mehr dicklicher haftet den Wänden an. In 
diesem zeigt sich zuweilen eine der Wand gleichfalls anhaftende 
krümmlich-kalkartige Masse, welche der Erwähnung werth ist, 
da sie möglicherweise auch Veranlassung geben kann zur Bildung 
von Rhinolithen. Wenn bei dieser Form der Erkrankung die 
Sehleimhäute der Nebenhöhlen in Mitleidenschaft gezogen werden, 
dann zeigen diese ein Bild, welches sich wohl unterscheidet von 
dem der Rhinitis mit reichlicher Schleimseeretiön zu kommen¬ 
den Bilde. 

Die Schleimhäute der Nebenhöhlen sind nämlich bei dieser 
Form niemals hochgradig geschwellt, dafür umschliessen sie ein 
eitriges Fluidum, oder sind mit solchem beschlagen. 

Bei Diphteritis fand Z. nur in der Nasenhöhle eine diph- 
teritische Membran, während die Schleimhäute der Nebenhöhlen 
ein Aussehen darboten, wie dies für die Rhinitis mit Schleim- 
secretion bereits angegeben wurde. Schon im Stadium der 
Hyperaemie treten in den Schleimhäuten der Nebenhöhlen vor¬ 
wiegend in der des Oberkiefers Cysten auf, die in den hoch¬ 
gradigen Fällen die Grösse einer Haselnuss erreichen können. 

Ueber die Art und Weise, wie sich die Nebenhöhlen ver¬ 
ändern, wenn ihre Communicationsöffnungen durch längere Zeit 
oder permanent verschlossen werden (durch Schwellung der 
Schleimhaut an der halbmondförmigen Rinne und an den For. 
sphen. durch Polypen, Verwachsung etc.), hat Z. keine sicheren 
Erfahrungen sammeln können; denn wenn man bei der Section 
neben intaoter Nasenschleimhaut die Nebenhöhlen erkrankt findet, 
und dabei zuweilen die Communicationen verlegt, so liegt noch 
keine für sich aufgetretene Erkrankung der Nebenhöhlen vor, 
sondern es ist — nachdem die Erkrankung der Nebenhöhlen 
gewöhnlich auf die der Nasenhöhle folgt, der Proeess in letzterer 
nur früher abgelaufen. Dies ist um so wahrscheinlicher, als in 
der Nasenhöhle die Vent ; lation schwerer zu unterbrechen ist, 
das Secret leicht heraus befördert wird und therapeutische 
Eingriffe oft vorgenommen werden. Diese Umstände treffen bei 
den Nebenhöhlen nicht zu. Aus diesen kann das Secret selbst 
bei offenen Communicationen nur Schwer und nur theilwöise 


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4 


abfliessen, bei Abschluss gar nicht, und di© Therapie der Neben¬ 
höhlen liegt noch ziemlich brach. Die Erkrankungen der Oberkiefer¬ 
höhle werden auch auf die in ihr verlaufenden Zahnnerven nicht ohne 
Einfluss bleiben, und aus all’ diesen Gründen wäre es angezeigt, gege¬ 
benen Falls in die Nebenhöhlen einzudringen, um sie bloss wieder zu 
eröffnen, oder um auch medicamentöse Stoffe einzuführen. Da die 
Morphologie der Nasenhöhle individuell ausserordentlich yariirt, 
so wird dementsprechend die Inspection und Manipulation in 
der Nasenhöhle einmal leicht, ein andermal nur schwer, oder 
auch gar nicht möglich sein. Die der Untersuchung sich ent¬ 
gegenstellenden Hindernisse treten theils am Septum, theils an 
den Muscheln auf. Ersteres steht selten perpendiculär, es ist 
verbogen, zuweilen in solchem Grade, dass es die eine oder die 
andere Nasenmuschel berührt, drückt und diese dadurch sogar 
partiell zum Schwunde zwingt. Ein andermal sind es kamm¬ 
artige Fortsätze der Nasenscheidewand, die sich dem Eindringen 
in die Nasenhöhle hindernd in den Weg stellen. So lange diese 
Fortsätze kurz sind, können sie umgangen werden, nicht aber 
wenn sie derart an Grösse luxuriren, dass sie die Gebilde der 
äusseren Nasenwand berühren. 

Auch die Nasenmuscheln sind sehr variabel; sie sind 
gross, convex und erschweren eine Untersuchung, oder sie sind 
klein, mehr flach. Im letzteren Falle, ferner bei der senilen 
Atrophie der Nasenmuscheln und bei dem durch krankhafte 
Processe hervorgerufenen Schwunde der Muscheln, wobei die 
Conchae bis auf leistenartige Erhebungen herabkommen, könnte 
es möglich sein den mittleren Nasengang zu übersehen, und 
durch die halbmondförmige Rinne in die Highmorshöhle ein¬ 
zudringen. Die beste Stelle, um auf chirurgischem Wege in 
letzte Cavität zu gelangen, ist der Raum gerade unterhalb der 
halbmondförmigen Rinne; durch Uebung an Leichen, und eigens 
construirte Instrumente wird es auch möglich werden, die 
vordere Wand der Keilbeinshöhle zu perforiren, und dann würden 
auch die Schleimhäute dieser Höhlen der Wohlthat einer 
ärztlichen Behandlung theilhaftig werden. Von der Nasenhöhle 
her den Sinus frontalis zu erreichen, ist wohl am schwierigsten 
und auch wegen der Nähe der Lamina cribrosa gefährlich. 

Der mittlere Nasengang ist auch in Bezug auf das Vor¬ 
kommen von Polypen zu berücksichtigen. Z. unterscheidet nach 
seinen Präparaten drei Gruppen von polypösen Wucherungen 
in der Nasenhöhle. Zur ersten Gruppe gehören zwei Formen 
von Polypen, und zwar gestielte, lange mit kleiner Basis auf- 
»ätzende und zweitens mehr blattförmige mit schmaler aber 
lang^MP gasig von der Schleimhaut sich abhebende Geschwülste. 
Diese FonÜ^| wählen zum Ausgangspunkt mit Vorliebe die 
kantigen TheflJ, der unteren Siebbeinmuschel (unteren Rand, 
Kanten an der lateralen Fläche) und die Lefzen der halbmond¬ 
förmigen Rinipfe, Nur einmal fand Z, einen Polypen an der 


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X 

5 


medialen Seite der unteren Siebbeinmuschel und da jw. diese 
Seite gefurcht und die Geschwulst ging von einer Kante der 
furche aus. 

Diese zwei Formen treten in Gombinationen in einer und 
derselben Nasenhöhle auf. Zur zweiten Gruppe gehören bis 
Wein linsengrosse, rundliche, warzenartige weiche Geschwülste, 
die an der äusseren Wand des mittleren Nasenganges auf- 
eitzen. Zur dritten Gruppe, die diffuse Hypertrophie der Mu- 
cosa, wie sie zumeist an den hinteren Muschelenden, zuweilen 
auch an den vorderen und im Bereich der halbmondförmigen 
Rinne auftreten. Nicht selten ist der ganze Schleimhautüberzug 
der wahren Nasenmuschel von diesem Processe eingenommen ; 
er bildet, dann eine grosse warzige, den unteren Nasengang 
ausfüllende Geschwulstmasse. 

Nach beendetem, mit ungeteiltem Interesse und allgemeinem 
Beifall aufgenommenen Yortrag erbat sich Herr Prof. Dr. von 
Schrotter das Wort. Er hob die besonderen Verdienste her¬ 
vor, die sich der Vortragende dadurch erworben, dass er so aus¬ 
gezeichnete Präparate in so grosser Anzahl (den demonstrirten 
schliessen sich noch einige Hunderte an, die sich im Besitze 
jpr. Z uckerkandFs befinden) geliefert, welche über die Ver¬ 
hältnisse des Nasenrachenraumes werthvolle Aufklärungen geben. 
Nur auf diesem Wege sei noch ein Fortschritt zu erwarten, 
nicht aber durch die andere massenhafte Literatur, die auf ein¬ 
fachen Experimenten oder hypothetischen Anschauungen beruht. 
Um nur auf Einiges aufmerksam zu machen, wolle er blos er¬ 
wähnen, dass man in jüngster Zeit warm empfohlen, die Polypen 
mittelst Schlinge abzutragen. Wie aber, wenn sie mit so breiter 
Basis, mit solchen Kämmen aufsitzen, wie dies an einigen Prä¬ 
paraten ersichtlich ? Dann bleiben nach der Operation die basalen 
Antheile zurück und es erfolgt leicht Recidive. Was nützt bei 
der Ozaena die Application adstringirender Mittel, wenn diese 
Affection, wie die vorliegenden Präparate lehren, mit solcher 
Atrophie der Schleimhaut einhergeht P Der Weg, den Dr. Zucker- 
kandl eingeschlagen, ist daher ganz besonders aufmunternd, und 
es wäre wünschenswerth, wenn von den praktischen Aerzten in 
Fällen von solennen Erkrankungen der Nase und ihrer Adnexe 
die bezüglichen Präparate zur genauen Untersuchung geliefert 
werden würden. 


Aus dem Geschäftsrathe. 

In der am 8. November 1879 unter dem Vorsitze des 
Präsidenten Herrn Dr. Ritter v. Schmerling, in Anwesenheit 
beider Vice-Präsidenten, des Secretärs und von 14 Mitgliedern 
des Geschäftsrathes nebst des an diesem Abend noch besonders 
geladenen Stipendien-Referenten Dr. H a s c h e k, abgehaltenen 
Sitznng wurden die DDr. Rauchegger Josef, k. k. Bezirk!- 
arzt in Neunkirchen, Fellner Leopold, Badearzt in Franzens- 


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6 

bad, Grünfeld Josef und Bieber Carl, die beiden letzteren 
praktische Aerzte in Wien und sämmtlich an der Wied 6t 
Universität promovirt, auf Ihr Ansuchen einstimmig als Mitglieder 
des Wr. med. Doct.-Coll. aufgenommen. 

Der Vorsitzende berichtet über die Einweihungsfeier des 
Caroline Riedrschen Kinderspitals, die am 4. November in 
Anwesenheit von Vertretern der k. k. niederösterreichischen 
Statthalterei, des Herrn Bürgermeisters, mehrerer Mitglieder 
des Gemeinderaths, der Bezirksvertretung des IX. Bezirks, und 
des Doctoren-Collegiums von dem hochwürdigen Herrn Weih¬ 
bischof Dr. A n g e r e r vorgenommen wurde; ferner, dass am 
darauf folgenden Tage die Aufnahme kranker Kinder in das 
unter der ärztlichen Leitung des Primararztes Dr. v. Hütten¬ 
brenner stehende Spital begonnen habe; (wird beifällig zur 
Kenntniss genommen). Auf Antrag des Vice-Präsidenten Dr. 
Lederer drücken die Anwesenden den Mitgliedern des mit den 
Vorarbeiten zur Errichtung des Spitals betrauten Comitös, 
insbesondere den DDr. Kernecker, Preyss und Spitz¬ 
müller, sich von ihren Sitzen erhebend, den Dank des Geschäfts« 
rathes aus. 

Vice-Präsident Dr. Preyss theilt mit, das er in Begleituug 
der DDr. Lederer und Reitter als Deputirte des Collegiums 
dem Herrn Dr. v. Wiedenfeld, welcher das Collegium in 
der Mosing'schen Stipendien-Stiftungs -Angelegenheit vor dem 
hohen Verwaltungsgerichtshofe so erfolgreich vertreten habe, 
das diesem vom Geschäftsrathe in der Sitzung vom 15. October 
votirte Ehrengeschenk überreicht haben, worüber der Empfänger 
sehr erfreut schien und ersuchte, die Deputation wolle für die 
ihm zu Theil gewordene Aufmerksamkeit den Collegen seinen 
warmen Dank aussprechen. Hierauf referirt Herr Dr. Haschek 
als Superintendent der Emmerich’schen Stiftungen über die 
Bewerbung um die Emmerich’sche Ausstattungsstiftung für 
„arme, sittsame Jungfrauen, die sich verheiraten wollen.* 
Es bewarben sich darum eine Magd und die Tochter eines ver¬ 
armten Collegen. Referent beantragt die Verleihung dieser Stiftung 
an die Magd, weil sie allen Erfordernissen zur Erlangung der¬ 
selben entsprochen, während die zweite Competentin nicht alle 
verlangten Ausweise erbracht habe und überdies aus dem Wort¬ 
laute des ursprünglichen Stiftbriefes vom Jahre 1560 zu ersehen 
sei, dass der Stifter vorzüglich und in erster Linie dienende 
Jungfrauen berücksichtigt wissen wollte und im Nachtrags-Stift¬ 
briefe vom Jahre 1764 die Stiftung ausdrücklich für 2 vaoirende 
„Dienstmägde“ bestimmt erscheine, in welche Kategorie die 
zweite Bewerberin nicht gereiht werden könne. 

Ueber die Auslegung der vorerwähnten stiftbrieflichen 
Urkunden entspann sich nun eine längere Debatte, in die fast 
alle Anwesenden eingriffen, und an der sich namentlich die 
DDr. Much, Hopfgartner, Spitzmüller, Scholz, Schneller, A. Gruber 


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7 

undPrejss eingehendst betheiligten, die aber kein anderes Resultat 
zu Tage förderte als dje Erkenntniss der Nothwendigkeit eines ein¬ 
gehenden Studiums der in veraltetem, schwer verständlichem 
Deutsch geschriebenen Stiftbriefe, um eben die Verleihung des 
Stiftungsgenusses genau nach dem Wortlaute und dem Sinne des 
Stifters, zu entscheiden. Insbesondere muss noch festgestellt 
werden, ob, entsprechend dem seit mehr als einem Jahrhundert 
strenge befolgten Usus, die Verleihung „nur an Dienstmägde“ 
gebunden sei; oder ob sich auch andere, nieht thatsächlich als 
„Mägde dienende Jungfrauen“ um die Verleihung dieser Stiftung 
bewerben können und zur Nutzniessung geeignet seien. O.-S.-R. 
Dr. Schneller. beantragt demgemäss: es sei ein Mitglied des 
Geschäftsrathes zu erwählen, welches in der nächsten Sitzung nach 
vorgenommenerVergleichung der bezüglichen Stiftbriefe, Urkunden, 
bisherigen Verleihungen und deren Motive dem Geschäftsrathe 
darüber referire, und sei die Entschliessung über die Verleihung 
des erledigten Stiftplatzes bis nach Beschlussfassung über das zu 
erwartende Referat zu vertagen. Dieser Antrag wird einstimmig 
angenommen und Dr. Scholz zum Referenten gewählt, der die 
Lösung dieser Aufgabe bereitwilligst übernahm. 

Schliesslich theilt Secretär Dr. Hopfgartner mit, dass die 
hohe niederösterreichische Statthalter ei laut Zuschrift dem Dr. Heigl 
die Gumulirung des Wattmann’schen Stipendiums mit dem ihm vom 
Doct.-Coll. verliehenen Dr. Herzfeld’schen bewilliget habe. (Wird 
zur Eenntniss genommen.) 

Dr. Gorischek’sches Stipendium. 

Der Herr Statthalter von Niederösterreieh, Se. Excellen* 
Freiherr Conrad v. Eybesfeld, hat mittelst Zuschrift ddo. 19. De- 
cember 1879, Zahl 36.121, den Präsidenten des Collegiums, Hof* 
rath Dr Ritter von Schmerling, in Eenntniss gesetzt, dass auf 
Grund stiftbrieflicher Bestimmung vom 26. October 1859 1 IV 
nach dem Ableben des von der Stifterin, der am 27. November 
1858 verstorbenen Med. Doctorswitwe Frau Johanna Gorischek, 
ernannten Testaments-Executors, Ministerialrath Dr. Josef Ritter 
von Lasser, 5 dem die Frau Erblasserin auch das Verleihungs¬ 
recht dieses .Stipendiums ertheilt hat, der jeweilige Decan des 
hiesigen, med. ßpct.-Coll. zur Verleihung dieses Stipendiums 
berechtigt sein soll. 

Nachdem nun der damalige Ministerial-, später geheime 
Rath, Se. Excellenz Josef Freiherr Lasser von Zollheim, am 
19. November v. J. mit Tod abgegangen ist, übergeht das Ver¬ 
leihungsrecht des fraglihen Stipendiums im dermaligen Betrage 
jährlicher 170 fl. nunmehr an den jeweiligen Präsidenten des 
auf Grund des Gesetzes vom 2 7. April 1878 als selbst¬ 
ständige Corporation fortbestehenden Wr. med. 
Doct.-Coll. 


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Verordnung des Ministeriums des Innern vom 
3. December f879*) 

Betreffend Abänderungen der österreichischen Arznei¬ 
taxpreise. 

Am 1. Jänner 1880 treten in den Arzneipreisen dfer Arzneitaxe töm 
10. December 1878, R.-G.-B. Nr. 140, die nachstehenden Abänderungen in Kraft. 

I. In der Taxe für die Heilmittel der Pharmakopöe. 

Ȥ 

« ff 


Acidum carbolic. 

II 

10*0 

Preis 
>*• kr. 

® S 

11 

50*0 

m 

18 

„ salioylioum 

1*0 

3 

— 

— 

Aloe luoida . . 

50*0 

12 

— 

— 

Ammoniaoum . 

50*0 

10 

— 

— 

„ subt. pulv. 

10*0 

4 

— 

— 

Amygd. amar. . 

50*0 

13 

— 

— 


50 


001 


001 


t Apomorphin 
hydroohl. . 

Arnioae flor. 

80188. . . . 50 0 

t Atropinum su 
fnrio. . . 
Caragaheensoiss. 50*0 
Cardamomi sem. 10*0 
Chstoreum oana- 
dens . . . 

Oastorenm cana- 
den8.Bnbt.pulT. 010 
Cera flava . . 50*0 

Chamomill.Yulg. 

flor.50*0 

Chamomill.Yulg. 

flor.gro88.pulv. 50*0 
Chinae oortex 


5 — — 


9 — — 


2 - 
13 — 

35 — 


0*10 2 — — 

4 — — 

19 — — 

15 250*0 63 

22 250*0 100 


Extr.ratanhae • 

„ rhei . . . 

Filio. mar. rhyz. 

80iS8. . . . 

Galbanum . . 

Guarana pulv. . 
t Hydrargyr. bi- 
jodat. rubr. . 
Iohthyooolla 
Ipeoacuanhae 
rad. gr. pulv. 
Ipeoacuanhae 
rad. 8ubt.pulv. 
Kalium bromat.. 10*0 
„ „ pulv. 10 0 

„ ohlorio. 

„ jodatum 
Liquiritiae rad. 

eciis. . . . 50*0 
Maois .... 
Malvae floree . 
Manna oaläbrina 
oanell. . 


50*0 

50‘0 

1-0 

1*0 

10*0 

1*0 

1*0 


10*0 

10*0 


5*0 

50*0 


10*0 


Ijj ?1 u 

29 — — 

31 — — 

6 — — 
23 — — 

5 — — 


5 — — 

33 — — 

2 — — 

3 — — 

9 50*0 38 

10 — — 

4 — — 

41 50*0 171 

6 — — 

3 — — 

12 — — 

8 — — 


ruber . . . 

50*0 

129 

— 

— 

Mastiohe . . . 

10-0 

13 — 

— 

Chinae oortex 





t Morphinum G 

0-05 

3 — 

— 

ruber gr. pulv. 

50*0 

132 

— 

— 

Natr. ßalicylic. . 

1*0 

3 — 

— 

Chinae oortex 





Nux Moschata . 

50-0 

36 — 

— 

rub.subt.pulv. 

10*0 

36 

— 

— 

01. bergamottae 

1*0 

4 — 

— 

Ghininum 

0*10 

9 

— 

— 

„ oadinum 

50*0 

9 — 

— 

„ bisulfurio. 

0*10 

5 

—• 

— 

„citri .. . 

1*0 

3 — 

— 

„ hydroohl. 

0*10 

7 

1*0 

64 

n hyosoiam. 




n Bulfuric. . 

0*50 

25 

5*0 

204 

fol. ooot. 

50*0 

17 260-0 

76 

Coffeinum . . 

0-10 

4 

— 

— 

„ jeooriß aflelli 50*0 

6 250*0 

27 

Colocynthid. 





„ maoidis . . 

1*0 

6 — 

— 

fruct. 80 i 88 . . 

10*0 

17 

50*0 

71 

y, olivarum 

50*0 

15 250-0 

63 

Coriandri semin. 

50*0 

2 

— 

— 

„ rosarum. . 

1*0 

137 1 Tropfen 6 

Croous gaUious 

1*0 

15 

— 

— 

t Opium subt. 




» T) P^ lv * 

1*0 

18 

— 

— 

pulv. . . . 

1*0 

8 — 

— 

Extr.ohinae fuso. 

5*0 

54 

— 

— 

Papaveris . 




t „ oolocynthid. 

1*0 

15 

— 

— 

rhoead. flor. . 

50*0 

16 — 

— 

„ filiois maris 

5*0 

37 

— 

— 

Punioae granat. 




+ „ opii aquoe. 

1*0 

24 

— 

— 

rad. oort. rud. 




9 punio.granat. 5*0 

23 

— 

— 

tue. 

50*0 

29 - 



*) Enthalten in dem am 23. Deoember 1879 ansgegebenen LIII. Stücke 
des R.-G.-B. unter Nr. 146. 


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9 



Meng« 

Gramm 

Prei» 

kr. 

• B 

!§ 

so 

Preis 

ke. 


Menge 

Gramm 

Preia 

kr 

Menge 

Gramm 

Preis 

kr. 

Punioae granat. 





Salep subt. pulv. 

10*0 

12 

— 

— 

rad. cort. subt. 





Sapo kalinus . 

50-0 

6 

2500 

25 

pulv. . . . 

10-0 

9 

— 

— 

Senegae radix . 

50-0 

42 

— 

— 

Ratanhae rad. . 

50*0 

14 


— 

Syrup. altbaeae 

10-0 

3 

50-0 

10 

Rhei radix . . 

10*0 

17 

50-0 

71 

„ diaoodii 

10-0 

3 

50-0 

10 

« » soiss. 

10-0 

19 

50*0 

76 

Tinotura oastorei 





n n SUbt. 





oanad. . . . 

10-0 

62 

— 

— 

pulv. . . . 

1-0 

8 

10-0 

22 

f Tinotura opii 




62 

Rosae damaso. 





simpl. . . . 

50 

7 

500 

flor. 

50-0 

SO 

— 

— 

t Tinot. ratanhae 10*0 

4 

500 

18 

Sabadillae fruot. 

50 0 

11 

— 

— 






n. In 

dei 

• Taxe für 

Thierheilmittel. 




Aoidumoarbolic. 

50*0 

18 

500-0 

172 

Liquiritiae rad. 
soiss. . . . 





„ salicylio. 

1*0 

2 

— 

— 

50-0 

5 

500-0 

48 

Aloe luoida . . 

50-0 

10 

500-0 98 

t Morphinum 





n w gr. pulv. 

50*0 

14 

500-0 

136 

hydrochlor. . 

0-05 

2 

— 

— 

t Atropinum sul- 





01. cadinum 

50-0 

7 

500-0 

63 

furie. . . . 

0*01 

2 

— 

— 

„ jeooris aselli 50*0 

5 

5000 

47 

Cera flava . . 

50*0 

15 500*0 

143 

- olivar.(II da ) 50-0 

8 

5000 

76 

Cbamomill.vulg. 





f Opium subt. 





flor. gr. pulv. 

50*0 

13 

500-0 

121 

pulv. . . . 

5-0 

31 

— 

— 

Chinin.hydroohl. 

0*10 

6 

1-0 

52 

Sapo kalinus . 

50-0 

4 

500-0 

4 

Colooyntbid. 





Terebinthina 




25 

fruot. soiss. . 

50-0 

76 

— 

— 

oommun. . . 

50-0 

3 

500-0 

Extraot. punio. 





t Tincrura opii 





granat.. . . 

5-0 

18 

— 

— 

simpl. . . . 

50-0 

54 

— 

— 

Kalium jodatum 50*0 

160 

— 

— 







Die übrigen Bestimmungen der Verordnung vom 10. Deoember 1878, 
R.-G.-B. Nr. 140, bleiben unverändert. Ta affe m, p. 


Kundmachung. 

Es ist ein medicinae Doctor Josef Gorischek’sches Stipendium 
jährlicher 170 fl. vom Beginn des Studienjahres 1879/80 angefangen 
zu verleihen. 

Zur Erlangung dieses Stipendiums sind wohlgesittete, an der 
Wiener Universität den Studien der Medicin mit Erfolg obliegende 
Jünglinge katholischer Religion berufen. 

Bei sonst gleicher Würdigkeit hat unter den Bewerbern der¬ 
jenige den Vorzug, der in einer Gemeinde der bestandenen Bezirke 
Drachenburg und Lichtenwald in Steiermark zuständig ist. 

Der Genuss des Stipendiums kann dem damit Betheilten auch 
noch auf die Dauer eines Jahres nach dem vollendeten Besuche der 
vorgeschriebenen medicinischen Studien gegen den bewilligt werden, 
dass der Stipendist sich ausweise, innerhalb dieses Jahres wenigstens 
Ein Rigorosum zur Erlangung des medicinischen Doctorgrades mit 
Erfolg bestanden zu haben. 

Die Bewerber um dieses Stipendium haben ihre mit dem Tauf¬ 
und Impfscheine, dann dem Mittellosigkeitszeugnisse, ferner den 
Studienzeugnissen der beiden letzten Semester und inso ferne ein be* 


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10 


sonderes Vorzugsrecht geltend gemacht werden will, auch mit den 
diesfälligen Beweisen belegten Gesuche bis 16. Jänner 1880 bei der 
k. k. n.-ö. Statthalterei einzubringen. 

Da übrigens die blossen Frequentations-Zeugnisse zur Erlangung 
eines Stipendiums nicht genügen, so haben jene Facultäts-Studirende, 
welche keine Studienzeugnisse beizubringen vermögen, sich mit der 
Bestätigung ihres Vorgesetzten Decanates des Professoren-Collegiums 
über ihre Würdigkeit zur Erlangung eines Stipendiums auszuweisen. 


Notizen. 

Auszeichnungen. Se. Majestät der Kaiser hat dem Med. & Chir. Dr. 
Herrn Moriz Modry in Wien (während des Sommers Curarzt in Roznau) in 
Anerkennung seines verdienstliehen Wirkens den Titel eines kaiserlichen 
Rathes verliehen. — Ferner haben Se. Majestät dem Dr. Hanns Ritter von 
Beek er, praktischen Arzte in Wien, als dem Verfasser des gehaltvollen 
Werkes: Handbuch der Vaccination, die grosse goldene Medaille 
für Kunst und Wissenschaft allergnädigst zu verleihen geruht. 

Aus dem obersten Sanitätsrathe. In den letzten Sitzungen desselben 
wurde eine neue Instruction und Belehrung für Hebammen der Berathung 
und Beschlussfassung unterzogen. 

Der Bericht unserer Delegirten über ihre Erfahrungen, betreffend die 
Pest in Wetljanka im russischen Gouvernement Astrachan, dürfte dem 
Vernehmen nach baldigst in Druck erscheinen. 

Witwen- und Waisen-Societät Wir haben in der letzten Kummer des 
vorigen Jahres das demnächstige Erscheinen des neuen Statuten-Entwurfes 
dieser Gesellschaft, der seitdem bereits an die Mitglieder zur eingehenden 
Prüfung versendet worden, aufmerksam gemacht und gleichzeitig zum Beitritt 
eingeladen, bemerkend, dass dieser in keinem vorhergegangenen Jahre so 
zahlreich gewesen als im Jahre 1879, in welchem die Societät 21 neue Mit¬ 
glieder gewann. Einem mehrseitig geäusserten Wunsche entsprechend, theilen 
wir in Folgendem auoh die Kamen dieser in die Gesellisohaft neu Aufgenom¬ 
menen mit. Es sind die Herren DDr. Josef Heim, Carl Freiherr von Rokitansky, 
Eduard Huber, Prof. Anton Frisch, Emil Löwy (Marienbad), Johann Adler, 
Univ.-Prof. August Vogl, Prosector Johann Chiari, Salomon Federn, Eduard 
Sohider, Max Gruber, GyÖry Edler von Kadudvar, Moriz Frey, Univ.-Prof. 
Samuel Schenk, Carl Endlicher, Victor Seng, Valentin Ladenbauer, Anton 
Khautz von Eulenthal, Ernst Freiherr von Schönfeld, Carl Herkules und 
Bezirksarzt Josef Rauohegger ('Neunkirchen). 

Aerztliche Jubiläen. Hofrath Ritter von Arlt feierte am Schlüsse des 
vorigen Jahres sein 40jähriges Doctorjubiläum. Er wurde am 29. Deoember 
1839 in Prag promovirt, fungirte 2 Jahre als Assistent an der Augenklinik 
Prof. Fischer’s, dessen Stelle er dann von 1846—1849 supplirte, bis er im 
August 1849 zum wirklichen Professor der Augenheilkunde ernannt wurde. 
Obgleich er, von der Absicht, dass seine Sohüler diesen Tag festlich begehen 
wollen, in Kenntniss gesetzt, den Wunsch ausgesprochen, dass jede Feierlich¬ 
keit unterbleibe, brachten die Studenten dem geehrten Lehrer doch ver¬ 
schiedene Ovationen. Der HÖrsaal und das darin angebrachte Bild des Jubilars 
war mit Blumen gesohmüokt, ein Studierender überreichte ihm mit einer An¬ 
sprache einen silbernen Lorbeerkranz und der deutsoh-österreiohische Lese¬ 
verein begrüBste ihn durch eine Deputation. 

Dr. B. Wölfl er, Director des Israelitischen Spitals in Währing feierte 
vorige Woohe sein 30jähriges Dienstjubiläum, welches der Vorstand der 
israelitischen Cultusgemeinde zum Anlass nahm, dem Jubilar in einer Adresse 
für dessen vieljähriges, erspriessliches und segensreiohes Wirken die Anerkennung 
und den Dank auszusprechen. 


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11 


Die Gehaltserhöhung 4er städtischen Aerzte wurde in der letzten 
Gemeinderath88itzung des v. J. beschlossen; allerdings nicht in dem ange¬ 
hofften Ausmasse und ohne Quinquenalzulage, aber immerhin im Yergleioh 
mit den derzeitigen Genössen dieser sehr in Anspruch genommenen Collagen 
zufriedenstellend. Die Aerzte werden demgemäss in drei Kategorien zu 1000, 
1200 und 1400 fl. mit je 30peroentigem Quartiergeld, gestellt werden, ln die 
dritte Kategorie gehören fünf, in die beiden anderen Kategorien je vier Aerzte. 
Die neuen Bezöge sollen vom 1. Januar d. J. in Wirksamkeit treten. 

Zur Kenntnisnahme. Herr Dr. Carl Höf finge r, der während des 
Sommers als Curarzt in Gleiohenberg fungirt, ersuchte die Redaction, bekannt 
zu geben, dasB er die Wintersaison in Triest zubringe und daselbst als Spe- 
oialist für Laryngosoopie ordinire. 

Zur Ergänzung des Inhaltsverzeichnisses der „Mittheilungen“ vom Jahre 
1879 ersuchen wir noch zu bemerken, dass in der wissenschaftlichen Versamm¬ 
lung am 21. April der klinische Assistent Dr. Mra2ek drei auf der Klinik 
des Herrn Professor v. Sigmund befindliche, höohst instruotive Krankheitsfälle 
vorgestellt hat, worüber in Band V auf Seite 143 referirt wurde. 

Sterbefälle. Vor Jahresschluss holte sich der Tod noch zwei Opfer aus 
unserer Mitte; nach dem Einen, dem Zwanzigsten in diesem Jahre, hatte er 
nioht lange zu suohen, da ihm die weit vorgerückten Jahre des Be¬ 
troffenen ein Anreoht gaben, seine Hand darnach auszustreoken. Herr Dr. 
Sigmund Michael Graniohstädten, am 20. August 1801 
zu Pest geboren, absolvirte seine medioinisohen Studien in Wien, wurde an 
der hiesigen Universität am 20. December 1825 zum Doctor der Medioin pro- 
movirt und am 9. Deoember 1828 als ordentliches Mitglied in die medicinisohe 
Faoultät aufgenommen. Er diente einige Jahre als Seoundararzt im allgemeinen 
Krankenhause, errichtete in den Dreissigerjahren eine Kaltwasserheilanstalt zu 
Laab im Walde, die aber nioht prosperirte und kam dann nach Wien zurück, 
wo er die Stelle eines Stadtarmenarztes erhielt, von der er nach langer Dienst¬ 
zeit zum zweiten Stadtphysicus avanoirte. Gleichzeitig übernahm er auoh die 
8telle eines Hofoperntheaterarztes, in welch' letzterer er bis an das Ende 
seines Lebens thätig war, während er von seinem städtischen Dienste vor mehr 
denn einem Deoennium in den Ruhestand versetzt wurde. Vor vier Jahren 
feierte er sein fünfzigjähriges Dootorjubiläum, bei welcher Gelegenheit ihm 
von mehreren Seiten Glückwünsche entgegengebraoht wurden. Auoh das Doot.- 
Coll. liess ihm durch seine Funotionäre ein in lateinischer Spraohe verfasstes 
Gratulationssohreiben überreichen; eine Aufmerksamkeit, auf die er in keiner 
Weise vorbereitet war, und die er gerührt entgegennahm. Obgleich seine 
Wirksamkeit nur eine ziemlich bescheidene gewesen, erhielt er doch manche 
Auszeichnung; er wurde Besitzer des k. k. österreichischen goldenen Ver¬ 
dienstkreuzes mit der Krone, Ritter des königlich-preussisohen Kronen- und 
des päpstlichen Georgordens und Inhaber der preussisohen goldenen Medaille 
für Kunst und Wissenschaft. Seine Gesundheit sohien unverwüstbar. Koch am 
Vorabende seines Todes besuchte er in bestem Wohlsein das Opernhaus, aber 
schon am folgenden Vormittage, am 27. v. M., fühlte er sich unwohl und erlag 
nach kurzem Leiden einem Herzschlag. Am 29. December wurden die irdischen 
U eberreste des Verstorbenen ins Grab versenkt. — Der Zweite, dessen Tod uns 
ohne Angabe der näheren Umstände in einem Telegramme vom 3. d. M. an¬ 
gezeigt wurde, schloss seine Augen für immer zur Soheidestunde des abge¬ 
laufenen Jahres. Herr Dr. Josef David Stookloew war in Znaim am 30. 
December 1814 geboren, vollendete seine Studien an der Wiener Universität, 
wo er am 27. Februar 1844 zum Doctor der Medioin promovirt wurde; 
kurze Zeit darauf wurde er auch Dootor der Chirurgie und Magister der 
Geburtshilfe und liess sich dann als praktischer Arzt in Czernowitz nieder. 
Im Jahre 1859 erfolgte seine Aufnahme als ordentliohes Mitglied in das 
Dootoren-Collegium der Wiener medioinischen Faoultät, dem er auch nach 
Trennung desselben von der Universität treu blieb. St. war auoh Mitglied der 
Witwensooietät und konnte aus dieser Welt mit dem beruhigenden Bewusst¬ 
sein scheiden, dass er seine Witwe nicht ganz unversorgt zurüokgelassen, 
Möge ihnen die Erde leicht sein! 


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12 


Pensions-Institut des Wr. med. Doct.-Coll. 

(600 fl. Rente vom 60. Lebensjahre, und Rfiekversioherung 
sftmmtlioher eingezahlter Betrage im Niohterlebungsfalle.) 

In der letzten Ausschusssitzung v. J. wurde das erfreu¬ 
liche Gedeihen dieses Institutes constatirt und wir können 
mit Genugthuung berichten, dass in den verflossenen 11 Mona¬ 
ten dieses J. die Einzahlungen fast 15.000 fl. betrugen. Das 
Pensions-Institut hat dagegen während seines dreijährigen Be¬ 
standes noch gar keine Auslagen zu bestreiten gehabt, so 
dass die sich ansammelnden Beträge auf Zinseszinsen angelegt 
werden konnten. 

Mehrfach haben wir in diesen Blättern auf die Wichtigkeit 
dieses Unternehmens aufmerksam gemacht und legen wir es 
den Herren Collegen hiemit neuerdings ans Herz nicht zu ver¬ 
absäumen diesem Institute baldigst beizutreten; die Bedin¬ 
gungen der Einzahlung sind so billig, wie siebei keiner 
anderen Versicherungsgesellschaft sein können, da die Regie¬ 
auslagen vom Doct.-Coll. bestritten werden. Dadurch ist es auch 
dem jüngeren Arzte, so bescheiden sein Einkommen auch sein 
mag, möglich sich zu versichern, da für ihn die Einzahlungen 
relativ sehr niedrig sind. 

Täglich vorkommende Fälle, die allgemeine Erfahrung 
beweisen die Wichtigkeit der Altersversorgung, alle Stände 
streben dieselbe an, fast alle haben sie erreicht, nur der ärzt¬ 
liche Stand hatte bis heute für sein Alter keine Vorsorge getroffen. 
Unser Pensions-Institut hilft diesem Mangel endlich ab! 

Es werden daher dieP. T. Hrn. Collegen nochmals im eigenen 
Interesse ersucht, sich mit dem Inhalte der Statuten und 
Tarife des Pensions-Institutes bekannt zu machen. 
Wegen Zusendung der Statuten, eventuell genauer Berechnung 
der Quoten bittet man sich unter Einsendung des Tauf- oder 
Geburtsscheines an das Präsidium des Pensions- 
Institutes des Wiener medic. Doct-Coll., Wien, I., 
Rothet hurmstrasse 23, zu wenden. _ 

Einladung 

zu der am Montag den 12. Jänner, Abends 7 Uhr, im Sitzungs¬ 
saale des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), 

I. Sonnenfelsgaaae 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen Yersammlang. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken.*) 

2. Ueber Anhaltspunkte für eine natürliche Ghruppirung der Hemisphären - 
Erkrankungen, von Herrn Regierungsrath Prof. Dr. Theodor Meynert. 

3. Ueber Tamponade der Trachea bei Diphtheritis, von Herrn Professor 
Dr. Anton Frisch. 

4. Ueber oonseoutive Gelenkentzündung und ihre Beziehung zur käsigen 
Infiltration der Knochen, von Hrn. Primararzt u. Docenten Dr. J. Englisch. 

Dr. v. Schmerling, Präsident. Dr. Hopfgartner, Secretär. 

*) Die P. T. Herren Collegen werden ersucht, interessante KrankheitsfSlle vorzustellea. 

Herausgeber und Verleger: Wiener xnedicin. Doct.-Coll. — Verantwortlicher Redaeteur: 

Dr. b. Hopfgartner. — GeeeUschafts-Bnohdruekerei, Wien, Hl. Brdbergerstrasae 8. 


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Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bosren und darüber, an 
20 Bogen iin Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtmitglieder des Collegiums im lu- 
lande 3 fl., nach dem Auslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 26 kr. = 60 Pfg. — Inserat® 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplitz dt Deutlcke 
(vormals Karl Ciermah), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zuschriften and Zusendungen an die Bedaction: Wien, Kanzlei des Wiener mcd. 
Doct.-Coll. und der Witwen- und Waisen-Societät, Rothenthnrmstrasse 2H. 

Inhalt : Wissenschaftliche Versammlung am 12. Jänner 1880. — Notizen. — Einladung. 

Wissenschaftliche Versammlung am 12. Jänner 1880. 

Prof.Dr. A. v. Frisch, ordin. Chirurg am Kronprinz Rudolf- 
Kinderspitale in Wien, stellte fünf Kinder vor, bei welchen er 
theih wegen Genu yalgum, theils wegen rachitischer Verkrüm¬ 
mungen der Unterschenkel künstliche Knochentrennungen vor¬ 
genommen hatte. 

In drei Fällen von doppelseitigem Genu valgum wurde, 
da das forcirte Redressement mit erheblichen Schwierigkeiten 
verbunden gewesen wäre und von einer allmäligen Correction 
wegen der langen Behandlungsdauer Abstand genommen wurde, 
zur Osteotomie geschritten. Die Operation wurde in der gewöhn¬ 
lichen Weise ausgeführt. Nachdem die Haut sorgfältig gereinigt 
worden war, wurden ungefähr 1 Cm. unter der spina tibiae die 
Weichtheile bis auf den Knochen durch einen quer verlaufenden 
1 — l 1 /* Cm. langen Schnitt durchtrennt und hierauf die Cortical- 
schichte des Knochens nach verschiedenen Richtungen durch- 
gemeisselt. Sodann wurde die Wunde mit gekrüllter Gaze bedeckt, 
und mit den Händen die vollständige Fracturirung des Knochens 
vorgenommen. Nachdem der Verband auf der Wunde durch 
Carboigazebinden befestigt war, wurde das Bein in der corrigirten 
Stellung fixirt und ein Gypsverband angelegt, der, wenn sich 
kein Fieber einstellte, angefeuchtet durch 2—3 Wochen liegen 
blieb. Bei der nun folgenden Anlegung des zweiten Gypsver- 
bandes wurden etwa noch nothwendige kleine Correcturen in 
der Stellung vorgenommen. In vielen Fällen stellt es sich als 
zweckmässig heraus, die vollkommene Geraderichtung der Extre¬ 
mität nicht sofort bei der ersten Anlegung des Verbandes 
zu forciren. 

Der erste Fall betraf einen 4 V 2 jährigen Knaben, bei welchem 
der Winkel zwischen Oberschenkel und Unterschenkel rechts 
150° und links 146° betrug. In diesem Falle musste linkerseits 


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14 


auch die Fibula durchmeisselt werden. Heilung per primam 
intentionem, vollkommen fieberfreier Verlauf, Consoliditirung nach 
sechs Wochen. Das Resultat ist, sowohl was die Form betrifft, 
als auch functionell ein vollkommen befriedigendes. 

In einem zweiten Falle (6jähriges Mädchen) bildete der 
Oberschenkel mit dem Unterschenkel rechts einen Winkel von 
140°, links einen Winkel von 153°. Beiderseits Osteotomie der 
Tibia. Verlauf vollständig fieberlos. Das Resultat ist ein 
vollständiges. 

Im dritten Falle (ebenfalls bei einem 6jährigen Mädchen) 
betrug der Winkel rechts 139°, links 130°. Doppelseitige Osteo¬ 
tomie der Tibia und Fibula. Da das Kind am Tage nach der 
Operation eine Abendtemperatur von 40° C. zeigte, wurden 
Fenster in die Verbände geschnitten, und es zeigte sich die 
Weichtheilwunde an der linken Tibia diphtheritisch belegt. 
Trotz sofort vorgenommener Aetzung kam es an dieser Wunde 
zu einen ausgedehnten diphtheritischen Zerfall, so dass dieselbe 
am dritten Tage die Grösse eines Guldenstückes erreicht hatte. 
Das Kind hatte durch 10 Tage hohes Fieber und bot schon die 
ersten Anzeichen septischer Infection dar. Endlich gelang es 
durch energische Chlorzinkätzungen das Weiterschreiten aufzu¬ 
halten. In der Folge stiessen sich von beiden Trennungsflächen 
des Knochens nekrotische Stücke ab. Nachdem die Wuude ver¬ 
heilt war, stellte es sich heraus, dass es zur Entwicklung einer 
Pseudarthrose an der linken Tibia gekommen war. Nach zwei¬ 
maligem Reiben der Bruchenden heilte dieselbe vollständig aus. 
Das Resultat der Osteotomie ist jetzt auch in diesem Falle 
sowohl in Bezug auf die Form, als auch was die Functions¬ 
fähigkeit betrifft, ein vollkommenes. 

In zwei anderen Fällen von hochgradigen rachitischen 
Verkrümmungen der Unterschenkel (bei einem 3jährigen Knaben 
und bei einem 5jährigen Mädchen) hatte der Vortragende die 
Infraction der Knochen mit den Händen vorgenommen. In ersterem 
Falle betrug die Heilungsdauer bis zur vollständigen Consolidirung 
sechs, in letzterem sieben Wochen. Die Difformitäten sind voll¬ 
kommen ausgeglichen. 

In Fällen von rachitischer Verkrümmung der Unterschenkel, 
bei welchen es nicht zu einer einfachen Biegung, sondern zu 
mehrfachen Krümmungen in verschiedenem Sinne gekommen ist, 
hat Frisch die Tibia mehrmals gleichzeitig an zwei Stellen mit 
dem Meissel durchtrennt. Der Verlauf war auch in solchen 
Fällen, bei denen man wegen der Kürze der Hebelarme mit 
der Händekraft nicht ausreicht, ein vollkommen fieberloser. 

Die Operation bei Genu valgum nach 0 g s t o n hält Prof. Frisch 
bei kleinen Kindern nicht für zulässig, da der Schnitt mit der 
Säge nothwendig durch die Epiphysenlinie gehen müsste und 
bis jetzt keine Erfahrungen darüber vorliegen, ob sich im Ge¬ 
folge dieser Operationen mit der Zeit nicht Störungen im Wachs- 


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15 


thum ©instellen oder neuerdings Difformitäten im Kniegelenk 
entwickeln. 

Nach der Vorstellung dieser einen weiteren Fortschritt 
auf dem Gebiete der Orthopädik bezeichnenden Fälle folgte der 

Vortrag des Herrn Regierungsrath und Professor Dr. Meynert: 

lieber Grundlagen zur Gruppirang der Hemisphärenkrankheiten. 

Die klinische Kenntniss der Vorderhirnkrankheiten bildet 
den diagnostischen Inhalt der Psychiatrie. Das Wort Psychiatrie 
ist weniger voraussetzungslos, als einem klinischen Wissen zu¬ 
steht. Unser Wissen schliesst das Verständnis psychischer Vorgänge 
nicht ein, sondern beurtheilt nur, ob die Zeichen solcher Vorgänge 
bei einem Kranken abweichend von deren gewöhnlichen Zeichen 
sind. Wir können klinisch nicht mehr Voraussetzungen über die Er¬ 
krankung des Vorderhirns machen, als dessen physiologische Kennt¬ 
niss uns gestattet, die übrigens zum Theil durch die anatomische 
Kenntniss gegeben ist. Es genügt übrigens, das Wort Psychiatrie in 
diesem voraussetzungslosen Sinne zu verstehen und der Vortra¬ 
gende würde die Beseitigung des Wortes Psychiatrie für etwas 
zu Auffälliges betrachten. Der Differentialdiagnose wegen, 
welche als anatomische heute noch sich theilweise auf die 
Exclusion von Processen beschränkt, muss die Psychiatrie die 
gesammten krankhaften Störungen des Vorderhirns, der 
Grosshirnhalbkugeln umfassen, zudem die Bewahrung, 
Reproduction und Verbindung der Erinnerungsbilder den func- 
tionellen Stoff der Vorderhirnleistung abgibt, erscheint uns die¬ 
selbe als ein Complex secundärer Leistungen, deren Inhalt 
aus primären Leistungen anderer Gehirntheile abzuleiten ist, 
die auch selbstständig vom Vorhandensein des Vorderhirns ab¬ 
laufen. Aus dieser Betheiligung mehrfacher relativ selbststän¬ 
diger Gehirnorgane an den primären Eindrücken, welchen die 
Erinnerungsbilder entspringen, und welche auch krankhafter Weise 
solche Eindrücke schaffen, ergibt sich 1. das Princip einer Lo- 
calisation für den Entstehungsherd verschiedener Krankheits¬ 
zeichen des Irrsinns. In dieser Richtung gibt die Physiologie 
der Gehirntheile eine Grundlage für die Gruppirang ab. Die 
Krankheitszeichen zerfallen dabei in unmittelbare Symptome 
des erkrankten Vorderhirns, das nach seiner Rinde das corticale 
Centrum zu nennen ist, und in mittelbare Symptome, welche 
von den subcorticalen Centren des Zwischenhirns, Mittel¬ 
hirns, Hinterhirns und Nachhirns aus angeregt in die Aeusserungen 
des Vorderhirnes eingreifen. 2. Die zweite Grundlage, welche 
in die Gruppirang der Vorderhirnstörungen eingreift, betrifft den 
Charakter der Reizsymptome und der Ausfallsymptome, welche 
als restituirbarer Ausfall Erschöpfungen, als definitiver Lähmun¬ 
gen darstellen. 

3. Der anatomische Process, welcher durch die Verlaufsart 
der Erkrankung erschlossen wird, für welchen aber die Detail- 


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16 


kenntniss noch vielfach fehlt, hauptsächlich die Beziehung der 
an sich vielleicht ziemlich vollständig bekannten Veränderungen 
der Masse und der Elemente zu den differenten Formen des Irr¬ 
sinns, deren herkömmliche Betrachtung zumeist unklinisch ist. 
Die Bedeutung der anatomischen Processe wird erst durch deren 
physiologische Localisation klar. 

Zur 1. Grundlage. Localisation. Dem Vorderhirn schreibt 
das physiologische Experiment in Folge von Ausfallserscheinungen 
nach ihrer Exstirpation zu: 1. Erinnerung. 2. Association der 
Erinnerungsbilder (Schlussprocesse). (Eine junge Katze ohne 
Vorderhirn verzieht auf den Geschmack von Coloquinten das 
Gesicht, lässt aber beliebige Wiederholung des Insultes zu, ohne 
Erinnerung an den früheren, ohne Schlüsse aus dem Oeffnen 
des Maules auf Wiederholung des Insultes.) 3. Spontane Be¬ 
wegungsinnervation. 4. Innervation von Gefässmuskeln, Constric- 
toren. Beispielsweise erhöht sich nach Ausschneidung einer 
Stelle der Grosshirnrinde die Temperatur der entgegengesetzten 
Vorderpfote. 5. Hemmung der Leistungen subcorticaler Centren. 
(Nach Golz löst Reiben zwischen den Schulterblättern bei einem 
Frosch ohne Vorderhirn reflectorisch Quacken aus, bei erhaltenem 
Vorderhin nicht.) 

Die subcorticalen Centren verrichten auf der Vorderhirn¬ 
exstirpation noch:1. die Sinneswahrnehmungen mit 
Ausnahme des Richens. 2. Reflexe, und zwar, sobald das Kleinhirn 
erhalten, alle Formen der coordinirten Körperbewegung: Laufen, 
Fliegen, Schwimmen. Nach Golz greifen auch Sinneswahrnehmung 
und Bewegung in einander ein. (Das Netzhautbild eines vor ihm 
aufgestellten Hindernisses veranlasst den vorderhirnlosen Frosch 
neben dem Hinderniss wegzuspringen). 3. Gefässinnervationen 
und NutritionsVorgänge. 

Zur 2. Grundlage, dem functioneilen Charakter der Symptome. 

Am klarsten sind Vorderhirnerkrankungen idiopathisch, 
wenn ihre Ausfallssymptome im Krankheitsprocesse vorliegen. 
Erweichungen und Erschütterungen derselben setzen Aphasie, 
Amnesie (Erinnerungslosigkeit), Verwirrung der Associationen 
ohne Reizerscheinungen. Chronische, intensive, diffuse Processe 
des Vorderhirnes zeigen sich in den Symptomen des paralytischen 
Blödsinns mit Erinnerungsmangel, zusammenhängender Incorrect- 
heit der Associationen, der Schlussbildungen, gestörte Technik 
der spontanen Bewegungen. 

Von den Reizsymptomen können die traurige und die 
heitere Verstimmung bei echter Melancholie und echter 
Manie Symptome idiopathischer Vorderhirnerkrankung sein. 

Diese Verstimmungen sind wohl der Ausdruck eines durch 
das Experiment am Thier nicht darzulegenden Inhaltes der Vor¬ 
derhirnleistung , worin dasselbe seiner eigenen Ernährungszu¬ 
stände gewahr wird. Es ist analog dem dispnoetischen Zustande 
der Athmungscentren der Oblongata, in welcher bei Mangel 


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arteriellen Blutes die ungesättigte Spannung für Oaufnahme sich 
als Reiz äussert, dem objectiv dispnoetisches Athmen, subjectiv 
dispnoetisches Angstgefühl entspricht, wenn sich auch die Dispnoe 
der Gehirnrinde schon bei Mangel functioneller Fluxionen in 
physiologischen Grenzen als Verstimmung ausdrückt, ebenso 
unter äussem Verhältnissen allgemeinen Oxydationsmangels, 
wobei ein dem Erstickungsblut ähnlicher Reiz die Arterien ver¬ 
engernden Nerven reizt. Krankheitsprocesse des Vorderhirns, 
welche dessen Zellen in dispnoetischen Reiz versetzen, begründen 
die traurige Verstimmung unter erhöhtem Arteriendruck 
(Melancholie). Im Gegentheil entsprechen der Sättigung der 
chemischen Spannung in den Oblongatenzellen durch Oxygen 
gleichzeitig Apnoe und ein der dispnoetischen Angst entgegen¬ 
gesetztes Gefühl von Entlastung. Die Annäherung an die Apnoe 
der Hirnrindezellen bei mässigem functioneilen (arteriellen) 
Affluxus macht sich schon physiologisch durch ein Glücksgefühl 
bei ungehemmter Associationsthätigkeit kund und die krankhaft 
gesteigerte fluxionäre Apnoe der Rindenzel!en ist subjectiv durch 
die heitere Verstimmung der Manie ausgedrückt, durch 
ein Gefühl von Ungebundenheit bei vermindertem Gefassdrucke 
im Gegensatz zur Hemmung bei erhöhter Arterie »Verengerung. 

Es ist dabei klar, dass der erhöhte oder verminderte Ar¬ 
teriendruck mit seinem Gefolge von der einen und der andern 
Verstimmung auch von Reizung oder Erschöpfung subcorticaler 
Gefässcentren abhängig sein kann. In welchen Fällen krank¬ 
hafte Processe in der Grosshirnrinde vorliegen müssen, in welchen 
etwa nicht, kommt noch zur Sprache. 

Die Reize, welche bei Irren objectlose Sinnes Wahr¬ 
nehmungen, Hallucinationen schaffen, gehen von subcorticalen 
Sinnescentren (vom Zwischenhirn an abwärts) aus. 

Bezüglich der Reize, die von subcorticalen Centren über¬ 
haupt ausgelöst werden und dem Grade der Hemisphären¬ 
erregung besteht ein derartiger Gegensatz, dass ein hoher Er¬ 
regungszustand des Vorderhirns (durch dessen Hemmungs¬ 
leistung) sich mit einem niedrigen Erregungszustand der sub¬ 
corticalen Centrendecke und andererseits schon durch das Ab¬ 
klingen der Hemmung ein abgeschwächter Erregungszu¬ 
stand des Vorderhirns sich mit erhöhter Erregung der subcor¬ 
ticalen Centren deckt. (Schluss folgt.) 


Notizen. 

Ernennung. Dr. Karl Hirsch, bisher Armenarzt im V. Bez., wurde zum 
Polizei-Bezirksarzte in Mariahilf ernannt. 

Zur Frage der Aerztekammern. In den Ausschuss zur Berathung und 
Berichterstattung über die im Abgeordnetenhause eingebrachte Petition um 
Creirung von Aerztekammern erscheinen nach vorgenommenem Scrutinium 
gewählt: die Abgeordneten W iedersperg, Schäffer, Ni tsche, Wünsche, 
Lenz, Yosnjak, Schneid, Roser, Duohatsch, Cze rnawski, Gnije- 
wosz, Kusy, Oelz und Splawinski. 


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18 


Sterbefälle. 

Dr. Carl Kirsohnek f» 

Nachdem der unerbittliche Tod das Jahr 1879 mit Opfern aus dem 
Collegium abschloss, die bereits lange Otium cum dignitate genossen, begann 
er schon sehr frühe in diesem Jahre seine schreckliche Arbeit mit einem 
Collegen im besten Mannesalter und in rastloser Berufstätigkeit. 

Dr. Kirsohnek wurde im November 1826 in Wiener-Neustadt geboren, 
absolvirte die medioinisohen Studien in Wien, wo er im Jahre 1858 zum 
Doctor promovirt, und 1859 in das Doct.-Coll. aufgenommen wurde, demselben 
somit als anhängliches und eifriges Mitglied durch volle 20 Jahre angehdrte. 
Das Jahr 1862 brachte er in Graz zu Behufs seiner weiteren Ausbildung in 
Geburtshilfe und Gynäkologie, welohe beiden Fächer zur raschen Begründung 
seines Rufes wesentlich beitrugen. 

An das Otium, dessen sein schwächlicher Körper und seine jahre¬ 
lange Kränklichkeit so sehr bedurft hätten, konnte Kirsohnek nooh lange 
nicht denken; denn sein umfassendes Wissen, sein ruhiges und leutseliges Be¬ 
nehmen, sowie seine Pflichttreue hatten ihm eine grosse Clientei zugeführt, die 
ihn nie und nimmer zur Ruhe kommen liess, und so geschah es, dass er, von 
einer mehrmonatliohen Krankheit kaum genesen, an einer Grippe leidend in 
der nebligen Neujahrsnacht für den Beruf sein Leben einsetzte, und dasselbe 
auch durch eine Pleuritis binnen fünf Tagen verlor. In vollem Masse dagegen 
erfreute sioh Kirsohnek der Dignitas, und zwar nicht nur von Seite des 
Publioums, sondern auoh seiner Collegen, denen er durchwegs eine persona 
grata war. Die Collegialität, deren Fahne er bis an sein Lebensende unbefleckt 
und unversehrt hoch hielt, sowie das warme Herz für die Interessen seiner 
Berufsgenossen legten ihm den Gedanken nahe, dass die Aerzte von Naoh- 
barbezirken durch eine Vereinigung einander näherrüoken, collegialer mit 
einander verkehren würden, und für ihre materiellen und moralischen Interessen 
besser sorgen könnten als es der Einzelne vermag; demgemäss gründete er im 
Jahre 1874 unter Dr. Goldschmiedes und meiner Mitwirkung den ärzt¬ 
lichen Verein der westlichen Bezirke Wiens, dem er durch drei 
Jahre Vorstand, und nach dessen Vorbilde die anderen Bezirksvereine entstanden, 
welohe 4 Vereine eine feste Stütze des Doct.-Coll. bilden. Für das Jahr 1875/76 
wurde erzürn Vioe-Präsiden ten des Doct.-Coll. gewählt, und hat bei 
dem Hyrtl-Bankette durch seinen geistreichen Toast die Aufmerksamkeit der An¬ 
wesenden auf sich gelenkt. Er war überdies durch mehrere Jahre Mitglied des G e- 
schäftsrathes, des Comitös für Standesinteressen und des 
Unterstützungs-Instituts-Ausschuss es. Da er aber wegen andauern¬ 
der Kränklichkeit den Sitzungen nicht mit gewohnter Pflichttreue beiwohnen 
konnte, resignirte er auf die beiden ersteren Ehrenstellen. Die kurze Zeit, die 
ihm zur Erholung gegönnt war, benützte er ebenfalls im Interesse der Mit¬ 
menschen zu gemeinnützigen Publioationen über Cholera, Bräune, anstecken¬ 
den Catarrh, Impfung u. m. a. Für seine grosse Beliebtheit zeugte auch die 
ausserordentliche Theilnahme an dem Leichenbegängnisse am 9. d. M., bei 
welchem das Doct.-Coll., vertreten durch die beiden Vice-Präsidenten Preyss 
und Lederer und den Seoretär-Stellvertreter Reitter, einen Kranz auf den 
Sarg legen liess mit der Aufschrift: „Das Wiener med. Doct.-Coll. seinem 
ehemaligen Vice-Präsidenten“. 

Die irdisohe Hülle Kirschnek’s ruht auf dem Lainzer Friedhofe. Ehre 
seinem Andenken! 

Dr. Ignaz Lederer, 
Vice-Präsident des Wiener med. Doct.-Coll. 


Dr. Ludwig Grillparzer f. 

Nooh umstanden die Freunde und Collegen die Bahre Kirschnek’s, als 
sich mit einem Male von Mund zu Mund die Nachricht verbreitete, dass eines 
der jüngsten Mitglieder des Collegiums, das einen durch seinen Grossonkel, 
Oesterreichs Dichterfürsten, Franz Grillparzer illustrirten Namen trug, Tags 
zuvor plötzlioh gestorben sei. 


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Dr. Lud. Grillparzer wurde am 25. Juli 1848 in Salzburg geboren, wo erauob 
seine Kinder- und ersten Jugendjahre verlebte, bis er nach abgelegter Maturi¬ 
tätsprüfung naoh Wien kam, um siob dem Studium der Heilkunde zu widmen. 
Nach absolvirtem zehnten Semester und bestandenem ersten Rigorosum trat er 
Ende 1872 als Aspirant in das Wiedener Spital, wo er auf der ersten medio. 
Abtheilung eingetheilt und gleichzeitig auch in dem damals im Krankenhaus 
Wieden unter der Leitung des Herrn Dr. Adler ins Leben getretenen Ambula¬ 
torium für Augenkranke ärztliche Assistenz zu leisten hatte. Am Vor¬ 
abend der Ablegung seines letzten Rigorosum erbat sich ihn Herrn Dr. Gunz 
vom Herrn Director Dr. Lorinser als Secundararzt für das St. Josefs-Kinderspital 
gegen dem, dass er seine Stellung am ophthalmiatrischen Ambulatorium bei¬ 
behalte, somit nicht aus der Reihe der Aspiranten gestriohen werde. Dies 
zugegeben, trat Grillparzer am 6. Juni 1873 in seine neue Stelle, in der er 
auch, naohdem er am 2. Juli 1873 zum Doctor der gesammten Heilkunde 
promovirt worden, verblieb, bis er im Mai 1874 zum Secundararzt 11. Classe 
im Wiedener Spital avanoirte und der chirurgischen Abtheilung des Primarius 
Dr. Seyberth zugetheilt wurde. 

Das Kinderspital verlor ihn nicht gerne; die ärmsten Kinder streckten 
ja stets ihm frohlockend ihre kraftlosen Händchen entgegen, wenn er sich 
blicken liess; die Ordnung der Dienst wurde auf die geräuschloseste, pünkt¬ 
lichste Weise durch sein Bestreben aufrechterhalten: alles geschah nioht des 
Dienstes wegen, sondern nur seinetwegen, der wie das personificirte Erbarmen 
von einem zum andern schritt, alle erquickte, alle labte. 

Im Wiedener Krankenhause war es nicht anders — er war und blieb der 
Liebling aller und Herrn Prim.-Dr. öttinger machte es Freude, dass er ihm 
am längsten erhalten blieb. Auf seiner (med.) Abtheilung wurde er Seoundar- 
arzt I. Classe, bei ihm emeritirte er. Am 5. Jänner 1876 wurde er als ordent¬ 
liches Mitglied in das Wiener medio. Doct.-Coll. aufgenommen. Am 18. März 1878 
etablirte er sich als praktischer Arzt in Weidlingau. Bis zum Beginn der 
Sommersaison war er im Orte selbst ziemlich bekannt geworden und im Sommer 
begrüssten ihn die Sommerparteien wie einen alten Bekannten; wussten ja 
die meisten Wiener Aerzte von ihm und empfahlen ihn ihren den Sommer 
über im Orte lebenden Clienten. 

So war Grillparzer im Handumdrehen ein vielbeschäftigter, aber nie 
beneideter Arzt. Nioht nur in den abgeschlossenen Räumen des Krankenhauses, 
auch im freien Kampfe ums Leben erfreute sich Grillparzer einer Achtung, 
die für einen so jungen Mann ihres Gleichen sucht. 

Bei all’ diesem Gelingen fühlte er sich nioht glücklich, seine Stimmung 
war immer gedrückt; denn seine verwaiste Kindheit rief die trübsten Er¬ 
innerungen in ihm wach, die er nie ganz verscheuchen konnte und die sich selbst 
in der heitersten Gesellschaft oft plötzlich seiner bemächtigten. Ein durch 
niohts zu motivirendes Misstrauen gegen sich selbst, Zweifel an dem eigenen 
Werth verursachten ihm schlaflose Nächte, in denen alle krankhaften Gedanken 
und Empfindungen, die je auf ihn eingestürmt haben, in erhöhtem Maasse wieder¬ 
kamen und wenn seine Weidlingauer Umgebung, seine Patienten auch nie 
geahnt, dass Grillparzer, der sie wie niemand je zuvor zu erfreuen, zu trösten, 
zu beleben verstand, selbst von einer schweren Krankheit heimgesuoht sei; — 
bald sollten alle es erfahren. 

Ein Mittel — Morphium — mit dem er mehrmals sich zu betäuben 
gesucht, hat ihm am 8. d. M. dem Leben entrissen. 

Nur Wenige hatten eine Ahnung von seiner tiefen Schwermuth, Alle 
aber, die mit ihm verkehrten, haben ihn geliebt; dies bewies auch die all¬ 
gemeine Theilnahme, die sein Tod hervorgerufen, der grossartige Zug, der ihn 
zu Grabe geleitet, die vielen Kränze, die ihm gespendet wurden und die 
Thränen, die seinem Andenken flössen. 

Ruhe und Friede ihm; er war ein strebsamer, intelligenter, guter, 
edler, aber kranker Mensch. 


Stiftungsfest. Die Hufeland’sche Gesellschaft in Berlin wird am 1. Fe¬ 
bruar dieses Jahres ihr siebzigjähriges Stiftungsfest feiern. 


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Niederösterreichischer Landes - Sanitätsrath. In der constituirenden 
Sitzung am 12. Jänner 1880 wurde die neue areijährige Session des n.-ö. Landes- 
Sanitfttsrathes begonnen. Se. Excellenz Herr Statthalter Baron Conrad be- 
grüsste die Versammelten, dankte für die bisherige so erspriessliohe Unterstützung 
und leitete die Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters. Anwesend 
waren: Die von dem Ministerium ernannten Mitglieder: Hofrath Prof. Dr. H e so h 1, 
StadtphysikusDr. Innhauser, Director Dr. Lorinser, Primararzt Dr. 0ser, 
Prof. Dr. Nowak, Bezirksarzt Dr. Witlacil; die vom n.-ö. Landesausschusse 
delegirten Mitglieder: Primararzt Dr. Moriz Gauster, Dr. Natterer; die 
von Amtswegen dem Sanitfitsrathe angehörenden Mitglieder: Statthaltereirath 
Dr. Ritter v. Karaj an, Landesthierarzt Dr. Langenbacher. Als Vorsitzender 
wurde erwählt mit 9 Stimmen S.-R. Director Lorinser, als sein Stellvertreter 
S.-R. Bezirksarzt Dr. Witlaöil mit 6 Stimmen. Das Collegium begann hierauf 
sogleich im Beisein des Herrn Statthalters seine Verhandlungen. S.-R. Prof. 
Dr. Nowak referirte über die Anträge des Magistrates bezüglich der Eis¬ 
gewinnung in der Donau. Die Erhebung hatte im Wasser des Ufers organische 
Moderstoffe und salpetrige Säure in merklichem Grade ergeben. Nowak’s 
Untersuchungen von Wasser und Eis der Donau ergaben letzteres ziemlich 
rein. Der Antrag, dass bezüglich der Qualität des Eises im alten Donaubette 
daher kein Bedenken obwalte, dass er aber dafür sei, es dort zu nehmen, 
wo schweres Wasser fliesst, wurde nach längerer Debatte, an der auch der 
Herr Statthalter Theil nahm, angenommeu; eben so Karajan’s Antrag, den 
Referenten zu ersuchen, bis zur nächsten Sitzung Vorschläge hinsichtlich 
sanitätspolizeilioher Vorschriften über Eisgewinnung und Eisverkauf zu 
erstatten. 

Preisaufgahen. Der alle fünf Jahre zur Vertheilung gelangende 
Riberi’sche Preis im Betrage von 20.000 Francs soll nach einer Bekannt¬ 
machung der kön. Akademie der Medioin in Turin demnäoht zum 30. Deoem- 
ber 1881 von Neuem verliehen werden, und ist „die Physio-Pathlogie des 
Blutes 4 als Preisaufgabe bestimmt. Zulässig sind sowohl gedruckte Arbeiten 
als auch Manusoripte in lateinischer, italienischer oder französischer Sprache, 
doch dürfen gedruckte Arbeiten nicht vor dem Jahre 1876 veröffentlicht 
sein und müssen der Akademie in doppelten Exemplaren eingesendet werden. 
Manusoripte bleiben Eigenthum der Akademie, doch bleibt dem Verfasser das 
Recht Abschriften aus denselben zu machen. — Am 31. December v. J. ist 
der Termin für die Einsendung der Preissohriften für das „Volksbuch der 
Gesundheitslehre“ abgelaufen. Im Ganzen haben sioh 11 Preisbewerber ge¬ 
meldet, resp. Manusoripte eingesendet. 3 aus Wien, 1 aus Niederösterreioh, 
3 aus Böhmen und 4 aus Deutschland. 


Einladung 

zu der am Montag den 26. Jänner, Abends 7 Uhr, im Sitzungs¬ 
saale des akademischen Senates (vormals Consi stör lalsaal), 

I. Sonnenfelsgasse 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen Versammlung. 

Programms 

1. Vorstellung von Kranken.*) 

2. Ueber Tamponade der Trachea bei Diphtheritis, von Herrn Professor 
Dr. Anton Frisch. 

3. Ueber conseoutive Gelenkentzündung und ihre Beziehung zur käsigen 
Infiltration der Knochen, von Hm.Primararzt u. DooentenDr. J.Englisch. 

Dr. v. Schmerling, Präsident. Dr. Hopfgartner, Seoretär. 

*) Die P. T. Herren Collegen werden ersucht, interessante Krankheitsfälle vorzustellen. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doct -Coll. — Verantwortlicher Bedacteur. 
Dr. L. Hopfgartner. — Gesellschafts-Buchdruckerei, Wien, III. Erdbergerstrasse 3 


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Vl.JBd. Ausgegeben am 5. Februar 1880. Nr. 3 

MITTHEILUNGEN — 

des 

Wiener uiiciiiiciu Dectoren-GellBOiants./ 


Erscheint jeden «weiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bogen and darüber, an 
SO Bogen im Jahre. — G-ansjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegiums im In¬ 
lande 8 fl., nach dem Auslände 6 Mrk. — Einzelne Nummern 86 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durolilaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Bachhandlang Toepllts de Deutlcke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasse 6. 
Zuschriften und Zusendungen an die Redaetion: Wien, Kanilei des Wiener med. 
Doet.-Coll. und der Witwen and Waisen-Soeietät, Rothenthnrmstrasse 23. 


Inhalt: Wissenschaftliche Versammlung am 26. Jänner — Petition des Wiener medicinischen 
Doctoren-Collegiums an das hohe Abgeordnetenhaus betreffs der Regelung der Verhältnisse 
des ärztlichen Standes. — Notizen. 


In der wissenschaftlichen Versammlung am 26. Jänner 

hielt Herr Prof. Dr. A. V. Frisch einen längeren Vortrag mit Demonstration über 

Tamponade der Trachea bei Diphtheritis. 

Im Eingänge seines Vortrages sucht Prof. Frisch zu be¬ 
weisen, dass Rachendiphtheritis in ihren Anfängen ein locales 
Leiden sei und dass die von mancher Seite noch gegen diese 
Anschauung geltend gemachten Bedenken gegen die Ergebnisse 
des Thierexperimentes nicht Stich halten können. Während 
Beobachtungen am Krankenbett und bei Obduction der Leiche 
die Frage, ob die durch die Exsudatmassen charakterisirten Ent¬ 
zündungsvorgänge auf der Schleimhaut die primären Herde der 
Erkrankung oder secundäre Erscheinungen eines vorausgegan¬ 
genen Allgemeinleidens seien, ungelöst lassen, dürfte man auf 
experimentellem Wege bestimmte Aufklärungen erwarten und 
wenn auf diesem noch Manches ungelöst bleibt, so scheint dem 
Vortragenden doch die locale Natur dieser Erkrankung 
sicher gestellt. 

Durch die Impfversuche von Trendelenburg und 
Oertel wurde erwiesen, dass an erkrankten Stellen der Rachen- 
und Kehlkopfschleimhaut der Process ursprünglich ein rein 
local begrenzter ist. Diese Ansicht findet in jenen Thatsachen, 
welche die Wunddiphtheritis als einen mit Schleim- 
hautdiphtheritis identischen Process erweisen, eine wesent¬ 
liche Stütze. (Heine, Winiwarter.) 

Jedem Chirurgen sind Fälle von Wunddiphtheritis vor¬ 
gekommen, bei welchen nach einmaliger energischer Auskratzung 
und Aetzung der erkrankten Wundfläche nicht nur der locale 
Process zum Stillstand gebracht wurde, sondern auch die All¬ 
gemeinerscheinungen plötzlich behoben waren. Auf diese Er¬ 
fahrung gestützt, drängte sich Vielen die Frage auf, ob nicht 
durch ein analoges Vorgehen bei Rachendiphtheritis ebenfalls 


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der Weiterverbreitung der Krankheit Schranken gesetzt werden 
können? Auch fehlt es nicht an Vorschriften für eine örtliche 
Behandlung der erkrankten Schleimhautpartien. Wie wenig aber 
diese bisher geleistet, beweist die Thatsache, dass die alljährlich 
neu empfohlenen und angewendeten derartigen Mittel nach 
kurzer Zeit wieder verlassen wurden. 

Der Grund, warum mit localen Mitteln bei Bachen-, Nasen- 
und Kehlkopfdiphtheritis bis jetzt so wenig erzielt wurde, scheint 
dem Vortragenden hauptsächlich in der Schwierigkeit zu liegen, 
das erkrankte Territorium vollständig zu beherrschen. So lange 
die diphtheritische Entzündung nicht ausgedehnt ist und auf 
manuellen Eingriffen leicht zugänglichen Stellen beschränkt 
bleibt, kann man mit solchen Methoden zurecht kommen, diese 
Fälle verlaufen aber erfahrungsgemäss ohnedies am leichtesten 
und kommen oft ohne jeden therapeutischen Eingriff zur Hei¬ 
lung. Hat aber der diphtheristische Process die hintere Fläche 
des Velums oder die Schleimhaut der Nase oder den Kehlkopf 
ergriffen, dann begegnet die locale Behandlung bedeutenden 
Schwierigkeiten und gerade in solchen schweren Fällen, bei 
denen es in der kürzesten Zeit zur septischen Intoxication 
kommt, fordern die Vorstellungen, die wir von dem Zustande¬ 
kommen der Allgemeinaffection haben, ein energisches Vor¬ 
gehen gegen die localen Entzündungsherde. 

Dass bei so vorgeschrittener Krankheit die mechanische 
Entfernung der erkrankten Schleimhautpartien oder auch nur 
der Exsudatmassen unmöglich ist, ist begreiflich, aber auch 
durch Aetzungen wird man nicht im Stande sein, alles Krank¬ 
hafte zu entfernen. Selbst durch Irrigation wird es nicht 
gelingen, alle Buchten und Nischen des Nasenlabyrinthes hin¬ 
reichend zu benetzen und von einer gründlichen Ausspülung des 
Larynx und der tieferen Rachenpartien wird man aus nahe¬ 
liegenden Gründen keinen Gebrauch machen. Und doch kann 
von der Ausspülung mit desinficirenden Flüssigkeiten ein Erfolg 
erwartet werden, wenn das zu beherrschende Terrain in einer 
Weise der Behandlung zugänglich gemacht wird, dass die 
Flüssigkeit in genügender Menge das ganze Gebiet 
durchströmen kann. Das ist aber nur möglich, wenn die Ge¬ 
fahren, welche das Hinabfliessen der desinficirenden Lösungen 
in die Luftröhre und in den Magen mit sich bringt, beseitigt 
werden können — und das wird durch einen temporären Ver¬ 
schluss des Oesophagus und der Trachea nach voraus ange¬ 
legter Trachealfistel erreicht. 

Dieser Vorschlag ist nicht neu, er wurde zuerst von 
Trendelenburg gemacht und auch in zwei Fällen aua- 
geführt, dann von Hüter und von Winiwarter, doch sind 
ausser den zwei von Trendelenburg in dieser Weise be¬ 
handelten Fällen über die Anwendung dieser localen Behand¬ 
lung von keiner Seite weitere Mittheilungen bekannt. 

Der Vortragende demonstrirte nun die zur Tamponade 


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der Trachea empfohlenen Apparate und deren spätere Modi- 
ficationen und machte neuere Vorschläge zur Vereinfachung der 
Technik. Alle die Apparate zum Tamponiren der Luftröhre danken 
ihre Entstehung dem Bestreben, blutige Operationen an Gesichts- 
theilen und am Halse ausführen zu können, ohne den Gefahren 
des Hinabfliessens von Blut in die Luftwege ausgesetzt zu sein. 
Nuss bäum suchte dies dadurch zu erreichen, dass er nach 
vorher gemachter Tracheotomie den Eingang zum Larynx durch 
ein vierfach zusammengelegtes beöltes Leinwandläppchen ab¬ 
schloss. Schönborn musste sich einmal bei Exstirpation eines 
Oberkiefertumors mit Wattatampons behelfen, weil die vorbe¬ 
reitete Tamponcanüle Schaden gelitten. Solche Nothbehelfe sind 
jedoch zur localen Behandlung der Diphtheritis nicht anwendbar, 
weil sie ein freies Durchspülen des Kehlkopfinneren nicht gestatten. 

Below und Trendelenburg haben fast gleichzeitig 
Vorrichtungen in Verbindung mit Trachealcanülen empfohlen, 
welche einen vollkommen wasserdichten Abschluss der Trachea 
unterhalb des Larynx ermöglichen. Below führt durch die 
Trachealwunde einen kleinen, mit einem Stück Kautschuk¬ 
schlauch versehenen Gummiballen im collabirten Zustande in 
die Luftröhre ein, der, wenn aufgeblasen, den oberen Theil der 
Luftröhre völlig ausfüllt. Der Tampon T r e n d e 1 en b u r g*s ist mit 
dem verticalen Theil der Trachealcanüle verbunden und besteht 
aus einem doppelwandigen, aus feinen Kautschukplatten ge¬ 
fertigten ringförmigen Schlauche, in dessen Höhle ein feines 
Gummiröhrchen einmündet. Die Canüle wird mit dem an den 
verticalen Theil derselben fest anliegenden Tampon in die 
Wunde eingeführt. Wird dieser durch das Gummirohr von 
Aussen aufgeblasen, so legt sich seine äussere Platte an die 
Trachea, die innere an die Canüle, wodurch die Trachea luft- und 
wasserdicht abgeschlossen wird. 

Der Kautschuktampon dieser Canüle ist ungemein zart 
und leidet leicht Schaden; seine Herstellung fordert viele Mühe 
und Genauigkeit. Deshalb suchte man die Kautschukbestand- 
theile durch eine einfachere Vorrichtung zu ersetzen. Statt des 
zur Füllung des Tampons nothwendigen Gummischlauches wird 
in der inneren unteren Wand der Canüle ein Canal geführt, 
der im unteren Ende der Canüle, da wo sie vom Tampon über¬ 
zogen ist, mittelst einer kleinen Oeffnung in ihrer äusseren 
Wand endigt und andererseits nach Aussen sich in eine kleine 
Metallröhre fortsetzt. Als Tampon dient ein Stück eines ge¬ 
wöhnlichen dünnwandigen Kautschuksackes (Condoms), welches 
über das verticale Stück der Canüle gezogen und über- und 
unterhalb der oben erwähnten kleinen Oeffnung durch Um¬ 
wickeln mit einem Seidenfaden befestigt wird. Zur Sicherung 
des Verschlusses ist es nöthig, dass an diesen Stellen Furchen 
um die Canüle herumlaufen, welche den Faden aufnehmen. Die 
Canüle ist in jenem Stücke, welches von dem Kautschuksacke 
umgeben wird, von geringerem Caliber, um das Einfuhren nicht 


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zu behindern. Der Sack wird, nachdem die Canüle eingeführt 
ist, mit einer Spritze oder einem Kautschukballon, welchen 
man mit einem kurzen Oummischlauch mit dem nach aussen 
mündenden Metallröhrchen verbindet, so weit aufgebläht, dass 
er ringsum an die Trachealwand angedrückt wird. 

Ein weiterer Fortschritt wäre es, wenn man sich auch 
von der beschriebenen eigens construirten Canüle unabhängig 
machen und jede beliebige Trachealcanüle einfach in eine 
Tamponcanüle verwandeln könnte. Dieses Problem suchte Neu¬ 
dörfer zu lösen. Er gibt zwei Weisen an, wie man die ge¬ 
wöhnlichen „käuflichen Kautschuksäcke“ mit den gebräuchlichen 
in jedem Instrumentarium befindlichen Trachealcanülen so ver¬ 
binden kann, dass sie'den Zweck der Tamponcanüle erfüllen. 
Der Vortragende hat beide Vorschläge N’s an der Leiche 
au8geführt, jedoch gefunden, dass durch beide Methoden die 
Trachea nur auf kurze Zeit verschlossen werden könne; zur 
localen Behandlung der Diphtheritis aber, welche ein längeres 
Liegenlassen des abschliessenden Apparates erfordert, una zur 
Anwendung an der kindlichen Luftröhre wagt er keine der¬ 
selben zu empfehlen. Denn einerseits ist die Einführung des 
Apparates in die Trachealwunde immer schwierig, weil durch 
das Umwickeln des Kautschuksackes um die Canüle die Gleich - 
mässigkeit ihres Calibers gestört wird und andererseits kann 
der Kautschuktampon an der glattwandigen Canüle durch Um¬ 
wickeln mit Seidenfaden schwer so sicher abgeschlossen werden, 
dass er für die ein geblasene Luft vollkommen dicht ist. Diesem 
Uebelstande wäre übrigens leicht abzuhelfen, wenn man jene 
Stellen der Canüle, an welche der Seidenfaden zu liegen kommt, 
in der oben erwähnten Weise mit Furchen versehen würde. 

Professor v. Frisch hält, auf seine Erfahrungen gestützt, 
jene Modification der Tamponcanüle, bei welcher das zum 
Füllen des Tampons dienende Rohr in der Wand der Canüle 
selbst liegt, und der ursprüngliche doppelwandige Gummiring 
durch ein einfaches, weites, dünnwandiges Kautschukrohr er¬ 
setzt werden kann, für die zweckmässigste. Die Armirung mit 
dem Kautschuksacke soll aber erst unmittelbar vor der Operation 
vorgenommen werden, weil sich gezeigt hat, dass vollständig 
vorbereitete Apparate, wenn sie längere Zeit liegen bleiben, 
wahrscheinlich durch Sprödewerden des Kautschuks leicht un¬ 
dicht werden. 

Die Tamponade des Oesophagus ist weit einfacher. Das 
Einschieben eines mit einem Faden versehenen Schwammes 
oder eines grossen Wattatampons in den Oesophagus genügt* 
das Eindringen der desinficirenden Flüssigkeit in die Speise¬ 
röhre und das Hinabfliessen in den Magen zu verhindern. Für 
Fälle, in welchen eine permanente Irrigation der erkrankten 
Nasen- und Rachenpartien indicirt ist, Hesse sich ohne Schwierig¬ 
keit nach dem Principe der ursprünglichen Trendelenburg- 


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Bohen Tamponcanüle ein Schlundrohr mit einem ringförmigen 
Tampon versehen. 

Von den beiden Diphtheritisfällen bei Kindern, welche 
Trendelenburg nach Tamponade der Trachea und des 
Oesophagus durch Irrigation behandelt hatte, endete der erste, 
bei dem diese Methode, nachdem wegen Erstickungsgefahr die 
Tracheotomie gemacht worden war, zum ersten Male Anwen¬ 
dung fand, mit Genesung. Der Vortragende skizzirt nun die 
einzelnen Vorgänge dabei. In diesem Falle hatte eine einmalige 
ausgiebige Durchspülung der erkrankten Gebiete genügt, den 
P^ocess zum Stillstand zu bringen, worauf die Heilung ohne 
Störung verlief. Der zweite Fall, bei dem sich während der 
Operation herausgestellt hatte, dass die Trachea schon von dem 
Processe ergriffen war, endete mit dem Tode, herbeigeführt 
durch Bronchialcroup. 

Nach Mittheilung dieser Fälle referirt Prof. Frisch noch 
über einen Fall seiner eigenen Beobachtung. Doch während in 
diesen beiden Fällen ein operatives Vorgehen schon durch die 
Tracheostenose indicirt erschien, bot der Krankheitsfall, in 
welchem F. die locale Therapie anwendete, ein wesentlich an¬ 
deres Bild dar. Es handelte sich da um eine jener ausgesprochen 
septischen Formen von Diphtherie, bei welchen es selten zu 
stenotischen Erscheinungen von Seite des Kehlkopfes kommt. 

F. P., 2V 4 Jahre alt, wurde am 28. März Morgens mit 
septischer Nasen- und Rachendiphtherie in’s Kronprinz Rudolf- 
Kinderspital gebracht. Anamnestisch interessant ist, dass ein 
älterer Bruder des Mädchens, welcher an periarticulären Ab- 
scessen des rechten Hüftgelenkes litt, acht Tage vorher an 
W unddiphtheritis erkrankt war. Das Kind war früher im Spitale 
in ambulatorischer Behandlung gestanden, nun aber schon seit 
mehreren Wochen nicht wieder dagewesen. Die Verschlimmerung 
an den Wunden soll damals (21. März) seit zwei Tagen be¬ 
standen haben. F. fand die zahlreichen Fistelöffnungen um das 
Gelenk sämmtlich von einem schmieriggrauen stinkenden Belag 
bedeckt, von buchtig ausgefressenen infiltrirten Hauträndern 
begrenzt, die Haut und das Unterhautzellgewebe stellenweise 
bis zu grösserer Tiefe zerstört und in einen missfarbigen, äusserst 
übelriechenden Brei verwandelt. Die Mutter konnte sich nicht 
entschliessen, den Knaben zur Pflege an das Spital abzugeben. 
F. entfernte von der zerfallenden Pulpa soviel als sich durch 
Auskratzen mit dem scharfen Löffel entfernen liess und ätzte 
dann alle Buchten und Vertiefungen sorgfältig mit einer con- 
centrirten Chlorzinklösung aus. Den weiteren Verlauf konnte 
F. nicht verfolgen, da das Kind ausserhalb des Spitales weiter 
behandelt wurde. Der Knabe war am 27. März gestorben, nach¬ 
dem die Zerstörungen der Weichtheile um das Gelenk eine enorme 
Ausdehnung erreicht haben und ringsum bis an den Knochen 
vorgeschritten sein sollen. 

Die Erkrankung des Mädchens soll angeblich erst seit 24 


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26 


Stunden bestehen. Die Untersuchung ergibt: gut genährtes,, dem 
Alter entsprechend entwickeltes Kind, etwas apathisch, Ge¬ 
sichtsfarbe fahl ; beide Nasenhöhlen voll von diphtheristischen 
Exsudatmassen, secerniren eine zähe, übelriechende Flüssigkeit; 
im Rachen findet sich auf beiden Tonsillen, den Gauraenbögen 
und der Uvula ein lockerer, sulziger, bräunlich gefärbter, pene¬ 
trant stinkender Belag, Larynx und Trachea scheinbar frei; 
wenigstens bestehen keine Erscheinungen, welche auf eine Er¬ 
krankung dieser Theile schliessen lassen; Puls klein, unregel¬ 
mässig, circa 100, Temperatur 37*2. 

Die Prognose stellte sich äusserst ungünstig; das Kind 
bot schon am Morgen Zeichen septischer Intoxication, die bis 
gegen Mittag in auffallender Zunahme begriffen waren. Bei der 
Localisation des Krankheitsprocesses auf Nase und Rachen 
durfte, wenn die Operation noch früh genug vorgenommen 
werden konnte, von der örtlichen Behandlung des Infections- 
heerdes ein Erfolg erwartet werden; ja es schien in dieser Art 
der Therapie die einzig noch vorhandene Möglichkeit zu liegen, 
das Leben des Kindes zu retten. 

Die Eitern des Mädchens wollten von einem operativen 
Eingriffe nichts wissen ; alle Vorstellungen, alles Zureden und 
Aufklären half nichts. 

Im Laufe des Nachmittags steigerten sich die Symptome 
septischer Infection in rapider Weise. Gegen 6 Uhr Abends war 
das Kind, welches kurz vorher sich noch unruhig im Bette hin- 
und hergeworfen hatte, in einen Zustand halber Somnolenz ver¬ 
fallen ; das Gesicht aschgrau, die Haut kühl, von klebrigen Sch weise 
bedeckt, Puls kaum fühlbar, 86 Schläge in der Minute, Tem¬ 
peratur 36 — da endlich erklärten die Eltern, in die Vornahme 
der Operation zu willigen, ja sie forderten sie jetzt fast ebenso 
energisch, als sie sie wenige Stunden vorher noch verweigert 
hatten. F. entschloss sich trotz der vorgeschrittenen Sepsis, den 
Versuch mit Tamponnade der Trachea noch zu wagen. 

In leichter Chloroformnarkose wurde die hohe Tracheotomie 
ohne besondere Schwierigkeit ausgeführt. Beim Erweitern des 
Trachealschnittes nach aufwärts kam eine auf dem ersten Tra- 
chealring dicht aufliegende Vene unter das Messer und wurde 
angeschnitten. Die sehr unangenehme Blutung, welche das Kind 
zu heftigen Hustenanfällen reizte, wurde, da die Vene wegen 
ihrer festen Adhärenz an der Trachea schwer gesondert mit der 
Sperrpincette gefasst werden konnte, durch Umstechung zum 
Stehen gebracht. 

Die Einführung der Tamponcanüle hatte einige Schwierig¬ 
keiten. Die Krümmung derselben wird durch das angefügte 
gerade Stück, welches von dem Tampon umgeben wird, zur 
Einführung nicht geschickt. Der Schnitt in der Trachea musste 
noch erweitert werden und um hiezu genügend Raum zu schaffen 
löste F. die Schilddrüse ungefähr 1 Centmeter weit von der Luft¬ 
röhre ab (Bose) und Hess sie mit einem Hacken nach abwärts 


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27 


ziehen. Nun gelang die Einbringung der mit Carbolöl einge¬ 
fetteten Canüle ohne merklichen Widerstand. 

Trotz des sehr langen Trachealschnittes zeigte es sich, dass 
der Raum zwischen dem oberen Rand der Canülenplatte und 
dem oberen Wundwinkel nur ein sehr kleiner war. Die Wunde 
wurde von diem Schilde der Canüle, wiewohl P. in dem oberen 
Tbeile derselben einen Ausschnitt hatte anbringen lassen, 
fast vollständig zugedeckt. Es wäre somit die Einführung eines 
Catheters oder eines gekrümmten Spritzenansatzes durch die 
Wunde nach aufwärts, wie es zur Durchspülung des Larynx 
bei Erkrankung desselben in Aussicht genommen wurde, kaum 
ausführbar gewesen. Nachdem die Canüle befestigt war, wurde 
der Tampon durch einen kleinen Kautschukballon, der mittelst 
eines kurzen Gummirohrs an das Metallröhrchen der Canüle 
angesetzt wurde, aufgeblasen; das Kautschukrohr sodann durch 
einen leichten Quetschhahn abgesperrt und der Ballon entfernt. 

Nun schritt P. zur Tamponnade des Rachens. Da die Ton¬ 
sillen, sowie die übrigen Weichtheile des Rachens enorm ge¬ 
schwellt und überdies von dicken, sulzigen Exsudatschichten 
überlagert waren, konnte der Verschluss des Oesephagus nicht 
in der gewöhnlichen einfachen Weise vorgenommen werden. 

P. fürchtete durch das Hinabschieben eines Schwammes 
oder Wattetampons durch den sehr verengten Racheneingang 
die Exsudatmassen vor dem Tampon herzudrängen und über¬ 
dies das sehr gelockerte Gewebe so zu verletzen, dass vielleicht 
eine beträchtlichere Blutung entstanden wäre. Deshalb belegte 
er zunächst, nachdem ein Heister’sches öpeculum zwischen die 
Zahnreihen eingeführt worden war, die beiden Seitenwände und, 
so gut es ging, auch die obere Wand des Isthums faucium mit 
einigen in die Desinfectionsflüssigkeit (2V2procentige Lösung 
von Tetram^thylammoniumhydroxyd) getauchten flachgedrückten 
Wattetampons, drängte dann mit seinen Zeigefingern nach recht* 
und links die Gaumenbögen auseinander und Hess durch einen 
Assistenten mit der Kornzange einen grösseren mit starkem 
Faden versehen Wattebauschen in den Pharynx einführen. 
Hierauf wurde nach Entfernung der provisorisch eingelegten be¬ 
feuchteten Tampons die Durchspülung der Nasen- und Rachenhöhle 
mit der oben erwähnten Lösung vorgenommen. Der Apparat in der 
Trachea functionirte vollkommen zufriedenstellend. Von den Mem¬ 
branen im Rachen hatten sich ganz bedeutende Massen abgelöst. 

Da es dem Operateur in dem vorliegenden Falle von grossem 
Belang schien, es nicht bei einer einmaligen Desinfection des 
erkrankten Terrains bewenden zu lassen, eine baldige Wieder¬ 
holung des ziemlich eingreifenden Verfahrens aber bei dem Zu¬ 
stande des Kindes nicht angezeigt erschien, suchte er sich, um 
eine anhaltende Einwirkung des localen Mittels zu ermöglichen, 
zunächst auf andere Weise zu behelfen. 

Nach Entfernung des Rachenverschlusses tamponirte P. 
in der gewöhnlichen Weise mit der B e 11 o c q’schen Röhre beide 


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Choanen, in der Absicht, eine gründliche Ausspülung der Nasen¬ 
höhle stündlich wiederholen zu können. Der Racheneingang 
wurde sorgfältig mit Wattetampons, welche von der desinficirenden 
Lösung imprägnirt waren, ausgelegt. Diese Tampons sollten alle 
2 Stunden, , eventuell auch öfter, durch neue ersetzt werden, 
nachem vorher der Sicherheit halber der Kautschuktampon der 
Trachealcanüle entleert und neuerdings aufgeblasen worden war. 
Die Wahl des Desinfectionsmittels ermöglichte es, den Verschluss 
des Oesophagus bei dieser Procedur zu entbehren, da die ge¬ 
ringen Mengen von Tetramethylammoniumhydroxyd, welche hiebei 
etwa in den Magen gelangen konnten, als ganz unschädlich zu be¬ 
trachten waren. Der Zeitpunkt des jedesmaligen Wechselns des 
Rachentampons wäre zu benützen, um dem Kinde Excitantien oder 
irgend welche andere erforderliche Medicamente einzuflössen. 

Die ganze Operation hatte ungefähr eine Stunde Zeit in 
Anspruch genommen. Das Mädchen wurde nun ins Bett gebracht 
und in erwärmte Tücher eingehüllt, die fleissig durch neue er¬ 
setzt wurden. Leider kam es zu keiner Fortsetzung der beab¬ 
sichtigten localen Behandlung, da das Kind noch vor Ablauf einer 
Stunde in einem plötzlich auftretenden Collaps zu Grunde gieng. 

Bei der Obduction fand man nebst der Erkrankung der 
Nasen- und Rachenschleimhaut noch im Larynx auf der unteren 
Fläche der wahren Stimmbänder einige hanfkorngrosse diphthe- 
ritische Inseln. Die Trachea war frei geblieben. Ausser zahl¬ 
reichen kleinen punktförmigen Ekchymosen auf der Pleura, dem 
Pericardium und Peritoneum, und dem Flüssigbleiben der Blut¬ 
masse bot der Sectionsbefund nichts Bemerkenswerthes. 

(Fortsetzung folgt.) 


Standesangelegenheiten. 

Ende December vorigen Jahres hat der Vice-Präsident de» 
Wiener med. Doct.-Coll., Dr. Ignaz Lederer, in dem Comite 
für Standesinteressen den Antrag eingebracht, dasselbe möge die 
Petition, welche der Geschäftsausschuss des Aerzte-Vereinsver¬ 
bandes bei der h. Regierung und dem h. Reichsrathe wegen 
Errichtung von Aerztekammern eingebracht hat, in reifliche Er¬ 
wägung ziehen und sobald als möglich dem Geschäftsrathe darüber 
Bericht erstatten, welche Stellung das Collegium zur erwähnten 
Petition nehmen solle. Da nun auch Dr. J. Scholz einen ähnlichen 
Antrag gestellt, hat das genannte Comite diese Anträge ange¬ 
nommen und unter dem Vorsitze des OSR. Dr. Schneller in drei 
Sitzungen sich über eine Eingabe an das Parlament und die hohe 
Regierung geeinigt, welche der Referent, MR. Dr. Preyss, in der 
Sitzung des Geschäftsrathes vom 28. v. M. unter allgemeinem 
Beifalle der Versammlung vortrug und die auch en bloc 
nahezu einstimmig angenommen wurde. Wir lassen die¬ 
selbe hiemit dem Wortlaute nach folgen: 


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29 


Petition des Wiener medicinischen Doctoreu-Collegiums an das 
hohe Abgeordnetenhaus 

betreffs der Regelang der ärztliohen Verhältnisse. 

Bei dem Umstande, dass der Geschäftsansschnss des österrei¬ 
chischen Aerzte-Vereinsverbandes als Vertreter von mehr als 5000 
seiner Mitglieder, worunter eine sehr grosse Zahl Wundärzte, sowohl 
an den hohen Reichsrath als an das hohe k. k. Ministerium des 
Innern eine Petition um Regelung des ärztlichen Standes — respective 
um Errichtung von Aerztekammern — gerichtet hat, erlaubt sich 
das Wiener medicinische Doctoren-Collegium, nachdem es obigem 
Aerzteverbande nicht beigetreten ist, als Vertreter von Doctoren 
der Heilkunde dem hohen Reichsrathe in dieser Angelegenheit seine 
Anschauungen und diesfällige Bitte ehrerbietig zu unterbreiten. 

Das Wiener medicinische Doctoren-Collegium, welches als selbst¬ 
ständige Corporation und Nachfolger des bis dahin mit der Wiener 
Universität verbunden gewesenen Doctoren-Collegiums der medicini¬ 
schen Facultät (R. G. Bl. vom 7. Mai 1873, Nr. 63) eine reiche 
Vergangenheit und damit grosse Erfahrungen hinter sich hat, kann 
seine Besorgniss nicht unterdrücken, dass die Regelung der ärztlichen 
Verhältnisse in der Form, wie sie in genannter Petition angestrebt 
wird, jene Hoffnungen, welche darin für die öffentliche Gesund¬ 
heitspflege und für den ärztlichen Stand selbst ausgesprochen werden, 
kaum erfüllen dürfte. Denn nach seiner Ueberzeugung ist an 
berathenden und begutachtenden Organen für die Behörden (17 Landes- 
Sanitätsräthe und der Oberste Sanitätsrath mit circa 100 Mitgliedern) 
kein Mangel, noch fehlt es an der Initiative, wozu nicht nur letztere, 
sondern auch jeder Verein und jeder Staatsbürger berechtigt ist. 
Zur Erreichung staatlicher Sanitätszwecke fehlt es vielmehr an öffent¬ 
lichen Executiv-Organen, an der genügenden Zahl hinreichend dotirter 
landesfürstlicher Bezirksärzte und vor allem an der gesetzlich normirten 
Aufstellung von Gemeindeärzten. 

Ueberdies dürften bei dem in einzelnen Kronländem beste¬ 
henden Vorwiegen minder gebildeter Sanitätspersonen (Wundärzte) 
über vollständig gebildete Aerzte jene zur Abgabe von Gutachten 
in den oft so schwierigen allgemeinen hygienischen Angelegenheiten 
weniger geeignet erscheinen, abgesehen davon, dass in den so 
verschieden zusammengesetzten Vertretungskörpern, je nach den 
verschiedenen Standpunkten auch höchst divergirende Wohlmeinungen 
über einen und denselben Gegenstand abgegeben werden dürften. 
Aber auch dem ärztlichen Stande dürften in seinen eigentlichen 
Repräsentanten, den Doctoren der Heilkunde, durch die in der Petition 
beabsichtigte Zusammenwürfelung mit den Wundärzten kaum besondere 
Vortheile erwachsen. 

Den Aerzten werden in der Petition, ohne ein entsprechendes 
Aequivalent neue Verpflichtungen und Arbeiten, sowie pecuniäre 
Auslagen, und zwar zwangsweise auferlegt. 

Das Wiener medicinische Doctoren-Collegium kann hiebei schwer 
begreifen, wie angeblich im Interesse des doch seinem ganzen Wesen 


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30 


nach von Freiheit und Selbstständigkeit unzertrennlichen ärztlichen 
Standes diesem die Fesseln einer Zwangsgenossenschaft gesetzlich 
auferlegt werden sollen, nachdem in ßezug auf Wien erst vor wenigen 
Jahren mittelst des oben citirten Reichsgesetzes vom 27. April 1873, 
§ 23 alinea 6, der zwangsweise Eintritt in das Doctoren-Collegium, 
als Bedingung zum Rechte der Praxis in Wien, als nicht zeitgemäss 
aufgehoben wurde. 

Wenn es auch erklärlich ist, dass Aerzte der Provinz das 
Bedürfniss nach Vereinigung fühlen, so meint doch das Doctoren- 
Collegium, dass die oben angedeuteten Zwecke im Wege freier Vereine 
gerade so gut und, weil nicht auf Zwang beruhend, noch besser 
erreicht werden können. 

Das Wiener medicinische Doctoren-Collegium, welches als erste 
und älteste ärztliche Corporation des Reiches unter seinen nahezu 
700 Mitgliedern zugleich die vorzüglichsten Capacitäten sämmtlicher 
medicinischen Fächer in sich vereinigt — welches einen würdigen 
Schauplatz wissenschaftlichen Strebens und Wirkens bietet und 
ausgestattet ist mit reichen Stipendien, Stiftungen und Instituten 
zur Versorgung und Unterstützung verarmter Mitglieder, zu Pensionen 
für Aerzte in höherem Alter, sowie für deren Witwen und Waisen, 
wie keine zweite Körperschaft der Monarchie — fühlt bei seiner 
festen inneren Organisation und seinem sicheren Bestände begreiflicher 
Weise keinen Anlass, auf seine gegenwärtige Stellung zu verzichten. 

Allein da möglicherweise die gegenwärtige Strömung einer 
Organisation der ärztlichen Verhältnisse nicht ungünstig ist, so fühlt 
sich das Doctoren-Collegium verpflichtet, in Folgendem seinen Stand¬ 
punkt zu entwickeln, um für den Fall, als die gesetzgebenden 
Factoren geneigt wären, dieselbe zu beschliessen, darin eine seiner 
würdige Stellung einzunehmen. 

Die Doctoren der Heilkunde würden in ihrer Stellung nichts 
gewinnen, wenn sämmtliche Aerzte eines Kronlandes (Doctoren 
und Wundärzte) wie § 1 der eingangs erwähnten Petition anstrebt, 
Eine Aerztekammer bilden, da die zwei Kategorien auf einer 
wesentlich verschiedenen Bildungsstufe stehen Im Sinne des Gesetzes 
vom 17. Februar 1873, R.-G.-Bl. Nr. 25, wurden wohl die Wund¬ 
ärzte auch zur Ausübung der medicinischen Praxis, aber keines¬ 
wegs dazu berechtigt, sich mit den Doctoren der Heilkunde für 
ebenbürtig zu halten, welch’ letztere sich ihren Doctors-Grad nach 
weit längerer (14jähriger) und kostspieliger Vor- und Fachbildung 
durch angestrengte Studien erworben haben, während jene nebst der 
Volksschule eine höchstens 7jährige Vor- und Fachbildung genossen. 

Ueberdies ist die Zahl der noch lebenden Wundärzte im Gesammt- 
gebiete der Monarchie (Wien mit seinen mindestens 1000 Doctoren 
der Heilkunde nicht inbegriffen) gegenüber jener der Doctoren noch 
überwiegend, und in O b e r - und Niederösterreich (mit Ausschluss 
der Reichshauptstadt), Salzburg, Steiermark, Mähren, 
Schlesien, Kärnten und Krain, ist das Verhältniss der ersteren 
zu letzteren wie 2:1. Falls nun den Aerztekammern das Disoiplinar- 
yecht eingeräumt würde, könnte es leicht geschehen, dass in ge- 


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gebenen Fällen, die Wundärzte vermöge ihrer Majorität in der 
Kammer über die wissenschaftliche Befähigung und das sociale Be¬ 
nehmen der Doctoren, das ist die minder Gebildeten über die höher 
Gebildeten zu urtheilen und zu entscheiden hätten. 

Wenn es sich nur um die Interessenvertretung der Wund¬ 
ärzte handelt, so ist ihnen diese hinreichend gewährleistet durch 
die gesetzlich noch bestehenden Gremien, wodurch zwischen ihnen 
und den Doctoren nie eine Collision eintreten kann. 

So wenig es der hohen Regierung je in den Sinn kommen 
konnte, zum Beispiel die Advokaten-Kammern, bei deren Creirung 
übrigens höhere politische Gesichtspunkte massgebend waren, aus 
heterogenen Elementen zusammenzusetzen, oder etwa auch nur die 
Advocaten und Notare in einer Kammer zu vereinigen, eben so 
wenig kann ohne Nachtheil für die Sache und die Personen beab¬ 
sichtigt werden, Aerztekammem aus vollkommen gebildeten Aerzten 
(Doctoren) und Wundärzten zugleich zu bilden. 

Was aber die bisher ausser dem Collegium stehenden Doctoren 
anbelangt, welche unter anderem mittelst der Aerztekammer durch 
Errichtung humanitärer Institute für ihre Hinterbliebenen sorgen, 
oder bei eintretenden Unglücksfällen sich selbst eine Aushilfe sichern 
wollen, so steht allen Doctoren, die überhaupt das Recht zur Praxis 
in der österreichisch-ungarischen Monarchie besitzen, der Eintritt in 
das Wiener medicinische Doctoren-Collegium offen, welches wie oben 
erwähnt, für alle diese Fälle reichlich dotirte Institute besitzt. 

Sollte übrigens der hohe Reichsrath sich bewogen finden, die 
ärztlichen 'Verhältnisse in der Art zu regeln, dass Aerztekammem 
gebildet werden, so bittet das Wiener medicinische Doctoren-Collegium, 
Hochderselbe wolle in diesem Falle, mit Rücksicht auf die oben 
erwähnte Auseinandersetzung, das * medicinische Doctoren-Collegium 
für Wien und die Vororte mit den Befugnissen einer Aerztekammer, 
welche blos aus Doctoren zu bestehen hat, ausstatten. 

Das ergebenst gefertigte Wiener medicinische Doctoren-Collegium 
spricht die Hoffnung aus, dass der hohe Reichsrath die vorstehende 
Darlegung der Verhältnisse einer geneigten Prüfung und Würdigung 
unterziehen werde. 

Wien, am 28. Jänner 1880. 

Diese Petition wurde am 80. Jänner von einem Abgeordneten bei dem 
Präsidium des Abgeordnetenhauses eingebraoht und am 3. Februar in Ab¬ 
drücken an sämmtliche Abgeordnete vertheilt. 

Am 2. d. M. hatte das Präsidium des Wr. med. Dootoren-Collegiums 
die Ehre, von Sr. Exoellenz dem Herrn Ministerpräsidenten in einer längeren 
Audienz empfangen zu werden, um ihm ein an das Ministerium des Innern 
gerichtetes Gesuoh desselben Inhaltes zu überreichen und dasselbe im münd¬ 
lichen Vortrage näher zu beleuohten, wobei es die wohlwollendste Aufnahme faud. 

Andererseits sollen dem Vernehmen nach auoh die Vereine, welche dem 
Aerzte-Vereinsverbande beigetreten sind, erst jetzt aufgefordert worden sein, 
das Gesuoh des Geschäftsaussohusses desselben durch selbstständige, das gleiohe 
Ziel anstrebende Bittschriften zu unterstützen, wogegen mehrere derselben 
beschlossen, dieser Petition ferne bleiben zu wollen und zu erklären, dass sie 
den Vorstellungen des Wiener medicinischen Dootoren-Collegiums vollinhaltlich 
beistimmen. Selbst eine grosse Zahl der Wundärzte sollen, siohbrem Ver¬ 
nehmen nach, mit der Petition des Aerzte-Vereinsverbandes gar nicht ein¬ 
verstanden sein. - 


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32 


Notizen. 

Aufnahme. In der Sitzung des Geschäftsrathes am 28. Jänner wurden 
die Herren DDr. Gnändinger Hugo, Assistent an der Wiener Universitäts- 
Kinderklinik, Pinsker Arthur und Soheffer August, praktische Aerzte 
in Wien, als ordentliche Mitglieder in das Wr. med. Doct.-Coll. aufgenommen. 

Auszeichnung. Herr Dr. Samuel Sohen k, k. k. Professor an der Wiener 
medicinisohen Facultät, erhielt das Ritterkreuz des kaiserlioh brasilianischen 
Rosenordens. 

Personalien. Se. Majestät der Kaiser hat die Wahl des Regierungsratlies 
und Professors Dr. Franz Müller zum Studiendirector des Militär-Thierarznei- 
Institutes für drei Jahre bestätigt. 

Aus dem Abgeordnetenhause. Der Ausschuss, welcher zur Berathung 
Über die Petition des österreichischen Aerzte Vereins-Verbandes, betreffend die 
Regelung des ärztliohen Standes, vom Abgeordnetenhause eingesetzt wurde, 
hat sioh oonstituirt und den Abgeordneten R. v. Gniewosz zum Obmann, 
den Abgeordneten Dr. Vosnjak zu dessen Stellvertreter und den Abgeordneten 
Dr. R. v. Wieder8perg zum Schriftführer gewählt. 

Operation unter elektrischem Lichte. J. Berkeley Hill operirte 
im University College Hospital in London am 11. December v. J. eine Vesioo- 
Vaginal-Fistel unter elektrischem Lichte. Ein constanter galvanischer Strom 
erhitzte den Platindraht zum Weissglühen. Der Draht befand sioh in einem Glas 
oylinder und dieser in einem zweiten. Den freien Raum zwisohen diesen Cyünder 
du rohfloss dauernd ein Wasserstrom, der sioh zur Erniedrigung der Temperatur 
vollkommen bewährte. Die Operation dauerte länger als eine Stunde und 
leistete das elektrische Licht Ausgezeichnetes. 

Leichen Verbrennung. Im Laufe des Jahres 1879 fanden zu Gotha 16 
Leichenverbrennungen statt — ein Resultat, welches für das erste Jahr ein 
ansehnliches zu nennen ist. Die Dauer des Verbrennungsprooesses betrug iy 2 
bis 2>/ 8 Stunden; von Gotha selbst, wie von Langensalza, Kaumburg, Neustadt, 
Leipzig, Dresden, Bamberg, Hannover, Breslau und Wien waren Leichen 
zur Verbrennung gesendet worden. Das erste Mal wurde eine Leiohenver- 
brennung in Gotha am 10. December 1878 vorgenommen. 

Sterbefall. Am 27. Jänner wurde dem Collegium wieder ein älteres 
Mitglied durch den Tod entrissen. Herr Dr. Simon Josef Strakosoh, prak¬ 
tischer Arzt im III. Bezirke, im Jphre 1813 zu Butsohowitz in Mähren 
geboren, vollendete seine medicinisohen Studien in Wien, wo er auch am 
6. August 1839 zum Dr. der Medicin und bald darnach auch zum Dr. der 
Chirurgie promovirt wurde. Am 27. März 1855 ward er Mitglied des Doct.- 
Coll. der medioinisohen Facultät, und trat als solches in das Wr. med. Doot.- 
Coll. über. Seit längerer Zeit an einem Herzfehler erkrankt, erlag er an 
obigem Tage seinem Leiden. Möge er in Frieden ruhen! 

Im Mitglieder - Verzeichnis» wurde der Name des Herrn Collegen Hans 
Sohum (Dr. d. ges. Heilkunde) VII., Kaiserstrasse 37 (Ord.-Stunden 1—3) aus 
Versehen ausgelassen. Dann die geänderte Ordinationsstunde des Herrn 
Prof Dr. Dräsche anzuzeigen übersehen. Diese ist nunmehr von 4—5 Uhr. 

Erratum corrigendum. In Nr. 2 dieses Blattes Seite 13, Zeile 21 von 
oben ist zu lesen „ungefenstert“ statt angefeuchtet. 

Eingesendet. 

Andauernde Kränklichkeit nöthigt mich, meiner brunnenärztlichen 
Thätigkeit in Franzensbad zu entsagen und mich zur Ruhe zu setzen. 

Ich spreche hiermit allen hochgeehrten Herren Collegen, welche im 
Laufe meines fünfunddreissigjährigen Wirkens im Curorte mir Beweise ihres 
wohlwollenden Vertrauens gegeben, den wärmsten herzlichsten Dank aus. 

Wien, 22. Jänner 1880. Dr. Bosohan. 

Die nächste Kummer erscheint am 12. Februar. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doct -Goll. — Verantwortlicher Redaoteur . 
Pr. h. Hopfgartner. — Qesellsohafu-Buohdmckerei, Wien, III. Brdbergerstrasae 8. 


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VI. Bi 


Ansgegeben am 12. Februar 1880 Nr. 4 


MITTHEILUNGEN ^ 

filier Dtedlcinisclien Öittirii-CilluiiiL 


Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bosen und darüber, an 
90 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtmitglieder des Collegiums im In* 
lande S fl., nach dem Auslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 25 kr. = 50 Pfg. — Inserate 
15 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Miau pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplitz Deatieke 
(vormals Karl Czermak), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zuschriften and Zusendungen an die Redaetion: Wien, Kaniiei des Wiener med. 
Doet.-Coll. und der Witwen- and Waisen-Societät, Rothenthnrmstrasse 23. 


Inhalt: Ueber Grundlagen zur Gruppirung der Hemisphärenkrankheiten. (Schluss.) — Ueber 
; Tamponade der Trachea bei Diphtheritis. (Fortsetzung.) — Aus dem Geschäftsrathe. (Sitzung 
am 17. December v. J.) — Aus dem Unterstützungs-Institute. (Sitzung am 27. Jänner 1880.) 
— Notizen. — Einladung. 

Ueber Grundlagen zur Gruppirung der Hemisphären¬ 
krankheiten.*) 

Vortrag des Herrn Regierungsrath Professor Dr. Meynert. 

(Schluss zu Seite 17.) 

Für diesen Gegensatz in der Begünstigung der Wahrnehmung 
fcubcortical erregter Reize durch erschöpfte Hemisphären lässt 
sich im localisirenden Sinne der Ausdruck reizbare Schwäche 
anwenden, wobei die Schwäche dem Vorderhirn, die erhöhte 
Reizbarkeit den sübcorticalen Centren zufällt. Wir können 
pathologisch-anatomisch heute nicht scharf scheiden, wie weit 
dabei reizende Processe in die sübcorticalen Centren zu ver¬ 
legen sind. Sicher ist aber, dass intacte Hemisphären die in 
den sübcorticalen Reizen begründeten Wahnideen nicht zulassen. 
In die reizbare Schwäche fällt die Bildung aller, nicht aus den 
oben bezeichneten Verstimmungen hervorgehender Wahn¬ 
ideen, und die psychische Reizbarkeit bis zu ihren höchsten 
Graden als tobsüchtige Aufregung, Furibundia. Sie ist dem 
Affect des Zornes verwandt, nicht der Tollheit, der Manie. 

Den Wahnideen liegen sensible Reize der Leibesoberfläche, 
auch veränderte Muskelinnervationsgefühle zu Grunde, als neural¬ 
gische, hypochondrische, hysterische Grundlagen. Sie finden auch 
in den durch sensible Anstösse verursachten Träumen eine Quelle. 
Es ist aber auch schon aus reizbarer Schwäche erklärbar, wenn 
wirklich an sich gleichgiltige Sinneswahrnehmungen z. B. beim 
Verfolgungswahn, auf die Hemisphären unwiderstehlich wirken, 
so dass ihre Ausdeutungen mit ihren falschen Resultaten durch 

*) Verspätete Einsendung des Manuscriptes, durch Unwohlsein des Autors 
verursaoht, hatte Mängel der Correctur zur Folge, welche in diesem Aufsatz 
vielfach auffallend hervortreten, ohne der Redaction zur Last zu fallen. 


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34 


den ganzen lebenslang aus Erfahrungen entwickelten logischen 
Apparat nicht mehr unterdrückt werden können, denn die 
starke Erregung des V orderhirns bei intendirter Gedanken¬ 
arbeit schwächt den Eindruck der Sinneswahrnehmungen sogar 
merklich ab, so dass der intensiv Denkende Beize 
momentan nicht bemerkt, deren er sich später erinnert. Die 
Erinnerungsbilder, das Material der Vorderhirnleistung, sind den 
Sinneseindrücken überhaupt ganz disparat. Die Erinnerung an 
den Kanonendonner, an den grellsten Lufteindruck führt nicht 
die minimalste Intensität eines Sinneneindruckes mit sich. 

Fundamental für den Gegensatz der Vorderhirnerschöpfung 
und subcorticalen Reizung sind die Traumphantasieen, welche 
einer Phase periodischer Vorderhirnerschöpfung entsprechen und 
die Hallucinationen, die als epileptische Aura gerade vor dem 
Verschwinden des Bewusstseins, also in einem Momente tiefen 
Abstiegs der Grosshirnerregung, auftreten. Auch die erleichterte 
Reflexe von Weinen und Lachen bei den Paralytikern, welche 
mit dem Niedergang ihrer Vorderhirnleistung eigentlich von 
Stimmungslosigkeit begleitet sind, gehören hieher. 

3. Die anatomischen Processe lassen sich aus den Reiz¬ 
symptomen am allerwenigsten, aus der Verlaufsart der Krankheiten 
am allermeisten erschliessen. Der Rahmen der anatomischen 
Thatsachen erweitert sich, wenn man nicht nur auf anatomische 
Begründung der Psychose ausgeht, das oft nur scheinbar um¬ 
schriebene Krankheitsbild, welches einen Zeitabschnitt im Leben 
des Kranken umfasst. Vielmehr muss man auf die anatomische 
Begründung der Veranlagungen Bezug nehmen, welche einzig 
erklärte, warum die gleichen Ursachen auf so überwiegend viele 
Menschen, mit Ausnahme der Irren, ohne Krankheitseffect 
wirken. Der Veranlagte ist anatomisch meist als ein Kranker 
zu erweisen, dessen Störungen aber mit Recht nicht Irrsinn 
genannt werden. Die Anatomie der Veranlagungen umfasst alle 
Reste frühzeitiger und auch intrauterinaler Gehirnerkrankungen, 
welche sich in Strabismus, Asymetrien der Gesichtszüge, den 
Sprachfehlern, Schwerhörigkeit und Taubheit etc. kundgeben, 
andererseits als Difformitäten des Schädels, welche schon Virchow 
in Hyperaemien, Entzündungen des Gehirns und seiner Hüllen 
begründete, die nicht selten durch den Goburtsverlauf im Becken 
einer rachytischen Mutter sich entwickeln. Weiter begründet ein 
rhachitisches Allgemeinleiden sehr wesentlich den Hydrocephalus, 
weshalb schon Rokitansky von einem hydrocephalischen Thorax 
spricht. 

Die Verlaufsart der Erkrankung, welche ohne oder mit 
erkennbarer Veranlagung einen anatomischen Process im Vorder- 
him erschliessen lässt, bezieht sich nicht allein auf den Nachweis 
seiner Entwicklung, seiner Höhe, seines Abstiegs durch Vorder¬ 
hirnstörungen, sondern wesentlich darauf, dass bei gleichen 
Symptomenbildern und deren gleicher Aufeinanderfolge die 


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ungeheilten Fälle Defecte der Yorderhirnleistung zurücklassen, 
dass nach einer irgendwie begrenzten Zeitlänge der Dauer des 
Processes dauernder Blödsinn zu Stande kommt. 

Wir wissen, dass sich in einem einmal an Melancholie er¬ 
krankten Menschen, der nicht geheilt wird, nach einem halben 
Jahre schon dauernder Blödsinn entwickeln kann. 

Wir wissen andererseits, dass in den sogenannten circu- 
ären Formen zehnmal Melancholie im Wechsel mit Manie 
und langen lichten Zwischenräumen auftreten kann, die lebens¬ 
lang keinen Blödsinn mit sich bringt. Es kann aber nicht der¬ 
selbe Krankheitsprocess, wenn er zehnmal auftritt, imschädlicher 
sein, als wenn er einmal auftritt. Die fundamentale Verstimmung 
bei Manie und Melancholie geht aber, wie oben ausgeführt, parallel 
mit erhöhtem und vermindertem arteriellen Gefässdruck. In den 
Fällen, wo das Grosshirn trotz unheilbarer zehnmaliger Wieder¬ 
kehr der Processe nicht dauernd beeinträchtigt wird, leidet 
das Vorderhirn nur secundär an periodischen Veränderungen 
in der Gefässinnervation, welche von subcorticalen Centren ab¬ 
hängt. Ist das subcorticale Gefass - Centrum wechselnder Er¬ 
schöpfung und Erregung in Bezug auf die Arterienverengerung 
ausgesetzt, dann entspricht seiner Erregung im Vorderhirn 
Erschöpfung, welches durch geringere arterielle Speisung 
dispnoetisch und gehemmt wird, der Erschöpfung des Ge- 
fässcentrums oder durch arterielle Erweiterung Erregung des 
Vorderhirnes, unter Apnoe seiner Rinde mit den Erscheinungen 
der maniekalischen Ungebundenheit. 

Die Begründung der Gehirnfluxionen durch allgemeine 
Anaemie gibt hier eine Grundlage für die Sicherheit dieser 
Beurtheilung ab, dass es sich um die Gefässcentren handelt und 
diese Grundlage wird für uns durch den Zusammenhang von Manie 
und Anaemie für die specielle psychiatrische Frage anwendbar. 

Erschöpfbarkeit des Vorderhirns selbst, welche eine ge¬ 
wisse Periodicität zeigt, bezieht sich wohl auch auf irgend 
welche periodische Psychosen, nicht aber auf das circuläre Bild 
von wechselnder Manie und Melancholie. 

Auf diesen Grundlagen lässt sich eine natürliche Gruppirung 
und Differentialdiagnose gestalten, welche mit den gesammten 
Erkrankungen des Vorderhirns auch seine ausser der Psychiatrie 
begriffenen Erankheitsformen einschliesst. 

A. Anatomische Veränderungen*) 

1. Missbildungen durch intrauterinal, während der 
Geburt oder in der Kindheit verlaufene Processe. Microcephalie, 

*) Der Unterschied zwischen anatomisohen Veränderungen und Er¬ 
nährungsstörungen ist nioht dahin zu verstehen, dass die Ernährungsstörungen 
ohne anatomische Veränderungen gedaoht werden. Sie lassen sich aber 1. nicht 
duroh Deckung eines besonderen macrosoopischen stabilen Befundes mit einem 
Verlaufsprooesse praecisiren und fallen 2. mehr in die microsoopisohen als in 
die groben anatomisohen Veränderungen. Der mikroscopisohe Befund ist aber 
bis heute noch kaum nach bestimmten Processen zu gruppiren. 


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Macrocephalie, Hydrocephalie, Asymetrien und andere Dif- 
formitäten des Schädels und Gehirnes. 

a) Cretinismus, Idiotismus, Taubstummheit. 

b) Veranlagungen. 

2. Herdartige anatomische Processe des Gehirns und 
acute Processe seiner Häute, Haemorrhagien, Erweichungen, 
Tumoren, graue disseminirte Sclerose, Syphilis, Meningitiden, 
symptomatische Epilepsie. 

a) Delirien, Aphasie und Amnesie, traumatische Verwirrt¬ 
heit, Blödsinn, Chorea. 

b) Veranlagungen durch Reste solcher Processe. 

8. Diffuse anatomische Processe der Häute und des Gehirnes. 

a) Hypertrophie des Gehirns, Chorea mit acuter Psychose, 
Process der progressiven Gehirnparalyse mit Atrophie, 
(paralystischer) chronischer Alcoholismus, diffuse Form 
der Gehirnsyphilis, der Process der Manie mit Stupor 
und Katalepsie, secundärer Blödsinn. 

B. Ernährungstörungen. 

1« Die primären Verstimmungen (Grundlagen, Reizerschei¬ 
nung des Cortex cerebri). 

a) einfache Melancholie (traurige Verstimmung, 
Lypemanie mit Hemmungen, Kleinheitswahn und Selbst ' 
anklagewahn verschiedener Intensität. 

b) einfache Manie (heitere Verstimmung, Ameno- 
manie, Bewegungsdrang, Grössenwahn verschiedener 
Intensität. 

2. Die primären Sinnesdilirien. (Grundlage: Reizerscheinun¬ 
gen aus subcorticalen Sinnescentren. Acute hallucinatorische 
Verwirrtheit, massenhafte Sinnestäuschungen ohne festen Wahn 
mit manischen und tobsüchtigen Erregungen. 

3. Der typisch entwickelte Verfolgungswahn und Grössen- 
wahn (Grundlage: sensible Reizungen subcorticaler Centren). 

a) Wahnsinn. Hypochondrie (Hysterie); darauf Beob¬ 
achtungswahn, Verfolgungswahn und Grössenwahn. 

b) originäre Verrücktheit. 

4. Zusammengesetzte Vorderhirnstörungen. (Grundlage : 
Anomale Einwirkungen der Gefässcentren und der trophischen 
Centren). 

a) Periodische Formen durch reflectorische Vasoneurosen. 

b) Circuläre Formen von wechselnder Manie, Melancholie 
und lichten Zwischenzeiten. Grundlage: Erschöpfbarkeit 
subcorticaler Gefässcentren. 

c) Epilepsie und Hystero-Epilepsie. Grundlage: Hyper- 
aesthesie der Gefässcentren. 

d) Aufsteigende Paralyse. Morbus Basedowic. Grundlage: 
Lähmung der Gefässcentren). 

C. Intoxicationen. Acuter Alcoholismus etc. 


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Ueber Tamponade der Trachea bei Diphtheritis. 

Vortrag von Professor Dr. A. v. Frisch. 

(Fortsetzung von Nr. 3.) 

Die septische Intoxication erreicht bei Rachendiphtheritis 
verschiedene Grade, und bedarf, um hochgradig zu werden, 
eines sehr verschieden langen Zeitraums. Während bei manchen 
Fällen schon im Beginne Symptome einer schweren Blutver¬ 
giftung vorhanden sind, die rasch den Tod herbeiführt, ent¬ 
wickelt sich in anderen Fällen nur sehr langsam und unter 
allmälig zunehmenden Erscheinungen, oft erst im Verlaufe der 
zweiten Woche, die ausgesprochene Intoxication. Die Gründe 
dieser Verschiedenheit sind mannigfach, zum Theil vielleicht 
noch unerforscht; doch kommen dabei sicher zwei Momente in 
Betracht: die Verschiedenheit der Widerstandskraft des Orga¬ 
nismus und die localen Verhältnisse, die bald mehr, bald weniger 
günstig sein können für die Aufnahme der septischen Stoffe 
ins Blut. 

Eine Frage von Belang ist, ob die Menge der ins ^Blut 
aufgenommenen Stoffe in geradem Verhältnisse zur Schwere der 
Intoxication stehe ? Nach den Ergebnissen zahlreicher an Thieren 
angestellter Experimente ist anzunehmen, dass schon die kleinsten 
Mengen putrider Substanzen eine Allgemeininfeetion mit tödt- 
lichem Ausgange zu bewirken vermögen. Bekanntlich führten 
diese Resultate zur Annahme von Fermentwirkungen bei dem 
Zustandekommen der putriden Intoxication. Bei einer grösseren 
Zahl von Versuchen mit Injection putrider Stoffe behufs der 
Beurtheilung, welchen Einfluss die dem Thiere injicirte Menge 
des septischen Stoffes auf die Entwicklung der Infection hat, 
wird man bald auf ein Ergebniss aufmerksam werden, das 
dahin führt, zwei ganz verschiedene Arten der Intoxication 
annehmen zu müssen. Während nämlich bei Anwendung von 
grösseren Mengen der putriden Flüssigkeit sämmtliche Ver- 
sucbsthiere entweder sofort oder sehr bald nach der Einspritzung 
Krankheitssymptome, die nach wenigen Stunden zum Tode 
fuhren, zeigen, erkrankt bei Impfungen mit sehr kleinen Mengen 
immer nur ein gewisser Procentsatz und ist auch der Krankheits- 
process der so Geimpften ein wesentlich anderer. Nachdem 
die Thiere noch einige Zeit (etwa 24 Stunden) nach der 
Impfung anscheinend ganz gesund waren, erscheinen eine Reihe 
constanter, stetig sich steigender Symptome, welche bei ver¬ 
minderter Fresslust, verlangsamter Respiration und zunehmender 
Mattigkeit allmälig zum Tode führen (Koch). In letzterem 
Falle sind die Thiere einer Infection erlegen, während in er- 
sterem Falle eine Intoxication durch die in der putriden Substanz 
enthaltenen löslichen Gifte statthatte. Diese Anschauung stützt 
sich auf die Thatsache, dass das Blut der durch Intoxication 
zu Grunde gegangenen Thiere bei Uebertragung auf andere 
Thiere nie septische Erscheinungen hervorzurufen vermag, 


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während das Blut der durch Infe ction getödteten Thiere von 
Generation zu Generation erfolgreich weiter geimpft werden 
kann, wobei immer derselbe Krankheitsprocess sich entwickelt. 

Dem Vortragenden scheint es sehr wahrscheinlich, dass 
auch bei der Rachendiphtherie die allgemeine Sepsis in zwei¬ 
facher Weise zu Stande komme. Bei den perniciösen rasch mit 
dem Tode endenden septischen Formen findet vielleicht eine 
directe Vergiftung statt, denn Krankheitsverlauf und Sections- 
befund zeigen in solchen Fällen eine auffallende Ueberein- 
stimmung mit den Erscheinungen bei der an den Versuchstieren 
künstlich erzeugten putriden Intoxication. Dagegen besitzen jene 
Fälle von septischer Diphtherie, bei denen die Allgemein¬ 
erkrankung sich nur allmälig entwickelt, eine grosse Aehnlichkeit 
mit der septischen Infection, die bei Versuchstieren durch 
Injection minimaler Mengen putrider Stoffe erzielt wird. Dass 
es sich bei dieser Form von Allgemeinerkrankung um Ver¬ 
mehrung und Verbreitung specifischer Organismen im Körper 
handle, wurde für die Septicaemie von Koch durch Versuche 
bewiesen. Für die epidemische Diphtherie dürfte sich ein ähn¬ 
liches Verhalten herausstellen. Der Vortragende behält sich 
vor, die Richtigkeit dieser Anschauung durch eine Reihe von Ver¬ 
suchen, über die er demnächst zu berichten verspricht, zu 
beweisen. 

Demnach ist für die Anwendung der localen Therapie bei 
Diphtheritis zu erwägen: ob die Erkrankung eine derartige sei, 
dass jene Form der Sepsis zu besorgen ist, welche als Into¬ 
xication bezeichnet wurde, oder ob es sich um die als 
septische Infection charakterisirte Form handelt. Im ersteren 
Falle muss durch Desinfection des Krankheitsherdes die Möglich¬ 
keit benommen werden, dass eine grössere, rasch tödtlich wirkende 
Menge der löslichen giftigen Stoffe ins Blut aufgenommen werde. 
In solchen Fällen wird man nie früh genug operiren können, und 
es ist denkbar, dass bei richtig gewähltem Zeitpunkt der Erfolg 
der Operation von einer einmaligen genauen Durchspülung des 
erkrankten Terrains abhängt. Im letzteren Falle, bei der septi¬ 
schen Infection, sind die Chancen für das Gelingen wesentlich 
andere. Von einer Reihe von Individuen, welche alle dieselbe 
Menge von Infectionskeimen ins Blut aufgenommen haben, 
erkrankt nur eine bestimmte Procentzahl, da bei den anderen 
die Krankheitserreger entweder nicht haften, oder nach kurzer 
Zeit, ohne grösseren Schaden angerichtet zu haben, wieder aus¬ 
geschieden werden. Bleibt nun der Infectionsherd bestehen, so 
kann, entweder weil der Körper weniger widerstandsfähig 
geworden ist, oder weil mit der absoluten Menge der während 
des längeren Bestehens ins Blut aufgenommenen Keime auch 
die Chancen für die Haftung zugenommen haben, doch im 
Verlaufe der Krankheit noch eine Infection zustande kommen. Hier 
ist es die Aufgabe der localen Therapie, durch energische 


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Desinfection der erkrankten Gebiete und nötigenfalls durch 
wiederholte Ausspülung die Production neuer Infectionskeime zu 
verhindern und die vorhandenen unschädlich zu machen. Uebrigens 
wird in derartigen Fällen der Erfolg wesentlich gefordert werden 
durch eine gleichzeitig gegen die drohende Allgemeinkrankheit 
einzuschlagende Allgemeintherapie. Allerdings können wir nicht 
wissen, ob sich nicht anderswo im Körper, in den Lymphdrüsen 
oder den inneren Organen secundäre Herde gebildet haben 
(was nicht zu verhindern), von welchen aus nach vollständiger 
Ausheilung des primären Krankheitsherdes eine Allgemeininfection 
zustande kommt, und diese nicht selten vorkommenden Fälle 
sind es, welche auch bei der zweiten Art der septischen 
Blutvergiftung die möglichst frühzeitige Ausführung des 
Verfahrens dringend indiciren. 

Noch ist zu bemerken, dass die Yerschiedenartigkeit der 
septischen Allgemeinerkrankung bei Diphtheritis auch abhängig 
sein könnte von den Unterschieden in der Art der zu ver¬ 
schiedenen Zeiten des Processes aufgenommenen Stoffe. Wie 
bei der Fäulniss verschiedene Stadien des Processes unterschieden 
werden müssen, in denen den Fäulnissproducten ganz verschiedene 
Wirkungen auf den Organismus zukommen (Samuel), ebenso 
wäre es auch bei der Diphtheritis möglich, dass die septischen 
Stoffe im Yerlaufe der Krankheit ihren Charakter ändern und 
bei ihrer Resorption zu verschiedenen Formen der Infection 
Yeranlassung geben. (Sohluss folgt.) 

Aus dem Geschäftsrathe. 

In der Sitzung am 17 December v. J., an der unter dem 
Vorsitze des Yicepräsidenten M.-R. Dr. Preyss der zweite 
Yicepräsident Dr. Lederer, Secretär Dr. Hopfgartner, 
vierzehn Mitglieder des Geschäftsrathes und der für diesen 
Abend noch besonders geladene Superintendent der Emmerich’- 
schen Stiftung Dr. Haschek theilnahmen, wurden die Herren 
DDr. Eduard Seidl und Franz Loew als ordentliche Mitglieder 
in das Wr. med. Doct.-Coll. aufgenommen. 

Hierauf machte der Herr Secretär folgende Mittheilungen: 
a) Dr. Stössl ersuche um Rückerstattung der einst zu Gunsten 
der Witwen- und Waisen-Societät des Collegiums von 
ihm eingezahlten Rate der Facultätseintrittstaxe pro 71 fl., um 
damit die seinerseits noch rückständigen Einzahlungen in das 
Unterstützungs-Institut begleichen zu können. — Nach ein¬ 
gehender Berathung, in welcher constatirt wurde, dass von dem 
genannten Betrage dem früheren Coli, nur 6 fl. 83 kr. zufielen, 
über welche der Geschäftsrath allenfalls verfügen könnte, dass 
aber, wenngleich in den Statuten keine diesbezügliche Bestim¬ 
mung enthalten ist, in das alte Coli, eingezahlte Raten niemals 
zurückgegeben worden sind, wurde beschlossen, den Gesuch- 
steiler abweislich zu bescheiden, b) Die nied.-österr. Statthalterei 


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nimmt die Verleihung des Perlach’schen Stipendiums genehmi¬ 
gend zur Kenntniss und beantwortet in einer besonderen Note 
die Anfrage, wie, nachdem die akademischen Nationen sich auf¬ 
gelöst haben, der Passus des Stiftsbriefes, nach welchem nur 
Studierende nationis austriacae sich um dieses Stipendium be¬ 
werben können, auszulegen sei? dahin, dass eine specielle Ent¬ 
scheidung nicht nöthig erscheine, da es dem Geschäftsrathe 
des Coli, immer freistehe, bei neuerlich vorkommender Ver¬ 
leihung ausschliesslich auf Studierende jener Länder, welche in 
letzter Zeit zur natio austriaca der Universität zählten, Rück¬ 
sicht zu nehmen, c) Das hohe Ministerium für Cultus und Unter¬ 
richt verständigte mittelst Zuschrift des Präsidiums das Doct.- 
Coll., dass von Seite des Herrn Ministers, gemäss Erkenntniss 
des hohen Verwaltungsgerichtshofes ddto. 17. September 1879, 
Z 4 1725, die Uebertragung des Verleihungs- und Verwaltungs¬ 
rechtes der Mosing’schen Stipendiumstiftung, sowie die zur 
Ausfolgung des Stiftungsvermögens erforderlichen behördlichen 
Massnahmen bereits angeordnet und eingeleitet seien, d) Das 
hohe Ministerium des Aeussern spricht in einem anerkennenden 
Schreiben seinen Dank aus für die Prüfung und ehrenvolle Be¬ 
urteilung des Berichtes über die Wirksamkeit des k k. Na¬ 
tionalspitals in Konstantinopel im Jahre 1878. (b c und d. 
zur Kenntniss.) 

Ueber einen Vorschlag des Vicepräsidenten Dr. Lederer, 
dass der Geschäftsrath die Angelegenheit der Aerztekammern 
baldigst dem Comitö für Standesinteressen zur Beratung und 
Berichterstattung zuweisen wolle, wird aus formellen Gründen 
vorläufig zur Tagesordnung übergegangen. 

OSR. Dr. Schneller berichtet, dass er an massgebender 
Stelle die Frage betreffs Verhinderung des Missbrauches heftig 
wirkender Arzneistoffe angeregt habe, aber Bedenken begegnet 
sei, da namentlich die Apotheker durch weitere Beschränkungen 
im freien Handverkauf den Materialisten gegenüber sehr be¬ 
nachteiligt würden, ferner sei man der Ansicht, dass durch 
die Giftordnung ohnedies vielfach gegen gefährlichen Missbrauch 
vorgesehen sei, übrigens auch eine totale Revision der Apotheken¬ 
ordnung, sowie der Pharmacopoe nahe bevorstehe. Ueber diese 
von ihm (Sch.) als Obmann schon im Comitö zur Förderung 
der Standesinteressen gemachte Mitteilung habe dasselbe be¬ 
schlossen, die fragliche Angelegenheit stets im Auge zu be¬ 
halten, zugleich aber die Herren Collegen zu ersuchen, sie 
möchten constatirte Facta von Missbrauch mit derlei Medica- 
menten, die irgend welche böse Folgen hatten, zur Kenntniss 
des Comite bringen, damit dasselbe eventuell Material zu 
einer Eingabe an die hohe Regierung erlange. — Ferner be¬ 
richtet Dr. Schneller, dass die Mitglieder genannten Comitäs 
trotz der passenden Gelegenheit, welche der Jahreswechsel 
bieten würde, es nicht für nützlich erachten, jetzt einen 


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weiteren Schritt zur Regelung der ärztlichen Honorarfrage 
zu unternehmen. 

Dr. Scholz referirt über die Bestimmungen der Emmerich« 
sehen Ausstattungs Stiftung: Das eingehende Studium des Wort¬ 
lautes des Stiftbriefes vom 1. Juli 1560 und einer notariell be¬ 
glaubigten Abschrift der Uebernahms-Urkunde der Stadt Wien, 
— aus welchen für das Urtheil des Referenten entscheidende 
Stellen verlesen wurden — bestimmen ihn zu dem Ausspruch: 
„Bewerberinnen ausserhalb der dienenden Classe können von 
der Verleihung der Stiftung nicht ausgeschlossen werden.“ Da¬ 
gegen besteht der Herr Superintendent auf seiner schon früher 
ausgesprochenen Ansicht (vide pag. 5), dass der nachträgliche 
Stiftbrief vom 11. Februar 1764, welcher ausdrücklich von 
Dienstmägden und nur von diesen spricht, sowie die Um¬ 
stände, dass der Stifter selbst zuerst 5 Dienstmägde als zur 
Betheilung geeignet namhaft machte, dass ferner durch den 
mehr denn ein Jahrhundert geübten Usus, die Stiftung nur 
Dienstboten zu verleihen und die vom Stifter selbst in seinem 
letzten Willen an die Executoren gerichtete Ermahnung, darauf 
zu achten, dass der Stiftungsbetrag von den Dienstherren nicht 
als Lohnzahlung benützt werde, entscheidend sei und schlägt 
daher nochmals vor, der Magd J. S. die Stiftung zu verleihen. 
Dr. Schneller legte mehrere Druckschriften der Universität 
aus den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts vor, aus welchen, 
sowie aus dem alten Actus Decanatus hervorgeht, dass es un¬ 
abänderlich Usus war, die Stiftung ausschliesslich an Dienstboten 
zu verleihen, dass sich sogar der Gebrauch einbürgerte, dieselbe 
nur an Mägde zu vergeben, die bei einem Facultätsmitgliede 
gedient haben. Andererseits macht Dr. Schneller noch aufmerksam, 
dass Fräulein R. gar nicht berücksichtigt werden könne, da sie 
ihr Gesuch ohne alle vorgeschriebenen Belege eingebracht, 
während J. S. alle Bedingungen ihrer Bewerbung auch nach 
dem Wortlaute des Ausschreibe-Edictes der n. ö. Statthalterei 
erfüllt habe. Dieser Ansicht schliesst sich auch die YerSamm¬ 
lung an und beschliesst, dass a) conform dem Referate des 
Dr. Scholz die Stiftung an alle armen, sittlichen Jungfrauen, 
die sich verehelichen wollen (nicht ausschliesslich Dienstboten), 
verliehen werden könne, und b) conform dem Vorschläge des 
Superintendenten, dass für dieses Mal die Stiftung der Magd J. S. 
verliehen werde. 

Dr. Hopfgartner verliest eine Urkunde, welche der 
„Verein der Aerzte der westlichen Bezirke Wiens“ über die 
dem Doct.-Coll. zur Verwaltung übergebenen 8000 fl. Noten¬ 
rente für die Hinterbliebenen Dr. Mühlhauser’s dem Ge- 
schäftsrathe überreichte und welche die Bedingungen feststellt, 
unter denen eine theilweise oder gänzliche Auszahlung dieses 
Betrages an die Kinder, resp. der Bezug der Interessen des 
Capitals von der Witwe M’s. geregelt werden. — Um die Prü- 


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fung des juridischen Wertlies dieser Urkunde wird Herr Landes¬ 
gerichtsrath Dr. Anthofer ersucht, und verspricht dessen Sohn, 
Mitglied des Geschäftsraths, in nächster Sitzung über die Wohl¬ 
meinung seines Herrn Vaters Bericht zu erstatten. 

Dr. Scholz verliest den Entwurf der Antwort, welche 
das Comite zur Förderung der Standesinteressen auf die Eingabe 
des Pharmaceuten-Vereins y Progresso u in Graz beschloss, der 
auch vom Geschäftsrath einstimmig angenommen wurde. 


Aus dem Unterstützungs-Institute. 

In der Ausschuss-Sitzung am 27. Jänner d. J., an welcher 
unter dem Vorsitze des Vicepräsidenten Dr. Lederer die Mit¬ 
glieder des Ausschusses beinahe vollzählig anwesend waren, 
hielt der Vorsitzende dem jüngst verstorbenen Mitgliede, Herrn 
Dr. Carl Kirschnek, einen warmen Nachruf und betont, dass 
der Verstorbene nach Niederlegung aller anderen Ehrenstellen 
die Stelle eines Ausschusses im Unterstützungs-Institute aus be¬ 
sonderer Vorliebe beibehalten habe. Die Hinterbliebenen des¬ 
selben haben in Folge einer mündlichen Anordnung des Ver¬ 
blichenen einen Gründerbeitrag von 300 fl. gespendet und 
soll überdies von eben demselben diesem Institute noch ein nicht 
unbedeutendes Legat zufallen. Ueber Aufforderung des Vor¬ 
sitzenden erheben sich alle Anwesenden von ihren Sitzen, um 
das Andenken des von Allen hochgeschätzten Collegen zu ehren. 

Das Ausschussmitglied Herr Dr. Carl Wollner zeigt an, 
dass die Angehörigen des wegen chronischen Gehirnleidens 
geistesschwach gewordenen Doctors D. die Annahme der dem¬ 
selben über Ansuchen eines Verwandten in der letzten Sitzung 
zuerkannten Unterstützung per 300 fl. abgelehnt haben, nachdem 
durch den mittlerweile aufgestellten Curator nachgewiesen worden, 
dass der Kranke aus den Einkünften seines Vermögens anständig 
leben könne. Es wird beschlossen, dem Herrn Curator für diese 
Rücksichtnahme auf die Interessen des Institutes den Dank des 
Ausschusses schriftlich auszusprechen. 

An Unterstützungen wurden bewilligt: dem wegen schon seit 
längerer Zeit verminderter Sehkraft in seinem Erwerbe beein¬ 
trächtigten Dr. F. 75 fl.; dem seit drei Monaten an einer schweren 
Krankheit darniederliegenden Herrn Dr. H., dessen Krankheit 
auch von zwei hochgeachteten Professoren bestätigt wurde, 
300 fl. und dem an chronischer Gicht leidenden Dr. Sch—d— 
200 fl., zusammen 575 fl. 

Ueber ein Unterstützungsgesuch des erkrankten Dr. M. 
entspann sich eine längere Debatte. Petent war schon längst 
vorher Mitglied des Institutes, wurde aber wegen Nichtzahlen 
der Jahresbeiträge vor 6 Jahren der Mitgliedschaft verlustig 
erklärt, jedoch nach Erfüllung der statutenmässig für ausge¬ 
tretene Mitglieder festgesetzten Bedingungen am 13. Juni 1879 


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43 


wieder aufgenommen. Es handelte sich nun darum zu bestimmen, 
ob der Unterstützungsanspruch nach § 13 oder nach § 5 der 
Statuten zu gelten habe? 

Nachdem die DDr. O.-S.-R. Schneller und Hopf- 
gartner in überzeugender Weise nachgewiesen haben, dass 
der Unterstützungs - Anspruch eines wieder aufgenommenen 
Mitgliedes laut § 5 nicht vor Ablauf eines vollen Jahres 
beginnen könne, wurde beschlossen, das Ansuchen des Dr. AI. 
für dieses Mal abzuweisen und denselben dahin aufzuklären, 
dass er auf Orund der Statuten erst yom 13. Juni 1880 ab 
bezugsberechtigt sei. 

Schliesslich wurde noch HerrDr.HoratiusPuppini, nachdem 
er alle statutenmässig vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt hatte, 
einstimmig als Mitglied des Unterstützungs-Institutes aufgenommen. 

N ° t i z e n. 

Literarische Anzeige. Die Ende December v. J. zur Ausgabe gelangten 
Hefte 8 bis 10 der Real-Enoyklopädie der gesammten Heilkunde, 
medioinisoh - chirurgisches Handwörterbuch für praktische Aerzte, herausge¬ 
geben von Dr. Albert Eul en bürg, o. Professor an der Universität Greifswald, 
enthalten ausser zahlreichen kleineren Artikeln, Worterklärungen, Hinweisen 
u. s. w. u. A. die folgenden von den dabei genannten Autoren verfassten 
grösseren Artikel: Arsen (Lewin), Arterienpuls der Netzhaut (Schirmer), Arterio- 
tomie (Wolzendorff), Arthritis und Arthrooaoe (Busch), Asa foetida (Yogi), 
Ascaris (Sommer), Ascites (Eiohhorst), Aspermatismus (Ultzmann), Asphyxie 
(Landois), Aspiration (Mosler), Asthenie (Samuel), Asthenopie (Schmid-Rimpler), 
Astigmatismus (Sohmidt-Bimpler), Ataxie (Pick), Athetose (Berger), Atonie 
(Samuel), Atrophie (Samuel), Atropin, Auffütterung (Ehrenhaus), Augenkrank¬ 
beiten (Herrn. Chon), Augenmuskelkrämpfe (Hock), Augenmuskellähmungen 
(Hock), Augensoheinbefund (Blumenstock), Augen Verletzungen (Hook), Auran- 
tium (Yogi), Auskultation (Guttmann), Aussee (Kisch), Automatic (Arndt), 
Autoplastie (Albert), Ax (Reumont), Azoospermie (Ultzmann), Azoturie (Ultz¬ 
mann), Baoilli (Bernatzik), Bacillus (Klebs), Bakterien (Klebs), Bad (Kisch), 
Baden im Aargau (Lersch), Baden-Baden (Kisch), Bagnöres de Bigorre (Lersch), 
Bagnöres-de-Luohon (Reumont), Bains (Lersch), Balanitis (Grünfeld), Balanti- 
dium (Sommer), Ballaruc (Lersch), Baiston (Lersch). Mit dem 10 Hefte ist, 
genau dem Programme gemäss, der erste Band dieses Fundamentalwerkes zum 
Abschlüsse gekommen. Die zu den Bänden der Real -Encyklopädie von der 
Verlagshandlung gelieferten Einbanddecken (Lederrücken und Leinwanddeoken) 
zeichnen sich ebenso duroh feine und stylvolle Ausführung des Gold- und 
Blinddruckes, wie auch durch solide Arbeit und billigen Preis aus. 

Ovation für Director Jos. Hoffmann. Am 29. Jänner 1. J. veranstalteten 
die Abtheilungsvorstände des allgemeinen Krankenhauses, Primarien und Pro¬ 
fessoren, ihrem Director Josef Hoffmann eine Ovation durch Aufstellung seines 
yon Gustav Gaul gemalten und für den Sitzungssaal bestimmten Oelbildes. 
Die Uebergabe des Bildes erfolgte nur in einem engeren Kreise von Abthei- 
lungs-Yorständen in den Kanzlei-Looalitäten, da Director Hoffmann in seiner 
Bescheidenheit es abgelehnt hatte, zu einer feierlichen Enthüllung im grossen 
Sitzungssaale seine Zustimmung zu geben. 

Jahresausweis der Landes - Findelanstalt. Die Direction der nieder- 
österreiohischen Landes - Gebär- und Findelanstalt hat soeben die Jahresaus¬ 
weise über die Verwendung des Unterstützungsfonds für verlassene Wöchne¬ 
rinnen veröffentlicht. Wir entnehmen dem Ausweise, dass mit Schluss des 
Jahres 1878 von Seite der Anstalt 21,596 Kinder versorgt wurden, welche 
Zahl sich Ende 1879 bereits auf 24,295 Kinder gesteigert hatte. Yon den 
letzteren befinden sioh gegenwärtig 228 Säuglinge im Findelhause selbst, 


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8 Kinder im Familienhause in Zillingdorf, 12 im Kinder-Asyl in Kahlenber¬ 
gerdorf. 1089 bei ihren Müttern, 1208 bei Blutsverwandten, 11,459 bei Land¬ 
parteien in Niederösterreich und 10,291 Kinder in den übrigen Kronländern. 
Die Gesammtauslagen für die Findelanstalt betrugen im Jahre 1878 die Summe 
von 1.315,673 fl. In der Gebäranstalt wurden 1878 9685 Wöchnerinnen verpflegt, 
welche Gesammtauslagen in der Höhe von 149,532 fl. erforderten. Um über 
die Pflege der Kinder ein begründetes Bild zu entwerfen, wurden sämmtliche 
gegen die Pflegemütter einlaufenden Klagen registrirt. Im Jahre 1878 wurden 
im Ganzen 139 schriftliche Klagen überreicht, wovon sich nur 19 als begründet 
erwiesen. 1879 wurden 135 Klagen eingereicht, und ergab die eingeleitete 
Amtshandlung nur in 20 Fällen ein positives' Resultat. Von den im Jahre 
1879 in die Anstalt aufgenommenen 9652 Kindern *yraren 3457 nach Nieder- 
österreioh, 818 speciell nach Wien, 162 nach dem Auslande und die übrigen 
nach den anderen Kronländern Cisleithaniens zuständig. Gestorben sind im 
vergangenen Jahre 3117 Findlinge gegen 4576 im Vorjahre. Die Sterblichkeit 
hat sich somit von 19*2 Percent auf 17 Percent vermindert. Der grösste Theil 
der Kinder starb im ersten Lebensjahre, und zwar 45 Percent von sämmt- 
liohen Verstorbenen; doch ist auch dieses Verhältnis wieder ein günstigeres, 
indem sich das Sterbliohkeitspercent seit dem Jahre 1866 von 76 auf 45 
ermässigt hat. 

Der Aerztliche Verein des III. Bezirkes in Wien, welcher dem öster¬ 
reichischen Aerztevereins - Verbände angehört, hat in seiner am 31. v. M. 
abgehaltenen zahlreich besuchten Plenarversammlung ein ebenso umfassendes 
als gediegenes Referat des Herrn Dr. Löffler über Aerztekammem, das wir 
als Memorandum, in der dieser Nummer angeschlossenen besonderen Beilage 
wörtlich mittheilen, entgegengenommen. Nach demselben wurde einstimmig 
beschlossen, gegen die Petition des Geschäftsausschusses des österreichischen 
AerzteVereins-Verbandes um Aerztekammern zu protestiren, und beim hohen 
Abgeordnetenhause eine Petition im Sinne des Wiener med. Doct.-Coll. ein¬ 
zubringen. 

Zum Mitglieder-Verzeichnis«. Dr. Moriz Kaczander, der längere Zeit 
von Wien abwesend und dessen Domicil unbekannt war, daher in dem Ver¬ 
zeichnisse nicht angegeben werden konnte, ist wieder zurüokgekehrt und 
wohnt I., Postgasse Nr. 18. 

Der Herr Präsident Dr . von Schmerling ist am 9. d. M als Leibarzt 
Sr. hais. Hoheit des Herrn Erzherzogs Albrecht mit hochdemselben zu mehr¬ 
wöchentlichem Aufenthalt nach Arco gereist Während der Abwesenheit des 
Herrn Präsidenten hat Vicepräsident Dr. Preyss die Präsidialgeschäfte über¬ 
nommen. 


Einladung 

zu der am Montag den 16. Februar Abends 7 Uhr, im Sitzungs¬ 
saale des akademischen Senates (vormals C o n s i s t o r i a 1 s a a 1), 

I. Sonnenfelsgasse 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen Yersammlun g. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken.*) 

2. Fortsetzung des in der letzten Versammlung (am 26. v. M.) begonnenen 
Vortrags: Ueber fungöse Gelenkentzündung und ihre Beziehung zur 
käsigen Infiltration der Knoohen, von Hrn. Primararzt u. Dooenten Dr. 
J. Englisch.' 

3. Ueber Verdauungs-Chemismus. Vortrag des Herrn Dr. August Meyer 
jun., erstem Seoundararzt im Wiedener Krankenhause. 

Dp. Preyss, Vice-Präsident. Dp. Hopfgartner, Secretär. 

*) Die P. T. Herren Collegen werden ersucht, interessante Krankheitsfälle vorzustellen. 

Hiezu als Beilage: „Memorandum des Aerztlichen Vereines im 
III. Bezirke, betreffend Aerztekammern. _ 

Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doct -Coll — Verantwortlicher Redacteur. 
Dr. £i. Hopfgartner. — Geaellaohafta-Buchdruckerei, Wien, Hl. Erdbergeratraaae 8. 


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EINLADUNG 

cu der 

Samatag den 20. März 1880, Abends 7 IJhr, 

Sitzungssaals des Wr. meü. Doctcoll., I., RotMnristrasse 23 

stattfindenden 

III. ordentlichen Generalversammlung 

des Pensions-Institutes des Wr. med. Doct.-Coll. 

PROGRAMM: 

1. Rechenschaftsbericht des Präsidenten im Namen des Verwaltunga- 
aussohusses über die Thätigkeit des Pensions-Institutes im Jahre 1879. 

2. Bericht des Cassiers über die Vermögens-Gebarung im Jahre 1879 
und Beschlussfassung über den Antrag der Revisoren auf Ertheilung des 
Absolutoriums. 

3. Wahlen: a) des Präsideuten, des Präsidenten-StellVertreters und des 
Cassiers; b) von fünf Mitgliedern des Verwaltungs-Ausschusses; c) von fünf 
Ersatzmännern; d) von drei Revisoren. 

Als Mitglieder des Verwaltungsausschusses fungiren: 

Dr. Hans Adler, Präsident. Dr. Johann Polacsek. 

Dr. Josef Heim, Präsident- Prof. Josef Weinleohner. 

Stellvertreter. Dr. Anton Khautz von Eulenthal. 

Dr. Leopold Hopfgartner, Cassier. Dr. Augustin Turkiewioz. 

Dr. Carl Niooladoni. Dr. Balthasar Unterholzner. 

Dr. Heinrich Popper Dr. Emanuel Kramer. 

Dr. Carl Jarisoh. Dr. Josef Scholz. 

Dr. Ferdinand Much. Dr. Josef Englisch. 

Als Ersatzmänner fungiren: 

Dr. Max Bardaoh, Dr. Peter Langer, Dr. Ferdinand Nödl, Dr. Emil Perijitza, 

Dr. Ludwig Fürth. 

Als Revisoren fungiren: 

Dr. Eduard Doll, Dr Rupert Koller, Dr. Paul Mittler. 

Die mit gesperrter Schrift gedruckten Ausschussmitglieder haben nach g 46 der Statuten 
auszutreten, sind aber wieder wählbar. 

Dr. Popper, Dr. Hans Adler, Dr. Leop. Hopfgartner, 

d. Z. Schriftführer. d. Z. Präsident. d. Z. Cassier. 


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46 


In der wissenschaftlichen Versammlung am 16. Februar 

setzte Primararzt Dr. Englisch seinen schon am 26. Jänner be¬ 
gonnenen Yortrag über die Beziehungen des Tumor albus zur 
Tuberculose fort und brachte ihn auch zum Schluss. In klarer 
vollendeter Weise erörterte der Vortragende die Pathologie, 
Symptomatologie und Therapie, welche er überdies an höchst 
instructiven Präparaten demonstrirte; er hob die Wichtigkeit 
und Bedeutung dieser neueren Erkenntnisse in Beziehung auf 
Prognose und Prophylaxis hervor, und endete den ganzen Abend 
ausfüllenden schönen Vortrag unter lebhaftem Beifall. Wir werden 
in einer der nächsten Nummern eingehend darüber referiren, um 
den bereits begonnenen Bericht über den Vortrag des Herrn 
Prof. Dr. Frisch in folgendem ohne weitere Unterbrechung 
beenden zu können. 

Ueber Tamponade der Trachea bei Diphtheritis. 

(Schluss von Nr. 4.) 

Demnach ist die Anwendung der localen Therapie bei 
Diphtheritis in der angegebenen Weise angezeigt: 

1. Unbedingt bei der als septische Form bezeichneten 
Diphtheritis. — Die Operation muss möglichst früh vorgenommen 
werden und darf nicht von dem Auftreten stenotischer Er¬ 
scheinungen von Seite des Larynx abhängig gemacht werden. 
Schon bei den ersten Symptomen beginnender septischer Infection 
soll man zur Operation schreiten, denn mit Rücksicht auf die 
schwere Erkrankung erscheinen die Gefahren, welche die 
Tracheotomie mit sich bringt, verschwindend klein. 

2. Als rationell bei der croupösen Form der Rachen* 
diphtherie, wenn gleichzeitig die Nasenhöhle erkrankt ist. — 
In diesen Fällen indiciren die localen Verhältnisse die Operation. 
Der Verschluss der Trachea und des Oesophagus ermöglicht 
eine gründliche locale Behandlung, welche ohne denselben un¬ 
ausführbar ist. 

8. Als vortheilhaft und der einfachen Tracheotomie 
vorzuziehen bei jeder diphtheritischen Erkrankung des Kehl¬ 
kopfes, wenn die Laryngostenose einen operativen Eingriff er¬ 
heischt, da nach Behebung des Athmungshindernisses eine des- 
inficirende Behandlung des erkrankten Gebietes eingeleitet werden 
kann, durch welche Nachschübe in der Exsudation verhindert, 
der Krankheitsverlauf abgekürzt, eine raschere Ausheilung der 
erkrankten Partien erzielt und eine frühzeitige Entfernung der 
Canüle ermöglicht werden. Endlich wird dadurch auch die Ge¬ 
fahr einer diphtheritischen Infection der Trachealwunde und die 
Entstehung fortschreitender diphtheritischer Phlegmonen, wenn 
nicht beseitigt, doch wesentlich beschränkt (Win iw arte r). 

Aber auch abgesehen von der localen Desinfection em¬ 
pfiehlt der Vortragende die Einlegung einer Tampon- statt einer 
gewöhnlichen Trachealcanüle, um das Hinabfliessen des diph- 


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thermischen Secrets in die Bronchien zu verhindern und bei 
Gaumenlähmungen zur Vermeidung der nach Tracheotomie bei 
Diphtheritis zuweilen folgenden Schluckpneumonie. 

Wenn eine genügende Zahl erforderlicher Canülen vor¬ 
bereitet ist, und das Wartepersonale mit der Methode einiger- 
massen vertraut ist, so steht einer ausgedehnten Ausübung der¬ 
selben nichts im Wege. 

Nachtheilige Folgen der localen Auswaschung dürften 
ausser jenen, die durch ein mangelhaftes Funotioniren des ver- 
schliessenden Apparates herbeigeführt, aber leicht vermieden 
werden können, nur noch durch die Druckwirkung des Tracheal- 
tampons auf die Schleimhaut der Luftröhre zu besorgen sein. 
Wenn der Verschluss der Trachea nur auf kurze Zeit erforder¬ 
lich ist, so ist von einer nachtheiligen Einwirkung nichts zu 
bemerken. Von den Fällen, in welchen die Trendelenburg’sche 
Canüle angewendet wurde, findet sich nur bei wenigen ein 
leichter Katarrh der Trachea verzeichnet, in der Mehrzahl 
wurde sie ohne Nachtbeil vertragen. In einem Falle blieb sie, 
ohne Beschwerden zu verursachen, 24 Stunden liegen. Bei 
einem etwa durch mehrere Tage forterhaltenen wasserdichten 
Abschluss der Trachea müssten gegen eventuelle Druckerschei¬ 
nungen Vorkehrungen getroffen werden. Trendelenburg 
schlägt für solche Fälle vor, den Tampon alle 24 Stunden seinen 
Ort wechseln zu lassen; hiezu sollen zwei Tamponcanülen, die 
eine nach oben, die andere nach unten, durch die etwas grösser 
als gewöhnlich angelegte Trachealwunde eingeführt werden, die 
man abwechselnd functioniren lässt. Die Canülen brauchen 
mit keinem Schilde versehen zu sein, da sie durch den Tampon 
in der Trachea festgehalten werden, auch könnten sie durch 
seitliche Abbiegung ihrer horizontalen Theile so an einander 
vorbeigeführt werden, dass es keines besonders grossen Tracheal- 
schnittes bedarf. Trotz dieser beiden Vorrichtungen, durch die 
der Apparat möglichst compendiös gestaltet werden soll, hält 
der Vortragende diese Form bei Kindern, wegen der beschränk¬ 
ten räumlichen Verhältnisse, doch nicht für anwendbar. 

Zur Vermeidung der üblen Folgen eines continuirlichen 
Druckes würde Professor F. bei erforderlicher wiederholter 
Auswaschung des kranken Gebietes den Tampon immer nur 
während der Durchspülung aufblasen, ihn aber in der Zwischen¬ 
zeit immer wieder entleeren. Bei einem durch mehrere Tage 
nothwendigen constanten Verschluss würde er die Canüle alle 
24 Stunden entfernen und durch eine andere, bald längere, 
bald kürzere, ersetzen, damit der Tampon in seiner ganzen 
Ausdehnung auf eine andere Schleimhautstelle zu liegen kommt. 
Der Vortragende meint, dass Trendelenburg’s Idee am 
besten dadurch realisirt werden könnte, dass man die beiden 
in verschiedenen Richtungen eiuzuführenden Canülen so mit¬ 
einander verbindet, wie Gussenbauer bei dem von ihm 


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beschriebenen künstlichen Kehlkopf den tongebenden Apparat 
mit der Traohealoanüle verbindet. Die nach oben liegende 
Canüle könnte zugleich bequem zur Durchspülung des Kehl¬ 
kopfes von unten verwendet werden, ein Verfahren, das nach 
F.’s Ansicht wegen der Möglichkeit des reflectorischen Ver¬ 
schlusses der Glottis der Berieselung von oben vorzuziehen ist. 

Für Fälle, bei deren Behandlung die einfache Tampon 
canüle ausreicht, dürften einige Abänderungen, die der Vortra¬ 
gende an derselben anbringen liess, von praktischem Werth 
sein. Das Einführen der ursprünglichen Trendelenbur g’schen 
Tamponcanüle, die aus einem gekrümmten Anfhngsstücke und 
einem sich nach abwärts anschliessenden geraden Stücke, welch 
letzteres vom Tampon umgeben ist, besteht, wird durch das 
gerade Stück erschwert. Deshalb gibt F. der Canüle eine kreis¬ 
förmige Krümmung, wobei der abschliessende Kautschuktampon 
eben so sicher functionirt, als wenn er um eine gerade Canüle 
liegt. Dadurch wird es möglich, die Tamponcanäle mit einer 
zweiten inneren zu versehen, wodurch das Reinigen derselben 
erleichtert und die Verstopfung durch eingetrocknetes schleimi¬ 
ges Secret vermieden wird. Das nach aussen mündende Metall¬ 
röhrchen, welches zom Aufblasen des Tampons verwendet wird, 
soll wenigstens einen Zoll lang und unter einem rechten Winkel 
seitwärts abgebogen sein. Dies erleichtert die Manipulationen 
mit dem Füllen und Entleeren des Tampons und das Athmen 
bleibt ungefährdet, weil man seitlich von der Canüle hantiren 
kann. Endlich ist es unbedingt nothwendig, dass die Platte der 
Canüle in dem über der Canülenmündung liegenden Theile einen 
möglichst tief nach abwärts, am besten bis an das Rohr selbst 
reichenden Einschnitt hat. Dadurch wird es möglich die Aus¬ 
waschung des Kehlkopfes nach Einführung eines elastischen 
Catheters von der Wunde aus vorzunehmen. 

Von den zur Auswaschung der diphtheritisch erkrankten 
Gebiete angewendeten Präparaten hält F. die von Prof. E. L u d w i g 
empfohlenen: Neurin, Tetramethylammoniumhydroxyd und Tetra- 
aethylammoniumhydroxyd für die besten. Sie wurden im Kronprinz 
Rudolf Kinderspitale zur Bepinselung im Rachen und zu Aus¬ 
spülungen der Nasenhöhle wiederholt mit günstigem Erfolge an¬ 
gewendet. Zu den Vorzügen dieser Mittel gehören: ihre alkalische 
Reaction, ihre Eigenschaft Fibrin zu lösen, und ihre grosse anti- 
septische Wirkung, ferner, dass sie ohne Nachtheil vom Magen 
aufgenommen werden können. 

Nach Mittheilungen des Herrn Dr. Mauthner, Assistent 
am Institut für angewandte medicinische Chemie ist ein Procent¬ 
gehalt von 1,2 an Tetramethylammoniumhydroxyd und von 1,92 
an Tetraaethylammoniumhydroxyd hinreichend um in fäulniss- 
fähigen Substanzen die Zersetzung Monate lang fernzuhalten. 
Aus Mauthner’s Experimenten, sowie aus einigen vom Vor¬ 
tragenden selbst angestellten Versuchen wird nachgewiesen, dass 


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warmen Thee mit Rum etc.) die lange Dauer der niederen Tem¬ 
peratur bei einem verhältnissmässig gutem Kräftezustande, der durch 
reichliche Nahrungszufuhr ziemlich lange erhalten werden konnte. 
Yon günstigem Einflüsse vielleicht konnte der Umstand sein, dass 
man dem Kinde bei dem vorläufig noch geringen Krankenstände 
des Spitals die bestmögliche Pflege angedeihen lassen konnte. 

Ferner dürfte es von einigem Interesse sein zu bemerken, dass 
das Masernexanthem, obwohl man es mit einem herabgekommenen, 
blutarmen Kinde zu thun hatte, doch so intensiv, rasch und florid auftrat, 
wie man es selten bei gut genährten, sonst gesunden Kindern antrifft. 

Vom 24. Jänner an gänzlicher Verfall der Kräfte, Dahinliegen, 
Verlangsamen des Pulses, Collapserscheinungen. 

Am 28. Früh erfolgte der Tod. 

Sectlonsbefund. Körper abgemagert, blass ; am Schädel mehrere 
kreuzergrosse, eingetrocknete, grünlich-gelbliche, missfarbige Stellen, 
welche die Galea nicht durchbrechen. 

Kopfhaut spärlich mit blonden Haaren besetzt. Pupillen mässig 
und gl eich weit. Mund und Nasenschleimhaut blass. Hals schmal und 
dünn, Brustkorb keilförmig zugespitzt, Bauch eingezogen. Untere 
Extremitäten und Rücken mit grünlich violetten Todten- 
flecken besetzt. Am Hüftgelenke einige über wallnussgrosse Haut- 
abscesse. Schädeldach porös, dünnwandig, die harte Hirnhaut innig 
mit dem Schädeldach verwachsen. Innere Hirnhäute zart, sehr mässig 
injicirt. Gehirn mässig mit Blut versehen, ödematös. In den etwas 
erweiterten Kammern etwa 20 Gramm röthlichen Serums. 

Schilddrüse blass, Kehlkopf and Luftröhrenschleimhaut mit 
zähem, blassen Schleim bedeckt, Drüsen im vordem Mediastinum ver - 
grössert, käsig. 

Die rechte Lunge frei, mässig aufgedunsen, Oberlappen blasB, 
Unterlappen blutreicher, etwas luftleerer; linke Lunge mit der Brust¬ 
wandung durch straffes Zellgewebe verwachsen; Mittellappen luftleer, 
grauroth hepatisirt und von einer etwa wallnussgrossen mit gelb¬ 
käsigem Inhalte erfüllten Bronchialcaveme durchsetzt. Zwischen dem 
verwachsenen mittleren und unteren Lappen mehrere wallnussgrosse, 
gelbkäsige Drüsen eingelagert. 

Herzbeutel einige Tropfen röthlichen missfarbigen Serums ; 
Herz schlaff, blass, in den Höhlen locker geronnes, flüssiges Blut. 

Die Leber dunkelbraunroth, derb, auf dem Durchschnitt etwas 
speckig glänzend. Die Mesenterialdrüsen um den ductus choledochus 
und cysticus herum vergrössert, von welchen eine etwa haselnuss¬ 
grosse den duct. cyst. von seiner Abgangsstelle bis etwa 2 Cm. vor 
der etwas erweiterten Gallenblase bis zur Undurchgänglichkeit 
comprimirt. Die Mesenterialdrüsen vergrössert bis zur Wallnussgrösse, 
auf dem Durchschnitte theils graugelblich, theils gelbkäsig. Einzelne 
stark pigmentirt. Ductus choledochus und hepaticus vollständig durch¬ 
gängig. Gallenblase etwas vergrössert, ihr Peritoneal-Ueberzug blass, 
ihre Wände etwas verdickt und dieselbe erfüllt von einer blass¬ 
gelblichen, zähen, schleimigen Flüssigkeit. 


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Magen massig ausgedehnt, Schleimhaut blass, mit zähem Schleim 
bedeckt. Das Peritoneum blass, die Gedärme, besonders der Dickdarm 
contrahirt, etwas stärker injicirt an einigen kleinen, röthlich durch¬ 
scheinenden Stellen im Ileum, welche quer im Darm gestellten, von 
zahlreichen, stecknadelkopf grossen, gelbkäsigen Knoten durchsetzten und 
an den Eändern gezackten und unterminirten Geschwüren entsprechen. 

Beide Nieren mässig derb, Kapsel leicht abziehbar, speckig glänzend, 
mässig injicirt. In der Harnblase einige Tropfen klaren Harns. 

EpicriSO. Aus dem Sectionsbefunde ist nur das Verhalten des 
ductus cysticns von besonderem Interesse. Derselbe war zu einem 
derben, bindegewebigen, vollständig undurchgängigen Strange de- 
generirt. Selbst auf einem mit dem Basirmesser gemachten Durch¬ 
schnitte konnte ein Lumen nicht mehr nachgewiesen werden. Die 
Compression erfolgte, wie erwähnt, durch ein etwa haselnuss grosses, 
augenscheinlich aus mehreren kleinen Drüsen zusammengesetztes 
Drüsenconglomerat, welches im Durchschnitte jene Veränderungen 
aufwies, wie man sie an hyperplasirten, verkäsenden Drüsen mit 
Pigmentablagerung beobachtet. Die Verödung des duct. cyst. konnte 
nach dem Befunde des Gallenblaseninhaltes keineswegs sehr lange 
gedauert haben, da die Flüssigkeit in der Blase noch immer Gallen¬ 
farbstoffe enthielt Dieser Zustand ist gewiss ein seltener im Kindes¬ 
alter, da die Umstände, welche beim Erwachsenen Verschluss der 
Gallenwege durch abnorme Biegungen und Knickungen derselben, 
durch Narbenbildung, krebsige Degeneration und schliesslich durch 
Gallensteine veranlassen (Bokitansky), bei Kindern in so jugendlichem 
Alter kaum beobachtet worden sind. 

Desgleichen erwähnt auch Virchow in seinen Vorlesungen über 
Geschwülste (I. Band, pag. 255) nur der Gallensteine, die sich ge¬ 
legentlich in dem duct. cyst. festsetzen, und narbiger Schrumpfungen 
an den Mündungen der Blase. 

Da der Abfluss der Galle durch den duct. cholcdochus und 
hepaticus vollständig ungehindert stattfinden konnte, so dürfte diess 
wohl die Erklärung hiefür abgeben, dass man während des Lebens 
keine icte rischen Erscheinungen wahr nehmen konnte, und wohl auch 
hiefür, dass die ductus biliferi im Leben nicht erweitert waren. 
Die geringe Vergrösserung dagegen, sowie die geringe amyloids» 
Degeneration derselben war keineswegs mit dieser Verengerung des 
duct cyst.^im Zusammenhänge, sondern erklärt sich ungezwungen aus 
den Veränderungen der Lunge, des Darmes und der Mesenterialdrüsen. 

Notizen. 

Aus der n.-ö. Landes-Findelan statt lieferte Herr Direotor Dr. Fridinger 
als Beilage in der ofiioiellen „Wiener Zeitung“ ein mit vielem Fleisse und 
grosser Genauigkeit zusammengestelltes Tableau über die seit dem Gründungs¬ 
jahre dieser Anstalt 1784 bis zum Jahre 1879 vorgekommenen Fluotuationen 
im Zuwaohs und Abgang der Findlinge. Es wurden, wie daraus zu ersehen, im Laufe 
dieser 96 Jahre im Ganzen 472.735 Kinder in die Anstalt aufgenommen, von denen 
am Sohlusse des Jahres 1879 nooh 24295 am Leben waren, die Aufzeichnungen 
in den Büchern der Anstalt sind nicht schon vom Beginne nach demselben 


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Plane gemacht, wie in späteren Jahren, in denen sie immer detaillirter wurden, 
und so ist es schwer, ja unmöglich, Durohsohnittsziffem für die ganze Periode 
zu finden. So wird die Rubrik Abgang schon von vomehinein abgetheilt in 
den duroh den Tod und den durch Entlassung. Erst yom Jahre 1828 an zer¬ 
fällt erstere wieder in die im Hause und die ausser dem Hause Verstorbenen 
und bezieht sioh erstere gewiss nur auf Kinder von wenigen Monaten; wie 
viele aber von den ausser dem Hause gestorbenen Kindern noch das erste 
Lebensjahr nioht erreichten, ist nioht herauszufinden. — Bis zum Jahre 1866 
wurde das Percentverhältniss aller Verstorbenen ohne Rüoksicht auf das erste 
Lebensjahr zusammengenommen, und so finden wir bis zum Jahre 1866 Ver¬ 
hältnisse, deren Richtigkeit bezweifelt werden muss, denn es ist unbegreiflich, 
dass von 100 im Jahre Verpflegten das Sterbliohkeitspercent, welches bis zum 
Jahre 1817 stets zwischen 50 und 70, ja selbst bis 74 schwankte, von da an 
oonstant und rapid abnimmt, so dass es naoh 12 Jahren von 48 progressiv bis 
auf 13 gesunken, was nur daduroh zu erklären ist, dass in den ersten zwei 
Decennien dieses Jahrhunderts alle verstorbenen Findlinge ohne Ausnahme 
zusammengezählt wurden, dann aber die im ersten Lebensjahre Verschiedenen ganz 
unberüoksiohtigt blieben. Denn seit dem Jahre 1866, von weloher Zeit an die 
im ersten Lebensjahre Verstorbenen ausgeschieden werden, deren Zahl allein 
von 76*4, allmälig und oonstant abnehmend, bis auf 45% gesunken, ist auch 
das allgemeine Sterbliohkeitspercent ohne Hin- und Herschwanken suooessiv von 
32 auf 17 herabgegangen und darin liegt die Bestätigung, dass die Sterblich¬ 
keit der Findlinge nicht nur im Allgemeinen, sondern auch bei den nur nach 
Monaten zählenden Kindern wirklioh abgenommen hat, woraus man auf Verbes¬ 
serung aller sanitären Verhältnisse der Anstalt zurückzuschliessen berechtigt ist. 

Hofrath Prof. K. Sigmund Ritter v. llanor soll dem Vernehmen naoh 
am 12. d. M. auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen für das Professoren¬ 
alter (70 Jahre) um seine Pensionirung eingekommen sein. 

Sterbefall. Wieder hat das Collegium den Verlust eines seiner ältesten 
Mitglieder zu betrauern, das der Tod aus seiner Mitte entrissen. Dr. Anton 
Strautz, geboren zu Wien am 29. Mai 1807, absolvirte seine medioinisohen 
Studien an der hiesigen Universität, wo er auch am 30. Juli 1832 zum Dootor 
promovirt und am 24. Ootober 1834 als ordentliches Mitglied in die medici- 
nisohe Facultät aufgenommen wurde. Naoh seiner Promotion liess er sioh auch 
hier als praktischer Arzt nieder und erwarb sich bald das Vertrauen seiner 
Kranken, so dass er durch längere Zeit zu den besohäftigeren Praktikern 
zählte, doch nahm im zunehmenden Alter, obgleich er das jetzt seltene Glück 
hatte, sioh die meisten der Familien, die ihm einmal ihr Vertrauen gesohenkt 
hatten, zu erhalten, seine praktische Thätigkeit ab, besonders nachdem er 
schon vor mehreren Jahren selbst leidend ward, an Lähmungen der unteren 
[Regionen litt, die ihm das Ausgehen immer beschwerlicher maohten, so dass 
er im letzten halben Jahre seines Lebens sein Haus nioht verlassen konnte. 
Immer mehr dahinsieohend, starb er am 20. d. Mw an Marasmus. Der Ver¬ 
storbene war ein Mann von ehrenhaftem Charakter und ein angenehmer College, 
mit dem Alle, die ihn näher kannten, gerne verkehrten und ihm gewiss eine 
freundliche Erinnerung bewahren werden. Viele erwiesen ihm die letzte Ehre 
durch ihre Gegenwart bei der Leichenfeier und die Kirohe war gefüllt, ob- 
sohon sioh die Faohoollegen nur vereinzelt in der Menge durchblioken liessen. 

Der Grund diesem- schwachen Betheiligung, über die so oft geklagt wird, 
ist immer Verspätung der Todesanzeige. Die wenigen Collegen, die anwesend 
waren, erhielten sie erst gegen 10 Uhr Vormittags, wann die meisten Aerzte 
schon in Berufsthätigkeit ausser Haus sind . — Um nun diesem Uebel- 
stande abzuhelfm, gibt es nur das Eine Mittel: die Familien der sterbenden 
Collegen aufmerksam zu machen, dass sie , wenn das Unglück eingetreten ist, 
und sie über Ort, Tag und Stunde der Einsegnung einig geworden sind, diese 
sofort in der Kanzlei bekannt geben, so dass von dem Präsidium aus, eine Ein - 
ladung an die Collegen durch die Tagesblätter ergehe. Zu diesem Ende werden die 
den Sterbenden behandelnden Aerzte ersucht, die betreffenden Familien in diesem 
Sinne zu unterrichten und wenn die Einladung in den Blättern rechtzeeitig 
erfolgt, werden wohl bei solchen Traueracten die Mitglieder des Collegiums nicht 
mehr durch ihre Abwesenheit sich auszeichnen . Dr . Preyss , 


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Auszeichnungen. Der Statthaltereirath und Landessanitätsreferent für 
Steiermark Dr. Ferdinand Ritter von Scherer erhielt den Orden der Eisernen 
Krone III. Glasse, und der Curarzt in Gries-Bozen Dr. H. Mayerhofer den 
königl. preussischen Kronen-Orden. 

Grossmüthige Spende. Das unter dem Curatorium des med. Doct.-Coll. 
stehende Garolinen-Kinderspital wurde yon dem Ball-Gomitö der industriellen 
Gesellschaften aus dem Reinerträgniss des Balles mit 2000 fl. betheilt und hat 
der Yermögensverwalter der Stiftung, Herr J. U. Dr. Josef Stoeger den Betrag 
bereits erhalten. 

Das Erzherzogin Sophien-Spital im VII. Bezirke, Kaiserstrasse Kr. 7, 
welches durch die yerstorbene Frau E. v. Kenyon zum Uniyersalerben ihres 
bedeutenden Vermögens eingesetzt wurde und auf 100 Betten berechnet ist, 
wird yorlftufig mit 20 Betten ausgestattet und im Laufe des kommenden Früh¬ 
jahrs eröffnet werden. 

Die General - Versammlung 

der Mitglieder des Unterstützungs - Institutes 
wird im Sitzungssaale des Doetoren-Colleglums 

(I. Rothethurmstrasse 23) am Samstag den 28. Februar, Abends 7 Uhr, 
abgehalten, und werden die P. T. Herren Mitglieder noch besondere Ein¬ 
ladungen dazu erhalten. 

Programm. 

1. Berioht über die Leistungen des Unterstützungs-Institutes im Solar¬ 
jahre 1879. In Abwesenheit des Herrn Präsidenten erstattet yon Dr. P r e y s s. 

2. Vortrag des Gassiers Dr. Hopfgartner über die Vermögensver- 
liältnisse des Institutes im abgelaufenen Jahre (1879). 

3. Wahlen: a) yon yier Mitgliedern des Ausohusses auf die Dauer yon drei 
Jahren an die Stelle derer, welche als die im Amte ältesten auszutreten haben, 
und eines Mitgliedes auf die Dauer yon zwei Jahren an die Stelle des ver- 
storbenen Dr. Kirsclmek. b) yon drei Reohnungsoensoren auf die Dauer yon drei 
Jahren an die Stelle der derzeitigen, der Herren DDr. Behsel, Klein und 
Fürth, deren Funotionsdauer abgelaufen ist. 

Die P. T. Herren Gollegen, welche eine Function zu übernehmen ge¬ 
neigt sind, wollen dies dem Präsidium bekannt geben. 

• Alle Austretenden sind wieder wählbar. (§. 20 der Statuten). 

Anmerkung. Derzeit fungiren als Ausschussmitglieder die DDr. Chr&stina, 
Gerstel, A. Gruber, Hasohek, Nasser, Preyss, Seil eff, Sohneller, Schwarz 
Isidor, Wollner und y. Zanohi, yon denen die Träger der mit fetter 
Schrift gedruckten Namen auszutreten haben. 

Dr. Preyss, Vioe-Präsident. Dr. Hopfgartner. Secretär. 

Einladung 

zu der am Montag den I. März, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), 

I. Sonnenfelsgasse 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen Versammlung. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken.*) 

2. Vortrag über Exstirpation des Uterus von Herrn Professor Dr. Ghristian 
Theodor Billroth, k. k. Hofratb. 

Dr. Preyss, Vioe-Präsident. Dr. Hopfgartner, Seoretär. 

*) Die P. T. Herren Collegen werden ersucht, interessante Krankheitsfülle voraus teilen. 

Hiezu als Beilage: Personal- und Vermögensstand des Unter¬ 
stützungs-Institutes des Wr. med. Doct.-Coll. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doot-Coli. — Verantwortlicher Bedaoteur . 
Dr. L. Hopfgartner. — Qesellsohafte-Bnchdruckerei, Wien, III. Brdbergeratrasse S. 


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TTyBd. Ausgegeben am 11. März 1880. Nr. 6 


' MITTHEILIJNGEN 

des 

fflener mmUciiisclim DoclorBn-noiiepionis/ 

Brsoheint jeden «weiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bogen und darüber, an 
30 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegiums im In- 
lsnde 8 fl., nach dem Auslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 26 kr. = 60 Pfg. — Inserat« 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pr&numerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits de Deuticke 
(yormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zaschriften md Zusendung*! an die Redaction: Wien, Kanzlei des Wiener med. 
Doet.-Coll. and der Witwen- und Waisen-Soeietftt, Rothenthnrnistrasse 23. 


Inhalt: Wissenschaftliche Versammlung am 1. März. — Ueber fungöse Gelenksentsfindung 
und ihre Beziehung zur Tuberculose der Knochen. Vortrag von Dr. Josef Englisch. — Die 
Witwen- und Waisen-Societät. — Aus dem Unterstützungs-Institute: Ausschuss Sitzung am 
24. Februar. General-Versammlung am 28. Februar. — Notizen. — Einladung. 

In der wissenschaftlichen Versammlung am I. März 

stellte Herr Primararzt Dr. Eie mann einen Kranken mit einem 
ausserordentlich grossen Milztumor vor, bei dem die Fowler’sohe 
Tinctur in grossen und lange Zeit fortgesetzten Gaben ohne Be¬ 
einträchtigung des übrigen Wohlbefindens mit gutem Erfolge 
angewendet wurde. Der Fall ist folgender: 

Hellermann Carl, 19 Jahre, Müller, wurde am 16. October 
auf die zweite Abtheilung des Rudolfspital anfgenommen. 

In Ungarn in sumpfiger Gegend des Szathmarer Comitats, 
an einem kleinen Flüsschen als Müller in Arbeit stehend, war 
er dnreh sechs Jahre beinahe fortwährend an Febris intermittens 
anfangs tertiana, dann quartana krank. Der Patient 'musste in 
der Regel alle drei Wochen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, 
wo durch grosse Gaben Chinin die Heftigkeit der Fieberanfälle 
etwas gemildert wurde, jedoch selbe niemals ganz cessirten. 

Die im Laufe der Jahre erworbene enorme Anschwellung der 
Milz, welche ihm jedes Lasttragen unmöglich machte, bewog 
ihn nach Wien ins Spital zu reisen. Der Kranke ist mittelgross, 
ziemlich kräftigen Knochenbaues. Mit erdfahlen cachectischen 
Hautdecken. Keine hydropische Anschwellung bemerkbar. Puls, 
Temperatur normal. Leber bedeutend geschwellt. Die Milz von 
von der fünften Rippe schräge bis zum Querfinger über den 
Kabel reichend; daselbst ist ein brettharter Tumor mit stumpfen 
Rändern tastbar. Die Ausdehnung betrug in der Länge 40 Cen- 
timeter, in der Breite 25 Centimeter. Umfang des Unterleibes 
85 Centimeter unter dem Rippenbogen. Solutio Fowleri: Anfang 
18. Oot. mit einem Tropfen beginnend, und täglich um einen 
Tropfen steigend, bis 28. Octbr. nahm Patient 56 Tropfen. 

Ausgesetzt bis 3. Nov. wegen Epistaxis und etwas Schmerz 


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im Unterleib, jedoch keine Diarrhöe oder Erbrechen. Schon bei 
56 Tropfen = 0.037 Gramm acid. arsenicosum ward der Tumor 
etwas weicher. 

Am 3. Nov. wurde wieder begonnen mit Guttas sex, und 
auf 12 Tropfen angelangt wurden durch 8 Tage 12 Tropfen gege¬ 
ben und dann bis auf Guttas XX gestiegen. Patient nahm 
also bis 25. Not. 279 Tropfen. Wegen leichter Zellgewebs- 
infiltration im Gesichte wurde bis 28. Nov. ausgesetzt, und 
dann mit Guttas XY begonnen. Bis 4. Dec. in steigenden Gaben 
105 Tropfen genommen. 

Die Milz viel weicher, erreicht nicht mehr den Nabel, auch 
in der Breite abgenommen. Es wurde am 4. Dec. ausgesetzt 
wegen Gefühl von innerer Wärme. Das Thermometer zeigte nur 
37*1 und erst bei einer Temperatur von 36*8 am 8. Nov. mit 
zwölf Tropfen Solution wieder begonnen. Patient nahm bis 
18. Dec. steigend 126 Tropfen. — Ausgesetzt wegen Erysipel 
am rechten Nasenflügel. 

Am 29. Dec. wurden wieder Guttas X gegeben. Am 
30. Dec. Nachmittags Schüttelfrost. Puls Nachmittags 120. 
Temperatur um 4 Uhr 39-9, um 5 Uhr 38*6, um 6 Uhr 38*8, 
um 7 Uhr 38*6, um 11 Uhr Nachts 38. Am 31. Dec. Früh 
3 Uhr 38*0, um 8 Uhr 38*4, Puls 96, um 2 Uhr Nachm. 38 6, 
um 4 Uhr 38*3, um 9 Uhr 38 2. 

An der linken Wange in der Muskulatur ein harter Knoten 
tastbar, darüber die Haut geröthet, gespannt. Sämmtliohe Drüsen 
des Unterkiefers geschwellt. Die Milzschwellung trotz Schüttel¬ 
frost kleiner, der Milztumor weicher. 

Kalte Ueberschläge, Infusum Sennae wegen Stipsis. 

Am 1. Jänner Früh Temperatur 37, Abends 38*8, am 
2. Jänner 37*6, Abends 37*1, am 3. Jänner 38. Puls 84. — Natron 
salicyl. 3 Gramm. Abends 37*1. Puls 72; Infiltration nahezu ge¬ 
schwunden, absque medicamine bis zum 13. Jänner, wo mit 
Solutio Guttas decem wieder begonnen und bis 22. Jänner auf 
Guttas XIX gestiegen wurde, der Kranke nahm also 145 Tropfen. 

Am 28. Jänner Metallgeschmack im Munde, leichte Infil¬ 
tration wieder in der Wange. Ausgesetzt. Bäder. Am 1. Febr. 
Solutio guttas XIX, vom 2. bis 5. Febr. je XX also 99 Tropfen. 

Bäder. Dann Tinctura malatis ferri. Circumferenz der 
Unterleibes 81 Centimeter. 

Am Tage der Vorstellung war die Circumferenz unterhalb 
der Rippen 78, in der Nabelhöhe 76 Centimeter. 

Der Milztumor ragt noch 3 Querfinger über den Rippen¬ 
bogen, ist aber bedeutend weicher und auch das Aussehen des 
Kranken ein frisches. 

Der Kranke nahm in 7 Absästzen: a) 56, b) 279, c ) 105, 
d) 126, e) 10, /) 145, g) 99 Tropfen, im Ganzen 820 Tropfen 
Solutio Fowleri, welche bekanntlich in 3 Tropfen 2 Milligramm 
accid. arsenicosum enthält. 


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Patient nahm also 0*546 acid. arsenicosum, ohne dass In* 
toxicationserscheinungen des Darmtractes eingetreten wären. Von 
subcutanen Injectionen wurde Umgang genommen, da die Einstiche 
gerne langdauernde sehr schmerzhafte Vereiterungen bedingen. 

Patient befindet sich sehr wohl, sieht gegen Mher blühend 
aus, und verlässt in den nächten Tagen auf seinen Wunsch 
das Spital. 

Hierauf hielt Hofrath Prof. Billroth einen höchst inter¬ 
essanten, mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag „Ueber 
Exstirpation des Uterus“, worüber wir in der nächsten Nummer 
ein ausführliches Referat bringen werden. 


Vortrag des Herrn Primararzt Dr. Englisch 

Aber fungSse Oelenksentzfiudang und ihre Beziehung zur Tuber- 
cnlose der Knochen. 

Gehalten in der wissenschaftlichen Versammlung am 16. Februar 1880. 

Schon lange war an gewissen Stellen die Tuberculose der 
Knochen (Wirbelsäule) bekannt, und war es in den ältesten 
Zeiten beobachtet worden, dass mit gewissen Formen der Ge¬ 
lenksentzündung eine gewisse Körperbeschaffenheit vereint vor¬ 
komme und allgemeine Tuberculose auf selbe folgen kann, aber 
eine bestimmte Beziehung wurde erst in der Neuzeit nachgewiesen 
und durch das Experiment erhärtet. Consecutiv tritt die Gelenks¬ 
entzündung bei verschiedenen anderen Krankheiten auf, als 
Variola, Typhus, Morbillen, Scarlatina, Rheumatismus u. s. w., 
und bei den verschiedenen septikämischen und pyämischen Pro¬ 
cessen. Die Mehrzahl der ersteren gleicht den letzteren, ebenso 
wie die nach Tripper und Operationen an den Harnorganen 
auftretenden Gelenksentzündungen. Weit inniger in Verbindung 
stehen jene Fälle, wo sich die Knochenmarkentzündung auf die 
Gelenke fortsetzt, wie diese für die acute Osteomyelitis ange¬ 
nommen wird, gewiss aber nicht so häufig ist, als es behauptet 
wird. Diese Form zeichnet sich durch sehr raschen Verlauf und 
Zerstörung aller Gelenktheile, insbesonders des Knorpels, aus, 
ohne dass es zu bedeutenden Wucherungen an der Kapsel kommt. 
Noch näher der zu betrachtenden Form stehen die Gelenks* 
affectionen bei chronischer Osteomyelitis. Nach Ablauf des acuten 
Stadium bleibt im Knochenmark eine Neigung zur Entzündung 
zurück und kündet sich die Recidive (mehrere, bis 30 Jahre 
später) durch eine Schmerzhaftigkeit im Gelenke an, wobei es 
nicht selten vorkommt, dass die zwei benachbarten Gelenke eines 
Röhrenknochens nach einander erkranken. In diesen Fällen 
finden wir schon Wucherungen an der Gelenkskapsel, besonders 
an der Umschlagstelle. 

Die fungöse Gelenksentzündung (Tumor albus, Arthritis 
fungosa Arthrocace, Synovitis fungosa) zeichnet sich dadurch aus, 
dass die sämmtlichen Weiohtheile des Gelenkes in eine dicke, 


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schwielige Masse umgewandelt, die Synovialmembran mit reich¬ 
lichen Wucherungen, welche nach Köster constant, Tuberkel¬ 
knoten, besetzt sind, so dass jetzt fungöse Gelenksentzündung 
mit Tuberculose der Gelenke gleich betrachtet wurde, was schon 
Rokitansky früher deutlich ausgesprochen hatte. Die ver¬ 
schiedenen Beziehungen der Tuberculose des Gelenkes, von 
Rokitansky genau gekannt, fanden aber ihre weitere Entwicklung 
durch die klinischen Mittheilungen von König, Kocher, Volk- 
mann, nach welchen die fungöse Gelenksentzündung ein seoun- 
därer Procees ist und ihren Ausgangspunkt in Tuberkelknoten 
in den Knochen hat, die sich immer mehr gegen das Gelenk 
ausbreiten. 

Es finden sich meist in der Epiphyse Knoten, die sich schon 
durch ihr mattglänzendes Ansehen, sowie durch einen hyperämischen 
Hof von der Umgebung unterscheiden und von innen nach aussen 
aus Riesenzellen, epithelialen Zellen und lymphoiden Gebilden 
bestehen. In späterer Zeit zerfallen sie zu einem käsigen Brei. 
Durch Verschmelzung mehrerer kleiner Herde gehen grössere 
Räume hervor, welche sich immer weiter ausbreiten, während 
durch den käsigen Brei in der Umgebung neue Knoten hervor¬ 
gerufen werden. Diese käsigen Herde haben gewisse Locali- 
sationen als: oberer Gelenkstheil des Oberarmknochens, dessen 
beide Höcker, die untere Epiphyse und die Contylen des Ober¬ 
armes, den Schenkelhals und Kopf, den grossen Trochanter, das 
untere Ende des Femur, das obere der Tibia, die Patella, die unteren 
Enden der Unterschenkelknochen .und das Fersenbein, sowie die 
Handwurzel- und Fusswurzelknochen. Breitet sich der Herd 
aus, so gelangt er entweder an die Oberfiäche und gibt zu tiefen 
Abscessen Veranlassung, z B. am Unterschenkel, der Hüfte 
u. s. w., oder aber es werden die an gewissen Stellen aufge¬ 
lagerten Schleimbeutel ergriffen und es entsteht die Bursitis sub- 
deltoidea, olecrani, trochanterica, praepatellaris, calcanea u. s. w., 
die sich durch langsamen Verlauf und Wucherungen an der 
innern Wand, sowie durch allgemeine odematöse Schwellung 
und schwielige Beschaffenheit der Wand auszeichnen. Rückt 
dagegen der Herd gegen das Gelenk vor, so bildet sich zumeist 
ein seröser Erguss, nach dessen Aufsaugung eine Verwachsung 
der Gelenke bei günstigem Ausgang erfolgt. In der Mehrzahl 
der Fälle beginnt aber die Gelenkskapsel zu wuchern, bildet 
eine weiche, schwielige, schwammige Masse. Allmälig wird ein 
Theil des Knorpels zerstört und es bedecken sich die jetzt aus dem 
Knochen hervorkommenden Wucherungen wie die der übrigen 
Synovicialmembran mit Tuberkelknoten. Allmälig kommt es zur 
Zerstörung des Knorpels mit Auftreibung der Knochenenden. 
Auch die Abscesse der Umgebung erhalten in ihrer inneren Aus¬ 
kleidung eine leicht ablösliche Membran mit zahlreichen Tuberkel¬ 
knoten. Diese Processe zeichnen sich durch ihr stetig langsames 
Fortscbreiten aus und führen zu allgemeiner Tuberculose. 


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Die Symptome sind oft sehr unbedeutend, latentes 
Stadium. Die Kranken klagen nur über ein Gefühl von Müdig¬ 
keit in den Gliedmassen, selten über dumpfe Schmerzen, während 
an den Theilen nichts Abnormes bemerkbar ist. Die activen Be¬ 
wegungen sind meist wenig gehemmt, und bei den passiven findet 
sieh eine Richtung, in der die Knochen und das Gelenk schmerzhafter 
erscheinen. Allmälig kommt es zum Oedeme in der Umgebung 
des Herdes. Die Gelenkskapsel wird ausgedehnt, daher bekommt 
sie ein pastöses Ansehen besonders an den Umschlagstellen. Der 
Erguss in das Gelenk stellt sich ein, kann aber so wie die 
früheren Erscheinungen wechseln und selbst schwinden (ein 
wichtiges Zeichen). Die Synovialis wird dabei stärker mit Ge- 
fässen durchzogen und verklebt manchmal. Gleichzeitig stellt 
sich Muskelzusammenziehung ein. Mit der Verdickung der Kapsel 
kommt nicht selten Schmerzhaftigkeit eines bestimmten Knochen¬ 
punktes oder des Gelenkes, der durch Druck und gewisse Be¬ 
wegungen gesteigert wird. Alle diese Erscheinungen steigern sich, 
die Gelenkskapsel wird immer dicker, verliert aber an Spannung, 
so dass die Fixirung im Gelenke eine mangelhafte wird, es besteht 
ein auffälliges Missverhältnis in den subjectiven Symptomen und 
den stark ausgeprägten örtlichen, das immer mehr zunimmt. Es 
kommt zur Bildung von Abscessen, die sich ebenfalls durch ihren 
langsamen Verlauf auszeichnen und (wenn eröffnet) keine Tendenz 
zur Heilung zeigen. Nicht selten findet man an der Knochenwand 
des Abscesses eine Anhäufung von Granulationen, durch welche 
man auf rauhen Knochen oder in eine nekrotische Höhle, nicht 
selten kleine Sequester enthaltend, stösst. Auffallend ist in diesen 
Fällen die geringe und langsame Zerstörung des Gelenksknorpels 
gegenüber den Wucherungen. Alle Höhlen sind mit Tuberkel¬ 
knoten ausgekleidet, die durch directe Impfung durch den tuber- 
culösen Eiter entstehen. Bei der Ausbreitung nach der Oberfläche 
hin bildet sich nicht selten ein Canal, der dem Ernährnngs- 
canal der Knochen entspricht, und wir sehen nicht selten die 
Infiltration zuerst um die Gefässe äusserlich wahrnehmbar 
werden, was besondere Wichtigkeit für die Kniekehle hat. Man 
soll daher immer die Stelle der äusseren Mündung der Ernährungs¬ 
canäle und die Oberfläche der Epiphysen genau untersuchen und 
man wird manchmal schmerzhafte Punkte entdecken, sowie eine 
genaue Besichtigung des genannten Abscesses zwischen Muskeln 
und in den Schleimbeuteln Granulationshäufchen uns den Weg 
in den Knochen zeigen werden und gewisse therapeutische Ein¬ 
griffe ermöglichen. 

Dass das Eindringen des Inhaltes der käsigen Herde in 
das öelenk die fungöse Gelenksentzündung erzeugen könne, 
hat H u e t e r H. durch Experimente festgestellt. Er spritzte fein 
geriebene, verdünnte tuberculöse Sputa in das Gelenk ein. Es 
folgte eine vorübergehende Reizung. Erst nach längerer Zeit, selbst 
erst nach drei Wochen, begann die elastische Schwellung des 


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Gelenkes mit allen Erscheiungen der fungösen Entzündung mit 
Fistel- und Abscessbildung. Zuletzt trat allgemeiner Marasmus 
und Tuberculose auf und die Thiere gingen an letzteren zu 
Grunde. Wurden zerriebene tuberculose Granulationen eingespritzt, 
z. B. in das Bauchfell, so kam es zur Entwicklung allgemeiner 
Tuberculose. Die anatomische Untersuchung der Gelenke stellte 
die Gleichheit derselben mit der fungösen Gelenksentzündung 
ausser Zweifel. 

In ähnlicher Weise experimentirte Schüler. Er spritzte 
tuberculose Sputa oder frische tuberculose Lungentheile, fein 
zerrieben, dem Thiere ein. Er zeugte allgemeine Tuberculose. Nach 
Verletzung der Gelenke, z. B. durch Schlag, entwickelten sich an 
denselben die Formen des Tumor albus in seinen Anfangsstadien. 
Nur bei Einspritzungen in das Gelenk bekam er nicht wie 
Hueter H. die fungöse Gelenksentzündung, wohl aber Tuber¬ 
culose der Lunge. Diese Experimente zeigen deutlich, wie eine 
Verletzung des Gelenkes bei bestehender Disposition zur fungösen 
Gelenksentzündung führen kann. 

Was nun die ursächlichen Verhältnisse anlangt, so sind 
jene Stellen, welche einer steten Zerrung oder überhaupt äusseren 
Schädlichkeiten ausgesetzt sind, besonders geeignet zur Locali- 
sation tuberculoser Herde. Wir sehen daher, dass es besonders 
Punkte sind, die bei den Bewegungen eine Zerrung durch 
die sich zusammenziehenden Muskeln oder solche, welche einen be¬ 
sonderen Druck erleiden. Es gehören dahin die Rollhügel des 
Oberarmknochens, die Condylen derselben, ebenso am Ober¬ 
schenkel, wo insbesondere der Condylus internus nicht nur eine 
Zerrung durch das Ligament, lat. int., sondern auch in Folge der 
Gestaltung des Gelenkes beim Stehen, gleich dem Condylus int. 
des Schienbeines den stärksten Druck ertragen muss. Im ähn¬ 
lichen Verhältnisse befindet sich der Fersenhöker. Dass die 
Fusswurzelknochen so oft erkranken, wird aus demselben Grunde 
einleuchtend. Eine nicht minder seltene Ursache sind acute 
Traumen und nicht selten hat Stoss, Schlag gegen einen Knochen 
einen käsigen Herd an der getroffenen Stelle nach sich. Es 
stimmt dies mit der Annahme überein, dass ein entzündlicher 
Reiz eine grössere Anhäufung des schädlichen Stoffes, d. i. den 
käsigen Harn herbeiführt. Auch Syphilis soll ein disponirendes 
Moment abgeben. Von besonderer Wichtigkeit ist die Scrophulose, 
worauf H u e t e r C. schon vor längerer Zeit aufmerksam gemacht 
hat und das Verhältnis beider folgender Weise darstellt: In 
Folge der erhöhten Vulnerabilität, d. h. der Neigung zu wieder¬ 
holten Entzündungsprocessen, erzeugt von erweiterten Saft¬ 
kanälen, entwickelt sich das pastöse, gedunsene (lymphatische) 
Aussehen mit folgender Lymphadenitis und es kommt in den 
Drüsen zumeist zu einer trockenen Anhäufung von Zellen 
(käsigen Drüsen). Tritt in diesen eine subacute Eiterung ein, 
so erfolgt Resorption der käsigen Masse, sobald die Lymphwege 


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durch die Eiterung eröffnet werden mit folgender Bronchitis, 
allgemeiner Tuberculose und dem Tode. Aehnlich verhalten 
sich andere käsige Infiltrationen. Wenn daher ein Individuum 
an Scrophulose leidet, so zeigt es eine besondere Disposition zur 
Knochentuberoulose. Diese schon von Hueter C. ausgesprochene 
Identität in dem Ausgange bat durch neuere Untersuchungen, 
insbesondere Cohnheims, eine weitere Stütze gefunden, und 
bezeichnet Cohnheim Tuberculose und Scrophulose als durchaus 
zusammengehend, obwohl sie in ihrer anatomischen Beschaffen¬ 
heit verschieden sind, und sind die Producte beider gleich 
wirksam, nur müssen sie aus einer specifischen Ursache hervor¬ 
gegangen sein, und zeichnen sich dann durch die Eigenschaft 
aus, dass sie durch ihre Uebertragung auf Versuchstiere Tuber¬ 
culose erzeugen, d. h. infectiös sind. Nach der Uebereinstimmung 
erfolgt nun nach vorübergehendem Reiz eine Ruhepause, worauf 
die Tuberculose immer an der Stelle zuerst auftritt, wo geimpft 
wurde. Die Uebertragung ist um so sicherer, je frischer die 
Stoffe genommen werden. Da nun die verschiedensten Secrete: 
Sputa, Sperma, die Secretionen der Schleimhaut des Genital- 
tractes Träger des Stoffes sind, so ist die Quelle der Infection 
sehr reichlich. Aber gerade aus diesem Grunde müssen wir 
sehr scharf unterscheiden, ob der Knochen das primär Erkrankte 
ist. Wenn es auch keinem Zweifel unterliegt, dass die Tuber¬ 
culose der Synovialmembran primär Vorkommen kann, so wird 
sie doch von allen Beobachtern’ als sehr selten angenommen 
und die fungöse Gelenksentzündung als das Secundäre nach 
käsigen Herden hingestellt. Wenn man jedoch nach den er¬ 
wiesenen Thatsachen, dass die Infection von jedem beliebigen 
käsigen Herde, aus specifischer Ursache entstanden, ausgehen 
kann, wenn man demnach von primären Herden sprechen will, 
ist es absolut nothwendig, jede andere mögliche Infection des 
Organismus auszuschliessen, durch welche eine diskrasische 
Disposition bedingt sein könnte. Denn nur dann, wenn man im 
Stande ist, nachzuweisen, dass eine solche nicht besteht und 
der Herd nicht in der Weise entstanden ist, dass der Kranke 
schon inficirt war, eine Schädlichkeit auf ihn eingewirkt hat, 
und an der Einwirkungsstelle sich ein käsiger Herd entwickelt 
hat, indem die daselbst gesetzten Producte der traumatischen 
Entzündung unter Einfluss der allgemeinen Infection die tuber¬ 
culose Umwandlung eingegangen sind, wird man rein primäre 
Herde annehmen können. Unser besonderes Augenmerk muss 
daher auf gewisse erbliche Dispositionen und jene Erkrankungen 
gerichtet sein, die wir so oft als Ausgangspunkt allgemeiner 
Tuberculose sehen, als Pneumonie, Pleuritis, Entzündungen der 
Geschlechtsorgane, vorzüglich des Nebenhodens. In vielen Fällen 
werden wir eine erbliche Disposition finden. Noch viele Beob¬ 
achtungen werden daher nöthig sein, bevor diese Lehre voll¬ 
kommen sicher gestellt ist. (Schluss folgt.) 


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Die Witwen- und Waisen-Soeietät 

des Wiener medieinisehen Doctoren-Collegiums 

hat vor kurzem den neuen Statutenentwurf versendet, welcher 
in der nächsten General-Versammlung zur Beschlussfassung ge¬ 
langen und nach behördlicher Genehmigung zur Geltung kommen 
soll. Aus dem diesem Entwürfe angeschlossenen, vom Professor 
He8 sler mit Zugrundelegung der Fischer-Brune’schen Sterblich¬ 
keits-Tabelle berechneten Tarife ist zu ersehen, dass die capita¬ 
lische Einzahlung für die nach Sanctionirung dieser Statuten 
eintretenden Doctoren höher als bisher bemessen ist, aber auch 
die Sicherheit und Stabilität des Institutes erhöht wird. Den¬ 
jenigen Doctoren, welche ihren Witwen und Waisen bei dieser 
Societät eine Pension von 600 fl. per Jahr versichern wollen, 
ist daher zu rathen, ihren Beitritt bald zu vollziehen, und zwar 
umsomehr, als der alte niedere Tarif naoh Annahme und Sanc¬ 
tionirung der neuen Statuten ausser Geltung kommen und sonach 
der neue höhere Tarif in Kraft treten soll. 

Bei Versendung dieses Entwurfes wurden die Mitglieder 
dieser Societät auch ersucht, bis 15. Februar 1. J. allfallige Ab¬ 
änderungs-Vorschläge desselben an die Direction einzusenden. 

Diesem Ersuchen entsprechend sind nachstehende Ab¬ 
änderungsvorschläge eingelangt, die wir hier nebst den dagegen 
erhobenen Bedenken bekanntgeben. 

1. Dr. Heim in Wien wünscht, dass die neuen Statuten 
erst sechs Monate nach der Sanctioniruog derselben in’s Leben 
treten, um neuen Mitgliedern Zeit zu lassen, nach den alten 
Bedingungen einzutreten. 

Derselbe Zweck würde erfüllt werden, wenn der Statuten- 
entwurf so bald wie möglich sämmtlichen Mitgliedern des 
Wiener medic. Doct.-Coll. bekanntgegeben würde, wodurch die¬ 
selben fast ein Jahr Zeit zum Eintritt nach den alten Statuten haben. 

2. Dr. Eduard Mysz in Hermannstadt wünscht einige Ver¬ 
änderungen des § 9 des Statutenentwurfes, a) Es sollen die 
Landwehrärzte den Givilärzten gleichgehalten werden. 

Da die Landwehr- und Honvedärzte, wie die bosnische Occu- 
pation zeigte, zur activen Dienstleistung berufen werden, so dürfte 
es kaum gerathen sein, den § 9 zu ändern, und auch den 
Ausdruck Berufs-Militärarzt beizubehalten. 

b) In § 9 a) den Seedienst näher zu präcisiren. 

Auch dies empfiehlt sich nicht, da wohlweislich der 
Entwurf nur vom Dienste zur See spricht. 

3. Dr. W. Th. Müller wünscht, durch niedrigere Einzah¬ 
lungen den Aerzten den Beitritt zu erleichtern. 

Doch die Einzahlungs-Tabellen beruhen auf wissenschaftliche», 
mathematischen Grundlagen; greift man diese an, so wankt die 
Solidität des Gebäudes. 


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Ferner wünscht er, dass eine Societäts-Witwe, welche 
einen zweiten Mann, der nicht Societätsmitglied ist, ehelicht, und 
zum zweitenmal Witwe wird, die Pension nicht wieder bekommt. 

Dies dürfte unseren Grundsätzen wenig entsprechen, und die 
zweite Pension eifert sogar zur zweiten Ehe an. 

4. Dr. S u m wünscht, dass ausdrücklich aufgenommen 
werde, dass alle Societisten, auch die nach dem Jahre 1874 
Aufgenommenen, nur einen Jahresbeitrag von 21 fl. bezahlen. 

Er scheint den § 4 des Entwurfes übersehen zu haben. 

5. Dr. Johann Toth wünscht eine Aenderung des § 15 5, 
dabin gehend, dass Witwen, wenn sie sich wieder verehelichen, 
auch noch die Hälfte, und wenn sie minorenne Kinder haben, 
Drei viertel der Pension fortbeziehen sollen. 

Dies würde aber alle Berechnungon und die Tabellen umstossen 
und nicht zulässig sein. 

6. Dr. Wolfsgruber wünscht, dass die General-Versamm¬ 
lungen in der „Wiener Zeitung“ und in den „Mittheilungen des 
medicinischen Doctoren-Collegiums“ kundgemacht werden. 

Dies geschieht ohnehin. 

7. Dr. Wolfen stein wünscht dasselbe wie Dr. Sum. 

8. Endlich wünscht Dr. W e 11 e n t h a 1 den §8 b dahin 
abzuändern, dass der Arzt, falls seine Gattin stirbt, durch eine 
Art Rückversicherung vor Geldverlust geschützt werde. 

Dies dürfte wohl für die Societät zu complicirt und durch 
eine Lebensversicherungs-Gesellschaft leichter zu realisiren sein. 

9. Ferner wünscht derselbe (vide § 12(eine Erhöhung der 
Pensionen auf 700 fl. 

Wenn schon die Einzahlungs-Tabelle auf eine Pension von 
600 fl. berechnet ist, so ist die Erhöhung dennoch laut § 30 möglich. 

10. Ferner wünscht er, dass eine Frau, welche zum 
zweitenmal Witwe wird nach einem Nichtsocietisten, nicht 
eine volle Pension, sondern nur eine Art Ergänzungsbezug 
bekomme. 

Dürfte sich auch, wie bei Dr. Müller nicht empfehlen. 

Vorschlag von Dr. Gruber und Juriö, Zusatz zum §. 30, 2. 

Der verbleibende TJeberschuss wird insolange als Ueber- 
schuss-Reserve behandelt und vorgetragen, als nicht constante 
Ueberschüsse die General-Versammlung bestimmen, dieselben 
ganz oder theilweise zur Erhöhung des Bezuges für Witwen 
und Waisen zu verwenden. Die General-Versammlung ist befugt, 
aus dieser Ueberschuss-Reserve den Witwen und Waisen der 
Societät über Antrag des Ausschusses zeitweilig Theuerungsbei- 
träge zu bewilligen. 

Zusatz zum §. 34: Mitglieder, welche bisher 42 fl. 
Jahresbeitrag zahlten, zahlen in Hinkunft nur 21 fl. 

Dr. Th. Juri4* 


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Aus dem UnterstUtzungsinstitute. 

In der Ausschusssitzung, welche am 24. Februar 1880, 
unter dem Yorsitze des Vice-Präsidenten Dr. Lederer in An¬ 
wesenheit des Secretärs und sämmtlicher Ausschussmitglieder 
statthatte, übergab der Vorsitzende die sehr gelungene Photo¬ 
graphie des im Beginne dieses Jahres verstorbenen Collegen 
Dr. Carl Eirschnek und beantragt die Absendung eines Dank¬ 
schreibens an Herrn J. B. Eirschnek für das in der letzten 
Sitzung erwähnte Legat seines Bruders im Betrage von 300 fl. 
— Secretär Dr. Hopfgartner berichtet, dass der im December 
1879 verstorbene Jubilar Dr. Sigmund Graniohstädten dem 
Unterstützungs-Institute eine Notenrente von 100 fl. vermacht 
habe und ihm (H.) die Obligation bereits übergeben worden 
sei. Er beantragt an die Hinterbliebenen ein Dankschreiben zu 
richten. Beide Anträge werden einhellig angenommen. Hierauf 
wurden die DDr. Edmund Wiesinger und Hugo Gnändinger 
nach Erfüllung aller statutenmässigen Bedingungen als Mitglieder 
in das Unterstützungsinstitut aufgenommen, und zwar Ersterer mit 
einer Altersnachzahlung für 1 Jahr mit 8 fl. und Letzterer für 
5 Jahre mit 40 fl. Ferner wurde einem älteren Mitgliede wegen 
ungenügendem Erwerbe eine Subvention von 100 fl. bewilligt. 

Der Herr Cassier legte sodann die Schlussrechnungen des 
Institutes für das abgelaufene Jahr vor, welche von den Rech- 
nungscensoren geprüft und richtig befunden wurden, worauf ihm 
über Antrag der Revisoren einstimmig vom Ausschüsse das 
Absolutorium ertheilt wurde. 

Dr. Hopfgartner erklärte, dass er wegen wiederholten 
schweren Schwindelanfällen seine Stelle als Secretär und Cassier 
des Doct.-Coll. niederlege und empfahl als seinen Nachfolger Dr. 
C. Reitter. Diese Entsagung wird von allen Anwesenden aufs 
tiefste bedauert, aber der Grund als so gewichtig erkannt, dass 
sie angenommen, Herrn Dr. Hopfgartner fiir seine dem Institute 
erspriesslich geleisteten langjährigen Dienste der Dank des 
Ausschusses unter Erheben von den Sitzen votirt und zugleich be¬ 
schlossen wird, bei der Generalversammlung einen Antrag auf die 
Ausstellung eines Dankschreibens an Dr. Hopfgartner einzubringen. 
Auch Herr Dr. B e h s e 1 legt seine Stelle als Rechnungs-Censor 
definitiv nieder und bedauert, eine eventuelle Wiederwahl nicht 
annehmen zu können. Es wird demselben ein Dankschreiben 
votirt. Vice-Präsident Dr. Preyss zeigt an, dass die General- 
Versammlung der Mitglieder des Unterstützungs-Institutes am 
28. Februar, um 7 Uhr Abends, im Sitzungssaale des Coli, statt¬ 
finden werde; ferner, dass die im Amte ältesten Ausschuss¬ 
mitglieder die DDr. Chrastina, Gerstel, Nüsse r und Sch eff, 
auszuscheiden haben, aber wiedergewählt werden können, dass 
als Ersatz für Dr. Eirschnek mit zweijähriger Functionsdauer 
eine Ergänzungswahl, und auch eine Neuwahl für die Rechnungs- 


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Gensoren die DDr. B eh sei, Fürth und Klein, deren Functions¬ 
dauer gleichfalls abgelaufen, vorzunehmen sei. OSR. Dr. Nuss er 
beantragt diesbezüglich, in den Einladungen zu dieser Ver¬ 
sammlung die Herren Collegen aufzufordern, sich um die 
vacanten Stellen zu bewerben, was einstimmig angenommen wurde. 


Die Generalversammlung dieses Institutes 

fand am 28. Februar 1880, um 7 Uhr Abends, im Sitzungssaale 
des Doct.-Coll. unter dem Vorsitze des Vicepräsidenten Dr. Preyss 
und in Anwesenheit von 30 Mitgliedern des Unterstützungs- 
Institutes statt. 

Nach Gonstatirung der Beschlussfähigkeit der Versamm¬ 
lung eröffnet der Vorsitzende die Sitzung und erstattet sodann 
den Bericht über die Thätigkeit des Institutes im Jahre 1879, 
welcher mit Beifall aufgenommen wurde und den wir, sobald 
es der Raum des Blattes erlaubt, vollinhaltlich mittheilen 
werden. Um das Andenken der verstorbenen Mitglieder, der 
Herren DDr. Well, Simon Fischer, Hesser, Mühlhauser, 
sowie des schon heuer mit Tod abgegangenen C. Kirschnek, zu 
ehren, erheben sich die Anwesenden von ihren Sitzen. Aus dem 
Rechnungsberichte des Jahres 1879, den Cassier Dr. Hopf- 
gartner vortrug, war ersichtlich, dass das Vermögen des Stamm¬ 
fonds am Schlüsse des Jahres 1879 78 fl. baar und fl. 59.877*83 
in Effecten, und das Vermögen des disponiblen Fonds 63 fl. 
77 kr. baar und 31.999 fl. 71 kr. in Effecten beträgt. Die 
Censoren haben die Rechnung geprüft und vollkommen richtig 
befunden, daher den Antrag auf Ertheilung des Absolutoriums 
gestellt, welches der Ausschuss in seiner Sitzung am 24. Februar 
auch ertheilt hat. 

Die Scontrirungs-Commission hat die Casse am 26. Februar 
1880 scontrirt und in vollständiger Ordnung gefunden. Die Ge¬ 
neral-Versammlung nimmt dies zur befriedigenden Kenntniss. 

Der Vorsitzende beantragt im Namen des Ausschusses, 
dem Herrn Secretär Dr. Hopfgartner, welcher seine Stelle als 
Secretär und Cassier aus Gesundheitsrücksichten niederlegen 
will, für seine mühevolle, pünktliche und erspriessliche Thätig¬ 
keit den Dank der Versammlung auszusprechen; wozu Dr. 
Ludwig Klein, als einer der Censoren, den Zusatzantrag stellt, 
dem Danke für Dr. Hopfgartner auch noch das Bedauern über 
seinen Rücktritt kundgeben zu wollen. Beide Anträge werden 
einstimmig angenommen. 

Bei den hierauf vorgenommenen Wahlen, an welchen sich 
27 Mitglieder durch Abgabe von Stimmzetteln betheiligten, er¬ 
scheinen die DDr. Chrastina, Gerstel und Scheff mit je 
27 Stimmen und OSR. Dr. Nuss er mit 24 Stimmen zu Aus¬ 
schussmitgliedern auf die Dauer von 3 Jahren wieder und Dr. 
Popper mit 20 Stimmen auf die Dauer von 2 Jahren neu gewählt. 


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Zu Rechnungsceneoren wurden gewählt die DDr. Klein 
Ludwig mit 27, Fürth mit 26 und B eh sei mit 17 Stimmen. 
An diese zunächst reiht sich Dr. Heinemann mit 10 Stimmen. 

Als Ausschussmitglieder erhielten nooh Dr. B. Kraus 7 und 
Dr. Blumenfeld 3 Stimmen. 


Notizen. 

Aufnahmen. Am 3. d. M. wurden die Herren DDr. Arnold Demi 
in Hietzing, Heinrich Eink in Anditsch bei Graz, Franz Schopf und Moses 
Sohnepp, die beiden Letzteren in Wien domioilirend, als ordentliche Mit¬ 
glieder in das Wr. med. Doct.-Coll. einstimmig aufgenommen. 

Sterbefall. Am 2. März wurde wieder ein an Jahren zu den Aeltesten 
zählender College durch den Tod aus unseren Reihen entrissen. Dr. Moriz 
Auspitz wurde im Jahre 1803 zu Nikolsburg geboren, hatte die Chirurgen- 
Sohule in Wien absolvirt, wurde Magister der Chirurgie, Geburts- und 
Augenarzt, und hat dann durch mehrere Jahre als Secundarwundarzt ge¬ 
dient. Im Jahre 1831 wurde er bei Einbruch der Cholera in der österreichi¬ 
schen Monarchie als einer der Ersten von der k. k. Regierung in der Provinz 
emittirt, machte die ganze Epidemie an verschiedenen schwerergriffenen Orten 
Mährens durch und schrieb auch eine Abhandlung über die Pathologie und 
Therapie der damals noch neuen Krankheit. Hierauf liess er sioh in seinem 
Geburtsorte als praktischer Arzt nieder, übersiedelte aber später nach Wien. 
Im Jahre 1848 erhielt er die Stelle eines Primarohirurgen am Israelitenspitale 
in der Rossau und fungirte als solcher viele Jahre bis zu seiner Pensionirung. 
Im vorgenannten Jahre übernahm er auoh während der Belagerung Wiens die 
Yerwundetenabtheüung des im Conviotgebäude der Universität errichteten 
Nothspitales, wo er sioh als muthiger Arzt auszeiohnete. Von der den Chirurgen 
zu Theil gewordenen Begünstigung, die ihnen zur Erlangung des Doctorata 
nooh fehlenden Studien und Examina naohzuholen, Gebrauch machend, unterzog 
er sich diesen mit Erfolg und wurde am 19. Mai 1854 an der Wiener Uni¬ 
versität zum Dootor der Medioin promovirt. Am 17. Februar 1857 hat ihn 
das Doot.-Coll. der med. Faoultät in die Zahl seiner Mitglieder aufgenommen. 
Er war ein beliebter praktischer Arzt und übte seine privatärztliohe Praxis 
unverdrossen bis in die letzten Wochen vor seinem Ende aus. Sein milder 
und edler Charakter siohern ihm ein herzliches Andenken. An seiner feier¬ 
lichen Beerdigung, welche zwei Tage nach seinem Tode stattfand, haben eine 
grosse Zahl Collegen, mehrere ärztliche Körperschaften, darunter das Doct.-Coll., 
durch den ersten Yicepräsidenten und den Seoretär vertreten, Freunde und 
Clienten, sowie die Yertreter der isralitischen Cultusgemeinde, theilgenommen. 

Einladung 

zu der am Montag den 15. März, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), 

L Sonnenfelsgasse 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen 'Versammlung'. 

Programm t 

1. Yorstellung von Kranken.*) 

2. Ueber Yerdauungs-Chemismus, Yortrag von Herrn Dr. August Meyer jun., 
erster Seoundararzt im Wiedener Krankenhause. 

Dr. Preyss, Yioe-Präsident. Dr. Hopfgartner, Seoretär. 

*) Die P. T. Herren Collegen werden ersucht, interessante Krankheitsfälle Torzustellen. 


Die nächste Hummer erscheint am 18. Harz. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doct -Coli. — Verantwortlicher Redacteur 
Dr. L Hopfgartner. — Gesellsohafts-Buohdruckeroi, Wien, III. Brdbergerstrasae 3. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 18. März 1880. Nr. 7 


mTTHElLUNGEN 

des 

Wiener fgmcjmi BitUmjillMjiii 

Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bogen and darüber t an 
20 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtmitglieder des Collegiums im In¬ 
lande 3 fl., nach dem Aaslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 36 kr. == 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Mau pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits Deuticke 
(vormals Karl Csermah), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zuschriften and Znseadnugea an die Bedaetion: Wien, Kanniei des Wiener ued. 
Doet.-Coll. and der Witwen- and Waisen-Societät, Rothenthormstrasse 23. 


Inhalt: Vortrag des Herrn Primararzt Dr. Englisch über fungöse Gelenksentzündung und 
ihre Beziehung zur Tuberculose der Anochen. (Schluss.) — Aus dem Geschäftsrathe. — 
Notizen. — Einladungen. 


Vortrag des Herrn Primararzt Dr. Englisch 

über fungöse Gelenksentzündung and ihre Beziehung znr Tuber- 
cnlose der Knoehen. 

Gehalten in der wissenschaftlichen Versammlung am 16. Februar 1880. 

(Schluss.) 

Was den Verlauf anlangt, so ist derselbe immer ein lang* 
sanier und insbesondere ist es das latente Stadium, welches oft 
lange Zeit dauert. Dabei zeigt sich manchmal, dass der erste 
Heerd ausheilen kann und später die tuberculose Affection 
an anderen Stellen zum Vorschein kommt. Mehrere Beispiele 
von Osteomyelitis tibiae machen dieses klar. In dem einen Falle 
war der bis in das Gelenk reichende Canal vollständig von 
Narbensubstanz, wie das vorgewiesene Präparat erwies, ausge¬ 
füllt, und erst in späterer Zeit trat am Oberarm, an den Fuss- 
wurzeln die ebenfalls vorgewiesene tuberculose Affection des 
anderen Fusses auf. Es kann daher, wenn selbst Heilung an der 
erst erkrankten Stelle erfolgt ist, doch schon die allgemeine 
Infection erfolgt sein, welche bei den oben angegebenen directen 
Ursachen zur neuerlichen Localisation führt. Aus demselben 
Grunde haben alte, verkalkte oder vernarbte Herde in den 
Lungen eine besondere Bedeutung. Wie rasch der Verlauf sein 
kann, konnte der Vortragende in einem Falle besonders deut¬ 
lich beobachten. Eine Frau mit erblicher Disposition erlitt 
Anfangs Jänner 1879 eine Quetschung des Fusses. Im Juli 
war die fungöse Entzündung aller Fusswurzelgelenke offenbar, 
und wurde im October durch die Amputation des Unterschen¬ 
kels durch die Untersuchung des abgesetzten Theiles bestätigt. 
Die Wunde heilte sehr langsam und im November entwickelte 
sich eine Spondylitis cervicalis mit Abscessbildung unter stetem 
Fieber und Kräfteschwund der Kranken und gleichzeitiger In- 


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fHtration in den Lungen, so dass ein baldiger lethaler Aus¬ 
gang zu erwarten. Wie der Process fortsebreiten kann, beweist 
eine beigegebene Krankengeschichte. Eine ausführliche Mit¬ 
theilung des weiteren Verlaufes erscheint bezüglich der allge* 
meinen Tuberculose überflüssig, da derselbe hinlänglich bekannt 
ist. Dr. E. betonte nur besonders die Abnahme des Harnes ohne 
dass es zur Albuminurie kommt und obwohl sich allgemeines 
Oedem einstellt. 

In Betreff der Behandlung erfordern znnächst alle Knochen¬ 
entzündungen unsere besondere Aufmerksamkeit, umsomehr 
wenn eine Disposition, d. h. tuberculose Anlage aus den früher 
angegebenen Gründen angenommen werden kann. Constante 
Kälte und die antidiskrasischen Mittel werden zu empfehlen 
sein. Ist der Herd entwickelt, so wurde von Kocher die Igni- 
punctur vorgeschlagen, um durch einen neugesetzten Entzün- 
dungsprocess den Herd zu zerstören und so eine allgemeine Infec- 
tion zu verhüten. Dieses Verfahren wird von Volk man n gelobt. 
Sicherer ist jedoch die vollständige Entfernung des Herdes 
durch die Nekrotomie, das Auslöffeln, oder durch Resection, 
beziehungsweise die Amputation. Gelingt es frühzeitig, den 
Herd zu diagnosticiren, was unter Umständen oft grosse 
Schwierigkeiten haben wird, z. B. am Gelenkende, wenn es 
bereits zur fungösen Wucherung im Gelenke gekommen ist, ohne 
dass der Kranke, wie es meist der Fall ist, genauere Angaben 
machen kann, so wird möglicher Weise eine allgemeine Tuberculose 
hintangehalten werden können, aber nicht immer, wie es der 
mitgetheilte Fall beweist. Versuche, welche der Vortragende 
mit Jodkali angestellt, haben sich in frischen Fällen vorteilhaft 
erwiesen, weniger in chronischen, doch ist das Material noch 
nicht hinreichend, um ein bestimmtes Urtheil zu fällen. 

Hnojsky Franz, 25 Jahre, Schneider, am 5. November 1879 
aufgenommen, gibt an, vor 10 Jahren an seinem linken Schienbeine 
krank gewesen zu sein, worauf einzelne Knochenstücke ausgestossen 
wurden. Im vorigen Jahre brach die Narbe am Schienbeine wieder 
auf und heilte nur langsam. In der letzten Zeit war die Knie¬ 
kehlengegend sowohl bei Druck als auch bei Bewegungen schmerz¬ 
haft, mit grosser Hinfälligkeit. Bei der Aufnahme fand sich das 
ganze Schienbein bedeutend verdickt, an der Vorderfläche mit glän¬ 
zenden Narben bedeckt, die Kniekehle von infiltrirtem Zellgewebe 
erfüllt, die Haut gespannt, der Umfang des Gelenkes um 2 Cm. 
vermehrt, die Bewegungen im Kniegelenke massig beschränkt, die 
Untersuchung der übrigen Organe ergab nichts Abnormes. 

Unter Anwendung der Kälte nahm die Geschwulst in der 
Kniekehle und die Schmerzhaftigkeit bei Druck ab, die Bewegungen 
waren leichter, so dass der Kranke schon nach sechs Tagen, trotzdem 
dass die Infiltration noch nicht vollständig geschwunden war, die 
Entlassung verlangte. 


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Hromiceck Johann, 34 Jahre, am 29. Jänner 1879 aufge¬ 
nommen, überstand vor fünf Jahren die Cholera, in den späteren 
Jahren litt er öfter an Rheumatismus. Seit 14 Tagen klagte der 
Kranke über heftige Schmerzen in der Nähe des rechten äusseren 
Knöchels gegen die Fusssohle zu. Bei der Aufnahme fand (sich die 
Gegend des Fersenhöckers stark angeschwellt. Die erste Schwellung 
war unterhalb des äusseren Knöchels entstanden und hatte sich all- 
mälig gegen die Achillessehne hin ausgebreitet, mit Schmerzen bei öl 
Gehen oder Stehen. Die Geschwulst umfasst jetzt den ganzen äussereh 
und hinteren Umfang des Sprunggelenkes und den hinteren Theil 
der Fusssohle. Die Haut ist nicht verändert, die Gegend fühlt äich 
teigig-weich an, und erscheint der Fersenhöcker stark verdickt. 
Schmerz ist nur beim Gehen und Stehen vorhanden, nicht aber bei 
Druck. Fieber war nie vorhanden und auch jetzt nicht. Nach An¬ 
wendung der Kälte schwand die Geschwulst und die Schmerzen 
theilweise und der Kranke verlangte, weil er sich wieder für 
arbeitsfähig hielt, die Entlassung am 7. Februar 1879. 

Rummel Anna, 68 Jahre, Bedienerin, am 9. Mai 1878 auf 
Saal 8 aufgenommen, gibt an, weder Kinder- noch andere Krank¬ 
heiten überstanden zu haben. Seit zwei Monaten empfand sie 
spannende Schmerzen im rechten Sprunggelenke, es bildete sich eine 
Geschwulst an der hintern Seite mit Röthung der Haut und Schmerz¬ 
haftigkeit bei Bewegungen des Sprunggelenkes. Bei der Aufnahme 
ergab sich ausser einer Conjunctivitis catarrhalis nichts Abnormes 
am Stamme. Brust- und Bauchorgane normal, das rechte Sprungge¬ 
lenk geschwellt, abducirt, die Haut geröthet, an der äusseren Seite 
etwas über dem äusseren Knöchel eine fluctuirende Geschwulst. Der 
Knochen wenig verdickt. Nach Eröffnung des Abscesses gelangt 
man von Hinten in das Sprunggelenk. Nach Abnahme der Schwellung 
trat die Verdickung der Fusswurzelknochen deutlicher hervor, und 
es wurde, da die Absonderung trotz Lister’schei Behandlung reichlich 
war, am 8. Juni die Amputation in der Mitte des Unterschenkels 
vorgenommen. Die Untersuchung des Stumpfes ergab Ostitis der 
Fusswurzelknochen mit fungöser Wucherung in den Gelenken Die 
Affection des Sprunggelenkes war geringer als die der anderen Gelenke. 
Die Kranke begann am zweiten Tage nach der Operation zu fiebern, 
am vierten Tage entwickelte sich Schwellung am Stumpfe und es 
kam trotz Lister’scher Behandlung zu Periphlebitis femoralis mit 
Absterben des Hautlappens, und die Kranke ging marastisch zu Grunde. 
Bei der Obduction fand sich neben Marasmus Verjauchung der Wunde, 
jauchige Phlebitis im Bereiche der Vena femoralis dextra, Lungen¬ 
ödem, alte umschriebene Tuberculose der Lungenspitzen. 

Cho Johann, 16 Jahre, Buchbinder, am 6. April 1875 aufge¬ 
nommen, war angeblich bis 1873 gesund. In diesem Jahre bemerkte 
er ohne bekannte Veranlassung eine Verdickung der rechten grossen 
Zehe, an welcher sich darauf wiederholt Geschwüre entwickelten, 
die einen dünnen Eiter absonderten und nach einiger Zeit verheilten, 


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um «pater wieder aufzubrechen. Schmerzen waren in der Zehe nur 
beim Gebrauche des Fusses vorhanden. Die Untersuchung bei der 
Aufnahme ergab mehrere solcher Geschwüre, mit leicht blutenden 
und schlaffen Granulationen, durch welche man mit der Sonde auf 
rauhen Knochen stiess. Amputation des Mittelfassknochens der grossen 
Zehe über dem Köpfchen, nachdem sich die Enucleatio digiti wegen 
fangöser Ostitis des Köpfchens des Mittelfassknochens als ungenügend 
erwiesen, nach Bildung eines vorderen und hinteren Lappens. Die 
Heilung erfolgte nicht, sondern es breitete sich unter gleichzeitiger 
Bildung eines Abscesses in der Gegend des inneren Knöchels eine 
teigige Geschwulst über den ganzen Best des Mittelfassknochens aus 
und bildeten sich daselbst mehrere kleinere Abscesse, durch welche 
man auf rauhen Knochen stiess. Ebenso erfolgte keine Heilung an 
dem Einschnitte in der Gegend des Knöchels. Im weiteren Verlaufe 
Schwellung des ganzen Fusses, des Sprunggelenkes mit nachträglicher 
Absoessbildung, welche Einschnitte nöthig machten, und alle Gelenke 
des Fusses und das Sprunggelenk erkrankt ergaben; da eine aus¬ 
giebige Auslösung des Sprunggelenkes mit Entfernung der nekrotischen 
Epiphyse nicht zum Ziele geführt hatte, so wurde am 17. Deceirber 1875 
die Absetzung des Unterschenkels über dem Knöcheln vorgcnommen. 
Es trat bedeutende Schwellung des Lappens und später Gangrän an der 
Wunde ein, welche das Glüheisen nöthig machte, nach dessen An¬ 
wendung die Wunde zu heilen schien. Patient, der sich bis jetzt 
ziemlich gut befunden hatte, und bei dem die Untersuchung bei der 
Aufnahme in den Lungen nichts Abnormes nachgewiesen hatte, klagte 
Anfangs Jänner 1876 ohne Veranlassung über Schmerzen bei den Be¬ 
wegungen des Kopfes, obwol objectiv nichts nachzuweisen war. Trotz der 
Anwendung der oberflächlichen Aetzung mit dem Glüheisen nahmen 
die Schmerzen im Nacken immer mehr zu und es stellten sich Ende 
Jänner bereits Schlingbeschwerden ein, welche durch einen Retro- 
pharingealabscess bedingt waren, bei Caries der Halswirbelsäule. Zugleich 
gesellten sich auch Athembeschwerden hinzu. Schon etwas früher, 
als die Entzündung die Halswirbelsäule ergriffen hatte, war Schwellung 
des rechten Fusses aufgetreten, welche sich als Entzündung der Knochen 
immer mehr ausbreitete. Bei des Vortragenden Uebernahme der Ab¬ 
theilung war die Amputationswunde noch nicht geheilt, die Gegend des 
Nackens von einer nicht fluctuirenden, sehr schmerzhaften Geschwulst 
eingenommen, welche an den oberen Halswirbeln am deutlichsten 
war. Die Bewegungen des Kopfes waren leichter und nahmen die 
Schlingbeschwerden nach Eröffnung des Retropharingealabscesses auch 
etwas ab. Um die Wirbelsäule zu fixiren und dem Kranken einige 
Beweglichkeit zu geben, wurde ein klappenformiger Gypsverband am 
Halse angelegt. In dem MonateApril stellte sich Husten ein und es 
konnte deutlich eine Infiltration in den Lungen nachgewiesen werden. 
Unter steter Zunahme der Schwäche erfolgte der Tod am 29. Juli 1876. 

Section: Caries vertebrarum coli, mit fast vollständiger Zerstörung 
des Processus odontoideus, Tuberculosis pulmonum, Peritonei, Caries 
pedis dext. tuberculosa. 


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Aus dem Geschäftsraum. 

In der unter dem Vorsitze des Präsidenten Dr. v. Schmer¬ 
ling am 28. J&nner d. J. abgehaltenen Sitzung, in der beide 
Vicepräsidenten, der Secretär und 22 Mitglieder des Geschäfts- 
rathes anwesend waren, wurden zunächst die Herren DDr. Hugo 
Gnändinger, Arthur Pinsker und August Scheffer als 
ordentliche Mitglieder in der Doct.-Coll. aufgenommen. 

Dann beantragt Vicepräsident Dr. Lederer, die auf der 
Tagesordnung befindliche, das Verhältniss der Aerzte zu den 
Versicherungsgesellschaften betreffende Eingabe des ärztlichen 
Vereines der südlichen Bezirke dem Comit6 für Standesinteressen 
zuzuweisen, damit die Petition in Angelegenheit der Aerztekammern 
sogleich in Angriff genommen werden könne. Dr. J. Scholz 
spricht den Wunsch aus, dass diese Eingabe heute mindestens 
Torgelesen werde, dem auch willfahrt und hierauf Dr. Lederer’s 
Antrag angenommen wurde. 

Der Herr Secretär theilt mit: a) das Directionsmitglied 
des Carolinen - Kinderspitals Herr Dr. Lama sch habe den 
Ternavorschlag für die Besetzung der Stelle eines Primar-Chi- 
rurgen eingesendet, in welchem er im Einvernehmen mit dem 
dirigirenden Primarius Dr. v. Hüttenbrenner zunächst Dr. 
Gersuny, als Zweiten Dr. Nicoladoni und als Dritten Dr. 
Linsmaier vorgeschlagen habe. Nachdem dieser Vorschlag 
noch von Dr. Preyss unterstützt und begründet war, wurde über 
Vorschlag der DDr. Heim und Much Herr Dr. Gers uni 
mit 14 Stimmen zum Chirurg. Primararzt gewählt. 6) Die hochl. 
n.-ö. Statthalterei zeigt an, dass nach dem Ableben Sr. Excel- 
lenz Freiherrn von Lasser - Zollheim das Verleihungsrecht des 
Gorisehek'schen Stipendiums auf Grund stiftsbrieflicher 
Bestimmungen an den jeweiligen Präsidenten des Doct.-Coll. 
übergehe, c) Dass das Stiftungs - Capital der Mo sin g’schen 
Stipendienstiftung im Gesammtbetrage von 10.900 fl. in 
vinculirten Staatspapieren dem Doct.-Coll. übergeben wurde. 
d) die von der L ei tner’schen Stiftung herstammenden Obliga¬ 
tionen müssen vor Genehmigung des Stiftbriefes vinculirt werden, 
diese Mittheilungen ( b — d) werden zur Kenntniss genommen. 

OSR. Dr. Schneller legt nach einigen einleitenden 
Bemerkungen die vom Comite zur Förderung der Standesinter¬ 
essen berathene Petition an den hohen Reichsrath und die hohe 
Regierung in Angelegenheit der Errichtung von Aerztekammern 
vor, und M. R. Dr. Preyss theilt als Referent die Gesichts¬ 
punkte mit, unter welchen diese Petition verfasst wurde, die er 
verliest und die überdies in Bürstenabzügen an die Mitglieder 
des Geschäftsrathes vertheilt wurde. — Die Petition spricht sich 
im Allgemeinen gegen die Errichtung von Aerztekammern aus*). 
Dr. Lederer, der hierauf das Wort erhielt, spricht entschieden 

♦) Siehe „Mittheilungen“ 1880, Nr. 3, S. 29. 


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74 


gegen die Petition des Aerztevereins-Verbandes, welche Aerzte* 
kammern anstrebt, und bezeichnet es als einen Act der Noth- 
wehr, wenn das Collegium in der vorgelegten von ihm bean¬ 
tragten Petition seine Anschauungen darlegt, und Dr. Much 
beantragt die en bloc-Annahme der eben verlesenen Petition. 
Dr. Scholz erklärt sich mit dem Referate im Grossen und 
Ganzen einverstanden, findet jedoch die Ausdrücke scharf, welche 
gegen den Nutzen und die Zweckmässigkeit der Aerztekammern 
im Allgemeinen gebraucht werden; er macht ferner auf die Vor¬ 
theile aufmerksam, welche das Coli, durch die eventuelle Aus¬ 
stattung mit den Rechten einer Aerztekammer, sowie durch 
Verdoppelung seiner Mitgliederzahl auch in peouniärer Hinsicht 
erzielen würde und schliesst sich dem Anträge des Dr. Much 
an, jedoch solle von dem Referenten eine Schlussredaction der 
Petition im bezeichneten Sinne vorgenommen werden. Dr. 
Löffler besteht darauf, dass die Petition sich entschieden gegen 
Errichtung von Aerztekammern aussprechen solle und stimmt 
für die en bloc-Annahme derselben. Ueber Antrag Dr. Much 
wird Schluss.der Debatte angenommen und sprechen nun noch die 
DDr. Klein, v. Pernhoffer, Hopfgar tner und Lederer. 
Dr. Klein ist als Mitglied des Geschäftsraths des Doctoren-Colle- 
giums ebenfalls gegen Errichtung von Aerztekammern, hält jedoch 
dafür, in der Petition auch auf die ausser Wien wohnenden 
Aerzte Rücksicht nehmen und die hinsichtlich der geringeren 
Bildung der Chirurgen gewählten Ausdrücke durch den Refe¬ 
renten mildern zu sollen. Die DDr. v. Pernhoffer und Hopf¬ 
gar tner schliessen sich den Anträgen betreffs der Milderung 
einiger scharfer Ausdrücke an und stimmen im Uebrigen für die 
en bloc-Annahme. Letzterer beantragt überdies, da die baldige 
Ueberreichung der Petition geboten erscheine: Es möge sofort 
über das Principielle derselben und die Formulirung der Schluss¬ 
stelle und dann darüber abgestimmt werden, ob eine Milderung 
gewisser Schärfen durch den Referenten oder ein eigenes Re- 
dactions-Comite vorzunehmen sei. 

Nachdem nun noch Dr. Lederer gegen Dr. Scholz pole- 
misirt und Referent Dr. Preyss für die in der Petition hin¬ 
sichtlich der Chirurgen und deren numerisches VerhäUniss zu 
dem der Doctoren enthaltenen Sätze gesprochen und sich ein¬ 
verstanden erklärte, eiuige Schärfen zu mildern, falls es die Ver¬ 
sammlung wünscht, wird über den Antrag Dr. Mu c h’s auf en bloc- 
Annahme der Petition abgestimmt und diese einstimmig an¬ 
genommen. 

In der am 4. März unter dem Vorsitze des Vicepräsidenten 
l)r. Preyss abgehaltenen Sitzung, in welcher nebst dem zweiten 
Vicepräsidenten Dr. Lederer und Secretär Dr. Hopfgartner 
15 Mitglieder des Geschäftsrathes anwesend waren, wurden nach 
Verlesung und Verificirung der letzten drei Protokolle — vom 
8. November, 17. December und 28. Jänner — die Herren 


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DDr Arnold Demi, Heinrich Kink, Franz Schopf und Moses 
Schn epp einstimmig als Mitglieder in dasDoct.-Coll. aufgenommen. 

Hierauf machte der Herr Secretär folgende Mittheilungen: 
ä) Die Direction der niederösterreichischen Laudes-Gebär- und 
Findelanstalt übersandte die Jahresausweise über die Verwendung 
der Interessen des Unterstützungsfonds für Findlinge einerseits 
und des Reconvalescentenfonds für besonders arme und ver¬ 
lassene Wöchnerinnen andererseits; b) die Witwen- und Waisen- 
societät des Doct.-Coll. übergab drei Exemplare des neuen 
Statutenentwurfes zur Bekanntgabe an jene Mitglieder des Coli., 
die der Witwensocietät bisher noch nicht beigetreten sind; c) das 
Prager med. Doctoren-Collegium übersandte 20 Mitgüeder-Ver- 
zeichnisse für das Jahr 1880, eine Artigkeit, die von unserem 
Coli, in gleicher Weise erwidert wurde; d) das k. k. Ministerium 
des Aeussern übersandte, wie alljährlich, den vom Regimentsarzt 
und Director des k. k, österreichisch-ungarischen Nationalspitals 
in Constantinopel verfassten Bericht über die Ergebnisse dieses 
Spitals im Jahre 1879 zur geeignet scheinenden Verfügung. — 
Nach diesen Mittheilungen legte Dr. Hopfgartner als Cassier 
das Präliminare der Einnahmen und Ausgaben für das Jahr 1880 
vor, nach welchen den zu hoffenden Einnahmen im Betrage von 
4848 fl. — kr. eine gleiche Summe für die nothwendigen Aus- 
lagen gegenübersteht, und sind die diesbezüglichen Posten folgende: 

A. Einnahmen. 

Interessen für 15800 fl. Notenrente fl. 663' — 
Jahresbeiträge von 677 Mitgliedern „ 3385 # — 

Aufnahmstaxen von mindestens 10 
neu aufzunehmenden Mitgliedern ... „ 300'— fl. 4348*— 

B . Ausgaben. 

Wohnungsmiethe.. fl. 474*— 

Regiekosten (Remunerationen für 
die Beamten und Entlohnung des Dieners 

inbegriffen). „ 2010'— 

Herausgabe der Mittheilungen . . „ 1500*— 

Pensions-Institut. „ 64*— 

Für Instandhaltung der Bibliothek „ 300*— „ 4348’— 

Dieses Präliminare ^urde genehmigt und beschlossen, die 
den Einnahmen zu Grunde gelegte Post „Jahresbeitrag“ in der 
Höhe von 5 fl. in der Generalversammlung auch für das 
Jahr 1881 zu beantragen. 

Zum Schlüsse referirte noch OSR. Dr. Schneller als 
Superintendent des Juschitz’schen Stipendiums über das Gesuch 
des Drd. Anton Forajewicz um Verlängerung des Genusses dieses 
Stipendiums während der Zeit der rigorosen Prüfungen und 
beantragt, Petenten noch ein weiteres Jahr in dem Genussse zu 
belassen, womit die Versammlung einverstanden war. 


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76 


Notizen. 

Die Berufung des pens. Hofraths Dr. Roll, als ausserordentlicher Fach- 
referenfc Dir Veterinärangelegenheiten im Sanitäts-Departement des Ministerium 
des Innern, wurde von Sr. Majestät dem Kaiser genehmigt. 

Zu den Aerztekammern. Der ärztliohe Yerein der westlichen Bezirke 
Wiens hat, dem Beispiele des Doot.-Coll. und des ärztl. Vereins im IIL Bez. 
folgend, gleichfalls eine Petition gegen die Errichtung von Aerztekammern 
dem hohen Abgeordnetenhause unterbreitet, welche durch den Reiohsraths- 
Abgeordneten Dr. Waibel überreioht wurde. 

Armenärztliches. In der Gemeinde Hernals wirdeine zweite Armen- 
arztensstelle oreirt und für diese Stelle demnächst der Gonours ausgeschrieben 
werden. 


Zur Erinnerung. 

Wie bereits in Nr. 5 dieser Mitteilungen angekündigt wurde, findet die 

HI. ordentliche General-Versammlung 

des Pensions-Institutes des Wr. med. Doct.-Coll. 
am Samstag, den 20. März 1880, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale des Wr. 
med. Doot-Coll., I., Rothenthurmstrasse 23, statt und werden alle Mitglieder 
dieses Institutes dazu freundlichst eingeladen. 


Einladung. 

zu der am 

Montag den 22. März 1880, Abends ‘| 2 7 Uhr 

im Sitzungs-Saale des akademischen Senates (vorm. Consistorial- 
Saal), I, Sonnenfelsgasse 23, stattfindenden 

Ordentlichen General - Versammlung 

des 

Wr. med. Doet.-Coll. 

Programm: 

1. Wahl: a) des Präsidenten und zweier Yioe-Präsidenten auf ein Jahr, 

b) von acht Mitgliedern des Gesohäfts-RatheB auf die Dauer von 
drei Jahren. 

c) von acht Mitgliedern des wissenschaftlichen Ausschusses, gleich¬ 
falls auf die Dauer yon drei Jahren, 

d) eines Secretärs und dessen Stellvertreters auf 3 Jahre. 

e) eines Gassiers und dessen Stellvertreters auf 3 Jahre. 

2. Lesung des Protokolles der letzten ordentlichen General-Versammlung am 
31. März 1879. 

3. Bericht des Präsidenten über die Thätigkeit des Wr. med. Doot.-Goll. im 
Jahre 1879. 

4. Bericht des Cassiers über die Vermögens-Gebarung im Jahre 1879 und 

5. Beschlussfassung über den Antrag der Reobnungs-Gensoren auf Ertheilung 
des Absolutoriums. 

6. Genehmigung des Voranschlages für das laufende Jahr und Festsetzung 
des Jahresbeitrages für das Jahr 1881. 

Der Senatssaal wird bereits um 6 Uhr Nachmittags zum Behufe von 
Wahlbespreohungen geöffnet sein. 

Pr. Preyss, Vice-Präsident. _ Dr. Hopfgartner, Se cretär. 

IMe nächste Nummer erscheint am 1. April. 

Herausgeber und Verleger: Wiener mediein. Doet «Ooll. — Verantwortlicher Redaoteur 
Dr. I. Hopfgartner. ~ Oeoellsahafts-ßnohdrnckerei, Wien, TTF. Rrdbergemraase 3 


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VI. «d. Ausgegeben am 1. April 1880. 


Nr. 8 


/ MITTEILUNGEN 

des , 

ffienflr jnMlcinlscjHjn Dacloran-Gollftifflims. 

firsoheint jeden «weiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bogen and darüber, an 
SO Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtxnitglieder des Collegiums im In¬ 
lande 8 fl., nach dem Aaslande 6 Birk. — Einzelne Nummern 36 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplitx de Deuticke 
.* (vormals Karl Csermak), Wien, L, Schottengasse 6. 
Inschriften und Znsendnngen an die Red&etioi: Wien, Knnilei des Wiener ned. 
Doet-Cell. and der Witwen- and Wnisen-Societät, Rothenthnrvstrasse 23. 


Inhalt: Wissenschaftliche Versammlung am 1. M&rz. (Schluss.) — Wissenschaftliche Ver¬ 
sammlung am 16. M&rz. — Aus dem Geschäftsrathe. — Referat über das Verhältnis der 
Privatärzte zu den Versioherungs-Gesellschaften — Die Generalversammlung des Wiener 
medicini8chen Doctoren-Collegiums. — Notizen. — Einladungen. 


Wissenschaftliche Versammlung am I. März. 

4(Sohlh8s.) 

Prof. Billroth spricht „über die Exstirpation des 
Uterus“ und erklärt, wegen der Kürze der zur Verfügung 
stellenden Zeit sich nur auf die Hervorhebung der wichtigsten 
Punkte beschränken zn müssen. 

Trotz der zahlreichen Publicationen über diesen Gegenstand 
gebifaeh es bisher an einer Zusammenstellung aller diesfälligen 
Operationen, aus welcher man einen berechtigten Schluss ziehen 
könnte; die nachfolgenden Auseinandersetzungen sollen nur die 
persönliche Stellung des Vortragenden zudem erwähnten Gegen¬ 
stände kennzeichnen. 

Billroth will nur von der sogenannten supravaginalen Ampu¬ 
tation des Uterus mittelst der Laparo-Hysterotomie und von der 
Exstirpation von Uterusfibromen vom Bauche her sprechen. 
Er sagt: Bis vor etlichen Jahren wurde den Uterus fibromen keine 
wesentliche Bedeutung zugeschrieben; sie galten als Erkran¬ 
kungen vorzugsweise des reiferen Alters, welche wenig Be-' 
schwerden, höchstens leicht stillbare Blutungen verursachen, 
nich unter Umständen (als fibröse Polypen) leicht auslösen lassen, 
dnd häufig verkalken. Die Ovarialtumoren hielt man damals 
soch für grosse Raritäten. — Diese Anschauung habe ich in 
nen letzten Jahren aufgeben müssen. Ich habe früher die Gefahr 
der Blutungen und des langen Bestehens der Tumoren, welche 
häufig Ascites mit sich bringen, unterschätzt, und mich später 
auch überzeugt, dass diese Tumoren auch bei jugendlichen In¬ 
dividuen Vorkommen, und zu einer ganz colossalen Grösse heran¬ 
wachsen können. Es war mir früher auch nicht bekannt, dass 
es verhältnissmässig kleine Tumoren des Uterus giebt, welche 


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wegen des continuirlichen Druckes und der continuirlichen 
Schmerzen, die sie verursachen, den Besitzerinnen so lästig 
werden, dass sie eine Indication für die Exstirpation bilden. — 
Der in früherer Zeit gemachte Einwand, dass man durch Extir- 
pation des Uterus die Patientin „entweihe“, ist durch die Er¬ 
wägung hinfällig geworden, dass es ohnehin für eine mit einem 
grossen Uterusfibrome behaftete Person ein Unglück ist, wenn 
sie concipirt. Endlich hat uns die neuere Zeit eine Reihe von 
diagnostischen Hilfsmitteln an die Hand gegeben und uns ge¬ 
lehrt, dass es bei einem etwaigen diagnostischen Irrthume, der 
erst im Beginne der Operation erkannt wird, nicht von allzu¬ 
grosser Bedeutung ist, wenn man von den Vollendung der Ope¬ 
ration absteht, und die Bauchwunde wieder schliesst, einen 
Vorgang, den Spencer Wells, der bisher schon über 1000 
Ovariotomien ausführte, eingebürgert hat. Diese Umstände und 
Erwägungen haben mich wie viele Andere in den letzten Jahren 
veranlasst, die Exstirpation des Uterus in geeigneten Fällen 
auszuführen. Insbesondere bin ich hierzu ermuthigt worden 
durch die Arbeit von Pöan und Urdy, welche 1873 erschienen 
ist. Im Jahre 1866 habe ich in Zürich die erste diesfällige 
Operation gesehen, und im November 1874 selbst ausgeführt; 
seither habe ich im Ganzen 25 Fälle operirt. 

Was zunächst die Differentialdiagnose zwischen 
Uterus- und Ovarialtumoren anbelangt, so giebt es für 
dieselbe mehrere Anhaltspunkte. Zunächst spricht eine starke 
und allseitige durch die Digitaluntersuchung zu eruirende Mit¬ 
bewegung der portio vaginalis bei passiven, durch einen 
Assistenten ausgeführten Bewegungen des Tumors für einen 
Uterustumor, allein es gibt Fälle, bei denen man sich hiedurch 
täuschen kann, denn es gibt sowohl Ovarial- als Uterustumoren, 
die überhaupt gar nicht beweglich sind; ferner gibt es Ova¬ 
rialtumoren, die sehr fest und innig mit dem Uterus verbunden 
sind, und endlich gibt es gestielte Uterusfibrome, bei welchen 
nur eine geringe Mitbewegung der portio vaginalis vorhanden 
zu sein braucht. — Auch die Consistenz des Tumors gibt 
keinen sicheren Anhaltspunkt, denn viele Tumoren, die, als Prä¬ 
parate betrachtet, für sehr harte Gebilde imponiren, sind wäh¬ 
rend des Lebens von Serum so stark durchtränkt, dass sie für 
die Palpation eine scheinbar deutliche Fluctuation Vortäuschen, 
dass beim Einstich sogar colossale Quantitäten von Flüssigkeit aus- 
fliessen, so dass man in der Erwartung einer Cyste noch mehr 
bestärkt wird, bei der Operation aber trotzdem einem Tumor 
begegnet. Auf der anderen Seite gibt es wieder Ovarialtumoren 
von sehr bedeutender Resistenz, das sind nämlich solche, die 
aus einer Menge von kleineren, mit fibrösen Wandungen ver¬ 
sehenen, aber mit gallertartigem Inhalte erfüllten Cysten beste¬ 
hen; die Kapseln können so stark gespannt sein, dass das 
Conglomerat der Cysten eine feste Consistenz erhält. 


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Einen weiteren Anhaltspunkt gibt für viele Fälle die 
Yerlängerung der Uterushöhle. In zweifelhaften Fällen 
sollte man die Sondirung des Uterus nicht unterlassen. Die 
Fibrome, welche der inneren Uteruswandung nahe liegen, pfle¬ 
gen diese Wandung auszudehnen und colossal zu verlängern; 
eine solche Yerlängerung kommt aber bei Ovarialtumoren nicht 
vor; indess muss man bei solchen Untersuchungen bedenken, 
dass die Uterussonde auch hoch hinaufgeschoben werden 
kann, ohne dass die Uteruswand verlängert wäre; diess ist der 
Fall, wenn der ganze Uterus hoch hinaufgezogen ist. Eine wirk¬ 
liche Yerlängerung spricht aber mit grosser Wahrscheinlichkeit 
für ein Uterus fibrom. 

Das Symptom der Blutungen ist für die Differential¬ 
diagnose gleichfalls nicht verlässlich. Bei Ovarialtumoren kom¬ 
men Blutungen nicht so oft vor wie bei Uterusfibromen, aber 
andererseits kommen noch häufiger sehr grosse Uterusmyome 
ohne jede Blutung vor. — Die Blutungen hängen wesentlich 
davon ab, dass in der den Tumor überziehenden Schleimhaut 
eine venöse Hyperämie besteht; alle Fibrome aber, die tief in 
der Substanz des Uterus liegen, oder nur unter einem serösen 
Ueberzuge, verursachen in der Regel gar keine Blutungen. — 
Die Menses können ganz regelmässig sein. 

Was nun das Alter der Patientin betrifft, so hat man 
bis vor wenigen Jahren geglaubt, dass Uterusfibrome nur zwi¬ 
schen dem 30. und 40. Lebensjahre Vorkommen. Es ist wohl 
richtig, dass die meisten Fälle gerade in diesem Lebensalter 
zur Behandlung kommen, aber die Entstehung der Tumoren 
fällt weitaus in eine frühere Zeitperiode. — Yon den 25 Fällen, 
in welchen ich die Laparo-Hysterotomie angeführt habe, waren 
2 im 17. und 18. Lebensjahre, das heisst, zu dieser Zeit hatten 
die Patientinnen das erste Symptom ihier Krankheit, eine 
Yergrösserung des Bauches, bemerkt; es kann aber wohl sein, 
dass die Krankheit schon recht lange bestanden haben mag, 
ehe sie überhaupt bemerkt wurde. Aus dem dritten Decennium 
habe ich 4 Fälle verzeichnet, und zwar aus dem 23., 24., 25. 
und 26. Lebensjahre. Die grösste Anzahl fallt in das vierte 
Decennium, nämlich 12 Fälle, und zwar 2 aus dem 31. Le¬ 
bensjahre, je 3 aus dem 33. und 36., dann je einer aus dem 

37., 38. und 40. Lebensjahre. — Aus dem fünften Decennium 
habe ich 5 Fälle verzeichnet, und zwar je einen aus dem 41., 

41., 44., 45. und 47. Lebensjahre. — Die Anschwellung des Leibes 
wurde von den Weibern meistens im vierten Decennium beobachtet; 
ich glaube aber, nicht zu irren, wenn ich die grösste Häufigkeit 
der Entstehung der Tumoren zwischen dem 2. und 3. Decennium 
annehmen. — Allerdings verfüge ich nicht über grosse Zahlen 
für eine Statistik, aber diese Dinge sind so typisch, dass sie 
sich selbst in kleinen Zahlen aussprechen. Eine Statistik von 
25 bis 40 Fällen sagt genau dasselbe, wie. eine solche von 


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200; die Zahlen werden wohl vergrössert, die Verhältnisse aber 
bleiben dieselben. 

Einen weiteren Anhaltspunkt gibt die verschiedene Be¬ 
schaffenheit der in einer Ovarialcyste enthaltenen von jener 
Flüssigkeit, welche sich in mit Myofibromen combinirten Cysten 
vorfindet; die leztere verhält sich wie das gewöhnliche Blut¬ 
albumin, sie coagulirt an der freien Luft, während die Flüssig¬ 
keiten der Ovarialcysten diese Eigenschaft des spontanen Coa- 
gulirens in der Begel nicht besitzen, und ihr Eiweis sich bei 
der chemischen Untersuchung als sogenanntes Par - Albumin 
herausstellt. — Gerade jene Fälle, wo sich Cysten in den Myo¬ 
fibromen finden, sind von eigentlichen Ovarialtumoren am schwer¬ 
sten zu unterscheiden. 

Als letztes diagnostisches Hilfsmittel ist die Incision an- 
zusehen, nach welcher man, dem Yorgange Spencer Wells gemäss, 
sich zur Operation entschlossen, oder beim Vorfinden ungünsti¬ 
ger Verhältnisse von derselben abstehen kann. Ich habe mich, 
schweren Herzens zu dieser Maxime entschlossen. Wenn man 
aber mehrere Fälle erlebt, wo * man nach l 1 /* bis 2 ständigem 
Operiren noch froh ist, die Patientin lebend ins Bett zu bringen, 
so entschliesst man sich endlich doch zu jenem Principe, wel¬ 
chem ich denn auch schon in vier Fällen gefolgt bin; darunter 
waren drei Fälle von Carcinomen des Ovariums, wo auch schon 
das ganze Peritoneum von kleinen Carcinomen besäet war, die 
Operation also den Patientinnen keinen Vortheil mehr hätte brin-' 
gen können. — Wenn man jede Operation um jeden Preis 
ausführen will, dann muss man nothwendiger Weise auch eine 
ungünstige Statistik herausbekommen; besser würde die Statistik 
ausfallen, wenn man bei den als inoperabel erkrankten Fällen 
einfach von der Operation abstehen würde. 

In Bezug auf die weitere Entwicklung der Uterus¬ 
tumoren bemerkt Billroth: 

Die Entwicklung von Cysten in den Myofibro¬ 
men geschieht offenbar aus Spalträumen zwischen den einzelnen 
Bündeln und Fasern; die Hohlräume fliessen allmälig zusammen, 
und stellen reine Bindegewebscysten dar, analog den subcuta- 
nen Schleimbeuteln; eine Auskleidung mit Epithel ist selten 
wahrnehmbar. 

Eine zweite Degenerationsform der Fibrome ist 
die sarkomatöse: aus einem Theile des Myofibroms wird 
ein weiches sarkomatöses Gewebe, das nicht mehr im Bereiche 
des Uterus bleibt, sondern in die Nachbarorgane hineinwächat, 
und das ganze Becken ausfüllt. 

Die Verkalkung pflegt in den höheren Lebensaltern 
aufzutreten, und hat für den Chirurgen die geringste Bedeutung, 
denn Tumoren, die dazu disponiren, pflegen nicht sehr rasch 
zu wachsen. 


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Der Vortragende übergeht hierauf zur Besprechung des 
Sitzes und des Verhaltens der Myome zum Uterus. 
In dieser Beziehung lassen sich vier Kategorien aufstellen: 

1. Bein superficielle Tumoren, auch subseröse Tumoren, 
wo die ganze Uterusoberfläche mit 20 bis 30 Geschwülsten 
verschiedener Grösse besetzt ist, die mehr oder weniger ge- 
gestielt sind. 

2. Ein einziger grosser Tumor sitzt gestielt an der Oberfläche 
auf, — ein für die Operation günstiger Fall. 

3. Interstitielle Tumoren, welche zwischen den Muskellagen 
des Uterus entstehen. Meist pflegt in diesen Fälien der Uterus 
verlängert zu sein; an eine Auslösung ist hier nicht zu denken. 

4. In vielen Fällen schieben sich die Tumoren von unten 
längs der Wirbelsäule hinauf, .so dass man bei Eröffnung des 
Bauches, Darm und Mesenterium vor sich liegen hat. Solcher 
Fälle hat Billroth zwei beobachtet. Der Tumor kann das 
Mesenterium vor sich herschieben, ebenso die Peritonealfalte 
zwischen Blase und Uterus. Das aber sind Ausnahmsfälle. 

Es folgt nunm ehr die Schilderung der Operationstechnik. 

Spencer Wells hat aus seiner Statistik den Schluss gezogen, 
dass alle jene Fälle schlecht verliefen, in welchen ein langer 
Bauchschnitt gemacht wurde; deshalb wurde dieser sehr 
gefürchtet; man hat aber später das Irrthümliche dieser directen 
Schlussfolgerung eingesehen, und erkannt, dass es eben immer 
an und für sich schwere Fälle sind, in welchen man genöthigt 
ist, einen langen Bauchschnitt zu machen. Pöan hat, um mit 
einem kurzen Bauchschnitte auszukommen, die Zerstückelung 
(morceillement) angewendet. Er führt einen Draht als Schlin- 
genschnürer um den Tumor und schneidet dann denselben, 
solange er noch in der Bauchhöhle ist, ab, — ein Verfahren, 
welches man verlassen, seitdem man erkannt, dass man sich 
vor der Grösse des Bauchschnittes nicht zu fürchten hat. 

Für den Fall des Vorhandenseins von Adhäsionen der 
Uterus-Tumoren darf man mit deren Ablösung nicht so 
kühn sein, wie bei Ovarialtumoren, wo man die Verklebungen 
zweckmässig mit der Hand lösen kann; bei jenen trifft man 
nicht selten auf Venen von Fingerdicke. 

Die schlimmsten Fälle sind jene, wo die Tumoren retro- 
peritoneal liegen; bei diesen ist es am gerathensten, von der 
Operation abzustehen: es ist ausserordentlich mühsam und wegen 
der Blutung gefährlich, den Peritonealüberzug einzuschneiden 
und den Tumor auszuschälen. 

Ein anderer schlimmer Fall ist der, dass ein grosser Theil 
des Tumors im Becken liegt, dass er sich zwischen Peritoneum 
und die breiten Mutterbänder hineingeschoben hat. Es gehört zu 
den allerscbwierigsten Aufgaben, sich Zugang in die Tiefe der 
Beckenhöhle zu verschaffen, sie entsprechend zu beleuchten 
und Unterbindungen in derselben vorzunehmen. Ueberdies ist 


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eine grosse Wundfläche des Peritoneums, welche viel blutigen 
Serums absondert, sehr gefährlich. 

Der günstigste Fall ist der, dass der ganze Tumor über 
die Symphyse hervorgehoben und abgeschnürt werden kann: 
hier liegen die Verhältnisse wie bei einer einfachen Ovariotomie. 

Hat man es mit mehreren kleineren Tumoren zu thun, 
so ist es nicht gerathen, jeden einzelnen auszuschälen, da die 
zahlreichen Hüllen der Fibrome schwer zu drainiren sind. 

Bei Cysten des Uterus hat Pöan eine partielle Abtragung 
derselben Yorgenommen; Billroth zieht es aber Yor, lieber den 
ganzen Uteruskürper mitzunehmen, als einen Rest der Cyste 
zurückzulassen. 

Rücksichtlich der Behandlung des Stumpfe s liegt 
die Frage wie bei der OYariotomie. Bei den Uterustumoren 
hat man es mit einer dicken Masse zu thun, die in der Tiefe 
liegt. Billroth ist nach Yielen Versuchen zu der Ueberzeugung 
gekommen, dass die extra-peritoneale Behandlung des Stieles 
die beste ist. Feilich müsse man dafür Sorge tragen, dass nicht 
eine Lockerung der Klammer eintritt. 

Der Vortragende demonstrirt hierauf eine Reihe Yon In¬ 
strumenten für diesen Zweck und wendet sich schliesslich zur 
Besprechung der Yon ihm erzielten Resultate. 

Unter den 25 Yon ihm operirten Fällen handelte es sich 
in zweien um einfache Abstielungen, in einem anderen um Aus¬ 
schälung einer grossen Zahl Yon Tumoren; die übrigen waren 
supra-Yaginale Amputationen. — Von sämmtlichen Operirten 
sind 10 genesen und 15 gestorben. Wenn ich aber, sagt Bill¬ 
roth, die Erfahrungen berücksichtige, die ich an den erstoperirten 
Fällen gemacht habe, und demgemäss alle Fälle in 2 Gruppen 
Yon 18 und 12 Fällen theile, so stellen sich die Verhältnisse 
günstiger: Yon der ersten Gruppe mit 13 sind 10 gestorben und 
3 genesen, Yon der zweiten mit 12 Fällen 5 gestorben und 
7 genesen. 

Bei Berücksichtigung der Todesursachen kommen 2 Fälle 
Yon Collaps in den ersten 24 Stunden zu erwähnen, 2 Patien¬ 
tinnen starben an innerer Verblutung in Folge Loslösung Yon 
Massenligaturen, ein Umstand, der mir jetzt nicht mehr so leicht 
Yorkommen wird, weil ich besser weiss, die Blutung zu stillen, 
und andererseits in gewissen Fällen Yon der Operation abstehen 
werde; ein Fall ist zu Grunde gegangen an Ileus und 10 an 
Peritonitis; eine bereits geheilte Patientin ist nach 4 Monaten 
in Folge der RecidiYe eines Becken-Sarkoms gestorben. 

Die Antisepsis spielt bei der geschilderten Operation nicht 
jene grosse Rolle, wie man früher geglaubt hat; insbesondere 
habe ich in Folge des Carbolspray’s bei OYaritomien schon 
so acut Yerlaufende Fälle you Carbolintoxicationen gesehen, dass 
ich mich zu dieser Methode nicht mehr entschliessen würde. 


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In der wissenschaftlichen Versammlung am 15. März 

stellt Docent Dr. Hebra zwei Kranke vor, die an Lichen ruber 
leiden; bei dem einen ist die Affection der Haut erst im Beginne, 
bei dem andern befindet sie sich bereits im vorgeschrittenen 
Stadium. H. führt als charakteristische Merkmale für die Er¬ 
krankung an: kleine zerstreute oder in Gruppen stehende blass- 
rothe, glänzende Knötchen, welche keine Yeränderung erfahren 
ausser der Involution. Sie entwickeln sich weder zu Bläschen, 
noch Pusteln und verursachen keine Substanzverluste; sie per- 
sistiren als Knötchen, welche später zu schuppen anfangen. Sie 
haben keine bestimmte Anordnung und zeigen sich vorzugs¬ 
weise an den Extremitäten. Die Erkrankung kommt verhältniss- 
mässig selten vor. — In dem einen der demonstrirten Fälle ist 
nahezu die ganze Körperoberfläche afficirt. Die Behandlung 
mit Arsen ist jedesmal erfolgreich. 

Hierauf stellte Dr. Grünfeld einen mit Harnröhren- 
Polypen behafteten Kranken vor. Anlässlich der endoscopi- 
schen Untersuchung der tripperkranken Urethra wurde nämlich 
die Gegenwart der genannten Affection in einer Tiefe von 9 
bis 10 Centimeter vom Orificium, also zunächst dem Bulbus 
urethrae constatirt. Ein einfacher gerader, endoscopischer Tubus, 
bis zu dieser Begion eingeführt, lässt während der langsamen 
Herausbeförderung sehr leicht eine auf der rechten Harnröhren¬ 
wand gestilt aufsitzende, erbsengrosse, blassrothe und leicht 
granulirte Geschwulst w ahrnehmen, die plötzlich in das Lumen 
des Tubus schlüpft und durch die blässere Farbe von der Um¬ 
gebung sich leicht abhebt. Eine Locomotion des Endoscops, 
die das Neugebilde bald central, bald excentrisch einstellt, er¬ 
leichtert wesentlich dessen Wahrnehmung. Bei weiterer Extrac¬ 
tion des Instruments werden noch andere kleinere, gleichfalls 
blassrothe, weiche Polypen theile an der oberen, theils an der 
linken Urethralwand beobachtet, und zwar findet man deren 
im Ganzen fünf in ungleicher Distanz hintereinanderliegend auf 
einer Fläche von etwa l l /2 Ws 2 Centimetern. Die Urethral¬ 
polypen, die früher als grosse Raritäten bezeichnet wurden, so 
dass kein Chirurg sie öfters als zweimal zu beobachten Ge¬ 
legenheit hatte, werden durch die Verwendung des Endoscops 
relativ häufig gesehen, und ist der vorliegende Fall der sieb¬ 
zehnte, den Dr. Grünfeld endoscopisch zu constatiren in der 
Lage war. Schliesslich wurde der Fall mit Hilfe des einfachen 
Endoscops bei Gaslicht demonstrirt. — Von dem in der Versammlung 
an diesem Abende noch gehaltenen Vortrage des Herrn Dr. August 
Meyer junior, „Ueber Verdauungs-Chemismus“ werden wir in 
einer der nächsten Nummern ein eingehendes Referat bringen. 

Aus dem Geschäftsrathe. 

In der am 17. März unter dem Vorsitze des MR. Dr. Prey ss 
stattgehabten Sitzung, an welcher Vicepiäsident Dr. Lederer, 


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der Secretär-Stellvertreter Dr. Reitter und 14 Mitglieder des 
Geschäftsratlies theilnahmen, wurden .die Herren DDr. Maxi¬ 
milian Zeissl und S. Robitschek als Mitglieder in das Doct.- 
Coli, aufgenommen. Ferner legte Dr. Reitter im Namen des 
Cassiers Dr. H o p f g a r t n e r die von den Censoren Dr. Ed. Nagel 
undDr. Wölfl er bereits geprüften und richtig befundenen Rech¬ 
nungen des Collegiums und der von demselben verwalteten 
Fonde, sowie das Protokoll über die Cassenscontrirung, wobei 
alles in bester Ordnung gefunden worden, vor und nach ge¬ 
nommener Einsicht wird beschlossen, dass in der Generalver¬ 
sammlung der Antrag des Geschäftsraths auf Ertheilung des 
Absolutoriums gestellt werde. Dann verliest der Vorsitzende die 
Namen der, als im Amte ältesten, zum Austritte bestimmten Mit¬ 
glieder desGeschäftsrathes und ersucht hierauf Herrn Dr. Scholz 
sein Referat „über das Verhältnis der Privatärzte zu den Ver¬ 
sicherungsgesellschaften 11 , das bereits die Zustimmung des Co- 
mites für Wahrung der Standesinteressen erhalten, vorzutragen. 
Das Referat wird einstimmig angenommen und dessen Ver¬ 
öffentlichung in den Mittheilungen beschlossen. Der Vorsitzende 
nimmt hieraus Anlass, über die Thätigkeit des Standesinter- 
essen-Comitö einige Dankesworte zu sagen und hebt namentlich 
die Bemühungen des Obmannes OSR. Schneller hervor, durch 
die es gelungen, alle Aufgaben, die dem Comite gestellt wurden, 
mit Ausnahme einer einzigen (Ehrenrath) zu vollenden, wie in 
einem von ihm verfassten, schriftlich eingebrachten, für die 
Generalversammlung bestimmten Berichte nachgewiesen wird. 
Dr. Pr eye 8 beantragt daher, dem Comitö und insbesondere 
seinem Obmanne den verbindlichsten Dank des Geschäftsraths 
auszudrücken. Die Versammlung stimmt dem bei mit dem Zu¬ 
satze, dass auch bei der Generalversammlung ein Dankschreiben 
beantragt werde. Schliesslich beantragt Dr. A. G r u b e r, dass dem 
Herrn Dr. Hopfgartner anlässlich seines Rücktrittes vom Secre- 
tariate die Anerkennung des Doct. Coli, schriftlich und in besonders 
ehrender Form ausgedrückt werde. Dr. Hopfgartner habe nicht 
nur durch acht Jahre die gewöhnlichen Geschäfte des Secretärs 
mit unermüdlichem Eifer und musterhafter Genauigkeit geführt, 
sondern sich auch bei der Reconstituirung des Collegiums über¬ 
aus thätig erwiesen, sowie an der Creirung des Pensionsinstitutes in 
hervorragender Weise betheiligt und dadurch Verdienste um 
alle Mitglieder des Collegiums, ja des ganzen ärztlichen Standes 
erworben. Dr. Grub er beantragt daher, dass diese Verdienste in 
der Generalversammlung rühmend hervorgehoben und Herrn 
Dr. Hopfgartner der Dank der Versammlung ausgesprochen 
werde. Ueberdies solle demselben die Anerkennung seiner Ver¬ 
dienste um das Collegium in einer kalligraphisch ausgeführten 
und von allen Mitgliedern des Geschäftsrathes unterfertigten 
Adresse ausgedrückt werden. Dieser Antrag wird mit Beifall 
aufgenommen und ohne Debatte einhellig zum Beschlüsse erhoben. 


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Berichtigung. In der vorletzten Zeile des Berichtes über 
die Geschäftsraths-Sitzung vom 28. Jänner (S. 74), in welcher der Ent¬ 
wurf der Petition gegen die Errichtung von Aerztekammera en bloc 
angenommen wurde, ist vor dem Worte „einstimmig“ das Wort 
„nahezu“ aus Versehen ausgeblieben; was zu bedauern ist, denn 
wirklich sprach sich eine Stimme dagegen aus. 


Referat 

über da« Verhältnis« der Privatärzte zu den Versicherungs- 
Gesellschaften, respective über die Petitionen des ärztlichen 
Vereins der südlichen Bezirke Wiens vom 17. Jänner 1880 und 
des ärztlichen Verein« der westlichen Bezirke Wieds vom 
28. Jänner 1880. 

Referent Dr. Josef Scholz. 

Seit längerer Zeit kamen verschiedene Conflicte praktischer 
Aerzte mit den Anforderungen der Versicherungs-Gesellschaften 
bezüglich der Ausstellung von Gutachten vor, welche in einem 
Falle dahin führten, dass ein Arzt vor Gericht gestellt wurde. 
Verschiedene ärztliche Vereine in Deutschland und Oesterreich 
haben darüber Beschlüsse gefasst, die ihrem Inhalte nach ver¬ 
schieden, selbst bis zur schroffsten Ablehnung jedes ärztlichen 
Parere’s gingen und eben ihrer Verschiedenheit wegen eine 
Richtschnur für den einzelnen Arzt nicht bieten können. 

Die Petition des ärztlichen Vereins der südlichen Bezirke 
Wiens bezweckte nun: eine Entscheidung des Wiener medi- 
cinischen Doctoren-Collegiums zu provociren, welche für die 
Mitglieder desselben, vielleicht auch für viele andere Aerzte zur 
Richtschnur dienen könnte. 

Um zu einer solchen stichhältigen, mit Gründen belegten 
Entscheidung zu gelangen, ist es nothwendig die Stellung der 
Versicherungs-Gesellschaften zum Publicum und die Stellung 
der Aerzte zu den Versicherungs Gesellschaften zu untersuchen. 

Dem Publicum gegenüber sind die Versicherungs-Gesell¬ 
schaften einerseits erwerbende Genossenschaftei), andererseits 
Beförderer der wirtschaftlichen Voraussicht und dadurch des 
Wohlstandes des Volkes. 

In ersterer Richtung sind sie für die Aerzte ohne Inter¬ 
esse, in letzterer Richtung stellen sie aber den Satz auf: dass 
jeder Staatsbürger verpflichtet sei: dem National-Wohl- 
s tan de zu dienen, und leiten daraus die Folgerung ab, dass 
jeder Arzt demnach die Pflicht habe, ihren Interessen zu 
dienen. 

Wenn es nun auch richtig ist, dass die Versicherungs- 
Gesellschaften ohne Aerzte nicht bestehen könnten, so folgt 
daraus noch nicht, dass jeder Arzt, den die Gesellschaft frägt, 
verpfli chtet ist, den Anforderungen der Gesellschaft Genüge 
zu leisten, weil sie neben ihrer Erwerbstendenz auch noch eine 


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national-ökonomische Bedeutung hat. Die Gesellschaft fragt nie 
den Arzt, um den Nationalreichthum zu wahren oder zu ver¬ 
mehren, sondern immer nur um ihr eigenes — das Erwerbs¬ 
interesse — zu schützen, und diess gilt selbst für die Todesfälle, 
da es sich für die Gesellschaft darum handelt: zu ermitteln, ob 
der verstorbene Versicherte so gestorhen sei, dass sie ihrer 
Pflicht, die Prämie zu bezahlen, nachkommen müsse. 

Der Arzt dient demnach nie dem national-ökonomischen, 
sondern immer nur dem Gesellschaftsinteresse, damit fallt auch 
die moralische Verpflichtung, welche die Versicherungs-Gesell¬ 
schaften den Aerzten im Allgemeinen aufbürden wollen und 
daraus ergibt sich der Satz: 

Die Aerzte im Allgemeinen haben den Versicherungs-Ge¬ 
sellschaften gegenüber keine moralische oder national-öko¬ 
nomische Pflicht zu erfüllen. 

Die Beziehungen der Aerzte zu den Versicherungs-Gesell¬ 
schaften bestehen nach zwei Richtungen: unmittelbar durch die 
Versicherungsärzte und mittelbar durch jene Clienten, welche 
versichert sind. Erstere haben für uns kein Interesse, sie stehen 
im Solde der Gesellschaften und haben diesen gegenüber ihre 
contractlichen Pflichten zu erfüllen. Die Beziehungen der Privat¬ 
ärzte dagegen sind es, die uns angehen. Da nun nach den 
früheren Ausführungen der Privatarzt keine Pflicht den Gesell¬ 
schaften gegenüber hat, so entsteht die Frage: welche Pflichten 
sind es, die den Arzt in Beziehung zu den Gesellschaften 
bringen? Die Antwort lautet: die Pflichten, die er seinen 
Clienten gegenüber zu erfüllen hat, und damit ist 
auch der Standpunkt gegeben, von welchem aus die Wirksamkeit 
des praktischen Arztes auf dem Gebiete des Versicherungs¬ 
wesens zu beurtheilen ist. 

Die Wirksamkeit oder besser Mitwirkung findet in dreierlei 
Beziehungen statt: 

a) bei der Aufnahme, 

b) während der Versicherung, 

c) beim Todesfall. 

Mit Ausnahme des ersten Falles, in welchem es Vorkommen 
kann, dass an einem Oite, in welchem kein Versicherungsarzt 
sich befindet, der Einzige vielleicht vorhandene oder der be¬ 
handelnde Arzt als Versicherungsarzt für den gegebenen Fall 
fungirt, werden die Aerzte imn er als behandelnde oder Haus¬ 
ärzte gefragt oder zur Ausfüllung vorgelegter Tabellen aufge* 
fordert. Während der Versicherung hat dio Gesellschaft nur den 
Zweck : Auskünfte zu erlangen, welche auf die Fortdauer der 
Versicherung Bezug haben und beim Verfall derselben meist mit 
dem Verluste der Einzahlungen verbunden sind. 

Beim Todesfälle sind die Fragebogen derart gestellt, dass 
sie sehr häufig Handhaben für die Gesellschaft bieten können, 
die Auszahlung der Prämien anzufechten. 


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87 


Der Privat- oder Hausarzt befindet sich da in einer 
schwierigen Lage. Der Fragebogen, den der Yersicherungsarzt 
ausgestellt hat, ist ihm meist unbekannt, der Client hat ihn 
unterschrieben und haftet mit seiner Unterschrift für die Richtig¬ 
keit der Angaben, die er gemacht hat; werden diese in einer 
oder der anderen Richtung unvollständig oder unrichtig gefunden, 
so verliert er seine Prämie oder muss mit dem zufrieden sein, 
was die Gesellschaft ihm gibt. Der Arzt weiss nicht einmal, ob 
die Aufnahmstabellen mit den Tabellen, die für den Todesfall 
auszufüllen sind, gleichlautend sind. In den Aufnahms¬ 
tabellen kann in einer allgemeinen Frage: z. B. Was sind Ihnen 
für andere Krankheiten oder Krankbeitserscheinungen vorge¬ 
kommen ? Auskunft verlangt werden über Dinge, welche der 
zu Versichernde gar nicht deuten kann, wie z. B. bei Morbus 
Brightii, Diabetes, beginnender Tabes u. s. w., während sie dem 
Hausarzte, der sie kennt und beurtheilt, bei Ausfüllung der 
Sterbetabelle klar und bestimmt zur Beantwortung vorgelegt 
werden. 

Entspricht der Arzt den Forderungen der Gesellschaft, so 
schädigt er seine Clienten und auch sich, weil ihm die Familie 
wahrscheinlich das Vertrauen entzieht. 

Andererseits können Fälle Vorkommen, in denen der Arzt 
Auskunft im Interesse seiner Clienten geben soll und kann, nur 
ist meistens nicht er, sondern nur sein Client in der Lage zu 
beurtheilen, ob die geforderte Aufklärung im Interesse des 
letzteren ist. 

Ferne sei es aber von uns so weit zu gehen, dass das 
Interesse des Clienten so weit geschützt werden soll, dass einer 
bewussten Schädigung einer Gesellschaft Vorschub geleistet 
wird; die Aufgabe kann nur sein: die Interessen des Clienten 
gegenüber einer angriffslustigen Gesellschaft und die Interessen 
des Arztes gegenüber seinen Clienten zu wahren. 

Wenn wir das Gesagte zusammenfassen, so ergibt sich: 
die Interessen der Gesellschaft werden durch ihre eigenen Aerzte, 
sowie durch die sorgfältig entworfenen Tabellen in so aus¬ 
reichendem Masse gewahrt, dass der Privatarzt durchaus keinen 
Grund hat über seine Schutzbefohlenen irgendwelche Auskunft 
zu ertheilen. Daran wird auch durch die Clausel mancher Ge¬ 
sellschaften, „dass die Versicherungswerber sich verpflichten, 
durch ihre Haus- oder behandelnden Aerzte Auskünfte ertheilen 
zu lassen“, nichts geändert, diese Clausel verpflichtet wohl den 
Versicherungswerber, aber nicht den Arzt. Fehler und 
Nachlässigkeiten des Versicherungsarztes fallen der Gesellschaft 
zur Last, begründen aber in keiner Weise eine Verpflichtung 
des Privatarztes diesen Mängeln abzuhelfen. 

Sterbetabellen sind derart auszufüllen, dass die letzte 
Krankheit und die Todesursache wissenschaftlich und genau 
angegeben wird, insoweit es unter den gegebenen Verhältnissen 


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möglieh ist. Alle anamnestischen Fragen sind unbeantwortet zu 
lassen, weil diese vom Versicherungsarzte bei der Aufnahme 
klar zu stellen sind. 

Referent erlaubt sieh daher dem löbl. Wiener medicinischen 
Doctoren* Collegium vorzuschlagen. Es möge besohliessen und 
den Mitgliedern des Collegiums zur Darnachachtung empfehlen: 

Ham- und Privatärzte sind nicht verpflichtet , hei Annahme 
einer Versicherung oder während derselben Gutachten auszustellen 
oder Fragebogen für Versicherungs-Gesellschaften auszufüllen . 

Fragebogen anlässlich des Todes sind vom behandelnden 
Arzte nur insoweit auszufüllen , als die letzte Krankheit und 
Todesursache zur wissenschaftlichen Klarstellung, insoweit es die 
Verhältnisse zulassen , erfordert , demnach ohne auf vorausgegangene 
Krankheiten Rücksicht nehmen zu müssen. 

Ausnahmsweise können im Einvernehmen mit den 
•Clienten behufs Versicherungswerbung, oder während der Ver¬ 
sicherung Auskünfte ertheilt oder Tabellen ausgefüllt werden . 


Die General-Versammlung des Wiener medicinischen 
Doctoren-Collegiums 

wurde am 22. März 1880, Abends, im akademischen Senatssaale 
der k. k. Universität in Abwesenheit des Herrn Präsidenten, 
des k. k. Hofraths Dr. Ritter von Schmerling, unter dem 
Vorsitze des ersten Vice-Präsidenten, Medicinalrath Dr. Prey ss, 
in Gegenwart von 213 Mitgliedern abgehalten. 

Nach Constatirung der Beschlussfähigkeit der General- 
Versammlung eröffnete der Vorsitzende um Uhr die Sitzung 
und lud die Anwesenden zur Abgabe der Stimmzettel für die 
auf der Tagesordnung stehenden Wahlen ein, was sofort geschieht. 

Hierauf erstattete Dr. Preyss einen eingehenden Be¬ 
richt über die Leistungen des Collegiums im Verlaufe des 
Jahres 1879 in corporativer und wissenschaftlicher Richtung nebst 
dem über die der Verwaltung desselben vertrauten Fonds und 
Stiftungen; sowie der vom Collegium in’s Leben gerufenen 
Versorgungs-Insritute. Er begann mit einem kurzen Ueberblick: 
zunächst über die Thätigkeit Geschäftsrathes, von welcher er ins¬ 
besondere die des unter dem Vorsitze des Herrn Obersanitätsrath 
Dr. Schneller tagenden Comit4 zur Wahrung der Standes¬ 
interessen eingehender besprach. Unter diesen sind hervorzu- 
heben: die Veranlassung und Drucklegung eines Berichtes des 
Hof- und Gerichtsadvocaten Dr. C. Kohn über seine bisherige 
Thätigkeit für Einbringung der ärztlichen Honorarforderungen, 
ferner die erneuerte Publicirung, betreffs der sofortigen Hono- 
rirung ärztlicher Leistungen, dann die Frage der Verabfolgung 
heftig wirkender, in der neuen Pharmacopoe im f nicht be¬ 
zeichnten Arzneistoffe im Handverkaufe der Apotheker, das 
Verhältnis der praktischen Aerzte zu den Versicherungs-Ge- 


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89 


Seilschaften; Vorberathung über Errichtung eines Ehrenrathes 
und schliesslich als die wichtigste Frage die Errichtung von 
Aerztekammern, Der Qeschäftsrath hat sich gegen die Er¬ 
richtung von Aerztekammern im allgemeinen und ins¬ 
besondere namentlich gegen eine solche Zusammensetzung der¬ 
selben, wie sie von dem im Jahre 1877 geschaffenen österreichi¬ 
schen Aerztevereins -Verbände, dem das Doctoren - Collegium 
nicht beigetreten ist, geplant wird, ausgesprochen, da sie ihm 
nicht geeignet erschienen, die gehofften Früchte zu tragen, 
weder für die öffentliche Gesundsbeitspflege noch für die prak¬ 
tischen Aerzte. 

In diesem Abschnitte kam der Vortragende auch auf die 
Art und Weise zu sprechen, wie sich das Doctoren-Collegium 
an dem Jubelfeste der silbernen Hochzeitsfeier Ihrer k. und k. 
Majestäten betheiligte, nämlich durch Ueberreichung einer ein¬ 
fach aber geschmackvoll ausgestatteten Adresse, und wurde 
der weniger als präliminirt verwendete Betrag der Unterstützung 
zweier unversorgt zurückgelassener Mitglieder-Witwen gewidmet. 

Uebergehend auf die von dem Doctoren-Collegium ver¬ 
walteten und zu verleihenden Stipendien theilt Dr. Preyss 
mit, dass heuerlichst das Recht der Verleihung eines Stipen¬ 
diums, nämlich des Gorischek’schen, nach dem Ableben des bis¬ 
herigen, von der Stifterin eingesetzten Repräsentanten, dem 
Präsidenten des Collegiums als Rechtsnachfolger des testamen¬ 
tarisch bestimmten Decans des ehemaligen Doctoren-Collegiums 
der medicinischen Facultät zukam, ferner dass das Verwaltungs¬ 
und Verleihungsrecht von vier Mosing’schen Stipendien, das 
nach mehr als 20jährigen Streit mit dem Professoren-Collegium 
diesem vor einem Jahre vom hohen Unterrichts-Ministerium zu¬ 
gesprochen wurde, über eine von dem Doctoren-Collegium an 
den hohen Verwaltungsgerichtshof vorgebrachte Beschwerde von 
diesem letzteren dem Doctoren-Collegium zuerkannt und das 
Stiftungscapital demselben bereits übergeben wurde. — Eine 
kurze Erwähnung der Leistungen des unter dem Curatorium 
des Collegiums stehenden Carolinen Einderspitals von Tage 
seiner Einweihung am 4. November 1879 bis zum 10. März 1. J. 
bildete den Schluss dieses Abschnittes. 

Ueber die wissenschaftliche Thätigkeit glaubte der Bericht¬ 
erstatter sich kürzer fassen zu können, da die Leistungen der¬ 
selben den Collegen ohnedies aus den „Mittheilungen“, in denen 
über die in den öffentlichen Versammlungen gehaltenen Vorträge 
eingehend referirt wird, bekannt sind, doch vergass er nicht der 
allmälig zunehmenden Verbreitung der „Mittheilungen“ und der 
nun vollendeten Aufstellung der Bibliothek, die circa 4500 Nummern 
mit 11.000 Bänden oder Bändchen enthält zu erwähnen, wobei 
er der grossen Bemühungen des Bibliothekars, Dr. v.Pernhoffer 
anerkennend gedenkt und eine baldige Drucklegung des Bücher¬ 
katalogs in Aussicht stellt. 


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90 


Auf die Aushilfe- und Versorgungsanstalten übergehend, 
hebt Dr. P. hervor, dass in der Verwaltung der kleineren älteren 
Fonde nichts besonders Erwäbnfenswerthes vorgekommen ist, nur 
sei die Leitner’sche Stiftung zu Gunsten eines verunglückten 
Collegen bereits persolvirt. — Von den jüngeren Versorgungs- 
Instituten habe das gegenseitige Unterstützungs-Institut 
der Collegen einen erfreulichen Aufschwung genommen. Selbst 
die jüngste Schöpfung des Collegiums, das Pensions-Institut 
lasse eine gedeihliche Entwicklung hoffen und besitzt dasselbe 
schon jetzt, 2 3 / 4 Jahre nach seiner Constituirung, ein Vermögen 
von 70.000 fl. 

Die Perle aller dieser Institute, auch das älteste von allen, 
die Witwensocietät, habe wie immer fast Unglaubliches 
geleistet. Die Zahl der Witwen bat um sieben zugenommen und 
doch hat sich das Vermögen trotz Abschreibungen vom Häuser - 
werthe wieder um mehr als 50.000 fl. gehoben. Der Entwurf 
der durch das Ausscheiden aus der Universität nothwendig ge¬ 
wordenen Statutenänderung ist vollendet und harrt der Discussion 
und Beschlussfassung in der Generalversammlung, die gegen Ende 
April stattfinden soll. 

Nach Mittheilung der Veränderungen des Mitgliederstandes, 
der an diesem Tage 683 umfasste und nach Namhaftmachung 
der im Jahre 1879 verstorbenen Collegen ehrten die Anwesenden 
das Andenken der Geschiedenen durch Erheben von den Sitzen. 

Hierauf übergab der Vorsitzende dem Herrn Cassier das 
Wort zum Vortrage des Rechnungsberichts für das verflossene 
Jahr 1879 und des Präliminares für das laufende Jahr, den die 
Anwesenden mit Befriedigung zur Kenntniss nahmen. 

Der Vorsitzende ersucht nunmehr im Aufträge des Ge- 
schäftsrathes, die Versammlung wolle über Antrag der Rech¬ 
nungsrevisoren, der DDr. Bernhard W ö 1 f 1 e r und Eduard Nagel, 
die den Rechnungsbericht genau geprüft und richtig, sowie die 
Cassen scontrirt, mit den Einschreibungen in Uebereinstim- 
mung und die ausgewiesenen Saldos vorhanden gefunden haben, 
den Rechnungslegern das Absolutorium ertheilen, das Präliminare 
für das Jahr 1880 genehmigen und den Jahresbeitrag für das Jahr 
1881 wie bisher mit fünf Gulden festsetzen zu wollen, welche 
Anträge auch zum Beschluss erhoben wurden. Ferner beantragt 
Dr. Preyss ebenfalls über den Geschäftsrathsbeschluss, dass 
dem Comitd zur Wahrung der Standesinteressen, und insbesondere 
dem unermüdlichen und für die collegialen Interessen sehr warm 
einstehenden Obmanne dieses Comitö’s, Herrn Ober-Sanitätsrath 
Dr. Schneller der Dank der Generalversammlung ausge¬ 
sprochen werde; desgleichen dem früheren Rechnungscensor 
Herrn Dr. Behsel, der nach zehnjähriger Function in dieser 
Eigenschaft jetzt nicht mehr in der Lage war, eine Wieder¬ 
wahl für dieselbe im Unterstützungs-Institute annehmen zu können. 
Weiter beantragt der Vorsitzende im gleichen Aufträge dem 


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91 


bisherigen Secretär und Cassier Herrn Dr. Hopfgartner, der 
aus Gesundheitsrücksichten seine Stelle zurücklege, für seine 
rastlose, aufopfernde Thätigkeit und pünktliche Geschäftsführung 
den wärmsten Dank auszusprechen und Dr. H. hievon durch 
ein nomine der Generalversammlung ausgestelltes Dankschreiben 
verständigen zu wollen. Alle diese Anträge wurden unter leb¬ 
haften Applaus angenommen. 

Nachdem von einer Seite der Antrag gestellt wurde, dem 
Vorsitzenden für den ausführlichen und umfassenden Bericht den 
Dank auszusprechen, beantragt 0.S.R. Dr. Schneller dem ge- 
sammten Präsidium für seine Mühewaltung während des verflossenen 
Jahres zu danken, welchen Anträgen allseitig zugestimmt wurde. 

Zum Schlüsse dankt noch Dr. Hopfgartner für das 
ihm geschenkte Vertrauen. Er sagt, er habe sich veranlasst 
gesehen, im Interesse seiner Gesundheit einen Theil seiner 
Stellen zurückzulegen und sei nach Wiederherstellung seiner 
Gesundheit bereit, dem Collegium mit voller Kraft wieder seine 
Dienste zu weihen. Hierauf hebt der Vorsitzende die Sitzung auf. 

Bei dem sofort unter dem Vorsitze des Herrn Dr. Much 
vorgenommenen Scrutinium der 213 abgegebenen Wahlzettel für 
das Präsidium und die übrigen Functionäre erscheinen der Prä¬ 
sident Dr. v. Schmerling und der erste Vicepräsident Dr. 
Preyss wieder- und zum zweiten Vicepräsidenten Dr. Hopf¬ 
gartner neugewählt, dann zum Secretär und Cassier Dr. C. 
Reitter und zu dessen Stellvertreter Herr Dr. v. Pernhoffer. 

Das am folgenden Tage unter dem Vorsitze des Herrn 
Dr. Preyss in der Collegiumskanzlei fortgesetzte Scrutinium 
ergab als Gewählte: ä) für den Geschäftsrath die DDr. Spitz¬ 
müller (212 Stimmen), Kienast (211), Much (209), A. 
Gruber (204), Turkiewiez (200), D. Winternitz (132), 
Lederer J. (121), Wollner (118) und P. Mittler (116). 
Letzter mit zweijähriger Functionsdauer statt des zum Secretär 
und Cassier gewählten Dr. Reitter; b) in den wissenschaftlichen 
Ausschuss die DDr. H. Adler, v. Hüttenbrenner, Professor 
Reder, Max Herz, D. Winternitz, G. Juriö, G. Lott und 
S. Hajek. — An diese reihen sich mit der nächstgrössten Stim¬ 
menzahl die DDr. Kassowitz, P. Langer und Zeissl jun. 


Notizen. 

Aufnahmen. Am 17. März wurden die Herren DDr. J. Robitschek 
und Max. Zeissl als ordentliohe Mitglieder in das Doct.-Coll. aufgenommen. 

Sterbefall. Am 24. März starb in Penzing nach längerem Leiden der 
pens. Hofarzt, Med. und Chir. Dr. J. N. Dietz. Er war im Jahre 1807 zu 
Leitmeriz geboren, begann seine Studien in Prag und vollendete sie 1832 an der 
Wiener Universität, wo er auoh im Jahre 1834 als Mitglied der medio. 
Faoultät aufgenommen wurde. Durch viele Jahre war er Mitglied des Cura- 
toriums zur Verwaltung des Stifft’sohen Aushilfs-Fondes, renoncirte aber auf 
diese Stelle im Jahre 1877, als er sioh krankheitshalber gänzlioh zurückzog 
und desshalb sogar aus dem Collegium aussohied. Friede seiner Asche! 


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92 


Auszeichinigei. Se. k. k. Majestät haben mit allerhöohster Entsohlies- 
sung vom 21. Mftrz d. J. dem Sanitäts-Referenten im Ministerium des Innern, 
Ministerialrath Dr. Frans Sohneider, in Anerkennung seiner ausgeseiohneten 
Dienstleistung das Comthurkreuz des Franz Josef-Ordens — und dem ersten 
Hausarzt und Ordinarius der Theresianisohen Akademie in Wien, kais. Rath 
Dr. Andreas Pleniger, in Anerkennung seiner yieljfthrigen und verdienst- 
liohen Thfttigkeit an dieser Anstalt den Orden der Eisernen Krone HL Glasse 
allergnftdigst zu verleihen geruht; — ferner mit allerhöohster Entsohliessung 
vom 11. März dem Privatdooenten an der Universität in Graz, Dr. Julius Glax, 
den Titel eines Universitäts-Professors verliehen. — Dr. Adolf 8 o h m i d t, 
praktischer Arzt in Wien erhielt vom Fürsten Karl von Rumänien das Offioiers- 
kreuz des Sternes von Rumänien und Dr. Sigmund Friedmann, Leiter der 
Wasserheilanstalt in Yoslau-Gainfahrn, das Ritterkreuz desselben Ordens. 


EINLADUNG. 

Nachdem die für den 20. März d. J. anberaumt gewesene, in Nr. 5 der 
„Mittheilungen“ angekündigte General-Versammlung wegen Mangel an der zur 
Beschlussfähigkeit notwendigen Zahl von Mitgliedern nicht abgehalten werden 
konnte, so findet die 

in. ordentliohe Generalversammlung 
des Pensions-Institutes des Wr. med. Doct.-Coll. 

am Samstag den 8. April 1880, Abends 7 Uhr, 

Sitznngssaale des fr. med. DocLM, I., RotMttnrastrose 23 

statt und werden die Mitglieder des Pensions-Institutes hiezu hüfliohst eingeladen. 


PROGRAMM: 

1. Rechenschaftsbericht des Präsidenten im Namen des Verwaltungs- 
aussohusses über die Thätigkeit des Pensions-Institutes im Jahre 1879. 

2. Bericht des Gassiers über die Vermögens-Gebarung im Jahre 1879 
undi Beschlussfassung über den Antrag der Revisoren auf Ertheilung des 
AbsolutoriumB. 

3. Wahlen: a) des Präsidenten, des Präsidenten-Stellvertreters und des 
Gassiers; b) von fünf Mitgliedern des Verwaltungs-Ausschusses; c) von fünf 
Ersatzmännern; d) von drei Revisoren. 

Dr. Popper, Dr. Hans Adler, Dr. Leop. Hopfgartner, 

d. Z. Schriftführer. d. Z. Präsident. d. Z. Cassier. 


Einladung 

zu der am Montag den 5. April, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), 

I. Sonnenfelsgasse 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen Versammlung. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken.*) 

2. Demonstrationen zweier interessanter Fälle von Herrn Dr. Hans C h i a r i, 
Proseotor an der Krankenanstalt Rndolfstiftung: a) eines Falles von 
Mikrooephalie; b) eines Falles von Situs porversns totalis. 

3. Ueber Haemophilie, Vortrag des Herrn Dr. Hermann Hertzka. 

Dr. Preyss, Vioe-Präsident. Dr. Karl Reitter, Seoretär. 

*) Die P. T. Herren Collegen werden ersucht, interessante Krankheitsfälle vorzustellen. 

Die nächste Hummer erscheint am 15. April. 

Herausgeber and Verleger: Wiener mediein. Doot.-OoU. — Verantwortlicher Bedaoteur; 
Dr. L. Hopfgartner. — Gesells ehafta-Buohdruokerei, Wien, m. Erdbergerstraaee 8. 


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TI. Bll. Ausgegeben am, 15. April 1880 Ir. ö 


/ MITTHEILÜNGEN 

des 

Wiener mefliciniscND Boclorei-ColleiUms. 

Brsoheint jeden «weiten Donnerstag eiu halber bis ein ganser Bogen und darüber, an 
SO Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtmitglieder des Collegiums im In* 
lande 3 fl., nach dem Auslände 6 Mrk. — Einzelne Nummern 25 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 30 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

M&ia pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits dfc .'Deutieke 
(vormals Karl (leriuak), Wien, I., Schottengasse t>. 
Sischrittea and Zaseadiuigen an die Redaction: Wien Kamlei des Wiener ne4» 
DocL-Coll. and der Witwen- und Waisen-Societät, Rotheuthurmstrasse 23. 


Inhalt: Bericht über die Thätigkeit des Wr. med. Doct.-Coll. im Jahre 1879. — Wissen¬ 
schaftliche Versammlung am 5. April. •— Aus dem Geschäftsrathe. — Aus dem Pensions- 
Institute. — Summarischer Rechnungs-Ausweis des Wr. med. Doot.-Coll. für das Jahr 1879. 
— Notizen. — Inserate. — Eingesendet. — Einladungen. 


Bericht über die Thätigkeit des Wr. med. Doct.-Coll. 
im Jahre 1879, 

erstattet in der Generalversammlung am 22. März 1880 vom Yioe-Präsidenten 

Dr. 6. Preyss. 

Hochgeachtete Versammlung! 

Geehrte Herren Mitglieder des Wiener medic. Doct.- 

Collegi ums! 

Ein Jahr ist wieder in den Strom der Zeit versunken, seit 
wir uns zum letzten Male hier vollzählig versammelt haben und 
abermals tritt an das Präsidium die Pflicht heran, Ihnen Rechen¬ 
schaft zu legen über das, was Ihre Mandatare in den grossen Aus¬ 
schüssen geleistet zur Förderung der Wissenschaft sowohl, als in 
Vertretung der corporativen Interessen unserer Körperschaft, und ich 
schmeichle mir mit der Hoffnung, dass Sie, geehrte Herren Colle- 
gen, von diesen Leistungen, die ich in Abwesenheit des Herrn Prä¬ 
sidenten Ihnen mitzutheilen die Ehre habe, befriedigt sein werden. 

Viele längst schwebende Angelegenheiten wurden zu Gunsten 
des Collegiums deflnitiv abgeschlossen und manche neue, die sich 
die Hebung des Ansehens und der Würde des Collegiums zur Auf¬ 
gabe gestellt, in einer Weise eingeleitet, dass an einen günstigen 
Erfolg kaum zu zweifeln ist. 

Hat auch die Zahl der Geschäftsnummern in dem jüngst verflosse¬ 
nen Jahre abgenommen (von 290 auf 237), so forderten doch viele 
der zur Verhandlung gekommenen Angelegenheiten so eingehende 
Berathungen, dass die Thätigkeit in den Ausschüssen und Comites 
keine geringere war als in früheren Jahren. 

Auf die einzelnen Geschäftszweige übergehend, beginne ich 

I. Mit dem Geschäftsrathe, der im Laufe des vorigen Jahres 
14 Mal tagte. 


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94 


Ehe ich jedoch von seiner eigentlichen Berufstätigkeit spreche, 
kann ich nicht umhin, eines Ereignisses zu erwähnen, das die Gte- 
müther aller unter dem Hab8burg-Lothring , sehen Scepter vereinten 
Völker in erhebender Weise bewegte. Die bevorstehende Feier der 
silbernen Hochzeit unseres Allerhöchsten Kaiserpaares erregte auch 
im Geschäftsrathe den heissen Wunsch, dass das Doct.-Collegium den 
Gefühlen seiner Loyalität in entsprechender Weise Ausdruck geben 
solle. Von den DDr. L o e w und K e i 11 e r wurde die Frage angeregt, 
o b und wie das Collegium an dem von der Gemeinde der Reiehs- 
haupt- und Residenzstadt Wien vorbereiteten Huldigungsacte sich 
betheiligen könne und solle. In wiederholten Sitzungen wurde 
darüber eingehend berathen, ein Comitd gewählt, das mit dem Fest- 
Comitd des Gemeinderathes sich ins Einvernehmen setzte, welches 
aber schliesslich fand, dass das Collegium als solches in dem Rahmen 
der von der Bürgerschaft in Aussicht genommenen Festlichkeit als 
thätiges Mitglied keinen Raum habe, wesshalb beschlossen wurde, 
dass es seiner Huldigung durch eine prachtvoll ausgestattete und 
durch eine Deputation zu überreichende Adresse Ausdruck geben 
solle. Mittlerweile wurde der Allerhöchste Wunsch Ihrer kaiserlichen 
Majestäten bekannt, dass die Unterthanen derlei Kundgebungen in 
möglichst einfacher und wenigst kostspieliger Weise veranstalten 
mögen, um das davon Ersparte den zurückgebliebenen Familien der 
zur bosnischen Occupations-Armee einberufenen Reservisten zuwen¬ 
den zu können, und da überdies ferner noch angeordnet wurde, dass 
bei der Unzahl von Deputationen, die sich dem Allerhöchsten Throne 
nahen wollten, diese unmöglich von Sr. Majestät selbst alle em¬ 
pfangen werden könnten, daher ihre Adressen behufs Niederlegung 
an den Stufen des Allerhöchsten Thrones den Händen Sr. Excellenz 
des Herrn Statthalters zu übergeben haben, so wurde, um einerseits 
dem Allerhöchst ausgesprochenem Wunsche nach Einfachheit gerecht 
zu werden, anderseits aber fürchtend, dass die Adresse des Colle¬ 
giums, möge sie auch wie immer prachtvoll ausgestattet sein, sich 
in der Masse verlieren werde, beschlossen, allen Prunk bei Beite 
zu lassen und den Werth allein in eine einfache, aber geschmack¬ 
voll künstlerische Ausstattung und in den Inhalt der Adresse selbst 
zu legen. Mit der Durchführung dieser beiden Aufgaben wurde 
College Dr. Jos. Scholz betraut, und er hat auch dieses Ver¬ 
trauen nach beiden Richtungen hin gerechtfertigt. Der Inhalt ist 
Ihnen, geehrte Herren Collegen, aus den „Mittheilungen“ bekannt 
und über die Form hat sich nicht nur der Herr Statthalter bei der 
Uebemahme in den schmeichelhaftesten Ausdrücken geäussert, sondern 
derselben wurde auch bei der öffentlichen Ausstellung aller Adressen 
wegen der geschmackvollen Einfachheit vielseitig lebhafter Bei¬ 
fall gezollt. So gerne das Collegium auch dem weiteren Wunsche Sr. 
Majestät, zur Unterstützung der Reservistenfamilien etwas beizutragen, 
nachgekommen wäre, so wurde dies dadurch unmöglich, dass kurz 
vorher zwei Mitglieder des Collegiums plötzlich starben — und zwar 
einer von ihnen auf eine schauerliche Weise dufch das Messer eines 


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Wahnsinnigen — die ihre unversorgten Familien sozusagen im Elende 
zurückliessen, weil sie versäumten, der Witwen- und Waisen-Societät 
des Collegiums beizutreten. Dieser Beiden Familien waren die unserer 
Reservisten und unter sie wurden' die an der Adresse ersparten 
400 fl. zu gleichen Theilen vertheilt. 

Nach dieser Abschweifung gehe ich zunäohst über auf die 
Thätigkeit Ihres Geschäftsrathes I. in Stiftungs- und Stipendien- 
Angelegenheiten. Ohne mich mit den älteren Stipendien, die wir 
seit der Zweitheilung der Facultät bisher unbestritten verliehen 
haben (es sind deren an die 20) eingehender zu befassen, will ioh 
nur erwähnen, dass wir im Laufe des Jahres deren 7 theils neu 
verliehen, theils verlängert haben; über jene aber ausführlicher be¬ 
richten, bei denen unser Verleihungsrecht von dem Professoren-Col- 
legium angefochten wurde und zum Theil noch ist. u. zw. 

a) Von der M o s i n g* sehen. Nachdem der über ein Viertel¬ 
jahrhundert bestandene Streit zwischen dem Doctoren- und dem Profes¬ 
soren-Collegium bezüglich des Verleihungsrechtes der Mosing’sehen und 
der Bleyl’schen Stiftung betreffs der ersteren durch einen Machtspruch 
Sr. Excellenz des Herrn Unterrichtsministers Dr. v. Stremayr dem 
Prof.-Coll. allein zuerkapnt worden, sahen sich das juridische und 
das med. Doct.-Coll. genöthiget, gegen diese Entscheidung vor dem 
hohen Verwaltungsgerichtshofe Beschwerde zu führen, worüber am 
17. Sept. 1879 vor diesem Gerichtshöfe die öffentliche und mündliohe 
Verhandlung stattfand, bei welcher die beiden Doctoren-Collegien durch 
den Hof- und Geriohtsadvocaten Dr. Ritter von Wiedenfeld ver¬ 
treten wurden. 

Nach eingehender Verhandlung und Berathung wurde von diesem 
hohen Gerichtshöfe zu Recht erkannt, dass die vom Herrn 
Minister für Cultus und Unterricht getroffene Ent¬ 
scheidung, als im Gesetze nicht begründet, aufge¬ 
hobenwird. In den'Entscheidungsgründen wurde hervorgehoben, dass 
den Doctoren-Collegien, nachdem sie die fraglichen Stipendien immer 
selbstständig verlieben haben, dieses Recht laut § 24 des 
Gesetzes vom 27. April 1878 nTcht entzogen werden 
könne; ferner, dass die Einwendung, die Verfügung der Stiftung 
sei nur provisorisch zugestanden gewesen, unbegründet ist, da ab¬ 
gesehen davon, dass der erwähnte § 24 zwischen einer provisori¬ 
schen und definitiven Verwaltung nicht unterscheidet, die Bedeutung 
des Provisoriums im Bestände der damaligen Verhältnisse nur dahin 
aufgefasst werden könne, dass die Doctoren-Collegien das Dispositions¬ 
recht bezüglich der Stiftung in dem Falle nicht behalten werden, wenn 
dieses Recht aus Anlass der Organisation der akademischen Behör¬ 
den Jemand Anderem zuerkannt werden sollte. — Dies ist aber nicht 
geschehen, vielmehr hat der § 24 des Gesetzes, um nicht die neuen 
Bestimmungen auf früher erworbene Rechte rückwirken zu lassen, 
das Gegentheil angeordnet und ist somit das Povisorium in 
ein Definitivum übergegangen. 

Auf Grund dieses Erkenntnisses wurde denn auch sofort die 


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TJebergabe des Stiftungs-Capitales in die Verwaltung der Doctoren-Colle- 
gien angeordnet und bat das med. Doct.-Coll. seinen Antbeil noch 
vor Schluss des Jahres von der hochlöbl. Statthalterei übernommen 
und fast gleichzeitig auch einen Concurs zur Bewerbung um ein bereits 
erledigtes Mosing’sches Stipendium ausgeschrieben. 

Die Entscheidung betreffs des Bleyl’schen Stipendiums 
ist jedoch noch in der Schwebe; denn nachdem das hohe Unterrichts¬ 
ministerium mit Erlass vom 26. November 1878, der übrigens dem Doct.- 
Coll. erst am 4. März 1879 zugestellt wurde, die Verleihung des 
Mosing’schen Stipendiums dem Prof.-Coll. zuerkannt hatte, reclamirte 
dieses in einer Eingabe ddto 30. März 1879 auch das alleinige Ver¬ 
leihungsrecht des Bleyl’schen Stipendiums, sich darauf stützend, dass 
die Verhältnisse dieser beiden Stiftungen ganz analog seien. Ehe 
jedoch diesem Wunsche noch entsprochen werden konnte, hat das 
med. Doct.-Coll. die Beschwerde gegen den vorerwähnten Erlass ange¬ 
meldet, und so blieb diese Angelegenheit unentschieden. Erst nach 
dem ausgesprochenen Erkenntniss des h. Verwaltungsgerichtshofes 
wurde das Präsidium des Doct.-Coll. zu einer Gegenäusserung gegen 
die Eingabe des Prof.-Coll. (resp. akademischen Senates) aufgefordert. 
Dieser Aufforderung kam dasselbe sofort nach, indem es die Hoffnung 
ausspricht, dass nachdem die Verhältnisse dieser beiden Stiftungen, 
wie das Prof.-Coll. selbst sagt, ganz analog seien und zu 
Becht erkannt wurde, dass den Doctoren-Collegien das bis dahin von 
ihnen allein ausgeübte Verleihungsrecht der Mosing’schen Stiftungen auf 
Grund des § 24 des Beichsgesetzes vom 27. April 1873 nicht entzogen 
werden könne, dies auch betreffs desalte rnirendenVerleihungs- 
rechtes des Bleyl’schen Stipendiums, welches das Doct.- 
Coll. bisher abwechselnd mit dem Prof.-Coll. ausgeübt hat, zu Becht 
erkannt werden dürfte, somit auch hier das Provisorium in ein De* 
finitivum übergehen werde. Die Entscheidung hierüber ist jedoch 
noch nicht erfolgt. 

c) Dagegen wurde dem Collegium oder vielmehr dessen Prä¬ 
sidenten, als Bechtsnachfolger des Decanes des früheren Doct.-Coll. 
der med. Facultät mittelst Erlasses des Herrn Statthalters von Nieder- 
Oesterreich vom 19. December 1879 Z. 36121 das Verleihungsrecht des 
Dr. G o r i s c h ek’schen Stipendiums im Betrage jährl. 170 fl. zu¬ 
erkannt, das bis zu seinemAblebenSe. Excellenz der Minister des Innern, 
Freiherr von Lasser-Zollheim ausgeübt hatte und das laut testamen¬ 
tarischen Bestimmungen nach dessen Tod an den jeweiligen Decan 
des Doct.-Coll. der medic. Facultät, das auf Grund des Ge¬ 
setzes vom 27. April 1873 als selbstständige Corpora¬ 
tion unter dem Namen Wr. med. Doct.-Coll., mit einem 
Präsidenten anstatt d es frühe ren D ec an s a n der Spi tze 
fortbesteht, überzugehen hat. — Der Concurs für das eben erledigte 
Stipendium wurde auch sofort ausgeschrieben. 

d) Eine andere segenbringende Stiftung, die unter das Cura- 
torium des Doct.-Coll. gestellt wurde, das Caroline BiedTsche 
Kinderspital hat nun Dank der Bemühungen des zu seinem Ins- 


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97 


lebentreten eingesetzten Comitö seine Wirksamkeit begonnen. 
Wie ich schon im vorigen Jahre mitzutheilen die Ehre hatte, war 
der Ban dieses niedlichen Hauses in der Schubertgasse Nr. 2 be¬ 
reits Ende October 1878 vollendet und noch vor Jahresschluss der 
Consens zum Bewohnen ertheilt, nur mit der Benützung des¬ 
selben als Spital sollte, damit es genügend austrockne, noch bis in 
den hohen Sommer hinaus gewartet werden. Die innere Einrichtung 
nahm aber mehr Zeit in Anspruch als vorausgesehen wurde und so 
konnte seine feierliche Einweihung und die folgende Eröffnung erst 
am 4. Novemb. 1879 statt haben. Von da an hat HerrDr. v. Hütte n- 
b r e n n e r die ärztliche Leitung dieser kleinen Heilanstalt ohne An¬ 
spruch auf irgendwelches Entgelt übernommen. Ihm zur Seite steht 
als besoldeter Secundararzt Herr Dr. Elsenwenger, der verpflich¬ 
tet ist, im Spitale zu wohnen. Später wurde noch in Dr. Gersuny 
ein Primararzt für chirurgische Krankheiten gewonnen, der diese 
Stelle ebenfalls unentgeltlich übernommen hat. 

An Dienstpersonale fungirt eine Hausmutter, eine Köchin, ein 
Hausdiener und vorläufig nur 3 Wärterinnen, da Anfangs nur zwei 
Zimmer belegt waren und man erst in neuester Zeit ein drittes zu er¬ 
öffnen im Begriffe ist. Ueberhaupt war Anfangs der Spitalbesuch sehr 
spärlich und selbst im Ambulatorium erschienen in den letzten zwei 
Monaten des Jahres nur 51 kranke Kinder. Mit Beginn des neuen Jahres 
nahm die Frequenz sowohl im Ambulatorium als für die Spitalspflege zu. 
Mit Schluss des vorigen Jahres verblieben in Spitalspflege 6 
vom 1. Jän. bis 9. März 1880 wurden neu aufgenommen 23 
so dass in den ersten Monaten dieses Jahres behandeltwurden 29 Kranke. 
Von diesen wurden geheilt entlassen 8 
» „ » gebessert „ 10 

gestorben sind ... 3 somit Abg. 21 
Es verblieben demnach am 9 März in Behandlung . . 8 

Alle im Spitale Behandelten zusammen hatten vom 5. Nov. 
bis 31. December 1879 185 und vom 1. Jänner bis 9. März 1880 
466 Verpflegstage. 

Ambulatorisch wurden behandelt im Jahre 1879, wie schon er¬ 
wähnt 51, in den ersten zehn Wochen des Jahres 1880 156, von 
jenen starben 3, von diesen 8. 

5 Grössere Operationen wurden von Dr. Gersuny gemacht 
und zwar: 2 Exstirpat. lymphom. (manus et femoris.) — 2 Nekro¬ 
tomien. (sterni et tibiae.) — 1 Cauterisatio Angiomat. (in reg, parot. 
masset.) (2 Sitzungen.) 

Da die vom Stiftungscapitale nach Herstellung des Baues noch 
erübrigten Fonds wenig über 50.000 fl. betragen, so hat sich im 
IX. Gemeindebezirke ein Verein zur Förderung und Erhaltung die¬ 
ses Spitales gebildet, von welchem in das aus dem von der Erblas¬ 
serin eingesetzten und vom Doct.-Coll. gewählten, zusammen aus 6 
Mitgliedern bestehende Verwaltungs-Comitö noch drei Mitglieder ent¬ 
sendet werden. Dieser Verein, der sich vor allem die Aufgabe stellt, 


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98 


Geldmittel zu besehaffen, entfaltet eine rührige Thätigkeit und es 
ist ihm erst in neuester Zeit gelungen, aus den Erträgnissen des 
Balles der industriellen Gesellschaften den namhaften Betrag von 
2000 fl. der jungen Heilanstalt zuzuwenden. Aber auch von einer 
anderen Seite wurden 3000 fl. Noten-Rente als Geschenk überbracht 
mit der Widmung für eine halbe B ett Stiftung, und so beginnt 
das Jahr 1880 unter den günstigsten Auspicien für unsere neue 
Schöpfung. Mögen diese Vorläufer die Bahn brechen für eine lange 
Reihe von ebenso kräftigen Nachfolgern! 

2. Der Schwerpunkt der geschäftlichen Thätigkeit des Ausschusses 
lag im Comitö zur Förderung der ärztlichen Standes¬ 
interessen, das aus den Herren: OSR. Dr. Schneller als Ob¬ 
mann und den DDr. A. Gruber, Lederer, Löffler, v. Pern- 
hoffer (als Protocollsführer) J. Scho 1 z und Turkiewicz bestand, 
das alle die materiellen und socialen Verhältnisse der Collegen vor- 
berieth und dann im Geschäftsrathe darüber referirte, um sie einer 
endgiltigen Beschlussfassung entgegenzuführen. 

Ueber die Wirksamkeit dieses Comitös gibt folgender Bericht 
seines Obmannes, des Herrn OSR. Dr. Schneller, den ich hier 
ungeändert vortrage, Aufschluss: 

Das Comite versammelte sich vom 14. Mai 1879 bis 10. März 
1880 zu 11 Sitzungen. Wie noch jedes Jahr, so beschäftigte sich 
auch im abgelaufenen dasselbe mit der Erörterung materieller Fra¬ 
gen. So wurde der Rechtsconsulent des Collegiums, Herr Dr. C. Kohn, 
Hof- und Gerichtsadvocat, ersucht, einen Bericht über seine bisherige 
Thätigkeit bei Eintreibung der ärztlichen Honorarforderungen abzu¬ 
fassen, um ein übersichtliches Bild zu gewinnen. Herr Dr. Kohn 
kam dieser Aufforderung in so exacter Weise nach, dass beschlossen 
wurde, diesen Bericht in Druck zu legen und dem Verfasser den 
Dank des Geschäftsrathes für seine erspriessliche Mühewaltung zu 
votiren. Zugleich wurden die Herren Mitglieder eingeladen, von 
dieser mit wenig Kosten verbundenen Einrichtung ausgiebigen Ge¬ 
brauch zu machen. 

Eine erneuerte Publicirung der Beschlüsse betreffs der sofor¬ 
tigen Honorirung der ärztlichen Leistungen wurde in Anbetracht 
der gegenwärtigen Zeit Verhältnisse nicht für opportun erachtet. 

Für Honorarnoten, die gleichsam unter der Aegide des Doct.- 
Coll. herausgegeben und selbstverständlich nur für die Mitglieder 
Giltigkeit haben, entwarf Herr Dr. Löffler das Formular, das 
auch vom Geschäftsrathe genehmigt wurde. 

Ueber eine Eingabe des Apotheker-Vereines „P r o g r e s s u s u in 
Graz, betreffend den unbefugten Verkauf von Geheimmitteln, refe¬ 
rirte Herr Dr. Jos. Scholz mit dem Hinweise auf die bestehenden 
Verordnungen und die geringe Aussicht auf die Besserung der be¬ 
stehenden Zustände. 

Anlässlich der wiederholt vorkommenden Verabfolgung heftig 
wirkender in der neuen Pharmakopoe mit f nicht bezeichneter 
Arzneistoffe im Handverkäufe der Apotheker lieferte OSR. Dr. 


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Schneller ein Referat, welches eine Revision der mit f bezeich* 
neten Stoffe beantragt, dieselbe jedoch bis dahin verschoben wissen 
will, bis die in Aussicht stehende Instruction für Apotheker zur 
Verhandlung gelange. Bei dieser Gelegenheit werde wohl die Gift¬ 
ordnung und die Pharmakopoe mit Rücksicht auf die mit f bezeich¬ 
nten Arzneien einer Revision unterzogen und auf die durch den 
Handverkauf bedingte Gefährdung der Gesundheit und des Lebens 
besondere Rücksicht genommen werden. Bis dahin sei es aber in 
hohem Grade wünschenswerth, dass die Mitglieder solche sicher 
gestellte Fälle dem Collegium bekanntgeben, um auf Grund dieser 
von den Apothekern in Abrede gestellten Vorkommnisse um so 
entschiedener bei der Revision der Pharmakopoe Vorgehen zu können. 

Ueber die Eingaben der ärztlichen Vereine des südlichen und 
der westlichen Bezirke betreffend das Verhältniss der praktischen 
Aerzte zu den Versieherungsgesellschaften lieferte Dr. Jos. Scholz 
eine Arbeit, welche die schwierige Stellung der Aerzte einerseits 
gegenüber ihren Clienten, andererseits gegenüber den Assecuranzen 
eingehend erörterte und zu einem Resume gelangt, welches den 
Aerzten Directive zur Damachachtung empfiehlt, wie sie sich beim 
Beginne und während der Versicherung, sowie bei Gelegenheit von 
Todesfällen zu verhalten hätten. 

In Vorberathung befindet sich ein Vorschlag zur Einsetzung 
eines Ehrenrathes im Schosse des Collegiums. Mit den Studien 
über diesen wichtigen Gegenstand, mit der Zusammenstellung der 
darauf bezüglichen anderwärts bereits bestehenden ähnlichen Insti¬ 
tutionen, so wie mit der Prüfung der damit erzielten Erfolge ist 
Herr Dr. Turkiewicz betraut. 

Die wichtigste Frage, welche das Comitd zur Förderung der 
Standesinteressen beschäftigte, war jene der Errichtung von 
Aerztekammern. 

Bei dem Umstande, als diese Frage durch die Ueberreichung 
der Petition des österreichischen Aerztevereins - Verbandes um 
Regelung der ärztlichen Verhältnisse an den hohen Reichsrath eine 
bedeutende Actualität und Dringlichkeit erlangt hatte, sah sich über 
Antrag der Herren Dr. J. Scho 1 z und Vice-Präsident Dr. Lederer 
das Comitd veranlasst, aus eigener Initiative dem Gegenstände ein¬ 
gehendste Aufmerksamkeit zu schenken und das Resultat seiner in 
vi^er Sitzungen fortgesetzten Berathungen in Form einer Petition 
an den hohen Reichsrath und das hohe Ministerium des Innern 
dem Geschäftsrathe zur Prüfung und Annahme nomine Collegii nach 
§ 15, al. 6, der Statuten zu empfehlen. Hiezu erschien ihm das 
Collegium um so mehr aufgefordert, als es laut Beschluss des Ge- 
schäftsrathes vom 28. November 1877 dem Aerzte-Vereinsverbande 
nicht beigetreten war. 

Das Comitd ging bei seinem Entwürfe, dessen Referenten die 
Herren DDr. v. Pernhoffer, Scholz und, nachdem diese das 
Referat abgegeben hatten, als Schlussreferent MR. Dr. Preyss 
waren, von der begründeten Ueberzeugung aus, dass die von dem öster- 


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reichischen Aerztevereins-Verbände vorgeschlagene Organisation nicht 
geeignet erscheine, die gehofften Früchte zu tragen, weder für die offent- 
liche Gesundheitspflege noch für die praktischen Aerzte. Denn nach 
seiner Ansicht fehle es weniger an der Institution berathender und 
begutachtender Körper als vielmehr an der Aufstellung hinreichend 
dotirter und richtig vertheilter Executivorgane. Für das allgemeine 
sanitäre Interesse, sowie zugleich für jenes der Aerzte würde die 
Legislative am besten durch ein Reichsgesetz sorgen, welches die 
Gemeinden zur Aufstellung von Communalärzten verpflichtet. 

Ein zweites Bedenken erblickte das Comite in der den An¬ 
schauungen der Gegenwart gänzlich widersprechenden zwangs¬ 
weisen Vereinigung der Aerzte in eine Kammer, wodurch 
nicht allein das gewährleistete Recht zur freien Praxis, sondern 
auch die von allen Collegen so hoch gehaltene Unabhängigkeit nach 
Aussen wesentlich beeinträchtigt erscheint. Hatte doch das damalige 
Doctoren-Collegium der med. Facultat bereits schon in den Fünf¬ 
ziger-Jahren wiederholt um Aufhebung des Zwangsbei¬ 
tritts jedoch vergeblich bei den Behörden angesuoht. In diese 
Zwangsgenossenschaft sollen aber nach der Petition des 
Aerztevereins-Verbandes mit den Doctoren zugleich sämmtliche Chi¬ 
rurgen eines Kronlandes Aufnahme finden, eine Verquickung, gegen 
welche das Collegium schon von vornherein, als Corporation von 
Doctoren, sich aussprechen musste. Das Comitd glaubte auch, 
dass durch Vermengung von, in ihrem Bildungsgrade so verschiedenen 
Elementen und mit Rücksicht darauf, dass in einzelnen Kronländem 
noch jetzt die Zahl der Chirurgen weitaus jene der Doctoren über¬ 
trifft, die beabsichtigten Zwecke nicht erreicht werden dürften. 

Diese Zusammensetzung aus so heterogenen Elementen würde 
auch bei dem angestrebten Disciplinarrechte leicht zu parteiischen 
Urtheilssprüchen und selbst zu Conflicten führen, die nichts weniger 
als die Collegialität befördern. 

Ebenso war das Comitö der Meinung,- dass zur Gründung 
humanitärer Institute Zwangskammern nicht erfor¬ 
derlich seien; Zeuge dessen die Errichtung und das Prosperiiren 
wohlthätiger Institute wie sie das Doct.-Coll. allein seit wenigen 
Jahren besitzt. Im Allgemeinen vertrat das Comitö die Ansicht, dass 
im Wege einer zweckmässig organisirten freien Vereini¬ 
gung vollständig gebildeter Aerzte die vom Vereins^ 
verbände angestrebten, anerkennenswerthen Zwecke 
eher und mit mehr Erfolg erreicht werden könnten. 

Um jedoch dem Vorwurfe zu entgehen, als ob es die ihm 
gebührende Stellung nicht hinreichend gewahrt habe, fügte das 
Comitd den eben entwickelten Bedenken an den hohen Reichsrath 
die Bitte bei: falls die Legislative dennoch die Errichtung von 
Aerztekammem beschliessen sollte, das Wiener med. Doct.-Coll. für 
Wien und die Vororte mit den Befugnissen einer Aerztekammer, 
die blos aus Doctoren bestehen sollte, auszustatten. 

Das Comitd hatte auch die Genugthuung, dass sein Referat, 


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101 


welches sich bereits durch die „Mitteilungen 41 in' den Händen 
sämmtlioher Mitglieder befindet, von dem Geschäftsrathe mit 25 gegen 
eine vereinzelte Stimme angenommen wurde. 

II. Nicht minder thätig als der Geschäftsrath, in Bezug auf die 
materiellen Interessen des ärztlichen Standes und die Hebung des 
Ansehens und der Würde des Collegiums, war auch der zweite 
grosse, der wissenschaftliche Ausschuss in Erfüllung der 
zweiten Aufgabe: „die Heilkunde in all ihren Zweigen im Collegium 
zu pflegen und fortzubilden“. Der Ausschuss als solcher hatte wohl 
in dieser Beziehung keine weitere Ingerenz, als dass er oder viel¬ 
mehr sein Obmann, der unermüdliche Prof. v. Schrötter, für 
jede der wissenschaftlichen Versammlungen einige gediegene Vor¬ 
träge zu gewinnen bemüht war. Vom 13. Jänner bis 15. December 
1879 fanden 15 solche Versammlungen statt, in welchen die Herren 
DDr. Loew, OSR. Schneller, Baron C. Rokitansky, Prim. 
Englisch, Weinberg, Prof. E. Hofmann, Prof.L. Mauthner, 
RR. Chrastina, Lerch jun., Hein, Prof.v.Schrotter, Pros.Hans 
Chiari, Prim. Kiemann, Heinrich Adler, Doc. Gustav Jurie, 
B. Kraus, Gschirhackl und Prof. L.eidesdorf (mehrere von 
ihnen wiederholt), längere Vorträge hielten, deren manche an einem 
Abende nicht beendet werden konnten. An den Vortrag Dr. Loew’s 
„über freiwillige Krankenpflege“ knüpfte sich eine längere Discus- 
sion, an der die DDr. Prof. Benedict, • Statthaltereirath v. Ka¬ 
rajan, Jos. Scholz, Baron Mundy und Frey sich betheiligten. 
Ebenso fand nach dem Vortrag des Herrn Primarius Englisch: 
„über den raschen Verfall bei eingeklemmten Eingeweidebrüchen“ 
zwischen dem Vortragenden und Dr. Gustav Jurid, sowie in Be¬ 
treff des Vortrages „Beitrag zur Formenlehre der Geisteskrankheiten“ 
von Prof. Leidesdorf zwischen diesem und Prof. Meynert ein 
lebhafter Austausch der Meinungen statt. Ueberdies wurden inter¬ 
essante Krankheitsfälle vorgestellt von den DDr. Baron Rokitansky, 
Englisch, G. Jurie, Mracek und Hans Chiari. — Dr. Tür¬ 
kin w i c z demonstrirte ein neu construirtes Krankenbett, das leicht 
in einen bequemen Lehnstuhl umgestaltet werden kann. — Ich 
gehe auf die Einzelheiten des hier Erwähnten nicht näher ein, da 
diese Ihnen ohnedies durch die „Mittheilungen des med. Doct.-Coll.“, 
die allmählich einen grösseren Leserkreis ausserhalb des Collegiums 
gewinnen, hinreichend bekannt sein dürften. 

Die Bibliothek des Collegiums um deren Anordnung 
sich Dr. v. Pernhoffer mit grossem Eifer verdient gemacht hat, ist 
nun völlig geordnet und wurde durch Austausch älterer Duplicate 
gegen bis dahin fehlende Werke, sowie durch manche werthvolle 
theils von den Autoren zur Besprechung in den ,,Mittheilungen“ ein¬ 
gesandte neue, theils von den Collegen gespendete umfangreiche 
ältere Werke und durch in Tausch gegen die „Mittheilungen“ erhal¬ 
tenen 30 Fachzeitschriften bedeutend vermehrt und zählt jetzt 
4714 Nummern (Werke, Broschüren, Zeitschriften u. s. w.) durch¬ 
aus medizinischen oder naturwissenschaftlichen Inhalts, zuzüglich 


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einiger Gesetzbücher und sprachlicher Lexioa. Die Zahl der Bände 
und Hefte beläuft sich auf mehr als 11.000; letztere Zahl ist jedoch 
in Folge der effeotuirten Einbände namentlich der Journale häutigen 
Schwankungen unterworfen und lässt sich aus diesem Grunde nicht 
aufs genaueste sicherstellen. — Auf Anregung des Herrn Bibliothekars 
dürfte der mit unsäglicher Mühe und grosser Genauigkeit zusammen' 
gestellte Catalog baldigst im Druck erscheinen. 

III. Nachdem ich Ihnen, geehrte Herren Collegen, die Thätig- 
keit Ihrer Mandatare im Geschäftsrathe und im wissenschaftlichen 
Ausschüsse geschildert, will ich die Verwaltung und die Wirksam¬ 
keit der Aushilfe' und Versorgungs-Institute des Coli, 
kurz besprechen. Ueber die finanzielle Gebahrung derselben wird 
Ihnen der Herr Cassier den eingehenden Rechnungsausweis yortragen. 

1. Die Vertheilung der Zinsen des Stifft’schen Aushilfs- 
fonds und der kleineren Fonde — des Aushilfsfonds des 
Doct.-Coli., des Well’schen und des Bagrdeff-Speranski- 
sehen Fonds, in denen sich keine Veränderung ergab, wurde wie 
alljährlich im Beisein des Sanitäts-Beferenten für Niederösterreich 
Herrn Dr. v. Karajan von der Commission zur Verwaltung des 
Stifft’schen Fonds am 21. Jänner vorgenommen. Diese Unterstützungs¬ 
quellen wurden noch um eine, die Gustav L e i t n e r’sche Stiftung, 
per 1000 fl. vermehrt, doch ist diese noch lange nioht nutzbringend, 
da der Stifter angeordnet hat, es sollen die Zinsen so lange kapi- 
talisirt werden, bis sie den jährlichen Ertrag von 100 fl. erreichen. 

2. In der Seifert’sohen Stiftung ergab sich keine Veränderung. 

3. Von der Sing er’sehen Stiftung soll durch das Ableben 
des Schwagers der Stifterin, Major v. Singer, der eine jährliche 
Nutzniessung von 300 fl. hatte, wieder ein Betrag von circa 7000 fl. 
Notenrente in die Verwaltung des Doot.-Coll. übergehen, doch 
sind die Verhandlungen hierüber noch im Zuge. 

4. Um die Kriegsstiftung haben sich 23 Bewerber ge¬ 
meldet. Da unter diesen kein Militärarzt, der im Kriege von 1866 
erwerbsunfähig geworden, während von den petitionirenden Invaliden 
aus dem Mannschaftsstande viele Verwundete im hohen Grade hilfs¬ 
bedürftig sind, so wurden über Vorschlag des Superintendenten Herrn 
Prof. Dr. J. Gruber zwei von diesen — Mistelbauer Franz aus 
Neusatz und Gallowitsch Ludwig aus Wien — mit dem diesjährigen 
Stiftungsgenusse per je 70 fl. betheilt. 

5. Durch die Hochherzigkeit der Mitglieder des ärztlichen 
Vereines der westlichen Bezirke, insbesondere der dafür rastlos 
thätigen DDr. von Khautz und Polacsek, wurde von diesen für 
die Hinterbliebenen des auf so schauerliche Weise ermordeten 
Dr. Mühlhauser eine Sammlung eingeleitet, die so ergiebig 
war, dass von dem Gesammelten Noten-Benten-Obligationen im Be¬ 
trage von 8000 fl. angekauft werden konnten, welche dem Collegium 
in Verwahrung gegeben wurden mit der Bestimmung, das Capital 
zu Gunsten der Kinder zu verwalten und die Zinsen davon der 
Witwe als Erziehungsbeitrag für die Kinder zukommen zu lassen. 


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IV. lieber die Thätigkeit des Ausschusses, sowie über die Wirksam¬ 
keit des Unterstützungs-Instituts wurden Sie schon durch 
den in Nr. 6 der „Mittheilungen“ veröffentlichten Bericht aus der am 
28. Februar 1. J. stattgehabten Generalversammlung aufgeklärt. loh 
erlaube mir, hier nur noch hervorzuheben, dass die Zahl der Mit¬ 
glieder abgenommen hat, da nur 2 neu beigetreten und 4 mit Tod 
abgegangen sind, was sehr zu bedauern ist. Dieser spärliche Beitritt 
ist kaum zu erklären, umsoweniger als die Collegen wiederholt 
darüber aufgeklärt wurden, dass das Institut keine Almosen spendet 
und dessen Inanspruchnahme wie die einer jeden anderen gegen¬ 
seitigen Versicherungsanstalt eine berechtigte ist. Dass die höheren 
Jahresbeiträge für in vorgerückteren Jahren Aufgenommene nicht 
abschrecken können, beweisen die zwei neu Zugekommenen, deren 
einer für 29 Jahre nachgezahlt hat. Der günstige Yermögensstand 
des Instituts aber (über 92.000 fl. nominal, d. i. nahezu 75.000 fl. 
effectiv) sollte, bei den gleichzeitig gering gestellten Anforderungen 
an dessen Ertrag, vielmehr einladen als abhalten. Die Mitgliederzahl 
am 31. December 1879 war 232, zu denen in diesem Jahre schon 
3 zukamen. Der innerhalb 20 Jahren an Aushilfen gezahlte Betrag 
ist 33,934 fl. 41 kr. 

Y. Das Pensions-Institut des Collegiums hat auch 
im heurigen Jahre Fortschritte in seiner Entwicklung gemacht, und 
kann wohl mit Recht behauptet werden, dass namentlich die so 
wichtige flnancielle Situation sich täglich bessert. Mehr als alle 
Worte beweist der heutige Yermögensstand, welcher nach 2 8 / 4 jährigem 
Bestehen die Summe von mehr als 70.000 fl. Notenrente aufweist. 

Dieser Erfolg ist vor Allem den prompten Einzahlungen der 
Mitglieder zuzuschreiben; auch haben sich im jüngst abgelaufenen 
wie in früheren Jahren für dieses unter den jetzigen Zeitverhält¬ 
nissen so wichtige Institut einzelne Wohlthäter gefunden, und da 
allen Instituten unserer Körperschaft zahlreiche Unterstützungen Zu¬ 
flüssen, so ist zu hoffen, dass namentlich besser situirte Collegen 
bei Freudenfesten, Jubiläen u. s. w. Anlass nehmen werden, dem 
Pensions-Institute als Gründer oder Stifter beizutreten oder durch 
gütige Spenden und Legate dieser wichtigen neuesten Bethätigung 
unseres alten Collegiums hilfreich beizustehen. Den jüngeren Collegen 
aber glaube ich im wohlverstandenen eigenen Interesse rathen zu 
sollen, dass sie ehemöglichst auch dem Pensions-Institute als Mit¬ 
glieder beitreten wollen. 

VT. Die Witwen- und Waisen-Societät kommt in diesem 
Jahre etwas später zu ihrer Generalversammlung, weil der Rechnungs- 
Sachverständige, Herr Professor Hessler, durch die Berechnung 
der Tabellen für den neuen Einzahlungsmodus aufgehalten und auch 
sonst sehr in Anspruch genommen, die Bilanz für das Jahr 1879 
noch nioht vorgelegt hat. Indess kann ich Ihnen, geehrte Herren 
Collegen, doch mittheilen, dass der Entwurf der neuen Statuten voll¬ 
endet ist und schon Anfangs Jänner 1. J. an sämmtliche Mitglieder 
der Societät mit dem Ersuchen versendet wurde, etwaige Abänderungs- 


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Vorschläge an demselben bis 15. Februar bekannt geben zu wollen. 
Es langten wirklich auch mehrere Vorschläge ein, die der Ausschuss 
vorläufig in Berathang zieht, um sie dann, je nach den darüber 
gefassten Beschlüssen, in der Generalversammlung vorzutragen. 

Dass schon jetzt die für die Zukunft in Folge der Ausschei¬ 
dung aus der Universität und des dadurch bedingten Entganges der 
Facultäts-Eintrittstaxen nothwendig gewordenen höheren Einzahlungen 
die Mitglieder des Collegiums zu zahlreichen Beitritt in die Societät 
bewegen, erhellt daraus, dass im abgelaufenen Jahre 21 neue Mit¬ 
glieder — eine bisher noch nicht vorgekommene Zahl — sich um 
die Aufnahme bewarben, wogegen allerdings 7 verstorbene die Zahl 
der am 31. December 1878 verbliebenen um 7 verminderten, daher 
von den damals verbliebenen 343 nur 336 ins neue Jahr herüber¬ 
kamen, so dass der Stand am letzten December v. J. 357 gewesen. 

Von den am Schlüsse des Jahres 1879 verbliebenen 92 Witwen 
starben im Verlaufe des vorigen Jahres .... 2 

dagegen kamen aber neue zu.9 

Es hat sich demnach deren Zahl vermehrt um . . 7 „ 

wodurch die Zahl der Pensionistinnen auf .... 99 stieg. 

Im Stande der Waisen ist keine Aenderung; es blieben 5 

Die Gesammtzahl der Witwen-Pensionen beträgt demnach 104 

Auch der Vermögensstand der Gesellschaft hat sich in er¬ 
freulicher Weise vermehrt. Er betrug am Schlüsse des Jahres 1878 

nach einigen Abschreibungen. 1,975.911 fl. 79*5 kr. 

Im J. 1879 ergaben sämmtl. Einnahmsquellen 134.352 „ 58*5 „ 

In Summe . 2,110.264 fl. 38 kr. 

von denen in Abgang kommen die Gesammt- 
ausgaben für Pensionen, Steuern, Begie u s. w. 
nebst Abschreibungen vom Häuserwerthe, 

zusammen. 75.523 „ 27 „ 

Daher am Schlüsse des Jahres 1879 das Ver¬ 
mögen einen Kaufwerth repräsentirt von . 2,034.741 fl. 11 kr. 

mit einem Nominalwerthe Von. 2,156.869 „71 „ 

und einen Curswerth von ...... 2,063.197 „ 12 „ 

Es braucht wohl keines weiteren Beweises als des Ausdruckes 
dieser Ziffern, um darzulegen, dass mit grosser Vorsicht operirt. 
wurde, indem daraus erhellet, dass nur Werthe angekauft wurden, 
welche eine Garantie gegen Verluste bieten. 


VII. Ehe ich zum Schlüsse komme, um über den derzeitigen 
Personalstand zu sprechen, wollen Sie mir noch erlauben, einen 
kurzen Rückblick zu werfen auf das Entstehen und Wachsen des¬ 
selben; denn Sie werden daraus ersehen, dass eine Corporation, 
welche auf einer festen Grundlage steht und die ihr vorgesteckten 
Ziele: Förderung der Wissenschaft, Wahrung der Interessen ihres 
Standes und die Versorgung der ihr Angehörigen anstrebt — wenn 


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105 


sie auch von der Regierung sich keines besonderen Schutzes er- 
freut — trotz zahlreicher Gegner allmählich mehr Anhänger und 
Mitglieder gewinnt, ohne dass diese zwangsweise zum Anschlüsse 
getrieben werden. Ja noch mehr, sie suchen die Aufnahme nach, selbst 
auf die Gefahr hin, dass sie, wie es schon geschehen, in geheimer 
Abstimmung zurückgewiesen werden, wie das Folgende beweist. 

Als die Ausscheidung des Doct.-Coll. der medicinischen Facultät 
aus dem Verbände mit der Universität durch das Gesetz vom 27. April 
1873 beschlossen und dem Doct.-Coll. zu seinem Fortbestände, der 
gleichwohl in dem Gesetze ausgesprochen ist, alle Einnahmsquellen 
verschlossen wurden, sah sich der in der letzten Plenarversammlung 
des alten Collegiums zur Fortführung der Geschäfte gewählte Aus¬ 
schuss gezwungen, die Collegen aufzufordem, erklären zu wollen, 
ob und welche freiwilligen Beiträge sie zu leisten gesonnen seien, 
um die nothwendigsten Regiekosten decken zu können, und bis zur 
constituirenden Versammlung am 26. Juni 1874 des neu organisirten 

Collegiums haben sich.490 

gefunden, die durch Subscription von 3—10 fl. ihrem Wunsche, 
im Collegium zu verbleiben, Ausdruck gaben. Nachdem in 
dieser constituirenden Versammlung ein Jahresbeitrag vorläufig 
von 5 fl. für jedes Mitglied festgesetzt wurde, traten bis zur 
ersten ordentlichen Generalversammlung, die am 15. März 

1875 statthatte, aus dem alten Collegium noch.122 

Mitglieder über, zu denen auch solche gezählt wurden, 
welche die früher normirte Ausfnahmstaxe nur zum Theile 
gezahlt hatten und die daher nur über Beschluss dieser 
Generalversammlung ohne Erlag einer neuen Eintrittstaxe 
aufgenommen werden konnten. 

Im Laufe der folgenden Jahre bis Ende 1878 kamen 
immer noch Einzelne hinzu, theils ordentliche Mitglieder des 
alten Collegiums, theils solche, welche die frühere Aufnahms- 
taxe nicht voll gezahlt hatten, und war deren Zahl ... 24 

so dass im Ganzen aus dem alten ins neue Coli, übertraten 636 

Von diesen schieden wieder aus.18 

gestorben sind (darunter 2 neue Fleischmann, Heider) 54 

Es giengen also ab.'. 72 

und verblieben.564 

denen sich neu aufgenommene anschlossen.100*) 

wodurch die Gesammtzahl am 31. December 1878 gestiegen 
war auf ..664 

Es hat sich also die Zahl der Mitglieder, ungeachtet mehr als 8°/ 0 
mit Tod abgingen, innerhalb vier Jahre um mehr als 4°/ 0 vermehrt. 

Noch günstiger stellt sich das Verhältniss im Jahre 1879. 


*) 1874/5: 8. - 1875: 15. — 1876: 44. — 1877: 18. — 1878: 15. 


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106 


Zu den Ende des Jahres 1878 verbliebenen.664 

wurden im J. 1879 neu aufgenommen mit Eintrittstaxen 30 
dann 2 frühere ordentliche Mitglieder und 5, welche von 
der früheren Eintrittstaxe nur Raten gezahlt hatten . . 7 

somit im Ganzen. 37 

demnach der höchste Stand.701 

Von diesen gingen ab durch den Tod.20 

durch Austritt. 2 22 

Es verblieben somit am 31. December 1879 . 679 


Seitdem kommen schon in diesem Jahre neu aufgenommene 
9, wogegen 5 ältere mit Tod abgingen, daher eine Vermehrung von 4 

Die Collegen, welche vom April bis zum Schlüsse des Jahres 
1879 uns durch den Tod entrissen wurden, sind die Herren DDr. 
Herzog Alois*), Hesser, v. Kreuzenberg, Oesterreicher, 
Sacks, Swoboda, V. Well, Zimmermann, Eleckles, Weg¬ 
scheider und 6ranich8tädten, denen in diesem Jahre schon folgten 
die DDr.: Kirschnek, Grillparzer, Strakosch, Strautz 
und Moriz Auspitz. — Lassen Sie uns ihr Andenken durch 
Erheben von unseren Sitzen ehren. 

Zu dieser traurigen Mittheilung muss ich Ihnen noch eine 
bedauerliche machen. Der bisherige Secretär und Cassier des 
Collegiums, Herr Dr. Hopfgartner, der seines Amtes durch acht 
Jahre mit so anerkennenswerthem Eifer und gewissenhafter Genauig¬ 
keit gewaltet, dass er schwer zu ersetzen ist, sieht sich aus Gesundheits¬ 
rücksichten genöthigt, seine bisherigen Stellen niederzulegen. Es ist 
nun an Ihnen, geehrte Herren Collegen, an seinerstatt eine Wahl 
zu treffen. Möge sie eine glückliche sein! 

Ich kann diesen Bericht nicht schliessen, ohne mich des mir 
gewordenen Auftrages zu entledigen, allen jenen Herren Collegen, 
welche ihre Zeit und Thatkraft in was immer für einer Richtung 
zur Förderung der Zwecke des Collegiums verwendeten, und die ich bei 
einzelnen besonderen Leistungen namentlich angeführt zu haben glaube, 
im Namen des Präsidenten die vollste Anerkennung und den wärmsten 
Dank auszusprechen, insbesondere aber auch über Beschluss des 
Geschäftsraths den Antrag zu stellen: Die hochansehnliche General¬ 
versammlung wolle beschliessen, dass nachgenannten Herren Collegen 
für ihre hervorragenden Leistungen der Dank der Generalversamm¬ 
lung ausgedrückt werde und zwar: Vor allem sämmtlichen Mitgliedern 
des Comitö zur Förderung der Standesinteressen und insbesondere 
dem Obmann desselben, Herrn OSR. Dr. Schneller, dessen rast¬ 
losem Eifer es zu danken ist, dass die Masse von Arbeiten, welche, 
wie Sie aus dessen Berichte entnommen haben, dieses Comite zu 
bewältigen hatte, zu einem gedeihlichen Abschlüsse kam. — Dem 
Herrn Dr. Hopfgartner, der nicht nur die gewöhnlichen Ge¬ 
schäfte des Secretariats mit Sachkenntnis, unermüdlichem Eifer und 


*) Die Träger der fettgedruokten Namen waren Jubüare. 


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107 


musterhafter Genauigkeit durch volle acht Jahre geführt, sondern 
sich auch bei der Reconstituirung des Coli, nach dessen Ausscheiden 
aus der Universität und bei der Creirung des Pensions-Instituts in 
hervorragender Weise betheiligte; schliesslich dem aasscheidenden 
Rechnungscensor des Unterstützungs - Instituts, Herrn Dr. B e h s e 1, 
der dieses Amt mit gewissenhafter Genauigkeit besorgte und nicht 
mehr in der Lage ist, eine etwaige Wiederwahl annehmen zu können. 

Und nun ersuche ich den Herrn Cassier, Ihnen den Rechnungs¬ 
bericht über die Vermögensgebarung des Collegiums sowohl als über 
die demselben zur Verwaltung anvertrauten Fonds und Stiftungen 
vorzutragen, welche beide die Censoren eingehend geprüft und richtig 
gefunden, sowie sie auch die Cassen scontrirt und in bester Ordnung 
getroffen haben, nach deren Richtigbefund Ihrerseits die hochgeehrte 
Generalversammlung den Rechnungslegern über Antrag des Geschäfts¬ 
rath es das Absolutorium ertheilen, den Voranschlag für das laufende 
Jahr genehmigen und den Jahresbeitrag für das Jahr 1881 wie 
bisher mit 5 fl. festsetzen wolle. 

In der wissenschaftlichen Versammlung am 5. April 

demonstrirte Pros. Docent Dr. C h i a r i zunächst Präparate von 
einem Falle von Microcephalie. 

Er acquirirte diese Präparate am 16. August 1879 im 
St. Anna - Einderspitale bei der Obduction eines sechsjährigen 
idiotischen Mädchens, welches an bilateraler Infiltratio pulmonum 
verstorben war. Das Mädchen war seit jeher blöde gewesen, 
seine Geschwister und Eltern hingegen geistig gesund. Nur 
der Bruder der Mutter, der gegenwärtig über 20 Jahre alt ist, 
soll schwachsinnig sein. Während des Spitalaufenthaltes hatte 
das Mädchen ganz den Eindruck eines vollständig blöden In¬ 
dividuums gemacht. Es hatte nur unartriculirte Laute ausgestossen, 
Nahrung nie selbst begehrt, die Stuhl- und Harnentleerungen 
nie angezeigt. Nur hie und da hatte es geschienen, als ob es 
nach dem Wasserglase weise, um dadurch seinen Durst anzu¬ 
zeigen. Die Eltern hatte es erkannt, insoferne es die Hände 
nach ihnen ausstreckte, wenn sie in das Spital kamen. Das 
Steh- und Gehvermögen war nicht alterirt gewesen. 

Bei der Obduction fand sich nebst chronischer Lungen- 
und Darmtuberculose hochgradige pathologische Kleinheit des 
Schädels und Gehirns mit abnormer Configuration der Hirn¬ 
oberfläche. Der Schädel des 94 Ctm. langen Mädchens war in 
allen Dimensionen zu klein, namentlich im Bereiche des Hirn- 
theiles. Eine sagittale Durchschnittszeichnung dieses Schädels ver¬ 
glichen mit einer eben solchen Durchschnittszeichnung eines 
normalen sechsjährigen weiblichen Schädels liess ganz auffällig 
die Grössenverschiedenheit erkennen. Die einzelnen Schädel¬ 
knochen waren etwas dicker, die Nähte und ebenso die Syn- 
chondrosis spheno - basilaris waren nicht synostosirt. Die Im- 


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108 


pressiones digitatae und Juga cerebralia zeigten nur geringe 
Entwicklung. Das Gehirn hatte ein sehr geringes Gewicht. Das 
Grosshirn sammt den inneren Meningen wog 403 Gramm, das Klein 
hirn, ebenfalls mit den inneren Meningen gemessen,wog 112 Gramm. 
Zum Vergleiche führt C. das Gewicht des Grosshirns und Klein¬ 
hirns bei einem normal entwickelten sechsjährigen Knaben mit 
1100 Gramm, resp. 160 Gramm an und weist auch hin auf die ab¬ 
norme Relation zwischen Grosshirn- und Kleinhirngewicht bei dem 
microcephalen Gehirne gegenüber dem normalen Durchschnitts¬ 
verhältnisse. Die Windungen und Furchen des Grosshirns waren 
wenig entwickelt. Die Hauptgyri und Hauptsulci Hessen sich 
zwar erkennen, jedoch fehlten grössteütbeils die weiteren Win¬ 
dungen und Furchen. Besonders einfach war die Gestaltung 
der Gyri im Bereiche des Stirnhirns. Die vorderen Centralwin¬ 
dungen waren wegen mangelhafter Entwicklung des Sulcus prae- 
centralis nur angedeutet. Die Gyri occulti fehlten vollständig. 
Die Grossganglien des Grosshirns und die Markmasse desselben 
zeigten entsprechende Kleinheit. Die Ventrikel waren nicht 
dilatiit, das Kleinhirn erschien vollkommen gut ausgebildet. Die 
mikroscopische Untersuchung des Gehirns ergab bis auf den 
Befund eines bohnengrossen Tuberkels in den inneren Meningen, 
der Corticalis und Marksubstanz des linken Stirnhirns keine 
pathologischen Verhältnisse. C. kommt zu dem Schlüsse, dass 
es sich in diesem Falle nicht um eine auf eine Schädelanomalie 
zu beziehende Micrencephalie handelte, sondern dass die Klein¬ 
heit des Gehirns, da Texturveränderungen im Gehirne nicht ge 
funden wurden, als eine ursprüngliche Aplasie des Gehirns auf¬ 
zufassen sei. Der Idiotismus dürfte wohl aus der zu geringen 
Masse functionirender Hirnsubstanz zu erklären sein. 

Weiter demonstrirt C. Präparate von einem Situs per- 
versus totalis, den er am 22. März d. J. im Rudolf-Spitale 
bei einem 71jährigen, an Pneumonia sinistra verstorbenen Manne 
secirte. Besonders interessant sind die Verhältnisse am Herzen 
und an der Leber, indem sich an diesen Orgarnen die voll¬ 
ständige Verkehrung des r. und 1. in den einzelnen Theilen 
sehr deutlich manifestirt. C. zeigt diese Verwendung zwischen 
r. und 1. an den genannten Organen durch Vergleich derselben 
mit Normalorganen. 

Den hierauf folgenden Vortrag des Herrn Dr. Hertzka 
über Haemophilie werden wir in einer späteren Nummer voll¬ 
inhaltlich mittheilen. 

Nach diesem Vortrage und im Anschluss an denselben 
sprach noch Primararzt Dr. Englisch über die Wirksamkeit 
und die Vortheile bei Anwendung der hämostatischen Baum- 
woll-Charpie von Eckstein zum Stillen von Blutungen, ins¬ 
besondere an von vielen kleinen Gefässen durchzogenen Partien, 
wie in der Hohlhandfläche u. dgl., deren er sich seit mehreren 
Jahren zu diesem Zweck mit bestem Erfolge bedient. 


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109 


Aus dem Geschäftsrathe. 

Die Sitzung am 7. April, die erste nach der diesjährigen 
Generalversammlung, welche unter dem "Vorsitze des Vice- 
präsidenten Dr. Preyss und in Anwesenheit des zweiten Vice- 
präsidenten Dr. Hopfgartner, des Secretärs Dr. Reitter und 
von 20 Mitgliedern des Geschäftsrathes statthatte, eröffnete der 
Vorsitzende mit einer Begrüssung der Anwesenden, in der er der 
Freude Ausdruck gab, die früheren, zum Austritt bestimmt ge¬ 
wesenen Mitglieder durch Wiederwahl alle wieder vereinigt zu 
finden, wenn auch die Stellungen einiger in dieser Versammlung ver¬ 
rückt wurden, und stellte dann den einzigen neu Gewählten, Herrn 
Dr. Paul Mittler, der Versammlung vor. Ebenso auch Dr. Hopf¬ 
gar tner als zweiten Vicepräsidenten und Dr. v. Per nh off er als 
Secretär-StellVertreter. Hierauf schritt man zur Wahl der Schrift¬ 
führer, und wurden zu denselben per acclamationem Dr. Anthofer 
wieder und Dr. Sigmund Adler neu gewählt, welche beide die 
Wahl auch annahmen. Dann wurden die Herren DDr. Friedrich 
Allmayer, Emanuel v. Berger, Vincenz Läufer und 
Hermann Ritt. v. Schuster, sämmtlich in Wien domicilirend, 
als Mitglieder in das Collegium aufgenommen. Dieser Auf¬ 
nahme folgten Mittheilungen des Secretärs über verschiedene 
Einläufe, worunter Bücherspenden, namentlich von OSR. Dr. 
Schneller und von der Direction der Bericht des Leopoldstädter 
Kinderspitals für d. J. 1879. Ferner theilte der Vorsitzende mit, 
dass er mit dem Delegirten des akademischen Senats, Herrn 
OSR. und Prof. Dr. Hof mann, sich über* die Ausfolgung von 
mehreren Actenstücken aus dem Archiv des Collegiums an die 
Universität endlich verständigt habe, nachdem es bisher wegen 
allzu anmassenden Benehmens der früheren Delegirten unmöglich 
gewesen, mit diesen in collegiale Verhandlungen einzugehen. 
Dr. P. bezeichnet die abzugebenden 80, nur auf Studienangelegen¬ 
heiten bezüglichen Actenstücke genau und ersucht um die Ermäch- 
tigung, dieselben abgeben zu können, womit die Versammlung 
sich einverstanden erklärte. 

Zum Schlüsse bringt der Vorsitzende in Erinnerung, dass 
der all verehrte Präsident des Collegiums, Hofrath Ritter von 
Schmerling, am 1. Mai sein 70. Lebensjahr vollende und 
macht den Vorschlag, diesen frohen Tag, an welchem dem 
Jubilar gewiss von mehreren Seiten Ovationen gebracht werden 
dürften, auch von Seite des Collegiums in feierlicher Weise zu 
begehen. Leider musste gleichzeitig auch zur Kenntniss ge¬ 
bracht werden, dass eine tiefe Betrübniss in der Familie herrsche, 
indem die hochgeachtete Frau Gemalin des Präsidenten, eine 
liebenswürdige Dame, mit der er durch 36 Jahre in glücklicher 
Ehe lebt, vor Kurzem einen apoplectischen Anfall hatte, infolge 
dessen die ganze linke Seite gelähmt wurde, ohne dass bei aller 
möglichen Hilfe bisher eine wesentliche Besserung eingetreten wäre. 


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110 


Auf Grund dieses traurigen Ereignisses musste vorläufig von jeder 
Veranstaltung eines lärmenden Freudenfestes Umgang genommen 
werden und wurde beschlossen, sich auf die Ueberreichung 
einer schön ausgestatteten Adresse zu beschränken, die von allen 
Mitgliedern des Geschäftsraths und sonstigen Functionären des 
Collegiums unterzeichnet werden solle. Zugleich wurde der 
Vorsitzende beauftragt, dem Herrn Präsidenten im Namen des 
Geschäftsrathes das tiefste Beileid auszudrücken. 

Aus dem Pensions-Institut des Wiener med. Doc.-Coll. 

In der am 3, d. M. abgehaltenen Plenar-Versammlung wurde 
der heurige Stand der Institutskassen mit 72.000 fl. ausgewiesen; 
derselbe ist im schnellen Wachsen begriffen, dagegen sind bisher 
und voraussichtlich noch durch fünf Jahre keinerlei Ausgaben 
zu bestreiten. Zu Functionären wurden die DDr. Hans Adler 
zum Präsidenten, Dr. Heim zum Präsidenten Stellvertreter, 
Dr. Nicol ad oni zum Schriftführer wieder-, ferner zu Verwal¬ 
tungs-Ausschüssen die DDr. Josef S c h o 1 z und Josef Englisch; 
zu Ersatzmännern die DDr. Peter Langer, Ferd Nödl, Emil 
Pernitza, Ludw. Fürth und Karl Reitter; zu Revisoren 
die DDr. Doll, Koller und Mittler neugewählt. 

Notizen. 

Ernennung, ße. k. und k. Majestät haben mit Allerhöchster Ent- 
sohliessung vom 9. April d. J. den Priyatdocenten Dr. Ernst von F leisohl 
zum unbesoldeten ausserordentlichen Professor der Physiologie an der Uni¬ 
versität in Wien allergnädigst zu ernennen geruht. 

Auszeichnung. Der Gemeindeausschuss in Franzensbad hat den geheimen 
Sanitätsrath, Herrn Dr. Bosch an, aus Anlass seines Rücktrittes in das Privat¬ 
leben nach einer 85jährigen erspriessliehen ärztlichen Thätigkeit zum Ehren¬ 
bürger ernannnt. 

Die Armenarztesstelle, welche durch den Tod Dr. Kreutzenberg’s 
im Gemeindebezirke Margarethen erledigt worden, wurde dem emeritirten 
Seoundararzte im Wiedner Spitale, Herrn Dr. August Mayer, verliehen. 

Sterbefölle. Am 29. März d. J. verschied zu Wien naoh langwieriger und 
schmerzhafter Krankheit im 36. Lebensjahre Dr. Heinrich Zippe, k. k. Landes¬ 
gerichtsarzt und Mitglied des Wiener medioinisohen Doctoren-Collegiums, ein 
Sohn des früheren Wiener Universitätsprofessors und Regierungsrathes Dr. Zippe. 
Geboren zu Prag im Jahre 1844, absolvirte er zu Wien im Jahre 1863 das 
akademische Gymnasium und 1868 die medioinisohen Studien und wurde im 
Jahre 1869 zum Dootor der Medioin promovirt. Die Psychiatrie zu seinem 
Fachstudium erwählend, hat er sich schon als Seeundararzt in der Irrenanstalt 
zu Ybbs, sowie später als Assistent Prof. Meynert’s in der niederöster- 
reichisohen Landesirrenanstalt und in der Privatheilanstalt Prof. Leidesdorfs 
zu Döbling durch seine wissenschaftliche Tüchtigkeit hervorgethan. Im Jahre 1873 
wurde ihm die durch die Berufung des Herrn Regierungsrathes Dr. Schlager 
zum Direotor der Wiener Irrenanstalt erledigte Stelle eines k. k. Landes¬ 
gerichtsarztes für psychiatrische Begutachtungen verliehen; er ist diesem 
beschwerlichen verantwortungsvollen und gediegenes Wissen beanspruchenden 
Berufe stets mit grösstem Eifer und strengster Gewissenhaftigkeit naohgekommen 
und für seine ausserordentliche wissenschaftliche Befähigung legen seine zahl¬ 
reichen Arbeiten auf forensisohem und journalistischem Gebiete die besten 
Zeugnisse ab. Dr. Zippe war ein offener, ehrlicher Charakter, ein liebens¬ 
würdiger College, ein tüohtiger Fachmann. Ruhe seiner Asche! 


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111 


Vor wenigen Tagen erst erhielten wir die betrübende Naohricht von 
dem Tode eines der jüngsten Mitglieder unseres Collegiums, der am 16. Mürz 1. J. 
nach nur fünftägigem Krankenlager zu Karlstadt in Croatien einer Lungen¬ 
entzündung erlegen ist. Dr. Theodor Bu oh holz war am 6. September 1843 
in Mantua geboren, wurde im Jahre 1868 in Wien zum Med. & Chir. Dr. pro- 
movirt, und trat sofort als Oberarzt in die k. k. Armee, wo er naoh wenigen 
Jahren schon zum Regimentsarzt ernannt wurde. Im April 1878 wurde er 
während eines kurzen Urlaubs in Wien als ordentliohes Mitglied in das Doot.- 
Coli, aufgenommen, aber noch ehe er seinen Urlaub ausgenutzt hatte, wurde 
er zur Ocoupations-Armee naoh Bosnien einberufen und allen Unbilden eines 
Krieges ausgesetzt, denen seine ohnedies nioht sehr kräftige Constitution nioht 
widerstehen konnte. Dessenungeachtet hat er ausgehalten, bis das Regiment, 
bei dem er diente, naoh Croatien zurückgezogen wurde, wo ihn der Tod er¬ 
eilte. Der Verstorbene wurde von Allen, die ihn näher kannten, wegen seines 
gediegenen Wissens und seines ruhigen, anspruohlosen Wesens hoohgesohätzt 
und sein Verlust betrauert. Möge ihm die Erde leicht sein! 

In der J. D alp’schen Buchhandlung (R. S chm i d) in Bern ersohien soeben: 

Therapeutischer Almanach für praktische Aerzte 

von Dr. G. Beck. 

7. Jahrgang. 1880. Gebunden mit Papiereinlage. (Des Taschenbuches der 
neuesten Therapie. II. Bändchen. 3. Heft.) Mk. 1*60. 

Die „Medizinisch-chirurgische Rundschau“ vom August 1879 
sagt über den vorigen Jahrgang: 

„Der vorliegende Almanach will nioht eine Receptsammlung für ange¬ 
hende Praktiker darstellen, sondern präsentirt sich gleichsam als Jahresbericht 
der neuesten Fortschritte der Therapie und ist als solcher ein allen Aerzten 
empfehlenswertes Naohschlagebüchlein. Denkt man an die grosse Anzahl 
Droguen und Präparate, welche jedes Jahr in die ärztliohe Praxis eingeführt 
werden, so wird man den Werth des vorliegenden Büohleins ohne Weiteres 
begreifen. Dieser wird duroh eine sorgfältige Präoisirung der Dosirung und 
durch genaue Literaturangaben, wie sie hier vorhanden sind, gewiss nur erhöht. 
Die Stichproben, welohe wir anstellten, den Almanach zu prüfen, ob er hält, 
was er verspricht, zeigten, dass derselbe mit Fleiss und Sorgfalt abgefasst ist.“ 

Der neue Jahrgang zeichnet sioh von den früheren naoh aussen duroh 
seinen englischen Leinwandband und Papiereinlage aus, die die Brauchbarkeit 
des Büohleins als Tasohenbuoh noch erhöhen werden. 

Das am 1. April ausgegebene Heft 2 des zweiten Jahrgangs der 

lllustrirten Vierteljahrsschrift für ärztliche Polytechnik 

von Dr. G. Beck 
(Bern, Dalp’sohe Buchhandlung) 

enthält die Abbildungen und Beschreibungen zum Theil gänzlioh neuer, 
zum Theil noch in keinem deutschen Journal veröffentlichter oder illustrirter 
Apparate und Instrumente: E. Backei (Strassburg), lithotristisoher Evacua- 
tiossapparat. Klamann (Luckenwalde), Canüle^zu rückwärtswirkenden Urethral- 
injectionen. Heller (Nürnberg), neuer Höllensteinträger. Neuber (Kiel), 
Karbol-Spray für Spitäler. Wendschuoh (Dresden), neue Onanie - Bandage. 
Holzer (Franzensbad), Irrigations-Speculum. Demaurex (Genf), neue Sutur- 
pincette, Zerstäuber mit Spitzenreiniger, obturirende Canüle für Thorakocentese. 
Hughes (London), galvanische Hörmesser (Audiometer). Hiokinbotham (London), 
Plaoentar und Uteruspolypenzange. Ogilvio Will (Aberdeen), Knöpfe zur 
Entspannungsnaht. Matthew, Gypssäge. Hayes (Dublin), neues Bruchmesser. 
Baker (London), Klumpfuss-Apparat. Cooking, proplastio spinal jacket. Erichsen 
(London), Apparat zur Geraderichtung anohilotischer Gelenke. Grayton (Cin- 
cinati), Audiphon und Deutaphon. Curric (New-York), Doppel hohlnadel. 
Schweig (New-York), Urethral-Dilator. Fletscher (Massaohetts), Mikrotom. 
Fryer (New-York), Simssohes Speoulum. Baker (Boston), Vaginometer. Cross 
(Philadelphia), Urethrotom, Urethraldilatator, Urethrometer. Weise (New-York), 
Urethrometer. 


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112 


Soll 


Summarischer 

des Wiener medieinisehen 

für das 


Vermögens-Stand am 31 December 1878: 

Papier 

Baar 

fl. 

kr. 

fl. 

kr. 


13800 

87 

309 

. 

Verkehrsbank-Einlage und Baarvorrath. 

Neue Einnahmen: 

576 

79 


. 


626 

32 


1541 

8 

900 

• 


3440 

• 


15917 

95 

| 5276 

TT 

i. i 

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’scher 


1 

2 

3 

Vermögens-Stand Ende 1878: 

Neuer Empfang: 

Einlage in das Verkehrsbank-Buoh . 

Herausgenommen aus der Verkehrsbank. 

6218 

279 

65 

28 

258 

271 

99 

29 


*6497 

98 

525 

28 

II. Aushil 

fs-F 

or 

id di 



Vermögens-Stand Ende 1878 : 

2012 

48 


• 


Neuer Empfang: 





1 

Interessen. 

. 

. 

92 

1 

2 

.Einlagen in die Sparcasse und Verkehrsbank. . . 

102 

48 


• 

! 3 

| Herausgenommen aus der Sparcasse. 


• 

70 

25 

i 

1 

tu, zz 

2214 

96 

162 

26 

1 

i i 

in 

1. Bs 


ree 



Vermögens-Stand Ende 1878 : 

2092 

I 61 


• 

! 

Neuer Empfa ng: 





l 

Interessen. 



87 

45 

2 

Einlage in das Verkehrsbank-Buch. 

56 

45 



3 

Herausgenommen aus der Verkehrsbank. 


' 

45 




2149 

6 

| 132 

45 


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113 


Rechnungs-Ausweis 

Doetoren-Collegiums 

Jahr 1879. 


Haben 


b 

X 


Papier 

1 Baai 


■ 

u_ 

Ausgaben: 

fl. 

kr. 

1 fl * 

kr. 

1 

Regie.. 


m 

2831 

1 

2 

Journal „Mittheilungen“.. 

* 


1475 

48 

3 

Ankauf von Werthpapieren. 



819 

57 

4 

Für Pensions-Institut. 

Vermögens-Stand am 31. December 1879: 

• 

• 

26 

48 

5 

Papier-Renten. 

15800 




6 

7 

Yerkehrsbank - Buch - Einlage . .. 

Baarvorrath .. 

117 

95 

19 a j 

*7 




Aushilfs-Fond. 


Ausgaben: 

Unterstützungen an 1 Doctor, 


2 Waisen 


Witwen 


Einlage in das Verkehrsbank-Buch. . 

Vermögens-Stand am 31. December 1879: 

Papier-Rente, vinculirt Nr. 107093 und 104547. 



246 . 

265 95 

, . 

* 

279 28 

5750 . 


200 . 

. . 

281 98 

. 

6497 93 

525 28 


Wr. med. Doct.-Collegiums. 


Ausgaben: 

1 Unterstützungen an 4 Witwen und 1 Waise 

2 Einlage in die Yerkehrsbank. 

3 Herausgenommen aus der Sparcasse .... 
Saldo am 31. December 1879: 


Speransky-Fond 


Ausgaben: 

1 Unterstützungen an 5 Witwen und 2 Waisen 

2 Einlage in das Yerkehrsbank-Buch. 

3 Aus dem Verkehrsbank-Buch herausgenommen 
Saldo am 31. December 1879: 

Silber-Rente Nr. 36715 und 31227 vinculirt 
Yerkehrsbank-Buch-Einlage. 


1 . 


64 . 

• 

. 

98 26 

II 74 

47 

• 

2000 



140 

49 

• 

2214, 

96 

162 26 


2000 . 

104 6 . 

2149 6 132 45 


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IIPost-Nr. 


114 


IV. v. Well’scher 


Papier 

i 

Baar 

i 

fl. 

kr. 

fl. 

kr. 

2406 

1! - 

16 

• 1 

| 99 

35 

51 

5 

76 

70 

t- 

»o 

2h 

176 

1 


Vermögens-Stand Ende 1878: 

Neuer Empfang: 

1 Interessen . 

2 Einlagen in das Verkehrsbank-Buch. . 

3 Herausgenommen aus der Sparcasse . . 


V. Dr. Anton Bisenz’ 


Vermögens-Stand am 31. Deoember 1878: 1049 29 

I Neuer Empfang: 

1 | Interessen. 44 60 

2 Einlage in das Verkehrsbank-Buch. 81 5 

3 jj Herausgenommen aus dem Verkehrsbank-Buch . . . . 59 29 


_| n30 |34jj 103 |89| 

VI. Kriegs-Stiftung des 


Vermögens-Stand am 31. December 1878: | 334: 

, Neuer Empfang: j 

1 ; Interessen... 

2 Herausgenommen aus der Verkebrsbank. 

3 I Einlage in die Verkehrsbank. 78 


|_ _jj 3421 j45 | 218 |67 

VII. Dr. Josef Singer’ 


Vermögens-Stand am 31. December 1878: 14697 67! . . 

Neuer Empfang: 

1 Interessen. j . . 661 9* 

2 | Einlagen in das Verkehrsbank-Buch. 149 78 . .1 

3 Aus dem Verkehrsbank-Buch herausgenommen . . . . 118 74 ( 


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_ 14847 45 | 779 |83j 

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115 


Unterstützungs-Fond. 


Haben 


b 

35 


; Papier 

Baar 

OB 

e 

O* 

Ausgaben: 

! fl. 

kr. 

A. 

kr. 

1 

Unterstützung an 4 Witwen und 2 Waisen . . . 

i 


125 


2 

Einlage in das Verkehrsbank-Buoh. 


. 

51 

5 

3 

Herausgenommen aus dem Verkehrsbank-Buoh . . 1 
Saldo am 31. Deoember 1879: 

j 76 

70 

• 



Papier-Rente Nr 23417 vinculirt. 

900 

. 

, 



Silber-Rente Nr. 31185 vinculirt. 

1400 


. 



Verkehrsbank-Buch-Einlage.. 

1 80 

51 

. 



2457 

21 

176 

"5 







»che Stiftung. 



Ausgaben: 





1 

Stipendien an 1 Dootoranden. 

. 

. 

24 

. 

2 

Einlage in das Verkehrsbank-Buoh. 

. 


79 

89 

3 

Herausgenommen aus dem Verkehrsbank-Buoh . . 

60 

45 

. 

. 


Saldo am 31. December 1879: j 






Papier-Rente Nr. 107095 vinculirt. 

1000 

. 

. 

. 


Verkehrsbank-Buch-Einlage. 

; 69 

89 


. 



| 1130 

«j 

103 

89 



; 

1 




Wr. med. Doct.-Collegiums. _ 

Ausgaben: 

1 |i Unterstützungen an 2 Patental-Invaliden. 

2 j Einlagen in die Verkehrsbank. 

3 Herausgenommen aus dem Verkehrsbank-Buoh . . 
Saldo am 31. December 1879: 

Papier-Rente vinculirt. 

Verkelirsbank-Einlagc. 


79 

3250 

92 


140j . 
78'67 




3421 

45 

| 218 

67 

i II i 

sehe Stiftung. 





i 

Ausgaben: 

Unterstützungen an 8 Witwen und 1 Waise . . . 



1 620 


2 

Einlagen in das Verkehrsbank-Buch. 


. 

147 

63 

3 

Aus dem Verkehrsbank-Buch horausgenommen . . 

121 

2 



4 

Grabausschmückung in den Jahren 1878 und 1879 



12 


5 

Kosten der Vinculirung der Noten-Renten . . . 



. 

20 


Vermögens-Stand am 31. December 1879 

1 Stück galiz. Grundentlastung8-Obligation vinculirt 

7000 

. 

• 



1 „ Silber-Rente vinculirt.„ 

1900 


. 



9 „ Donauregulirungs-Obligationen . . „ 

900 

. 

. 



Noten-Renten.„ 

4800 


1 



Verkehrsbank-Buch-Einlagen. 

126 

43 

i 




r- 

-f 

00 

-r 

45 

779 

83 








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116 


Soll 


VIII. Frank’scltes 


ü ! 


Papier 

Baar 

c» 

Q 


fl. 

kr. 

fl. 

kr. 


Vermögens-Stand Ende 1878: 

1291 

64 

• 

• 


Neuer Empfang: 





1 


. 

. 

60 

27 

2 

Einlage in die Verkehrsbank. 

52 

27 


• 



1343 

91 

60 

27 


IX. Dr. Joh 

ann 

Seyfei 

“1 

'V_ 


Vermögens-Stand am 31. December 1878 : 

9760 

63 


• 


Neuer Empfang: 





1 

Interessen. 

. 

. 

> 499 

80 

2 

Einlagen in das Verkehrsbank-Buch. 

648 

66 


• 

3 

i Herausgenommen aus dem Verkehrsbank-Buohe. . | 


• 

1 561 

85 



|10409|29 

1061 

65 

’i 


X. Bibliothek- 




Vermögens-Stand am 31. December 1878: 

267 

53 

. 

. 



Neuer Empfang: 






1 

Interessen. 

. 

. 

42 

30 


2 1 

Einlagen in die Verkehrsbank. 

42 

30 

• 

• 


3 

Herausgenommen aus der Verkehrsbank .... 

• 

• 

39 

95 




309 

83 

82 

25 









XI. Dr. Heinrich 


Vermögens-Stand am 31. December 1878: 

Neuer Empfang: 

Interessen. 

Verkehrsbank-Buch-Einlage. 

Herausgenommen aus der Verkehrsbank . . . 


XI 


2094 


88 


2183 


88 

126 


214 


58 


58 


Dr. Gustav 


i 

i 

Empfang : 

Legat des am 29. November 1878 verstorbenen Herrn 
Dr. Gustav Leitner in galiz. Grundentlastungs- 
Obligation. 

• 

1000 


*47 

i 

60 

2 

3 

Interessen. 

Einlage in die Verkehrsbank. 

*40 

6 




1040 

j6 

47 

60 

i 


! 





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117 


Legat._ Haben 


tm 

>5 


Papier 

ßaar 


OB 

« 

CL 

Ausgaben: 

fl - 

|kr. 

ft. 

kr. 


1 

| Au genscheinskosten und Grabausschmückung . . . 


. 

8 



2 

iiEinlage in die Verkehrsbank. 

. 


52 

27 



Saldo am 31. December 1879: 







2 Kaiser Ferdinands-Nordbahu-Prioritaten . . . 

600 

. 

# 




Yerkehrsbank-Einlage. 

| 743 

91 






1343 

91 

60 

27 


sei 

he Stiftung. 

1 1 

1 





Ausgaben: 






1 

Pensionen an 4 Witwen. 



420 



2 

Einlagen in das Verkehrsbank-Buch. 


• 1 

641 

65 


3 

Herausgenommen aus dem Verkeilrsbank-Buche. . 

567 

86 

. 




Saldo am 31. December 1879: 







1 Schuldschein, intabulirt auf dem Hause 18 in 







Gumpendorf. . 

6300 






Papier-Rente yinculirt. 

3200 






Yerkehrsbank-Buch-Einlagen. 

341 

43 


. 




10409 

29 

1061 

65 


F« 

i n d. 







Ausgaben : 






1 

Tischler- und Buchbinder-Rechnung. 



39 

95 


2 

Einlage in das Yerkehrsbank-Buch. 

9 

. 

42 

30 


3 

Herausgenommen aus der Verkehrsbank .... 

39 

95 

# 

. 



Saldo am 31. December 1879: 







Sparcassebuoh-Einlage. 

269 

88 

. 





309 

83 

82 

1- 


He 

rzfelder’s Stipendien-Stiftung. 







Ausgaben: 






i 

Stipendium an 1 Mediciner. 

, 

. 

126 



2 

Einlage in das Yerkehrsbank-Buch. 



88 

58 


3 

Herausgenommen aus der Verkehrsbank. 

126 



. 



Saldo am 31. December 1879: 







Notenrente yinculirt. 

2000 

. 





Verkehrsbank-Buch-Einlage. 

57 

19 

• 

. 




21831 

19 

214 

58 



ll 


Leitner Stiftung. 



Ausgaben: 


" 



“ 

1 

Quittungsstempel bei Uebernahme der Grundent- 







lastungs-Obligation. 



3 

75 


2 

Interessenvergütung an Herrn Advocaten Dr.Baumann 







vom 1. November 1878 bis 29. November 1878 







als dem Todestage des Herrn Legatars .... 



3 

79 


3 

Einlage in die Verkehrsbank. 



40 

6 



Saldo am 31. December 1879: 







Galizische Grundentlastungs-Obligation Nr.3698 pr. 

1000 






Einlage in die Verkehrsbank. 

40 

6 

. 





1040 

6 

47 

60| 










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Ip08t-Xr. 


118 


1 

2 

3 

4 

5 

6 


XIII. Gottfried Mosing 


Empfang : 

Am 30. December 1879 von der hohen k. k. 
n. 6. Statthalterei übernommen 

Stiftungs Capital: 

1860er Lose, vinculirt. 

Silber-Rente, „ . 

Noten-Renten, „ . 

N. ö. Grundentlastungs-Obligation. 

Baargeld.. 

Einlage in die Verkehrsbank . 

1 Papier 

Paar 

1 fl * 

kr -| 

1 fl * 

kr 1 

800 

800 

1 9200 
100 

171 

21 

171 

* 

21» 


11071 

21*! 

171 

j~ 




1 1 1 


-;[-H—1 — I 

XIV. Dr. Mühlhau- 



Empfang: 




1 

Aerztlicher Verein der westlichen Bezirke übergibt 





1 Sparkassebuch mit Einlage . 

5008 

8 



2 

f n n r> . 

130 




3 

Herr Dr. Josef Scholz Sammlung von. 



26 


4 

Hr. Dr. Polaczek nachträgl. noch durch H. Dr. v.Kautz 



17 


5 

Anonymus. 



6 


6 

Wiener medio. Doctoren-Collegium aus Anlass der 






silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten. 

• 


200 


7 ! 

Interessen der Sparcassebüoher. 



24 

37 

8 

Einlage in die Sparcasse. 

24 

14 



9 

Herausgenommen aus der Sparoasse. 



5135 


10 

Angekaufte Noten-Renten. 

8000, 






13162| 

22 

5408 

37 








Dr. y. Slohmerling» 

Präsident. 


Revidirt und 

Dr. Bernhard Wölfler, Rechnungscensor. 


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119 


ser uonto. 



Ausgabe: 





1 

Herausgenommen aus der Sparcasse. 

5135 




2 

Escomptegebühr dabei. 



5 

3 

3 

Einlage in die Sparcasse. 



24 

14 

4 

Ankauf von 8 Stüok Noten-Renten k fl. 1000 . . 



5368 


5 

Interessenvergütung dabei. 

Saldo am 31. December 1879 : 



n 

20 


8 Noten-Renten k fl. 1000 . 

, 8000 


• 

• 


Sparcassebucheinlage. | 

27 

22 

1 




13162 

22; 

! 5408 

37 





1 i 



Dx*. Hopfjjartner, 

C&ssier. 


richtig befunden: 

Dr. Eduard Nagel» Rechnungsoensor. 


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120 


Eingesendet« 

Dr. J. Hoisel, welcher in den letzten zwei Badesaisonen als ärztlicher 
Leiter in Krapina-Töplitz fungirte, hat diese Stellung niedergelegt und kehrt 
wieder auf seinen früheren Posten als landschaftlicher Brunnenarzt nach 
Rohitsch-Sauerbrunn, welchem Curorte er schon durch 6 Jahre angehörte, 
zurück. 


Einladung 

zu der am Montag den 19. April, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistoriaisaal), 

1. Sonnenfelsgasse 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen 'Versammlung. 

Programm: 

1 . Ueber Behandlung der Rippenfraoturen mit Gypsverband von Herrn 
Dr. Adolf Klein, erstem Secundar-Arzt im Krankenhaus Rudolf-Stiftung. 

2. Zur Anwendung des Pilocarpins in der Geburtshilfe (dritter Vortrag 
hierüber) von Herrn Dr. Alexander Lerch jun. 

Dr. v. Schmerling, Präsident. Dr. Karl Reitter, Secretär. 

Die General - Versammlung der 
Witwen- und Waisen-Societät des Wr. med. Doct.-Coll., 

zu welcher die Herren Mitglieder geziemend eingeladen werden, 
findet Montag den 26 April 1880, Abends 7 Uhr, im Sitzungs¬ 
saale des akademischen Senates, Sonnenfelsgasse 23, statt. 

Programm: 

1. Bericht über die Geschäftsführung, den Personal- und Vermögens- 
Stand der Sooietät pro 1879. 

2. Erledigung der Sooietätsreohnung pro 1879. 

3. Festsetzung des Pensions-Ausmasses und Genehmigung des Voran¬ 
schlages pro 1880. 

4. Wahl von zwei Mitgliedern des Ausschusses auf 3 Jahre*). 

5. Wahl von zwei Ersatzmitgliedern des Ausschusses auf 1 Jahr**). 

6 . Berathung und Beschlussfassung über den Entwurf neuer Statuten. 

*) Als Mitglieder dos Ausschusses fungirten 1879: 

a) Als Senioren die Herren Doctoren: Lackner J. N., v. Ounz sen., 
Ferd. Hebra, Weyda, Welker und Winternitz David . 

b) Als Gewählte die Herren Doctoren: Schneller, Beitter, Preyss, 
Gauster, Bitter von Badda und Bitter von Eisenstein. 

Die beiden Ersteren haben nach § 24 der Statuten auszutreten, sind 
aber wieder wählbar. 

**) Als Ersatz-Mitglieder des Ausschusses fungirten im Jahre 1879 die 
Herren: Dr . Klein Ludwig und Dr. Spitzmüller Julius. 

Jene Herren Mitglieder, welche irgend eine Wahl anzunehmen gesonnen 
sind, werden ersucht, ihre Candidatur der Societäts-Direotion bekannt geben 
zu wollen. 

Dr. Theodor Jurie, Präses. 


Die nächste Summer erscheint am 29. April. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doct.-Coll. — Verantwortlicher Bedaetenr 
Dr. L Hopfgartner. — Gesellsohafts-Pnchdrncker*»i, Wien, ITT. Erdbergerstrassß 3. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 29. April 1880. JMi*. IO 


MITTHEILUNGEN 

des 

ffimmr MBüiciaiscPeo DoEtoroa-CollBiiimis. 

Erscheint jeden «weiten Donnerstag ein halber bis ein ganaer Bogen und darüber, an 
10 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nlohtmitglieder des Collegiums im In¬ 
luide 8 fl., nach dem Aaslande 6 Mrk. — Binseine Nummern 26 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pr&numerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplita dfc Dentfcke 
(vormals Karl Czermab), Wien, I., öchottengasse 6. 

Zuehriftei ud Zmsendnngen an die Bedaction: Wien Kanzlei dos Wiener aed. 
Doel-Coll. ud der Witwen- und Waisen-Societät, ßetfeentknrastrasse 23. 


Inhalt: Die UI. ordentliche General-Versammlung des Pensions-Institutes des Wr. med. Doct.- 
Coll. — Aus dem wissenschaftlichen Ausschüsse. — Wissenschaftliche Versammlung am 
19. April. — Verzeichniss der Functionäre des Wr. med. Doct.-Coll. im Jahre 1880—81. — 
Notizen. — Einladung zur wissenschaftlichen Versammlung. 

Die III. ordentliche General-Versammlung 
des Pensions-Institutes des Wiener med. Doctoren-Collegiums, 

abgehoben amt 3. April 1880, 7 Uhr Abends, im Sitzungssaal des Collegiums. 

Nachdem der Präsident des Pensions-Institutes, Dr. Hans A d l e r, 
die statutemnässig normirte Anzahl der Instituts-Mitglieder consta- 
tirt hatte, eröffnete er die Sitzung, indem er die Anwesenden be- 
grüsste, worauf er dem Schriftführer Herrn Dr. Popper das Wort 
ertheilte zur 'Verlesung des Protokolls der vorjährigen Generalver¬ 
sammlung ; was geschah, und da Niemand dagegen eine Einwendung 
gemacht, wurde dasselbe verificirt. Hierauf ergriff der Vorsitzende 
das Wort zu folgender Ansprache: 

Hochgeehrte Versammlung! 

¥ Bevor ich auf den ersten Gegenstand der Tagesordnung „Be¬ 
richterstattung über die Thätigkeit des Pensions-Institutes im abge¬ 
laufenen Jahre“ übergehe, erlauben Sie mir den folgenden, vom 
Verwaltungs-Ausschüsse einstimmig angenommenen Dringlichkeits¬ 
antrag vorzutragen: 

Herrn Hofrath Dr. Ritter von Schmerling, Prä¬ 
sident desWr. med. Doct.-Coll., zum Ehrenmitgliede des 
Pensions-Institutes zu ernennen und ihm das Ehren¬ 
diplom am 1. Mai d. J., am Tage seines 70. Geburts¬ 
festes zu übergeben. 

Es ist vielleicht nicht Allen unter Ihnen die Entstehungs¬ 
geschichte unseres Institutes bekannt und so erlauben Sie mir, meine 
Herren, Ihnen in Kürze folgendes mitzutheilen: Nachdem die Idee 
der Gründung eines solchen Institutes von einer kleinen Gruppe 
jüngerer Wiener Aerzte gefasst worden, war es das Natürlichste 
dieses Institut an die bestehenden Humanitäts-Institute des Wiener 


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122 


med. Doct.-Coll. anzulehnen und den künftigen Mitgliedern durch 
diese Association und die dadurch ermöglichte Controle eine Garantie 
für die Reellität der Unternehmung zu bieten. Betrachtete man die 
schon damals blühenden Fonds dieses Collegiums, so ergab sich, dass 
die Witwen-Societät nur durch die grossartige und mehr als jahr- 
hundertlange Unterstützung des Doct.-Coll. reich und angesehen 
geworden und dass das Unterstützungs-Institut der Wesentlichkeit nach 
aus grossherzigen Schenkungen der Collegiums - Mitglieder erstand. 
Jedenfalls verdankten diese Fonds ihr Erblühen dem alten Doctoren- 
Collegium. Das Pensions-Institut war wohl von vornherein in der 
Hauptsache auf die mathematisch berechneten Einzahlungen seiner 
Mitglieder basirt, aber die heutigen für einen beschränkteren ärzt¬ 
lichen Körper gewiss seltenen Erfolge hat unser Institut auch mit 
der moralischen und materiellen Unterstützung des Doct.-Coll. zu 
verdanken. Auf diesem günstigen Umstande beruht allein die Mög¬ 
lichkeit billiger Einzahlungen, wie sie von keiner anderen Ver¬ 
sicherungs-Gesellschaft aufgestellt werden könnten. 

Wem aber verdankte das Pensions-Institut und seine Mitglieder 
diese Grundbedingungen seines Bestandes, diese Voraussetzungen 
seines heutigen und künftigen Erblühens? — Vor Allem dem viel¬ 
jährigen Präsidenten des Doct.-Coll. 

Hofrath von Schmerling war es, der schon der Idee einer 
Altersversicherung für Aerzte freundlichste Theilnahme schenkte, der 
mit Mässigung die jetzt freilich verstummten Zweifel bestritt, der 
persönlich allen wichtigen Sitzungen bei Berathung der Statuten 
präsidirte, der schliesslich die statutarischen Verpflichtungen des Doct.- 
Coll. „alle Gründungs- und Verwaltungs-Auslagen für das Pensions-In¬ 
stitut bis zum Erstarken des Reservefonds zu tragen“, kräftigst befür¬ 
wortete. Ununterbrochen und auch heute ist Schmerling ein 
warmer Freund des jungen Institutes. Es ist somit nicht nur ein 
Act der Courtoisie gegen das Doct.-Coll., nein vielmehr der richtige 
Ausdruck der Dankbarkeit unseres Institutes gegen den Mann, der 
sich in solcher Weise um das Zustandekommen und den Bestand 
dieses ersten mathematisch basirten ärztlichen Pensions-Institutes 
verdient gemacht hat, wenn dieses Institut dem Präsidenten des 
Doct.-Coll. bei Gelegenheit der Feier seines 70. Geburtstages die 
höchste Ehrenstelle, welche nur die Generalversammlung zu verleihen 
hat, anbietet und von ihrem Ernennungsrechte nach § 4 der Sta¬ 
tuten zum erstenmale Gebrauch machend, Schmerling zum 
Ehrenmitgliede des Pensions-Institutes ernennt! 

Dr. J. Scholz beantragt sofort die Erhebung dieses wohl- 
motivirten Antrages zum Beschlüsse, somit die Ernennung des Hof- 
rathes Dr. v. Schmerling zum Ehrenmitgliede des 
Pensions - Institutes, was alle Anwesenden unter Beifalls¬ 
bezeugungen mit Stimmeneinhelligkeit auch thaten. Der Vorsitzende 
sprach dafür seinen Dank aus und schloss die Verhandlung über 
diesen Gegenstand mit den Worten: „durch diese Abstimmung hat 
die Versammlung ebensowohl den zu Feiernden als sich selbst geehrt“. 


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123 


Hierauf erst las Präsident Dr. Adler im Namen des Ver¬ 
waltungsausschusses den Bericht über die Thätigkeit des Pensions- 
Institutes im Jahre 1879, wie folgt: 

Geschätzte Versammlung! 

Sehr geehrtes Pensions-Institut des Wiener med. Doct.-Coll.! 
Es gereicht mir zur höchsten Befriedigung, Ihnen die Mittheilung 
machen zu können, dass sich die finanzielle Situation des Pensions- 
Institutes von Tag zu Tag bessert. Dieser Umstand ist wichtig für 
den materiellen Bestand unseres Institutes und ihm allein haben 
wir auch die so schätzbare Anerkennung aus Kreisen zu verdanken, 
welche bis zum heurigen Jahre dieser neuesten Schöpfung des Doct.- 
Coll. geringere Beachtung geschenkt hatten. Diesen guten Stand 
seines Vermögens dankt das Institut in erster Reihe den exact zu- 
fliessenden Einzahlungen seiner Mitglieder, der Gründer dieser für 
die Zukunft und Entwicklung des ärztlichen Standes hoffentlich zu 
segensreicher Wirksamkeit berufenen Einrichtung. 

Der von Ihnen, meine Herren, mit der Administration betraute 
Verwaltungs-Ausschuss hat mit Eifer und Gewissenhaftigkeit die 
mannigfachen Geschäfte theils in den statutarisch festgesetzten Monats¬ 
sitzungen, theils in einer grösseren Anzahl von Comitö-Sitzungen 
erledigt. Die Anlage des Capitales wurde bisher in pupillarsicheren 
Papieren vorgenommen und für die Zukunft wird auch die Erwer¬ 
bung eines gutverinteressirenden ersten Haussatzes angestrebt. 

Wir dürfen es nicht unterlassen, auf die ausserordentlichen 
mit Zeit- und Müheopfem verbundene Thätigkeit unseres Cassiers 
Herrn Dr. Qopfgartner hinzuweisen, dessen ausgezeichnete Ge¬ 
schäftskenntnisse und gediegene Arbeitskraft unserem Institute auch 
heute noch erhalten bleiben, zu einer Zeit, in der unser verehrter 
College, durch Geschäftsüberbürdung ermüdet, sich veranlasst sah, 
einen Theil seiner Ehrenstellen niederzulegen. Ich ersuche die 
geehrte Versammlung als Zeichen der Anerkennung für diese aus¬ 
gezeichnete Thätigkeit und besondere Selbstaufopferung den Dank 
des Institutes auszusprechen. 

Herr Dr. Reitter hat, wie in früheren Jahren, die Buch¬ 
führung übernommen und alle Eigenschaften eines tüchtigen, geschäfs- 
gewandten Cassiers erworben. 

Die Mitgliederziffer war bis Schluss 1879 — 109, davon haben 
4 ihren Austritt erklärt, 2 sind gestorben; im heurigen Jahre (1880) 
sind wieder bis jetzt 3 Mitglieder zugewachsen. Leider haben wir 
in diesem Jahre auch schon den Verlust eines Mitgliedes, eines jungen 
hoffnungsreichen Arztes, unseres wackera Ereundes und Collegen 
des Herrn Dr. Ludwig Grillparzer zu beklagen, der am 
8. Jänner im blühendsten Mannesalter in Weidlingau, dem Orte seines 
selbstgeschaffenen schönen Wirkungskreises, verstarb. Möge ihm die 
Erde leicht sein! Sie aber, meine Herren, ersuche ich, zum Zeichen 
der Theilnahme und des ehrenden Andenkens, sich von den Sitzen 
zu erheben. 


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124 


Nachdem wir dieser traurigen Pflicht nachgekommen, müssen 
wir auch Worte des Dankes sagen jenen Herren, die im heurigen 
Jahre die Zwecke des Vereines durch gütige Spenden unterstützten. 
Es sind dies die Herren Dr. Much und Apotheker Lamatsch. 

Den Ausdruck der vollsten Dankbarkeit zollt aber jedenfalls 
unser Institut dem löblichen Wiener med. Doct.-Coll., welches durch 
die statutarisch gesicherte Bestreitung sämmtlicher laufender Aus¬ 
lagen (für Druck, Regie u. s. w.) die Zwecke unserer Institution 
kräftigst fordert. 

Dieser grossmüthigen Unterstützung haben wir es zu danken, 
dass wir nicht nur bis heute, sondern mindestens auch durch die 
nächstfolgenden fünf Jahre — dem Zeitpunkte der Auszahlung 
unserer ersten Pension — gar keine Auslagen zu bestreiten haben. 
Diesem glücklichen Umstande haben wir es zu verdanken, dass die 
Capitalien unserer sämmtlichen Fonds, mit Zinseszinsen verinteressirt, 
ruhig anwachsen können und schon heute, nach erst 2 8 / 4 jährigem 
Bestände die Summe von mehr als 72.700 fl. Noten-Rente betragen. 

Nach diesem an und für sich bedeutenden, bei den jetzigen 
preeären Verhältnissen unseres Standes aber namhaften Erfolge, ist 
an dem ferneren Erstarken des Pensions-Institutes, das jetzt schon 
von manchen Vereinen als Musterinstitut anerkannt wird und dessen 
vortreffliche Statuten von verwandten Unternehmungen ad verbum 
adoptirt wurden, nicht mehr zu zweifeln. Das Vertrauen, das sich 
in Zahlen ausdrückt, spricht wohl deutlicher, als es viele Worte 
vermöchten, für die Richtigkeit der Grundsätze, auf denen unser 
Institut basirt ist, denen nunmehr auch die allgemeine Anerkennung 
nicht mehr fehlt. 

Trotzdem dürfen wir nicht stehen bleiben bei dem jetzigen 
Stande unseres Institutes, wir dürfen uns nicht zufrieden geben 
mit den bisherigen Erfolgen, im Gegentheile müssen uns diese Er¬ 
folge aneifem, auf den betretenen Bahnen fortzufahren. 

Sie, meine Herren, haben mit einem Vertrauen, das sich 
keinen Augenblick verleugnete, die unvermeidlichen Schwierigkeiten 
der Gründung besiegt. Sie haben ein Institut in’s Leben gerufen, 
welches so vorzüglich geschaffen ist, nicht nur Ihnen, sondern 
ungleich mehr künftigen Generationen zu dienen. Sie werden Ihre 
eigene Schöpfung sicher nicht aus dem Auge verlieren, Sie werden 
schliesslich auch im eigensten Interesse gewiss bestrebt sein, immer 
mehr Theilnehmer heranzuziehen. Wenn Sie Alle dies Eine ernst¬ 
lich wollen, so werden sie es auch erreichen. Und so wird eine 
herrliche Einrichtung befestigt werden, dem ganzen ärztlichen Stande 
zum Nutzen und Ihnen zur Ehre! 

Und nun ersuche ich den Herrn Cassier, Ihnen Bericht zu 
erstatten über die Vermögens-Gebarung im Jahre 1879, nach dessen 
Richtigbefund Sie den Rechnungslegern über Antrag der Revisoren 
das Absolutorium ertheilen und darnach zu den Wahlen der Functionäre 
schreiten wollen. 


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125 


Der CassierDr. Hopfgartner theilt sodann den Rechnungs- 
Abschluss des Pensions - Institutes mit Ende des Jahres 1879 mit. 
Hiernach betrugen: 


Die Einnahmen des Prämienfonds 

fl. 

11111.81 



Interessen desselben. 

n 

1618.79 

fl. 

12730.10 

Die Einnahmen d. Rückversicherungs- 





fonds. 

fl. 

1488.96 



Interessen desselben. 


234.29 

n 

1723.25 

Die Einnahmen des Reservefonds 

fl. 

838.70 



Interessen desselben. 

7) 

39.56 



Interessen des Gründungsfonds . . . 

V 

25.20 

n 

403.46 


Su 

m m e . . 

fl. 

14856.81 

Wird hiezu der Vermögensstand am 





Ende des Jahres 1878 gerechnet, 





und zwar: 





des Prämienfonds mit .... 

fl. 

23519.07 



„ Rückversicherungsfonds mit 

n 

3926.95 



„ Reservefonds mit .... 

n 

696.06 



„ Gründungsfonds mit . . . 

n 

445.— 

fl. 

28587.08 

so gibt dies einen Vermögensstand von . 

. 

fl. 

43443.89 


Da diesen Einnahmen keine Ausgaben gegenüber stehen, so 
wnrde das Gesammtvermögen in Werthpapieren angelegt und besass 
das Pensions-Institut am 31. December 1879 : 

Noten-Renten im Nominalbeträge von fl. 53.000 mit 

einem Ankaufswerth von.fl. 34159.30 

Oesterr.-ungarische Bank-Pfandbriefe von fl. 8000 mit 

einem Ankaufswerth von.. 7955.— 

und Verkehrsbank-Einlagen im Gesammtbetrage von „ 1329.59 

Summe . . fl. 43443.89 


Für Stempel sind eingegangen . . . 

fl. 

108.92 

Vom Jahre 1878 waren verblieben . 

V 

4.88 

Summe . . 

fl. 

113.80 

An Stempelgebühren wurden entrichtet 

n 

109.50 

so dass ein Baarvermögen von . . . 
für Stempelauslagen erübrigt. 

fl. 

4.30 


Die Herren Rechnungsrevisoren Dr. Doll Eduard, Dr. Koller 
Rupert und Dr. Mittler Paul haben den vorstehenden Rechnungs¬ 
abschluss in allen Details genau geprüft, mit dem Cassabuch in 
voller TJebereinstimmung und richtig gefunden, daher mit Protokoll 
vom 17. März 1880 die Ertheilung des Absolutoriums an den 
Rechnungsleger beantragt. 

Die Generalversammlung ertheilte diesem Anträge entsprechend 
einstimmig das Absolutorium. 

Der Cassier Dr. Hopfgartner theilte weiter mit, dass nach 


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126 


einem am 31. März 1880 vorgenommenen Rechnungs -Abschluss 


der Vermögenstand 

des Prämienfonds.fl. 43037.08 

„ Rückversicherungsfonds.„ 6706.70 

„ Reservefonds.... 1142.42 

„ Gründungsfonds.. . „ 445.— 


das Gesammtvermögen betrug somit.fl. 51331.20 


mit einem Nominal wer the in Effecten von .... „ 73152.90 

Auch diese Mittheilung wurde beifällig zur Kenntniss genom¬ 
men und dann zu den Wahlen geschritten; das Resultat derselben 
haben wir bereits in der letzten Nummer dieses Blattes (9, S. 109) 
mitgetheilt. Es gab dem Präsidenten Anlass zu folgendem Schlusswort: 

„Durch Ihr Vertrauen sind wir alle zur Administration wieder 
berufen worden; ich danke Ihnen, meine Herren, im Namen aller 
Wiedergewählten. Wir werden uns auch fortan bemühen, Ihr Werk 
auf der Basis unserer Statuten zu befestigen. Wir werden nicht 
aufhören, die Aerzte über die Vortheile des Pensions-Institutes auf¬ 
zuklären, die Indifferenten aufzustachelu, die glücklichen unter uns 
zu erinnern, dass es ihre Pflicht ist, das nicht zu beneidende Los 
der grossen Masse unserer Berufsgenossen zu verbessern. 

Sie aber, meine Herren, bitten wir um Ihren gewichtigen Beistand. 
Und somit schliesse ich die III. General-Versammlung des 
Pensions-Institutes. u 


Aus dem wissenschaftlichen Ausschüsse. 

Dieser Ausschuss, in welchen von den zum Ausscheiden 
bestimmten acht Mitgliedern in der diesjährigen, am 22. März 
stattgehabten Generalversammlung sechs wiedergewähit und 
zwei, die DDr. Josef Scholz und Victor Seng, durch die neuge¬ 
wählten Mitglieder, die DDr. Gustav Lott und Salomon Hajek 
ersetzt wurden, nahm am 20. April, unter dem Vorsitze des 
Vicepräsidenten Dr. Preyss und in Anwesenheit des Secretärs 
Dr. ßeitter und 15 seiner Mitglieder die statutenmässige 

Constituirung vor. Die Anwesenden ersuchten einstimmig den 
Herrn Professor Dr. von Schrott er, die Stelle des Obmanns, 
die er nun schon seit mehreren Jahren innehatte, auch für 

das laufende Jahr (1880/81) wieder zu übernehmen, wozu 

sich dieser auch bereit erklärte und den Vorsitz sofort über¬ 
nahm. Hierauf wurde auf Antrag des Vorsitzenden zu dessen 
Stellvertreter Dr. David Winternitz per acclamationem, 

und ferner die DDr. Batsy und Hans Chiari zu Schrift¬ 
führern wiedergewählt, dann die Programme für die zwei 
noch im Monate Mai statthabenden wissenschaftlichen Ver¬ 
sammlungen berathen, und haben sich die DDr. Heinrich 
Obersteiner junior und Salomon Hajek an dem ersten, 
Hans Chiari und Gustav Jurie, am zweiten Versammlungs¬ 
abende Vorträge zu halten bereit erklärt. Den Schluss bildete 


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127 


eine collegiale Besprechung über die weiteren Vorbereitungen, 
um den im Herbste wieder beginnenden wissenschaftlichen Ver¬ 
sammlungen recht viele Theilnehmer sowohl an Vortragenden 
als an Zuhörenden zuzuführen und wurde schon jetzt für die 
erste Versammlung eine übersichtliche Entwicklungsgeschichte 
irgend eines medicinischen Wissenszweiges in Aussicht genommen, 
für deren Darstellung eine massgebende Autorität in diesem 
Fache zu gewinnen gehofft wird. 


ln der wissenschaftlichen Versammlung am 19. April 

stellte Herr Primararzt Dr. Englisch einen Jungen vor, der 
an einer Leistenhernie gelitten, von welcher er durch wieder¬ 
holte Alcohol-Injectionen in kurzer Zeit vollkommen geheilt wurde. 

Heller Leopold, Schlosserlehrling, 15 Jahre alt, behaftet 
mit einer rechtsseitigen 14 Ctm. langen und 7 Ctm. breiten 
Leistenhernie. Die Hernie, deren Inhalt Darm und Netzhaut, lässt 
sich schwer reponiren. Beim Husten vergrössert sich die Geschwulst. 

27. Februar. I. Injection mit 80°/ o Alcohol. Schmerzen in 
der unteren Partie des Hodensackes. Sonst keine Reaction. 

29. Februar. Leichte Infiltration des Bruchsackes. 

7. März. H. Injection. R. Scrotalhälfte geschwellt. 

11. März. Beim Blasen tritt der Bruch nur bis zur Basis 
des Penis heraus. 

12. März. III. Injection. 

13. März. Schmerzen im Unterleibe drei Stunden hindurch. 
Hüllen des Bruches inültrirt. Kalte Umschläge. 

15. März. Umschläge bleiben aus. Leichte Orchitis. Eissack. 

20. März. Orchitis geschwunden. 

24. März. Hernie tritt nicht mehr heraus. 

3. April. IV. Alcohol-Injection. Starke Schmerzen, die aber 
sehr kurze Zeit andauern. 

14. April. Bei den % stärksten Muskelanstrengungen tritt 
nichts mehr heraus. 

19. April. Patient geheilt entlassen. 

Hiezu bemerkt der Vortragende, dass ähnliche Erfolge 
auch andere Fälle ergaben, deren mehrere er durch Herrn 
Dr. R e u s 8 in der Lage war, genauer zu verfolgen und die auch 
fernerhin von demselben weiter controlirt werden. Fälle, in 
welchen der Vortragende die Kranken wieder sah, betreffen ein 
neunzehnjähriges Mädchen, zwei Jahre nach der Behandlung, 
vollständig geheilt, einen Mann nach einem Jahr, einen Mann 
nach anderthalb Jahren (Dr. Reuss), sämmtlich äussere Leisten¬ 
brüche, bei mehreren Fällen von Schenkelbrüchen erklärten die 
Kranken nach längerer Zeit, dass nichts mehr hervortrete, ja dass 
sie sogar das Bruchband abgelegt hätten. Bei einem Leisten¬ 
bruche konnte ein Kranker ohne Bruchband die schwersten 


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128 


Eisten heben und erfolgte Recidive nach anderthalb Jahren, wo er 
beim Brande in Serajevo allein eine schwere Eiste aufheben wollte. 

Nach diesen Erfahrungen soll man diese Methode nicht 
unbeachtet vorübergehen lassen, umsomehr, als sich die Recidiven 
nach der Radicalbehandlung unter Lister’schen Cautelen mehren. 

Hieran schloss sich der angekündigte Vortrag über die 
Behandlung der Rippenbrüche durch Gypsverbände, den der 
Herr Primararzt statt seines erkrankten Secundarius selbst ge¬ 
halten. Die grosse Schmerzhaftigkeit bei den Athmungsbewegun- 
gen, besonders bei dem stärkeren Ausathmen, die Notwen¬ 
digkeit der langen Ruhe und der dadurch bedingten leichten 
Stauung in den Lungen, sowie der fortwährende Reiz der durch 
die Fragmente auf die Pleura ausgeübt wird, rechtfertigten eineu 
Versuch, die schon von den ältesten Chirurgen angestrebte 
Fixirung (durch Pflasterverbände, Blechschienen, Ledergürtel 
u. s. w.) durch die Gypsverbände anzustreben. Dieselben können 
in zweierlei Weise gemacht werden. Entweder als klappenfor- 
miger oder circulärer Verband. Erstere verlieren jedoch, wenn 
sie nicht sehr schwer gemacht werden, leicht an Festigkeit und 
spricht die Erfahrung für die circulären, die dann längs der 
Achsellinie nach Bedürfnis gespalten werden können. Um ihre 
Lage zu sichern, werden einige Gypsstreifen über die Schultern 
angelegt in Form von Hosenträgern. Auf diese Weise erlangt 
der Verband bei grosser Leichtigkeit die nöthige Festigkeit, so 
dass der Kranke darin liegen kann, während man andererseits 
im Stande ist, den Verband nach Belieben abzunehmen, um den 
Thorax zu untersuchen oder nach Bedürfnis die Polsterung zu 
vermehren oder zu vermindern, bis der Verband nur die noth- 
wendigsten Bewegungen des Thorax erlaubt, indem viele Indi¬ 
viduen die Athmung mit dem Zwerchfelle allein erst nach einiger 
Zeit erlernen und dann der Verband fester angelegt werden kann. 
Die Anlegung des Verbandes ist aber auch angezeigt bei blossen 
Quetschungen des Brustkorbes. Selbst in einigen Fällen, wo es nöthig 
ist, Eiskälte anzuwenden, kann der Verband an der entsprechenden 
Stelle eingeschnitten, durch Kautschukleinwand gedeckt werden. 
In Fällen mit bedeutendem Hautemphyseme war die Ausbreitung 
desselben verhindert. Die Vortheile, wie sie sich in fünfzehn 
in den letzten Jahren auf der Abtheilung behandelten Fällen 
ergaben, bestehen darin, dass die Kranken im Stande sind, sich 
mit dem Verbände aufzusetzen, sowie überhaupt die Lagever¬ 
änderungen vorzunehmen und selbst schon nach zwei oder drei 
Tagen das Bett zu verlassen. Die forcirten Athembewegungen 
sind weniger schmerzhaft und in der letzten Zeit traten keine 
üblen Zufälle auf, so dass diese Behandlungsweise nunmehr auf der 
Abtheilung des Vortragenden allgemein geübt wird. Von beson¬ 
derem Vortheile erwies sich der Verband bei Hautemphysem nach 
Fracturen der Rippen. In einem Falle, wo ein Kutscher von 
seinem Wagen gegen eine Mauer gequetscht wurde, erfolgte eine 


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129 


Zertrümmerung der dritten und vierten Rippe in der Axillarlinie, 
so dass daselbst ein Zwischenraum entstand, in dem von dem 
entsprechenden Rippenstück nichts zu finden war. Zugleich hatte 
sich ein Hautemphysem über die ganze rechte Brusthälfte ent¬ 
wickelt, die bei jeder Eihathmung über der bezeichneten Stelle 
Kindskopf-gross vorgewölbt wurde. Unter dem Gypsverbande 
empfand der Kranke augenblicklich Erleichterung und nahm 
das Emphysem rasch ab, und konnte jetzt ein bedeutender Blut¬ 
erguss in den Pleuraraum nachgewiesen werden. Die Heilung 
erfolgte innerhalb vier Wochen ohne weitere Zufälle, nur bestand 
der Substanzverlust in den Rippen fort. Im zweiten Falle schwand 
das Hautemphysem ebenfalls sehr rasch. 

Den zweiten Vortrag dieses Abends über Anwendung des 
Pilocarpins in der Geburtshilfe von Herrn Dr. A. Lerch jun. 
werden wir in der nächsten, schon nach acht Tagen erscheinen¬ 
den Nummer vollinhaltlich mittheilen. 

Verzeichniss der Functienäre des Doctoren-Collegiums 
für das Jahr 1880/81. 

Präsident: Dr. Rainer Ritter von Schmerling, k. k. Hofrath etc. 
Vioe-Präsidenten: Dr. G. Prey88, k. k. Medioinalrath. 

Dr. L. Hopfgartner, k. k. Bezirksarzt. 

Secretär und Cassier:*) Dr. Carl Reitter. 

dessen Stellvertreter: Dr. Gustav v. Pernhoffer. 

Bibliothekar: Dr. Gustav v. Pernhoffer. 

Reohnungs-Cens oren: die DDr. Eduard Nagel und Bernhard Wölfler. 

Mitglieder des Geschäftsrathes sind die Doctoren: 
Adler Hans . 2 v. Khautz. 2 Lederer Ign . 8 Scholz Josef.* 

Adler Sigm . 1 Kienast. 8 Markbreiter Ph.* SpItzmQller. 8 

Anthofer. 2 Klein Ludwig . 2 Much Ferd . 8 Turklftwlcz. 8 

firuber Alois . 8 Kohn Josef . 2 Mittler Paul. 2 **) Wlnternltz Dav . 8 

Helm Josef . 2 Löffler.* Schiffmann. 2 Wollner. 8 

Kernecker. 1 Loew Anton . 1 Schneller.* v. Zanchi.* 

Mitglieder des wissenschaftlichen Ausschusses sind die 

Doctoren: 

Adler Hans . 8 Funk. 1 Hajek S . 8 Obersteiner jun . 2 

Batsy. 1 Förth. 1 Jurl6 Gustav . 8 Prf. Reder. 8 

Bettelhelm. 2 Prof. Gatscher. 2 Kumar. 2 Redtenbacher. 2 

Chlari Carl.* Herz Max . 8 Lott Gustav . 8 RokiiansklC.Fr.v. 2 

Chlari Hans . 2 Prof. Hofmann. 1 Prof. Neumann.* Pr.v.Schrötter ob . 2 

Englisch. 1 v. Hüttenbrenner 8 Nlcoladonl. 1 Wlnternltz, Ob. S . 8 

Mitglieder des Unterstützungs-Instituts-Ausschusses sind 

die Doctoren: 

Chrastina. 8 Haschek. 1 Preyss. 2 Schwarz Jos . 2 

Gerstel. 8 Nusser. 8 Scheff Mich . 8 Wollner. 1 

Gruber A.* Popper H. 2 ***) Schneller. 2 v. Zanchi. 1 

Die Ziffern *, 2 , 8 nach den Namen der Gewählten bezeichnen die Zahl 
der Jahre der Functionsdauer und haben die mit 1 Bezeichneten im nächsten 
Jahre auszutreten, sind aber wieder wählbar. 

*) Der Secretär ist Mitglied aller Ausschüsse und Commissionen mit voller Stimm¬ 
berechtigung. 

**) Dr. P. Mittler wurde an die Stelle des zum Secretär und Cassier gewählten 
Dr. Reiter mit nur zweijähriger Functionsdauer gewählt. 

***) Dr. Popper Heinrich wurde an die Stelle des verstorbenen Dr. Kirschnek 
mit nur zweijähriger Functionsdauer gewählt. 


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130 


Lebenslängliche Mitglieder der Verwaltung des Stifft’schen 
Fonds sind die Doctoren: 

Altenberger, M.-R. Jurie I., Präs. d. Wit.-S. Schneller O^-S.-R. 

Flechner. Preyss, M.-R v. Vivenot, R -R. 

Zur Yertheilung der Interessen dieses Fonds ist noch der jeweilige 
Protomedicus zuzuziehen. — Diese Commission vertheilt auch die Interessen 
der übrigen Fonds des Collegiums. 

Lebenslängliche Mitglieder des Curatoriums der Singer’schen 
Stiftung sind die Doctoren: 

Chra8tina, Haschek, Preyss, Schneller und Spitz mOller. 

Die Seiffert’sche und die Bisenz’sche Stiftung verleiht der 
Geschäftsrath, die letztere über Vorschlag des israelitischen Predigers. w 
Die Dr. Bleil’sche Stipendium-Stiftung wird von dem wr. 
med. Doct.-Coll. und von der medic. Facultät abwechselnd verliehen. 

Das Dr. Gorischek’sche Stipendium und die Kampfl’Bchen 
Stiftplätze, je einen im Taubstummen- und im Blinden-Instttute, verlern 
der jeweilige Präsident des Doct-Coll. 

Superintendenten der Stipendien-Stiftungen 
a) auf Lebensdauer: 

Dr. Franz Ritter v. Güntner, für die Büttner’sche, 

Dr Jacob Haschek, für die Stumpf sehe und die Emmerich sehen, 

Dr. Franz Innhauser, für die Perlach’sche und die Mosing sehen, 

Dr. Georg Preyss, für die Sabitz’sche, 

Dr. Josef Schneller, für die Juschitz’sche, 

Dr. David Winternitz, für die Dr. Heinrich Herzfelder sehe. 

b) auf die Dauer von 5 Jahren;*) 

Dr. Josef Grober, für die Kriegsstiftung des Doctoren-Collegiums 


Notizen. 

Sophien-Spital. Behufs Besetzung der Srztliohen Leitersstelle dieses 
Spitals soll über Beschluss des niederösterr. Landes-Sanitätsrathes demnächst 
ein Concurs ausgeschrieben werden. Die Zahl der Kranken, deren Behandlung 
dem Leiter zufällt, soll vorerst höchstens 100 betragen. Der Director würde 
dann 1200 fl. Gehalt und freie Wohnung erhalten. . 

Concurs. Bei dem k. k. Landesgeriohte in Wien ist die Stelle eines 
Arztes mit der Function der Untersuchung der Dispositionsfähigkeit geistes¬ 
kranker Personen zu besetzen. Honorar nach Uebereinkommen. Gesuohe sind 
bis 20. Mai 1880 an das Präsidium des Landesgerichtes in Civilsaohen zu 
überreichen 

Prei8ausschreibnngen. Das königl. italienische lombardisohe Institut 
der Wissenschaften und Literatur zu Mailand hat folgende Preise ausgeschrieben. 
Für 1881: Ueber das Wesen der Miasmen und Contagien. Bewerbungstermin 
bis 31. Mai 1881, Preis 1500 Lire und eine goldene Medaille im Werthe von 
500 Lire. Für 1882: Nachweis mittelst Versuche darüber, ob der die Wasser¬ 
scheu erzeugende Stoff ein virulentes (giftiges) Prinoip oder ein orgamsirter 
(lyssicher) Keim sei. Bewerbungstermin bis zum 28. Februar. 1882. Preis 
600 Lire. Für 1881 : Von den motorischen Centren der Hirnrinde. Bewer¬ 
bungstermin bis zum 1. April 1881. Preis 2000 Lire. Für 1882: Beleuchtung 
der Aetiologie des Kretinismus und des Idiotismus durch neue Untersuchungen. 
Bewerbungstermin bis zum 31. Mai 1882. Preis 2000 Lire. Das vollständige 
Programm wird den darum Nachsuohenden verabfolgt duroh die Kanzlei des 
königl. lombardischen Institutes der Wissenschaften und Literatur in Mailand. 

*) Das Quinquennium lauft in diesem Jahre ab. 


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131 


Zue Aerztekammerfrage. Vom Verein der homöopathisohen Aerzte Oester¬ 
reichs gelangte an das Präsidium des Doct.-Coll. nachstehende Zustimmungs¬ 
erklärung: Verehrliohes Präsidium des Wiener medioinischen Dootoren-Col¬ 
legiums! Der Verein der homöopathisohen Aerzte Oesterreichs hat in seiner 
General-Versammlung vom 9. April 1880 den einstimmigen Beschluss gefasst, 
entschieden Stellung gegen die Errichtung yon Aerztekammern zu nehmen, 
und sich allen diesbezüglichen Schritten und Verfügungen, wie sie yon Seiten 
des hoohansehnliohen Wiener medioinischen Dootoren-Collegiums theils bereits 
getroffen wurden, theils noch im Zuge sind, unter Acoeptirung der vom Col¬ 
legium angeführten Motive rückhaltslos anzuschliessen. Der gefertigte Verein 
der homöopathischen Aerzte Oesterreichs besteht eben nur zum Theile aus 
Aerzten, die zugleioh Mitglieder des Dootoren-Collegiums sind, während ein 
nicht unbedeutender Procentsatz desselben theils ausserhalb des Collegium¬ 
verbandes sich befindet, theils durch Wundärzte repräsentirt wird — für den 
Verein daher a priori die Beschlüsse des Dootoren-Collegiums in der frag¬ 
lichen Angelegenheit nicht bindend gewesen wären. Indem sich der gefertigte 
Verein beehrt, der guten Sache, die durch das verehrliohe Collegium eine so 
mächtige nnd werkthätige Fürsprecherin gefunden hat, im Namen aller seiner 
Mitglieder seine vollsten Sympathien entgegenzubringen, geht er, bei der 
gerade in ihm verkörperten Vereinigung von Aerzten aller Grade von der 
Ansicht aus, dass dessen Stimmen nicht nur gezählt, sondern auch gewogen 
werden müssen. Wien, am 9. April 1880. Für den Verein der homöopathisohen 
Aerzte Oesterreiohs die Vereinsleitung: Dr. Adolf v. Marenzeller, d. Z. Vor¬ 
stand; Dr. Franz C. Weinke, d. Z. Vorstand-Stellvertreter; Dr. Eduard Huber, 
d. Z. Seoretär. 

Wie die „Wiener Allgemeine Zeitung“ berichtet, hielt der Ausschuss 
zur Vorberathung der Aerztekammern am 15. d. M. eine Sitzung, in welcher 
das Suboomitö (Hofrath Gnievosz, Duohatsch, Cerkawski, Roser und 
Wiedersperg) bereits einen fertigen Gesetzentwurf vorlegte. Der Ausschuss 
nahm jedoch diesen nicht in Specialberathung, sondern beauftragte das Sub- 
oomitd, die leitenden Principien des Gesetzentwurfes in Form einer Reihe von 
Fragen zusammenzustellen und dieselben dem Ausschüsse behufs eingehender 
v Vorberathung vorzulegen, damit das Subcomitö vom Aussohusse Weisungen 
erhalte, in welchem Sinne die einzelnen Paragraphe eines Gesetzentwurfes zu 
verfassen seien. — Der Ausschuss scheint demnach mit der Creirung von Aerzte • 
kammera keine allzugrosse Eile zu haben. 

Aus einer weiteren Mittheilung desselben Blattes vom 22. d. M. erfahren 
wir, dass von dem Obmanne des für diese Angelegenheit vom Abgeordneten¬ 
hause gewählten Ausschusses die Vertheilung „Allgemeiner Grundzüge des 
einzuhaltenden Verfahrens“ unter die Mitglieder des Ausschusses angeordnet 
worden ist. Diese „Grundzüge“ lauten: 

„Die Errichtung von Aerztekammern ist keine für sich selbstständig zu 
lösende Frage, sie muss mit besonderer Rücksichtnahme auf die Staatsein- 
riohtung im Allgemeinen und insbesondere auf die bestehende Organisation 
des Sanitätsdienstes erörtert werden; denn eben nur durch Nachweisung 
der Unzulänglichkeit dieser Organisation, ihrer Mängel und 
Lücken kann die Nothwendigkeit derSchaffung neuerOrgane, 
das ist der Aerztekammern, bewiesen, sowie die Grundlage für die 
Bestimmung der Stellung der Aerztekammern in der Sanitätsverwaltung, des 
Umfanges und Inhaltes der durch selbe zu lösenden Aufgaben, sowie der ihnen 
hiezu einzuräumenden Mittel gegeben werden. Demgemäss wären vor Allem: 

1 . die Aufgaben der öffentlichen Gesundheitspflege, insoweit dieselben 
der Obsorge der Staatsverwaltung zu überweisen wären, oder nur der staat¬ 
lichen Ingerenz bedürften, nach Inhalt und Umfang zu verzeichnen; 

2 . wäre festzustellen, welcher Organe die Staatsverwaltung zur Lösung 
dieser Aufgaben bedarf, inwieweit hiezu die Mitwirkung der Berufsärzte noth- 
wendig und inwieweit nur wünschenswert ist; 

3. wäre klarzustellen, ob die aus der Beantwortung der Punkte 1 und 2 
folgenden Anforderungen sich innerhalb des Rahmens der gegenwärtigen 
Organisation des Sanitätsdienstes (Staats- und autonome Organe) realisiren 


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132 


lassen; verneinendenfalls aber, in welcher Art, naoh welchen Prinoipien die 
nächsten Aenderungen yorgenommen, zunächst die Aerztekammern eingeführt 
werden sollen. Hienaoh wäre 

4. zu erörtern, welche Organisation die beantragten Aerztekammern 
erhalten müssten, um dem aus Obigem sich ergebenden Bedürfnisse zu entspre¬ 
chen, sowie Collisionen mit den staatlichen autonomen Sanitätsorganen zu 
vermeiden; 

5. wäre zu erörtern, welche Rechte den Kammermitgliedern zuzuer¬ 
kennen, welohe Verpflichtungen denselben ausser den Beitragsleistungen für 
die Kammerbedürfnisse aufzuerlegen seien, und wie die stetige Erfüllung der 
übernommenen Verpflichtungen zu sichern sei; und endlioh 

6 . müsste ausgesprochen werden, wie das Disciplinarrecht der Aerzte¬ 
kammern sowohl seinem Umfange als Inhalte nach zu regeln sei, und ob die 
in der Petition des österreichischen Aerzteverbandes den Aerztekammern in 
dieser Beziehung zugedachten Aufgaben nioht auoh duroh eine andere, den 
Zwang überhaupt und insbesondere eine Association von naoh ihrer wissen¬ 
schaftlichen Qualifioation sehr ungleichartigen Elementen aussohliessende 
Organisation des ärztlioheu Standes gelöst werden könnten. 

Zur Feier des vollendeten 70. Lebensjahres des Herrn Präsi¬ 
denten Dr. v. Schmerling hat der Geschäftsrath beschlossen, an 
diesem Festtage (den 1. Mai 1880), den Jubilar durch eine zahl¬ 
reiche Deputation zu beglückwünschen, und ihm für sein eifriges 
Wirken im Interesse der Körperschaft während der sieben Jahre, 
in welchen er zu deren Vorstand alljährlich einstimmig immer 
wiedergewählt wurde, eine von sämmtlichen Mitgliedern unterfertigte, 
geschmackvoll ausgestattete Adresse zu überreichen. 

Die P. T. Herren Collegen, welche derselben ihre Namens¬ 
unterfertigung noch beisetzen wolleD, belieben zu diesem Behufe 
sich am Freitag den 30. April in die Collegiums-Kanzlei (I., Rothe- 
thurmstrasse 23), zu bemühen, wo die fertige Adresse zu Unter¬ 
schriften aufliegt. Dr. Preyss. 


Einladung 

zu der am Montag den 3. Mai, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), 

I. Bonnenfelsgasse 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen Versammlung. 

Programm: 

1 . Vorstellung von Kranken. 

2 . Ueber die prognostische Bedeutung der Körpertemperatur bei Nerven¬ 
krankheiten. Vortrag vom Universitäts-Docenten, Herrn Dr. Heinrich Ober¬ 
steiner junior. 

3. Ueber Uraemie naoh skarlatinöser Nephritis, Vortrag von Herrn 
Dr. Salomon Hajek. 

Dr. v. Schmerling, Präsident. Dr. Karl Reitter, Seoretär. 


Die nächste Nummer erscheint am 6. Hai. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doot.-Coll. — Verantwortlicher Bedaotenr: 
Ihr. h Hopfgartner. — OeeeUechafte-Bnehdrnekeroi, Wien, TIT Erdbergeratraaae 8. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 6. Mai 1880. JJfp. ll 


OTTHEILIMEN 

des 

WiiDBr MjjtjjjKiji PoctorBD-CollBilnrns. 

Braeheint jeden »weiten Bonnerstag ein halber bis ein ganser Bogen and darüber, an 
SO Bogen im Jahre. — Gansjähriges Abonnement für Niolitmitglieder des Collegiums im In* 
lande 8 fl., nach dem Aaslande 6 Birk. — Einselne Nummern 86 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man prännmerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits Denticke 
(yormals Karl Czermah), Wien, I., Schottengasse 6. 
Zuschriften nid Znseidnigei an die Redaetion : Wiei, Kanzlei des Wiener ned. 
Doet.-Cell. and der Witwen- nid Wnisen-Soeietfit, Rothentharmstrnsse 23. 

Inhalt: Ueber die Anwendung des Pilocarpins. — Aus dem Unterstützung«-Institut. — 
71. Geburtstag des Collegiums-Präsidenten Dr. v. Schmerling. — Notizen. 

Ueber die Anwendung des Pilocarpins in dar Geburtshilfe. 

Vortrag des Dr. Alex. Lerch jnn. in der wissenschaftlichen Versammlung 

am 19. April. 

In meinen im Monate April und September 1879 erschie¬ 
nenen Abhandlungen über Pilocarpin habe ich aus der Literatur 
gesammelt 

18 Beobachtungen über Eclamptische, — zahlreiche Versuche 
an Wöchnerinnen und Gebärenden von Felsenreich, Müller, 
Saenger, Schauta, Bergesio, Pasquali, Kroner, — 3 Versuche 
der Einleitung künstlicher Frühgeburt wegen bestehender Ne¬ 
phritis, welche ohne Erfolg waren, und 37 Versuche der Ein¬ 
leitung künstlicher Frühgeburten, wovon 7 mit Erfolg. 

Gegenwärtig wird an der medicinischen Hochschule in Wien 
das Pilocarpin, mur. öfter versucht, und besonders am der Gebär- 
klinik bei Oedemen und Hydrops, ohne dass die Schwangerschaft 
dadurch unterbrochen würde. 

Da gerade die Unterbrechung der Schwangerschaft als die 
epochemachende Eigenschaft des Pilocarpin angegeben worden, 
ist es Pflicht jedes Fachmannes, immer neue Beobachtungen zu 
sammeln; nur auf diesem Wege scheint es möglich, endlich 
Klarheit zu schaffen. 

Daher erlaube ich mir, die seit September v. J. mir zu¬ 
gänglich gewordenen Versuche, Beobachtungen und Abhand¬ 
lungen nacheinander vorzuführen und einen von mir genau be¬ 
obachteten Fall in wahrheitsgetreuer Schilderung anzuschliessen. 

1. Auf dem internationalen Congress der medicinischen Wis¬ 
senschaften zu Amsterdam bezeichnet Herr van der May 
das Pilocarpin, sowie, das ähnlich wirkende Eserinsulfat als in 
geburtshilflicher Beziehung von geringem Werthe; eine künst¬ 
liche Frühgeburt oder Wehenförderung könne nur in Verbindung 
mit mechanischen Eingriffen stattfinden. 


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2. In der geburtshilflichen Gesellschaft von New-York hielt 
Gaillard Thomas einen Vortrag, in welchem er anführt, dass 
eine schon während der Schwangerschaft mit Oedemen und 
Albuminurie behaftete Frau gleich nach der Geburt von 
Conyulsionen befallen wurde. Durch Inhalationen von Chloro¬ 
form und Injectionen von Pilocarpin wurde Genesung erzielt. 
Jenkins bemerkt in der darauf folgenden Debatte, welche die 
Erfahrungen und Ansichten über Pilocarpin läutern sollte, dass 
er Bronchorrhoe für eine Gegenanzeige des Pilocarpin halte. 
Gillette findet auf Grund seiner Spitalserfahrungen folgendes: 
Oft treten plötzlich puerperale Temperatursteigerungen auf und 
stehe drohende Septichaemie bevor. Da geschehe es oft, dass 
Chinin erfolglos angewendet würde. 

In solchen Fällen habe das Pilocarpin Fallen der Tem- 
paratur bewirkt und zur Genesung geführt. Weitere Resultate 
und grössere Erfahrungen standen der Gesellschaft nicht zu 
Gebote. 

3. G a 1 a b i n in London führt uns in einer Geburtsgeschichte 
unter Anderem vor Augen, dass eine achtmal Geschwängerte 
von Eclampsie Befallene, bereits grosse Quantitäten von Chloral- 
hydrat und Bromkali erhalten hatte. Nachdem die Blase 
gesprungen, wurden ihr in der Eröffhungsperiode von 20 zu 20 
Minuten in einer Stunde zusammen 6 Centigramm Pilocarpin inner¬ 
lich gereicht. Dasselbe erzielte keinerlei Wirkung. Behufs 
manueller Erweiterung des Muttermundes wurde nun chlorofor- 
mirt; bevor es jedoch noch zur Anästhesirung gekommen war, 
stieg plötzlich der Puls von 90 auf 180; nachdem die Chloro¬ 
formnarkose ausgesetzt worden, fiel er wieder auf 80 Pulsschläge, 
um dann bei neuerlicher Einleitung der Narkose auf 200 zu 
steigen. Diese Pulserscheinungen schreibt Galabin der combi- 
nirten Wirkung von Pilocarpin und Chloroform zu und räth, 
bei Eclampsie kein Pilocarpin anzuwenden, wenn man mög¬ 
licherweise später chloroformiren müsse. — Eclampsie, Chloral- 
hydrat, Bromkali, dann sechs Centigramm Pilocarpin innerlich 
in einer Stunde genommen, rufen jedesfalls starke Intoxica- 
tionserscheinungen hervor und dürfte eine so grosse Gesammt- 
dose in der so kurzen Zeit von einer Stunde wohl zu vermeiden 
sein; Chloroformnarkosen können, abgesehen von zu starker 
Anwendung auch je nach der Individualität zu bedrohlichen 
Erscheinungen führen. Es ist demnach selbstverständlich, dass 
diese massive Combination zu solch stürmischen Symptomen 
Veranlassung gab. Uebrigens hat, wie wir schon oben ange¬ 
führt, Thomas post partum in umgekehrter Reihenfolge Chloro¬ 
form und Pilocarpin mit günstigem Erfolge angewendet. 

4. Hyernaux, — in meinem Vortrage vor einem Jahre 
schon als grosser Gegner des Pilocarpin erwähnt, warnt neuer¬ 
dings vor dem Gebrauche desselben. Sacre habe nach nur 
1 Centigramm subcutaner Anwendung einen Kranken fast ver- 


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loren; Dr. Coppez habe an sich und Anderen schon bei klei¬ 
nen Bosen Ohnmachtsanfälle beobachtet. Einige sollen auch 
nach Gebrauch von Pilocarpin durch Monate an Verstandes- 
schwäche laborirt haben. 

5. Spillmann in Nancy hat in den „ Archives generales 
de medicine“ (September 1879) eine Abhandlung veröffentlicht, 
aus welcher ich mir nur 3 Punkte hervorzuheben erlaube. 

o) Er beobachtete, wie Federschmidt und Procop 
v. Rokitansky, mehreremale nach Anwendung von Pi¬ 
locarpin eine Temparaturabnahme von 5 bis 8 Zehntel, welche 
durch mehrere Stunden anhielt. (Scotti nicht.) 

b) in zwei Fällen wurde injicirt. Während der Versuchs¬ 
zeit durfte keinerlei Getränk genommen werden; 3 Stunden 
nach der Injection fand sich in jedem dieser Fälle eine bedeu¬ 
tende Vermehrung der rothen Blutkörperchen vor. 

c) Bei primärer Nephritis und consecutiver Herzhypertro¬ 
phie war die Anwendung von Pilocarpin mit Verschlimmerung 
des Zustandes des Patienten verbunden, erst nach Digitalis 
folgte wieder Besserung. 

6. Im Gegensätze zu diesem Punkte hat schon früher 
Prof Eieinwächter in einem Falle mit Herzfehler keine 
üble Wirkung beobachtet. 

7. K ö s t e r in Hannover versuchte mit Pilocarpin eine 
künstliche Frühgeburt einzuleiten. Nachdem 4 Injectionen einer 
2percentigen Lösung gemacht worden waren, zeigten sich wohl 
leichte Wehen und starke Rindesbewegungen, die Geburt unter¬ 
blieb aber. 

8. S c h a b e 1, „Inaugural- Dissertation über Einleitung der 
künstlichen Frühgeburt durch Pilocarpin, mur.“, Tübingen. In 
dieser Dissertation wird ein neuer Fall bei Prof. S ä x i n g e r 
angeführt. Durch Injection von 2 1 /* Spritzen 2percentiger Lö¬ 
sung wurde die Geburt in 21 Stunden beendet. Da das Kind 
50 V 2 Ctm. lang und 3500 Gramm schwer war, ist wohl weniger 
von künstlicher Frühgeburt als vom Schwangerschaftsende die Rede. 

9. L. Guttmann hat zwei Beobachtungen über Versuch 
von Einleitung künstlicher Frühgeburt veröffentlicht. Beide con- 
statiren ein ungünstiges Resultat. Die erste betrifft eine SOjäh- 
rige Schwangere, welche an primärem Krebs des rechten Ober¬ 
schenkelknochens und an secundärem der linken Lunge litt. Da 
auf Pilocarpin keine Wirkung erfolgte, wurde auf Prof. Gustav 
Braun’s Klinik mit elastischer Bougie die künstliche Früh¬ 
geburt eingeleitet und mittelst Embryotomie vollendet. Patientin 
starb. Die zweite Beobachtung befasst sich mit einer vierten 
Molenschwangerschaft. Bei parenchymatöser Nierenentzündung 
und Uraemie wurde vergeblich Pilocarpin angewendet. Auch 
hier musste mit Bougie der Abortus einer Hydatidenmole einge¬ 
leitet werden. 

10. Hinze in Leipzig veröffentlicht: „Zwei Fälle auffal- 


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lend günstiger Wirkung des Pilocarpin als wehenerregendes 
Mittel“. In beiden Fällen wurde bei gänzlichem Wehenmangel 
zweimal injicirt, die Geburt rasch beendet und verlief das Wochen¬ 
bett normal. 

11. Heylen in Brüssel hat einen meinem ersten ganz 
ähnlichen Fall geschildert. Eine im 8. Schwangerschaftsmonate 
befindliche Rhachitische mit einer conjug. vera von 7Va Ctm. war 
bei der ersten Geburt mit Perforation entbunden worden. Bei der 
zweiten wurden in dreistündigen Intervallen in zusammen 12 
Stunden 4 Injectionen von 8 Ctgr. Pilocarpin gemacht. Nach 
der dritten Injection war der Muttermund thalergross, nach der 
vierten verstrichen. Durch schwere Wendung und Extraction kam 
ein sterbendes Kind; das Wochenbett verlief normal. 

12. Brenneke (Sudenburg-Magdeburg) hat 5 Beob¬ 
achtungen verzeichnet: Zwei Versuche der Einleitung künst¬ 
licher-Frühgeburt, drei am Ende der Schwangerschaft. In beiden 
ersteren wurde Pilocarpin mehrmals erfolglos injicirt, in den 
letzteren drei wurde wegen Wehenschwäche injicirt, und zwar 
mit raschem Erfolge. Brenneke findet, dass das Pilocarpin bei 
Wehenschwäche intra partum wehen verstärkend und prompt 
und sicher wirkend sei. Nach seiner Ansicht genügt jedoch zu 
jeder Injection ein Centigramm, durch welchen dieselben Er¬ 
folge wie mit grösseren Dosen erzielt, die lästigen Intoxiations- 
erscheinungen aber vermieden würden. 

Dies die von mir gesammelten Ansichten und Beob¬ 
achtungen des letzten Jahresdrittels. Im Ganzen sind sechs 
günstige Resultate Ende der Schwangerschaft oder im Geburts¬ 
beginn und von sechs versuchten Einleitungen künstlicher Früh¬ 
geburt eine mit vollkommenen Erfolg verzeichnet, die achte. 

Ich schreite nun zur Schilderung des neuerdings von mir 
beobachteten, nunmehr meines dritten Falles der Anwendung 
des Mittels zur Einleitung der Frühgeburt. 

Die Beobachtung desselben flösst insofern mehr Interesse 
ein, als die Frau seit Beginn der ersten Kindesbewegungen 
unter meiner Controlle gestanden, ihre Lebensweise die ganze 
Zeit beaufsichtigt werden konnte und von Monat zu Monat das 
Verhalten der Cervix untersucht wurde. 

Frau Lauter, 20 Jahre alt, rhachitischen, stark verengten 
Beckens, mit einer Conjugata vera von kaum Centimeter 
wurde im October 1877 durch Perforation des nachkommendec 
Kopfes und Kephaloklast eines reifen, im März 1879 durch Ein¬ 
leitung künstlicher Frühgeburt mittelst Pilocarpin eines dem 
achten Schwangerschaftsmonate entsprechenden Kindes entbunden. 

Am 3. December 1879 stellte sie sich wieder vor und 
gab an, am 12. Juli die letzte Menstruation beobachtet zu haben 
und seit 30. November die ersten Kindesbewegungen zu fühlen. 
Die Ergebnisse der Untersuchung stimmten mit den Angaben 
der Schwangeren überein, die Gebärmutter, nach rechts gelagert, 


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137 


der 20. Woche wohl entsprechend, rechts ober und vom vorderen 
Scheidengewölbe ein grösserer harter Kindestheil; die mit Narben 
versehene Cervix 3 Centimeter lang, äusserer Muttermund 
für einen Finger durchgängig, innerer noch geschlossen. 

Am 5. Jänner 1880 war der Kopf rechts unten, Steiss 
links oben, die Bewegungen des Kindes sehr lebhaft. Das Os 
internum der in der 25.Woche Befindlichen war noch geschlossen. 

5. Februar 1880. Die Schwangerschaftsdauer beträgt 29 
Wochen; die Cervix ist über 2 1 / a Centimeter lang, der 
innere Muttermund noch nicht durchgängig. 

1. März. Der Kopf des 33 Wochen alten Foetus befindet 
sich mehr rechts oben, der Steiss Mitte links, der innere 
Muttermund bereits gut für einen Finger durchgängig. 
Herr Dr. Breuss, klin. Assistent des Herrn Professor Gustav 
Braun, hatte nun die Güte die Schwangere mit mir zu be¬ 
suchen. Nachdem wir derselben frisch und munter auf der Gasse 
begegnet, und sie uns noch rasch nachgelaufen war, fand die 
Untersuchung der Frau am 4. März statt. 

Zum Schwangerschaftsende fehlten sechs Wochen, die unteren 
Extremitäteu präsentirten sich dem touchirenden Finger. Die 
Cervix war circa 2 Centimeter lang, der innere Mutter¬ 
mund für zwei Finger durchgängig. Es ist bekannt, dass 
öfter in den letzten Schwangerschaftsmonaten der Cervicalcanal 
leicht passirbar ist, ohne dass die Schwangerschaft bei erwei¬ 
tertem Muttermunde gestört würde. 

ln diesem Falle hatte sich der innere Muttermund in drei 
Tagen ziemlich erweitert, es konnte also die Geburt möglicher¬ 
weise schon unmerklich im Gange sein. Dem Principe einer 
strengen Beobachtung gemäss musste daher die Wirkung des 
Pilocarpin, falls eine solche eintreten sollte, hier nicht als 
Schwangerschaft unterbrechend, sondern nur als geburtsfördernd 
betrachtet werden. 

Bei eventueller Wirkungslosigkeit der Einspritzungen sollte 
einer der sich präsentirenden Füsse durch den Muttermund in 
die Scheide herabgezogen und dadurch die Geburt in den Gang 
gebracht werden. Das rigide, stark narbige Gewebe des Mutter¬ 
mundes liess sogar eine entsprechende Erweiterung ziemlich 
zweifelhaft erscheinen, es wurde deshalb auch auf Einschnitte 
Aussicht genommen. 

Am folgenden Tage, den 5. März war der Befund dem 
obigen gleich, keine Wehen oder Schmerzen. 

Ich begann nun die Einleitung der Frühgeburt. 

Um 9 Uhr 27 Min. Morgens wurde die 1. Injection 2°/ 0 
Lösung zu 14 Milligramm applicirt. 

In 13 Stunden wurden 3 Injectionen zusammen von 42 Milli¬ 
gramm gemacht, in weniger als 20 Stunden die Geburt vollendet. 

Nach der 1. subcutanen Einspritzung dauerten die üblichen 
Erscheinungen, darunter auch Erbrechen, durch 37 Minuten an. 


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Ende dieser Zeit fühlte die Schwangere Schmerzen im Unter¬ 
leibe. 

Vier Stunden nach der 1. Injection als bei ungefähr 
l 8 / 4 Centimeter langer Cervix der innere Muttermund 
thalergros8 eröffnet war, wurde das zweite Mal injicirt. Es folgte 
der gewöhnliche Symptomencomplex ohne Erbrechen, im Laufe 
des Nachmittags und Abends massige Wehen. Befund um 10 Uhr 
Abends, 13 Stunden nach der ersten, 9 Stunden nach der zweiten, 
unmittelbar vor der dritten Injection: Die Cervix fast l 1 /* 
Centim. lang für vier Finger durchgängig, dehnbar. Nach der 
3. Injection traten nach massigen Schweissen und geringen Zufällen 
gute, rasch aufeinanderfolgende Wehen auf. Drei und eine 
halbe Stunde später wurden sie sehr stark und zeigte sich 
öfteres Schütteln. Sechs und ein Viertel Stunden nach der 
Injection um 4 x / 4 Morgens sprengte ich bei fast verstriechenem 
Muttermunde die Eihaut und extrahirte die entgegenkommenden 
Füsse. Eine halbe Stunde später konnte der sehr grosse, vom 
narbigen Muttermunde scharf und krampfhaft umschlossene Kopf 
entwickelt werden, nachdem im hinteren Segmente des Mutter¬ 
mundes ein mässiger Einriss mit ziemlicher Blutung entstanden 
war. Die knappe, scharfe und krampfhafte Umschnürung des 
Kopfes hatte meinen Versuch einzuschneiden vergeblich er¬ 
scheinen lassen. Die Blutung sistirte ich in einigen Minuten, 
die Placenta folgte bald, das Wochenbett verlief normal, nur 
iu den ersten beiden Tagen bedeutende Nachwehen. Am 7. Tage 
verliess die Wöchnerin das Bett, am 10. das Zimmer. Am 
17. stellte sie sich in der Ordination vor; der innere Mutter¬ 
mund war geschlossen, im narbigen Rande der hintere Einriss 
nachweisbar. 

Die männliche Frucht wurde scheintodt geboren, durch 
künstliche Respiration wieder belebt, starb jedoch am zweiten 
Tage an Kinnbackenkrampf. Mein Freund und College Kinder¬ 
arzt Dr. Max Herz beobachtete gleichfalls das Kind und con- 
statirte ebenso die aussergewohnliche Grosse und Stärke des 
34 Wochen alten, besonders geringere Entwicklung der Nägel 
zeigenden Knaben. Das Gewicht betrug 2985 Gramm, die Länge 
45 Centimeter, der Kopfumfang 34V*. Centimeter. 

Die früheren Geburten der Frau einbeziehend, erlaube ich 
mir, die geehrte Versammlung an die grosse Enge des rhachi- 
tischen Beckens, dessen Maasse ich vor einem Jahre hier ange¬ 
geben habe, zu erinnern. Eine normale Entbindung ist dabei 
unmöglich; es musste bei der ersten Geburt, das ausgetragene 
Kind mit grosser Mühe genommen werden. Ein anderer Arzt 
hatte, ohne sich um die Beckenmessung zu kümmern, gewendet, 
extrahirt und den nachkommenden Kopf nach Zerreissung des 
Halses im Beckenraume zurückgelassen. Die Perforation und 
der Braunsche Kephaloklast beendeten mit grosser Schwierigkeit 
die Entbindung. Eine schwere, lange dauernde Parametritis folgte. 


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Die zweite Geburt wurde bei aufgelockertem, aber nicht 
ganz durchgängigem inneren Muttermunde mittelst Pilocarpin 
eingeleitet und bei Querlage in etwas über 29 Stunden zu Ende 
geführt, die jetzige dritte Geburt endete bei Fusslage in weniger 
als 20 Stunden. In beiden Fällen wurden drei Injectionen ge¬ 
macht, in beiden Fällen war Tendenz zum Ausschlüpfen des 
Eies vorhanden. Dies zeigte das Verhalten der Cervix zum 
Uteruskörper und Eisacke, besonders in dem zweiten durch 
Monate vorher beobachteten Falle. Die Frucht war beide Male 
abnorm gross und stark, bei der früheren Kopfcircumferenz 29, 4 
jetzt 34, 5 etc. Die räumlichen Verhältnisse, der so rigide 
Muttermund, die dadurch bedingte so schwierige Extraction, 
beim vorigen Kinde noch die abnorm kurze und dicke Nabel¬ 
schnur erklären hinlänglich deren Tod. 

Nach dem normal vergangenen Wochenbette zeigten sich 
bei der gegenwärtig frischen und gesunden Frau keine üblen 
Folgen. 

Verehrte Herren Collegen, die Wirkung des Pilocarpin hat 
also beide Male weder den Tod der Frucht veranlasst, noch 
dem Organismus der Mutter geschadet. Von gewiss grossem 
Werthe ist es aber, dass bei ein und derselben Frucht¬ 
trägerin zweifellos zweimal die künstliche Frühgeburt mittelst 
Pilocarpin eingeleitet oder gefordert worden! 


Aus dem Unterstützungs-Institut. 

In der am 16. April d. J. abgehaltenen Ausschusssitzung, 
in welcher unter dem Vorsitze des Vice-Präsidenten Dr. Hopf- 
gartner Secretär Dr. Reitter und zehn Mitglieder des Aus¬ 
schusses anwesend waren, stellte sich der Vorsitzende als neu 
gewählter zweiter Vice-Präsident und Dr. Reitter als neu 
gewählter Secretär vor. Beide Functionäre danken der Versamm¬ 
lung für das in sie gesetzte Vertrauen und erklären, die Inter¬ 
essen des Institutes bestens wahren zu wollen. Dann berichtet 
der Herr Secretär: a) Dass in der jüngst abgehaltenen General¬ 
versammlung dieDDr.RR.Chrastina, Gerstel, OSR.Nusser 
und Sch eff als Ausschussmitglieder wieder und für den ver¬ 
storbenen Dr. Kirschnek Dr. Heinrich Popper mit zwei¬ 
jähriger Functionsdauer neu gewählt wurden; b) dass Prof. 
Dr. Leopold Dittel zum Stammfonde des Instituts 300 fl. Silber¬ 
rente gespendet habe. Diese Mittheilung wurde beifällig zur 
Kenntniss genommen, dem hochherzigen Spender der einhellige 
Dank unter Erheben von den Sitzen ausgesprochen und das 
übliche Dankschreiben zuzusenden beschlossen; c) dass Dr. Johann 
D onnau um Aufnahme in das Unterstützungs-Institut angesucht 
habe. Er hat die Eintrittstaxe, den Jahresbeitrag für 1880 und 
für zwei Jahre eine Altersnachzahlung von 16 fl. erlegt; seine 
Gesundheit bestätigen die DDr. v. G u n z sen. und v. Pernhoffer. 


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(Wurde einstimmig aufgenommen). Unterstützungen erhielten über 
ihr Ansuchen: a) Die Witwe eines jüngst verstorbenen, an Jahren 
sehr vorgerückten Mitgliedes, eines Arztes im wahren Sinne des 
Wortes, der ungeachtet seines hohen Alters stets bereit gewesen, 
jedem Rufe zu Kranken zu folgen, und obgleich seine Praxis 
ihm schon mühevoll und nicht lohnend war, doch nie um eine 
Unterstützung angesucht habe, den möglichst hohe Betrag von 
300 fl. b) dem 72jährigen Collegen Dr. W., der wegen zu¬ 
nehmender asthmatischer Beschwerden seiner Praxis schwer nach- 
kommen kann, 150 fl. und c) dem seit längerer Zeit mit einem 
Augenleiden behafteten Dr. F. den schon oft wiederholten Be¬ 
trag von 75 fl. 

Schliesslich regt Dr. A. Gruber eine Discussion über die 
Frage an, wie die Herren Collegen bestimmt werden könnten, 
dem Institute zahlreicher als bisher beizutreten. Nach einer 
längeren Besprechung, an der sich dieDDr. Schneller, Nuss er, 
Preyss, Popper, Reitter und Gruber betheiligen, wird 
beschlossen, die Herren Collegen in jeder geeigneten Weise auf 
das Bestehen und das segensreiche Wirken des Institutes auf¬ 
merksam zu machen und zum Beitritt einzuladen, und zwar 
durch einen Aufruf in den „Mitteilungen* im nächsten Herbste, 
durch Veröffentlichung eines kurzen Rechnungsausweises in jedem 
Quartal in den Fachjournalen (die DDr. Schneller und 
Gruber) Uebergabe der Statuten und Ausweise an die jungen 
Doctoren bei ihrem Eintritte in das Collegium (die DDr. Hopf- 
gartner und Schneller), bei der Anmeldung der Praxis im 
Magistratsbureau (Dr. Nusser) und durch eine kurze aber 
genügende Aufklärung der jungen Doctoren über alle wohl- 
thätigen Institute des Collegiums (die DDr. Popper und 
Gruber). Dr. Nusser beantragt zugleich, dass die jungen 
Aerzte gleich bei der Promotion vom Decan der medicinischen 
Facultät zum Eintritte ins Wr. med. Doct.-Coll. mit dem Hin¬ 
weise auf die wohlthätigen Institute desselben eingeladen werden, 
und erklärt sich bereit, in dieser Hinsicht bei dem derzeitigen 
Decane Prof. Dr. E. Hofmann, dafür interveniren zu wollen. 
Dieser von Dr. Hopfgartner unterstützte Antrag wird einhellig 
angenommen und dem Antragsteller für die angebotene Ver¬ 
mittlung gedankt. 

Nachdem Dr. Gruber erwähnt, dass er in der letzten 
Sitzung des Comite’s für Standesinteressen einen Antrag gestellt 
habe, dahin gehend, dass durch eine geeignete Verlautbarung 
das ärztliche Publicum in den weitesten Kreisen auf die solideft 
Verhältnisse und auf die vielen wohlthätigen Institute des Wr. 
med. Doct.-Coll. aufmerksam gemacht werde, dass aber die 
Discussion dieses Antrages aus mancherlei Gründen abgebrochen 
und die Beschlussfassung hierüber vertagt worden sei, stellt 
Dr. Reitter den Antrag, dass dem Comitö für Standesinteressen 
der oben erwähnte Antrag des Dr. P o p p e r als ein Dringlichkeits- 


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antrag zugewiesen werden möge. Dieser Antrag wird einstimmig 
angenommen. 

Der 71. Geburtstag 

des Präsidenten Dr. Rainer Ritter v. Schmerling 

wurde am 1. Mai im engsten Familienkreise stille gefeiert, da dessen 
Frau Gemalin von einer schweren Krankheit noch immer nicht völlig 
hergestellt ist. Dessenungeachtet fehlte es nicht an zahlreichen Be¬ 
weisen, durch welche entferntere Verwandte, Bekannte, Freunde, 
Nachbarn und Collegen der Dankbarkeit, Freundschaft und Hoch¬ 
achtung, durch die sie mit dem Gefeierten verbunden sind, Ausdruck 
gaben. Schon vom frühen Morgen an meldeten sich zahlreiche Be¬ 
sucher, die ihre Gratulationen persönlich machen wollten, eine Unzahl 
Visitkarten aus allen Kreisen, bis zu den höchsten, lagen auf einem 
grossen Tische aufgehäuft und daneben viele Briefe und Telegramme 
von Nah’ und Fern’ zu gleichem Zwecke. Reiche Blumenspenden in 
reizende Bouquets gebunden und in prachtvollen Vasen waren auf 
Tischen und Gonsoles aufgestellt. Unter diesen zeichnete sich eine 
in Teppiohform flach auf einem silbernen Körbchen sinnig hingelegte 
Blumenmosaik dadurch aus, dass die äussersten Blumenblätter mehrerer 
aus derselben herausspähender, halb erblühter, weisser Rosenknospen 
kaligraphisch ausgeführte Sinnsprüche mit verschieden färbigen Initialen 
zur Schau trugen. 

Schlag 12 Uhr fand sich die Deputation des Wr. med. Doct.- 
Coll. ein, die über Beschluss des Geschäftsraths dem vieljährigen 
Präsidenten eine prachtvoll ausgestattete Adresse überreichte. Diese 
Deputation war vom Vizepräsidenten Dr. Preyss geführt und be¬ 
stand nebst diesem aus dem zweiten Vicepräsidenten Dr. Hopf¬ 
gart ner, dem Senior Dr. Ritter v. Vivenot, dem Secretär 
Dr. R e i 11 e r, dem Obmannstellvertreter des wissenschaftlichen Aus- 
schusses Dr. David Winternitz, dem Schriftführer Dr. Anthofer 
und dem mit dem Präsidenten speciell befreundeten Collegen 
Dr. Györy von Nädudvar. 

Der Führer der Deputation begrüsste den Gefeierten mit 
folgender Ansprache: 

Hochgeehrter Herr Präsident! 

Erlauben Sie, dass an dem Tage, an dem ein grosser Abschnitt 
in Ihrem nützlich thätigen Leben beginnt, an dem Ihre Angehörigen, 
Freunde, Nachbarn und Collegen Sie vom ganzen Herzen freundlich 
begrüssen, auch eine Ihnen in blutsverwandtschaftlicher Beziehung 
ferne stehende zahlreiche Familie, der Sie seit einer Reihe von 
Jahren als gewähltes Oberhaupt vorstehen, sich Ihnen nahe, um Sie 
an diesem Freudentage zu beglückwünschen. 

Es ist ein von der Vorsehung nur Wenigen beschiedenes Los, 
einen solchen Tag in ungeschwächter Gesundheit und mit voller 
Geistesfrische zu erleben, und es ist um so seltener, wenn von dem 
ganzen abgelaufenen Zeitraum fünf Decennien in unermüdeter Thä- 


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142 


tigkeit der Erfüllung von Bürgerpflichten, dem Wohle der Mensch¬ 
heit, der Pflege der Kranken, der Förderung nützlicher Institutionen 
geweiht worden sind. 

Wenn aber eine aus 700 Mitgliedern bestehende Corporation 
sich durch mehr denn drei Lustren der besonderen Fürsorge eines 
in solcher Weise Begünstigten für deren Interessen erfreut, so muss 
sie sich umsomehr gedrängt fühlen, ihm den wärmsten Dank aus¬ 
zusprechen. 

Es kann nicht unsere Aufgabe sein, Ihnen all’ die Verdienste 
vorzuzählen, die Sie sich als Arzt um Allerhöchste kaiserliche 
Familienglieder, bei Ihrem Wirken im öffentlichen Sanitätsdienste 
als Mitglied der Obersten Medicinal-Commission im Ministerium des 
Innern, bei der Pflege von Kranken in Heilanstalten, namentlich 
in Militärspitälem während der Kriegsjahre erworben haben. Der 
Staat hat diese Verdienste anerkannt und selbst das Ausland sie 
gewürdigt. 

Unsere Pflicht aber ist es, stets eingedenk zu sein alles dessen, 
was Sie zur Förderung der Interessen unserer Körperschaft gewirkt, 
wie Sie schon im Geschäftsrathe des alten Collegiums an der Seite 
Derer gestanden, die tapfer kämpften für das Fortbestehen desselben, 
welchen Antheil Sie ferner genommen, um, nachdem dieser ruhm¬ 
volle, wenn auch nicht siegreiche Kampf zu Ende ging, den Fort¬ 
bestand des Coli, in einer neuen Form zu ermöglichen, mit welcher 
Opferwilligkeit Sie die Ihnen angebotene Stelle eines Präsidenten des 
Wiener medicinischen Doctoren«Collegiums angenommen, 
seitdem bei der alljährlichen Wiederwahl durch sieben Jahre bei¬ 
behielten und welchen Aufschwung dieses Collegium, das seine 
Feinde schon vor sieben Jahren zu den Todten gezählt, unter Ihrer 
Führung genommen hat. 

Darum flehen wir zu Gott, dass er Ihnen noch viele Jahre 
gönnen möge zum Besten des Collegiums, zur Freude Ihrer Familie, 
zum Wohle Ihrer Mitbürger! 

Das ist der einhellige aufrichtige Wunsch aller Mitglieder des 
Collegiums, in deren Kamen ich Ihnen zurufe: 

Gott erhalte unsem Präsidenten Dr. Bainer Bitter von Schmerling! 

Nach Schluss der Bede überreichte der Secretär die Adresse, 
die 62 Unterschriften trägt. 

Der Begrüsste war von dieser Anerkennung seiner Collegen 
sichtlich gerührt, er dankte der Deputation aufs Wärmste für die 
ihm gewordene Auszeichnung und insbesondere dem Sprecher sowohl 
für die Bede als für deren — wie er sagte — ausgezeichneten 
Vortrag, und ersuchte auch sämmtlichen Mitgliedern des Collegiums 
vorläufig seinem Danke Ausdruck zu geben, bis er in einer Vollver¬ 
sammlung in der Lage sein werde, dies persönlich thun zu können. 
Daran knüpfte er die Versicherung, dass er von dem Augenblicke 
an, als er in die Facultät aufgenommen worden (d. i. seit 46 Jahren) 
immer treu an dem Collegium gehangen und nicht aufhören werde, 
Alles, was in seinem Bereich liegt, aufzubieten, um das Collegium 


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zu einem grösseren Ansehen zu bringen, und dass dieses auf ihn 
zählen könne, so lange ihm die Kraft erhalten bleibe. Er mache 
wohl mit dem heutigen Tage den ersten Schritt ins öreisenalter, 
doch fühle er dessen Last noch nicht, hoffe daher noch manches 
Jahr die Obliegenheiten des Vorstandes erfüllen zu können, wenn 
ihm das Collegium noch fortan sein Vertrauen schenkt. Seiner Ueber- 
zeugung nach hat die Corporation schon wieder festeren Fuss ge¬ 
fasst und an Würde gewonnen und sie wird noch allgemeinere An¬ 
erkennung finden durch ein vereintes Zusammenwirken aller einzelnen 
Glieder mit dem gleichen Streben, denn nur in der Einigkeit liegt 
die Kraft. 

Nun erst konnte der Präsident die ihm überreichte Adresse 
näher besehen, wobei er wiederholt seine Freude zu erkennen gab 
über die schöne Ausstattung, auf die er bei Prüfung der Details 
immer wieder zurüokkam. 

Als sich die Deputation des Collegiums zurückzog, trat die 
des Pensions - Instituts unter der Führung von dessen Präsidenten 
Dr. Hans Adler, nebst diesem aus dem Vicepräsidenten Dr. Heim, 
dem Schriftführer Dr. Popper und dem Cassier Dr. Hopfgartner 
bestehend ein, und überreichte dem Herrn Dr. v. Schmerling 
das ihm in der Generalversammlung am 3. April zuerkannte Ehren¬ 
diplom dieser Gesellschaft. Der Sprecher, Dr. Adler, begrüsste den 
Gefeierten, indem er dessen besondere Verdienste bei Gründung 
dieses Institutes sowohl als seiner stets fortgesetzten Unterstützung 
zur Förderung der Zwecke desselben hervorhob, und es seinem 
ferneren Schutze empfahl. 

Dieses Diplom ist eine der geschmackvollsten Arbeiten dieser 
Art. Es besteht wohl nur aus einem Blatte steifen Pergament¬ 
papiers, aber die Schrift, Eintheilung und Umrahmung von Arabesken 
auf einem breiten Goldrand ist eine höchst gelungene Arbeit. Dieses 
Blatt liegt in einer mit rothem Sammt überzogenen steifen Mappe, 
deren Ecken durch Bronce geschützt sind und aus deren Mitte auf 
der Vorderseite die Initialen des Hamens (RS) unter einer fünf¬ 
zackigen Krone hervortreten. 

Hach dem Beispiele des Wiener medicinischen Doetoren- 
Collegiums haben auch die ärztlichen Bezirksvereine den Beschluss 
gefasst, dem Präsidenten Dr. v. Schmerling durch besondere De¬ 
putationen zu beglückwünschen, und kam die der westlichen Bezirke, 
geführt vom Obmanne Dr. K h a u t z v. Eulenthal, begleitet von den 
Doctoren Ignaz Lederer und Friedrich Gaus t er; dann die des 
dritten Bezirkes, geführt vom Obmanne Dr. K i e n a s t, begleitet von 
den Doctoren Hans Ritter v. Becker und Ladislaus v. Würtzler, 
der des Doctoren'Collegiums der Zeit nach noch zuvor. 

Hach Entfernung der Deputation des Pensions-Institutes trat 
die des ärztlichen Vereines im vierten Bezirk, geführt vom Obmanne 
Dr. Josef Scholz, begleitet von den Doctoren Popper und Fer¬ 
dinand Much ein und überreichte das auf steifes Pergamentpapier 
zierlich geschriebene von Dr. W a n e c k mit künstlerisch ausgeführten 


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144 


Arabesken umrahmte Diplom, welches die Ernennung zum Ehren¬ 
mitglied des ärztlichen Vereines der südlichen Bezirke bekundete, und 
das vom Herrn Präsidenten freundlichst entgegengenommen wurde. 

Den Schluss der Deputationen machte die des ärztlichen 
Vereines des zweiten Bezirkes, geführt vom Obmann-Stellvertreter 
Dr. Maximilian Herz, begleitet von den Doctoren Ludwig Klein 
und S. Haj e k. Der Führer der Deputation gab in einer gut gesetzten 
und klangvoll vorgetragenen Bede, in der er die Verdienste des 
Collegiums-Präsidenten um die Bemühungen für die Hebung der 
materiellen Interessen der Aerzte hervorhob, mit grosser Anerkennung 
Ausdruck, die gleichfalls mit grossem Beifall aufgenommen wurde. 

Die Deputationen und besonders deren Führer wollen den Referenten 
entschuldigen, wenn er nicht alle Ansprachen und Erwiderungen mit gleicher 
Umständlichkeit mittheilt. Es war ihm nioht möglich, bei dem Empfang jeder 
einzelnen Deputation anwesend zu sein, er kann also über die Details nioht 
mit vollkommener Genauigkeit referiren. — Die Eingangs erwähnten Aus¬ 
schmückungen konnte er erst genauer besichtigen, nachdem die letzte Deputa¬ 
tion die Räume verlassen hatte. 

Notizen. 

Aufnahmen. Vom Geschäftsraum wurden in das Wiener med. Doo -Coli, 
als ordentliohe Mitglieder aufgenommen: in der Sitzung am 7. April die 
DDr. der gesammten Heilkunde Emanuel Edler von Berger und Friedrich 
Allmayer (Beide in Wien domicilirend), dann in der Sitzung am 28. April 
Med. & Chir. Dr. Robert Gersuni, Primar-Chirurg und Operateur im 
Carolinen-Kinderspitale (als Mitglied des früheren Doot.-Coll. der med. Facultät 
ohne neue Aufnahmstaxe), ferner die DDr. der gesammten Heilkunde Felix 
Veth in Aussee und Sebastian Huber in Meran. 

im Verzeichnisse der Functionäre in Nr. 10, S. 129, wurde die Namhaft¬ 
machung der Reohnungsoensoren des Unterstützungs-Institutes übersehen. Es 
sind die DDr. L. Fürth, Ludwig Klein und J. Leopold Heinemann 
(siehe Nr. 6, 8. 68). 

Wohnungs- Veränderung. Dr. Andreas R. v. Hüttenbrenner 
wohnt vom Mai d. J. ab: I. Himmelpfortgasse 21, im 2. Stock. Dr E. Schi der, 
der den Winter über als Curarzt in Aroo fungirte, zeigt an, dass er vom Mai 
ab im Wildbad Gastein, wie in früheren Jahren, ärztliohe Praxis ausüben wird. 

Zur Vivisectionsfrage. Gegen Ende des vorigen Monates verhandelte 
die Petitions -Commission des deutschen Reichstages diese für die ganze 
wissenschaftliche Welt wichtige Frage. Virchow wurde als Sachverständiger 
vernommen. Er erklärte, die Agitation richte sich nioht nur gegen die Vivi- 
section, sondern gefährde die gesammte experimentelle Methode, denn jener 
verdanke die letztere die Umwandlung der ärztliohen Anschauungen. Wie 
schon Harvey’s Entdeckung des Blutkreislaufes nur durch die Disseotion 
lebender Thiere möglich war, so bedürften auch die Physiologie, die Pathologie 
und die Pharmaoologie derselben, weder die Forschung noch der Unterricht 
können sie entbehren. Viele Wissenszweige, speciell die NervenphyBiologie, 
seien ohne sie unmöglich. In England habe das Gesetz gegen die Vivisection 
so gesohadet, dass daselbst seit dessen Erlass keine einzige werthvolle 
physiologische Arbeit erschienen sei. Virohow erklärte sich somit gegen 
jedes gesetzliche Eingreifen in die Wissenschaft. Die Commission 
beschloss daher, im Plenum eine motivirte Tagesordnung vorzuschlagen, dahin¬ 
gehend, dass die Vivisection im Interesse der wissenschaftlichen Forschung 
in den Lehranstalten unentbehrlich sei. 


Die nächste Nummer erscheint am 20. Kai. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doot.-Coll. — Verantwortlicher Redaoteur: 
Dr. L. Hopfgartner. — Geaellsohafta-Buchdrnokerei, Wien, Hl. Erdbergentraese 8. 


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TI. Bd. Aasgegeben am 20. Mai 1880. Ifr. 12 


MITTHEILUNGEN 

des 

ffieuor i6toi|isc|B| DoEtoran-CollBtiiiBis. 

Sraoheinfc jedeu zweiten iJouneratug ein halber bis ein gauser Bogen and darüber, an, 
SO Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegiums im In-* 
lande 3 fl., nach dem Anslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 26 kr. == 60 Pffc. — Inserats 
15 kr. = 80 Pfg. fiir die durchlaufende Petit-Zeile. 

Mau pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits dt Denticke 
(vormals Karl Csermah), Wien, I., Schottengasse 6. 
Zuschriften and Zasendaagen an die ttedaetion: Wien, Kanxlei d m Wiener aed. 
Doel.-Cell. and der Witwen- and Waisea-Sodetäi, Kotheithurmstrasse 28. 


Inhalt: Ueber die prognostische Bedeutung der Körpertemperatur in Nervenkrankheiten, 
Vortrag des Herrn Dr. H. Obersteiner junior. — General-Veraammlung der Witwen- und 
WaUen-Soeietät des Wiener med. Doct.-GoU. am 26. April 1880. — Notizen. 


Wissenschaftliche Versammlung am 3. Mai 1880. 

Dr. Heinrich Adler demonstrirte einen Fall von Morbus 
maculosus Werlhofi. Derselbe betrifft ein 9jähriges Mädchen, 
welches von vollkommen gesunden Eltern abstammt, jedoch 
schwächlich gebaut ist. Die Geschwister des Kindes und der 
Eltern sind ebenfalls gesund. — Die Krankheit besteht seit 
mehr als einem Jahre und kam zur Entwicklung, obgleich sich 
das Kind in den allerbesten hygienischen Verhältnissen be¬ 
findet. Die Familie ist bemittelt, die Wohnung geräumig, trocken, 
hell, die Nahrung vorzüglich. Seit etwas mehr als einem Jahre 
treten von Zeit zu Zeit spontan an den verschiedenen Stellen 
des Körpers thaler- bis kartenblattgrosse Flecken auf, welche 
von subcutanen Blutaustritten herrühren, wie sie nach erlittenen 
Traumen beobachtet werden. Ausserdem tritt fast täglich eine 
mehr weniger profuse, aber nur kurze Zeit dauernde Blutung 
aus der Nasen- und Mundschleimhaut ein, die indess noch nie¬ 
mals einen gefahrdrohenden Character angenommen hat. Dem 
Auftreten der Blutflecke gehen vage Schmerzen in den betref¬ 
fenden Körpertheilen voran. Die Rückbildung der Ekchymosen 
dauert 2 bis 3 Wochen, Niemals ist das Kind vollkommen frei, 
da immer Nachschübe auftreten, so dass man die verschiedenen 
Stadien derselben gleichzeitig beobachten kann. Ausserdem 
leidet das Kind an Enuresis nocturna et diurna und einem 
geringen Fluor vaginae. Das Secret der Vaginalschleimhaut soll 
nach Angabe der Mutter des Kindes auch zeitweise Blutspuren 
enthalten. 

Hierauf hält der Universitäts-Docent Herr Dr. Heinrich 
Ob erstein er jun. folgenden mit grossem Beifall aufgenommenen 
Vortrag: 


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146 


Ueber die prognostische Bedeutung der Körpertemperatur in 
Nervenkrankheiten. 

Seit einer Reihe von Jahren ist die Thermometrie in den 
fieberhaften Krankheiten Gemeingut aller Aerzte geworden. Man 
begnügt sich nicht mit der Beobachtung des Pulses, seiner 
Häufigkeit, Form u. s. w., sondern man erwartet noch besseren 
Aufschluss über den Verlauf des Krankheitsprocesses von dem 
Thermometer. 

Dies gilt aber wohl nur von der erwähnten Gruppe der 
Krankheiten, von den fieberhaften; bei anderen Gelegenheiten 
greift der praktische Arzt im Allgemeinen nur selten zum 
Thermometer. Ich habe mir daher die Aufgabe gestellt, Ihnen 
an ein paar Beispielen zu zeigen, dass auch bei den Erkian- 
kungen des Nervensystems die Kenntniss der Körpertemperatur 
nicht blos von grossem, wissenschaftlichem Interesse ist, sondern 
unter Umständen dem Arzte gewichtige prognostische und nicht 
selten auch therapeutische Fingerzeige zu liefern vermag. — 
Erst in den beiden letztverBossenen Decennien hat man sich 
etwas eingehender mit der Beobachtung der Körpertemperatur 
an Geistes- und Nervenkranken befasst, und es haben uns be¬ 
sonders die letzten Jahre so reichhaltige und sorgfältig gesam¬ 
melte Beobachtungsresultate geliefert, dass es unmöglich wäre, 
hier eine auch nur flüchtige Zusammenstellung des uns bereits 
zu Gebote stehenden Gesammtmateriales zu geben. Ich kann 
nicht die ganze Reihe der Neurosen durchgehen, welche in¬ 
teressante Abweichungen von der Körpertemperatur darbieten, 
kann mich aber ebensowenig einlassen auf eine Würdigung 
jener wichtigen physiologischen Erfahrungen, welche uns den 
Mechanismus der Wärmeproduction im thierischen Körper ge¬ 
nauer kennen gelehrt haben, und welche uns zeigen, wie ge¬ 
wisse Partien des Centralnervensystems eine bestimmte Be¬ 
ziehung zur Regulirung der Körpertemperatur erkennen lassen. 

Ich konnte diese Bemerkungen nicht unterdrücken, um 
mich gleich von vorneherein gegen den Tadel zu schützen, als 
hätte ich diese oder jene wichtige Thatsache anzuführen ver¬ 
gessen, oder als wäre ich die Erklärung für die eine oder die 
andere Erscheinung schuldig geblieben. — Es darf uns nicht 
Wunder nehmen, wenn wir gerade bei den Erkrankungen des 
Centralnervensystems so häufig auf Abweichungen von dem 
normalen Verhalten der Körpertemperatur treffen. — Es ist 
bekannt, dass die Erhaltung der Körpertemperatur unter der 
Herrschaft gewisser Theile des Gehirns und des Rückenmarkes 
steht; wir dürfen daher zunächst schon mit grosser Sicherheit 
erwarten, dass Erkrankungen dieser Theile des Centralnerven¬ 
systems (ohne hier in die Frage nach ihrem anatomischen Sitze 
einzugehen) sich durch abnorme Temperaturschwankungen äussern 
werden. Ausserdem spielt aber auch im Centralnervensysteme 
die Fernwirkung eine grosse Rolle, das heisst, dass ein ab- 


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147 


normer Zustand eines Theiles dieses Organes eine entfernt 
liegende, nicht direct betroffene Partie in ihrer Function beein¬ 
trächtigen kann: ein Umstand, der einerseits die Localisation 
der Gehirnkrankheiten sehr erschwert, anderseits von den 
Gegnern der functionellen Localisation wiederholt ausgebeutet 
worden ist. Wir können daher also auch dann, wenn die eigent¬ 
lichen thermischen Gentren nicht direct erkrankt sind, auf 
wichtige Abweichungen im Verhalten der Körpertemperatur treffen. 

Ich will nun zum eigentlichen Thema meines Vortrages 
übergehen, ur d hauptsächlich an den sogenannten nervösen An¬ 
fällen die Richtigkeit meiner Behauptung von dem Werthe der 
thermometri8chen Untersuchung darzuthun trachten. 

Ich beginne mit der Gehirnblutung, der Apoplexie im 
engeren Sinne. Nach zahlreichen Beobachtungen, von denen .die 
Bourneville’s („Etudes cliniques et therniomötriques sur les 
maladies du systöme nerveux“, Paris 1872—1873) besondere 
Beachtung verdienen, ist der Verlauf der Temperaturcurve nach 
dem haemorrhagischen Insulte ein ganz charakteristischer. 

Nehmen wir einen typischen Fall, so finden wir, dass 
wenige Minuten nach dem Beginne des Anfalles die Temperatur 
zu sinken anfängt. Dieses initiale Sinken ist für den apoplec- 
tischen Anfall sehr bezeichnend. Nach einiger Zeit, in der 
Regel nach Verlauf einiger Stunden, steigt die Temperatur und 
schwankt nun längere Zeit — mehrere Tage hindurch — zwischen 
37*5° und 38’5°, *) um schliesslich wieder zur Norm zurück¬ 
zukehren, wenn Genesung eintritt. — Im entgegengesetzten Falle 
macht sich der ungünstige Ausgang durch den abweichenden 
Verlauf der Temperaturcurve bemerkbar. Bei den schnell 
tödtenden Apoplexien pflegt das initiale Sinken ein rascheres, 
intensiveres zu sein (bis 35*4°) und es kommt zu keinem Wieder¬ 
ansteigen. Wurde nun diese Periode glücklich Überstunden, so 
machte sich eine neuerliche Gefahr, welche dem Leben des 
Kranken droht, durch ein rasches und beträchtliches Steigen 
des Thermometers bemerkbar; ein derartiges Verhalten der 
Körpertemperatur lässt uns also mit grösster Sicherheit Voraus¬ 
sagen, dass im Verlaufe von längstens einigen Tagen der lethale 
Ausgang zu erwarten pei. 

Bei der Gehirnembolie und der damit zusammen¬ 
hängenden Gehirnerweichung ist das Verhalten der Tem¬ 
peratur in der Regel ein anderes, als wir es bei der Apoplexie 
kennen gelernt haben. Wenn ich mich, bei dem Mangel eigener 
einschlägiger Untersuchungen auf die Angaben B o u r n e v i 11 e’s 
beziehe, so wäre zu bemerken, dass zunächst das Stadium des 
initialen Sinkens in den meisten Fällen entweder vollständig 
fehlt oder wenigstens nur wenig deutlich zu erkennen ist. Meist 
findet man in den zwei auf den Anfall folgenden Stunden eine 
Temperatur zwischen 37° bis 37*8°, während beim apoplectischen 


*) Es ist immer nur von der hundertteiligen Scala (Celsius) die Rede. 


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148 


Anfall die Temperatur in dieser Periode sich unter 37° zu 
halten pflegt. Bei der Gehirnerweichung folgt nun ein Stadium, 
in welchem sehr beträchtliche Temperaturschwankungen statt¬ 
finden. Nicht selten erfolgt ein rasches Steigen bis 39°, dann 
wieder ein Zurücksinken zur Norm und so fort, während in 
einem Falle von Gehirnhaemorrhagie während dieser Periode 
ein derartiges Steigen nur dann von einem beträchtlichen Sinken 
unterbrochen wird, wenn ein neuerlicher Bluterguss stattgefunden 
hat. — In der letzten, dem Tode vorangehenden Periode der Gehirn¬ 
erweichung findet das Steigen der Temperatur meist langsamer statt, 
und ohne einen so hohen Grad zu erreichen, wie bei der Apoplexie. 

Zahlreich sind die Beobachtungen über die Temperatur 
beim epileptischenAnfall. Ich will mich darauf beschränken 
zu bemerken, dass, wie ich auch selbst wiederholt zu beobachten 
Gelegenheit hatte, bei dieser Art von Anfällen, ohne dass sich 
ein initiales Sinken bemerken liesse, die Temperatur gleich zu 
steigen beginnt, selten 38° bis 38*5° überschreitet, 1 / 4 bis 1 / a Stunde 
nach dem Anfall zu sinken anfängt, und nach 4 bis 10 Stunden 
die Norm wieder erreicht. Aehnlich ist auch der Verlauf bei den 
eclamptischen und bei den hystero-epileptisehen 
Anfallen. 

Bei jener ununterbrochenen Reihe rasch aufeinander folgen¬ 
der Anfälle, welche wir als Status epilepticus bezeichnen, 
kann die Temperatur nach dem einzelnen Anfalle nicht sinken, 
weil der nächste bereits wieder den Anstoss zu einem neuer¬ 
lichen Steigen gibt; sie steigt vielmehr während der Dauer der 
Anfälle mitunter auf 40° bis 41°, und sinkt erst nach deren Er¬ 
löschen wieder. Nicht selten gehen aber die Kranken später, 
nach einigen Tagen, an den Folgen des Status epilepticus zu 
Grunde; der ungünstige Ausgang wird durch ein neuerliches 
Steigen der Temperatur eingeleitet. Wir werden später Gelegenheit 
haben, einen ganz ähnlichen, wenn auch nicht streng hierher 
gehörigen Fall genauer zu besprechen. 

In die Reihe der nervösen Anfälle gehört auch der so¬ 
genannte uraemisohe Anfall. 

Gehen die Kranken während des uraemischen Anfalles oder 
wenigstens sehr bald darnach zu Grunde, so macht sichnach Bourne- 
ville ein sehr rapides Sinken der Körpertemperatur bis 32°, 
30°, ja selbst 28’1° bemerkbar. Erholen sich die Kranken wieder, 
dann ist der Verlauf der Temperaturschwankungen ein anderer 
und zeigt die grösste Aehnlichkeit mit den bei der Gehirn¬ 
haemorrhagie besprochenen Verhältnissen. 

Ich will einen solchen Fall etwas genauer mittheilen. Eine 
nicht gut genährte, an Verrücktheit leidende Dame von 35 Jahren 
klagte im October 1879 wiederholt beim Spazierengehen über 
Schwäche in den Beinen, sank sogar manchmal zusammen, ohne 
dass sich dafür ein genügender Grund auffinden Hess. Am 3. No¬ 
vember stellten sich zuerst Oedeme an den unteren Extremitäten 
besonders linkerseits ein, welche mitunter abnahmen, aber bald 


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wiederkehrten, und sich gelegentlich auch auf die obere Körper¬ 
hälfte verbreiteten. Es konnte nur eine unbedeutende Mitral- 
insufficienz constatirt werden; im Harne fanden sich weder 
Eiweiss noch Cylinder. Gegen Ende December nahm die Diurese 
rasch ab, zugleich konnten die ersten Spuren von Eiweiss nach¬ 
gewiesen werden. Anfangs Jänner d. J. sank die tägliche Urin¬ 
menge auf ca. 100 ccm., heftiges, anhaltendes Erbrechen stellte sich 
ein, grosse Prostration, Athembeschwerden. Puls 100 bis 120. 

Unter dem Gebrauche von Digitalis und Kali aceticum 
stieg die Urinmenge, es konnte die Nahrung wieder besser ver¬ 
tragen werden, der Eiweissgehalt des Urins nahm ab. (Urin¬ 
menge am 13. Jänner 500 ccm., 14. J. 700 ccm., 15. 1000 ccm., 

16. 1250 ccm.) Der letztgelassene Urin zeigte plötzlich eine 
enorme Menge von Eiweiss und sehr viele Harncylinder. Am 

17. Jänner stockte die Urinsecretion vollständig. Starke Kopf¬ 
schmerzen, wiederholtes, nicht zu stillendes Erbrechen, Abends 
plötzlich eintretende Amaurose und am Morgen des 18. Jänner 
um 5 Uhr stellte sich ein sehr heftiger Krampfanfall ein, welcher 
mit abnehmender Intensität durch beinahe zwei Stunden an¬ 
dauerte. Allgemeine klonische und tonische Krämpfe befielen 
sämmtliche Körpermuskeln, besonders die der linken Seite, Kopf 
und Augen wurden nach links gezogen. 

Seitdem blieb das Sensorium immer mehr oder minder 
benommen, die Kranke wurde in den nächsten Tagen aller¬ 
dings wieder frischer, allein das Erbrechen kehrte häufig wieder, 
so dass eine combinirte Ernährung auf natürlichem Wege und 
durch Klysmen (englisches Pepton) eingeleitet werden musste. 
Diarrhoeen, Athmungsbeschwerden, zunehmende Mattigkeit und 
Abmagerung. Die Oedeme wechselten ihren Ort und ihre Intensität. 

Interessant ist es, dass seit dem Anfalle Aphasie vorhanden 
war, die Kranke hatte alle, oder wenigstens die meisten Sub- 
stantiva vergessen, sie nannte alle Gegenstände „sicher“ oder 
„Hand“. Auch Nystagmus bestand fort. 

Am 11. Februar erlag die Kranke, wobei zu bemerken 
ist, dass der Tod nicht die Folge des urämischen Anfalles war. 

Was nun die Temperatur anbelangt, so wurde am Morgen 
gleich nach dem Anfalle mit den Messungen begonnen und die¬ 
selben dreimal des Tages vorgenommen. Die gewonnenen Zahlen 
sind folgende: 




Morgens 

Mittags Abends 


Morgens 

Mittags 

Abends 

18. Jänner 

37 2 

368 

38*8 

23 Jänner 

372 

37 6 

37*7 

19 

n 

37-8 

383 

38.2 

24. „ 

37*6 

37*8 

37*7 

20 

p 

38*2 

38*7 

38-9 

25. „ 

37-0 

37.6 

37*5 

21. 

n 

38*2 

38*3 

38*8 

26. , 

37-8 

370 

37*4 

22. 

n 

37*5 

37*4 

37*8 






Yon 

nun an bietet 

die Temperatur kein besonderes Inter 


esse mehr, sie schwankt fortwährend zwischen 37 0 und 37*7, 
ohne einen bestimmten Typus einzuhalten. 

Betrachten wir die obige Tabelle, so sehen wir bis zum 
Mittag des ersten Tages ein Fallen der Temperatur (36*8), hier- 


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160 


auf aber bis Abends ein rapides Steigen um 2° (38*8). In den 
folgenden drei Tagen hält sich die Temperatur fast ausnahms¬ 
los über 38° (bis 38*9) und kehrt am vierten Tage wieder auf 
37*5° zurück, um von nun an 37.8° nicht mehr zu übersteigen. 
Wir sehen also einen Verlauf der Temperaturcurve vor uns, 
welcher fast völlig mit dem für den apopiectischen Anfall ange¬ 
gebenen übereinstimmt. Initiales Sinken, im zweiten Stadium 
erhöhte schwankende Temperatur und endlich Zurücksinken 
innerhalb die normale Breite. 

Dass hier nicht ein wirklicher haemorrhagischer Anfall 
vorliegt, braucht wohl nicht ausdrücklich erwähnt zu werden. 

Wir konnten also, sobald wir kein weiteres Sinken der 
Temperatur, nachdem sie 36*8° erreicht hatte, fanden, mit 
grosser Wahrscheinlichkeit erwarten, die Kranke diesmal am 
Leben zu erhalten. (Schluss folgt.) 


Die General-Versammlung der Witwen- und Waisen- 

Societät 

des Wiener medicinischen Doctoren-Collegiums 

fand am 26. April 1880, Abends 7 Uhr, im akademischen Senats¬ 
saale der k. k. Universität unter dem Vorsitze des Präses Dr. Th. Juri6 
in Anwesenheit des Präsidenten des Wiener med. Doct.-Coll. Dr. Ritter 
y. Schmerling und vieler Mitglieder der Societät statt. 

Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung, nachdem er die Anwesenden 
begrüsst hatte, mit dem Nachweise, dass diese Plenar-Versammlung 
den Statuten gemäss rechtzeitig in der „Wiener Zeitung“ vom 
4. April d. J. ausgeschrieben und die mit dem Programm versehenen 
Einladungen sämmtlichen Herren Mitgliedern zugesendet worden sind 
und brachte sodann das Protokoll der Plenar - Versammlung vom 
17. März 1879 durch den Actuar der Gesellschaft Herrn Dr. Gerstel 
zur Verlesung. Hierauf las er folgenden Bericht über die 
Geschäftsführung, den Personal- und Vermögensstand 
der Societät im Jahre 1879. 

Hochgeehrte Herren Collegen! 

Nach Ablauf eines Jahres habe ich wieder die Ehre, Ihnen 
über die Thätigkeit der Direction und des Ausschusses unserer 
Gesellschaft, über ihre Verwaltung und die Ergebnisse derselben im 
Jahre 1879 Bericht zu erstatten. 

Auch in diesem Jahre konnte sich unsere Gesellschaft den 
Einwirkungen und den Folgen der allgemeinen unglückliohen wirt¬ 
schaftlichen Krisis bei aller Vorsicht nicht entziehen; gleich dem 
Jahre 1878, nahmen auch im jüngst abgelaufenen Verwaltungsjahre 
die Erträgnisse unserer Realitäten, sowie der öffentlichen und Privat¬ 
capitalien verhältnissmässig ab. Leider scheint die Krisis noch nicht 
beendet zu sein. 

Mit wenig Worten kann unsere Situation in Folgendem ge¬ 
schildert werden: In unseren Häusern mussten die Zinse ermässigt 


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151 


und die Auslagen für Reparaturen und Herstellungen wegen. der 
grossen Anforderungen der Parteien erhöht werden. 

Nur sehr spärlich und mit grosser Mühe wurden neue gute 
Privathypotheken gegen Zinsermässigung aufgetrieben, während alte 
Hypotheken gekündigt oder für dieselben die Herabsetzung der 
Interessen verlangt und zum Theile auch bewilligt wurde. 

Man musste daher, um die Fructificirung unserer Capitalien zu 
ermöglichen, zum Ankäufe von öffentl. Obligationen schreiten, deren 
Curse conse quenterweise steigen mussten. Dazu kam noch, dass von 
den öffentlichen Papieren neuerlich auch für die früheren Jahre Ein¬ 
kommensteuern gefordert wurden, so dass fast stets Recurse gegen 
diese Anforderungen bei den Finanzbehörden im Zuge sind. 

Der Ankauf von Realitäten war nicht einladend bei den 
hohen Steuern, der uns belastenden Aequivalentengebühr und den 
immer mehr sinkenden Mietzinsen. 

Aber auch die allgemeinen Anforderungen wurden immer grösser, 
indem i. J. 1879 wieder 9 neue Witwen zu wuchsen, und nur 2 abfielen. 

Während im Jahre 1878 von unseren Mitgliedern l 1 / 2 °/ 0 
starben, erhöhte sich im Jahre 1879 dieses Sterbepercent auf 2°/o, 
wodurch sich die Anzahl der Witwenpensionen bei einem Stande 
von 357 Mitgliedern auf 104 erhob, was ein jährliches Erforderniss 
von 62.400 fl. ausmacht. Es kommt sonach auf 26Vs Mitglieder 
1 Witwe, — im Jahre 1878 kam auf 28 1 /* Mitglieder 1 Witwe. 

Wie schon früher erwähnt, wurde das Zinserträgniss der 
Realitäten bedeutend geringer, alle 4 Häuser warfen nur 45.811 fl., 
d. i. 4*56°/ 0 ab, während sie in dem Jahre 1876 5-55°/o> im 
Jahre 1877 5*38°/o und im Jahre 1878 5*05°/ 0 trugen. 

Was die einzelnen Häuser betrifft, so trug das Stadthaus, im 
Werthe von 387.396 fl., im Jahre 1878 netto 19.053 fl. = 4 , 92°/o 
und im Jahre 1879 nur 16.788 fl. = 4 1 /3°/o- 

Das Haus Nr. 51,111.Hauptstr., im Werthe von 291.844 fl, trug 
i. J. 1878 12.040 fl. =-417% und i. J. 1879 11.934 fl. -=4*09°/ 0 . 

Das Haus in der Engelgasse Nr. 1, im Werthe von 185.516 fl., 
trug i. J. 1878 7958 fl. = 4*30°/ o und i. J. 1879 7247 fl. - 3-90°/ 0 . 

Endlich das Haus Nr. 8 in der Salesianergasse, im Werthe 
von 142.000 fl., trug im Jahre 1878 11.626 fl. = 8*18°/o und im 
Jahre 1879 9837 fl. = 6«/ 7 °/o- 

Im Jahre 1879 wurden 38 Gesuche um Zinsnachlässe ein¬ 
gebracht und meistens zu Gunsten der Parteien erledigt. 

Unsere Privatcapitalien, fast sämmtlich mit doppelter Pupillar¬ 
sicherheit, betrugen Ende 1878 500.204 fl. und gaben an Interessen 
29.670 fl. = 6 44°/ 0 . Im Jahre 1879 wurden dargeliehen 13.800 fl., 
rückgezahlt wurden 106.407 fl., somit. Abfall 92.607 fl., sohin Rest 
407.596 fl. und gaben an Interessen 26.164 fl. - 6.40°/o* 

Die öffentlichen Obligationen betrugen am letzten December 1878 
507.300 fl. Ankaufswerth und trugen Interessen 21.780 fl. = 4'72°/ 0 . 

Im Jahre 1879 wurden angekauft an Schatzscheinen, Papier* 
renten und Bankpfandbriefen 205.000 fl. im Ankaufspreise per 
161.500 fl.; gezogen wurden und in Abfall kommen 5250 fl., somit 


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152 


Ende 1879 Rest im Nominalwerthe 737.050 fl.,Ankaufswerth 618.271 fl., 
Cnrswerfch 646.727 fl., somit Gewinn 22 456 fl. nnd Differenz 
zwischen Nominal- und Curswerth 56.729 fl.; sie trugen an Interessen 
24.759 fl. -= 4V;o. 

Das Gesammtvermögen betrug am letzten December 1879 : 

An Effecten . 737.050 fl. 

Darlehen. 407.596 „ 

In der Escomptebank . . . 10.113 „ 

An Realitäten . 1,001.732 „ 

„ Baarschaft. 376 „ 

zusammen . . 2,156.867 fl. 

Gegen das Jahr 1878 ergab sich ein Plus von 180.958 fl. 
Nominal und ein Empfangsüberscbuss von 56.729 fl. 

Im Jahre 1879 hatten wir 203 Eingaben zu erledigen, 19 Aus¬ 
schusssitzungen, 1 Plenarversammlung, 9 Statuten-Comitd- und 6 Haus- 
Co mi t.4- S i tzungen. 

Mit Herrn Prof. Hessler hatten wir theils mündlich, theils 
schriftlich in Statutenangelegonheiten 15mal conferirt. 

Bei den 2 Scontrirungen der Cassen und Bücher wurde von 
den drei Commissären Alles in bester Ordnung befunden. 

Sämmtliche Hauskauf-Anträge wurden nach gründlicher Unter¬ 
suchung und Erwägung abgelehnt; ebenso wurden zurückgewiesen 
18 Ansuchen um Darlehen als unsicher. 

In die Societät wurden aufgenommen 21 Doctoren. 

Es starben 7 Mitglieder, und zwar die Herren DDr. Hornung, 
Schiffner, Schwarzl, Wilhelm Mayer, Klob, Oesterreich e r 
und Wegscheider. — Herr Dr. Z i 11 n e r ist freiwillig ausgetreten. 

Am 1. Jänner 1879 waren 343 Mitglieder, Abfall 8, Zuwachs 21, 
somit Stand am 1. Jänner 1880 357. 

Im 1. J. (1880) wurden bis heute, schon 11 Doctoren als Mit¬ 
glieder aufgenommen. 

Am 1. Jänner 1879 waren Witwen und Waisen 92. Es starben 
die Witwen Puffer und Böhm, zugewachsen sind 7 Witwen durch 
Tod der Mitglieder und 2 durch Tod des zweiten Gatt>en. 

Die 5 Waisengruppen blieben dieselben, sohin sind 104 Pen¬ 
sionisten zu versorgen. 

Im Jahre 1880 sind bisher schon gestorben die Herren DDr. 
Stocklöw, Gagstatter und Auspitz, mithin sind 3 Witwen 
zugewachsen. 

Im abgelaufenen Jahre wurden sämmtliche Vermögensbücher neu 
aufgelegt und zweckmässiger und übersichtlicher eingerichtet. 

Die namhafteste und schwierigste Arbeit dieses Jahres wurde 
endlich vollendet und liegt im Entwürfe in Ihren Händen, und Sie 
werden die Güte haben, hierüber bald Ihr Urtheil abzugeben. 

Doch dieses möge ausfallen, wie es wolle; es gebührt jeden¬ 
falls der aufopfernden Thätigkeit und dem unermüdlichen Eifer des 
Statuten-Comites, besonders den Herren DDr. Schneller und 
Grub er, der wärmste Dank der Gesellschaft. 

Ebensolchen Dank verdient auch ganz vorzüglich Herr Prof. 


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153 


Hes s 1 er, welcher nicht blos die grosse Einzahlungstabelle berechnete, 
sondern auch uns bei dem Entwürfe des Statuts selbst mit seiner 
Erfahrung als Fachmann eifrigst an die Hand ging. 

Ich glaube nun, dem Wunsche des Ausschusses nachzukommen, 
wenn ich Sie bitte, als Zeichen des Dankes für diese Herren sich 
von Ihren Sitzen zu erheben. 

Aber auch die Mitglieder Ihres Ausschusses, sowie besonders 
die Eunctionäre Hopfgartner und Gerstel verdienen Ihre vollste 
Anerkennung, indem sie nicht blos in den gewöhnlich sehr lange 
dauernden und häufigen Sitzungen vollzählig erschienen, sondern 
auch durch ihre Aufmerksamkeit, Mühe, Sachkenntniss und Erfahrung, 
die sie hierbei entwickelten, manchen vielleicht wichtigeren Versamm¬ 
lungen zum Muster dienen konnten. Auch diesen Herren, bitte ich, 
Ihren Dank zu zollen durch Erheben von den Sitzen. 

Die Anwesenden kamen dieser Aufforderung sofort nach und 
sprachen auch über Antrag des Herrn Primararztes Dr. Zsigmondy 
dem Herrn Präses Dr. J u r i ö einhellig ihren Dank aus. 

Auf Grund des nun vom Cassier, Dr. Hopfgartner verlesenen 
Protokolls der Bechnungs-Censoren, laut welchem diese dem Bechnungs- 
leger die Ertheilung des Absolutoriums beantragen, wird dieses ein¬ 
stimmig ertheilt und ebenso der vom Ausschüsse bereits gutge¬ 
heissene Voranschlag für das Jahr 1880, der den Herren Mitgliedern 
zugleich mit der Einladung bekanntgegeben wurde, genehmigt; 
schliesslich auch der Antrag des Ausschusses, die von Prof. H e s s 1 e r 
herausgerechnete Pension auf600 fl. festzusetzen, einhellig angenommen. 

TJeber eine Anfrage des Herrn Dr. Schn epp, ob die Pension 
nach der Annahme des neuen Statutenentwurfes erhöht werden 
könne, erwidert der Vorsitzende bejahend; eine weitere Anfrage 
desselben Collegen, ob die Pension nach Annahme der neuen Sta¬ 
tuten unter 600 fl. fallen könne, wird dahin beantwortet, dass 
dies rechnungsgemäss nach menschlicher Voraussicht nicht möglich sei. 

Hach Erledigung all dieser Programmpunkte einer gewöhnlichen 
General-Versammlung der Societät wurde auf den wichtigsten Gegen¬ 
stand übergegangen, der an diesem Abend noch in Verhandlung 
kommen sollte, nämlich auf die Berathung über den vom Ausschüsse 
vorgelegten, bereits gedruckten Statutenentwurf. 

Beferent Dr. Hopfgartner weist darauf hin, dass durch die 
Organisation der akademischen Behörden mit dem Gesetze vom 
27. April 1873 die Doctoren-Collegien aus dem Verbände der Uni¬ 
versitäten ausgeschieden wurden und die Witwen-Societät des Doct.- 
Coll. der medicinischen Facultät durch den hiedurch bedingten Ausfall 
an Facultäts - Matrikeltaxen und Ueberschüssen der sogenannten 
Decanatsgelder, Promotions-, Sponsions- und Approbationstaxen eine 
Einbusse von circa 10.000 bis 11.000 Gulden jährlich erlitten. 

Die General-Versammlung dieser Societät hat daher am 5. Juni 
1873 zur Deckung dieses Ausfalles beschlossen, eine Erhöhung der 
Einzahlungen vorzunehmen und zu diesem Behufe die nöthigen 
mathematischen Berechnungen von Bechnungs - Sachverständigen zu 
veranlassen; da dies jedoch längere Zeit erfordert, so wurde weiters 


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154 


beschlossen, bis zur definitiven Regelung der Eintrittsgebühren die 
Eintrittstaxe und den Jahresbeitrag provisorisch zu verdoppeln. 

Das hohe Ministerium des Innern hat laut Erlasses vom 26. Juni 
1873, Z. 11057 im Einvernehmen mit den betheiligten Ministerien dem 
bezüglichen Ansuchen der Witwen- und Waisen-Societät gewährende 
Folge gegeben und werden die Eintrittstaxen bis nun in dem er¬ 
höhten Ausmasse eingehoben. 

Es haben seit dem Jahre 1862 mit zeitweisen Unterbrechungen 
Berathungen über vorzunehmende Abänderungen in dem Statute 
stattgefunden und wurden Prüfungen des Yermögensstandes durch 
die rechnungssachverständigen Professoren DDr. Heger und Kolbe 
vorgenommen und beide haben auch principielle Abänderungen der 
Statuten, namentlich auf Auflassen des bestandenen sogenannten 
unantastbaren Stammfon des (§§ 16 und 17 der bisherigen Statuten) 
angetragen, um die Tarife nach einer dem heutigen Stande des Ver¬ 
sicherungswesens und der mathematischen Wissenschaft entsprechenden 
Weise berechnen zu können. 

Um nun diesen principiellen Forderungen Genüge leisten zu 
können, beschloss der Ausschuss die Umwandlung des Stammfondes 
und des disponiblen Fondes in einen Pensions- und Reservefond, und 
betraute den Herrn Prof. Hessler mit der Berechnung des Tarifs 
unter Zugundelegung eines 4°/ 0 Zinsfusses, um dem Institute für 
immerwährende Zeiten eine ausreichend sichere Basis zu bewahren. 

Professor Hessler, eine anerkannte Capacität im Rechnungs¬ 
fache und Autorität im Versicherungswesen, hat sich dieser mühe¬ 
vollen und zeitraubenden Arbeit mit der grössten Bereitwilligkeit 
unterzogen und ist dem mit der Vorberathung des Statuten ent wurfes 
betrauten Comite, welches nebst dem Präses Dr. Jurie aus den 
DDr. Hopfgartner, Gerstel, OSR. Schneller, A. Gruber 
und Friedrich Gauster bestand, auch bei der Berathung der ein¬ 
zelnen Paragraphe des Entwurfes mit seiner Erfahrung zur Snite 
gestanden, so wie die Rechtsconsulenten Dr. v. Aichenegg und 
nach dessen Tode Dr. Josef Kellner den Entwurf vom juridischen 
Standpunkte aus begutachtet haben. 

Als nach so langjähriger unverdrossener Arbeit der gegenwärtig 
gedruckte Statutenentwurf am 30. December 1879 endlich versendet 
werden konnte, wurden die geehrten Herren Mitglieder der Societät 
ersucht, denselben mit Aufmerksamkeit zu prüfen und ihre Bemerkun¬ 
gen darüber nebst etwaigen Abänderungsvorschlägen bis 15. Februar 
1880 an die Societätskanzlei einzusenden, damit der Ausschuss 
in die Lage komme, dieselben zu prüfen und zu den beantragten 
Amendements Stellung zu nehmen, um sonach der Generalversamm¬ 
lung ein mit der Billigung aller P. T. Societätsmitglieder versehenes 
Elaborat unterbreiten zu können. 

In Folge dieser Aufforderung sind von den DDr. Heim und 
A. Gruber in Wien, Mysz in Hermannstadt, Th. Müller in 
Bregenz, S u m in Teltsch, T ö t h in Nagy-Banya, W ellenthal 
in Bruck a. d. Mur und Wolfsgruber in Gmunden Abänderungs¬ 
vorschläge eingelangt. Der Wortlaut dieser Vorschläge sammt den 


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155 


YOn dem StatutencomiO dagegen erhobenen Bedenkea wurde in Nr. 6 
der „Mittheilungen des Wr. med. Doct.-Coll. a vom 11. März abge¬ 
druckt und so den Mitgliedern der Societät bekanntgegeben. 

Der Ausschuss hat bei der aus Anlass dieser Abänderungs¬ 
vorschläge vorgenommenen nochmaligen Durchberathung des Statuten¬ 
entwurfes einige meist den Sinn der betreffenden Faragraphe genauer 
präcisirende Abänderungen als zweckmässig anerkannt, welche als 
Anträge zur Abänderung des Entwurfes der in Rede stehenden Statuten 
in der Sitzung des Ausschusses am 15. April d. J., Z. 80 beschlossen, 
und mit der Einladung zur heutigen Generalversammlung den F. T. 
Mitgliedern der Societät bekanntgegeben wurden. Schliesslich empfiehlt 
Referent der Generalversammlung diesen mit unsäglicher Mühe zu 
Stande gekommenen Entwurf zur Annahme und beantragt das Ein¬ 
gehen in die Debatte. 

Dr. Frey stellt mit Rücksicht darauf, dass dieser Entwurf 
bereits seit Wochen in Händen der Mitglieder sich befindet, ferner 
die gewünschten Abänderungen auch bereits berücksichtigt und be¬ 
kanntlich die Berathungen im Ausschüsse sehr eingehend gepflogen 
wurden, den Antrag, von der Verlesung des Entwurfes Umgang zu 
nehmen und empfiehlt die en bloc-Annahme desselben. 

Die DDr. Eisenschitz und W i e s i n g e r wünschten 
einige Aufklärungen über die §§ 11, 17, 18 und 26, betreffend die 
Häuserwerth-Abschreibungen, die statutarisch mögliche Pensions- 
erhöhung, die Verhältnisse freiwillig Ausgetretener und die Zulässig¬ 
keit von Amendements zu auf der Tagesordnung stehenden Anträgen. 

Nachdem diese Aufklärungen zur Befriedigung der Anfragenden 
vom Vorsitzenden ertheilt worden sind und der anwesende Frä¬ 
sident des Wr. med. Doct.-Coll. Dr. v. Schmerling gegen die 
Annahme des vorgelegten Statutenentwurfes eine Einwendung nicht 
erhoben hat, wird die von Dr. Frey beantragte en bloc-Annahme 
des Statutenentwurfes mit den vom Ausschüsse beant¬ 
ragten Abänderungen einstimmig zum Beschlüsse erhoben. 

Dr. A. G r u b e r stellt nun noch den Antrag, den Ausschuss 
zu ermächtigen^ falls von der hohen Behörde minder wesentliche, 
nicht principielle Abänderungen gewünscht werden, diese 
im Namen der Plenarversammlung der Societät endgiltig beschlossen 
zu dürfen. — Auch dieser Antrag wird einhellig angenommen. 

Schliesslich beantragte Dr. Fürth, dem Präsidium und dem 
Ausschüsse für deren ungemein eifrige Mühewaltung und aufopfernde 
Thätigkeit bei Berathung des vorgelegten Entwurfes den Dank der 
Societät auszusprechen, was auch einstimmig geschah. 

Bei den am Schlüsse der Sitzung noch vorgenommenen Wahlen 
wurden die DDr. OSR. Schneller und R e i 11 e r als Mitglieder 
des Ausschusses und die DDr. Klein und Spitzmüller als 
deren Ersatzmänner wiedergewählt. 

Notizen. 

Persoualien. Dr. Friedrich Bernheim wurde im Bezirke Reindorf 
bei Wien zum Armenarzt bestellt. — Der Primararzt der ohirurg. Abtheilung 


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156 


am öffentlichen Bezirksspitale in Seohshaus, Dr. Richard von Stradiot, 
wurde zum ärztlichen Leiter (Direotor) dieser Anstalt ernannt. 

Witwen- and W&isen-Societfit des med. Doct-Coll. Bei dem Umstande, 
dass der Entwurf neuer Statuten dieser Societfit in der jüngsten Generalver¬ 
sammlung einhellig angenommen worden ist, werden die dieser Societfit nicht 
ungehörigen Doctoren in ihrem eigenen Interesse eingeladen, die wahrscheinlich 
kurze Frist, welche bis zur behördlichen Genehmigung der neuen, höhere 
Einzahlungen normirenden Statuten nooh verstreichen wird, zu benützen, ihren 
Eintritt baldigst zu vollziehen. 

Sterbeiall. Am 11. d. M. starb eines der ältesten Mitglieder des ehe¬ 
maligen Doct-Coll. der med. Faoultfit, Dr. L. Bernheim, eingentlioh Bettel¬ 
heim (wurde durch k. k. Hofkanzlei-Decret vom 1. Mfirz 1836, Z. 973 ermäch¬ 
tigt, den zweiten in den ersten Namen umzuändern) war i. J. 1804 zu Press¬ 
burg in Ungarn geboren, am 26. Juli 1830 in Wien zum Med. Dootor promovirt 
und im Jahre 1834 in die Faoultfit aufgenommen. Wenn er auch dem umge¬ 
stalteten Coli, wegen vorgerücktem Alters nioht mehr beigetreten ist, so stand 
er doch in dem Kampfe um Sein oder Nichtsein des Doot.-Coll. immer an der 
Seite D erer, die für den Fortbestand desselben eintraten. — Ruhe seiner Asche! 

Wohnnngsveränderongen. Dr. L atzel wohnt jetzt VIII., Florianigasse 1. 
—* Dr. Kramer Emauuel, IV., Hauptstrasse 54 (ord. 2 bis 3). 

Animale Vaccination. Im Aufträge des h. Ministeriums des Innern 
wurden bekanntlich bei der vorjährigen öffentlichen Impfung in Wien mit 
einer aus dem Impfinstitute des Herrn Hay unter ämtlicher Controle 
abgenommenen Vaocine Massen-Impfungen angestellt, welche nach dem Votum 
des n. ö. Landes-Sanitfitsrathes in Bezug auf Haftbarkeit und Haltbarkeit 
der Kfilber-Lymphe sehr zufriedenstellende Resultate lieferte. Mit trookener 
animaler Lymphe, die bis über 2 Monate in amtlioher Verwahrung gehalten 
worden war, wurde eine Haftung von 92% erzielt. 

Zur Beachtung . Da nach § 7 Alinea 3 der Statuten 
die Jahresbeiträge in den ersten 3 Monaten des laufenden Jahres 
einzuzahlen sind, so werden jene Herren Collegen, welche mit 
Ihrem Beitrage für das Jahr 1880 per 5 fl. noch im Rück¬ 
stände sind, höflichst ersucht, denselben baldmöglichst zu entrichten. 

Desgleichen werden auch jene Herren Mitglieder des Unter¬ 
stützungs-Instituts, welche ihren Jahresbeitrag per 6 fl. für das 
Jahr 1880, der nach § 6 der Statuten im Monate Jänner zu 
berichtigen ist , in ihrem eigenen Interesse höflichst ersucht, den¬ 
selben baldigt an die Kanzlei des Wr. med. Doct-Coll. (/, Rothe - 
thurmstrasse 23) gelangen zu machen , was am einfachsten und 
sichersten mittelst Postanweisung geschehen kann. 

Einladung 

zu der am Montag den 24. Mai, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), 

I. 8onnenfelsgasse 23, stattfindenden 

wissenschaftlichen Versammlung. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken. 

2. Demonstration zweier pathologischer Gehirne vom Universitäts-Dooenten, 
Dr. Hans Chiari, Prosecter an der Krankenheilanstalt Rudolf-Stiftung. 

3. Ueber die chirurgische Behandlung der Hoemorrhoidalknoten, Vortrag 
vom Universitfit-Dooenten Herrn Dr. Gustav J u r i 4. 

Dr. v. Schmerling, Präsident. Dr. Karl Reitter, Secretfir. 

Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doct-Coll. — Verantwortlicher Redacteur: 

Dr. L. Hopfgartner. —* Gesellschafts-Buchdruokerei, Wien, 111. Rrdbergerstrasse 3. 


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VI. JBd. Ausgegeben am 3. Juni 1880. Ir. 13 


MITTHEILUNGEN 

des 

Wiener iiiitiiiitiii Doclorep-Gollesiums. / 

JSraoheint jeden «weiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bogen and darüber t an 
10 Bogen im Jahre. — Gansj&hriges Abonnement für Niohtmitglieder des Oolleg^ums im In¬ 
lande 8 fl M nach dem Auslände 6 Mrk. — Binseine Nummern 16 kr. == 60 Pfg. — Inserats 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Mau pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplitz öl Deutieke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, L, Schottengaase 6. 

Zuschriften and Zasendnngen an die Kedaction: Wien, Kanzlei des Wiener aed. 
Doct-Coll. and der Witwen- and Waisen-Societät, ftothentharmstrasse 23. 


Inhalt: lieber die prognostische Bedeutung der Körpertemperatur in Nervenkrankheiten, 
Vortrag des Herrn Dr. H. Obersteiner junior. (Schluss.) — Aus dem Geschftftsrathe. *— 
Aufruf. — Notizen. — Warnung. 

Ueber die prognostische Bedeutung der Körper¬ 
temperatur in Nervenkrankheiten. 

Von Dr. Heinrich Obersteiner, Universitäts-Dooent. 

Vortrag, gehalten in der Sitzung des Wr. med. Doot.-Coll. am 3. Mai 1880. 

(Schluss.) 

Ich wende mich nun zu einer Gruppe von Anlallen, welche 
den Irrenärzten sehr geläufig ist, von den praktischen Aerzten 
im Allgemeinen aber nicht genauer gekannt wird, zu den 
paralytischen Anfällen. 

Die paralytischen Anfälle bilden ein Symptom, welches 
bei der Dementia paralytica selten, vielleicht sogar niemals 
fehlt. Ich will mich hier nicht weiter in die Beschreibung dieser 
Anfälle einlassen, es genüge, zu bemerken, dass dieselben in 
den verschiedensten Formen (epileptischer, apoplectischer, tetani- 
scher, kataleptischer Anfall, Schwindel u. dgl.) und in den ver¬ 
schiedensten Perioden der Krankheit auftreten können. Ebenso 
ist ihre Anzahl sehr verschieden, bei manchem Kranken gelingt 
es während des ganzen Verlaufes der Krankheit kaum einen 
einzigen Anfall mit Sicherheit nachzuweisen, bei anderen wieder 
sind sie relativ häufig, um endlich in noch anderen Fällen so 
rasch aufeinanderzufolgen, dass ein dem Status epilepticus 
analoger Status paralyticus entsteht. Ueber die Körpertemperatur 
der Paralytiker besitzen wir bereits eine grössere Reihe genauer 
Beobachtungen, von denen ich aus der letzteren Zeit besonders 
die von Reinhard („Die Eigenwärme in der allgemeinen pro¬ 
gressiven Paralyse dez Irren“. [„Arch. f. Psychiatrie“, X. ßd.] 
und die von Krömer („Temperatur-Beobachtungen bei paraly¬ 
tischen Geisteskranken“ [„Allgem. Zeitschrift für Psychiatrie“, 
XXXVI. Bd.]) hervorheben will. 


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158 


Ich verfüge selbst über eine Reihe von Temperatur- 
messungen an Paralytikern und will einige der für uns werth¬ 
volleren hier erwähnen. 

Bevor ich einen speciellen Fall bespreche, muss ich be¬ 
merken, dass sich die Temperaturcurve der paralytischen Geistes¬ 
kranken in den verschiedenen Stadien der Krankheit nicht gleich 
verhält, doch glaube ich nicht, dass die fremden, wie meine 
eigenen Beobachtungen hinreichen, um in dieser Beziehung 
bereits ein bestimmtes Gesetz aufzustellen. — Es verdient her- 
vorgehoben zu werden, dass, und zwar besonders in den spä¬ 
teren Stadien, die Abendtemperatur sich nicht unbedeutend, 
mitunter bis 1°, über die Morgentemperatur erhebt. Ausserdem 
finden wir aber, dass die Körperwärme der Paralytiker, ab¬ 
gesehen von den erwähnten Tagesdifferenzen, sich vorüber 
gehend beträchtlich über die Norm erhebt, manchmal auch unter 
diese sinkt. 

Für diese Temperatursteigerungen lässt sich nicht selten 
die Ursache nicht auffinden; häufig liegt sie in einer grösseren 
psychischen Erregung der Kranken und wieder in anderen Fällen 
in den erwähnten paralytischen Anfallen. 

Ich will nun eine durch längere Zeit fortgesetzte Tem¬ 
peratur-Beobachtung bei einem solchen Kranken theilweise mit¬ 
theilen, und wähle dazu die letzten 5V 2 Wochen. 

Dass ich gerade diesen Fall als besonders instructiv an- 
sehe, hat seinen Grund in dem Verhalten des Kranken. Der¬ 
selbe befindet sich nämlich im vorgeschrittensten Stadium der 
Paralyse (die Krankheit nahm vor sechs Jahren ihren Anfang); 
er liegt fortwährend zu Bette, seine psychische Thätigkeit ist 
gleich Null, es fehlt also jede Gelegenheit zu körperlichen oder 
geistigen Erregungen. Hingegen treten epileptiforme Anfälle 
sehr häufig auf, sie kehren beispielsweise in der letzten Zeit 
beinahe alle Wochen wieder, setzen zwar manchmal längere 
Zeit aus, wiederholen sich aber dann nur desto häufiger. 

Es ist daher zu erwarten, dass die Temperaturschwan- 
kungen, denen wir bei ihm begegnen, fast ausschliesslich auf 
Rechnung der paralytischen Anfalle zu schieben sind. 




Morgens Abends 



Morgens Abends 

1 


Morgens Abends 

17. 

März 

36 8 

37*0 

31. 

März 

36 5 

37 0 

14. April 

36*3 

36*4 

18. 

n 

37*1 A 

38-4 

1 . 

April 

36-3 

37*0 

15. 

» 

36*6 

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19. 

V 

36-8 

37-3 

2. 

n 

36*8 A 

87*0 

16. 

n 

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36-7 

20. 

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86-7 

37*5 

3. 

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36-5 

37*0 

17. 

n 

36-9 

37 7 

21. 

n 

36*7 

37.5 

4. 

n 

36-5 

871 

18. 

n 

37*3 

37*6 

22. 

Yi 

370 

37-2 

5. 

n 

37 5 

377 

19. 

n 

37 2 

372 

23. 

n 

36*5 

36-5 

6. 

» 

37*4 

369 

20. 

r» 

36*6 

37*2 

24. 

n 

36 2 A 

37*3 

7. 

n 

376 

37*5 

21. 

n 

36*4 

37-1 A 

25. 

n 

36*4 

37*4 

8. 

n 

36*9 

36*9 

22. 

n 

38-6 

37*3 

26, 

n 

36 8 

37*0 

9. 

n 

36*4 

36-9 

23. 

n 

36-6 

371 

27. 

n 

36-4 

37*3 

10. 

n 

36 6 

36*5 A 

24. 

n 

36-6 

37-2 

28. 

n 

36 5 

37-2 

11. 

n 

37*9 

875 

25. 

n 

36*8 

37*4 

29. 

n 

86*8 

371 

12 . 

n 

37*7 

36*8 





30 

n 

368 

373 

18. 

u 

36*6 

36*8 






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161 


ipachen, welche mir, wenn ich auch darüber keine eigenen 
Erfahrungen besitze, doch interessant genug erscheint, um kurz 
erwähnt zu werden. Ich meine das ganz abnorm tiefe Sin¬ 
ken der Temperatur. 

Wir wissen, dass durch den Alcoholgenuss die Wärme¬ 
abgabe im hohen Grade erleichtert wird; es sind daher zahl¬ 
reiche Fälle bekannt, in denen Betrunkene, welche entweder 
ins kalte Wasser fielen oder längere Zeit auf der kalten Strasse 
liegen blieben, eine sehr tiefe Temperatur darboten. Die merk¬ 
würdigsten der mir bekannten Fälle sind der von Nicolaysen 
(24*7°) (N. M. F. Lägev. 1875) und einer der von Reineke im 
XVI. Bd. des „Deutsch. Archiv f. klin. Medicin“ mitgetheilten 
(24*0°). In beiden Fällen waren am nächsten Tage mit dem 
Rausche auch alle anderen Erscheinungen verschwunden. Ebenso 
tiefe und noch tiefere Temperaturen als die eben angegebenen 
kommen, wenn auch selten, bei Geisteskranken vor. Es handelt 
sich dabei gewöhnlich um sehr .herabgekommene tobsüchtige 
Individuen, von denen übrigens viele Potatoren sind. 

Bei einer Temperatur von nahezu 30° können sich diese 
Kranken noch relativ wohl befinden, sinkt die Körperwärme 
aber noch tiefer, dann pflegen sie, wenn auch nicht immer, 
sehr rasch zu Grunde zu gehen. 

Loewenhardt („Ueber eine Form von Manie mit tiefer 
Temperatursenkung“ [,,Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie“ 1868]) beob¬ 
achtete in einem Falle durch mehrere Wochen hindurch Schwan¬ 
ken der Temperatur zwischen 25° bis 35°, während in einem anderen 
Falle die Körperwärme vor dem Tode bis 23-7° sank. 

Unter der Einwirkung des Alcohols kann also ein vor¬ 
übergehendes Sinken der Temperatur bis auf 24° vertragen werden, 
jene niederen Temperaturen, gegen 30° und tiefere, aber, welche bei 
gewissen Geisteskranken gefunden werden, lassen immer eine 
ungünstige Prognose stellen. Hier möge auch der Umstand Er¬ 
wähnung finden, dass infolge traumatischer Einflüsse gegen das 
Centrainersensystem die Körpertemperatur mitunter enorm steigt, 
ohne dass das Leben des Kranken dadurch gefährdet würde. 
So erzählt Teale einen in Genesung ausgehenden Fall einer 
traumatischen Spinalaffection, in welchem die Temperatur wieder¬ 
holt 50° (122° Fahrenheit) erreichte, und Little in Dublin hat 
gegenwärtig eine Frau in Behandlung, welche bei relativem 
Wohlbefinden nach einer Gehirnerschütterung eine Achselhöhlen¬ 
temperatur von 52° aufweist. 

Meine Temperaturangaben beziehen sich alle auf Messungen 
in der Achselhöhle. Wichtige Thatsachen ergeben sich aber 
auch durch Vergleichung der Temperatur an verschiedenen 
Körperstellen; doch würde mich ein Eingehen auf diese Frage 
hier zu weit führen. 

Ich will noch erwähnen, dass Oertmann auch vorge¬ 
schlagen hat, die Thermometerkugel beim Uriniren vor die Harn- 


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162 


röhrenöffnung zu halten; es genügte, die Kugel durch sieben 
Secunden vom Harn umspülen zu lassen, um jene Maximaltem' 
peratur zu erreichen, welche ein Thermometer im Rectum an¬ 
zeigt. (Ein e einfache Methode zur Messung der Körpertemperatur. 
[„Pflüger’s Archiv XY1. Bd. a ]) Diese Methode von Oertmann lässt 
sich allerdings nicht immer anwenden, ist aber unter Umständen 
sehr bequem und, wie ich mich wiederholt überzeugt habe, 
vollkommen verlässlich. 

Ich kann zum Schlüsse nur nochmals hervorheben, dass 
ich einzig und allein die Absicht hatte, an einigen wenigen 
Beispielen nachzuweisen, wie gerade auf dem Gebiete der 
Nervenkrankheiten das Thermometer dem praktischen Arzte in 
vielen Fällen von grossem Werth ist. 

Der zweite an diesem Abende nooh gehaltene Vortrag des Dr. Hajek 
„Ueber die Urämie nach Scharlach“ wird in der nächsten Nummer folgen. 


Aus dem Geschäftsrathe. 

In der am 28. April unter dem Vorsitze des MR. Dr. P r e y ß s 
begonnenen Sitzung, an welcher nebst Secretär Dr. Reitter 
und 20 Mitgliedern des Geschäftsraths auch der dazu als Super¬ 
intendent der Mösing’schen Stipendien-Stiftung besonders geladene 
Stadtphysikus Dr. Innhauser theilnahmen, referirte Letzterer 
über die Bewerber des erledigten und zu verleihenden Stipendiums 
per 84 fl. jährlich und schlägt, conform Abs. V des Stiftbriefes, den 
in Ungarn gebürtigen Med. Cand. Jacob Neu mann zur Ver¬ 
leihung desselben vor, da er unter allen Bewerbern am weitesten 
vorgeschritten ist, indem er schon das zweite medizinische 
Rigorosum, und zwar mit dem Galcul „ausgezeichnet“ bestanden 
hat. Der Geschäftsrath verleiht demnach den Genuss dieses 
Stipendiums dem Vorgeschlagenen. Dann* wurden auf Anregung 
des Vorsitzenden die Mitglieder der an den Präsidenten, Hofrath 
v. Schmerling, zu entsendenden Gratulations-Deputation nominirt 
und über Vorschlag des Secretärs die DDr. Robert Gersuni, 
Operateur in Wien, Felix Veth in Aussee und Sebastian Huber 
in Meran einstimmig als ordentliche Mitglieder in das Wr. 
med. Doct.-Coll. aufgenommen. 

Präsident Dr. v. Schmerling, der mittlerweile eingetreten 
und den Vorsitz übernommen hat, sprach dem Geschäftsrathe 
seinen Dank aus für dessen Antheilnahme an dem häuslichen 
Unglück, welches ihn durch die plötzliche, schwere Erkrankung 
seiner Gemalin betroffen hatte, und theilte beruhigend mit, 
dass sich die Kranke bereits entschieden auf dem Wege der 
Besserung befinde. 

Secretär bringt zur Kenntniss, dass a) die Direction des 
Kronprinz Rudolfs-Kinderspitals, sowie der Impfarzt und 
Inhaber einer Kuhpocken-Impfanstalt, Herr M. Hay, die Jah¬ 
resberichte ihrer respectiven Anstalten pro 1879 übersandten; 


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159 


Das Auftreten eines Anfalles habe ich durch A bezeichnet, 
und zwar bei Anfällen, welche im Laufe des Tages eintraten, 
das Zeichen zwischen Morgen- und Abendtemperatur, bei nächt¬ 
lichen Anfällen hinter die Abendtemperatur gesetzt. 

Zunächst macht sich das Ansteigen der Abendtemperatur 
gut bemerkbar, sie bewegt sich fast immer über 37°, während 
die Morgentemperatur diese Höhe nur ausnahmsweise erreicht. 

Betrachten wir uns nun die Schwankungen, welche die 
Temperatur durch die Anfälle erleidet. In die Zeit, welche 
obige Tabelle umfasst, fallen fünf Anfälle, ganz constant sehen 
wir die Temperatur nach denselben steigen und zwar meist 
um mehr als einen Grad (bis 1*4°) Die Nachwirkungen des 
Anfalles gehen aber bei unserem Kranken meist rasch vorüber, 
in der Regel ist bereits nach 24 Stunden die Temperaturerhöhung 
wieder völlig verschwunden. 

Aber noch ein anderer Punkt verdient Beachtung. 

Wenn wir von dem ersten verzeichneten Anfall (18. März) 
absehen, so finden wir, dass vor den vier anderen 2—3 Tage 
hindurch die Morgentemperatur langsam sinkt. Es bereitet sich 
der Anfall gewissermassen mehrere Tage hindurch vor, so dass 
ich wiederholt in der Lage war, durch genaue Controllirung der 
Temperatur, die Gefahr einer herannahenden Attaque voraus- 
znsehen. 

Haben wir aber die Möglichkeit, im vorhinein zu bestimmen, 
wann ein Anfall eintreten wird, dann sind wir auch vielleicht 
in der Lage, demselben und damit seinen schädlichen Folgen 
vorznbeugen. Yor Kurzem hat Krueg („Ueber die Behandlung 
schwerer Krampfformen durch Chloralhydrat tt . [„Mitth. d. Ver. d. 
Aerzte Nied.-Oest. 1880“]) gezeigt, dass wir in dem Chloralhydrat 
ein vorzügliches Mittel zur Bekämpfung der heftigen nervösen 
Anfälle besitzen; er hat ferner dargethan, dass es auch gelingt, 
einen solchen gar nicht zum Ausbruch kommen zu lassen, wenn 
man die Vorboten beachtet und rechtzeitig mit dem Mittel zur 
Hand ist. Da uns nun die genaue Verfolgung der Temperatur- 
curve ein derartiges Hilfsmittel an die Hand gibt, so wird es 
damit auch nicht selten gelingen, dem Kranken einen grossen 
Dienst zu erweisen. Allerdings liegen die Dinge nicht immer 
so klar, wie in dem wegen seiner Einfachheit gewählten Falle. 
Jedenfalls aber scheint dem Sinken der Temperatur vor dem 
paralytischen Anfalle, auf welchen Umstand auch Krömer auf¬ 
merksam macht, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu¬ 
zukommen 

Von weittragendem prognostischem Werthe ist das Ver¬ 
halten der Temperatur, wenn die paralytischen Anfälle sich in 
rascher Aufeinanderfolge ablösen, beim wiederholt erwähnten 
Status paralyticus. 

Ich werde vergleichshalber zwei Fälle mittheilen, von denen 
der erste günstig, der andere lethal endete. 


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160 


Ein 44jähriger Kaufmann im mittleren Stadium der Paralyse, 
welcher bereits mehreremale leichte convulsivische Anfälle er, 
litten hatte, verfiel am 21. Jänner in einen heftigen Statu- 
paralyticus, welcher von V a l bis 8 / 4 2 Uhr andauerte. Die einzelnen 
epileptiformen Anfälle waren halbseitig, anfangs rechts, später 
links. Leichte convulsivische Bewegungen, besonders der rechten 
Gesichtshälfte stellten sich im Verlaufe desselben und auch noch 
des nächsten Tages ein, am 23. war er wieder ruhig, und die 
Folgen des Anfalles erschienen bis auf ein merkliches Benom¬ 
mensein des Sensoriums, verschwunden. 

Der Gang der Temperatur war folgender: 

21. um V 2 2 Uär 39 ‘ 3 , 3 Uhr 39 1. 6 Uhr 38 9 

22. Vormittags 89*7, Abends 39*9 

23. 374, „ 37*8 

24. „ 36*9, n 87*3 

und weiterhin normal. 

Die Körpertemperatur, welche während des Status para- 
lyticus auf 39*3 gestiegen war, hielt sich in den beiden ersten 
Tagen, solange die leichten Gonvulsionen andauerten, zwischen 
38*9 und 39*9, um am dritten, noch mehr aber am vierten Tage 
wieder abzusinken; es kam also dem günstigen Ausgang entspre¬ 
chend, später zu keinem Wiederansteigen. 

Der zweite Fall, den ich hier anreihe, betrifft einen kräf¬ 
tigen 49jährigen Paralytiker, ebenfalls in einem mittleren Stadium 
der Krankheit, 

Am 24. October Nachmittags waren heftige epileptiforme 
Krämpfe eingetreten (hauptsächlich links), Velche vier Stunden 
lang anhielten, und sich am 25. und 26. wiederholten. Am 28. 
machte sich an der rechten Hinterbacke ein erythematöser Fleck 
bemerkbar (von Charcot mit Recht als Decubitus ominosus be¬ 
zeichnet) ; der Kranke verfiel zusehends und starb am 29. October. 

Die Temperatur war 


am 

24. nach dem Beginne < 

ier Anfälle 37-9 


25. Morgens .... 

.... 39 5 

n 

26. „ ... 

.... 394 

» 

27. „ . . . . 

.... 38-5 

Ti 

28. „ . . . . 

... 39*6 

Yi 

28. Abends. 

... 40.7 

1) 

29. Morgens . . . . 

. . . .41*6. 


Wir haben hier die vollkommenste Uebereinstimmung mit 
der Temperaturcurve des Status epilepticus. Anfänglich Steigen 
der Temperatur während der Dauer der Anfälle, hierauf Sinken, 
und dann, als Vorbote des fatalen Ausganges, erneuertes Steigen 
bis 41 # 6 (kurz vor dem Tode). 

Diese beiden Beispiele werden genügen, um das differente 
Verhalten der Körpertemperatur in günstigen und ungünstigen 
Fällen des Status paralyticus klar zu machen. 

Im Anschlüsse möchte ich noch auf eine eigenthümliche 
Abweichung der Temperatur bei Geisteskranken aufmerksam 


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165 


Hinterbliebenen nach Mitgliedern des Wr. med. Doct. Coli, in geeig¬ 
neter Weise Vorsorge zu treffen. Diesen schönen Zweck verfolgt 
der im Jahre 1858 durch den seligen Hofrath Dr. Michael v. Viszanek 
gegründete „Verein zur Unterstützung von Witwen und Waisen 
jener Mitglieder des Wr. med Doct.-Coll., welche in die Witwen- 
und Waisen-Societät nicht einverleibt sind“ ; derselbe besitzt bereits 
ein Stammcapital von mehr als 30000 fl. und bringt alljährlich an 
dürftige Med. Doctors-Witwen- und Waisen circa 1600 fl. zur Ver¬ 
th eilung. Laut der Statuten ist der Eintritt in diesen Verein gegen 
einen Jahresbeitrag von mindestens 3 fl. oder gegen eine einmalige 
Spende von wenigstens 50 fl., Aerzten und Nichtärzten, Männern 
und Frauen aller Stände gestattet, und betheiligen sich mehrere 
Nichtärzte thatsächlich an der Förderung und Leitung dieses Ver¬ 
eines in höchst erspriesslicher Weise, was mit dem wärmsten Danke 
anerkannt wird. Laut § 2 der Statuten hat dieser Verein auch das 
Hecht, nach Massgabe der bestehenden Gesetze seine Einnahmen 
aus vielerlei Quellen zu gewinnen. 

In Anbetracht des wohlthätigen Zweckes, welchen dieser Verein 
zum Besten der Witwen und Waisen nach Mitgliedern dqs Wr. med. 
Doct.-Coll. verfolgt, stellt der ergebenst Unterzeichnete Vorstand des¬ 
selben in Verbindung mit den Unterzeichneten Functionären an alle 
P. T. Herren Doctoren die innigste Bitte, dass sie diesem zukunft¬ 
reichen Vereine als Mitglieder sich anschliessen, aus den ihrer 
Ingerenz zugänglichen Kreisen zahlreiche Wohlthäter und Mitglieder 
zuführen, Subventionen verschaffen, Legate zuwenden und auf jede 
andere Weise zur Mehrung seiner Mittel behilflich sein wollen. 
Mögen vor Allem jen<5 P. T. Mitglieder des Wr. med. Doct.-Coll., 
welche bisher aus irgend einem Grunde in die Witwen- und Waisen- 
Societät nicht einverleibt sind, sich als Mitglieder und Gönner bei 
Förderung der Zwecke dieses Vereins lebhaft betheiligen. Sind es 
doch ihre Angehörigen, welchen eventuell die Beneficien dieses 
Vereines in erster Linie zufliessen, falls dieselben nicht durch ander¬ 
weitige Einkünfte vor Nothlagen ausreichend geschützt sind. Für 
die der Witwen- und Waisen-Societät nicht einverleibten Mitglieder 
des Wr. med. Doct.-Coll. erscheint der Beitritt zu diesem Vereine 
als ein Gebot pflichtmässiger Vorsorge für die Ihrigen, daher sich 
die Liebe zu diesen mit dem Gefühle der Collegialität vereiniget, 
um diesem Aufrufe ein geneigtes Gehör zu verschaffen und den 
gewünschten Erfolg zu sichern. 

Doch auch diejenigen P. T. Herren Mitglieder des Wr. med. 
Doct.-Coll., welche so glücklich waren, durch die Aufnahme in die 
Witwen- und Waisen-Societät eventuell ihren Hinterbliebenen eine 
Pension sicherzustellen, wollen diesem Aufrufe Folge geben, da sie 
als die Glücklicheren einerseits den Nothschrei der Hinterbliebenen 
ihrer minder gut situirten Collegen nicht unbeachtet lassen, anderer¬ 
seits aber auch bedenken sollen, dass möglicherweise ihre Spröss¬ 
linge, wenn sie durch Erreichung der Grossjährigkeit das Anrecht 
auf eine Pension aus der Societätscasse verloren haben und darnach in 


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166 


Nothlage gerathen sind, in diesem Unterstützungsvereine eine Quelle 
des Trostes nnd der Hilfe finden werden. Wie gerechtfertigt dieser 
Appell an die Mildthätigkeit der geehrten Herren Doctoren ist, kann 
daraus ersehen werden, dass die Zahl der an den Verein heran¬ 
tretenden Unterstützungswerber von Jahr zu Jahr wächst, und dass 
im Jahre 1879 30 Witwen und 11 Waisen nach Mitgliedern des 
Wr. med. Doct.-Coll. theils augenblicklich, theils halbjährig mit dem 
Gesammtbetrage von 1600 fl. unterstützt wurden. 

So bitten wir denn alle P. T. Herren Mitglieder des Wr. med. 
Doct.-Coll. — Societisten und Nicht-Societisten — sich diesem wohl- 
thätigen Vereine als Mitglieder anzuschliessen und mit vereinten 
Kräften zur Mehrung seiner Mittel, zur Erreichung seiner Zwecke 
beizutragen. Bis dat qui cito dat. Alle Rechte eines Mitgliedes 
können erworben werden durch einen Jahresbeitrag von 3 fl. auf¬ 
wärts oder durch einen einmaligen Beitrag von mindestens 50 fl., 
wobei selbstverständlich der Grossmuth keine Schranken gesetzt 
werden. Beitrittserklärungen, Mitgliederbeiträge und Spenden für 
diesen Verein werden entgegengenommen von dem Unterzeichneten 
Präses und Mitgründer des „Vereins zur Unterstützung der Witwen 
und Waisen jener Mitglieder des Wr. med. Doct.-Coll., welche in 
die Witwen- und Waisen-Societät nicht einverleibt sind“. 

Wien, den 18. Mai 1880. 

Dr. Ritter von Vivenot, k. k. Regierungsrath, Präses und Mit¬ 
begründer dieses Vereines, I. Bez, Wollzeile Nr 11; Adolf Woda, 
Kaufmann und Hausbesitzer, Vicepräses des Vereines; Carl Lamatsch 
jun., Apotheker, Cassaverwalter; Dr. Alois Gruber, Secretär des 
Vereines; Dr. Josef Heim, pract. Arzt; Dr. Mark breiter Josef, 
Primarius; Dr. Johann Oberit, pract. Arzt; Dr. Heinrich Ober¬ 
ste i ne r sen., pract. Arzt; Dr. Constantin Puch ly, pract. Arzt; 

Dr. Josef Raith, pract. Arzt. 


Notizen. 

Sterbetälle. Wie wir leider erst nachträglich erfahren, hat das Doctoren- 
Collegium den Verlust eines sehr geaohteten Mitgliedes zu beklagen, welches 
dem Collegium sohon seit nahezu zwei Deoennien angehörte. Med. und 
Chir. Dr. K ade Iburg, zweiter Stadtarzt zu Krumau in Böhmen, ist 
bereits am 27. März 1. J. an dem Orte seiner erfolgreichen Thätigkeit einem 
chronischen Bronchialkatarrh erlegen. Er war am 4. Jänner 1831 zu 
Baja in Ungarn geboren, vollendete seine medioinischen Studien an der 
Wiener Universität, wo er auch am 7. Jänner 1863 zum Dootor promovirt 
und noch in demselben Jahre in das Doct.-Coll. der med. Faoultät aufgenommen 
wurde. Nach erlangter Doctorswürde diente er kurze Zeit als Seoundararzt 
und liess sich dann als praktischer Arzt in Oberplan nieder, wo er 10 Jahre 
prakticirte und sich das ungetheilte Vertrauen der Einwohner erwarb. Im 
Jahre 1871 übernahm er die Stelle, die er bis an sein Ende unter allgemeiner 
Anerkennung seiner Berufstätigkeit versah. Immer bereit, mit Rath und That 
den Kranken, die seine Hilfe ansprachen, beizustehen, ordinierte er den 
massenhaft sich an ihn Drängenden, selbst, nachdem er schon woohenlang ans 
Krankenzimmer gefesselt war, bis an den Vorabend seines Todes. Mit ihm 
wurde eine talentvolle, wissenschaftliche Kraft, ein charaktervoller, verständiger 


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163 


b) die Gemeinde-Bitterwasser-Direction in Pillnau bei Brüx in 
einem besonderen an das Collegium gerichteten Schreiben um 
Anerkennung der Trefflichkeit ihres von der Concurrenz hart¬ 
bedrängten Mineralwassers ersuche (wird beschlossen dahin 
zu beantworten, dass es nicht Angelegenheit des Collegiums 
sei, derlei Atteste zu ertheilen); c) die zur Abgabe an den aka¬ 
demischen Senat ausgeschiedenen Facultätsacten laut einer vor¬ 
gelegten Empfangsbestätigung bereits übergeben wurden; d) der 
wissenschaftliche Ausschuss seine unter dem Vorsitze der Vice- 
Präsidenten Dr. Preyss stattgehabte Constituirung anzeige, 
wobei Prof. v. Schrötter zum Obmann, Dr. David VTinternitz 
zu dessen Stellvertreter und dieDDr. Batsy und Hans Chiari 
zu Schriftführern gewählt wurden; e) Stadtphysikus Dr. Nusser, 
sowie der derzeitige Decan des Prof.-Coli. OSR. Dr. E. Hof¬ 
mann sich bereit erklärt haben, ein vom Unterstützungs- 
Instituts-Ausschüsse des Collegiums ausgearbeitetes und dem 
Geschäftsrathe vorgelegtes „Promemoria, in welchem auf die 
Vortheile aufmerksam gemacht wird, welche den Aerzten durch 
ihren Eintritt in das Collegium erwachsen“, jedem jungen Arzte, 
zu übergeben und zwar: der Herr Decan bei der Promotion 
und der Stadtphysikus den sich behufs der Aufnahme in das 
Verzeichniss der praktischen Aerzte bei ihm Meldenden. Zugleich 
bittet das Institut um Bewilligung der Druckkosten dieses Pro¬ 
memoria. (Bewilligt.) 

In das Comite zur Wahrung der Standes-Interessen wurden 
die bisherigen Mitglieder desselben, die DDr. A. Gr über, 
Ign. Leder er, Löffler, v. P ernhoffer, OSR. Schneller, 
J. Scholz und Turkievicz für das Geschäftsjahr 1880/81 
sämmtlich wiedergewählt. 

Schliesslich berichtet Dr. J. Scholz als Obmann des 
Vereines der südlichen Bezirke Wiens über eine Eingabe dieses 
Vereines, betreffend einen Fall, in dem der Director einer 
bezeichneten Schule einen Knaben, welcher nach überstandenen 
Varicellen ein Zeugniss des diesen behandelnden Arztes und 
Mitgliedes des Collegiums über die Tauglichkeit zum Schulbesuche 
beibrachte, mit Berufung auf einen Erlass des Landes-Schul- 
rathes von der Zulassung zum Schulbesuche der Untersuchung 
durch einen Amtsarzt zuwies; durch welches Vorgehen das 
Ansehen der Privatärzte noch weitere Einbusse erleide als bisher. 

Referent bespricht die Angelegenheit eingehend und be¬ 
antragt: 1. Es seien Erhebungen zu pflegen, ob eine, die Con¬ 
to ole von Krankheitsfällen bei Schulkindern und die Vidirung 
ärztlicher Zeugnisse behufs Zulassung zum Schulbesuche betref¬ 
fende Verordnung des Magistrats, der Statthalterei oder einer 
anderen für die Aerzte competenten Behörde existire; 2. im Falle 
als eine solche Verordnung nicht besteht, bei der competenten 
Behörde Protest dagegen zu erheben, mit der Moiivirung, dass 
das ohnehin schon sehr gesunkene Ansehen der Aerzte durcb 


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164 


eine derartige Verordnung vollständig untergraben werde und 
um Aufhebung derselben einzuschreiten. Sollte dies nicht zu 
erreichen sein, so wäre die betreffende Behörde wenigstens 
um geeignete Bekanntgabe dieser Verordnung nicht nur an die 
Amtsärzte, sondern auch an die Privatärzte anzugehen. 3. Im 
Falle aber eine solche Verordnung nicht besteht um Aufklärung 
des erwähnten Falles zu ersuchen. 

An der im Anschlüsse an vorstehendes Referat sich erge* 
benden Berathung betheiligten sich insbesondere auch die in der 
Versammlung als Mitglieder des Geschäftsrathes anwesenden 
Amtsärzte; indem sie das Bestehen oder mindestens die ihnen 
gewordene Bekanntgabe eines ähnlichen Erlasses entschieden 
negirten, übrigens der Sache, die ihnen lediglich als wohl zu 
rügender Formfehler des betreffenden Schulleiters erscheint, 
keine Wichtigkeit beimessen. Dessenungeachtet spricht sich 
der Geschäftsrath sehr bestimmt gegen alle derlei unsere Stan¬ 
desehre und unser öffentliches Ansehen schwer schädigender, 
uninotivirten Erlässe und dergleichen aus und nimmt demgemäss 
die Anträge des Referenten vollinhaltlich an. 


(Eingesendet.) 

Aufruf 

an die P. T. Herren Mitglieder des Wiener medicinischen Doctoren-Collegiuias. 

Der ärztliche Stand, insbesondere das Wr. medio. Doot.-Coll. 
hat von jeher die Gefühle der edelsten Humanität nach allen Seiten 
hin, ganz besonders aber seinen in Nothlage befindlichen Angehörigen 
gegenüber in ausgezeichneter Weise bethätigt. Ein unwiderlegliches 
Zeugniss von dieser ruhmvollen Thatsache geben die zur Versorgung 
von Witwen und Waisen nach Med. Doctoren theils vom löblichen 
Wr. med. Doct.-Coll. geschaffenen, theils durch die Freigebigkeit 
oder die Initiative einzelner Aerzte gegründeten Fonds. 

Unter den wohlthätigen Associationen innerhalb des Doct.-Coll. 
nimmt unstreitig die Witwen- und Waisen-Societät den ersten*Rang 
ein; die Einverleibung in dieselbe sollte jedes Mitglied des Wr. 
med. Doct.-Coll. mit allen Mitteln anstreben und ehestens vollziehen, 
damit seine Hinterbliebenen vor der äussersten Hoth geschützt seien. 

Bei dem Umstande jedoch, dass die nicht an der Wiener 
Universität promovirten Mitglieder des Wr. med. Doct.-Coll. in die 
Witwen- und Waisen-Societät nicht aufgenommen werden müssen, 
wenn sie auch sonst alle Aufnahmsbedingungen erfüllen; da ferner 
sehr viele Mitglieder des Wr. med. Doct.-Coll., obzwar an der Wiener 
Universität promovirt, wegen anderer Hindernisse die Einverleibung 
in die Witwen- und Waisen-Societät nicht erlangen und ihre Ange¬ 
hörigen sehr häufig in den dürftigsten Verhältnisen zurücklassen, 
so ergibt sich mit unwiderstehlicher Consequenz die Nb th Wendigkeit, 
auch für die der Witwen- und Waisen-Societät nicht einverleibten 


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167 


Mann, ein edler Menschenfreund und erfahrener, theilnehmender Arzt zu Grabe 
getragen. Daher auoh die Trauer um seinen Verlust eine allgemeine gewesen, 
woron die Theilnahme an seinem Leiehenbegängnisse beredtes Zeugniss gab 
Nach einem Berichte des „Krumauer Intelligenzblatt“ vom 4. April d. J. 
bildete die ganze Bevölkerung — nicht nur Krumau’s mit dem Bürger¬ 
meister an der Spitze, sondern auoh aller Ortschaften der Umgebung, selbst 
des ferner gelegenen Oberplan, dem früheren Orte seiner nützlichen Thätigkeit — 
den von dem Prälaten der Stadt, der selbst die Einsegnung der Leiche vor¬ 
nahm, geführten Gonduot, an dem auch mehrere Vereine mit florumhüllten 
Fahnen theilnahmen. Die Collegen und Freunde sohritten mit angezündeten 
Fackeln zu beiden Seiten des mit 22 Kränzen geschmückten Galaleiohenwagens 
und, als der Leiohnam hinabgebettet wurde in die stille Gruft, verkündeten 
einige Pdllerschüsse den Moment, an dem die irdischen Beste eines Ehren¬ 
mannes der Erde wieder zurüokgegeben wurden, dessen seelische Leistungen 
aber in der Erinnerung seiner Mitbürger noch lange fortleben werden. Friede 
seiner Asche! 

Am 19. Mai starb in Wien Dr. Franz Edler v. Sch ne etter, k k. Ober¬ 
stabsarzt in Pension, Besitzer der Kriegsmedaille und Mitglied der früheren 
medioinisohen Facultät, im 64. Lebensjahre. Er absolvirte seine Studien 
an der Wiener Universität und erhielt den medicinisch-chirurgisohen Dootor- 
grad im Jahre 1839/40. Sohneetter war Assistent an der geburtshilflichen 
Klinik des Prof. Bartsch, trat naoh 9jähriger Spitalsdienstleistung 1848 
in den militärärztlichen Stand über und machte den Feldzug in Ungarn 
1848/49 mit. Naoh dessen Beendigung wurde S. anfangs als Ober- und dann 
als Regimentsarzt Sanitätsohef im k k. Arsenal. Hier wirkte er, mit geringer 
Unterbrechung, als Regimentsarzt in Sandeo in Galizien, von wo er über be¬ 
sonderen Wunsch der Direction des Arsenals dahin zurüokberufen wurde, 
durch 15 Jahre in uneigennützigster und zufriedenstellendster Weise. Hierauf 
kam er naoh St. Pölten, dann als Stabsarzt und Abtheilungs-Chefarzt naoh Prag 
und zuletzt naoh Brünn. Dort nöthigte ihn ein heimtückisch auftretendes Unter¬ 
leibsleiden, um seine Pensionirung naohzusuohen, die ihm mit dem Titel als 
Oberstabsarzt auch gewährt wurde. Sohneetter war durch grosse Pflichttreue 
und besondere Gewissenhaftigkeit, so wie durch sein humanes Benehmen aus¬ 
gezeichnet. Mit ihm wurde ein biederer Gollege in die Erde versenkt. 

Nur acht Tage später verlor das Gollegium noch eines seiner älteren 
Mitglieder. Med. und Chir. Dr. Michael Lackner, em. Dooent der Kranken¬ 
pflege an der k. k. Universität, ist am 27. Mai einem chronischen Leiden, durch 
Herzhypertrophie und Klappenfehler bedingt, das ihn schon seit beinahe zwei 
Jahren in seiner ärztlichen Praxis behinderte, erlegen. Er wurde am 17. Fe¬ 
bruar 1820 zu Lichtenwörth in Oesterreich geboren, am 6 August 1845 an 
der Wiener Universität zum Dootor promovirt und im November desselben 
Jahres als Mitglied in die medioinisohe Facultät aufgenommen, deren Doot.- 
Coll. er bis zum Ausscheiden aus der Universität angehörte und dem er auoh 
in seiner Neugestaltung treu anhing. Er gehörte zu den Gründern von dessen 
Unterstützungs-Institut und war Mitglied der Witwensoeietät. Laokner war ein 
strebsamer, fleissiger und von seiner Glientel allgemein beliebter homöo¬ 
pathischer Arzt, ein ruhiger Gharakter und angenehmer Gollege. Er war auoh 
literarisch thätig und beschäftigte sioh vor etwa einem Lustrum mit der Er¬ 
forschung der Brutstätten der Fäulnisspilze als Erzeuger und Fortpflanzer an¬ 
steckender Krankheiten. Die Resultate seiner Forschung theilte er am 9. März 
1877 in einer wissenschaftlichen Versammlung des Gollegiums mit*). Bei allem 
physischen Leiden immer thätig, besorgte er seine Kranken so lange es ihm 
nur möglich war; aber seit dem Monate März d J. konnte er das Zimmer 
nicht mehr verlassen, sein Zustand wurde immer qualvoller und am oben¬ 
genannten Tage um 9 Uhr Morgens hauchte er seinen Geist aus, tief betrauert 
von Allen, die ihn näher kannten; aber auch die ihm ferner Stehenden zeigten 
grosse Theilnahme durch zahlreiche Begleitung der sterblichen Reste zur 
ewigen Ruhestätte. Möge ihnen die Erde, die sie versohliesst, leicht sein. 


# ) „Mitthollungen des Wr. medic. Doct.-Doct.“, Bd. III., S. 213 und 225. 


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168 


Um das Maass voll za machen, legte der Tod seine Hand noch auf 
einen vierten Collegen. Dr. Anton Gliokh, am 16. April 1810 za Lambach 
in Oberöeterreich geboren, vollendete seine Stadien an der Wiener Universität, 
an der er am 31. Jänner 1836 zum Med.-Dr. promovirt and nooh im selben 
Jahre als Mitglied in die medicinisohe Faoultät aufgenommen wurde. Er begann 
seine ärztliohe Thäfcigkeit sofort im VI. Bezirke, doch gab er sie nach einem Viertel- 
jahrhundert ganz auf und wirkte nur für Communal-Angelegenheiten. Nach der 
Reorganisation des Gemeinderathes im Jahre 1861 wurde er zum Mitgiiede 
desselben gewählt und mehreremale wiedergewählt bis zum Jahre 1872. 
Wenn er auoh, seit dem Verzicht auf Praxis dem Sanitätswesen keine besondere 
Aufmerksamkeit geschenkt hat, blieb er doch ein anhängliohes Mitglied des 
Doci-Collegiums bis zu seinem Tode. Als Gemeinderath wirkte er verdienstlich 
bei Durchführung der neuen Häusernumerirung und auoh die endliohe Auf¬ 
stellung der Statuen auf der Elisabeth brücke ist seinem Drängen zuzusohreiben. 
Seit einigen Tagen litt er an heftigen asthmatischen Beschwerden, die sich 
immer steigerten, bis am 29. Mai ein Lungenödem einen schnellen Tod herbei¬ 
führte. Möge er in Frieden ruhen! 

Personalien. Prof. Dr. Leidesdorf wurde vom deutsch-österr. Lew- 
verein zu seinem Ehrenmitgliede ernannt und Dr. J. Schnitzler von der 
Socidtö de mödicine et olimatologie in Nizza zum auswärtigen oorrespondirenden 
Mitgiiede gewählt. 

Aufnahme neuer Mitglieder, ln der Sitzung des Geschäftsrathes am 
19. April d. J. wurde Herr Dr. David Münch, Bahnarzt in Stockerau, nach 
Erfüllung der statutenmässigen Bedingungen, sowie die DDr. Johann L&nyi, 
k. k. Hof- und Stabsarzt, und Rudolf Jama, prakt Arzt in Wien, (die beiden 
Letzteren Über ihr Ansuchen als Mitglieder des früheren Doct-Coll. der 
medicini8chen Facultät) einstimmig in das Wr. med Doct-Coll. aufgenommen. 

Das nenerbante Erzherzogin Sophien-Spital wurde am 28. Mai, dem 
Sterbetage Ihrer kaiserlichen Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin, 
der Mutter Sr. Majestät des Kaisers, deren hohen Namen es trägt, eröffnet 
Bei der auf V 2 H Uhr anberaumten Feierlichkeit waren Minister Graf Taaffe, 
Statthalter Freiherr v. Possing er, Weihbischof Dr. Anger er, Polizeiprä¬ 
sident Ritter v. Marx, Bürgermeister Ritter v. Newald, Herrenhausmitglied 
Baron Sorinzi, Statthaltereirath v. Karajan, Ober-Finanzrath Dr. Pohl und 
andere Spitzen der Gesellschaft anwesend. Von unseren Collegen bemerkten 
wir den Präsidenten und Vicepräsidenten des Doctoren-Collegiums HR ron 
Schmerling und MR. Preyss, die OSR. Sohneil er und Josef Hoffmann, 
Spitalsdirector Böhm, die DDr. Lederer, Sohiffmann, Carl und Friedrich 
Fieber und Andere. Kurz nach der angegebenen Stunde erschien der Pro- 
tector des Spitals, Erzherzog Carl Ludwig, wurde am Perron des neuen 
Gebäudes von dem Curatorium der Stiftung unter Vortritt des Statthalters 
empfangen und in das Vestibüle geleitet, worauf RR. Dr. v Vivenot als 
Obmann des Curatoriums eine formvollendete, mit Gefühl und Wärme vor¬ 
getragene Ansprache an den hohen Protector hielt, in weloher er demselben 
für sein Protectorat dankte, um dessen ferneren Schutz bat und auoh der 
hochherzigen Stifterin der Anstalt, Frau Louise Kennyon, in warmen Worten 
gedachte. Se. kaiserliche Hoheit dankte auf die herzlichste Weise allen um 
die Herstellung dieser Humanitätsanstalt verdienten Personen und theilte mit, 
dass Se. Majestät der Kaiser dem RR. v. Vivenot die Allerhöchste An¬ 
erkennung ausspreche und dem Obmann-Stellvertreter des Curatoriums, Herrn 
Ludwig Mekler, das Ritterkreuz das Franz Josef-Ordens verleihe. Nachdem 
nooh Weihbischof Dr. Angerer in gediegener geistvoller, an den Erzherzog 
gerichteter Rede die Bedeutung dieses Armenspitals hervorgehoben, wofür der 
Erzherzog dem Sprecher seinen Dank ausgedrüokt, durchschritt die ganze Ge¬ 
sellschaft die zweckmässig eingerichteten Krankenzimmer und die übrigen 
Localitäten des Gebäudes, und nach etwa dreiviertehitündigem Aufenthalt ver- 
liess der hohe Protector das Haus naoh allen 8eiten freundlich grüssend, sichtlich 
sehr befriedigt. Dem Vernehmen naoh soll die Krankenaufnahme am 1. Juni 
beginnen und ist Dr. Rollet mit der Leitung der Anstalt betraut. 


Herausgeber und Verleger: Wiener mediein. Doot -Coli. — Verantwortlicher Bedaoteur; 
- Dr. L Hopfgartner. — Gesellaehafts-Buohdruokerei, Wien, 111. Brdbergerstraaee S. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 17. Juni 1880. Nr. 14: 


MITTHEILÜNGEN 

des 

Wiener leliciiischii Doctoren-GsllBOinms. 


Jfinotaeint jeden sweiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bogen und darüber, an 
20 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegiums im In* 
lande 3 fl., nach dem Auslände 6 Mrk. — Einseine Nummern 26 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile- 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toepliti de Deutleke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasse 6 
Xuelriftea and^nseidaagen an die Redaetioi: Wiei, Kauiei des Wiener aed. 
Doet.-Cell, und der Witvvei- und Waisen-docietät, ftothenthnrastrasse 23. 


Inhalt: Ueber die Urämie nach Scharlach, Vortrag des Herrn Dr. S. Hajek. — Aus dem 
Unterstützung» - Institute. — Preyss-Feier. — Dittel - Jubiläum. — Notizen. — Dank. — 
Warnung. 


Ueber die Urämie nach Scharlach.*) 

Von Dr. S. Hajek. 

(Vorgetragen im Wr. med. Doct.-Coll. am 3. Mai 1880.) 

Zwischen dem Scharlach und der Urämie steht als pathologi¬ 
sches Bindeglied die diffuse Nephritis, und es soll Aufgabe dieser 
Studie sein, den Zusammenhang zwischen Scharlach und der 
Nierenentzündung, zwischen der Nierenentzündung und der Urämie 
wenigstens theilweise von einem klinischen Standpunkte zu be¬ 
leuchten. Der zweite Theil unserer Frage, das Auftreten urämi¬ 
scher Erscheinungen bei Nephritis und ihre Wesenheit, ist bis auf 
diese Stunde Gegenstand interessanter und noch immer unvoll¬ 
endeter Forschungen, und wir wollen uns zuerst mit diesem 
beschäftigen. Bei einer Recapitulation des heutigen Standpunktes 
dieser Frage kommt Thomas (in Gerhardt’s „Handbuch der Kinder¬ 
krankheiten^ IY V pag. 320) zu dem gewiss bescheidenen Schluss¬ 
sätze, dass Urämie unter einer Störung der Harnabsonderung 
entstehe und wohl durch diese bedingt sei. Er lässt die Ent¬ 
scheidung offen, ob der Harnstoff als solcher, oder sein Derivat, 
das harnsaure Ammoniak (F r e r i c h s), ob alle (Y o i g t) oder 
einzelne Zersetzungsproducte des * Stoffwechsels, wie Kreatin 
(Mantegazza, Perls) die Ursache der Urämie seien, oder 
ob Traube’s Theorie die Scene vollständig erkläre, nämlich 
dass die Convulsionen eine Folge der durch Ödem bedingten 
capillaren Hirnanämie seien; es jst als ausgemacht anzusehen, 
dass bei der diffusen Nephritis die Verminderung der Harn¬ 
absonderung sehr häufig jene Intoxicationserscheinungen hervor- 
rufe, welche mit Kopfschmerz, Ueblichkeit und Erbrechen be- 

*) Dieselbe Arbeit erscheint ausführlicher im Arohiv für Kinderheilkunde. 


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ginnen und in sehweieren Fällen epileptiforme Convulsionen, 
Dyspnoe, Koma und dann den Tod herbeiführen. Der Name 
Urämie wird dieser Symptomengruppe wohl schwerlich mehr 
streitig gemacht werden, möge welcher Bestandtheil des Harnes 
immer als die Ursache derselben anzuBehen sein. — Fragen 
wir nun, in welchem Zusammenhänge der Scharlach mit der 
Nephritis stehe, so lautet die Antwort: Die lang dauernde, 
mehr weniger complete Unterdrückung der Haut¬ 
ausdünstung bei den Exanthemen, besonders aber 
bei Scharlach ist im Stande, die Nierenkrankheit 
zu erzeugen. 

Klinische Beobachtung und Experimentalpathologie kommen 
nämlich gleichmäsBig zu obigem Schlüsse, der auch durch In- 
duction bereits gewonnen wurde. Wir können uns nämlich leicht 
überzeugen, dass eine grosse Gruppe anscheinend getrennt 
stehender Erkrankungen und Erkrankungsursaohen regelmässig 
zur Nephritis'(und durch diese wieder, wie oben erwähnt, zur 
Urämie) führe. Für die idiopathische Nephritis wird die Unter¬ 
drückung der Hautperspiration allgemein als eine der wichtigsten 
Ursachen angeführt.*) Die Haut sondert im normalen Zustande 
ein flüchtiges Alkali ab, dessen Yerbleib im Körper als Schäd¬ 
lichkeit wirkt, ausserdem aber wird durch die Haut eine grosse 
Menge Wasserdunst abgegeben und durch die Sistirung dieser 
Function entsteht Hyperämie und Erkrankung der Nieren, welche 
vicarirend eintreten müssen. (Lang „Archiv der Heilkunde“ 13.) 
Die Experimente von Edenhuizen, Laskewitsch, S okoloff, 
Senator und Lassar müssen hier als bekannt vorausgesetzt 
werden. Alle diese Forscher haben bei Yersuchsthieren künstlich 
durch Bestreichen der Haut mit Firniss, Oel, durch Eintaucheo 8 ) 
in eiskaltes Wasser (Lassar Virchov’s Archiv 1880), durch Wasser¬ 
dämpfe etc. die Hautathmung für längere oder kürzere Zeit 
unterdrückt, und die Folgesymptome waren gleichmässig die 
der Nephritis, und bei fortgesetztem Experiment die der Urämie. 
Wir finden immer wieder Albumin- und Haematurie, Abnahme 
der Harnmenge, Sinken der Körpertemperatur, Störungen in 
der Respiration, endlich Convulsionen, Koma, Tod. Wohl sind nicht 
alle Experimentatoren einig in der von uns angezogenen Erklä¬ 
rung, doch sehen Alle bis auf Lassar und Edenhuitzen in der 
Unterdrückung der Hautathmung die Begründung der Folge¬ 
erscheinungen. Für die nach Verbrennungen der Haut auftre¬ 
tender Albuminurie, den Morbus Brightii, fiir das Erbrechen und 
die Convulsionen in solchen Fällen bleibt heute kaum mehr ein 
anderer Grund, und so sehen wir eine grosse Aehnlich- 
keit oder vielmehr Congruenz der Krankheitsbil¬ 
der und Obductionsbefunde bei primärer, wie 

*) üeber Physiologie der Haut und die einschlägige Literatur fliehe 
Neumann „Lehrbuch der Hautkrankheiten“, 5. Auflage, Seite 36. 

8 ) Abgesohorener Kaninchen. 


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b ei se c un d&r e r N e p h ri t i s, sei diese durch künst¬ 
liche Unte rdrückung der Hautperspiration oder 
durch calorische Einflüsse hervorgerufen und der 
Schluss erscheint berechtigt, dass dieselbe Ursache bei der Soarlatina 
zur Nephritis führe. Diese Conclusion kann nicht den Anspruch 
auf Neuheit machen, wirfinden siebei Barthezund Rilliet, so¬ 
wie bei B o h n (in Gerlach’s „Handbuch der Kinderkrankheiten“) 
als Hypothese aufgestellt, und es sollte der Zweck dieses Vortrags 
sein, durch die weiter ausgreifende Betrachtung diverser Krank¬ 
heitsbilder eine Hypothese zu stützen, aus der für die Behand¬ 
lung des Scharlach wichtige und leicht zu errathende Conse- 
quenzen folgen. B o h n, der darauf hinweist, dass bei Scharlach 
die Haut sowohl durch das seröse Exsudat in der Cutis, wie 
durch die abgestorbene Epidermismasse in einen doppelten Pan¬ 
zer gezwängt sei, räth, durch Bäder die Hautthätigkeit so früh 
als möglich anzuregen, ebenso Barthez und Rilliet. Den Schnee- 
mann’schen Speckeinreibungen könnte von unserem Standpunkte 
nicht das Wort geredet werden. Die beiden nachstehenden Kran¬ 
kengeschichten sind nicht bestimmt, einzig die noch dürftige 
Casuistik zu vermehren, sondern bieten nach unserer Anschauung 
ganz verschiedene Reflexe vom Bilde der Urämie. 

1. Victor Stein, 9 Jahre alt, erkrankte im Juli 1878 an 
Scarlatina, die mit einer leichten Dyphtherie beginnend, bis in 
die 3. Krankheitswoche keine abnormen Erscheinungen bot. Um 
diese Zeit trat bei abnehmender Harnmenge Albuminerie und 
Oedem der Augenlieder, alsbald auch Schwellungen an den Mal- 
leolis und leichter Ascites auf. Unter Verlangsammung des 
Pulses bis auf 60 traten Kopfschmerzen und Nausea einigemale 
des Tages ein und unter den gleichen Symptomen erfolgte an 
den nächsten 3—4 Tagen Erbrechen von Speiseresten und gal¬ 
liger Flüssigkeit. Am 18. Juli, nachdem der Harn immer con- 
centrirter und deutlich bluthaltig geworden war, stellten sich 
zeitlich Morgens. Convulsionen der Gesichtsmuskeln und der 
rechten oberen Extremität ein, welche zwei Stunden lang trotz 
der auf den Kopf angewandten Kälte anhielten. In dem Augen¬ 
blicke, als ich den Patienten in ein warmes Bad bringen wollte, 
trat Cyanose und Dyspenoe ein, der Schaum vor den Lippen 
färbte sich blutig, ich hörte feuchtes Rasselgeräusch bei der 
Auscultation beider Lungen und nahm nun eine Venaesection 
vor, durch die circa 70 Gramm Blut entleert wurden. Die 
Dyspnoe schwand rasch und nach einer kurzen Pause brachte 
ich den Kranken, dessen Convulsionen immer noch anhielten, 
mit aller Vorsicht für den venäsecirten Arm ins Bad, und nahm 
energische Begiessungen und Bespritzungen mit kaltem Wasser 
Tor. — Die Zuckungen hörten auf, das Bewusstsein kehrte noch 
nicht wieder, aber ich konnte dem Kranken eine grosse Dosis 
Calomel beibringen, und liess ihn unter warme Decken legen. 
Als ich nach zwei Stunden wiederkehrte, erfuhr ich, er habe 


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alsbald zu Stuhl verlangt, und sei nach einer reichlichen Ent¬ 
leerung und unter beständiger profuser Transpiration wieder ruhig 
eingeschlafen. Der Urin blieb noch einige Tage blutig, seine 
Menge nahm nur allmälig zu , die Zilinder schwanden nach acht 
Tagen aus demselben und erst nach zwei Monaten, nachdem der 
Patient längst eine Reise nach Amerika überstanden, schwand 
auch der Eiweissgehalt des Urins. 

Werfen wir noch einen Blick auf die Krankheitser- 
scheinungen, so erinnert die lebhafte Dyspnoe, die ich für 
ein beginnendes Oedem hielt, an die gleichen Erfahrungen 
von J a k s c h und Oppolzer 2 ), an die Experimente 
Cu ff er s 8 ), der durch Injection von Harnstoff das Cheyne- 
Stocke s’sche Phänomen hervorzurufen im Stande war. 
Puchta 4 ) veröffentlicht einen ähnlichen Fall, in welchem er 
zweistündige # Dyspnoe beobachtet hat. Endlich sei hier noch des 
Käthes von Lecorchö erwähnt, bei urämischen Convulsionen 
Blutentziehungen vorzunehmen. 

2. Minder glücklich, wenngleich nicht lethal endete der 
zweite Fall, der den acht Jahre alten Max K. betraf, den ich 
Ihnen hier vorstelle. Seine Krankheit fällt ebenfalls in den Juli 
und August 1878, und auch bei ihm kam es in der dritten Krank¬ 
heitswoche zur Albuminurie, ohne dass ein Oedem vorhanden 
gewesen wäre. Nach wiederholtem Erbrechen erschienen 
am 23. Krankheitstage Convulsionen, die nur eine halbe 
Stunde anhielten. Doch traten noch in derselben Nacht eclamp- 
tische Anfälle auf, diesmal vier Stunden anhaltend, allerdings 
mit minutenlangen Unterbrechungen. Weder die Application von 
Eis auf den Kopf noch ein Klystir von Chloralhydrat (3, 00 ) hatte 
einen Erfolg, und erst das warme Bad und kalte Begiessungen 
in demselben brachten Ruhe; aber das Bewusstsein kehrte erst 
wieder, nachdem der Kranke unter den Symptomen einer Ence¬ 
phalitis — verlangsamter Puls, Koma, häufiges Zähneknirschen, 
Lähmung der Sphinkteren — zwei und einen halben Tag regungs¬ 
los dagelegen. Er hörte jetzt, wenn sein Name gerufen wurde, 
erkannte seine Umgebung wieder, doch war die Sprache voll¬ 
ständig erloschen, sowie die unteren Extremitäten gelähmt. Die 
Sphinkteren blieben wochenlang paretisch, die Intelligenz fast 
ganz aufgehoben, der Kranke sass oder lag mit hoch contrahirten 
Beinen blöde lachend in seinem Bette, führte alle Gegenstände, 
die er zur Hand nahm, nach dem Munde, aus dem der Speichel 
floss, und gab er nun nach etwa 20 Tagen durch unarticulirte 
Laute seinen Stuhl- oder Harndrang zu erkennen, so konnte er 
doch fast nie das Herbeiholen des Geschirres abwarten. Allmälig 
lernte er „i, i a oder „bi, bi a stammeln, und als er nach einem 

*) „Prager Vierteljahrssohrift u 1864. 

2 ) „Spitalszeitung“ 1859. 

• 8 ) Cuffer, „Recherchen clin. etc,“ Paris 1878. 

4 ) „Journal für Kinderkrankheiten“, 58 pag., 58. 


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Vierteljahre das Bett verliess, zeigten sieh bedeutende Coordinations- 
störungen beim Gehen, die zum Theile auch heute noch bestehen; 
er hob seine Füsse hoch und setzte sie auswärts auf den Boden, 
ohne Unterstützung konnte er erst nach weiteren vier Wochen 
gehen. Die Aphasie begann sehr allmälig zu schwinden, seine 
früher erworbenen Kenntnisse im Lesen und Schreiben sind 
gänzlich verloren. Nach Ablauf eines Jahres wurde die Con- 
valescenz neuerdings durch Auftreten epileptiformer Anfälle, die 
durch sechs Wochen täglich fast um dieselbe Zeit wiederkehrten, 
unterbrochen, und selbst jetzt, nach 20 Monaten stellten sich 
am 20. und 21. April d. J. die gleichen Krämpfe auf kurze Zeit 
wieder ein. Der Knabe erscheint heute körperlich, noch mehr 
aber geistig geschwächt, er spricht mühsam, die Laute g und k 
kann er gar nicht hervorbringen, von Schriftzeichen kennt er 
höchstens 3—4 Vocale und von seinen Verstandeskiäften macht 
er den allerprimitivsten Gebrauch. 

Herr Prof. Leides dorf nahm hierauf in der Versammlung 
das Wort uud bemerkte, dass er bei Psychosen, sowie bei tieferen 
Nervenstörungen überhaupt häufig hochgradige Dyspnoe und die 
Initialsymptome von Lungenoedem beobachtet habe, zumeist ohne 
dass es zu wirklichem Oedem oder Tod gekommen wäre. Was 
die bei dem zweiten Kranken nachträglich aufgetretene Epilepsie 
betrifft, fuhr Prof. Leidesdorf fort, so ist es eine ebenso 
merkwürdige, als oft conBtatirte Thatsache, dass bei Kranken, 
die einmal secundäre Epilepsie durchgemacht, wie z. B. mit Morb. 
Brigthii behaftete Wöchnerinnen, auch nach vollkommener Gene¬ 
sung leicht wieder scheinbar ohne Anlass in dieselben Krämpfe 
verfallen. Es macht den Eindruck, als ob das Rückenmark von 
dem einmaligen Ueberstehen epileptischer Zustände eine unver- 
tilgbare Aenderung erfahre, von der aus immer wieder neue 
Anfälle ausgelöst werden können. 

Aus dem Unterstützungs-Institute. 

In der Sitzung am 19. Mai, welche unter dem Vorsitze 
deBVizepräsidenten Dr. Hopfgartnerim Beisein des Secretärs 
Dr. Reitter und von acht Mitgliedern des Ausschusses abge¬ 
halten wurde, übernahm in Abwesenheit Dr. Grube Ps, dessen 
Stellvertreter, Dr. M. Sch eff, das Schriftführeramt. 

Dr. P reyss berichtet, dass er 100 Exemplare des Promemo- 
ria, in welchem die Doctoren der Heilkunde auf die Vortheile auf¬ 
merksam gemacht werden, die ihnen durch den Beitritt in das Wr. 
med. Doct.-Coll. erwachsen, dem derzeitigen Herrn Decan Prof. Dr. 
E. Hofmann, der sich zur Vertheilung derselben an neu 
promo virte Doctoren bereitwilligerklärte, übergeben habe. Dann 
wurde Dr. Franz Froschauer, der nebst der Eintrittskarte 
und den Beitrag für das laufende Jahr, sowie eine Alters¬ 
zachzahlung für 13 Jahre im Betrage von 104 fl. eingezahlt, 


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und dessen Gesundheit und Erwerbsfahigkeit die DDr. Pol ad sek 
und Bielz bestätigten, einstimmig als Mitglied in das Unter¬ 
stützungs-Institut aufgenommen und dem Dr. Carl W., der in 
einem motivirten Schreiben um eine ausgiebige Unterstützung 
angesucht, dieselbe im Betrage von 200 fl. zuerkannt. 

Hierauf gelangte ein Gesuch des Dr. R., dem seinerzeit 
eine dauernde Unterstützung von 300 fl. in zwei halbjährigen 
Raten ä 150 fl, zuerkannt wurde zur Verhandlung. In diesem 
Gesuche wird die Bitte gestellt, diesen Betrag in Monats¬ 
raten ä 25 fl. anticipando erheben zu dürfen. Im Anschlüsse 
an dieses Gesuch gelangte noch eine Zuschrift des Bezirks¬ 
gerichtes Wieden zur Verlesung, in welcher sich Dr. R. ver¬ 
pflichtet, diese monatlichen Raten, die ihm übrigens noch 
nicht bewilliget sind, an einen genannten Gläubiger zu cediren. 
Dr. Reitter theilt als Cassiei weiter mit, dass er vorläufig 
dem Begehren des Bezirksgerichtes keine Folge gegeben, da 
der Betrag, den Dr. R. bezieht, irrthümlich als Pension be¬ 
trachtet werde, während er ein Unterstützungsbeitrag sei, der 
an Niemandem ausbezahlt werden könne, als an den Unter¬ 
stützten persönlich. Er ersuche, der Ausschuss möge hierüber Be¬ 
schluss fassen, stelle jedoch den Antrag, die ratenweise Auszahlung 
von 25 fl., monatlich verfallen, zu bewilligen. Es entspann sich 
nun eine längere, eingehende und ziemlich erregte Debatte, an 
der sich die DDr. Popper, Hopfgartner, Scheff, OSR. 
Nuss er, Wollner, LGA. Haschek, Schwarz, OSR. 
Schneller und Reitter betheiligten, die alle darin übereiu- 
stimmten, dass das Begehren des Bezirksgerichts unbedingt 
zurückzuweisen sei, da Dr. R. aus dem Institute keine Pension, 
sondern nur eine Unterstützung beziehe und dass diese eben 
so wenig gepfändet werden könne, als der Genuss einer Pfründe. 
Es müsse diese Zurückweisung selbst im Interesse der mittel¬ 
losen Collegen geschehen, da sonst die Aushilfsquote nicht dem 
Bedrängten, sondern nur seinem Gläubiger zugute komme und 
es wäre ein Präcedens geschaffen, durch welches die Inten¬ 
tionen des Institutes illusorisch würden. Gegen die Auszahlung 
der dauernden Unterstützung in Monatsraten, wird geltend ge¬ 
macht, dass dieses gegen die Statuten verstosse, und es die 
wichtigste Aufgabe des Ausschusses sei, das Vermögen des 
Institutes genau im Sinne der Statuten zu verwalten; Dr. Reitter 
zieht demnach seinen Antrag auf Ausfolgung der Unterstützung 
in Monatsraten zurück und Dr. Popper erbietet sich, falls ihn 
der Ausschuss dazu ermächtige, diese Angelegenheit, insoweit 
das Bezirksgericht dabei intervenirte, bei diesem mündlich zu 
erörtern, womit die Versammlung sich einverstanden erklärt. 

Schliesslich wird noch über Antrag des Dr. Schwarz, 
den auch OSR. Schneller unterstützte, beschlossen, sieb mit 
dem Rechtsconsulenten des Collegiums ins Einvernehmen zu 
setzen, damit der richtige Weg eingeschlagen werde. 


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Preyss-Feier. 

Am 7. d. M. beging der Vice-Präsident des Wiener medicinischen 
Doctoren-Collegiums, Medicinalrath Dr. Georg Preyss seinen 71. Ge¬ 
burtstag. Der Jubilar empfing aus diesem Anlasse von zahlreichen 
wissenschaftlichen Körperschaften, mehreren Wohlthätigkeitsvereinen, 
in denen er ebenfalls eine leitende Stellung einnimmt, vielen Col- 
legen und Freunden von Nah und Fern Glückwünsche, Adressen, 
Telegramme, Kränze u. s. w. Unter anderen von Sr. Exeellenz 
Freiherm v. Possinger, Dr. Ritter v. Scherzer, österreichisch¬ 
ungarischen Generalconsul in Leipzig, Dr. Heinrich Laube und 
Dr. A b e 1 e s in Carlsbad, Dr. Schnabel, k. k. Professor in Inns¬ 
bruck, den Professoren DDr. L. Mauthner, E. v. Jaeger, Selig¬ 
mann, Isidor Neumann, Generalstabsarzt Dr. v. Hassinger, 
Spitalsdirector Dr. C. Böhm, Primararzt Dr. Standhartner, 
Professor Dr. Thausing, Exeellenz Frast Graf Hoyos-Sprinzen- 
stein, Franz Graf Coudenhove, Baron Pfungen und vielen 
anderen medicinischen Kreisen nicht angehörigen Freunden. Auch 
die literarische Welt, in der er durch seine intimen Bezie¬ 
hungen zu Grillparzer in vielseitiger Verbindung steht, war 
zahlreich vertreten. Ganz ungewöhnlich wurde aber der Jubilar von 
seinen Fachgenossen ausgezeichnet. Das Wiener med Doct..Coll., 
dem er seit mehr denn 45 Jahren angehört, und zu dessen treuesten, 
eifrigsten und thatkräftigsten Mitgliedern er gezählt wird, beglück¬ 
wünschte ihn durch eine besondere Deputation, in der sich, geführt 
vom Präsidenten Dr. .R. v. Schmerling, der zweite Vice-Präsi¬ 
dent Dr. Hopfgartner, OSR. Dr. Schneller und Secretär 
Dr. R e i 11 e r befanden. 

Herr Hofrath v. Schmerling betonte in seiner Ansprache 
die unermüdeten Bestrebungen des Gefeierten für Förderung der 
Interessen des Collegiums, welche den Geschäftsrath bewogen, seinem 
Vice-Präsidenten Dr. Preyss zur Feier seines vollendeten 70 Lebens¬ 
jahres einstimmig ein Ehrengeschenk zu votiren, theils als bleibendes 
Andenken an dessen Leistungen, theils zur je nach Umständen 
in kürzerer oder längerer Zeit vergänglichen Erinnerung daran und 
schloss mit dem freundlichen Wunsche, dass es dem Jubilar gegönnt 
sein möge, noch viele Jahre in gleicher Weise und mit derselben 
Geistesfrische wie bisher zum Gedeihen des Collegiums zu wirken. 
Hierauf enthüllte der Secretär einen prachtvollen silbernen Pokal 
mit sechs vorspringenden Kanten, von dessen sechs Flächen drei 
die Inschrift trugen: 

Das Wiener medicinisohe Doctoren-Collegium seinem verehrten Vioe-Präsidenten 
zum 70. Geburtstage. 

Dem treu ausharrenden Vertreter der Rechte des Doctoren-Collegiums. 

Am 7. Juni 1880. 

Ueberdies präsentirte Dr. Reitter noch eine silberne Ci¬ 
garren-Ranchgarnitnr mit einer guten Provision feiner Cigarren. 

Dr. Preyss dankte gerührt in warmen Worten ebensowohl 
für die unverhoffte Auszeichnung als für die Anerkennung, die seine 


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Thätigkeit bei den Gollegen gefunden, und versicherte, so lange 
seine physischen Kräfte und seine Geistesfrische ausreichen, all seine 
freie Zeit wie bisher, je nach Bedarf dem Wohle des Collegiums 
zu wen den zu wollen. 

Damit war jedoch die Feier von Seite des Collegiums noch 
nicht beendet. Der wissenschaftliche Ausschuss desselben beschloss 
auf Anregung seines Obmanns, Herrn Professor v. Schrotte r, den 
Vice-Präsidenten durch Anerkennung seiner Thätigkeit für Förderung 
der wissenschaftlichen Bestrebungen noch in besonderer Weise aus¬ 
zuzeichnen und delegirte den vorgenannten Obmann und dessen Stell¬ 
vertreter, Herrn Dr. David W i nt ernitz, den Jubilar auch im Hamen 
dieses Ausschusses zu beglückwünschen. Herr Professorv. S chrötter, 
der das Wort führte, hob die Bedeutung hervor, welche die wissen¬ 
schaftlichen Leistungen für den Fortbestand des Collegiums haben, 
pries die unermüdliche Thätigkeit des Jubilars und überreichte — 
damit es ja nicht an Schreibrequisiten fehle — eine complete 
reizende Schreibtisch-Einrichtung von einer neuartigen Metallcom- 
position künstlerisch ausgeführt. Der Jubilar, der durch wiederholte 
Gichtanfälle in der Praxis gehindert, an einem Auge erblindet, und 
am andern vom Staare durch Professor E. v. Jaeger’s kunstfertige 
Hand wohl in selten glücklicher Weise befreit ist, aber doch dieses 
Auge etwas schonen muss, bedauerte, nur als Motor dienen zu können, 
doch selbst mitzuwirken ausser Stande zu sein. Aber gerade mit 
der Anregung erklärten sich die Delegirten zufrieden und sprachen 
nur den Wunsch aus, dass sie noch lange fortgesetzt werden möge. 

Doch nicht vom Collegium allein wurde der Jubilar aus¬ 
gezeichnet; auch die ärztlichen Bezirksvereine wetteiferten förmlich 
um die Ehre, ihm ihre Anerkennung zu erweisen. Der Aerztliche 
Verein der westlichen Bezirke liess ihm durch eine Deputation, be¬ 
stehend aus dem Obmanne Dr. Khautz v. Eulenburg und den 
DDr. Ignaz Lederer und Franz Schopf eine kalligraphisch schöne 
Adresse überreichen, die in blauem Sammt gebunden, auf der Vor¬ 
derseite mit silbernen Ecken und einem Mittelschild ausgestattet 
ist, auf der die eingravirte Inschrift prangt: „Dem hochverehrten 
Vice-Präsidenten des Wiener med. Doct.-Coll., M.-R. Dr. Preyss, der 
Aerztliche Verein der westlichen Bezirke. u In der Adresse wird be¬ 
tont, dass das Gedeihen des Doct.-Coll. auch das der anderen ärzt¬ 
lichen Vereine fördere und in der Ansprache drückte der Führer 
der Deputation Dr. v. Khautz die Befriedigung aus über die Art 
und Weise, in welcher das Collegium auch im Allgemeinen die In¬ 
teressen des ärztlichen Standes vertrete. 

Der Vormittag wurde abgeschlossen mit dem Erscheinen der 
Vertreter des Aerztlichen Vereines im dritten Bezirke, (dem Dr. Preyss 
als Bewohner desselben auch angehört) dem Obmanne Herrn Dr. 
Kienast und Herrn Dr. Gold, welche den Jubilar für den Abend 
zu einem ihm zu Ehren in Dreher’s Bierhalle in diesem Bezirke 
veranstalteten Banket einluden , bei dem die meisten Mitglieder 
der ärztlichen Vereine der Bezirke Wiens, alle Obmänner derselben 


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und viele Notabilitäten aus medicinischen Kreisen ihr Erscheinen 
zugesagt hatten. 

Als 'Dr. P r e y s s Nachmittags 5 Uhr in der gewöhnlich an 
Montagen abgehaltenen Directions-Sitzung des Wiener Wohlthätigkeits- 
Vereines erschienen, wurde er gleioh nach Eröffnung derselben von dem 
Yorsitzenden Präsident-Stellvertreter, Franz Graf Coudenhove, in 
feierlicher Weise beglückwünscht. In wohlgesetzter rhetorisch vor¬ 
getragener Rede hob dieser das rege Streben des Jubilars sowie die 
nnermüdete Thätigkeit auch in dieser Wirkungs-Sphäre hervor und 
schloss mit dem Wunsche, dass Preyss dem Vereine noch viele 
Jahre erhalten bleiben möge, dem alle Directions-Mitglieder beistimmten. 

Um 8 Uhr Abends wurde der Jubilar sammt Gattin von 2 Mit¬ 
gliedern des Aerztlichen Vereines im in. Bezirke, den Dl)r. Peter 
Langer und Ladislaus v. Würtzner abgeholt und in den Banket- 
saal geleitet, in dem sich alle Obmänner der ärztlichen Vereine, 
der Sanitätsreferent im Ministerium des Innern, Ministerialrath Dr. 
Fr. Schneider, der Präsident des Doct.-Coll., Hofrath Bitter von 
Schmerling, Vice-Präsident Dr. Hopfgartner, Ober-Sanitätsrath 
Dr. Schneller, Secretär Dr. Reitter, den Superintendent der 
Kriegsstiftung, Prof. Dr. Josef G r u b e r, die meisten Mitglieder des 
Geschäftsraths, darunter der Gemeinderath Dr. Kemeker, mehrere 
Mitglieder des wissenschaftlichen Ausschusses: die DDr. Fürth, 
v. Pernhofer Dr. David Winternitz und viele Mitglieder der 
vier Bezirksvereine, im Ganzen nahezu 70 Gäste bereits eingefunden. 
Als der Jubilar an der Seite seiner treuen Gattin eintrat, wurde 
er mit Applaus empfangen und ihm ein humoristisches Blatt in der Form 
der „Mittheilungen des Wr. med. Doct.-Coll. M , datirt vom 7. Juni 1890 
überreicht, in dem die Ergebnisse des Festtages von 1880 referirt 
werden, woran sich viele komische Notizen der Zukunft schliessen, eine 
Aufmerksamkeit des Herrn J. Postolka, Directors der Gesell¬ 
schafts-Buchdruckerei, in welcher die „Mittheilungen des Collegiums*, 
an deren Bedaction Dr. Preyss regen Antheil nimmt, gedruckt werden. 

Nachdem man sich zu Tisch gesetzt, ergriff der Obmann des 
Aerztlichen Vereines im m. Bezirk, Dr. K i e n as t, das Wort, betonte 
in wenigen, aber herzlichen Worten die Bedeutung des Abends und 
toastirte auf Se. Majestät den Kaiser, worauf Primararzt und Docent 
Dr. Englisch die Festrede hielt, in welcher er ein ganzes Curri¬ 
culum vitae entrollte und die zahlreichen Verdienste des Jubilars, 
der heute noch mit seltener Geistesfrische und rastloser Thätigkeit 
einer der tüchtigsten Pionniere des ärztlichen Standes sei, in be¬ 
redten Worten feierte. Nach Englisch sprach Hofrath Dr> v. Schmer¬ 
ling in seiner leutseligen, zum Herzen gehenden Weise und rühmte 
seinen Stellvertreter Dr P r e y s s als eine Stütze des Collegiums. Hierauf 
toastirten die DDr. Hopfgartner, Ludwig Klein, v.Khautz und 
Josef Scholz nacheinander auf Preyss, auf dessen biedere Gattin, 
auf das Doct.-Coll., auf den Präsidenten v. Schmerling, Ministerialrath 
Schneider und O.-S.-R. Schneller und dieser Letztere auf 
das Collegium. Nach einer längeren Pause schloss Dr. B. Kraus 


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den Reigen der Toaste mit einem launigen Trinkspruch auf Preyu, 
in dem er mit vielem Humor dessen Leiden schilderte, wenn 
längst zugesagte Vorträge in letzter Stunde abgesagt oder Manu- 
scripta nicht rechtzeitig eingeliefert werden. Das Fest währte bis 
Mitternacht, worauf der Festpräsident die feierliche Sitzung anfhob 
und eine gemüthliche Kneipe proclamirte, an welcher der Jubilar 
nicht mehr theilnahm. 


Dittel-Jubiläum. 

In dem festlich geschmückten klinischen Krankenzimmer der 
Abtheilung des Prof. Dittelimk. k. allgem. Krankenhause fand 
Samstag den 12. Juni eine erhebende Feier statt. Sie galt dem ge¬ 
nannten Primarärzte und Professor, welcher an diesem Tage den 
40. Jahrestag seiner Promotion und den 20. seines Primariates im 
k. k. allg. Krankenhause feierte. 

An der Feier betheiligten sich der Director dieser Anstalt, 
Obersanitätsrath Dr. Hoffmann, viele Primarärzte und eine grosse 
Schaar der ehemaligen, sowie die derzeitigen Secundarärzte des Ju¬ 
bilars, von welchen die Ovation für Prof. Dittel angeregt und durch¬ 
geführt worden war. — Viele von Dittels ehemaligen Secundar- 
ärzten, wie Prim. Dr. Gotthard aus Pressburg, waren aus der Ferne 
herbeigeeilt, um Zeugen des Ehrentages ihres ehemaligen Lehrers 
und Vorstandes zu sein. Die dem Jubilar bereitete Ovation bestand 
darin, dass seine Freunde und ehemaligen Schüler von der bewährten 
Künstlerhand des Malers Felix ein Porträt Dittels anfertigen Hessen, 
welches die Bestimmung hat, die Räume zn schmücken, in Welchen 
Dittel seit zwei Jahrzehnten als Arzt und als Lehrer gleich ver¬ 
dienstvoll gewirkt hat. 

Ausserdem erhielt Dittel ein künstlerisch ausgestattetes Album, 
die Porträts seiner Secundarärzte enthaltend. 

In seiner Festrede, mit welcher Prim. Englisch den Jubilar 
begrüsste, entwickelte der Redner zunächst den Entwickelungsgang 
den Dittel genommen; er betont, mit wie vielen Hindernissen, die 
er siegreich überwand, der Jubilar zu kämpfen batte, um jene ge¬ 
achtete wissenscbaftHche und sociale Stellung zu erlangen, die er 
heute einnimmt, welche Verdienste er sich um die Wissenschaft und 
speciell um die Ausbildung seiner zahlreichen Schüler erworben, wie 
er diesen jederzeit aufs liebevollste mit Rath und That zur Seite 
gestanden sei, und sie über ihre eigentliche Lehrzeit hinaus noch 
aufs Nachdrücklichste unterstützt habe. Das Bild, das seine Schüler 
ihm gewidmet, sei nur ein schwacher Ausdruck ihrer unwandelbaren 
Gefühle der Liebe und der Dankbarkeit. 

Hierauf richtete Obersanitätsrah Dr. Hoffmann eine in dem 
wärmsten Tone gehaltene Ansprache an Prof. Dittel, den verdienst¬ 
vollen Primararzt, der seiner Leitung unterstehenden Anstalt, 
seinen langjährigen Freund. 

Er schilderte die bewundernswerthe UnVerdrossenheit und 
jugendfrische. Ausdauer Dittels in der Ausübung seines Berufes, dem 


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er mit allen Kräften obliege, die grossen Verdienste, die er sich 
um das Gedeihen der Anstalt erworben, die liebevolle Fürsorge für 
die Kranken, die seinen bewährten Händen ihr Leben anvertrauen, 
und schloss mit dem Wunsche, dass es Dittel gegönnt sein möge, 
noch viele Jahre zu wirken zum Stolze seiner Freunde, zur Zierde 
der Anstalt, zum Tröste der leidenden Menschheit. — Lebhafter 
Beifall seitens der zahlreichen Anwesenden folgte denWorten Hofmanns« 

Sichtlich ergriffen antwortete der Jubilar. Der heutige Tag 
werde ihm die schönste Erinnerung seines Lebens sein. Er habe 
sich immer bestrebt, seinen jüngeren Standesgenossen ein auf¬ 
richtiger wohlmeinender College zu sein, und es erfülle ihn mit 
Stolz, eine solche Würdigung seines Bestrebens zu erfahren. Das 
Bild, das seine Schüler und Freunde ihm gewidmet, sei ihm das 
werthvollste Angebinde, das er erhalten. Wie ein Maximum* 
thermometer, welches, wenn auch schon von der Wärmequelle entfernt, 
doch immer noch die höchste Temperatur, auf die es gestiegen, 
anzeige, so werde ihm auch in der Zukunft jenes Bild den hohen 
Wärmegrad der Gefühle der Liebe anzeigen, mit dem seine Freunde 
und Schüler ihn beglücken. 

Zum Schlüsse erhielt Prof. Dittel noch die Glückwünsche der 
Akademischen Lesehalle und des Vereines zur Pflege kranker 
Studenten. 


Notizen. 

Personalien. Se Majestät der Kaiser hat angeordnet, dass dem ordent¬ 
lichen Professor an der Wiener Universität, Hofrath Dr. Carl Sigmund 
Bitter v. IlÄnor anlässlich seines bevorstehenden Uebertritts in den dauernden 
Ruhestand der Ausdruck der Allerhöchsten kaiserlichen Zufriedenheit bekannt 
gegeben werde. — Das Professoren-Colleginm der Wr. med. Faoultät hat in 
seiner letzten Sitzung die Privat - Dooenten Dr. Ban dl, Dr. Chrobak, 
Dr. Oberst einer jun. und Proseotor Dr. Zuokerkandl dem Ministerium 
für die Ernennung zu ausserordentliohen Professoren vorgesohlagen. 

Auszeichnungen, Se. Majestät der Kaiser hat dem ordinirenden Arzte 
des Theresianums k. Rath Dr. Andreas Pleninger als Ritter des Ordens 
der Eisernen Krone in. Classe in den Ritterstand des österreichischen Kaiser- 
Staates erhoben. 

Der oberst Sanitätsrath macht die Commune Wien aufmerksam, dass 
es an der Zeit wäre, ein Augenmerk auf die Verbesserung der Wasserver- 
hältnisse im Donauoanale zu riohten. Ein günstiges Resultat sei nur von der 
gänzlichen Absonderung des Cloaken-lnhaltes zu erhoffen. Darum möge man 
endlich, wenn auch nur in partiellen Strecken, Sohwemmoanäle errichten. 
Würde in dieser Beziehung Abhilfe geschaffen, dann hätte es keinen Anstand, 
im Donanoanale noch mehrere Bäder zu errichten, die sieh daselbst sehr noth- 
wendig erweisen. Der oberste Sanitätsrath bedauert bei dieser Gelegenheit 
auch den empfindlichen Mangel au Bädern in den einzelnen Bezirken über¬ 
haupt und betont lebhaft den Vortheil der Errichtung von solchen Anstalten 
in sanitärer Beziehung. 

Wohnuug8Veränderung. Herr Dr. Moriz Heller wohnt vom Mai ab: 
I., Fleischmarkt 12. 

%wr Beachtung. Da nach § 7 Alinea 3 der Statuten 
die Jahresbeiträge in den ersten 3 Monaten des laufenden Jahres 
einzuzahlen sind } so werden jene Herren Collegen , welche mit 


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180 


ihrem Beitrage für das Jahr 1880 per 5 fl . noch im Rück¬ 
stände sind, höflichst ersucht, denselben baldmöglichst zu entrichten. 

Desgleichen werden auch jene Herren Mitglieder des Unter¬ 
stützungs-Instituts, welche ihren Jahresbeitrag per 6 fl. für das 
Jahr 1880 s der nach § 6 der Statuten im Monate Jänner zu 
berichtigen ist, in ihrem eigenen Interesse höflichst ersucht, den¬ 
selben baldigst an die Kanzlei des Wr . med. Doct.-Coll. (/., Rothe- 
thurmstrasse 23) gelangen zu machen, was am einfachsten und 
sichersten mittelst Postanweisung geschehen kann. 


P. T. Hochgeehrte Herren Collegen 1 

Aus Anlass meines vollendeten 70. Lebensjahres erhielt ich 
nicht nur vom Doct.-Coll., dessen wissenschaftlichen Ausschuss und 
den ärztlichen Vereinen ausser gewöhnliche Beweise aufrichtiger 
Theilnahme unter ehrenvollster Anerkennung meines Wirkens für 
die Interessen des Collegiums, sondern es bemühte sich auch eine 
so grosse Zahl verehrter Collegen persönlich mich an diesem Tage 
zu beglückwünschen und der Würdigung meiner Leistungen Aus¬ 
druck zu geben, dass es mir absolut unmöglich ist, Jedem einzeln 
für diese Aufmerksamkeit zu danken . Wollen Sie mir demnach 
erlauben, hochgeehrte Herren Collegen, Allen gemeinsam durch 
diese Zeilen meinen wärmsten Dank ausdrücken zu dürfen eben 
sowohl für Ihre freundliche Erinnerung als für die nachsichtige 
Beurtheilung meiner Thätigkeit im Collegium; zugleich aber auch 
die Versicherung entgegennehmen, dass ich den Tag, an dm mir 
solche Ehren erwiesm wurden, zu den schönsten meines Lebens 
zähle und, so lange dieses noch währt, stets in dankbarer Erin¬ 
nerung behalten werde . 2>r. 6r. JP reyss. 

Warnung . Es treiben sich in Wim mehrere Personen 
weiblichen Oescfdechtes herum, welche sich mtweder persönlich als 
arme, unglückliche Witwm und Watsm von Medicinä-Doctoren 
und Hinterlassme von gewesmm Mitgliedern des Wr. med. Doct - 
Coll. ausgebm oder vorspiegeln, dass sie von solchen unglücklichen 
Witwm und Waisen wegm Erkrankung und gänzlicher Hilfs- 
losigkeit derselbm gebetm worden seien, bei wohlthätigm Personen, 
insbesondere Doctorm, um Unterstützungen zu bitten. Nicht selten 
werdm klägliche Briefe oder schriftliche Befürwortungen auf 
Visitkartm von Doctoren vorgewiesen, um das Mitleid desto mehr 
zu erregen . Da sich indess durch genaue Erhebungen an Ort 
und Stelle herausgestellt hat, dass sehr häufig „ speculative a Per¬ 
sonen, die weder Witwen noch Waisen von Doctoren sind, noch auch 
von solchm zum Sammeln beauftragt wurdm: so werden die P. T. 
Herrm Collegen hiemit aufmerksam gemacht, sich durch derartige 
Personm nicht täuschm zu lassen und erst nach gmauer Con- 
statirung der Thatsachen unterstützm zu wollm. 

Herausgeber and Verleger: Wiener medicin. Doot -Coli. — Verantwortlicher Bedactenr: 
l>r. L Hopfgartuer. — GeaeU«chaftBrBuchdruck«ivi, Wien, III.‘ Erdbergerstrasee 3. 


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VI. Bd. Aasgegeben am 1. Juli 1880. 


Ir. 15 


fflTTHEILlMEN 

des f 

Wiener iiieiHminsclieii DoctorBn-CollBfliuins. 

Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bogen und darüber, an 
20 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtmitglieder des Collegiums im In¬ 
lande S fl M nach dem Auslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 26 kr. = 60 Pfg. — Tnserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pr&nnmerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplfts 4 l Deatiake 
(vormals Karl Caermak), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zaschriltei a*d Zusendungen an die Redsetiou: Wien, Kaislei des Wiener ned. 
Doet*-€oll. nnd der Witwen- und Waisen-docietät, Bothenthnrastrasse 23. 


Inhalt: Wissenschaftliche Versammlung vom 14. Mai. — Doctor-Jubiläum des Dr. Johann 
Würstl. — Primararzt Dr. Adolf Zsigmondi f. — Literarische Anzeige. — Notizen. 


In der wissenschaftlichen Versammlung am 24. Mai 

demonstrirte Herr Prosector Doc. Dr. H. Chiari zunächst ein 
Gehirn mit eogenannter Porencephalie (Heschl), welches er 
am 20. October 1879 im St. Anna-Kinderspitale bei einem an 
chronischer Tuberculose verstorbenen 13j. Mädchen secirte. An 
der unteren Fläche des 1. Temporallappens fand sich an Stelle 
der 2. und 3. Temporal windung und auch der angrenzenden 
Partien des Gyrus uncinatus und des Gyrus fusiformis ein 7 Ctm. 
langer, 1*5 Ctm. breiter, bis 2 Ctm. tiefer, spaltförmiger 
Defect, der bis ganz nahe an das Ependym des Unterhornes 
der 1. Seitenkammer heranreichte, aber nirgends mit dem Unter- 
horne selbst communicirte. Die Wand des Substanzverlustes war 
theils noch von Hirnrinde gebildet, und zwar in der Nähe des 
Randes desselben, theils bestand sie aus Marksubstanz. . 

/ * i* 

Ueberall lag der Wand die Gefässhaut an, welche hie£ 
inniger adhärirte. Die Arachnoidea zog über den Substanzver¬ 
lust brückenartig hinweg und fand sich zwischen ihr und .‘ettiir 
Meninx vascnlosa klares Serum angesammelt. Mikroscopisch ent¬ 
hielten sowohl die Meninx vascnlosa als auch die Hirnsubstanz 
in der Wand des Substanz Verlustes braunes, körniges Pigment 
und zeigte die Himsubstanz daselbst auch Neurogliavermehrung. 
Das übrige Gehirn und der Schädel boten keine bemerkens- 
werthe Abweichung von den normalen Verhältnissen dar. Die 
inneren Meningen waren überall zart. Die Hirnoberfläche zeigte 
gewöhnliche Configuration. 

C. fasst diesen Fall als Porencephalie (Heschl) auf. inso- 
ferne es sich hier um einen, entschieden auf regressive Vorgänge 
zurückzuführenden Substanzverlust im Gehirne handelt, der wahr- / 
echeinüch vor sehr langer Zeit entstanden, jetzt durch Serum/ 





182 


Ansammlung zwischen den inneren Meningen ausgefullt erschien. 
Ueber die Zeit der Entwicklung des Substanzverlustes kann C. 
nichts sagen, da diese Porencephalie intra vitam keine Symptome 
gegeben hatte. 

Weiter demonstrirt C. das Gehirn einer am 30. März d. J. 
im Rudolfspitale an Tuberculosis chronica pulmonum et intestini 
verstorbenen 53j. Frau, welches ausgezeichnet ist durch ein 
ganz merkwürdiges Verhalten im Bereiche der Oberfläche der 
r. Grosshirnhemisphäre. 

Während nämlich die ziemlich reichlich entwickelten Hirn¬ 
windungen an der 1. Grosshirnhemisphäre und auch die in den 
unteren und hinteren Abschnitten der r. Grosshirnhemisphäre 
bis auf geringe Varianten gewöhnliches Verhalten zeigen, findet 
sich ganz atypische Configuration der Windungen 
im Bereiche des r. Stirn- und Scheitellappens. Die 
Centralfurche ist nur in ihrer oberen Hälfte vorhanden, ebenso 
auch die vordere und hintere Central Windung. Der oberste Gyrus 
frontalis erscheint gut ausgebildet, der mittlere ist sehr schmal; 
und an Stelle des unteren finden sich von dem Gyrus supra- 
marginalis entspringend, fächerförmig nach vorne auseinander¬ 
gehend, 4 Windungen, welche an ihrer Oberfläche vielfach 
gekerbt erscheinen. Die Inselwindungen fehlen nahezu ganz. Die 
inneren Meningen zeigten nirgends abnormes Verhalten. Eine 
histologische Untersuchung des Gehirns wurde bisher noch nicht 
vorgenommen. 

C. fasst diesen Befund als eine allerdings sehr seltene 
Bildungsanomalie auf und erwähnt, dass auch die Trägerin 
dieses Gehirns keine abnormen Symptome von Seite des Gehirns 
intra vitam gezeigt habe. 

Hierauf hielt Docent Dr. J u r i Ö seinen angekündigten Vor¬ 
trag. Wegen der vorgeschrittenen Zeit beschränkt er sich nur 
über die chirurgische Behandlung der Hämorrhoidal- 
Knoten zu sprechen, auf die radicale Behandlung derselben 
übergehend erwähnt er die dafür angewendeten Methoden, als: 
Abtragung mit Messer und Scheere, das Abbinden mit der 
Fadenschlinge und der elastischen Ligatur, das Abquetschen 
mit dem Ecraseur, das Abätzen mit der Ligature caustique 
und der galvanocaustischen Schlinge, das Verschorfen mit dem 
Glüheisen und mit dem Porzellanbrenner, endlich die Aetzungen mit 
rauchender Salpetersäure und salpetersauerem Quecksilberoxyd. 

Das einfache Abschneiden sei bei inneren Knoten gänzlich 
zu verwerfen und ist auch längst schon aufgegeben, am besten 
eigne sich noch von den ersteren Methoden das Abbinden und 
die galvanocaustische Schlinge, doch geben auch sie keine 
Sicherheit gegen schwere Zufälle und unangenehme Folgen, wie 
z. B. bei der Anwendung der galvanocaustischen Schlinge öfters 
bedeutende Verengerungen des Darmes Vorkommen. 


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183 


Seit der Veröffentlichung Billroth’s im Jahre 1871 wendet 
der Vortragende die Aetzungen mit rauchender Salpetersäure 
an, ist jedoch nach und nach zu einer Modification des Ver¬ 
fahrens gelangt. 

Dr. Juriö will damit weniger eine Zerstörung der Gewebe 
erzeugen, als eine adhäsive Entzündung hervorrufen, in deren 
Gefolge die Verkleinerung und theilweise Verschliessung der 
ausgedehnten Venen einhergeht. Er erreicht dies bei grösseren 
Knoten daher auch niemals mit einer einmaligen Aetzung, doch 
ist der Kranke durch diese Art der Behandlung nie gezwungen, 
Buhe zu halten, öder das Bett zu hüten, kann seiner gewöhn¬ 
lichen Beschäftigung nachgehen, die Schmerzen, die er dabei 
zu ertragen hat, sind nahezu Null, ebenso ist dabei die Hilfe 
eines Assistenten vollkommen entbehrlich, und was das Wich¬ 
tigste, üble Zufälle, selbst die von Billroth erwähnten Harn¬ 
verhaltungen, sind ihm niemals begegnet. Alles dies gilt nur 
bei Knoten, welche nach der Aetzung reponirbar sind. 

Die Aetzung vollführt Dr. J. in folgender Weise. Der 
Kranke nimmt unmittelbar vor derselben eine hoch in den Darm 
hinauüreichende Einspritzung von einem möglichst grossen Quantum 
lauwarmen Wassers, die mit der Stuhl- und Wasserentleerung her¬ 
vorgetretenen Knoten werden durch Pressen möglichst stark 
herausgedrängt und unter ihnen jener gewählt, der am weitesten 
hervorragt oder von dem man überhaupt glaubt, dass er die 
meisten Störungen verursache; dieser wird nun durch das 
Ueberstülpen eines kleinen serviettenbandähnlichen Cylinders 
aus Hartkautschuk vom ZurückBchlüpfen verhindert. Der Knoten 
wird durch das Aufsetzen des Ringes etwas abgeschnürrt, drängt 
sich in den Cylinder hinein, und ist selbst dann, wenn der Ktanke 
seinen After zurückzieht und nicht mehr presst, leicht ausser¬ 
halb des Schliessmuskels zu erhalten; gleichzeitig schliesst der 
Bing nach Unten zu so vollkommen ab, dass ein Abüiessen 
von dem Aetzmittel nicht erfolgen kann. Durch diesen Cylinder 
erspart man also den Assistenten, das Fassen mit einer Haken- 
pincette, erspart dem Kranken das so leicht erfolgende und 
häufig sehr schmerzhaft empfundene Abfliessen der Säure. 

Um diese aufzutragen verwendet der Vortragende Pinsel 
aus Asbest, die sich der Arzt, da sie nicht im Handel Vor¬ 
kommen, selbst machen muss, was leicht zu bewerkstelligen ist; 
sie bieten auch für andere Fälle das Gute, dass sie äusserst 
einfach durch Halten über eine Flamme zu desinficiren sind 
und daher bei mehreren Kranken verwendet werden können. 

Ist die Oberfläche des in angegebener Weise gefassten 
Knotens mit Salpetersäure bestrichen, so wartet man bis sie 
eine graugrüne Färbung angenommen hat, trocknet nun die 
allenfalls übeischüssige Flüssigkeit mit Bruua’ Watte ab und 
giesst in den Cylinder etwas Oel, entfernt ihn nun und reponirt 
den Knoten. Muss man nicht fürchten, dass dieser wieder leicht 


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Vorfälle, so kann damit der Kranke unmittelbar darauf gehen 
und man hat nur zu sorgen, dass er womöglich in den ersten 
36 Stunden keinen Stuhl habe. Nach beiläufig acht Tagen 
wiederholt man die Aetzung an einer anderen Stelle. Der Vor¬ 
tragende ist selbst bei alten sehr umfangreichen Hämorrhoidal» 
knoten immer mit 6 bis 10 Aetzungen, bei kleineren mit viel 
wenigeren ohne den geringsten Zwischenfall zum Ziele einer 
Tollständigen Heilung gelangt. 

Es gilt dies, wie er erwähnt, nur f&r Knoten, die reponir- 
bar sind, sind sie es nicht, so ist auch bei ihnen die Aetzung 
angezeigt, doch da sie meist in der Nähe des sehr empfind¬ 
lichen Ueberganges der After-Schleimhaut zur äusseren Haut 
liegen, verursachen solche Aetzungen meist auch nachträglich 
starken Schmerz und es empfiehlt sich, sie hier gleich stärker 
anzuwenden, den Kranken aber durch.einige Tage unter An¬ 
wendung von Eisbeuteln liegen zu lassen, 


Doctor-Jubiläum des Dr. Johann WUrstl. 

Am 21. Juni beging der praktische Arzt Dr. Johann Würstl 
sein fünfzigjähriges Jubiläum als Doctor der Chirurgie (den medici- 
nischen Doctorgrad hat er erst ein Jahr später erworben), bei welcher 
Gelegenheit ihm von vielen Seiten Ovationen dargebracht wurden. 
Als einer der hervorragendsten Homöopathen wurde er vom Verein 
der homöopathischen Aerzte schon zwei Tage vorher, d. i. am 19., 
durch eine besondere Deputation in solenner Weise beglückwünscht. 
Als Mitglied der früheren italienisch-illyrischen Nation der Wiener 
Universität überreichten ihm die Commilitonen ein Glückwunsch¬ 
schreiben in Diplomform, und als biederen, ehrenhaften Collegen, 
der sich auch durch patriotische ärztliche Hilfeleistungen während 
der Kriegsjahre in Militärspitälem, sowie bei den wiederholt vor¬ 
gekommenen Cholera-Epidemien als Cholera-Arzt hervorthat, votirte 
ihm auch der Geschäftsrath eine schön ausgestattete Adresse, welche 
ihm am Jubeltage durch eine Deputation, bestehend aus den beiden 
Vicepräsidenten und dem Secretär-Stellvertreter, Dr. v. Pemhoffer, 
überreicht wurde. Vicepräsident Dr. Preyss begrüsste als Stellvertreter 
des von Wien abwesenden Präsidenten den Jubilar mit einer kurzen 
Ansprache, in der er dessen Collegialität und patriotische Hingebung 
betonte und ihn im Namen des Doct.-Coll. beglückwünschte. Dr. Würstl 
dankte in warmen Worten gerührt und ersuchte, den Ausdruck 
seines Dankes dem Coli, zur Kenntniss bringen zu wollen. 


Primararzt Dr. Adolf Zsigmondy f. 

Am 24. Juni wurde das Collegium durch nachstehende Todesanzeige 
erschüttert: 

Adolf Zsigmondi, Doctor der Medioin und Chirurgie, Magister der 
Geburtshilfe, Operateur, k. k. Primararzt im allgemeinen Krankenhause, Uni- 
yersitfttsdooent der Zahnheilkunde, Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften etc., 


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185 


ist gestern den 23. Juni um 10 Uhr Vormittags im 64. Lebensjahre naoh kurzem 
schmerzlichen Leiden Banft verschieden. *) 

Z. wurde am 26. September 1816 zu Pressburg in Ungarn geboren und 
erfreute sieh schon in seiner Kindheit und Jugend der sorgfältigsten Erziehung 
durch seinen gelehrten Vater, der Professor am evangelischen Lyoeum in 
Pres8burg gewesen. Naoh vollendeten Gymnasialstudien begann er die medi- 
oinisohen in Pest, absolvirte jedoch die letzten zwei Jahre in Wien, wo er am 
6. August 1840 zum Dootor promovirt wurde. Während seiner Studienzeit inter- 
essirte er sich besonders für Physik und Chemie, daher er auch als Thema 
seiner Dissertation die „8ynopsis fontium medioatorum Hungariae praeoipuorum 
respeotu pbysioo-ohemioo“ wählte. Naoh erlangter Dootorswürde wendete er 
sich aber mit Vorliebe der Chirurgie zu, für die er sich auch später ^ ais 
Operationszögling besonders ausbildete, so dass er schon naoh vieljähriger 
Dienstleistung als erster 8eoundararzt auf der Abtheilung des Prof. Schuh 
im allgemeinen Krankenhause im Jahre 1848 zum Primarärzte im Provinzial¬ 
strafhause ernannt wurde Während der Belagerung Wiens fungirte er auch 
gleichzeitig durch 3 Monate als Chefarzt eines Notbspitals für Verwundete im 
Augarten. Als die Uebersiedlung des Strafhauses nach Stein ins Auge gefasst 
wurde, und er keine Lust hatte, Wien zu verlassen, und damals auch keine Aussicht 
auf weitere Verwendung als Chirurg in einer anderen Heilanstalt hier bestand, 
ging er mit der Idee um, falls diese Uebersiedlung wirklich durohgeführt 
würde, sich als Zahnarzt in Wien zu etabliren und bereitete sich dazu unter 
der Leitung seines Freundes und Studiengenossen dos uns allen unvergesslichen 
Professors Heid er, des Begründers der wissenschaftlichen Zahnheilkunde in 
Oesterreich, selbst in ganz Deutschland, vor. Als dessen Schüler betrieb er 
nebst seinem sonstigen ärztlichen Berufe mit dem grössten Eifer insbesondere 
die oonservative Dentistik und erwarb sich in dieser Beziehung unter den 
lugen Beines Meisters eine unübertreffliche Virtuosität im Plombiren der 
Zähne, die ihm auch einen bedeutenden Ruf in dieser Speoialität verschaffte, 
obgleich er sich nicht ausschliesslich damit zu befassen genöthigt war, da bald 
nach der Translocirung des Strafhauses im J. 1856 sioh für ihn eine Stelle als 
Primarohirurg im allgemeinen Krankenhause eröffnete, in der er bis an sein Ende 
eifrig wirkte, ohne dabei die Zahnheilkunde bei Seite zu setzen. Als Chirurg 
wies er sohon im Strafhause schöne Erfolge auf in plastischen Operationen, 
Transplantationen und der Galvanokaustik; im allgemeinen Krankenhause 
Yervollkommnete er die Anwendung des Gypsverbandes, hielt darüber sehr 
interessante Vorträge mit Demonstrationen und bereicherte die Literatur mit 
gediegenen Aufsätzen in diesem Fache. 

Ein chronisches Fussleiden infolge einer Verletzung war die Veranlassung, 
dass er der chirurgischen Privatpraxis fast entsagen musste und ihn immer 
mehr der Zahnheilkunde zuführte, für welches Fach er sioh im Jahre 1860 
als Dooent an der Wiener Universität habilitirte. 

Als Zahnarzt empfahl er zuerst naoh Arnott in Brighton als looales 
Anaesthetioum die Anwendung einer Frostmischung aus Eis und Kochsalz, 
namentlich bei kurz dauernden Operationen, und seine reiche Sammlung von 
ihm künstlich angefertigter Gebisse u. dergl. wurde bei der Pariser Welt¬ 
ausstellung i. J. 1878 preisgekrönt. 

Im Doot-Coll., dem er seit 18. Ootober 1847 angehörte zu dessen 
treuesten Anhängern er zählte, und das ihn auch für das Jahr 1852/53 zum 
Gastprüfer bei dem 2. medio. Rigorosum wählte, wirkte er duroh eine Reihe von 
Jahren im Geschäftsrathe und vom Jahre 1850 bis 1856 auch als Mitglied des 
wissenschaftlichen Ausschusses des früheren Doot.-Coll. der medioinisohen 
Faoultät, trat dessen Witwen-Societät und Unterstützungs-Institute als Mitglied 
bei, an deren Gedeihen er den regsten Antheil nahm. Eine seiner ersten Arbeiten 
für das Collegium war ein sehr gründliches, auf zahlreiche Versuche basirtes 
Gutachten: „Ueber die Zulässigkeit unverzinnter Kupferwaaren zum Ausspülen 
der Sohankgeräthsohaften bei Wein- und Bierwirthen", das auch in der Zeit- 


*) Er starb an Perityphlitis mit Durchbruch am process. vermiformis. 


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186 


schrift des Coli, erschienen ist, wie denn seine meisten Arbeiten darin ver¬ 
öffentlicht wurden. *) Seit der Einführung der wissenschaftlichen Plenarversamm¬ 
lungen hat er in denselben bis in die neueste Zeit öfter Vorträge gehalten 
und interessante Krankheitsfälle vorgestellt 

Als Arzt war Z. von sorupulöser Gewissenhaftigkeit, ja man möohte 
beinahe sagen, Aengstliohkeii Als Freund ezacten Wissens konnte er in manchen 
unbestimmten Fällen nur mit Zagen zu einem Entsohlusse kommen. Das 
mochte vielleicht mit ein Grund gewesen sein, dass er sioh mit Vorliebe der 
Zahnheilkunde zuwendete, da sie, in einer mehr beschränkten Sphäre sich 
bewegend, eine sichere Diagnose und positiven sicheren Erfolg versprechendes 
Handeln zulässt 

Z. war zugleich ein gemüthlioher, wohlwollender College, der das Herz 
auf der Zunge hatte und, weil selbst offen und gerade, auch bei Anderen dies 
voraussetzte. Bald wäre er unter dem ostensiblen Vorwände seiner Kränklichkeit 
in seiner ämtliohen Stellung ahnungslos das Opfer einer Intrigue geworden, 
der noch zu gelegenen Zeit von den Rechtliohgesinnten vorgebeugt wurde. 
Wie sehr ihm aber das Doot.-Coll. am Herzen gelegen, beweist, dass er 
wenige Stunden vor seinem Tode den Vizepräsidenten Dr. Hopfgartnerzu sich 
gebeten und ihm nioht nur eine Spende von 300 fl. für das Pensions-Institut 
und eine zweite von 200 fl für das Unterstützungs-Institut eingehändigt, sondern 
auoh zweien seiner Söhne, welche bereits Medioin studiren, bei dieser Ge¬ 
legenheit zur Pflicht gemaoht, sobald sie die Doctorswürde erlangen, sofort 
die Aufnahme in das Coli, naehsuohen und dann allen humanitären Instituten 
desselben beitreten sollen. 

Je geringer die Zahl Jener wird, welche reiches Wissen und tüohtiges 
Können mit Bescheidenheit vereinigen, desto höher steigt ihr Werth. Z. zählte 
zu diesen Wenigen. Um so mehr trat an uns die Pflioht heran, seinem Wirken 
die Anerkennung zu zollen, die er längst verdient hat, und der das Präsidium 
des Doot.-Coll. dadurch sichtlichen Ausdruck gegeben, dass es durch seinen 
Vizepräsidenten Dr. Hopfgartner und den Secretär Dr. Carl Reitter einen pracht¬ 
vollen Kranz, auf dessen weissen Schleifenenden in goldenen Buohstaben zu 
lesen war: „Das Wiener medioinisohe Doctoren-Collegium seinem unvergess¬ 
lichen treuen Mitgliede“ auf den schon mit einer Fülle von Kränzen und 
Blumen gesohmüokten Sarg des Heimgegangenen niederlegen liess. 

Wie allgemein die Anerkennung der trefflichen Eigenschaften des ge¬ 
schiedenen Collegen als Arzt und Mensoh gewesen, mag schon aus der unge¬ 
meinen Theilnahme der Anwesenden an dem Leichenbegängnisse entnommen 
werden. Von den Collegen, die ihm nahe standen, fehlte keiner und alle waren 
tief gerührt. Vor allem der Sanitäts-Referent im Ministerium des Innern, 
Ministerialrath Dr. Schneider. Das allgemeine Krankenhaus war durch seinen 
Direotor, beinahe sämmtliohe Primarien und eine gute Zahl Secundarärzte 
vertreten, auoh die Rudolfstiftung entsandte seinen Direotor und mehrere 
Primarärzte, das Professoren-Collegium nahm fast vollzählig theil, vom Wr. med. 
Doot.-Coll. das gesammte Präsidium, die meisten Mitglieder des Gesohäftsraths 
und viele ältere und einige jüngeren Mitglieder, die Gelegenheit hatten, mit dem 
Verstorbenen während seines Lebens zu verkehren. Die Todtenfeier war eine 
solenne, und die innige, ergreifende Leichenrede entlockte selbst manchem Fremden 
eine stille Thräne. Zsigmondi hat Gutes gesäet, möge er auoh Gutes ernten. 


Literarische Anzeige. 

Dr. G. Beck’s „Therapeutischer Almanaoh.“ 7. Jahrg. 1880. Des 
Taschenbuches der neuesten Therapie 2. Bdoh., 3. Heft. Bern, Leipzig 
u. Stuttgart. J. Delp’sche Buch- und Kunsthandlung (C. Schmid). 1880. 74 8. 

*) Ausserdem erschienen noch Aufsätze von Z. in der Zeitschrift der k. k. Gesell¬ 
schaft der Aerzte“, der „Medic. Wochenschrift", im „Orvosi hetilap“, in den „Mittheilungen 
des Centralvereins deutscher Zahnärzte", in der „Medicinalballe", in der „Deutschen Viertel¬ 
jahrsschrift für Zahnheilkunde", in der „Wr. all gern, medic. Zeitung", im „Londoner Dental 
Review, im „British.-Journ. of Dental science", im „Mouvement medical" und seine letzte 
Publication (Ende 1878) in der „Wr. med. Wochenschrift" betraf eine glücklich operirte Hernie 
obturaioria incarcerata. 


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187 


Je mehr Bioh die praktischen Aerzte der Neuzeit in dem löbliohen 
Streben gefallen, die Natur des gesunden und kranken Organismus mit allen 
Behelfen der fortgeschrittenen Kunst zu ergründen, oder zum wenigsten dem 
neidenswerthen Forscher auf dieser verführerischen Spur aus grösserer oder 
geringerer Ferne zu folgen: desto berechtigter und begreiflicher ist das häu¬ 
figere Auftauohen von therapeutischen Tasohenhüohern, Kalendern und Alma- 
naohen u. s. w., auf dass es dem Praktiker am Krankenbette an Mitteln nicht 
fehle, neue und moderne Behandlungsmethoden kennen zu lernen, alte im 
Gedächtnisse rasch aufzufrisohen. Der vorliegende Almanaoh zeichnet sioh 
dadurch vor ähnlichen Taschenbüchern und Receptsammlungen aus, dass er 
den Leser mit den neuesten Erscheinungen und Errungenschaften der medizi¬ 
nisch-praktischen Literatur von Jahr zu Jahr bekannt macht und so ein über¬ 
sichtliches lexigraphisohes Werk über die Therapie und materia medioa des 
Jahrganges bildet, gleichsam einen oonoisen Jahresbericht über die Fortschritte 
der praktischen Medizin in nuoe darstellt. 

Kurze aber genaue Oitate aus dem in Rede stehenden Bereiche er¬ 
höhen den Werth des Büchleins, das durch ein erschöpfendes Inhaltsver¬ 
zeichnis und alphabetisches Krankheitsregister an Brauchbar¬ 
keit gewinnt und duroh eingeführte Abbreviaturen die Reichhaltigkeit 
des Stoffes ermöglicht. 

Das Inhalt8verzeiohniBS weist auf 15 Rubriken hin, von denen die erste 
z. B. mit „apyretische Dyskrasien“, die zweite „pyretische Dyskrasien“ Überschrie- 
ben ist; die 15. und letzte erbringt „allgemeine therapeutische und pharmaceu- 
tssohe Notizen“ von praktischem Interesse. 

Selbst ein „Anhang“ mit schätzenswerten Originalmittheilungen aus 
der Praxis, ferner eine „Beilage (Pharmacopoea elegans), ja auch die ver¬ 
schiedenen Inserate sind nicht ohne praktische Brauchbarkeit und Be¬ 
deutung. 

Die Verlaghandlung hat in Folge vielfacher Aufforderung diesmal die 
Form eines Sackkalenders zum bequemen Gebrauche für praktische Aerzte 
gewählt. Druck und Ausstattung kann elegant genannt werden. — 1z. 


Notizen. 

Ein Cariosnm. Nach einer Mittheilung der „Wiener medicinischen•Wochen¬ 
schrift“ soll Oberstabsarzt Dr. Neudörfer dem General-Commando in Wien 
eine von ihm gemachte Erfindung auf dem Gebiete der Militär-Sanität unter¬ 
breitet haben, dahingehend, einestheils die Mannsohaft beim Acte der Defä- 
cation an grössere Reinlichkeit zu gewöhnen und anderntheils die Aborte vor 
Verunreinigung der Wände zu schützen. Er schlägt nämlioh vor, der Mannsohaft 
den Iiimito-Rauohtabak nur in ganz kleinen Päckohen zu verabfolgen und 
den Mann zu verhalten, das erübrigte Papier zum — Reinigen naoh der 
Defäoation zu verwenden. Das k. k. General-Commando acoeptirte den Vorschlag 
und ernannte eine Commission, bestehend aus einem Oberst, zwei Oberst- 
Lieutenants, einem Ober-Stabsarzt, einem Ober-Intendanten, einem Verpflegs- 
direotor und einem Geniehauptmann unter dem Vorsitze des General Hempfling 
zur Begutachtung, respective praktischen Erprobung dieses Vorschlages Um 
auch Niohtrauohern die Wohlthat dieser sanitären Massregel zugänglich zu 
machen, will man dem Vernehmen nach jeden Raucher verhalten, mindestens 
2 Päckchen Tabak per Tag zu verrauchen und auf diese Art einen billigen 
Ausgleich herbeiführen. Dooh sind damit noch nicht alle Schwierigkeiten 
behoben, und weil sich nicht alle Commisssion-Mitglieder die Köpfe zerbrechen 
wollen, wurde ein Sub-Comit4 aus drei Mitgliedern bestellt, welches die Vor¬ 
arbeiten besorgen soll. 

Stadtphysikat. Nach einer Mittheilung im nichtamtlichen Theil der 
„Wiener Zeitung“ hat der Stadtphysikus Herr Obersaniätsrath Dr. Nusser 
nunmehr seinen Entschluss ausgeführt und sein Gesuch um Versetzung in den 
bleibenden Ruhestand dem Gemeinderath überreicht. 


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188 


Communal-Sailitätsdienst. Nachdem Stadtphyaikus Dr. Innhauser flieh 
auf Urlaub befindet, wurde der städtische Arzt Dr. Emil Kämmerer dem 
Stadtphysikate zur aushilfsweisen Dienstleistung zugewiesen und d. Z. vom 
Sanitätsdienste im städtischen Polizei-Gefangenhaus enthoben. — Der städtisohe 
Arzt Dr. Steininger wurde mit der Besorgung des letzteren betraut. — 
Dr. Heinrich Adler wurde zum städtischen Arzt für den II. Bezirk ernannt 

Zar Organisation des städtischen Sanitätsdienstes. Bürgermeister 
Dr. v. N ewald hat endlich die Sammlung der zu dieser Reorganisation 
erforderlichen Materialien angeordnet und ausserdem veranlasst, dass über 
die Grundztige einer rationellen Einrichtung des Sanitätsdienstes mit beson¬ 
derer Rücksicht auf die der Gemeinde Wien statutarisch obliegende Einrich¬ 
tung und Leitung des Sanitätswesens eine Vorlage ausgearbeitet werde, welehe 
auf die Erfahrungen des Stadphysikates gestützt ist und dem Gemeinderath 
vorgelegt werden kann Mit der Ausarbeitung dieser Grundzüge wurde Ma¬ 
gistratsrath Lekisch betraut Die Vorlage soll baldmöglichst erfolgen. 

Zur Regelung der Honorartrage* Der „Wiener Medicinischen Presse,, 
wird aus Schneidemühl ein, wie sie sagt, nachahmungswerthes Beispiel 
ärztlicher Selbsthilfe berichtet. Die daselbst ansässigeu sechs Aerzte haben sich 
dahin vereinigt, vom 5. Juni ab die dort bisher üblic h gewesenen Gebühren¬ 
sätze für Krankenbesuche zu verdoppeln. In dem einmüthigen Vorgehen 
der betreffenden Aerzte liegt nach der Ansicht der „Presse“ die Gewähr dafür, 
dass sich das Publicum diesem durch die Verhältnisse gebotenen Acte der 
Selbsthilfe fügen werde. 

Asyl- und Erziehungsanstalt für blöd- und schwachsinnige Kinder 
Vor kurzem hat im Rittersaale des Landhauses eine Besprechung zum Zwecke 
der Errichtung einer solchen Anstalt stattgefunden. Der Landesmarschall, Abt 
Helferstorfer, führte den Vorsitz. Es wurde ein Comitä eingesetzt, welches 
die Vorarbeiten zu übernehmen und über die Resultate seiner Schritte für 
das humane Unternehmen einem damals gewählten Curatorium Bericht zu 
erstatten hat. 

Aulnahmen* In der Sitzung des Gesohäftsrathes am 23. v M. wurden 
die Herren Doctoren Auohenthaler Franz, k. k. Hofarzt, Hertzka Her¬ 
mann und Mittler Albert als ordentliobe Mitglieder in das Wiener medioinisohe 
Dootoren-Collegium aufgenommen. 

Aus dem Professoren-Collegium der medioinisohen Faoultät. Io der 
Sitzung desselben vom 19. Juni wurde Professor Dr. Eduard Hofmann znm 
Decan wieder- und Professor Dr. August Vogl zum Prodeoan neugewählt. 
Ferner wurden zu Stellvertretern des Deoans bei den Rigorosen die Professoren 
He so hl und Wedl, zu Coexaminatoren beim II. Rigorosum die Prof. Zeissl 
und Neumann, beim III. die Prof. Dittel und Salzer gewählt. 

Personalnacbrichten. Dem Veruehmen naoh beabsichtigen die Studenten 
der Wiener medioinisohen Faoultät dem von der Lehrkanzel soheidenden 
Professor Hofrath Dr. Sigmund Ritter v. Danor eine Ovation darzubringen. 
Professor v. Sigmund erfreut sich in Studentenkreisen einer grossen Beliebt¬ 
heit und die Studenten glauben einer Ehrenpflioht nachzukommen, indem sie 
ihren Gefühlen für den berühmten Lehrer in feierlicher Weise Ausdruok zu 
geben beabsichtigen. — Seoretär Dr. Carl Reitter ist von einem kurzen 
Urlaub, den er am 8. Juni angetreten, schon am 22. eingerückt und hat die 
Seoretariatsgesohäfte wieder übernommen. — Für die durch den Tod des 
Dr. Zippe erledigte Stelle eines Landesgeriohtsartztes wurden von dem 
Landes-Sanitätsrathe die Herren DDr Krueg und Fritnoh als gleich¬ 
berechtigte Candidaten vorgesohlagen. — Der Primararzt und Prof. Dr. Loebel 
hat infolge seiner andauernden Kränklichkeit einen einjährigen Urlaub erhalten 
und wird seine Abtheilung im Allgemeinen Krankenhause vorläufig von dem 
ersten Seoundararzt Dr. Drozda geleitet. 

Dem Caroline Riedl’schen Kinderspitale wurde vom Gemeinderathe für 
das Jahr 1880/81 eine Subvention im Betrage von 800 fl. zugestanden. 

WobnnngsVeränderung. Dr. August Mayer wohnt jetzt V., Hunds- 
thurmerstrasse 17, und Dr. Max Bardaoh I., Brandstätte 8. 

Herausgeber and Verleger: Wiener medioin. Doct -OoU. — Verantwortlicher Redaoteor. 

Dr. I* Hopfgartoer. - Q esellsohafts-Bnohdraokemi, Wien, in. Brdbergerstrasse $. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 15. Juli 1880. Nr. 16 


MITTHEILUNGEN 

des 

Wiener BedlclBiscüBD DoctorBn-CnllBiims. 

Erscheint jeden »weiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bogen und darüber, an 
60 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtmitglieder des Collegiums im In* 
lande 3 fl. t nach dem Auslande 6 Mrk. — Binseine Nummern 66 kr. = 60 Pfg. — Inserats 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toepllts de Deutfoke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasse 6. 

Inschriften and Znscndnngcn an die Kedaetion: Wien, Kanzlei des Wiener aied. 
Doet-Goll. und der Witwen- and Waisen-Societät, Kotheatharaistrasse 23. 


Inhalt: Ueber Hämophilie , Vortrag von Dr. Hertzka. — Literarische Anzeige: Für und 
wider die.Kuhpockenimpfung und den Impfzwang etc., von Dr. Adolf Vogt; besprochen 
von Dr. Schneller. — Notizen. 


Ueber Hämophilie. 

Vortrag gehalten in der wissenschaftlichen Versammlung am 
5. April 1880 von Dr. Hermann Hertzka. 

Redner skizzirt die historischen Daten, sowie die Ver¬ 
breitung der Hämophilie, und erwähnt, dass vom Anfänge des 
12. bis zum Anfänge des 17. Jahrhunderts keinerlei Mittheilung 
über dieselbe vorliegt. Seit dem Beginne unseres Jahrhunderts 
fnehren sich die Zahl der Publicationen in auffallender Weise. 
Die germanische Race scheint bei Weitem mehr, als die Slaven 
und Komanen zur Hämophilie zu disponiren, da von 219 Familien, 
welche Immermann anführt, 169 auf Deutschland, England 
und Nordamerika fallen, während nur 50 Fälle auf Frankreich, 
Russland die Schweiz etc. kommen. Besonders viele Fälle sind 
von jüdischen Familien bekannt. Aus Italien wurde noch kein 
Fall beschrieben. 

Die Bluterkrankheit ist eine allgemeine, ange¬ 
borene, hämorrhagische Dialhese, die ererbt sein 
kann oder auch nicht. Es gibt viel mehr männliche, als 
weibliche Bluter. Unter 650 Fällen sind 602 männliche 
und 48 weibliche bekannt. Unter 6 Fällen sind 5 Knaben und 
1 Mädchen. Die weiblichen Mitglieder von Bluterfamilien sind 
jedoch, selbst wenn sie nicht bluten, dadurch höchst ge¬ 
fährlich, weil durch sie die Krankheit zumeist ererbt wird, 
während dies bei Männern aus solchen Familien, die selbst 
keine Bluter sind, fast niemals vorkommt. 

Die erste Blutung wird zumeist im 1. oder2.Lebens¬ 
jahre beobachtet, bei fast 70% aller Fälle; oft genug aber auch 
später, niemals wurde noch die erste Blutung bei einemaus¬ 
gesprochenen Falle von Hämophilie nach dem 22. Lebensjahre 
gesehen. Rudimentäre Formen kommen auch später vor. 


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Die Fruchtbarkeit der Bluterfamilieu ist sehr gross. 
Grandier zählt bei 45 Familien 442, und Wachsmuth 
bei 12 Familien 114 Kinder. Yon den dem Vortragenden be¬ 
kannten Familien zeigen die eine 6,' die andere 5 Kinder, von 
der 3. sind ihm die Anzahl der Familienmitglieder nicht bekannt. 

Die Hämophilie ist zumeist ererbt, jedoch nicht 
immer kann dies nachgewiesen werden. Tuberculöse Eltern 
sollen Bluter erzeugen können. In der Familie, deren Kranken¬ 
geschichte weiter unten folgt, ist der Vater Phthisiker, ein 
nicht blutender Knabe ebenfalls. Trotzdem glaubt H., dass es 
nicht angeht, aus so vereinzelten'Fällen Schlüsse zu ziehen, da 
die Phthise doch eine sehr verbreitete Erkrankung ist, und doch 
Fälle von Hämophilie nur selten zur Beobachtung gelangen. 

Hämophile Personen sollen blond, blauäugig sein und dünne, 
bleiche Haut besitzen. H’s Fälle sind durchweg dunkelhaarig 
und brünett, wie dies schon Vieli gesehen. 

Die Blutungen bei Hämophilen sind traumatische und 
spontane, beide Arten wieder superficiell oder interstiell. Die 
traumatischen Blutungen können höchst bedenklich werden 
und treten zumeist gleich nach der Einwirkung, aber auch 
später ein. In einem Falle von H. trat nach einem Trauma, 
durch welches die äussere Haut, wenigstens für das Auge, nicht 
verletzt war, Stunde später eine sehr heftige Hämorrhagie 
ein. Oft sind es die leichtesten Wunden, die zu schweren 
Blutungen führen, während grosse Wunden, manchmal ohne 
Schaden vorübergehen. Incisinnen in’s Zungenbändchen 
verliefen lethal. 

Die ziemlich zahlreichen Fälle von Tod nach rituellen 
Circumcisionen sind bekannt. H. erzählt 3 solche Fälle. 
Die Impfung ist im Allgemeinen gefahrlos, doch sind auch 
hier schon heftige Blutungen beschrieben. Zahnextractionen 
liefern die gefahrdrohendsten Hämorrhagien. H. er¬ 
wähnt eines Knaben, dessen Bruder an der Circumcision zu 
Grunde ging, welcher nach der Extraction eines Zahnes durch 
8 Tage blutete, ebenso einer Hämorrhagie nach einem Blut¬ 
egelstiche an einem Zahnalveolus bei einer 24jährigen Frau, 
welche 11 Stunden andauerte. 

Das aus fliessende Blut bei Hämophilen ist, wenn mau 
es im Beginne der Blutung untersucht, ungewöhnlich reich 
an gefärbten Elementen und Fibrinbildnern (HeyJand, Fioger, 
Ritter, Zimmermann). Die einmalige Untersuchung des Blutes 
bei dem hämophilen neunjährigen Knaben ergab nach H. keine 
Vermehrung der rothen Blutkörperchen, eher eine geringe Ver¬ 
minderung derselben. 

Die spontanen Blutungen treten gewöhnlich erst 
später auf, wie die traumatischen. In beiden Krankengeschichten 
von H. ist das Umgekehrte der Fall. In erster Linie stehen die 
Blutungen der Nasenschleimhaut und der äusseren 


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Haut. Beide Arten sah H. bei seinen Patienten sehr häufig; 
die Blutungen unter der Haut variirten von Erbsengrösse bis 
zu der einer Männerhand; diese Extravasate verschwinden wie¬ 
derum ziemlich rasch. Seltener kommen Magen-, Darm-, Nieren¬ 
blutungen und solche aus anderen Organen vor. In Krankenge¬ 
schichte Nr. 1 beschreibt H. eine zweimalige vehemente Magen¬ 
blutung. Nicht Belten und ziemlich charakteristisch ist bei Blutern 
das Yorkommen von pseudorheumatischen Gelen ks* 
schmerzen und Gelenksanschwellungen. H. sah bei 
dem Knaben zweimaliges Auftreten von Gonitis dextra im Jahre 
1877 und 1880. 

Ueber das Wesen und die Ursachen der Hämophilie 
sind die Ansichten noch sehr widersprechend* Nachdem H. die 
alten und alle neueren Theorien erwähnt, kommt er zu dem 
Schlüsse, dass Eines sicher aus alledem hervorgehe, nämlich, 
dass alle Formen der Hämophilie sich nicht auf gleiche 
Ursachen zurückführen lassen. 

Die Dauer der Hämophilie entspricht im Allgemeinen 
der Lebensdauer des betroffenen Individuums. Die Dauer der 
einzelnen Blutungen differirt von einigen Stunden bis Tagen ja 
Wochen. Bei weitem am häufigsten ist der schliessliche Ausgang 
der Hämophile der Tod. Die Mortalität ist eine sehr hohe. 
Grandidier zählt von 212 Hämophilen nur 101, welche das 
8. und nur 24, welche das 22. Lebensjahr erreichten. Es sind 
jedoch auch 60jährige Hämophilen beobachtet worden (Steinmetz, 
Grandidier). 

Die Prognose ist um so ungünstiger, je früher die 
Krankheit auftritt. Haben die Kinder das 8. Lebensjahr erreicht, 
dann kann man schon ruhiger sein, obwohl man niemals die 
Gefahren einer Hämorrhagie unterschätzen darf. Superficelle 
Blutungen sind ungünstiger als interstitielle, innere ge¬ 
fährlicher als äussere. 

Die Prophylaxis hat bei der Hämophilie eine sehr 
grosse Bedeutung, indem einerseits die Entstehung 
neuer Fälle zu verhüten ist, andererseits bei schon vorhan¬ 
dener Disposition den Blutungen im Einzelfalle vorzu¬ 
beugen sein wird, was H. ausführlich erörtert. 

Jederlei Setzung von Wunden, auch der kleinsten, ferner 
Traumen, namentlich bei Kindern muss verhütet werden, und 
sind die Circumcisionen und Zahnextractionen bei Mitgliedern 
von Bluterfamilien, oder der Hämophilie Suspecten absolut zu 
vermeiden etc. Bei Anämischen sind Jodeisen Liqu. ferr. 
sesquichlor., kräftige Kost, bei Plethorischen, kühle Abreibungen, 
Plumb. acet. Secale cornut. Ergotin, dauernd anzuwenden. Alko* 
holica, heisse Getränke, körperliche Anstrengungen sind schädlich. 

Die Therapie besteht zunächst in der Behandlung der 
Blutungen, u. zw. tritt H. entschieden dafür ein, auch spontane 
Blutungen an der Oberfläche, wie die traumatischen, sofort zu 


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stillen, um nicht, wie einige Autoren empfehlen, zuerst abzu¬ 
warten, bis der plethorische Patient einen schwächeren Puls 
bekommt (Wachsmuth, Vieli, Legg), weil es bei der Schwierig¬ 
keit der Blutstillung bei Hämophilen gewiss oft zu spät werden 
könnte, und namentlich bei Kindern unbedingt gefährlich wäre, 
endlich weil er von der raschen Blutstillung, wenn sie gelang, 
niemals Schaden sah. Immer möge man neben den äusser- 
lichen, auch sogleich innere Mittel gegen die Blutung verab¬ 
reichen. Die Compression u. zw. die andauernde ist vom 
besteh Erfolge, namentlich bei Blutungen nach Zahnextractionen 
ist die Methode nach Hohl, nämlich Application einer Druck¬ 
platte aus Gold oder Silber auf das blutende Zahnfach bestens 
zu empfehlen. Als Styptica sind nebst vielen andern, nament¬ 
lich Secale cornut. und Plumbum acet. zu empfehlen, neben 
absoluter Ruhe und kühlenden Getränken. 

Collabirt der Patient durch die fortdauernde Blutung, dann 
sind Stimulantia anzuwenden. Hämatome sind niemals zu eröffnen, 
ausser wenn Gangrän eintritt, und auch da nie mit dem Messer. 

Die Geschichte der Bluterfamilie ist folgende : 

Yater Phthysiker. Mutter gesund, aber sehr zart, von 
beiderseitigen Verwandten nichts Bestimmtes zu eruiren. 

1. Kind, Mädchen, nach 7 Monaten gestorben, hat niemals 
geblutet. 

2. Kind, Knabe, 9 Jahre alt. Im 17. Lebensmonate zeigten 
sich grünblaueFlecken von verschiedener Grösse am ganzen 
Körper, einen Monat darauf längs des ganzen rechten Fuss- 
rückens eine tiefblaue Sugillation. Im 22. Lebensmonate 
zum ersten Male Epistaxis durch mehr als 8 Tage. Zu zwei 
Jahren lockerte sich der Patient 2 Zähne, Blutung durch 3 Tage. 

Von 2—4 Jahre, abwechselnd mit Intervallen von höchstens 
4 Wochen, Epistaxisanfälle und Ecchymosen von verschiedener 
Ausdehnung. Im 4. Lebensjahre hatte sich der Knabe an eine 
Bettkante gestossen, worauf acht Tage hindurch, trotz aller an¬ 
gewandten Mittel, ja trotz Touchirungen der blutenden Stelle 
an jedem 2. Tage eine heftige Blutung anhielt, die ihn so anä¬ 
misch machte, dass er wochenlang nicht auf die Beine kam. 
Bis zum 6. Jahre wurden fortwährend Blutungen unter der Haut 
und Nasenbluten beobachtet. In diesem Jahre trat plötzlich 
ohne jede Veranlassung unter ziemlich heftigem Schmerz und 
Fieber eine Gonitis dextra auf, wegen welcher der Patient 
neun Monate lang bettlägerig war. Die Therapie bestand in 
kühlen Umschlägen, später Jodeinpinselungen, und als dies Alles 
wenig fruchtete, wurde ein Wasserglas-Verband angelegt, der 
zwei Monate liegen blieb. Während dieser neun Monate kam 
zweimal Nasenbluten, und zeitweilig grosse Hämorrhagien unter 
der Haut vor. Der Knabe war inzwischen so abgemagert und 
schwach, dass er sich im Bette nicht aufsetzen konnte. Endlich 
nach zehn Monaten trat Besserung ein und Patient konnte das 


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Bett verlassen. Aber kaum war er einigemale auf den Füssen, 
als schon eine Recidive eintrat. Um eine vollständige Resorp¬ 
tion der Kniegelenksentzündung zu erzielen, wurde Patient nach 
Pystian geschickt, wo er sechs Wochen blieb und auch voll¬ 
ständig erholt zurückkam. Dort wurde ihm durch eine Patientin 
ein lockerer Zahn mit der Hand herausgerissen, worauf er durch vier¬ 
zehn Tage eine stetige wenn auch geringe Blutung hatte. Yon 
Pystian hier angelangt, zeigte sich wiederum am linken Ober¬ 
schenkel eine grosse Sugillation, welche vierzehn Tage sichtbar 
war. Seit fünf Monaten hatte die Epistaxis sistirt. 

Im November 1878 zeigte der Knabe merkwürdige Er¬ 
scheinungen. Er behauptete, wie er sich damals ausdrückte, 
er blute „innerlich“; er spürte das Blut in den Magen „laufen“ 
und erbrach nach einiger Zeit fast ein Seit el geronnenen Blutes. 
Im Februar 1879 beobachte H. selbst diesen Zustand; mehrmals 
trat Erbrechen von theils geronnenem, theils halb verdautem 
Blute auf, auch durch den Stuhl wurden grosse Mengen Blutes 
entleert. Absolute Ruhe, Eispillen, Wein und Ferrum sesquichlor. 
interne stellten nach kurzer Zeit wiederum die Ruhe her. 

Merkwürdig ist und muss hervorgehoben werden, dass 
seit zwei Jahren kein Nasenbluten aufgetreten ist, 
während durch fünf Jahre hindurch die Anfalle von Epistaxis 
nie länger als vier Wochen aussetzten. Den ganzen Sommer 
1879 waren »die Krankheitszufälle mässig, .Ecchymosen traten 
auf und verschwanden, der Knabe nahm unter sorgfältiger Pflege, 
guter Kost und Wein wiederum zu, und besuchte sogar die 
Schule. Anfangs November fiel der Patient auf die Stirne, 
ohne sich äusserlich irgendwie verletzt zu haben; eine halbe 
Stunde nach dem Falle trat heftige Blutung ein; man 
musste den Arzt holen, und dieser stillte, nachdem er lange ver¬ 
geblich Herr der Blutung zu werden sich plagte, dieselbe mit Liqu. 
ferr. sesquichlor., indem er einen grossen Charpiebausch in Ferr. 
tauchte und starke Compression ausübte. Nach zwei Tagen 
sollte die Charpie mit nassem Schwamme aufgeweicht werden. 
Kaum war jedoch der Charpieballen gelöst, als angeblich ein 
Blutstrahl entgegenspritzte; es musste wiederum geätzt werden, 
aber der Knabe hatte einen colossalen Blutverlust erlitten. Nach 
zwei Monaten erst war die Stirne von Charpie frei, da der 
Knabe aus Furcht vor neuer Blutung die Entfernung der Charpie • 
nicht zuliess, und dieselbe daher nur ganz allmälig entfernt 
werden konnte. Die &arbe ist noch heute blauroth gefärbt. Im 
Jänner 1880 erschienen grosse grünblaue Ecchymosen unter dem 
rechten Arme, so dass derselbe schwer bewegt werden konnte. 

Ende Jänner 1880 trat, ohne welche Veranlassung wiederum 
Schwellung des rechten Kniegelenkes mit .heftigen 
Schmerzen und Fiebererscheinungrn auf. Das rechte Kniegelenk 
war um 6 Ctm. grösser im Umfange, als das linke, Temperatur 
daselbst erhöht, das ganze Knie blauroth gefärbt. Fluctuation war 


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deutlich nachweisbar. Nach 12 Tagen waren bei genauer Palpation 
härtere Punkte (offenbar Blutcoagula) zu fühlen, und nach weiteren 
14 Tagen war zwar das Knie fast normal, aber das Gehen 
kam dem Patienten schwer an. Therapeutisch wurden Eisum¬ 
schläge, Ergotin und Chinin innerlich angewendet. Am 3. Februar 
war beiderseits intensiver Spitzencatarrh nachzuweisen. 
Seit dieser Zeit traten fortwährend grössere oder kleinere Haut- 
hämorrhagien am Oberarme, an dem Schulter blatte, am Unter¬ 
schenkel etc. auf. Der Knabe ist intelligent, sein Zahnfleisch 
stets intact. 

Das 3. Kind, Mädchen von 6 Jahren, zeigte mit 2 Jahren 
kleinere und grössere Hämorrhagien unter der Haut, am ganzen 
Körper. Im 3. Lebensjahre öfters Epistaxis, jedoch nicht so 
heftig wie bei dem Knaben. Auch in diesem Jahre, ebenso 
wie in den letzten Monaten öfter Hauthämorrhagien. 

Das 4. Kind, ein Knabe, ist 2 J / 2 Jahre alt und Phthisiker, 
das 5. Kind ebenfalls, ein Knabe 7 Monate alt, hat bisher nicht 
geblutet. 


Literarische Anzeige. 

„Für und wider die Kuhpookenimpfunng und den Impfzwang, 
oder polemische, kritische und statistische Beiträge zur 
Pooken- und Impffrage“, mit zahlreichen statistischen Tabellen. 
Den schweizerischen Bundesbehörden gewidmet von Dr. Adolf Vogt, 
ord. Professor der Hygiene und Sanitätsstatistik an der Hochschule in 
Bern. Bern 1879. gr. 8°. 248 8. — J. Delp’sohe Buchhandlung. 

Der Verfasser, dessen unsicherer Standpunkt gegenüber der Impfung 
durch obigen Titel schon gekennzeichnet ist, stellt sich in seiner Arbeit ins¬ 
besondere die Aufgabe, zu prüfen, ob denn die Statistik, wie sie bisher geübt 
wurde, zu den Schlüssen berechtige, welche zu Gunsten der Impfung daraus 
gezogen wurden. Er theilt deshalb eine Fülle interessanten statistischen Materials 
mit. Es ist auoh in hohem Grade erwünscht und zum Vorth eile der guten 
Sache, die nur auf Wahrheit beruhen kann, dass die bis nun erschienenen 
statistischen Tabellen einer strengen Reyision unterworfen und die Anforderungen 
genau präoisirt werden, deren vollständige Erfüllung allein verlässliche Resultate 
zulässt. Hiezu ist aber unparteiischer Sinn, ruhige Prüfung, unbeugsame Logik, 
die keine Sprünge zulässt, sowie grosse Nüchternheit des Urtheils von Seite 
des Statistikers erforderlich. Ist dies schon schwierig, so ist naoh meiner An¬ 
sicht die Beschaffung brauchbaren Materials, und auf das kommt es ja am 
meisten an, noch schwieriger. Die Prämissen sind eben die Hauptsache Hier 
das Riohtige von dem Unrichtigen zu unterscheiden, ist nioht immer leioht. 
Bisweilen genügt schon der Name des betreffenden Autors, um berechtigte 
Zweifel an der Richtigkeit der Arbeit zu hegen. Wer kann aber alle diese 
Persönlichkeiten beurtheilen? Worauf es am meisten änkommt, habe ich bereits 
in diesen Blättern 1875 in meinem Aufsatze: „Der Werth der Impfung in 
Zahlen“ auseinanderzusetzen mich bemüht. Die seitherigen als verlässlich anzu¬ 
sehenden statistischen Angaben bestätigen nur das früher von mir Gesagte. 
So z. B. wieder der letztersohienene Physikatsbericht von Wien 1879. Nach 
diesem war unter 422 Fällen im Communal-Blatternspitale das Sterblichkeits¬ 
procent bei 256 mit deutlichen Impfnarben Versehenen 8*6, bei 144 sicher 
nicht Geimpften 57*9, bei den 22 Zweifelhaften 54*5. Auoh die nun im vierten 
Jahre erscheinenden „Veröffentlichungen des k. deutschen Gesundheitsamtes,“ 
welche eine städtisohe Bevölkerung von mehr als 7 1 /* Millionen umfassen, 


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zeigen oonstant so minimale Zahlen von Pocken-Todesfällen, dass man, zu¬ 
sammengehalten mit der strengen Durchführung des Impfgesetzes im Deutschen 
Reiohe und verglichen mit den angrenzenden Ländern, wo das nicht der Fall, 
keinen Fehlschluss thun wird, geringe Blatternsterbliohkeit und Impfung in 
ursächlichen Zusammenhang zu bringen Eine Beobachtung von Deoennien 
wird dies noch klarer stellen 

Indess werden auch diese Zahlen Anfechtungen erfahren; die ersteren, 
weil sie eine zu geringe Zahl von Fällen umfassen, die letzteren wieder aus 
anderen Gründen. Was Vogt sagt, wurde schon oft gesagt und oft schon wider¬ 
legt oder richtig gestellt. Die grosse Sterblichkeit im kindlichen Alter, nament¬ 
lich innerhalb des ersten Jahres, ist ja bekannt und liegt in der Natur der 
Sache. Dass auoh sie im Allgemeinen, namentlich duroh zweckmässige 
Ernährung eingeschränkt werden kann, ist gewiss. Allein es ist kein Natur¬ 
gesetz, dass die Kinder gerade an Blattern sterben müssen, und um dies handelt 
es sich hier. Die Sterblichkeit an Blattern lässt sioh aber duroh rechtzeitige 
Impfung sioherer vermindern, als durch die besten hygienischen oder Er- 
nährungsverhältnisse, abgesehen davon, dass ihre allseitige Herbeiführung ein 
Ding der Unmöglichkeit ist. 

Die mit grosser Leidenschaftlichkeit geführte Agitation gegen die Impfung 
wird die ruhig Denkenden, wenn nöthig, nur zur neuerlichen objeotiven Prüfung 
des Thatbestandes veranlassen, den wahren Werth der Impfung noch sioherer 
oonstatiren und duroh die tadellose, vorwurfsfreie Vornahme des Actes der¬ 
selben das Vertrauen in sie befestigen. Man sollte meinen, dass jeder Arzt, der 
auoh nur einen einzigen schweren Fall von Variola vera gesehen, beim An¬ 
blicke eines Mensohen, der mehr einem soheussliohen, stinkenden Aase gleicht, 
der von seiner Umgebung geflohen wird, oder überhaupt Jedermann, der auch 
nur den Jammer der an Pocken Genesenengehört, die entweder theilweise erblindet 
oder fürchterliche Zerstörungen im Gesichte zeigend in ihrem Erwerbe für alle 
Zukunft beeinträchtigt sind, schon aus rein humanen Gründen der schmerzlosen 
und, wenn vorsiohtig geübt, vollkommen unschädlichen Impfung sioh zuwenden 
wird. Häufig sind es nur Laien, reine Theoretiker, oder Aerzte, in deren Beruf 
die Beobachtung und Behandlung von Pockenkranken gar nicht liegt, oder endlich 
solche, die, mag es nooh so unerwiesen sein, nur etwas Apartes vertreten 
wollen, welche duroh alle möglichen Fiotionen, Gruppirungen und Verdrehungen, 
gleich den alten Sophisten und Dialeotikern nicht blos die Deduotionen zu 
Gunsten der Impfung angreifen, sondern selbst Thatsachen leugnen, und, weil 
selbst von egoistischen Motiven nicht frei, auoh Anderen solohe imputiren. 

Vogt indessen kommt trotz seiner heftigen Angriffe auf die von ihm soge¬ 
nannten Impfdogmatiker doch zu dem Schlüsse: „Dass aus den in seiner 
Sohrift nieder gelegten Acten eine auffallende Sohutz- 
kraft der Vaccine gegen Pocken resultirt, welche sioh 
aber nurwährend e i n e r ve r h äl t n i s s m ä 8 s i g kurzenZeit 
bemerkbar macht, derenDauer erst nooh durohgenauere 
statistische Untersuchungen bestimmt werden muss.“ 

Da die grosse Mehrzahl der Mensohen, fügt Vogt hinzu, die natürlichen 
Bedingungen zur Erhaltung der Gesundheit und Widerstandsfähigkeit gegen 
Schädlichkeiten noch nioht erfüllen kann (ich möohte sagen niemals wird er¬ 
füllen können), so wird sioh der Mensch einstweilen der Impfung zu seinem 
persönlichen Schutze bedienen müssen, wenn er sioh in Pookenepidemien 
sichern will. „In pookenfreien Zeiten jedoch — meint Vogt — erscheint die Impfung 
als ein sträfliches Spiel mit der Gesundheit zumal kleiner Kinder und als eine 
nutzlose Verschwendung privater und öffentlicher Gelder.“ Weloh’ ein Wider¬ 
spruch mit dem früher Gesagten, und wie sollte man aus dem Munde eines 
Professors der Hygiene, deren Wesen dooh ein präventives ist, einen solohen 
Anspruch erwarten? Erst wenn Feuer auf den Dächern ist, soll man zweok- 
mässige Bauvorschriften handhaben und die Feuerwehr organisiren! 

Zum Sohlusse soheint Vogt nooh der animalen Vaooination das Wort 
zu sprechen, worin man ihm nur beipflichten kann. Denn durch sie wird der 
Hauptvorwurf, weloher bisher der Impfung gemaoht wurde, beseitigt, und für 
die Unschädlichkeit derselben betreffs Uebertragung von Syphilis, Sorophu- 


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lofie etc. die grösste Garantie geboten. Inders hiesse es Sand in die Wüste 
tragen, wenn man hierduroh die Impfgegner bekehren wollte, das wird anoh 
Niemand beabsichtigen. 

Uebrigens hat Sanitätsrath Dr. Oser in seinem Aufsatze: „lieber die 
Nothwendigkeit eines neuen Impfgesetzes für Oesterreioh u Yogt’s Sohrift be¬ 
leuchtet, und ist dabei zu dem gleichen Resultate wie ich gekommen, wie 
natürlich jeder unbefangene praktische Arzt und Hygieniker dahin kommen muss. 

Druok und Ausstattung dieser lesenswerthen Sohrift sind sehr gut 
zu nennen. OSR. Dr. Jos. Sohneller. 

Notizen. 

Hofrath Dr. Ritter von Giintner, der Senior unseres Collegiums, vollendet 
am 25 Juli das seohszi gste Jahr seit seiner Promotion zum Dootor der 
Medicin; ein seltenes Ereigniss, das in diesem Jahrhundert nur einmal vor¬ 
gekommen, — bei Prof. Dr. Friedrich Jaeger, promovirt i. J. 1811 und gestorben 
am 26. December 1871. — Da der Jubilar, abgesehen von seinen Verdiensten um 
Kaiser und Staat, stets zu den treuesten Anhängern des Collegiums gezählt und in 
demselben als Superintendent der Büttner’sohen Stipendien-Stiftung noch immer 
thätig ist, bat der Geschäftsrath beschlossen, dem hochverdienten Collegen an 
diesem feierlichen Tage eine Gratulations-Adresse naoh Ischl, seinem Sommer¬ 
aufenthalte, zuzusenden. 

Prof. V. Sigmund hielt am 3. d. M., vor seinem Soheiden von der Lehr¬ 
kanzel die letzte Vorlesung, die seinen Sohülern zu einer gefühlvollen Ovation 
Anlass gab. Bei seinem Eintritte in den Hörsaal wurde der gefeierte Lehrer 
mit stürmisoben Hochrufen empfangen. Dr. Wagner hielt eine schöne An¬ 
sprache an den Scheidenden, in welcher er dem lebhaftesten Bedauern über 
den Rücktritt und dem innigsten Danke für die treffliohen Lehren Ausdruok 
gab; dann überreichte er die schwungvoll abgefasste, mit mehreren Hundert 
Unterschriften versehene, künstlerisch und geschmackvoll ausgestattete Adresse. 
Tief ergriffen dankte der Gefeierte und sagte: „Ich scheide aus dem Leben, 
sobald ich von dieser Stätte, auf welcher ioh vier Decennien gewandelt, scheide. 
Nicht mir allein gebührt der Dank, sondern allen Jenen, durch deren Unter¬ 
stützung ioh zu diesem Rufe gelangt bin. Mit Beruhigung kann ioh gehen, 
weise ich doch, dass meine Lehren von aufstrebenden Generationen befolgt 
und ausgeübt werden. — Wenn ioh auch von der Lehrkanzel soheide, wird 
doch die Liebe zur studierenden Jugend, welche stets Ideale bewahren möge, 
dauern. Immer will ioh ihr Freund und Rathgeber sein.“ 

Per80nalnachrichten. Vice-Präsident M-R. Dr. Preyss hat sich heute 
zum Curgebrauohe nach Carlsbad begeben. — Der königl. Rath und Prof. 
Dr. Emil Nagel ist zum bleibenden Aufenthalt naoh Triest übersiedelt und 
wohnt dort: Via Dogana Nr. 9. 

Sophien-Spital. Die von dem jüngst eröffueten Sophien-Spitale ange¬ 
strebte Verleihung des Oeffentliobkeitsreohtes ist vorläufig nioht ertheilt worden, 
da der nieder-österreichische Landesaussohuss im Interesse des Landesfonds 
an diese Verleihung Bedingungen geknüpft hat, die von dem Curatorium 
als unanehmbar erkannt wurden. Die englische Gasgesellsohaft hat auf die 
Vergütung der Gasbeleuohtungs - Einriohtungskosten verzichtet und dem Spitale 
überdies die unentgeltliche Beistellung von 20.000 Eile Coaks per Jahr zugesagt, 

Witwen - und Wdisensocietdt des Doct.-Coll. Wir hoffen , dass 
demnächst die neuen Statuten dieser Societät genehmigt werden dürften , machen 
daher die Herren Mitglieder des Collegiums , welche noch von den Vortheüen 
der Aufnahme nach den älteren Statuten Gebrauch zu machen gedenken, auf¬ 
merksam, sich mit den Aufnahmsgesuchen beeilen zu wollen . 

Herausgeber und Verleger: Wiener mediein. I)oct -Coli. — Verantwortlicher Kedaoteur 
Dr. L. Hopfgartner. — U eaellsohafta-Buchdruckerei, Wien, XIX. Krdbergerstrasae 8. 


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TI. Bd. Ausgegeben am 29. Juli 1880. JSi*. 17 


fflTTHEMMEN 

Wiener medicieisciien Dtttmi'CilliiliiL 

--_ - ■ - - - 

ifireoheint jeden zwoiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Boueu und darüber/ 

90 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtmitglieder des Collegiums im in* 
lande 3 fl., nach dem Auslände 6 Mrk. — Einzelne Nummern 26 kr. = 60 Pfg — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. filr die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pr&numerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits de Deotloke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, L, Schottengasse 6. 
Zuschriften and Zusendungei an die Redaetion: Wiei, Kanilei des Wiener aed. 
Doet-Cell. und der Witwen- and WaUen-Soeietär, Rotheftthurmstrasse 23. 


Inhalt: Ueber den Verdauungschemismus. Vortrag von Dr. August Mayer, am 15. März I960 
Literarische Anzeigen. 


Ueber den Verdauungschemismus. 

Von Dr. August Mayer. 

(Vorgetragen im Wr. med. Doot.-Coll. am 15. März 1880.) 

Die neueren Untersuchungen üher den Verdauungsprocess, 
insbesondere aber über die chemischen Vorgänge, welche bei 
dieser Function des Organismus stattfinden, haben bereits eine 
grosse klinische Bedeutung gewonnen. Der Vortragende hat 
deshalb eine Zusammenstellung der Resultate äu* den in ver¬ 
schiedenen Zeitschriften zerstreuten bezüglichen Publieationen 
unternommen, und dieselbe vor zwei Jahren in einem Wiener 
Fachblatte veröffentlicht. Im Vorjahre erschien ein Vorlesecyclus 
von Dr. C. A. Ewald „Die Lehre von der Verdauung“ — zwölf 
Vorlesungen), welcher denselben Gegenstand in ausgezeichneter 
Weise behandelt. Im Folgenden will der Vortragende eine, wegen 
Kürze der zu Gebote stehenden Zeit notwendigerweise nur 
skizzenhaft gehaltene Darstellung—dec.chemis^hen Processe bei 
der Verdauung Vorbringen. 

Die genossenen Nahrungsmittel sind bekanntlich ein Ge¬ 
menge von sehr zahlreichen flüssigen, gelösten und festen Stoffen. 
Es mag als Beispiel das Fleisch angeführt werden, welches 
mehrere Eiweisskörper, leimgebende Bindesubstanz, elastische 
Substanz, Kreatin, Sarcin und andere stickstoffhaltige krystalli- 
sirbare Körper, Fette, Kohlehydrate, wie Inosit und Glykogen, 
organische Säuren wie Milchsäure, Buttersäure, anorganische 
Salze u. s. f. enthält. Von diesen zahlreichen Stoffen durch¬ 
wandern einzelne wahrscheinlich unter allen Umständen unver¬ 
ändert den Verdauungstract, z. B. elastische Substanz, Substanz 
des Horngewebes, verholzte Cellulose, Chlorophyl; andere wer¬ 
den ohne wesentliche Veränderung resorbirt, z. B. Wasser, Koch- 
»alz, Mineralsäuren. Die meisten eingeführten Stoffe aber er- 


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198 


leiden Veränderungen, deren Gesammtbeit den chemischen 
Verdauungsprocess ausmacht. 

Diese Veränderungen bestehen zum grössten Theile in einer 
Zersetzung der Nahrungsstoffe, die derart vor sich geht, dass 
die letzteren, welche hochzusammengesetzte chemische Verbin¬ 
dungen darstellen, in einfachere zerfallen, dass dann diese zu¬ 
nächst gebildeten Verdauungsproducte dasselbe Schicksal erleiden, 
bis nach mehr oder minder oftmaliger Wiederholung dieses Vor¬ 
ganges endlich Körper entstehen, welche erfahrungsgemäss im 
Darmcanal e nicht weiter verändert werden, und als Endproducte 
der Verdauung einen Theil der Fäkalstoffe ausmachen. Es be¬ 
darf vielleicht nicht der Erwähnung, dass ein grosser oder der 
grössere Theil der Ingesta nicht die ganze Reihe der möglichen 
Zersetzungen durchmacht, sondern schon in den ersten Stadien 
derselben resorbirt wird, und dass anderseits unter Umständen 
die Nahrungsstoffe nicht oder wenig verändert ausgeschieden 
werden. 

Die nähere Betrachtung der in Rede stehenden Zersetzungs- 
processe führte zur Annahme, dass dieselben sämmtlich unter 
Aufnahme von Wasser vor sich gehen, dass sie sich aber in 
Bezug auf ihre Intensität in zwei Gruppen theilen lassen. 

Es kann einerseits die Zersetzung als ein einfaches Aus¬ 
einanderfallen derjenigen Atomcomplexe, welche (durch ihre 
freien Affinitäten) an einander gebunden den ursprünglichen 
Körper bildeten, aufgefasst werden, wobei in den neugebildeten 
Spaltungsproducten diese Atomgruppen, statt wie früher mit 
einander, nunmehr mit den Elementen des aufgenommenen 
Wassers verbunden sind. Als Beispiel eines solchen Vorganges, 
welcher, weil er der Bildung der Hydrate aus Anhydriden 
analog ist, als Hydratation bezeichnet wird, möge die im Magen 
stattfindende Invertirung des Rohrzuckers angeführt werden. Es 
zerfallt 1- Molekül Rohzucker unter Aufnahme 1 Moleküls Wasser 
in je 1 Molekül Traubenzucker und Fruchtzucker nach folgen¬ 
dem Schema: 

Pi. H 22 O u + H 2 0 - C 6 H 12 Oe + C 6 H 12 Oe 
Rohrzucker +Wasser = Traubenz. + Fruchtz. 

Im Gegensätze zu diesem Zersetzungsmodus, welcher in 
den ersten Stadien der Verdauung auftritt, lassen die Zersetzun¬ 
gen im späteren Verlaufe derselben, bei welchen es zu Oxyda- 
tions- und Reductionsvorgängen zur Bildung von Säuren, basi¬ 
schen Verbindungen und gasförmigen Producten kommt, auf 
einen tiefergehenden Zerfall der Atomcomplexe schliessen. 

Nachfolgend sind die Verdauungsproducte der wichtigsten 
Stoffe aus den Gruppen der Kohlehydrate, Fette und Eiweiss¬ 
körper, welche bekanntlich den grössten und wichtigsten Theil 
unserer Nahrungsmittel bilden, in der Reihenfolge ihres Ent¬ 
stehens angeführt. 

Von den Kohlehydraten wurde der Rohrzucker und 


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199 


dessen Spaltung in Fruoht- und Traubenzucker sohon erwähnt; 
in derselben Weise verwandelt sich der Milchzucker in eine andere 
Zuckerart (Galaktose). Amylum und Glykogen, höher als die 
vorigen zusammengesetzten Kohlehydrate, spalten sich in Dextrin 
und Zucker, wonach dann aus ersterem durch wiederholte Spal¬ 
tung ebenfalls Zucker hervorgeht. Alle diese durch Hydratation 
entstandenen, von einander aber durch chemische und physi¬ 
kalische Eigenschaften verschiedenen Zuckerarten werden im 
weiteren Verlaufe auf verschiedene Weise zerlegt. Es kann sich 
als Zersetzungeproduct Milchsäure bilden (1 Molekül Trauben¬ 
zucker zerfällt in 2 Moleküle Milchsäure), welche letztere dann 
in Buttersäure, Kohlensäure und Wasserstoff zerfallt, oder es 
ersteht Alkohol und Kohlensäure, aus ersterem dann weiterhin 

ette werden in die entsprechenden Säuren (Oel- 
säure, Stearin', Palmitinsäure etc.) und in Glycerin gespalten, 
letzteres zerfallt in Bernsteinsäure, Propion-, Essig- und Amei¬ 
sensäure, Kohlensäure und Wasserstoff, die Bemsteinsäure in 
ValerianBäure, Kohlensäure und Wasserstoff. 

Als nächste Verdauungsproducte der Eiweisskörper 
entstehen, nachdem in der Regel die Bildung löslicher Eiweiss- 
modificationen (Acidalbumin in saurer, Globulin in alkalischer 
Verdauungsflüssigkeit) vorausgegangen ist, die Peptone, Diese 
unterscheiden sich von den Eiweisskörpern {abgesehen von ver¬ 
schiedenen anderen für Unterscheidung und Trennung der ge¬ 
nannten Stoffe wichtigen Reactionen) dadurch, dass erstere in 
Wasser leicht löslich sind, durch Membranen gut diffundiren und 
durch Aenderungen der Reaction nicht aus ihrer Lösung gefällt 
werden, also in weit höherem Grade als die letzteren zur Re¬ 
sorption geeiguet sind. Die Peptone werden als Hydrate der 
Eiweisskörper betrachtet, eine Auffassung, die durch die An¬ 
gaben von Henniger und v. Hofmeister, welche durch 
Einwirkung wasserentziehender Mittel auf Peptone Eiweisskörper 
erhalten haben, gestützt wird. 

Derselbe Vorgang, welchen die eben Genannten auf 
künstlichem Wege veranlassten, nämlich das Zusammentreten 
von Peptonmolekülen zu einem Eiweissmolekül unter Verlust 
von Wasser, kann auch bei der Assimilation der resorbirten 
Peptone angenommen werden, welche sich, wie die von Maly 
und Plösz an Hunden mit Pepton vorgenommenen Fütterungs¬ 
versuche ergaben, im Organismus wieder in Eiweisskörper ver¬ 
wandeln. 

Im weiteren Verlaufe der Eiweissverdauung bilden sich 
krystallisirbare Körper: Leucin, Tyrosin, Xanthin, Asparagin- 
säure, deren Entstehungsweise nicht näher bekannt ist. Dasselbe 
gilt von den darnach auftretenden: Jndol, Phenol, Skatol, welche 
als Bestandteile der Fäces den eigenthümlichen Geruch der¬ 
selben bedingen. Als letzte Producte der Eiweissverdauung 



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200 


werden Fettsäuren (Capron-, Valeriansäure etc), Kohlensäure, 
Amoniak und Schwefelwasserstoff gefunden. 

Die eben angeführten, und wahrscheinlich alle Zersetzungs- 
processe werden durch sogenannte Fermente veranlasst. Es 
sind dies bekanntlich Stoffe, welche im Stande sind, unter 
günstigen Bedingungen, wie Gegenwart von Wasser, bestimmten 
Temperaturen (welche im Allgemeinen der Blutwärme nahe 
liegen), eine relativ sehr grosse Meoge eines anderen Körpers 
in bestimmter Weise zu zerlegen, ohne dadurch selbst merklich 
zersetzt zu werden. Es treten bei der Verdauung beide be¬ 
kannten Fermentarten auf, sowohl die löslichen F. (von 
Kühne Enzyme genannt), welche als Producte der Ver¬ 
dauungsdrüsen die wirksamen Bestandtheile der Verdauungs- 
secrete, in welchen sie gelöst Vorkommen, bilden (zuckerbildendes 
Ptyalin im Speichel, eiweissverdauendes Pepsin im Magen¬ 
safte, 'eiweissverdauendes [Trypsin] zuckerbildendes und fett- 
spaltendes Ferment im Secrete der Bauchspeicheldrüse, und 
ebensolche, wenn auch vielleicht wegen ihrer geringen Menge 
von wenig Bedeutung, in der Galle und im Darmsafte) 
anderseits die geformten F. v einzellige Organismen aus den 
Glassen der Schyzomyceten und Pilze, welche mit den Speisen 
in den Darmcanal eingeführt, in demselben gerade so wie 
ausserhalb des Organismus ihre als Gährung und Fäulnis8 
bekannte specifische Wirkung (Milchsäuregährung durch Bacte- 
rium lacticum, Buttersäuregährung durch Bacoillus subtilis, 
Alkoholgährung durch Hefepilze, Fäulnissprooesse durch nicht 
näher bekannte Fäulnissbakterien und Vibrionen veranlasst) 
ausüben. 

Die beiden angeführten Fermentarten zeigen einen wich¬ 
tigen Unterschied in der Intensität ihrer Einwirkung. Während 
letztere bei den Enzymen sich wahrscheinlich nur auf Veran¬ 
lassung einfacher Hydratationsprocesse beschränkt, und speciell 
bei den angeführten Nahrungsstoffen mit der Bildung von Zucker, 
Zerlegung der Fettkörper in Fettsäuren und Glycerin, der 
Bildung von Leucin, Tyrosin, Xanthin, Asparaginsäure abge¬ 
schlossen ist, schreiten die durch die geformten Fermente ein¬ 
geleiteten Zersetzungen rasch bis zum Auftreten der letzten 
Glieder der früher angeführten Zersetzungsreihen fort. 

Nach dieser kurzen allgemeinen Uebersicht über die 
chemischen Vorgänge bei der Verdauung möge eine Betrach¬ 
tung des Ablaufes derselben, wie er durch gleichzeitige Ein¬ 
wirkung verschiedener Fermente auf die verschiedenen in den 
Nahrungsmitteln enthaltenen Stoffe sich gestaltet, folgen. 

Die Nahrungsmittel sind meistens thierische* und Pflanzen¬ 
gewebe, welche die Nahrungsstoffe) deren wichtigste bekanntlich 
Eiweisskörper, Fette und Kohlehydrate sind, als Inhalt zahl¬ 
reicher von Bindegewebssubstanz oder Cellulose gebildeter Hohl¬ 
räume enthalten, und dadurch mehr oder weniger den Zutritt der 


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Verdauungsflüssigkeiten zu den genannten Stoffen erschweren. 
Diesem Umstande begegnet die Zubereitung der rohen Nahrungs¬ 
mittel auf zweierlei Art: Einerseits durch mechanische Zerstörung 
des Gewebes, wie z. B. beim Schaben etc. des Fleisches, 
beim Zermahlen des Getreides, anderseits durch Einwirkung 
von Agentien, welche die Umhüllungen lockern oder löslich 
machen, wie dies z. B. bei der sogenannten Mortification des 
Fleisches (wobei durch Bildung von Milchsäure eine leichtere 
Löslichkeit des Bindegewebes bewirkt wird), und in ähnlicher 
Weise beim Beizen desselben, vor Allem aber durch Einwirkung 
höherer Temperaturen geschieht, durch welche Bindegewebe 
in löslichen Leim verwandelt, die Cellulose erweicht wird, die 
Amylumkörner nach Zerreissung ihrer Hüllen aufquellen, und 
unter Umständen auch die Bildung von Dextrin und Zucker 
veranlasst werden kann. 

Die derart für diG Verdauung vorbereiteten Speisen 
kommen, indem sie (selbstverständlich flüssige Nahrung aus¬ 
genommen) beim Kauen mit Speichel durchtränkt werden, zum 
Theile in Lösung, zum Theile in feinere, durch schleimige 
Flüssigkeitsschichten dauernd erhaltene Vertheilung. Der die 
Speisebissen durchtränkende Speichel enthält das schon er¬ 
wähnte, Stärke in Dextrin und Zucker verwandelnde Ptyalin. 
Die Wirkung desselben beginnt nachweisbar schon in der 
Mundhöhle, kann aber bei der kurzen Dauer des Aufenthaltes 
der Speisen in derselben selbstverständlich nur geringfügig sein. 

Der Werth des Speichels für die Amylumverdauung über¬ 
haupt wird deshalb davon abhängen, ob und wie lange er seine 
specifische Fermentwirkung im Magen fortsetzen kann, worüber 
später Einiges angeführt werden soll. Eine für den Schlingact 
wichtige Leistung erfüllt derselbe bekanntlich durch Schlüpfrig¬ 
machen der Speisebissen. 

Der Magen enthält im nüchternen Zustande nur eine ge¬ 
ringe Menge neutraler Flüssigkeit, welche keine verdauende 
Kraft besitzt. Erst durch den Reiz der eingeführten Stoffe be¬ 
ginnt die Absonderung von Magensaft, welcher das eiweiss- 
verdauende Ferment desselben, das Pepsin, enthält. Das aus 
Magenfisteln isolirt gewonnene Secret der Magenschleimhaut 
erscheint als eine farblose oder schwach gelbliche, klare, nicht 
schleimige Flüssigkeit von stark saurer Reaction, welche von 
dem Gehalte an freier Salzsäure herrührt. Letztere fand S z a b o 
in dem Magensafte eines an Magenerweiterung leidenden Kranken 
in der Menge von drei Permillen, Rieh et bei einem wegen 
Oesophagusstrictur gastrotomirten Individuum 13—1*7 Permillen. 
Künstliche Verdauungsversuche haben gezeigt, dass das Pepsin 
nur bei Gegenwart freier Säuren wirksam ist, dass seine ver¬ 
dauende Kraft zugleich mit dem Säuregehalte bis zu einem 
gewissen Maximum desselben zu- und bei weiterer Steigerung 
des Säuregehaltes über jenes Maximum wieder abnimmt, und 


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dass endlich die verschiedenen Säuren in dieser Hinsioht nicht 
gleichwertig sind. 

Es verdauen Pepsinlösungen, welche Salzsäure (am gün¬ 
stigsten ist ein Gehalt von 1 — 2 Permillen) enthalten, am 
kräftigsten, viel schwächer wirkt von den in Betracht kommen¬ 
den Säuren die Phosphor-, Milch-, Butter- und Essigsäure. 

Der freie Salzsäure enthaltende Magensaft besitzt ausser 
der eiweissverdauenden auch eine fermentwidrige Kraft; er 
hemmt sowohl Enzyme (Speichel und Pankreasferment) als auch 
die Gährungs- und Fäulnissorganismen in ihrer Wirksamkeit. 

(Fortsetzung folgt.) 


Literarische Anzeigen. 

Onomatologia Anatomie». Geschichte und Kritik der anato¬ 
mischen Sprache der Gegenwart, mit besonderer Berück¬ 
sichtigung ihrer Barbarismen, W i d e r s i n n i g k e i t en, 
Tropen und grammatisohen Fehler. Von Dr Josef Hyrtl, emeri- 
tirten Professor der Anatomie an der Wiener Universität. Wien. 1880. Bei 
Wilhelm Braumüller, k. k. Hof- und Universitätsbuohhandlung. Lex 8. 
S. VIII. 626. 

Dieses neueste Werk des berühmten Verfassers ist ein unwiderlegbarer 
Beweis, dass er, wenn auch in völliger Zurüokgezogenheit lebend, doch nicht 
umhin kann, durch schriftstellerische Thätigkeit mit seinen Faohgenossen in 
Beziehung zu bleiben. Es ist der anatomischen Terminologie gewidmet, wobei 
er die anatomische Sprache mit einer bewundern»werthen gründlichen Kennt* 
nies der Sprachen und Literatur des Alterthums kritisirt und ihre Barbarismen, 
Widersinnigkeiten, Tropen und grammatisohen Fehler theils mit Humor bespricht, 
theils aber auch rückhaltlos geiselt. Er will vor allem den „pruritus graeoandi“ 
heilen, an dem besonders die jüngere Generation leidet, „die sich darin gefüllt, 
für unbedeutende anatomische Wahrnehmungen lange griechische Worte zu 
schmieden, um dadurch ihren Abhandlungen einen gelehrten interessanten 
Anstrioh zu geben. Er kritisirt aber auch all die neulateinisohen und neu¬ 
griechischen Barbarismen, die sich sohon bei älteren Anatomen eingesohlieohen 
haben und weist naoh, dass in der Anatomie viele Worte in einem ganz 
andern Sinne gebraucht werden, als ihnen im guten Latein zukommt. Einige 
hierauf bezügliche Beispiele mögen genügen: die nervi oardiaoi sind nicht 
Nerven des Herzens, sondern herzkranke Nerven das Epigastrium 
nicht Magengegend, sondern Bauohwand, die Glandulae sebaoeae nicht Talg 
bereitende, sondern aus Talg gemachte Drüsen — die Sutura mendosa 
nioht falsche, sondern fehlerreiohe Naht — die Vasa lymphatioa nicht 
LymphgefÜsse, sondern wahnsinnige Gefässe — der Vermis bombyoinus cerebelli 
nicht Seidenwurm, sondern seidener Wurm * der Thalamus optious nioht 
Sehhügel, sondern Sehkammer — das Os palatinum nioht Gaumenbein, 
sondern das zum Berg Palatium gehörige, auch kaiserliche Bein — 
der Musoulus risorius nicht Laohmuskel, sondern läoherlioher Muskel, 
der Muso. oomplexus und vastus nioht durchfloohtener und dioker Muskel, 
sondern umarmter und verödeter Muskel — der Flexor sublimis und profun- 
dus nioht oberfläohlioher und tiefliegender Beuger, sondern indieLuftragen- 
der und bodenlos tiefer Beuger - das Neurilemma nioht Nervensoheide, 
sondern Nervenwille — der Nervus pathetious nicht der Leidensohaftsnerv, 
sondern der leidendegefühlvolle Nerv, — das Endothel nioht inneres Epithel, 
sondern Innenwarze, — die Orbita nicht Augenhöhle, sondern Wagen¬ 
geleise — Cilia nicht Wimpernhaare, sondern Augenlider - die Arti- 
oulatio trochilodes nioht Radgelenk, sondern z aunkönigähnliohes Gelenk, 
— die Vulva (richtig volva) nioht äussere weibliohe Scham, sondern Gebär¬ 
mutter des Schweines u. dergl. m. 


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203 


Hyrtl betrachtet; dieses Werk nur als eine nothwendige Vorarbeit für 
eine Beform der anatomischen Spraohe und wollte nur zeigen, wo das Ver¬ 
bessern zu beginnen hätte und meint, dass die Purifioation der anatomischen 
Spraohe auch die der medioinisohen naoh sich ziehen dürfte, die noch viel 
schlechter sei als jene, da sie nicht für das Wesen, sondern nur für Symptome 
der Krankheiten figürliohe Namen habe — Entzündung ohne Flamme, Brand 
ohne Feuer. 

Der an und für sich trookene Gegenstand ist in so anregender Weise 
behandelt und er wird, wenn der Verfasser seinen persönlichen Neigungen, 
seiner Laune und der Satyre freien Lauf lässt, geradezu ergötzlioh, so dass 
man sich von seiner Leotüre nicht trennen kann. 

In alphabetischer Ordnung werden 421 Ausdrücke (Abdomen — Zygo- 
matious)mehr oder weniger ausführlich in der angegebenen Weise besprochen, 
von denen wir nur einige der kürzeren herausheben wollen, um für die Form 
der Behandlung Beispiele zu geben. 

18. Anisoalptor. Hätte die Anatomie eine Muse, sie müsste weinen 
über ein so schmutziges Wort. Keine Entschuldigung als der derbe Humor, 
welcher es sioh nicht nehmen liess, in die ernsteste aller Wissenschaften darein 
zu reden, und, wie er seinen Anus, seinen Penis, seine Nates, Testes, 
Mammae und seine Vulva in der Gehirnanatomie anbraohte, so auch den 
Musculus latissimus dorsi, weil er den Arm naoh hinten, somit die 
Hand gegen den After bewegt, als Antisoalptor anzustellen. Vesal bringt 
diesen Ausdruok zuerst, und hatte soviel Anstandsgefühl, denselben nicht in 
den Text aufzunehmen, sondern in einer Bandnote bei dem Latissimus 
dorsi delitesoiren zu lassen. Riolan, welcher das Spriohwort seiner Lands¬ 
leute: Qu’il 4 des ohoses, qu’on nedoit dire, qu’ä soi m4me, 
vergessen zu haben soheint, that ein Uebriges dazu und braohte uns den nooh 
mehr sagenden Anitersor. Die Deutschen, welche sonst nicht Feinde mas¬ 
siver Ausdrüoke sind, enthielten sioh der Uebersetzung dieser Worte. 

27. Ar b o r vitae und Palma plicata. Die alte Chemie hatte ihren 
Arbor Dianae s. philosophorum und ihren ArborMartis als 
baumartige Krystallisationsformen von Silber und Eisen. Im Meere wuchsen 
die Arbores maris-Corallen und in der Medioin gab es einen Arbor 
vitae, worunter van Helmont ein Universal*Maorobioticum verstand, welches 
er aus dem aromatischen Cedernholz bereitete. Die Ceder erreicht bekanntlich 
ein sehr hohes Alter. Mit der Ceder verwandt ist die Thuya, deren resinöses 
und subaromatisohes Holz nioht so kostspielig ist, wie jenes der Ceder, und 
deshalb zur Bereitung eines billigeren H e 1 m o n t’sohen Balsamus longae 
vitae herhalten musste. So erhielt auch die Thuya ihren Namen Arbor 
vitae. Die Blättchen der immergrünenden Thuya haben eine ganz eigen- 
thümliohe schöne Gruppirung, deren Bild man am Durchschnitt der Hemi- 
sphäi en des kleinen Gehirns wieder erkennen wollte, wo die von grauer Substanz 
eingefassten Strahlungen des weissen Markes sioh wie die Aeste, Zweige, 
Blätter und Blättchen der Thuya ansehen. Winslow verpflanzte die Thuya 
in die Anatomie, wo sie noch immer grünt, als Arbor vitae oerebelli 
und als Arbor vitae uteri, welohem letzteren man sogar zum Arbor 
vivifioans erhob (Lieutaud). Die Sohleimhaut des Canalis oerviois 
uteri bildet nämlioh an der vorderen und hinteren Wand des Canals, je 
einen longitudinalen Aufwurf oder Kamm, von welohem seitlich kleinere 
Kämme oder Fältchen der Sohleimhaut abtreien, deren zierliche Anordnung, 
ihrer Aehnliohkeit mit den Foliis palmatis der Palme wegen von Haller 
mit dem ganz verfehlten Namen Palma plicata belegt wurde. Wir haben 
in diesem Buche dem grossen Haller viel Weihrauch gestreut; jetzt müssen 
wir ihm aber einmal das Bauchfass an den Kopf werfen Die erwähnten 
Falten gleiohen einem Palmblatt und sollten deshalb Plioae palmatae oder 
palmiformes genannt werden, nioht aberPalmae plioatae „gefaltete 
Palmen“, was gar keinen Sinn hat. Suo quisque abundat sensu. 

292. Promontorium. Das Gebiet der Anatomie wurde reiohlioh mit 
Natursohönheiten ausgestattet. Wir finden in ihm Berge und Thäler (mons 
veneris, Valleoula Beilii), Seen und Bäche (Lacus, Bivus laorymarum), Quellen 


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204 


und Nymphen (Fonspulsatilis und Nymphae) — Felder und Blumen (Campus 
Halleri für Sehfeld) — Flos virginitatis für Hymen — Rosenader und Mutter¬ 
rose für Os uteri und drei Vorgebirge, Promontoria, wie sie Trinaoria hatte. 

Das erste ist das Promontorium am Beckeneingang, entsprechend der 
Verbindung des Kreuzbeins mit dem letzten Lendenwirbel. Die Geburtshelfer 
nehmen von ihm viel früher Besitz als die Anatomen, da duroh ein allzustarkes 
Hineinragen desselben in den Beckeneingang die Geburt erschwert, selbst 
unmöglich gemacht werden kann. Boudelocque erschien zuerst mit seiner 
Saillie, welche Osiander zum Promontorium vergrösserte 

Das zweite Vorgebirge befindet sich an der inneren Wand der Trom¬ 
melhöhle, indem die erste Windung der Sohoecke die betreffende Wand der 
Trommelhöhle hervorbauoht, diese Erhabenheit musste sioh lange mit dem 
bescheidenen Namen einer Tuberositas tympani begnügen, welche ihr Lieutaud 
beilegte, bis sie duroh Walter zum imposanten Promontorium tympani er¬ 
hoben wurde. 

Das dritte Promontorium ragt aus dem Gesichte heraus als Promonto¬ 
rium faciei — Nase, worüber J. M. Hoff mann eine gelehrte Dissertation 
geschrieben hat. („De faciei promontorio“, Altdorf 1682.) 

Die Ausstattung des Buohes lässt wie alles aus dieser Verlagshandlung 
kommende nichts zu wünschen übrig, und ist des Inhalts und des Verfassers 
würdig, der Druck oorreot. 


Das soeben erschienene Heft 8 der „Illustrirten Vierteljahrsohrift für 
ärztliche Polytechnik" von Dr. G. Beck (Bern, Dalp’sohe Buchhandlung) enthält 
in circa 70 Illustrationen mit beigefügter Erklärung, Abhandlungen über 
folgende Neuigkeiten. P. Bruns (Tübingen): Enterotom zur elektrolytisohen 
Behandlung des widernatürlichen Afters. Finkler & Kochs (Bonn): Pneuma¬ 
tischer Apparat. Fein (Stuttgart): Elektrodenhalter mit Stromwender. Fischer 
(Pest): Katheder k double courant. H. Sohmidt (Erlangen): Catgutbehälter. 
Beely (Königsberg): Sayre’sche Schwebe zur Selbstsuspension. Sünsky (Königs¬ 
berg): PoroplaBtisohe Spinaljacke. Sohadewald (Berlin): Gypsmodell für Rhinos- 
oopie. V. y. Bruns: Wundnadel. Küstner (Jena): Arinthernometer für die 
Frauenpraxis. Rothe (Altenburg): Traohealwundensperrer und Haoken. Schulze 
(Jena): Sichelmesser zur Embryotomie. Weil (Prag): Apparate zur orthopä¬ 
dischen Behandlung des genu yalgum. Dumontpallier (Paris): Rühlschlauoh- 
Deoke. Faucher (Paris): Magen-Siphon. Möni&re (Paris): Speoulum. Lee (London): 
Dampf-Inhalationsapparat. Langlebert (Paris): Lithophon. Belloo (Paris): In¬ 
tra vaginaler Arzneimittelträger. Collin (Paris): Verbandsäge. Rapin (Lausanne): 
Geburtshilflicher Trepan. Ooanna (Madrid): Aetzmittelträger für den Thränen- 
saok Verdös (Baroolona): Otosoop-Zange. Spencer-Wells (London): Foroipressur- 
Zange Pinkerton (Glasgow): Wasserdichtes Schienenmaterial. Berkeley - Hill 
(London) und Bigelow (Boston): Drei Aspirationsapparate für Steinfragmente. 
Sir H. Thompson (London): Modifioirter Lithotriptor. Weiss & Son (London) : 
Spritzenvorrichtung. J. E. Adams (London): Apparat zur Beleuchtung der 
vorderen Augenpartien. Byrne (London): Apparat zu Galomet-Fumigationen 
in die Mundhöhle. Mc. Keown (Belfast): Hörrohr - Lehnsessel. Sanitary 
Appliance - Company (London): Sohwemmsiehlenventiol. Bostel (Brighton): 
„Exelsior“ Water Closet. Ingram & Sons (London): Ballon - Spritze. Farrar 
(Brooklyn): Abzugsröhre für Antrum-Perforationen. Cutter (Boston): Elektroden 
zur elektrolytisohen Behandlung der Uterintomoren. Porter (St. Louis): Be- 
leuohtungsapparat Skene (Brooklyn): Uterin-Seotor. Phelps (Chaseaugay U. Y.): 
Klappenoanäle zur Behandlung des Empyems. Satterthwaide (New - York): 
Apparat für Clavicularfracturen. Speise George (Richmond): Hypogastrische 
T-Binde. Geo. R. Fowler (Brooklyn): Spritze zu suboutemer Injection. Coatei 
(Chester, Pa.): Matratze für Behandlung von Fraoturen. Carroll (New-Brighton): 
Retroflexionspessar. Coleman: Modifioation des Hodge’sohen Passars. — Preis 
der „Vierteljahrssohrift w Mark 4— jährlioh. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doet.-Ooll. — Verantwortlicher Redaoteor. 
Dr. L Hoptgartner. — Gesellschafts-Buchdruckerei, Wien, III. Erdbergerstrasse 3. 


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TI. Bd. Aasgegeben am 12. August 1880. Nr. 18 


fflTTHElLUNGEN 

des 

Wiener iDeJiciiiischeu Dntini-Cillnlm 

Brsoheint jeden »weiten Donnerstag ein halber bis ein gauier Bogen und darüber, an 
20 Bogen im Jahre. — Qansjfthriges Abonnement für Niohtmitglleder des Collegiums im In¬ 
lands 8 fl M nach dem Auslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 36 kr. = 60 Pfg — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplitz <fc Deut Icke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasse 6 
Zuschriften nnd Zusendungen an die Redaction: Wien, Kanxlei des Wiener ned. 
Doet.-CoLL und der Witwen- und Waisen-Societät, Rothentharmstrasse 23. 


Inhalt: Ferdinand Hebra f — Ueber den Verdauungschemismus. Vortrag von Dr. August 
Mayer, am 15. März 1880. — Aus dem Geschaftsrathe. — Aerztlicher Bericht Uber das 
k. nnd k. National-Spital in Constantinopel im Jahre 1879. — Notizen. 


Ferdinand Hebra f 

Tiefe Trauer geht durch die wissenschaftlichen Kreise der Welt. 
Professor Dr. Ferdinand Hebra, der grosse Dermatologe, 
weilt nioht mehr unter den Lebenden. Am 5. August um 4 8 / 4 Uhr 
Morgens erlöste ihn der Tod von seinen langen qualvollen Leiden. 

Mit ihm fällt wieder eine jener Stützsäulen der Wiener medi- 
cinischen Schule, welche derselben einen Weltruf verschafft, und 
aus allen Erdtheilen Schüler zugeführt haben. 

Duroh seine Forschungen hat Hebra die Dermatologie erst 
zu einer eigenen Wissenschaft gemacht und seine Lehren wurden 
und werden in beiden Hemisphären von seinen Schülern verbreitet. 

Hebra wurde am 7. September 1816 zu Brünn in Mähren 
geboren, am 26. Jänner 1841 an der Wiener Universität zum Dootor 
promovirt. Im Jahre 1845 wurde er ordinirender Arzt der neu- 
geschaffenen Abtheilung des Wiener allgemeinen Krankenhauses für 
Hautkrankheiten und 1848 Primararzt derselben. Im Jahre 1849 
lehrte er schon als ausserordentlioher, vom Jahre 1869 an als ordent¬ 
licher Professor. 

Sein Atlas der Hautkankheiten, von der Akademie der 
Wissensohaften herausgegeben, ist epochemaohcnd. In Anerkennung 
seiner Verdienste wurde er vom Kaiser duroh Verleihung hoher 
Orden, Erhebung in den Ritterstand, Verleihung des Hofrathtitels 
ausgezeichnet. Die Gesellschaft der Aerzte wählte ihn naoh dem 
Tode Rokitansky’s zu ihrem Präsidenten und zahlreiohe in- und 
ausländische Corporationen zu ihrem Ehren-, wirklichen und corre- 
spondirenden Mitgliede. 

Das Wiener medicinische Doctoren-Collegium betrauert in ihm 
ein treues Mitglied, welches nooh im Vorjahre in seiner Mitte als 
Mitglied des Witwen-Societäts-Ausschusses thätig war, und die 
Bibliothek desselben duroh seine kostbaren, unvergänglichen Werke 
bereichert hat. 

Hebra wird im Andenken der Naohwelt ewig leben. 


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206 


Ueber den Verdauungschemismus. 

Yon I)r. August Mayer. 

(Yorgetragen im Wr. med. Doot.-Coll. am 15. März 1880.) 

•' Fortsetzung und Schluss. 

Die unmittelbar nach einer Mahlzeit vorgenommene Unter¬ 
suchung des Mageninhaltes zeigt ein Minimum yon freier Säure. 
Später steigt der Säuregehalt allmälig und erreicht sein Maximum 
in einer yon verschiedenen Umständen, insbesondere von der 
eingenommenen Nahrung abhängigen Zeit (nach den Beobach¬ 
tungen K r e t s c h y’s nach vier bis sieben Stunden). 

Nach dem oben Angeführten ist a priori anzunehmen, 
dass, wenn eine grössere Menge Speisen und Getränke (wie 
dies bei einer Mahlzeit der Fall ist) in relativ kurzer Zeit in 
den Magen gelangt, eine längere Zeit erforderlich ist, bis die 
Acidität des Mageninhaltes jenen, einerseits zur Hemmung der 
Speichel- und Gährungswirkung, andererseits zur Ermöglichung 
der Pepsinwirkung nöthigen Grad erreicht. 

Daraus ergibt sich ferner die Wahrscheinlichkeit zweier, 
natürlich nicht scharf abgegrenzter Perioden der Magenverdauung. 
Anfangs Vorwalten der Amylumverdauung durch den Speichel 
neben einer Bildung von Gährungsproducten (vorzüglich Milch¬ 
säure), später infolge Vermehrung des Gehaltes an freier Bäure 
Hemmung der erstgenannten Processe und Vorwalten der Eiweiss¬ 
verdauung. Das Eintreten dieser letzteren soll nach den Ver¬ 
suchen van Velden’s (deren Beweiskraft übrigens in neuerer 
Zeit von Ewald angefochten wurde (je nach Quantität und 
Qualität der Speisen und des Magensaftes Vs bi 8 iVs Stunden 
nach der Mahlzeit beginnen. 

Ausser der Verdauung des Amylums und der Eiweisskörper 
wird auch, wie schon früher erwähnt wurde, die Inversion von 
^Rohrzucker beobachtet und als Ursache derselben ein eigens 
im Magenschleime enthaltenes Ferment betrachtet. Die Gewinnung 
der Milch wird, da sie auch durch neutralen oder alkalischen 
Magensaft hervorgebracht werden kann, ebenfalls einein eigenen 
Fermente (Lab) zugeschrieben. 

Der einige Zeit nach der Mahlzeit künstlich entleerte 
Mageninhalt zeigt eine schwach gelblich bräunliche (wofern 
nicht stark färbende Substanzen genossen wurden) trübe Flüssig¬ 
keit von saurem und etwas ranzigem Geruch und stark saurer 
Reaction, an deren Oberfläche Fetttropfen schwimmen, während 
ungelöste Theile theils zu Boden sinken, theils durch Gas¬ 
bläschen suspendiit erhalten werden. In der Flüssigkeit findet 
sich im Anfänge vorzüglich Zucker, später reichlicher Pepton¬ 
gehalt neben wenig Eiweiss. Die festen Theile bestehen zum 
grösseren Theile aus unveränderten Speisentheilen, zum Theile 
aus solchen, welche bereits eine Zerstörung ihrer ursprünglichen 
Textur zeigen. So findet sich z. B. das Muskelgewebe gequollen, 


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207 


zahlreiche Fibrillen isolirt, ohne Querstreifung, in Bruchstücken, 
welche theilweise pinselförmig auseinandergefasert erscheinen. 

Die Entleerung des Magens erfolgt nach den Beobach- 
tungen von Busch an einer mit hochliegender Dünndarmfistel 
behafteten Kranken, durch ganz arhythmisch erfolgende Gon- 
tractionen desselben, welche bald nach der Nahrungsaufnahme 
beginnen und bis zur vollständigen Entleerung fortdauern. Bei 
der erwähnten Kranken spritzte der Speisebrei aus der Fistel 
zeitweise in einem Strahle heraus und enthielt neben schon 
gebildeten Yerdauungsproducten noch den grösseren Theil der 
Nahrungsmittel in unverdautem Zustande. 

Die im Anfänge des Dünndarms reichlich zufliessenden alka¬ 
lischen Yerdauungsecrete (Pankreassaft und Galle) neutralisiren die 
Säure des Mageninhaltes und heben damit die Wirksamkeit des 
Pepsins auf. Es gelangen nunmehr die Fermente des Pankreas 
zur Wirkung, welche in energischerer Weise, als dies bei dem 
Speichel- und Magemaftfermente der Fall war, Amylum und 
Eiweisskörper verdauen. Der Pankreassaft veranlasst zugleich 
die Spaltung der Fette in Fettsäuren und Glycerin, wodurch 
indirect die Resorption der Fette ermöglicht wird. 

Letztere werden nämlich nicht wie die anderen Nahrungs¬ 
stoffe in Lösung, sondern im Zustande der feinsten Emulsion 
resorbirt. Das Zustandekommen dieser ist auch dann, wenn 
(wie im Darme) keine grösseren mechanischen Kräfte zur Wir¬ 
kung kommen können, durch das Vorhandensein von Fettseifen 
und freiem Alkali ermöglicht. Nach Gad kann unter diesen 
Bedingungen Fett schon durch einfache Berührung mit alka¬ 
lischer Flüssigkeit zur mikroskopisch feinen Emulsion zerfallen. 
Dasselbe geschieht nun in derselben Weise durch die infolge 
Pankreaswirkung frei gewordenen Fettsäuren einerseits und das 
freie Alkali des Pankreassaftes und der Galle andererseits im 
Darmkanale. 

Im weiteren Verlaufe treten unter den der Resorption 
entgangenen Bestandtheilen des Darminhaltes die Gährungs- und 
Fäulnissfermente in grösserer Masse auf und führen zur Bildung 
der früher angeführten Producte, welche, da sie vorzugsweise 
aus Säuren, insbesondere Milchsäure, bestehen, die saureReaction 
der Fäces bedingen. 

Nach Resorption des Wassers und der gelösten Stoffe 
bleiben die eingedickten Fäcalstoffe zurück, welche fast aus¬ 
schliesslich aus unlöslichen Stoffen: den unverdaulichen einge¬ 
führten Körpern, den Endproducten der Verdauung der Nahrungs¬ 
mittel und Verdauungssecrete (wie Galle) bestehen. 

Entgegen dem soeben skizzirten normalen Verdauungs¬ 
ablauf zeigt die Verdauung unter pathologischen Verhältnissen 
nach doppelter Richtung ein geändertes Verhalten. Es werden 
entweder die Ingesta zum grösseren Theile nicht in die zur 
Resorption erforderliche Modification gebracht oder ihre Zer¬ 
setzung überschreitet die durch den physiologischen Zweck der 


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208 


Verdauung gesetzten Grenzen und führt zur vorwiegenden Bil¬ 
dung von Producten, welche einerseits zur Ernährung unbrauchbar 
sind, andererseits sogar als locale Krankheitserreger, wie z. B. 
Fettsäuren, oder allgemein toxisch (z. B. Schwefelwasserstoff) 
wirken können. 

Besonders die letzterwähnte Anomalie, das reichliche Auf¬ 
treten von Gährungs- und Fäulnisszersetzungen, haben einen 
hervorragenden Antheil an den Symptomen, welche die Er¬ 
krankungen der Verdauungsorgane oder die auf Allgemein¬ 
zuständen (Anämie, Fieber ect.) beruhende Dyspepsie begleiten. 


Aus dem Geschäftsrathe. 

In der am 19. Mai unter dem Vorsitze des Herrn Präsi¬ 
denten Dr. v. Schmerling abgehaltenen Sitzung, an welcher 
beide Vicepräsidenten, der Secretär und 14 Mitglieder des 
Geschäftsrathes und der für diesen Abend besonders eingeladene 
Superintendent der Kriegsstiftung Prof. Dr. Josef Gr über theil- 
nahmen, referirte dieser vor Allem über die Bewerber um diese 
Stiftung. Es hatten sich um deren Genuss 9 Invaliden ange¬ 
meldet, von denen der Superintendent fünf, den berechtigteren 
Anspruch habende, nominirt und nach einem motivirten Bericht 
als die besonders zu berücksichtigenden, den Unterarzt Eduard 
Kübel und den Patental-Invaliden Strassmaier zur Bethei¬ 
lung aus dieser Stiftung beantragt, welchem Anträge auch ohne 
Debatte von sämmtlichen Anwesenden zugestimmt wird. 

Der Vorsitzende macht nun aufmerksam, dass der Super¬ 
intendent dieser Stiftung statutarisch nur auf fünf Jahre ge¬ 
wählt wurdej dass das Quinquennium in diesem Jahre abgelaufen 
und somit eine Neuwahl vorzunehmen sei, und spricht unter 
Einem Herrn Prof. Grub er den Dank des Collegiums aus, 
und der abtretende Superintendent wird per acclamationem für 
die nächste fünfjährige Periode wiedergewählt. Prof. Grub er 
dankt für das ihm so allgemein geschenkte Vertrauen, erklärt 
dass er die Wahl annehme, und verlässt dann, geleitet vom 
Vicepräsidenten Dr. Preyss den Saal. 

Während der Abwesenheit des Letzteren bringt der Vor¬ 
sitzende in Erinnerung, dass Dr. Preyss am 7, Juni d. J. 
sein 70. Lebensjahr vollenden werde, und beantragt, es möge 
dem Jubilar von Seite des Collegiums, dessen treuer Anhänger 
er seit einer langen Reihe von Jahren ist, in Anerkennung 
seiner rastlosen, uneigennützigen Bemühungen im Interesse der 
Corporation eine würdige Ovation entgegengebracht werden. 
Dieser Vorschlag wird einstimmig angenommen und auf 
die weiteren Propositionen des Vorsitzenden eingehend, wird 
beschlossen: Es sei eine aus den Präsidium- und Geschäfts¬ 
rathsmitgliedern zu wählende Deputation an den Jubilar zu 
entsenden die denselben im Namen des Collegiums zu beglück¬ 
wünschen und ihm ein entsprechendes Ehrengeschenk von Seite 


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209 


des Collegiums überreichen solle. Nachdem nun noch der Werth- 
betiag dieses Geschenks bestimmt worden, wird die Wahl des¬ 
selben, sowie die Anschaffung dem Ermessen des Präsidiums 
anheimgestellt. 

Sodann werden über Antrag des Secretärs die DDr. David 
Münch, Bahnarzt in Stockerau, Rudolf Jam a, praktischer Arzt 
in Wien und Johann Lanyi, k. k. Hof- und Stabsarzt, ein- 
btimmig als ordentliche Mitglieder in das Wr. med. Doct.-Coll. 
aufgenommen. 

Secretär theilt mit a) von der Steuer-Administration sei 
eine Aufforderung ergangen zur nachträglichen Zahlung der 
Einkommensteuer pro 1876—79 für die Gehalte des Herrn 
Secretärs und des Canzellisten und beantragt, es möge diese 
Steuer vom Collegium gezahlt und im Regieconto in Ausgabe 
gestellt werden (wird angenommen), b) Dass neuerlich wieder 
einige Werke von den Autoren für die Bibliothek des Colle¬ 
giums gespendet wurden, die vorgelegt werden; darunter die 
neueste Arbeit des Altmeisters Hyrtl, welche den Titel führt 
„Onomatologia anatomiea“ und eine Geschichte und Critik der 
anatomischen Sprache der Gegenwart enthalte. (Dankschreiben.) 

M.-R. Dr. P r ey s s, der mittlerweile zurückgekommen, 
bringt zur Kenntniss, dass von dem Geschäftsausschusse des 
Aerzte-Vereins-Verbandes ein zweites Memorandum an die 
hohe Regierung und beide Häuser des Reichsrathes abgegeben 
und auch in der Vereinszeitung veröffentlicht worden sei, in 
welchem nicht nur wieder und noch dringender als früher um 
Bewilligung von Aerztekammern im Gesammtgebiete Cisleitha- 
niens gebeten wird, sondern auch die in der Petition des Doct.- 
Coll. gegen die Errichtung von Aerztekammern angeführten 
Gründe zu widerlegen sich bemüht, das aber einerseits viele Un¬ 
wahrheiten, anderseits selbst Verunglimpfungen und Schmähungen 
des Coli, enthalte, daher zu einem Gegenmemorandum heraus¬ 
fordere, in welchem die Unwahrheiten richtiggestellt und die 
Schmähungen zurückgewiesen werden. Er beantragt daher, 
diese Angelegenheit dem Comite zur Wahrung der Standes- 
interessen zuzuweisen, damit dieses eingehend darüber berathe 
und das Resultat dieser Berathung ehethunlichst in einem be¬ 
sonderen Berichte im Geschäftsrathe vortrage. 

In der hierauf folgenden Debatte glaubt Dr. Jos. Scholz 
als Mitglied des Aerzte-Vereins-Verbands und speciell des 
Geschäftsausschusses desselben seine Ansicht dahin formuliren 
zu dürfen, dass für das Wr. med. Doct.-Coll. kein Grund be¬ 
stehe, gegen das fragliche Elaborat Stellung zu nehmen ; da 
seiner persönlichen Meinung nach dasselbe in keiner Hinsicht 
geschädigt würde. Andererseits aber glaube er, dass das Doct.- 
Coll. nicht überrascht sein könne, wenn wirklich in der jüngsten 
Eingabe des Geschäftsausschusses des Aerzte-Vereins-Verbands 
einige Behauptungen des Memorandums des Doct.-Coll. in etwas 
accentuirter Weise besprochen worden seien, da bisher ein 


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210 


Entgegenkommen des Doot.-Coll. noch nicht wahrzunehmen 
gewesen sei. 

Dr. A. Gr über bedauert die Conflicte, in welche das 
Collegium wider seinem ehrlichen Streben hineingezogen wurde. 
Auch selie er in den Plänen und Tendenzen des Aerzte-Vereins- 
Yerbandes manche schwere Gefahr für die allen Collegen so 
theure Körperschaft erwachsen, um so mehr als diese erst jene 
einflussreiche Stellung in sanitärer und ärztlich-socialer Hinsicht, 
die ihm seiner Yergangenheit und seiner dermaligen Organisa¬ 
tion gemäss gebühren, zu erringen bemüht sein müsse, während 
die Realisirung von Aerztekammern und dergleichen Wünschen 
des Aerzte-Vereins-Verbandes ihr jeden Fortschritt in der be- 
zeichneten Richtung abschneiden würden. Er sehe wohl ein, 
dass es sehr schwer sei, gleichzeitig die vitalen Interessen des 
Collegiums zu wahren und die Ziele einer neuen concurriren- 
den Institution zu fördern. 

Dr. Löffler glaubt den Freunden des Aerzte-Vereins- 
Verbandes möglichst weit entgegenzukommen, wenn er nicht 
schon gegen diesen als solchen auftrete und zugebe, dass der¬ 
selbe wenigstens in der Lage sei, der ärztlichen Gesellschaft 
einiges Nützliche zu leisten, wenu auch kaum jemals so Grosses, 
als das Collegium schon jetzt allen in der Gesammtmonarchie 
promovirten Doctoren biete und so Nutzbares in allgemeiner 
sanitärer Hinsicht als eine Corporation, gleich der unseren, wenn 
nur mit den entsprecheneen Machtvollkommenheiten ausgerüstet. 

Was aber die Gefährlichkeit der Aerztekammern betrifft, 
so halte er (Dr. L.) dafür, dass sie für das Coli, im eminen¬ 
testen Maasse bestehe. Eben weil der Aerzte-Vereins Verband 
die Errichtung einer ärztlichen Zwangsgenossenschaft, und zwar 
in viel strengerer Organisation als dies bei dem Doct.-Coll. 
der medicinischen Facultät je der Fall war, herbeizuführen be¬ 
strebt sei, sehe sich das Wr. med. Doct.-Coll. nicht nur in 
seiner Stellung, Würde, seinem staatlichen und socialen Ein¬ 
flüsse, sondern in seiner ganzen Existenz bedroht. Schon der 
Geldpunkt sei hier entscheidend, denn die neu promovirten 
Doctoren werden nur in verschwindend kleiner Zahl in das 
Doct.-Coll. freiwillig eintreten und einzahlen, wenn sie ohne¬ 
dies in eine andere staatlich organisirte ärztliche Vereinigung, 
welchen Namen sie auch führen möge, einzutreten und — sehr 
viel — zu zahlen gezwungen sind. Es würden nur jene in 
das Coli, eintreten, welche durch ihre Aufnahme in die gross¬ 
artigen humanitären Institute desselben materielle Vortheile er¬ 
langen wollen, aber sich um die wissenschaftlichen Bestrebun¬ 
gen desselben nicht kümmern, somit auch daran nicht theil« 
nehmen werden, und das besonders dann, wenn es dem Aerzte- 
verbande je gelingen sollte, ähnliche gleichwertige Institute 
wie die, welche das Collegium schon besitzt, ins Leben zu 
rufen, was allerdings, wenn überhaupt, nur in sehr ferner 
Zukunft möglich sein könnte. 


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211 


Dr. Lederer weist daraufhin, dass der Aerzte*Vereins- 
Verband, um mit imponirenden Ziffern auftreten zu können, 
sich mit den Wundärzten aufs engste liirt habe und spricht 
die Ueberzeugung aus, dass diese allein einen Vortheil ge¬ 
messen, wenn die Pläne und Ziele des Aerzte-Vereins-Verbands 
von diesen erreicht würden, indem sie dann ihren Willen den 
Doctoren de lege aufzwingen könnten. 

Dr..J. Scholz replicirt auf die Ausführungen der Vor 
redner und betont, dass er bisher immer noch der Hoffnung 
lebte, es werde ihm gelingen, die bisher noch bestehenden 
Differenzen zwischen dem Wr. med. Doct.-Coll. und dem Aerzte- 
Vereins-Verbände als Mittelmann, welcher in der Execution 
Beider Sitz und Stimme habe, auszugleichen. Er war daher 
jederzeit bestrebt, für diejenige Korporation, deren Mitglied er 
sei, zu wirken und gebe die Hoffnung nicht auf, sein Ziel zu 
erreichen, wenn er auch bisher noch kein Resultat erzielte. 

Darauf wurde von mehreren Seiten bemerkt: Es sei un¬ 
möglich, zweien Herren gleichzeitig zu dienen, und dann zur 
Abstimmung über den Antrag des Dr. Preyss geschritten. 

Der Geschäftsrath beschliesst mit überwiegender Majorität, 
dem Anträge Folge zu geben, ihn zur eingehenden Berathung 
dem Comitö zur Wahrung der Standesinteressen zuzuweisen 
und falls dieses die Eingabe eines Gegenmemorandum für noth- 
wendig und opportun erkenne, einen Entwurf auszuarbeiten und 
ihn in einer der ersten Sitzungen nach den Ferien zur weiteren 
Berathung dem Geschäftsrathe vorzulegen. 


Aerztlicher Bericht über das k. und k. österr.-ungar. 
National-Spital in Constantinopel im Jahre 1879. 

Verfasst vom k. k Regimentsarzt Dr. Weissbach, Referent D. P. 

Der vorliegende Bericht, den, wie in früheren Jahren so auch 
in diesem, das k. k. Ministerium des Aeussem dem Wr. medic. 
Doct.-Coll. zur geeignet scheinenden Benützung übermittelte, hat die 
Tendenz, über die Leistungen des Verfassers, als leitenden Arztes der 
genannten Heilanstalt, Rechenschaft zu geben und über die Zahl 
und die Eigenthümlichkeiten der daselbst behandelten Krankheiten 
zu belichten. Die Arbeit ist gleich der früheren Jahre wohl mehr 
in statistischer Weise abgefasst, doch gibt sie immerhin neuerdings 
Zeugniss für das wissenschaftliche Streben, die Gründlichkeit der 
Beobachtung und des Ernstes und der Gewissenhaftigkeit, mit welcher 
der fleissige Verfasser derselben seines Amtes gewaltet. Zum Beweise 
hiefür wollen wir im Folgenden nach einer kurzen Beachtung der 
statistischen Verhältnisse, ohne die systematische Eintheilung der 
Krankheitsgenera zu berücksichtigen, die übrigens in den fünf der¬ 
artigen Berichten, welche uns bisher vom hohen k. und k. Ministerium 
zur Verfügung gestellt worden, unverändert geblieben und einige 
der bedeutungsvolleren Beobachtungen hervorheben und im Auszuge 
wiedergeben. 


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212 


Der Bericht fällt fünfzehn geschriebene Bogen, denen noch 
sechs statistische Tabellen angehängt sind. Er bezieht sich auf 328 
im Spitale verpflegte und behandelte Kranke, allerdings eine be¬ 
bedeutend geringere Zahl als die des Jahres 1878; doch gibt der 
Verfasser auch sofort den Grund dafür in den allgemein günstigen 
Gesundheitsverhältnissen Stambuls und dem Befreitsein von jedweder 
Epidemie im abgelaufenen Jahre an. Merkwürdigerweise kamen die 
meisten Erkrankungen in den letzten drei Monaten d. J. (Herbst) 
vor, denen sich die im Juli, August und September der Zahl nach 
zunächst anschliessen, während in der ersten Jahreshälfte nur 
119 Kranke in das Spital aufgenommen wurden, ein Verhältniss, 
das im geraden Gegensätze steht zu dem der früheren Jahre, in 
welchen das Maximum auf den Frühling, das Minimum auf den 
Herbst fiel. 

Unter diesen waren die Seeleute (201) relativ spärlicher ver¬ 
treten als in den letzten zehn Jahren, und von diesen kamen 108 
von Segelschiffen, 39 vom Oesterreichisch-ungarischen Lloyd und 21 
von der k. und k. Kriegsmarine, die noch übrigen 38 waren dienst¬ 
los. Dagegen übertraf die Zahl der in das Spital aufgenommenen 
kranken Hichtseeleute (122, unter denen 19 Weiber) die des Vor¬ 
jahres um nahezu 10 Procent, in welcher Beziehung sie nur dem 
Kriegsjahre 1877 mit seiner darniederliegenden Schifffahrt nachsteht. 

(Fortsetzung folgt.) 

Notizen. 

Fünfzigjähriges Doctor - Jubiläum. Am 6. August 1880 feierte der 
k. k Regierungsrath Dr. Rudolf Ritter von Vivenot soin 50jähriges Dootor- 
Jubiläum. Der Gesohäftsrath des Doct.-Coll. hatte beschlossen, diesem hochver¬ 
dienten Mitgliede bei diesem Anlasse eine praohtvoll ausgestattete Adresse zu 
überreichen. Bereits am 80. Juli brachte eine Deputation des Collegiums, 
geführt von dem Präsidenten Herrn Hofrath Dr. Rainer Ritter v. Schmerling 
dem gefeierten Jubilar, welcher im Jahre 1866 als Obmann des Comitös zur 
ärztlichen und anderweitigen Hilfeleistung des Wiener medioinisohen Doct.- 
Coll. für die k. k. Armee auf Kriegsdauer unvergängliche Verdienste um das 
Collegium sich erworben hat, die wärmsten Glückwünsche des Collegiums dar. Den 
6. August, den eigentlichen Jubel tag, braohte der Jubilar auf seinem Landgute 
Lilienfeld zu, wo er am Vorabende durch einen Festzug der Gemeinde über¬ 
rascht wurde, deren Vertretung ihn einstimmig zu ihrem Ehrenbürger ernannt hat. 

60jähriges Doctor-Jubiläum. Herr Dr. Franz Ritter von Güntner, 
emer. Hofrath, welohem das Wr. medio. Doct.-Coll. aus Anlass der 60jährigen 
Jubelfeier seiner Promotion eine elegant ausgestattete Adresse naoh seinem 
Sommer-Aufenthalt Ischl am 25. Juli 1880 ftbersohiokte, bedankte sich hiefür 
in einem eigenhändigen Sohreibeo, dessen kräftige Schriftzüge von der seltenen 
Lebenskräftigkeit und Geistesfrisohe zeigen. Herr Hofrath v. Güntner ist am 
23. September 1790 geboren, vollendet somit nächstens sein 90. Lebensjahr. 

Auszeichnung. Unser geschätztes Mitglied, Herr Dr. Josef Ruff, 
welcher in Stuttgart domioilirt und Vorstand der österreichisch-ungarischen 
Colonie daselbst ist, erhielt in Anerkennung der Verdienste um die Unterstützung 
der Szegediner Ueberschwemmten das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens. 

Todesfall. Dr. Laurenz Erb, k. k. Regiments- und Chefarzt des I. Wiener 
Landwehrschützen-Bataillons, Bürger, ist am 26. Juli 1. J. in Wien im 
62. Lebensjahre einem Sohlaganfalle erlegen. Derselbe war ein geaohteter 
praktischer Arzt und entwickelte auoh gemeinnützige - humanitäre Thätigkeit 
als Waisenvater. Friede seiner Asche! 


Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doct.-Ooll. — Vorantwortlioher Bedacteur. 
Pr. L Hopfgartner. — OeiellBchafts-Buohdruokerei, Wien, EU. Erdbergeretraaee 8. 


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VI. Bd. Aasgegeben am 26. August 1880. BTr. IO 


mittheilijn™ 

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Erscheint jeden sweiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bogen nnd darüber, an 
10 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegiums im In¬ 
lands 8 fl., nach dem Auslände 6 Mrk. — Binseine Nummern 26 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pr&numerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplita dk Denttcke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasae 6. 

ZiMkriften and Ziseiduzgei an die Redaetion: Wien, Kanzlei des Wiener ned. 
Dod.-€oll. and der Witwen- nnd Waisen-Soeiet&t, Rotkentknrmstrasse 23. 


Inhalt: Symptom«* und Verlauf des secundären Magenkrebses, von Dr. Leo Redtenbacher. 
— Bericht über die Leistungen des Unterstützungs-Institutes im Jahre 1879. — Aerxtlicher 
Bericht über das k. und k. National-Spital in Constantinopel im Jahre 1879. — Notizen. 


Beobachtungen Uber die Symptome und den Verlauf 
des secundären Magenkrebses. 

Von Dr. Leo Redtenbaeker, Operateur und k. k. I. Stadt-Armenarzt. 

Unter den inneren Organeo wird der Magen am häufigsten 
vom Carcinom befallen; meist erkrankt derselbe primär, seltener 
gesellt sich Magenkrebs als seeundäre Erkrankung zu krebsiger 
Entartung anderer Organe oder pflanzt sich von benachbarten 
Organen auf den Magen fort. (Niemeyer.) 

Die Erscheinungen des primären Magenkrebses sind be¬ 
kanntlich nicht immer sehr prägnant, so dass es in manchen 
Fällen unmöglich ist, einen Magenkrebs im Leben mit Sicher¬ 
heit zu erkennen. In anderen Fällen ist der Magenkrebs nur 
mit annähernder Bestimmtheit zu erkennen; es sind dies jene 
Fälle, in welchen die Kranken unter gastrischen Erscheinungen 
auffällig rasch verfallen, ein kachektisches Aussehen bekommen 
und anderweitige Krankheiten, welche die Kachexie und den 
Marasmus erklären könnten*—.ausgeschlossen werden können. 
Endlich in der Majorität der Fälle ist das Bild, unter welchem 
der Magenkrebs verläuft, ein mehr typisches. Zu den dyspep¬ 
tischen Erscheinungen gesellt sich bald empfindlicher Schmerz 
in der Magengegend, Erbrechen; die erbrochenen Massen be¬ 
stehen anfangs aus in Schleimmengen eingehüllte, mehr weniger 
veränderte Speisenreste, bald jedoch kommt es zum Erbrechen 
der kaffeesatzähnlichen Massen, auch Blut in Striemen ist dem 
Erbrochenen nicht so selten beigemischt und schliesslich gesellt 
sich den geschilderten Erscheinungen das wichtigste Symptom 
des Magenkrebses, nämlich das Auftreten einer Geschwulst im 
Epigastrium zu. Unter meist stetiger Zunahme der krankhaften 
Erscheinungen gehen die Kranken zu Grunde. Gemeinhin nimmt 


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der Verlauf dieser Krankheit den Zeitraum von vielen Monaten 
bis zu einem Jahre, seltener über ein Jahr in Anspruch. 

Der secundäre Magenkrebs nun, der den Chirurgen mehr 
interessirt, da es in vielen Fällen von Wichtigheit ist, den Be¬ 
ginn desselben mit Bestimmtheit* diagnosticiren zu können, damit 
man nicht in die Lage kommt, quo ad exstirpationem eines an 
anderer Stelle des Körpers vorhandenen, dem Messer zugäng¬ 
lichen Tumons eine fehlerhafte Indication zu stellen, bietet nun, 
wie ich durch die nachfolgende Krankengeschichte zu zeigen 
bemüht sein werde, sowohl in seiner Entwickelung als auch in 
seinem Verlaufe ein von dem typischen Bilde des primären 
Magenkrebses abweichendes Bild dar. Insbesondere ist sein Auf¬ 
treten ein viel stürmischeres und der Verlauf ein viel kürzerer, 
was wohl nur darin seine Erklärung findet, dass überhaupt 
secundäre Neubildungen schneller verlaufen, als primär gebildete 
Geschwülste. Dass der Ausgang derselbe ist wie beim primären 
Magencarcinom ist selbstverständlich, doch kommt es in Folge 
des stürmischen Verlaufes keineswegs zu so hochgradigen mara- 
stischen Erscheinungen wie beim primären Magencarcinom. Der 
Fall, den ich zu beobachten in der Lage war, betraf eine fünf- 
undsechzigjährige Frau aus den besseren Ständen. Die Mutter 
der Patientin war an Carcinoma uteri gestprben. Die Kranke 
selbst, eine wohlgenährte, dem Alter entsprechend und gut aus¬ 
sehende Frau, hatte einmal geboren, jedoch schon mit einigen* 
zwanzig Jahren die Katamenien verloren. Sie litt in früheren 
Jahren wiederholt an schweren catarrhalischen Magenaffectionen, 
fühlte sich jedoch, was den Magen anbelangte, als ich sie das 
erstemal sah (um die Mitte des Monates März d. J.), vollkommen 
wohl. Consultirt wurde ich wegen einer anderen krankhaften 
Erscheinung, nämlich wegen Incontinentia faecarum, die an¬ 
geblich acht bis zehn Monate bestand und von welcher die 
Patientin längere Zeit geglaubt hatte, dass sie weniger zu be¬ 
deuten habe und von selbst wieder gut werden würde. Die In- 
continenz bestand in nahezu permanentem Abgänge federkiel¬ 
dicker Fäcalmassen. Anamnetisch könnte jede eine einfache 
Strictur in der Gegend des Sphinkter bedingende Ursache aus¬ 
geschlossen werden, so dass ich sofort an neugebildete Massen, 
in denen der Sphinkter bereits untergegangen war, denken musste. 
Die Digitalexploration bestätigte meine Annahme. Ich fand das 
Rectum unmittelbar über der Afteröffnung für die Spitze des 
Zeigefingers selbst bei einiger Kraftanwendung inpermeabel. 
Die Consistenz der nicht passirbaren Stelle skirrhös. Die Unter¬ 
suchung von der hinteren Vaginalwand aus ergab, dass die Ge¬ 
schwulst am untersten Theile des Mastdarmes aufsass und gut 
beweglich sei. Die Schleimhaut der Vagina mit dem Tumor nicht 
in Verbindung. Eine vier Mm. dicke elastische Bougie drang 
mühsam durch die S-förmig gekrümmte stricturirte Stelle. Die 
Untersuchung der inneren Organe, insbesondere die genaue 
Untersuchung der Leber und des Magens, sowie der Beoken- 


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organe ergab einen vollkommen negativen Befund. loh legte 
der Patientin, ohne das Wort Neubildung zu gebrauchen, nahe, 
dass sie an einer bereits hochgradigen Yerengerung des Mast- 
darmes erkrankt sei, und dass die Gefahr bestehe, dass in nicht 
zu langer Zeit ein vollständiger Verschluss der kleinen und engen 
Communicationsstelle zu erwarten sei, daher ich ihr mit Rück¬ 
sicht auf die Folgen eines Darmabschlusses zu einem das Leiden 
radical behebenden operativen Eingriff Zureden müsse. Da sich 
die Patientin jedoch diesem Ansinnen entschieden abgeneigt 
zeigte, und ich meinerseits in solchen Fällen mit Rücksicht auf 
die ungünstige Prognose, welche derartige operative Eingriffe 
überhaupt und insbesondere im vorgerückten Alter geben, den 
Kranken nach Eröffnung meiner Ansicht, wenn sie derselben 
nicht beipflichten, nicht intensiv zuzureden pflege, ich aber doch 
ersucht wurde, etwas zu thun, so entschloss ich mich zur me¬ 
thodischen Dilatation der skirrhösen Strictur durch elastische 
Bongien mit nachfolgenden Mastdarraauswaschungen. 

Es gelang mir auch in relativ kurzer Zeit und ohne 
Blutung zu erzielen, die Strictur bedeutend zu erweitern, so 
dass der Mastdarm durch Wasserinjectionen immer ganz ent¬ 
leert werden konnte. Hiemit erzielte ich eine wesentliche Er¬ 
leichterung für die Patientin, denn jetzt traten lange Pausen 
auf, bis es durch neue Eothansammlungen zu Incontinenz- 
encheinungen kam. Dabei war das Aussehen der Patientin 
vortrefflich, guter Appetit vorhanden. Schon machte ich mir im 
Stillen Vorwürfe, dass ich nicht nachdrücklicher auf die Vor¬ 
nahme der Exstirpation der Neubildung gedrungen hatte, als 
sich das Krankheitsbild in wenigen Tagen in einer Weise com- 
plicirte, dass an einen operativen Eingriff nicht mehr zu den¬ 
ken war. Es stellte sich nemlich ohne jede dispeptische Vor¬ 
boten plötzlich heftiges Erbrechen eiü, dem sich nach einigen 
Tagen ein an Intensität rasch zunehmender Icterus zugesellte. 
Die Gelbsucht bot zwar die gewöhnlichen Erscheinungen des 
katarrhalischen Icterus dar (intensive, reine, anfangs citronen-, 
später tiefokerfarbige Gelbfärbung der allgemeinen Decke, mit 
lästigem Hautjucken und entsprechender Harnpigmentirung bei 
gleichzeitiger Entfärbung der Faeces), dennoch konnte man 
meiner Ansicht nach, obwohl eine neuerliche genaue Unter¬ 
suchung der Leber- und Magengegend ein negatives Resultat 
gaben, wohl mit grosser Wahrscheinlichkeit auf ein beginnen¬ 
des, den Ductus choledochus comprimirendes Carcinoma ventriculi 
meta8taticum seu secundarium stellen. Der weitere Verlauf bestätigte 
die richtige Beurtheilung dieser Erscheinungen. Das Erbrechen 
dauerte ununterbrochen an, und wurde schliesslich auch nicht 
mehr in Eis gekühlte Milch und Eispillen vertragen. Das als 
vorzügliches Stomachicum bekannte Decoctum Cundurango 10 
ad 180 zweistündlich ein Esslöffel bleibt wirkungslos. Es stellt 
sich enorme Empfindlichkeit der vorderen Magenwand ein, so 
dass die leiseste Berührung derselben auf reflectorischem Wege 


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Husten und wenige Augenblicke darnach Erbrechen erzeugt. 
Die erbrochenen Massen, coagulirte Milchreste mit massenhaftem 
Schleim, später Kaffeesatz-ähnliche Massen, hie und da Blut¬ 
striemen im Schleime; es ist noch immer kein Tumor palpabel. 
Kurze, circa fünf Tage andauernde Remission der Erscheinun¬ 
gen, Patientin beginnt durch Morphium-Injectionen beruhigt in 
Eis gekühlte Milch bis zur Tagesmenge von ein und einhalb Liter 
zu vertragen, doch hält die Besserung nicht lange an, es tritt 
neuerdings unstillbares Erbrechen ein. Der Ikterus beginnt ein 
auffallend kachektisches Ansehen zu erhalten, dieser Verände¬ 
rung des Icterus waren schon Erscheinungen des Scorbutes 
(scorbutisches Zahnfleisch, Haemorrhagien in und unter die 
Haut, stellenweise in grosser Ausbreitung) vorangegangen. Bei 
genauer Palpitation der Magengegend fühlt man noch rechts 
vom Aortenpulse eine undeutlich vermehrte Resistenz. Unter 
stetiger Zunahme der krankhaften Erscheinungen und während 
auch das Rectum carcinom heranwächst und hie und da 
spontan zu bluten beginnt, bildet sich endlich Anfang der 9. 
Woche nach dem Auftreten der gastrischen Erscheinungen ein 
im Epigastrium deutlich fühlbarer Tumor. Am Ende der 10. 
Woche war die Patientin ihrem Leiden unter den Erscheinun¬ 
gen der Erschöpfung erlegen. Aus diesem Krankheitsbilde geht 
wohl mit Evidenz hervor, dass t bei vorhandenem Neoplasma 
an anderen Körperstellen das Auftreten der gastrischen Er¬ 
scheinungen, wenn nicht ein grober Diätfehler vorangegangen 
ist, allein schon genügt, den Beginn einer metastatischen Neu¬ 
bildung im Magen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, 
daher von diesem Augenblicke an ein operativer Eingriff an der 
anderen Körperstelle als höchst gewagt zu bezeichnen ist. Bil¬ 
den sich wie in dem vorliegenden Falle wenige Tage hierauf 
Compressionserscheinungen am Ausführungsgange der Leber, so 
kann man meiner Ansicht nach die Diagnose sohon mit Be¬ 
stimmtheit stellen. Das von Andral für das einzig sichere 
Zeichen des Magenkrebs gehaltene Symptom, das Auftreten 
eines palpabeln Tumors bleibt zum Schlüsse nicht aus, doch 
kann man schon Wochen früher die sichere Diagnose aus den 
allgemeinen Erscheinungen stellen. Das Nichtfühlen der gewiss 
mit den schwersten Verdauungsstörungen sychronisch auftreten¬ 
den Magengeschwulst liegt ja in der Natur der Sache. Bedenkt 
man, dass der anfangs kleine Tumor z. B. sich an der kleinen 
Curvatur oder an der hinteren Magenwand bildet, so ist es 
selbst bei grosser Qefühlsübung kaum möglich, denselben durch 
die Bauchdecken, den linken Leberlappen und die vordere 
Magenwand mit Sicherheit zu fühlen, dennoch aber ist dieser 
Tumor, der gewiss bei seinem Auftreten durch Fluxion die 
Magenschleimhaut zur katarrhalischen Erkrankung bringt, in 
der Lage, die Erscheinungen schwerer Gastritis mit nachfolgen¬ 
dem Icterus zu erzeugen. Es ist also eine Wahrscheinlichkeits¬ 
diagnose mit der Wahischeinlchkeit 100 : 1. Die Qualität des 


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Icterus konnte anfangs irre führen, so dass man an eine zu¬ 
fällige Complication der primären Geschwulst mit einem ein¬ 
fachen katarrhalischen Icterus denken könnte. Bei genauer 
Beobachtung des Patienten ist man jedoch schon nach wenigen 
Tagen in der Lage zu constatiren, dass dem Ikterus sich rasch 
Scorbuterscheinungen zugesellen. Man findet bald hie und da 
kleine Hauthaemorrhagien, eine Erscheinung, die dem Icterus 
katarrhalis nicht eigen ist. Auch nimmt der Ikterus um die Zeit 
seines Intensitätsmaximus den Charakter der kachektischen 
Gelbsucht an. Ich glaube nach dem Gesagten mich dahin aus¬ 
sprechen zu müssen, dass das secundäre Auftreten des Carci¬ 
noma des Magens und seiner Anfangsstadien bald zu erkennen 
ist und dass das Gesammtbild der pathologischen Erscheinungen 
ein derartiges ist, dass man von dem Auftreten der palpabeln 
Geschwulst absehen kann, ohne in die Gefahr zu kommen, 
leichtsinnig und schleuderisch zu diagnosticiren. 

Bericht Uber die Leistungen des Unterstützungs- 
Institutes im Jahre 1879. 

Vorgetragen in der Generalversammlung dieses Institutes am 28. Februar 1880 
vom Vice Präsidenten Dr. Preyss. 

Hochansehnliche Versammlung! 

Geehrte Herrn Collegen! 

Seit wir uns in diesen Bäumen das letzte Mal zahlreich ver¬ 
sammelt haben, ist ein volles Jahr verflossen und wieder tritt an 
das Präsidium die Pflicht heran, Ihnen Bericht zu erstatten über 
die Leistungen des UnterstützungB-Institutes in dem jüngst verflossenen 
Jahr 1879. 

In Verhinderung des Herrn Präsidenten, der als Leibarzt Sr. 
k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Albrecht an dessen 
Seite in Arco weilt, wird mir die Ehre zu Theil, dieser angenehmen 
Pflicht nachkommen zu können. 

Ehe ich jedoch von den Leistungen während des abgelaufenen 
Jahres, welche durch die Thätigkeit des von Ihnen gewählten Aus* 
schusses gefordert wurden, spreche, erlaube ich mir noch auf die 
am Schlüsse der letzten General-Versammlung vorgenommenen Wahlen 
zurückzukommen, deren Scrutinium erst nachträglich vorgenommen 
wurde und das die Wiederwahl aller durch die Anciennitätzum Austritt 
bestimmten Mitglieder, der DDr. Kirschnek, Preyss, Schneller und 
Schwarz Isidor ergab, so dass Ihnen heute noch derselbe Ausschuss 
gegenübersteht wie vor einem Jahre — leider nicht mehr vollzählig, 
da vor nicht vollen zwei Monden einer der jüngsten Collegen aus 
unserer Mitte gerissen wurde, ein Mann, dessen lebhaftes Interesse 
für das Institut und der rege Eifer, den er für das Gedeihen an 
den Tag legte, zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Es ist dies 
Br. Carl Kirschnek, 

Wenn das Institut auch in diesem Jahre sich keines besonderen 
Aufschwunges rühmen kann, so dürften die Erfolge der Thätigkeit 


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des Ausschusses von der geehrten Versammlung doch nicht ganz 
abfällig beurtheilt werden. Denn obgleich im Laufe des verflossenen 
Jahres ein hervorragender Gründer (Well) der, obschon er bei der 
Gründung des Institutes das für Mitglieder festgesetzte höchste Alter 
bereits überschritten hatte, also nicht mehr Mitglied werden konnte, 
nebst der beträchtlichen Spende von 1000 fl. doch alljährlich auch 
den Mitgliederbeitrag entrichtete — und drei andere Mitglieder 
(Simon Fischer, Hesser und Mühlhauser) mit Tod abgiengen, 
ein Mitglied austrat (Stössl) und ein Gründer (Patruban) seine 
bisherige Mitgliedschaft aufgab, somit sechs in Abgang kamen, 
so verminderte sich die Zahl der Mitglieder doch nur um vier, da 
ein College nach geleisteter Alters - Nachzahlung' für 29 Jahre im 
Betrage von 282 fl. (Schipp) neu und ein zweiter, der schon 
früher Mitglied gewesen und während mehrerer Jahre ausgetreten 
war, aber die Wiederaufnahme angesucht hatte, nachdem er die 
rückständigen Jahresbeiträge mit statutarisch festgesetzter Erhöhung 
zusammen 74 fl. erlegt, wieder aufgenommen wurden. 

An ausserordentlichen Zuflüssen hat das Institut nur noch 
das flüssig gemachte vorjährige Legat Dr. G. Leitner’s (nach Ab¬ 
zug der Erbsteuer) im Betrage von 450 fl. baar erhalten und zählt 
dieses Jahr zu den wenigen, in dem nicht ein neuer Gründer bei¬ 
getreten ist. Dagegen war aber auch die Inanspruchnahme der 
Hilfsquelle nur eine mässige und es haben die eben erwähnten Ein¬ 
nahmen nebst den 1378 fl. eingegangener Mitgliederbeiträge genügt, 
alle Ansprüche auf vorübergehende Unterstützungen zu befriedigen 
ohne mehr als 10 fl. von den Capitalszinsen, die i. J. 1879 4014 fl. 
62 kr. ergaben, dazu zu verwenden, obgleich ganz unerwartete Un- 
glücksfälle vorgekommen sind, bei denen rasche Hilfe im möglichst 
ausgedehnten Maasse dringend erschien, die der Ausschuss in der 
liberalsten und coulantesten Weise zu bringen im Interesse des 
Institutes für seine Pflicht hielt. (Fortsetzung folgt.) 


Aerztlicher Bericht über das k. und k. österr.-ungar. 
National-Spital in Constantinopel im Jahre 1879. 

Verfasst vom k. k Regimentsarzt Dr. Weissbaoh, Referent. D. P. 

Die meisten der Kranken (257) gehörten den cisleithanischen 
Kronländern der Monarchie und unter diesen stellte Dalmatien, wie 
leicht begreiflich, das grösste Contingent. Die Länder der ungarischen 
Krone waren nur durch 48 und das Ausland durch 18 vertreten. 

Im Jahre 1879 liefen 974 Schiffe (412 Dampfer und 562 
Segler) unter österreichisch-ungarischer Flagge mit einer Bemannung 
von 23*179 Köpfen im Hafen von Constantinopel ein, so dass von 4*84 
angekommenen Schiffen nur je 1 Kranker im Spitale Aufnahme suchte 
und die Erkrankungsziffer der gesammten Bemannung 0*86 beträgt. 

In Bezug auf die Krankheitsgattungen und Arten ist bemerkens¬ 
wert!^ dass im abgelaufenen Jahre verhältnissmässig weit weniger 
innerliche und syphilitische Krankheiten, dagegen mehr äusserliche 


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zur Behandlung kamen als in früheren Jahren, nur Wechselfieber 
machten davon eine Ausnahme. 

Der Einfluss der Jahreszeiten konnte im Jahre 1879 nur bei 
Wechselfiebem, die im Sommer und Herbst häufiger vorkamen, und 
bei Krankheiten der Athmungsorgane im Allgemeinen sowohl als 
namentlich bei Pneumonien im Besonderen, welch’ letztere im Herbst 
am öftesten vorkamen, bemerkt werden. 

Von der Gesammtzahl der 328 Kranken wurden 276 grössten- 
Iheils vollkommen geheilt, weniger in bedeutend gebessertem Zustande 
entlassen, 22 starben, und 25 verblieben am Schlüsse des Jahres 
noch in Behandlung. Sämmtliche 298 abgegangene Kranke bean¬ 
spruchten zusammen 7042 Verpflegstage, somit durchschnittlich jeder 
einzelne 23*62, genau so viel als im Jahre 1878. 

A. Interne Krankheiten. 

A. Allgemeine Krankheiten. 

1. So wenige Infectionskrankheiten auch im All¬ 
gemeinen Vorkommen, so waren doch die Wechselfieber nicht 
nur im Verhältniss zu den andern in diese Reihe gehörigen 
Fällen weit überwiegend, sondern sie kommen selbst noch häufiger 
vor als in den letzten 10 Jahren, ohne dass übrigens besondere 
Erscheinungen und aussergewöhliche Complicationen beobachtet 
wurden. Von den 60 vorgekommenen Fällen nahm nur einer 
ein lethales Ende, herbeigeführt durch Cachexie mit Nierengra¬ 
nulation und allgemeine Wassersucht. Der pathologisch anato¬ 
mische Befund war folgender: 

F. C. 49 Jahre alt, Körper schwach, abgezehrt, 160 Ctm. 
lang, überall hydropisch. Verfettung der Nieren mit granulirter 
Atrophie, (Nieren klein, flach, die Rinde an der Oberfläche granulirt, 
mit der Kapsel fest verwachsen, dünn, hellgelb; Pyramiden faserig, 
rothbraun). Allgemeine Haut- und Höhlenwassersucht, am stärksten 
Axites. Atrophie der Leber (diese klein, flach, an der Oberfläche 
um den Gallenblasenausschnitt eine 1 Mm. dicke, strahlige, weisse 
Bindege websnarbe; ihr Gewebe körnig, dunkelrothbraun). Compression 
des linken unteren Lungenlappens bis auf den vorderem Rand durch 
Hydrops Pleurae (Gewebe luftleer, zähe, faserig, trocken, dunkelgrau), 
rechts Pneumonie in den hinteren oberen Theilen (Spienisation). 

Ausgebreitete, knotige (syphilitische) Narben am Sterinbein, 
(dessen Oberfläche knotig rauh, vielfach, vertieft, mit der Aponeurose 
verwachsen). Schilddrüse gross, dick, Gewebe körnig, gleichmässig 
hellbraun. In der Gallenblase und deren Ausführungsgange 3 Erbsen¬ 
grosse Steine. — Rechtseitiger leerer, sehr weiter äusserer Leisten¬ 
bruchsack und die letzte Ileumschlinge mit sehr stark verdicktem, 
weissen Gekröse — Hypospadie mit sehr kleiner Urethralöffnung 
am Ende des rudimentären Bändchens (war kinderlos verheirathet). 

Zwei Fälle von Ileotyphus, sieben mit Blattern ‘und vier 
mit Scarlatina gehörten allein noch in die Categorie der Infec¬ 
tionskrankheiten; sie endeten, eine Scarlatina ausgenommen, 
alle mit Genesung. (Fortsetzung folgt.) 


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Notizen. 

Wehnungsverällderiliig. Herr Dr. Franz Müllner wohnt IL, Lilien¬ 
brunngasse 9. 

Uttter8tntznngs-lB8titat. Herrk.k. Regierungsrath Dr. Rudolf Ritter 
von Yive not, hat aus Anlass seines 50jährigen Dootor-Jubiläums dem Unter¬ 
stützungs-Institute des Wr. med. Doot.-Coll. eine Noten-Rente im Nominal- 
werthe von fl. 100 geschenkt. 

Eröffnung des militär-ärztlichen Curses. 

Behufs Ergänzung des militär-ärztliohen Offloiers-Corps wird, wie im 
Voijahre so auch heuer, der militärärztliohe Curs für vierzig Aspiranten zum 
normalmässigen Termine eröffnet. Derselbe beginnt mit 1. November 1880 und 
dauert bis 80. April 1881. 

Die Bedingungen für die Aufnahme der Aspiranten sind: 

a) Der Grad eines Doctors der gesammten Heilkunde (oder der Medicin 
und Chirurgie), erworben an einer Universität der österreichisoh-ungarischen 
Monarchie. 

b) der Nachweis über die Erfüllung der Stellungspflioht; 

c) ein Lebensalter von höchstens 82 Jahren; 

d) lediger Stand; 

e) tadelloses Vorleben; 

/) physische Kriegsdiensttauglicbkeit (durch ein von einem aotiven 
k. k. Stabsarzte ad hoo ausgestelltes stempelfreies Zeugniss nachzuweisen); 

g) rechtsverbindliche Erklärung, womit der Aspirant sich verpflichtet, 
unbeschadet der noch zu erfüllenden Wehrpflicht, vom Tage seiner Anstellung 
als Berufs-Militärarzt in dieser Eigenschaft durch zwei Jahre im k k. Heere 
activ zu dienen. 

Die Bewerber um die Aufnahme haben ihre mit obigen Documenten 
belegten Gesuche bis Ende September 1880 beim Reiohs-Kriegsministerium 
einzureiohen. 

Von den Aspiranten, welche dem Militärstande angehören, sind diese 
Gesuche im vorgeschriebenen Dienstwege einzusenden. 

Die Aspiranten erhalten, so lange sie im Curse sind, ein monatliches 
Pauschale von fünfzig (50) Gulden und ein Quartiergeld von monatlichen 
dreissig (30) Gulden ö. W., welche denselben im Vorhinein erfolgt werden. 

Ausserdem werden jenen Aspiranten, für welche der Eintritt in den 
Curs mit einer Reise verbunden ist, und welohe dem Militärverbande nicht 
angehören, die thatsächliohen tarifmässigen oder durch saldirte Gasthofrechnungen 
nachgewiesenen Reiseauslagen gegen eine beim Garnisons-Spitale Nr. 1 in Wien 
zu legende Reohnung vergütet. 

Für die dem Reservestande angehörigen Militärpersonen erfolgt in solchen 
Fällen die Reisekosten-Vergütung naoh den Bestimmungen der Gebühren- 
verschrift, und zwar naoh dem Ausmasse für Uebersetzungsreisen (§ 100, be¬ 
ziehungsweise § 103 rücksichtlioh der Personen des Mannsohaftsstandes). 

Zu diesem Zweoke werden den einberufenen Aspiranten der letztbezeioh- 
neten Kategorie seitens der betreffenden Gommanden oder Anstalten Marsoh¬ 
routen ausgestellt, um welohe dieselben anzusuohen haben. 

Die Aufgenommenen haben sioh am 1. November 1. J. beim Chef des 
militär-ärztliohen Offioiersoorps als Leiter des Curses, sowie bei dessen Stell¬ 
vertreter, dem Sanitätsohef, beim General-Commando in Wien zu melden, und 
sind verpflichtet, sioh am Schlüsse des Curses einer oommissionellen Prüfung 
zu unterziehen. Auf Grund der mit entsprechendem Erfolge abgelegten Prüfung 
werden dieselben sofort als Berufs-Oberärzte im k. k. Heerp angestellt und 
erhalten in diesem Falle einen Equipirungsbeitrag von 120 fl. ö. W. 

(Abtheilung 14, Nr. 1817 vom 10. August 1880). 

Vom k. k. Reichs-Kriegs-Ministeriam. 

Der hierseitige Militär-Sanitäts-Chef wird laut einer dem Wiener medi- 
oinisohen Dootoren-Collegium zugekommenen Mittheilung den sioh meldenden 
Aspiranten zu deren Orientirung die gewünschten Aufklärungen ertheilen, 
überhaupt denselben förderlich an die Hand gehen. _ 

Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doet.-Ooll. — Verantwortlicher Redacteur; 

Dr. L. Hopfgartner. — Oeeellsohafts-Buohdruokerei, Wien, Hl. Brdbergentraaee 3. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 9. September 1880 Bfr. 20 


MITTHEILUNGEN 

des 

ffirnif jjijjjjjigtji Ditiim-ciliuim li 

Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bogen and d&rttber t an 
30 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Nichtmitglieder des OoUeg'umn im In¬ 
lands 8 fl. t nach dem Anslande 6 Birk. — Einzelne Nummern 26 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durohlanfende Petit-Zeile. 

Man piinamerirt in der Medicin. Bachhandlung Toeplitx <fe Dentieke 
(vormals Karl Ciermah), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zuehriftei and Zaseidaigei an die Redaetioi: Wien, Kanzlei des Wiener »cd. 
Dod-Coll. and der Witwen- and Waisen-Societäl, Rothenthannstrasse 2H. 


Inhalt; Semestral-Bericht vom Jahre 1880 über das Carolinen-Kinderspital von Dr. A. v. 
Hüttenbrenner. — Schluss des Berichtes über die Leistungen des Unterstützungs-Institutes 
des Doct-Coll. im Jahre lb79 von Dr. Preyss. — Notizen. 

Aerztlicher Bericht 

über die im ersten Halbjahre 1880 In dem unter dem Curatorium des 
Doetoren - Collegiums stehenden Carolinen - Kinderspitale stationär 
und ambulatorisch behandelten Krankheitsfälle. 

Vom leitenden Primarärzte dieser Anstalt Dr. Andreas Ritter von Hüttenbrenner. 

Der nachfolgende Bericht macht auf Vollständigkeit keinen 
Anspruch, ja ich habe denselben absichtlich möglichst kurz 
gehalten und nur auf jene Momente Rücksicht genommen, die 
in Bezug A5af einen sogleich zu besprechenden Statutsparagraph 
von Wichtigkeit sind. 

Der im Beginne des Jahres 1881 erscheinende Bericht 
wird ausführlich alle Daten mittheilen nebst einer Reihe von 
casuifltischen und statistischen Mittheilungen. 

Nach dem Statute des Carolinen Kinderspitales können 
Kinder mit ansteckenden Krankheiten nur nach Massgabe des 
vorhandenen Platzes aufgenommen werden. T 

Das Spital besteht aus einem Haupttracte mit zusammen¬ 
hängenden 4 Zimmern und einem Separationstracte, ebenfalls 
mit 2 Krankenzimmern, die nur durch ein Wärterinnenzimmer 
getrennt sind. Der Separationstract hat nun zunächst den Zweck, 
Kinder, die im Hause an ansteckenden Krankheiten erkranken, 
zu Bepariren. Wenn nun z. B. das eine von den Zimmern belegt 
iat, so kann, da kein entsprechender Raum für ein an einer 
anderen ansteckenden Krankheit erkranktes Kind vorhanden ist, 
ein solches Kind nicht aufgenommen werden aus wohl leicht be¬ 
greiflichen Gründen. Die Möglichkeit der Aufnahme von Kindern 
mit ansteckenden Krankheiten Sst ...somit auf ein Minimum 
beschränkt oder eigentlich ist sie so gut wie nicht vorhanden. 

Durch den erwähnten Statutsparagraph unterscheidet sich somit 
unsere Journalordnung wesentlich von jener anderer Kinderspitäler. 

Während z. B. das Kronprinz Rudolfs-Spital nahe au 
40 Proceut von Infectionskrankheiten aufweist, haben wir keinen 
einzigen Fall zu verzeichnen. Nicht etwa, dass sich nicht der- 


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artige Fälle zur Aufnahme meldeten, im Gegentheile, dieselben 
mussten aber alle ohne Unterschied abgewiesen werden, und wer 
einigermassen vertraut ist mit den Annehmlichkeiten des Journal¬ 
dienstes in einem Kinderspitale, wird beurtheilen können, wie 
unangenehm es ist, einen schweren Scbarlacbfall oder einen im 
Stadium der höchsten Larynxstenose sich befindlichen Diphtheritis- 
fall abzuweisen. Sei dem, wie es sei, der oben citirte Paragraph 
hat jedoch auch seine guten Seiten. Bekanntlich leiden alle 
Kinderspitäler ohne Ausnahme an den sogenannten Hausepidemien, 
die insbesondere von den Operateuren gefürchtet sind. Auch wir 
sind hievon nicht verschont geblieben. Gleich im Beginne hatten 
wir eine kleine Masernepidemie, und ein Kind erkrankte etwa 
nach 4 Monaten an einer Diphtheritis tonsillaris mittleren Grades 
Wir hatten keinen Todesfall zu beklagen. Ich werde über beide 
Ereignisse im Jahresberichte nähere Mittheilungen machen. 

Ich bin fest überzeugt, dass durch obigen Paragraph die 
Gefahr von Hausepidemien wesentlich gemindert, keineswegs 
aber ganz beseitigt wird, und aus diesem Grunde lohnt es sich 
wohl der Mühe, durch eine längere Reihe von Jahren dies¬ 
bezüglich die Beobachtungen fortzusetzen. 

Anderntheils muss jedoch bemerkt werden, dass die Thätig- 
keit des Spitales durch obigen Paragraph wesentlich eingeschränkt 
wird. — Durch die Errichtung des .Blatternspitales und durch 
die Vorschrift, dass Blatternkranke an dasselbe abgegeben werden 
müssen, wurden die Kinderspitäler wesentlich erleichtert und man 
muss sagen, dass die Kinderspitäler hiedurch von einer grossen 
Calamität befreit wurden, da man es bei aller Vorsicht nicht 
vermeiden konnte, ungeimpfte Kinder ins Spital aufzunehmen, 
welche dann fasst regelmässig an Variola erkrankten und so 
insbesondere die chirurgischen Zimmer infiscirten. Also von 
den Blattern kann man absehen, doch können in unserem Spitale 
Kinder mit Scharlach, Masern, Diphtheritis, Pertussis, exan- 
thematischem Typhus u. s. w. nicht aufgenommen werden; wenn 
man ferners bedenkt, dass man scrophulösen Kindern, solchen, die 
mit chronischen enteritiseben Processen auf der Dickdarm¬ 
schleimhaut behaftet sind, sowie rhachitischen Kindern mit 
katarrhalischen Herdinfiltraten in der Lunge durch die Auf¬ 
nahme in ein Kinderspital aus hier nicht näher zu erörternden 
Gründen eine sehr zweifelhafte Wohlthat erweist, so ergibt es 
sich wohl von selbst, dass wir fast nur chirurgische Fälle auf- 
nehmen können und es thatsächlich auch thun. 

Wenn wir bei der grössten Vorsicht in der Aufnahme es 
vermeiden können, dass wir von Hausepidemien vollständig 
verschont bleiben, so wird dieser Umstand für den günstigen 
Verlauf von operativen Fällen von wesentlichem Einflüsse sein. 

In dieser Richtung wird sich vorläufig die Thätigkeit unseres 
kleinen 8pitales bewegen. 

Ich habe es für nothwendig gefunden, diese Bemerkungen 
vorauszuschicken, damit nicht etwa das Abweisen von Kindern, 


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223 


die mit ansteckenden Krankheiten behaftet sind, zunächst unter 
den Collegen übel gedeutet würde. Das Publicum dürfte bei einer 
etwa im neunten Bezirke ausbrechenden Epidemie ohnedies schwer 
für die Zweckmässigkeit dieses Paragraphes zu captiviren sein. 

Können wir jedoch Hausepidemien dadurch nicht ver¬ 
meiden — die fortgesetzten Beobachtungen werden dies ergeben 
— so muss derselbe geändert werden, respective ein Um¬ 
oder Zubau müsste erfolgen, denn im andern Falle würden nahe¬ 
zu die Hälfte von hilfesuchenden und spitalspflegebedürftigen 
Kindern von der Wohlthat der Aufnahme ausgeschlossen sein, 
ohne den andern i n Spitale befindlichen Kindern zu nützen, 
wobei noch der Umstand in Betracht käme, dass die Ansteckungs¬ 
möglichkeit und Wahrscheinlichkeit in den Bezirken mit einer ar¬ 
beitenden, meist dicht gedrängt wohnenden Bevölkerung durch die 
Nichtaufnahme von solchen Kindern keineswegs gemindert würde. 

Im ersten Halbjahre 1880 (1. Jänner bis 30. Juni) wurde 
1072 Kindern ärztliche Hilfe geleistet. 

Von diesen wurden im Spitale selbst verpflegt. . . 61 


Ambulatorisch wurden behandelt ..977 

Geimpft wurden. 34 

"1072 

Von den im Spitale verpflegten Kindern waren: 

direct aufgenommen.59 

von der niederösterreichischen Landesfindelanstalt übernommen 2 

61 

dem Geschlechte nach: Knaben. . . 32 

Mädchen.29 

j61 

der Religion nach: Katholiken.54 

Protestanten.2 

Israeliten.5 

Ü1 


dem Alter nach: 

Bis zu 2 Jahren 4, hievon starben — 


Yon 2— 4 „ 22 

, 4-8 „. 22 

„ 8—12 „ 8 

„ 12-14 „ 

61 


7 (31 8 Procent) 
„ 1 (4*5 Procent) 


Es resultirt daraus ein allgemeines Sterblichkeitsverhältniss 
von 1310 Procent. 

Von den im Spitale verpflegten Kindern wurden: 


Geheilt entlassen.24 

Gebessert „ .11 

Ungeheilt auf Verlangen.6 

Gestorben sind.8 


Verblieben sind mit Ende Juni 1880. 12 

61 


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224 


Am häufigsten kamen zur Aufnahme an Erkankungen 
der Lunge: 

Pneumonia catarrhalis 6 

Phtisis pulm.2 

Pleuropneumonia . . 2 

Bronchocatarrhus ac. 5. 

Nach den Krankheiten der Lunge waren es hauptsächlich 
chirurgische Fälle, welche im Spitale Aufnahme fanden (Hüft- 
gelenksentzündungen, Hyperplasie der Lymphdrüsen, Beinhaut¬ 
entzündungen, Verkrümmungen der Wirbelsäure und der Füsse, 


Klumpfüsse, Gontracturen des Kniegelenks.) 

Todesfälle waren: 

Pneumonia catarrhalis.3 

Hyperplas. gland. bronch. ... 1 

Gastrocat. seq. Meningitide. . . 1 

Infiltratio pulmon.1 

Meningitis tub.2 

Zusammenstellung der Wohnorte sämmtlicher Patienten: 

Zahl der Zahl der 

statio- ambula- statio- ambula- 

Name des Wohnortes när torisch Name des Wohnortes när torisch 
behandelten behandelten 

Kinder Kinder 

Vom I. Bezirke . . — 3 Uebertrag . . 54 806 

„ II. „ . . 1 11 Ober-Döbling. 1 28 

„ III. * . . —* — Heiligenstadt. — 4 

„ IV. „ . . — 1 Grinzing. — 3 

„ V. „ . . 2 2 Sievering. — 1 

„ VI. „ . . 1 1 Nussdorf. 2 1 

„ VII. „ . . — 1 Klosterneuburg .... 1 - 

„ VIII. „ 3 — Weinhaus ...... —' 2 

* IX. „ . . 80 717 Ottakring. — 1 

„ X. „ . . — 1 Neulerohenfeld .... 1 — 

Währing. 9 35 Fünfhaus. — 2 

Hernals. 5 18 Scheibbs. 1 — 

Unter-Döbling .... 3 16 St. Pölten. 1 — 

Fürtrag . . 54 806 Summa . . 61 848 


Chirurgische Operationen (vom 1. Februar bis Ende Juni) 
Operateur Primarchirurg Dr. Robert Gersuny. 


Necrotomia. 4 

Cauterisation von Angiomen.5 

Ignipunctura genu.1 

Osteotoraia.2 

Blepharoplastik . ..1 

Exstirpation von Lymphomen am Halse. 5 

v „ „ in der Inguinalgegend .... 2 

Gypsverbände bei Fracturen und Verkrümmungen .... 14 

Wasserglas verband.2 

Tonsillotomia. 2 

Streckung des Kniegelenkes.1 

Cauterisation von Papillomen.2 


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225 


Redressement des Genu valgum.1 

„ „ Pes valgus.1 

>, „ varus. . 1 

Reposition der Paraphimose.1 

Excision eines Chalazion.1 

Entfernung von Fremdkörpern aus dem Auge .2 

„ eines „ a. d. 3. link. Zwis henrippenraume 1 

Verband bei Hernia umbilicalis.20 

Anlegung einer Sutur bei Riss- und Schnittwunden . . ; . 2 

Lösung des Zungenbändchens.3 

Eröffnung kleinerer und grösserer Abcesse .26 

Zahnextractionen.41 

(Sohluss folgt.) 


Bericht über die Leistungen des Unterstützungs- 
Institutes im Jahre 1879. 

Vorgetragen in der Generalversammlung dieses Institutes am * 8. Februar 1880 
vom Vice-Prftsidenten Dr. Preyss. 

(Sohluss.) 

Das ganze Erforderniss für vorübergehende Unterstützungen an 
8 Mitglieder in 17 Fällen betrug 2150 fl. und die aus denZinsen des 
Stammcapitals zu bezahlenden dauernden Unterstützungen forderten 
nur den minimalen Betrag von 321 fl., und zwar 300 fl. als quasi 
Pension für ein an Jahren sehr vorgerücktes erwerbsunfähiges Mit¬ 
glied und 21 fl. als lebenslängliche Rente einer armen alten Doctors- 
witwe, welche derselben von Herrn Hofrath Dr. Ritter v. Skoda 
zugewiesen wurde, indem er an die vorjährige Schenkung der 500 fl. 
Notenrente die ausdrückliche Bedingung knüpfte, dass die Zinsen der¬ 
selben zu dieser lebenslänglichen Subvention verwendet werden und 
das Institut erst nach dem Ableben der Frau Dr. B. in die Nutz- 
niessung trete. Im Ganzen wurden somit für Subventionen verausgabt 
2471 fl., während, wie aus dem Rechnungsberichte ersichtlich ist 
der weit grössere Betrag, 5669 fl. 27 kr, capitalisirt wurde, und 
zwar grösstentheils in Notenrenten, die sich um 6000 fl. gegen das 
Vorjahr vermehrten. 

Nach solchen Ergebnissen ist es schwer zu begreifen, warum 
nicht alle Collegen sich beeilen, diesem wohlthätigen Institute als 
Mitglieder beizutreten. Es scheint, dass der Begriff über die wahre 
Bestimmung desselben Vielen noch immer nicht klar ist, und dass 
Manche den Namen als entwürdigend perhorresciren und dadurch zu 
der Begriffsverwirrung beitragen, dass sie gegen das Wort sich auf¬ 
lehnend, die Sache selbst gar nicht weiter prüfen, obgleich sie wieder¬ 
holt sowohl.schriftlich durch die „Mittheilungen des Doct.-Coll. tt und 
andre hiesige Faohjournale, als mündlich von den mit dem Verhält¬ 
nisse genauer bekannten Collegen darüber aufgeklärt wurden, dass der 
Hilfsbedürftige ja keine milde Gabe aus fremder Hand empfängt, 
sondern aus einem gegenseitigen Versicherungsfonde, zu dem 


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226 


er selbst einen Beitrag geleistet hat und fort leisten muss, selbst dann 
noch, wenn er eine dauernde Unterstützung geniesst. 

Wenn man den Namen Unterstützungs-Institut gewählt und 
beibehalten hat, so geschah es einerseits, weil es wirklich zur 
Unterstützung bestimmt ist, andererseits aber auch, weil bei der 
Gründung desselben viele Wohlthäter mitunter bedeutende Gründer - 
spenden dem Institute zukommen Hessen mit der ausdrücklichen 
Widmung : zur Unterstützung hilfsbedürftiger Col¬ 
lege n, die daher auch keinen Anspruch machten auf irgend eine 
Nutzniessung für sich selbst. Wenngleich es vorgekommen ist, dass 
einige von denen, welche dem Institute zugleich als Gründer 
und Mitglieder beitraten, später auch an die Hilfsquellen 
desselben für sich selbst appelliren mussten, so beweist dies nur die 
traurige Wahrheit, dass vor Schicksalsschlägen Niemand gesichert 
ist und sollte vielmehr ein neuer Beweggrund sein, um zum Beitritt 
aufzumuntern. Aber für die Mehrzahl der älteren Gründermitglieder 
ist der Jahresbeitrag nur eine fortgesetzte Spende im kleineren 
Massstab. In diesem Sinne fasste es gewiss auch Prof. Skoda auf, 
der seine grossartigen Spenden, von einmal 4 und zweimal je 
2000 fl., zusammen 8000 fl., alljährlich noch um 6 fl. durch den 
Jahresbeitrag vermehrt und gar nichts Entwürdigendes darin findet, 
Mitglied des Unterstützungsinstitutes zu sein ; denn Niemand wird 
ihn in Verdacht haben, dass er daraus Nutzen ziehen wolle. Die jün¬ 
geren Collegen aber, die sich fürchten, dass man sie dessen verdäch¬ 
tigen könnte, müssen sich nicht ganz sicher fühlen, und gerade diese 
sollten am wenigsten eine Gelegenheit ausser Acht lassen, die ihnen 
nötigenfalls rechtzeitige Hilfe bietet. 

Mag nun dieses wohlthätige Institut wie immer heissen, mögen 
Manche auch gegen formelle Einrichtungen desselben ihre Stimme 
erheben und Andere finden, dass durch die hohen Altersnachzahlungen 
der Eintritt Vielen erschwert, Manchem unmöglich gemacht wird, 
so haben wir auch in diesem Jahre, wie ich eben mitzutheilen die 
Ehre hatte, Beweise, dass das humanitäre Wirken des Institutes 
doch Anerkennung findet, indem nicht nur ein schon ausgetretenes 
Mitglied, die Nachzahlung der erhöhten Jahresbeiträge nicht be¬ 
achtend, sich um die Wiederaufnahme bewarb, sondern auch ein 
zweites um die Aufnahme ansuchte, das bereits im 59. Lebens¬ 
jahre steht, somit für 29 Jahre den erhöhten Jahresbeitrag pro 8 fl. 
ohne Bedenken erlegte Wenn man nun erwägt, dass dieser College, 
falls er erwerbsunfähig würde, nach Ablauf eines Jahres sein Recht 
auf eine Unterstützung geltend machen und dann bei lange an¬ 
dauernder Erwerbsunfähigkeit schon im Verlaufe des nächsten 
Jahres den derzeit höchsten festgesetzten Betrag von 300 fl., somit 
mehr als das, was er eingezahlt hat, als Subvention zurückbekommen 
kann, so erhellt zur Genüge, dass selbst die höchsten Einzahlungen 
gewiss nicht zu hoch gegriffen sihd. Dass aber mit so kleinen Bei¬ 
trägen solch e Resultate erzielt werden können, dankt das Institut 


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227 


nur seinen Wohlthätern, die in so hochherziger und grossmüthiger 
Weise zu dem Gedeihen desselben den Grund gelegt haben. 

Darum war auch der Ausschuss von allem Anfänge an bestrebt, 
die Namen dieser Edlen für alle Zeiten in dankbarer Erinnerung 
zu erhalten, indem er dieselben mit Beifügung der Summe der 
Spende in jedem jährlichen Rechenschaftsberichte immer wieder be¬ 
kannt gibt, und zwar nicht nur die der noch Lebenden, sondern auch 
derer, die längst für immer uns entrissen wurden. Aber damit allein 
begnügt sich der Ausschuss • nicht; er ist eben bemüht, überdies die 
Bildnisse dieser Wohlthäter zu sammeln und sie in einem Album 
zusammenzustellen, um auch ihre Persönlichkeit den überlebenden 
Zeitgenossen in freundlicher Erinnerung zu erhalten und sie den 
Nachkommen als nachahmungswürdige Vorbilder vorzustellen Lnider 
ist die Sammlung in der letzten Zeit etwas in’s Stocken gekommen 
und das Album noch nicht zusammengestellt, weil es schwer ist, 
die Portraits der längst Verstorbenen — namentlich aus einer Zeit, 
wo die Photographie noch nicht im Schwünge war — zu erhalten, 
doch gibt der Ausschuss die Hoffnung nicht auf, sie alle zu ver¬ 
einen, und sollte dies nicht gelingen, so beabsichtigt er, an die 
leeren Stellen je ein Blatt einzuschalten, das nur den kaligraphisch 
geschriebenen Namen, Geburts- und Sterbetag des fehlenden Grün¬ 
ders enthält. 

Nebst den Aufnahmen und Subventionszuerkennungen nahmen 
den Ausschuss, der sich neunmal im Laufe des Jahres versammelte, 
noch Berathungen in Anspruch, wie auf das Bestehen des Institutes 
in weiteren Kreisen aufmerksam gemacht werden könne und die 
Wiener medicinische Presse, sowie die allgemeine medicinische 
Zeitung haben auf seine Anregung wiederholt davon gesprochen. 
Um es aber auch den Mitgliedern des Collegiums, welche dem In¬ 
stitute noch nicht beigetreten sind, nicht vergessen zu lassen, wurde 
beschlossen, dass die Sitzungsberichte nicht nur dann in den „Mit¬ 
theilungen“. aufgenommen werden, wenn etwas besonderes vorkam, 
sondern regelmässig nach jeder Sitzung; ferner dass auch noch vor 
Schluss des Jahres eine Einladung zum Beitritt in das Institut in 
denselben veröffentlicht werde, die auch in der am 25. December 
1879 ausgegebenen Nummer 27 erschienen ist. 

Endlich beschäftigte sich der Ausschuss noch mit der Prüfung 
der Rechnungen, die von den Herren Rechnungsrevisoren, den 
DDr. Behsel, Fürth und Klein eingehend überprüft und richtig 
befunden wurden, und über deren Antrag der Ausschuss das Ab- 
solutorium ertheilt hat. Den detaillirten Rechenschaftsbericht wird 
Ihnen der Herr Cassier vortragen und Sie werden daraus mit Be¬ 
friedigung entnehmen, dass sich die Fonds des Institutes wieder um 
6000 fl. Notenrente vermehrt haben. 

Lassen Sie uns, ehe wir uns trennen, noch das Andenken 
der im vorigen Jahre Verstorbenen, der DDr. W eil, Simon Fisch er, 
H e s s e r und Mühlhauser, sowie das des uns schon in diesem Jahre 
entrissenen Dr. Kirsch nek durch Erheben von unseren Sitzen ehren, 
und schreiten wir dann zur Wahl der vier neu zu wählenden 


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228 


Ausschussmitglieder statt der ausscheidenden DDr. Chrastina, 
Gerstl, Nusser und S c h e f f mit dreijähriger, sowie des an Stelle 
Dr. Kirsch ne k’s zu wählenden mit zweijähriger Functionsdauer, 
dann der drei Rechnungs-Censoren, deren dreijährige Functionsdauer 
auch abgelaufen ist. 

Schliesslich muss ich mich noch einer Pflicht entledigen, die 
an sich angenehm und doch betrübend ist. Herr Dr Hopfgartner 
fühlt sich zu unser Aller Bedauern aus Gesundheitsrücksichten 
bewogen, seine Stelle als Cassier und Secret-är des Collegiums zu 
zurückzu legen. In Würdigung der aufopfernden Thätigkeit, die Dr. H. 
im Interesse des Institutes bei jeder Gelegenheit an den Tag ge 
legt, hat nun der Ausschuss beschlossen, in der Generalversammlung 
zu beantragen, diese wolle dem verdienten Functionär den Dank 
ausdrücken für seine Mühewaltung zur Förderung des Institutes. 

Möge es Ihnen, geehrte Herren, die ja Alle auch Mitglieder 
des Doct.-Coll. sind, gelingen, bei den in der nächststattfindenden 
Generalversammlung desselben vorzunehmenden Neuwahlen einen 
ebenso eifrig thätigen Ersatzmann für den Scheidenden zu wählen! 


Notizen. 

Auszeichnung. Seine k. und k apostolische Majestät haben Allergnä- 
digst zu gestatten geruht, dass der Badearzt in Bad Gastein, Dr. August 
Freiherr von Härdtl das Comthurkreuz zweiter Classe des herzogl. Sachson- 
Ernestinischen Hausordens annehmen und tragen dürfe. Ferner wurde Dem¬ 
selben vom deutschen Kaiser der Titel eines Sanitätsrathes verliehen. — Prof. 
Dr. Max Leidesdorf erhielt das Commandeurkreuz des fürstlich serbischen 
Takowa-Ordens. 

Anerkennung. Der Stadtphysikus und OSR Dr. Nusser wurde über 
sein Ansuchen vom Gemeinderathe der Stadt Wien mit seinen vollen Bezügen 
per 2800 fl. pensionirt und ihm als Anerkennung für seine Leistungen das 
Bürgerrecht der Stadt Wien taxfrei verliehen. 

In dem Pockenhause an der Triesterstrasse, das seiner Zeit von der 
Stadt Wien erbaut und vor Kurzem vom Staate übernommen wurde, hat die 
k. k. niederö8terreioh. Statthalterei eine „Zahlal>tlieilung“ für Blatternkranke 
aus besseren Familien mit der Taxe von 2 fl. per Kopf und Tag eingerichtet. 

Der i 11. internationale hygienische Congress wurde am 6. d. M. um 
10 Uhr Vormittags zu Turin im Palazzo Carignano duroh den Maire und 
Senator, Graf Ferraris, feierlich eröffnet Der König liess sich durch den 
Justizminister Villa vertreten. Unter den 500Anwesenden zählten - nächst 
Italien — Frankreich, Spanien und Rumänien die meisten Delegirten. 

Todesfall. Dr. Johann Schneider, Mitglied des früheren Doct.-Coll. 
der Wiener med. Facultät, ist am 23. v. M. nach langem Leiden an Tuberoulose 
gestorben. Der Verstorbene wurde im Jahre 1813 zu Kasohau in Ungarn 
geboren, absolvirte die medioinisohen Studien in Wien, wo er am 5. August 1842 
zum med Doctor promovirt und am 6. Juli 1851 als Mitglied in die medio. 
Facultät aufgenommen wurde. Er begann seine ärztliche Carriöre als Secundar- 
arzt im Wiener allgemeinen Krankenhause, etablirte sich dann als praktischer 
Arzt im V. Bezirke und erwarb sich als solcher bald grosses Vertrauen. 
Gegen Ende der Fünfzigerjahre erhielt er die Stelle eines Mentors bei einem 
jungen Fürsten, den er duroh mehrere Jahre auf Reisen begleitete. Nach seiner 
Rückkehr nahm er wohl seine praktische Thätigkeit wieder auf, konnte aber 
seine frühere Anerkennung nicht mehr erringen. Im Jahre 1868 wurde er als 
Mitglied in das Unterstützungs-Institut des Collegiums aufgenommen, durch 
das er mit demselben bis an sein Ende in Verbindung blieb, obgleich er dem 
derzeitigen Collegium nicht beigetreten ist. Friede seiner Asche! 

Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doet-Coli. — Verantwortlicher Rodaoteur 
Pr. L Hopfgartner. — GesellBohafta-Buohdruokerei, Wien, 111. Rrdbergentraue 8. 


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TI. Kd. Ausgegeben am 23. September 1880. Nr. 21 


MITTHEILUNGEN 

des 

Wiener »iUcimscNn DDCioren-CollegioDis. 

Erscheint jeden «weiten Donnerstag ein halber bis ein ganmer Bogen and darüber, an 
20 Bogen im Jahre. — Gansj&hriges Abonnement für Nichtmitglieder des Collegiums im In¬ 
lande 8 fl., naoh dem Auslande 6 Mrk. — Binseine Nummern 86 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplitx dB Deuticke 
(vormals Karl Ciermah), Wien, L, Schottengasse 6. 
Zischrifte» and Znsenduge« an die Redactioi: Wiel, Kaulei des Wieier «ed. 
Doet.-Coll. und der Witwei- und Waisea-Soeietfit, Eotheatharmstraise 23. 


Inhalt: Semestral-Bericht vom Jahre 1880 über das Carolinen-Kinderspital von Dr. A. v. 
Hüttenbrenner. — For. Setzung des Berichtes über das k. und k. National-Spital in Constan- 
tinopel, von Dr. Weissbaoh. — Notizen. 

Aerztlicher Bericht 

über die Im ersten Halbjahre 1880 ln dem unter dem Curatorium des 
Doetoren - Collegiums stehenden Carolinen - Kinderspitale stationär 
und ambulatorisch behandelten Krankheitsfälle. 

Vom leitenden Primarärzte dieser Anstalt Dr. Andreas Ritter von Hftttenbrenner. 

(Schluss.) 

Anschliessend seien noch in Kurzem zwei Fälle erwähnt, 
die einiges Interesse erregen. Ausführliche casuistische Mittheilun¬ 
gen können erst nach Ablauf eines grösseren Zeitraumes erfolgen. 

Zi mm ermann Alfred, 6 Monate alt, wurde am l.März 1880 
im Spitale aufgenommen. Patient ist von schwachem Körper¬ 
baue. Die Untersuchung des Thorax ergibt nichts Abnormes. 

Rechtersoits ist die ganze regio parotidea masseterica von 
einer Geschwulst eingenommen, welche sich nach abwärts über 
den Kieferwinkel bis in die fossa supraclavicularis erstreckt, 
den sternocleidoma8toideu8 bedeckt und nach vorne und hinten 
überragt; ebenso ist das Ohrläppchen mit in die Geschwulst 
einbegriffen, etwas geschwellt. 

Der senkrechte Durchmesser der Geschwulst beträgt 7 cm., 
der quere etwa um 1 / 2 cm. weniger. Die Geschwulst ist von 
der normalen Haut scharf mit einem gezackten Rande, der unter 
dem Ohrläppchen eine grössere Bucht bildet, abgegrenzt, und 
ihrer ganzen Fläche nach um etwa 4—5 mm, über das normale 
Hautniveau erhaben. 

Die Farbe der Geschwulst ist blutroth, ihre Consistenz 
weich und schwammig. Comprimirt man eine beliebige Stelle 
etwas stärker und durch längere Zeit, so erscheint die compri- 
mirte Stelle blässer, füllt sich aber rasch wieder mit Blut. Uebt 
man eine längere Compression in der Nähe des äusseren Gehör¬ 
ganges aus, und entleert durch Druck daneben das Blut, so scheint, 


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wenn man an dieser zweiten Stelle den Druck aufhebt, die 
ursprüngliche Farbe der Geschwulst nur langsam sich herzustellen. 

Am Halse, über dem sternocleidomast. ist der Tumor 
gewulstet und an den Berührungsstellen der Wülste die Haut 
arrodirt und nässend. 

Eine Pulsation der Geschwulst ist nirgends zu finden. 

Am 4. März wurde in der Chloroform-Narcose die Caute- 
risation des Angioms mittelst des spitzen Thermocauters vor¬ 
genommen. Comprimirt wurde die Geschwulst durch 4 Carls- 
badernadeln und darum in Achtertouren gewickelte Seidenfäden. 

Die Narcose verlief nicht ohne Störung. Nachdem nämlich 
Patient bereits auf Hautreize reagirte, traten in Intervallen von 
circa 2 Minuten tonische Krämpfe der oberen und unteren Ex¬ 
tremitäten auf. Die Anfälle wiederholten sich etwa dreimal, 
worauf Patient zu schreien begann und in Schweiss ausbrach. 

Die Geschwulst wurde mit Borsalbe, auf Borlint gestrichen, 
bedeckt. Die Eiterung der Wunde war mässig. 

Am 8. März wurden die Nadeln entfernt und Patient aus 
dem Spitale entlassen. 

Vornahme der Nachbehandlung ambulatorisch. 

Am 22. März war der Eiterungsprocess zu Ende; die Ge¬ 
schwulst war ihrer Ausdehnung nach auf das normale Haut¬ 
niveau mit Ausnahme von ein paar kleineren Inseln gesunken. 
Ebenso war die rothe Farbe gewichen, ohne jedoch der Haut¬ 
farbe gleichzukommen. Abermalige Cauterisation der eben ange¬ 
führten inselförmigen Stellen und des Randes der Geschwulst. 

Bei der Vorstellung des Patienten am 5. April war der 
Rand der Geschwulst bereits vollkommen verstrichen, und die 
Farbe der Geschwulstfläche hatte sich noch mehr der normalen 
Hautfarbe genähert. Einige dunkler gefärbte Stellen wurden 
abeimals cauterisirt. 

Am 22. April konnte Patient geheilt aus der Behandlung 
entlassen werden, nachdem die Geschwulstfläche einer schönen, 
der normalen Haut beinahe gleichgefärbten Narbe Platz ge¬ 
macht hatte. 

Von einigem Interesse dürfte auch die kurze Mittheilung 
eines Falles von einer Contractura genu sein, da die ein¬ 
geschlagene Behandlungsweise noch verhältnissmässig selten 
geübt wurde. 

Gänger Anna, 7 Jahre alt, wurde am 17. März ins Spital 
aufgenommen. Nach Angabe der Mutter erkrankte Patientin im 
Juni 1879 an Blattern, und kurze Zeit nach erfolgter Her- 
Stellung an Masern. Im August 1879 bekam sie Gelenksrheu¬ 
matismus. Seit October 1879 bemerkte die Mutter, dass das 
Kind hinke; es klagte jedoch über keine Schmerzen, welche 
erst vor mehreren Wochen auftraten. 

Patientin von schwächlichem Körperbau. Untersuchung des 
Herzens, sowie der Lunge ergibt nichts abnormes. Die linke 


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231 


untere Extremität ist im Kniegelenke in einem Winkel von 
circa 120° gebeugt. Streckung weder activ noch passiv möglich. 
Das Kniegelenk stark geschwellt, der Condylus femoris int. 
hervorgetrieben. Berührung sehr schmerzhaft. 

Am 18. März wird in der Narkose unten Carbol-Spray an 
zwei 1 Cm. von einander entfernten Stellen des aufgetriebenen Con¬ 
dylus mit dem spitzen Thermocauter die Ignipunctur, circa 3 Cm. tief 
vorgenommen. Antiseptischer Verband. Patientin ist die nächsten 
Tage vollkommen fieberfrei. Bei Abnahme des Yerbandes am 
22. März zeigt sich, dass aus der tiefer gelegenen Punctions- 
wunde mehr Secret geflossen ist. 24. März: Secretion beinahe 
Null. Das Gelenk wird gestreckt und ein Gypsverband angelegt, 
welcher am 12. April erneuert wird. Patientin ist stets fiebere 
frei und bei ruhiger Lage ohne Schmerzen. 3. Mai wird der 
Verband abgenommen. Die Schwellung hat sich nicht vermindert. 
Auch äussert Patientin auf Druck grosse Schmerzhaftigkeit. 
Abermalige Punction mit dem spitzen Thermocauter, und zwar 
an der höchsten Prominenz der Geschwulst und circa 2 Cm. 
von dieser Stelle nach unten und aussen. Gypsverband unter 
antiseptischenCautelen. Patientin ist fieberfrei. 10. Mai: Abnahme 
des Yerbandes. Schwellung und Schmerzhaftigkeit wie früher, 
geringe Secretion. Anlegung eines neuen Gypsverbandes. 20. Mai 
wird Patientin aus der Spitalspflege entlassen, weitere Behand¬ 
lung ambulatorisch. 24. Mai: Schwellung hat bedeutend ab¬ 
genommen. Die Schmerzhaftigkeit auf Druck ist vollständig ge¬ 
schwunden, Secretion unbedeutend. Gypsverband. 14. Juni: 
Keinerlei Schmerz auf Druck. Die untere Punctionswunde prä- 
sentirt sich als eine kreuzergrosse, mässig eiternde, granulirende 
Wunde, deren Ränder verschiebbar sind, während das Centrum 
unverschiebbar, mit dem Condylus verbunden erscheint. Secernirt 
wird eine leimartige, fadenziehende, nicht übelriechende Masse. Die 
zweite Punctionsstelle ist beinahe vollkommen vernarbt und in 
toto verschiebbar; ebenso die zwei ersten Narben, von der 
ersten Punction herrührend. Anlegung eines Pappverbandes. 
Kranke vermag sicher und schmerzlos zu gehen. Von nun an 
wird Patientin von 8 zu 8 Tagen einer Revision unterzogen. 
Es zeigt sich, dass die Schwellung stetig abnimmt bei voll¬ 
kommener Schmerzlosigkeit, während die mässige Secretion des 
eben beschriebenen Secretes anhält. Ebenso ist active und passive 
Beugung im Kniegelenke in einem kleinen Winkel möglich. 
26. Juli: Die Secretion dauert fort, die Beweglichkeit im Gelenke 
nimmt zu. Der Process kann jedoch noch nicht als beendet 
angesehen werden, da ärztliche Controle noch nöthig ist. 


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232 


Aerztlicher Bericht Uber das k. und k. österr.-ungar. 
National-Spital in Constantinopel im Jahre 1879. 

Verfasst vom k. k Regimentsarzt Dr. Weissbach, Referent D. P. 

(Fortsetzung.) 

B. 0 ertliche Krankheiten 
kamen im Jahre 1879 weit häufiger vor, als in früheren Jahren 
und waren auch entsprechend dem Yerhältnisse der Vorjahre 
den allgemeinen Krankheiten überlegen. Es wurden von mit 
diesen Krankheiten Behafteten 123 aufgenommen, und zwar 
I. mit Krankenheiten des Nervensystems 11 Fälle, 
darunter 1 Hyperämie der Hirnhäute (geheilt), 2 Apoplexien, (davon 
eine geheilt) die anderen mit lethalem Ende. Diese, bei einem 
20jährigen Matrosen durch einen Fall über die Stiege verursacht 
mit Blutaustritt auf der Innenfläche der Dura mater, ohne dass 
irgend eine Verletzung aufgefunden werden konnte. —- 2 Hydro- 
cephali, beide bei älteren Leuten (1 Mann und 1 Weib) plötzlich 
unter der Form von Apoplexien aufgetreten, mit hemiplegischen 
Erscheinungen beim Manne, mit Convulsionen und nachheriger 
vollständiger Lähmung beim Weibe. Beide endeten mit dem 
Tode, doch entsprach der weiter unten aufgenommene anato¬ 
mische Befund nicht der Heftigkeit der Krankheitserscheinungen. 
— 1 Neuralgie des rechten Oberaugenhöhlennerven, wurde 
durch 85 Tage mit Chinin, Arsen, Chloroform, Chloralhydrat 
Eleotricität u. s. w. ohne allen Erfolg behandelt, daher der 
Kranke, ein Unterofficier vom Taurus, nach Pola transferirt. — 
4 Geistesstörungen im weitesten Sinne (darunter eine Magd aus 
Ungarn), die alle nach 3- bis 4wöchentlicher Behandlung unge- 
heilt transferirt wurden, die Magd in das französische Irrenasyl 
nach Schischlih. — 1 Fall von Myelitis bei einem Heizer, 
der kurz vor Jahresschluss aufgenommen wurde, daher mit dem 
neuen Jahre noch in Behandlung blieb. 

Die Resultate der Behandlung der hier aufgezählten Krank¬ 
heiten sind die ungünstigsten des ganzen Berichts — von 11 
Kranken 3 gestorben, 5 ungeheilt entlassen, 1 in Behandlung 
verblieben und nur 2 genesen. 

Die Autopsie der 2 Hydrocephalischen ergab: 
a) G. Nicolo 50 Jahre alt, Körper 1657 mm. lang, schwach 
gebaut, abgezehrt; Fuss- und Handrücken ödematös — Chronisches 
Oedem der weichen Gehirnhäute, links stärker als rechts (weiss 
getrübt, zähe, von sehr viel klarer wässeriger Flüssigkeit durch¬ 
tränkt und mit sehr vielen Pacchionischen Granulationen, besonders links 
besetzt), leichter Hydrocephalus internus (rechts wenig klare, dünne 
Flüssigkeit, links noch weniger); linke grosse Ganglien, besonders 
der Streifenhügel weicher als rechterseits — die gesammte Hirn¬ 
substanz weich. — Chronischer Catarrh des ganzen Dickdarms, be¬ 
sonders des absteigenden Theiles (Schleimhaut ganz rauh, graupunktirt, 
mit eitrigem, grauen Schleim überzogen), Oedem der hinteren Theile 


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beider Lungen (etwas verdichtet anzufühlen, faserig, lufthaltig, roth, 
sehr viel schaumige, röthliche Flüssigkeit enthaltend); die vorderen 
Theile stark gedunsen, die Bänder abgerundet, ihr Gewebe ganz 
trocken, lufthaltig, weisslichgrau. — Im Centrum des rechten untern 
Lungenlappens Jnduration (kleinapfelgross, Gewebe hart, zäh, faserig 
brüchig, luftleer, dunkelgrau, mit Schleim in den Bronchialöffnungen) 
mit Ausstrahlung von Bindege websstreifen in die Umgebung. — 
Leichter Hydrops aller serösen Säcke. Mangel der rechten Niere ; 
dagegen die linke sehr gross, stark gewölbt und abgerundet, etwas 
lappig, Binde und Mark gleichmässig dunkelgrauroth; sie liegt an ihrer 
normalen Stelle und besitzt eine fast 1 Cm. haltende arteria renalis. 
— Leber klein, flach, trocken, gelbbräunlich; Milz klein, flach, 
hart, hellroth. — Chronischer Catarrh des Magens (zusammengezogen 
aber faltenlos, Schleimhaut rauh, sammtartig, grau, roth punktirt an 
einzelnen gruppirten Stellen der kleinen Curvatur, mit eiterig schlei¬ 
miger Flüssigkeit überzogen). — Stellenweise Anwachsungen beider 
Lungenspitzen und des rechten Leberlappens. — Bippenknorpel 
nicht verknöchert. 

b) H. Katharina 62 J. — Körper 1570 mm. lang, stark ge¬ 
baut, sehr fett. — Dura mater überall mit dem dünnen, spongiösen 
Schädeldache verwachsen, dessen Innenfläche zahlreiche Furchen 
trägt. — Weiche Gehirnhäute überall bis in die kleinsten Zweige 
injicirt, von wässeriger Flüssigkeit durchtränkt, schwer abziehbar. 
Gehirn gross mit reichen Windungen, Binde dunkelgrau; im rechten 
Ventrikel seröse Flüssigkeit; grosse Ganglien und das ganze Mark¬ 
lager normal; in den Sinus viel flüssiges Blut. — Lungen theilweise 
angewachsen; in der Basis des rechten oberen Lappens mehrere 
indurirte (harte, zähe, blutleere, schwarzgraue) Herde mit Catarrh 
der Bronchien und chronischem Oedem im unteren Lappen. Das grosse 
Netz oberhalb der Symphise angewachsen; die Gallenblase angefüllt 
mit grossen und kleinen Steinen; Uterus sehr klein; der rechte 
Eierstock in eine sehr feste, dicke, weissliche Bindegewebsmasse 
von der Grösse einer Mandel verwandelt. 

II. Von Kreislaufkrankheiten kamen 8 Kranke mit 
Herzfehlern zur Aufnahme. Sämmtlich Klappenfehler; 4 der Aorta 
und 4 der Bicuspidalklappen, von denen sonderbarer Weise 
letztere nur bei Matrosen, erstere bei Nichtseeleuten vorkamen, 
von denen 1 starb; alle anderen wurden ungeheilt entlassen. 

Bei dem Gestorbenen Hessen sich während des Lebens 
sehr starke Herzgeräusche, besonders gegen die Aorta ascendens 
hin, beobachten, als deren Ursache die Section Atheromatose 
der Aorta und theilweisen Mangel einer Semilunarklappe erwies, 
von welcher förmlich die Hälfte fehlte, demgemäss also nur 
Insufficienz vorhanden war. 

HL Die Krankheiten der AthmungsWerkzeuge 
waren vertreten: a) durch 1 Pleuritis mit rückgebliebenem 
bedeutendem Exsudate (daher superarbitrirt), 7 Pneumonien, von 
denen 3 genasen, 2 am Schlüsse des Jahres noch in Behand- 


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lung blieben und 2 nach je 6 Tagen starben; b) durch die gleiche 
Zahl (7) Tuberculose, von denen 4 starben und 3 zeitweise 
gebessert entlassen wurden. Es war durchaus die chronische 
Form, nur einmal mit Pneumothorax, in allen übrigen tödtlich 
verlaufenden Fällen wies die Autopsie nichts Besonderes nach; 
c) durch 10 acute Bronchialcatarrhe, von denen 9 unter 
der einfachsten Behandlungsweise nach 2—3 Wochen geheilt 
das Spital verliessen und 1 noch am Schlüsse des Jahres in 
demselben verblieb; d) durch 5 chronische Bronchiai- 
catarrhe mit Emphysem, darunter 1 Individuum zweimal auf- 
genommen (4 ältere Männer und 1 altes linkseitig gelähmtes 
Weib). Yon all’ diesen Kranken wurde nur 1 gebessert entlassen, 
3 sind gestorben, darunter der zweimal Aufgenommene 

IY. Mit Krankheiten der Yerdauungsorgane 
kamen im Ganzen 48 Personen zur Behandlung, von denen 
mehr als die Hälfte (25) acute Magencatarrhe (alle geheilt), 
ferner ein 35jähriger Mann mit Magengeschwür wurde durch den 
Gebrauch von Natron carbon. bei leichter Kost in 20 Tagen 
so weit her gestellt, dass er schmerzlos und ohne weiteres Er¬ 
brechen das Spital verlassen konnte; dagegen kehrte ein mit 
Magenkrebs am Pilorus behafteter Apotheker nach 12tägiger 
Beobachtung in ungeändertem Zustande in seine Heimat zurück. 
1 Kranker mit Gallensteinen und 1 mit Lebercirrhose 
wurden nach längerer, 1 mit Icterus nach 19tägiger Behandlung 
geheilt entlassen, und 1 Mann, der nach hartnäckigen 0b- 
structionen durch die angewandten Mittel so copiöse Ent¬ 
leerungen bekam, dass er wegen allgemeinen Schwächezustandes 
beim Jahresschlüsse noch in Behandlung verbleiben musste. 

Darmcatarrhe ka i en nächst den Magencatarrhen am 
häufigsten zur Behandlung, und zwar 11 Fälle (8 acute und 
3 chronische), von welch’ letzteren 2 starben, der dritte nebst 
6 acuten geheilt entlassen vurde und 2 acute am Ende des Jahres 
noch in Behandlung blieben. Yon den 2 Fällen mit tödtlichem 
Yerlaüfe betraf einer einen 18jährigen Ungar, der du»ch 7 Monate 
an Diarrhoe, aber nie mit blutigen Stühlen litt. Bei der Auf¬ 
nahme in das Spital war er äusserst abgezehrt, mit trockener, 
abschilfernder Haut, hatte täglich mehrere, mitunter selbst ge¬ 
formte, Stuhlentleerungen bei einer grossen Menge ganz klaren, 
sehr lichten Urins ohne weitere krankhafte Erscheinungen von 
Seite des Unterleibs, welcher nur einige Tage vor dem Tode 
aufgetrieben und schmerzhaft, dann ab- r wieder eingesunken 
und schmerzlos sich darstellte. — In der Leiche fand sich neben 
Zeichen chronischen Darmcatarrhs eitrige Peritonitis in Folge 
von Durchbruch eines isolirten Geschwürs im Blinddarm. 

Der zweite dieser Kranken, ein öOjähriger Wiener, hatte 
seit 4 Wochen vor seinem Eintritte ins Spital Diarrhoe, fühlte 
sich aber schon durch 3 Monate unwohl, war sehr abgezehrt 
und schwach und hatte ausser den flüssigen Stühlen bald mehr, 


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bald ninder heftigen Schmerz an den gewölbtesten Stellen der 
linksseitigen unteren Rippen. Seine schmerzlose Brustwirbelsäule 
war wie beim Greisenrücken im oberen Theile nach hinten sehr 
convex, was sich übrigens erst seit einem Jahre ausgebildet 
hatte. Der Mann konnte sich jedoch entsprechend seiner Schwäche 
genügend gut drehen und wenden. Schliesslich beschleunigte 
lobuläre Pneumonie den Tod. 

Von 5 Kranken mit Dissenterie wurden 3 nach 4 bis 
5 wöchentlicher Behandlung geheilt entlassen, einer verblieb 
am Schlüsse des Jahres noch im Spitale und einer starb. Bei 
diesem wies der Sectionsbefund nach: Dissenterie des ganzen 
Dickdarms, Anschwellung der Gekrösdrüsen, croupöse, gelbliche, 
festsitzende körnige Exsudatmassen im untersten Ileum auf 
grauer, rauher Schleimhaut, leichten Hydropsascites und peri- 
cardii, Emphysem der rechten Lunge und Bronchiaicatarrh. 

Eine nach 8 Tagen lethal endende Peritonitis betraf einen 
30jährigen kräftigen Matrosen, welcher mit täglichen ausge¬ 
prägten Fieberanfällen in’s Spital kam, die nach seiner Angabe 
seit 3 Wochen bestanden und auf Chiningebrauch wirklich 
schwanden. Am 6. Tage jedoch stellten sich Nachmittags sehr 
heftige Bauchschmerzen mit kleinem Pulse, Collapsus, dünnen 
Stuhlentleerungen und gallichtem Erbrechen ein, der Bauch 
wurde auch gegen Berührung sehr empfindlich, die Leber nach 
oben gedrängt und so erfolgte am 8 Tage Morgens der Tod, ver¬ 
ursacht durch Perforation eines ganz ähnlichen isolirten Ge¬ 
schwüres, wie bei dem vorerwähnten 18jährigen Ungar, der an 
Darmcatarrh gestorben, jedoch mit dem Sitze im untersten 
Theile des Ueums. Der übrige Darm war durchaus normal. 

V. Krankheiten der Harnw erkzeuge kamen auch im ab¬ 
gelaufenen Jahre eben so selten vor als in den früheren Jahren, 
sie waren beschränkt auf eine B asenentzündung leichteren 
Grades bei einem jungen Matrosen, der nach 25tägiger Behand- 
lung geheilt entlassen wurde, und 2 Fälle von Morb. Brightii, 
von denen der eine nach Verlauf von 10 Wochen geheilt ent¬ 
lassen wurde und der andere, ein 64jähriger Lloydcameriere, 
am 9. Tage nach seiner Aufnahme im Spitale gestorben ist. 
Bei diesem musste die Krankheit lange bestanden haben, denn 
er kam nicht nur schon ganz erschöpft zur Aufnahme, sondern 
die Autopsie wies auch solche Degenerationen nach, wie sie 
nur bei langem Bestehen der Krankheit Vorkommen können. 

VI. Krankheiten der Bewegungswerkzeuge. 
Von den daran Leidenden kamen im Ganzen nur 16 zur Be¬ 
handlung, u. z. 12 Muskelrheumatismen, von denen 7 nur zur 
Beobachtung als wahrscheinliche Simulanten; aber auch die 
übrigen 5 waren nur leichteren Grades, so dass sie durchschnittlich 
nach 12tägiger Behandlung entlassen werden konnten, und 4 mit 
Gelenksrheumatismus an den unteren Extremitäten, von denen 
wieder nur Einer insoferne bemerkenswert!! war, als sich bei ihm 


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ein Exsudat um den linken äusseren Knöchel gebildet hatte und 
später auch das rechte Sternoclaviculargelenk afficirt wurde, 
um welches sich ebenfalls ein bedeutendes Exsudat ablagerte, 
das sich jedoch langsam wieder resobirte. Dieser Kranke blieb 
beim Jahresschlüsse noch in Behandlung. Das Endocardium 
wurde bei Keinem in Mitleidenschaft gezogen. (Sohluss folgt.) 


Notizen. 

Auszeichnung. Dr. Moriz Fürstenberg, Badearzt in Ischl- erhielt vom 
Fürsten Milan das Officierkreuz des serbischen Takowa-Ordens. 

Todesfall. Am 14. d. M. starb der Hofburgtheaterarzt Dr. Eud. Frankel an 
Lungenödem. Dr. F., geboren zu Pest am 3. August 1816, wurde im August 1889 
in Wien zum Med. Dr. promovirt und im Juli 1841 als Mitglied in die medic. 
Facultäfc aufgenommen. Unserem derzeitigen Collegium trat er nicht bei. Er 
war ein eifrig thätiger und beliebter praktischer Arzt, dessen Tod von seinen 
Kranken und Freunden, die auch an seinem Leichenbegängnis zahlreich theil- 
n ah men, tief bedauert wird. Möge er in Frieden ruhen! 

WohnungsVeränderungen. Dr. Eud. Hartl wohnt jetzt I. Wallnerstr. 4. 
Dr. L. Tu sch ak, III, Kennweg 37, und Dr. M. Weintraub,H. Circusgasse 19. 

Ueber den Einfluss der Ueberbürdung unserer Jagend auf dei 
Gymnasien und höheren Töchterschulen mit Arbeit auf die Entstehung 
von Geistesstörungen hielt Dr. Hassa aus Kö-nigslütter in der am 8. 
und 4. August d. J. in Eisenaoh abgehaltenen Jahresversammlung des Ver¬ 
eines der deutschen Irrenärzte einen längeren Vortrag, in dessen Verlauf er 
die Krankengeschichten von fünf in seiner Anstalt behandelten Gymnasiasten, 
sowie Notizen über vier Fälle (zwei Gymnasiasten und zwei Mädchen), bei 
welchen er consultirt wurde, mittheilte. 

Auf Grund seiner Beobachtungen, dann des Lehrplanes humanistischer 
Gymnasien und des Ausspruches von Lehrer-Collegien selbt, dass eine zehn¬ 
stündige tägliohe Arbeit bei einem normal begabten Sohüler nothwendig sei, 
stellt der Vortragende den Antrag, der Verein deutsoher Irrenärzte möge an 
den Eeichskanzler eine Petition riohten, damit der Ueberbürdung der Jugend 
mit geistiger Arbeit an den Gymnasien und Instituten gesteuert werde. Nach 
längerer Discussion wurde beschlossen, den Vorstand mit Sammlung und 
Sichtung von Material zur Berichterstattung für die näohstjährige Versamm¬ 
lung zu betrauen. 

Der VII. internationale medicinische Congress wird im Jahre 1881, 
den am letzten Congresse in Amsterdam ausgedrückten Wunsche entsprechend, 
in England stattfinden. Zu den Vorbereitungen für denselben hat sich unter 
dem Vorsitze des Dr. Eisdon Bennett ein Comitö gebildet, welches London 
zum Sitze des Congresses erwählte. Dieses Comitö hat bereits an alle Redao- 
tionen der Fachjournale Anzeigen und Einladungen zur Theilnahme an dem 
Congresse versendet mit dem Ersuchen um Aufnahme und möglichste Verbrei¬ 
tung, wobei es die Hoffnung aussprioht, eine grosse Zahl der ausgezeichnetsten 
Aerzte aller Länder in London vereinigt zu sehen, welohen herzlich entgegen¬ 
zukommen es sich zur Aufgabe macht. Die Königin und der Prinz von 
Wales haben das Proteotorat übernommen. Die Eröffnungsfeier wird am 
2. August 1881 stattfinden; am 3. werden die Sitzungen eröffnet und am 
9. der Congress geschlossen werden. Der Congress wird seine Arbeiten, abge¬ 
sehen von denen der allgemeinen Sitzungen, in 15 Seotionen vertheilen. Die 
officiellen Sprachen werden die deutsohe, die französische und die englische 
sein. Zur Eröffnungsfeier und zu den geselligen Zusammenkünften werden 
auch Damen Zutritt haben. Das Comite wird das Programm am 30. April 1881 
feststellen. Es ist daher wünsohenswerth, dass alle auf den Congress bezüg¬ 
lichen Mittheilungen, sowie Auszüge der beabsichtigten Vorträge behufs Ein¬ 
tragung in die Tagesordnung noch vor diesem Tage eingesandt werden an den 
Genera 1-Secretär Mr. Mao Cormao, 13, Harley Street, London W. 

Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doct.-Ooll. — Verantwortlicher Bodscteur 
pr. L. Hopügartner. — Geaellsohafts-Buohdruckerei, Wien, EU. Erdbergerstrassu S. 


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TI. Bd. Ausgegeben am 7. October 1880. Kr. ftft 


MITTHEILUNGEN 

des 

Wiener midiiKiii Dhiihi-CiHhIih 

Erscheint jeden sweiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bogen und darüber, an 
SO Bogen iiq Jahre. — Oansjfthriges Abonnement für Niehtmitglieder des Collegiums im In¬ 
lande 8 fl., nach dem Aaslande 6 Mrk. — Binseine Nummern 95 kr. = 50 Pfg. — Inserate 
15 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Bachhandlang Toepliti <fe Deatfteke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zmschriften and ZasendaBgeB m die Redaetiom: Wiem, Kaailei des Wieser ned. 
Doet.-Coll. and der Witwen- uid Waisen-Societfit, ftothenthurastrasse 23. 

Inhalt: Schluss des Berichtes über das k. und k. National-Spital in Constantinopel, von 
Dr Weissbach. — Aus dem Geschäftsrathe. — Notizen. 

Aerztlicher Bericht Uber das k. und k. österr.-Ungar. 
National-Spital in Constantinopel im Jahre 1879. 

Verfasst vom k. k Regimentsarzt Dr. Weissbaoh, Referent D. P. 
(Sohluss.) 

B. Aeusserliche Krankheiten. 

Wenngleich diese Krankheiten im Jahre 1879 zahlreicher 
vertreten waren als in früheren Jahren, nämlich durch 24,76% 
des Gesammtkrankenstandes, so ist doch deren Zahl relativ 
klein, indem im Verlaufe des Jahres nur 80 Fälle aufgenommen 
wurden. Es ist selbstverständlich, dass cosmisch-tellurische 
Verhältnisse keinen Einfluss üben können auf dis Entstehen 
äusserer Krankheiten, daher auch ihr Vorkommen von den 
Jahreszeiten unabhängig ist; es wäre denn, dass manche Heilungs- 
processe durch allzu niedere, andere durch abnorm erhöhte 
Temperaturen verzögert werden. Von der Gesammtzahl der 
Aufgenommenen starben nur 2, und dies war nur durch die 
Art der Erkrankung bedingt, keineswegs aber von dem Krank¬ 
heitsverlaufe abhängig. 

In diese Krankheitskategorie gehören: 

I. 28 Trennungen des Zusammenhanges, und zwar: 
7 Quetschwunden, 2 Schnittwunden (von denen eine mit dem 
Tode endete), 1 Stichwunde, 1 Bisswunde (durch einen wilden 
Strassenhund gesetzt), 2 Excoriationen von Schuhdruck veranlasst, 
11 leichte Quetschungen, 4 Knochenbrüche, zusammen 28 Fälle. 

Der tödtlich endende Fall betraf einen 36jährigen Griechen 
aus Kaisarich, welcher mittelst eines Messers in den Unterleib 
gestochen wurde, aber erst am 4. Tage nach der Verletzung 
in’s Spital kam. Er hatte oberhalb des linken Poupart’schen 
Bandes und parallel damit, knapp am obern Darmbeinstachel 
beginnend eine 4 Ctm. lange, im unteren Theile mit einigen 
Heften vereinigte, im oberen klaffende Wunde, aus welcher 


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eine gänseeigrosse Dünndarmschlinge mit injicirten, etwas gelblich 
belegten Wänden vorragte, mit einer circa 12 Mm. langen, 
durchdringenden Wunde auf der grössten Convexität. Nachdem 
die Darmwunde mit 5 feinen carbolisirten Heften geschlossen, 
und in der Narkose nach Entfernung der alten Nähte aus der 
Bauchwand das vorgefallene Darmstück mit grosser Mühe zu- 
rückgebracht worden war, wurde auch die Wunde der Bauch¬ 
wand durch 3 Nähte vereinigt und mit carbolisirten Verband- 
stüoken bedeckt. Anfangs befand sich der Mann ganz wohl, 
jedoch schon Nachmittags wurde der Bauch unter allgemeinem 
Verfalle sehr schmerzhaft, eingezogen, der Kranke sehr unruhig, 
immer zu Stuhle drängend und starb noch am selben Tage 
Abends 9 Uhr. 

In der Leiche fand sich Peritonitis der unteren Theile mit 
sehr wenig Exsudat ohne Austritt von Darminhalt und neben¬ 
bei rechtsseitige chronische Nephritis calculosa. 

Der Seotionsbefund lautet: Körper 1665 Mm lang, schwach 
gebaut, mager. Zugenähte Stichwunde am Unterbauohe, knapp an der Spina 
ilei sup s. beginnend, parallel zum ligament. Poupartii, 4 Ctm. lang, unten 
etwas unregelmässig mit ciroa 12 Mm. langer Stichwunde am unteren üenm 
(auoh zugenäht). Peritonitis in den untersten Theilen des Unterleibs mit dünnen 
gelbliohen Häutohen an den Darmsohlingen und sehr wenig trüber, eiteriger 
Flüssigkeit (Luft und Koth sind nioht im Bauchfellsaoke). — Chronische 
Nephritis reohterseits mit Schrumpfung der in eine sehr diohte Fettkapsel 
gehüllten, ganz abgeflaohten Niere, die in ein zähes, bindegewebiges, Ton 
dickwandigen kleinen Hohlräumen und Fettstreifen durchsetztes Organ ohne 
jede Spur yon Nierengewebe verwandelt ist; in ihrem Becken von etwas 
eiteriger Flüssigkeit umgeben, ein 2 Ctm. langer keulenförmiger, sehr rauher 
gohwärzlioher Stein. — Harnblase intaot. — Sehr bedeutende Vergrösserung 
der linken, sonst ganz normalen Niere (15 Ctm. lang, diok, stark gerundet, 
dunkelbraun). — Leichter Bronohialoatarrh — Herz zusammengezogen. — 
Lungen normal. 

II. Entzündungen kamen in 24 Fällen zur Aufnahme, 
von denen 22 geheilt entlassen wurden und einer mit Perio¬ 
stitis am Schlüsse des Jahres noch in Behandlung verblieb. 
Die Erkrankungen betrafen in der Hälfte der Fälle den Kopf, 
6 die unteren, 2 die oberen Gliedmassen, 2 die Genitalien und 
je eine den Rumpf und den Hals, und waren 3 Phlegmonen, 
von denen 2 am Unterschenkel, eine im Gesicht; 3 Periosti- 
tides, eine am Unterkiefer, eine am Oberschenkel und eine an 
der 5. r. Rippe; ein Panaritium (nach Entfernung des Nagel- 
phalanx geheilt); 2 Otitides; 4 Stomatitides ; 4 Anginen; 2 Ade- 
nitides (eine betraf die Lymphdrüsen oberhalb des Ellbogen¬ 
gelenkes, die andere eiterige Drüsen rechterseits am Halse bei 
einem Nichtseemanne, der vom vorigen Jahre verblieben und 
nach 90tägiger Behandlung wohl gebessert, aber nicht geheilt 
entlassen wurde); 3 Gonitides und 1 Balanitis. 

Die Behandlung war in all* diesen Fällen eine ganz ein¬ 
fache oft zuwartende und leicht antiphlogistische. Einiges In¬ 
teresse dürften nachstehende zwei Fälle haben. 

a) Eine Periostitis an der fünften rechten Rippe bei einem 
50jahrigen, in elenden Verhältnissen lebenden Bocchesen bestand 


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schon 3 Monate, ehe der Kranke die Aufnahme im 8pitale nach- 
suchte, und stellte sich als nussgrosse, geröthete, etwas weiche 
Geschwulst am Knorpelende genannter Kippe dar, die sich allmählich 
vergrösserte und von selbst zum Aufbruche kam. Eine ähnliche 
Geschwulst bildete sich im Verlaufe des Krankseins an der Ansatz¬ 
stelle der zweiten linken Kippe, die ebenfalls aufbrach, Nach 44 Tagen 
wurde der Mann, ohne dass sich Necrose eingestellt hätte, geheilt 
entlassen. 

b ) Ein Panaritium des linken Baumens bei einem dienstlosen 
Matrosen bestand schon 30 Tage, als der Kranke aufgenommen 
wurde und war auf der Palmarseite schon offen. Die Untersuchung 
mit der Sonde liess einen rauhen, biosliegenden Theil des Nagel¬ 
phalanx auffinden, nach dessen Entfernung die vollkommene Heilung 
in 20 Tagen erfolgte. 

III. Vergeh war ungen. Zu diesen zählt Dr. Weissbach 
nebst den gewöhnlichen Geschwüren, deren 9 Fälle zur Behand¬ 
lung kamen, noch 1 Ozaena, 1 Incarnatio unquis und 1 Fissura 
ani. An Ozaena angeblich nach vor einem Jahre in Triest 
fiberstand enen Blattern litt ein junger Matrose, dessen Nasen¬ 
rücken ganz eingesunken war, und dessen Ausathmung sehr 
übel roch, bei vollständigem Fehlen der Nasenscheidewand und 
Excoriirung der sichtbaren Nasenschleimhaut. Im weiteren Ver¬ 
laufe entzündete sich die linke Hälfte deB weichen Gaumens 
mit der Mandel, die rasch in Zerfall überging und einen drei¬ 
eckigen Substanzverlust links vom Zäpfchen zurückliess. Der 
Mann wurde nach 65tägiger Behandlung ohne Heilerfolg bezüg¬ 
lich der Ozaena entlassen. 

Ein ins Fleisch gewachsener Nagel der rechten grossen 
Zehe bei einem jungen Weibe wurde zur Hälfte ausgeschnitten, 
und die Kranke verliess 5 Tage nach der Operation das Spital. 

Die Fissura ani bei einem 34jährigen Weibe am hinteren 
Umfange des Afters als radiäres, streifenförmiges, bis auf die 
Schleimhaut sich fortsetzendes Geschwür heilte mittelst Aetzung 
mit Höllenstein in 17 Tagen. 

IV. Sonstige. Unter dieser Bezeichnung führt Dr. W. an: 

a) 3 Fälle von Varices (2 bei Männern und 1 bei einem 
Weibe). Zwei, eine bei einem Manne und die andere bei dem 
Weibe waren stark angeschwollene Haemorrhoidalknoten, wurden 
mit Eisenchlorid behandelt und die Kranken verliessen nach 18 
Tagen geheilt das Spital. Der dritte Fall betraf Varicositäten 
am linken Unterschenkel des zweiten der angeführten Männer, 
der nach 3tägigem Ausruhen das Spital ungeheilt verlassen hat. 

b) Ein Carcinom bei einer 50jährigen Armenierin. Diese 
hatte (angeblich seit 8 Monaten) in der rechten Achselgegend 
auswärts der Brustdrüse eine hühnereigrosse, länglichrunde, harte 
Geschwulst, die, bei unfaltbarer Haut auf ihrer Oberfläche, an der 
Basis selbst sehr leicht verschiebbar, jedoch besonders in der Nacht 
sehr schmerzhaft war. In den inneren Organen liess sich nichts 
Krankhaftes nachweisen. Die Härte der Geschwulst und die 


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lanzinirenden Schmerzen rechtfertigten die Diagnose, und es 
wurde zur Operation geschritten. Unter Chloroformnarcose wurde 
die Geschwulst mittelst zweier halbmondförmiger Schnitte sammt 
der Haut ausgeschält, (was am Grunde ganz leicht gelang) fünf 
kleinere Arterien mit carbolisirten Seidenfäden unterbunden, die 
Wunde mit Carbollösung gereinigt und durch neun Nähte ver¬ 
einigt; der rechte Arm wurde mit einer Binde an dem Thorax 
befestigt. Die Operirte befand sich durch drei Tage ganz wohl; 
die Wunde blieb nach Auslösung der Nähte am vierten Tage 
geschlossen, ihre Umgebung erschien normal, allein nach Btägigen 
Fieberbewegungen zeigte sich Erysipel, von der weitklaffenden, 
dünneitrigen Wunde ausgehend, bis über die Mitte des Thorax 
und des rechten Oberarmes, welches dort wohl bald verschwand, 
aber sich später bis auf die Oberschenkel ausdehnte, und am 
zwölften Tage nach der Operation — die Frau war im Ganzen 
26 Tage im Spitale — den Tod herbeiführte, ohne dass durch 
die Secton eine nähere Todesursache eruirt werden konnte. 

Diese ergab: Körper 1585 Mm. lang, gut genährt, allgemeine Decke 
fettreioh, gleichmäßig weiss, am Hinterhaupt serös durohtränkt, am Kreuz¬ 
bein abgehoben. — Im unteren Theile der rechten Axillargegend eine hand¬ 
tellergrosse, flache, guteiternde Wunde mit dem ganz intaoten musoul. serrat. 
unter ihrer Basis, ihre Umgebung ganz normal. — Lungen ausgedehnt, vorne 
trocken, hellgrau, hinten dunkelroth und etwas sohftumiges Blut, überall aber 
Luft enthaltend. — Herz klein, zusammengezogen, sowie alle übrigen Organe 
normal. Oedem der Gehirnhäute. 

C. Hautkrankheiten 

spielen eine sehr untergeordnete Rolle. Eine Gesichtsrose (be¬ 
handelt mit Unguent. cinereum) 3 Eczeme (Schwefelsalbe und 
Bäder) 2 Fälle von Acne, eine Frostbeule (mit Anwendung von Aq. 
Goulardi geheilt) und zwei oberflächliche Verbrennungen, deren 
eine wohl sehr ausgebreitet war und sich über Brust, Rücken 
und linken Vorderarm erstreckte, die aber beide unter Anwen¬ 
dung von Leinöl mit Kalkwasser in kurzer Zeit heilten, waren 
die wenigen in diese Kategorie gehörigen Krankheiten. 

D. Angenkrankheiten 

kamen noch weniger zur Beobachtung; in Allem nur 6 Fälle, 
darunter 4 Catarrhe der Conjunctiva. Bedeutender war eine 
Keratitis beider Augen bei einem Bergmanne, einen Monat vor 
dem Eintritt in's Spital dnrch Pulverexplosion neben anderen 
bereits abgelaufenen Verbrennungen veranlasst, die mit Hinter¬ 
lassung ganz kleiner peripherer Trübungen in 53 Tagen heilte, 
— hartnäckige Trachome beider Augen bei einem vom vorigen 
Jahre verbliebenen Segelmatrosen, welche während ihres äusserst 
langsamen Verlaufes zur Bildung von kleinen Pterygien führten, 
die jedoch ohne hindernde Trübungen zurückzulassen allmälig 
mit deren Granulationen schwanden. Unter wechselnder Be- 
pinselung mit Lapis- oder Kupfervitriollösung, später unter 
Betupfung mit Kupfervitriolkristall heilte der Kranke vollständig 
nach 285tägiger Behandlung. 


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E. Syphilitische Krankheiten 

kamen genau in demselben Verhältnisse zur. Gesammtzahl vor 
wie in früheren Jahren und wurden im Jahre 1879 44 damit 
Behaftete im Spitale behandelt, und zwar 15 an Blennorrhöen, 
1 an Strictur der Harnröhre, 23 an Geschwüren und 5 an all¬ 
gemeiner Syphilis. Bei ersteren genügte eine mehr observative 
Behandlung, die Strictur wurde durch eingeführte Bougies be¬ 
hoben. Von den Geschwüren war einmal Complication mit ver¬ 
schwörender Paraphimose, zweimal mit Indurationen, viermal 
mit Bubonen vorhanden und in sieben Fällen kamen die Bubonen 
allein zur Behandlung, da die Geschwüre bereits vernarbt waren. 
Von sämmtlichen 11 Fällen mit Bubonen heilten 2 ohne Eiterung (in 
16 und 25 Tagen), alle übrigen nach Incision, wenn sie nicht 
schon offen ins Spital gekommen waren. Von den 5 Kranken 
mit allgemeiner Syphilis hatten 4 breite Condilomen, daneben 
waren je einmal offene indurirte Geschwüre des Praeputiums 
und Onychie am rechten Fusse, im fünften Falle Maculae neben 
Angina und indurirten Coronalgeschwüren vorhanden. 

Sämmtliche hier angeführte Kranke mit Ausnahme eines 
einzigen, der am Schlüsse des Jahres noch verblieb, wurden 
geheilt entlassen. Die Behandlung all 9 dieser Syphilisformen 
blieb dieselbe wie in den letzten Jahren. 

Die dem Schlüsse des Berichtes angefügten statistischen 
Tabellen umfassen die Krankenbewegung in den einzelnen 
Monaten des abgelaufenen Jahres: I. im Allgemeinen, II. und 
III. der verschiedenen innerlichen Krankheiten, IV. und V. der 
äusserlichen Krankheiten nebst Haut- und Augenkrankheiten 
und VI. der syphilitischen Krankheiten. 

Die ganze Arbeit gibt, wie schon erwähnt, Zeugniss, dass 
der Verfasser als denkender Arzt bestrebt ist, seine Beobacht 
tungen gewissenhaft und wahrheitsgetreu mitzutheilen, und wenn 
wir etwas vermissen, ist es die von Dr. Weissbach eingeschlagene 
Therapie, deren nur bei den seltensten Fällen Erwähnung ge¬ 
macht wird, während es doch bei vielen rascher als gewöhnlich 
zur Heilung gelangten Krankheiten wünschenswerth wäre, zu 
wissen, durch welche Mittel dieser Erfolg erzielt wurde. 


Aus dem Geschäftsrathe. 

In der am 23. Juni unter dem Vorsitze des Vicepräsidenten 
M.-R. Dr. Preyss abgehaltenen Sitzung, in welcher Vicepräses 
Dr. Hopfgartner, Secretär Dr. Reitter und 15 Mitglieder 
des Geschäftsrathes anwesend waren, übernahm in Abwesenheit 
beider Schriftführer über Ersuchen des Vorsitzenden Herr Dr. 
Löffler die Protokollführung. 

Der Vorsitzende entschuldigt das Nichterscheinen des Herrn 
Präsidenten durch dessen Abwesenheit von Wien in dringenden 
Familienangelegenheiten, dankt dem Geschäftsrathe in warmen 
Worten für die ihm jüngst zu Theil gewordene Ovation und 


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242 


theilt mit, dass in Ausführung des Geschäftsrathsbeschlusses 
vom 19. Mai dem Herrn Dr. Johann Würstl, anlässlich der 
Feier seines 50jährigen Doetor-Jubiläums, durch eine aus beiden 
Vicepräsidenten und dem Secretär bestehende Deputation eine 
Glückwunschadresse überreicht wurde, welche der Jubilar mit 
sichtlicher Freude entgegengenommen und die Ueberbringer 
ersucht habe, dem Collegium für diesen auszeichnenden Beweis 
von Theilnahme seinen tiefgefühlten Dank ausdrüoken zu wollen. 

Vicepräsident Dr. Hopfgartner theilt mit, dass er Tags 
vorher zu dem schwererkrankten Primararzt Dr. Zsigmondy 
gerufen worden sei, und dass dieses mittlerweile verstorbene 
Mitglied des Collegiums ihm 500 fl. in Notenrenten eingehändigt 
habe mit der Bestimmung: 800 fl. dem Pensions-Institute als 
Gründungsbeitrag, und 200 fl. dem Unterstützungs-Institute als 
Spende zu tibergeben. Dr. Hopfgartner beantragt das Dank¬ 
schreiben dafür an die Familie zu richten, welcher Antrag auch 
einstimmig angenommen und dahin ergänzt wurde, im Anschluss 
an dieses Schreiben auch dem tiefsten Beileid des Collegiums 
Ausdruck zu geben. Um das Andenken des Verstorbenen sofort 
zu ehren, erhoben sich die Anwesenden von ihren Sitzen. 

Hierauf wurden die DDr. Auchenthaler, k. k. Hofarzt, 
Hermann Hertzka, prakt. Arzt in Wien, und Albert Mittler 
in Währing als Mitglieder in das Doct.-Coll aufgenommen. 

Secretär theilt mit: 1. dass Dr. Preyss neuerdings 
mehrere interessante Werke für die Bibliothek des Collegiums 
gespendet habe, 2. dass die niederösterreichische Statthalterei die 
Kundmachung zur Ausschreibung von sieben erledigten Stipendien, 
welche das Collegium zu verleihen hat, übermittelt habe, dass sich 
jedoch wahrscheinlich wegen Kürze der Concurrenzfrist nur für 
zwei derselben Bewerber einfanden. Er beantragt demnach an 
die hohe Behörde das Ersuchen zu stellen, den Concurstermin 
verlängern zu wollen und O.-S.-R. Dr. Schneller bemerkt hiezu, 
es möge in diesem Gesuche auch der Wunsch ausgesprochen 
werden, dass derlei Intimationen in Zukunft früher übermittelt 
werden möchten. Er sei im vorliegenden Falle für eine Er- 
streckung auf vier Wochen (angenommen). 

Der Vorsitzende macht aufmerksam: 1. dass Herr 
Dr. v. Vivenot am 6. August sein 50jähriges Doctor^ Jubiläum 
feiern werde. Es wurde wohl schon beschlossen, dass das Collegium 
an dieser Feier theilnehmen solle, doch die Art und Weise 
„wie“ wurde noch nicht bestimmt. Es wird demnach beschlossen, 
diesem verdienstvollen Mitgliede des Collegiums an diesem Tage 
eine würdig ausgestattete Adresse durch eine Deputation mit 
dem Präsidenten an dei Spitze zu überreichen, 2. dass Hofrath 
Dr. Ritter v. Güntner, der im December d. J. 90 Jahre alt 
wird, am 25. Juli das 60. Jahr seit seiner Promotion zurück¬ 
gelegt haben wird. Es sei dies eine Art diamantenes Doctor- 
Jubiläum, das umsomehr gefeiert werden solle, als es höchst 
selten vorkommt. Ueber Antrag der DDr. Hopfgartner und 


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243 


A. Grub er wird die Uebermittlung einer Adresse beschlossen, 
welche vom Präsidium und allen Mitgliedern des Geschäftsrathes 
zu unterfertigen ist. Es ist selbstverständlich, dass auch noch 
andere Collegiumsmitglieder sich daran nach Belieben betheiligen 
können. 

O.-S.-R. Dr. Schneller theilt als Obmann des Comitös zur 
Wahrung der Standes-Interessen mit, dass dieses Comitö die 
ihm zugewiesenen Agenda in Berathung gezogen, fiir die Be¬ 
freiungszeugnisse vom Turnen Dr. Lederer und für die Krank¬ 
heitszeugnisse bei contagiösen Erkrankungen Dr. Scholz zu 
Referenten aufgestellt hat. Beide Gegenstände wurden übrigens 
bis nach den Ferien vertagt. Ferner wurde die Aerztekammer- 
frage in diesen Comitösitzungen abermals besprochen um die 
Gesichtspunkte für ein Gegenmemorandum in Folge des vom 
Geschäftsausschusse des Aerztevereinsverbandes dem Abgeordne¬ 
tenhause überreichten Memorandums festzustellen. Zum Referenten 
wurde M -R. Dr. Preyss und zum Correferenten Dr. Reitter gewählt. 

Dr. Scholz will die Aufmerksamkeit des Geschäftsrathes 
auf die Nothlage einer sehr armen Arztenswitwe lenken, deren 
Mann — wohl dem Collegium nie angehörend — durch 43 Jahre 
als Arzt tbätig war und welche nun hier mit ihren Kindern 
im grössten Elende lebe. Der ärztliche Verein der südlichen 
Bezirke habe ihr 20 fl. zugewiesen und er (Dr. Scholz) bean¬ 
trage das Collegium möge dieser Witwe einen Unterstützungs¬ 
beitrag von 50 fl. zuwenden. Man möge das schon deshalb thun, 
weil die Verweigerung mit Rücksicht auf andere stattgefundene 
Auslagen des Collegiums gegen dasselbe ausgenützt und es 
alsein hartherziger Körper hingestellt werden könnte. Dr.Tur- 
kiewics, der die Verhältnisse aus eigener Anschauung kennt, 
bemerkt, dass diese Witwe nur einen Sohn habe, der bereits 
24 Jahre alt, aber tuberculös sei. Die Noth sei allerdings gross, 
ihr abzuhelfen und üble Nachrede zu vermeiden, sollte etwas 
zu Gunsten dieser Witwe gethan werden. M.-R Dr. Preyss gibt 
hierauf die Aufklärung, dass das Collegium keine Fonds für Unter¬ 
stützungen ihm fremder Armen besitze. Die Zinsen der kleinen 
Capitalien, welche zusammen nicht volle 600 fl. betragen, sind 
nur für Mitglieder, .deren Witwen und Waisen gewidmet und 
werden alljährlich im Monate Jänner bis zum letzten Kreuzer 
unter die Bedürftigsten vertheilt. Es finden sich aber immer 30 
und mehr Bewerber ein, so dass die Betheilung für einen Ein¬ 
zelnen kaum nennenswerth ist und es kann doch nicht gewünscht 
werden, dass sie noch mehr reducirt werde durch die Einbe¬ 
ziehung von Individuen, die dem Collegium ferne stehen. Uebri- 
gens seien auch ihm die Verhältnisse dieser Frau bekannt, und 
er habe wiederholt dahin gewirkt, dass sie vom Wiener Wohl- 
thätigkeitsvereine für Hausarme betheilt wurde. Auch jetzt 
würde er gegen eine private Subscription nichts einwenden. 
Mit Entschiedenheit müsse er jedoch die Andeutungen zurück¬ 
weisen, dass das Collegium für andere Zwecke Geld verausgabt 


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244 


habe und deshalb zu einem wohlthätigen Zwecke etwas thun 
möge. Wenn damit die Auslagen gemeint sein sollen, die für 
ihn auf Antrag des Herrn Präsidenten in jüngster Zeit gemacht 
wurden, so müsse er hervorheben, dass Niemand dem Collegium 
das Recht streitig machen kann, seine Anerkennung und Remune¬ 
ration für Leistungen, wie ihm ersprisslich scheint, in was immer für 
einer Form zum Ausdruck zu bringen. Im ähnlichen Sinne spra¬ 
chen noch die DDr. Lederer. Gruber und Löffler. Dr. 
Reitter sagt, man hätte sich an das Unterstützungs-Institut 
wenden müssen, dieses hätte aber im gegebenen Falle auch 
nichts thun können. Das Collegium besitzt keine Fonds zu Privat¬ 
unterstützungen und hat nur für seine eigenen Mitglieder zu 
sorgen. Der von Dr. Schneller beantragte Uebergang zur 
Tagesordnung wird angenommen, da sie aber erschöpft ist, die 
Sitzung aufgehoben. 


Notizen. 

Ernennungen. Se. Majestät der Kaiser hat mit Allerhöchster Entsohlies- 
sung vom 18. v. M. nach benannte Herren Collegen zu a. o. Professoren an der 
Wiener Universität ernannt: den Titularprofessor Dr. J. Schnitzler für 
Krankheiten der Athmungs- und Kreislaufsorgane, die Privatdocenten DDr. 
R. Chrobak, K. Freiherr v. Rokitansky und L. B a n d 1 für Geburts¬ 
hilfe und Gynaekologie, den Privatdooenten Dr. H. Obersteiner für Physiologie 
und Pathologie des oentralen Nervensystemes, endlich den Assistenten bei der 
Lehrkanzel für Anatomie, Dr. Emil Zuokerkandl für diesen Gegenstand. 

Auszeichnungen. Se. Majestät der Kaiser hat dem Primarärzte der 
vereinigten Wiener Yersorgungshäuser, Med. et Chir. Dr. Karl Endlicher, 
in Anerkennung seines berufstreuen Wirkens den Titel eines kais. Rathes 
mit Naohsioht der Taxen verliehen. — Der Brunnenarzt in Franzensbad, 
Dr. Leopold Fellner, erhielt das Offioierskreuz des fürtstlioh serbischen 
Takowa-Ordens. — Der Direotor des Rudolfs-Spitales, Dr. Carl Böhm, 
wurde von dem Verbände der deutschen Ingenieure für gesundheitsteohnisohe 
Anlagen zum ersten Präsidenten gewählt. 

Aufnahmen. In der Sitzung des Geschäftsrathes am 22. September 
wurden die Herren DDr. Victor Kless, praktischer Arzt in Wien, Josef 
List in Retz und Paul Hlawatsoh zu Neuberg in Steiermark als ordent¬ 
liche Mitglieder in das Wr. medio. Doot.-Coll. aufgenommeu. 

Todesfälle. In den ersten zwei Tagen d. M. starben nacheinander 
zwei ältere Mitglieder des Coli. Dr. Markus Weintraub, geboren im Jahre 
1816 zu Glossau in Böhmen, bildete sich Anfangs zum Wundarzte aus, ver¬ 
vollständigte aber später seine medic. Studien und wurde im Jahre 1854 in 
Wien zum Doctor promovirt, welchem Acte im Jahre 1855 die Aufnahme in 
das Doct.-Coll. der Wiener medic, Facultät folgte. Als praktischer Arzt 
von ehrenhaftem Charakter erfreute er sich in seinen Kreisen grosser Be¬ 
liebtheit. Er erlag den Folgen eines Herzleidens am 1. d. M. betrauert von 
allen, die ihn näher kannten. — Professor Carl von Patruban, geboren zu 
Wien am 81. August 1816, wurde daselbst am 6. August 1839 zum Doctor 
promivirt und gegen Ende desselben Jahres in die medic. Facultät aufge¬ 
nommen. In früheren Jahren eines der thätigsten Mitglieder des Coli, und 
einer der ersten Günder von dessen Unterstützungs-Institute, hat er sich im 
letzten Decennium von jedem collegialen Verkehr zurückgezogen. Seit einem 
Jahr kränkelnd und krank, setzte ein apoplektischer Anfall am 2. d. M. seiner 
rastlosen Thätigkeit, die wir in der nächsten Nummer eingehend besprechen 
wollen, ein rasches Ende. Mögen Beide in Frieden ruhen! 

Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Boot.-OoU. — Verantwortlioher Bedaoteur. 

Pr. L. Hopfgartner. — QeeelU ob afU-Buohdruokerei, Wien, EU. Brdbergerstrasse ft. 


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VI. Bd. Ansgegeben am 21. October 1880. Ir. 23 


MITTHEILUNGEN 

des 

ffimmr meiicmsci» Qictorii-Cilliiiii!. 


Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bogen and darüber, an 
10 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegiums im In- 
Unde 3 fl., nach dem Auslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 26 kr. = 60 Pfg — Inserate 
16 kr. = 30 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medlcin. Buchhandlung Toepltts dt Deutieke 
(vormals Karl Cnerinak), Wien, I., Schottengasse B 

Zuschriften and Znsendnngen an die Redaction: Wien, Kaaxlei des Wiener aed. 
Doci.-Coll. and der Witwen- und Waisen-Societüt, Rothenthnrmstrasse 23. 


Inhalt : Exsudatum pelviperitoneale, Haematocele retrouterina dextra von Dr. Alex. Lerch jun. 

— Aus dem Geschäftsrat he. — Aus dem Unterstützungs-Institute. — f Dr. Carl v. Patruban. 

— Literarische Anzeigen. — Notizen. 


Exsudatum pelviperitoneale, Haematocele retrouterina 
dextra. (Genesung.) 

Von Dr. Alexander Lerch junior. 

Ich erlaube mir, einen in Entstehung und Verlauf beobach¬ 
teten Fall von Haematocele retrouterina mitzutheilen. 

Frau W., 29 Jahre alt, seit beiläufig 3 Jahren verheiratet, 
kinderlos, hatte seit ihrem 14. Jahre alle vier Wochen die Men¬ 
struation. Diese war so excessiv, dass stromweise Blut durch 
sechs, in späteren Jahren durch acht Tage abging, häufig mit 
grossen Coagolis untermischt. Anfangs des Jahres 1868, im 22. 
Lebensjahre weilte sie längere Zeit in Ungarn, hatte daselbst 
anhaltend durch vier Monate höchst heftigen Blutgang, delirirte 
angeblich durch 20 Nächte, musste jedoch, von ihrer hartherzi¬ 
gen Tante gezwungen, in diesem Zustande bei Tag schwere 
Arbeit im Bäckergeschäfte verrichten. 

Nach vier Jahren, im Jänner 1872, verheiratete sie sich, 
die excessiven Menstrualblutungen hielten an, ja steigerten sich 
im vierten und fünften Jahre der Ehe, (1875 und 1876). Sie litt 
nie an Fluss, jedoch war die letzten zwei Tage bei der Men¬ 
struation immer schmutzigbraune Flüssigkeit abgegangen. In 
den ersten zwei Tagen der Menstruation waren immer krampf¬ 
hafte Schmerzen. Am 18. Februar 1877 erkrankte sie angeblich 
an rechtsseitiger Peritonitis und an Gebärmutterentzündung. 
Die am 10. Tage der Erkrankung auftretenden profusen Blu¬ 
tungen hörten, allmälig abnehmend, nach 11 Tagen auf, nach 
also 21tägiger Krankheitsdauer wurden durch mehr als 40 Tage 
vom Arzte verordnete warme Sitzbäder genommen, bis Ende 
April 1874 die Menstruation eintrat, welche 9 Tage dauerte. 
Während der Krankheit waren in der rechten regio iliaca grosse 


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Ö46 


Schmerzen, welche seit dieser Zeit immer, wenn auch nicht 
heftig, von Frau W. gefühlt wurden. Die Menstrualblutungen 
dauerten fort. Seit 3. März 1877 nahm Patientin täglich 2 Aloe¬ 
pillen einer Massa von 2.0 Aloe auf 30 Pillen. 

Am 10. August 1877 Frost, Schmerz in der Gegend des 
linken breiten Mutterbandes, in geringem Masse Metrorrhagie 
bis 7. September; angeblich um stärkeren Blutgang zu erregen 
nahm Patientin dann am 7. September 9 Pillen von ferr. sulf. 
cryst., kal. carb. tart. dep. aa. 6 Mucil. gumm. Trag. q. s. ut. f. 
pill. 90. 3. St. 3mal täglich, worauf noch am selben Abende 
eine grössere Blutung mit vielen Klumpen stattfand. Die Pillen 
nahm sie noch 5 Tage, die Blutung dauerte fort. Dagegen er¬ 
hielt sie nun Secale com. Die seit 10. August bestehenden 
Schmerzen in der linken Reg. iliaca wurden immer grösser, es 
entwickelte sich eine harte Anschwellung, welche nach Chloro¬ 
form-Einreibungen etwas abnahm. 

Am 27. September wurde die erste Untersuchung von mir 
vorgenommen. Die kinderlose, 29 Jahr alte Frau ist schwächlich, 
mittelgross, blass, abgemagert, ohne Tag- oder Nachtschweisse, 
ohne Geschwüre, Drüsenanschwellungen, Yarices; Zunge trocken, 
appetitlos, unregelmässigen, durch mehrere Tage zurückgehal¬ 
tenen Stuhlgang, keine besonderen Harnbeschwerden; Schlaf 
unterbrochen, unruhig, gereiztes und aufgeregtes Benehmen, 
Lungen, Herz gesund, T. 37, 8, Puls 88. Bauch stellenweise meteo- 
ristisch. In der Gegend des linken breiten Mutterbandes geringe 
Dämpfung, durch Palpation eine mehr lange als breite hand¬ 
tellergrosse, schmerzhafte, nicht fluctuirende pralle und harte 
Anschwellung, welche vor einer Woche umfangreicher gewesen 
sein soll, nachweisbar. Rechts keine Dämpfung, keine Anschwellung, 
jedoch in der reg. iliac. ober dem lig. lat. ein bei Berührung empfind¬ 
licher Punkt, in welchem manchmal ein stechender Schmerz, 
wenn auch gering auftritt; diese Gegend soll der Sitz der im 
Februar 1877 angeblich vorhandenen Peritonitis gewesen sein. 

Die Gebärmutter etwas massiger anzufühlen, fest fixirt, 
nicht schmerzhaft, keine Lageveränderung; der Muttermund 
4V 2 Centimeter oder etwas mehr ober dem Scheideneingange, 
derb und geschwellt, im hinteren Scheidengewölbe links starke 
Pulsation. Nach dem bisherigen Verlaufe der Krankheit und der 
Anamnese musste die Diagnose auf ein linksseitiges para- 
metritisches Exsudat als Residuum Hand in Hand gehend mit 
einer neuen Entzündung gestellt werden. Therapie: Jodkaüglobuli, 
innerlich Jodkali; bis November, also in einem Monate, schwand 
allmählich die Geschwulst bis auf einen dickeren Strang, rascher 
das Fieber und die Schmerzen; die sehr anämische Kranke ass 
vom 20. October an mit Appetit; während dieser Zeit bestand 
fort Abgang von hellrothem Blut. Vom 20. bis 27. October kalte 
Sitzbäder, nachdem der Uterus etwas beweglich geworden. Am 
27. October keine Blutabsonderung mehr. 


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247 


Nachdem die Kranke am 4. November in der rechten regio 
iliaca Brennen empfunden und Abends massiger Blutabgang be¬ 
gonnen hat, bildete sich plötzlich am 5. November Früh Morgens 
unter grosser Prostration, Ohnmachtsanfällen und Schmerzen 
eine rechts vom Uterus gelegene Geschwulst. Dieselbe wuchs 
noch etwas bis 10., die Schmerzen nahmen vom 10. an ab. 
Bis dahin musste die Kranke catheterisirt werden. Am 5. November 
war zweimal Stuhlgang, dann aber immer 3—5tägige Obsti¬ 
pation. P. 120, T. 38*0 bis 38*6 bis zum 12. November. Befund 
am 10. November: Normales Becken; rechte Bauchgegend stark 
hervorgewölbt; die Geschwulst ist bei dünnen Bauchdecken 
leicht zu palpiren uüd lässt sich oben ein vorderer und ein 
nach unten liegender hinterer Rand wie bei einem Kegelstutze 
umgreifen. Die Dämpfung hat einen Umfang, welcher ober der 
Gegend der Symph. ant. sup. dextra zwei Finger über den Nabel 
und nach abwärts in die linke Bauchgegend hinübergreift uud 
zur Symph. oss. pub. herab- und hereinsteigt Innerhalb dieser 
Curve ist also überall Dämpfung. Der linke Rand derselben 
gehört der von der Geschwulst nicht gesondert bestimmbaren 
Gebärmutter an. Nach unten und innen reicht die Geschwulst 
in den Douglas’schen Raum, ist stark in die Scheide hinaus¬ 
gebaucht nicht pulsirend, daselbst keine deutliche Fluctuation 
nachweisbar; auch seitlich rechts von der Vaginalportion 
ist Schwellung. Am 12. November ist die Geschwulst zum 
Sp. a. sup. herabgesunken, hat 
also etwas abgenommen. Die 
Begrenzungscurve, etwas unter 
d. sp. a. s. beginnend, steigt 
zwei Finger breit über den 
Nabel und links von diesem 
zur Schamfuge in der Länge 
von 41 Centimeter; die Curve 
links von der Symph. oss. pub. 
über dem Nabel, also längs der 
beträgt 23 Cen- 
auf der Bauch¬ 
decke gemessene Distanz zum 
Nabel von der Symph. oss. pub. 

18 Centimeter (während sie nach 
2®/ 4 Jahren 17 Centimeter be¬ 
trug). Der am meisten nach 
oben gegen den Schwertfortsatz 
gerichtete Punkt der Curve war 
beiläufig 2 Centimeter rechts und 
nach oben vom Nabel, die hervorgewölbteste Stelle 8 Centimeter 
nach unten und rechts vom Nabel, 10 Centimeter v. d Symph. oss. 
pub., 9 Centimeter von der sp. a. sup. dextra entfernt. Gebärmutter¬ 
hals nach vorne und etwas nach links gedrängt. Die Gebär- 


Uterusgrenze, 
timeter; die 



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248 


mutter ebenfalls in die linke Beckenhälfte hineinstehend, fest 
fixirt. Muttermund 4 1 /* Centimeter vom Introitus vaginae; Ge¬ 
schwulst im Douglasraume circa 5V 2 Centimeter davon. Die 
Umrisse der Geschwulst entsprechen beiläufig den auf dem vor¬ 
stehenden Schema bezeichneten. 

Die Diagnose war in Folge der Anamnese, der vorher¬ 
gegangenen Pelviperitonitis chronica, der genauen Beobachtung 
der Unterleibsverhältnisse während dieser langen Zeit des unter 
den entsprechenden Eigentümlichkeiten plötzlichen Erscheinens 
der Geschwulst leicht auf intraperitonealen Bluterguss, respective 
Haematocele retrouterina zu stellen. 


Datum 

Pulszahl 
Früh Abends 

Temperatur 

Früh Abends 

Datum 

Pulszahl 

Früh Abends 

Temperatur 
Früh Abends 

12. 

Nov. 

100 

100 

38*8 

39*0 

4. 

Deo. 

86 

88 

370 

37*4 

13. 

n 

104 

106 

38*8 

38-8 

5. 

n 

88 

88 

37-0 

37*2 

14. 

n 

108 

95 

38 9 

38*6 

6. 

n 

84 

86 

370 

37*0 

15. 

n 

98 

97 

38*0 

38 7 

7. 

n 

86 

86 

370 

37-0 

16. 

n 

92 

98 

37*7 

38-8 

8. 

n 

86 

90 

37 0 

37*2 

17. 

n 

104 

98 

389 

38*8 

9. 

n 

104 

112 

37*3 

38-6 

18. 

n 

96 

96 

88*4 

38 1 

10. 

n 

108 

104 

37-7 

37*8 

19. 

r> 

84 

92 

37-7 

38 1 

11. 

n 

92 

86 

37.0 

37.0 

20. 

n 

96 

84 

38 1 

385 

12. 

n 

90 

92 

37 0 

37*7 

21. 

n 

90 

90 

37 7 

381 

13. 

r> 

116 

110 

38 0 

387 

22. 

n 

84 

88 

37-2 

38*0 

14. 

n 

110 

100 

37*7 

37-8 

23. 

n 

92 

96 

37*0 

38*3 

15. 

n 

100 

90 

37-1 

37*3 

2 t. 

n 

86 

90 

37.5 

38-0 

16. 

n 

84 

84 

370 

37-0 

25. 

n 

104 

89 

377 

37-7 

17. 

n 

92 

88 

37*2 

37-5 

26. 

n 

88 

88 

37 5 

37*7 

18. 

n 

84 

78 

37 0 

37*2 

27. 

n 

85 

86 

37 2 

37-6 

19. 

n 

116 

104 

396 

38*8 

28. 

n 

88 

90 

37*2 

37*4 

20. 

n 

94 

76 

37*3 

37-0 

29. 

n 

84 

84 

87*5 

37*2 

21. 

n 

72 

72 

36*5 

36*5 

30. 

n 

90 

88 

87*1 

37*0 

22. 

n 

66 

70 

36-4 

36-5 

1. 

Deo, 

92 

86 

37 0 

37-0 

23. 

n 

64 

66 

36*5 

36 4 

2. 

n 

84 

82 

37 1 

37*5 

24. 

n 

68 

68 

36*5 

36*6 

3. 

n 

84 

88 

37*0 

37 6 

25. 

n 

und so dann 

immer. 



Die Respiration war nur anfangs bei Erscheinen des Tumors 
etwas kürzer und beschleunigt, sonst variirte sie zwischen 26 
und 22 in der Minute. Die Stuhlentleerungen fanden immer 
nach Pausen von 3—5 Tagen und dann meist unter Beschwerden 
statt; es ging beständig blassrothes Blut ab, allerdings in sehr 
geringer Menge. In der Temperaturstabelle ist vom 12. November 
bis 27. ziemliche Fieberbewegung, nachher sehr geringe, dann am 
2., 3., 4. December wieder mässige, vom 9. an steigendes Fieber 
bis 13., dann abnehmend, am 19. heftiges Fieber (39*6). Hierauf 
immer niedrige Temperatur bis 23. Januar 1878. Der Tumor 
nahm ab, sowohl im Umfang und Wölbung nach aussen, als 
im Douglasraume; am 5. December war bereits die Gebär¬ 
mutter durch eine leichte Furche an der rechten Seite abzu¬ 
tasten, die Geschwulst und Dämpfung unter den Nabel herab¬ 
gesunken. Am 24. November war noch 38 Abend-Temperatur, 
am 8. December 37*2, am 9. Abends, wie kurz vorher erwähnt, 
38*6, also wieder sehr hoch. Als Ursache dieser Temperaturs¬ 
steigerung mögen die Veränderungen gelten können, welche die 


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249 


Stuhlbesch werden auf die Geschwulst und die peritonitischen Ver¬ 
wachsungen hervorriefen, so wie die am 12. eintretende Men¬ 
struation. Die Kranke hatte nämlich vier Tage keine Entleerung, 
der Bauch war etwas angeschwollen, sie erhielt am 9. Morgens 
Seignettsalz, hatte darauf drei Stuhlentleerungen, nach deren 
letzter am Abend des 9. Schüttelfrost folgte. Morgens: P. 104, 
T. 37*3, Ab. 112, T. 38 6; 10. noch hoch 37 8, am 11. normale 
Temperatur. Am 12. December erfolgten wieder zwei Ent¬ 
leerungen und um halb 8 Uhr trat die Menstruation ein, Abends 
und Nachts mit Blutklumpen und grossen Schmerzen, am 13. 
wieder beschleunigter Puls und Temp 38*0, 38 7 etc. Die 
Metrorrhagie dauerte ziemlich stark bis 16. December Abends, 
an welchem Tage auch die Temperatur schon wieder normal war 
und seit 12. die erste Stuhlentleerung erfolgte. Am 18. 5 Uhr 
Abends ging wieder Blut und ein apfelgrosses Koagulum ab, 
am 19. December 2 Uhr Morgens Schüttelfrost durch 10 Minuten; 
dann P. Morgens 116, T. 39 6, Abends 104, Temp. 38*8, am 20. 
wieder 37*3. Am 19. noch Abends Stuhlgang. Von nun an nichts 
Abnormes mehr. Mit Herrn Professor Weinlechner fanden 
zwei Concilien statt. Am 7. November zur Bestätigung der 
Diagnose, am 20. December nach dem heftigen Schüttelfrost, da 
ich vermuthete, dass sich Eiter gebildet hätte. 

Bis 23. Januar 1878 war die Geschwulst in der rechten 
Seite und im Douglasraume vollkommen aufgesaugt, die Men¬ 
struation ohne sonderliche Beschwerden eingetreten. 

Ich sah nun die Frau erst am 5. October 1880, also bei¬ 
nahe 2 8 / 4 Jahre nach der letzten Behandlung. Sie hatte gerade 
die Menstruation. Ihr Aussehen schien gut und gesund, die Bauch¬ 
decken waren ziemlich fett. Die ganze Zeit hindurch war die 
Menstruation alle vier Wochen eingetreten und hatte acht Tage 
gedauert. Erst im August hatte sie am 25. begonnen und bis 
11. September, also 18 Tage, mässig stark angedauert; am 
28. September war wieder Blut abgegangen und bis 7. October 
noch nicht Stillstand eingetreten. Sie war seither noch nicht 
schwanger gewesen. Distanz vom Nabel zur Symph. auf der 
fetten Bauchdecke gemessen 17 Centimeter, vom Nabel zum 
Schwertfortsatz 14 Centimeter. Von d. sp. ant sup. zum Nabel 
beiderseits 15 Centimeter. Durch äussere und bimanuelle Unter¬ 
suchung kein Exsudat nachweisbar, Uterus nach jeder Richtung 
beweglich, sein Orific. vom Introitus vag. fast 6 Centimeter entfernjt. 

Eine Sondirung war jetzt wegen der Blutung und früher 
wegen Empfindlichkeit und \orurtheil der Pat. nicht vor¬ 
genommen worden. Nähere Betrachtungen sind unnöthig, da die 
Abhandlungen von Küchenmeister, Voisin, Ferber, 
Ban dl etc., die Lehrbücher von West und Hewitt er¬ 
schöpfend die Haematoc. behandelt haben. Ueber die Quelle der 
Blutung würde ich mich aber dahin auszusprechen wagen, dass 
bei den lange vorhandenen Exsudaten und den öfteren Perito- 


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nitiden die Ansicht Yi r ch o w’s („Die krankhaften Geschwülste“, 
Berlin 1863, Bd. I, Seite 152) in diesem Palle bestätigt sei, 
dass „das Blut ganz oder grösstentheils aus den neugebildeten 
Gefässen partiell peritonitischer Schichten stamme“. 


Aus dem Geschäftsrathe. 

In der am 22. September unter dem Vorsitze des Vice- 
Präsidenten M.-R. Dr. P r e y s s abgehaltenen Sitzung, in welcher 
nebst dem Secretär Dr. Reitter und 13 Mitgliedern des Ge¬ 
schäftsraths auch noch der für diesen Abend besonders geladene 
Superintendent mehrerer Stipendien, L.-G.-R. Dr. Haschek, 
anwesend waren, wurden zunächst auf Antrag des Secretärs 
die DDr. Victor Kless, praktischer Arzt in Wien, Josef List 
in Retz und Paul Hlawatsch, Werksarzt zu Neuberg in Steier¬ 
mark, einstimmig als ordentliche Mitglieder in das Doctoren- 
Collegium aufgenommen. 

Hierauf folgten nachstehende Mittheilungen des 8ecretärs: 
d) das Reichs - Rriegsministerium übersandte unter Beischluss 
der Aufnahmebedingungen eine dahin lautende Kundmachung, 
dass der militär-ärztliche Curs für 40 Aspiranten am 1. Novem¬ 
ber d. J. beginne und am 30. April 1881 geschlossen werde; 
weiters wurde um möglichst weite Bekanntgebung dieser Kund¬ 
machung ersucht, b) Von der Witwe des jüngst verstorbenen 
Primararztes Dr. Zsigmondy langte ein Schreiben ein, in 
welchem dem Doctoren-Collegium der Dank ausgesprochen wird 
für die innige Theilnahme an der tiefeingreifenden Pamilientrauer. 
c ) Die Direction des Wiedener Krankenhauses, welcher über 
Antrag des Bibliothekars ein Tausch von Doubletten der Biblio¬ 
thek des Collegiums gegen etwa vorhandene Doubletten im 
Lesezimmer genannter Heilanstalt angeboten wurde, nimmt diesen 
Anbot mit Dank an. d) Hofrath Dr. Ritter von Güntner, dem 
die vom Collegium anlässlich seines 60jährigen Doctorjubiläums 
gewidmete Adresse aus Rücksicht für seine alterirte Gesundheit 
nicht, wie ursprünglich beschlossen worden, durch eine Depu¬ 
tation nach Ischl überbracht werden konnte, sondern überschickt 
wurde, hat dem Collegium in einem eigenhändig geschriebenen 
Briefe seinen Dank ausgedrückt. (Dieses Schreiben circulirte 
unter den Anwesenden, welche die sichere, feste Schrift des 
90jährigen Greises ausnahmslos bewunderten, e) Da Regierungs¬ 
rath Dr. Ritter von Vivenot, dem von Seite des Collegiums 
zur Feier von dessen 50jährigen Doctorjubiläum eine durch eine 
Deputation zu überreichende Glückwunschadresse votirt wurde, 
den Festtag (6. August) im Kreise seiner auf einem entfernten 
Landgute lebenden Familie zubringen wollte, musste die Adresse 
schon einige Tage vorher überreicht werden. Der Führer der 
Deputation, Collegiums-Präsident Dr. v. Schmerling begrüsste 
bei Ueberreichung der Adresse den Jubilar, seinen alten Freund 


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251 


und Jugendgenosaen, mit einer herzliehen collegialen Ansprache, 
die ihn tief gerührt und so erfreut hat, dass er, um sie all 
seinen Bekannten mittheilen zu können, diese kurze Rede drucken 
lies». Auch dem Geschäftsrath stellte er eine kleine Zahl Exem¬ 
plare derselben zur Verfügung*), f) Ein an Jahren schon sehr vor- 


*) Diese Ansprache lautet: 

„Gefeierter Jubilar! Hochverehrter theurer Freund! 
Das Wr. medizinische Doct.-Coll., an dessen Spitze zu sein ich die Ehre 
habe (und dass ich es heute bin, ist für mich doppelt erfreulich), sendet Dir 
durch eine aus ihrer Mitte gewählte Deputation die freundlichsten Grüsse, 
und sagt Dir zu dem seltenen Festtage die wärmsten, innigsten Glückwünsche. 

Du feierst heute die goldene Hochzeit Deines rühmlichen ärztlichen 
Wirkens. Fünfzig Jahre hinter Dir! Ein langer, sehr langer Zeitraum, an 
dessen Ende die Wenigsten anlangen, und unter den Wenigen dort Ange¬ 
langten kann selten Einer sagen: Ich kann noch wirken, noch thätig sein* 
— Du bist Einer der Auserkorenen. 

Als Sohn eines der ausgezeichnetsten, berühmtesten Aerzte damaliger 
Zeit hast Du eine sehr umfangreiche, alle Schichten der Bevölkerung umfas¬ 
sende Clieutel übernommen. Dein Verdienst war es, dieselbe nicht nur zu 
erhalten, sondern dieselbe noch durch Deine rastlose Thätigkeit, durch Deinen 
Eifer zu vergrössern. Das Verdienst war um so grösser, als Intriguen ver¬ 
schiedenster Art in Bewegung gesetzt wurden. 

Seit frühester Jugend durch innige Freundschaftsbande an einander 
gekettet, durch Deine Freundlichkeit und Dein Vertrauen in die Lage versetzt, 
Dich viele Jahre in Deiner Clientei zu vertreten, habe ich dadurch Gelegen¬ 
heit gehabt, die Stimmung des Publicums kennen zu lernen. Die Liehe für Dich, 
die wahre Verehrung, und Anhänglichkeit waren so allgemein ausgesprochen, 
wie eben diese Gefühle vereint selten zu finden sind. Dieses Urtheil ist aber 
auch gerechtfertigt. Seit dem Beginne Deiner Laufbahn bis zum heutigen 
Tage ho st Du die Kranken mit unermüdlicher Thätigkeit, Aufopferung, 
Wohlwollen, mit wahrer Menschenfreundlichkeit gepflegt und getröstet. Du 
war st für diese grossen Leistungen nicht nur durch die rühmliche Anerkennung 
von Seite Deiner Schutzbefohlenen, sondern auch durch Auszeichnungen vieler 
Potentaten belohnt worden. 

Du hast aber auch als patriotisch gesinnter Arzt volle Thätigkeit ent¬ 
wickelt. Als unser armes Vaterland durch Kriege heimgesucht wurde, warst 
Du immer unter denjenigen, welche Hilfe und Beistand angeboten haben, 
ja Du warst an der Spitze eines Comitä’s, dessen mühevolle, schwierige Auf¬ 
gabe es war, in die heranstürmenden Massen von Verwundeten und Kranken 
Ordnung zu bringen, dieselben zu pflegen, und dadurch viele dieser Unglück¬ 
lichen dem Tode zu entreissen. 

Dafür warst Du von Deinem Herrn und Kaiser mit den Orden der 
eisernen Krone und später nach dem Tode eines hohen Kirchenfürsten mit 
dem Titel eines k. k. Regierungsrathes ausgezeichnet worden. Du hast somit 
beinahe Alles erreicht, was ein Arzt erreichen kann. Mögen diese vielen, 
wohlverdienten Auszeichnungen aller Art Dir einen kleinen Ersatz bieten für 
so manchen harten Schlag, der Dich getroffen, für so manchen wehthuenden 
Undank, den Du erfahren! 

Diese Worte galten dem praktischen Arzte Vivenot! Nun spreche ich 
zum College n Vivenot. Als solcher verdienst Du wohl „Der gute Kamerad“ 
genannt zu werden. Immer ehrlich, offen und wahr, hast Du nie zu unlau¬ 
teren Mitteln gegriffen, um einen Deiner Collegen zu benachtheiligen. Du 
hast so manchen Deiner Collegen beschützt, geholfen. Dies Alles hat Deine 
so grosse Beliebtheit unter Deinen Collegen zur Folge gehabt. 

Endlich hast Du als Mitglied des medizinischen Doctoren-Collegiums 
von Deinem Eintritte in dasselbe an bis zum heutigen Tage immer Deine 
Anhänglichkeit für dasselbe bewiesen. Wenn es Dir auch nicht immer möglich 


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gerücktes Mitglied des Collegiums (Dr. Pr), der ausser Stande 
ist, noch zu erwerben und, nie ein Kind des Glückes, auch 
nichts ersparen konnte, überreichte ein Gesuch um Unterstützung, 
die zum grössten Bedauern aller Anwesenden aus den eigenen 
Mitteln des Collegiums nicht gewährt werden kann. Das Unter¬ 
stützungsinstitut sorgt nur für seine Mitglieder und Petent zählt 
nicht zu ihnen; die unbedeutenden Revenüen aus den kleinen 
Ponds, an denen er Theil haben könnte, fliessen erst im Jänner 
ein und werden dann sofort vertheilt. Secretär beantragt daher 
die Erledigung dieses Gesuchs auf jene Zeit zu asserviren und 
die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, doch solle 
Petent über Vorschlag des Dr. Lederer von diesem Beschlüsse 
sofort in Kenntniss gesetzt werden, was Secretär unverzüglich 
veranlassen zu wollen erklärt. 

Nach diesen Mittheilungen referirt Superintendent Dr. Ha- 
schek über die Bewerbung für die erledigten drei Emerich- 
schen und das eine Stumpfsche Stipendium. Um die ersteren, 
die nicht ausschliesslich für Mediciner gestiftet sind, bewarb 
sich nicht ein Schüler Aesculaps. Bei allen Klagen über Armuth 
finden sich für kleinere Stipendien, ungeachtet deren Erledigung 
in der mannigfachsten Weise bekannt gegeben wird, nur selten 
Liebhaber und doch gehören die E m e r i c h’schen mit 74 fl. 
jährlich nicht zu den kleinsten. Referent beantragt daher, an 
zwei Gymnasiasten, die beide allen Bedingungen entsprechen, 
je eines auf die Dauer von sieben Jahren und das dritte dem 
stud. juris Eduard Singer bis zur Beendigung seiner Studien 
zu verleihen. Um das Stumpfsche Stipendium bewarben sich 
zwei stud. med., von denen der eine Alois Plöschel als ganz 
besonders berücksichtigungswerth geschildert, daher die Verlei¬ 
hung dieses Stipendiums an denselben beantragt wird. Alle 
diese Anträge wurden von der Versammlung einstimmig zum 
Beschluss erhoben* Um die erledigten Büttner* sehen Stipendien 
bewarben sich zwei Mediciner, Alois Plöschel und Josef Skle* 
nar2, die beide in jeder Beziehung höchst würdig erscheinen, 
daher sie der Superintendent der Stiftung, Herr Hofrath von 
Güntner, in einem von Ischl eingesandten Referate Beide zur 
Verleihung mit je einem dieser Stipendien beantragt; welchem 
Anträge auch allgemein zugestimmt wird, ferner wird auf Antrag 
des Secretärs Dr. Reitter dem stud. med. Ludwig Schwarz 


war, den Sitzungen beizuwohnen, so hast Du doch immer, wo nöthig, Deinen 
Mann gestellt, und hast Du besonders in den stürmischen Zeiten redlich zur 
guten Sache gestanden. Deshalb sagt Dir auch das Collegium seinen Dank 
und zollt Dir seine volle Anerkennung. 

Ich vor Allen und gewiss die Anderen mit mir, wünschen nun sehn- 
lichst, Du mögest die Zeit, die Dir von der Vorsehung zugemessen, an der 
Seite Deiner Dich liebenden, so treu Dich pflegenden Gattin, in dem Kreise 
Deiner so glücklich gestellten Kinder vergnügt, zufrieden und ungetrübt ver¬ 
leben, und Du mögest bis zur letzten Stunde ein ebenso geehrter, beliebter 
Arzt, als guter Kamerad, und treues Mitglied des Collegiums bleiben.“ 


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über sein Ansuchen der Genuss eines ihm früher verliehenen 
Mosing’schen Stipendiums auf die Dauer des Schuljahres 1880—81 
verlängert. 

Schliesslich bringt der Vorsitzende in Erinnerung, dass 
in der letztvorhergegangenen Sitzung beschlossen wurde, dem 
Prof. Hyrtl anlässlich des vollendeten 70. Lebensjahres am 
7. December von Seite des Collegiums eine Ovation darzubringen 
und dass der Vorsitzende ersucht wurde auszuholen, in welcher 
Weise dem Jubilar eine derlei Kundgebung am angenehmsten 
wäre. Diesem Wunsche habe er (Pr.) entsprochen und seine 
Beobachtungen haben ihn überzeugt, dass man Prof. Hyrtl nur 
dann noch einige Freude machen könne, wenn zu seinem Ge¬ 
dächtnisse eine Medaille geprägt würde. P r e y s s empfiehlt daher 
die Prägung einer Medaille memoriae Josephi Hyrtl. Dr. Scholz 
unterstützt den Antrag und schlägt vor, einen gewissen Betrag 
zu votiren, den Rest des nöthigen Betrages vorzustrecken und 
nach Möglichkeit auf dem Wege der Subscription hereinzubrin¬ 
gen. Nachdem dieser Vorschlag im Princip angenommen war, 
erbietet sich Dr. Scholz weiter, sich persönlich mit ihm bekannten 
Künstlern ins Einvernehmen zu setzen, hofft, dass die Graveur¬ 
kosten der Medaille mässig berechnet werden und glaubt den 
diesbezüglichen Kostenüberschlag dem Geschäftsrath demnächst 
vorlegen zu können. 


Aus dem Unterstützungs-Institute. 

In der Ausschusssitzung am 9. Juli 1. J., an welcher unter 
dem Vorsitze des Vice-Präsidenten Dr. Preyss, Secretär 
Dr. Reitter und die Herren DDr. Gerstel, Popper, Scheff, 
0. S-R. Schneller, Schwarz Isid. und Wollner theilnahmen, 
wurde zunächst über das Gesuch eines in einem Vororte practi- 
cirenden alten Arztes, Dr. D., der nicht Mitglied des Institutes 
ißt, ja nicht einmal dem Collegium angehört, berathen, und 
musste bei dem besten Willen zu helfen mit Hinweis auf die 
Statuten doch abweislich beschieden werden. Ferner wurde 
dem schon durch mehrere Jahre quartaliter unterstützten Dr. F. 
abermals der Betrag von 75 fl. zuerkannt. Hierauf verlas der 
Secretär die Eingabe eines in einer Provinzstadt wirkenden 
jüngeren Mitgliedes, Dr. J. S., der, obgleich er bisher hinreichend 
beschäftigt war und hoffen konnte, ein gutes Einkommen für 
die Zukunft gesichert zu haben, doch durch mehrmonatliches 
Kranksein so herabkam, dass es ihm unmöglich ward, die Aus¬ 
lagen für eine ihm nothwendige Badecur aufzubringen. Die 
Krankheit ist ärztlich bestätiget und die Vermögenslosigkeit 
sowie die Erwerbsunfähigkeit vom dortigen Bürgermeister docu- 
mentirt. Referent beantragt daher eine Aushilfe im höchst¬ 
möglichen Betrage von 300 fl. Der Antrag wird vom Vorsitzenden 
unterstützt, da alle vorgelegten Documente das Gepräge der 


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Wahrheit und Anständigkeit tragen. Im gleiohen Sinne spricht 
auch Dr. Sch eff, der insbesondere hervorhebt, dass durch ein 
so coulantes Vorgehen in Fällen wirklichen Bedarfes das Institut, 
bei den in der Provinz lebenden Collegen, wenn es ihnen be¬ 
kannt wird, an Veitrauen zu demselben nur gewinnen könne. Auf 
eine Anfrage des Dr. Schwarz, in welcher Weise die bewilligten 
Aushilfsquoten den Collegen in der Provinz zugesendet werden, 
erklärt Secretär, dass er bei Bekanntgabe des bewilligten 
Betrages die Einsendung der Quittung vom Petenten verlangt 
und erst nach Empfang derselben den Betrag per Post ab¬ 
sendet. Dr. Popper meint, dass zur Sicherung des Aus¬ 
schusses die Quittungen notariell legalisirt sein sollten. O.-S.-R. 
Schneller hält die Legalisirung für nicht nothwendig, zudem 
verursache sie Kosten; er meint, es dürfte genügen, wenn der 
Bürgermeister die Quittung mit unterfertigte, wozu er wohl 
bereit sein dürfte, da er ja schon die Dürftigkeit bestätigt hat. 
(Einverstanden.) Schliesslich wurde noch einem in Wien prakti- 
cirenden Mitgliede, Dr. M., der wegen vorgerücktem Alter (75 J.) 
oft in seiner Praxis gehindert ist, eine Subvention von 100 fl. 
zuerkannt. 

Zum Schlüsse theilt der Vorsitzende mit, dass zwei Mit¬ 
glieder des Institutes, die DDr. L. und v. P., seit zwei Jahren 
mit den Einzahlungen der Jahresbeiträge im Rückstände seien 
und dass die in den Statuten vorgeschriebenen Ermahnungen, 
die mehrmals wiederholt an sie ergingen, bis jetzt erfolglos 
blieben; er beantragt daher deren Ausschluss aus dem Institute. 
Es wird beschlossen, dieses Jahr noch abzuwarten, und erst, wenn 
es verstrichen sein wird ohne dass sie den Beitrag geleistet 
haben, die Namen dieser Collegen aus dem Mitgliederverzeich¬ 
nisse zu streichen. 


I. Verzeichnis» 

der P. T. Herren, welche dem Unterstütznngs-Vereine für Witwen 
und Waisen jener Mitglieder des Wiener med. Doctoren-Collegiums, 
welche in die Witwen- und Waisen-Societät nicht einverleibt sind, 
in Folge des Aufrufes vom Jahre 1880 als Mitglieder beigetreten sind.. 


Jährl. fl. 


Alexowits Ernest, Med.-Dr., kaiserl. 

brasil. Hofzahnarzt 3 

Bielz Joh. G., Med.- und Chir.-Dr. 3 
Connerth Earl, Med.- und Cbir.-Dr. 

in Bistritz 5 

Fellner Leopold, Med.' und Chir.-Dr., 
Geburts- und Brunnenarzt in 
Franzen8bad 5 

Fried Moriz, Med.- und Chir.-Dr. 3 
Herz Maximil, Med.-Dr., Kinderarzt 3 
Hitsohfeld Josef, Med.-Dr., Geburts¬ 
arzt in Salzburg 5 

Hoisel J., Med.-Dr., landsobaftliober 
Brunnenarzt in Cilli 3 


Jährl. fl. 

Huber Job. Nep , Med.- und Chir -Dr. 5 
Jurie Theodor, Med - und Chir. -Dr , 
Primararzt im Bürgerversorgungs - 
hause und Präses der Witwen- 


und Waisen-Societät 3 

Kainzbauer Josef, Med.- und Chem.- 
Dr., kaiserl. Rath und emerit. 
Universitäts-Professor 3 

und ein- für allemal 100 fl. 
Kapper Simon, Med.-Dr., Geburtsarzt 4 
Kless J, Med.- und Chir.-Dr. 3 

König W. A., Med.-Dr. 3 

Kraus Bernhard, Med.-Dr., Redao- 
teur der „allg. Wr. medio. Zeitg.“ 3 


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JShrl. fl. 

Lamatsoh Earl, Apotheker 5 

Mandelbaum Emanuel, Med.-Dr. 3 

Rossiwall Eduard, Medioin- und 
Chir.-Dr. 5 

Sohneid M., Med.- und Chir.-Dr, 
Geburtsarzt 3 

Schreiber Josef, Med.- und Chir.-Dr., 
Geburtsarzt in Aussee 5 


Jfthrl. fl. 

Stöckl Alois Ritter von, Med.-Dr., 
Geburtsarzt . 3 

Suohy Julius, Med - und Chir.-Dr., 
Stadtphysikus in Eremsier 3 

Yogel Josef, Med.- und Chir.-Dr., 
Geburts- und Augenarzt, ein- für 
allemal 50 fl. 

Wolfsgruber Joh., Med.-Dr., Bade¬ 
arzt in Gmunden 3 


Der hochachtungsvoll Unterzeichnete Vorstand des Vereines 
sieht sich in der angenehmsten Weise verpflichtet, den genannten 
Spendern im Namen der armen Witwen und Waisen den verbind¬ 
lichsten Dank auszusprechen, und bittet zugleich um weitere Förde¬ 
rung der Vereinsinteressen durch Zuführung von Mitgliedern und 
Zuweisung von Spenden. Dr. Rudolf R. v. Vivenot 

Je. k. Regienmgsrath , Mitgründer und 
Vorstand des Vereines , L, WoUzeile 11. 


f Dr. Carl v. Patruban. 

Am 2. October d. J. hat unser Collegium einen grossen Verlust 
erlitten durch den Tod eines Mitgliedes, welches sich um dasselbe 
in seiner früheren Gestaltung ebensowohl durch seine wissenschaft¬ 
liche Thätigkeit, die es im Ausschüsse, sowie in den allgemeinen 
Versammlungen durch Demonstrationen und Vorträge entfaltete, als 
auch durch seine eifrige Theilnahme an den Arbeiten des Geschäfts- 
rathes zur Förderung des corporativen Lebens vielseitig verdient 
gemacht. An der Neugestaltung des Collegiums nahm der Verstorbene 
allerdings nur geringen Antheil, aber diese vollzog sich zu einer Zeit, 
der bald die Epoche der Zurückgezogenheit folgte, welche er in den 
letzten Jahren seines Lebens in Allem und Jedem manifestirte. 

Carl v. Patruban ward in Wien, wo sein Vater als Magi¬ 
stratsrath angestellt war, am 31. Augnst 1816 geboren und erhielt 
im elterlichen Hause eine sorgfältige Erziehung. Alle seine Studien 
vollendete er in seiner Geburtsstadt, wurde daselbst, noch nicht 
23 Jahre alt, am 6. August 1839 zum Med. Dr. promovirt und im 
November desselben Jahres als Mitglied in die medicinische Facultät 
aufgenommen. Mit besonderer Vorliebe widmete er sich dem Studium 
der Anatomie unter Professor Berres und erhielt auch bald die Stelle 
eines Prosectors an dem Anatomischen Institute der Wiener Univer¬ 
sität. Nach einem ausgezeichneten Concurse für die Professur der 
Anatomie und Physiologie in Innsbruck, den er schon im 25. Jahre 
seines Lebens mit glänzendem Erfolge zu bestehen vermochte, ge¬ 
langte er frühzeitig (1842) zu akademischen Ehren und das erfüllte 
den jungen Mann mit einem ganz besonderen Selbstbewusstsein. Sein 
unermüdlicher Fleiss, sein stetes Forschen auf allen Gebieten der 
exacten Wissenschaft haben ihm die Präponderanz über die meisten 
der zu damaliger Zeit wirkenden jüngeren Lehrkräfte gegeben und 
ihm die Anerkennung der Behörden errungen, so dass er wenige Jahre 


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später (1845) unter dem Studien-Directorate von Nadherny’s zum Professor 
der Physiologie nach Prag berufen wurde. Dort ward er bald wegen 
seines wahrhaft liebenswürdigen Benehmens der Freund der studiren- 
den Jugend, die ihm, als im Jahre 1848 die Studenten-Legion ge¬ 
bildet wurde, zum Comraandanten derselben wählte. Wie er Alles, 
was er unternommen, mit Feuereifer ergriff, so geschah es auch hier; 
er schoss mitunter über das Ziel hinaus, was ihn zuweilen in Con- 
flicte brachte, die auf seine weitere Carriöre nachtheilig wirkten; da 
seine hervorragende Theilnahme an den Vorgängen des bewegten 
Jahres kein Wohlgefallen in den Augen des damals hart bedrängt 
gewesenen Gouverneurs, des nachmaligen Unterrichtsministers Grafen 
Leo Thun gefunden. 

Nach Beendigung der Unruhen hat Patruban seiner Lehr- 
thätigkeit freiwillig entsagt und er wurde, nachdem alle Vorstellungen 
seines väterlichen Freundes v. Nadherny, ihn von diesem Schritte 
zurückzuhalten, vergeblich waren, im Jahre 1849 auf sein Ansuchen 
von der Professur in Prag enthoben. Nach Wien zurückgekommen, 
widmete er sich mit dem ihm eigenthümlichen rastlosen Eifer wieder 
dem Studium der Anatomie. Sein Drang zum Lehren liess ihn nach 
dem Wechsel im Unterrichts Ministerium keine Ruhe; er bewarb sich 
um die Erlangung seiner früheren Rechte, doch wurde ihm bloss die 
Docentur, und zwar ausdrücklich nur für Ausländer zuerkannt, und 
erst unter Giskra erhielt er dieses Recht auch für Inländer. Alles 
das hat das Gemtith Patruban’s verbittert; es trat in dem sonst 
so sanften Charakter dieses Mannes eine furchtbare Erregtheit ein, 
durch welche die Verbitterung immer mehr gesteigert wurde, so dass 
er ein Leben voll Aufregungen führte, während welchem er in häufige 
Collisionen mit seiner Umgebung gerathen. 

Auch am politischen Leben betheiligte sich Patruban mit 
gleicher Leidenschaftlichkeit. Er wurde einmal in den Gemeinderath 
der Stadt Wien gewählt, doch hatte seine stete Unruhe ihm auch dort 
das Bleiben ebenfalls verleidet. 

Als Arzt widmete er sich der chirurgischen Praxis mit grossem 
Wissen und besonderer Geschicklichkeit, daher er auch die Erfolge 
erlangte, wie sie einem Operateur von gründlichen anatomischen und 
physiologischen Kenntnissen stets gesichert sind. Er wagte sich an 
die schwierigsten Operationen, namentlich an den Gefässen und Nerven, 
und erlangte durch seine Carotis-Unterbindungen und Nervendehnungen- 
und -resectionen bald eine über die Grenzen seines Vaterlandes weit 
hinausreichende Berühmtheit. Leider hatte er nicht die Geduld, grös¬ 
sere Werke zu schreiben, aber die Monographien und Journalartikel, 
die er über anatomische und chirurgische Themata geschrieben, sind 
in Bezug auf Form und Inhalt mu^tergiltig. Er wurde oft von Ency- 
klopädisten aufgefordert, an ihren gemeinsamen Arbeiten theilzunebmen, 
er pflegte selbst zuzusagen; auf Grund einer solchen Zusage ist in 
Billroth’s und Pitha’s Chirurgie sein Name sogar unter denen der 
Mitarbeiter aufgeführt, aber wirklich theilgenommen hat er an keinem 
Sammelwerke. Nur die Redaction der vom Doctoren-Collegium der 


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Wiener mediciniscken Facultät herausgegebenen „Oesterreichischen 
Zeitschrift für praktische Heilkunde“ hatte er durch mehrere Jahre 
übernommen, mit Geschick geleitet und das Blatt in der ersten Zeit 
mit vielen eigenen gediegenen Arbeiten bereichert. In die wissenschaft¬ 
lichen Versammlungen des Doctoren* Collegiums brachte er eine Zeit 
lang reges Leben und man konnte in den Discussionen sich von dem 
reichen Schatze ärztlichen Wissens, sowie von dem riesigen Gedächt¬ 
nisse dieses Mannes überzeugen. Zwei Gedächtnissreden, die er bei 
der Jahresfeier der wissenschaftlichen Thätigkeit des Doctoren-Colle- 
giums der medicinischen Facultät gehalten, die eine dem Andenken 
Prohaska’s (1856), die andere dem Barth’s (1866) gewidmet, 
sowie eine dritte bei der Wiederaufnahme dieser Feier im Wiener 
medicinischen Doctoren-Collegium (1875), in welcher er die Erin¬ 
nerung an seinen Meister B e r r e s neu belebte, geben eben sowohl 
Zeugniss von seinem innigen Vertrautsein mit der Geschichte der 
Medicin als von der Pietät für grosse Männer und der hohen Achtung, 
die er hervorragendem Wissen und Können entgegenbrachte. 

Im Jahre 1866 war Patruban Vice-Präsident des patrioti¬ 
schen Hilfs-Comite im Doctoren-Collegium der medinischen Facultät 
und Chefarzt einer chirurgischen Abtheilung im Garnisons-Spitale Nr. 1, 
was ihm die Gelegenheit bot, sich um die Armee viele Verdienste zu 
erwerben. Er hatte damals eine grosse Zahl von Resectionen und 
viele andere chirurgische Operationen mit Glück und Erfolg ausge¬ 
führt und dadurch die Aufmerksamkeit in massgebenden Kreisen auf 
sich gelenkt, was ihm in der Folge die Verleihung des Ritterkreuzes 
des k. k. Franz Josefs-Ordens, sowie des Comturkreuzes des königlich 
sächsischen Albrechts-Ordens einbrachte. 

In den letzten Jahren transpirirte gar nichts mehr über P a- 
truban’s Thätigkeit in ärztlichen Kreisen. Bei seltenem Begegnen 
mit einem seiner sonst intimen Collegen sprach er wohl von einer 
Zusammenstellung aller von ihm ausgeführten grösseren Operationen 
zum Behufe der Veröffentlichung, er zählte sie nach tausenden, aber 
nach seinem Tode hat sich nichts gefunden. Er zog sich auf sich 
selbst zurück. Grosses Missgeschick in der Familie, namentlich der 
jähe Tod seines Schwiegersohnes, des hoffnungsvollen Regimentsarztes 
Dr. Pokorny in Salzburg, nach kurzem Krankenlager und der 
Schmerz über die trostlose Lage, in weiche dadurch seine einzige 
Tochter mit ihrem kaum zweijährigen Knäblein versetzt wurde, haben 
den Mann so sehr gebeugt, dass er gänzliche Theilnahmslosigkeit für 
Alles und Jedes an den Tag legte. 

Patruban war ein guter Mensch und hatte ein fühlendes 
Herz für Alle, die es in Anspruch nahmen; wenn dies aber unglück¬ 
licherweise zu einer Zeit geschah, wo er selbst die Bitterkeiten des 
Lebens zu kosten hatte, konnte ihn, so sehr er es auch später be¬ 
reute, seine leichte Erregbarkeit auch hart sein lassen. Dadurch kam 
sein wahrer Charakter niemals zur Geltung und er wurde selten 
gerecht beurtheilt. Den Wenigen aber, die ihn näher kannten, musste 
sein verbittertes Gemüth wohl Bedauern einflössen; seine Vorzüge 


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jedoch, seine classische Bildung, sein encyklopädisches Wissen, sein 
Sinn 'für die schönen Künste und Wissenschaften (er war selbst ein 
guter Violinspieler) machten sie manche seiner Eigenheiten übersehen 
— und vergessen. Immer aber war es ein bedeutender Mann, den 
uns der Tod entrissen. Friede seiner Asche! Dr. Preyss. 

Literarische Anzeigen. 

Die gegenwärtig am häufigsten vorkommenden Verfäl¬ 
schungen und Verunreinigungen des Mehles und 
deren Nachweisung. Von Dr. A. E. Vogl. (Mit 11 Holz¬ 
schnitten.) Wien Manz’sche k. k. Hofverlags- und Universitätsbuch¬ 
handlung. 1880. gr. 8. 9 S. und 3 Tabellen. 

Die Tbatsache, dass in neuester Zeit nicht selten Mehlaorten im Handel 
Vorkommen, welche beträchtliche Beimengungen von Samen, respective Früchten 
des im Getreide am häufigsten wachsenden Unkrauts enthalten, so wie der 
Umstand, dass diese Beimengung, welche bei der Reinigung des Getreides 
vor dessen Vermahlen als Abfall sich ergibt, dennoch vermahlen und dem 
normalen Cerealienmehle in betrügerischer Weise zugesetzt wird,*) bewogen 
den durch ähnliche Arbeiten schon rühmlich bekannten Verfasser, in obiger 
Richtung neue Untersuchungen anzustellen. Zu diesem Zwecke prüfte V. 
sehr zahlreiche Mehlproben auf jene Verunreinigungen hin sowohl mikros¬ 
kopisch als auf chemischem Wege. 

Und nachdem er in den ihm vorkommenden Sorten von Weizen-, 
Roggen- und Gerstenmehl hauptsächlich nur Kornraden (Agrostemma Githago L.j 
und Wickensamen gefunden, so bespricht er diese Art der Beimengung am Ein¬ 
gehendsten. Wachtelweizen (Nelampyrura arvense L.) obwohl mikroskopisch 
leicht nachweisbar, oder Mutterkorn (Secale cornutum) fand V. nicht; er glaubt 
auch, dass letztere Beimengung schon aus dem Grunde zu den grössten Sel¬ 
tenheiten gehören dürfte, weil das Mutterkorn als gut bezahltes Arzneimittel 
sorgfältig gesammelt wird. 

Für Kornraden und Wickensamen liefert der Verfasser den mikrosko¬ 
pischen und chemischen Nachweis, die sich gegenseitie ergänzen. Am Schlüsse 
betrachtet er in einer Tabelle die übrigen sonst noch vorkommenden Men* 
gungen der verschiedenen Getreidemehle untereinander und jene des Cerea¬ 
lienmehls mit Taumellolch (Lolium temulentum) L. und mit Mutterkorn. Der 
Text ist mit naturgetreueu Abbildungen illustrirt. Nachdem die Untersuchungs- 
methode des Verfassers eben so leicht als sicher ist, so empfiehlt sich das 
Büchlein abgesehen von seinem wissenschaftlichen Werthe insbesondere den 
Sanitätsbeamten und Marktcommissären zur praktischen Berücksichtigung. 
Druck und Ausstattung sind vorzüglich. S . 


Notizen. 

Die Inauguration des für das Studienjahr 1880/81 erwählten Reotors 
der Wiener Universität, des Herrn Professors der allgemeinen und österrei¬ 
chischen Geschiohte, Herrn Dr. Ottokar Lorenz, fand am 16. d. M Abends 6 Uhr 
im grossen Sitzungssaale der k. k. Akademie der Wissenschaften statt. Diese 
Feier hatte einen vorzugsweise akademischen oder vielmehr studentischen 
Charaoter. Nicht nur, dass die Studentenschaft das aussohliessliohe Publikum 
im Saale bildete, und schon lange vor Beginn alle Sitzreihen besetzt hatte, 
so dass für die Professoren und geladenen Gäste nur die vorderen zwei Reihen 
Fauteuils erübrigten, war auch der Andrang der jungen Leute auf der Strasse, 


*) Vogl A. E. Nahrungs- und Genussmittel aus dem Pflanzenreiche. 
Anleitung zum richtigen Erkennen und Prüfen der wichtigsten im Handel 
vorkommenden Nahrungsmittel, Genussmittel und Gewürze mit Hilfe des 
Mikroskops. Mit 116 Holzschnittbildern. Wien, 1879. Manz’sche Verlags¬ 
buchhandlung. 


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259 


iü def Halle und insbesondere im Stiegenhause so stark, dass es bei der Ab¬ 
wehr nicht ohne Lärm abging und das Gedränge schliesslioh so arg wurde, 
dass aus der im Stiegenhause festgekeilten Menge mitunter Hilferufe erschollen. 
Im Saale hatten die Mitglieder der verschiedenen Couleurs die ersten Bank¬ 
reihen besetzt, während die Chargirten der Corps und Verbindungen in voller 
Wichs, einige sogar mit befiederten Baretten, von beiden Eingängen des Saales 
bis zur Tribüne Spalier bildeten. Die Fauteuils waren von Frofessoren aus 
allen Facultäten eingenommen und mehrere dieser Herren wohnten der Feier 
stehend bei; von fremden Gästen war der Präsident der k. k. Akademie der 
Wissenschaften, Geheimrath Ritter v. Arnetb, der frühere Minister Exo. Dr. 
Unger, der Rector der technischen Hoohschule Oberbaurath Baron Ferstel 
anwesend; das juridische Doctoren-Collegium war durch seinen Präsidenten, Exo. 
Dr. Freiherrn von Hye und dasmediz. durch den Vice-Präsidenten Dr. Prey ss 
vertreten. Als die beiden Rectoren, der scheidende Brücke und der neu¬ 
gewählte Lorenz unter Vorantritt der Pedelle und gefolgt von den Decanen 
der vier Facultäten den Saal betraten, wurden sie mit anhaltendem Applaus 
begrüsst und der akademische Gesangverein sang die Hymne vom Herzog 
Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha, wobei der neuernannte Musikdirector W e in- 
wurm das erste Mal dirigirte. 

Der Bericht des scheidenden Reotors enthielt ein übersichtliches Bild 
der fortschrittlichen Entwicklung der Hochschule und sohloss mit den Nekro¬ 
logen der im Verlaufe des abgelaufenen Jahres verstorbenen Mitglieder der 
Universität. Mit besonders ehrenden Worten gedachte er der Verstorbenen 
Hebra und Zsigmondy. Bemerkenswerth waren die Worte Brüoke’s, die 
er an die Thatsaohe knüpfte, dass die Universität im Laufe des vorigen Jahres 
duroh keine besonderen Ereignisse berührt worden sei; er sagte: „Mögen wir 
uns dessen freuen, denn die gleiohförmige Entwicklung, die stille Arbeit, der 
Friede, wenn ich mich so ausdrüoken darf, die Ereignisslosigkeit ist es, wobei 
die Studien am besten gedeihen.“ 

Als dann der neue Rector auf der Tribüne ersohien, wollten die jubelnden 
Zurufe nicht enden und eine neue Salve brach los, als der Reotor vor Beginn 
des Vortrages die Studenten als „Commilitonen“ begrüsste. Er hatte für seine 
Inaugurationsrede ein auch ausserhalb der akademischen Kreise sehr anregendes 
Thema gewählt, nämlich die Doppelfrage, inwieweit die Politik als historische 
Wissenschaft zu behandeln sei und ob die politische Ausbildung der akademi¬ 
schen Jugend mit zu den Aufgaben der Universität gehöre? Er ging dabei 
von der Politik des Aristoteles aus, deren bisherige Autorität als Quelle der 
Lehre vom Staate er in mehreren Punkten seine einschränkende und riohtig- 
stellende Auffassung entgegensetzte. Er verglich dann die Politik des Aristoteles 
mit den Werken des Thomas von Aquino über den chrietlioh mittelalterlichen, 
des Machiavell über den absoluten Nationalstaat des XV. und XVI. Jahr¬ 
hunderts sowie des Montesquieu über das ständische Staatswesen und wies 
daraus naoh, dass stets die aus den Thatsaohen der Gesohiohte gewonnenen 
Begriffe den bestimmenden Einfluss auf die praktische und wissenschaftliche 
Politik der jeweiligen Epoche geübt haben. Nur im letzten Jahrhundert ist 
seiner Ansioht naoh die Politik hinter den rasoh sich entwickelnden That¬ 
saohen der Geschiohte zurückgeblieben, und er erwartet erst von dem Studium 
der Geschichte einen eingreifenden Einfluss auf die Wissenschaft der Politik. 
Bisher sei auch die akademische Jugend von der Universität ins öffentliche 
Leben getreten, ohne eine Richtung auf politisches Wissen auch nur an¬ 
nähernd erhalten zu haben, und man müsse die Frage aufwerfen, ob die 
freigegebene politische Discussion sich mit Nutzen vom staatlichen Unterricht 
gänzlioh fern halte. Der Rector schloss mit den Worten: „Wenigstens über 
die Zeiten ist man ja allenthalben hinaus, wo man den Patriotismus immer 
nur in einer einzigen Form erfüllbar erachtete, ein System, welohes in unseren 
Tagen auch den Fehler einer Staatsheuchelei an sich tragen würde, die seit 
dem Beispiele der Byzantiner für jede Form der Regierung verderblich war.“ 

Der Vortrag wurde oft duroh anhaltende laute Beifallsbezeugungen 
unterbrochen, und zum Schlüsse desselben brach ein Sturm von Applaus los. 
Die Feier endet mit einem Sohlusschor, nach dessen letzten Klängen der neu 


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260 


installirte Beotor, von seinen Freunden und Collegen warm beglückwünscht, 
unter dem Geleite aller Chargirten den Saal verliess. 

Aufnahme. In der Sitzung des Geschäftsrathes am 13. d. M. wurde 
Herr Emanuel Blum, der ges. Heilb. Dr. und praktischer Arzt in Wien als 
ordentliohes Mitglied in das Wr. med. Doot. Coli, aufgenommen. 

Auszeichnung. Dem Herrn Prof. Hyrtl wurde das Gross-Comthurkreuz 
des königl. schwedischen Wasaordens verliehen. 

Grossmüthige Spende. Herr Hofrath Dr. Bitter von G ü n t n e r über¬ 
sandte nebst einem vom 14. d. M. (dem Tage, an dem seine hochverehrte 
Frau Gemalin ihm durch plötzlichen Tod entrissen wurde) dadirten, mit. 
fester Hand geschriebenen, an den Yioe-Präsidenten Dr. Preyss gerichteten 
Briefe eine Silber-Benten-Obligation von 1000 fl. für das Unterstützungs¬ 
institut des Collegiums. 

Personalien. Das medizinische Professoren Collegium hat den Dooenten 
Herrn Dr. Niooladoni zum suppl. Prof, für Herrn Hofrath Dr. v. Dum¬ 
reicher, der einen angesuchten halbjährigen Urlaub erhalten, bestellt. — 
Der Magistrat der Stadt Wien hat die nach dem in Buhestand getretenen Dr. 
Hofstätter erledigte Armenarztstelle dem Dr. Wonkda verliehen. 

Todesfall. Wie wir erst nachträglich erfahren, hat das Collegium noch 
einen Todesfall und zwar unter seinen jüngeren Mitgliedern zu beklagen. Der prak¬ 
tische Arzt zu Wag-Neustadl in Ungarn, Med. Dr. Josef Leopold Spitzer, 
der längere Zeit an Verfolgungswahn gelitten, hat sich in einem unbewachten 
Augenblicke, am 28. September, während der Abwesenheit seiner Frau selbst 
den Tod gegeben. Dr. Spitzer war am 8. Mai 1834 zu Gross-Kostelan in Un¬ 
garn geboren, wurde am 4. Nov. 1864 in Wien promovirt und am 19. April 
1876 als ordentliches Mitglied in das Wr. med. Doot.-Coll. und bald darauf 
auch in dessen Unterstützungs-Institut aufgenommen. Er erfreute Bich in seinen 
Kreißen eines guten Bufes als Arzt und Mann von ehrenhaftem Charaoter, 
dessen Verlust allgemein betrauert wird. — Friede seiner Asche! 

Zur Hyrtl-Feier. Der Geschäftsrath des Wr, med, Doct.-Coll. hat 
in seiner Sitzung am 13. Octoher 1880 beschlossen, zur Feier des vollendeten 
70, Lebensjahres seines berühmten Mitgliedes , des Herrn Hofrathes Prof. Dr. 
Josef Hyrtl, Medaillen prägen zu lassen und die P. T. Herren Collegen ein¬ 
zuladen, sich an der Subcription auf diese Medaillen betheiligen zu wollen. 

Der Preis einer vom k. k. Hof- und Kammer- Graveur, Herrn Anton 
Scharf, künstlerisch ausgeführten Bronce-Medaille (5 Ctm. Durchmesser) be¬ 
trägt 3 fl. ö. W.j der einer silbernen circa 11 fl. ö W, 

Subcriptionsbogen liegen in der Kanzlei des Wr. med. Doct.-Coll. (I-, 
Rothenthurmstrasse 23), wohin auch briefliche Anmeldungen und Geldbeträge — 
am besten durch Postanweisung — zu richten sind, auf. 

Auch das Professoren - Collegium der medizinischen Facultät hat 
über Anregung des Decans Prof. Hofmann beschlossen, dem Hofrath Prof. 
Hyrtl anlässlich seines 71. Geburtstags eine Adresse durch eine Deputation 
des Collegiums zu überreichen. Wenn Hyrtl auch seit 7 Jahren seiner Lehr¬ 
tätigkeit entsagte, so geben doch seine beiden in diesem Blatte jüngst be¬ 
sprochenen neuesten Arbeiten Zeugniss von dessen andauernder Arbeitslust und 
seltener Geistesfrisohe. Mögen sie ihm noch lange erhalte n bleiben _ 

Einladung 

zu der am Montag den 25. October, Abends 7 Uhr. im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), I., Sonnenfelsgasse 23, 

stattfindenden 

Wissenschaftlichen Plenar-Versammlung. 

(Eröffnungs-8itzung.) 

1. Vortrag des Herrn Prof. Dr. Th. Puschmann: Die Blütheperiode der ersten 
Wiener medicinischen Schule. (Von der Mitte bis gegen das Ende des 
vorigen Jahrhunderts.) 

2. Demonstr tion von Präparaten durch Herrn Dr. Maximilian Zeissei, 
Assistent an Hofrath Prof. v. Dumreichei’s chirurgische Klinik. 

Dr. v. Schmerling , Präsident. _ Dr. Karl JReitter , Secretär . 

Herausgeber und Verleger; Wiener medioin. Doct.-Coll. — Verantwortlicher Kedaoteur 
Dr. L. Hopfgartner. — G es ellschafts-Buchdru okerei, Wien, Ul. Erdbergerstrawe 8. 


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TI. Bd. Ausgegeben am 4. November 1880. Nr. 24 


fflTTHEMNGEN 


ffiflmr ibMsc| 8| Liocloreii-Liollafliiiiiis. 

Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bogen and darüber, an 
10 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegium» im In¬ 
land« 8 fl., naoh dem Aaslande 6 Mrk. — Einzelne Nummern 25 kr. = 60 Pfg, — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits <fe Deutlefce 
(vormals Karl Csermah), Wien, I., Schottengasse 6 
Zischrille* **d Zusendungen an die Redaetioi: Wiei, Kanzlei des Wiener aetl» 
Doct.-Coll. nnd der Witwe*- n*d Waisen-Soeietät, ftothenthnrmstrasse 28. 


Inhalt I Einladnng. —Wissenschaft!. Versammlung : Bliitheperiode der ersten Wiener 8chule 
von Prof. Puschmann. — Aus dem Gesch&ftsrathe. — f Med. u. Chir. Dr. Gustav Loebel. 
Notizen. — Einladung. 


Einladung 

an die P. T. Herren Mitglieder zum Eintritte in die 

Section für Öffentliche Gesundheitspflege. 

Zu den vorzüglichsten Aufgaben des Collegiums gehört, 
wie dies auch in den Statuten seinen Ausdruck findet, die 
Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege. Allein so gewiss 
auch dieser eben so wichtige als interessante Zweig der 
Heilkunde diese Makrobiotik der Völker — von sämmt- 
lichen Berufsgenossen in seiner Bedeutung gewürdigt wird, 
eben so liegt er dem praktischen Berufe der grossen Mehr¬ 
zahl der Aerzte mehr ferne. Seine Pflege erfordert specielle 
Studien und setzt Erfahrungen voraus, die nicht Jeder zu 
machen in der Lage ist. Es wird demnach nur ein ver- 
hältnissmässig kleiner Theil der Aerzte diesem schwierigen 
Fache sich widmen. 

Um nun diese Wenigen in ihrem Wirken zu vereinigen, 
fasste über Antrag des OSR. Dr. Schneller der Geschäfts¬ 
rath in seiner Sitzung am 27 . October 1. J. einhellig den 
Beschluss, im Schosse des Collegiums eine 

Section für öffentliche Gesundheitspflege 

ins Leben zu rufen. 

Sie soll auf freiester Basis gebildet sein, regelmässige 
Versammlungen abhalten und, wie es in der Natur der 
Sache liegt, bestimmte, und zwar zumeist Tagesfragen im 
Wege der Discussion einer entsprechenden Lösung entgegen¬ 
führen. Ihre Thätigkeit nach Aussen wird nicht so sehr in 
Anträgen an die Behörden bestehen, als darin, auf die be¬ 
treffenden Kreise der Bevölkerung in Bezug auf öffentliche 
hygienische Angelegenheiten anregend, aufklärend und vor- 


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262 


bereitend zu wirken. Die Section wird bestrebt sein, ihren 
Aussprüchen massgebenden Orts dadurch ein Gewicht zu 
verleihen, dass sie nur wahrhaft Nützliches und praktisch 
Durchführbares in Vorschlag bringt. 

Sie wird im erforderlichen Falle Aerzte ausserhalb des 
Collegiums, sowie Techniker, Bauverständige, Ingenieure 
und Verwaltungsbeamte ihren Berathungen beiziehen. 

Es werden demnach jene Herren Mitglieder, welche 
geneigt sind, der Section für öffentliche Gesundheitspflege 
beizutreten, höflichst eingeladen, ihre Theilnahme mündlich 
oder schriftlich dem unterfertigten Präsidium kundzugeben. 

Die erste Sitzung und Constituirung der Section, in 
der zugleich die Geschäftsordnung zur Vorlage gelangt und 
eventuell ein Vortrag gehalten wird, findet Mittwoch , den 
10. November 1. J., um 7 Uhr Abends in der Kanzlei des Col¬ 
legiums, I. Rothenthurmstrasse 23, 3. Stock, statt 

Dr. Dreyss 9 Vizepräsident. Dr. Reitter, Secretär. 


Die Wissenschaft!. Versammlung am 25. October, 

die erste nach einem längeren Interyal während der Som¬ 
mermonate — fand unter dem Vorsitze des Vice Präsidenten 
M. R. Dr. Preyss statt. Dieser entschuldigte die Abwesenheit 
des Herrn Präsidenten Dr. v. Schmerling, der in seiner 
Stellung als Leibarzt seiner kaiserlichen Hoheit des Herrn Erz¬ 
herzogs Albrecht diesen hohen Herrn nach Arco begleiten musste. 
Er bemerkt, dass es bisher üblich gewesen, bei solchen ersten 
Zusammenkünften nach längerer Pause das Andenken eines der 
hervorragenden Mitglieder des Collegiums aus einem früheren 
Zeitabschnitte durch eine Gedächtnissrede auf dessen Leben und 
Wirken zu ehren; dass man aber heuer vorgezogen habe, nicht 
einen Einzelnen zu glorificiren, sondern eine ganze Epoche zu 
charakterisiren, in der durch Zusammenwirken einer Reihe be¬ 
deutender Männer der erste Stein gelegt wurde zum Ruhme 
der Wiener medizinischen Schule. Herr Professor Dr. Pusch¬ 
mann habe auf des Obmanns des wissenschaftl. Ausschusses, 
Herrn Prof. Dr. v. Schrott er, Ersuchen sich bereit erklärt, 
diese Epoche zu schildern, und der Vorsitzende bat ihn, nach¬ 
dem er ihn der Versammlung vorgestellt, mit seinem Vortrage 
zu beginnen. Herr Dr. Puschmann, k. k. Professor der 
Geschichte der Medizin an der Wiener mediz. Fakultät, ergriff 
nun das Wort und sprach: 

Veber die Blütheperiode der ersten Wiener medizinischen Schule 

(2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts). 

Der Redner zeichnete in der Einleitung den Charakter der 
Heilkunde im 16., 17. und 18. Jahrh.; er versuchte dabei den 
Nachweis zu liefern, dass sich in ihr die gleichen Bestrebungen 


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263 


geltend machten wie auf den übrigen Gebieten des Culturlebens. 
Er gedachte mit wenigen Worten der wichtigsten Fortschritte 
and Entdeckungen, welche die medizin. Wissenschaft in jener 
Periode erfuhr, und ging dann näher auf das ärztl. Unterrichts¬ 
wesen, besonders in Deutschland, ein. Es gab dort im Beginne 
des vorigen Jahrh. nur eine einzige medizin. Fakultät, welche 
eine grossere Bedeutung besass, nämlich Halle, wo Friedr. Hoff- 
mann und Stahl als Lehrer wirkten. Später gegen die Mitte 
des Jahrh waren Göttingen im Norden und Wien im Süden 
die Mittelpunkte, um die sich das wissenschaftl. Leben der 
Medizin concentrirte. In Göttingen gab Albrecht v. Haller, in 
Wien Gerh. van Swieten die Anregung zu dem Aufschwünge, 
den die Heilkunde erlebte. Beide waren Schüler Boerhave’s 
in Leyden gewesen; in der Schule zu Leyden ruhten also die 
Keime, welche die Medizin in Göttingen und Wien und damit 
überhaupt in Deutschland und Oesterreich zur Blüthe brachten. 
Der Redner erörterte hierauf die Ursachen, aus welchen das 
Studium der Medizin bis in die Mitte des vorigen Jahrh. in 
Wien darniederlag, und wies auf die verschiedenen Versuche 
zur Hebung desselben hin, welche ohne Resultat verlaufen waren. 
Das Bedürfnis einer Reorganisation war also vorhanden; es 
fehlte nur der Mann, der sich an diese Aufgabe wagte. Sie fiel 
dem Niederländ. Arzte Gerh. van S w i e t e n zu, welcher i. J. 1745 
als Leibarzt Maria Theresia’s, als Protomedikus und Präfect 
der Hofbibliothek in Wien angestellt wurde. — Nachdem die 
LebenBverhältnisse Swieten’s, seine akademische Lehrthätigkeit 
in Leyden, deren Fortsetzung ihm wegen seines kathol. Glaubens 
untersagt wurde, und seine wissenschaftl. Arbeiten kurz berührt 
worden, schilderte Puschmann in ausführlicher W eise die Re¬ 
formen, welche Swieten für das medizin. Studium und das 
Unterrichts wesen Oesterreichs in’s Leben rief. Derselbe setzte 
es durch, dass die Professoren nicht mehr vom Universitäts- 
Consistorium gewählt, sondern von der Kaiserin ernannt, dass 
die Gehalte derselben in angemessener Weise erhöht und vom 
landesfürstl. Aerar bezahlt wurden, dass die ausserordentlich 
hohen Unkosten, mit welchen die Ertheilung des Doctorgrades 
verbunden war, herabgesetzt und die Aerzte in ihren Rechten 
geschützt wurden. Van Swieten trug ferner Sorge dafür, dass eine 
Professur für Chemie und Botanik gestiftet, dass ein botanischer 
Garten sowie ein chemisches Laboratorium eingerichtet und 
mit den nöthigen Mitteln zu ihrer Erhaltung ausgestattet wurden, 
und dass die Studierenden der Medizin Gelegenheit zu regel¬ 
mässigen Secir-Uebungen erhielten. Den Lehrstuhl der Chemie 
und Botanik übertrug er dem Dr. La ugier aus Nancy, an dessen 
Stelle i. J. 1769 N. J. Jacquin trat. Die Anatomie lehrte 
Schellenberger bis zum J. 1754, dann der vielversprechende 
L&ur. Gasser aus Kärnten, dessen Name im Ganglion semilunare 
Gasseri fortlebt. Derselbe starb schon sehr früh. Im J. 1774 


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264 


übernahm der geniale Jos. Barth die Lehrkanzel der Anatomie. 
Mit der Professur der theoret. Medizin betraute Swieten seinen 
Lieblingsschüler Joh. M e 1 c h i o r S t ö r c k, den altern Bruder Ant. 
Störck’s, welcher i. J. 1772 an Swieten’s Stelle die Leitung 
des Oesterreich. Medizinalwesens erhielt. Melchior starb schon 
i. J. 1756 ; sein Nachfolger im Lehramte wurde J. Nep. Crantz, 
ein geborner Luxemburger, welcher in Wien studirt hatte und 
dann auf kais. Kosten nach Paris geschickt worden war, um 
sich unter L e vret und Puzos zum Geburtshelfer auszubilden. 
Br ertheilte von 1754—56 den Hebammen-Unterricht und hat 
sowohl auf dem Gebiete der Gynäkologie als in der Arznei¬ 
mittellehre, Botanik und Balneologie schriftstellerischen Ruhm 
geerntet. In seinem Buche über die Heilquellen Oesterreichs 
hat er deren über 600 beschrieben, von denen er gegen 200 
selbst untersucht hat. Crantz legte i. J. 1774 seine Professur 
nieder und starb i, J. 1797 auf seinem Gute bei Judenburg in 
Steiermark. Auf den Lehrstuhl der Geburtshilfe folgte ihm 
Dr.V. Leb mach er, auf den der theoret. Medizin Matth. Colli n. 
Keiner von beiden erreichte seinen Vorgänger. — Für die 
Professur derprakt. Heilkunde wurde i. J. 1754 Anton de Haen 
berufen, ein ehemaliger Mitschüler Swieten’s; er lebte seit 
20 Jahren als gesuchter und beliebter Arzt in Haag, bevor er 
seine Lehrtätigkeit in Wien er öffnete. De Haen richtete die 
ihm übergebene Abtheilung im Bürgerspitale nach dem Leydener 
Muster für klinische Zwecke ein; die Wiener Klinik war die 
erste in Deutschland und gab die Anregung zur Errichtung 
ähnlicher Anstalten an anderen Hochschulen Oesterreichs und 
Deutschlands. Sie darf somit das Verdienst in Anspruch nehmen, 
den Grund gelegt zu haben zu der erfolgreichen Entwicklung 
des klinischen Unterrichts in diesen beiden Ländern. Die Wiener 
Klinik erlangte bald einen grossen Buf und fremde Aerzte kamen 
hierher, um ihre fach-wissenschaftliche Ausbildung zu vollenden. 
Mit de Haen’s Auftreten in Wien begann somit die glänzende 
Ruhmesgeschichte unserer medicinischen Schule. De Haen war 
aber nicht bloss ein musterhafter Lehrer; er war auch ein aus¬ 
gezeichneter ärztlicher Gelehrter und Forscher, wie seine hinter- 
lassenen Schriften darthun. Er starb im Jahre 1776 und erhielt 
in Maximilian St oll einen würdigen Nachfolger. St oll gehörte 
dem Jesuiten-Orden an, bevor er die Heilkunde studirte. Als 
ärztlicher Schriftsteller widmete er seine Aufmerksamkeit vor¬ 
zugsweise den epidemischen Krankheiten und war bemüht, die 
den Krankheitscharakter der von ihm beobachteten Zeitperioden 
bestimmenden und in eigentümlicher Weise färbenden Verhältnisse 
zu erforschen und festzustellen. Die Wiener Klinik wurde unter 
seiner Leitung die berühmteste Europa’s. Er war auch der 
Erste, welcher in der hiesigen Klinik von der Percussion, der 
unsterblichen Erfindung seines Collegen und Zeitgenossen, Auen- 
brugger, Gebrauch machte. Stoll starb im Jahre 1787 infolge 


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265 


eines apopleklischen Anfalles; sein Tod wurde im ganzen Lande 
betrauert. 

Nach StolPs Hinscheiden trat ein Stillstand in der weiteren 
Entwicklung der Wiener Schule ein, welcher nur durch die 
Thätigkeit einzelner hervorragender Männer wie Peter Frank 
unterbrochen wurde. Erst mit Rokita ns ky und Skoda begann 
eine neue Blütheperiode, die sogenannte zweite Wiener Schule. 

Die Versammlung lauschte dem geistreichen rhetorisch 
gehaltenen Vortrage mit gespannter Aufmerksamkeit und zollte 
dem Redner reichen Beifall; der Vorsitzende und Professor von 
Schrötter als Obmann dos Ausschusses drückten demselben den 
wärmsten Dank aus. 

Hierauf demonstrirte Herr Dr. Maximilian Zeissl, Assi¬ 
stent an der Klinik des Herrn Prof. v. Dumreicher, das Spiritus¬ 
präparat und mehrere mikroskopische Präparate eines Adenoms 
der Sublingualdrüse. Die Geschwulst, welche einen Längen¬ 
durchmesser von 4 Ctm. und eine Breite von 1*5 Otm. batte, 
wurde am 19. April an Hofrath v. Dumreicher’s Klinik 
einer 64 Jahre alten Kranken unter Lister’schen Cautelen ex- 
stirpirt. Die Wunde sonderte reichlich übelriechenden Eiter ab, 
es kam zur Infiltration des Zellgewebes der rechten Halsseite, 
zur rechtseitigen eiterigen Pleuritis und Pericarditis, der die 
Kranke erlag. Ausser den erwähnten Erscheinungen constatirte 
die Section das Fehlen der rechten Sublingualdrüse. Da der 
Vortragende keinen ähnlichen Fall in der Literatur auffinden 
konnte, hielt er diesen der Seltenheit wegen für werth, vor¬ 
gezeigt zu werden und er scheint sich nicht getäuscht zu haben, 
denn die anwesenden Operateure studirten die demonstrirten 
Präparate mit grosser Aufmerksamkeit. 


Aus dem Geschäftsrathe. 

In der am 13. October unter dem Vorsitze des Präsidenten 
Dr. v. Schmerling stattgehabten Sitzung, an welcher beide 
Vice Präsidenten, der Secretär und 15 Mitglieder des Geschäfts- 
ratbs theilnahmen, wurde Dr. Emanuel Blum, pract. Arzt im 
II. Bez. als Mitglied des Collegiums aufgenommen, dann wurde 
dem stud. med.Leopold Kohn über Antrag des Superintendenten 
Dr. Iunhauser der Genuss seines Mosing’schen Stipendiums 
auf die Dauer des Studienjahres 1880—81 verlängert. 

Secretär theilt mit d) die hohe Statthalterei habe bewilligt, 
dass der stud. med. L. F öl d ösy das bereits für beide Semester 
1879—80 erhaltene Mosing’sche Stipendium behalten könne, 
es daher von der mit früheren Erlass angeordneten Rückerstat¬ 
tung des empfangenen Betrages abzukommen habe, b) Die 
nieder österreichische Statthalterei habe mittelst Note das Doc- 
toren - Collegium von der Entscheidung des hohen Unterrichts¬ 
ministeriums über das Verleihungsrecht des Bleil’schen Stipen- 


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266 


üiumgenusses in Kenntniss gesetzt. — Hierüber wird beschlossen 
den Erlass in diesem Blatte vollinhaltlich zu veröffentlichen. 
Der Rest des Abends wurde durch Verhandlungen mit dem 
Münz-Graveur Herrn Anton Scharff betreffs der Anfertigung 
einer Medaille zum 71. Geburtstage Hyrtls in Anspruch ge¬ 
nommen und diese Angelegenheit definitiv abgemacht. Schliess¬ 
lich wird über Antrag des Dr. Lederer ein fünfgliedriges 
Festcomitd gewählt, welches über den modus procedendi der 
in Aussicht gestellten Hyrtl-Feier zu berathen habe. Gewählt 
sind die DDr. Kernecker, v. Khautz, Lederer, Mittler 
und Scholz. 

z. 29517. Note der k- k. 8. n. Statthalterei. 

An das löbl. Präsidium des Wiener medicinischen Doctoren-Collegiums. 

Der Herr Minister für Cultus und Unterricht hat laut hohen 
Erlasses vom 5. August 1. J., Z. 4689, dem Ansuchen des Rectorates 
der k. k. Wr. Universität um Zuerkennung des ausschliesslichen 
Rechtes zur Verleihung der Dr. Josef B1 e i l’schen Stipendienstiftung 
keine Folge zu geben und zu entscheiden befunden, dass es in dieser 
Hinsicht bei der Bestimmung des Bleil’schen Stiftbriefes vom 
12. Mai 1868, wonach das Verleihungsrecht dem Decane des medi¬ 
cinischen Professoren - Collegiums und dem Vorstande des Wiener 
medicinischen Doctoren-Collegiums alternirend zukommt, zu verblei¬ 
ben habe. 

Die Gründe dieser Entscheidung sind folgende. 

Mit dem Ministerialerlasse vom 28. Jänner 1861, Z. 10713, 
ist die k. k. nieder-österreichischen Statthalterei aufgefordert worden, 
eventuell eine Vereinbarung der im Bestände des Gesetzes vom 
27. September 1849 (R. G. Bl. Nr. 401) berufenen Vertreter der 
medicinischen Facultät der Wiener Universität hinsichtlich der Aus¬ 
führung der Bleil’schen Stiftung zu erzielen, und ist zugleich die 
definitive Constituirung dieser Stiftung unter Berufung auf den in 
Angelegenheiten der M o s i n g’schen Stiftung ergangenen Ministerial- 
Krla88 vom 2. April 1858, Z. 169, d. i. bis zum Zeitpunkte der 
ondgiltigen Organisation der akademischen Behörden, vertagt werden. 

Die von der Statthalterei im Einvernehmen mit dem Bleil- 
schen Testaments - Executur mit Bericht vom 20. Februar 1862, 
Z. 125, gestellten Anträge, wonach unter Andern das oberwähnte 
alternirende Verleihungsrecht eintreton sollte, wurden mit dem Er¬ 
lasse des bestandenen Staatsministeriums vom 5. Juli 1863, Z. 2428, 
zur Kenntniss genommen und die Statthalterei beauftragt, die er¬ 
folgte Annahme dieser Anträge, beziehungsweise den entsprechenden 
Stiftsbrief-Entwurf dem Professoren- und dem Doctoren - Collegium 
der medicinischen Facultät im Wege des Universitäts-Consistoriums 
zur Aeusserung mitzutheilen. Für den Fall der Herstellung eines 
Einverständnisses beider Collegien wurde die Ausfertigung des Stift¬ 
briefes angeordnet, hingegen eine weitere Vertagung der definitiven 
Feststellung des Stiftsbriefes, nämlich die Beschreitung des Rechts- 


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267 


weges seitens der Betheiligteu — und nur unter der Voraussetzung 
zugelassen, dass die fragliche Vereinbarung nicht zustande kommen 
sollte. Irgend ein anderer Vorbehalt wurde dabei seitens des Staats¬ 
ministeriums nicht mehr gemacht und da nun das mehrerwähnte 
Einverständniss zwischen dem Professoren- und Doctoren-Collegium 
der medicinischen Eacultät laut des Consistorialberichtes vom 13. No¬ 
vember 1867, Z. 2044 thatsächlich erzielt wurde, so waren hiemit 
alle von der obersten Stiftungsbehörde in Betreff der definitiven 
Constituirung der Blei l’schen Stiftung gestellten Bedingungen erfüllt 
und muss der von den Decanen des Professoren- und Doctoren- 
Collegiums gefertigte, vom Universitäts-Consistorium vidirte und von 
der k. k. nieder österreichischen Statthalterei im Hinblicke auf den 
Ministerial-Erlass vom 5. Juli 1863, Z. 2428, ohne Vorbehalt ge¬ 
nehmigte Stiftbrief vom 12. Mai 1868 als endgiltiger Constituirungs- 
act angesehen worden. 

Es kann sohin bei der Entscheidung über das streitige Ver¬ 
leihungsrecht nicht mehr das Blei Psche Testament — dessen be¬ 
züglicher — im Stiftbriefe angeführter Passus übrigens in der 
fraglichen Beziehung keine bestimmte Directive bietet — sondern 
nur der Stiftbrief vom 12. Mai 1868 zu Grunde gelegt werden und 
ist lediglich zu untersuchen, ob das in demselben normirte alter- 
nirende Verleihungsrecht der beiden mehrerwähnten Collegien nunmehr 
in Folge des Gesetzes vom 27. April 1873 (R. G. Bl. Nr. 63) zu 
modicificiren, beziehungsweise das Wiener medicinische Doctoren- 
Collegium von der Verleihung gänzlich auszuschliessen sei oder nicht. 

In dieser Hinsicht muss zunächst hervorgehoben werden, dass 
der vom Herrn Rector angerufene § 23, Abs. a, des citirten Gesetzes 
hier gar nicht in Frage kommen kann, da es sich hier weder um 
ein Facultäts- oder Universitätsvermögen, noch um eine diesen Kör¬ 
perschaften gesetzlich obliegende Verwaltungsaufgabe handelt, viel¬ 
mehr kann bei Entscheidung dieser Streitsache nach der Beschaf¬ 
fenheit des Gegenstandes derselben, lediglich der § 23 des citirten 
Gesetzes zur Richtschnur genommen werden. 

Nach Inhalt des Abs b dieses Paragraph verbleibt dem Doctoren- 
Collegium das Recht zur Verwaltung und Verleihung derjenigen 
Stiftungen, welche dasselbe bisher unabhängig vom akademischen 
Senate (Consistorium) und dem Rector verwaltet und verliehen hat. 
In Betreff der Verleihung der Bleil’schen Stiftung besteht nun 
aber kein Streit darüber, dass das medicinische Doctoren-Collegium 
das stiftbriefgemäss ihr zugesprochene alternirende Verleihungsrecht 
thatsächlich und unabhängig ausgeübt hat, denn wenn auch eben 
durch den Bestand der Alternation der Eintritt jenes Rechtes, be¬ 
ziehungsweise die Zahl der Fälle, in welchen dasselbe ausgeübt wird, 
in bestimmter Weise beschränkt ist, so erscheint doch das Doctoren- 
Collegium in jedem einzelnen, ihm zustehenden Verleihungsacte 
vollkommen unbeschränkt und in keiner Weise von der anderen, 
gleichfalls mit einem alternativen Verleihungsrechte ausgestatteten 
Corporation abhängig. Eine solche Abhängigkeit wird ferner auch 


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268 


dadurch nicht begründet, dass nach § 6 des Stiftbriefes über die 
Entziehung des Stipendiums die beiden Vorstände des Doctoren- 
und Professoren - Collegiums einverständlich zu entscheiden haben 
und im Falle der Nichteinigung der akademische Senat (Consisto- 
rium) erkennt, denn diese Bestimmung betrifft nicht die Verleihung, 
sondern den Verlust des Stipendiums und stellt sich als eine sin¬ 
guläre Norm dar, durch welche die Person genannt wird, welcher 
in dem darin vorgesehenen Falle das Schiedsrichteramt übertragen 
werden soll. Dieses letztere wird übrigens, da bei Disqualification 
des Stipendirten der Verlust des Stipendiums schon nach den allge¬ 
meinen Vorschriften eintritt, nicht sowohl als eine arbiträre Ver¬ 
fügung des akademischen Senates wie vielmehr als eine Constati- 
rung des betreffenden Thatbestandes erscheinen. 

Hinsichtlich der Verwaltung der Stiftung, welche keinen 
Gegenstand des Streites bildet, ist zu bemerken, dass dieselbe bisher 
direct weder von dem Professoren- noch von dem Doctoren-Collegium, 
sondern von der nieder-österreichischen Statthalterei geführt wurde, 
dass jedoch eine Anerkennung der diesbezüglichen unabhängigen 
Stellung jedes der beiden Collegien darin erblickt werden kann, 
dass seitens der nieder österreichischen Statthalterei sowohl dem 
Professoren- als auch dem Doctoren - Collegium in Ausführung des 
§ 8 des StiftBriefes der Rechnungs-Abschluss der Stiftung z. B. pro 
1874 mit Statthalterei-Erlass vom 7. Februar 1876, Z. 3972 zur 
Kenntnisnahme übermittelt worden ist. 

Die Ausschliessung des Wiener medicinischen Doctoren-Colle¬ 
giums von den ihm stiftbriefmässig zustehenden Rechten erscheint 
sohin weder durch § 23 cit. geboten, noch nach § 24 ibid. zulässig; 
da ferner das im Stiftbriefe benannte Doctoren-Collegium der medi¬ 
cinischen Facultät der Wiener Universität gemäss § 24 des Gesetzes 
vom 27. April 1873 als Rechtssubject fortbesteht, die Alternation 
auch keinen nach diesem Gesetze unzulässigen Verband des Doctoren- 
Collegiums mit der Universität oder Facultät darstellt, eine Aus¬ 
einandersetzung der bezüglichen Rechte also nicht nothwendig ist, 
so liegt kein gesetzlicher Anlass zur Modification des Stiftbriefes 
vom 12. Mai 1868 vor und musste sohin das Eingangs erwähnte 
Ansuchen des Rectorates zurückgewiesen werden. 

Hievon beehre ich mich das löbliche Präsidium mit Beziehung 
auf die geschätzte Zuschrift vom 26. Februar 1. J., Z. 31, in die 
Kenntniss zu setzen. 

Wien, den 10. September 1880. 

In Vertretung: P i t n e r. 


f Med. und chir. Dr. Gustav Loebel. 

K. k. Hofrath, Universitäts-Professor und Primararzt im k. k. 
Allgemeinen Krankenhause, Ritter des k. k. Ordens der eisernen 
Krone III. Classe sowie Commandeur und Ritter vieler ausländischer 
Orden, Mitglied des Wiener mediz. Doctoren-Coll. u. s. w., im letzten 


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269 


Decennium einer der als Consiliar gesuchtesten Aerzte der Besidenz, 
erlag am 23. October, Abends gegen 11 Uhr, einem Schlagflusse. 
Er war am 5. November 1816 zu Nawarow in Böhmen geboren, 
absolvirte das Gymnasium in Frag, die medicinischen Studien in 
Wien und wurde daselbst am 6. August 1840 zum Doctor der Medioin 
promo vivt. Das Doctorat der Chirurgie machte er erst am 18. Juli 
1847. Im Jahre 1846 wurde er klinischer Assistent bei Herrn Prof. 
Skoda, auf dessen Abtheilung er schon früher durch mehrere Jahre 
als Secundararzt gedient hatte; in dieser Stellung verblieb er durch 
volle fünf Jahre, nach dem Zeugnisse seines Lehrers einer der tüchtigsten, 
nach dem des ehemaligenDirectors Helm der vorzüglichste von Allen, 
die er in dieser Eigenschaft kennen gelernt hat; denn während L o e b e Fs 
Assistentenzeit hat es nie an interessantem klinischen Material gefehlt, 
weil er nicht bloss viele freie Stunden in der Aufnahmskanzlei verweilte 
und sich die Kranken da selbst auswählte (wogegen seine Nach¬ 
folger nur allzuoft sich begnügten, dieselben durch den journalhaben¬ 
den Arzt sich zuweisen zu lassen), sondern auch alle Abtheilungen 
für interne Krankheiten abgieng und da aussuchte, was eben für 
den klinischen Unterricht das Belehrendste gewesen. Er kannte 
daher jeden mit einer internen Krankheit behandelten Kranken im 
Hause, und wusste dieselben beizuschaffen, wenn sie etwa zum 
Unterrichte für Differenzial-Diagnosen nöthig waren. Das war später 
anders und daher auch namentlich in der Zeit vom Jahre 1865 
bis 1869 die oft wiederholte Klage eines klinischen Lehrers, dass 
es ihm an genügendem Materiale fehle. 

Nach Ablauf seiner Assistentenzeit etablirte sich L o e b e 1 
als praktischer Arzt zunächst in der Wickenburggasse und suchte 
um die Aufnahme in das Doctoren-Collegium der medicinischen 
Facultät nach, die ihm auch am 22. November 1853 zu Theil ward. 
Aber an das klinische Studium und die Spitalspraxis gewöhnt, konnte 
©r, obgleich schon vom Beginne als Arzt sehr gesucht, sich mit 
der Privatpraxis nicht befreunden, da indess seine Aussicht weder 
für ein Primariat noch für eine Professur sich eröffnete, wurde er 
missmuthig, mied jeden Umgang mit Collegen und Menschen über¬ 
haupt, und da er zudem noch den Keim eines Bückenmarksleidens 
an sich diagnosticirt haben wollte, wurde er völlig Misanthrop. Er 
übersiedelte in eine kleine Wohnung am Neubau, versperrte seine 
Thür vor Jedermann, wies die Kranken (gleichviel ob reich oder 
arm), die sich an ihn um ärztlichen Bath und Hilfe wandten, un¬ 
wirsch ab und führte während eines vollen Deoenniums das Leben 
eines Einsiedlers, nur seinen Studien und seiner Liebhaherei für 
classische Musik hingegeben. 

Erst im Jahre 1865 trat mit der Gründung des Budolf- 
Spitales eine complete Umwandlung in seiner früher isolirten Lebens¬ 
weise ein, nachdem er auf Skoda’s Vorschlag zum Primarärzte in 
dieser Anstalt ernannt und später von da in gleicher Eigenschaft 
in das allgemeine Krankenhaus übersetzt worden war. Unter dem 
Ministerium Jirecek bewarb er sich um die Professur und erhielt sie 


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270 


auch auf Anrathen seines Meisters Skoda, hat sioh aber mit dem 
Lehren nicht viel befasst, sondern verwies die Meisten, die sich bei 
ihm inscribiren wollten, an andere Professoren. 

Als Se. Majestät der Kaiser bei Gelegenheit der Eröffnung 
des Suez-Canales die Reise nach dem Orient unternahm, wurde 
Loebel auf Antrag des damaligen Sanitäts-Referenten Dr. Ulrich 
und nach Einholung der Wohlmeinung Skoda’s bestimmt, Se. Majestät 
in der Eigenschaft als Leibarzt zu begleiten. Hatte schon nach 
seiner Ernennung zum Primarärzte der Ruf des Halbvergessenen 
sich bald wieder verbreitet und ihm eine auserlesene zahlreiche 
Clientei zugeführt, so beginnt doch erst von dieser Reise an, die ihm 
so viele Ehren und Würden eingebracht, seine sociale Glanz¬ 
periode. Er war bei Hof eine persona gratissima, ein gesuchter 
Consiliarius des hohen Adels, der Finanzbarone und des reichen 
Bürgerstandes. Auch am gesellschaftlichen Leben nahm er regen 
Antheil und seine Begeisterung für schöne Künste und Musik fand 
hinreichend Nahrung; in Opern und Concerten war er oft zu sehen, 
nur von wissenschaftlichen Vereinen hielt er sich absichtlich fern. 
So lebte er vergnügt, bis vor etwa zwei Jahren ein apoplektischer 
Anfall seine Gesundheit erschütterte. Er erholte sich wohl wieder, 
konnte aber die Mühen der Praxis, so lieb ihm diese jetzt auch 
geworden, nicht mehr bewältigen. Um sich zu pflegen, zog er sioh in 
einen ruhigeren Stadttheil zurück, versah zwar, nachdem er lange 
beurlaubt gewesen, wieder seinen Dienst im Spitale, aber er wagte 
nicht mehr allein auszufahren. Am 22. October Morgens, als er 
eben im Begriffe war, seine Wohnung zu verlassen, wurde er 
plötzlich besinnungslos; ein neuer apoplektischer Anfall wirkte derart 
lähmend, dass die Besinnung nicht mehr wiederkehrte, und am 
Abende des folgenden Tages hauchte er seinen Geist aus. 

* 

* * 

Der Verstorbene war unbestritten ein tiefer Forscher und aus¬ 
gezeichneter Arzt, der seinen grossen Ruf als Praktiker verdient 
hat, aber ein Original, in dessen Leben sich so unerklärliche Gegen¬ 
sätze fanden, wie sie selten bei Gelehrten, am seltensten aber bei 
Aerzten Vorkommen. Als Assistent gab er sich seinem Fachstudium 
mit einem riesigen Fleisse hin, lebte nur für seine Wissenschaft, 
docirte mit Eifer und Lust, und seine Originalität und Genialität 
als geistvoller scharfsinniger Forscher erwarben ihm Lorbeeren, die 
nicht nur während seiner Zurückgezogenheit nicht vertrockneten, 
sondern bei seinem Wiederauftauchen neue Blüthen hoffen Hessen. 
Als er aber die langerstrebte Professur erhalten, schien sie ihm 
eine Last und er wies viele Schüler ab. Seine wissenschaftliche 
Glanzperiode fiel daher in seine Assistentenzeit und was ihm 
davon später noch zu gut kam, war nur der Widerschein aus jener 
Zeit. Er war ein vorzüglicher Diagnostiker, besonders in Herz- und 
Brustkrankheiten, was bald erkannt wurde und ihm massenhaft 
damit behaftete Kranke zuführte; doch kaum hatte er die gesuchte 


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271 


Beschäftigung gefunden, so entfloh er ihr und zog sioh in seine 
Einsiedelei * zurück, wo er sich nur dem Studium hingab. Aber es 
scheint, dass er mehr in sich aufgenommen, als eigene Forschungen, 
Beobachtungen und Erfahrungen für die Oeffentlichkeit vorbereitet 
habe. Wohl möglich, dass sich in seinem Nachlasse Manuscripte 
zu einem bedeutenden Werke finden, das er während seiner Zurück¬ 
gezogenheit zu bearbeiten im Sinne hatte, an dessen Vollendung 
er aber durch sein Wiedererscheinen im Getümmel der Welt ver¬ 
hindert wurde. Von grösseren literarischen Arbeiten ist bloss die 
Umarbeitung der letzten Auflage des Sko da’sehen Werkes: „lieber 
Percussion und Auscultation“ bekannt. Seine Arbeiten in Canstatt’s 
Berichten, in der Zeitschrift der k. k. Gesellschaft der Aerzte, in 
Wittelshöfer’s Wochenschrift, in der allgem. medic. Zeitung und 
seine „geschichtlichen Notizen über das medic. Clinicum der Wiener 
Universität“ sind wohl erfüllt von dem Geiste genialer und tiefsinniger 
Forschung, aber sie können nicht die einzigen Producte der zehn¬ 
jährigen Thätigkeit eines so geistreichen und fleissigen Gelehrten sein. 
Aber nicht genug der Gegensätze in längeren Zeitabschnitten, 
kamen sie auch im Beginne seines Primariates wiederholt zum Aus¬ 
drucke. Noch immer wurde er von Zeit zu Zeit von seiner alten 
Praxisscheu befallen; wochenlang gieng er allen Kranken ausserhalb, 
des Spitales scheu aus dem Wege und viele Briefe um Consultationen 
blieben ohne Antwort. Liebenswürdig wenn er wollte, war er rauh 
und abstossend, wenn ihn sein misanthropischer Sparren drückte. 
Seine Toilette sogar war oft mehr vernachlässigt, als selbst einem 
genialen Gelehrten verziehen werden kann. Erst nach der Annahme 
der Mission bei Hofe wurde er ganz Gentleman und blieb es bis 
zur Zeit seines ersten apoplektischen Anfalls. 

Mit all* seinen Sonderbarkeiten war Loebel ein bedeutender 
Arzt und wäre ihm gleich nach Ablauf seiner Assistentenzeit eine 
Lehrkanzel offen gestanden, so wäre er auf dem ihm liebgewordenen 
Pfade unbeirrt fortgeschritten und hätte gewiss für die Wissenschaft 
Grosses geleistet. — Wie sioh jedoch sein Lebenslauf gestaltet, wurde 
er mit allen Auszeichnungen, mit Orden (er hatte deren nicht 
weniger als sechs), Titeln, glänzenden Erfolgen in der Praxis und 
schmeichelhaften Phrasen Derer, die seiner bedurften, ein mit sich 
selbst zerfallener, nicht zu beneidender unglücklicher Mensch, dem 
aber Alle, die ihn näher kannten, ein ehrendes Andenken bewahren 
werden. Friede seiner Asche ! 


Notizen. 

Verein der Aerzte im I. Bezirke Wiens. Auf Einladung des k. k. 
Regierungsrathes Dr. Ritter v. Vivenot haben sioh am 5. v. M. 25 in der inneren 
Stadt wohnende Collegen zusammengefunden und die Bildung eines ärztlichen 
Vereines im I. Bezirke beschlossen. Es wurde ein Comitd zur endgiltigen 
Stylisirung der im Principe angenommenen Statuten gewählt, welches auoh 
mit der Aufgabe betraut wurde, dieselben bei der hohen k. k. Statthalterei 
einzureiohen. Dieses Comitd hat sioh der ihm gestellten Aufgabe bereits ent¬ 
ledigt. 


V 


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272 


Seetion für öffentliche Gesundheitspflege. Zur Einleitung der nöthigen 
Schritte zu ihrer Bildung, so wie zum Entwürfe einer Geschäftsordnung wurde 
in der Sitzung des Geschäftsrathes am 27. Ootober 1. J. ein Comitd gewählt, 
bestehend aus den Herren Doctoren: Vice Präsident Hopfgartner, von Khautz, 
Löffler, Sohiffmann und O.-S.-R. Schneller. 

Aufnahme. In der Sitzung des Gesohäftsrathes am 27. Ootober wurde 
Herr Dr. Leopold Ri eg ler, praktischer Arzt zu Wölkersdorf in Nied.-Oester, 
reich, als ordentliches Mitglied in das Wr. medio. Doot.-Coll. aufgenommen. 

Auszeichnung. Der praktische Arzt Dr. Moriz Bloch in Prag erhielt 
den Ottomanischen Medschidje-Orden fünfter Klasse. 

Ordinationsstiinde-Aendernng. Dr. R. Bern hart ordinirt jetzt von 
1 bis 2 Uhr. 

Wohnungsyeränderung. Professor Dr. Franz Gatsoher wohnt jetzt 1. 
Mölkerbastei 3, — Dr. Karl Schindler, IV. Schwindgasse 19 — und Dr. 
Robert Gers uni, VIII. Alserstrasse 27. 

Sterbefall. Der Tod räumt heuer wieder furchtbar auf unter den Mit¬ 
gliedern unseres Collegiums. In einem Zeitraum von nioht vollen 4 Wochen 
(vom 28. September bis 23. Ootober) fielen ihm vier unserer Collegcn zum 
Opfer, der letzte von ihnen, Professor Gustav Loebel, starb am 23. Ootober 
an den Folgen eines apoplektischen Anfalls (siehe S. 268)« 


Die erste Sitzung und Constituirung der Section für öffentliche 
Gesundheitspflege findet am 10. November, Abends 7 Uhr in der 
Kanzlei des Collegiums statt. 

Einladung- 

zu der am Montag den 8. November, Abends 7 Uhr. im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), I., Sonnenfelsgasse 2S, 

stattfindenden 

Wissenschaftlichen Versammlung. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken *). 

2. Ueber Tracheal-Stenose, Vortrag von Herrn Professor Dr. v. Schrott er. 

3. Ueber Einklemmungs-Erscheinungen bei Entzündung leerer Bruchsäcke, 
Vortrag von Primararzt und Docenten Dr. Englisch. 

Dr. Prey88 , Vice-PräMent. Dr, Karl Keitter , Secretär. 

*) Die P. T. Herren Collegen werden ersucht, interessante Krankheits¬ 
fälle vorzustellen. 

MF* Ztcr Beachtung . Da nach § 7 al. 3 der Statuten die 
Jahresbeiträge der Mitglieder des Coli . in den ersten 
3 Monaten des l. J. einzuzahlen sind, so werden jene P. T. 
Herren Collegen, welche mit ihrem Beitrage für d, J. 1880 
per 5 fl. noch im Rückstände sind , hößichst ersucht, den¬ 
selben bald möglichst zu entrichten. Desgleichen werden 
auch jene P. T. Herren Mitglieder des Unterstützungs- 
Institutes , welche mit ihrem Beitrage für d. J. 1880 per 
6 fl, der nach § 6 der Statuten schon im Monat 
Jänner zu beri chtig en war , noch im Rückstände 
sind, ersucht, denselben an die Kanzlei des Wr. medic. Doct.- 
CollI. Rothethurmstrasse 23, bald möglichst einsenden 
zu wollen . 

Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doot-Ooil. — Verantwortlicher Rodaoteor 
Dr. L. Hopfgartner. — Gesellschaft»-Buch dm okerei, Wien, HI. Erdb ergerstrasss 8. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 18 . November 1880 . Nr. 25 


MCTTHEILIMEN 

des 

ffiner mBiiciDisclBo LioclDren-Collefliiima. 

Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganaer Bogen und darüber, an 
20 Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegiums im In¬ 
lande 8 fl., nach dem Aaslande 6 Birk. — Einseine Nummern 25 kr. = 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die darohlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits dfc Deut icke 
(vormals Karl Csermak), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zuekriften and Zasendnngei an die Redaetion: Wie* Kaniiei des Wiener aed» 
Ooet.-Coll. and der Witwen- and Waisen-Soeietät, Rothenthormstrasse 23. 


Inhalt: Wissenschaftl. Versammlung am 8. November, Vortrag des Prof. v. Schrötter über 
Trachealstenosen. — Constituirung der Section fUr Öffentliche Oesnndlieita- 
pflege. — Aus dem Unterstützungs-Institute. — Literarische Anzeigen. — Notizen. — 
Einladungen. 


Wissenschaftliche Versammlung am 8. November. 

Vortrag des Herrn Prof. Dr. L. v, Schrötter. 

Ueber Trachealstenosen. 

Der Vortragende geht nach kurzer Betonung der Wich¬ 
tigkeit dieser Erkrankung auf die Ursachen derselben über, 
welche ausserordentlich mannigfaltig sein können, und unter¬ 
scheidet zwei Hauptformen der Trachealstenosen: 1. solche 
durch Druck von aussen und 2. durch Erkrankung der Wan¬ 
dungen selbst. 

Ad 1. Am häufigsten wird die Trachea durch die ver- 
grösserte Schilddrüse comprimirt, und zwar sind es gerade die 
kleinen, tiefliegenden, von aussen oft kaum sichtbaren Knoten in 
derselben, welche die stärkste Verengerung bewirken. Nicht selten 
kommt es dann durch den langdauernden Druck zu einer Er¬ 
weichung der Knorpelringe, die Trachea wird zu einem mehr 
weniger weichen Sack, der durch die beiderseitige Compression 
oft ganz die Gestalt einer Säbelscheide annimmt, wie das Demme 
richtig bemerkt hat. Die Demonstration eines Präparates zeigt, 
wie die Struma die Luftröhre seitlich comprimiren und ver¬ 
biegen kann. 

Nächst häufig sind Aneurysmen Ursache der Tracheal¬ 
stenosen und betont dann Vortragender für solche Fälle den 
grossen Werth der tracheoscopischen Untersuchung, die oft allein 
die Diagnose sicher stellen kann. Er erwähnt, dass man in der 
vorlaryngoskopischen Zeit oft aus secundären Erscheinungen auf 
ein Aneurysma schliessen musste, ohne es physikalisch nach- 
weisen zu können; dagegen gelang es jetzt durch die Tracheo- 
scopie schon oft Aneurysmen nachzuweisen, die der Auscultation 
und Percussion entgangen waren. Ja, der Vortragende war schon 


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einmal nahe daran in ein solches in die Trachea vordringendes 
Aneurysma coagulirende Injectionen zu machen und so eine 
Heilung zu versuchen. Leider vereitelte eine Pleuritis die Vor¬ 
nahme dieses Eingriffes und in der Reconvalescenz barst das 
Aneurysma. 

Bei weitem am seltensten wird die Luftröhre durch Media- 
stinaltumoren und Carcinome des Oesophagus oder durch irgend 
welche entzündliche Vorgänge in ihrer Umgebung, Abcesse, 
Lymphdrüsentumoren und dergleichen verengert. 

Die Form der Verengerung wurde auch erst in der'laryn- 
goskopischen Zeit näher gewürdigt und war es besonders Türk, 
dem das Verdienst gebührt, die meisten Kunstgriffe zur Tra- 
cheoscopie angegeben und die Art der Stenose beschrieben zu 
haben. Meist wird die Trachea von beiden Seiten gleichmässig 
zu einem ovalen Spalte verengert, der gewöhnlich median steht. 
Seltener sind Vorwölbungen der einen Wand, besonders in Form 
eines umschriebenen Tumors. Prof. v. Schrötter illustrirt diese 
Formen durch Präparate von Aneurysmen, welche diese Verhält¬ 
nisse deutlich zeigen. 

Ad 2. Im ganzen viel seltener sind die Ursachen der Stenose 
in den Wandungen der Luftröhre selbst zu suchen. Fremde Körper 
geben hie und da die Ursache davon ab und zeigte Schrötter 
die Abbildung eines Trachealpräparates, an dem man deutlich 
zwei Geschwüre unterscheiden kann, die durch das Stecken¬ 
bleiben eines Knochens bedingt waren. Der Patient kam mit 
piaemischen Erscheinungen und zugleich mit hochgradigen ste¬ 
notischen Symptomen auf die laryngologische Klinik. 

Da der Kehlkopf frei war und bestimmt das Eindringen 
eines Knochens behauptet wurde, wurde die Trachea mit einem 
elastischen Katheter durchfahren, worauf bedeutende Erleichte¬ 
rung eintrat. Einige Tage darauf starb der Patient an seiner 
Pyaemie und man fand den Knochen in dem einen Bronchus. 
Gewiss würde man das Geschwür nicht als Decubitus haben 
erkennen können, wenn nicht die Anamnese und der Vorgefun¬ 
dene Knochen Aufschluss gegeben hätten. Wäre der Knochen 
ausgeworfen worden und die Geschwüre verheilt, so hätte die 
Tracheoscopie allein nicht die Narbe erklären können. So mag 
es manchmal geschehen, wenn der fremde Körper unbewusst 
eindrang und ausgehustet wurde, dass dann solche Narben, die 
auch constringiren können, für luetische gelten. 

Wohl am häufigsten mag aber ein Decubitusgeschwür durch 
Ganülendruck entstehen, und seine wuchernden Ränder können 
dann leicht Stenose bewirken und die Entfernung der Canüle 
verhindern, obwohl Prof. Schrötter bei seinen Tracheotomien 
noch nie dergleichen beobachtet hatte. 

Eine eigenthümliche Ursache der Trachealstenosen können 
Wucherungen der Schleimhaut abgeben, die in Folge der von 
Störk sogenannten chron. Blenorrhoe oder hie und da durch 


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275 


Lepra bedingt entstehen. Schrötter zeigt eine solche Trachea 
eines Leprösen aus Drontjem, an deren Schleimhaut man ein¬ 
zelne solche Knötchen bemerkt. 

Variola, Diphtheritis und am häufigsten Lues können durch 
Vernarbung der von ihnen gesetzten Substanzverluste ebenfalls 
die Luftröhre verengern, wie auch ein Blick auf die von dem 
Vortragenden demonstrirten syphilitischen Luftröhren lehrt. 

Endlich die seltenste Ursache ist das Auftreten von selbst¬ 
ständigen Neubildungen der Trachea, die entweder als Papillom, 
Sarcom oder Carcinom auftraten und auch schon vom Vortra¬ 
genden endotracheal entfernt wurden. 

Was nun die Behandlung anbelangt, so versuchte man 
zunächst durch lange Canülen, wie sie Trousseau zuerst an¬ 
gab, die Stenose unschädlich zu machen; doch muss man beim 
Einführen derselben sehr vorsichtig sein, namentlich wenn es 
sich um Aneurysmen handelt, und hat man elastische innere 
Canülen behufs Wechsel und Reinhaltung construirt. Professor 
Schrötter zeigte eine solche Doppelcanüle vor, wie sie Bi 11- 
roth angegeben, während schon früher Köni g solche elastische 
äussere Canülen angewendet hatte. 

Als radicales Heilmittel dient die Exstirpation des Kropfes, 
wobei es aber nicht selten zu Laesionen der Recurrentes kömmt, 
und die endotrachealen Operationen und Dilatationen. Der Vor¬ 
tragende zeigt die Trachealröhren, den Traohealpinsel und Aetz- 
mittelträger und erklärt ihre besondere Krümmung und Anwendung. 

Schliesslich demonstrirte Prof Schrötter bei Magnesium¬ 
beleuchtung einen Kranken, dessen Trachea beiläufig in der Mitte 
zwischen obern und mittlern Drittel durch eine schief von rechts 
oben nach links unten gehende Membran bis auf ein für einen 
Katheter 12 durchgängiges links und hinten liegendes Loch 
abgeschlossen ist. 

Der Kranke kam im Juli d. J. mit leichten stenotischen 
Erscheinungen auf die Klinik, und man fand an der oben er¬ 
wähnten Stelle eine grosse Ulceration. Einreibungen mit ung. 
ein. und innerlich Jodcalium brachten das Geschwür im ersten 
Monate zur Heilung, aber durch die Narbenconstriction wurde 
die Stenose hochgradig. Die Anfangs mit grosser Mühe einge¬ 
führten Katheter brachten allmählig die Erweiterung, wie sie 
jetzt sichtbar ist, zu Stande. Prof. Schrötter beabsichtigt 
durch Aetzung oder Galvanokaustik die Membran zu durch¬ 
bohren und so die Heilung zu beschleunigen. 

Der zweite für diesen Abend noch auf das Programm gesetzte 
Vortrag des Herrn Primararztes Dr. Englisch musste wegen vor¬ 
gerückter Abendstunde vertagt werden. 

Section für öffentliche Gesundheitspflege. 

Am 10. d. M. Abends 7 Uhr fand, wie angekündigt, die 
constituirende Versammlung dieser Section im Sitzungssaale des 


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Doctoren-Collegiums statt. In dieselbe haben sich bisher 50 *) Mit¬ 
glieder eingezeichnet. Die Herren DDr. Ministerialrath 8 chneider, 
Prof. Hof mann und Spitalsdirector Böhm haben ihr Nicht¬ 
erscheinen schriftlich und Krankenhausdirector Josef Hoffmann 
mündlich wegen dringender anderwärtiger Geschäfte entschuldigt. 
Statthaltereirath von Karajan wurde noch vor Beginn der 
Sitzung abberufen. 

Vizepräsident Dr. P r e y s s begrüsste, als Stellvertreter des 
von Wien abwesenden Präsidenten Dr. von Schmerling, die 
Anwesenden, dankte für den zahlreichen Besuch und gab seiner 
Freude darüber Ausdruck, dass die vom Doctoren-Collegium aus¬ 
gehende Initiative zur Bildung einer Section zur Förderung der 
öffentlichen Gesundheitspflege allgemeine Anerkennung gefunden, 
wofür die Zahl der Collegen, welche derselben beigetreten sind, 
beredtes Zeugniss gibt. 

Er bespricht mit wenig Worten die Wichtigkeit dieses 
Zweiges der Heilkunde, berichtet, dass der Geschäftsrath ein 
aus 5 Mitgliedern, den DDr. Schneller, v. Khautz, Hopf- 
gartner, Löffler und Schiffmann bestehendes Comite mit 
den Vorarbeiten betraut habe, welches sich vor allem die Auf¬ 
gabe gestellt, den Entwurf einer Geschäftsordnung auszuarbeiten 
die in der heutigen Versammlung berathen und zur Annahme 
empfohlen werden solle. Bevor aber dieses geschehen könne, 
müsse die Section constituirt werden, daher er die Anwesenden 
einlade, zunächst einen Obmann, dann dessen Stellvertreter und 
zwei Schriftführer zu wählen, und zwar wie im Collegium 
allgemein üblich, durch Abgabe von Stimmzetteln. Auf die 
Frage, ob die ersten beiden Würdenträger auf einem Stimm¬ 
zettel verzeichnet werden oder ob bei jedem einzeln abgestimmt 
werden solle, wird letzteres beschlossen und wurde Dr. 
Schneller mit weit überwiegender Majorität zum Obmann 
gewählt, zum Stellvertreter erhielt Herr Hofrath Dr. Sigmund 
Ritter v. Ilanor drei Viertel aller abgegebenen Stimmen. 
Nachdem dieser aber aus Gesundheitsrücksichten die Wahl 
abgelehnt, und die anderen Namen nur vereinzelt aufgeschrieben 
waren, wurde von einer Seite der Vorschlag gemacht, die 
Sitzung zu unterbrechen, um sich über die Wahl dieses 
Functionärs collegial besprechen zu können, worauf man 

*) Beigetreten sind die Herren DDr. Min.-R. Franz Sohneider, 
Hofrath Karl Sigmund Ritter v. Ilanor, die O.-S.-R. Prof. Ed. Hof mann, 
D. Jos. Hoffmann und Josef Schneller, St.-R Ritter y. Karajan, die 
Prof. Carl Böhm, Sp.-D. und Dräsche, Regierungs-Rath Karl Haller, 
M.-R. Preyss, Hopfgartner, Reitter, v. Pernhoffer, v. Khautz, 
Löffler, Sohiffmann, Adler Sigm, Adler H., Bisenz, Chiari Hans, 
Ehrmann, Fieber Fr,, Fried, Gauster Fr., Gold Ad., Hein 
Isidor, Kämmerer, Kapper, Kehl, Ko hn Em., Kraus B., La ohne r I. N., 
Langer Peter, Lewy, Mandelbaum, Mayer Aug, Markbreiter Josef, 
Mükisch, Polak Jakob, Ritter v. Radda, Ritter v. Roswadowsky, 
Roth, Schäfer M, Schwarz Isidor, Öpitzmüller, Tusohak, Unter- 
holzner, Weiss Josef, Winternitz David und D. Zontides. 


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277 


schliesslich übereinkam diese Wahl bis zur nächsten Zusammen¬ 
kunft zu vertagen. Zu Schriftführern wurden die DDr. Kämmerer 
und Heinrich Adler durch Acclamation gewählt, die auch beide 
die Wahl annahmen. 

Nachdem somit die Section constituirt war, übertrug 
Dr. Preyss dem neugewählten Obmanne den Vorsitz. Dieser 
besprach die Aufgaben der Section, wie ihr Zweck nicht der 
sei, die Behörden mit Anträgen zu behelligen, sondern der, 
hygienische Fragen im Wege der Discussion mit Ernst und Sach¬ 
kenntnis zu berathen und dadurch den competenten Kreisen 
eine Richtschnur für zweckmässiges Handeln zu geben, und 
begann dann als Referent den folgenden Entwurf der Geschäfts¬ 
ordnung vorzutragen und der Discussion zu empfehlen. Während 
dessen übernahm Preyss, weil noch kein Obmannstellvertreter 
gewählt war, nochmals den Vorsitz. 

Entwurf einer Geschäftsordnung der Section für öffentliche 
Gesundheitspflege. 

1. Die Section besteht aus jenen Mitgliedern des Collegiums, 
die ihren Beitritt beim Präsidium gemeldet haben. 

Es steht ihr frei, sich durch andere innerhalb oder 
ausserhalb des Collegiums befindliche Aerzte, dann durch Experte 
wie z. B. Chemiker, Techniker, Ingenieure, Bau verständige, Ver¬ 
waltungsbeamte zu verstärken. 

2. Die Section wählt alljährlich mit absoluter Stimmenmehr¬ 
heit ihrer Mitglieder den Obmann, Obmann-Stellvertreter, Schrift¬ 
führer und Schriftführer-Stellvertreter. . 

3. Die Sitzungen finden in der Kanzlei des Collegiums und 
zwar, mit Ausnahme der Monate Juli, August und September regel¬ 
mässig mindestens einmal im Monate statt. 

Ausserdem können nach Bedarf oder Uebereinkommen noch 
ausserordentliche Sitzungen abgehalten werden. 

Die Einladung zu den Sitzungen geschieht mit jedesmaliger 
Angabe des Verhandlungs-Gegenstandes nach Thunlichkeit durch die 
Zeitschrift des Collegiums. Ausserhalb des Collegiums stehende Theil- 
nehmer werden besonders eingeladen. 

Jedes Mitglied des Collegiums ist berechtigt den Sitzungen der 
Section beizuwohnen. 

4. Zur Lösung bestimmter Aufgaben wählt die Section erfor¬ 
derlichenfalls Comites, denen gleichfalls Experte ausserhalb des 
Kreises des Collegiums angehören können. 

Für die Berichterstattung in der Section ernennt das Comite 
den Referenten aus seiner Mitte. 

5. In Bezug auf die Art der Verhandlung gelten die gewöhn¬ 
lichen parlamentarischen Regeln. 

6. In rein hygienischen Fragen gilt die Abstimmung als der 
Ausdruck der Anschauungen der Section, das heisst als Resolution. 
Eigentliche Beschlüsse mit darauffolgender Ausführung oder mit 


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278 


einer. Wirksamkeit nach Aussen fassen die Mitglieder der Section 
blos innerhalb der Wirkungssphäre des Collegiums. Ihre Durchführung 
geschieht nur im Wege des Geschäftsrathes durch das Präsidium. 

7. Die Publication der Verhandlungen geschieht durch die 
„Mittheilungen“ des Collegiums, und bei Gegenständen von all¬ 
gemeinem Interesse, wenn es als zweckmässig erachtet wird, auch 
durch andere öffentliche Blätter oder sonst in geeigneter Weise. 

Die Debatte über diesen Geschäftsordnungsentwurf bewegte 
sich vorzüglich um die von Dr. Kapper aufgeworfene Frage 
nach der Stellung der Section zum Geschäftsrathe des Doctoren- 
Collegiums. 

Dr. Hopfgartner bemerkt, dass die Section in demselben 
Verhältnisse zum Geschäftsrathe stehe, wie der wissenschaftliche 
Ausschuss. Der Geschäftsrath habe nur insoferne einzu¬ 
treten, als die Thätigkeit der Section mit Geldauslagen ver¬ 
bunden sein sollte, z. B. für Druckkosten u. s. w. Uebrigens 
sei in Bezug auf die Gründung der Section das Vereinsgesetz 
zu Rathe zu ziehen. 

Dr. Löffler theilt das letztere Bedenken nicht, das 
Collegium habe statutenmässig das Recht, Sectionen zu bilden 
und Sachverständige einzuberufen. Es solle nur der Zusammen¬ 
hang zwischen Section und Collegium ausgesprochen sein, dem 
Geschäftsrathe werde es nie einfallen, die von der Section 
gefassten Resolutionen neuerdings durchzuberathen. 

Dr. Kraus beantragt die en-bloc-Annahme des Ent¬ 
wurfes, und bemerkt, dass es sich vielleicht empfehlen würde, 
um allen Eventualitäten zu entgehen, einen die Bildung von 
Sectionen betreffenden Paragraphen in die Statuten des Colle¬ 
giums aufzunehmen. 

Dr. Kapper besorgt, dass die Section in einem unter¬ 
geordneten Verhältnisse zum Geschäftsrathe zu stehen käme, 
denn letzterer hätte zu prüfen, ob es zweckmässig sei, die von 
der Section beanspruchten Auslagen zu bewilligen. 

Der Referent fürchtet keine Collision mit dem Vereins¬ 
gesetze. — Das Collegium habe das Recht, Sectionen zu bilden. 
Im Entwürfe sei nur der Zusammenhang mit dem Collegium 
betont. In Bezug auf das Meritorische der Arbeiten sei die 
Section ganz unabhängig und hierauf könne der Geschäftsrath 
keinen Einfluss üben; es stehe ja jedem Mitgliede frei, der 
Section beizutreten, dort möge es sein Votum abgeben. Nach 
dem Entwürfe z. B. fasse die Section in hygienischen Fragen 
ja keine Beschlüsse, sondern nur Resolutionen. Sollen jedoch 
Schritte bei den Behörden geschehen oder Geldauslagen noth- 
wendig werden, so gehöre dies allerdings vor den Geschäftsrath. 

Dr. Kapper hält es für angezeigt, dass die Section sich 
vorerst mit dem Geschäftsrathe über die gegenseitigen Be¬ 
ziehungen in’8 Einvernehmen setze. 


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279 


Prof. Dräsche begrüsst die Bildung einer Section für 
Hygiene auf’s herzlichste, und zweifelt nicht an dem Gedeihen 
des Unternehmens. 

Dr. Reitter weist an der Hand der Statuten (§ 2, b, 
§ 15, al. 5, und § 16, al. 5 und 7) nach, dass die Bildung von 
Sectionen vorgesehen und die Zuziehung von Sachverständigen 
vollkommen zulässig sei. 

Der Geschäftsordnungsentwurf wird hierauf en bloc an¬ 
genommen und der neugewählte Obmann übernimmt nun wieder 
den Yorsitz. 


Prof. Dräsche demonstrirt hierauf eine von ihm ent¬ 
worfene sehr schön ausgeführte Karte über die Entste¬ 
hung, den Verlauf und die Ausbreitung der Pest in 
Asien und Afrika seit dem Jahre 1858. Aus seinen 
Studien geht hervor, dass die Nachrichten über die angebliche 
Pest in Assyr (Arabien) im Vorjahre unbegründet gewesen seien. 
Es habe sich damals um eine andere Krankheit gehandelt, die 
mit der Pest verwechselt worden sei. 


Dr. Kraus beantragt die Niedersetzung eines Comites, 
dessen Aufgabe es sei, die Vorarbeiten für jede Versammlung 
auszuführen; dasselbe hätte die jeweiligen Tagesfragen in Er¬ 
wägung zu ziehen und die Vorlagen für die Section vorzu¬ 
bereiten. 

Prof. Dräsche unterstützt diesen Antrag; namentlich 
sei die Frage der Verbreitung des Typhus dann auch der 
Tuberculose durch Genuss der Milch von an Perlsucht erkrankten 
Kühen sehr acut. 

Dr. Bisenz ist dafür, dass die Fragen, welche die 
Sanitätsverhältnisse Wiens betreffen, zunächst in Berathung 
gezogen werden. 

Dr. Spitzmüller hält ein ständiges Comite für über¬ 
flüssig; die Discussionen sollen möglichst zwanglos sein, aus 
denjenigen, die sich an der Discussion betheiligen, könnte dann 
für jeden speciellen Fall ein Comite gebildet werden. 

Dr. Polak unterstützt den Vorredner; wenn das Thema 
14 Tage vor Abhaltung der Discussion angekündigt werde, so 
genüge diess vollkommen. 

Der Vorsitzende Dr. Schneller glaubt, die Behandlung 
von Tagesfragen werde sich von selbst ergeben, besonders in 
dem engeren Kreise der Section, und theilt mit, dass bereits 
Dr. v. Khautz einen Vortrag über Canalisation, Dr. Haller 
über Ozon angemeldet haben. 

Dr. Hein. Wenn sich die Nothwendigkeit, ein Comite 
niederzusetzen, heraussteilen wird, so kann dies später immer 
noch geschehen. 

Dr. Löf fl er. Die Section soll sich weniger mit theoretisch- 


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wissenschaftlichen, sondern vielmehr mit actuellen Fragen 
befassen. An Stoff werde es nicht fehlen. 

Dr. Kapper warnt davor, grosse Fragen in Angriff zu 
nehmen; z. B. die Canalisation in Wien; über dieselbe sei schon 
so viel geschrieben und gesprochen worden, ohne dass es einen 
Erfolg gehabt hatte. Man soll sich lieber mit kleineren Fragen 
beschäftigen. 

Dr„ Polak tritt dem Vorredner entgegen; die erwähnte 
Frage sei allerdings nicht abgeschlossen, sie werde es auch 
niemals seih, und man müsse sich daher begnügen, sie gefördert 
zu sehen. 

Dr. S p itz m ü 11 e r. Es wäre am einfachsten, die Vorträge 
in der Reihenfolge ihrer Anmeldung abhalten zu lassen. 

Dr. Kraus zieht seinen Antrag zurück. 

Es wird hierauf beschlossen, dass die Sectionssitzungen 
regelmässig am ersten Mittwoch einesjeden Monats 
stattfinden sollen. 


Aus dem Unterstützungs-Institute. 

In der Sitzung des Ausschusses, welche am 15. October 
unter dem Vorsitze des Vice Präsidenten Dr. Hopfgartner 
in Anwesenheit des Secretärs Dr. Reitter, sowie der Aus¬ 
schussmitglieder, der DDr. Gerstel, A. Grube r, O.-S.-R. 
Nusser, Popper, M.-R. Preyss, Scheff und Wollner 
stattfand, berichtet der Vorsitzende, dass der in der vorigen 
Sitzung mit einer Aushilfe bedachte Dr. J. S. aus der Provinz 
seinen Dank ausspricht, ferner dass ein mehrjähriger Pensionär des 
Institutes und der Prof. Dr. Carl von Patruban, welch’ Letzterer 
dem Institute als Gründer angehörte, gestorben seien. Diese 
Mittheilungen wurden zur Kenntniss genommen und die An¬ 
wesenden ehrten das Andenken der Verstorbenen durch Erheben 
von ihren Sitzen. —Weiter theilt der Vorsitzende mit, dass Herr 
Regierungsrath Dr. v. Vivenot anlässlich .der ihm zn seinem 
Doctor-Jubiläum gewidmeten Adresse eine Silber-Renten-Obli- 
gation im Betrage von 100 fl. und M. R. Dr. Preyss anläss¬ 
lich der ihm am Tage seines vollendeten 70. Lebensjahres dar- 
gebrachten Ovation eine Noten-Renten-Obligation von 100 fl. 
dem Unterstützungs-Institute gespendet haben. Beiden Spendern 
wird der Dank des Institutes ausgesprochen und die Ausferti¬ 
gung des üblichen Dankschreibens beschlossen. 

Hierauf beantragt Herr Secretär die Aufnahme nachbe¬ 
nannter Herren Collegen in das Institut, nachdem dieselben 
schriftlich darum angesucht und den Aufnahmsbedingungen ent¬ 
sprochen haben: a) Dr.Heinrich Kink aus Graz, dessen Gesund 
heit und Erwerbsfähigkeit von zwei Grazer Aerzten, den DDr. 
Ninaus und Steiner durch legalisirte Unterschriften bestätiget 
ist, b) Dr. Vincenz L ä u f e r in Wien (mit Gesundheitszeugnissen 


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der Professoren DDr. Stork und Chrobak), c) Dr. Victor K1 e s s 
in Wien, dessen Gesundheit und Erwerbsfähigkeit die DDr. 
Wimmer und Stenzl bestätigen. — Alle drei wurden einhellig 
aufgenommen. 

Unterstützungen wurden bewilligt: a) der Witwe des am 
28. Sept. 1. J. in einem ungarischen Städtchen verstorbenen Mit¬ 
gliedes Dr. Sp., deren Witwenstand und Armuth durch obrig¬ 
keitliche Documente nachgewiesen wurden (gestützt auf §. 9 der 
Statuten) 300 fl., b ) dem seit mehreren Jahren quartaliter unter¬ 
stützten Dr. F. abermals 75 fl., c) dem durch Monate schwer 
erkrankt gewesenen Mitgliede Dr. V. F. in Wien 300 fl. 

Auf das von Dr. A. Gr über vorgetragene Ansuchen eines 
Pensionärs, diesem die dauernd zuerkannte Aushilfe mit monat¬ 
lich 25 fl., statt in halbjährigen Raten per 150 fl. auszubezahlen, 
wird — weil gegen §. 8 al. 2 der Statuten — nicht eingegangen. 

Anfangs dieses Monats übersendete Herr Dr. J. NT. Schück in 
St. Veit nebst einer freundlichen Zuschrift, in der er die erspriess- 
liche Wirksamkeit des Institutes voll anerkennt, eine Notenrenten- 
Obligation von 100 fl. als Spende für den Stammfonds, was wir, da 
wohl nicht sobald wieder eine Ausschusssitzung stattfinden dürfte, 
hiermit vorläufig zur Kenntniss bringen. 


Literarische Anzeigen. 

Statistik des Sanitäts wesens der im Reichs rathe vert retenen 
Königreiche und Länder nach den für das Jahr 1876 vor¬ 
gelegten Berichten, bearbeitet von A. Killiohes. Heraus¬ 
gegeben von der k. k. statistischen Central-Commission. 
Wien, aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei. 1880. Kl. Fol. S. XXXV 
und 203 S. Tabellen. 

In dieser vor wenigen Monaten erschienenen Statistik sind zum ersten 
Male auch die auf Dalmatien bezüglichen Daten veröffentlicht, welche in den 
früheren Jahrgängen (1873—1875) unberücksichtigt bleiben mussten, weil 
manche Schwierigkeiten, die sich der Erlangung verlässlicher Daten aus 
diesem Kronlande entgegenstellten, erst nach längerer Zeit behoben werden 
konnten. Der tabellarischen Darstellung nach den einzelnen Kronländern geht 
ein einleitender Bericht voraus, in welohem die, das Sanitätswesen betreffenden 
statistischen Angaben für ganz Cisleithanien summarisch zusammengestellt sind. 
Er beginnt mit der Zahl der im Jahre 1876 bestandenen Krankenhäuser, 
deren Bettenzahl und der Zahl der im Laufe des Jahres darin behandelten 
Kranken sowohl an und für sich als im Verhältniss zur Bevölkerung. Ein¬ 
zelne Krankheiten wie Syphilis, Tuberoulose u. a. m. werden eingehend 
berücksichtigt und ihr Verhältniss zur Qesammtzahl der Krankheiten in Per- 
centen nachgewiesen und zwar nicht nur summarisch, sondern auch in den 
einzelnen Ländergebieten — und da finden wir enorme Differenzen , die zum 
tiefsten Nachdenken darüber auffordern. So ist das Verhältniss der an Syphilis 
Behandelten zu den Gesammtkrankenstande in allen Kronländern nur 8*79 
Peroent, während es in der Bukowina 23*42 Percenfc, in Tirol dagegen nur 
1*75 beträgt. Aehnlioh verhält es sich auoh mit den Tuberculosen, deren in 
sämmtlichen Spitälern zusammen 6-13 Percent des Gesammtkrankenstandes 
behandelt wurden, und zu denen das wegen seines Klima’s gepriesene Görz 
und Gradi8ca 11*90 Percent lieferte, während in dem rauhen Salzburg nur 
1*73 Vorkommen. Niederösterreich mit Wien überschritt bei ersteren das 
Durohschnittspercent nur um einige Hundertstel (9*32) und ist auch in Bezug auf 


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letztere (8*08) nicht so gefährlich, als es verschrieen. Weiter werden in 
gleicher Weise die Irren-, Gebär- und Findelanstalten, die Findlinge, Taub¬ 
stummen-, Blinden- und Impf-Institute, Curorte und die Cretinen behandelt. 
Zum Schlüsse wird noch anf jene Taubstumme und Cretinen hingewiesen, 
welche in Taubstummen-Instituten und Yersorgungshäusern nicht untergebraoht 
waren und von den Gemeinden erhalten werden. Es sind deren 19.508! 
Dem Sanitätspersonale ist ein bssonderer Abschnitt gewidmet, woraus za 
ersehen ist, dass im Jahre 1876 in dieser Reichshälfte 4384 Med. Doctoren 
und 8179 Wundärzte ärzfcliohe Praxis ausübten, und dass im letzen Decennium 
(1867—1876) Erstere sich um 30 Percent vermehrten, während Letztere um 
11*6 Percent abnahmen, die Gesammtzabl beider Categorien zusammen aber dooh 
wuchs. Ihre Zahl war im Yerhältniss zu den Einwohnern im Allgemeinen um 6U 
wohl genügend, aber auf die einzelnen Ländergebiete vertheilt, ergibt sich, 
dass manche derselben wirklioh Noth an Aerzten haben, während diese in 
anderen Gebieten überwuchern Um sich davon zu überzeugen, braucht mau 
nur einige Extreme neben einander zu betrachten.. So z. B. haben in Triest 
und seinem Gebiete mit 0 8 Quadratkilometer Flächenraum je 1256 Einwuhner 
einen Med. Doctor, dagegen müssen sich in Galizien mit einer Ausdehnung 
von 98*4 Quadratkilometer 12,015 Bewohner mit einem Doctor begnügen. 

Die folgenden Abschnitte geben höchst interessante Details über die 
verschiedenen Todesarten, Einderbewahranstalten und Kindergärten, Versor- 
gungsanstalten und Armeninstitute, aus weloh letzteren wir erfahren, dass von 
einer Bevölkerung von etwas über 20 Millionen während des in Rede stehenden 
Jahres 172,409 Arme mit einer Summe von nahezu 3 Millionen Gulden vom 
Staate unterstützt werden mussten. 

In einem Anhänge ist der Stand der Irrsinnigen naohgewiesen, die 
ausser den Irrenanstalten in den Gemeinden leben. Es sind deren 14,850, so 
dass auf je 100.000 Einwohner 73 Irrsinnige kommen, von denen etwas mehr 
als die Hälfte an Blödsinn litten. 

In derselben Anordnung wie in der Einleitung werden in den Tabellen 
die Ergebnisse der Statistik der einzelnen Gebiete der Länder und Gemeinden 
auf das genaueste zusammengestellt und diese Zusammenstellungen für je ein 
Kronland summarisch recapitulirt Die Tabellen beginnen mit der Aufzählung 
der Krankenanstalten und der in jeder derselben behandelten Krankenzahl 
(Tab. 1—23), der eine Uebersicht der häufigsten und wichtigsten Krankheits¬ 
formen, der aus der Behandlung in Abgang gekommenen Individuen in jedem 
einzelnen Spitale nebst einer summarischen Reoapitulation, nach je einem 
Kronlande (Tab 24—41) folgt. Aus diesen Andeutungen allein und mit Berück¬ 
sichtigung des Raumes, den diese Ziffern in Anspruch nehmen, kann man auf 
die Sorgfalt sohliessen, mit der diese Zusammenstellungen gemacht wurden. 
In gleicher Weise wird auch mit den übrigen in der Einleitung im allgemeinen 
besprochenen Institute vosgegangen. Yon besonderem Interesse dürfte die Yerthei- 
lung des Sanitätspersonales nioht nur in den einzelnen Ländergebieten, sondern 
auch in den politischen Bezirken derseben sein. Aerzte und Wundärzte 
erscheinen da vollkommen getrennt, diese sind beide wieder je naoh ihren 
Graden besonders aufgezählt, und in angestellte und nioht angestellte geschieden. 
Yon der Gesammtzahl der in Cisleithanien praktioirenden 4384 Med.-Doct. 
sind mehr als die Hälfte theils vom Staate, dem Lande, Bezirken, Gemeinden, 
Körperschaften oder Privaten angestellt, so dass nur 2102 allein auf ihre Praxis 
angewiesen sind, von denen sioh in Niederösterreich (mit Wien) 826 befinden, 
also fast noch einmal soviel als in Böhmen (mit Prag), wo deren nur 431 sind. 
Die meisten angestellten Doctoren 232 von 352 der Gesammtzahl hat Tirol, 
was leioht erklärlich, weil dort das Institut der Gemeindeärzte bereits durch¬ 
geführt ist, während in den übrigen Ländergebieten nur an vereinzelten Orten 
solche existiren. 

Je mehr man sioh in das Studium dieser Statistik vertieft, um so an¬ 
ziehender wird es, denn es deokt viele Uebelstände auf, denen man bei einiger- 
müssen gutem Willen leioht abhelfen könnte. Bewundernswert!! ist derFleiss, 
die Mühe und Sorgfalt, die auf diese Statistik verwendet wurden, und es 


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gereicht der Staatsdruckerei zur Ehre, ein so mühevolles Werk auch in 
würdigster Weise ausgeätattet zu haben. Pr. 

Im Verlage der Manz’schen k. k. Hof- und Universitätsbuohhandlung 
ist vor Kurzem der 20 Band der Taschenausgabe der österreichischen Gesetze 
(Duodez, S. 375) erschienen. Derselbe enthält: Die Gesetze zur Abwehr 
und Tilgung ansteckender Thierkrankheiten und der Binder¬ 
pest; das Desinfeotionsgesetz für Eisenbahnen und Schiffe 
und die Vollzugs Vorschriften zu diesen Gesetzen. Daran reiht 
sich eine eingehende Darstellung aller in diesen Gesetzen ent¬ 
haltenen Thierseuchen für Commissions- und Staatsprüfung»- 
zwecke von Dr. J. Lechner, k. k. Professor am Thierarznei-Institute. 

Der Verfasser, der während seiner früheren thierärztlchen Thätigkeit 
im k. k. Heere, in der Militärgestütsbranche und insbesondere als Landes- 
Thierarzt in Salzburg in Thierseuchen-Angelegenheiten zu interveniren 
hatte, ist wohl am meisten berufen, innerhalb des Kähmens dieser Gesetze 
und auf wissenschaftlicher Basis, einerseits den Thierärzten für die Zwecke der 
Commissionirung bei Thierseuchen einen umfassenden Behelf, andererseits den 
Aerzten, welohe sich der Staatsprüfung für den Öffentlichen Sanitätsdienst zu 
unterziehen haben, ein geschlossenes Ganzes zu § 9, Punkt 5 der Ministerial- 
Yerordnung über dieses Staatsexamen, zu bieten. Doch nicht nur für diese 
allein ist dieses Buch von Werth, sondern es wird auch die eingehende Dar¬ 
stellung der in den Gesetzen enthaltenen Thierseuchen auoh als unentbehr¬ 
liches Vademeoum für Landwirthe und Pferdebesitzer von grossem Nutzen 
sein, denn es behandelt die Aetiologie, Verbreitungsweise, Tenazität des Virus, 
Inoubationsdauer, Symptome, Verlauf und Ausgang, Diagnose, Prognose, 
Prophylaxis und Therapie aller dieser ihnen so naohtheiligen Seuchen, durch 
die nioht selten grosse Vermögen erschüttert, kleine ganz zu Grunde gerichtet 
werden. Gleichzeitig ist bei jeder derselben betreffs der Uebertragung auf die 
Menschen das nöthige angeführt. In einem Anhang ist überdies die vom 
Ministerium angeordnete Belehrung (vom 26. Mai 1864, R.-G.-B. N. 132) 
über die nöthigen Vorsichtsmassregeln und Mittel, um den Ausbruch der 
Wuth bei Thieren und der Wasserscheu bei Menschen zu verhüten; eine 
populäre Belehrung über die Rinderpest und das Verhalten gegen dieselbe 
sowie sohliesslioh das Gesetz über die Rinderpest für die Länder der ungari¬ 
schen Krone (XX. Gesetzartikel von 1874) aufgenommen. Der Inhalt dieses 
Werkes ist somit ein reicher, die Anlage desselben eine leicht übersichtliche, 
der Druck oorrect und die Ausstattung sehr anständig. Pr. 


Notizen. 

Das künftige Stadtphysikat. Die Sanitätsseotion des Gemeinderathes 
hat in ihrer vorwöchentlichen Sitzung über Antrag des Referenten Dr. Kerneoker 
in Betreff der zukünftigen Gestaltung des Stadtphisikates folgende Beschlüsse 
gefasst: 1) Die durch O.-S.-R. Dr. N u ss e r’s Pensionirung erledigte Steile sei nicht 
mehr zu besetzen. 2) Die Sanitätspflege solle in Hinkunft nur mehr von 
einem Stadtphysikus geleitet werden, der an der Spitze der communalen 
Sanitätsorgane zu stehen habe. 3) Stadtphysikus Dr. Innhauser habe diese 
Stelle provisorisch zu versehen, die Agenden des Dr. Nuss er zu übernehmen 
und dieselben mit der bestehenden Instruction für die Stadtphysiker zur 
Durchführung zu bringen. 4) Der Herr Bürgermeister sei zu ersuohen, im 
Bedarfsfälle eine Hilfskraft aus dem Stande der städtischen Aerzte dem Stadt¬ 
physikus zur Verfügung zu stellen, jedooli wäre darauf Rücksicht zu nehmen, 
dass der betreffende Arzt die Physikatsprüfung abgelegt habe. 5) Der Magistrat 
sei mit der Durchführung dieser Beschlüsse zu beauftragen und habe Bericht 
zu erstatten, wie und auf welche Weise und unter welchen Cautelen die An¬ 
stellung des zukünftigen Stadtphysikus zu gescheheu hätt \ 

Die zur Regelung des Local-Sanitätsdienstes eingesetzte Commission 
hat am 8. d. M. unter dem Vorsitze des Vicepräsidenten der k. k. Statthalterei, 
Ritter v. Kutsohera, ihre erste Berathung gepflogen. Nach kurzer Debatte 
wurde beschlossen, ein Suboomitö zu wählen, welohes einen Entwurf für 


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diese wichtige Angelegenheit yorzulegen hat. In dieses Comitö wurden gewählt 
die Herren: Stattbaltereiräthe Ritter v. Krticzka und Ritter v. Karajan, 
Regierungsrath Hyrtl, die Gemeinderäthe Dr. Lueger und Dr. Kerneoker, 
Magistratsrath Lekiseh, SanitÜtsrath Dr. Inn haus er und Armenarzt Dr. 
Kienast. Als zweiter Gegenstand kam die nothwendige Regelung der Be¬ 
züge der ArmenSrzte auf die Tagesordnung. Als künftige Besoldungsnorm 
wurden die Betrüge von 600 fl. bis 1200 fl. bestimmt; es sind jedooh die 
hiezu berufenen Behörden: das Ministerium des Innern, die Statthalterei, der 
Gemeinderath namens des Versorgungsfonds bezüglich der Beitragsleistung ins 
Einvernehmen zu setzen und hat das Subcomitö in Betreff der Eintheilung 
der bestehenden Armenärzte in die Gehaltsstufen nach einem Termine von 
längstens 14 Tagen Berioht zu erstatten, damit die Armenärzte sofort in den 
Genuss ihrer erhöhten Bezüge treten können. 

Auszeichnungen. Der Hof- und Gardearzt, Stabsarzt Dr. Johann von 
L&nyi wurde von Sr. Majestät dem Kaiser zum Leibohirurgen ernannt. — 
Der Director der Privatheilanstalt im Dianabade in Wien, Dr. Anton Loew, 
erhielt die Decoration des kaiserl. russischen rothen Kreuzes. 

Pensionirungen Dr. Theodor Juri6, seit 42 Jahren Primararzt im 
städtischen Versorgungshause und Präses der Witwen- und Waisen Societät 
d. Wr. med. Doct.-Coll., ist um seine Pensionirung als Primararzt eingekommen. 
Ebenso hat auch Stadtphysicus Dr. Innhauser, der aus Gesundheitsrück¬ 
sichten unter keiner Bedingung mehr auf seinem Posten ausharren will, definitiv 
um seine Pensionirung angesucht. 

Wohnungs-Veränderungen. Prof. Dr. Moriz Kaposi wohnt jetzt IX. 
Alserstrasse 28. (Ordinirt 1—3). — Primararzt Dr A. Ritter v.Hüttenbrenner 

I. Rauhensteingasse 1. — Dr. Bernhard Kraus, Redacteur d. Allgemeinen 
Wr. med. Zeitung, I. Wollzeile 3 — Dr. Hermann Braun I. Elisabethstrasse 12. 
(Ordinirt 3—4.) — Dr. Josef Weiss I. Wipplingerstrasse 20. — Dr. Nioolans 
Schmidt, IV. Carolinengasse 18. — Dr. Theodor Juri4 I. Bellariastrasse6. — 
Dr. Ign. Mühlrad I. Franz Josefs-Quai 25. — Dr. Josef Maohold III. Hanpt- 
stra88e33. — Dr. Lorenz Huber übersiedelt als Bahnspitalsarzt nach Klosterle 
in Vorarlberg. 

Sterbefall. Dieses Blatt war schon unter der Presse, 
als wir die betrübende Nachricht erhielten, dass Professor 
Dr. v. Dum reicher am 16. d. auf seinem Oute Janusehowetz 
in Croatien gestorben ist. _ 

Section für- öffentliche Gesundheitspflege. 

Sitzung, Mittwoch den 1. Deoember 1880, 7 Uhr 
Abends in der Kanzlei des Collegiums. 

Programm: 

1. Wahl des Obmannstellvertreters. 

2. Die Canalisationsfrage Wiens, von Herrn Dr. A. Khautz von Eulenthal. 
_ Dr. Schneller , Obmann. , 

Einladung 

zu der am Montag den 22. November, Abends 7 Uhr. im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), I., Sonnenfelsgas9e 23, 

stattfindenden 

Wissenschaftlichen Versammlung. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken. 

2. Ueber Einklemmungs-Erscheinungen bei Entzündung leerer Bruchsäcke. Vor¬ 
trag vom Primararzt und Docenten Herrn Dr. Josef Englisch. 

3. Geber eine seltene Form von Communication der Herzventrikel. Vortrag vom 
Docenten und Prosector Herrn Dr. Hans Chiari. 

4. Demonstration eines Dracunculus medinensis von Herrn Pr. 
Demetrius Z o n t i d e 8. 

Dr. Brey 89 , Vice-Präsident. Dr. Karl Reitter , Secretär. 

Herausgeber und Verleger : Wiener medioin. Doot.-CJoll. — Verantwortlicher Redaoteur. 
l)r. Xi. Hopfgartner. — DeaeUaohafts-Buohdruokerei, Wien, 111. Erdbergerstraaaa 8. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 2. December 1880. JVr. SO 


[TTHEILÜNGEN 


des 

ffienflr gijjtjjjjglji DoctoNjhGjHBflmas. 

Braoheiot jeden «weiten Donnerstag ein halber bis ein ganser Bogen and darüber, an 
10 Bogen im Jahre. — Gansjähriges Abonnement für Niohtmitglieder des Collegiums im In¬ 
land« 8 fl., naph dem Aaslande 6 Mrk. — Binseine Nummern 26 kr. == 60 Pfg. - Inserate 
16 kr. = 30 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplits de Denticke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zuckriftea und Zusendungen an die Eedaetion: Wien, Kanilei des Wiener med* 
Doet.-Coll. and der Witwen- nnd Waisen-SeeietSt, ftothenthnrmstrasse 23. 


Inhalt: Wissenschaftl. Versammlung am 22. November: Vortrag des Herrn Primararztes und 
Docenten Dr. Englisch über Einklemmungs-Erscheinungen bei Entzündung leerer Bruch- 
sloke. Dr. Zondites : Demonstration eines Falles von Filaria medinensis. — Aus dem Geschäfts- 
rsthe. — Prof. Dr. Johann v. Dumreicher. f — Notizen. — Einladung. — Promemoria. 

Wissenschaftliche Versammlung am 22. November. 

Vortrag des Herrn Primararztes und Dooenten Dr. Englisch. 

Ueber Einklemmungs-Erscheinungen bei Entzündung leerer 

Bruchsäcke. 

Der Vortragende hat theils aus der Literatur, theils aus eigener 
Erfahrung 40 Fälle von Entzündung leerer Bruchsäcke zusammen¬ 
gestellt, in deren 30 die Hemiotomie gemacht wurde u. zw. 
„wegen Andauer der Incarcerations-Erscheinungen“. Der eigenen 
Erfahrung entnahm er 6 Fälle, 4 Weiber und 2 Männer; bei 
erßteren betraf es durchaus Cruralhernien, von den Männern 
einmal eine Leistenhernie und einmal eine Hernie nahe der 
Linea alba, oberhalb des Leistenkanals. Von den Weibern wurden 
2 operirt, von den Männern ward der eine von seinem Bruche 
durch Excision des Bruchsackes radieal befreit, der andere nicht 
operirt. 

E. entwickelt nun die verschiedenen Formen von Bruchsäcken, 
wie man sie bei vollkommener oder unvollkommener Obliteration 
an der Bruchpforte beobachtete, das Bestehen zweier Bruchsäcke 
neben oder in einander, das Erliegen eines Testikels im Leisten¬ 
kanal unter Bildung einer Vorstülpung des Peritoneums u. s. w., 
und macht hiebei auf die jedesmaligen Vorkommnisse bei einer 
etwaigen Operation aufmerksam. 

Kommt es infolge eines Reizes, zumeist eines Trauma, zur 
Entzündung der vorgelagerten Partie des Bauchfelles, so treten, 
wenn auch der Bruchsack vom Darm oder Netz frei ist, fast 
alle Erscheinungen einer Incarceration ein. Es stellt sich vorerst — 
zumeist plötzlich — einheftiger Schmerz an der Geschwulst 
ein, die rasch an Volumen zunimmt und prall gespannt ist. 

^Nurin wenigen Fällen dieser Art vergrösserte sich die Geschwulst 


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allmälig und langsam; zumeist sagen die Kranken aus, dass die 
Vergrösserung rasch vor sich gegangen sei. 

Als differentialdiagnostisches Moment bezüglich der Aus¬ 
breitung dieses Schmerzes gibt nun der Vortragende an, dass 
bei einer wahren Incarceration die grösste Intensität des Schmerzes 
in die Gegend der Bruchpforte verlegt werde, und dass sich 
der Schmerz sodann nach aufwärts gegen die Bauchhöhle fort¬ 
setze, während bei einer Entzündung des leeren Bruchsackes 
sich die Empfindlichkeit und der Schmerz auf das vorgelagerte 
Peritoneum sehr rasch ausbreite, dort anhalte und an der Bruch- 
pforte sogar weniger intensiv sei; — doch ist dieses Kennzeichen, 
wiewohl als solches höchst beachtenswert!^ weder für alle Fälle 
noch bei längerem Bestände der Entzündung überhaupt zutreffend. 
Entscheidender ist schon der Zustand der die Geschwulst be¬ 
deckenden Haut. Wenn keine gröberen Repositionsversuche 
gemacht wurden, so erscheint die Haut über einer incarcerirten 
Hernie unverändert, leicht verschiebbar und dies sogar bei tage¬ 
langem Bestände der Einklemmung; bei entzündetem Bruchsacke 
jedoch tritt bald eine entzündliche Infiltration des Unterhaut¬ 
zellgewebes ein, die Haut erscheint schon nach 10 Stunden 
geröthet, nach 24—48 Stunden an die Unterlage adhärirend, 
nicht verschiebbar. 

Das Erbrechen ist selten charakteristisch. Es soll bei 
der Entzündung leerer Brucksäcke bald völlig aufhören; doch 
kamen auch gegenteilige Beobachtungen vor, sogar Fälle, in 
denen es sich auch hier stetig steigerte. Dasselbe gilt von der 
Stuhl verhal tung. Wiewohl in diesen Fällen die Wegsamkeit 
des Darmes mechanisch gar nicht gestört ist, so sind auch 
welche verzeichnet, in denen trotz wiederholter Application voa 
Klistiren und durch den Mund eingenommener Abführmittel keine 
Stuhlentleerung erfolgte, ja sogar nicht einmal Gase abgingen. 

Die Beschaffenheit der Geschwulst selbst, der Grad 
ihrer Spannung, die Fluctuation, ihr Durchscheinen geben 
gleichfalls kein unterscheidendes Merkmal ab. Wohl solle man 
es nicht unterlassen, das Durchscheinen des Sackes zu prüfen 
(Netz oder Darm geben die dunklen Partien des Bruchsackes 
ab), doch solle man nicht darauf bauen, da der wassergefüllte 
Darm auch durchscheinend sei, aber die incarcerirten Theile 
treten nie so tief herab u. s. w. 

Weiters gilt als unterscheidendes Merkmal der Umstand, 
dass bei einem entzündeten leeren Bruchsacke, bei offener 
Communication, die Geschwulst verkleinerbar sei, so dass 
endlich die Gesammtflüssigkeit in den Bauchraum trete; doch 
hat der Vortragende in seinen Fällen dies nicht vermocht, trotz 
dem, dass die Bruchpforte offen war. Es findet entweder an der 
Bruchpforte eine rasche Verklebung statt, oder was wahrschein¬ 
licher ist, es entsteht daselbst durch Dehnung des Sackes zur 
Kugelform eine Art Klappe (Roser), wodurch die Bauchhöhle 


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verschlossen wird. Entfernt man einen Theil der angesammelten 
Flüssigkeit durch Punction, so gelingt es zuweilen, den Rest 
zurückzudrängen, resp. sogar ein vorgefallenes Darmstuck zu 
reponiren, was für die Richtigkeit der Roser’schen Klappen- 
Theorie spricht. 

Schliesslich wären noch die Tempera turmessungen 
zu erwähnen, die gerade hier einen gewissen Anhaltspunkt zur 
Differential-Diagnose von eingeklemmten Brüchen geben; bei 
letzteren steigt die T. spät, oft erst am 3. oder selbst erst am 
5. Tage; bei entzündeten Bruchsäcken sehr früh, um so früher, 
je mehr subperitoneales Bindegewebe mitergriffen ist. 

Die weitaus grösste Zahl der entzündeten Bruchsäcke 
betrifft das weibliche Geschlecht (27 : 12 der Fälle E.'s), was 
darauf zurückzuführen ist, dass bei Weibern die Curalhernien 
häufiger Vorkommen und dass bei solchen Brüchen wieder die 
Entzündungs - Symptome häufiger in die Erscheinung treten 
als bei Leistenbrüchen. 

Kein einziges Symptom hat sich demnach als solches er¬ 
wiesen, welches für sich allein in allen Fällen die Diagnose 
sichern könnte. Einzelne Merkmale bringen uns der richtigen 
Diagnose näher und erst deren Zusammentreffen gestattet eine 
solche bis zu einer gewissen Sicherheit: die Geschwulst soll 
allmälig an Grösse zunehmen, von bald eintretenden Entzündungs 
erscheinungen der Haut und des Unterhautzellgewebes begleitet 
sein; die Schmerzhaftigkeit sei am vorliegenden Theile am 
intensivsten, oder steigere sich an diesem rascher als nach ein¬ 
wärts hin; sie soll vollständig durchscheinend und verkleinerbar 
sein und dabei soll die Entleerung des Stuhles, resp. der Gase 
unbehindert vor sich gehen. Bezüglich des letzterwähnten Punktes 
macht Dr. Englisch noch darauf aufmerksam, dass man mit dem 
Irrigator keine Luft in den Darm einpumpe, um nicht durch ihr 
Wiederabgehen irregeführt zu werden. Irrthümer in der Diagnose, 
die hier den grössten Chirurgen passirten, werden sich wohl 
auch ferner ereignen: wünschenswert bleibe es jedoch, die 
Diagnose in jenen Fällen richtig zu stellen, in denen dies 
möglich war. 

* * 

* 

Nach diesem mit allseitigem Beifall aufgenommenen Vor¬ 
träge demonstrirte Herr Dr. Demeter Zontides einen Fall 
von Dracunculus oder Filaria medinensis, welcher in Wien seines 
Wissens nur zweimal vorgekommen sein dürfte; der erste Fall kam 
auf der Klinik des Hofraths Prof. Dumreicher ungefähr vor zwei 
Jahren vor und soll nicht publicirt worden sein. Der zweite 
Fall ist der gegenwärtige. Er betraf einen jungen Kaufmann 
von 23 Jahren, welcher 8 Monate in Djidda (Arabien) gewesen 
ist und seit einem Jahre in Wien lebt. 

Als Dr. Zontides gegen Ende August d. J. zum ersten 
Male zum Kranken kam, klagte dieser über starke Schmerzen 


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am rechten Sprunggelenke: dasselbe war stark geschwollen, roth 
und heiss anzufühlen. Die Frage, ob er sich durch einen Fall, 
Stoss oder Schlag verletzt hätte, beantwortete er verneinend. 
3 Centimeter vor dem Maleolus inter., dem Eahnbein ent¬ 
sprechend, gegen den Fussrand war eine stecknadelkopfgrosse 
Oeffnung mit gezackten Rändern zu sehen, aus welcher bei 
Druck der Geschwulst kein Eiter, sondern ein wenig Serum 
hervorsickerte. 

Dr. Zontides hielt das Leiden für eine gewöhnliche 
Unterhautzellgewebsentzündung und da noch keine Fluctuation 
wahrzunehmen war, verordnete er dem Patienten Eisumschläge 
und empfahl ihm Ruhe bei erhöhter Lagerung der Extremität. 
Als er den Kranken am nächsten Tage wieder sah, fand er ihn 
etwas alterirt, da, wie dieser sagte, aus der vorhandenen Wund¬ 
öffnung „etwas Weisses“ hervorguckte, das wie ein Nerv aus- 
sah; er zog auch daran und riss ein Stückchen ab. Dr. Zon- 
tides untersuchte nun aus Neugierde auch die Wundöffnung 
und fand in der That darin etwas wie einen weissen Strang 
stecken; dies fasste er behutsam mittelst einer Pincette und fing 
an, es herauszuziehen, war aber nicht wenig überrascht, dass 
dieser vermeintliche Nerv noch kein Ende nahm, obwohl er 
eine Länge von etwa einem Meter erreichte, wie aus dem vor¬ 
gezeigten, in einem mit Weingeist gefüllten Glase conservirbn 
Präparate zu ersehen war. Zontides setzte mit dem Zuge 
einmal aus und sah, dass der weisse Strang anfing, sich zurück¬ 
zuziehen. Er packte ihn wieder mit der Pincette und zog so¬ 
lange daran, bis er endlich abriss. Dies geschah mit wachsender 
Angst des Kranken, welcher fürchtete, dass ihm wirklich ein 
Nerv herausgenommen werde. 

Dr. Zontides konnte sich keinen Begriff machen, um 
was es sich hier handle und als er dem Kranken sagte, das Ding 
sieht wie ein Wurm aus, da fiel diesem erst ein, der Arzt könne 
Recht haben, weil in der Gegend, wo er vor einem Jahre ge¬ 
wesen, viele Menschen den „Wurm“ haben. Jetzt war es klar, 
dass man es mit einem Parasiten zu thunhabe. Als Dr. Zontides 
am folgenden Tage den Kranken wieder besuchte, zeigte ihm 
dieser noch ein kleines Stückchen (das Schwanzende), welches 
er noch herausgezogen hatte. Patient consultirte zu seiner Be¬ 
ruhigung am selben Tage auchHerrn Prof. W e i n 1 e ch n er, welcher 
constatirte, dass man es mit einer Filaria medinensis zu thun 
habe und war über die seltene Erscheinung erstaunt. Die Höhle, 
in welcher der Parasite gehaust, war ungefähr 8 Cm. lang, 
3 Cm. breit. 

Der Kranke genas dann nach einigen Tagen vollständig. 
Zu bemerken ist noch, dass der Kranke schon früher vor mehreren 
Monaten an verschiedenen Stellen der betreffenden Extremität 
Schmerzen gefühlt hatte. 

Dr. J. E. Polak knüpft hieran folgende Bemerkung: 


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Der Medinawurm kommt in Persien nur im Tiefland nahe 
dem Persischen Golf vor. Soldaten, welche in einer Expe¬ 
dition dorthin geschickt wurden, kamen häufig daran leidend 
nach Teheran. In Bezug auf vorliegenden Fall sei der Ort des 
Vorkommens um den inneren Knöchel der gewöhnliche; doch 
seien zwei Punkte sehr bemerkenswerth: 1. dauert die Zeit 
der Incubation gewöhnlich circa sechs Monate, hier jedoch, 
selbst angenommen, dass er erst am letzten Aufenthaltstage in 
Dschidda inficirt wurde, fast ein ganzes Jahr. 2. Wenn wie in 
diesem Falle der Kopf abreisst (ein Umstand, welcher wegen 
secundärer Entzündungen sehr gefürchtet wird), so ist es sonst 
fast unmöglich durch Zug den Parasiten zu entfernen. Die 
leichte Nachgiebigkeit schreibt Dr. P. dem Umstande zu, dass län¬ 
gere Zeit Eisumschläge angewendet wurden, welche den Körper 
widerstandslos machten, gerade so wie dieses auch durch Anwen¬ 
dung von Aether und Quecksilbersalbe gelingt. Noch sind zwei 
Umstände zu berücksichtigen: a) bekanntlich ist der Nematode 
entweder in Schneckenwindungen aufgerollt oder liegt er zumeist 
gestreckt; nach Angabe des Dr. Zontides scheint dieser hier 
aufgerollt gewesen zu sein, b ) In Persien unterscheidet das Volk 
einen männlichen kleinen und einen weiblichen langen Wurm: 
doch wissenschaftlich wurde nie ein männliches Individuum auf¬ 
gegriffen. Nun finden sich zwar äusserst selten Fälle, wo in 
einem Convolut nebst dem langen auch oft über 20 kleine Exem¬ 
plare eingenistet sind, wie Clot Bay einen solchen Fall be¬ 
schreibt. Könnte es nicht möglich sein, dass die kleinen Thiere 
Männchen wären? Bei künftigen Untersuchungen wäre das 
Augenmerk darauf zu richten. 

Es ist ferner eine Erfahrung, dass vermögende Leute sel¬ 
tener als arme afficirt werden. Wenn wir auch annehmen, dass 
der Nematode sich durch Verschlucken von Eierchen oder durch 
Uebertragung bei Insectenstich entwickelt, so sind Reichere 
durch Genuss von besserem filtrirten Trinkwasser und durch 
Schutz gut deckender Kleider immer im Vortheil. 


Aus dem Geschäftsrathe. 

In der am 27. October unter dem Vorsitze des Viceprä- 
sidenten M.-R. Dr. Preyss stattgehabten Sitzung, an welcher 
Vicepräsident Dr. Hopfgartner, Secretär Dr. Reitter und 
15 Mitglieder des Geschäftsraths theilnahmen, wurde über An¬ 
trag des Secretärs Herr Dr. Leopold Riegler, praktischer Arzt 
in Wölkersdorf, einstimmig als Mitglied in das Collegium auf¬ 
genommen. 

Secretär theilt mit, a) dass vom k. k. Ministerium des 
Auesseren ein in sehr verbindlichen Worten gehaltenes Schreiben 
eingelaufen ist, in welchem dem Collegium der Dank ausge* 
sprochen wird, ein Referat bezüglich des vom k. k. Regiments- 


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arzt Dr. Weissbach verfassten „Berichtes über das k. und k. 
österreichisch - ungarisohe Nationalspital in Constantinopel“ in 
die „Mittheilungen des Wr. med. Doct.-Coll.“ aufgenommen zu 
haben, 6) dass die Direction des Krankenhauses „Rudolfs¬ 
stiftung“ den Jahresbericht dieser Anstalt vom J. 1879 für die 
Bibliothek des Collegiums eingesendet habe; c) dass Herr Anton 
Fischer um Verlängerung des ihm verliehenen Genusses vom 
Juschitz’schen Stipendiums auf die Dauer eines weiteren Jahres 
bittlich eingeschritten sei. — Ueber Antrag des Superintendenten 
O.-S.-R. Dr. Schneller wird die nachgesuchte Prolongation 
einstimmig bewilligt. 

Nun sollte ein Antrag Dr. Spitzm üller’s, dahin zielend, 
dass der deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege, welcher 
nächsten Herbst in Wien tagen solle, vom Collegium in ent¬ 
sprechender Weise empfangen werde, zur Disoussion gelangen, 
da aber der Antragsteller durch Krankheit verhindert war, an 
der Sitzung theilzunehmen, und Dr. Hopfgartner betont, dass 
derselbe bei der Abstimmung über seinen Antrag anwesend zu 
sein wünsche, wurde beschlossen, denselben auf die Tagesordnung 
einer späteren Sitzung anzusetzen. O.-S.-R. Dr. Schneller 
hebt hervor, dass der Deutsche Verein für öffentliche 
Gesundheitspflege bereits sehr viel Erspriessliches geleistet 
habe und constatirt, daran anknüpfend, dass die Förderung der 
öffentlichen Gesundheitspflege im Allgemeinen und speciell auch 
bei uns in der letzten Zeit eine Tagesfrage geworden, der sich 
die weitgehendsten Kreise — hauptsächlich und als Kernpunkt 
natürlich Aerzte und ärztliche Corporationen — bemächtigt haben. 
Diese Thatsache vor Augen haltend, bringt O.-S.-R Dr. Schnel¬ 
ler einen, wie er sagt, schon längst geplanten Antrag zum 
Ausdrucke, der dahin lautet, dass sich im Schoosse des Col¬ 
legiums eine Section für öffentliche Gesundheitspflege bilde, der 
alle Collegiumsmitglieder, die sich dafür interessiren, beitreten 
können. Die Section hätte etwa einmal monatlich zusammen¬ 
zutreten, könne sich mit Ingenieuren, Bauverständigen, Beamten 
und anderen Sachverständigen u. s. w. blos mit berathen- 
der Stimme verstärken und hätte die betreffenden Tagesfragen 
zu discutiren. Die dabei ausgesprochenen Ansichten sollten dann 
in den „Mittheilungen des Collegiums“ veröffentlicht und weiteren 
Kreisen zugänglich gemacht werden. Auch beantragt Redner, 
ein fünfgliederiges Comite zu wählen, welches diesbezüglich 
vorbereitend zu wirken hätte. Diese Anträge, welche von den 
DDr. Scholz, v. Khautz, A. Gruber, Hopfgart ner und 
Winternitz lebhaft unterstützt waren, wurden einstimmig 
angenommen; ebenso auch der Antrag des Dr. Scholz, in 
den Mittheilungen an erster Stelle einen Aufruf zum Beitritt in 
diese Section für öffentliche Gesundheitspflege 
ergehen zu lassen. Nachdem Dr. v. Khautz noch versprochen, 
dass er die Vota der Section im Gemeinderathe thunlichst zu 


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unterstützen trachten werde, wurde zur Wahl des beantragten 
fünfgliederigen Comites geschritten und erscheinen die DDr. Hopf- 
gartner, v. Khautz, Löffler, Schiffmann und O.-S.-R. 
Dr. Schneller als Gewählte, die auch sämmtlich die Wahl 
annahmen. 


Professor Dr. Johann von Dumreicher f 


Immer mehr lichten sich die Reihen der hervorragenden älteren 
Mitglieder unseres Collegiums. Wenn wir die Listen der im zweiten 
Semester dieses Jahres bis jetzt aus unserer Mitte Entrissenen über¬ 
blicken, müssen wir mit dem Dichter klagen : „Fallen seh’ ich Zweig 
auf Zweig“ vom kräftigen Stamme des Collegiums. Voran Zsigmondy, 
dann Hebra, Patruban, Loebel und jüngst Dumreicher. 

Johann Dumreicher von Oesterreicher wurde in 
Triest am 13. Jänner 1815 als der Sohn eines dortigen Kaufmanns 
geboren. Sein Grossvater, welcher Präsident der obersten Justizstelle 
in Verona gewesen, war es, der sich vorzüglich die wissenschaftliche 
Ausbildung seines Enkels angelegen sein liess. Dieser besuchte das 
Gymnasium, sowie die philosophische Lehranstalt in Verona und 
vollendete seine Studien an der medicinischen Facultät in Wien, an 
der er am 31. December 1838 zum Doctor der Medicin promovirt 
wurde, bei welcher Gelegenheit er seine Inaugural - Dissertation 
„über Vereinigung der Medicin und Chirurgie“ ver¬ 
öffentlichte. Am 12. Februar 1839 wurde er Mitglied der medicini¬ 
schen Facultät in Wien. Während eines zweijährigen Operations- 
eurses machte er auch das Doctorat der Chirurgie und bildete sich 
unter Prof. v. Wattmann’s Leitung vollends zum Chirurgen aus, 
so dass er gegen Ende des Jahres 1840 zum Assistenten an der chirur¬ 
gischen Klinik ernannt wurde, in welcher Stelle er bis zum Jahre 1844 
verblieb , und sich dann als Docent für Chirurgie an der Wiener 
Universität habilitirte. Im Jahre 1846 wurde er Primararzt einer 
chirurgischen Abtheilung im allgemeinen Krankenhause und im 
Jahre 1849 ordentlicher Professor der Chirugie an der Wiener Hoch¬ 
schule, wo er durch 30 Jahre unermüdlich lehrte und wirkte. Nur 
vor zwei Jahren nahm er wegen zerrütteter Gesundheit — er litt 
seit längerer Zeit an einer Insufficenz der Aortenklappen, neben 
welcher als Folgen einer überstandenen Pneumonie eine partielle 
Hepatisation der Lunge bestand — einen mehrmonatlichen Urlaub, 
nach dessen Ablauf er seine Klinik und Lehramt wieder übernommen 
hat. Leider dauerte diese Thätigkeit nicht lange; das Uebel ver¬ 
schlimmerte sich und Dumreicher sah sich gezwungen, sich 
neuerdings für längere Zeit zurückzuziehen. In der Hoffnung, dass 
ein südliches Klima günstig auf ihn wirken werde , wollte er sich 
nach Italien begeben und verliess zu diesem Behufe Wien vor etwa 
sechs Wochen. Er änderte aber seine Reiseroute in der Hoffnung, 


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auf seinem Gute Jan uschowetz in Croatien vorerst Erholung zu 
finden. Er hütete da durch drei Wochen das Bett, und es trat 
wirklich eine Besserung ein, welche nachhaltig zu werden versprach 
und zu den günstigsten Hoffnungen berechtigte; diese haben sich 
jedoch leider als trügerisch erwiesen. Am 16. November 1880, 
Morgens 3 Uhr, trat der Tod plötzlich ein. Wenn man gleich lange 
darauf vorbereitet war, da über den traurigen Ausgang der Krank¬ 
heit Niemand in Zweifel sein konnte, so hat doch die Nachricht 
von dem Hinscheiden des geliebten Lehrers, ausgezeichneten Opera¬ 
teurs und gesuchten praktischen Arztes Collegen, Schüler und seines 
ärztlichen Käthes Bedürftige tief erschüttert und in Allen Trauer 
und grosse Betriibniss hervorgerufen. Sein Assistent, derzeit pro¬ 
visorischer Leiter der verwaisten Klinik, Dr. Nicoladoni, wid¬ 
mete dem Verstorbenen mit warm empfundenen Worten einen kurzen 
Nachruf, indem er dessen Bedeutung als Gelehrter, Lehrer und 
Arzt hervorhob, erwähnte, wie dieser stets bereit war, jungen, 
talentvollen Aerzten mit Rath und That beizustehen, und rühmte 
das leutselige Benehmen den Patienten gegenüber, wie seine Auf¬ 
merksamkeit und Sorgfalt den grössten und schwersten, wie den 
kleinsten und leichtesten Fällen zugewendet war. Auch die Professoren 
Billroth und Heschl gedachten vor Beginn ihrer nächsten Vor¬ 
lesungen in würdiger Weise ihres dahin geschiedenen Collegen und 
forderten die Schüler auf, sich als Zeichen der Hochachtung von 
ihren Sitzen zu erheben. Der am 17. November versammelte Ge¬ 
schäftsrath des Doct.-Coll., dem der Vorsitzende Dr. Preyss die 
Trauerkunde mittheilte, ehrte tief betrübt in gleicher Weise das 
Andenken seines verstorbenen Mitgliedes und beschloss bei der am 
19. November in Graz stattfindenden Leichenfeier durch einen hiezu 
besonders Delegirten, Herrn Dr. Anton Loew, nomine Collegii, 
einen Kranz mit Schleife auf den Sarg des Verewigten niederlegen 
zu lassen. Gleichzeitig aber wurde Dr. L. auch mit der Uebergabe 
eines innigen Bileidschreibens an die trauernde Witwe betraut. 

W'ir halten uns nicht für competent, ein vollgewichtiges Urtheil 
über die Leistungen des Verewigten, seine Stellung in der Chirurgie 
und seine Bedeutung für die Wiener medicinische Schule auszu¬ 
sprechen und müssen dies dazu Berufeneren überlassen. Es möge 
uns jedoch gestattet sein, Einiges aus seinem Wirken kurz in 
Erinnerung zu bringen. 

Zählte Dum reicher auch nicht unter jene Coryphäen, welche 
den Ruhm der Wiener Schule begründet, so hat er doch voll Ver- 
ständniss für die neue Richtung der Medicin derselben auch auf 
dem Gebiete der Chirurgie Geltung verschafft und diese auf dem 
Niveau erhalten , durch welches die Wiener Schule durch mehrere 
Decennien ihre dominirende Stellung errungen. Dumreicher’s 
Bedeutung als Arzt lag in seiner persönlichen Meisterschaft und in 
seinem hervorragenden Lehrtalent, das seine Schüler chirurgisch 
denken lehrte, dem eine ganze Generation von Doctoren jenes 
chirurgische Wissen dankt, das der praktische Arzt bedarf, der 


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nur von dem Streben beseelt zu helfen, mit Buhe und Besonnenheit 
vorgeht, ohne nach glänzenden Erfolgen zn jagen. Hat er auch keine 
neue Schule im grossen Stile gegründet, so hat er doch viele aus¬ 
gezeichnete Chirurgen gebildet, von denen nicht wenige jetzt selbst 
als Lehrer glänzen. Ohne sie alle aufzählen zu können, wollen wir 
nur die nächsten nennen: Linhart, Dittel, Abrecht, Mo* 
setig, die sämmtlich seine Schüler gewesen. Somit ist Dum¬ 
reich er’s Heimgang unbestritten ein Verlust für die Wiener medi- 
cinische Facultät. Auch für die medicinischen Unterrichtsfragen im 
grossen Ganzen zeigte er lebhaftes Interesse und nach Bokitansky’s 
Tode sprach man davon, dass Dumreicher als Medicinalreferent 
ins Unterrichtsministerium berufen werde. Es kam aber nicht dazu. 
Selbst dasösterr.-ungar. militärärztliche Officierscorps verliert in Dum¬ 
reicher einen warmen Freund und Beschützer. In den Kriegsjahren 
1859 und 1866 hat er den Einfluss, welchen ihm seine Stellung 
als pro tempore berufener consultirender Chirurg der Armee gab, dazu 
benützt, um den Militärärzten jene Vortheile -zuzuwenden, welche 
ihnen die nunmehrige Organisation des Corps sichert. 

Solche hervorragende vielseitige Verdienste konnten nicht unbe¬ 
rücksichtigt bleiben. Viele gelehrte Gesellschaften des In- und Aus¬ 
landes ernannten D. zu ihrem Ehrenmitgliede, die k. k. Gesellschaft 
der Aerzte in Wien machte ihn zu ihrem Ehrenpräsidenten; seine 
Brust schmückte eine Beihe in- und ausländischer Orden (5) und 
nach dem Kriege im J. 1866 erhob ihn Se. Majestät der Kaiser in 
den Freiherrnstand. 

Die dauerndste Auszeichnung aber ist das weihevolle Andenken, 
das ihm Alle bewahren, welche sein erspriessliches humanes Wirken 
kannten und die Erinnerung an dasselbe in ihrem Herzen tragen. 

Bis zu den letzten Tagen seines Lebens unermüdet thätig, 
möge er nun, nachdem der Tod seinem Herzschlag Stillstand ge¬ 
boten, sich der ewigen Buhe erfreuen! 

* * * 

Dem Leichenbegängnisse des Verewigten, das am 19. v. M. 
in würdigster Weise stattgefunden, folgte ein endloser Zug Trauernder, 
unter denen die grössten Notabilitäten der Stadt, Gelehrte, Aerzte, 
Militär, und Personen in allen Lebensstellungen aus Wien und Graz 
zu sehen waren, vom Bahnhofe nach dem eine Wegstunde ent¬ 
fernten St. Leonharter Friedhofe. 

Nach beendeter kirchlicher Feier brachte am Grabe zuerst 
der Herr Decan des Wr. medic. Prof.-Coll., Dr. E. Hofmann, in 
warmen Worten einen tiefgefühlten Nachruf, in dem er die Verdienste 
des Verblichenen als Arzt, Lehrer, ausgezeichneter Operateur und 
wahrer Patriot hervorhob, seiner Liebenswürdigkeit im Verkehre 
mit Collegen, der Leutseligkeit und Humanität gegen Untergebene, 
sowie der Liebe zu seinen Schülern gedachte und nur bedauerte, 
dass es ihm wegen vorzeitig eingetretener Leiden nicht gegönnt 
war, länger ungehindert zu wirken und zu schaffen. 


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Nach Prof. Hof mann sprachen noch Loew, der Delegirte 
des Doct.-Coll., Hans v. Hebra mit Bezug auf die Freundschaft, 
zwischen seinem Vater und D., Nicoladoni Danksagungen an 
den verewigten Lehrer, endlich der Mediciner von Hohenegg 
warm empfundene Worte mit dem studentischen Zurufe: Fiducit! 
Friede deiner Asche! 


Notizen. 

Sterbefälle. Kaum war v. Dumreicher’s Leiohe zu Graz in kühler Erde 
gebettet, so folgten ihr in rasoher Reihenfolge im Verlaufe' weniger Tage noch 
die dreier achtbarer Mitglieder unseres Collegiums, für deren Aufnahme die 
Erde an drei verschiedenen Orten sich offnen musste. Dr. Joris starb in Götzen¬ 
dorf am 18., Dr. Josef Raimann in Wien am 28. und Dr. David Münoh 
in Stockerau am 24. November 1880 

Dr. Caspar Joris war am 1. Mürz 1808 in Orsiöre, Canton Wallis in 
der Schweiz, geboren und absolvirte die medicinischen Studien an der Wiener 
Universität, wo er am 26. April 1842 das medicinisohe Doctorsdiplom erhielt. 
Mitglied der medicinischen Facultät, resp. Doct.-Coll. wurde er am 2. Mai 
1848; in demselben Jahre trat er auch in die Witwen-Societät ein, zu deren 
ältesten Mitgliedern er der Aufnahme nach gehörte. In jüngeren Jahren war 
er Erzieher in aristrokratisohen Familien Ungarns und hatte noch bis an sein 
Ende als Arzt Connexionen mit jenen Kreisen. Joris hatte als Studierender 
besondere Vorliebe für Physik, war seinerzeit ein treuer Anhänger des be¬ 
rühmten Krystallographen und Systematikers Mohs und nahm bis in sein 
höheres Alter den lebhaftesten Antheil an den Fortschritten der Heilkunde. 
Seine vollkommene Kenntniss der französischen Sprache verschaffte ihm auch 
in den internationalen Congressen wie z. B. am statistischen und medicinisoheu 
zu Wien, Gelegenheit, sein vorzügliches Uebersetzertalent zu manifestiren. 
Später befasste er sich mit dem Studium der klimatischen Curorte; er kannte 
. fast sämmtliche der Schweiz, Südfrankreiohs und Italiens, ebenso Madeira aus 
eigener Anschauung und längerem Aufenthalte als ärztlicher Begleiter von 
Kranken. Ueber Catania schrieb Joris auch eine bei Braumüller erschienene, 
sehr praktisch gehaltene Broschüre. In letzter Zeit war er bis an sein Ende 
Leibarzt des Grafen Chambord. Er starb in Folge eines pleuritischen Exsudats 
in Götzendorf N -Oest. am 18. November 1880, nachdem er sich nooh von 
den Seinen und selbst den ihm näherstehenden Collegen verabschiedet hatte. 
Joris war ein liebenswürdiger, dienstfertiger College; als Arzt zeichnete er 
sich duroh grosse Menschenfreundlichkeit und Uneigennützigkeit aus. Joris 
erfreute sich bis vor wenigen Monaten eines rüstigen Alters und stets grosse 
Lebhaftigkeit des Geistes und Körpers. Er hinterlässt eine Witwe, zwei Söhne 
und eine Tochter, welche an Hofrath Professor Dr. Widerhofer verheiratet 
ist J o r i 8 findet nun im Grabe jene Ruhe, welche er, wie es schien, im Leben 
nicht finden konnte. 

Dr. Josef Ra im an n, ein Neffe — wenn wir nicht irren der letzte 
dieses Namens — des beliebten klinisohen Professors und Spitaldirectors, nach¬ 
maligen ersten Leibarztes Sr. Majestät Kaiser Ferdinands und Präses der 
medicinischen Facultät Dr. J. N. Raimann, wurde am 11. März 1811 zu 
Freiwaldau in Schlesien geboren, studierte in Wien, wo er zunäohst das Magi- 
sterium der Chirurgie und der Augenheilkunde erwarb und Operateur wurde. 
Später vollendete er seine medicinischen Studien und wurde im Jahre 1851 
an der Wiener Universität zum Doctor der Medicin promovirt und bald darauf 
(1852) als Mitglied in das Doct.-Coll. aufgenommen, dem er bis an sein Ende 
treu blieb. Nach mehrjähriger Dienstleistung als Secundarius an einer chirur¬ 
gischen Abtheilung im allgemeinen Krankenhause erhielt er die Stelle des Stadt¬ 
wundarztes der Commune Wien, in der er «usharrte, bis diese Stelle vor wenigen 
Jahren ganz aufgelassen und er selbst pensionirt wurde. Dr. Raimann wsr 
ein liebenswürdiger, immer gleichmässig artiger, ruhiger und charaktervoller 
College, wenngleich sein Verkehr mit Collegen eng begrenzt war. Als Arzt 


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war er namentlich in Kaufmannskreisen eine beliebte Persönlichkeit und das 
Vertrauen, welches ihm die Kranken einmal geschenkt hatten, wusste er zu 
erhalten, daher auch die Trauer um seinen Verlust eine weitverbreitete. Er 
schien Sich mit Ausnahme eines in Folge einer Verletzung entstandenen Augen¬ 
leidens der besten Gesundheit bis wenige Tage vor seinem Tode zu er¬ 
freuen, bis plötzlioh ein acutes Leiden naoh kurzem Krankenlager don Tod 
herbeiführte. Friede seiner Asche! 

Dr. David Münch, eines der jüngsten Mitglieder unseres Collegiums, 
in welohes er erst am 19. Mai dieses Jahres aufgenommen wurde, wobei er 
gleichzeitig, als ob or eine Ahnung gehabt hätte, dass seine Tage gezählt 
seien, auoh die Aufnahme in die Witwen-Sooietät erworben und so für seine 
Hinterbliebenen nach Möglichkeit gesorgt hatte. Dr. M ünch wurde zu Triesoh 
in Mähren am 26. Mai 1846 geboren, erreichte somit nioht volle 35 Jahre. 
Er machte alle seine Studien in Wien, wo er am 23. Juni 1871 zum Dootor 
der Medicin und bald darauf auch zum Dootor der Chirugie promovirt wurde 
und das Magisterium der Geburtshilfe erwarb. Er wirkte seit mehreren Jahren 
als Bahnarzt in Stockerau, zog sich duroh eine Verkühlung in DienBtesange- 
legenheiten eine Peritonitis zu, die nach sohmerzhaftem kurzen Leiden seinem 
Leben ein rasches Ende setzte. Er starb ein Opfer seines Berufs und hinter- 
lftsst eine junge Witwe und drei kleine Kinder. Möge ihm die Erde leicht sein! 


Niedersterr. Landes-Sanitätsrath. In der Sitzung des niederö9terr. 
Landes-Sanitätsrathes vom 22. v. M., welcher nebst den Mitgliedern dieses 
Berathungskörpers auoh der k. k. Primararzt Dr. Standhartner, der 
emeritirte k. k. Armenarzt Dr. Trafoyer, der praktische Arzt Dr. Tur- 
kiewioz und die Vorstände des Wiener Apotheker-Hauptgremiums, die Apo¬ 
theker Schürer v. Waldheim und Fidler, als ausserordentliche Mitglieder 
beiwohnten, wurde eine sehr wichtige Frage erörtert. Es handelte sich um 
das in Folge Auftrages des k. k. Ministeriums des Innern über eine an das¬ 
selbe gelangte Eingabe*) dem Landes-Sanitätsrathe abverlangte Gutachten über 
die Behandlung der ärztliohen Recepte. (Referent: S.-R. Dr. M. Gau st er.) 
Der Antrag, dass dieselben nur einmal sollen expedirt werden können, wurde 
abgelehnt; bezüglich der Copien wurde das Verbot der Expedition solcher, 
welohe mit + bezeichnete Mittel enthalten, als zureichend erkannt, dagegen 
auf eine grössere Strenge bei Weglassung dieser Bezeichnung angetragen. Die 
Aerzte wären auf die ihnen zustehende Befugniss, durch den Beisatz „ne 
repetatur“ die Fortverwendung eines Receptes zu verhindern, aufmerksam zu 
machen; jene Arzneistoffe, deren Maximaldosis 2 Centigramm nicht erreichen, 
sollen von der Reception ohne neue Verschreibung ausgeschlossen sein. 
Ausserdem wurden noch einige weitere Bestimmungen über die Verhütung 
einer Verwechselung der Recepte u. s. w. beantragt und angenommen. 

Vom Carolinen-Kin der spital, das unter dem Curatorium des Doctoren- 
Collegiums steht, wird Anfangs des kommenden Jahres ein eingehender Berioht 
über dessen Wirksamkeit erscheinen. In der Zeit vom 1. Jänner bis 24. No¬ 
vember d. J. befanden sioh in demselben 91 kranke Kinder in der Spitalspflege und 
2444 wurden ambulatorisch behandelt. Ueberdies wurden 62 Kinder geimpft. 
Die Verpflegskosten sind, wie in allen kleinen Anstalten, bedeutend, und es 
wäre zu wünschen, dass sich an dem zur Förderung des Zweckes der Anstalt 
nothwendigen Beisohaffung der Geldmittel gebildeten Vereine recht viele Mit¬ 
glieder des Collegiums betheiligen, was wohl keinem sohwer fallen dürfte, da 
der obligate Jahresbeitrag für ein Mitglied nur 2 fl. beträgt. In Berücksichtigung, 
dass das Stiftungsvermögen nur 100.000 fl. betrug, wovon 12.000 fl. für Erbsteuer 
und sonstige Gebühren in Abzug kamen, also nur 88.000 fl. erübrigten, 
sprioht es gewiss für eine umsichtige Gebahrung, wenn, wie es der Fall ist, 
nachdem der Ankauf des Grundes und der Bau des Hauses über 50.000 fl. Ver¬ 
sohlungen, jetzt nooh 62.000 fl. baar an Stammoapital vorhanden sind, wobei 
nicht vergessen werden darf, dass darin circa 4000 fl., welche für Bettstiftungs- 
theilbeträge nachträglich dazukamen, inbegriffen sind Dass aber dessen un- 


*) Vid. Mitth. B. V., S. 57. 


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geachtet die Zinsen dieses Capit&ls allein nicht hinreichen, die Yerpflegskosten 
za deoken, ist selbstverständlich, weshalb die P. T. Herren Collegen 
höfliohst ersucht werden, dem genannten Yereine zahlreicher, 
als es bisher der Fall war, als Mitglieder beitreten zu wollen. 

Aufnahme. In der Sitzung des Gesohäftsrathes am 17. November 1880 
wurden in das Wr. med. Doot.-ColL einstimmig aufgenommen: Sanitätsrath 
Dr. Heinrich Husserl, Stadtphysikus in Jägemdorf (Schlesien), Dr. Gustav 
Hesky, praktischer Arzt in Weidlingau und Heinrioh Adler, städtischer Arzt 
im 2. Bezirke Wiens 

Prof Hyrtl begeht am 7. December in seinem T usoul um den 71. Ge¬ 
burtstag, d. h. er wird volle 70 Jahre alt Zur Feier dieses Tages liess das 
Dootoren Collegium eine Medaille mit dem Bildnisse des Jubilars prägen, welche 
ihm durch eine aus 12 Mitgliedern bestehende Deputation überreioht werden 
soll. Aus demselben Anlass hat die Gemeindevertretung von Berohtoldsdorf, 
in deren Territorium Hyrtl Beit seiner Pensionirung seinen bleibenden Wohn¬ 
ort aufgesohlagen, beschlossen, die Hausbesitzer und Gemeindeinsassen zu er- 
suohen, an diesem Tage die Häuser zu deooriren. Am Vorabend wird dem 
berühmten Anatomen und grossen Gelehrten zu Ehren, den ihren Landsmann 
und ihr Gemeindemitglied zu nennen die Berchtoldsdorfer begreiflicher Weise 
stolz sind, ein Faokelzug veranstaltet. 

Wohnungsveränderungen. Dr. H. Hertzka wohnt jetzt I, Hohen- 
8taufengas8e6 ; — Dr. Wimmer, VIII., Georgsgasse 1 (*/ 2 8—4); — Dr. Kaczan¬ 
der, L, Wipplingerstrasse 25; — Dr. Kämmerer, I., W ipplingerstrasse 9; — 
Dr. Raspi, I., Wipplingerstrasse 14; — Prof. Dr. S. Kitter von Basch, 
VIII., Florianigas86 8. 

Einladung 

zu der am Montag den 6. December, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), I., Sonnenfelsgasse 23, 

stattfindenden 

Wissenschaftlichen Versammlung. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken. * 

2. Vortrag mit Demonstration über eine seltene Form von Communioation der 
Herz Ventrikel, von Prosector und Docenten Herrn Dr. Hans Chiari. 

3. Mittheilungen zur Teohnik der Endoskopie mit Demonstrationen von Herrn 
Dr. Jacob Weinberg. 

4. Demonstration eines Falles von primärem Carcinome in der Continuität der 
männlichen Harnröhre von Dr. Sohüstler. 

Dr. Preyss, Vice-Präsident. Dr. Karl Reitter , Secretär . 

*) Die P. T. Herren Collegen werden ersucht, interessante Krankheits¬ 
fälle vorzustellen. 


Bromemoria. 

Zur Richtigstellung des Mitglieder-Verzeichnisses, das in den 
ersten Tagen des nächsten Jahres ausgegeben wird , werden die 
P. T, geehrten Herren Collegen höflichst ersucht, etwaige Verän¬ 
derungen ihrer Stellungen, Titel, Ordinationsstunde und insbe¬ 
sondere ihrer Wohnungen, falls diese im Verzeichnisse des 
laufenden Jahres nicht richtig angegeben oder bisher nicht ange¬ 
zeigt wurden , spätestens bis 20. December 1880 mittels einer 
Correspondenzkarte in der Kanzlei des Wr . med. Doct.-Coll 
(/. Rothethurmstrasse 23), gefälligst bekannt geben zu wollen,. 

Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doct-Goll. — Verantwortlicher Bodaoteur 
Dr. L. Hopfgartner. — Gesellsohafts-Buohdruekerei, Wien, III. Brdbergerstraase 8. 


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VI. Bd. Ausgegeben am 16. December 1880 . Nr. 27 


MITTHEHÜN6EN 

des 

Wiener mefllmnscjiBn Doctorea-GoHiioiHms. 

Krach eint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bogen und darüber, an 
SO Bogen im Jahre. — Ganzjähriges Abonnement fUr Niohtmitglieder des Collegiums im In¬ 
lande 8 fl., naoh dem Auslände 6 Mrk. — Einzelne Nummern 36 kr. — 60 Pfg. — Inserate 
16 kr. = 80 Pfg. für die darohlaufende Petit-Zeile. 

Man pränumerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplitx de Dentlcke 
(vormals Karl Csermak), Wien, I., Schottengasse 6. 

Zisehriften und Zusendungen an die Bedaetion: Wien, Knnilei des Wiener med. 
Doet.-Coll. und der Witwen- und Waisen-SoeietSt, Kothenthurmstrasse 28. 


Inhalt: Wissenschaftl. Versammlung am 6. December: Vortrag. Herr Dr. Schnstler demonstrirt 
primäres Epithelialcarcinom in der Gontinuität der männlichen Harnröhre — Vortrag des Dr. Chiari 
über eine seltene Form von Communication der Herzventrikel. — Vortrag des Dr. Weinberg: 
Zar Technik der Endoscopie. — Section für öffentliche Gesundheitspflege, Sitzungsbericht. — 
Hyrtlfeier und Dankschreiben. — Notizen. — Einladung. 

In der wissenschaftl. Versammlung vom 6. Decjember 

demonstrirt zunächst Herr Dr. Schustler einen Ev^^yon 
primärem Epithelialcarcinom in der ContiniAität 
der männlichen Harnröhre. Dasselbe hatte im Bereiche 
der hinteren Hälfte des cavernösen und der vorderen Hälfte 
des membranösen Theiles der Urethra die Schleimhaut, den 
Schwellkörper der Urethra und auch theilweise die Schwell- 
körper des Penis substituirt. Durch jauchigen Zerfall des Neo- 
plasmas war in den genannten Abschnitten der Harnröhre eine 
Höhle gebildet worden, von der mehrere Fistelgänge ausgingen, 
welche th’eils in der Haut des Perineum ausmündeten, theils 
in einen hinter der Prostata gelegenen, selbst wieder mit dem 
Rectum communicirenden Abscess führten. Die mikroskopische 
Untersuchung erwies die Urethralschleimhaut als Ausgangs¬ 
punkt der Neubildung. (Der Fall wird übrigens nächstens aus¬ 
führlich in der Wr. med. Wochenschrift publicirt werden.) 

Hierauf hält Herjg^ PxpiB^ ctor Dr. H. Chiari seinen ange¬ 
kündigten Yortrag über eine seltene Form von Com- 
munication der Herzventrikel. Nach einleitenden Aus¬ 
einandersetzungen über die sogenannten morbiden Communica- 
tionen zwischen den Ventrikeln, über die auf mangelhaftes 
Fläehenwachsthum der einzelnen Theile des Septums und auf 
mangelhafte Verwachsung dieser Theile unter einander zu be¬ 
ziehenden Defecte, sowie über die normalen Entwicklungsvorgänge 
bei der Bildung des Septum ventriculorum bespricht Ch. den 
Fall, der eben die seltene Form von Communication der Herz¬ 
ventrikel darbot. Der Fall betraf ein ljähriges Mädchen, welches 
am 1. September 1879 im Set. Anna Kinderspitale obducirt 
wurde. Intra vitam hatte man chronische Tuberculose diagno- 
sticirt und hatte ausserdem Yergrösserung der Herzdämpfung, 
systolisches und diastolisches Geräusch über der Basis der 


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Pulmonalarterie und zeitweiliges Auftreten von Cyanose wahr¬ 
genommen. Die Obduction ergab chronische Tuberculose der 
Bronchialdrüsen, Pleuritis tuberculosa dextra, Dysenterie und 
am Herzen folgende pathologische Befunde: Die rechte Herz¬ 
hälfte war excentrisch h)pertrophirt, das Ostiura der Pulmonal¬ 
arterie verengert, die Pulmonalklappen verschrumpft und mit¬ 
einander partiell verwachsen. Am Septum ventriculorum, welches 
die gewöhnliche Configuration der Trabekeln zeigte, fiel die 
beträchtliche Tiefe der Intertrabeculargrübchen auf. Und als 
deswegen das Septum genauer untersucht wurde, stellte es sich 
heraus, dassirn Bereiche mehrerer solcher Intertrabeculargrübchen 
wirkliche Communicationslücken zwischen den Ventrikeln vor¬ 
handen waren. Im Ganzen konnte man deren fünf zählen, welche 
sämmtlich keine beträchtliche Dimension besassen (die weiteste 
Lücke war 3 mm. weit) und alle von zartem Endocard aus¬ 
gekleidet erschienen. Ch. weist darauf hin, dass auch diese 
Form von Communication der Herzventrikel, obwohl das Septum 
ventriculorum seiner Fläche nach ganz gut entwickelt war und 
dasselbe auch in der gewöhnlichen Weise mit dem Septuin 
trunci zur Veiwachsung gekommen war, doch als eine Bildungs¬ 
hemmung aufzufaspen sei, indem nach den neueren Unter¬ 
suchungen im Gebiete der Herzentwicklung in der ersten leisten¬ 
artigen Anlage des Septum ventriculorum physiologischer Weise 
Lücken zwischen den Trabekeln existiren, die erst im Laufe 
dei weiteren Entwicklung des Septums Zuwachsen. Ueber eine 
derartige Form von Communication der Herzventrikel ist bis jetzt 
nur Weniges in der Literatur mitgetheilt, so von Cru veil hier, 
He schl und Rokitansky. (Der Fall wird übrigens demnächst 
ausführlich im Jahibuche für Kinderheilkunde publicirt werden.) 

Diesem sowohl durch den behandelten Gegenstand als durch 
den -rhetorisch gehaltenen ausgezeichneten, die allgemeine Aufmerk¬ 
samkeit fesselnden Vortrage folgte der nachstehende des Dr. J. W ein- 
berg, em. 1 Secundararzt des k. k. allgemeinen Krankenhauses 
an der Klinik und Abtheilung für Syphilis in Wien. 

Zur Technik der Endoskopie. 

Soll die Endoskopie in der praktischen Heilkunde diejenige 
Bedeutung erlangen, welche ihr unzweifelhaft gebührt, dann 
muss die Methode in einer Weise ausgebildet werden, welche 
ihre Anwendung weder für den Arzt noch für den Patienten 
beschwerlich macht. Das unangenehme Gefühl der Exploration 
der urethra soll dem Patienten so viel als möglich erspart werden, 
und der praktische Arzt soll in der Lage sein, auch ohne Auf¬ 
wand an Zeit und complicirten Vorrichtungen endoskopische 
Untersuchungen auszulühren. 

Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, will ich im Fol¬ 
genden 1. die Lagerung des zu Untersuchenden, 2. die Ver¬ 
vollkommnung der endoskopischen Tuben, und 3. die leichteste 
Art, das Sehfeld im Endoskope zu reinigen, resp. Medicamente 
zu appliciren, besprechen. 


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1. Die vortheilhafteste Lagerung des Patienten zu endo¬ 
skopischen Zwecken erzielt man auf einem dazu eingerichteten 
Speculirtische Derjenige, der mir im Mariahilfer Ambulatorium 
zur Verfügung steht, ist so beschaffen, dass der obere, mittlere 
und hintere gepolsterte Theil' der Tischplatte nach Belieben 
gehoben gesenkt und in jeder Lage festgestellt werden kann. 
Für Anstalten und Kliniken ist ein solcher oder anders gestalteter 
Untersuchungstisch unumgänglich nothwendig. Derselbe wird 
aber seiner Grösse und geringen Eleganz wegen nicht leicht 
in einem gewöhnlichen Ordinationszimmer hinreichenden Raum 
und Aufstellung finden. 

Für praktische Aerzte genügt daher jeder stärkere Tisch, 
auf den ein grösseres keilförmiges Kissen gelegt wird. (Das von 
mir gebrauchte ist 60 cm. breit, die 8 Seiten des Keils 80, 50 
und 40 cm. lang und an der dicksten Stolle 25 cm. hoch.) 

Stellt man vor den Tisch einen Sessel, grösseren Schemmel 
oder eine kleine 2stufige Stiege, so erhält man einen zum 
Endoskopiren vollkommen genügenden improvisirten Unter¬ 
suchungstisch. 

In der nun mehr liegenden als sitzenden Position des 
Patienten kann dessen pars pendula sehr bequem explorirt 
werden. Schiebt man unter die vordere Kante des Keils ein 
gewöhnlich grosses (bei 45 cm. langes und breites und 10 cm. 
dickes) Sophakissen, so wird der Patient nach Belieben in eine 
mehr oder weniger horizontale Lage gebracht, und es können 
dessen tiefere Theile der Urethra wie die pars membranacea und 
prostatica, ebenso auch dessen Harnblase sehr gut zur Ansicht 
gebracht werden. 

Dass auch beim Weibe die Urethra und Harnblase auf 
diesem Tische vollkommen gut endoskopisch untersucht werden 
können, versteht sich von selbst. 

Als Beleuchtungsquelle benützt man am besten eine Lampe 
mit Mitrailleusenbrenner, dessen Flamme dem Gaslichte an 
Stärke nahekömmt; steht Gasli< ht zu Gebote, so ist dies natürlich 
vorzuziehen. Durch einen Reflector (Concavspiegel von 10 cm. 
[4"] Durchmesser und 16 cm. [6 J / 2 "] Brennweite), mit Stirn¬ 
binde oder Handgriff versehen, werden die Lichtstrahlen sehr 
leicht in das Endoskop geleitet. 

Der Untersuchende kann nach Bequemlichkeit sieben 
oder sitzen. 

2. Der Vervollkommnung der endoskopischen Tuben hat Dr. 
Grünfeld seinerzeit sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet. Er hat 
nicht nur die von Desormeaux angegebenen vereinfacht, sondern 
auch viele selbst neu construirt. Von diesen führe ich nur das 
gebräuchlichste an ; da ich die andern heute nicht in den Kreis 
meiner Erörterungen ziehe. 

Das einfache gerade Endoskop mitConductor 1 ) 


l ) Der Harnröhrenspiegel (das Endoskop), seine diagnostische und therapeu¬ 
tische Anwendung. Wiener Klinik 1877. 2. und 3. Heft. 


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300 


besteht nach Grün fei d „aus einem cylindrischen Metalltubus, 
welcher vorne trichterförmig erweitert, innen geschwärzt ist. 
Ein Leitstab — Conductor — welcher in diesen Tubus passt, 
dient zu leichterer Einführung des Instrumentes. Der Conductor 
ist ein einfacher gerader Stab aus Hartkautschuk, am unteren 
Ende äbgerundet, am oberen Ende mit einem Handgriffe ver¬ 
sehen. Im Allgemeinen ist also dieses Instrument analog 
einem cylindri sehen Vaginal-Speculum. Bei der Con- 
struction dieses Endoskops wird man auf zweierlei Momente 
Rücksicht nehmen müssen, und zwar vorerst darauf, dasB das 
untere Ende des Endoskops — Yisceralende — nicht scharf 
sei, damit beim allfälligen Verschieben desselben eine Ver¬ 
letzung nicht hervorgerufen werde. Man wird auch auf den 
Conductor Rücksicht nehmen müssen, damit dieser weder allzu 
strenge, noch allzu locker innerhalb des Tubus sich bewege. 
Er würde nämlich im ersten Falle bei dem Herausziehen eine 
Erschütterung, in Folge dessen eine schmerzhafte Empfindung 
hervorrufen, während er im letzten Falle die leichtere Ein¬ 
führung nicht bewirken würde, indem der Tubusrand trotz dem 
Vorhandensein des Conductors sich selbstständig in dem Harn- 
röhrenkanale Bahn brechen müsste.“ Dasselbe ist gegenwärtig 
(ohne Trichter) 10—12 cm. lang. 

Das Endoskop nach Steurer 1 ) „besteht aus einem 
1 SVa cm. langen Tubus mit einer Scheibe von 3 cm Durch¬ 
messer, welche ll s / 4 cm. von dem untern Ende des Rohres 
angebracht ist. Das Endstück des letztem hat einen etwas 
verdickten Rand, um Verletzungen der Harnröhre, wie sie bei 
den bisher gebrauchten ziemlich scharf endenden Endo¬ 
skopröhren leicht möglich sind, zu vermeiden. Der Conductor 
besteht aus einer Olive und einem Handgriffe, beide aus Hart¬ 
kautschuk, welche durch ein Mittelstück aus Neusilber ver¬ 
bunden sind, welches einen bedeutend geringeren Durchmesser 
hat als das Lumen des Rohres. Der Zweck der Scheibe ist, 
eine grössere Oberfläche für den Druck auf die pars pendula 
zu bieten und zugleich zu verhüten, dass sich die Harnröhre 
über das trompetenartige vordere Ende des Endoskops ver¬ 
schiebe. Die Olive, welche bloss an ihrer grössten Peripherie 
eine Berührung mit den Wänden des Rohres zulässt, ermöglicht 
auf diese Weise, wie leicht begreiflich ist, die leichteste Ent¬ 
fernung des Mandrins aus dem eingeführten Endoskope. Für 
den Kranken ist dies von grosser Wichtigkeit, weil sonst der 
an vielen Punkten adhaerirende Conductor bei seinem Heraus¬ 
ziehen erfahrung8gemä88 grossen Schmerz und eine höchst un¬ 
angenehme Erschütterung verursacht.“ 

Auspitz 3 ) hebt hervor: „Nur durch einige gering- 

^Ueber Endoskopie und ein neues Endoskop. Von Dr. J. A. Steurer aus 
New-York. Vierteljahrsschrift für Dermatologie und Syphilis. 1876 ,1. Heft. 

2 )Ueber die chronische Entzündung der männlichen Harnröhre. Drei 
klinische Vorlesungen von Prof. Auspitz. Vierteljahrsschrift für Dermato¬ 
logie und Syphilis. 1879, I. Heft 


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301 


fügige Momente unterscheiden sich meine Tuben vonjenen 
nach Steurer; erstens dadurch, dass sie wohl am untern 
Ende abgerundet, aber doch weniger verdickt sind als die 
Steurer’schen, deren stark runder, aber dadurch zu sehr bim • 
artig angeschwollener Rand beim Einführen in eia engeres 
Orificium externum bisweilen hinderlich ist; zweitens dadurch, 
dass auf die Glätte der Olive des Conductors und auf ihr An¬ 
passen an den Tubusrand besondere Sorgfalt verwendet wird, 
endlich dadurch, dass ich das Innere der Tuben mit Ausnahme 
des (übrigens ziemlich überflüssigen) Trichters am 
vordem Ende nicht mehr sohwärzen, sondern hell poliren lasse.“ 

Wie nun aus den hier wörtlich angeführten Beschreibun¬ 
gen der geraden Endoskope, welche gegenwärtig auch zur Ex¬ 
ploration der tieferen Theile der männlichen Harnröhre benützt 
werden, hervorgeht, beschäftigt sich jeder dieser Autoren ein¬ 
gehend mit dem Visceralende des Harnröhrespiegels und jeder 
strebt an, demselben jene Form zu geben, wodurch Verletzun¬ 
gen der Harnröhre vermieden werden sollten. 

Die Veränderungen am Ocularende sind von untergeord¬ 
neter Bedeutung, wenn dasselbe nur so beschaffen ist, dass das 
Endoskop hier festgehalten und sicher dirigirt werden kann. 

Uebung und Gewohnheit, Studier- oder Unterrichtszweck 
bestimmen den Einen für die ausschliessliche Benützung der 
einfachen, den Andern für die complicirtere Construotion dieses 
Theiles. 

Aus alldem geht unwiderlegbar hervor, dass das Visceral¬ 
ende der Metalltuben leicht Verletzungen herbeiführt, daher ich 
mit Recht behauptete*): „Als Haupteinwand gegen das Endo¬ 
skop wird das häufige Verletzen der Harnröhre angeführt. Diese 
Thatsache lässt sich nicht läugnen und mehr oder weniger leichte 
Verletzungen der Harnröhre durch das Endoskop treten umso 
häufiger auf, je ungeübter der Arzt in der Ausführung dieser 
Methode ist.“ So sagt Gschirhakl 2 ): „Gewohnt, die Harnröhre 
mit gekrümmtem Katheder und Bougie zu exploriren, gelang 
es mir anfänglich nur schwer, das gerade, vorne abgestutzte 
Endoskop über den Bulbus urethrae hinaufzuführen, ohne dass 
diese vulnerablen Theile durch leichte Blutung auf diesen Ein¬ 
griff reagirt hätten“. 

Auch Prof. Reder 8 ) Hess bei seinen Harnröhrentrichtern, 
deren er bereits im J. 1868 in seinem Lehrbuche Erwähnung thut, 
einen eingezogenen Rand am Visceraltheile anbringen, um auf 
diese Weise die Verletzungen der Schleimhaut zu verhüten. 

Jeder, der sich häufig mit Geschlechtskrankheiten be¬ 
schäftigt, muss zura Endoskop greifen, da diese Untersuchungs- 

*) Beitrag zur endoskopischen Untersuchung der Harnröhre von Dr. Jacob 
Weinberg. Wiener med. Blätter. Nr. 5 (1880). 

2 ) Zur Behandlung des chronischen Trippers, von Oberarzt Dr. Gschirhakl. 
Vierteljahrsschrift für Dermatologie und Syphilis. 1877. 4. Heft. 

3 ) Lehrbuch der Pathologie und Therapie der venerischen Krankheiten, 
von Prof. Reder. H. Aufl. 1868. 


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302 


methode bei lang dauernden chronischen Blennorrhöen nicht 
mehr umgangen werden kann. 

Die häufigen Verletzungen, die oft trotz aller Umsicht und 
Uebung bei der Einführung des geraden Harnröhrenspiegelg, 
namentlich in die tieferen Theile der Urethra, eintreten, veran- 
laesten mich, das Visceralende der hier vorgeführten Endoskope 
einer sorgfältigen Studie zu unterwerfen. 

Ich fand nun, dass der Mechaniker dieses Instrument, 
speciell das Visceralende, nie so herstellt, als es die Autoren 
angaben, ja dasselbe gar nicht so herstellen kann. Der Me¬ 
chaniker kümmert sich nur darum, dass das Visceralende am 
Gonductor genau anliege, daher er den äusseren Rand der 
Röhre zufeilen muss, der hierdurch nach Entfernung des Con- 
ductois ziemlich schärf ist. Ich wollte nun die Ungeschicklich¬ 
keit des Mechanikers verbessern, und mir eigenhändig dieses 
Ende gut abgerundet und anpassend amConductor 
herstellen und überzeugte mich, dass dies nicht ausführbar 
sei; denn schliffich das Ende der Metallröhre ganz glatt, so bekam 
ich statt eines scharfen Randes zwei scharfe Ränder, einen 
äusseren und einen inneren, und wenn ich nun diese zwei 
Ränder stumpf gemacht, also abgerundet habe, wurde der mitt¬ 
lere Theil des Röhrenkörpers ziemlich scharf und das Visceral¬ 
ende konnte sich dem Conductor nicht mehr anlegen. 

Ich kam also zur Ueberzeugung, dass der Fehler im Me¬ 
tallmateriale liege, dass kein stumpfes Visceralende, wie es 
eben alle Autoren haben wollen, hergestellt werden kann. 
Ausserdem wird daB Visceralende bei längerem Gebrauche, 
selbst wenn es mit grösster Sorgfalt verfertigt wurde, scharf 
da das Metall an dieser Stelle bei der Anwendung von Aetz- 
mitteln, namentlich von Nitr. argent. am meisten angegriffen 
wird, daher der Tubus daselbst durch das fortwährende Reinigen 
immer dünner wird. Ich griff daher zu dem in der Heilkunde 
schon längst eingebürgerten Hartkautschuk, dessen Vortheile 
ich bei der Verwendung zu Röhren genau aus der Otriatrik kenne. 

Politzer hebt in seinem Lehrbuche der Ohrenheilkunde 
als Vortheile der Hartgummi-Instrumente (Trichter, Katheder 
nach Itard) hervor: 1. deren Leichtigkeit, 2. angenehme Empfin¬ 
dung für die Haut, und 3. deren abgerundete Ränder gegen¬ 
über den scharfen leicht verwundenden Metallrändern. Alle 
diese Vorzüge sind für die endoskopischen Tuben von unscbätz- 
barem Werthe. 

Die mit den Zaufal’schen Nasentrichtero aus Hartkautschuk 
angestellten ersten Experimente zeigten, dass dieselben sehr gut 
ohne Conductor in die Harnröhre eingeführt werden können, 
ohne die Schleimhaut zu verletzen. 

Auf diese Erfahrung bauend Hess ich vom Instru¬ 
mentenmacher Reiner verschiedene Harnröhrenspiegel aus die¬ 
sem Materiale machen und gelangte nach einer Reihe von Ver¬ 
suchen zu folgender Form eines einfachen geraden 
Endoskops aus Hartkautschuk ohne Conductor. 


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An einer cylindrischen Röhre ist ein 3V 4 Ctm. Dnrchmesser 
betragender Trichter unter einem Winkel von 180 0 angebracht. 
Derselbe ist bei 3—4 Millimeter dick und am Rande stark ge¬ 
kerbt. Der Cylinder ist 10—12 Ctm. lang, gerade abgeschnitten 
und an den Rändern abgerundet. Die Innenwand des Trichters 
und Cylinders sind matt geschliffen. An der Aussen- und Innen¬ 
wand des Trichters sind die Ziffern angebracht, welche die 
Dicke des Tubus und die Grösse des Sehfeldes nach der Char- 
riöre’schen Filiöre *) anzeigen. Die Differenz beider Ziffern gibt 
die Stärke der Wandung an, welche wie bei den metallenen 
4 / 8 Millimeter beträgt. 

Dieser Hartkautschukspiegel entspricht also im Allgemeinen 
einem Vaginalspeculum aus diesem Materiale, jedoch mit der 
Modification, dass der Trichter im Yerhältniss zur cylindrischen 
Röhre in einem viel grösseren Maassstabe angelegt ist. 

Die Hartkautschuk-Endoskope 2 ) bieten nun abgesehen davon, 
dass sie beim Einführen das unangenehme Gefühl des Metalles 
nicht erzeugen, den nicht zu unterschätzenden Yortheil, dass 
die Harnröhre schon beim Einführen des Instrumentes schritt¬ 
weise und zwar von vorn nach hinten untersucht werden kann. 

Das Fehlen des Conductors vereinfacht den Untersuchungs¬ 
act und der dicke, stark gekerbte Rand des Trichters gewährt 
dem Daumen und Zeigefinger einen festen Halt und schliesslich 
gestattet der massive Trichter, die pars pendula nach Belieben 
durch Druck zu verkleinern, daher die Anbringung einer Steu- 
rer’schen Scheibe zu diesem Zwecke ganz überflüssig wird. 

Diese Endoskope können mit einem Caliber Charriere 
Nr. 18, 20, 22 und 24 oder 19. 21, 23 je nach Beschaffenheit 
der Weite der Harnröhre und des Orificium derselben benützt 
werden. 

Die Länge von 6—10 Ctm. eignet sich für die pars pen« 
dula, die von 12 Ctm. für die pars membranacea und proBtatica. 

Das Caliber Charriere Nr. 20 und 32 ist in der Regel bei 
den meisten Harnröhren anwendbar, daher der praktische Arzt 
mit je 2 Stück dieser Dicke (eines 10 und eines 12 Ctm lang) 
gut ausgestattet ist, um grössere Veränderungen in der Harn¬ 
röhre zu diagnosticiren. 

Der Specialist wird natürlich eine grössere Auswahl von 
diesen Endoskopen, wie auch von metallenen besitzen, um selbst 
die kleinsten Abnormitäten auffinden zu können. 

(Fortsetzung folgt) 


J ) Jede Nummer dieses Maassstabes zeigt an, wieviel Drittel Millimeter 
Durohmesser der betreffende Cylinder bat; so bedeutet Charriere 18, dass der 
Cylinder, der diese Nummeröffnung ausfüllt, einen Durohmesser von 18 / 8 = 6 
Millimeter enthält. 

*) Dr. Grünfeld besitzt bereits seit vielen Jahren ein mit einem Conductor 
versehenes 15 cm. langes Endoskop aus Hartkautschuk, welches der Form 
nach seiüem metallenen entspricht. Dasselbe habe ich erst nachträglich bei 
ihm gesehen. 


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Section fUr öffentliche Gesundheitspflege. 

Sitzung vom 1. Deoember 1880. Vorsitzender: Obmann O.-S.-R. Dr. Sohneller. 

Bei Beginn der Sitzung theilt der Vorsitzende mit, dass 
seit der ersten Sitzung folgende Herren noch beigetreten sind: 
die DDr. Anthofer, Wimmer, Prof. Gatscher, Kern¬ 
ecker, Mittler, Kienast, Raab Wilh., Scholz Jos., 
Frey, R.R. S chlager, Prof. C. v. Rokitansky, Grünfeld, 
Steininger und Bergmeister. 

Nach Vornahme der Wahl des Obmannstellvertreters, 
welche auf Regierungsrath Prof. Sohlager fällt, spricht Dr. v. 
KhautzüberdieCanalisationvonWien. Er erwähnt, dass 
Wien bereits ein ausgedehntes Canalnetz besitze und seiner topo¬ 
grafischen Lage nach für das Schwemmsystem sich eigne, 
denn es habe ein grosses Niederschlagsgebiet; die zahlreichen 
Thalmulden, die ihre Wässer der Donau zuführen, stellen eben- 
soviele Bäche dar, die zur Beförderung der Faecalien in die 
Donau dienen, wie der Schreiber-, Nessel-, Krotten-, Erbsen-, 
Währinger*, Alser- und Ottakringer Bach; dazu komme noch 
der Wienfluss und der in Folge einer Senkung des Terrains 
entstehende Wasserzufluss vom Wienerberge aus. Für Wien 
sei ein anderes System als das Canal-Schwemmsystem, auch 
wenn ein solches nicht schon theilweise bestünde, nicht ge¬ 
eignet, denn das directe Abfuhrsystem würde enorme Kosten 
verursachen, die Controle, ob seine Durchführung entsprechend, 
sei sehr schwer, und überdies würde man daneben eines Canal¬ 
systems für die flüssigen Abfallwässer nicht entrathen können. 
Gegenwärtig habe Wien mehrere Hauptsammelcanäle, welche 
dem natürlichen Gefälle entsprechen; bei einzelnen sei aber das 
Gefälle nicht gross genug, daher theilweise auch directe Ab¬ 
fuhr stattfinden müsse. Diese Canäle münden derzeit in den 
Donaucanal. Es bestehe nun die Absicht, am rechten Ufer der 
grossen Donau einen vorderhand bis zur Stadlauer Brücke 
führenden grossen Sammelcanal anzulegen, ferner zwei Sammel¬ 
canäle je am rechten und linken Ufer des Donaucanals; einer 
der beiden letzteren sei bereits im Bau begriffen, und zwar der 
vom Wienerberge aus durch Favoriten führende. Die gegen¬ 
wärtigen Canäle, die den früher erwähnten Bächen entsprechen, 
sollen ihre derzeitigen Mündungen in den Donaucanal mittelst 
des sogenannten Choleracanals am linken Ufer der Wien ein- 
büssen und in die beiden Hauptcanäle geleitet werden. Einer 
der grellsten Uebelstände liege in der Anlage unserer Haus¬ 
canäle ; dieselben seien nicht genügend undurchlässig und haben 
nicht das genügende Gefälle. Die Räumung der Hauscanäle 
werde von der Commune besorgt, nachdem die früher übliche 
Räumung durch die Hausbesitzer sehr oft nicht in einer 
völligen Entfernung der Faecalien, sondern blos in einem Weiter- 
schieben derselben in die Strassencanäle bestanden habe. Di® 
Hauscanäle werden jetzt allmonatlich, die Strassencanäle zwei- 
bis sechsmal jährlich geräumt. Die*Einführung einer Ventilation 


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der Hauscanäle durch über das Dach hinausreichende Schlote 
sei sehr wünschenswerth. Als beste Form für die Sammelcanäle 
empfehle sich die Eiform, als Material für die innere Auskleidung 
Portlandcement. Gusseiserne und Steinzeugröhren seien in 
Wien nur für die sogenannten Wasserläufe in Verwendung, 
welche die Bestimmung haben, die Niederschläge von den Strassen 
abzuleiten. Diese Wasserläufe seien aber nicht schliessbar, 
uud verstopfen sich daher nicht selten durch Sand und Schutt 
u. s. w. Das Stadtbauamt habe daher beantragt, sogenannte 
Schlammkasten anzulegen, in welchen die einfliessenden Wässer 
ihre mitgeschwemmten festen Stoffe abpetzen können. Redner 
beantragt die Einsetzung eines Comite’s zum Studium dieser Frage. 

Dr. Schneller meint, dass eine allgemeine Debatte über 
den Gegenstand in soferne erwünscht sei, als das zu wählende 
Comite hieraus die Ansichten der Section kennen lerne und 
fordert die Anwesenden auf, hierüber das Wort zu ergreifen. 

Dr. Polak besorgt, dass die Leopoldstadt nicht das 
genügende Gefälle haben werde Man werde also jedenfalls 
neben dem Schwemmsystem auch theilweise die directe Abfuhr 
einführen müssen, für welchen Zweck sich die Herstellung einer 
Donauflotille und einer Eisenbahn ad hoc empfehle. 

Dr. Kämmerer: Die Bedenken des Herrn Vorredners 
sind nicht begründet, denn der Hauptcanal in der Leopoldstadt 
wird noch immer ein Gefälle von 0 6 pro mille haben, und die 
Canäle in London, Berlin und Hamburg haben nur ein Gefälle 
von 0*4 bis 0*5 pro mille. Hamburg Ut noch viel schlimmer 
daran wegen der Sturmfluth, welche die Herstellung eigener 
Belbstthätiger Klappen nothwendig gemacht hat. 

D r. v. Khai\tz: Der Sanitätsreferent des Magistrats war 
auch der Meinung, dass man im zweiten und theilweise im 
dritten und neunten Bezirke die directe Abfuhr werde einführen 
müssen. Das Stadtbauamt hat aber nachgewiesen, dass das nicht 
nöthig, da das Gefälle gross genug sein werde. Gegenwärtig 
findet allerdings noch eine theilweise Abfuhr statt, und wir 
haben auch für diesen Zweck eine Donauflotille. 

Dr. Kraus: Die Section solle sich blos für die Noth- 
wendigkeit einer raschen und vollständigen Canalisirung aus¬ 
sprechen und sich nicht in technische Details einlassen. An dem 
gegenwärtig schon begonnenen Schwemmsysteme sei nichts mehr 
zu ändern. An der Section sei es blos, zu sagen, wie schädlich 
eine unvollkommene und schlechte Canalisation sei. Experte 
habe schon der Gemeinderath zugezogen. 

Dr. v. Khautz: Ich bin derselben Ansicht, habe aber 
nur geglaubt, dass es nicht ohne Werth sei, wenn die Mit¬ 
glieder der Section in die technischen Details eingeweiht werden. 

Dr. Kehl besorgt keine Uebelstände, wenn die Faecalien 
in den Donaucanal und nicht in die grosse Donau selbst geleitet 
werden. Nach seinen Erfahrungen in Simmering haben die in 
der Nähe des Donaucanals und in der Nähe der Mündungen 
der Canäle gelegenen Brunnen sehr gutes Trinkwasser. Es schiene 


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ihm daher nicht nöthig, die Faecalien in die grosse Donau 
zu leiten; in diesem Falle würde es für die Durchspülung der 
Canäle in den höheren Bezirken an Wasser gebrechen und das 
Herbeischaffen desselben durch Pumpen sei zu kostspielig. 

Dr. Grün feld berichtet in ausführlicher Weise aus eigener 
Anschauung über die Canalisirungs- und Berieselungs-Anlagen 
in Danzig. 

Dr. Löffler: Die sanitäre Seite der Frage lässt sich 
von der technischen nicht trennen, man muss beide gemeinsam 
behandeln. 

D r. Polak erinnert, dass das Schwemmsystem in Wien 
nicht durchgeführt werden könne, wenn nicht zuvor auch das 
Verhältnis der Vororte zu Wien klargestellt werde. 

Dr. Gauster schliefst sich der Ansicht Löfflers an. 
Er hält die Durchführung des Schwemm-systems in Wien für 
schwer möglich, insbesondere für die höhergelegenen Bezirke. Er 
plaidirt für das Tonnensystem in Verbindung mit Desinfection 
der Faecalmassen. 

Dr. Kernecker: Die vorliegende Frage beschäftigt den 
Gemeinderath schon seit 15 Jahren, für Experte und Studien¬ 
reisen sind schon viele Tausende von Gulden ausgegeben worden. 
Wir können daher in technischer Beziehung dem Gemeinderathe 
nichts Neues bieten. Den Ingenieuren und Bauverständigen wird 
die technische Seite der Frage zufallen, wir sollen uns hier nur 
mit der sanitären befassen. 

Dr. v. Khautz schliesst sich dem Vorredner an. Ein 
neues System könne für Wien nicht mehr angefangen, ge¬ 
schweige denn durchgeführt werden. 

Bei der Abstimmung wird beschlossen, dass das zu wählende 
Comitö sich nur mit der sanitären Frage zu befassen habe. In 
dasselbe werden gewählt die Herren Dr. v. Khautz, Dr. 
Kämmerer, Dr. Polak, Dr. Gauster und Dr. Grün feld. 

Dieses Comite constituirte sich am 7. December und 
wählte Dr. v. Khautz zum Obmanne. Dr. Kämmerer 
legte den Entwurf eines Motivenberichts vor, in welchem mehrere 
Gesichtspunkte aufgestellt sind, welche bei Behandlung der 
Canalisationsfrage besondere Aufmerksamkeit verdienen. Bei der 
hierauf stattfindenden Discussion wurden bestimmte Punkte fest¬ 
gestellt, welche in dem Referate als Scblussanträge gelten sollen. 

Mit dem Referate selbst wurde Dr. Kämmerer betraut, 
welcher versprach, dasselbe demnächst dem Comite als Substrat 
der Berathung vorzulegen. 

Die nächste Sitzung der Section für öffentliche Gesundheits¬ 
pflege findet Mittwoch den 5. Jänner 1881 statt. 


Hyrtl-Feier. 

Am 8. December versammelten sich die Deputationen des 
med. Prof.-Coil., des med. Poct.-Coll. und der med. Studentenschaft 
bei Hofrath Hyrtl in Perchtoldsdorf, um ihm die Glückwünsche 


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zur Feier seines 71. Geburtstages darzubringen. Die Deputation des 
Prof -Coli, bestand aus dem Decan Prof. Hofmann, den Professoren 
Meynert und Dittel (Heschl war krank) und den Dooenten und 
Assistenten Nicoladoni, Chiari und Ultzmann. Hyrtl beantwortete die 
von dem Deean Prof. Hofmann in lateinischer Sprache vorgetra¬ 
gene Glückwunsch-Adresse*) in seinem classischen ciceronianischen 
Latein, wies auf die hohe Bedeutung der Wiener medicinischen 
Schule hin, welche die ersten Männer der deutschen medicinischen 
Wissenschaft zu ihren Förderern und Begründern hatte, betonte die 
Bolle und Bedeutung dieser Schule in der Geschichte der Medicin 
aller Länder, gedachte Bokitansky’s, Skoda’s und der letzt dahinge¬ 
schiedenen Grössen — Hebra, Dumreicher und Patruban, und dankte in 
ausnehmend bescheidener Weise für die ihm heute gewordene Aus¬ 
zeichnung und Ehre. 

Nach halb 1 Uhr erschien die Deputation des Wiener med. 
Doct.-Coll., in Abwesenheit des Präsidenten Dr. v. Schmerling und 
des durch Krankheit verhinderten Vice-Präsidenten Dr. P r e y s s, geführt 
von dem Vicepräsidenten Dr. Hopfgartner, bestehend aus dem Secre- 
tär Dr. Beitter und den Mitgliedern v. Khautz, Kernecker, Lederer, 
Scholz, Mittler, Winternitz David und v. Gunz, welchen sich Dr B. Kraus 
und Dr. Grünfeld anschlossen. Die beglückwünschende Ansprache 
Dr. Hopfgartner’s, welche zugleich den Gefühlen der Verehrung des 
Collegiums für den Jubilar Ausdruck gab, gipfelte in einer geistreichen 
Anspielung auf die Opera Hyrtliana, welche durch ihre Uebersetzung 
in alle lebenden Sprachen die Versöhnung aller Nationalitäten in der 
Wissenschaft darstellt. Hierauf überreichte der Secretär dem Meister 
Hy rtl die in Gold, Silber und Bronce geprägte Denkmünze, welche 
auf der Aversseite das wohlgetroffene Bild Hyrtl’s von der Meister¬ 
hand Schar ff* 8 ausgeführt zeigt. 

Hyrtl war in einer Weise gerührt, dass ihm die Thränen 
von der Wange rollten, und er konnte das Ehrengeschenk nicht 
lange genug betrachten. „DaB, meine lieben Freunde“, sagte er 
endlich, „ist das grossartigste, mich aufs höchste beseligende Zeug- 
niss eurer Anhänglichkeit, welches ich höher halten werde, als alle 
äusseren Ehrenzeichen, die mir jemals in meiner Eigenschaft als 
Lehrer und Forscher verliehen wurden. Ich werde es bis an den 
letzten Tag meines Lebens heilig halten. Ich bin ein Eremit; was 
kann mir in meiner Einsamkeit höher und heiliger sein, als der 
Besuch der geehrten Vertreter des Wiener med. Doct.-Coll. Sagen 
Sie jedem einzelnen Mitgliede meinen tiefgefühlten Dank, melden 
Sie jedem die Freude, die er mir durch Euch bereitet hat, und ver- 


*) Die Adresse trägt folgende Widmungsaufsohrift: „Q B. F. F. F. Q. 8. 
Virum summum Josephnm Hyrtl, Professorem Vindobonensem anno p. Cbr. 
1880 Decembris mensis die VH. Natalitia septnagesima agentera exanimi sen- 
tentia gratulabundi salvere jusserunt Ordinis Medicorum in Academia Vindo- 
bonensi Professor es et privatim Dooentes“. Die Adresse sohliesst nach Auf¬ 
zählung der Verdienste des Gefeierten mit den Worten Linn4s an Haller „Vale 
et vive diu felix, artis nostrae sidus et ornamentum“. Der Adresse sind die 
Namen von 55 Professoren und 52 Dooenten der hiesigen med. Faoultät bei¬ 
geschlossen, 


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sichern Sie das ganze Collegium meiner unverbrüchlichen Anhänge 
lichkeit“. 

Nachdem sich Hyrtl mit jedem Einzelnen der Deputations- 
Mitglieder, die er aus ihrer Studentenzeit her trefflich zu charak- 
terisiren wusste, unterhalten hatte, war es 2 Uhr geworden, und die 
Mitglieder der Deputation waren nun die Gäste seiner Festtafel im 
H6tel „zum schwarzen Adler“ in Perchtoldsdorf, dessen Saal festlich 
decorirt war. 

Den ersten Toast sprach Vice-Präsident Dr. Hopfgartner auf 
das Wohl Hyrtl’s, welchen der Jubilar durch folgenden Toast auf 
das Collegium erwiderte: „Dem Träger der Wissenschaftlichkeit 
in der ausübenden Heilkunde, — dem Kenner, Schätzer und 
Belohner wissenschaftlichen Verdienstes, — dem edelsinnigen 
Förderer und Unterstützer nützlicher und menschenwürdiger 
Bestrebungen,— dem hochachtbaren Repräsentanten des Fort¬ 
schrittsgeistes in der praktischen Medizin, welcher in den Krankheiten 
nicht mehr wie einst blos Erscheinungen sieht, welche beob¬ 
achtet und nach herkömmlichen Regeln behandelt zu werden brauchen, 
sondern sie als naturwissenschaftliche Probleme auffasst, 
deren Lösung auf wissenschaftlichem Wege erstrebt werden muss, weil sie 
auf empirischen Wegen nicht erstrebt werden kann, — dem würdigen 
Vertreter, dem Mehrer und Befestiger der ärztlichen 
Standesehre, — dem muthigen Kämpfer für uralte und verbriefte 
Standesrechte, — dem immer und allezeit bereiten Freunde und 
Woh'lthäter hilfsbedürftiger Collegen, — dem grossmüthigen 
Spender tausendfältigen Segens in allen Classen und Schichten 
der Bevölkerung; alle diese Ehrentitel in Einem Ausdrucke zu¬ 
sammengefasst : dem medizinischen Doctoren-Collegium 
Wiens, ein dreifaches, zehnfaches, hundertfältiges, in allen dank¬ 
baren Wiener Herzen wiederhallendes Lebehoch!“ 

Es sprach sodann Dr. v. Khautz seine Freude darüber aus, 
dass er das hohe Glück habe, seinen Lehrer Hyrtl noch ebenso 
jung, so lebensfrisch und so geistesstark zu sehen, wie vor zwei¬ 
undzwanzig Jahren. Gemeinderath Dr. Kernecker entbot dem 
Jubilar als Ehrenbürger der Haupt- und Residenzstadt Wien die Glück¬ 
wünsche der Grosscommune, die es sich zur höchsten Ehre anrechne, 
den Jubilar in ihrem goldenen Buche eingetragen zu haben. Redacteur 
Dr. Kraus erhob sein Glas auf das Wohl der Gattin des Jubilars, der 
gemüthvollen Dichterin, welche als die würdige Lebensgefährtin des 
grossen Gelehrten mit innigem Danke und höchster Anerkennung 
gepriesen zu werden verdiene. Dr. Lederer brachte auf den Jubilar 
als ausgezeichneten Lehrer einen Toast aus. # ) 

*) Dieser Toast lautet: Bekanntlich gibt es Gerichte, die ganz einfach 
ohne besondere Zubereitung uns trefflioh munden, während andere sich dieser 
Eigenschaft nioht erfreuen; allein das beste Gericht sagt uns nicht zu, wenn 
wir es immer wieder und wieder auf die Tafel bekommen, und selbst der 
galante Franzose weist die gewiss wohlschmeckenden Rebhühner, wenn sie 
ihm zu oft yorgesetzt werden, mit den Worten zurück: „toujours perdrix“. 
In solchen Fällen weiss ein tüobtiger Kochkünstler durch eine neue gefällige 
Form oder durch pikante Zuthaten das unliebsame Gericht uns mundgerecht 
zu machen. Nicht anders verhält es sich mit der Nahrung des Geistes, zu 


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Professor Hyrtl erhob sich hierauf und sprach: 

„Ihr habt den Professor leben lassen, der Professor hält es 
für seine Pflicht, auch der Wissenschaft im Kreise wissenschaft¬ 
licher Männer zu gedenken. Ich wünschte, dass das, was ich sagen 
werde, nicht blos hier unter uns, sondern draussen, soweit in Oester¬ 
reich die deutsche Zunge reicht, vernommen werden möge. Es 
wäre höchste Zeit dazu. Es sind nun bald 300 Jahre her, dass 
ein grosser Gelehrter und Staatsmann, Baco vonVerulam, Lord¬ 
kanzler von England unter Jakob I., in seinem berühmten Werke 
„De augmentis scientiarum“ die denkwürdigen Worte niederge¬ 
schrieben hat: „Quantum scimus, tantum possümus,“ was seine 
Landsleute kurzweg mit „Knowledge is power“ übersetzten. Der schöne 
Gedanke, der aus diesen Worten spricht, wurde von allen gebildeten 
Nationen aufgenommen und in ihren Sprachen wiedergegeben. Selbst 
bis nach Oesterreich ist er nach und nach gekommen; wir haben 
es vor wenigen Jahren aus dem Munde eines Ministers vernommen: 
„Wissenschaft ist Macht.“ Diese Worte sagen jedoch viel zu wenig. 
Die Wissenschaft ist nicht blos Macht — sie ist eine Grossmacht 
— ja mehr noch, sie ist eine Weltmacht geworden, weil kein 
gebildetes Volk der Erde sich ihrem gebieterischen, allmächtigen 
Einfluss entziehen kann. Deutschland gebührt der Kuhm, durch 
seine grossartigen Leistungen in allen Gebieten des menschlichen 
Wissens und Forschens das Meiste dazu beigetragen zu haben, die 
Wissenschaft auf diese Hohe erhoben zu haben. Wenn auch Deutsch¬ 
land, jahrhundertelang in Sonderinteressen zerspalten und in poli¬ 
tische Ohnmacht versunken, hatte lernen müssen, sich an die 
Geringschätzung der Welt zu gewöhnen, so ist es doch die deutsche 
Wissenschaft gewesen, an welcher das Selbstgefühl dieser grossen 
Nation zu allen Zeiten sich ruhmvoll und mit stolzem Bewusstsein 
hat erheben können. Zwar ist es mit Deutschlands politischer Be¬ 
deutung in unseren Tagen anders geworden. Der Ruhm gewaltiger 
Waffenthaten, glänzender Siege, eroberte Länder hat die jüngst 
erstandene deutsche Einheit gekrönt. Aber dieser Ruhm ist nicht 
immer der reinste, denn auch Barbaren haben ihre blutigen Fahnen 
durch die eroberte Welt getragen. Aber um den Lorbeer, welchen 
sich die deutsche Wissenschaft um die Schläfe windet, trauert keine 
Daphne, und die Thränen des Elendes und der Verarmung haben 
ihn nicht benetzt, sondern tausendfältiger Segen ist ihm entsprossen 
durch Menschenglück und Menschenwohlfahrt. Darum Hoch die 

deren Aufnahme er sich bald freundlich, bald aber feindlich stellt. — Von 
den 1000 und aber 10Ö0 Sohülern des Jubilars, den wir heute feiern, ist 
gewiss eine grössere Anzahl mit Unlust an das Studium der Anatomie ge¬ 
gangen und ihr Geist musste zur Aufnahme derselben dem Körper ein Opfer 
bringen, weil sie dieser zu seiner künftigen Erhaltung benöthigte. Meister 
Hyrtl wusste nun durch seine treffliohe Vortragsweise, durch eingestreute 
geistreiche Apercus, durch Anwendung derselben auf die praktische Heilkunde 
seinen gewiss nioht schmackhaften Gegenstand derart zu würzen, dass die 
Schüler durch ein ganzes Jahr einer jeden Vorlesung mit Lust und Liebe 
entgegensahen Nicht jeder Gelehrte ist ein Lehrer. 

Ich erhebe daher das Glas und bringe dem unvergesslichen Lehrer, der 
wie kein Zweiter es verstand, die Jugend für sein Faoh zu begeistern, ein 
Hoch. (Stürmische Zustimmung:) 


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deutsche Wissenschaft, hoch ihre Organe, die deutschen 
Universitäten, denen sich alle Männer der Wissenschaft, somit 
auch wir, wenngleich in weiter Feme, doch so nahe verbrüdert 
fühlen. Nochmals hoch die deutsche Wissenschaft, 
hoch die deutschen Schulen und die deutsche Sprac'he! 

Nachdem der stürmische Beifall, den diese Worte Hyrtl’s 
geweckt hatten, verklungen war, folgte ein Toast von Dr. Scholz 
auf die unvergängliche Jugend, welche die Wissenschaft ihren Söhneu 
gewährt und deren auch Hyrtl sich erfreut, wie dies durch 
das Bild auf der Medaille für ewige Zeiten der Nachwelt über¬ 
liefert ist. Dr. Winternitz toastirte auf die Kunst, welche es 
ermögliche, die Züge des geliebten Lehrers der Nachwelt in E-z 
zu überliefern, wofür der anwesende Künstler der Hofkammer- 
Medaillen, Schar ff, dankte. Dr. Grünfeld toastirte auf die Lands¬ 
mannschaft Hy rtPs als Ungar, während Dr. Reitter dessen Wiener 
Gemüthlichkeit pries. Die letzten Toaste brachten Dr. von Gunz und 
Dr. Mittler aus, von denen Ersterer in ganz vorzüglicher Weise in 
seinem und vieler Collegen Namen zweier Momente aus dem Zu¬ 
sammenleben mit Hyrtl gedachte: der Einführung desselben durch 
B e r r e s und Czermak in die Naturforscher - Versammlung zu 
Prag 1837 und 1856 in jene zu Wien. 

Als dann ein Theil der Festgenossen sich zurückgezogen hatte, 
um einen Bericht über die schöne Feier zu verfassen, haben auf 
Anregung HyrtPs die bei den Pokalen noch zurückgebliebenen 
Prof. Müller, v. Gunz, Friedlowsky, Scharff, Schulze und andere 
Getreue die Gläser erhoben, um dem Vater Preyss ein herzliches 
„Vivat und Reconvalescat“ zu bringen, und dem guten, thatkräftigen 
Manne, der das Collegium so würdig vertritt, als Förderer dieses 
Festes, an dem er nur im Geiste theilnehmen konnte, unter Hände¬ 
klatschen und freudigen Acclamationen den Dank auszusprechen. 

Der ärztliche Verein der westlichen Bezirke Wiens liess durch 
die Doctoren Anton v. K h au t z und Ignaz Lederer dem Jubilar 
Hofrath Hyrtl einen silbernen Lorbeerkranz überreichen mit der 
Widmung: „Dem hochverehrten Lehrer der ärztliche Verein der 
westlichen Bezirke. 7. December 1880“. Ebenso beglückwünschte 
den Jubilar im Namen des ärztlichen Vereines im III. Bezirke 
das Vorstandsmitglied desselben, Dr. Reitter. — Tagsvorher 
empfing Hyrtl eine Deputation des Vereines der Aerzte Nieder¬ 
österreichs, dann die der ärztlichen Vereine des I., II. und die 
der südlichen Bezirke Wiens. Letztere 2 Vereine überreichten dem 
Jubilar Adressen, welche sich in sehr schön ausgestatteten Enveioppes 
befanden. Bei dem Abends in Perchtoldsdorf veranstalteten Concerte 
schmeichelte man sich, dass der Jubilar erscheinen werde, allein diese 
Hoffnung wurde getäuscht. Das Concert selbst unter Leitung des 
verdienstvollen Schullehrers Merz bot vortreffliche Leistungen. 

# * # 

Am 10. d. M. wurde dem Stellvertreter des noch abwesenden 
Präsidenten, Dr. Preyss, nachstehendes an das Collegium gerichtete 
Dankschreiben vom Jubilar zugesendett 


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HocfclSbliches Wiener mediciniscbeg Doctoren-Colleginm. 

Werthe Freunde und Collegen! 

So lange ich Professor gewesen bin, war mein Streben dahin 
gerichtet, die Achtung meiner Schüler zu verdienen Sie haben mir 
aber mehr gegeben. — Sie schenkten mir Ihre Freundschaft und 
Liebe. Braucht es eines Beweises dafür, kann er aus dieser Medaille 
reden, in welcher ich ein Denkmal, nicht meines Verdienstes, son¬ 
dern der treuen Anhänglichkeit meiner ehemaligen Zuhörer verehre. 
— Der Werth des Lebens eines wissenschaftlichen Mannes kann 
nur nach dem beurtheilt werden, was ihn überlebt. Die Bücher, 
welche ich geschrieben, die Museen, welche ich eingerichtet habe, 
werden vergehen und aufhören zu sein, während dieses Erz der 
späten Nachwelt noch Kunde geben wird, dass in Wien ein Anatom 
gelebt, welchen die von ihm unterrichteten Aerzte einer solchen 
Auszeichnung würdig gehalten haben. — Meinen Namen durch 
eine förmlich so bedeutungsvolle Ehrenbezeugung auf die kommen¬ 
den Geschlechter übertragen zu wissen, und mich jenen grossen 
Anatomen an die Seite gestellt zu sehen, deren Schaffen und Wirken 
die dankbare Wissenschaft durch ein gleiches Erinnerungszeichen 
feierte, macht mich wahrhaft glücklich und stolz, und selbst der 
Blick in die Zukunft, in deren nächster Perspective ein Grabstein 
steht, verliert seine Wehmuth, wenn diesen Stein ein solches Ehren¬ 
zeichen schmücken wird. 

Ich will nicht mit dem römischen Imperator, dem alle Wünsche 
in Erfüllung gingen, sagen: nunc lubens moriar; ich möchte viel¬ 
mehr noch länger unter den Lebenden weilen, um die Freude, die 
Sie mir bereitet haben, durch den Rest meiner Tage noch gemessen 
zu können.' Es soll an mir nicht fehlen, meinen Freunden zu 
zeigen, dass sie ihre Gunst nicht einem abgelebten Greis, sondern 
einem Manne geschenkt haben, welcher noch Lebensmuth und Ar¬ 
beitskraft in sich fühlt, mehr vielleicht, als mancher jüngere Genosse 
seines Standes. 

Mögen Sie Alle so glücklich durchs Leben gehen, wie Sie 
mich durch Ihre edle Grossmuth gemacht haben, und mögen Sie 
zuweilen an den Einsiedler in der Burgruine von Perchtoldsdorf 
denken, unter dessen Führung Sie der Blüthen der Wissenschaft ge¬ 
wartet, welche Sie jetzt, als praktische Aerzte, mit ihren Früchten 
belohnt und erfreut. 

Nehmen Sie meinen tiefgefühlten Dank freundlich auf! — er 
kommt vom Herzen Ihres treu ergebenen Freundes Josef Hyrtl, 
Perchtoldsdorf im Thurme, 9. December 1880. 

Notizen. 

Internationaler medieinischer Congress in London 1881. Vom General- 
seoretariate des genannten Congresses erhalten wir folgende Communiqudes 
Die Seotionen V. und X. legten folgende provisorisohe Liste von Fragen, die 
zur Disoussion vorgesohlagen werden, vor. V. Chirurgie. I. Die neuesten 
Fortschritte der Chirurgie in Bezug auf die Behandlung der Unterleibskrank¬ 
heiten. 2, Die chirurgische ßehandlungsweise gewisser Krankheitszustände der 
Nieren. 3. Die neueren Fortschritte in der Methode der Entfernung des 
Blasensteins. 4. Die Behandlung der durch Operationen entstandenen Wunden. 


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5, Die Behandlung von Aneurysmen mit elastischem Verband, 6, Die Vortheile 
der frühen im Vergleich mit denen der späten Reseotionen bei Gelenkskrank¬ 
heiten. John Eric Erichsen, Esq., P.R.C.S., F.R.S., Präsident; Prof. E. H. 
Be nett, MD., Prof. Humphry, M.D., W. 8, Savory, Esq., F.R.S,, Vice- 
Präsidenten; H, G, Howse, Esq., M.S, Thomas Smith, Esq., Seoretäre, Alle 
auf Seotion V, bezüglichen Mittheilungen müssen adressirt werden an: H, G. 
Howse, Esq., M.S., 10, 8t. Thomas Street, London, 8 E. - X. Ohrenheilkunde. 

1. Ueber den Werth von Operationen, die den Schnitt des Trommelfells erheischen, 

2. Ueber krankhafte Auswüchse im Ohr und deren Behandlung. 8, Ueber 
den Verlust des Gehörs bei gesundem Zustand des mittleren und äusseren 
Ohres. Der Präsident und die Secretäre würden Jedermann sehr verbunden 
sein, der ihnen Nachricht geben wollte, ob er dem Congress beizuwohnen 
gedenke — auch für etwaige Vorschläge betreffs der obigen Liste. William 
B, Dalby, Esq., Präsident; D. Cassels, Dr. Fitzgerald, Vioe-Präsidenten, 
Alle auf Section X. bezügliche Mittheilungen müssen adressirt werden an: 
W. Laidlaw Purves, ß, Stratford Place, Oxford Street, London W., Urban 
Pritohard, 3, George Street, Hanover Square, London, W-, Secretäre, 

Sterbefall. Am 1. d. M. starb in Wien nach längerem Leiden noch 
ein älteres Mitglied des Collegiums. Herr Dr. Johann Romioh, geboren zu 
Diöszegh in Ungarn am 14. April 1815, vollendete seine medicinisohen Studien 
in Wien, wurde an hietiger Universität im Jahre 1841 zum Doctor der Medicin 
promovirt und im Jahre 1846 als Mitglied in die medioinische Faoultät aufgenommen. 
Nach kurzer Dienstleistung im allgemeinen Krankenhause wurde er Armenarzt 
im IX. Bezirke, wo er auch als Specialist für Behandlung von Fussleiden 
aufgetreten und als solcher weit bekannt wurde. Ihn erfasste eine solche 
Leidenschaft für solche Kranke, dass er, kleine Legate abgerechnet, sein 
ganzes nicht unbedeutendes Vermögen zur Stiftung eines Spitals für Fuss- 
kranke hinterliess, das er unter die Obhut des Doctoren-Collegiums gestellt 
haben will. Die näheren Details dieser letztwilligeu Anordnung sind uns noch 
unbekannt, da die legale Abschrift des circa zehn engbeschriebene Bogen 
füllenden Testamentes dem Collegium erst demnächst zukommen wird. 

Wohnnngsveränderung. Dr. Federn wohnt jetzt I, Rothethurm- 
strasse 22; — Dr. B a s s 1 i n g e r VI., Kaserngasse 14; — Dr. Z i c k 1 e r zu 
Johannisthal in Böhmen; — Dr. Deutsch J. in Berlin, Friedriohstrasse 94. 

Ordinationsstunden. Dr. Max Kassowitz ordinirt von 3—4 Uhr; 
— Dr Josef Hermann von 11 — 1 Uhr; — Dr. D ostal von 2— 4 Uhr. 

Einladung 

zu der am Montag den 20. December, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), I., Sonnenfelsgasse 23, 

st&ttfindenden 

Wissenschaftlichen Versammlung. 

Programm: 

1. Vorstellung von Kranken. 

2. Vortrag des Herrn Prof. Dr. Ludwig Mautbner: Ueber das We*en und 
die Bestimmung der Farbenblindheit. 

Dr. Preyss, Vice-Pr äsident Dr. Karl Reitter , Secretär. 

Von der vom Wr. med. Doct.-Coll. dem Prof\ Hyrtl zu 
Ehren vom k . k . Münzgraveur Herrn Scharff mit vollkommener 
Portraitähnlichkeit angefertigten Medaille sind die subscribirten 
Exemplare in Bronce in der Kanzlei des Collegiums (1. Rothe - 
thurmstrasse 23) zu beziehen und werden die Herren Subscribenten 
ersucht , dieselben gegen Erlag von 3 fl. in Empfang nehmen zu 
wollen Solche Medaillen liegen auch in den Buchhandlungen 
W. Braumüller , L. W. Seidel und Toeplitz und Deuticke zur 
Ansicht auf. 

Die nächste Nummer, die letzte in diesem Jahre, erscheint 
am 28. December. _ 

Herausgeber und Verleger: Wiener medicin. Doct -Ooll. — Verantwortlicher R<>daoteur 
l>r. L. Hopfgartner. — Üeeelleohafu-Buehdruokerei, Wien, III. Erdberg strasse S. 


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TI. Bd. Ausgegeben am 23. December 1880. JWr. SS 


fflTTHEMNGEN 

des 

ffiBncr niBdiciDiscjtBD DoclorBU-Coll0Oinms. 

Erscheint jeden zweiten Donnerstag ein halber bis ein ganzer Bogen and darüber, an 
90 Bogen im Jahre. — Ganzjährige'; Abonnement für Nichtmitglieder des Oollegiams im In¬ 
lande 8 fl., nach dem Anslande 6 Birk. — Einzelne Nummern 25 kr. = 50 Pfg. — Inserate 
15 kr. = 80 Pfg. für die durchlaufende Petit-Zeile. 

Man pränomerirt in der Medicin. Buchhandlung Toeplitx de Deatioke 
(vormals Karl Ciermak), Wien, I., Schottengasse 6. 
Zisehriften und Zusendungen an die Redaetion: Wien, Kanlei des Wiener aed. 
Doet-Coll. und der Witwen- und Waisen-Societät, Rothenthurmstrasse 23» 


Inhalt: Wissenschaftliche Versamlung am 6. December: Vortrag des Df. Weinberg: Zur 
Technik der Endoscopie. (Fortsetzung und Schluss.) — Aus dem G-eschäftsrathe. — Litera¬ 
rische Anzeigen. — Notizen. — Einladung. 

Wissenschaftliche Versammlung vom 6. December. 

Zur Technik der Endoskopie. 

Tortrag von Dr. J. Weinberg. (Fortsetzung und Sohluss.) 

Die Einführung eines Endoskops ohne Conductor in die 
Urethra geschieht folgender Weise: Nach vorgenoramener Be- 
fettung des Cylinders und des Orificiums urethrae cutaneum wird 
der erstere schreibfederartig an seiner Mitte mit dem rechten 
Daumen, Zeige- und Mittelfinger gefasst, während das Orificium 
mittelst des linken Daumens und Zeigefingers nach oben ge¬ 
richtet und durch leichten Druck auf die Eichel von vorn nach 
hinten etwas klaffend gemacht wird. 

Nun wird die rechte Hälfte des Visceralendes gegen die 
linke Lippe des Orificiums in schiefer Richtung gedrückt und 
hierauf der Tubus axial zur Harnröhre gehoben, wodurch unter 
stetem, leisen Druck auch die linke Visceralhälfte neben der 
rechten Lippe in die Uretra schlüpft. Jetzt wird das Endoskop 
am Trichter gefasst, und zwar mit dem rechten Daumen und 
Zeigefinger, und in den vertical gehaltenen Penis langsam ge¬ 
drückt. In einzelnen Fällen stösst man 1—2 Ctm. tief auf ein 
kleines Hinderniss, von derValvula fossae navicularis herrührend; 
dieses wird durch leichtes Andrücken des Visceralendes an der 
einen oder der andern Seite der Wandung überwunden und das 
Endoskop gleitet nun ohne Störuug bis zur Pars bulbosa. 

Wird jetzt der Tubus hiermit auch der Penis aus der 
verticalen in die horizontale Richtung gebracht, der Trichter 
zwischen linken Daumen und Zeigefinger gefasst und stets unter 
Controle des Auges langsam so vorgeschoben, dass er stets 
axial, d. i. central eingestellt, in der Harnröhre verläuft, so gelangt 
man auf einmal wie mit einem Ruck durch den Isthmus in 
die pars membranacea und schliesslich in die pars prostatica. 


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Will man im Verlaufe der Einführung eine Stelle fixiren, 
so hält man mit dem linken Daumen und Zeigefinger den 
Trichter, während man die übrigen Finger auf dem Rücken 
des Gliedes und dadurch mittelbar auf dem Tubus ruhen lässt. 

Nur in jenen seltenen Fällen, wo das Orificium externum 
so eng ist, dass man mit einer dieser Nummern nicht entriren 
kann, benütze ich mit gutem Erfolge Hartkautschuk-Dilatatorien. 
Ein 4 Cm. langer abgerundeter, sich nach unten verjüngender 
Hartkautschukstift trägt an seinem dickeren Ende eine Cm. 
im Durchmesser haltende Scheibe aus demselben Materiale. 
Der Rand« der Scheibe ist stark gekerbt und das freie Ende 
des Stiftes abgerundet. Jeder der 4 Cm. entspricht einer der 
vier auf einanderfolgenden Nummern der Charriere’schen Filiere, 
von denen die grössere an der oberen, die kleinere an der 
unteren Fläche der Scheibe zu lesen ist. 

Mit 3 solchen Dilatatorien, welche den Nummern 12—16, 
16—20, 20—24 des Charriere’schen Massstabes entsprechen, 
kann jedes verengte Orificium so ausgedehnt werden, um ein 
passend weites Endoskop einführen zu können. 

Die Dilatatorien nach Dittel sind zur Erweiterung von 
Stricturen im vorderen Theile der Urethra bestimmte Metall¬ 
stifte. Jeder derselben ist 6 oder 9 Cm. lang und die obere, 
Hälfte entspricht stets einer einzigen Nummer der Charriere- 
schen Filiöre. Will man diese zur Erweiterung von einer abnorm 
angebornen oder erworbenen Enge eines Orificiums benützen, 
so müssen dieselben ziemlich tief in die Urethra eingeführt werden. 
Auch weiss man nicht, insolauge noch der- untere Theil des 
Stiftes im Orificium steckt, wie weit die Erweiterung schon 
gediehen ist, während dieselbe bei meinen Dilatatorien bei 
jedem Centimeter genau bekannt ist. Dass das Gefühl bei der Er¬ 
weiterung mit Bartkautschukstiften nicht so unangenehm ist, 
wie bei denen aus Metall, brauche ich nicht erst hervorzubeben. 
Auch die Conductoren der Grünfeld’schen geraden Endoskope 
können als Dilatatorien verwerthet werden, jedoch nur bis Nr. 20, 
dem dicksten Leitstabe von Tubus Nr. 24, daher man zum 
Zwecke der Erweiterung auf eine höhere Nummer als 20 doch 
zu einem anderen Instrumente greifen muss. 

Ich hoffe durch diese Modification des Harnröhrenspiegels 
und dessen Anwendungweise die endoskopische Untersuchung 
in jeder Hinsicht speciell für den praktischen Arzt gefördert zu 
haben, da selbst der wenig geübte Untersuchende nicht mehr 
Gefahr läuft, die Schleimhaut zu verletzen. 

Die vielen Cautelen, die man sich aneignen musste, um 
mit dem Metalltubus sowohl beim Einführen des Endoskops, 
als Zurückziehen des Conductors, und Besichtigen des Seh¬ 
feldes, nicht die Schleimhaut zu ritzen, und daher leichte 
Blutungen hervorzurufen, sind jetzt überflüssig oder wenigstens 
bedeutend geringer zu achten. 


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315 


Aber nicht bloss für den praktischen Arzt, sondern auch 
für den Endoskopiker von Fach gewähren diese Hartkautschuk¬ 
tuben schon jetzt eine Erleichterung bei der Untersuchung der 
tiefem Theile der Harnröhre. 

So erklärt Grünfeld in seiner Publication: „Weitere 
Beiträge zur endoskopischen Untersuchung des Samenhügels“*), 
dass er mit den Hartgummi-Endoskopen ohne Conductor viel 
leichter den Samenhügel von vorn nach rückwärts einstellen 
kann als mit den mit Conductoren armirten Metalltuben. 

In dem eben erschienen ausführlichenen Werke dieses 
Autors: „Die Endoskopie der Harnröhre und Blase“ 2 ) hebt er 
auf Seite 33, 72 und 78 die bereits von mir bezeichneten Vor¬ 
züge dieser Endoskope hervor. Auch er findet, dass man sie 
ohne jeder Gefahr innerhalb der Harnröhre ohne Conductor von 
vorn nach hinten schieben kann, ohne die Schleimhaut zu ver¬ 
letzen, und dass man durch die stete Controle des Sehfeldes 
während des Einführens sehr leicht die tieferen Theile der 
Urethra zur Ansicht zu bringen im Stande ist. 

Ganz anders spricht sich A u s p i t z 3 ) in seiner Kritik über 
diese „neuen“ Instrumente aus: 

„1. Alles, was der Verfasser über die Verletzungen und 
dergleichen bei Anwendung der metallischen Tuben mit Con¬ 
ductor und Scheibe nach Steurer oder Au spitz behauptet, 
ist unrichtig. Wer damit umgehen kann, verletzt nie die Harn¬ 
röhrenschleimhaut. “ 

Darauf muss ich erwidern, dass dies nicht mir, sondern 
den Endoskopikern Grünfeld, Steurer, Gschirhakl und 
gewiss auch—Auspitz geschah und noch geschieht, häufiger 
aber noch den viel jüngeren Endoskopikern und solchen, die 
es erst werden wollen. Ich behauptete und behaupte noch, 
dass die Verbesserungen nach Steurer am einfachen geraden 
Endoskop sich nicht bewährt haben, und solches hat Auspitz 
zum Theile selbst nachgewiesen, denn erstens hat er dem 
S t e u r e r’schen Visceralende seine ursprüngliche Form nach 
G r ü n f e 1 d wiedergegeben , und zweitens schreibt er vom 
Trichter des S t eur er’schen Endoskops: derselbe ist „übri¬ 
gens ziemlich überflüssig“. Trotzdem lässt er ihn unver¬ 
ändert an seinem Instrumente. 

Auch die Verbesserung am Conductor nach Steurer 
bewährt sich nicht. Die Olive bleibt nämlich am Ocular-Ende 
sehr leicht hängen, wenn der Mandrin aus dem Endoskop nicht 
vollkommen axial zurückgezogen wird. Dieser unliebsame Zu- 


*) „Wiener med. Blätter“ Nr. 10, 11, 12 und 13 (1880). 

2 ) „Deutsche Chirurgie“, herausgegeben von Prof. Dr. Billroth und 
Prof. Dr. Luecke, Lieferung 51. Die Endoskopie der Harnröhre und Blase 
von Dr. Josef Grünfeld. Stuttgart 1881. 

8 ) Vierteljahressohrift für Dermatologie und Syphilis. 1881. II. und 
III. Heft, pag. 375. 


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fall, welcher beim Grünfel duschen Leitstabe gar nicht ein- 
treten kann, erzeugt aber auch jene für den Patienten höchst 
unangenehme und oft schmerzhafte Erschütterung des einge¬ 
führten Tubus, welche eben Steurer durch seine neue Con- 
ductorform aus anderen Gründen hintanzuhalten angestrebt hat. 

Es bleibt noch als letzte Veränderung die von Steurer 
angegebene Scheibe übrig, welche merkwürdigerweise einen 
gegeh den Trichter hin gebogenen Rand besitzt, der beim län¬ 
geren Endoskopiren einen nicht zu vermeidenden, ziemlich 
fühlbar belästigenden Druck auf die Finger des Untersuchenden 
ausübt. Der doppelte Zweck dieser Scheibe, mittelst grösserer 
Oberfläche auf die pars pendula zu drücken und zugleich zu 
verhüten, dass sich die Harnröhre über den trompetenartigen 
vorderen Ansatz des Endoskops verschiebe, wird gewiss viel 
praktischer durch Anbringung eines Ocular- Endes an dem 
Metalltubus erreicht, das dem meiner Hartkautschukspiegel 
ähnlich ist. Ich habe daher Grünfel d’sche Metalltuben ohne 
trompetenartigen Trichter beim Instrumentenmacher Reiner 
anfertigen lassen. 

Durch diese Auseinandersetzungen glaube ich den Beweis 
geliefert zu haben, dass Steurer durch die am einfachen 
geraden Endoskop angebrachten Complicationen seinen Zweck, 
Verletzungen der Schleimhaut hintanzuhalten, nicht erreicht, 
vielmehr dessen Handhabung erschwert hat. Die dem Grün¬ 
fel dachen und Steurer’schen Endoskope anhaftenden Mängel 
sind im A u s p i t z’schen vereint zu finden, daher ich durch 
genaue Prüfung der Thatsachen zu dem Schlüsse kam und 
komme, dass man mit den S t e u r e r’schen und Ausp it z’schen 
Instrumenten noch leichter verletze, als mit dem Grünfeld- 
schen, selbst wenn man ein geübter Endoskopiker ist. 

Insolange A u s p i t z mir keine anderen Argumente, als: 
„was Weinberg etc. behauptet, ist unrichtig“, entgegen¬ 
stellt, muss ich mein Urtheil als richtig gelten lassen. 

Ferner sagt A. 2. Gegen das Einführen von Endoskopen 
aus Hartkautschuk, wenn sie gut verfertigt sind, anstatt der 
metallischen ist nichts einzuwenden. Wohl aber muss darauf 
hingewiesen werden, dass dadurch 

3. auf den Gewinn verzichtet wird, welcher aus innen 
polirten hellen Tuben für die Lichtstärke resultirt, wie er es 
seinerzeit demonstrirt hat. 

Darauf muss ich erwidern, dass bei den Kautschuktuben 
die Innenfläche durch die blosse Fabrication spiegelglatt und 
glänzend ist. Ich lasse sie aber matt schleifen, weil ich mich 
überzeugt hatte, dass, so oft der Mechaniker dieses zu thun 
unterlassen hat, ich durch die unzähligen Reflexbilder des 
Instrumentes kein reines und deutliches Bild von der Schleim¬ 
haut erhalten habe. Bei Metalltuben geht überdies die spie¬ 
gelnde Fläche nach einer einzigen Aetzung mit Nitr. argent. 


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317 


u. dgl. verloren, und das theilweise glänzende, theilweise matte 
Innere des Tubus erhöht die störende Wirkung zur Erhaltung 
eines constant deutlichen Bildes. Aus diesem Grunde verzichten 
auch alle Specialisten auf den Gewinn der Lichtstärke bei Röhren, 
so Zaufal bei seinen Nasentrichtern, die Ohrenärzte bei ihren 
Ohrentrichtern, ja selbst die Frauenärzte bei ihren voluminösen 
Speculis, die sie an der Innenfläche nur matt haben wollen. Uebri- 
gens erklären die Augenärzte eine stark glänzende Innenfläche 
einer Röhre als einen Nachtheil für deutliches Sehen und 
meine Erfahrungen bestätigen diese Thatsache beim Endoskope. 

Schliesslich meint A, 4. „Das Einführen solcher Tuben 
ohne Conductor ist ebenso wie das Untersuchen von vorn 
nach rückwärts unter allen Umständen zu verwerfen, weil es 
stets unnütz ist, aber möglicherweise gefährlich werden kann. 
Die Begründung für diese Behauptung ist für jeden Endoskopi- 
ker, der mit solchen Tuben ohne Conductor Versuche angestellt 
hat, vollkommen überflüssig. A. zweifelt daher auch gar nicht 
daran, dass der Erfinder selbst heute schon seine Hartkaut¬ 
schuktuben mit Conductoren armirt.“ 

Als Erfinder der Hartkautschuktuben ohne Conductor 
muss ich nun dem Referenten die Mittheilung machen, dass 
ich zu meinen Endoskopen schon aus dem Grunde keine Con¬ 
ductoren anfertigen lasse, damit der Mechaniker nicht in die 
Lage komme, das Visceralende dem Conductor anpassend zu 
machen, wie es mir bei den ersten Tuben ergangen ist und 
ich dann statt einen abgerundeten, einen ziemlich scharfen 
Rand am Visceralende erhalten habe. 

Wer aber die Hartkautschuktuben mit einem Conductor 
versehen lassen will, dem ertheile ich den Rath, denselben so her- 
steilen zu lassen, dass er erstens bei zweimal so lang hervor¬ 
rage als bei den metallenen, und zweitens, dass er nur lose 
im abgerundeten, nicht anpassend gemachten Visceralende 
stecke. Mit der Benützung des Conductors verzichtet aber dieser 
Endoskopiker auf die schon von mir und Grünfeld nach- 
gewiesenenVorzüge der Einführung desEndoskops 
ohne Conductor unter der steten Controle des 
Auges. 

Ueber die Dilatatorien fällt Auspitz folgende Kritik: „Die 
Dilatatorien sind ganz überflüssig, weil man eine geringe Er¬ 
weiterung vor Einführung des Tubus durch die Olive des früher 
herausgenommenen Conductors bewerkstelligen kann, freilich 
nur eine sehr geringfügige Dilatation, aber gerade so viel oder 
so wenig als durch die ganz überflüssigen und werthlosen Dila¬ 
tatorien verschiedenen Calibers nach Weinberg.“ 

Aus diesem Urtheile über meine Dilatatorien geht hervor, 
dass der Referent meine Publication nicht genau gelesen oder 
nicht recht verstanden hat, denn ich hebe in derselben aus¬ 
drücklich hervor: „Nur in jenen selte nen Fäll en, wo das 


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Orificium ©xternum so eng ist, dass man mit einer dieser Nummern 
gar nicht ausreicht, benütze ich mit gutem Erfolge Hart¬ 
kautsch uk-Dilatatorien. u 

Daraus folgt, dass ich die Dilatatorien nur in dem selten 
vorkommenden Falle der abnorm engen, angeborenen oder er¬ 
worbenen Orificien gebrauche; in allen anderen Fällen, wo jeder 
mit Conductor armirte Metalltubus das Orificium passirt, entrire 
ich auch ohne jede weitere Vorbereitung den Hartkautschuk¬ 
tubus ohne Conductor. Dort, wo der Endoskopiker bisher zu dem 
Kunstgriffe, mit dem früher ausgezogenen Conductor eine gering¬ 
fügige Erweiterung herbeizuführen, seine Zuflucht genommen 
hat, brauche ich kein Dilatatorium, da ich mit dem stumpfen 
Tubusende des Hartkautschuk-Endoskops diese Erweiterung 
ebenso gut, wenn nicht besser erreiche. 

Hingegen habe ich wiederholt in Gegenwart von Collegen 
nachgewiesen, dass ich in stark verengte Orificien mit einem 
Metalltubus von Nr. 18, 19, 20 oder 21 und höher, trotz der 
ausgiebigsten Erweiterung, mit ihren früher ausgezogenen Con- 
ductoren nicht hineingelangen konnte. Griff ich zu meinen Dila¬ 
tatorien, konnte ich nicht blos das mit Conductor armirte Metall- 
Endoskop, sondern auch jeden Hartkautschuktubus gleichen 
Calibers ohne Conductor in die betreffende Harnröhre einführen. 

Jedenfalls gehört auch einige Uebung dazu. Man muss 
nämlich gleich nach Entfernung des bei einer halben bis ganzen 
Minute eingewirkten Stiftes die eine Hälfte des Visceralendes 
des Tubus in der schon früher beschriebenen Weise gegen das 
klaffend gehaltene Orificium drücken und durch passendes Heben 
des Tubus auch dessen zweite Hälfte in das Orificium hinein¬ 
gelangen lassen. 

Grünfeld 1 ) gibt in seinem Werke bei der Schilderung 
der Einführung des Endoskops in ein verengtes Orificium urethrae 
cutaneum an: „Mit Instrumenten von kleinerem Caliber gelang 
es immer einzudringen, so dass ich zu diktatorischen Hilfs¬ 
mitteln meine Znflucht zu nehm.en höchst selten bemüssigt war. 
Nur in Fällen, wo die genaue endoskopische Exploration der 
Urethra die Anwendung eines Instrumentes von grösserem Durch¬ 
messer erheischen würde, empfiehlt sich die Erweiterung der 
Harnröhrenmündung, die de norma das einzige Hinderniss gegen 
die Wahl stärker calibrirter Tuben abgibt. Es können nach 
mässiger Dilatation Instrumente von beträchtlich grossem Durch¬ 
messer (um 3—4 Nummern Charriere höher) eindringen. Zur 
Dilatation bediene ich mich der Dittel’schen oder Wein- 
berg’schen Stifte.“ 

Aus dem Gesagten geht nun zur Evidenz hervor, dass 
man in gewissen Fällen zum Zwecke einer endoskopischen 


*) L. o. pag. 70. 


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Untersuchung ein verengtes Orificium einer Erweiterung unter¬ 
ziehen muss. 

Wenn nun ein Patient sich zu diesem speciellen Zwecke 
seine verengte Harnröhrenmündung mit Messer oder Scheere 
nicht durchtrennen lassen will, wie wird dann Auspitz zu 
Werke gehen, wenn die Dilatatorien unnütz und werthlos sind P 
Ob dieselben aus Hartkautschuk oder Metall und ob sie nach 
meiner oder Dittel’s Angabe calibrirt sind, spielt hierbei 
keine Rolle. — ZurReinigung des Sehfeldes in den endoskopischen 
Röhren sind verschiedene metallene Tamponträger angegeben 
worden, 

Desormeaux’s Baumwollträger (Tige porte-coton) ist ein 
am unteren Ende geriffter, biegsamer Silberdraht, an welchem 
die Baumwolle befestigt wird. Grünfeld’s Tamponträger ist 
eine pincettenartige Vorrichtung, deren federnde Branchen durch 
einen Ring befestigt werden. Die eine Branche endigt mit 2, 
die andere mit 3 Zähnen, und der Griff ist gegen die Achse 
unter einem stumpfen Winkel gebogen. Die Anwendung dieser 
und anderer Tamponträger lehrte mich, dass die jedesmalige 
Armirung derselben sehr viel Zeit kostet, und dass man bei 
der Untersuchung einer grösseren Anzahl von Patienten oder 
beim Bedarf einer grösseren Menge von Tampons wie bei reich¬ 
licher Blutung u. dgl. einen eigenen Assistenten zur Armirung 
der Tamponträger nothwendig hat. 

In einem im Jahre 1876 im Wr. med. Doct.-Coll. gehaltenen 
Yortrage x ) wies ich auf die grosse und vielfältige Verwend¬ 
barkeit der Charpiebaumwollc hin und sagte: ,,Die Charpie- 
baumwolle kann auch sehr gut zur Bereitung von Pinseln be¬ 
nützt werden. Durch blosses Umwickeln derselben um das Ende 
eines entsprechenden Holzstäbchens erhält man einen zu ärzt¬ 
lichen Zwecken sehr verwendbar grossen oder kleinen Pinsel. 
Bei einiger Uebung des Umwickelns haftet die Baumwolle am 
Stäbchen, insbesondere wenn dasselbe vor dem Ende eine kleine 
Einkerbung besitzt, so fest, dass sie nur mit Mühe von dem¬ 
selben abzuziehen ist u. s. w. a 

Durch das Vertrautsein mit der Verwendbarkeit der Charpie- 
baumwolle zu Pinseln oder Tampons trachtete ich die metal¬ 
lenen Tamponträger durch Holzstäbchen zu ersetzen und so 
entstanden meine Holzstäbchen-Tampons. 

Ein bei 20—25 Ctm. langes, dünnes, gerundetes Holz¬ 
stäbchen wird an beiden Enden so mit Charpiebaumwolle 
umwickelt, dass dieselben von letztem ganz gedeckt sind. 

Es geschieht dies am besten, wenn man eine kleine 
Menge Bruns'scher Watta zwischen Daumen, Zeige- und Mit- 


i) Ueber die praktische Yerwerthung neuer Verbandmaterialien be i 
ambulanten Kranken und in der Privatpraxis, von Dr Jacob Weinberg 
(gehalten am 12. Juni) „Mittheilungen des Wr.med. Poot Ooll. 1876, Nr. 21 u. 22. 


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telfinger der linken Hand bringt, das Ende des Holzstäbchens 
darauf legt und dasselbe mit der rechten Hand um seine Achse 
dreht. 

Bei einiger Uebung ist man im Stande ex tempore rasch 
mehrere solcher Tampons herzustellen. Dieselben eignen sich 
nicht nur zum Reinigen des Sehfeldes von Fett,* Schleim, Eiter, 
Blut etc., sondern auch zum Betupfen der Schleimhaut mit 
medicamentösen Flüssigkeiten. Nach dem Gebrauche wird der 
Tampon abgebrochen und durch erneuerte Umwicklung so lange 
ersetzt, als der Stab nicht zu kurz wird. 

Diese leichte Herstellbarkeit vieler und für den momen¬ 
tanen Bedarf sicherer Tampons ist ein bedeutender Fortschritt 
für die instrumentale Harnröhren-Untersuchung, da jeder Arzt 
durch dieses Verfahren viel Mühe, Zeit und Geld erspart. 

Alle Endoskopiker vom Fach bedienen sich mit Vorliebe 
der Holzstäbchen-Tampons. Gschirhakl hat bei seinem Vor¬ 
trage l ): „Ueber Endoskopie der Blase und Harnröhre“ meine 
Holzstäbchen-Tampons demonstrirt und hervorgehoben, dass er 
dieselben ausschliesslich zur Reinigung des endoskopischen 
Sehfeldes benützt, seitdem er nämlich deren Herstellungsweise 
von mir erfahren hat. 

Grünfeld äussert sich in seinem wiederholt citirten 
Werke Seite 116 folgendermassen über die Holzstäbchen- 
Tampons: „Bei einer grösseren Anzahl von nach einander zu unter¬ 
suchenden Individuen, wo also in rascher Aufeinanderfolge die 
Tamponträger von der gebrauchten Wolle zu befreien und 
frisch zu armiren sind, ferner in Fällen von profusen Blutungen, 
beim Eindringen von Urin in das Tubusinnere u. dgl., wo eine 
grössere Anzahl, oft 15 — 20 Tampons erforderlich sind, tritt 
die Nothwendigkeit hier ein, einen einfachen Modus einzu- 
schlagen. 

Der Privatarzt speciell muss auf einen so grossen Vorrath 
von Tamponträgern verzichten. Selbst in wohldotirten Kliniken 
mögen hier mancherlei Uebelstände nicht zu vermeiden sein. 
Ich bediene mich daher nach dem Vorgänge Weinberg’» 
einfacher Holzstäbchen von entsprechender Länge, wie solche 
bei der Zündhölzchen-Fabrication gebräuchlich sind. Durch Ver¬ 
suche wurde ein Modus der Adaptirung der Wolle an das Stäbchen 
gewonnen, bei welchem die Wolle selbst mit Gewalt nicht zu ent¬ 
fernen ist. Dass dieser Vorgang speciell ebenso mit Rücksicht auf 
Reinlichkeit vorzuziehen ist, als auch mit Rücksicht auf den 
Umstand, dass eine beliebige Zahl derartiger Tampons zur 
Untersuchung parat gehalten werden kann, ist einleuchtend. 
Oft ereignete es sich, dass ich bei einem Vorrath von zehn 
metallenen Tamponträgern im Falle einer Blutung/ bei Ueber- 


*) Gehalten am 3. Nov. 1879. Mittheilungen des Wiener med. Doctoren- 
Collegiums Nr. 25. 


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schwemmung des Sehfeldes mit Urin, Eiter etc. in Verlegenheit 
kam, während mittels der Holzstäbchen eine ungleich grössere 
Zahl von Tampons in Bereitschaft gehalten werden kann. tt 

In Bezug der Application von Medicamenten bei der 
endoskopischen Be^ndlung sagt Grünfeld mit Rücksicht auf 
die Holzstäbchen-Tampons. *) „Die Baumwolle absorbirt mehr 
als ausreichend von der aufzutragenden Flüssigkeit. Selbstver¬ 
ständlich wird ein zur Reinigung des Sehfeldes benutzter Tam¬ 
pon zur Anwendung des Medicamentes nicht benützt. Auch 
hier bewährt sich der Gebrauch der dünnen Holzstäbchen als 
Baumwollträger zu Zwecken der Application von Medicamenten. 
Mit dem Baumwoll-Tampon kann ein grösseres oder geringeres 
Quantum des Medicamentes aufgenommen werden, je nachdem 
die das Endstück desselben bildenden Fasern bei der Rotation 
lockerer oder fester aneinander gepresst werden.“ 

Auspitz 2 ) bemerkt über dieselben: „Die Holzstäbchen- 
Tampons sind für die pars pendula urethrae ganz gut verwend¬ 
bar ; es muss aber erfahrungsgemäss von ihrer Verwendung bei 
Untersuchungen der pars membranacea und prostatica abgerathen 
werden, da die Holzstäbchen leicht abbrechen und 
die Tampons in der Harnröhre bleiben und vor Fortsetzung der 
Untersuchung herausbefördert werden müssen “ 

Ich muss gestehen, dass ich über diese Belehrung oft 
nachgedacht und bei anderen Endoskopikern und Collegen 
nachgefragt habe, und keiner konnte mir sagen, wie man 
ein Holzstäbchen innerhalb des Tubus ab¬ 
brechen kann. 

Dass der Watta Tampon vom Tamponträger abgleiten 
kann, hat schon Desormeaux angeführt, wesshalb er zuni Her¬ 
ausziehen desselben einen korkzieherartig endigenden Draht stets 
in Bereitschaft hatte. 

Cruise verwendete zu diesem Zwecke einen stumpfen 
Haken, der durch den Tubus in die zurückgebliebene Substanz 
(Baumwolle, Schwamm) gedrückt und durch zwei- bis dreimalige 
Drehung an derselben befestigt und hierauf ausgezogen wurde, 

Am leichtesten können aber solche Tampons durch 
Grünfeld's endoskopische Zange entfernt werden. 

Mir ist es nur dreimal geschehen, dass der Tampon vom 
Holzstäbchen abgerutscht ist, jedoch zu einer Zeit, wo ich mit 
der Anfertigung erst begonnen habe. Zu den Vorzügen dieser 
Tampons gehört es eben, dass sie von einem Holzstäbchen 
nicht so leicht abgleiten, als von einem Metalldrahte, voraus¬ 
gesetzt, dass sie gut bereitet sind. 

Es handelt sich hier hauptsächlich nur darum, dass nur 
kurze Zeit vor der Untersuchung angefertigte Tampons ver- 

*) L. c. p. 117. 

2 ) Vierteljahressohrift für Dermatologie und Syphilis. 1880. II. und 
III. Heft, pag. 375. 


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wendet werden sollen. Solche, die bereits längere Zeit 1 bis 
2 Tage lang schon parat waren, sind gewöhnlich auch yom 
Holzstäbchen leicht ablösbar und sie müssen daher vor der 
Anwendung einer frischen Rotation zwischen den Fingern unter¬ 
zogen werden. /' 

Uebiigens ist das Abgleiten eines solchen Tampons von 
geringer Bedeutung, da er in der Regel, wenn er nicht zum 
Zwecke des weiteren EndoBkopirens gleich herausgezogen wird, 
mit dem nächsten Harn strahle herausbefördert wird. 

Fasse ich das Gesagte zusammen, glaube ich, dass durch 
die leichte Improvisirung eines guten Untersuchungstisches, 
durch Anwendung von fast gar keine Verletzungen erzeugen¬ 
den Hartkautschuktuben und durch die leichte Reinigung und 
Aetzung des endoskopischen Sehfeldes mittels Holzstäbchen- 
Tampons die practischen Aerzte von nun an in der angenehmen 
Lage sein werden, sowohl in der Privatpraxis als in ihrer 
Hausordination die instrumentale Untersuchung und locale Be¬ 
handlung der Harnröhre leicht ausführen zu können. 

Schliesslich wird hiedurch auch aus der Endoskopie ein 
grosser Theil der vielen Schwierigkeiten eliminirt, die bisher 
auf die allgemeine Ausbreitung dieser Disciplin nur hindernd 
gewirkt haben. 


Aus dem Geschäftsrathe. 

In der Sitzung, welche am 17. November unter dem Vor¬ 
sitze des Vicepräsidenten M.-R. Dr. Preyss statt hatte, waren 
nebst dem Vicepräsidenten Dr. Hopfgartner und Secretär 
Dr. Reitter 14 Mitglieder des Geschäftsrathes anwesend. Der 
Vorsitzende theilt mit, dass, nachdem über zwei ähnliche In¬ 
schriften auf Prof. Hyrtl’8 Medaille sich in der letzten Sitzung 
Zweifel erhoben, er beide auf ein Octavblatt geschrieben und 
bei dem Jubilar angefragt habe, welcher von diesen beiden er 
den Vorzug gebe, worauf Hyrtl unter die, welche auf der Me¬ 
daille jetzt geprägt ist, eigenhändig schrieb: „Mit dieser voll¬ 
kommen einverstanden“. Das Blatt wurde zur Einsichtnahme 
in Circulation gesetzt. 

Hierauf wurden die DDr. Heinrich Adler in Wien, Joach. 
Heinr. Husse rl in Jägerndorf und Gustav He sky in Weidlingau 
als Mitglieder einstimmig in das Doct.-Coll. aufgenommen. 

Der Secretär theilt mit, dass die h. Statthalterei die Ver¬ 
längerung des Stipendiumgenusses des Stud. med. Kohn wäh¬ 
rend des Schuljahres 1880/81 zur Ablegung der Rigorosen ge- * 
nehmigend zur Kenntniss genommen habe. — Die Berathung und .) 
Beschlussfassung über den Antrag des Dr. Spitzmüller, die 
Betheiligung des Coli, an dem Empfange der Mitglieder des deut¬ 
schen Vereins für öffentl, Gesundheitspflege im J 1881 wird vertagt. 


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323 


Der Vorsitzende bringt ein Schreiben des Dr. Loew zur 
Kenntniss, in welchem dieser seine Abwesenheit entschuldigt 
und sich erbietet, die Repräsentanz des Coli, bei der Leichen¬ 
feier des Hofrathes Pjof. v. Dumreicherin Graz zu übernehmen. 
Der Geschäftsrath, **fcssen Mitglieder sich über die betrübende 
Nachricht von diesem Tode zum Zeichen ihres Beileids von 
ihren Sitzen erhoben, nimmt den Antrag des Dr. Loew dank¬ 
bar an und beauftragt denselben, das Coli, bei dem Leichen¬ 
begängnisse in Graz als dessen Delegirter zu vertreten, der 
Baronin Witwe ein Beileidschreiben des Präsidiums zu über¬ 
reichen und den vom Coli, gewidmeten Kranz mit Schleife auf 
den Sarg des Verewigten niederzulegen. 

Bezüglich der Widerlegung des Memorandums des Ge- 
Bchäftsausschusses des Aerztevereins-Verbandes wird beschlossen, 
dessen Manuscript vervielfältigen und an alle Mitglieder des 
Geschäftsrathes vertheilen zu lassen noch ehe es zur Berathung 
kommt. Zur näheren Verständigung verspricht auch Dr. Scholz 
die noch zu bekommenden Exemplare der Vereinszeitung vom 
1. Mai 1. J., in welcher genanntes Memorandum erschienen, dem 
Geschäftsrath zur Verfügung zu stellen. 

In der Sitzung am 24. November, in welcher ausser 
den in Wien anwesenden Mitgliedern des Präsidiums 18 Mit¬ 
glieder des Geschäftsrathes anwesend waren, referirt Secretär 
Dr. Reitter im Namen des Superintendenten Dr. Innhauser 
über die Verleihung zweier MonBing’scher Stipendien und schlägt 
vor, dieselben den Medicin Studirenden Lobenwein und 
Strobl zu verleihen, was einstimmig angenommen wurde. 

Dr. v. Kh a u t z referirt dann als Obmann des Hyrtl-Jubiläums- 
Comitä über die Vorbereitungen, die zur Feier desselben ver¬ 
abredet wurden und die auch nach längerer Berathung in der Weise 
zur Ausführung kamen, wie es der bereits veröffentlichte Fest¬ 
bericht mittheilt* Dr. P r e y s s, welcher die bestimmte Erklärung 
abgibt, dass er als einer der ältesten und vertrautesten Freunde 
des Jubilars zu seinem tiefsten Bedauern wegen mehrwöchent¬ 
lichem, zeitweilig sehr schmerzhaftem Leiden die Deputation 
nicht führen, ja nicht einmal begleiten könne, wird eindringlich 
ersucht, wenn nur immer möglich, doch daran theilzunehmen, 
was sich aber leider als unmöglich herausstellte. 

Dr. Reitter gibt bekannt, dass durch das F e st ge¬ 
sehen k als solches dem Coli, keine besonderen Kosten er¬ 
wachsen, da diese durch die Fürsorge des Dr. Preyss aus 
anderen Quellen gedeckt wurden and nur Gravir- und Präge- 
koßten dem Coli, zur Last fallen, die übrigens durch Verkauf 
von Medaillen sehr vermindert werden dürften. Die Versamm- 
tog spricht dem Dr. Preyss dafür unter Erheben von den 
Sitzen den Dank aus. 


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324 


Literarische Anzeigen. 

Offener Brief an Herrn Dr. Erhardt, ersten rechtskun¬ 
digen Bürgermeister von München, betreffend Br. 
L. Winterhalte r’s Schrift: „Zur Canal isation von 
München“. Von Br. G. Yarrentrapp, Frankfurt a. M. Separat¬ 
abdruck aus der „Deutschen Vierteljahressohrirt für öffentliche Gesund¬ 
heitspflege“. Band XII, Heft 4. München 1880. gr. 8. 24 S. Preis 50 Pf. 

Obgleich vorliegende Schrift, vorzugsweise polemischer Natur, sich 
insbesondere auf Münohen bezieht, so ist dooh das behandelte Thema ein 
solohes, welohes ein mehr allgemeines Interesse beansprucht Bie Frage, ob 
zur Entfernung der Abfallsstoffe das Schwemm- oder das Abfuhrsystem 
geeigneter sei, ist eine seit Jahrzehnten schon die Hygieniker beschäftigende 
und eine solche, die sich, wie ich glaube, im Allgemeinen weder unbedingt 
bejahen noch verneinen lässt. Es kommt nämlich zumeist auf die Looalver- 
hältnisse und die Art der Durchführung an, die wieder zahlreiche Varianten 
gestattet. Winterhalter ist nun ein Gegner des Sohwemmsystems als einer 
besonders durch die Canalgase Luft und Wasser verpestenden und die Land¬ 
wirtschaft durch Entgang der Düngstoffe zu Grunde richtenden Anlage, und 
für das Tonnensystem eingenommen Er sucht die Schädlichkeit des ersteren 
im Wege der Statistik naohzuweisen und führt zu diesem Zwecke englisohe 
Städte, dann Frankfurt am Main an, dessen SterbliohkeitsVerhältnisse in der 
letzten Zeit seit Einführung der neuen Schwemmsiele sich verschlechtert 
haben. Yarrentrapp aber weist Fehlschlüsse auf dem Gebiete der Statistik 
nach, führt die Steigerung der Sterbeziffer in Frankfurt zurüok auf die 
rasche Zunahme der Bevölkerung, und zwar meist nur durch Zuwachs der 
unproduotiven Altersolassen, indem in Folge der seit zwölf Jahren eingeführ¬ 
ten Gewerbefreiheit und Freizügigkeit zahlreiche Arbeiterfamilien mit vielen 
Kindern und erwerbsunfähigen Angehörigen nach Frankfurt eingewandert 
sind, und ferner darauf, dass das benachbarte stets eine grosse Mortalität 
darbietende Bornheim einverleibt wurde. Uebrigens muss natürlich Varreu¬ 
trapp selbst zugeben, dass schlecht und aus porösem Material gebaute Canäle 
mit geringem Gefälle und ohne hinreichenden Wasserzufluss, wie es deren ja 
noch genug auch in London gibt, durch ihre in das Innere der Häuser drin¬ 
genden Emanationen der Gesundheit höchst nachtheilig sind. Die zweck¬ 
mässige Entfernung der Faecalien aus dem Bereiohe der Städtebewohner ist 
ja eben nur ein Glied in der Kette jener Vorkehrungen, welche die Salu- 
brität eines Ortes begründen. Auch sie bietet nichts Abgeschlossenes und ist 
nooh vieler Verbesserungen fähig; auch hier liegt oft der Schwerpunkt des 
Ganzen einzig und allein in der genauen Durchführung des angenommenen 
Systems Dr. Schneller. 

Kritik der gegen die Sohwemm-Canalisation erhobenen Ein¬ 
wände. Von Dr. J. Soyk a. Mit einem Vorworte von Dr. M. v. Pettenkofer. 
Münohen 1880. 8. 96 Seiten. Der hygienisohen Tagesfragen 1. Heft. 

Auch diese Sohrift hat, wie der Titel besagt, die Aufgabe, und zwar 
unter der Aegide Pettenkofer’s für die Sohwemmcanalisation eine Lanze 
zu brechen. Sie ist in mehrere Abschnitte getheilt, deren jeder in mehr 
prägnanter Weise hierher gehörige Fragen beleuchtet und sie meist zu 
Gunsten obigen Systems zu beantworten bemüht ist. So werden die Canalgas- 
und die Trinkwassertheorie einer Kritik unterzogen und auf Grund physi¬ 
kalischer und ohemisoher Untersuchungen der hygienische, wie Soyka meint, 
überschätzte Einfluss jener Agentien auf das richtige Maass zurückzuführen 
versucht. Bass hiebei von einem Schüler Pettenkofer’s nach dem Ausdrucke 
Nägeli’s der „siechhafte“ Boden besondere Berücksichtigung findet, ist na¬ 
türlich. Worin eigentlich materiell das Siechthum besteht, ob blos in den Gasen 
und in welchen, in Pilzen und in welchen specifischen, oder gar in welchen 
Infectionsstoffen, bei denen als solohen von exaot sein wollenden Forschern 
dooh etwas Stoffliches nachgewiesen sein soll, wird nicht gesagt. Uebrigens 
wird mit Recht bemerkt, dass sioh die Ansicht, als ob das Trinkwasser einen 


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Einfluss auf Entstehen oder Verbreiten der Cholera hätte, immer mehr als 
eine nicht berechtigte herausstellt. 

Im dritten Absohnitte wird die Canalisation ohne Einleitung der Fäca- 
lien besprochen, wobei . Hoh Emerioh auf die gänzliche Unschädlichkeit des 
Harns im frisohen und dessen giftige Beschaffenheit im faulenden Zustande 
hingewiesen wird. S o y k a kommt zu dem Ausspruche, dass das Schwemmsystem 
mit Berieselung und intermittii ender Filtration dort den Vorzug verdient, wo 
die Anlage unter normalen Verhältnissen überhaupt ausführbar ist, und wo nicht 
besondere und gewichtige Gründe die Annahme eines anderen Systems erfordern. 

Auch die Beziehungen der Canalisation zur Krankheitsfrequenz werden 
erörtert und hiebei der Entwässerung des Bodens das Wort geredet. Es heisst 
hier ganz richtig: Jeder Boden reinigt sich mit der Zeit von selbst, wenn die 
Verunreinigung einmal aufhört, gleichwie auf jedem Leiohenaoker die Leichen 
bis auf die Knochen verschwinden, sobald man einmal aufhört, fortwährend 
neue Leichen darin zu beerdigen. 

Beinhaltung des Bodens ist also auch ein hygienisches Desiderat, sie ist 
Mitbedingung zur Reinhaltung der Luft 

Sohliesslich werden die Beziehungen zwischen Diphtheritis und localen 
Verhältnissen, yrie Winterhalter sie aufstellt, geleugnet; ferner die Statistik 
der Diarrhoe und Bronchitis in englischen Städten, endlich da 3 Vorkommen 
des Abdominaltyphus, alles mit Rücksicht auf die Canalisation (Besiejung) 
geprüft. Zu erwähnen ist noch, dass auch die Grundwasser- und Canalisa- 
tionsverhältnisse Wiens eine Würdigung erhalten. 

Der Eindruck, den das Buch auf den Leser macht, ist insofeme ein 
sehr günstiger, als es des Neuen Manches enthält, lebendig geschrieben ist 
und im hohen Grade anregend wirkt. Und wenn auch vielleicht zu viel theore- 
tisirt und in der Hitze des Gefeohtes mitunter über das Ziel hinausgesohossen 
wird, so gibt es doch der Treffer genug. Uebrigens sollte ein guter Schütze nie 
über’s Ziel hinaussohiessen. Druck und Ausstattung sind vorzüglich. 

Dr. Sohneller. 


Notizen. 

Philipp Carl Hartmann 9 » wiedergefundenes Bild. Welcher Arzt, welcher 
Gelehrte, welcher Gebildete überhaupt, kennt diesen theuern Namen nicht. 
Fünfzig Jahre nach dem Tode seines Trägers bringt ihm, bei jeder der vielen, 
sich ununterbrochen wiederholenden Auflagen seiner Werke, die dankbare 
Nachwelt, den immer sich erneuernden Zoll der Verehrung und Bewunderung 
dar. — Nur Ein Bild dieses grossen Denkers, war der medicinischen Welt 
bekannt. Es schmückte Hartmann’s Hörsaal, und wurde im Mai des Jahres 
1848, sammt der Einrichtung aller übrigen Musentempel in der Aula, auf die 
Strasse geworfen — als Rohstoff für Barrikaden! 

Nur wenig Aerzte leben nooh, welche Schüler des geliebten Meisters 
waren, aber viele, welche die Grundlage ihres medioinisohen Denkens seiner 
Pathologia generalis verdanken. Gross war jener Verlust, weil er unersetz¬ 
lich schien. 

Da erlebe ich die Freude, die Kunde bringen zu können, dass ein Bild 
des gefeierten Mannes, im Kreise seiner Angehörigen erhalten blieb. An 
meinem siebenzigsten Geburtstag erhielt ioh von Herrn Joseph Koroziczka, 
Edlen v. Freibergswall, k. k. Ministerial-Beamten, und Hartmann’s Verwandten, 
zwei Porträte zum Gesohenk, — ein lebensgrosses Brustbild Hartmann’s, als 
Lehrer auf der Kanzel, und ein zweites, kleineres, als Arzt am klinischen 
Krankenbette. 

Es wird meine Saohe sein, für diese Liebesgaben einen würdigeren 
Ort zu finden, als mein Häuschen, auf dem Dorfe. Aber die freudige Auf¬ 
regung, in welche mich ein so kostbares Geschenk versetzte, lässt mioh nicht 
ruhen, bevor ich den Namen des grossmüthigen Spenders öffentlich genannt, 
und allen Aerzten der Welt die frohe Botschaft gebraoht habe, dass Hartmann 
auch im Bilde fortlebt. 


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Weder Hofrath, noch Ritter, noch Freiherr, sondern einfach Professor 
Philipp Carl Hartmann, hat er sioh den Adelsbrief für alle Ewigkeit, durch 
seinen „Geist des Mensohen“ und duroh seine „Glückseligkeitslehre“, selbst 
geschrieben. i- 

Ehre seinem Andenken, und freundlicher Gi*£5s an Alle, welche sioh 
dieses Ereignisses ebenso innig freuen wie 

Perchtoldsdorf, 16. December 1880. Prof, Hyrtl. 

Der Präsident des Collegiums, Herr Hofrath Dr. v Schmer¬ 
ling, ist vorige Woohe nach längerem Aufenthalte in Aroo zurückgekommen 
und hat das Präsidium wieder übernommen. 

Grossmüthige Spende. Prof Hyrtl übersendete anlässlich der Feier 
seines 71. Geburtstages am Vorabende derselben dem Wr. med. Doct.-Coll. 
eine Spende von baaren 1000 fl. mit der Widmung: Zur Vermehrung des 
Stammfondes de3 Unterstützungs-Institutes des Collegiums 

Hyrtl-Medaillen sind in grösserer Anzahl vorräthig und duroh die Kanzlei 
des Wr. med. Doct.-Coll. zu beziehen. Broncene kosten 3 fl. per Stück und 
Bilberne 15 fl. 

Der n.-Ö. Landes-Sanitätsrath machte sicherem Vernehmen nach in der 
Besetzungsfrage der erledigten Primär-Arztesstelle folgenden Ternavorschlag: 
primo loco Prof. Albert, secundo loco Dr. Nicoladoni und tertia loco 
Dr. Leo Redtenbacher. 

Aufnahmen. In der Sitzung des Gesohäftsrathes am 15 December wurden 
die Herren DDr. Ludwig Jelinek, Director eines Institutes für schwedische 
Heilgymnastik in Wien, Leopold Förster, Bahnarzt in Leoben, und Franz 
Schuscha, Sauitäts-Assistent, derzeit bei der k. k. Bezirkshauptmannschaft 
in Graz. 

Laut n.-ö. Statthaltereidecrets vom 1. December, Z. 44.653 wurden die 
von der Witwen- und Waisen-Sooietät des Doct. - Coli, vor¬ 
gelegten abgeänderten Statuten vom h. Ministerium des Innern genehmigt. 
Jedoch sind noch einige unwesentliche stylistische Abänderungen, die nur 
die Behebung etwa möglicher Zweifel betroffen, früher vorzunehmen und die 
sonach geänderten Statuten der Statthalterei nochmals vorzulegen. 

Wohnnngsveränderangen. Dr. Lauterstein wohnt jetzt VI., Kasernen¬ 
gasse 26; — Dr. Fellner aus Franzesbad, derzeit in Wien, Hotel Metropole. 


Section für öffentliche Gesundheitspflege. 

Sitzung Mittwoch, den 5. Jänner 1881 

um 7 Uhr Abends in der Kanzlei des Collegiums. 
Programm: 

1. Bericht des Comitd’s über die Canalisationsfrage Wiens. Referent Herr Dr. 
E. Kämmerer, städtischer Arzt. 

2. DiscuBsion hierüber. 

Dr. Josef Schneller, Obmann . 

Einladung 

zu der am Montag den 27. December, Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale 
des akademischen Senates (vormals Consistorialsaal), I., Sonnenfelsgasse 23, 

stattfindenden 

ausserordentl. wissenschaftlichen Versammlung 

in weloher Herr Dr. Emil Holub einen Vortrag halten wird 
Uebcr die ärztlichen Verhältnisse in Säd-Afrika. 

Dr . v. Schmerling, Präsident . Dr, Karl Keitter , Secretär. 

Die nächste Nummer erscheint am 6. Jänner 1881. 


Herausgeber und Verleger: Wiener medioin. Doot.-Coll. — Verantwortlicher Bedaoteur. 
Dr. L. Hopfgartner. — Gesellsohafte-Buohdrnokerei, Wien, m. Brdbergetrasse 8. 


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